Heilig ins Eschaton: Heiligung und Heiligkeit als eschatologische Konzeption im 1. Thessalonicherbrief 3110221691, 9783110221695

Heiligung und Heiligkeitsind Begriffe, die häufig mit ethischem Fortschrittsdenken und Idealismus verbunden werden. In d

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Heilig ins Eschaton: Heiligung und Heiligkeit als eschatologische Konzeption im 1. Thessalonicherbrief
 3110221691, 9783110221695

Table of contents :
Frontmatter
Inhalt
0. Einleitung
1. Zur Forschungsgeschichte
2. 1Thess 4,1–8: ein paränetischer Text?
3. Zur Exegese von 1Thess 4,1–8
4. Die weiteren Belege des άγ-Stammes in 1Thess
5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie
Backmatter

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Eckart David Schmidt Heilig ins Eschaton

Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche

Herausgegeben von

James D. G. Dunn · Carl R. Holladay Hermann Lichtenberger · Jens Schröter Gregory E. Sterling · Michael Wolter

Band 167

De Gruyter

Eckart David Schmidt

Heilig ins Eschaton Heiligung und Heiligkeit als eschatologische Konzeption im 1. Thessalonicherbrief

De Gruyter

ISBN 978-3-11-022169-5 e-ISBN 978-3-11-022170-1 ISSN 0171-6441 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 2010 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2008/09 an der Johannes Gutenberg-Universitt Mainz als Dissertationsschrift angenommen. Fîr die Drucklegung wurde sie leicht îberarbeitet, seither erschienene Literatur nach bestem Wissen noch eingearbeitet. Dass sich die Exegese der wenigen letzten Jahre des Themas der Heiligung bzw. Heiligkeit mit aufflligem Interesse angenommen hat bzw. annimmt, wird bereits an den jîngsten Arbeiten im deutschsprachigen Bereich ersichtlich (vgl. unter Kapitel 1.3.). Die hohe Aktualitt dieser Tendenz auch darîber hinaus hat gleichzeitig dazu gefîhrt, dass zwei weitere unlngst verçffentlichte und thematisch verwandte Werke leider nicht mehr eingearbeitet werden konnten: 2008 erschien im Druck P.J. Bradys an der Gregoriana in Rom eingereichte Dissertationsschrift unter dem Titel The Process of Sanctification in the Christian Life. An Exegetical-Theological Study of 1 Thess 4,1 – 8 and Rom 6,15 – 23. Es handelt sich hierbei bereits qua Untertitel um eine Arbeit, die ihre exegetischen Beobachtungen in einen gesamttheologischen Kontext setzen mçchte (z. B. von Augustin, Karl Rahner oder LG).1 Einer der zentralen Texte, mit denen sich Brady auseinandersetzt, ist der auch hier gewhlte Haupttext 1Thess 4,1 – 8. Alleine schon deswegen relevant fîr vorliegende Arbeit wre zudem der Diskurs mit einem katholischen Exegeten – besonders angesichts der differenzierten konfessionstypischen Beobachtungen frîherer kirchlicher Verçffentlichungen zum Thema (vgl. v. a. unter 1.1.3. und 1.2.3.) – hçchst aufschlussreich. Ebenfalls nicht mehr angemessen berîcksichtigt werden konnte leider D. Luckensmeyers erst vor wenigen Monaten erschienene Monographie The Eschatology of First Thessalonians. Auch dies bedauere ich sehr, da Luckensmeyer eine Arbeit vorgelegt hat, die nicht nur relevant fîr mein Thema ist, sondern auch – so denke ich – in ihren Grundansichten zu 1Thess den meinen so nahe liegt, dass ein intensiver Diskurs mit seinem Buch das meine sehr positiv htte befruchten kçnnen.2 Zweifellos wre ich durch die Lektîre beider Arbeiten auch auf weitere Sekundrliteratur gestoßen, die mir nun entgangen ist. Berîcksichtigung in 1 2

Vgl. v. a. Brady, Process, 111 – 137.267 – 275. Luckensmeyer bestimmt – ebenso wie in meinem Ansatz vertreten – die Eschatologie als hermeneutischen Schlîssel zum Verstndnis des 1Thess (Eschatology, 40 – 46.72 – 74.113 f.319 – 327 u. ç.) und untersucht deren Funktion fîr die Parnese des Briefes. Die Zentralperikopen, denen seine ausfîhrlichsten Exegesen gelten, sind 1Thess 1,9 f.; 2,13 – 16; 4,13 – 18; 5,1 – 11.

VI

Vorwort

marginalen Anmerkungen jedoch htte deren Bedeutung fîr meine nur unzureichend wiedergeben kçnnen, und ausfîhrliche Einarbeitung war mir unter Einhaltung der Vereinbarungen mit dem Verlag nicht mehr mçglich. Ich îbernehme daher den letzten Satz von Luckensmeyers Arbeit: „It now remains to take the results of [my] analysis, and the concise but comprehensive systematic conclusions above, and apply them to the discussions of the eschatology in Paul’s other letters, and more broadly still, to the discussions of eschatology as an essential component of the earliest Christian ke¯rygmata“3 – und ergnze: „… and also to the subject of holiness – and holiness to the subject of eschatology“.

Viele Menschen haben zum Werden dieser Arbeit beigetragen; die Verçffentlichung gibt Gelegenheit, ihnen herzlich zu danken. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Horn, auf dessen Anregung die Arbeit zu diesem Thema entstanden ist und der ihr Werden immer mit großer Bereitschaft und ermutigendem Interesse begleitet hat. Stets war er fîr mich, sei es im persçnlichen Gesprch oder per E-mail, beratender Gesprchspartner. Ihm gilt auch mein Dank fîr die Erstellung des Erstgutachtens, Frau PD Dr. Judith Hartenstein fîr die Erstellung des Zweitgutachtens. Beiden Gutachtern verdanke ich wichtige Hinweise fîr die ˜berarbeitung zur Drucklegung. Fîr die mîhsame Arbeit des Korrekturlesens danke ich besonders Herrn Thilo Seidelmann fîr seine ganz hervorragende Arbeit. Sehr geholfen haben mir Herr PD Dr. M. Vahrenhorst und Frau PD Dr. H. Stettler, indem sie mir jeweils ein Manuskript-Exemplar ihrer Habilitationsschriften zu verwandten Themen zukommen ließen, lange bevor sie in Druck gingen, und mir damit sehr erleichtert haben, meine Arbeit auf aktuellen Forschungsstand zu bringen. Von vielen Freunden, die als „trçstliche und ermutigende Orientierungsfigur[en] des … Bibelforschers“4 teils fachlich mit Rat und Tat, teils durch Zerstreuung und so manches Stîck Kuchen durch Engpsse technischer (!), exegetischer und privater Art geholfen haben, mçchte ich insbesondere erwhnen (in alphabetischer Reihenfolge) Michael Bollesen, Kai von Knel, Dr. Gînter Kurz, Andreas Manfrin, Alexander Wischniewski und Avraham Zluf. An meinen Vater geht Dank fîr die Ermçglichung meines Theologiestudiums îberhaupt und fîr seine humorige Begleitung meiner Arbeit unter dem exegetischen Mikroskop. Nicht zuletzt gilt mein Dank Prof. Dr. Michael Wolter und Prof. Dr. Jens 3 4

Luckensmeyer, Eschatology, 327 (originale Kursivsetzung). Urs Bear. Art. Pooh (gr. PoO). NBL III (2001), 161.

Vorwort

VII

Schrçter, sowie dem Herausgeberkreis und dem Verlag Walter de Gruyter fîr die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe der „Beihefte zur Zeitschrift fîr die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der lteren Kirche“. Fîr Hilfsbereitschaft, technische Beratung, geduldigen Umgang mit einem Fremdling in der Welt der EDV und schließlich fîr die ˜bernahme der Druckformatierung danke ich von Herzen Herrn Carsten Burfeind und Frau Sabina Dabrowski von der Verlagsredaktion. Aufrichtig danken mçchte ich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sowie der Georg Strecker-Stiftung fîr die Gewhrung großzîgiger Druckkostenzuschîsse. Denken mçchte ich mit diesem Beitrag an meine Mutter Ina Schmidt (†), die nur noch den Anfang meiner Arbeit an diesen Seiten mitverfolgen konnte.

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

0. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

0.1. Zur Begrenzung der vorliegenden Arbeit auf 1Thess. Statistisches zu den Derivaten der Wurzel "c- bei Paulus . 0.2. Vorlufige Beobachtungen zu "ciaslºr nach 1Thess 4,3 – 8 0.3. Zum Vorgehen in dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 8 15

1. Zur Forschungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962 . . . . . . . 1.1.1. Ernst Issel (1887): Aufriss durch das Neue Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2. Eduard Williger (1922): Sprachgeschichtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3. Josef Dillersberger (1926): Heiligkeit als eschatologische Grçße des frîhen Christentums . . . 1.1.4. Ernst Gaugler (1925; 1948): Indikativ-Imperativ-Schema I: Rechtfertigung, Pneumatologie und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4.1. 1925: Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4.2. 1948: Die Heiligung im Zeugnis der Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5. Ragnar Asting (1930): Indikativ-Imperativ-Schema II: „Mystik“ und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.6. Savo Djukanovic´ (1939): Indikativ-Imperativ-Schema III: Rechtfertigung und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.7. Alfred de Quervain (1942; 21946): Bekenntnis aus der Zeit des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.8. S.P.J.J. van Rensburg (1958): Ein methodischer Rîckschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.9. Kurt Stalder (1962): Einordnung in Paulus’ Gesamttheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 19 19 22 28 31 31 35 38 42 46 51 52

X

Inhalt

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1. Olav Hanssen (1984): Heiligkeit als Weltverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2. Einzelaufstze, vorwiegend aus den spten 1980er Jahren: Klaiber, Rodenberg, Gînther, Schrage, Berger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3. Lehramtliche und kirchenamtliche Aussagen . . . . . 1.2.3.1. In rçmisch-katholischen Texten . . . . . . . . 1.2.3.2. Im Evangelischen Erwachsenenkatechismus der VELKD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1. Wolfgang Weiss (2003): Ein neuer Versuch der Entethisierung von Heiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2. Hanna Stettler (2006): Nochmals: Einordnung in Paulus’ Gesamttheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3. Martin Vahrenhorst (2008): Einordnung in den kulturgeschichtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung . . . . . . . . 1.5. Zusammenfassung und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 58 65 70 71 72 74 74 76 81 86 97

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.1. Methodische Vorîberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Struktur von 1Thess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. 1Thess 1,2 – 3,13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. 1Thess 4,1 – 5,22 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Vereinheitlichung durch Teilungshypothesen . . . . . 2.3.2. Inhaltliche Grundzîge von 1Thess . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.1. Die Rede von Gott und Jesus Christus als Grundgerîst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.2. Der Aspekt des Dankens . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.3. Der parnetische Aspekt . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.4. Der freundschaftliche, der familire und der ekklesiologische Aspekt . . . . . . . . . . . . 2.3.2.5. Der Aspekt des Trçstens . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.6. Der eschatologische Aspekt: Warten auf die Parusie Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102 110 110 119 124 125 132 133 137 142 156 171 180 202

Inhalt

XI

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8 . . . 3.1.1. Zur einleitenden Phrase koip¹m owm … 1Thess 4,1 . 3.1.2. Zum Zusammenhang und Charakter der drei Stîcke 1Thess 4,1 f.; 4,3 – 8; 4,9 – 12 . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2.1. Zur Motivation fîr das parnetische Anliegen 1Thess 4,3 – 8 . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2.2. Weitere Charakterisierung des parnetischen Anliegens 1Thess 4,3 – 8 . . . 3.1.3. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen . . . . . . . . 3.2.1. Die Verse 1Thess 4,1 f. Syntaktischer Grobaufbau von 1Thess 4,3 – 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Zu toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO, b "ciasl¹r rl_m 1Thess 4,3a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3. Zur Infinitivreihung 1Thess 4,3b-6a und den artikulierten Infinitiven t¹ lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m (V.6a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4. Zu 1Thess 4,6b-8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8 . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1. 1Thess 4,4: t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai . . . . . . . . . . 3.3.2. 1Thess 4,4fin.5: 1m "ciasl` ja· til0, lµ 1m p²hei 1pihul¸ar … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3. 1Thess 4,6: t¹ lµ rpeqbai´meim ja· pkeomejte?m 1m t` pq\clati t¹m !dekv¹m aqtoO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.1. Zwei traditionelle Kardinallaster: poqme¸a und pkeomen¸a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2. Baltensweilers These: Erbtochterrecht . . . . 3.3.3.3. Baumerts These: Brautwerbung . . . . . . . . 3.3.4. 1Thess 4,7: oq c±q 1j²kesem … 1pi` !jahaqs¸ô !kk( 1m "ciasl` . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5. 1Thess 4,8: t¹ pmeOla aqtoO t¹ ûciom . . . . . . . . . . 3.4. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 212 217 222 224 227 229 229 231 240 247 248 252 252 276 282 286 295 301 304 314 322

4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess . . . . . . . . . . . . . 326 4.1. 1Thess 1,5.6: PmeOla ûciom – der heilige Geist . . . . . . . . . 326 4.2. 1Thess 3,13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 4.2.1. OR ûcioi – die Heiligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

XII 4.3. 4.4. 4.5. 4.6.

Inhalt

4.2.2. (Al´lptour 1m "ciys¼m, – „untadelig in Heiligkeit“? 1Thess 5,23: Aqt¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r – Gott selbst heilige euch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Thess 5,26: V¸kgla ûciom – der heilige Kuss . . . . . . . . . . Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345 355 360 372 393

5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie . . . . 395 5.1. GAcior jtk. in 5.2. GAcior jtk. in 5.3. GAcior jtk. in Begrifflichkeit 5.4. GAcior jtk. in

1Thess als eschatologische Begrifflichkeit . . 1Thess als kultische Begrifflichkeit . . . . . . . 1Thess als partizipatorisch-soteriologische ................................... 1Thess und die „New Perspective on Paul“.

395 398

Abkîrzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

414 416 469 475

403 405

0. Einleitung Die Religionswissenschaft bestimmt Heiligkeit als eine der wesentlichsten Kategorien, gelegentlich sogar als die wesentlichste, im Reden îber Religion. Berîhmt geworden ist N. Sçderbloms Diktum: „Holiness is the great word in religion; it is even more essential than the notion of God“.5 Eigentîmlich ist daher, dass bereits seit mindestens 150 Jahren die bibelexegetische Aufmerksamkeit gegenîber der Thematik von Heiligkeit und Heiligung nicht nur in deutlichen Wellen mal mehr, mal weniger intensiv erfolgt, sondern sie parallel dazu beinahe kontinuierlich als mangelhaft empfunden und entsprechend beklagt wird. Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts etwa – also noch deutlich vor der v. a. mit E. Durkheim, Sçderblom und R. Otto verbundenen Hochblîte religionswissenschaftlicher Beschftigung mit dem Thema in den 1910er Jahren6 – liegt zwar eine erstaunlich große Anzahl exegetischer Arbeiten vor, die sich vorwiegend mit der Heiligkeit Gottes befassen und eher atl. dominiert sind7, dennoch wird selbst dort, wie 1859 von Diestel, bedauert: „Die hohe Bedeutung, welche der Vorstellung der ,Heiligkeit‘ in ihrer zwiefachen Anwendung auf Gott und auf Irdisches und Menschliches … zukommt, steht in einem offenbaren Mißverhltniß [sic!] zu dem Grade der wissenschaftlichen Berîcksichtigung, welche derselben bisher zu Theil geworden …“.8 Issel, der Autor der – soweit zu sehen 5 6 7

8

Sçderblom, Art. Holiness, 731; zitiert in: Lanczkowski, Art. Heiligkeit I., 696. Vgl. auch Dillersberger, Das Heilige, unpaginierte Vorrede. Vgl. die Klassiker Durkheim, Les formes ¤l¤mentaire de la vie religieuse (1912); Sçderblom, Das Werden des Gottesglaubens (1916); Otto, Das Heilige (1917). So Caspari, Der Heilige Israels (1844); Achelis, Versuch, die Bedeutung des Wortes a7K aus der Geschichte der gçttlichen Offenbarung zu bestimmen (1847); Diestel, Die Heiligkeit Gottes (1859). Von Rupprecht, ˜ber den Begriff der Heiligkeit Gottes (1849), wird zwischen AT und NT nicht differenziert. Bunzel nennt in seiner ebenfalls atl. orientierten Arbeit von 1914 zudem Bçgner, Heilichkeit [sic!] Gottes von 1887, eine nicht nher zu identifizierende Arbeit eines Autoren namens Schrçter und „eine Examensarbeit aus dem Jahre 1892“ ohne Verfasserangabe (vgl. Bunzel, Begriff 14 f.). Der verçffentlichte Teil der Dissertationsschrift Bunzels enthlt bedauerlicherweise kein Literaturverzeichnis und nur unvollstndige bibliographische Angaben). Diestel, Heiligkeit, 1.

2

0. Einleitung

ist – ltesten Monographie zum Heiligkeitsthema mit ntl. Schwerpunkt, stellt fest, dass das Thema in frîheren Zeiten ganze Vçlker nicht nur vorîbergehend fasziniert, sondern „mit der Glut nachhaltiger Begeisterung“ erfîllt habe, heute aber „keine der die Gemîter leidenschaftlich bewegende Tagesfragen“ berîhre.9 Auch Asting hlt die Heiligkeit im Urchristentum (bzw. im Neuen Testament) fîr ein so zentrales Thema, dass sich ihm die ebenfalls bedauerte forschungsgeschichtliche Lîcke als „merkwîrdige Tatsache“10 erschließt – obschon nur vier Jahre frîher Dillersberger ungewçhnlich optimistisch geschrieben hatte: „Das ,Heilige‘ ist in den letzten Jahren mehrfahch im Vordergrund des Interesses gestanden. Sowohl seine Terminologie in den verschiedenen Sprachen … als seine geschichtliche Erscheinung in den verschiedenen Religionen wie seine psychologischen Voraussetzungen und Eigentîmtlichkeiten fanden Beachtung“.11 Auf der anderen Seite bezeichnet Weiss den Gegenstand des Themas, was das gesamte NT anbelangt, in einem neueren Beitrag als „eher marginal“.12 Und jîngst schreibt wieder Stettler: „Die Vernachlssigung der Heiligung als Thema paulinischer Theologie steht in merkwîrdigem Gegensatz zu dem Befund, dass ,bei Paulus der Heiligkeitsgedanke gleichartiger durch alle Briefe hindurch[geht] als der Rechtfertigungsbegriff‘ und dass Paulus unbeschadet der zentralen Stellung der Rechtfertigungslehre fîr seine Theologie die Gemeinden in nahezu allen seinen Briefen als ûcioi anspricht oder bezeichnet, kaum je als d¸jaioi“.13 Erst in den letzten wenigen Jahren hat auf unterschiedlichen Gebieten der Theologie ein erneutes intensiviertes Nachdenken îber Heiligkeit eingesetzt.14

9 10 11 12

Issel, Heiligkeit, 1. Asting, Heiligkeit, 1. Dillersberger, Das Heilige, unpaginierte Vorrede. Weiss, „Heilig“, 44, mit Verweis auf Riches, Art. Heiligung, 721,52 f., der sich seinerseits auf den Bestand der verschiedenen Termini fîr „Heiligung“ beruft. 13 Stettler, Heiligung, 3; Binnenzitat: Schlatter, Theologie der Apostel, 329. 14 Vgl. Vahrenhorst, 1 f.

0.1. Zur Begrenzung der vorliegenden Arbeit auf 1Thess.

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0.1. Zur Begrenzung der vorliegenden Arbeit auf 1Thess. Statistisches zu den Derivaten der Wurzel "c- bei Paulus Die Konzentrierung der vorliegenden Untersuchung auf einen einzigen Paulus-Brief, den Ersten an die Thessalonicher, ergnzt sich mit den zwei jîngsten Arbeiten zum Thema, nmlich denjenigen von Stettler und Vahrenhorst, die die Heiligungs-/Heiligkeitsthematik in smtlichen i.a. als authentisch akzeptierten paulinischen Briefen, bei Stettler darîber hinaus auch noch in 2Thess, Eph, Kol, das AT, der Jesustradition und der Urgemeinde, abdecken.15 Das gleiche gilt fîr die Wahl eines philologisch orientierten statt eines religionsgeschichtlichen Ansatzes, der v. a. von Vahrenhorst vertreten ist. Die Wahl des 1Thess ist dadurch motiviert, dass er auf Basis des philologischen Ansatzes sowohl statistisch als auch inhaltlich der ergiebigste Paulus-Brief zum gewhlten Thema ist. 1Thess weist nicht nur die grçßte Dichte der Wortgruppe des "c-Stammes auf, sondern beinhaltet mit 1Thess 4,3 – 8 (vielleicht neben 1Kor 6 f.) den einzigen Abschnitt des paulinischen Schrifttums, bei dem Begriffe des "c-Stammes strukturell und inhaltlich bestimmend – und nicht nur sporadisch oder formelhaft – eingesetzt werden.16 Zur Bezeichnung von Heiligkeit ist die bei Paulus (sowie im NT insgesamt) mit Abstand hufigste Wortgruppe die um ûcior. Innerhalb dieser Gruppe ist die hufigste Vokabel das Adjektiv ûcior (20/Rçm17; 12/1Kor18 ; 8/2Kor; 3/ Phil; 5/1Thess19 ; 2/Phlm), gefolgt von "ci²fy (1/Rçm; 4/1Kor; 1/1Thess) und "ciaslºr (2/Rçm; 1/1Kor; 3/1Thess). Vervollstndigt wird die Gruppe durch den im NT ausschließlich von Paulus verwendeten Begriff "ciys¼mg (1/Rçm; 1/2Kor; 1/1Thess). "ciºtgr in 2Kor 1,12 wre paulinisches Hapaxlegomenon, ist jedoch durch Textkritik ausgeschieden (erst in der 26. Auflage des Nestle-Aland durch "pkºtgr ersetzt; der einzige jetzige ntl. Beleg fîr "ciºtgr ist Hebr 12,1020). Damit ist 1Thess neben Rçm der einzige Brief, in dem trotz seiner Kîrze alle vier Einzelwçrter der ûcior-Gruppe belegt sind. Gal ist der einzige Paulus-Brief, der keinen einzigen Beleg der Wortgruppe aufweist. 15 Vgl. 1.3.2.; 1.3.3. 16 Vgl. Stalder, Werk, 130 f. 17 Dies schließt im Anschluss an Nestle-Aland27 den textkritisch unsicheren und fast nicht zu entscheidenden Beleg Rçm 15,19 aus. 18 1Kor 2,13 ist textkritisch als Beleg auszuschließen. 19 1Thess 5,27 ist textkritisch als Beleg auszuschließen. 20 Vgl. Procksch, Art. ûcior jtk., 115.33 – 45. Stettler spricht sich gegen NestleAland26/27 deutlich fîr die Authentizitt von "ciºtgr aus (vgl. Heiligung, 332).

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0. Einleitung

Zustzlich zu ûcior jtk. stehen dem Griechischen zur Bezeichnung von Heiligkeit noch die Wortgruppen um fsior und Reqºr zu Verfîgung.21 Beide Gruppen sind bei Paulus wesentlich seltener belegt als ûcior jtk. fsior (plus Ableitungen) ist im ganzen NT selten mit den Einzelwçrtern fsior (8 ntl. Belege, keiner bei Paulus), bsiºtgr (2 ntl. Belege, keiner bei Paulus), und das Adverb bs¸yr (ntl. und paulinisches Hapaxlegomenon 1Thess 2,10). Das Adjektiv Reqºr ist paulinisches Hapaxlegomenon (1Kor 9,13; ansonsten erscheint es im NT nur 2Tim 3,15 und im kîrzeren der beiden sekundren Markusschlîsse (ohne eigene Verszhlung im Anschluss an Mk 16,8).22 Das dazu substantivierte Reqºm ist in den Evgg und Apg zwar sehr hufig, bei Paulus jedoch ebenfalls Hapaxlegomenon 1Kor 9,13 (darîber hinaus findet sich gar kein ntl. Beleg). Fîr Reqe¼r, zahlreich in Evgg, Apg, Rev, besonders auch Hebr, findet sich kein paulinischer Beleg. Zu diesen drei Wortgruppen kommt im etymologischen Anschluss zu ûcior das sowohl bei Paulus als auch sonst im NT seltene Adjektiv "cmºr (bei Paulus 2Kor 7,11; 11,2; Phil 4,8) und als Adverb das ntl. Hapaxlegomenon "cm_r (Phil 1,17).23 Ins weitere Feld begibt man sich mit jahaqºr, das trotz etlicher ntl. Belege pln. Hapaxlegomenon ist (Rçm 14,20), dasselbe gilt fîr jahaq¸fy (einziger pln. Beleg 2Kor 7,1). jahaqislºr hat 7 ntl. Belege, doch keinen bei Paulus; jahaqºtgr ist ntl. Hapaxlegomenon (Hebr 9,13).24 Auch mit dem seltenen Adjektiv %lelptor (bei Paulus Phil 2,15; 3,6; 1Thess 3,13) und seinem Adverb !l´lptyr (1Thess 2,10; 5,23), sowie "pkºtgr, auf das man durch die textkritische Korrektur zu 2Kor 1,12 stçßt (paulinische Belege in Rçm 12,8; 2Kor 1,12; 8,2; 9,11.13; 11,3, darîber hinaus im NT nur noch Eph 6,5 und Kol 3,22) hat man das Themenfeld um Heiligkeit/Heiligung inhaltlich bereits relativ weit hinter sich gelassen. Fîr die relative Hufigkeit der vier bei Paulus belegten Wçrter des ûcStammes bezogen auf die Wortanzahl der Briefe ergibt sich folgende Quote: 0,35 %/Rçm; 0,29 %/1Kor; 0,20 %/2Kor; 0,18 %/Phil; 0,74 %/1Thess; 0,60 %/Phlm. Bei Phlm ist die relative Statistik aufgrund der Kîrze des Briefes schnell verzerrt. Das gleiche gilt freilich geringfîgiger auch fîr 1Thess, dennoch fllt in diesem Brief die îberaus große relative Hufigkeit der Belege auf. Auch im Vergleich zu allen anderen ntl. Schriften nimmt 1Thess bzgl. der relativen Hufigkeit der Derivate des "c-Stammes einen Spitzenplatz ein: ˜bertroffen wird er nur von Jud, der aufgrund seiner Kîrze ebenso wie Phlm wenig aussagekrftig ist. In den verbleibenden vier Briefen (Gal entfllt) sind die Begriffe relativ gleichmßig belegt. Differenziert man zudem noch nach Verteilung auf einzelne Kapitel, so findet sich relativ zum 21 Vgl. Seebass/Grînwaldt, Art. heilig/rein, 886. 22 Die Auseinanderschreibung des Stdtenamens 1m gIeqø Pºkei in Kol 4,13 ist nicht zu berîcksichtigen. 23 Zum Vergleich von ûcior und "cmºr neben den gngigen Lexika vgl. Vahrenhorst, Sprache, 21 – 25. 24 Hiermit wren auch die im nach Wortfeldern gegliederten TBLNT genannten Begriffe abgedeckt.

0.1. Zur Begrenzung der vorliegenden Arbeit auf 1Thess.

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Wortbestand der jeweiligen Kapitel die relativ grçßte Belegdichte in den Einzelkapiteln 1Thess 4/1,29 %, gefolgt von Rçm 15/1,29 %; 2Kor 13/ 1,27 %; 1Thess 3/1,21 %; 1Kor 6/1,19 %. Zieht man zur relativen Hufigkeit im Verhltnis zur Wortanzahl des Kapitels auch die absolute Hufigkeit hinzu, so fallen nur noch die Kapitel Rçm 15; 1Thess 4 und 1Kor 6 auf. Inhaltlich gesehen fallen in 1Thess 4 die Belege zudem in einem auch kontextuell zusammengehçrigen Abschnitt – nmlich V.3 – 8 – zusammen, fîr 1Kor 6 gilt dies bereits wesentlich abgeschwchter, fîr Rçm 15 kaum noch. Inhaltlich benîtzt Paulus die Wçrter der ûcior-Gruppe vorwiegend in drei Zusammenhngen, davon zwei inhaltlichen und einem formalen: zum einen bei der Bezeichnung des Heiligen Geistes25, zum anderen als ekklesiologischen Begriff immer im Plural als Bezeichnung fîr die Gemeindeglieder, hufig der Jerusalemer Gemeinde26 ; formal gesehen – und sich inhaltlich mit den vorigen îberlappend – hufig in den Briefeingangs- und Schlussgrîßen.27 Das v¸kgla ûciom erscheint ausschließlich in Schlussgrîßen.28 Dazu kommt eine Reihe sporadischer, inhaltlich nicht weiter systematisierbarer Einzelbelege.29 Nachdem 1Thess bereits statistisch bestimmte Aufflligkeiten gezeigt hat, sind ebensolche auch inhaltlich zu beobachten: Zu der nicht nur statistisch, sondern auch inhaltlich bestimmenden Beleghufung in 1Thess 4,3 – 8 fehlt die Anrede und Bezeichnung der Glubigen als ûcioi ; damit hngt eng zusammen, dass die Belege in den Briefgrîßen keine erhçhte 25 Mit geringfîgigen Varianten in den Einzelformulierungen Rçm 1,4; 5,5; 9,1; 14,17; 15,13.16; 1Kor 6,19; 12,3; 2Kor 6,6; 13,13; 1Thess 1,5.6; 4,8 (vgl. 3.3.5; 4.1.). 26 Fîr das Adjektiv ûcior wiederum mit Varianten Rçm 1,7; 8,27; 12,13; 15,25.26.31; 16,2.15; 1Kor 1,2; 6,1.2; 14,33; 16,1.15; 2Kor 1,1; 8,4; 9,1.12; 13,12; Phil 1,1; 4,21.22; Phlm 5.7; vgl. auch 1Kor 3,17 (Phil 4,21 hat nicht grammatikalischen, aber durch p²mta ûciom logischen Plural). Das Verb "ci²fy wird in unterschiedlichen Formen ausschließlich mit Glubigen als Objekt verwendet in Rçm 15,16; 1Kor 1,2; 6,11; 7,14; 1Thess 5,23. 27 Rçm 1,7; 1Kor 1,2; 2Kor 1,1; 13,12; Phil 1,1; 4,21.22; auch 2Kor 13,13 (joimym¸a toO "c¸ou pme¼lator). Die \c_oir !dekvo?r in 1Thess 5,27 entfallen durch Textkritik. 28 Rçm 16,16; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Thess 5,26. 29 Als ûcior bezeichnet Paulus die cqava¸ in Rçm 1,2; mºlor und 1mtok¶ in Rçm 7,12; !paqw¶ und N¸fa in Rçm 11,16; hus¸a in Rçm 12,1; maºr in 1Kor 3,17; die t´jma der Glubigen in 1Kor 7,14; B cumµ B %calor ja· B paqh´mor in 1Kor 7,34. Die ûcioi in 1Thess 3,13 sind wohl Engel (vgl. 4.2.1.). Zu dieser Gruppe von Einzelbelegen sind, ohne die Einzelexegesen nher zu berîcksichtigen, auch die Belege von "ciaslºr, nmlich Rçm 6,19.22; 1Kor 1,30 sowie die drei Belege in 1Thess 4,3.4.7, und ebenfalls die von "ciys¼mg in 2Kor 7,1 und 1Thess 3,13 zu zhlen. PmeOla "ciys¼mgr in Rçm 1,4 kann als semitisierte Variante des pmeOla ûciom gelten.

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0. Einleitung

Dichte aufweisen. Die Bezeichnung ûcioi fîr Engel (1Thess 3,13)30 ist einmalig; dafîr fehlen weitere verstreute Belege. Anderen Briefen gleich ist die Bezeichnung v¸kgla ûciom in 5,26 und pmeOla ûciom in 1,5.6; 4,8, wobei hier bereits wichtige Detaildifferenzen zu beachten sind31, sowie der Beleg von "ci²fy mit den Glubigen als logischem Objekt in 5,23.

Vieles spricht heute gegen Einzelwortstudien und stattdessen fîr die Berîcksichtigung von Wortfeldern oder gesamten Themenfeldern.32 Der Ansatz bei einem einzelnen Wortstamm ("c-) scheint daher auf den ersten Blick ein methodischer Rîckschritt zu sein. Bei aller Berechtigung solcher Bedenken wirft jedoch ein Ansatz bei einem Wort- oder Themenfeld zwei wesentliche Probleme auf: Zum einen entstehen offene Rnder, die leicht zu einer solchen Ausdehnung des Begriffs bzw. des Themas fîhren, dass es unscharf wird.33 Zudem liegt bereits mindestens jeweils eine umfassende Arbeit aus frîherer und neuer Zeit zur Heiligkeits-/Heiligungsthematik bei Paulus vor, die stark das semantische Umfeld berîcksichtigen (Stalders aus frîherer Zeit und Stettlers aus jîngerer; weniger ausgeprgt auch Vahrenhorsts).34 Beide, d. h. vor allem Stalders und Stettlers Arbeiten, sind extrem umfnglich, und bei beiden ist die Tendenz zu beobachten, dass die zu besprechende Thematik von einer Darstellung mehr oder weniger der gesamten paulinischen Theologie îberlagert wird. Zum zweiten aber – und dies ist noch wesentlicher – lsst sich ein Wort- sowie ein Themenfeld erst dann sinnvoll errichten, wenn der Kernpunkt, um den dieses Feld errichtet werden soll, hinreichend geklrt 30 Vgl. unter 4.2.1. 31 Vgl. unter 3.3.5. und 4.1. 32 Vgl. die scharfe Kritik gegen die Wortstudien des ThWNT in Barr, Bibelexegese, 207 – 261, aufgegriffen von Stettler, Heiligung, 30. 33 Fîr die uneinheitliche Begrenzungen von Begriffsfeldern seien vier Beispiele genannt: Rensburg betrachtet neben der ûcior-Gruppe nur Reqºr, fsior und "cmºr samt Ableitungen (vgl. Rensburg, Hagios, 29 – 32). Das TBLNT berîcksichtigt in seiner ersten Auflage fîr das Begriffsfeld zum Schlagwort „heilig“ nur die griechischen Begriffe ûcior, Reqºr und fsior (vgl. Seebass, Art. Heilig, 646 – 655; jeweils mit Ableitungen), die zweite Auflage weitet das Wortfeld aus und fîgt zustzlich noch "cmºr und jahaqºr zu (vgl. Baltensweiler, Art. heilig/ rein. "cmºr, 893 – 894; Frenschkowski, Art. heilig/rein. jahaqºr, 898 – 901.902 – 907; Kreuzer, Art. heilig/rein. jahaqºr, 901 f.; ebenfalls mit Ableitungen). Zustzlich hierzu weitet Asting das Feld noch um eQkijqim¶r, eQkijqim¸a [sic!], %lylor, bkºjkgqor, bkotek¶r und t´keior aus (vgl. Asting, Heiligkeit, 235 f.). Noch unschrfer lassen sich Themenfelder begrenzen, wie sie Stettler vornimmt, vgl. unter 1.3.3.). 34 Vgl. unter 1.1.9.; 1.3.2.; 1.3.3.

0.1. Zur Begrenzung der vorliegenden Arbeit auf 1Thess.

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ist. Im Falle von Heiligkeit/Heiligung bei Paulus nehmen diesen Kernpunkt fraglos die (Einzel-)belege von ûcior jtk. ein. Geht man nun von einer ethischen Bedeutung oder Konnotation dieses Begriffs aus, lsst sich daran leicht das gesamte ethische Wortrepertoire anschließen (das kçnnte z. B. sein dºcla, 5hor, 1mtok¶, mºlor, paqacc´kky, %lelptor, %spikor, 1cjq²teia, %nior, %qtior, d¸jaior, peqipat´y u.v.m.). Geht man stattdessen von einer kultischen Begriffsbestimmung aus, erschließt sich ein ganz anderes Wortfeld (nmlich etwa h¼y, hus¸a, bylºr, sv²fy, Reqe¼r, Rk²sjolai, Vkeyr, Rkaslºr, maºr, selmºr, katqe¼y, s´bolai u.v.m.). Ist hingegen der Kernbegriff îberhaupt erst zu klren, ist zweifellos der Kontext zu berîcksichtigen, in denen dieser verwendet wird, doch die Berîcksichtigung eines vorgefertigten Wort- oder Themenfeldes kommt zu frîh. Aufgrund dieser Beobachtungen, aber auch im Kontext der bereits vorliegenden jungen Arbeiten von Stettler und Vahrenhorst, scheint es mir angemessen, den Fokus (wieder) auf das philologische Material zu schrfen. Aufgrund der gînstigen statistischen und inhaltlichen Aufflligkeiten von ûcior jtk. in 1Thess ist dieser Brief hierfîr trotz seiner Kîrze und damit verbundenen Relativitt einer systematischen Auswertung besonders geeignet. Der Umfang der einzelnen Belege fîr „Heiligungs- und Heiligkeitsterminogie“ soll in dieser Arbeit daher eng gehalten werden, d. h. auf die Derivate der griechischen Wurzel "c- beschrnkt bleiben. Der Generaltext der vorliegenden Arbeit ist somit 1Thess 4,3 – 8 (bzw. 4,1 – 835) mit seinen drei Nennungen des "ciaslºr in 4,3.4.7 sowie dem pmeOla ûciom in 4,8. Die îbrigen Belege des "c-Stammes in 1Thess sind im einzelnen zwei weitere Nennungen des pmeOla ûciom in 1Thess 1,5.6; die ûcioi in 3,13; das Syntagma !l´lptour 1m "ciys¼m, in demselben Vers; der Segenswunsch aqt¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r gegen Ende des Briefes in 5,23; sowie das v¸kgla ûciom im Rahmen der Briefschlussgrîße 5,26.

35 Vgl. unter 3.1.

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0. Einleitung

0.2. Vorlufige Beobachtungen zu "ciaslºr nach 1Thess 4,3 – 8 In 1Thess 4,3 – 8 ist der tragende Begriff der bei Paulus ansonsten seltene des "ciaslºr (4,8 schließt mit dem pmeOla ûciom). Der Abschnitt beschftigt sich somit nicht pauschal mit der Heiligkeits- oder Heiligungsthematik, sondern konkret mit Heiligung. Die sich daraus ergebende exegesegeschichtliche Besonderheit ist folgende: Heiligkeit war sptestens seit den 1910er Jahren durch Durkheim, Sçderblom und Otto als wesentliche religionswissenschaftliche Kategorie breit etabliert. Man betrachtete sie unter religionsgeschichtlichen, religionsphnomenologischen und religionspsychologischen Aspekten. In der Exegese widmete man sich dem Thema mit besonderer Intensitt (bis in jîngste Zeit) zwar nie, im Anschluss an die phnomenologische Schule Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch fand auch die exegetische Beschftigung hierzu deutlichen Aufschwung (vor allem in den 1920er bis 1940er Jahren).36 Bei den Werken dieser Phase sind zwei Aufflligkeiten zu beobachten: Zum einen bleibt man sich (etwa durch gleichzeitige Behandlung des atl. Kontextes) des kultischen Umfeldes der Heiligkeitsthematik wohl bewusst und schreibt auch von ekklesiologischen, pneumatologischen, doxologischen oder eschatologischen Aspekten der Heiligkeitsvorstellung. Der (verglichen mit heutiger Exegese) geringe Differenzierungsgrad innerhalb der biblischen, der ntl. und schließlich der paulinischen Schriften fîhrt hier insgesamt eher zu die ntl. oder paulinische Theologie insgesamt umfassenden Ergebnissen.37 Zum anderen ist allerdings auch bei dieser umfassenden Berîcksichtigung theologischer Einzelthemen bei Paulus die Sonderrolle der Rechtfertigungs36 Vgl. zur Forschungsgeschichte unter Kapitel 1. 37 Dies ist auch in den Artikeln theologischer und exegetischer Lexika zu den Stichworten „Heilig“, „Heiligkeit“ und „Heiligung“ (u. .) zu beobachten. Die meisten von ihnen weisen keinen gesonderten Abschnitt zu Paulus auf und sind mehr oder weniger deutlich nach den genannten thematischen Gesichtspunkten strukturiert (vgl. Balz, Art. ûcior jtk., 38 – 48; Hillmann, Art. Heiligkeit (des Menschen) I., 129 f.; Imschoot/Haag, Art. Heilig, 689 – 691; Kippenberg, Art. Heilig und profan, 434 f.; Lattke, Art. Heiligkeit III, 703 – 708; Radl, Art. Heilig (II), 88 f.; ders., Art. Heiligung (II), 97 – 99; Seebass/Grînwaldt, Art. heilig/rein. ûcior, 887 – 892; Taeger, Art. Heilig und profan III., 1532 – 1533). Ausnahmen mit gesonderten Abschnitten îber Paulus sind das ThWNT (Procksch, Art. ûcior jtk., 106 f.), das ABD (Hodgson, Art. Holiness (NT), 250 – 252), die RGG4 (Schnelle, Art. Heiligung, 1572 f.) und das EKL (Strecker, Art. Heiligung, 453).

0.2. Vorlufige Beobachtungen zu "ciaslºr nach 1Thess 4,3 – 8

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lehre zu beobachten und damit das Bestreben der Exegeten38, die Heiligkeitskategorie bei Paulus vor allen Dingen schlîssig mit dieser als viel dominanter wahrgenommenen Lehre zu kombinieren. Dies erçffnet in der lteren Exegese leicht die Tendenz zu einer Ethisierung des paulinischen Heiligkeitsbildes und dem Versuch, Heiligung als ethischen Prozess so darzustellen, dass sie an die Lehre von Gottes souvernem, gnadenhaftem Rechtfertigungshandeln anknîpfbar bleibt.39 Ein noch viel extremeres Bild ergibt sich, sobald man den gesamtneutestamentlichen oder gesamtpaulinischen Kontext hinter sich lsst und auf das Thema der Heiligung (statt Heiligkeit) bzw. auf den Begriff "ciaslºr speziell îber die Exegese von 1Thess 4,3 – 8 stçßt. Denn bei dieser Fokussierung erscheint er schnell (wenn auch hier nicht notwendigerweise40) als stark ethischer Begriff vorgezeichnet, wie leicht anhand einer großen Anzahl von lteren und jîngeren Verçffentlichungen zu ersehen ist: Hofmann erklrt bereits im seinem alten Kommentar zu 4,3: „[b] "ciasl¹r rl_m ist nur als zwischenstzliche Apposition gemeint, welche das in den

folgenden Stzen benannte Verhalten, um zu erklren, warum es ein von Gott gewolltes ist, als ihre Heiligung bezeichnet“.41 Zentral auch bei Bultmann, der von "ciaslºr in 1Thess 4,3 als Besttigung des Ineinander von Heilsindikativ und -imperativ spricht und ihn klar dem Imperativ zuordnet: „ … [D]ie Verwendung des Begriffes der Heiligkeit ist ebenfalls bezeichnend fîr die Einheit von Indikativ und Imperativ, von Kraft und Verpflichtung … Christus ist fîr uns dijaios¼mg te ja· "ciaslºr ja· !pok¼tqysir (1. Kr. 1,30). Aber gerade daraus erwchst die Verpflichtung zum aktiven "ciaslºr, den Gott von uns fordert (1. Th 4,3. Rm 6,19.22); wer

38 Sehr uneinheitlich wird momentan der Gebrauch von Personalsubstantiven in Bezug auf Gender-Differenzierung gehandhabt. Da Doppelnennungen („Exegeten und Exegetinnen“) unnçtig umstndlich sind, das „Binnen-I“ sowie der Schrgstrich („ExegetInnen“; „Exeget/innen“) nicht sprechbar sind sowie gravierende Folgeprobleme nach sich ziehen (z. B. der Deklinierbarkeit und Artikelsetzung), und da die Annahme einer Identifikation von grammatikalischem Genus und natîrlichem Sexus auch linguistisch weiterhin anfechtbar bleibt, scheint es mir nach wie vor am sinnvollsten, beim „pragmatischen“ oder „generischen masculinum“ zu bleiben, wenn die Ttigkeit der damit Bezeichneten im Vordergrund steht und nicht der Sexus. 39 Vgl. v. a. unter 1.1.4.–1.1.6. Von denjenigen in Anm. 37 genannten Lexikonartikeln, die Paulus einen gesonderten Abschnitt zuweisen, sind die erstgenannten ebenfalls umfassend gedacht, nur Strecker, dessen Artikel zum Stichwort Heiligung, nicht Heiligkeit, verfasst ist, ordnet erstere ethisch dem Imperativ der Heilsaussage zu (vgl. sofort in Anm. 47). 40 Vgl. etwa bei Kertelge, vgl. sofort. 41 Hofmann, Die heilige Schrift, 215.

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0. Einleitung

diese Forderung mißachtet, mißachtet Gott, der uns seinen heiligen Geist geschenkt hat (1Thess 4,8)“.42 Genauso deutlich wird Laub, der "ciaslºr in 1Thess 4,3 als ˜berbegriff fîr ethische Forderungen versteht: „Zunchst [sc. in 4,3a] werden die Gebote allgemein zusammengefaßt als ,Heiligung‘ … Heiligung ist hier [sc. 1Thess 4,3] eindeutig als ein vom Menschen gefordertes Tun verstanden. Paulus verlangt vom einzelnen ein fortwhrendes Handeln, das er ,Heiligung‘ nennt“.43 Und ebenso pointiert Lîhrmann: „Paul summarizes as ,sanctification‘ what had been the essence of his instructions (4:2 – 12)“.44 In neuerer Literatur kommt es bei Malherbe, der den parnetischen Zug des gesamten Briefes insgesamt stark betont, nicht ganz von ungefhr, dass er „sanctification as being at the heart of Christian morality“45 bezeichnet. Doch auch Schnelle formuliert: „Von seinen Gemeinden fordert Paulus eine Heiligung des Lebens“46 und spricht von „Forderung nach Heiligung und untadeligem Leben“.47

Da man – abgesehen von 1Thess – innerhalb des NT nur selten, und dann nicht inhaltlich ausgefîllt, auf "ciaslºr stieß48, konnte zu einer solchen ethischen Vereinnahmung von "ciaslºr kaum Korrektur erfolgen. Ein Blick auf die Methoden und Wege, durch die diese ˜berzeugung erlangt war, zeigt jedoch deutlich die Notwendigkeit einer grîndlichen Revision auf: Zum einen ist hier die ˜bernahme exegetischer Beobachtungen aus anderen, spteren paulinischen Briefen zu nennen, d. h. die Nicht-Be42 43 44 45 46 47

Bultmann, Theologie, 339 f. Laub, Verkîndigung, 52. Lîhrmann, Beginnings, 245. Malherbe, Thess, 224. Schnelle, Paulus, 132. Schnelle, Ethik, 301 f.; vgl. ders., Der erste Thessalonicherbrief, 209. Weiter fîr deutliche Ethisierung von "ciaslºr vgl. Bauer, Wçrterbuch, 15, s.v.; Becker, Paulus, 143; Gorman, „You Shall Be Cruciform …“, 148, Anm. 2; Haufe, Thess, 72; Holtzmann, Lehrbuch, 149 – 153 (hier wird Heiligung als Unterkapitel unter der ˜berschrift „Ethisches“ behandelt; der Text ist in der zweiten Auflage von 1911 nur unwesentlich verndert, die Einteilung ist gleich geblieben; kritisch zu Holtzmann bereits Rensburg, Sanctification, 82); Merk, Handeln, 45 – 54, bes. 50; Schrage, Ethik, 180; deutlich auch Schulz, Ethik, 322 f.; Vahrenhorst, Sprache, 129 (trotz des nachfolgenden Zitates [Collins, Function, 407]). Collins betont neben dem Ethischen auch die gottgegebene pneumatische Fhigkeit der Glubigen, îberhaupt seinem Ruf zu folgen (vgl. Church, 290 f.). Streckers Art. Heiligung, 453, ist bereits genannt, nach dem „der Indikativ des Heilsgeschehens dem Imperativ der H.[eiligung] vorgeordnet“ ist (er verweist dafîr allerdings gerade nicht auf 1Thess 4,3 – 7, sondern auf Gal 5,25; Rçm 6,1 ff.). 48 Belege bei Paulus außerhalb von 1Thess nur Rçm 6,19.22; 1Kor 1,30; zustzlich im NT nur in 2Thess 2,13; 1Tim 2,15; Hebr 12,14; 1Petr 1,2.

0.2. Vorlufige Beobachtungen zu "ciaslºr nach 1Thess 4,3 – 8

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rîcksichtigung einer eventuellen Entwicklung der Begrifflichkeit bei Paulus. Zentral ist hier wiederum Bultmann, der freilich sowohl der Heiligkeits-/Heiligungsthematik als auch dem 1Thess insgesamt fast gar keine eigene Aufmerksamkeit zollt und seine knappe Erklrung von "ciaslºr nach 1Thess 4,3 auf sein auf Gal, Rçm und 1Kor fußendem Indikativ-Imperativ-Schema49 baut, und schließlich noch durch zustzliche Verse aus Rçm stîtzt. Auch Laub verweist fîr seine starke Ethikbetonung und das „aktivische Verstndnis von "ciaslºr an dieser Stelle“ (dies bezieht sich konkret auf 1Thess 4,3)50 zwar berechtigterweise auf Schrage51, parallel dazu aber auch auf Kuss’ Rçmerbrief-Kommentar.52 Bei Bultmann und Laub ist die Dominanz des Rçmerbriefs in der Paulus-Exegese freilich auch exegesegeschichtlich zu verstehen (obschon dadurch gewonnene Ergebnisse dennoch zu revidieren wren), erstaunlich ist jedoch, dass das hier deutlich werdende Problem der Interpretation von 1Thess durch Rçm auch noch viel spter weitergefîhrt wird. Schrage etwa schreibt: „Sosehr die soteriologische Qualitt auch der Heiligungsaussagen feststeht und Heiligung auch indikativisch zur Sprache gebracht wird, so wenig ist zu îbersehen, daß gerade die Heiligung ,strker ethisch akzentuiert‘ ist als die Rechtfertigung. Speziell der parnetische Kontext und Akzent in 1Thess 4 ist unverkennbar. Auch Rçm 6,19 ermahnt: ,Stellt eure Glieder der Gerechtigkeit als Sklaven zu Verfîgung zur Heiligung‘“.53 Schrages Grundaussage ist als Allgemeinaussage gemeint. Dass er sie gleichzeitig durch 1Thess 4 und Rçm 6 stîtzt, wîrde zunchst nur bedeuten, dass, gibt man der Interpretation dieser Belege im ethischen Sinne nach, das paulinische Heiligungsverstndnis als zwischen 1Thess und Rçm konstant bleibend zu betrachten wre. Auffllig ist aber das kurze von Schrage eingesetzte Zitat Kertelges: Denn im originalen Kontext bezieht sich dieses auf Verse aus 1Kor und Rçm54, zu 1Thess 4,3 – 8 hingegen fîhrt Kertelge – entgegen der mehrheitlichen Exegetenmeinung! – ausdrîcklich aus: „,Heiligung‘ ist hier [d.h. also in 1Thess 4,3 – 8] nicht die Selbstheiligung des 49 Vgl. Bultmann, Theologie, 334. Das gleiche gilt fîr die Darstellung in seinem berîhmten Aufsatz Das Problem der Ethik bei Paulus, dort noch geringfîgig unter Berîcksichtigung von 2Kor (vgl. ders., Problem, 130 – 140). 50 Laub, Verkîndigung, 52, Anm. 11 (eigene Kursivsetzung). 51 Vgl. Schrage, Einzelgebote, 61 f. 52 Vgl. Laub, Verkîndigung, 52, Anm. 11, mit Verweis auf Kuss, Rçm 2, 403. Auch dort wird die Interpretation von Rçm 6,19.22 und 1Thess 4,3 – 8 vermischt. 53 Schrage, Heiligung, 22; Zitat: Kertelge, „Rechtfertigung“ bei Paulus, 277. 54 Vgl. Kertelge, „Rechtfertigung“, 277; so wie sich Kertelge ganz im allgemeinen dominant auf 1Kor und Rçm bezieht, vgl. ebd., 250 – 277.

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0. Einleitung

Menschen aus eigenem Vermçgen, sondern seine Heiligung durch Gott.

"ciaslºr motiviert den in diesen Versen ausgesprochenen ethischen Ap-

pell“55 – man mçchte ergnzen: „… motiviert lediglich den … ethischen Appell“. Diese Differenzierung Kertelges entfllt bei Schrage.56

Neben diesem (auch, nicht ausschließlich) exegesegeschichtlichen Problem tut eine ganze Reihe exegetischer Vorentscheidungen das ihre, um 55 Kertelge, „Rechtfertigung“, 277 (eigene Kursivsetzung). 56 Sie wird allerdings auch bei Kertelge nicht konsequent weitergedacht. Denn unmittelbar im Anschluss an das genannte Zitat fhrt er fort: „Seine Kraft erhlt dieses Motiv dadurch, daß Paulus in V.7 auf die gçttliche Berufung zur Heiligung hinweist, wobei diese Berufung selbst als Anfang des Heiligungswerkes Gottes am Menschen zu verstehen ist, und in V.8 zudem an den Geist Gottes als das innere Prinzip der Heiligung der Christen erinnert“ („Rechtfertigung“, 177). Dies klingt dann wieder nach einer Zweistufen-Heiligung und damit einer vervollstndigenden Heiligung durch den Menschen. In einer Anmerkung ergnzt Kertelge demzufolge auch offenbar zustimmend Dibelius: „Die Heiligung wird von den Christen verlangt, die schon Heilige sind“ (vgl. Kertelge, ebd., Anm. 123; Zitat: Dibelius, Thess, 20 f.); und spter fasst er selbst – wieder allgemein, nicht speziell auf 1Thess bezogen – zusammen: „Der paulinische Begriff der Heiligung drîckt also nicht nur einen ethischen Imperativ aus, sondern einen Imperativ, der vom Indikativ des Heiligungswerkes Gottes getragen und gefordert wird“ (ebd., 278). Bei Kertelge wird also eine grundstzlich nicht-ethische Interpretation von Heiligung in 1Thess 4,3 – 8 durch weitere, ethisch interpretierte Belege zur Heiligung in anderen Briefen îberdeckt. Als ein weiteres Beispiel fîr das genannte Problem sei Schnelle, einer derjenigen Neutestamentler, der sich fîr die Berîcksichtigung einer Entwicklung der Theologie des Paulus mit am strksten îberhaupt einsetzt, genannt. Er schreibt ausdrîcklich zu 1Thess (!): „Der ,Tag‘ des Herrn (vgl. 1Thess 5,1 – 10; 1Kor 1,7 – 8; 5,5; 2Kor 1,14) erfordert die Heiligkeit der Gemeinde, denn in dem einhergehenden Gerichtsfeuer werden die Werke der Menschen offenbar (1Kor 3,12 – 15)“ (Schnelle, Paulus, 199 [eigene Kursivsetzung]). Er bezieht sich in Bezug auf die „erfordert[e] … Heiligkeit der Gemeinde“ also ausdrîcklich auf 1Thess, 1Kor sowie 2Kor, und begrîndet diese mit dem offenbarenden Gerichtsfeuer. Selbst wenn man jedoch der Rede von der „erfordert[en] … Heiligkeit der Gemeinde“ in 1Thess stattgibt (was noch zu îberprîfen wre), ist von der „Heiligkeit der Gemeinde“ in 1Thess gerade nicht die Rede und von Heiligung nicht einmal in demjenigen Abschnitt aus 1Thess, der eben explizit vom „Tag des Herrn“ handelt (nmlich 1Thess 5,1 – 10); und das offenbarende, apokalyptische Gerichtsfeuer stammt ebenfalls nicht aus 1Thess, sondern nur aus 1Kor. Fîr die Gerichtsthematik ließe sich freilich statt des Offenbarungsfeuers nach 1Kor analog auf die Rcherfunktion der Kyrios in 1Thess 4,6 verweisen; damit sind die beiden letztgenannten Einwnde nicht zu stark zu betonen. Sie wiegen allerdings schwerer im Zusammenhang mit der Verwechslung von Heiligung und Heiligkeit (vgl. sofort) und damit mit der Rede von „Heiligkeit der Gemeinde“ und verdeutlichen das Problem einer nicht ganz przisen Kontextabgrenzung.

0.2. Vorlufige Beobachtungen zu "ciaslºr nach 1Thess 4,3 – 8

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ein ethisches Verstndnis von Heiligung in 1Thess 4 zu krftigen: Hierzu gehçrt die lange Zeit (und im Grunde immer noch) vorherrschende Dominanz formkritischer Briefanalyse, aufgrund derer man auf der Basis antiker Epistolographie57 einzelne Abschnitte des 1Thess mit Proçmium oder Briefcorpus, Danksagung oder Parnese/Schlussparnese zu betiteln und mit der großen Zsur nach 1Thess 3,13 in Einklang zu bringen hatte. In 1Thess 4,1 ff. sind parnetische Anliegen des Paulus deutlich zu erkennen, und so sieht man in 1Thess 4 f. leicht einen gesamten „parnetischen Teil“ oder gar eine „Schlussparnese“, und damit steht auch das Heiligungsverstndnis von 1Thess 4,3 – 8 schnell pauschal in parnetischem Licht. Relativ eng mit dieser formkritischen Vorentscheidung verbunden ist das erst in jîngerer Zeit zunehmend îberwundene Indikativ-Imperativ-Schema als Chiffre fîr das Verhltnis von Heilszusage und daraus resultierendem Auftrag zu einem entsprechenden Lebenswandel58, nach dem îber 1Thess 4,3 – 8 meist im Rahmen des Imperativs gesprochen und damit auch Heiligung in diesem Kontext verstanden wurde.59 ˜ber die epistolographische Grobstruktur hinausgehend be57 ˜ber die Erforschung antiker Briefliteratur im Bezug zum NT informiert hervorragend Klauck, Briefliteratur (Lit!). 58 Zur Geschichte und zum Wandel des Verstndnisses dieses Schemas vgl. Bliscke, Begrîndung, 27 – 35; Schnackenburg, Botschaft, 26 – 30. 59 Z.B.: „Heiligung ist … kein Einzelgebot neutestamentlicher Ethik oder Parnese, sondern ist auch als Imperativ Wille und Berufung Gottes (vgl. I Thess 4,3 f.7; II Thess 2,13): Heiligung als unmittelbare Konsequenz der Rechtfertigung ist die Frucht des Befreitseins von der Macht der Sînde“ (Lattke, Art. Heiligkeit, 706). Oder: „Nach Auffassung des Paulus ist der Indikativ des Heilsgeschehens dem Imperativ der Heiligung vorgeordnet“ (Strecker, Art. Heiligung, 453). Vgl. deutlich auch bei Schnackenburg, Botschaft, 60 – 65; Schulz, Ethik, 321. Bultmann war auch ein Vertreter dieser Zuordnung, obwohl er die eschatologische Dimension der sakramental vermittelten Heiligkeit ebenfalls herausstellte: „Die Glaubenden sind ûcioi, Bciasl´moi … und d. h. zunchst solche, die aus der Welt herausgenommen und in die eschatologische Existenz versetzt sind durch Christi Heilstat …, die ihnen in der Taufe zugeeignet worden ist …Aber gerade daraus erwchst die Verpflichtung zum aktiven "ciaslºr, den Gott von uns fordert (1. Th 4,3. Rm 6,19.22)“ (Theologie, 339 f.). Daher konnte Bultmann fîr diesen Sachverhalt auch das Pindar-Wort „Werde, der du bist!“ zitieren (ebd., 334; vgl. hierzu unter 5.1.). Dass man auch bei Beibehaltung des Indikativ-Imperativ-Schemas Heiligung nicht notwendigerweise unter den Imperativ stellen muss, haben bereits vor einiger Zeit Horn und Schrage gezeigt. Horn verwendet in seinem Artikel von 1999 zwar auch noch das Schema, erkennt aber speziell in 1Thess die Heiligung sowohl als Auslegung des Indikativs (!), als auch in 1Thess 4,10 „den Imperativ als Aufforderung zur Realisierung des neuen Standes“ (Art. Ethik, 1608). Nach

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0. Einleitung

trachtet man auch feinstrukturell 4,1 – 12 gerne als einen rein parnetischen Teil und versumt damit leicht, die genauere Struktur dieses Abschnittes und genauere Schattierung der dort enthaltenen „Parnese“ wahrzunehmen. Wiederum eher der Exegese frîherer Zeit gehçren Teilungshypothesen des Briefes an, nach denen teilweise 4,2 von 4,3 gespalten und 4,3 stattdessen im Anschluss an 2,12 gelesen wurde; von dieser Prmisse ausgehend war dann verfnglich, dass 2,12 tatschlich das peqipate?m !n¸yr toO heoO thematisiert und nur zwei Verse davor vom tadellosen Leben des Paulus die Rede ist (¢r bs¸yr ja· dija¸yr ja· !l´lptyr), und zwar noch mittels des irrefîhrenden Wortes fsior an erster Stelle des Trikolon, das bis heute in etlichen deutschen Bibelîbersetzungen und Kommentaren mit „heilig“ (bzw. in englischen mit „holy“) wiedergegeben wird und sich leicht als Interpretament fîr "ciaslºr in 4,3 – 7 nahelegte.60 Sowohl lexikalisch als auch grammatikalisch hatte sich der Abschnitt 1Thess 4,3 – 8 schon seit der Kirchenvterzeit als notorisch problematisch erwiesen. Etliche grammatikalische Detailfragen kçnnen leicht zugunsten einer ethischen Bestimmung von "ciaslºr in 1Thess beantwortet werden. Hierzu gehçren im einzelnen die pronominale Lesart von toOto in 4,3a mit gedachtem Doppelpunkt vor b "ciasl¹r rl_m, die grammatikalische Abhngigkeit der Infinitive !p´weshai, eQd´mai, jt÷shai und rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m von "ciaslºr (freilich mit Variationen), unkritisch modale Lesart von 1m in 4,4, sowie die hufige semantische Angleichung von 1m an 1p¸ in 4,7. Ebenfalls ist in deutsch- und englischsprachigen ˜bersetzungen auch jîngerer Zeit (sowohl in Bibelîbersetzungen als auch innerhalb der exegetischen Literatur) hufig zu beobachten, dass der Unterschied zwischen "ciaslºr und "ciys¼mg nicht

diesem Verstndnis greift Heiligung also sowohl auf den Indikativ als auch den Imperativ aus. øhnlich auch Schrage, Heiligung, 223 – 225; und ders., Ethik, 171.180. 60 So etwa Elberfelder, Luther, Schlachter, selbst Mînchener NT (!); fîr Kommentare vgl. Malherbe, Thess, 3.134; Mîller, Thess, 121; Reese, Thess, 21; Reinmuth, Thess, 122; auch Johnson, Sanctification, 284. Hiebert (Thess, 82) îbersetzt ebenfalls „holy“, weist in seinem Kommentar aber ausdrîcklich auf die Differenz hin (vgl. ebd., 106). Anders die Zîrcher Bibel („lauter“); fîr Kommentare vgl. Dibelius (Thess, 8): „gottwohlgefllig“; Haufe (Thess, 32), Holtz (Thess, 64) und Marxsen (Thess, 42): „fromm“; Richard (Thess, 77.85) und Bruce (Thess, 34): „devoutly“ bzw. „devout“.

0.3. Zum Vorgehen in dieser Arbeit

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eingehalten wird; erstaunlich hufig wird "ciaslºr inkonkordant mit „Heiligkeit“ statt „Heiligung“ wiedergegeben.61 Dem Beitrag der systematischen Theologie protestantischer Provenence zu einem ethisch-sittlichen Verstndnis von Heiligung im Sinne eines Ordo salutis, d. h. als einer der Rechtfertigung nachgeordnete Entwicklung der Bewhrung und ethischen Wachstums62 ist hier nicht nachzugehen, doch ist dessen Einfluss ebenfalls nicht zu unterschtzen.63

0.3. Zum Vorgehen in dieser Arbeit Zweifellos drîckt Paulus in 4,3 – 8 ein (oder mehrere) parnetische Anliegen aus: sich „von der Unzucht zu enthalten“, „sein ,Gefß‘ in Heiligung und Ehrbarkeit zu gewinnen“, „den Bruder nicht zu îbervorteilen“. Die Nhe dieser Anliegen zum Einzelbegriff "ciaslºr ist in diesen Versen nicht zu îbersehen. Doch ist das Verhltnis von Heiligung zu diesem parnetischen Anliegen in den Abschnitt neu zu bestimmen. Dabei sollen im Folgenden die genannten Methoden und Argumente zur Interpretation von "ciaslºr îberprîft werden. Hierzu gehçrt zu allererst die weitestgehende Beschrnkung auf 1Thess allein, um zu er61 So zu finden etwa bei Bassler, SjeOor, 58; Bickmann, Der erste Brief, 651 f. (bei ihr inkonsequent ,Heiligung‘ und ,Heiligkeit‘); Bçrschel, Konstruktion, 150; Bruce, Thess, 86; Carras, Ethics, 307; Collins, Function, 407 („Holiness is a state of existence; the Thessalonians are to act accordingly. In keeping with God’s will for his people, their holiness (4,3 [!]), they are exhorted to abstain from poqme¸a“; Dibelius, Thess, 22; Frame, Thess, 154; Hîbner, Art. til¶, 857; Issel, Heiligkeit, 84.85; Marshall, Thess, 113 f.; McGehee, Rejoinder, 88; Reese, Thess, 45.67; Richard, Thess, 186 (dort sogar noch gravierender: „state of holiness“).188 f.194 – 197.206 u. ç.; Schlier, Thess, 116, Anm. 94; Schmiedel, Thess, 20 (er mit bewusster Entscheidung: „gAciaslºr, eigentlich Heiligung, heisst oft im NT und jedenfalls 44 vgl. 7 Heiligkeit“; Schnelle, Paulus, 635 (er spricht vom „untadeligen Leben[…] in Heiligkeit“ mit Verweis auf Thess 3,13; 4,3.4.7; 5,23); ders., Wandlungen, 89; Weima, „How You Must Walk …“, 98 („The frequent occurrences of the noun ,holiness‘ (hagio¯syne¯ or hagiasmos) …“ (originale Kursivsetzung); Vahrenhorst, Sprache, 331; Yarbrough, Gentiles, 79. Auch die Elberfelder Bibel îbersetzt die ntl. Belege von "ciaslºr inkonkordant mit „Heiligkeit“ in Rçm 6,19.22; 1Kor 1,30; 1Thess 4,4, und mit „Heiligung“ in 1Thess 4,3.7. Die Zîrcher Bibel hingegen îbersetzt alle Belege konkordant mit „Heiligung“. 62 Vgl. Huxel, Art. Ordo salutis, 639; Joest, Dogmatik/2, 443; Marquardt, Art. Ordo salutis, 638 f.; ders., Vorstellung, 29 – 53; Steiger, Art. Ordo salutis, 371 – 376; Wacker, Ordo, 9 – 18. 63 Vgl. Stettler, Heiligung, 459, mit Anm. 51.

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0. Einleitung

mçglichen, diesen Brief als Schreiben mit eigenstndigem theologischem Profil in den Blick zu bekommen. Sodann, gewissermaßen zur „Grobtarierung“ der Interpretation, muss ein hermeneutischer Schlîssel gefunden werden, d. h. in diesem Falle eine genauere, dem individuellen Brief angemessene Bestimmung der Funktion und Charakteristik von Parnese innerhalb des Gesamtbriefes. Auf zwei formale Besonderheiten des Briefes ist dabei besonderes Augenmerk zu legen: zum einen auf die ungewçhnliche Briefform im allgemeinen, die von jeher nur schwer einer traditionellen literarischen Form zuzuordnen war, zum anderen auf die große Mittelzsur des Briefes zwischen 3,13 und 4,1, die aufgrund der sensiblen Stellung von 4,3 – 8 (1 – 8) unmittelbar danach eine wesentliche Rolle spielt. Es soll vermieden werden, die Funktion von Parnese in diesem Brief pauschal anhand formkritischer Konventionen (etwa mittels Grobbezeichnungen von 1Thess 4 f. als „Parnese“ oder „Schlussparnese“) zuzuweisen, und stattdessen mçglichst den Brief in seiner Gesamtheit und Individualitt wahrzunehmen und damit die Stellung von 4,3 – 8 inmitten des Gesamtschreibens besser zu berîcksichtigen. Aus der Darstellung der theologischen Grundstrukturen – von denen Parnese nur eine ist – soll, gewissermaßen als Hierarchie der unterschiedlichen Anliegen des Paulus in dem Brief ein mçglichst spezifischer hermeneutischer Schlîssel auch fîr 4,3 – 8 gewonnen werden.64 Auch die Schlîssigkeit der Interpretation von "ciaslºr in 4,3 – 7 mit Hilfe von fsior in 2,10 mittels Teilungshypothesen soll noch einmal îberprîft werden. All dem wird in Kapitel 2. nachgegangen. Kapitel 3. fokussiert dann auf die zentralen Verse 1Thess 4,3 – 8. Dies schließt zunchst die aus kontextuellen Grînden mitzuberîcksichtigenden Randverse 4,1 f. sowie 4,9 – 12 mit ein; vor allem den einleitenden Versen 4,1 f. kommt besonderes Gewicht zu, da sie das Scharnier darstellen, das die Generalverse 4,3 ff. mit der Großzsur 3,13/4,1 und damit mit der gesamten ersten Briefhlfte verbindet. Hier erfolgt gewissermaßen eine „Feintarierung“ des parnetischen Anliegens von 4,3 – 8, gefolgt von syntaktischen und inhaltlichen Einzelexegesen zu denselben Versen. 64 Denselben ˜berlegungen zufolge hat bereits Schnelle zur Darlegung der Entstehung der paulinischen Anthropologie eine ˜berblick îber die Grundstrukturen von 1Thess vorangestellt (Schnelle, Der erste Thessalonicherbrief, 209 – 214). Konkret hat auch Bjerkelund gefordert, „zu einer nheren Funktionsbestimmung von 1 Thess 4,1 – 2 durch eine Untersuchung der folgenden und dann der vorhergehenden Kapitel zu gelangen“ (Parakalú, 129).

0.3. Zum Vorgehen in dieser Arbeit

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Die dreimalige Nennung von "ciaslºr in 1Thess 4,3.4.7 ist fîr den kurzen Abschnitt 4,3 – 8 zentral. Demzufolge liegt ein Schwerpunkt in dieser Arbeit auf Heiligung. Dieser Schwerpunkt wird, gemß der Begrenzung der Arbeit, ergnzt durch genauere Untersuchungen der Verwendung der weiteren Belege von Derivaten des "c-Stammes, von denen der erste, die Nennung des pmeOla ûciom in 4,8 noch in den Generalabschnitt 4,3 – 8 fllt. Die weiteren, unter 0.1. bereits genannten Einzelbelege der ûcior-Gruppe werden in Kapitel 4. nher untersucht. Kapitel 5. zieht das Resîmee aus den exegetischen Untersuchungen und ordnet die Ergebnisse in den Kontext von Eschatologie, Kult und Soteriologie ein. Einem Ausblick auf die New Perspective on Paul gilt das letzte Teilkapitel der Arbeit.65

65 Als Randprolegomenon sei noch folgendes erwhnt: 1Thess 1,1 nennt neben Paulus auch Silvanus und Timotheus als Mitadressanten, zudem hlt 1Thess fast durchgngig die Formulierung in der 1. Person Plural durch (1. Person Singular nur in 2,18; 3,5a; 5,27). Die damit angegangene Frage nach dem realen oder impliziten Autoren ist bekannt und von den wichtigen Kommentatoren und anderen Exegeten ausfîhrlich besprochen (vgl. dazu Best, 1Thess, 26 – 29; Bçrschel, Konstruktion, 125 – 137; Dobschîtz, 1Thess, 67 f.; Gerber, Paulus, 261 – 263; Holtz, Thess, 14; Malherbe, Thess, 86 – 89; Schreiber, Der erste Thessalonicherbrief, 388; Walton, Leadership, 142 – 144). Da sie die hier besprochene Fragestellung jedoch nicht tangiert, bleibe ich aus schreib- und lesepragmatischen Grînden bei der verkîrzten Annahme der Autorenschaft des Paulus.

1. Zur Forschungsgeschichte Die exegetische Forschungsgeschichte zum Thema Heiligung/Heiligkeit seit ca. 1900 lsst sich unschwer in drei „Epochen“ gliedern. Im frîhen 20. Jahrhundert erfuhr neben religionsgeschichtlichen, religionspsychologischen und religionsphnomenologischen Untersuchungen auch die exegetisch-wissenschaftliche Betrachtung der Thematik – teils im Zuge des bereits genannten einflussreichen Buches Das Heilige von R. Otto (zuerst erschienen 191766) – einen deutlichen Aufschwung mit ntl. orientierten Monographien.67 Ein Schwerpunkt lsst sich fîr die 1920er bis 40er Jahren, und somit genau fîr die Zeit des Haupteinflusses von Ottos Werk, beobachten. Als jîngste Monographie – und bereits als Sptzîgler – dieses exegesegeschichtlichen Abschnittes ist die verçffentlichte Version von Stalders monumentaler Dissertationsschrift Das Werk des Geistes in der Heiligung bei Paulus von 1962 zu nennen. Bis zur Jahrhundertwende lag dann das Thema unter den Exegeten beinahe vollstndig brach. Lexikonartikel und wenige Einzelaufstze – vorwiegend in der zweiten Hlfte der 1980er Jahre – lieferten gebîndelte Informationen, doch fehlt fîr diese vierzig Jahre eine jîngere, methodisch und inhaltlich den vernderten Erwartungen der Paulusexegese entsprechende Monographie. Als Ausnahme innerhalb dieser Periode ist einzig die Dissertationsschrift von O. Hanssen von 1984 zu nennen, die jedoch nie verlegt und daher von der weiterfîhrenden Wissenschaft kaum je berîcksichtigt worden ist. Erst in den wenigen letzten Jahren kîndigt sich in der ntl. Beschftigung mit der Heiligkeits- und Heiligungsthematik wieder ein Aufschwung an: Nach einem kurzen Aufsatz von W. Weiss (2003) reichten 66 Drei Jahreszahlen zur schnellen Verbreitung des Werkes seien genannt: 1920 erschien bereits die vierte Auflage, 1922 die siebte, 1936 die 23.–25. Zum Einfluss dieses Werkes in der Religionswissenschaft vgl. Lanczkowski, Art. Heiligkeit I., 696 f. 67 Dies gilt auch fîr Gaugler/1948, obwohl man lt. Titel (Die Heiligung im Zeugnis der Schrift) anderes erwarten kçnnte. Einen atl. Schwerpunkt setzt Hnel, Die Religion der Heiligkeit von 1931. Ebenfalls in diese Zeit fllt die pastoral orientierte Schrift Mîllers, Rechtfertigung und Heiligung von 1926.

1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962

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im Jahr 2006 M. Vahrenhorst an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal und H. Stettler an der Universitt Tîbingen Habilitationsschriften zur Heiligungsthematik bei Paulus ein. Whrend Vahrenhorsts Arbeit mittlerweile auch unter dem Titel Kultische Sprache in den Paulusbriefen verlegt ist, wartet Stettlers noch auf Verçffentlichung.68

1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962 Die aus der ersten hier abgegrenzten „Forschungsepoche“ zum Heiligungs-/Heiligkeitsthema vorliegendenen Monographien sind von sehr unterschiedlichem Umfang (Gauglers Beitrge sind beispielweise sehr knapp, Stalders sehr umfnglich) und richten sich teilweise an unterschiedliche Verfasserkreise; Quervain schreibt nicht einmal als Exeget, sondern als Ethiker. Nicht alle dieser Arbeiten sind mit dem gleichen wissenschaftlichen Ziel und damit nicht mit derselben wissenschaftlichen Verwertbarkeit verfasst. Vier der Autoren (Gaugler, Djukanovic´, Quervain und Stalder) entstammen zudem einem gemeinsamen theologischen „Kreis“ aus der christkatholischen Fakultt der Universitt Bern: Gaugler war dort Neutestamentler, Djukanovic´ promovierte bei ihm und widmete seine Arbeit Stalder; Stalder selbst war Gauglers Schîler und ab 1960 sein Nachfolger als Professor u. a. fîr Neutestamentliche Wissenschaft und widmete ihm (u. a.) auch seine Arbeit; auch Quervain ging durch die Berner Schule und war spter ebenfalls dort Professor. All dies schmlert a priori die forschungsgeschichtliche Ergiebigkeit der vorhandenen Monographien. Viele der genannten Werke sind momentan aus dem exegetischen Bewusstsein geschwunden und sollen hier noch einmal vergegenwrtigt werden, soweit sie fîr Paulus relevant sind. 1.1.1. Ernst Issel (1887): Aufriss durch das Neue Testament Der Begriff der Heiligkeit im Neuen Testament von E. Issel von 1887 ist, wie bereits erwhnt, als offenbar lteste vorhandene Monographie zum 68 An dieser Stelle sollte auch die bereits im Vorwort genannte Arbeit The Process of Sanctification in the Christian Life. An Exegetical-Theological Study of 1 Thess 4,1 – 8 and Rom 6,15 – 23 von P.J. Brady Erwhnung finden.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Thema der Heiligkeit im Neuen Testament zu nennen.69 Gemß dem ausdrîcklichen Arbeitsauftrag, aufgrund dessen Issels Arbeit entstand, behandelt sie in einem ersten von zwei Hauptteilen die lexikale Thematik, wobei sie mit einer Durchsicht des atl. Materials samt apokryphen Schriften und Pseudepigraphen ausholt70 ; in einem zweiten Hauptteil wird die Anwendung dieser Resultate im Hinblick auf eine „Charakteristik des ltesten Christentums“ systematisch zusammengefasst.71 Die Untersuchung des ntl. Bestandes der ûcior-Gruppe entfllt auf knapp îber 60 Seiten72 und erfolgt nach thematischer Anordnung, d. h. es werden der Reihe nach die Verwendungen des Heiligbegriffes im Bezug auf Gott, Engel, dem Geist Gottes, Christus, Personen der biblischen Religionsgeschichte, der Christengemeinde, sowie von Gegenstnden betrachtet. Die Belege hierfîr werden quer aus den ntl. Bîchern bezogen, eine Einteilung nach chronologischer Ordnung findet kaum statt; zu einer Aufschlîsselung nach unterschiedlichen ntl. Verfassern oder Verfassergruppen findet Issel lediglich – und dies ist immerhin bemerkenswert – in den beiden Kapiteln îber den Geist Gottes und îber die Christengemeinde. Nur in diesen beiden Abschnitten, die zugleich die umfangreichsten seiner Abhandlung sind, findet sich auch eine gesonderte Betrachtung des paulinischen Corpus.73 Nach Issel ist der „Heilige Geist“ bei Paulus eine „objectiv-gçttliche Macht, wohl unterschieden von dem natîrlichen, persçnlichen Geistesleben, wie auch von allem, was als Welt den Christen umgiebt [sic!]“.74 69 Issel selbst weiß von keiner frîheren und kann als Hilfsmittel fîr seine Arbeit lediglich – und auch das nur eingeschrnkt und gelegentlich – auf Cremers „Biblisch-theologischem Wçrterbuch der neutestamentlichen Graecitt“ (in ihrer vierten Auflage von 1884) zurîckgreifen (vgl. Issel, Heiligkeit, 5). 70 Vgl. Issel, Heiligkeit, 6 – 36; Apokryphen und Pseudepigraphen ab 30. 71 Vgl. Issel, Heiligkeit, 104 – 152, nach den Gliederungspunkten „Die religiçse Selbstbeurteilung der christlichen Gemeinde im Lichte des Begriffs ,heilig‘“ (107 – 128), „Die Stellung der christlichen Gemeinde zum Volk Israel“ (128 – 142) sowie „Die Stellung der christlichen Gemeinde zum Judentum“ (142 – 149). 72 Vgl. Issel, Heiligkeit, 36 – 103. Die hierbei vorgelegenen Wortbelege sind identisch mit denen nach der in dieser Arbeit verwendeten Konkordanz von Aland; im Einzelnen sind dies die Belege fîr die Termini "ci²feim, "ciaslºr, ûcior, "ciºtgr und "ciys¼mg. Eine kurze Betrachtung der Nebenbegriffe Reqºr, fsior, selmºr und "cmºr entfllt bei Issel lediglich auf eine Fußnote (vgl. ebd., 36 f., Anm. 2). 73 Vgl. Issel, Heiligkeit, 53 – 57 sowie ebd., 78 – 88. 74 Issel, Heiligkeit, 53.

1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962

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Der „Gottesgeist“ der Glubigen ist „das Gegenteil des Geistes der Welt“.75 Ebenso ist der heilige Geist ein „gemeinsames Besitztum der Christen“, ein „Gemeindegeist“, der auch Paulus erst nach seiner „Bekehrung“ als von Gott empfangene „Gabe“ verliehen wurde.76 Als „Geistestrger“ sind die Christen Gottes Eigentum und „dem Leibe nach Tempel des heiligen Geistes (1 Cor. 6,19)“.77 Im Bezug auf die Christengemeinde ist nach Issel der Heiligbegriff zentral christozentrisch zu deuten. „[N]icht wie das Volk des alten Bundes durch die Befreiung aus øgypten“, sondern „in Christo Jesu“ ist die Gemeinde Gottes geheiligt. Denn Christus hat ihr als der Heilige Gottes die Gnade Gottes gebracht; die Gnade haben die Christen im Glauben angenommen, weswegen in 2Thess 1,10 „unter seinen Heiligen“ und „unter seinen Glubigen“ parallel stehen.78 Die Initiative fîr den Ruf in die Heiligkeit („berufene Heilige“79) liegt einzig bei Gott selbst, und da dieser Ruf in der Liebe Gottes grîndet, kçnnen die Christen synonym auch „Geliebte Gottes (Rçm 1,17) oder „Heilige und Geliebte“ (Kol 3,1280) genannt werden.81 Schließlich steht „Heilige“ auch schlicht fîr „Christen“, und zwar von vorne herein „als Glieder der sichtbaren Gottesdienstgemeinde“ (nach Rçm 8,27; 16,2; 1Kor 14,33; Phil 1,1; Kol 1,4.12.26; Phlm 5.7). In diesem Zusammenhang ist auch die Bezeichnung des Brudergrußes als „heiliger Kuss“ zu betrachten (nach Rçm 16,16; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Thess 5,26).82 Auch hier bezeichnet der Heiligbegriff also „keine moralische Beschaffenheit, sondern ein religiçses Verhltnis“.83 In einem letzten Abschnitt geht Issel noch einmal eingehender auf das ethische Moment des Heiligbegriffes ein.84 Paulus nennt die Christen nie aufgrund ihrer sittlichen Vollkommenheit heilig; statt dessen folgt der 75 76 77 78 79 80

81 82 83 84

Issel, Heiligkeit, 54; Verweis auf 1Kor 2,12 f. Vgl. Issel, Heiligkeit, 53. Issel, Heiligkeit, 54. Issel, Heiligkeit, 78. Bei Issel ohne ausdrîckliche Stellenangabe; diese Formulierung findet sich in 1Kor 1,2; Rçm 1,7. Issel unterscheidet im Prinzip durchaus zwischen authentisch paulinischer Literatur und pseudepigraphen Deuteropaulinen. Whrend Eph z. B. unter der „Paulus sich anschließenden Literatur“ (57) eingeordnet wird, gilt jedoch Kol fîr Issel offenbar als authentisch. Issel, Heiligkeit, 79. Vgl. Issel, Heiligkeit, 80. Issel, Heiligkeit, 81. Issel, Heiligkeit, 82 – 88.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Auftrag zur „Reinigung von allem Bçsen“ ihrer tatschlichen Heiligkeit, wie sie sich als Gottes Eigentum durch Christus ergibt.85 Die Entgegensetzung von Heiligkeit ("ciaslºr) und Gesetzeswidrigkeit ( !mol¸a) in Rçm 6,19 zeigt, dass Heiligkeit „der Gott entsprechende Zustand [ist], worin der Mensch sich von der Sînde rein erhlt“.86 Dieser sittliche Prozess heißt bei Paulus jedoch nie „Heiligung“, sondern „Dienst der Gerechtigkeit“ (Rçm 6,19) oder „Wandel im Geist“ (Rçm 8,4); ein Ausdruck wie „in Heiligung wandeln“ ist Paulus fern.87 Rtselhaft ist allerdings Issels Erklrung zu 1Thess 4,3 – 7: Mit "ciaslºr in 1Thess 4,3.4.7 sei nicht Heiligung als Handlung, sondern das Ergebnis des Handlung, also Heiligkeit bezeichnet. Diese Heiligkeit sei die „Aufgabe, welche der Wille Gottes den Christen gestellt hat“88, welche zu erfîllen ethisches Bemîhen dient.

Ein nur an der Oberflche liegendes Problem bei der Arbeit Issels ist seine nicht konkordante ˜bersetzung von "ciaslºr einmal mit Heiligung, einmal mit Heiligkeit. Wesentlich – und trotz der begrifflichen Verunklarung schlîssig – ist jedoch sein Ergebnis, dass sehr wohl eine „Forderung zur Reinigung des Lebens“89 an die Glubigen ergehe und dass Heiligung/Heiligkeit ein „Motiv“90 zum reinen Lebenswandel darstelle, nicht aber dass die Forderung nach Ethik einer Forderung zur Heiligung gleichkomme. Heiligkeit bleibt bei Issel christozentrisch positioniert. Besonders interessant fîr unsere Arbeit ist ebenfalls, dass Issel im Laufe seiner knappen Arbeit zweimal vergleichsweise ausfîhrlich auf 1Thess 4,1 – 8 zu sprechen kommt91, und dort beide Male den ethischen Charakter herausarbeitet, ohne ihn am Begriff des "ciaslºr festzumachen. 1.1.2. Eduard Williger (1922): Sprachgeschichtlicher Ansatz Mit der Arbeit von Eduard Williger von 1922 liegt zwischen dem Pionierwerk Issels und der chronologisch gesehen nchsten Arbeit zum ntl. Heiligkeitsbegriff aus der Feder eines Theologen eine nicht-theolo85 86 87 88 89 90 91

Issel, Heiligkeit, 88; auch 82 f. Issel, Heiligkeit, 84. Vgl. Issel, Heiligkeit, 85; Zitate ebd. Issel, Heiligkeit, 85. Issel, Heiligkeit, 56 (originale Kursivsetzung). Issel, Heiligkeit, 56. Vgl. Issel, Heiligkeit, 56.85.

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gisch, sondern rein sprachgeschichtlich orientierte Studie vor.92 Die Ergebnisse, die Williger in dieser Arbeit monographisch ausgefîhrt hat, sind – soweit ich sehe – bis heute wenig modifiziert worden und dienen in Bibellexika bis heute als Grundlage fîr etymologische und bedeutungsgeschichtlichliche Einleitungen. Fîr die griechische Wurzel "c- kann aufgrund der lautlichen Entsprechung zum altindischen yaj- bereits fîr indogermanische Zeit eine religiçse Bestimmung gezeigt werden.93 Zur inhaltlichen Eruierung der ursprînglichsten Bedeutung des Stammes "c- geht Williger vom (im NT nicht belegten, da bereits obsoleten) Verbum ûfestai aus. Dessen Bedeutungsverschiebungen verlaufen parallel zu den jeweiligen Gottesvorstellungen (von Scheu vor der îbernatîrlichen Gottheit in primitiven Tabureligionen îber natîrliche Furcht gegenîber als potenziert anthropomorph gedachten mythischen Gçttern seit den Mythographen Homer und Hesiod, bis hin zu subjektiver Ehrfurcht und Verehrung bei Zurîcktreten der Scheu vor dem Tabu ab dem 3. Jahrhundert v. Chr.94 Aufflligerweise tritt ûfestai auch in frîherer Zeit nur in poetischen Texten auf. In der Prosa, und ab der hellenistischen Zeit grundstzlich, nimmt s´beshai seine Stellung ein, das dann auch im NT (aber nicht bei Paulus) belegt ist. gAcmºr wird bei Homer Gottheiten oder Dingen, die mit ihnen in Bezug stehen, formelhaft als Epiteth zugeschrieben, die frîheste inhaltliche Fîllung ist im Sinne von „religiçse Scheu erweckend“, „zu scheuen“ (etwa bei Aischylos, Pindar und Xenophanes) zu finden.95 Bei jungfrulichen Gçttinnen kann hier schon mit der Bedeutung „keusch“ gerechnet werden.96 Jedoch ist das Wort in der alten, noch an die Tabu-Vorstellung erinnernde Bedeutung frîh verblasst. Etwa seit der Zeit der attischen Tragiker (5. Jahrhundert v. Chr.) tritt die Bedeutung „rituelle Reinheit des Menschen“ auf 97 und nhert sich schnell an jahaqºr an.98 Von hier aus verengt es sich schnell zu „keusch, jungfrulich“. In der Bedeutung „heilig“ wird "cmºr dann wohl nur noch als 92 Sie folgte derjenigen von Anton Fridrichsen Hagios-Qadosˇ von 1916, die vor allem die LXX-˜bertragung des atl. a7K zu ûcior und der Verwendung von ûcior in der sonstigen hellenistisch-jîdischen Literatur anhand ausfîhrlicher Listen, nicht jedoch den Text des NT, in Augenschein nimmt. Bereits von 1910 stammten zwei Dissertationen îber die entsprechenden lateinischen Begriffe: Maximilian Kobbert De verbum religio atque religiosus usu apud Romanos, Kçnigsberg 1910, und Wilhelm Link De vocis „sanctus“ usu pagano quaestiones selectae, Kçnigsberg (Regimonti, Ex officina Hartungiana) 1910. 93 Vgl. Williger, Hagios, 10. Der Zusammenstellung von ûcior und altind. yjati begegnet man heute aufgrund fehlender Beweisbarkeit zurîckhaltender (vgl. Frisk, Griechisches etymologisches Wçrterbuch, s.v.). 94 Vgl. Williger, Hagios, 6 – 9. 95 Vgl. Williger, Hagios, 43. 96 Vgl. Williger, Hagios, 38. 97 Vgl. Williger, Hagios, 44 f. 98 Vgl. Williger, Hagios, 46.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Archaismus verwende, das Verb ûfestai verschwindet ganz.99 Die ursprîngliche Bedeutung kann "cmºr neben „profan rein“ nicht mehr halten, in welcher es im Profangriechischen des Hellenismus sehr hufig wird.100 In der jîdischen und christlichen Literatur des Hellenismus hingegen wird der Terminus wieder als Bezeichnung fîr die rituelle Reinheit, aber auch im îbertragenen Sinne (etwa fîr die Reinheit der Seele, des Herzens, des Gewissens) verwendet. Wenn nur die ußere Reinheit gemeint ist, wird dies oft durch klrende Zustze wie 1m t0 saqj¸ ergnzt.101 Durch Ausweitung der ethischen Breite verblasst bei "cmºr dann die religiçse Bedeutung und nhert sich semantisch d¸jaior an. Als ursprîngliche Bedeutung von ûcior – ebenfalls Verbaladjektiv zu ûfestai – ist ebenso die Bedeutung „religiçse Scheu, Tabu erweckend“ zu erwarten.102 Eine frîhe eindeutige Zuordnung zu dieser Bedeutung findet sich jedoch nicht103, frîhe Belege bei Herodot und Aristophanes sind unklar (bei den attischen Tragikern fehlt es ganz)104 ; wenn die religiçse Eigenschaft des Tabus deutlich gemacht werden soll, wird es in diesem Sinne ergnzt (bspw. noch bei Platon durch %batom105). Erst in hellenistischen Literaturwerken findet sich die eindeutigere Beziehung auf ein Tabu106, und so erhlt der bereits verblasste Terminus die Bedeutung „religiçse Scheu erwecken“ zurîck, als sie sein Zwilling "cmºr bereits verloren hat.107 GAcior in der Profangrzitt ist insgesamt nicht hufig und wird in hellenistischer Zeit (mit einigen Vorlufern108) zunchst als Attribut heiliger Orte und Gegenstnde verwendet (wie auch in klassischer Zeit), ungleich hufiger jedoch als Epithet von Gottheiten v. a. orientalischer Herkunft (Isis, Serapis, syrische Gçtter, Sabazios, Artemis von Ephesus); Gçtter griechischer Herkunft erhalten das Epithet "ci¾tator erst spt109, obschon Williger auch einige wenige klassische Belege fîr die Verwendung des Wortes ûcior als Gçtterattribut kennt (Ar.Aves 522; Antiphanes, Lykon [= Meineke III, 80]). Nicht jedoch wird ûcior in Bezug auf Menschen angewandt, noch fîr religiçse Eigenschaften wie Reinheit oder Frçmmigkeit.110 99 Vgl. Williger, Hagios, 62. 100 Vgl. Williger, Hagios, 62. Zu Willigers Erklrung des ˜berganges von objektiver zu subjektiver Bedeutung vgl. kritisch Pfister, Rezension zu Williger 360. 101 Vgl. Williger, Hagios, 63 mit Verweis auf 1Clem 38,2; 2Clem 8,4. 102 Besttigend zu dieser Hypothese Pfister, Rezension zu Williger, 360. 103 Vgl. Williger, Hagios, 72. 104 Vgl. Williger, Hagios, 73. 105 Vgl. Williger, Hagios, 74. 106 Vgl. Williger, Hagios, 76 f. Anders allerdings die Darstellung von Pfister, der die Verwendung von ûcior im ursprînglichen Sinne kontinuierlicher auch in der vorhellenistischen Zeit sieht (vgl. Rezension zu Williger, 361). 107 Vgl. Williger, Hagios, 77 f. 108 Vgl. Williger, Hagios, 83. 109 Vgl. Williger, Hagios, 81 f. mit Belegen aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. 110 Vgl. Williger, Hagios, 83.

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Im hellenistisch-jîdischen und frîhchristlichen Schrifttum111 ist ûcior im Gegensatz zum griechischen Heidentum sehr hufig.112 Dies ist bereits an der LXX ersichtlich, wo alle Spielarten zwischen objektiv „tabu“ und subjektiv „rein“ durchlaufen werden: Kultgerte, Tempel, Sttten, Gott, das Pneuma, Engel kçnnen als ûcior bezeichnet werden.113 Whrend der „geweihte“, „heilige“ oder „gçttliche“ Mensch im klassischen wie auch profanhellenistischen Griechisch als Reqºr bezeichnet wird114, wird ûcior jetzt auch in Bezug auf Menschen angewendet. Die Forderung, der Mensch solle heilig sein, versteht sich durch die Tabuvorschriften der Reinhaltung des Heiligen: das Heilige schließt das Reine in sich ein. Es ist auch zu sehen, „daß die Heiligkeit Gottes hier schon analog zur 111 Dieser große Abschnitt Willigers (vgl. Hagios, 84 – 108) wird von Pfister, Rezension zu Williger, vçllig îbergangen. 112 Nach Flashar wird Reqºm von den LXX-˜bersetzern vermieden und statt dessen t¹m ûciom bzw. t± ûcia gesetzt, um mit Reqºr verbundene heidnische Assoziationen zu vermeiden (vgl. Studien, 245, Anm. 2). Williger stimmt dieser Vermutung nicht zu, da die LXX-˜bersetzer auch ansonsten keine Scheu zeigten, heidnische Kultsprache zu gebrauchen (vgl. Hagios, 105 – 108). Dennoch hat sich die von Flashar vorgetragene These bis heute gehalten: Nur wenige Jahre nach Flashar knîpft Fridrichsen an sie an, obschon er sie nur als Teilmotivation fîr die Wortwahl akzeptiert (vgl. Hagios-Qadosˇ, 41 f.); vorbehaltsloser noch im Anschluss an Flashar formuliert Procksch in seinem wichtigen ThWNT-Artikel (vgl. Art. ûcior, 95 f. [beachte irrtîmliche Jahreszahlangabe 1929 statt 1912 fîr Flashar bei Procksch, Art. ûcior, 95, Anm. 11]). Und noch viel spter wiederholt Barr die Begrîndung von Flashar und Procksch und weitet sie sogar noch aus: Whrend Flashar seine ˜berlegungen besonders zur Bezeichnung des Tempels gestellt hat, bezieht sich Barr auf die Vermeidung von Reqºr und die regelmßige Verwendung von ûcior zur LXX-Wiedergabe von a7K ganz allgemein (vgl. Bibelexegese 280 – 283). In jîngster Zeit ist diese These auch wieder bei Harrington (Holiness, 15) zu lesen. Seebass/Grînwaldt hingegen argumentieren rein semantisch: Sie meinen, ûcior habe sich fîr die ˜bertragung von hebrisch a7K wohl deshalb geeignet, „weil es im Unterschied zu Reqºr … nicht das An-Sich-Heilige, sondern den Anspruch auf Verehrung ausdrîckt, der vom Heiligen ausgeht“ (Art. heilig/rein. ûcior, 887 (originale Kursivsetzung); vgl. ebenso Seebass, Art. heilig/rein. Reqºr, 896). An die Thesen von Flashar und Procksch knîpft allerdings auch Schrenk an, wenn er eine Begrîndung liefert, warum das NT wiederum keine Bedenken zeige, den Tempel mit Reqºm zu bezeichnen: Whrend die LXX˜bersetzer grçßeren Wert auf die Absetzung des eigenen Kultes von der heidnischen Kultwelt gelegt htten, habe hierfîr fîr die Urchristenheit keine Veranlassung mehr bestanden und sei man daher wieder zum allgemeinen Begriff îbergegangen (vgl. Schrenk, Art. Reqºr, 234). 113 Vgl. Williger, Hagios, 85 f. 114 Vgl. Williger, Hagios, 54, Anm. 1; 96, mit Anm. 2.

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Heiligkeit des Menschen gedeutet ist: Gott ist nicht mehr heilig als der Mchtige, den der Mensch in ehrfîrchtiger Scheu anbeten muß, sondern als der Reine, der selbst die Tugenden besitzt, die er von seinen Verehrern verlangt“.115 Subjektive und objektive Verwendung, Tabu und Reinheit gehen auf diese Weise nebeneinander her. Die hufige Verwendung des Begriffes fîhrt auch zu Wortneubildungen (wie auch schon von "cmºr in der attischen Tragçdie): "ci²feim, "c¸asla, "ciaslºr, "ciast¶qiom, "ciaste¸a (v.l. "ciste¸a), "ciºtgr, "ciys¼mg.116 Willigers Frageperspektive berîcksichtigend nehmen seine Erklrungen zu den paulinischen Belegen zwar relativ breiten Raum ein, doch untersucht er den paulinischen Befund nur anhand weniger Auswahlbelege. Fîr ihn steht die (subjektive) Heiligkeit im Mittelpunkt der religiçsethischen Forderungen des Apostels Paulus: „Aus einigen [paulinischen] Stellen geht deutlich hervor, daß zunchst eine ußerlich-religiçse Reinheit gemeint ist“.117 Auch bei der Bezeichnung pmeOla ûciom sei eine subjektive Bedeutung vorausgesetzt, da Paulus das „zu Scheuende“ gerade nicht meint.118 Paulus entwickele seinen Heiligbegriff vornehmlich am Gebrauch der LXX, der bedeutende Unterschied liege jedoch darin, dass bei Paulus die Bedeutung „scheuen, zu verehren“ fast vçllig verschwinde, desgleichen auch die Verwendung als Prdikat fîr Gott oder gçttliche Wesen. Doch konstatiert Williger auch deutlich, dass „die subjektive Bedeutung, die Heiligkeit des Christen, … bei Paulus eine neue Motivierung [erhlt], indem sie zu spezifisch christlichen bezw. paulinischen Vorstellung in Beziehung gesetzt wird“.119 In Bezug auf 1Thess 4,3 und 2Kor 7,1 erkennt Williger als Heiligkeit „eine Tugend, die der Fromme aus eigenen Krften zu îben und sein Leben hindurch zu erhalten hat“120, wohingegen er in 1Kor 1,30 „eine religiçse Eigenschaft [sieht], die der Mensch zugleich mit seiner Christwerdung erlangt, vermittelt durch einen einmaligen magischen Akt, der von Gott, Christus oder dem 115 Williger, Hagios, 87 mit den angefîhrten Belegen: 2Sam 22,26; Ps 17,25; Dtn 32,4. 116 Vgl. Williger, Hagios, 106 – 108. Dieser Befund betrifft die verschriftlichte LXX. Spter modifiziert Williger dahingehend, dass die Neubildungen als Entsprechungen der Denominative des hebrischen a7K keine Erfindungen der LXX-˜bersetzer gewesen, sondern bereits von der mîndlichen Sprache der Diaspora entwickelt worden sein mîssten. 117 Williger, Hagios, 88, mit den angefîhrten Beispiele 1Thess 4,3 f.7; 1Kor 7,14. 118 Vgl. Williger, Hagios, 98. 119 Williger, Hagios, 89. 120 Williger, Hagios, 90.

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Pneuma ausgeht“.121 Nach dieser zweiten Stelle erfolge Heiligung somit durch Verkehr mit gçttlichen Mchten. Doch unterscheidet Williger noch weitere Momente der Heiligung: So kme fîr Heiligung durch Christus noch „die reinigende Wirkung des Sîhnetodes Jesu, deren der Mensch teilhaftig wird, sobald er in die christliche Gemeinde eintritt“, in Betracht.122 Williger deutet durch die Hervorhebung des Wortes „Gemeinde“ ein ekklesiales Moment der Heiligung an, das er jedoch im Folgenden nicht weiter ausfîhrt. Stattdessen beruft er sich auf Kol 1,22 im Sinne einer „magische[n] Wirkung der Vereinigung mit Christus und dem gçttlichen Pneuma“123 und auch resultierend „aus dem Besitz des gçttlichen Pneumas“.124 – Als letztes Moment der Heiligkeitsforderung schließlich muss der Christ ein heiliges Leben fîhren, das allerdings immer noch als ein Leben gefîhrt „mit Rîcksicht auf das gçttliche Pneuma … und auf die bevorstehende Vereinigung mit Christus in der Parusie“ qualifiziert wird.125 Hier erscheint also Heiligkeit „nicht mehr [als] Folge, sondern Vorbedingung der unio mystica“.126 Lapidar bleibt Willigers Schlussfolgerung: „Von hier aus lçst sich der scheinbare Widerspruch zwischen den Mahnungen des Apostels zur Heiligkeit, die voraussetzen, daß der Christ erst heilig werden bzw. bleiben muß, und der Vorstellung, daß die Christwerdung eine Heiligung des Menschen in sich schließt“.127 Die spteren ntl. Schriften bezeugen viele ˜bereinstimmungen mit der paulinischen Verwendung, greifen dann aber strker auf das AT zurîck. In diesem Zusammenhang erscheint ûcior auch wieder als Epithet von Gott oder von gçttlichen Wesen (Christus, Engel); gleiches gelte auch fîr die Bezeichnung von Orten und Gegenstnden als „heilig“.128

Dass Williger nicht als Theologe schreibt, sondern als Altphilologe, bringt den Vorteil eines von dogmatischen Fragestellungen freieren Blickes mit sich. Die Strke liegt somit in einer fîr die Zeit sehr detaillierten Darlegung unterschiedlicher Verwendungen des Heiligungs-/Heiligkeitsgedanken; der Versuch einer Systematisierung dieser unterschiedlichen Beobachtungen nach chronologischen Kriterien erfolgt freilich noch 121 122 123 124 125 126 127 128

Williger, Hagios, 90. Williger, Hagios, 90 (originale Kursivsetzung). Williger, Hagios, 90. Williger, Hagios, 90. Williger, Hagios, 91, mit den angefîhrten Beispielen 1Thess 3,13; 5,23. Williger, Hagios, 91 (originale Kursivsetzung). Williger, Hagios, 91 f. Vgl. Williger, Hagios, 93 f.

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nicht. Deutlich wird bei ihm ebenfalls bereits das in den spteren Beitrgen noch dominanter hervortretende Bestreben, Heiligung bzw. Heiligkeit den unterschiedlichen dogmatischen „Traktaten“ paulinischer Theologie zuzuordnen, bei Williger konkret die Ethik, Ekklesiologie, Christologie, Soteriologie, Pneumatologie und Eschatologie. Besondere Aufmerksamkeit lenkt auf sich, dass Williger gerade 1Thess 4,3 und 2Kor 7,1 als paulinische Belegstellen fîr ein ethisches Heiligungsdenken aus eigener Kraft anfîhrt: 2Kor 7,1 gilt heute als unpaulinisch.129 1.1.3. Josef Dillersberger (1926): Heiligkeit als eschatologische Grçße des frîhen Christentums Dillersberger hat mit seiner Schrift Das Heilige im Neuen Testament eine frîhe Arbeit zur Heiligkeitsthematik aus katholischer Feder vorgelegt; seine beiden Hauptgesprchspartner darin sind Issel, Otto und Williger. Dillersberger bestimmt das atl. Heiligkeitsverstndnis als Grundlage fîr das des NT130, berîcksichtigt aber auch die Verwendung der Heiligkeitsbegrifflichkeit in der pagan-hellenistischen Grzitt.131 Differenzierung des ntl. Stoffes nach chronologischen Gesichtpunkten oder Verfassern bzw. Verfassergruppen unterbleibt bei ihm vollstndig, die Anordnung der untersuchten Belege erfolgt nach inhaltlichen Kriterien (heilig bei Dingen, der heilige Gott, Christus als Heiliger, Heiligkeit einzelner Menschen, Propheten und Engel, sowie der Christengemeinde).132 Seine Exegesen sind allesamt sehr kursorisch gehalten, die Belege quer durch das gesamte NT zusammengesammelt, detaillierte Ausarbeitungen oder besondere Schwerpunktsetzungen erfolgen praktisch gar nicht. Dillersbergers eigentliches Anliegen hingegen scheint ein religionsgeschichtliches zu sein: Im letzten Hauptteil seines Buches untersucht 129 Vgl. Anmm. 183.1360.1387. Genau dieselbe Denkfigur, "ciaslºr in 1Thess 4,3 durch "ciys¼mg in 2Kor 7,1 ethisch zu deuten, findet sich bei Bolten, Die Neutestamentlichen Briefe, Zweyter Theil, 188, Anm. 5. Aus heutiger Sicht ist diese Interpretation doppelt zu problematisieren: erstens durch die Gleichsetzung von "ciaslºr und "ciys¼mg, zweitens durch die (damals freilich noch nicht in Frage gestellte) Akzeptanz von 2Kor 7,1 als authentisch paulinisch. 130 Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 3 – 22. 131 Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 23 – 32. 132 Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 33 – 82.

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er das „Mysterium des Heiligen. (Seine Stimmungswelt)“133 und resîmiert hier, welche Einflîsse des Heiligkeitsverstndnisses im NT atl., welche pagan-hellenistischen, und welche originr frîhchristlichen Ursprungs sind. Aus den Schriften des AT entstammende Elemente frîhchristlichen Heiligkeitsverstndnisses sieht Dillersberger im Gedanken der Auserwhlung des Gottesvolkes, der zum einen, „getaucht in eine ganz îberschwngliche Fîlle religiçser Stimmung“, Ahnung vom „Reichtum der Welt des ,Heiligen‘“ gibt, der zum anderen aber auch bei allem „Hinreißenden, Schçnen“ auch die Seite des „Grauenvollen, des Fîrchterlichen, Schrecklichen“ zur Sprache bringt.134 Mysterienreligionen verwandt sieht er u. a. die Heiligung durch Blut, Tod und Wiedererstehung eines Gottes, deren Vermittlung durch einen sakramentalen Akt, die Beziehung von Taufe und Sterben, sowie in der „innigen Verbindung und Vereinigung“ zwischen dem Mysten und der Gottheit, wie sie etwa in Hebr 2,11 oder in Formeln wie „Geheiligte in Christus Jesus“ (1Kor 1,2), „Christus unsere Heiligung“ (1Kor 1,30) oder in der Vorstellung der Heiligung durch den Geist (2Thess 2,13 u. a.) ausgedrîckt werde.135 Die spezielle frîhchristliche Frbung habe die Heiligkeitsvorstellung jedoch durch die „eschatologischen Hoffnungen und Erwartungen, die ja im Urchristentum besonders stark waren“136, erhalten. Dillersberger legt dar, dass die Parusie Christi bzw. das Gericht oft als „wirksames ,Motiv‘ zur Heiligung der Christen aufscheint“ (mit Verweis auf 2Petr 3,11; Jud 20 f.; Apk 22,11; 1Thess 4,3 – 7; 1Kor 3,17; Hebr 10,29).137 Wenn schon hier „der Gedanke nahe liegt, daß volles Heiligsein irgendwie mit der Parusie zusammenhngt“138, entsprchen dann auch Mahnungen wie Rçm 6,19.22 („zur Heiligkeit hin“) der Vorstellung, „daß man hier auf Erden nie zur vollen Heiligkeit gelangt“139. Whrend Dillersberger an anderer Stelle fîr 1Thess 4,3 f. et al. durchaus stark das ethische Moment sittlicher Tadellosigkeit betont140 – er spricht von einem „starke[n] Beweis, wie sehr Heiligkeit mit sittlicher Reinheit 133 134 135 136 137 138 139 140

Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 83 – 125. Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 84 – 91; alle Zitate ebd., 87. Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 92 – 106; alle Zitate ebd., 98. Dillersberger, Das Heilige, 107. Dillersberger, Das Heilige, 108. Dillersberger, Das Heilige, 108. Dillersberger, Das Heilige, 108. Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 67.72 f.; allgemeiner auch ebd., 60.

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identisch geworden war“141 – betont er fîr 1Thess 4,7 durchaus entgegen der Mehrheitsexegese der Zeit das Tun Gottes am Menschen.142 Dillersberger stellt einen konfessionstypischen Gegenpol zu den protestantischen Arbeiten derselben Zeit dar. Dies schlgt sich in einer ganzen Reihe von Punkten nieder: Zum ersten in dem selbst verglichen mit der immerhin knapp vierzig Jahre lteren Arbeit Issels geringen Interesse an detaillierter Textexegese; zum zweiten an der selbstverteidigenden Haltung gegenîber offensichtlich vorausgesetzten Ressentiments gegenîber der religionsgeschichtlichen Schule143 ; zum dritten in der Immunitt gegenîber einer als Gnaden- oder Rechtfertigungslehre bestimmten „Mitte der Schrift“, auf die hin alles andere ausgerichtet sein muss. Am aufflligsten aber, und bei seinen protestantischen Kollegen nicht annhernd auf diese Weise ausgefîhrt, ist Dillersbergers mit Pathos vorgetragene Rîckbindung des Heiliggedankens an religiçse Emotionalitt. Wiederholt spricht er von dessen „Stimmungswelt“144, dem „Stimmungsgehalt“145, der „Gefîhlswelt“146 oder dem „˜berschwang des religiçsen Erlebens“147: Das Heilige im NT sei „nicht ein nach seinen verstandlich erfaßten Merkmalen allein zu taxierender Begriff. Viel wichtiger, oder zum mindesten ebenso wichtig ist die ganze religiçse Stimmung und Gefîhlswelt, in die er getaucht ist, von der er umwoben und umkleidet ist“.148 Konkret fîr die Ausfîhrungen zum Thema in der Apk betont er, diese Lehre sei nicht fîr „das verstandesmßige Erfassen den Christen vorgetragen … [Stattdessen sei sie] getaucht in eine ganz îberschwngliche Fîlle religiçser Stimmungs- und Gefîhlswelt, die ein Nacherleben der Christen bezwecken will“.149 Nicht selten versucht er selbst, dieser Gefîhlswelt expressionistisch sprachlichen Ausdruck zu verleihen: „Gerade diese eschatologische Stimmung, in die das Heilige getaucht ist, ist vielleicht der strkste und hinreißenste Ausdruck fîr die Inbrunst und Echtheit des religiçsen Gefîhls, mit dem das Heilige von der ersten Christenheit erlebt wurde“.150 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150

Dillersberger, Das Heilige, 73. Dillersberger, Das Heilige, 66. Vgl. Dillersberger, Das Heilige, 92. Dillersberger, Das Heilige, 83.84 u. ç. Dillersberger, Das Heilige, 92. Dillersberger, Das Heilige, 106. Dillersberger, Das Heilige, 105. Dillersberger, Das Heilige, 105. Dillersberger, Das Heilige, 110 (originale Hervorhebung). Dillersberger, Das Heilige, 112.

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Sachlich bleibt als exegetische Leistung Dillersbergers seine starke Betonung des Konnexes von Heiligkeit und Eschatologie, konkret der Parusie, festzuhalten. Ihm gelingt es so bei aller exegetischer Oberflchlichkeit, Heiligkeit so selbstndig darzustellen wie seinen protestantischen Zeitgenossen îber Jahrzehnte hinweg nicht mehr. Bedauerlich ist daher, dass seine Arbeit bis heute weitgehend unbeachtet geblieben ist: Auch in die ausfîhrlichen, jungen Bibliographien von Stettler und Vahrenhorst (vgl. 1.3.2.; 1.3.3.) ist sie nicht aufgenommen. 1.1.4. Ernst Gaugler (1925; 1948): Indikativ-Imperativ-Schema I: Rechtfertigung, Pneumatologie und Ethik E. Gauglers Arbeiten stellen gewissermaßen einen direkten Gegenpol zu Willigers Schrift dar. Whrend dieser einen rein philologischen Ansatz gewhlt hat, geht jener von einem streng theologischen aus. Kontinuitt zur Arbeit Willigers liegt hingegen in der intensivierten Einordnung der Heiligungs-/Heiligkeitsthematik in systematische Teilthemen paulinischer Theologie. 1.1.4.1. 1925: Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus Mit Gauglers Berner Antrittsvorlesung aus dem Jahre 1924 (verçffentlicht 1925), liegt, so weit ich sehe, die erste Arbeit vor, die die Heiligungsthematik speziell bei Paulus in den Mittelpunkt rîckt. Gaugler betrachtet diese Fragestellung von vorne herein unter ethischer Perspektive, bzw. anders herum: er expliziert das Thema paulinischer Ethik am Thema der Heiligung. Der zentrale paulinische Grundgedanke, vor dem Gaugler seine ˜berlegungen entfaltet, ist der des glubigen Menschen in der Spannung zwischen den beiden entscheidenden Heilsereignissen Jesu Kreuz und Auferstehung sowie dem eschatologischen „Ende“.151 Die Betrachtung des Menschen in diesem Spannungsbogen durchzieht Gauglers gesamte Arbeit. Grundstzlich stehe Paulus’ Heiligkeitsverstndnis der ntl. Glubigen in der Tradition des Heiligkeitsverstndnisses des atl. Volk Israel. Gaugler fasst in zwei Thesen zusammen: „1. Das Volk [Israel] kann nicht sich selbst heilig erklren, sondern es weiss sich erwhlt. Seine 151 Vgl. Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 100.

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Heiligkeit stîtzt sich auf eine gçttliche Tat. 2. Priester und Volk werden nicht dadurch heilig, dass sie die kultisch-sittlichen Heiligkeitsvorschriften befolgen, sondern sie werden zur Beobachtung dieser gçttlichen Anordnungen aufgefordert mit der Begrîndung, dass sie heilig seien“.152 Im Heiligkeitspostulat Lev 19,2 flçssen diese beiden Ebenen ineinander îber. Prgnant fasst Gaugler in dem vielzitierten Diktum Pindars153 – bezeichnenderweise im Plural formuliert – zusammen: „Sie sollen werden, was sie sind“.154 Auch bei Paulus erscheine zunchst Gott „als der allein Heilige“155, obschon von ihm „wçrtlich nirgends Heiligkeit ausgesagt“156 werde. Andere seien nur durch Erwhlung heilig, doch sei diese abgeleitete „Heiligkeit der Gotthçrigen das Motiv zur Selbstheiligung“157, das bei Paulus jedoch durch seine Christologie, Pneumatologie und daraus folgend seiner Anthropologie und seinem sittlichen Urteilen anders akzentuiert werde. Paulus’ zentrale Grçße der Heiligung sei der Geist Gottes. Nachdem der Mensch den Geist aus Gott empfangen habe, sei er ein „heiliger Mensch“, ein „neuer Mensch“, zur Gottzugehçrigkeit ausgesondert.158 Die Bilder, mit denen Aussonderung assoziiert ist, implizierten parallel zum atl. Erwhlungsgedanken Passivitt des Menschen: Berufung (Rçm 1,7), Erwhlung (Kol 3,12159), Geliebtwerden (Rçm 1,7; Kol 3,12). Doch auch die „moralische Qualitt“160 der Heiligkeit des Menschen entwickelt Gaugler anhand des Geistes: „Der Geist ist ihm die objektive gçttliche Macht, die das Neue in den Menschen bringt und ihn heraushebt aus dem Bereich des naturhaft-persçnlichen Lebens. Weil die Gemeinde den Geist aus Gott hat, nicht den Geist der Welt (1. Kor. 2,12.13), heisst sie heilig“.161 Auch der Geist sei Gottes Gabe, nicht sittliche Anstrengung, aber „er ist das Neue, das Gçttliche im Menschen 152 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 105 (originale Kursivsetzungen). 153 Vgl. Anm. 1546. 154 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 105. 155 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 105. 156 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 106. 157 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 105 (originale Kursivsetzungen); vgl. auch 113. 158 Vgl. Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 107. 159 Eph, Kol und 2Thess gelten Gaugler offenbar als authentisch paulinisch. 160 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 108. 161 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 108 (originale Kursivsetzungen).

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und als solches nicht sittlich indifferent, sondern die gçttliche Heiligkeit in Substanz“.162 Hier schlgt Gaugler eine Brîcke zu seinem Hauptmotiv des glubigen Menschen in der soteriologisch-eschatologischen Spannung. Denn durch die Einwohnung des Geistes sei der Mensch „nicht mehr der "laqtykºr schlechthin, sondern … eine eigentîmliche Doppelnatur, die Neues und Altes zugleich in sich trgt“.163 Dieses Schillern sieht Gaugler im Begriff "ciaslºr mit seinem Schwanken zwischen aktivem und passivem Verstndnis verdeutlicht (konkret nennt er die Beispielstellen 1Thess 4,3.7; Rçm 6,19; 2Thess 2,13) und fasst dies im Ausdruck „passiv erfahrene und aktiv geîbte Heiligung“164 zusammen. Doch fraglos bliebe auch der ethisch zu mahnende Glubige ein „Heiliger“ (mit Verweis auf 1Kor 6), ebenso wie der „Heiligkeitszustand der Glubigen die tiefste Nçtigung zur Abwendung von den geschilderten Verirrungen“ darstelle.165 Weitere Belege fîr die eschatologische Spannung der Glubigen zieht Gaugler aus Rçm 8166 : Der Geist sei erst die !paqw¶, die „Erstlingsgabe, die der Glubige voraus empfngt“167; er sei der Geist der Sohnschaft, aber noch nicht die volle Verwirklichung der Sohnschaft; das menschliche Ich auch des erretteten Menschen seufze aus der Leiblichkeit heraus nach der Erlçsung des Leibes; die Rettung sei erst t0 1kp¸di, auf Hoffnung hin.168 Gaugler fasst zusammen: „1. Er [der heilige Mensch] trgt in sich den Geist und muss doch seine sarkischen Anlagen noch weiter mitschleppen; 2. es ist an ihm schon ein gçttlicher Akt vollzogen, und doch ist ihm die vollendende Gottestat erst in Aussicht gestellt“.169 Daraus folge auch eine doppelte Gespanntheit der Ethik: „1. Der Christ ist heilig und vom Gçttlichen, dem Geist, getrieben, und dennoch muss er immerzu selbst an seinem ethischen Stand arbeiten. 2. Der Christ ist

162 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 109 (originale Kursivsetzung). 163 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 109. 164 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 112. 165 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 113. 166 Der umstrittene Abschnitt Rçm 7,15 – 25 gilt ihm daher durchaus als auf den gerechtfertigten, glubigen Paulus bezogen. 167 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 109 (originale Kursivsetzung). 168 Vgl. Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 109. 169 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 111.

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der Heilige und doch ist seine Heiligkeit die Zielzustndlichkeit, die erst in der Vollendung in Erscheinung treten kann“.170 Wird die Ethik dann nicht doch zu einer nachgeschobenen Leistung des Menschen, die das Rechtfertigungsurteil Gottes zwar nicht bedingt, aber doch sicherstellen soll? Gaugler versucht, die Frage zu beantworten: „Das ethische Handeln des Christen ist fîr ihn [sc. Paulus] kein Werk. Das Kennzeichnende des Werks, dass es ein gînstiges Gottesurteil verdienen will, fehlt ihm. Der Gerechtfertigte ist und bleibt gerecht aus Gottesgerechtigkeit. Aber er verleugnet diese Rechtfertigungs- und Heiligungstat, wenn er die durch sie empfangene Gabe, den Geist, ungenîtzt lsst … Man kçnnte zugespitzt sagen: Die aktive Heiligung ist die Fortsetzung des Glaubens, die dauernde Bejahung dessen, was der Glaube in der Rechtfertigung bejahte“.171 Ethisches Handeln sei „Gehorsam, ein Gehçrschenken gegen die Gabe der Gerechtigkeit zur Heiligung, die Gabe des Geistes (Rçm. 6,15) … Die Paradoxie darf nicht aufgelçst werden. Die Heiligung ist nicht erfasst ohne den Wandel im heiligen Geist. Die Imperative gehçren zu den Indikativen“.172 Dass auch die Imperative voll und ganz von Gottes Gnadengabe umfasst werden und auf sie rîckzuschließen sind, macht Gaugler am Schluss seiner Schrift noch einmal klar: „Das Tun des gçttlichen Willens, das Bleiben am Geist, ist wirklich der ganze Inhalt der paulinischen Ethik. Auch eine Liebe, die etwas anderes wre, als der Gebrauch des von Gott zu Verfîgung gestellten Vermçgens durch den in sich unvermçgenden Menschen, wre keine wirkliche Liebe mehr, weil sie irgendwie doch die eigene Ehre statt Gottes Reich suchte. So ist die wahre Liebe … selbst Glaube im vollsten Sinne des Wortes“.173

170 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 112 (originale Kursivsetzung). 171 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 115 (originale Kursivsetzungen). 172 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 116 f. (originale Kursivsetzung). Bultmanns einflussreicher Aufsatz Das Problem der Ethik bei Paulus, der das Indikativ-Imperativ-Schema inaugurierte, war erst 1924 erschienen! 173 Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 119.

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1.1.4.2. 1948: Die Heiligung im Zeugnis der Schrift Nachdem Gaugler in seiner Vorlesung von 1924/1925 Heiligkeit qua Themastellung in Bezug auf die Ethik, und dann deutlich unter pneumatologischem Aspekt verortet hat, widmet er sich 24 Jahre spter nochmals dem Thema und nimmt dabei auch Bezug auf seine Vorlesung von 1924/1925. Das 1948 erschienene Bîchlein ist eine ausgearbeitete und erweiterte Fassung eines 1944 und 1947 gehaltenen Vortrages. Ausdrîcklich soll die kleine Schrift auch fîr eine Leserschaft von NichtTheologen verstndlich sein.174 Gauglers mçchte sein Augenmerk jetzt mehr auf die gesamte Bibel, nicht nur auf Paulus, richten – obwohl seine Ausfîhrungen zum AT immer noch knapp und die îber Paulus immer noch relativ dominant ausfallen.175 Einige Akzente seiner Fragestellung haben sich gegenîber 1925 verschoben: 1.) Er betont strker das ekklesiologische Moment der Heiligung. Kritisch bemerkt er: „Die Frage nach der Heiligung wird fast durchwegs individuell gestellt. Wie komme ich, als einzelner Christ, zu jener ,Heiligung‘, die in der biblischen Botschaft als das Ziel des Christenlebens erscheint … Die ganze Frage wird so weithin losgelçst von der Geschichte Gottes in Seiner Offenbarung, als ob in jedem Menschen, der zum Glauben kommt, dieser Prozess vçllig neu anhçbe“.176 2.) Er bedauert ebenso ausdrîcklich, dass das Thema der Heiligung vielfach von vorne herein als die Frage nach einer biblischen Ethik, nach einem „spezifisch biblische[n] ,Ideal‘ fîr das Verhalten des neuen Menschen“177 gefasst wird. 3.) Der pneumatologische Aspekt wird noch behandelt, doch ist er zurîckgestellt. 4.) Das gleiche gilt fîr die eschatologische Spannung des Glubigen, die 1925 den gesamten Rahmen vorgegeben hat, in dem sich das Heiligungsgeschehen vollzieht, und jetzt zwar noch genannt wird, aber lngst nicht mehr so prsent ist. Dennoch îberwiegen die ˜bereinstimmungen zwischen beiden Schriften: Konzentrieren wir uns wiederum auf Gauglers Behandlung des auch hier zentral gesetzten paulinischen Schrifttums. Das Zusammenspiel von Heiligung und Ethik wird in beiden Schriften sehr hnlich bestimmt: Der Realismus der Heiligung besteht weder in einer vollzo174 Vgl. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 3. 175 Zum AT: Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 10 – 19; zu Paulus: ebd., 28 – 57. 176 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 6 f. Diese Kritik macht Gaugler auch in Bezug auf seine eigene Vorlesung von 1924 geltend. 177 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 7.

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genen Heiligkeit im Sinne einer „neue[n] gçttlichen[n] Wesenheit“178 mit der Konsequenz der Heiligkeit „im ethisch-realistischen Sinne“179, sondern vielmehr „in der dynamis der Gotteskraft, die sie [sc. die Christen] unter die Wirkkraft der Heilsereignisse in Christus stellt und so ihr ganzes Leben bestimmt“.180 Deutlich macht Gaugler wiederum, dass Heiligung Gottes Tat in Christus ist.181 Bei den Ausfîhrungen zur ethischen Komponente der Heiligung ist wiederum das Bestreben – vielleicht das Schwanken zwischen aktiver und passiver Heiligung – merkbar, ein im Prinzip ethisches Heiligungsverstndnis so darzustellen, dass es mit der Gnadenlehre der Rechtfertigugngstheologie kompatibel bleibt. Einerseits beschreibt Gaugler Heiligung wiederum „nicht einfach [als] das Werk des Menschen, das gar zum Werk Gottes noch hinzutritt, sondern die Heiligung ist, wie unser Text [sc. Rçm 6,19 – 22] es sagt, die Frucht der restlosen Einordnung in den Dienst fîr Gott“.182 Strker als 1925 wird jedoch andererseits durch die ausgefîhrten Zitate 2Kor 1,12; 2Kor 7,1183 und Phil 2,12 die aktive Seite des menschlichen Handelns und damit auch die Mçglichkeit des Glubigen zur Sînde hervorgehoben: „Der Heilige Geist kennt keine Diktatur. [… Die] ,Freiheit eines Christenmenschen‘ … ist eine Freiheit zum Gehorsam“.184 Und dann wiederum ergnzt Gaugler mit Verweis auf 2Kor 9,8; Eph 2,10 und Phil 2,13: „Aber, es ist nicht zu îbersehen, dass an allen Stellen, wo so das Tun der Glubigen betont wird, dahinter das Werk Gottes, das es allein ermçglicht, aufleuchtet“.185 Eine ˜bereinstimmung zu 1925 findet sich auch in der relativ breiten Auslegung von Rçm 7 f., allerdings ohne die deutliche eschatologische Note.186 Die angestrebte ekklesiologische Communio-Akzentuierung wirkt auch in dieser Schrift noch eher wie ein Postulat: „Es geht in der Heiligung [zwar] selbstverstndlich auch um jedes einzelne Glied der Kirche … Was [jedoch] entscheidend gegen eine rein individualistische 178 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 32 (gegen Asting, Heiligkeit, 213 f.). 179 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 32. 180 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 32. 181 Vgl. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 33. 182 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 40. 183 Gaugler hlt den Abschnitt 6,14 – 7,1 fîr authentisch paulinisch. Vgl. 129.1360.1387. 184 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 41; vgl. auch 46 – 48. 185 Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 47. 186 Vgl. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 41 – 45.

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Lçsung unserer Frage spricht, ist der Tenor der paulinischen Botschaft îberhaupt“.187 Und Gauglers nachfolgender Satz: „Paulus kennt ,keine Rettung ausserhalb der Kirche‘“188, wirkt fîr ihn selbst offenbar so lapidar und aufgrund der fehlenden Herleitung so missverstndlich, dass er anfîgt, ihn nicht im bereits kirchenrechtlich konnotierten Sinne Cyprians von Karthago (ep. 73,21), sondern im paulinischen Kontext der „Heilsgemeinde, die auf das Reich wartet“189 zu verstehen. „Gerechtfertigt-Sein und In-der-Kirche-Sein ist fîr ihn [sc. Paulus] ein und dasselbe“.190 Diese Spannung wird nachtrglich mittels der Funktion des Geistes geglttet: Der Geist ist fîr Paulus „die wirksame Gegenwart der Krfte des neuen Aeons mitten unter dem Weiterbestehen des alten. Nicht unter dem Gesichtspunkt, dass beides zugleich immer im einzelnen Individuum sei, sondern heilsgeschichtlich, aus der Situation zwischen Christi Erhçhung und seiner zukînftigen (zweiten) Ankunft (Parusie) heraus, begrîndet Paulus das Nebeneinander von Gerechtigkeit und Sîndenmçglichkeit in der Gemeinde“.191 Heiligung entscheidet sich nicht am einen oder anderen Fall ußerer Gesetzeserfîllung, sondern am Getrieben-Sein durch den „Geist“, am Lieben der Liebe Gottes.192 Zusammenfassend findet Gaugler noch zu einem doxologischen Moment in der Heiligung: „Das ist die Heiligung Gottes, dass Gott sich an uns heiligt, das ist unsere Heiligung, dass wir mit unserm ganzen Leben Seine herrlichen Taten in Christus verkînden und preisen“.193 Bei Gaugler/1948 schlgt fast noch mehr als bei Gaugler/1925 das Bestreben nieder, Heiligung/Heiligkeit im Rahmen diverser differenzierter „dogmatischer Traktate“ innerhalb der paulinischen Theologie einzuordnen. Beide Male ist hierbei die Soteriologie/Rechtfertigungslehre dominant, ansonsten ist eine gewisse Verschiebung von 1925 zu 1948 zu beobachten dahingehend, dass 1925 auch die Pneumatologie und Eschatologie einen relativ zentralen Stellenwert einnehmen, 1948 eher die Ekklesiologie – obschon diese weniger stringent entwickelt ist, als Gaugler es selbst erstrebt. 1948 neu, und auch hier markiert, aber nur als Schlusspunkt gesetzt, ist der Aspekt der Doxologie, der auch von Quervain ausgebaut ist (vgl. unter 1.1.7.). Primr jedoch bleibt 187 188 189 190 191 192 193

Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 51 f. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 52. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 52, Anm. 56. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 52. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 54. Vgl. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 55 f. Gaugler, Die Heiligung im Zeugnis der Schrift, 77.

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durchgngig Gauglers Bemîhen erkennbar, geforderte Ethik des glubigen Menschen mit einer gnadenhaften Heilszusage Gottes, d. h. die Indikativ-Imperativ-Problematik mçglichst schlîssig darzustellen. Diese Problematik wird auch die Arbeiten der kommenden Jahrzehnte stark beeinflussen. 1.1.5. Ragnar Asting (1930): Indikativ-Imperativ-Schema II: „Mystik“ und Ethik Mit der Arbeit Die Heiligkeit im Urchristentum des Norwegers R. Asting befinden wir uns auf deutlich fortgeschrittenem Weg im Blick auf diachrones Bewusstsein ntl. Schrifttums. Sie ist zudem insofern von Interesse, als sie von den hier in Betracht zu ziehenden ntl. Arbeiten der lteren Epoche neben denen von Issel und Dillersberger die einzige grçßere ist, die nicht innerhalb des „Berner Kreises“ entstanden ist; stattdessen ist sie unter dem Einfluss Bultmanns an der Marburger Universitt geschrieben. Astings primrer Ansatzpunkt ist kein systematischer, sondern ein chronologischer. Dies bestimmt die Grobstruktur der Arbeit: Nach einem knappen forschungsgeschichtlichen, religionspsychologischen sowie religionsgeschichtlichen ˜berblick untersucht er die Wurzeln des urchristlichen Heiligkeitsbegriffs anhand der Etymologie und Ausfîhrungen zum Heiligkeitsbegriff im AT, unterteilt in „vornomistische Zeit“194 und die Zeit des „Sptjudentums“.195 Fîrs NT beginnt er mit Ausfîhrungen zum Heiligkeitsbegriff „im Gemeindechristentum vor und neben Paulus“196, in denen er Belege aus den Evangelien und der Apg, auch etliche Belege aus Eph, Kol und Phlm exegisiert. Ein weiteres Kapitel behandelt die paulinischen Belege197 (Eph, Kol und 2Thess gelten Asting als authentisch paulinisch, auch wenn er sich bewusst ist, dass sich dies zumindest in Bezug auf Eph bereits um eine eher abseits gelegene Meinung handelt198). Die kîrzeren Schlusskapitel untersuchen die Belege in der nachpaulinischen kanonischen (Joh, 1Joh, Past, 1/2Petr, Jud, Hebr, Apk)199 sowie außerkanonischen (1Clem, Did, Barn, Herm, Ign)200 Literatur. Fîr das vorliegende Anliegen ist das sich auf diese Weise wiederum auf weniger als 50 Seiten erstreckende Kapitel 194 195 196 197 198 199 200

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Asting, Asting, Asting, Asting, Asting, Asting, Asting,

Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit,

18 – 34. 34 – 72. 72 – 189. 190 – 236. 5.168.184. 236 – 255.285 – 301.305 – 320. 255 – 285.301 – 305.

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îber Paulus von besonderem Interesse, sowie die Abschnitte im Kapitel îber das vor- und nebenpaulinische Gemeindechristentum, insofern in ihm auch paulinische Belegstellen herangezogen werden.

Die chronologische Grobgliederung des gesamten Buches wird innerhalb des Kapitels îber Paulus nicht weiter verfolgt. Hier sind die Ausfîhrungen nicht im Ablauf einer (mutmaßlichen) Abfassungsreihenfolge der einzelnen Briefe, sondern inhaltlich nach einzelnen Wortverbindungen und -bedeutungen geordnet. Die wesentlichsten drei Punkte in Astings Darstellung des paulinischen Abschnittes sind folgende: (1) Im paulinischen Sprachgebrauch ist grundstzlich jeder Nachfolger Christi ein ûcior. Die absolute Bezeichnung oR ûcioi galt jedoch der Jerusalemer Gemeinde und blieb ihr aufgrund ihrer historischen Primrstellung, der Anwesenheit der Urapostel, sowie in Anlehnung an die Bezeichnung Jerusalems als der „heiligen Stadt“ gleichsam als Titel erhalten201, auch nachdem sich in anderen Stdten christliche Gemeinden gebildet hatten.202 An anderen Stellen interpretiert Asting oR ûcioi nicht im Sinne einer Gesamtgemeinde, sondern als „Personen mit autoritativer Stellung in der Gemeinde: Apostel, Propheten usw.“.203 Auch werden die Verkînder des Evangeliums als Heilige bezeichnet (so u. a. Phlm 5.7; 1Kor 16,15; Eph 3,8.18); der Glaube an die Heiligen (Phlm 5) bedeutet dann „Glaube an die Aussagen der Heiligen“.204 (2) Der Heilige Geist ist nach Asting fîr Paulus „eine supranaturale, gçttliche Grçße“205, der in strengem Gegensatz zum menschlichen Wesen und den irdisch-menschlichen Verhltnissen, zum Fleisch, zum Gesetz usw. steht (2Kor 3,6). Wenn Gott ihn dem Menschen gibt, dann „geschieht die große Verwandlung“; er bekommt ein „ganz neues Wesen“ „gçttlicher Art“.206 Dass damit gleichzeitig eine Forderung nach ethischem Streben mitgegeben ist, liefert Asting schnell nach: „So erhlt das ganze Leben der Christen sein Geprge durch die Wirksamkeit des 201 Vgl. Asting, Heiligkeit, 153 f.156 f. u. ç.; zur Jerusalemer Urgemeinde vgl. 152 mit Verweis auf 2Kor 8,4; 9,1.12; besttigend Apg 18,22. 202 Diese Entwicklung habe sich analog zur Entwicklung der Bezeichnung B 1jjkgs¸a entwickelt, die aus hnlichen Grînden absolut gesetzt prinzipiell die Gemeinde in Jerusalem bezeichne und eine Gemeinde einer anderen Stadt nur, wenn dies aus dem Kontext hervorginge, in weiteren Fllen durch appositionelle Ergnzung przisiert werde (so auch noch Collins, Church, 287). 203 Asting, Heiligkeit, 160. 204 Asting, Heiligkeit, 165. 205 Asting, Heiligkeit, 192. 206 Asting, Heiligkeit, 192, mit Verweis auf 2Kor 3,18.

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Geistes in ihnen – und sie mîssen danach streben, daß dies stets in hçherem Grade der Fall werde. Der Geist bewirkt die Heiligung, "ciaslºr, und alle guten Frîchte fîr das Leben“.207 Hiermit hat Asting eine schnelle Brîcke vom „supranaturalen“ zum ethischen Charakter des Geistes geschlagen.208 Die Bezeichnung des Geistes als heilig erfolgt bei Paulus teilweise aus stilistischen Grînden (vgl. 1Kor 12,3; 2Kor 13,13; Eph 1,13), teilweise zum Zwecke einer spezifischen inhaltlichen Akzentuierung (so zur Betonung der Verbindung zum Heilsgut in Rçm 5,5; 15,13; Eph 4,30; zur Betonung der Heiligkeit selbst in Rçm 1,4; zur Verdeutlichung der Art und der gçttlichen Qualitt Rçm 5,5; 15,13), zum Teil îberschneiden sich die Motivationen (Rçm 5,5; 15,13).209 Wiederum sieht Asting an vielen Stellen durch die Heiligkeit des Geistes die ethische Komponente hervorgehoben: „[D]er heilige Geist ist bei Paulus eine in hçchstem Grade ethische Grçße“.210 (3) Ontologie und Ethik bestimmen auch den Rahmen, in dem Asting das paulinische Heiligungs- und Heiligkeitsverstndnis verortet.211 So sieht er – ebenso wie beim Heiligen Geist – das neue paulinische Geprge der Heiligkeit in der Heraushebung des individuell Ethischen. Whrend bereits das Judentum Heiligkeit als ein ideales Ziel fîr 207 Asting, Heiligkeit, 193, mit zahlreichen Verweisen auf Gal 5,22; 1Thess 1,6; 2Thess 2,13; 1Kor 6,11; Rçm 8,1 ff.; 14,17; 15,16; Eph 3,16. 208 Vgl. Asting, 195. 209 Vgl. Asting, Heiligkeit, 195 – 198. 210 Asting, Heiligkeit, 214. Vgl. auch ebd., 195 – 202 mit Verweisen auf Rçm 9,1; 14,17; 1Kor 6,19; 1Thess 1,6; 4,8; Eph 4,30 u. a. 211 Seine Zusammenfassung zum paulinischen Heiligkeitsverstndnis konzentriert sich auf die ethische und ontische Dimension: „Mit der Heiligkeit der Christen verhlt es sich also folgendermaßen: Als diejenigen, die Gottes und Christi Geist erhalten haben und auf Grund dessen in direkter ,mystischer‘ Lebensgemeinschaft mit Gott stehen, so daß Gottes Seeleninhalt in sie îbergeht, sind sie heilig, so daß sie der îbrigen Welt gegenîber in eine Sonderstellung zu Gott gekommen sind. Sie sind Gottes Tempel, seine Glieder, erfîllt von ihm. Sie haben einen neuen Seeleninhalt, eine neue Qualitt, erhalten. Dieses zieht fîr den Wandel Konsequenzen nach sich. Die neue gçttliche Qualitt muß immer aufs neue gewonnen und festgehalten werden, sie muß sich immer vollkommener entfalten. Deswegen ist die Heiligkeit fîr die Christen nicht nur ein konkretes Besitztum, sondern auch eine Aufgabe und ein Ziel. Es ist Gottes Wille, daß die Christen einzeln in ihrem Leben diese Heiligkeit, die er ihnen durch die Gemeinschaft mit Christus gegeben hat, verwirklichen sollen. Und Paulus weiß, daß er selbst schon so weit gekommen ist, daß sein Wandel vollstndig durch diese Heiligkeit gekennzeichnet ist“ (Asting, Heiligkeit, 234).

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die Bestrebungen der Frommen kenne, und das Gemeindechristentum vor und neben Paulus diesen kollektiven Heiligkeitsbegriff îbernommen habe, sei bei Paulus Heiligkeit eine „persçnliche Qualitt […, die] durch ethische Bestrebungen erworben werden muß“.212 Asting verweist zwar gleich im Anschluss darauf, dass „diese Qualitt von Gott geschenkt wird und die Bestrebungen in Gehorsam gegen Gott und in der Kraft seines Geistes sich vollziehen“213, wesentlich strker im Vordergrund seiner Ausfîhrungen bleibt jedoch der ethische Aspekt.214 Neben der personal-ethischen Heiligkeit kennt Asting freilich auch eine „mystisch“ zu verstehende Heiligkeit, die durch die Taufhandlung vermittelt ist und bedeutet, „an Gottes Wesen und Kraft, an Gottes ,Seele‘ teilhaben“.215 Hiermit ist auch eine pneumatologische Dimension gegeben: „Kraft der Taufe in Jesu Namen und des damit in Verbindung stehenden Empfangs des Heiligen Geistes sind die Glubigen von ihren Sînden gereinigt worden; sie haben eine neue, gçttliche Wesenheit erhalten, sie sind ûcioi geworden … Das Besondere bei Paulus, was das Neue gegenîber dem Judentum bezeichnet, ist, daß es der Heilige Geist ist, der den Christen die Heiligkeit vermittelt“.216 Das Zusammenspiel von ontischer und ethischer Heiligkeit luft bei Asting auf ein Zweistufenschema von Indikativ und Imperativ heraus. Die „mystische Heiligkeit“, das neue himmlische Wesen der Christen ist „etwas ganz Reales […,] verwirklicht sich [jedoch] nicht mechanisch. Es gehçrt auch ein Wirken von menschlicher Seite dazu, damit es [sc. das himmlische Wesen] sich vollzieht … Das stellt sich fîr die Christen als ein Akt des Gehorsams dar. Das, was man an der Erlçsung erlebt hat, verpflichtet zu einer Wirksamkeit, um gerade dies zu verwirklichen“.217 Noch deutlicher formuliert er mit Verweis auf Bultmanns einflussreichen Aufsatz Das Problem der Ethik bei Paulus 218 : „Dieses Erlebnis [des Versetzt-Werdens in die gçttliche Lebenssphre] verpflichtet den Glu212 Asting, Heiligkeit, 202. 213 Asting, Heiligkeit, 202. 214 „Das neue Geprge, das er [sc. Paulus] dem Heiligkeitsbegriff gegeben hat, besteht … in einer Heraushebung des Ethischen“ (Asting, Heiligkeit, 202). 215 Asting, Heiligkeit, 213; vgl. auch 209. 216 Asting, Heiligkeit, 214; vgl. analog auch ebd., 216 zu 1Kor 1,30; zum HeiligWerden durch die Mitteilung des Heiligen Geistes vgl. auch ebd., 215 mit Verweisen auf 1Kor 3,17; 6,19; 2Kor 6,16; Eph 5,25; ferner 1Kor 6,11 und 1Kor 1,30; vgl. auch 224. 217 Asting, Heiligkeit, 217 (originale Kursivsetzung). 218 Vgl. Bultmann, Problem, 124 – 140.

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bigen zu einem neuen Wandel, verschieden vom weltlichen. Der Wandel muß der neuen Stellung entsprechen, in die der Glubige hineingekommen ist“.219 Inmitten der ethischen Ausfîhrungen rîckt Asting allerdings auch wieder das ekklesiologische Moment erstaunlich weit in den Vordergrund, nmlich in Bezug auf die Metaphorisierung der Gemeinde als Leib Christi und des Tempel Gottes.220 Eine eschatologische Dimension fîhrt Asting nur kurz v. a. anhand von 1Thess aus221, eine explizit soteriologische Anbindung fehlt in seinen Ausfîhrungen. Astings Arbeit liefert wertvolle Einzelexegesen, berîcksichtigt auch die paulinischen Briefe gleichmßig. Die Exegese war freilich noch nicht an dem Punkt, die prinzipiell bereits erkannte Notwendigkeit der Berîcksichtigung einer Geschichte des Urchristentums auch auf die Paulusbriefe selbst anzuwenden. Inhaltlich ordnet Asting die „mystische“ und die „ethische“ Heiligkeit stark nach Bultmanns Vorbild einander zu. Bultmanns Einfluss – und gleichzeitig aus heutiger Sicht ein Defizit von Astings gesamten Ansatz – ist ebenfalls in der deutlichen ˜bernahme seines Indikativ-Imperativ-Schemas zu erkennen. Das stndige, unstete Changieren zwischen „Mystik“ und „Ethik“ der Heiligkeit im Laufe der Arbeit lsst aber bereits den Verdacht einer Unterbestimmung dieses Verhltnisses aufkommen. Dass die in der jîngeren Exegese vollzogene Aufgabe des Indikativ-Imperativ-Schemas222 eine ˜berprîfung sowohl der „mystischen“ als auch der ethischen Bestimmung von Heiligkeit einfordert, liegt hier bereits auf der Hand. 1.1.6. Savo Djukanovic´ (1939): Indikativ-Imperativ-Schema III: Rechtfertigung und Ethik Whrend sich Asting allgemein mit der Heiligkeit im Urchristentum (von den Anfngen bis hin zu den nachkanonischen Kirchenvtern) beschftigt hat, liegt mit S. Djukanovic´’ Promotionsschrift Heiligkeit und Heiligung bei Paulus die frîheste ausfîhrliche Arbeit speziell zur paulinischen Heiligkeits- und Heiligungsvorstellung vor. Sie beinhaltet ledig219 220 221 222

Asting, Heiligkeit, 203. Vgl. Asting, Heiligkeit, 205; vgl. auch 133 – 139. Vgl. Asting, Heiligkeit, 230. Vgl. etwa Bliscke, Begrîndung, 25 – 38; Eckert, Indikativ, 168 – 189; Zimmermann, Jenseits von Indikativ und Imperativ, 260 – 284.

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lich eine kurze atl. Hinleitung, das nichtpaulinische NT wird in der Arbeit nicht behandelt. Eph, Kol, 2Thess und Past gelten ihm immer noch als authentisch paulinisch223, daraus zieht Djukanovic´ aber keine exegetischen Konsequenzen, die er nicht gleichermaßen anhand der heute als authentisch geltenden Paulusbriefen darlegen kçnnte. Der zentrale Kontext, in dem nach Djukanovic´ das paulinische Verstndnis von Heiligung und Heiligkeit zu betrachten ist, ist der der Rechtfertigung. Die paulinische Rechtfertigungslehre darzulegen verwendet er folglich auch fast ein Drittel der gesamten Arbeit224 und kommt auch sonst immer wieder auf sie zurîck; eine stark christologische Orientierung ist damit mitgegeben. Djukanovic´ differenziert zwischen zwei zeitlich zu unterscheidenden Vorgngen, in denen jeweils Heiligung stattfindet: Der eine steht am Beginn des Christenlebens und ist durch die Begriffe Rechtfertigung und Taufe markiert. Heiligung erfolgt hier im Akt der Rechtfertigung und begrîndet die Heiligkeit der Christen. In Taufe und Rechtfertigung liegt der „existentielle Zusammenhang des Heilsgeschehens in Christus mit jedem Glubigen“ begrîndet.225 Dieser Lebenszusammenhang, in den alle Christen gestellt sind226 und der auch durch die 1m Wqist`-Formel bezeichnet wird, ist jedoch kein statischer, sondern ein dynamischer: „Mit der Rechtfertigung setzt eine neue Bewegung ein. Ein Vorwrtsschreiten kennzeichnet das glubige Dasein. Ein Weg wird zurîckgelegt. Die Rechtfertigung ist abgeschlossen. Aber – sie erçffnet dem Glubigen eine neue Zukunft“.227 Hierin schließt sich dem Glubigen „die Mçglichkeit ein Leben 1m pme¼lati zu fîhren“.228 In diesem Leben 1m pme¼lati unter der vollendeten Tat der Rechtfertigung kommt der zweite zeitliche Vorgang zum Tragen, der daher grundstzlich pneumatologisch ausgerichtet ist. Die Funktion des Geistes ist eine zweipolige: Der Geist wird bei der Taufe empfangen, er sei ein „wesentliches und bleibendes Merkmal der neuen Zeit“.229 Mit ihm verbindet sich allerdings auch ein unmittelbar ethisches Moment, das Djukanovic´ deutlich heraushebt: „Den Geist hat man nur im Wandeln 1m pme¼lati. Die sittliche Auswirkung des Geistes ist also nicht bloß eine 223 Eph und Kol zitiert er hufig oder beruft sich auf sie; wesentlich seltener nennt er 2Thess (bspw. 182) und Past (fîr 1Tim bspw. 134). 224 Vgl. Djukanovic´, Heiligkeit, 32 – 86. 225 Djukanovic´, Heiligkeit, 57; mit Verweis auf Rçm 6 – 8; vgl. auch ebd., 74. 226 Vgl. Djukanovic´, Heiligkeit, 134; mit Verweis auf 1Kor 6,2; 2Thess 2,13. 227 Djukanovic´, Heiligkeit, 134 f. 228 Djukanovic´, Heiligkeit, 69. 229 Djukanovic´, Heiligkeit, 35.

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seiner Funktionen, sondern eben die Gegenwart des Geistes selbst … Den Geist haben heißt peqipate?m jat± pmeOla. Der Geist ist Trger des ganzen sittlichen Lebens … Er schließt darum einen sîndhaften Wandel aus. Wo es zur Sînde kommt, da steht man schon im Widerspruch gegen den Geist“.230 Und noch deutlicher: „Den Geist hat man also im konkreten Handeln, oder man hat ihn nicht“.231 In diesem Wandeln im Geist vollzieht sich Heiligung im zweiten Sinne. „Wo der Heilige Geist am Werke ist, da ist Heiligung“.232 Doch trotz dieser durch und durch ethisch verstandenen Deutung von Heiligkeit233 liegt in ihr dennoch keine ethische Leistung des Glubigen verborgen: „Der Glubige hat nicht den Geist zu whlen oder nach ihm als seinem Lebensideal zu streben. Er hat den Geist als seine Existenzweise anzuerkennen. Die Heiligung ist nichts anderes als Anerkennung dieser vollzogenen heilsgeschichtlichen Tatsache. Sie ist kein Werk des Menschen, sondern die Vollendung des heilsgeschichtlichen Werkes Gottes, das Gott im Kreuz angefangen hat und in der Parusie zum Abschluss bringen wird. Darum sind die paulinischen Aufrufe zur Heiligung kein Appell an den Menschen. Sie machen nur den Glubigen auf diesen Weg Gottes aufmerksam, sie halten ihm den heilgeschichtlichen Plan Gottes vor Augen“.234

Heiligung in diesem pneumatologischen Sinne ist keine aufweisbare Methode, kein feststellbarer, psychologischer Vorgang: „Es gibt keine Leistungen, die eo ipso das Werk der Heiligung wren. Die Heiligung kann man nicht erlernen“.235 Entscheidend ist nicht, um was sich der Glubige bemîht, sondern allein, dass dabei der Heilige Geist am Werk ist. Den Zusammenhang von Rechtfertigung und Heiligung zusammenfassend schreibt Djukanovic´ : „Die Rechtfertigung stellt den Menschen unter die Herrschaft Gottes. Diese Herrschaft macht sich dann in der Heiligung geltend. Die Heiligung ist die Form, in der sich die Gerechtigkeit in der Welt offenbart“.236 Mittels des Herrschafts- und des Gehorsamsbegriffes wehrt Djukanovic´ dem Perfektionismus sowie dem Quietismus. Mit Berufung auf Rçm 6 betont er, „dass die Gnade eine neue Herrschaft bedeutet, dass sie dem 230 231 232 233 234 235 236

Djukanovic´, Djukanovic´, Djukanovic´, Djukanovic´, Djukanovic´, Djukanovic´, Djukanovic´,

Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit,

48, letzteres mit Verweis auf 1Thess 4,8. 52. 142. 68. 128. 140. 182.

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Menschen nur im persçnlichen Gehorsam zum Heil wird“.237 Denn bereits im Bezug auf die Taufe ist einerseits zu lesen: „In der Taufe vollzieht sich wirklich und unzweifelhaft die Gemeinschaft mit Christus“. Doch fîgt Djukanovic´ sofort an: „Aber die Taufe wird das [sc. die Gemeinschaft mit Christus] nicht als sakrale Handlung, sondern als Akt der rpajoµ p¸steyr“.238 Im Zeichen dieses Gehorsams steht jetzt der ganze Heilsvorgang239 : „Der Ernst der Heiligung besteht eben darin, daß die Rechtfertigung die Geschichte jedes Glubigen zur Geschichte Gottes erhoben hat“.240

Fîr Djukanovic´ hat Heiligung als ein in der Rechtfertigung begrîndeter Vorgang und Wandel im Geist soteriologische Qualitt: „[D]er Apostel sieht in der Heiligung einen zweiten Heilsvorgang nach der Rechtfertigung“.241 Mehrfach bezieht er sich dabei auf 1Kor 10,12.242 „Die Heiligung hat den „gleich[en] konstitutiven Charakter wie die Rechtfertigung … Ob es zum Fall oder zur endgîltigen Rettung kommen soll, muss in der Heiligung entschieden werden … Wo das Werk der Heiligung nicht geschieht, da ist man ausserhalb des heilsgeschichtlichen Fortgangs … Wo es zu der Heiligung nicht kommt, ist alles vergeblich gewesen … Die paulinische Gewissheit besteht nicht in der Hoffnung, dass Gott die Glubigen im letzten Gericht durch Nachsicht, oder weil sie einfach auserwhlt sind, retten wird, sondern dass er sie durch Heiligung zur Vollendung fîhren wird, so dass sie am Tag des Gerichts eben heilig und untadelig erscheinen“.243

Djukanovic´ stellt auch hier noch klar, dass die Rechtfertigung eine wirkliche ist und die Heiligung keine nachtrgliche Ergnzung zu ihr; dass Heiligung nicht dazu dient, Gerechtigkeit zu erlangen, und dass es selbst in ihrer soteriologischen Dimension nicht um das Finden eines „besseren Ich“ geht, sondern um das des neuen Menschen im Heiligen Geist.244 Auf das Indikativ-Imperativ-Schema kommt Djukanovic´ mehrfach zu sprechen; nominell spricht er vom Indikativ deutlich çfter als vom Imperativ, und von letzterem fast mit Scheu. Deutlich versucht er immer wieder, einen Rîckfall in eine nachgeschobene Gesetzlichkeit zu vermeiden. Selbst im Kapitel zum „Charakter der paulinischen Imperati237 238 239 240 241 242 243 244

Djukanovic´, Heiligkeit, 116. Djukanovic´, Heiligkeit, 86. Djukanovic´, Heiligkeit, 81. Djukanovic´, Heiligkeit, 128 f. Djukanovic´, Heiligkeit, 133 (originale Kursivsetzung). Vgl. Djukanovic´, Heiligkeit, 158, 161. Djukanovic´, Heiligkeit, 158 f. (originale Kursivsetzung). Djukanovic´, Heiligkeit, 162.

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ve“245 spricht Djukanovic´ fast mehr von Indikativen. Denn auch wenn Indikativ und Imperativ nicht auseinandergesprengt werden dîrfen, ist man erst nach rechtem Verstndnis des Indikativs imstande, „den Sinn der Imperative, wie îberhaupt der Heiligung zu verstehen“.246 Der Indikativ ist „kein Bild vom empirischen Menschen, sondern das Zeugnis von dem, was Gott mir seinen Auserwhlten vorhat, was er an ihnen tut und tun will“.247 Sich „unter den Imperativ gestellt [zu] wissen“ ist somit das Bewusstsein, Gnade zu haben.248 Insgesamt liegt mit Djukanovic´’ Arbeit ein veritabler Ansatz zum Verstndnis von Heiligkeit/Heiligung und Rechtfertigung vor. Inhaltliche Anfragen an Djukanovic´’ Heiligungsverstndnis sind gleichzeitig Anfragen an sein Rechtfertigungsverstndnis. Z.B. ist zu fragen, wozu die immer wieder betonte Realitt der Rechtfertigung und der Heiligkeit dient, wenn sie gleichzeitig immer die Mçglichkeit des Heilsverlustes mit einschließt und wenn dem Leben 1m Wqist` immer das Risiko anhaftet, nach nicht erfolgter Heiligung doch vergebens gewesen zu sein. Auch stellt sich hier unweigerlich die Frage nach dem Maß an Heiligung. Wenn sich durch Taufe und Rechtfertigung dem Glubigen tatschlich eine Wirklichkeit erschließt, ist nur schwer zu begreifen, ab oder an welchem Punkt oder zu welchen Grad diese wieder rîckgngig gemacht werden wîrde. 1.1.7. Alfred de Quervain (1942; 21946): Bekenntnis aus der Zeit des Nationalsozialismus ˜ber A. de Quervain lohnen sich ein paar biographische Worte: Auch er entstammte, wie Gaugler und Djukanovic´, der Berner Universitt. Dort (unter anderem) studierte er und war spter außerordentlicher Professor fîr Ethik. Ab 1935 erhielt er einen Lehrauftrag im nationalsozialistischen Deutschland, und zwar in Elberfeld an der Kirchlichen Hochschule der Bekennenden Kirche, der er sich stark verbunden wusste.249 1948 wurde er zum ordentlichen Professor nach Basel berufen und lehrte dort Ethik, Soziologie, praktische Exegese und franzçsische Theologie. 245 246 247 248 249

Vgl. Djukanovic´, Heiligkeit, 150 – 154. Djukanovic´, Heiligkeit, 150. Djukanovic´, Heiligkeit, 113; vgl. auch 43, 119 – 116, 163. Djukanovic´, Heiligkeit, 155. Vgl. Wegenast, Quervaln [sic!], 1101. Quervain selbst schreibt von Forschungen in Elberfeld 1933 – 39 (vgl. Quervain, Kirche IX).

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Sein Hauptwerk besteht in einer Ethik in zwei Teilen zu insgesamt vier Bnden: Der erste, einbndige Teil erschien unter dem bezeichnenden Titel „Die Heiligung“ (11942, 21946), die drei Bnde des zweiten Teils als „Kirche, Volk, Staat“ (1945), „Ehe und Haus“ (1953) sowie „Ruhe und Arbeit, Lohn und Eigentum“ (1956). Fîr das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist vor allen Dingen der erste Band von Interesse250, da er Quervains Motivation erklrt, den ersten Band einer theologischen Ethik îberhaupt mit „Heiligung“ zu betiteln. Ebenso behandeln die ersten beiden von insgesamt vier Teilen dieses Bandes gleichsam eine „allgemeine“ christliche Ethik: der erste Teil ist mit „Von der Heiligung in Christus Jesus“ betitelt251, der zweite mit „Das Leben des Christen im Zeichen von Kreuz und Auferstehung“.252 Die dritten und vierten Teile behandeln dann – bereits etwas konkreter – die Lehre vom Gesetz Gottes sowie die Zehn Gebote.253 Fraglos stellt dieser erste Band, und vor allen Dingen dessen Einleitung und erste beide Teile, ein Dach einer allgemeinen Ethik dar, die dann in den Folgebnden durch eine „spezielle Ethik“ ausgebaut wird.

Bedauerlich ist, dass Quervains Arbeit als Ethiker so gut wie keine ausgearbeitete exegetischen Analysen beinhaltet. In den gngigen exegetischen Lexika wird in den bibliographischen Angaben mit gewisser Berechtigung nicht auf sein Werk verwiesen.254 Wohl aber versucht er tunlichst, seine theologische systematische Arbeit auf sicherem biblischem Grund zu fundieren. Dies wird bereits in den ersten Stzen der Einleitung deutlich: „Von der Heiligung reden, heißt reden von dem Weg des Volkes Gottes, der Glieder der Gemeinde in dieser vergehenden Zeit. Es heißt reden von dem Weg, den Gott sein Volk fîhrt: ,Und nun, wenn ihr auf meine Stimme hçrt und meinen Bund haltet, so sollt ihr vor allen Vçlkern mein Eigentum sein; denn mein ist die ganze Erde. Ihr sollt mir ein Kçnigreich von Priestern werden und ein heiliges Volk‘ (2. Mose 19,5.6). Die Lehre von der Heiligung kann nichts anderes sein als eine ausfîhrliche Auslegung dieser Worte“.255

Diese Stze sind fîr Quervains vierbndiges Werk Programm. Von „Heiligung“ – wenn man es am Wort selbst festmachen will – spricht er hauptschlich in der Einleitung, seltener, doch immerhin noch hufig im 250 251 252 253 254 255

Die folgenden Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe von 1946. Vgl. Quervain, Heiligung, 31 – 92. Vgl. Quervain, Heiligung, 93 – 222. Vgl. Quervain, Heiligung, 223 – 304; 305 – 468. Sehr am Rande findet er bei Rensburg, Hagios, 304.309, Erwhnung. Quervain, Heiligung, 9.

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ersten Band; aber selbst im zweiten, mehr noch im dritten und vierten, setzt er seine dargelegte Situierung der Ethik in der Heiligung voraus. Quervain ist deutlich von der dialektischen Theologie inspiriert; ausdrîcklich orientiert er seine Rechtfertigungslehre an Karl Barth.256 Von daher geht er noch deutlicher als seine Vorgnger des „Berner Kreises“ von einer absoluten Distanz des Menschen von Gott aus und legt diese fast leidenschaftlich anhand zahlreicher Zitate aus unterschiedlichen Jahrhunderten der Theologiegeschichte dar.257 In diesem Sinne lobt und zitiert er lang den Artikel ûcior aus dem „Biblisch-theologischen Wçrterbuch des neutestamentlichen Griechisch“, 111923, von CremerKçgel – der Nachfolgeausgabe des auch schon Issel zu Verfîgung gestandenen Werkes –, in dem ebenfalls von einem Heiligkeitsbegriff ausgegangen wird, der grundstzlich auf dem Gegensatz Gottes und der Schçpfung aufbaut.258 Fîr Quervain kann die Schaffung des Volkes Gottes, auch der Gemeinde, nur aufgrund freier Gnade und Gottes einseitiger Erwhlung erfolgen; nichts im Gottesvolk oder der Gemeinde besteht um menschlicher Verdienste willen. „Wir lassen uns sagen, daß wenn Gott sich ein Volk schafft, … er ein ganzes, ein vollkommenes Werk vollbringt“.259 Die ethische Situation des Glubigen beschreibt er anhand einer Kombination von Rçm 6 (dem Glubigen als Knecht) und Rçm 8 (dem Glubigen als Sohn) ebenfalls als ein dialektisches: „Der Wandel vor Gott, mit Gott ist nicht ein Zweites neben der Versçhnung. Also etwa die Antwort des Menschen auf die Vergebung Gottes, auf den Erweis seiner Liebe. Die Heiligung ist in der heiligen Schrift nicht etwas, was der Ausfîhrung durch den Menschen îberlassen wird. Der Sohn freut sich an der Liebe des Vaters, der Knecht ist da, um den Willen seines Herrn zu tun. So fngt die Heiligung nicht erst da an, wo der Berufene seinen Beruf als Dienst versteht. Das Kind Gottes glaubt dem Wort seines Vaters, der Knecht Gottes gehorcht dem Ruf seines Herrn“.260 256 Vgl. Quervain, Heiligung, 248. Vgl. hnlich auch Quervain, Ehe, 7. Der Band Ruhe und Arbeit … ist Barth gewidmet. 257 Vgl. v. a. Quervain, Heiligung, 17 – 25. 258 „,[D]ie Heiligkeit Gottes bezeichnet die sich in der Versçhnung und Erlçsung bezw. im Gerichte offenbarende Opposition Gottes gegen die Sînde, oder den Gegensatz Gottes gegen die sîndige Welt, gegen die Welt wie sie ist, der an und fîr sich jede Gemeinschaft mit derselben ausschließt und nur noch ein Verhltnis freier, erwhlender Liebe offen lsst, in dem sie sich dann in der Heiligung des Volkes Gottes, der Entsîndigung und Erlçsung desselben erweist oder aber das Gericht vollzieht.‘“ (Cremer-Kçgel, 50, zitiert in Quervain, Heiligung, 18). 259 Quervain, Heiligung, 9 (originale Kursivsetzung). 260 Quervain, Heiligung, 10 (originale Kursivsetzung).

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Ein bei den anderen Autoren des „Berner Kreises“ nicht so zu findender Aspekt der Heiligung (anfnglich nur bei Gaugler/1948) ist der der Doxologie: „Die Heiligung als Wandel, als Akt, besteht darin, daß die Bundestreue Gottes gepriesen wird“.261 Oder: „Was zu tun uns geboten ist – also etwa das Ruhen am Feiertag oder die Ehrung der Eltern oder die Liebe zum Nchsten –, ist keine sittliche Aufgabe, die vom Glauben an Christus abgelçst werden kçnnte. Es ist die Erinnerung an den Glauben und Gehorsam Christi. Unser Tun ist nichts anderes, als der Lobpreis von Christi Glauben und Gehorsam“.262 Ebenso: „Wenn wir vom Handeln des Christen reden, dann geht es um ein Handeln, das nicht den Menschen, auch nicht den Christen, sondern Christus und sein Werk preist“.263 Vehement fordert Quervain die ekklesiologische Eingebundenheit der Heiligung und lehnt jeden Partikularismus vehement ab264 ; dies geschieht anhand des Motivs Christi als Haupt der Gemeinde: „Geheiligt sind wir in Christus, dem Haupte der Gemeinde, als Glieder der Gemeinde. Wer Christus von der Gemeinde trennt, … nicht bekennen kann ,unser Herr‘, der macht aus ihm eine Idee, ein Erlebnis, einen Mythos. Er hat einen entmchtigten Christus, dessen Herrschaft das Weltgeschehen nicht berîhrt, der nur Trost der einzelnen Seelen ist“.265 In Kombination des ekklesiologischen mit dem doxologischen Motiv kann Quervain „Heiligung als den Weg der dankenden Gemeinde“ beschreiben266, was gegen ein Heiligungsverstndnis als Verhalten des einzelnen Christen stnde, oder durch eine selbstherrliche, menschliche Gemeinschaft, eine Gesinnungsgemeinschaft oder gar – sptestens hier tritt sein Eindruck vom deutschen NS-Regime vor – einen Weltanschauungsstaat bestimmtes.267 Auch bemîht er sich, Gottes Kontinuitt im Gnaden- und Erwhlungshandeln am Volk Israel und der ntl. Gemeinde herauszustellen. „Es kann nicht Aufgabe einer Lehre von der Heiligung sein, den Gebrauch des Dekalogs îberflîssig zu machen, die Kirchen von dem Dekalog zu 261 262 263 264

Quervain, Heiligung, 11. Quervain, Heiligung, 11 f. Quervain, Heiligung, 25. Dies hebt spter auch Gaugler lobend hervor (vgl. Gaugler, Heiligung 1948, 7, Anm. 2). Vgl. auch Quervain, Kirche, 8 – 16. 265 Quervain, Heiligung, 12 (originale Kursivsetzungen); vgl. auch ebd., 42. 266 Quervain, Heiligung, 15. 267 Vgl. Quervain, Heiligung, 15.

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emanzipieren“.268 Denn die Zehn Gebote seien so zu verstehen, „daß sie das Glaubensbekenntnis voraussetzen, mitenthalten, nach einer bestimmten Seite noch einmal aussprechen“.269 Diesbezîglich betrachtet er das AT sowie das NT vollkommen synchron und betont, dass die Heiligung des Christen (konkret der Wandel im Geist nach Rçm 8) keine „neue Art der Heiligung, im Gegensatz zu der des Volkes Israel“ sei.270 Die Pneumatologie bleibt bei seinem Ansatz etwas untergeordnet. So ist – beispielsweise im Bezug auf den Wandel im Geist nach Rçm 8 – stets vor Augen zu halten, „daß es nicht um die Darstellung und Empfehlung einer Sittlichkeit und Frçmmigkeit geht, sondern um den Weg dessen, der allein in Christus gerecht und heilig ist“.271 Seine ußerst christozentrische Sicht macht Quervain auch in Bezug auf die Gesamtbibel deutlich: „Nicht Abraham und David, nicht Mose und die Propheten, nicht die Zehn Gebote und die Bergpredigt, nicht die Rechtfertigungslehre des Paulus und die Logostheologie des Johannesevangeliums, nicht die Liebesgemeinschaft und die Leidenswilligkeit der ersten Gemeinde, sondern Jesus Christus ist die Gabe Gottes“272 ; Jesus Christus aber ist nur in der Schrift zu finden. Das Verhltnis des Dekalogs zur Rechtfertigung ist kein anderes als das der Bergpredigt zur Rechtfertigung; „[d]ie ganze heilige Schrift – Gesetz und Propheten, je auch die Zeugnisse des Neuen Testamentes – ist Gesetz“.273 Aus der Verbindung des Communio-Akzentes mit seinem Heiligungsverstndnis warnt Quervain wiederholt eindringlich davor, aus dem einen oder aus dem anderen kasuistisch moralische Einzelverpflichtungen274 oder ein politisches oder sozial-ethisches Programm abzuspalten.275 „Im Glauben an Jesus Christus hçren wir auf, Diener des Gesetzes, des Dekalogs, der Bergpredigt zu sein; wir werden zu Dienern Gottes“.276 Im Hauptteil seines Buches nennt Quervain Heiligung – wie erwhnt – nur noch gelegentlich. Er setzt sie voraus.277 Statt dessen spricht er vom dreifachen Amt Christi (Lehrer, Priester, Kçnig), an dem die 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277

Quervain, Heiligung, 249. Quervain, Heiligung, 33; vgl. auch 119. Quervain, Heiligung, 119. Quervain, Heiligung, 116. Quervain, Heiligung, 226 (originale Kursivsetzung). Quervain, Heiligung, 227 (originale Kursivsetzungen); vgl. auch 260. Vgl. Quervain, Heiligung, 256. Vgl. Quervain, Heiligung, 43. Quervain, Heiligung, 251. Vgl. auch Quervain, Ruhe, 17.

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Christen Anteil haben278, vom Christo-eingeleibt-Sein.279 Zentrale Begriffe sind auch Bekennen und Bekenntnis280 ; und auch im Bezug auf diese Termini wehrt er jedem Missverstndnis soteriologischer Eigenbeteiligung des Menschen: „Gottes Namen bekennen, Gottes Wort predigen, das ist nicht die Antwort des Menschen auf die Offenbarung Gottes, eine Rede von gçttlichen Dingen, die seinem Erkenntnisvermçgen angepaßt ist. Wer den Namen Gottes bekennt, spricht nicht ein Selbstbekenntnis aus, redet nicht von sich und seinem Wesen … [er] redet, handelt, entscheidet sich in der Vollmacht, in der Exousia des Lehrers und Bekenners Christus, des Hauptes der Gemeinde, der durch den Heiligen Geist unter den Seinen gegenwrtig ist“.281 Quervains Buch will ein praktisches Buch sein und bietet – wie oben erwhnt – wenig exegetisches Einzelmaterial. Ein zeitverwurzelter Bekenntnischarakter spricht deutlich aus ihm. Der Wert des Buches – oder der biblischen Einfîhrung zu seiner Ethik – liegt daher weniger in der exegetischen Ergiebigkeit, sondern einerseits im unbeirrten Blick fîrs Ganze sowie andererseits darin, dass Heiligung, obschon hier im Rahmen einer theologischen Ethik noch deutlicher ethisch zugeordnet als bei anderen Autoren, dennoch nicht ethisch vereinnahmt, sondern zu einem Bekenntnisbegriff wird. 1.1.8. S.P.J.J. van Rensburg (1958): Ein methodischer Rîckschritt S.P.J.J. van Rensburgs auf Afrikaans verfasste, nie im Druck erschienene Dissertationsschrift Hagios in die Nieu-testamentiese voorstelling von 1958 ist fîr die vorliegende Arbeit weniger ergiebig. Nach einleitenden etymologischen und begriffsgeschichtlichen Kapiteln (AT, LXX) ist die Untersuchung thematisch, in keinem Falle chronologisch oder nach ntl. Schriften oder Verfassern strukturiert (Kapitelîberschriften sind „God die Heilige“, „Jesus Christus die Heilige van God“, „Die Heilige Gees“, „Die Heilige Gees in die kerk en in die gelowiges“, „Die Heiliges in die Nuwe Testament“ etc.). Das gesamte NT wird synchron dargestellt, Paulus kommt keinerlei gesonderter Stellen- oder interpretatorischer Wert zu; Einzelexegesen fallen knapp aus. Methodisch ist die Arbeit also auch 278 279 280 281

Vgl. Quervain, Heiligung, 34 f.37 – 63. Vgl. Quervain, Heiligung, 36. Vgl. Quervain, Heiligung, 52. Quervain, Heiligung, 38 (originale Kursivsetzungen).

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1. Zur Forschungsgeschichte

gegenîber der Arbeit von Asting, die Rensburg bekannt ist, eher ein Rîckschritt, man mçchte beinahe sagen zurîck auf die Stufe von Issel von 1887 – obwohl sie heute bei entsprechender Themenstellung im Rahmen eines canonical approachs wieder leichter rezipierbar wre. Einige vor 1958 verfasste Arbeiten (namentlich Williger, Gaugler/1925 und Djukanovic´) sind Rensburg nicht bekannt oder standen ihm nicht zu Verfîgung. Von Bultmanns Werk wird lediglich sein Johannes-Kommentar (KEK 1950) rezipiert. Wiederholt scheint seine Exegese durch dogmatische (trinittstheologische, soteriologische) Vorgaben geleitet, die dann teilweise auch konfessionell-polemische (hufig anti-katholische) Spitzen bekommen.282 Auch sein spterer Aufsatz Sanctification According to the New Testament von 1967, der sich zentral an den Gedanken aus dem Kapitel „Die heiliging van die heiliges“283 aus seiner Dissertation orientiert, kommt îber dieses Stadium weder inhaltlich noch methodisch hinaus.

1.1.9. Kurt Stalder (1962): Einordnung in Paulus’ Gesamttheologie K. Stalders Dissertationsschrift von 1959 Das Werk des Geistes in der Heiligung bei Paulus (Publikationsjahr 1962) setzte fîr lange Zeit einen vorlufigen Schlusspunkt unter monographische Arbeiten zur Heiligkeitsthematik bei Paulus und war mit ihren rund 500 Seiten bis in allerjîngste Zeit auch die mit Abstand umfnglichste zum gewhlten Thema. Sie ist in drei Teile gegliedert: 1.) „Der Heilige Geist“, 2.) „Die Heiligung“ und 3.) „Das Werk des Geistes in der Heiligung“. Bereits im Vorwort erklrt Stalder, zu Lasten der Knappheit immer wieder grçßere geschlossene Gesamtzusammenhnge dargelegt zu haben, um „stndig alle Beziehungen vor Augen treten zu lassen“.284 Seine Arbeit ist somit fast zu einer „Gesamtdarstellung der Theologie des Paulus“285 in teils parnetischem Stil geworden (Stalder war nicht nur Professor fîr Neues Testament, sondern auch fîr Katechetik und Homiletik). Wesentliche Abschnitte und teilweise sehr ausfîhrliche exegetisch-theologische Exkurse (v. a. zur Rechtfertigungslehre, Sîhneverstndnis, der Gerechtigkeit Gottes, dem ewigen Leben, Aeonen, dem Gesetz und der Gnade) bespricht Stalder ohne Vollstndigkeitsanspruch, sondern anhand einiger zentral ausgewhlter Bei282 Vgl. Rensburg, Hagios, 331, 339, 428, 430, 439 u. ç.; vgl. auch Rensburg, Sanctification, 81 f. 283 Vgl. Rensburg, Hagios, 301 – 345. 284 Vorwort ohne Seitenzahl. 285 Hîbner, Paulusforschung, 2800. Zitiert ebenfalls in: Arx, Art. Stalder, 1459.

1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962

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spielstellen. Auf diese Weise bindet er den Heiligungsgedanken sehr umfassend in den Rahmen der paulinischen Gesamttheologie ein, weitet ihn damit aber auch so weit aus, dass er unscharf wird. Im ersten Teil legt Stalder eine Pneumatologie, Wesen und Wirkungsweise des Geistes, eher anhand dogmatischer Fragestellungen dar.286 Der dritte Teil stellt eine eingehende Untersuchung von Rçm 8,1 – 16 dar287, wobei als Voraussetzung eine beachtliche Ausweitung des gestellten Themas durch die unternommenen Exkurse dient, so dass Rçm 8,1 – 16 weniger unter den Aspekten speziell des Geistes oder der Heiligung, sondern geradehin als „Testfall“ fîr die paulinische Lehre, in der die Rede vom Geist und der Heiligung mittlerweile beinahe aufgegangen sind, untersucht wird.

Der zweite Teil ist fîr unser Thema der relevanteste288 : Stalder fîhrt die Heiligkeit Gottes zunchst anhand atl. Texte aus. In Anlehnung an Eichrodt289 kennzeichnet fîr Stalder die Bezeichnung Gottes als der „Heilige“ (neben vielem anderen) die Rede von Gott im AT gegenîber den außerbiblischen Religionen. Inhaltlich umfasst dies Gottes Jenseitigkeit, seine absolute ˜berlegenheit, sein Anders-Sein, seine Schçpfermacht.290 Heiligung durch Gott bedeutet, dass Gott dieser Heiligkeit entsprechendes Handeln entfaltet. Dies gilt grundstzlich fîr alles, was von Gott explizit oder implizit geheiligt wird, oder dessen Heiligung vorausgesetzt ist: Menschen, Orte, Zeiten, der Sabbat, der Tempel, das Zelt der Zusammenkunft, der Altar. Immer geht es darum, dass sich der heilige Gott seinem Volk offenbaren, unter ihm wohnen, seine Heiligkeit besttigen will, ja es geht letztlich immer um Gottes Selbstheiligung. Daher werden heilige Menschen, Gegenstnde, Zeiten, o. . auch meist mittels Substantiv- anstelle von Adjektivverbindungen formuliert, wodurch sich ein verdinglichtes Heiligkeitsverstndnis verbçte.291 Dies gilt auch fîr die Priestergesetze Lev 21 f., die fîr Stalder ganz unabhngig von religionsgeschichtlichen Hintergrînden dazu da sind, Gottes „eigene Heiligkeit, seine Jenseitigkeit und sein Anders-Sein sowie die Wunderbarkeit, Unselbstverstndlichkeit seiner Vereinigung und Gemeinschaft 286 287 288 289

Vgl. Stalder, Werk, 9 – 100. Vgl. Stalder, Werk, 239 – 487. Vgl. Stalder, Werk, 101 – 238. Vgl. Eichrodt, Theologie des Alten Testaments/2, 18 – 31 (genannt bei Stalder, Werk, 101). Bei Eichrodt ist allerdings weniger von der Heiligkeit JHWHs im speziellen die Rede als vielmehr vom Geist Gottes. 290 Vgl. Stalder, Werk, 103 f. 291 Vgl. Stalder, Werk, 116 – 119. Er wendet sich auch leidenschaftlich gegen Astings ontisch (i.S.v. Teilhabe an Gottes Seele bzw. Wesen) verstandene Heiligkeit (vgl. ebd., 200 – 202, mit Anm. 63).

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1. Zur Forschungsgeschichte

mit diesem Volk in Erinnerung zu rufen“.292 Unterschiedliche Stufen von Heiligkeit implizieren keine „Abstufungen der Qualitt oder der Quantitt, sondern Abstufungen der Funktion und der Reprsentation“.293 Dies gilt auch, wenn sich Gott anderer Menschen bedient, um Heiligung zu offenbaren. In diesen Kontext reiht Stalder auch den Kult ein: Fîr ihn ist Kultfhigkeit nicht das Bedienen geeigneter Kultmittel, sich zur Begegnung mit Gott zu befhigen, sondern es geht um „die Anerkennung, daß sie zu einer solchen Begegnung radikal unfhig sind und dabei sterben mîßten, wenn es nicht Gott gefallen htte, sich gerade dadurch selber an Israel zu heiligen, daß er sie zu dieser Begegnung fîhrt, um sie dann mit ihm leben zu lassen“.294 Die Heiligung des Volkes dient, genauso wie die kultische Heiligung etwa des Tempels, des Sabbats o. . nicht der Errichtung eines aus einem heiligen und einem davon separaten profanen „Zweikammernsystems“.295 „[W]enn Gott den Tempel (oder den Sabbath) heiligt, so heißt das, daß Gott dieses Haus, diesen Ort auswhlt und aussondert, um durch ihn, an oder in ihm und von ihm aus die Heiligkeit seines Wesens nach allen ihren Seiten zu offenbaren, zu besttigen und auf alle Weise nach allen Bereichen zur Geltung zu bringen“.296 Analog dazu wird Israel geheiligt, nicht um zu ethischer Leistung befhigt zu werden, sondern zur Offenbarung von Gottes eigener Heiligkeit.297 Paulus verwendet die Wortgruppe um hagios eher selten, Gott selbst wird nie ausdrîcklich heilig genannt.298 Jedoch haben sich seine theologischen Diskurse nur verschoben: Die Tempel- und Kultthematik wird von Jesus Christus, der Erwhlungsgedanke von der Kirche in einen neuen Rahmen gestellt. In Jesus Christus geschieht mit der Selbstoffenbarung Gottes also dasselbe, was in allen Heiligkeits- und Reinheitsgeboten im AT geschehen ist. Stalder sieht in Jesus Christus „nichts anderes als die Offenbarung der Heiligkeit Gottes nach all ihren Aspekten“.299 Indem in Jesus Christus „das sonst verborgene Geheimnis Gottes erkannt wird“300, wird fîr Stalder deutlich, „daß Paulus genau gleich 292 293 294 295 296 297 298 299 300

Stalder, Werk, 113. Stalder, Werk, 119. Stalder, Werk, 128. Stalder, Werk, 109. Stalder, Werk, 111. Vgl. Stalder, Werk, 112, dargelegt anhand des Beispieles Ez 37,15 – 28. Stalder, Werk, 105 f. Stalder, Werk, 106. Stalder, Werk, 106.

1.1. Exegetische Arbeiten aus den Jahren 1887 – 1962

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um die Heiligkeit Gottes weiß wie das Alte Testament und daß das Wissen um die Heiligkeit Gottes in seinem Denken und Reden mindestens so zentral und beherrschend ist wie im Alten Testament“.301 Nach diesem kolossalen Scharnier legt Stalder folgerichtig die gesamte Sîhnopfer- und Rechtfertigungslehre des Paulus dar, da in der dadurch offenbar werdenden Gerechtigkeit Gottes analog zur atl. Selbstheiligung Gottes sein uns heiligendes Fîr-uns-Sein ihr Fundament erhlt.302 Hier geht Stalder konsequenterweise auch nicht nach terminologischen Gesichtspunkten vor, sondern sieht im gesamten Wesen und Wirken Christi Gottes eigene Heiligkeit aufleuchten; er spricht von der „In-Beschlagnahme des Menschen fîr die Selbstheiligung Gottes“.303 In diesem Sinne werden dann auch Einzelexegesen dargelegt, die von „Heiligung als Werk des Menschen“304 sprechen.305 Heiligung, d.i. das Leben in der Geltung der Rechtfertigung, folgt dem Rechtfertigungsspruch weder als Automatismus, noch folgen die Imperative der Heiligung dem Indikativ der heiligenden Rechtfertigung wie ein nachgeschobenes „Aber“. Statt dessen ist im Vollzug der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus auch unsere Gegenwart mit ihrem konkreten Handeln eingeschlossen306 und dadurch der Glubige ermahnt, dass sich Gott durch das Handeln des Menschen selbst heiligen wird.307 Dennoch bleibt unsere Heiligung, „eben das, daß wir uns Gott zu Verfîgung stellen dîrfen und kçnnen“308 ausschließlich Gottes Werk. „Ohne diese Rechtfertigung in Jesus Christus kçnnten unsere Werke nie etwas anderes sein als die Aufrichtung unserer eigenen Gerechtigkeit und damit Auflehnung gegen Gott. In Jesus Christus sind unsere Werke aber gerechtfertigt, und darum gefallen sie ihm … Gerade indem die Heiligung als Werk des Menschen umschrieben, gepriesen, empfohlen, gefordert und geboten wird, geboten werden kann, kommt an den Tag, wie sehr und wie vollstndig sie allein das Werk Gottes ist – in Jesus Christus“.309 301 302 303 304 305 306 307 308 309

Stalder, Werk, 106; vgl. auch 197 – 200. Stalder, Werk, 130 – 186. Stalder, Werk, 199. Stalder, Werk, 210. Exemplarisch anhand von 1Thess 4,3 – 8 (vgl. Stalder, Werk, 211 – 215), Rçm 6,11 ff. (ebd., 215 – 232), Rçm 12,1 (ebd., 232 – 238) und Rçm 15,16 (ebd., 238). Stalder, Werk, 232. Stalder, Werk, 238. Stalder, Werk, 488. Stalder, Werk, 213.215.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Stalders Arbeit ist enorm materialreich und umfnglich. Zu begrîßen ist sein Versuch, das traditionelle Indikativ-Imperativ-Schema zu vermeiden, sowie sein individueller Ansatz, Heiligung weder „mystisch“ (ontisch) noch ethisch zu deuten. Gemß seinem Ansatz, die Frage nach Heiligung im paulinischen Schrifttum analog zur Heiligung im AT und als Generalbegriff der Geschichte Gottes mit dem Menschen zu verstehen, ist einsichtig, Heiligung in einem theologischen Großkontext darzustellen. Stalders breite Exkurse entsprechen diesem theozentrischen Ansatz310, auch wenn dadurch die Beschftigung mit Heiligkeit als solche an Kontur verliert.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen Schon Stalders Arbeit von 1962 war ein „Sptzîgler“ nach der relativ intensiven Bearbeitung des Heiligungs-/Heiligkeitsthemas in den 1920er bis 1940er Jahren. Die einzige grçßere Arbeit in den nachfolgenden mehr als vierzig Jahren ist Hanssens Dissertationsschrift, die jedoch – wie genannt – nie verlegt worden ist und daher auch nie weiterfîhrende exegetische Beachtung erzielt hat. Die mangelnde Beachtung des Themas in der (vergrçbert gesagt) gesamten zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts kommt gewiss nicht von ungefhr. Schon bei Stalder ist zu sehen, dass er das Thema der Heiligung zwar sehr ausfîhrlich behandelt, aber so stark in die paulinische Gesamttheologie einbezieht, dass sie sich in ihr fast ganz auflçst. So ist auch zu erklren, dass Stalders dritter Großteil seiner Arbeit mit dem Titel Werk des Geistes in der Heiligung ausfîhrliche Kapitel îber Gesetz und Gnade bei Paulus sowie eine umfangreiche Kommentierung zu Rçm 310 Dominant ist dieser relationale Ansatz fîr das AT bereits bei Achelis 1847. Achelis erkennt die Heiligkeit Gottes und ihre unterschiedlichen Aspekte anhand seiner geschichtlichen Offenbarung gegenîber dem Volk Israel, seinem Wunsch, unter ihnen zu wohnen (beispielsweise infolge von Ex 25,8; 29,45). Analog dazu sieht er die Heiligung des Volkes samt aller Kult- und Absonderungsbegriffe im Positivum „ihr sollt mein sein“ eingebettet (vgl. Achelis, Versuch, 189.193. 201. 205 u.ç.). Rupprecht schließt sich im Prinzip Achelis an, weitet jedoch den Heiligkeitsbegriff Gottes zu einem transzendentalen Superbegriff, der „die ganze gçttliche Vollkommenheit, Herrlichkeit und Seligkeit“ bezeichnet (Begriff, 691).

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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8,1 – 17 beinhaltet311, von Heiligung als solcher jedoch kaum mehr die Rede ist.312 Bei allen Meriten der Arbeit Stalders und trotz ihrer Umfnglichkeit wird hier das grundstzliche Problem der Zeit sichtbar, Heiligkeit îberhaupt als Kategorie mit spezifischem Eigenwert wahrzunehmen. R. Ottos (1869 – 1937) zuerst im Jahre 1917 so poetisch dargestellte Heiligkeitsphnomenologie und Darstellung Gottes als der „ganz Andere“, der dem Menschen im mysterium tremendum et fascinans begegnet313, war bei der Ersterscheinung seines Buches Das Heilige ein deutlicher Gegenentwurf zum stark rational und sittlich orientierten Christentumsverstndnis des Kulturprotestantismus, ausgeprgt v. a. durch A. Ritschl (1822 – 1889), W. Herrmann (1846 – 1922) und A. v. Harnack (1851 – 1930).314 Doch ebenso wie die Arbeit Ottos îber Jahrzehnte hinweg anhaltende Faszination mit dem Thema begînstigte, ließen die existentialistisch und damit auch anthropozentrisch geprgten Theologien einflussreicher Exegeten wie Bultmann (1884 – 1976) und Ksemann (1906 – 1976) der Beschftigung mit der Religionskategorie des Heiligen wenig bis gar keinen Raum. Auch Bultmanns rationalistisches Entmythologiesierungsprogramm fand fraglos schlecht konstruktiven Zugang zu Ottos Heiligkeitspoesie315 ; so kommt es nicht von 311 312 313 314

Vgl. Stalder, Werk, 257 – 363.363 – 387.387 – 487. Vgl. auch dieselbe Beobachtung bei Hanssen, Heilig/1, 60. Vgl. Otto, Das Heilige, bes. 13 – 55.66 – 74. Sein Ersterscheinungsdatum sowie frîhe, schnelle Verbreitung liegen bezeichnenderweise eng am Aufkommen der Dialektischen Theologie, die ebenfalls als eine Abkehr vom Kulturprotestantismus auftrat (die erste Auflage zu K. Barths Rçmerbrief-Kommentar erschien 1919, die zweite 1922). 315 Obwohl Bultmann nur eine halbe Generation jînger war als Otto (genau 15 Jahre), waren sie theologisch aus gnzlich anderem Holz geschnitzt. Die Differenzen zwischen deren beiden Anstzen bestehen nicht nur auf sachlicher Ebene, sondern auch im Bezug auf die intendierte Rezeptionshaltung. Programmatisch ist bereits, dass Otto seinem Buch ein dreizeiliges Poem von Goethe als Motto voranstellt („Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil./ Wie auch die Welt ihm das Gefîhl verteure,/ Ergriffen fîhlt er tief das Ungeheure“ [ohne Autor zitiert in: Otto, Das Heilige, ohne Seitenzahl; es handelt sich um Goethe, Faust II, 6272 – 6274]); weiterhin zitiert er immer wieder religiçse Dichtung und Mystiker (vgl. ebd., 19.25.28.38 – 41.42 – 47. 50 – 52.88 f.99.111), spricht von der Begegnung mit dem Heiligen analogen Phnomenen in Musik und Kunst (vgl. ebd., 56 – 65.85 – 91) und schließt sein Werk mit einer Anthologie numinoser Dichtungen (einschl. derer in den „Kleinere[n] Zustze[n]“ zitierten, vgl. ebd., 207 – 221). Otto will nicht nur îber das Heilige informieren, sondern ein Gefîhl dafîr erwecken. – Zur span-

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1. Zur Forschungsgeschichte

ungefhr, dass in Bultmanns Schriften die Thematisierung von Heiligung und Heiligkeit beinahe ganz ausfllt, und wenn, dann nur von ethischer, gar asketischer „Forderung der Heiligung“316, vom „Ideal des Perfektionismus und [ … dem] Ideal der Heiligkeit“317, von einem „Heiligkeitsstreben“318 und von „Verpflichtung zum aktiven "ciaslºr, den Gott von uns fordert“319, die Rede ist. Ein Ruf zu einer Wende im Heiligkeitsverstndnis erfolgte, gar nicht aus der christlichen Theologie heraus, sondern durch den jîdischen Philosophen H. Jonas (1903 – 1993). 1979 pldierte er fîr „die Wiederherstellung der Kategorie des Heiligen, die am grîndlichsten durch die wissenschaftliche Aufklrung zerstçrt wurde“.320 Der Ruf wurde wenige Jahre spter durch O. Hanssen gehçrt, der die nchste grçßere exegetische Beschftigung mit der Heiligungsthematik vorlegte. In seiner Arbeit zitiert er Jonas mehrfach321 und nimmt folgerichtig auch eine deutlich anti-Bultmannsche Stoßrichtung ein.322 1.2.1. Olav Hanssen (1984): Heiligkeit als Weltverantwortung Im Vorwort zu seiner 1984 in Heidelberg unter dem Titel Heilig – Die Auseinandersetzung zwischen Paulus und den Korinthern um die ethischen Konsequenzen christlicher Heiligkeit eingereichten Dissertationsschrift informiert O. Hanssen, dass seine Arbeit „aus unvorhergesehenen Grînden ein halbes Jahr frîher abgebrochen werden [musste] als geplant“.323 Vielleicht liegt darin ein Grund fîr den fragmentarischen Gesamteindruck, der dem Autoren durchaus bewusst war: „Insgesamt mag die vorliegende Arbeit … in ihrer Feinstruktur îberwiegend als ein Mosaik von Einzelstudien erschei-

316 317 318 319 320 321 322 323

nungsreichen Rezeption Ottos durch Bultmann vgl. Lattke, Rudolf Bultmann, 353 – 360, bes. 356 f.; vgl. auch Crowder, Rudolf Otto’s The Idea of the Holy Revisited, 35 f. Bultmann, Theologie, 567. Bultmann, Theologie, 571. Bultmann, Theologie, 571. Bultmann, Theologie, 339 f. Jonas, Das Prinzip der Verantwortung, 57. Vgl. ebenso kritisch wenige Jahre spter auch Kamper/Wulf (Einleitung, 28 [1987]) und Berger (Unterscheidung, 51 [1993]), ebenso immer noch Wulf (Anthropologie, 116 – 118 [2004]). Vgl. Hanssen, Heilig/1, 1.115 f. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 106 – 111; 117 – 126.143 f. Hanssen, Heilig/1, unpaginiertes Vorwort.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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nen“.324 Dennoch sind Hanssens vorrangige Aussageinteressen klar zu benennen:

Die Arbeit ist in insgesamt 30 durchnumerierte Einzelstudien aufgeteilt, die ihrerseits in vier Gruppen zusammengefasst sind: (1) Die Studien 1 – 5 behandeln einleitende Vorbemerkungen zur Arbeit. Hanssen ist sich bewusst, mit seiner Arbeit ein seit langer Zeit unbeackertes Feld zu betreten und bereits die ersten Worte der Arbeit machen durch Zitate von H. Jonas, D. Bonhoeffer und M. Luther King seine Gesamtintention deutlich, mit einer Wiederbetrachtung des Heiligen als Verantwortung des Christen vor Gott auch dessen „îberlebensnotwendige“325 Verantwortung fîr die Welt darzustellen.326 Daher sei eine rein historisch-kritische Untersuchung îber den Heiligkeitsbegriff frîherer Zeit inadquat; stattdessen mîsse sie zu einer „historischselbstkritischen“327 Reflexion vorstoßen, die er fîr das Folgende „nicht immer systematisch, sondern oft auch ad hoc“ ankîndigt.328 Sein gewissermaßen „revolutionres“ Anliegen der Arbeit verdeutlicht er auch mit dem Schlusssatz der Einleitung: „Ein klein wenig ,Stçrung‘ ist … beabsichtigt“.329 (2) Die Studien 6 – 11 stellen in einem ersten Hauptteil der Arbeit einen „bewusst skizzenhaft gehalten[en]“330 ˜berblick îber die Vorkommen der drei Termini oV ûcioi, ûcior, und pmeOla ûciom bei Paulus dar.331 Ausgeklammert sind die selteneren Derivate "ciaslºr, "ciºtgr, "ciys¼mg und "ci²feim. Ein kleiner Schwerpunkt bildet (innerhalb von „Studie 11“) 1Thess 4,3 – 8. "ciaslºr erscheine hier im Sinne eines Tabus, d. h. in erster Linie nicht „positiv als ein allmhlicher Prozeß der Vervollkommung (trotz peqisse¼eim in V1), sondern eher negativ als Abgrenzung von heidnischer Unreinheit“.332 324 Hanssen, Heilig/1, 14 f. 325 Hanssen, Heilig/1, 1. 326 Mehrfach kommt Hanssen diesbezîglich etwa auf politische Themen der 1980er Jahre zu sprechen wie çkologische Krise, Atomwaffen, rationalistisch aufklrerisch-herrschaftliches Wissenschafts- und Naturverstndnis, Menschenrechte, Gewalt, Selbstmord, Sexualethik und Leiblichkeitsverstndnis (vgl. Heilig/1, 1.10.93 f.99 f.105.115 f.220 – 231). 327 Hanssen, Heilig/1, 4. 328 Hanssen, Heilig/1, 4; vgl. auch ebd., 14. 329 Hanssen, Heilig/1, 15. 330 Hanssen, Heilig/1, 14. 331 Vgl. Hanssen, Heilig/1, 25 – 64. 332 Hanssen, Heilig/1, 60.

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1. Zur Forschungsgeschichte

(3) Der eigentliche Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den Studien 12 – 28.333 Dieser Teil ist in drei Abschnitte untergliedert, in denen anhand von Exegesen zu 1Kor Heiligkeit als Tabu (nach 1Kor 6,12 – 20), „im Spannungsfeld von Recht und Ethik“ (nach 1Kor 6,9 – 11) sowie „im Spannungsfeld von Kult und Ethos“ (nach der Tempelmetapher 1Kor 3,16 f. und 1Kor 6,19) besprochen wird. In 1Kor 5; 6 sieht Hanssen im Anschluss an Berger das îbergreifende Thema „gefhrdete Heiligkeit der Gemeinde“334 angesprochen; Paulus exemplifiziere diese Gefhrdung durch drei Themenkreise, nmlich poqme¸a der Gemeinde in 1Kor 5,1 – 13, jq¸meim in 6,1 – 11 sowie poqme¸a des Einzelnen in 6,12 – 20. Daran verdeutliche sich die poqme¸a als besonders starke „˜bermacht“ zur Gefhrdung der Heiligkeit335, aber auch die soziale Dimension des Heiligen: Heiligkeit verlange die Abgrenzung der Heiligen von den Ungerechten (vgl. 1Kor 6,1).336 Dieselbe Problematik beschftige Paulus auch in den Folgekapiteln 1Kor 8 – 10 mit der Legitimitt des Verzehrs von Gçtzenopferfleisch.337 Objektives Kriterium fîr Heiligkeit sei fîr ihn das theozentrische bzw. christologische durch „die Hingabe des soma an den Leib Christus“.338 Tabu sei, was mit dem Ausschließlichkeitsanspruch des Kyrios als Kriterium christlicher Heiligkeit unvereinbar ist.339 Ein zweiter Hauptaspekt von Hanssens 1Korinther-Exegese ist sein Verstndnis von Heiligkeit der Christen als rechtlicher Status. Aufgrund dessen sei die in 1Kor 6,1 – 11 erwogene Konkurrenz zur innerweltlichen Gerichtsbarkeit zu verstehen.340 Zu 1Kor 6,9 – 11 fîhrt Hanssen fîhrt aus: „Der Status der Heiligen ist mit einer geradezu rechtlich garantierten Erbschaft der basike¸a verbunden. Die Taufe bewirkt auch in dem evtl. bereits vorpaulinischen Sinn von V11 nicht nur negativ die Tilgung vergangener Sînden …, sondern bedeutet ineins damit die Versetzung in einen neuen Status, so daß Paulus im jetzigen Kontext die Erbschaft der basike¸a indirekt auf die Taufe zurîckbeziehen kann. Die in der Taufe geschehene Reinigung, Heiligung und Rechtfertigung wird ,kraft des Namens des Herrn Jesus 333 334 335 336 337 338 339 340

Vgl. Hanssen, Heilig/1, 65 – 203. Hanssen, Heilig/1, 68. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 87 – 94.104. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 69. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 73 – 75. Hanssen, Heilig/1, 82. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 99.112. Hanssen, Heilig/1, 135.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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Christus und kraft des Geistes‘ nicht nur bewirkt, sondern auch rechtlich garantiert bzw. legitimiert“.341

Fîr "ci²feim in 1Kor 6,11 folge daraus die mçglichst weitgehende Vermeidung einer ethischen Interpretation von Heiligung bzw. einer Abspaltung eines ethischen Heiligungsverstndnisses vom „eher rechtlich zu interpretierenden theokratisch-eschatologischen Gesichtspunkt“.342 In 1Thess 5,23 hingegen sei "ci²feim allerdings nicht statusrechtlich gemeint, sondern im Sinne eines „fortlaufenden Proze[sses] des Heiligens, ausgerichtet auf die Parusie des Kyrios“.343 Hiermit werde freilich das Problem des Verhltnisses von Heiligung und Rechtfertigung aufgeworfen, das Hanssen lçst, indem er sich vom traditionellen Zweistufen-Schema: Rechtfertigung als forensischer Befreiung des Menschen von der Sîndenmacht – anschließend Heiligung als neuem Lebenswandel trennt: „ ,[H]eiligen‘ kann wie ,rechtfertigen‘ den fîr das Christ-Sein konstitutiven Akt (mit-)bedeuten“.344 Hanssens dritter Abschnitt seines Hauptteiles beschftigt sich mit Heiligkeit im Spannungsfeld von Kult und Ethos nach der Tempel-Metaphorik 1Kor 3,16 f.; 6,19. Sein Ansatz ist hier religionsgeschichtlich, ausgefîhrt durch den Vergleich einer paulinischen „Spiritualisierung“345 des Tempel-Begriffs mit derjenigen des „metaphysisch denkenden Zeitgenossen“346 Philo von Alexandrien sowie der Tempelsymbolik in Qumranschriften. Philos Tempel-Metaphorik sei von einer aus Platons Ideenlehre gespeisten Kosmologie bestimmt, die einem Seienden umso hçhere Wertigkeit zu341 342 343 344 345

Hanssen, Heilig/1, 127 f. Hanssen, Heilig/1, 144, insgesamt vgl. ebd., 143 – 147. Hanssen, Heilig/1, 147. Hanssen, Heilig/1, 149. Hanssen ist sich der Problematik dieser Bezeichnung wohl bewusst und will damit keine negative Wertung der Verwendung der Metapher verbunden wissen: „Wenn man religionsgeschichtlich von einem Prozeß der Spiritualisierung spricht, so kçnnen dabei assoziativ die verschiedensten Wertungen mit im Spiel sein. Whrend man frîher vor allem die Hîherentwicklung von einer kultischdinglichen zu einer sittlich-geistigen Religion im Blick hatte [mit Verweis auf den forschungsgeschichtlichen ˜berblick dieser Deutung bei Hermisson, Sprache und Ritus, 24 – 28; vgl. auch Hanssen, Heilig/2, Anm. 390], scheint die Tendenz in neuerer Zeit eher umgekehrt zu sein: Gegenîber einer einseitigen ,Vergeistigung‘ wertet man die kultische Religion wieder auf, weil hier die Leiblichkeit des Menschen (im Gegensatz zur modernen Leib-Geist-Spaltung) noch integriert ist“ (Heilig/1, 155 f.; allgemein vgl. ebd., 155 – 166). 346 Hanssen, Heilig/1, 156.

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1. Zur Forschungsgeschichte

spricht, je vollkommener sie vom kºcor und moOr gefîllt sei. Der jºslor werde daher als „das hçchste und wahrhafte Heiligtum (Reqºm) der Gottheit“347 bezeichnet, dessen "ci¾tatom der Himmel sei, denn er sei von den Engeln als reinen kçrperlosen Seelenwesen erfîllt (vgl. Philo spec. I,66). Analog dazu ergehe auch an den Menschen die Aufgabe, die Seele vom erdigen, sinnlichen Gefngnis zu einem Sein im reinen moOr zu befreien; damit kçnne auch die menschliche Seele Gottes Haus, ein Req¹m ûciom, werden (vgl. Philo somn. I,149). Doch auch den ansonsten so abgewerteten Kçrper des Menschen kçnne Philo, auf der Leiter der „Hierarchie des Seins“348 noch weiter absteigend, als Tempel fîr die xuw¶ kocij¶ bezeichnen, doch nur in Bezug auf den ersten Menschen, der noch „aus einer besonders reinen Absonderung jener vkg gebildet [war], die bei der Schçpfung ohnehin noch eine besondere Qualitt hatte“.349 Analog dazu lgen auch den Begriffen „heilig“ und „rein“ bei Philo kosmologische Wertungen zugrunde (vgl. plant. 50; 53; somn. I,34; II,251; her. 199): „Heiligkeit und Reinheit meinen eine relative Nhe zum wahren gçttlichen Sein“, unabhngig vom konkret vollzogenen Kult.350 Ganz im Gegenzug dazu verbinde die Tempelsymbolik in Texten von Qumran (vgl. 1QS 5,5; 8,1 – 9,6; 11,7 f.; 1QSb 4,25 ff.) das exklusive Selbstverstndnis der Qumran-Gemeinde als symbolisch-personale als Tempel unmittelbar mit kulttheologischen Forderungen nach ritueller Reinheit. Vollkommene Heiligkeit sei definiert durch die nach dem Vorbild der Engel in der himmlischen Liturgie vorgebildete priesterliche Rolle, die bei der Bekehrung zur Tora îbernommen wird. „In der Gemeinschaft mit den Engeln sind Himmel und Erde zu einer kosmischen Raumeinheit zusammengeschlossen, die in der Tempel-Liturgie besonders transparent wird“.351 Heiligkeit sei konzentrisch „an das Zentralheiligtum einer besonders erwhlten Gruppe gebunden“.352

Paulus setze sich von Philos Verwendung der Tempel-Metaphorik dahingehend ab, dass er in 1Kor 3,16 f.; 6,19 nicht von einer kosmologischen Hierarchie und Heiligkeit als einem Begriff eines „Abbildverhltnisses zum gçttlichen logos“353 ausgeht, sondern von der Erwhlung des Menschen durch Gott und der Einwohnung des heiligen Geistes in ihm. Daher finde die Tempel-Metaphorik bei Paulus keine allgemein-anthropologische Anwendung wie bei Philo, sondern nur im Hinblick auf die glubigen Geisttrger. Mit der paulinischen Vorstellung von Heiligkeit der Gemeinde aufgrund von Gottes eschatologische Erwhlung trfe 347 348 349 350 351 352 353

Hanssen, Heilig/1, 166 f. Hanssen, Heilig/1, 168. Hanssen, Heilig/1, 169. Vgl. Hanssen, Heilig/1,172 f., mit Heilig/2, Anm. 445. Hanssen, Heilig/1, 193. Hanssen, Heilig/1, 193. Hanssen, Heilig/1, 187.

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er sich daher mit der von Qumran. Im Gegensatz zu Qumran und Philo entfiele bei Paulus jedoch eine hierarchische (bei Philo: kosmologische; in Qumran: vom Zentralheiligtum ausgehende) Stufenfolge von Heiligkeit. Ebenso deute Paulus menschliche Heiligkeit nicht wie in Qumran von einer priesterlichen Rolle her, sondern christozentrisch bzw. pneumatologisch. Hanssen erkennt bei Philo einen deutlichen ethischen Heiligkeitsbegriff (denn an den Menschen ergeht die Aufforderung zur Annherung an das Gçttliche) und bei Qumran einen deutlichen kultischen. Paulus hingegen nhme zwischen diesen beiden Polen eine „eigentîmliche Zwischenstellung“354 ein, die sich kaum „begrifflich einigermaßen prgnant“355 erfassen ließe, da Paulus sein Heiligkeitsdenken nicht in ein spezifisches Weltbild einbinde wie Philo und die Qumran-Frommen. Entscheidend sei fîr Paulus nicht eine klare Linie zwischen Kult und Ethos, sondern „das Leben aus einer neuen Kraft, das Leben aus dem Geist Christi“.356 (4) In einem letzten kurzen Abschnitt der Arbeit, den Studien 29 und 30357, zieht Hanssen das Resîmee mit „Impulse[n] fîr eine theologische Auseinandersetzung“.358 Diese liegen in einer Meditation îber den Geist im Rahmen der Trinittstheologie nach Basilius von Csarea und epistemologischen Reflexionen zur einer „modernen Metaphysik“359, sowie einem Vergleich der Kategorie des Heiligen mit dem Begriff der Verantwortung als Grundlage fîr eine theologische Ethik: Heiligkeit kçnne als Kategorie der Beschreibung des Verhltnisses vor Gott und fîr die Welt als Kriterium christlicher Weltverantwortung tragfhig sein.360 Hanssens Arbeit war aufgrund deren Nicht-Verlegung nie grçßere Beachtung vergçnnt. Dennoch liefert sie wertvolle Anstçße: Trotz des bis in Einzelformulierungen hin erkennbar fragmentarischen, unfertigen Charakters der Arbeit sind Hanssens Grundthesen in seinem Hauptteil (d. h. den Studien 12 – 28) klar erkennbar. Methodisch begrîßt man den Vorstoß zu einem ausgeprgteren religionsgeschichtlichen Interesse, inhaltlich die Selbstndigkeit der Betrachtung von Heiligung/Heiligkeit ohne deren zwangslufige Einbindung in „etablierte“ Themen paulini354 355 356 357 358 359 360

Hanssen, Heilig/1, 201. Hanssen, Heilig/1, 201. Hanssen, Heilig/1, 203. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 204 – 231. Hanssen, Heilig/1, 204. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 204 – 218. Vgl. Hanssen, Heilig/1, 218 – 231.

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1. Zur Forschungsgeschichte

scher Theologie wie in der lteren Exegese. Auch seine Konzentration auf ausgewhlte Passagen aus 1Kor ermçglicht ihm einen schrfer fokussierten Blick auf Weniges statt eines breiten ˜berschlags îber den gesamten Paulus oder gar das gesamte NT. Eine solche Verengung und damit Schrfung des Blickwinkels hatte es in den lteren Monographien vor Hanssen nicht gegeben. Hçchst bezeichnend ist, dass er gerade unter dieser Themenstellung zu einer (relativ) deutlichen Entethisierung von Heiligkeit vorstçßt. Gleichzeitig îberraschen freilich manche exegetische Einzelaussagen, z. B. unscharfe wie zu 1Thess 4,8: „Inbegriff fîr solche Heiligkeit … ist der heilige Geist“361, ungestîtzte wie: „[In 1Thess 4,7 f. werden die Thessalonicher] an die Heiligkeit erinnert, die sie unmittelbar an sich selbst – bei ihrer Berufung und durch den Geist – unmittelbar von Gott her erfahren haben“362, oder schlicht seltsame wie: „Porneia ist bei Paulus 1Kor 6,12 – 20 wie auch in der Parnese 1Thess 4,3 – 8 Sînde gegen den heiligen Geist“.363 Hanssens vçllige Abkoppelung der paulinischen Pneumatologie von der des AT entsprach auch nicht dem Forschungsstand der frîhen 1980er Jahre.364 Schließlich lsst sein ˜bergang von der Exegese einzelner Verse aus 1Kor zu einer globalen theologischen Ethik in Schlussstudie 30 zwar den berechtigten Wunsch nach Applikation exegetischer Ergebnisse erkennen, erliegt aber einer krassen Verhltnislosigkeit von Mittel und Anwendung.

361 Hanssen, Heilig/1, 60. Zur Verwechslung von Heiligkeit und Heiligung vgl. Anm. 61. 362 Hanssen, Heilig/1, 61. 363 Hanssen, Heilig/1, 80; vgl. ebenso ebd., 82. 364 „[D]er heilige Geist bei Paulus [ist] etwas radikal Neues, das so noch nie dagewesen ist. Den Geist, den Paulus meint, gibt es erst seit Christus. … Zu beachten ist …, daß Paulus den Geistempfang nirgends als die Erfîllung einer alttestamentlichen Verheißung bzw. als Wiederkehr des erloschenen Geistes deutet, sondern als etwas radikal Neues“ (Hanssen, Heilig/1, 51.54). Hingegen hatte bereits Dobschîtz auf die Anspielung von 1Thess 4,8 auf Ez 36,27; 37,14 aufmerksam gemacht, auch wenn er selbst diese Anspielung eher fîr „unbeabsichtigte[n] Ausfluß der Bibelgetrnkten [sic!] Erbauungssprache des Apostels“ hielt (vgl. Thess, 173). Frîhere Exegeten hatten lngst schon eine Verbindung zwischen paulinischer Pneumatologie und atl. Verheißungen der Geistaussage hergestellt (vgl. Kuss, Rçm 1, 206; Michel, Rçm, 180; Schlier, Rçm, 150; Wilckens, Rçm I, 293).

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1.2.2. Einzelaufstze, vorwiegend aus den spten 1980er Jahren: Klaiber, Rodenberg, Gînther, Schrage, Berger Obwohl Hanssens Dissertationsschrift – wie genannt – nie verlegt worden ist, sind in den unmittelbaren Folgejahren eine erstaunliche Anzahl kleinerer Beitrge zur Beschftigung mit der Heiligkeits-/Heiligungsthematik erschienen, die die exegetische Beschftigung mit dem Thema wieder strker in der Vordergrund zu rîcken versuchen.365 Die frîheren dieser Aufstze beschftigen sich – im Gegensatz zu Hanssen – alle stark mit dem Verhltnis von Heiligkeit und Ethik und sind von einer deutlich pastoralen Zielsetzung geprgt (von den hier vorgestellten Beitrgen trifft dies v. a. auf Klaiber, Rodenberg und Gînther zu). Intensivere exegetische Auseinandersetzung lsst erst der Aufsatz von Schrage erkennen, wohingegen Berger, Hanssen folgend, wiederum einen strker applikationsbezogenen Ansatz whlt. In allen diesen Beitrgen ist, ebenso wie sich Hanssens Schrift mit Deutlichkeit gegen das vorherrschende exegetische Ideenklima aufgelehnt hatte, gleichfalls das Streben nach Anwendung einer „Heiligungstheologie“ in den gewandelten gesellschaftlichen Bedingungen der Zeit zu erkennen. 1985 sucht Klaiber durch einen kursorischen Aufriss nach einer neuen biblischen Grundlage einer Heiligungslehre. Der Ansatz des ursprînglich an mehreren methodistischen Seminaren in den USA gehaltenen Vortrages ist deutlich pastoral orientiert. Stilistisch schlgt sich dies in vermehrten rhetorischen Fragen und hufigem Gebrauch des pluralis auctoris nieder; quantitativ nehmen den grçßten Teil seines Aufsatzes „Konsequenzen“, d. h. Applikationen „fîr die heutige Gemeinde“366 ein. Inhaltliche Auswirkungen daraus sind beispielsweise, wenn er die kçniglich-priesterlichen Heiligkeitsbilder Gottes nach Jes 6,3 – 5367 oder Ps 99 mit den Worten zusammenfasst: „Die Heiligkeit Gottes erweist sich in seiner Liebe, die jedes menschliche Maß îbersteigt und auch von der Schuld seines Volkes nicht außer Kraft gesetzt wird“.368 Einen wesentlichen Unterschied zwischen atl. und ntl. Heiligkeitsvorstellung erkennt Klaiber darin, dass das NT „eine dingliche Vorstellung von Heiligem und Profanem, Reinem und Unreinem ausdrîcklich ab[lehne]“ (mit 365 Allgemein konnte Barth 1993 konstatieren: „Seit einiger Zeit scheint ein neues Interesse an den Heiligen zu erwachen“ (Der Heilige Gott, 55). 366 Klaiber, Perspektiven, 35; vgl. 35 – 39. 367 Vgl. ausfîhrlicher unter 4.5. 368 Klaiber, Perspektiven, 28.

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Verweis auf Mk 7,15; Rçm 14,14; 1Tim 4,4 f.; Tit 1,15).369 Stattdessen konzentrierten sich die Heiligkeitsaussagen des NT auf „Christen als Glieder des neuen Gottesvolkes“ (Verweis auf 1Kor 3,17; vgl. 6,19; 2Kor 6,16).370 Das Gemeinsame zwischen atl. und ntl. Heiligkeitskonzeption hingegen sei, dass der Grund der Heiligkeit „nicht ein Verhalten des Menschen, auch nicht die schçpfungsmßige Zugehçrigkeit zu Gott, sondern das rettende Handeln Gottes im Tode Jesu“371 sei. 1Thess 4,3 ff.; Rçm 6 sowie Rçm 12,1 f. u. a. werden als Belegstellen fîr „das Ineinander von Gottes Tat und menschlicher Verantwortung“372 genommen.373 Klaiber fasst predigthaft zusammen: „Mir scheint, gerade diese Seite der Heiligungsbotschaft hat hohe Aktualitt fîr uns. Wir mîssen nur darauf achten, daß ihr die positive Aussage, daß Gott es ist, der unser Leben heiligt, und daß dies uns zur Hingabe und nicht nur zur Vermeidung befhigt, vorgeordnet bleibt“.374 Auch Rodenbergs ebenfalls ursprînglich als Vorlesung gehaltener, fast noch homiletischer wirkender Beitrag Heiligung – Gottes Geschenk, Werk und Weg mit uns von 1986 bezieht sich nicht vorwiegend auf Paulus und bietet auch sonst durch die Fortfîhrung des Zweistufenmodell „Gottes Handeln – menschliches Handeln“ wenig exegetische Novitt. Sein Ansatz liest sich wie die Behauptung eines ethischen Automatismus: Da zunchst nur Gott heilig ist, kme Heiligung, Gottes Mitteilung seiner Heiligkeit, „aus Zugehçrigkeit, nicht aus Anstrengung“375 ; „heilig“ sei keine Wertangabe, sondern eine Eigentumsangabe.376 Daher ließe sich der Mensch „[i]m Ringen um Heiligung“ auf Gottes Heiligkeit ein und habe schier keine Wahl mehr um sein ethisches Handeln, da alles andere Verrat und Verleugnung dessen sei, was er in Gott ist.377 Wiederum ein Vortrag liegt Gînthers Aufsatz Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung (1Th 4,3) mit dem Untertitel Bindung und Freiheit 369 370 371 372 373

374 375 376 377

Klaiber, Perspektiven, 30. Klaiber, Perspektiven, 31. Klaiber, Perspektiven, 31. Klaiber, Perspektiven, 32. Die von Klaiber vorgelegten ˜bersetzungen lauten: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung“ (V.3); „Denn Gott hat uns nicht berufen zu einem Leben in der Unreinheit, sondern in der Heiligung“ (V.7). Beide diese ˜bersetzungen werden unter 3.2.2. und 3.3.4. diskutiert werden. Klaiber, Perspektiven, 34 f. Rodenberg, Heiligung, 80. Rodenberg, Heiligung, 81. Vgl. Rodenberg, Heiligung, 83.

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im Leben der Christen, verçffentlicht 1986, zugrunde. Auch fîr Gînther ist gemeindliche Applikation biblischer Beobachtungen wichtiger als detaillierte Textexegese. Sein so gut wie vollstndiger Verzicht auf Sekundrquellen378 verdeutlicht sein begrenztes Interesse an wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem gewhlten Thema ebenso wie die konfessionell orientierte Zeitschrift, in der sein Aufsatz erschien. Nach einer kurzen statistischen ˜bersicht îber das Wortvorkommen und sprachliche Eigenheiten der Ableitungen von "c-379 bespricht er knapp ausgewhlte ntl. Passagen (in Reihenfolge 1Thess 4,3 – 8; 1Petr 1,2.13 – 17; 2,11 ff.; Rçm 12,1 f.; 6,19 – 22; 15,1 – 3; Phil 1,27 – 2,18; einige Einzelverse aus Joh; zuletzt die Vaterunser-Bitte „Geheiligt werde dein Name“) und fîhrt sie jeweils schnell in praktische Direktiven îber. Zu 1Thess 4,3 – 8 schreibt er etwa: „Daß ,Heiligung‘ hier in klarer Unterscheidung zur gottfernen Welt ist, lßt sich leicht sehen. Weltsucht und Weltvergçtzung kçnnen Gott nicht gefallen. Deren vornehmste Gestalten aber sind, daß Mann- oder Frausein zum Selbstgenuß verkommt und daß man sein Leben aus den Dingen in der Welt her zu sichern sucht … Gewiß werden diese Hinweise immer wieder zu Anfragen an das tatschliche Leben derer, die Gott kennen und an ihn glauben. Sie fîhren auch in die Buße“.380 Auch Gînthers Miteinbeziehung und Auslegung von Phil 1,27 – 2,18, wo kein Beleg der Wurzel "c- verwendet wird, verdeutlicht, dass es ihm bei dem Thema der Heiligung v. a. um Nachfolge nach dem Vorbild Christi geht: „Das ist also das Eine, das man an Christus auf seinem Wege wahrnehmen kann, und darauf soll alles ausgerichtet sein, was Christen tun, wenn sie einander begegnen, miteinander umgehen und wirken. Das Evangelium zeigt uns den Weg, den Christus uns zugut gegangen ist, und zeichnet und so vor, welchen Weg wir einschlagen und gehen, wenn wir ihm nachfolgen“.381 Sein Schlussgedanke zur Vaterunser-Bitte ist eine ausdrîckliche Einladung zur Meditation: „Wir halten inne und machen uns klar, daß offenbar unsere Heiligung darin grîndet, daß wir im Gebet zu Gott bitten, daß sein Name bei uns und durch uns geheiligt werde. Heiligt Gott ihn bei uns und durch uns, dann heiligt er auch uns selbst. Dann leben wir, wie Luther erklrt, auch heilig als die Kinder Gottes nach seinem Wort und Namen“.382

378 Die einzigen Ausnahmen sind jeweils ein Verweis auf Luthers Großen Katechismus (vgl. Gînther, „Das ist der Wille Gottes …“, 3, Anm. 5), auf die Grammatik von BD (vgl. ebd., 7, Anm. 13) sowie Lohmeyer, Phil, 90 (vgl. ebd., 12, Anm. 21). 379 Vgl. Gînther, „Das ist der Wille Gottes …“, 1 – 3. 380 Gînther, „Das ist der Wille Gottes …“, 4 f. 381 Gînther, „Das ist der Wille Gottes …“, 12 f. 382 Gînther, „Das ist der Wille Gottes …“, 16.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Whrend Klaiber, Rodenberg und Gînther von besonderem pastoralen Interesse geleitet sind und die Heiligkeitsthematik vor allen Dingen kirchlich verarbeitet sehen wollen, arbeitet Schrage wieder strenger exegetisch. Er hat sich 1989 in einem kurzen Aufsatz Heiligung als Prozeß bei Paulus des Themas angenommen. In ihm knîpft er an Marxsens Interpretation von "ciaslºr nach 1Thess 4,4 als Prozess383 an und versucht, diesen nher zu erlutern. Diesem konkreten Ansatzpunkt gemß erfolgt die Darlegung der „Heiligung als Prozess“ praktisch ausschließlich als Exegese von 1Thess 4,1 – 8 und fîhrt die ethische Ausdeutung von "ciaslºr unvermindert weiter. Schrage diskutiert zunchst kursorisch das Zusammenspiel von Heiligung und Rechtfertigung384, sodann relationale Aspekte der Heiligung (Gott-Mensch; die Heiligen untereinander)385 ; ferner betont er, dass Heiligung/Heiligkeit fîr Paulus, sowie auch schon im AT, deutlich îber den kultischen Rahmen hinausrage und das gesamte „Wie des alltglichen Lebens“386 umspanne.387 Den Prozesscharakter verdeutlicht er anhand einiger Konkretionen von Heiligung nach 1Thess 4,1 – 8.388 Heiligung sei nicht defensiv im abgesteckte Bezirke einzuweisen, sondern habe klar in die „Profanitt“ einzudringen389 und so einen – gewissermaßen (von Schrage nicht so genannten) missionarischen – Beitrag „fîr Gott und sein Werk und so auch fîr die Welt“390 zu leisten. Schrages Schlussgedanke çffnet damit den Kontext des Heiligungsverstndnisses auf die in den auf die Heiligungsparnese folgenden Verse 1Thess 4,9 – 12 und weitet so die Heiligungsthematik auf die Agape-Thematik aus.391 Auch Berger hat sich in den spten 1980er Jahren mit Heiligkeit im NT beschftigt. In seinem 1988 publizierten Aufsatz Jesus als Phariser und frîhe Christen als Phariser arbeitet er eine ganz hnliche Heiligkeitskonzeption in der Jesusîberlieferung heraus wie M. Borg in seiner bereits 1972 geschriebenen und 1984 verçffentlichten – bei Berger aber nicht genannten – Dissertationsschrift Conflict, Holiness and Politics in the 383 384 385 386 387 388 389 390 391

Vgl. Marxsen, Thess, 59. Vgl. Schrage, Heiligung, 223 f. Vgl. Schrage, Heiligung, 224 – 227. Schrage, Heiligung, 228. Zitat aus: Djukanovic´, Heiligkeit 15, ebenfalls zitiert in: Kirchgssner, Erlçsung, 122. Vgl. Schrage, Heiligung, 227 f. Vgl. Schrage, Heiligung, 229 – 233. Vgl. Schrage, Heiligung, 232 f. Schrage, Heiligung, 233; dies als Zitat aus: Stalder, Werk, 206. Vgl. Schrage, Heiligung, 234.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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Teachings of Jesus.392 Bergers Interesse liegt an der frîhchristlichen Einstellung zu Heiligkeit und Reinheit im Vergleich zu derjenigen der Phariser. Im Gegensatz zu derjenigen letzterer habe das frîhe Christentum zu einer Vorstellung vom „offensiver Reinheit/Heiligkeit“ gefunden, „die nicht eine passive Qualitt ist, die es nur zu bewahren gilt, die immer nur beschîtzt werden muß und befleckbar ist“, sondern „die sich von ihrem Trger aus verbreitet, die ,ansteckend‘ ist, die Unreines rein machen kann, die sich ausbreitet und die expansiv ist, damit auch missionarisch und universalistisch“. „Diese Reinheit/Heiligkeit wirkt so, wie frîher Unreinheit wirkte. Die Machtverhltnisse sind jetzt und hier umgekehrt worden“.393 Den ltesten Beleg fîr eine solche „ansteckende“ Heiligkeit/Reinheit findet Berger in der Eheparnese 1Kor 7,14, spter auch in Lk 10,8 f.; EvThom 14; Tit 1,15 und in der gesamten ˜berlieferung von Jesu programmatischem Kontakt mit Unreinen oder potentiell Unreinen wie paradigmatisch Zçllnern, Sîndern und Ehebrecherinnen.394 In diesem Programm gehe es jedoch nicht „um die Aufhebung dieser [sc. der Heiligkeit/Reinheit] Grenzen aus irgendeinem idealistischen oder sozialhumanitren Anliegen heraus, es geht um îberhaupt keine Aufhebung, sondern um die Mçglichkeit fîr Reinheit/ Heiligkeit, jetzt siegreich zu sein“.395 Der Affront zum pharisischen Heiligkeitsverstndnis habe sich nicht in einem von diesen propagierten, den frîhen Christen aber abgelehnten Leistungssystem entzîndet, sondern darin, dass jene „Jesu §ffnung zu den Sîndern und Unreinen hin nicht nachvollziehen“.396 Die Gemeinsamkeiten hingegen lgen u. a. in der Beibehaltung der Themen von Gerechtigkeit und Gebotserfîllung, sowie in dem Konnex dieser Themen zum Auferstehungsglauben, auch in der erstrebten Nhe zu Gott.397 Der wesentliche Aspekt von Heiligkeit fîr Berger ist der der Grenzbestimmung. Nicht so sehr die Bestimmung einzelner inhaltlicher ethischer Forderungen bzw. deren Aufhebung bestimmt das frîhchristliche Heiligkeitsverstndnis398, sondern die Frage danach, wer an der Heiligkeit Gottes Anteil haben kann, und wie: Die Vermittlung erfolgt bei Jesus durch seine Vollmacht selbst sowie durch gemeinsames Essen, 392 393 394 395 396 397 398

Vgl. 1.4. Alle Zitate Berger, Jesus, 240. Vgl. Berger, Jesus, 241 – 246. Berger, Jesus, 247. Berger, Jesus, 250. Vgl. Berger, Jesus, 252 – 254. Vgl. Berger, Jesus, 246 f.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Berîhrung, Freundschaft und Nachfolge vermittelt wird399, whrend das frîhe Christentum unterschiedliche Modelle entwickelt: das handlungsorientierte ethische, das pneumatologische, das der Verschrfung mancher Reinheitsvorschriften (z. B. Vermeidung des Eides nach Mt 5,33 – 37; Heiratsverbot fîr Geschiedene), sowie das sakramentale durch die Taufe vermittelte. Berger bestimmt Heiligkeit somit nicht einseitig ethisch, noch gnzlich losgelçst von ethischen Parametern, auch nicht entlang bestimmter dogmatischer rechtfertigungstheologischer Konzeptionen, sondern synchron fîr das gesamte NT historisch in Folge und allmhlicher Ablçsung von pharisischem Reinheitsdenken. Der (teilweise) entethisierende Gedanke dieses Aufsatzes wird von Berger in seinem spteren Beitrag Von der notwendigen Unterscheidung das Heilige und das Unheilige [sic!] weitergefîhrt; er fllt gerade nicht mehr in die 1980er Jahre, sondern ist 1993 verçffentlicht. Er ist gleichzeitig einer der wenigen wissenschaftlichen Beitrge, die Hanssens Arbeit aufgreifen und dessen ebenfalls entethisierenden Ansatz von Heiligkeit weiterfîhren (Hanssen hatte bei Berger promoviert).400 Auch noch fînf Jahre nach Jesus als Phariser und frîhe Christen als Phariser stellt Berger zeitgençssische Rezeptionsvorbehalte gegenîber der Kategorie des Heiligen fest, die wesentlich in der ethischen ˜berfrachtung des Begriffs, aber auch in der befîrchteten Nhe des Heiligen zu magischer Macht lgen.401 Als Gegenentwurf betont Berger die prsentischeschatologische Qualitt des christlich Heiligen402 und das notwendig exklusive christliche Selbstverstndnis sowie den damit verbundenen missionarischen Auftrag in der Welt.403 1.2.3. Lehramtliche und kirchenamtliche Aussagen Whrend in der Exegese zwischen 1962 bis (vergrçbert gesagt) zur Jahrhundertwende wenig Interesse an der Heiligkeits- bzw. Heiligungsthematik angemeldet wurde, blieb sie im kirchlich-pastoralen Raum durchaus als relevantes Thema bestehen und fîhrte fast notwendigerweise zu Aussagen und Konzepten, die durch die Exegese lngst nicht mehr 399 400 401 402 403

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Berger, Berger, Berger, Berger, Berger,

Jesus, 247. Unterscheidung, Unterscheidung, Unterscheidung, Unterscheidung,

43. 35 – 37. 38 – 46. 49 – 54.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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abgesichert waren. Bevor die jîngsten monographischen exegetischen Arbeiten zum Thema seit Weiss in Augenschein genommen werden (1.3.2.; 1.3.3.), soll daher noch kurz die konfessionell differenzierte Beschftigung mit der Heiligkeits-/Heiligungsthematik in kirchlichen Texten der Zwischenzeit ohne exegetischen Schwerpunkt vorgestellt werden. 1.2.3.1. In rçmisch-katholischen Texten Offizielle Texte der rçmisch-katholischen Kirche positionieren Heiligung und Heiligkeit bei weitem am deutlichsten in den liturgisch-sakramentalen und damit auch in den ekklesiologischen Kontext. Wir konzentrieren uns auf deren autoritativste Quellen: den CIC, den KKK und die Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils404 : „Mit Recht gilt also die Liturgie als Vollzug des priesterlichen Amtes Jesu Christi; in ihr wird durch sinnenfllige Zeichen die Heiligung des Menschen bezeichnet und in je eigener Weise bewirkt und vom mystischen Leib Jesu Christi, nmlich dem Haupt und seinen Gliedern, der gesamte çffentliche Kult vollzogen. Infolgedessen ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzîglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit keine andere Handlung der Kirche durch dieselbe Bedeutung und denselben Rang gleichkommt“.405 Die Sakramente werden allgemein als Mittel der Heiligung der Menschen im Eingangskanon zum Abschnitt îber die Sakramente beschrieben: „Die Sakramente des Neuen Bundes sind von Christus dem Herrn eingesetzt und der Kirche anvertraut; als Handlungen Christi und der Kirche sind sie Zeichen und Mittel, durch die der Glaube ausgedrîckt und bestrkt, Gott Verehrung erwiesen und die Heiligung der Menschen bewirkt wird; so tragen sie in sehr hohem Maße dazu bei, daß die kirchliche Gemeinschaft herbeigefîhrt, gestrkt und dargestellt wird …“.406 Eine Ausweitung des Wertes der Sakramente auf die Heilige Schrift speziell (aber nicht nur) zur Heiligung der Priester ergeht im Dekret PO. Hier wird hierfîr herausragend „jene ˜bung“ empfohlen, „durch die die Glubigen vom zweifachen Tisch, der Heiligen Schrift und der Eucharistie, mit dem Wort Gottes genhrt werden“.407 Als Einzelbeispiel fîr sakramentale Heiligung sei noch ein Text zum Sakrament der Krankensalbung zitiert: „Bei der Feier der Krankensalbung tritt die Kirche in der Gemeinschaft der Heiligen fîr den Kranken ein. Der Kranke hingegen trgt durch die Gnade des Sakramentes zur Heiligung 404 Der lesenswerte und hçchst lesbare Aufsatz Gilleys Holiness in the Roman Catholic Tradition beschftigt sich hingegen speziell – und ausschließlich – mit der Tradition der Heiligsprechungen herausragender Glubiger durch die Katholische Kirche und den damit verbundenen Kanonisationsprozessen und -praktiken. 405 SC 7 = KKK 1070; vgl. c. 834 § 1, CIC. 406 c. 840, CIC. 407 PO 18.

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1. Zur Forschungsgeschichte

der Kirche und zum Wohl aller Menschen bei, fîr die die Kirche leidet und sich durch Christus Gott dem Vater darbringt“.408 Ein passiveres Verstndnis von Heiligung der Kirche als durch den Sakramentenempfang des Schwerkranken ist kaum denkbar! Gleichzeitig ist hier bereits ein weiterer wichtiger Heiligungsaspekt der katholischen Kirche zu erkennen: der ekklesiologische. Eine Reihe konziliarer Texte zitierend schreibt der KKK: „Die Kirche wird durch Christus geheiligt, weil sie mit ihm vereint ist; durch ihn und in ihm wirkt sie auch heiligend. Die ,Heiligung der Menschen in Christus und die Verherrlichung Gottes‘ sind es, ,auf die alle anderen Werke der Kirche als auf ihr Ziel hinstreben‘ (SC 10). In der Kirche ist ,die ganze Fîlle der Heilsmittel‘ (UR 3) vorhanden. In ihr ,erlangen wir mit der Gnade Gottes die Heiligkeit‘ (LG 48)“.409 Der Heiligungsgedanke durch die Kirche wird auch in LG 8 – dem wohl am hufigsten zitierten und am intensivsten diskutierten Abschnitt der gesamten Konstitution – ausgedrîckt: „[D]ie einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen … [,] ist verwirklicht in der katholischen Kirche … Dies schließt nicht aus, daß außerhalb ihres Gefîges vielfltige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrngen“.410 Eine ethische Komponente der Heiligung wird neben der sakramentalen und ekklesiologischen insgesamt zurîckhaltend angesprochen, so etwa: „Die menschliche Arbeit ist das unmittelbare Werk der nach dem Bilde Gottes geschaffenen Menschen … Die Arbeit kann ein Mittel der Heiligung sein und die irdische Wirklichkeit mit dem Geiste Christi durchdringen“.411 Selbst kirchenrechtlich gilt als eine der Pflichten aller Glubigen, „je nach ihrer eigenen Stellung ihre Krfte ein[zu]setzen, ein heiliges Leben zu fîhren sowie das Wachstum der Kirche und ihre stndige Heiligung zu fçrdern“.412

1.2.3.2. Im Evangelischen Erwachsenenkatechismus der VELKD Im Evangelischen Erwachsenenkatechismus der VELKD nimmt die Beschftigung mit Heiligkeit/Heiligung einen viel geringeren Stellenwert ein als in offiziellen katholischen Texten. In der Erstausgabe von 1975 wird das Heiligungsverstndnis als Sekundrkategorie nach der Rechtfertigung sowie im ethischen Sinne voll ausgefîhrt413, obschon man sich gleichzeitig mîht, einem Heiligungsverstndnis als Eigenleistung zu wehren: 408 409 410 411 412 413

KKK 1522. KKK 824 (originale Kursivsetzung). LG 8, ausschnittweise zitiert in KKK 819, 870. KKK 2427. c. 210, CIC. Abgesehen von einem historischen Beleg, vgl. EEK/1975, 430.

1.2. 1963 – 2002: Jahre exegetischen Schweigens und ihre Folgen

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„Der Heilige Geist schenkt und fordert die Hingabe des ganzen Menschen an Gott, die Heiligung“.414 Zur Auswirkung der Rechtfertigung auf das praktische Leben schreibt der EEK: „Wer [von Gott] angenommen ist, kann in Freiheit und schçpferisch handeln. Der Geist Gottes, der in ihm wirkt, macht ihn reif zur ˜bernahme eigener Verantwortung. Diesen Reifungsprozeß nennt die Theologie Heiligung. Hier liegt ein wesentlicher Ansatz christlicher Ethik“.415 Ebenso wird innerhalb einer „Betrachtung îber die Rechtfertigung“ unter der Oberîberschrift „Was haben wir an Jesus?“416 und der Unterîberschrift „Jesus erschließt eine neue Einstellung“417 eingesetzt mit den Worten: „Im herkçmmlichen christlichen Sprachgebrauch begegnet in diesem Zusammenhang das Wort ,Heiligung‘. Heilig ist, was Gott zugehçrt. Heiligung muss sich in einer neuen Einstellung auswirken … [Niemand sollte es sich einfallen lassen,] die Heiligung als etwas von uns selbst zu Vollbringendes neben das Werk Christi zu stellen. Heiligung ist praktizierte Rechtfertigung“418, woraufhin Aspekte dieses „verwandelten“ Lebens beschrieben werden.419

In Sachregister der îberarbeiteten Ausgabe des EEK von 2000 finden sich noch weniger Belegstellen fîr Heiligung als in dem von 1975. Das ethisch ausgerichtete Heiligungsverstndnis wird auch hier unverndert weitergetragen: „Aus der Gewissheit des Glaubens erwchst der ,neue Mensch‘, der auf letzte, ewige Gemeinschaft mit Gott angelegt ist. Diese letztlich erfîllende Gemeinschaft ist uns îber dieses Leben hinaus verheißen. Sie beginnt aber im irdisch-leiblichen Leben, und zwar als ein Prozess der Reifung im Glauben und in der Liebe (,Heiligung‘)“.420 Ein kurzer Passus als Einleitung zum Verhltnis von Ethik zur Rechtfertigung impliziert Heiligung als „Dienst fîr den Nchsten“: „Deshalb soll hier in der Nachfolge reformatischer Theologie entfaltet werden, dass – in den klassischen Termini gesprochen – Rechtfertigung und Heiligung eine gemeinsame Struktur haben, oder, um es anders zu sagen: dass die Konstitution des Personseins in der Erfahrung der Freiheit und die Konstitution Gemeinschaft als Ermçglichung des Dienstes fîr den Nchsten parallel konstruiert sind“.421 Das Nebeneinander von Heiligung als Forderung und gleichzeitig als Geschenk geht auch deutlich aus dem einzigen hier relevanten Text hervor, der unverndert von 1975 bis 2000 îbernommen worden ist: „Der Geist begnîgt sich nicht mit einem ,religiçsen Sektor‘ im Menschen, er will den 414 415 416 417 418 419 420 421

EEK/1975, 408. EEK/1975, 442 (originale Kursivsetzung). EEK/1975, 446. EEK/1975, 452. EEK/1975, 452 (originale Kursivsetzungen). Vgl. EEK/1975, 452 f. EEK/2000, 155. EEK/2000, 270 f.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Menschen ganz ergreifen und sein Leben verwandeln. Das Neue Testament und die christliche Theologie sprechen hier von ,Heiligung‘. Das ist ein lebendiger dynamischer Vorgang, in dem alle unsere Krfte und unser Wille herausgefordert sind und in dem doch die wirkliche Wandlung, die ønderung eingefahrener Denk- und Verhaltensweisen, als Geschenk erfahren wird“.422

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003 Wie gezeigt worden ist, wurde seit den 1980er Jahren von pastoraler Seite aus die Beschftigung mit der Heiligkeitsthematik wieder strker in den Blick genommen, doch konnte zu dieser Zeit praktisch auf keine aktuellen exegetischen Grundlagen zurîckgegriffen werden. Auch die sakramental-ekklesiologische Ausdeutung von Heiligung auf katholischer Seite, noch die ethische auf lutherischer war exegetisch profunde abgesichert. Dennoch dauerte es bis nach der Jahrtausendwende, bis sich Exegeten des Themas wieder detaillierter annahmen. 1.3.1. Wolfgang Weiss (2003): Ein neuer Versuch der Entethisierung von Heiligung Mit Weiss’ Aufsatz „Heilig“ in ethischen Kontexten neutestamentlicher Schriften liegt erstmals eine Untersuchung zum Thema vor, die einen speziellen Akzent auf die Chronologie der paulinischen Briefe legt. Weiss betrachtet den Gebrauch von ûcior jtk. in 1Thess als eigene Grçße, sodann untersucht er ihn in anderen paulinischen Briefen (vornehmlich in 1Kor) und schließlich in den Schriften der zweiten und dritten christlichen Generation. Obwohl er sich bereits qua Titel auf „Heilig“ in ethischen Kontexten bezieht, wendet er sich, ohne detailliert in die Exegese von 1Thess 4,1 – 8 einzusteigen, von einer ethischen Vereinnahmung von "ciaslºr ab: „Der "ciaslºr in 4,3 dîrfte tatschlich einen Modus meinen, durch den die Glaubenden zur Heiligkeit gefîhrt werden, die Heiligung. Die Heiligung ist darin eine passive, den Glaubenden von außen her zukommende Bestimmung. In dieser Weise formuliert ,dies ist der Wille Gottes‘ (4,3) nicht eine Forderung an die Glaubenden, sondern die von Gott gesetzte Ausrichtung ihres Seins“.423 In 4,4 bleibt fîr Weiss 422 EEK/1975, 904 = EEK/2000, 503. 423 Weiss, „Heilig“, 47 (eigene Kursivsetzung).

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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jedoch die aktive, ethische Bedeutung von "ciaslºr erhalten.424 Die Gegenîberstellung in 4,7 verdeutliche, dass Paulus seine Parnese „nicht einfachhin als menschliche, an der allgemein ethischen Norm motivierte Weisung dar[stellt], sondern als eine in der gçttlichen Bestimmung zur Heiligung gegrîndete und eschatologisch im Gerichtshorizont motivierte Anordnung“.425 In den weiteren Paulusbriefen werde die Gerichtsparnese weitergetragen426, nicht aber mehr mit dem Konzept von Heiligung/ Heiligkeit verbunden (vgl. etwa Gal 5,24 f.). Stattdessen gewnnen vorpaulinische Taufterminologie (1Kor 6,11) oder der Verweis auf das Erwhlungshandeln Gottes gegenîber den Korinthern (1Kor 1,30) Begrîndungswert fîr die Eingliederung in das Sein in Christus bzw. den Leib Christi.427 Analog hierzu sei die Anrede „Geheiligte in Christus Jesus“ sowie „berufene Heilige“ in 1Kor 1,2 zu sehen: „Unstreitig“ Vorgaben des „klassischen Judentums“428 aufgreifend, bildeten die Heiligen „nicht einfachhin aufgrund ihrer Zugehçrigkeit zu Gott die Gemeinde Gottes. Das christliche Interpretament besteht in der Anbindung an das Berufungsgeschehen“.429 Gleichzeitig entstehe eine zeitliche Diffenzierung des Konzeptes: Whrend in 1Thess die „Berufung in die Heiligung“ primr „auf das Erreichen vollkommener Heiligkeit vor Gott hin“430 erfolge, gelte Heiligkeit in 1Kor als „in Christus be- und gegrîndet“.431 Fîr beide Briefe gelte, dass Heiligung „zuerst Indikativ, nur mittelbar Imperativ“432 sei. Schließlich fîhrt Weiss noch kursorisch aus, dass in der zweiten und dritten frîhchristlichen Generation Heiligung und Heiligkeit mehr und mehr als Topos erscheine, „der eine gegenwrtig real zu erfîllende ethische Anforderung intendiert“.433 Whrend Eph und Kol im wesentlichen dem paulinischen Grundentwurf folgten, îbernhmen 1Petr und Hebr kultische Bedeutung aus dem „klassischen Judentum“434 und nhmen ihn parnetisch in Dienst.435 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434

Vgl. Weiss, „Heilig“, 47 f. Weiss, „Heilig“, 49. Vgl. Weiss, „Heilig“, 51. Vgl. Weiss, „Heilig“, 51 – 53. Weiss, „Heilig“, 59. Weiss, „Heilig“, 59 f. (originale Kursivsetzung). Weiss, „Heilig“, 53. Weiss, „Heilig“, 53. Weiss, „Heilig“, 61. Weiss, „Heilig“, 62. Weiss, „Heilig“, 63.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Weiss’ kurzer Aufsatz ist fîr die Exegese von 1Thess 4,3 – 8 aus mehreren Grînden von hohem Wert: Zum einen markiert er gegenîber den Aufstzen von Klaiber bis Berger nach wiederum zehn Jahren exegetischen Schweigens den Beginn eines neu erwachten Interesses an der Heiligungsthematik. Dieses prsentiert er verbunden mit den zwischenzeitlich erreichten methodischen Fortschritten der Paulusexegese, namentlich durch Berîcksichtigung der Chronologie paulinischen Schrifttums. Inhaltlich fîhrt er die Anstze Hanssens und Bergers weiter, Heiligung aus der ethischen Prokkupation und der der Dominanz der Rechtfertigungslehre, wie sie die Diskussion seit Gaugler/1925 fîr beinahe 80 Jahre zunchst bestimmt und dann zum Erliegen gebracht hatte, wieder herauszufîhren. Soweit ich sehe erstmals îberhaupt (!) schließt Weiss konkret auch 1Thess 4,3 – 8 – bei Hanssen weiterhin ethisch bestimmt – in diesen Ansatz ausdrîcklich mit ein. Die seit Stalder ersten grçßeren exegetischen Arbeiten zur Heiligungsthematik bei Paulus liegen – nur wenige Jahre nach Weiss’ Aufsatz – mit den (îberarbeiteten) Habilitationsschriften von Stettler und Vahrenhorst vor, die beide unabhngig voneinander im selben Jahr (2006) an der Universitt Tîbingen bzw. der Kirchlichen Hochschule Wuppertal eingereicht wurden.436 1.3.2. Hanna Stettler (2006): Nochmals: Einordnung in Paulus’ Gesamttheologie Stettlers Habilitationsschrift Heiligung bei Paulus ist von einer beachtlichen Ausdehnung des paulinischen Begriffs von Heiligung geprgt, und zwar sowohl hinsichtlich des lexikalischen und semantischen Materials als auch hinsichtlich des zur Analyse herangezogenen Textumfangs.437 Beide Ausweitungen nimmt Stettler begrîndet vor: Der Begriff von Heiligung sei von den Einzelwçrtern heilig, heiligen, Heiligung, Heiligkeit deutlich zu unterscheiden, denn fîr die Thematisierung eines Begriffes im Gegensatz zu der eines einzelnen Wortes sei das semantische 435 Vgl. Weiss, „Heilig“, 62 – 64. 436 Leider ist in diesen beiden Arbeiten Weiss’ Aufsatz mit seinem inhaltlichen Akzent nicht berîcksichtigt. Das beinahe gleichzeitige Aufgreifen des Heiligungs-/Heiligkeitsthemas von drei Seiten unabhngig voneinander belegt allerdings umso deutlicher das wiedererwachte Interesse an der gesamten Thematik. 437 Die Arbeit ist noch nicht verlegt. Frau PD Dr. Stettler hat mir dankenswerterweise ein Exemplar ihres Manuskriptes zu Verfîgung gestellt.

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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Umfeld mitzuberîcksichtigen.438 Zum anderen seien auch die in ihrer Echtheit umstrittenen Briefe 2Thess, Eph und Kol mit in die ˜berlegungen einzubeziehen, da an ihnen die „unmittelbare Wirkung der paulinischen Theologie und deren erste Auslegung“439 ersichtlich werde440 ; ebenfalls sei auch die Tradition mit in Augenschein zu nehmen, auf die sich Paulus in seinen Schreiben immer wieder beziehe, d. h. die traditionellen Heiligungsvorstellungen des AT, des Frîhjudentums, der Jesustradition und der Urgemeinde.441 Diese Vorentscheidungen bezîglich des Umfanges des zu untersuchenden Textbestandes bestimmen die Struktur von Stettlers gesamter Arbeit: Nach einem forschungsgeschichtlichen Einleitungsteil442 werden – als Hauptteil der Arbeit – chronologisch geordnet die paulinischen Briefe (einschl. 2Thess, Kol und Eph) diskutiert und zwar jeweils getrennt nach Aussagen zur Heiligung unter Verwendung von Heiligkeitsterminologie und ohne Verwendung zur Heiligkeitsterminologie.443 Kurze Zusammenfassungen beschließen die jeweiligen Kapitel und sind wiederum identisch gegliedert nach Subjekt, Objekt, Inhalt, Mittel und Motivation der Heiligung. Die Kapitel zu 1Kor und Rçm enthalten zustzlich je einen kurzen Abschnitt îber Rechtfertigung und Heiligung.444 Die drei genannten Traditionskreise im Hintergrund der paulinischen Theologie werden in jeweils einem „Gesamtexkurs“ besprochen, nehmen insgesamt aber beinahe die Hlfte des Umfanges der Exegesen zum Corpus Paulinum ein.445 Das „Ergebnis“ der Gesamtarbeit ist nach demselben Muster strukturiert wie die Zwischenzusammenfassungen der Einzelkapitel, d. h. nach Subjekt, Objekt, Inhalt, Mittel und Motivation der Heiligung, zuzîglich einem kurzen Abschnitt zu Rechtfertigung und Heiligung.446

438 Vgl. Stettler, Heiligung, 30 mit Verweis auf Barr’s Kritik an den Einzelwortstudien des ThWNT, vgl. Barr, Bibelexegese, 207 – 261 (vgl. Stettler, Heiligung, 30, Anm. 1). 439 Stettler, Heiligung, 30. 440 Stettler geht fîr 2Thess und Kol von der paulinischen Verfasserschaft aus (vgl. Stettler, Heiligung, 61.264.) und hlt die Verfasserfrage fîr Eph offen (vgl. ebd., 283 f.). 441 Vgl. Stettler, Heiligung, 30 f. 442 Vgl. Stettler, Heiligung, 1 – 29. 443 Lediglich im Kapitel zu Eph ist hier nicht differenziert (vgl. Stettler, Heiligung, 284 – 318). 444 Stettler, Heiligung, 147 f.245. Dass ein solches Unterkapitel nicht auch zu Gal ausgearbeitet ist, verwundert etwas. 445 Die paulinischen (und deuteropaulinischen) Schriften bespricht Stettler in Heiligung, 30 – 322; die drei Traditionskreise in ebd., 323 – 447. 446 Vgl. Stettler, Heiligung, 448 – 492.

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1. Zur Forschungsgeschichte

Wenn wir uns auf den paulinischen Abschnitt der gesamten Arbeit beschrnken, nehmen den Hauptumfang der Arbeit gleichsam Kommentierungen zu den Einzelwçrtern, Syntagmata, Versen oder Versabschnitten ein, die Stettler, gemß ihrem Interesse an dem gesamten Umfeld dessen, das sie zum paulinischen Heiligungsbegriff zuzhlt (eben betreffs Subjekt, Objekt, Inhalt, Mittel und Motivation der Heiligung, zudem noch innerhalb des gesamten historischen Traditionsmaterials), fîr relevant hlt. Hierfîr seien nur zwei Beispiele genannt: Fîr 1Thess werden 3,12 f.; 4,1 – 12; 5,23 f. als die paulinischen Aussagen zur Heiligung unter Einbeziehung von Heiligkeitsterminologie besprochen. Fîr solche Aussagen ohne Einbeziehung von Heiligkeitsterminologie bespricht Stettler sodann: Bezeichnungen der Gemeinde als 1jjkgs¸a (1,4; vgl. 2,14) und „von Gott Geliebte“ (1,4) sowie die Rede von der 1jkoc¶ der Gemeinde (1,4); alles, was Paulus îber das („geheiligte“) Leben der Gemeinde schreibt: die Nachahmung Christi und Paulus’ (1,6), die Rede von Paulus’ Vorbildfunktion in Thessalonich (2,9 f.), die Mahnungen zum tadellosen und gottgeflligen Wandel (2,12; 4,1 f.) und die Notwendigkeit fîr fortgesetzte Mahnungen auch durch andere Gemeindeglieder (5,11 – 15); den ttigen Glaubensdienst in der Nchstenliebe (1,3; 3,6; 5,8), die andauernde Wirksamkeit des Heiligen Geistes (1,5 f.; 2,13), die Unterrichtung direkt von Gott (4,9), Paulus eigenen Wiedersehenswunsch zur Vervollstndigung des Glaubens (3,10), den Gebetswunsch (3,12 f.); die Motivation fîr Heiligung lge in der bevorstehenden, aber nicht genau vorhersagbaren Wiederkunft des Herrn (4,13 – 18), und im bereits erfolgten Erwerb des Heils (5,9) durch den Sîhnetod Christi (5,10), was zum Leben als „Kinder des Lichts“ (5,4 f.) und in Wachsamkeit (5,2) aufrufe; auch hinter 5,16 – 22, wo den Thessalonichern Gebet und Danksagung sowie ein rechter Gebrauch von Geistesgaben, insbesondere der Prophetie, ans Herz gelegt werde, stnde „das Verstndnis der Gemeinde als heiliges Volk, welches Gott (statt Tieropfern) Gebet und Lobpreis darbringt“.447 In Gal, wo bekanntlich kein Beleg der ûcior-Gruppe vorkommt, erkennt Stettler dennoch in den paulinischen Mahnungen, „im Geist zu wandeln …(3,2 – 5; 5,1 ff.)“448, „heiligendes“ Wirken des Geistes und damit Aussagen zur Heiligung.449 Die Zugehçrigkeit der Galater zum „heiligen Gottesvolk“ sei wiederum in der Anrede als 1jjkgs¸ai (1,2) erkennbar, noch deutlicher in 1,13 durch die Spezifizierung 1jjkgs¸a toO heoO. Weiterhin bespricht Stettler die „nur durch Glauben an Jesus und die Taufe an ihn“ erlangte Eingliederung in das heilige Volk (3,27 – 29; nach 4,5 die „Kindschaft“), die Gabe des Geistes (4,6), die Befreiung der Gemeinden aus der gegenwrtigen Welt (1,4; vgl. 2,19 f.); alles, was auf das „geheiligte Leben 447 Stettler, Heiligung, 57. 448 Stettler, Heiligung, 72. 449 Vgl. Stettler, Heiligung, 71 f.

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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der Gemeinde“ hinweise: das Leben aus Glaube und aus Liebe (5,6), die Befhigung zum gehorsamen Leben durch den Geist (3,1 ff.). Der parnetische Abschnitt 5,13 – 26, in dem „die praktischen Implikationen des Wandels in der Freiheit des Geistes“450 dargelegt seien, wird – mit der einzigen Auslassung von V.15 – in Einzelversinterpretationen durchgegangen.451

Aufgrund des sehr weitrumigen Textmaterials sowie aufgrund der beinahe enzyklopdischen Anordnung der Exegesen zu einzelnen Wçrtern oder Versen gert die Arbeit beinahe zu einem „Auswahlkommentar“ des Corpus Paulinum. Entsprechend umfnglich fllt auch die Zusammenfassung der gesamten Arbeit aus: Als Subjekt fîr passive Heiligung werde immer wieder Gott, Christus und der Geist angesprochen: Gott erfîlle durch Gabe des Geistes die ezechielische Verheißung (vgl. 1Thess 4,8 mit Ez 36,27 und 37,14; auch 2Thess 2,13) und sende den Sohn als Sîhnopfer (vgl. 1Kor 1,30). Christus heilige und rechtfertige „Christus als (messianische) Personifikation der Weisheit Gottes“ die Gemeinde durch seinen Sîhntod (vgl. 1Kor 1,30; 6,11). Auch durch den Geist geschehe Heiligung (1Kor 6,11; 2Thess 2,13). Subjekt fîr aktive Heiligung sei der glubige Mensch selbst mit seinem Leben in Heiligkeit; denn Heiligung sei gleichzeitig Gabe und Aufgabe.452 Objekt der Heiligung seien die Christusglubigen, die als 1jjkgs¸a und ûcioi als Fortsetzung der Sammlung des endzeitlichen Gottesvolkes verstanden werden.453 Paulus mahne innerhalb seiner Heidenmission nur die ethische, nie die kultische Reinheit an. Speise-, Festtags- und Sabbatgeboten sowie der Beschneidung spreche er bleibende Gîltigkeit explizit ab, gehe auch auf kultische Toraverstçße nie ein, im Zentrum seines Toraverstndnisses bleibe hingegen – in Kontinuitt zum AT, der frîhjîdischen und der Jesustradition – das Liebesgebot.454 Die Mittel der Heiligung lgen fîr Paulus zentral in Jesu Sîhntod, in der Taufe, in der die einzelnen Christen Anteil an Jesu Tod gewnnen455, sowie parallel zur Taufe in der Ausgießung des Heiligen Geistes.456 Parallel hierzu sei aber auch der Gehorsam gegenîber der apostolischen Mahnungen, die Erneuerung des Verstandes und der Erkenntnis zu sehen. „Zur aktiven Heiligung kommt es also durch das Zusammenwirken zwischen dem ußeren Wort der christlichen Paraklese und der inneren Wirksamkeit des Geistes; zu diesem muss die willentliche Zustimmung des Menschen treten“.457 Weitere Mittel zur Heiligung seien Gemeinschaft mit Jesus, Fîrbitte, Gemeindeaufbau, Nachahmung Christi und Pauli, Umkehr 450 451 452 453 454 455 456 457

Stettler, Heiligung, 76. Vgl. Stettler, Heiligung, 76 – 87. Vgl. Stettler, Heiligung, 454. Vgl. Stettler, Heiligung, 463. Vgl. Stettler, Heiligung, 472 – 475. Vgl. Stettler, Heiligung, 479 f. Vgl. Stettler, Heiligung, 480 – 482. Stettler, Heiligung, 484.

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1. Zur Forschungsgeschichte

und Vergebung, bis hin zu Kirchenzucht bis zur (vorîbergehenden) Exkommunikation reichend.458 Die Hauptmotivation fîr die „Heiligungsforderung“ bei Paulus sei der Status, bzw. die Identitt der Christen als Berufene, Heilige und Geliebte, die Gerichts- und Lohnerwartung beim Endgericht sowie die Verherrlichung Gottes.459

Damit ist die Strke der Arbeit gleichzeitig eines ihrer Grundprobleme: Stettlers erklrtes Vorhaben ist es, sich nicht auf eine Einzelwortuntersuchung zu beschrnken, sondern das semantische Umfeld mitzuberîcksichtigen. Dadurch beschftigt sie sich mit einem ußerst breiten Textbestand und kann damit auch ihre Eingangsbeobachtung besttigt sehen, die Heiligungsthematik fnde sich bei Paulus wesentlich ausgeprgter als die der Rechtfertigung.460 Gleichzeitig ordnet sie dadurch aber beinahe alles dem Thema Heiligung zu, was der Thematisierung des „christlichen Lebens“ îberhaupt zugeordnet werden kann (z. B. zur Ekklesiologie: Abgrenzung zu nicht-christusglubigen Juden und Heiden; Kontinuitt und Diskontinuitt zum apokalyptischen Heiligkeitsverstndnis und dem der Qumran-Gemeinde; Verhltnis vom einzelnen Glubigen zur Gesamtgemeinde; Gemeindemetaphern wie Tempel, der Leib Christi etc.461). Die Grundfrage, vor der Stettlers Arbeit steht, ist damit dieselbe wie die der lteren Exegese: Wie ist Heiligung in den Rahmen der Gesamttheologie des Paulus einzuordnen? Nur ist ihre Antwort ein direktes Gegenbild zu den lteren Anstzen: Whrend dort der (aufgrund des lexikalischen Bestandes) als klein empfundene Baustein „Heiligung“ sorgsam in den Rahmen anderer „Traktate“ der paulinischen Theologie eingeordnet wurde, werden bei Stettler die vielen „anderen Traktate“ unter den jetzt sehr großflchig ausgedehnten Begriff (statt dem Wort) „Heiligung“ subsummiert. Stettlers Arbeit ist somit beinahe zu einem spiegelbildlichen Entwurf zu demjenigen Stalders verstehbar: Whrend dieser Heiligung den weiteren theologischen Themen zuordnete, ordnet jene die theologischen Themen der Heiligung zu. Eine weitere øhnlichkeit zu den lteren Anstzen liegt darin, dass die Heiligungsvorstellungen in den einzelnen Briefen trotz der ußerlich chronologischen Anordnung des Corpus Paulinum kaum spezifisch profiliert herausgearbeitet werden: Die Chronologie der Paulus-Briefe bleibt øußerlichkeit. Ein tatschlicher Unterschied bzw. auch Fortschritt 458 459 460 461

Vgl. Stettler, Heiligung, 485 – 488. Vgl. Stettler, Heiligung, 488 – 492. Stettler, Heiligung, 3. Vgl. Stettler, Heiligung, 461 – 470.

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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gegenîber den lteren Arbeiten ist allerdings, dass die Rechtfertigungslehre bei Paulus keine so dominante Rolle mehr einnimmt, ebenso entfllt die Sonderrolle der paulinischen „Hauptbriefe“ lterer Sichtweise gegenîber den kleineren Briefen und inbesondere auch die des Przedenzabschnittes Rçm 7 f. Die Grundfrage im Anschluss an Stettlers Arbeit lautet m. E.: Ist dies alles Heiligung? An diese Frage anknîpfend ist es sicherlich dienlich, sich trotz Stettlers grundstzlich berechtigter Abwendung von Einzelwortstudien doch wieder auf Vorkommen und unmittelbarere Kontexte nomineller Nennungen von Wçrtern der ûcior-Gruppe und einen engeren Textbestand zu konzentrieren. 1.3.3. Martin Vahrenhorst (2008): Einordnung in den kulturgeschichtlichen Kontext Die ebenfalls 2006 in Wuppertal eingereichte und 2008 in Buchform unter dem Titel Kultische Sprache in den Paulusbriefen erschienene Arbeit M. Vahrenhorsts untersucht diese vor dem religionsgeschichtlichen Hintergrund jîdischer sowie nichtjîdischer Kontexte.462 In drei Hauptabschnitten schreitet er die Verwendung kultischer Sprache zunchst im AT und frîhjîdischer Literatur, dann im pagan-hellenistischen Umfeld (die Datierung seiner Quellen fîhren ihn auch leicht îber den Hellenismus hinaus, vgl. sofort), und schließlich bei Paulus ab. Fîr die biblische (atl.) Zeit bestimmt Vahrenhorst den Tempel, das zentrale Heiligtum, als Brennpunkt der Heiligkeitstheologie Israels: „Es [sc. das Heiligtum] ist der Ort, an dem Gott, der Heilige (b ûcior) in Israels Mitte erscheint (Lev 9,4.6; 16,2 u. ç.) und heilvoll gegenwrtig ist“.463 Von diesem Zentrum aus gesehen ermittelt sich ein kultisches Heiligkeitsverstndnis: „Als Ort, der in besonderer Weise Gottes Eigentum ist, unterscheidet sich das Heiligtum (ûciom) von anderen – profanen – Orten. An diesen spielt sich das profane Leben ab. Im Heiligtum aber gelten besondere Regeln, îber deren Einhaltung eine besondere Gruppe von Israeliten zu wachen hat, die Priester. Ihre Aufgabe ist es ,zu unterscheiden zwischen den heiligen und den profanen Dingen sowie zwischen den reinen und unreinen Dingen‘ (Lev 10,10). Sie haben ferner 462 Ich danke Herrn PD Dr. Vahrenhorst sehr herzlich fîr die Zur-VerfîgungStellung des Manuskriptes seiner Arbeit bereits zwei Jahre vor Verçffentlichung. 463 Vahrenhorst, Sprache, 25.

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1. Zur Forschungsgeschichte

das Volk fîr diese Unterscheidung zu sensibilisieren (Lev 15,31)“.464 Wer im Stand der Unreinheit ist, ist zum Kult, d. h. zur Begegnung mit dem Heiligen nicht fhig. Die Quellen der Unreinheit betreffen vorwiegend Vorgnge oder Handlungen im Kontext mit den Grenzen menschlichen Lebens, d. h. insbesondere Kontakt mit Toten, Geschlechtsverkehr, Menstruation der Frau, Samenerguss des Mannes, Geburt, sowie auch bestimmte Erkrankungen, nmlich Aussatz und dauerhafte genitale Ausflîsse.465 Diese Lebensbereiche sind nicht als ethisch verwerflich qualifiziert und nicht verbietbar, mîssen daher auch nicht gesîhnt werden. Reinigung zur Wiederherstellung der Kultfhigkeit erfolgt stattdessen durch Waschungen und das Abwarten von Zeit. Anders steht es mit ethisch qualifizierter Unreinheit, wie sie v. a. im sog. Heiligkeitsgesetz Lev 17 – 26 beschrieben wird. Die dort verlangte Heiligkeit ist nicht nur eine Forderung an Priester (bzw. auch Nasirer), sondern schließt ganz Israel ein. Ebenso ist sie keine speziell fîr die Kultteilnahme relevante Kategorie, sondern realisiert sich im gesamten Leben des Volkes. Sie stellt damit eine spezifische Absonderung von Israel gegenîber Fremdvçlkern dar: „Abgesehen vom Blutvergießen haben nmlich vor allem solche Praktiken verunreinigenden Charakter, die man in der Erinnerung mit den nichtjîdischen Bewohnern des Landes Israel in Zusammenhang bringt (illegitime Sexualbeziehungen und Gçtzendienst)“.466 Die auf diese Weise beschriebene Unreinheit ist nicht etwas, das sich durch natîrlichen Lebensvollzug ereignet hat, sondern negativ als Abscheuliches zu verwerfen (Lev 18,22). Reinigung erfolgt daher auch nicht durch Abwarten oder Waschungen, sondern durch Strafe, Sîhne oder im Extremfall Exil.467 In hellenistisch-rçmischer Zeit wirken diese zwei zu unterscheidenden Heiligkeitskonzepte weiter und werden von unterschiedlichen Denkstrçmungen auf unterschiedliche Weise weitergefîhrt. In Qumran etwa werden die Heiligkeitsbestimmungen deutlich verschrft ausgeweitet im Selbstverstndnis, „in stndigem Kontakt mit dem heiligen Gott und seiner himmlischen Welt [zu] leben“468, zentral bleibt auch hier die Vorstellung der Gemeinschaft, nachdem der Jerusalemer Tempel durch falsche Opfer- und Reinheitspraktiken als verunreinigt betrachtet wurde, 464 465 466 467 468

Vahrenhorst, Sprache, 28 f. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 29 – 32. Vahrenhorst, Sprache, 70. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 32 – 35. Vahrenhorst, Sprache, 71.

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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selbst als Tempelersatz zu fungieren.469 In nicht auf hebrisch îberlieferten jîdischen Schriften aus hellenistisch-rçmischer Zeit (Vahrenhorst bespricht Jub, LibAnt, TextXII, JosAs, 1Hen, 1/2Makk, PsSal) werden rituelle Reinheitsgebote relativ selten thematisiert, aber vorausgesetzt; strker betont wird die verunreinigende Kraft von Sînde, allen voran Gçtzendienst und Ausîbung illegitimer Sexualitt.470 Strker der philosophischen Gedankenwelt des Hellenismus verpflichtet sind hingegen der Aristeasbrief und Philo, nach denen die kultische und ethische Reinheit der Reinheit der Seele, des Verstandes und des Gewissens dient.471 Die tannaitischen Texte nach der Tempelzerstçrung 70 n. Chr. diskutieren und systematisieren das aus der Tora bekannte Material zu Heiligkeit und kultischer Reinheit, zum einen um fîr die erhoffte Wiedererrichtung des Tempels vorbereitet zu sein, zum anderen weil das Studium der Reinheitshalachot als Ersatz fîr den nicht mehr mçglichen Tempelkult selbst gilt.472 Berîhmt ist und hufig zitiert wird mKel 1,8 f., wo eine abgestufte Heiligkeitskonzeption vom Land Israel bis hin zum Allerheiligsten des Tempels entworfen wird.473 Gleichzeitig treten Bereiche strker in den Fokus des Heiligkeits- und Reinheitsdenkens, die vorher im Schatten des Tempels gestanden haben und jetzt wesentlicher fîr das jîdische Leben des gesamten Volkes werden („der Tisch, die Familie, das jîdische Haus, die jîdische Welt im Gegensatz zur heidnischen“474). Die Verwendung kultischer Begrifflichkeit in nichtjîdischen Kontexten wertet Vahrenhorst vorwiegend anhand der sogenannten Leges Sacrae aus, einer umfangreichen Sammlung unterschiedlichen Gattungen zugehçriger Texte (Vertrge, Stiftungen, Orakel, Dekrete etc.) aus beinahe dem gesamten Mittelmeerraum îberwiegend aus der Zeit zwischen dem 5. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr., zur Darlegung reichhaltiger Vorstellungen zu Reinheit und Heiligkeit in kultischen Kontexten der pagan-hellenistischer Religiositt. Aus diesem ergibt sich, so Vahrenhorst, ein recht einheitliches und in vielen Teilen mit den jîdischen Vorstellungen deckungsgleiches Bild. Gleichfalls geht man 469 470 471 472 473

Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 46 – 49. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 50 – 54. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 54 – 57. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 65. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 67 f.; vgl. auch Kaiser, Der dreifache Aspekt, 208 – 211. 474 Aderet, A. From Destruction to Restauration […]. Jerusalem 1990 (hebr.), auf deutsch zitiert in Vahrenhorst, Sprache, 68 f.

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1. Zur Forschungsgeschichte

hier von einem heiligen und einem profanen Bereich aus, sowie dass diese nicht ohne weiteres miteinander in Kontakt gebracht werden dîrfen. An sich problemlose menschliche Lebensvollzîge wie v. a. Geburt, Tod, Sexualitt (gelegentlich auch bestimmte Speisen, Kleider und andere Gegenstnde) gelten als unrein. Wer an solchen Punkten unrein geworden ist, muss Reinigungsriten vollziehen oder gewisse Zeiten abwarten, bevor er mit der Gottheit im Tempel in Kontakt treten darf. Daneben entsteht, gleichwie in Israel, die Vorstellung, dass auch Taten und Gedanken des Menschen den Kontakt mit der Gottheit beeinflussen; hier entwickelt sich somit auch eine ethisch qualifizierte Reinheit.475 Spezifisch fîr das jîdische Heiligkeitsverstndnis ist allerdings die dadurch betonte Unterscheidung von Gottes heiligem Volk von den Vçlkern der Umwelt.476 Vahrenhorsts Arbeit ist die erste Monographie zum Thema, die die paulinischen Schriften gesondert in chronologischer Reihenfolge bespricht. Er berîcksichtigt dabei nicht nur die Begriffe der Wurzel "c-, sondern das ganze Repertoire kultischer und potentiell kultischer Begriffe (neben Ableitungen der "c-Wurzel sind dies fsior, %lelptor, jahaqºr, "cmºr samt zugehçriger Begriffe, das gesamte Begriffsfeld der Tempelund Opfermetaphorik wie maºr, !voq¸fy, katqe¼y, hus¸a, asl¶ etc., auch Anspielungen etwa auf das Sîndenbockritual in 1Kor 4,13, Reinigungsritual zum Passafest in 1Kor 5,7 f., auch !m²hela [Rçm 9,3] und !paqw¶ [Rçm 11,16] etc.). Sein Resultat ist, dass Paulus, nachdem er eine hohe Kompatibilitt im kultischen Verstndnis von Heiden und Juden voraussetzen konnte, mit kultischer Terminologie ein geeignetes Mittel zu Verfîgung stand, den Transfer der Gemeinde auf die Seite Gottes sowie ihren Status bei Gott angemessen und verstndlich zu beschreiben. Gottes Anwesenheit in der Gemeinde sei durch den Heiligen Geist nach 1Thess 4,8, durch die intensiv benutzte Tempelmetaphorik in 1/2Kor und das Wohnen des Geistes in den Glubigen nach Rçm 8,9.11 gleichermaßen ausgedrîckt. Auch die Bezeichnung der Gemeinde als Heilige bringt die ˜bereignung der Glubigen gegenîber Gott zum Ausdruck.477 Der Gedanke des In-Besitz-Nehmens Gottes îberwiegt die Darstellung bei Vahrenhorst zwar, gleichwohl betont er aber auch ethische Konsequenzen: „Schon im frîhesten Paulusbrief, dem 1. Thessalonicherbrief, konnten wir den Gedanken verfolgen, dass sich aus dem Wesen der Gemeinde Konse475 Vahrenhorst, Sprache, 73 – 105. 476 Vahrenhorst, Sprache, 112. 477 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 327 f.

1.3. Exegetische Arbeiten seit 2003

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quenzen fîr ihr Verhalten ergeben: Gott gibt seinen heiligen Geist (pmeOla ûciom) in die Glubigen (4,8). Daraus folgt fîr die Christen, dass sie ihr Leben auch so leben sollen, wie es der Gegenwart des Heiligen entspricht, nmlich in Heiligung (4,3.4.7 ["ciaslar]; 3,13 ["ciys¼mg]). Diese besondere ethische Pointe des kulttheologischen Gemeindeverstndnisses wird in den folgenden Briefen breit entfaltet“.478

Ganz auf der Linie antiken Sakralrechtes liegt Paulus mit der strengen Trennung des Heiligen und Unreinen, die er sogar noch verschrft: „Wer aus dem Eigentum Gottes heraustritt oder aus ihm ausgeschlossen wird, findet sich nicht in der Profanitt wieder, sondern in der als unrein und ungerecht qualifizierten Welt, in der der Satan Macht hat“.479 Der glubige Mensch betritt somit nicht nur fîr bestimmte Handlungen, Riten o. . das Heiligtum, sondern soll sein ganzes Leben als Opfergabe leben (Rçm 12,1 f.).480 Hierher rîhrt auch ein Unterschied des Paulus zur antiken Heiligkeitsvorstellung: Fîr Paulus gibt es „keine zeitlich befristete Heiligkeit, denn wenn die Christen aufhçrten, im heiligen Bereich zu leben, dann wîrden sie zugleich aufhçren, zu Gott zu gehçren“.481 Die Betonung der poqme¸a also als ein fîr die Begegnung mit dem Heiligen zu meidendes Kardinallaster ist vçllig kompatibel mit den umliegenden Heiligkeitsvorstellungen, „[n]eu [hingegen] dîrfte den Leserinnern und Lesern der Paulusbriefe allerdings der Gedanke gewesen sein, dass Sexualitt auch in Heiligkeit gelebt werden kann, und damit das Heilige nicht gefhrdet“.482 Obwohl Vahrenhorst seine Besprechung der Paulusbriefe chronologisch aufbaut, fîhrt ihn das – hnlich wie Stettler – zu keiner Feststellung einer entscheidenden Entwicklung bzw. Vernderung in der paulinischen Heiligkeitsauffassung. Unterschiede in der Verwendung kultischer Begrifflichkeit in den einzelnen Briefen erklrt er durch die vernderte Diskussionslage. Das Ausfallen kultischer Begrifflichkeit in Phil 3,2 – 21 sowie im gesamten Gal (abgesehen von 5,15483) sei am 478 Vahrenhorst, Sprache, 330; vgl. auch ebd., 339 f. 479 Vahrenhorst, Sprache, 332, mit Verweis auf 1Thess 4,7; Rçm 1,24; 1Kor 5,5; 6,1. 480 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 135.333. 481 Vahrenhorst, Sprache, 333. 482 Vahrenhorst, Sprache, 340. Auch Harrington besttigt: „Across the GraecoRoman world sexual activity was generally considered incompatible with the sacred. Sexual intercourse produces impurity, an antonym of holiness“ (Holiness, 190). 483 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 249.

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1. Zur Forschungsgeschichte

besten dadurch zu erklren, dass Paulus den Transfer der Glubigen zum Heiligen sowohl mittels der kultischen als auch der juristischen Terminologie der Rechtfertigungslehre beschreiben konnte.484 Beschneidung sei als Zeichen von kultischer Reinheit bzw. Reinigung zu deuten485, daher habe sich kultische Terminologie in einem Diskurs, in dem Beschneidung gerade zur Disposition steht, nicht geeignet, um diesen Transfer zu klren.486 Die diachrone Betrachtung der einzelnen Briefe in Vahrenhorsts Arbeit ist alleine ein gewaltiger Schritt vorwrts verglichen mit den Monographien lteren Datums, auch wenn er keine wesentliche Entwicklung in der Heiligkeitsthematik bei Paulus benennt. Das zweite große Verdienst Vahrenhorsts liegt in der §ffnung seiner Untersuchung auf das gesamte kultische Begriffsfeld sowie die intensive Einbeziehung des Vergleichs mit den Quellen jîdischer und paganer Religionsgeschichte. Die in 0.1. angesprochene Vorentscheidung zur Errichtung eines Wortfeldes um „heilig“ ist hier also – ganz im Gegensatz zu Stettler – zu Gunsten des kultischen getroffen. In der Erschließung v. a. des paganen Textmaterials (in Kapitel 3) ist wohl auch sein originellster Forschungsbeitrag zu sehen. Angesichts der sich aus diesem Ansatz ergebenden Stofffîlle sind Einzelexegesen dann allerdings eher kursorisch durchgefîhrt.487

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung Nachdem bislang – abgesehen von Rensburg (vgl. 1.1.8.) und den rçmisch-katholischen Texten (vgl. 1.2.3.1.) – nur deutschsprachige Verçffentlichungen berîcksichtigt worden sind, soll noch ein Blick in den angelschsischen Raum, konkret Großbritannien und die USA, geworfen werden. Die Wellen der Beschftigung mit der Heiligungs-/Heiligkeitsthematik sind dort nicht unhnlich verlaufen wie im deutschsprachigen, doch sind sie weniger deutlich ausgeprgt und gleichzeitig durch andere, 484 485 486 487

Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 249 – 251; ebenso auch Klaiber, Perspektiven, 32. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 252 – 256. Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 256 – 258. 1Thess etwa wird auf 25 Seiten behandelt (vgl. Vahrenhorst, Sprache, 115 – 139), 2Kor auf 29 Seiten (vgl. ebd., 199 – 227), Phil auf 18 Seiten (vgl. ebd., 229 – 246).

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung

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hufig praktisch-theologische Schwerpunkte und Interessen beeinflusst. Nicht zuletzt aufgrund der strkeren Ausprgung evangelikaler Glaubensstrçmungen wirkten dort die die Beschftigung mit dem Heiligkeitsphnomen hemmenden Einflîsse der Bultmann-øra wesentlich schwcher als im deutschsprachigen Bereich488, doch zeigt die Behandlung des Themas bis in die 1970er und frîhen 1980er Jahre – hier beispielhaft durch J. Stott und P. Minear als zwei Schlaglichter ausgefîhrt – dass auch dort trotz grundstzlichem Interesse an der Heiligkeits-/ Heiligungsthematik wenig grundlegende exegetische Beschftigung mit ihr erkannt werden kann.489 (a) Einer der wichtigsten Publizisten der anglikanischen Kirche der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts mit pastoral-evangelikaler Ausrichtung ist J. Stott.490 Bei ihm lsst sich deutlich eine noch strker ethische Deutung von Heiligung beobachten als in deutschsprachigen Texten der frîheren Periode. Die fîr wissenschaftlichen Anspruch wenig differenzierte Exegese kann zum einen als Stotts pastoralem Interesse geschuldet gedeutet werden, zum anderen ist die Grundausrichtung dieser Exegese nicht historisch-kritisch, sondern grenzt (auch in biblischen Kommentarwerken) an dogmatische Exegese. Stott interpretiert die Bergpredigt zur Heiligung der Glubigen: „The Sermon on the Mount as a kind of ,new law‘, like the old law, has two divine purposes … First, it shows the non-Christian that he cannot please God by himself (because he cannot obey the law) and so directs him to Christ to be justified. Secondly, it shows the Christian who has been to Christ for justification how to live so as to please God. More simply, … the law sends us to Christ to be justified, and Christ sends us back to the law to be sanctified“.491

488 Ich verweise hier nur auf die ausfîhrlichen Literaturangaben in Barton, Holiness, 499 – 506. 489 Vgl. auch das von evangelikaler Seite ebenfalls dahingehende Bedauern in Peterson, Possessed, 11 – 14. 490 Die exemplarische Darstellung eines einzelnen Autoren stellt freilich nur ein Streiflicht, wenn auch ein prominentes, innerhalb der evangelikalen Tradition des spten 20. Jahrhunderts in Großbritannien dar. Ein weiteres wird weiter unten mit Peterson zur Sprache kommen. Fîr eine Darlegung evangelikalen Heiligkeitsverstndnisses in unterschiedlichen historischen Strçmungen vgl. Bebbington, Holiness, 298 – 315. 491 Stott, Counter-Culture, 36 (eigene Kursivsetzung).

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1. Zur Forschungsgeschichte

Ganz im Sinne eines Ordo salutis ordnet er speziell fîr 2Tim Heiligung als moralischen Prozess zwischen individuellem Ruf Gottes an den Menschen und seiner himmlischen Vollendung: „[In 2 Timothy 1:9 – 10] we seem to detect five stages by which God’s saving purpose unfolds. The first is the eternal gift to us in Christ of his grace. The second is the historical appearing of Christ to abolish death by his death and resurrection. The third is the personal call of God to sinners through the preaching of the gospel. The fourth is the moral sanctification of believers by the Holy Spirit. And the fifth is the final heavenly perfection in which the holy calling is consummated“.492

In folgendem Zitat wird deutlich, wie Stott ganze Reihen von diversen parnetischen Anweisungen innerhalb des NT pauschal unter dem Begriff Heiligung subsummiert und Heiligkeit als Ziel eines arbeitsreichen Prozesses betrachtet: „To say that sanctification is a natural consequence of regeneration, is not to say that it is an automatic consequence. The truly regenerate Christian can still behave badly and thoughtlessly, sin grievously, fail in personal relationships and get into marriage problems … Hence the detailed moral instructions which are given in the Epistles – about controlling the tongue, about the duty of working hard to earn our living, about being honest, just, hospitable, forgiving and kind, about sexual purity, and about the reciprocal duties between husbands and wives, parents and children, masters and servants … [T]he apostles did not take the holiness of the regenerate for granted; they worked for it by detailed instruction, by exhortation, example and prayer“.493

(b) Neben Stott ist als Beispiel dieser frîheren Periode Minears Essay Holy People, Holy Land, Holy City (1983) zu nennen. Obschon zeitlich nahe an den deutschsprachigen Einzelaufstzen der 1980er und frîhen 1990er Jahre liegend (vgl. unter 1.2.2.), ist sein Anliegen ein vollstndig anderes. Statt auf dem durch den Ordo salutis bestimmten Verhltnis von Rechtfertigung und Heiligung zu bauen, whlt Minear seinen Ansatz beim interreligiçsen Dialog zwischen Christen und Juden sowie Christen und Moslems. Ein solcher Dialog wîrde „[s]ooner or later … disclose radically different ideas and emotions concerning the three ,Holies‘ of our title“.494 Nach diesem Postulat der Heiligkeitsvorstellung der jeweiligen Religionen als zentral fîr ihr Selbstverstndnis legt Minear im Hauptteil des Aufsatzes dar, wie im Christentum Jesu Tod und Auferstehung „the 492 Stott, Guard the Gospel, 40 (eigene Kursivsetzung). 493 Stott, Christ the Controversialist, 145. 494 Minear, Holy People, 18.

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung

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measure and standard of all holiness, whether of places, times, things, or persons“495 geworden seien. Dies geschieht anhand kursorischer Betrachtungen einiger ausgewhlter ntl. Abschnitte, beispielsweise Hebr 3,1 – 14 zur Darlegung der Wichtigkeit des Glaubens und der Treue gegenîber Jesus, oder der Stephanusrede Apg 7 zur Darstellung eines geographisch unbegrenzten „christlichen“ „Heiligen Landes“.496 Das Desiderat bei Minear ist trotz gnzlich anderer Fragestellung das gleiche wie das seiner deutschen Zeitgenossen: das Fehlen intensiver exegetischer Vorarbeiten zum Thema. (c) Diese erschienen im englischsprachigen Bereich frîher als im deutschsprachigen: 1984 erschien in erster Auflage, 1998 in zweiter, die îberarbeitete Fassung von M. Borgs bereits 1972 (!) abgeschlossener Promotionsschrift, unter dem Titel Conflict, Holiness and Politics in the Teachings of Jesus. Diese Arbeit setzt zwei bahnbrechende Schwerpunkte: Zum einen arbeitet Borg das frîhjîdische Heiligkeitsstreben als wesentliches Element politischen Widerstandes der jîdischen Bevçlkerung, insbesondere der Phariser und der Essener, gegenîber der heidnischrçmischen Besatzung heraus: „Thus the religious dynamic of first-century Judaism, derived from the postexilic period, intensified in the Maccabean era, and incarnate in the two major renewal groups of the period [sc. the Pharisees and the Essenes], was the quest for holiness. To this religious dynamic must be added a conviction flowing out of the Hebrew Bible, so important that it was one of the ,dogmas‘ of Judaism: the land of Israel was Yahweh’s land and thus holy. It was sacred space, not to be profaned … Because the land was holy, its inhabitants were not to defile it, and if they did, the land would vomit them out. Moreover, the command to preserve the holiness of the land applied to Jews and Gentiles, to both ,the native or the stranger who sojourns among you‘ (Lev. 18:26). Thus the condition for living in the holy land was obedience to the laws of holiness … Here, in the quest for holiness, we find the religious dynamic which was the ideological cause of Jewish resistance to Rome“.497

Die politische Motivation zur Heiligkeit habe sich auch im sozialen Leben widergespiegelt. Heiligkeit sei im Judentum des 1. Jahrhunderts konstitutiv fîr seine soziale Welt geworden; ihre gemeinschaftliche Ausrichtung habe Wesentliches zur Identitt des Volkes beigetragen: 495 Minear, Holy People, 22. 496 Insgesamt vgl. Minear, Holy People, 22 – 31. 497 Borg, Holiness, 75.77. Vgl. auch die Kurzbeschreibung in Charlesworth, Jesus, 202 f.

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1. Zur Forschungsgeschichte

„[L]oyality to Torah and Temple in the quest for holiness, at a time when these central symbols and dynamic were repeatedly threatened from without and within, is the most adequate explanation for Jewish resistance to Rome“.498 Gleichzeitig allerdings htten unterschiedliche Auffassungen geforderter und praktizierter Heiligkeit zu innerjîdischen sozialen Differenzierungsprozessen gefîhrt, die durch die politische Importanz intensiviert worden seien.499 Borgs zweiter Schwerpunkt liegt auf der „dramatic reversal“500 des traditionell-jîdischen, vorwiegend pharisischen Heiligkeitsverstndnisses durch Jesu Herausforderung. Durch die Auseinandersetzung mit pharisischem Heiligkeitsverstndnis wird hier ein Gedanke ausgearbeitet, dem (wohl unabhngig von Borg) auch Berger nachgegangen ist.501 Whrend traditionell Heiligkeit JHWHs als durch Sînde und Unreinheit gefhrdet und daher schutzbedîrftig verstanden worden sei, habe Jesus dieses Verhltnis umgekehrt: „[I]n the teaching of Jesus, holiness, not uncleanness, was understood to be contagious. Holiness – the power of the holy, of the sacred – was understood as a transforming power, not as a power that needed protection through rigorous separation“.502 Eindrîckliche Beispiele hierfîr findet Borg praktisch quer durch die gesamte Jesus-˜berlieferung: in Erzhlungen von Jesu Mahlgemeinschaft mit Sîndern und Zçllnern (z. B. Lk 7,31 – 35 par. Mt 11,16 – 19; Mk 2,15 – 17; Lk 19,7 – 10), einschließlich dem Festmahl fîr den heimgekehrten „Verlorenen Sohn“ (Lk 15,11 – 32), der ins Heidenland emigriert war, dort fîr einen heidnischen Arbeitgeber gearbeitet hatte, ohne die Sabbatbestimmungen einhalten zu kçnnen, zudem noch bei Schweinen 503 ; in Jesu Haltung zu rituellen Reinigungen und Zehntabgaben504 ; im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter, in dem das prinzipiell berechtigte Streben des Leviten und Priesters, sich an dem „halb-toten“ ˜berfallopfer nicht zu verunreinigen, zu fruchtloser Lieblosigkeit umgedeutet wird505, in Berichten îber Heilungen kultischer Unreiner durch Berîhrung wie die des Ausstzigen (Mk 1,40 – 45), der blutflîssigen Frau (Mk 5,25 – 34), am Dramatischsten vielleicht (hier allerdings ohne ausdrîckliche Berîhrung) beim Exorzismus des Geraseners (Mk 5,1 – 20), der ein Abbild potenzierter Unreinheit darstellt: er lebt in Grbern, in Heidenland, in unmittelbarer Nhe von Schweinen und 498 499 500 501 502 503 504 505

Vgl. Borg, Holiness, 82 f.; Zitat: 83. Vgl. Borg, Holiness, 83 f. Borg, Holiness, 148. Vgl. 1.2.2. Borg, Holiness, 147. Vgl. Borg, Holiness, 97 – 109. Vgl. Borg, Holiness, 110 – 116. Vgl. Borg, Holiness, 116 – 119.

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung

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ist von einem unreinen Geist besessen; in Jesu Haltung zu den Sabbatgeboten506 und dem Tempel.507 Erzhlungen von Mahlfeiern Jesu in Gemeinschaft mit gesellschaftlichreligiçs Stigmatisierten seien nicht nur Erzhlungen von Feier und Akzeptanz. „Rather, it was a political act of national significance: to advocate and practice a different form of table fellowship was to protest against the present structures of Israel. Moreover, there was more than protest: an alternative program was advocated for the people of God in their historical existence“.508 Ebenso lge die Pointe vieler der anderen Erzhlungen in der Reflexion darîber, dass „most of all in Palestinian milieu in which the significance of uncleanness was well understood, … holiness, far from needing protection, was an active, dynamic power that overcame uncleanness“.509

d) Kurz vor Borgs Neuauflage seines Werkes erschien 1995 D. Petersons kurze Monographie Possessed by God. A New Testament Theology of Sanctification and Holiness. Peterson setzt sich in diesem Band, ganz dem auch im englischsprachigen Bereich gesteigerten Interesse an der Heiligkeitsthematik der letzten Jahre entsprechend, von evangelikaler Seite aus mit dem Thema auseinander. Bereits in seiner Einleitung teilt er das auch in der deutschsprachigen Exegese immer wieder ausgedrîckte Bedauern (Diestel, Issel, Asting, Stettler)510 îber mangelnde Beachtung des Themas in der biblischen Wissenschaft.511 Seiner evangelikalen Ausprgung gemß hlt sich Peterson wenig mit historischen Detailfragen zur nheren Einordnung einzelner biblischer Schriften auf, noch differenziert er zwischen paulinischem und deuteropaulinischem Briefgut. Seine Kapitel sind auch nicht nach biblischen oder ntl. Schriften gegliedert, sondern nach inhaltlich-theologischen Gesichtspunkten („The biblical starting-point“, „Santified in Christ“, „Sanctified by word and Spirit“, „Pursuing holiness“ etc.). Doch trotz seiner evangelikal-calvinistischen Grundausrichtung kommt Peterson zum Schluss: „The popular view that sanctification is a process of moral renewal and change, following justification, is not the emphasis of the New Testament. Rather, sanctification is primarily another way of describing what it means to be converted or brought to God in Christ and kept in that relationship. It would be more accurate to say that renewal and change flow from the regeneration and sanctification that God has already accomplished in our 506 507 508 509 510 511

Vgl. Borg, Holiness, 156 – 173. Vgl. Borg, Holiness, 174 – 212. Borg, Holiness, 134. Borg, Holiness, 148. Vgl. unter Kapitel 0. Vgl. Peterson, Possessed, 11 – 14.

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1. Zur Forschungsgeschichte

lives … Instead of speaking in terms of progressive sanctification, the New Testament more regularly employs the language of renewal, transformation and growth, to describe what God is doing with us here and now“.512

Und am Ende seiner Ausfîhrungen kann er sogar einen Choralvers Charles Wesleys zitieren, in dem er – zurecht oder zu unrecht– den nichtethischen Basisaspekt seines Heiligungsverstndnisses ausgedrîckt sieht: „Finish then thy new creation,/ pure and spotless let us be:/ let us see thy great salvation, perfectly restored in thee …“.513 Das Erstaunliche an diesen Ausfîhrungen ist die Annherung an denjenigen Duktus, der im deutschsprachigen Bereich mit Hanssen/ Berger eingesetzt und mit Weiss deutlich pointiert worden ist, nmlich im Heiligungsgedanken einen Beziehungs- und eschatologischen Aspekt eher zu sehen als einen ethischen – trotz gnzlich unterschiedlicher konfessioneller, wissenschaftsgeschichtlicher und auch pragmatischer Ausrichtung des Schreibens. e) Die beachtliche Verçffentlichungsgeschichte des Bandes von Borg gekoppelt mit dem Tenor Petersons kurz vor der Jahrtausendwende deutet auch in Großbritannien und den USA auf ein deutlich erneuertes und intensiviertes Interesse an der Heiligungs- bzw. Heiligkeitsthematik. Dieses wird nach der Jahrtausendwende durch etliche weitere Verçffentlichungen weitergetragen. H. Harringtons 2001 erschienene Untersuchung îber das Heiligkeitsverstndnis in rabbinischen Texten im Kontext der hellenistisch-rçmischen Welt ist keine exegetische Detailstudie, sondern eine religionsgeschichtliche Abhandlung. In ihr wird die Vielfalt der Konkretionen des Heiligkeitskonzeptes in Religion und Gesellschaft unter rabbinischem Einfluss lebendig: Gott, der Heilige, ist bei Harrington nicht nur der Transzendente, „ganz Andere“ wie bei Otto; wesentlich vielschichtiger fîhrt sie aus: „The Holy One is a Consuming Fire which, if unleashed, could easily incinerate the universe. The Holy One is a seperate entity from his creation; he exhibits a perfection humanity cannot experience and his power is formidable. At the same time, the Holy Fire turns out to be a person with a clearly defined will bent on the welfare of his people. Goodness, in terms of a present, beneficent power which can exercise justice and mercy with wisdom and equity, is characteristic of holiness. The Holy One demonstrates ethos in 512 Peterson, Possessed, 136. 513 Zitiert in: Peterson, Possessed, 137.

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung

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his pathos. Morality stems from the divine model. Most of all, holiness guarantees life, both in this world and in the future“.514

Heiligkeit bestimmt auch Kult und Architektur des Tempels: „To the Holy of Holies, God’s ,throne room‘, access was almost nil. Restrictions applied to the priest, even in his domestic life. The smoke rising from the altar of burnt offering reminded everyone that the Holy One was a consuming fire. Violating the sancta or sacred court was a capital offense. The point was clear: holiness had to be mediated to Israel. It was too dangerous for direct access … [But] the emphasis of the rabbinic texts is not on fear but on the affirmation Israel receives via the Temple worship. The very fact of the system is evidence that divine holiness includes divine goodness. The goal of the Holy One is always to enhance life in Israel and bestow on it blessing and joy“.515

Der Tempel stellt ein klares geographisches Zentrum der Heiligkeit dar; von ihm aus strahlt Heiligkeit bis an die Grenzen des Eretz Yisrael. Heiligkeit bezeichnet nicht eine vage gçttliche nebula, sondern ist ußerlich gebunden; Heiligkeit hat physikalische Qualitt.516 Neben dem Kult ist auch das Heilige Wort ein Medium, um Zugang zum Heiligen zu erlangen, und ist, ebenso wie dieser, so kraftvoll, dass es nicht direkt zugnglich ist, sondern vermittelt werden muss: „For this, the appropriate vehicle was s sage, one who understood the sacred texts and embodied its teachings. The Rabbis considered themselves intermediaries between the Holy One and the holy people of Israel. The transmission of the holy word from mentor to disciple was a holy process which imitated the holy transmission of God’s word to Moses. Only those who were willing to sit at the feet of the sage could benefit from both the Written Torah and the Oral Torah, that is, the complete experience of the holy word“.517

Das rabbinische Konzept des heiligen Volkes schließlich basiert auf Gottes Erwhlung auf der einen Seite, die in Initiations- und Separationsriten wie Beschneidung, Speise- und Reinheitsgeboten zum Ausdruck kommt, und auf der anderen Seite auf responsiver Verantwortung des Volkes, die sich in Ausprgung der Ethik niederschlgt und ihrerseits als imitatio Dei und Extension gçttlicher Heiligkeit in die Menschenwelt verstanden werden kann.518 514 515 516 517 518

Harrington, Holiness, 44 Harrington, Holiness, 88. Vgl. Harrington, Holiness, 91 – 129. Harrington, Holiness, 159 f. Vgl. Harrington, Holiness, 161 – 201, bes. 180 – 188.

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1. Zur Forschungsgeschichte

f ) Mit dem vom Barton herausgegebenen Band Holiness. Past and Present von 2003 liegt ein wichtiges Sammelwerk zu Fragestellungen aus unterschiedlichen theologischen Perspektiven zur Heiligkeitsthematik vor. Hier sind religionswissenschaftliche Aufstze gesammelt519 sowie exegetische (atl., ntl. sowie einer zur LXX und Jub)520 und kirchengeschichtliche (îber die Kirchenvter des Ostens und des Westens, des frîhen Mçnchtums sowie in unterschiedlichen konfessionsgeschichtlichen Strçmungen)521; es sind solche aus feministischer Sicht (îber Frauen in Auschwitz; im Hinduismus und Katholizismus)522 und befreiungstheologischer523 vertreten; ein moraltheologischer Aufsatz zur Unantastbarkeit des menschlichen Embryos524 sowie einer zu Doxologie und Liturgie525 runden diesen vielseitigen Band ab (ein Beitrag zur Religionspdagogik wîrde ihn noch komplettieren). Er dokumentiert auf her519 J. Rogerson, What is Holiness?, in: S. Barton (Hg.), Holiness. Past and Present, London, New York 2003, 3 – 21; C. Crowder, Rudolf Otto’s The Idea of the Holy Revisited, in: ebd., 22 – 47; D.J. Davies, The Sociology of Holiness: The Power of Being Good, in: ebd., 48 – 67; D. Martin, Changing your Holy Ground: An Ecology of Sacred and Secular in Cities of the Centre and the Periphery, in: ebd., 68 – 90. 520 P. Jenson, Holiness in the Priestly Writings of the Old Testament, in: ebd., 93 – 121; R.W.L. Moberly, ,Holy, Holy, Holy‘: Isaiah’s Vision of God, in: ebd., 122 – 140; R. Hayward, The Sanctification of Time in the Second Temple Period: Case Studies in the Septuagint and Jubilees, in: ebd., 141 – 167; J.D.G. Dunn, Jesus and Holiness: The Challenge of Purity, in: ebd., 168 – 192; S.C. Barton, Dislocating and Relocating Holiness: A New Testament Study, in: ebd., 193 – 213. 521 A. Louth, Holiness and the Vision of God in the Eastern Fathers, in: ebd., 217 – 238; C. Harrison, Finding a via media: The Moderation of Holiness in Fourth-century Western Asceticism, in: ebd., 239 – 259; H. Mayr-Harting, Benedictine Holiness, in: ebd., 260 – 278; G. Mursell, Holiness in the English Tradition: From Prayer Books to Puritans, in: ebd., 279 – 297; D.W. Bebbington, Holiness in the Evangelical Tradition, in: ebd., 298 – 315; S. Gilley, Holiness in the Roman Catholic Tradition, in: ebd., 316 – 338; V. Guroian, Mother of God, Mother od Holiness: A Meditation from Orthodoxy, in: ebd., 339 – 357; D.F. Ford, Bonhoeffer, Holiness and Ethics, in: ebd., 361 – 380. 522 M. Raphael, Holiness in extremis: Jewish Women’s Resistance to the Profane in Auschwitz, in: ebd., 381 – 401; S. Parsons, Holiness Ungendered, in: ebd., 402 – 420; G. D’Costa, The Communion of Saints and Other Religions: On Saintly Wives in Hinduism and Catholicism, in: ebd., 421 – 440. 523 D. Turner, Material Poverty or Poverty of Spirit? Holiness and the Liberation of the Poor, in: ebd., 441 – 459. 524 R. Song, Whose Sanctity of Life? Ricour, Dworkin and the Human Embryo, in: ebd., 460 – 476. 525 D.W. Hardy, Worship and the Formation of a Holy People, in: ebd., 477 – 498.

1.4. Streiflichter aus der angelschsischen Forschung

95

vorragende Weise, in wievielen theologischen Teilbereichen man mittlerweile bereit ist, die Relevanz der Heiligkeitskategorie zu entdecken. Trotz der ausgeprgt gesamttheologischen Ausrichtung des Bandes sind etliche Aufstze in ihm auch fîr die vorliegende exegetische Arbeit relevant. Sie werden an den gegebenen Stellen eingeflochten.

g) Ein weiterer umfangreicher Sammelband, der rein ntl.-exegetisch ausgerichtet ist und damit ein viel engeres Interessensfeld abdeckt als der Bartons, ist das Werk Holiness and Ecclesiology in the New Testament, herausgegeben 2007 von K.E. Brower und A. Johnson. Hier finden sich Einzelaufstze zu den meisten ntl. Bîchern (sie fehlen zu Kol; 2Thess; Past; Phlm; Jak; 1 – 3Joh; dafîr schließt der Band zwei Aufstze zu Qumran-Schriften und einen allgemeinen zu Paulus ein). Die ausdrîckliche Zielsetzung des gesamten Buches liegt in der ekklesiologischen Dimension von Heiligkeit; nicht unhnlich den Beobachtungen von Gaugler/1948 konstatieren bereits die ersten Stze der Einleitung: „In the ecclesial contexts of the United Kingdom and North America, thinking about the people of God is often reduced to how an individual is related to God and the category of holiness is either ignored, reduced to inward piety, or thought to be the preserve of legalists. Throughout the biblical story, however, the people of God are expected to embody God’s holy character publicly in particular social settings. Hence, holiness is a theological and ecclesial issue prior to being a matter of individual piety“.526

Dementsprechend fokussieren sich die Autoren der einzelnen Beitrge nicht nur auf einen ekklesiologischen Heiligkeitsaspekt in abstracto, sondern schließen ihre Ausfîhrungen hufig mit praktischen Anregungen zur Umsetzung in der Gemeinde von heute.527 Fîr 1Thess definiert Johnson „sanctification/holiness“ stark christologisch, genauer „staurologisch“. Er steht damit deutlich in der Tradition der Ausfîhrungen von Minear, Borg und Barton: „[Paul’s audience] are called to be an embodiment of the holiness/character [sic!] of God, a holiness reconfigured as ,cruciformity‘[528]. Crucially, Paul 526 Brower/Johnson, Introduction, xvi. 527 So etwa Hagner, Holiness, 53 – 56; Brower, The Holy One, 73 – 75; Thompson, Gathered, 93 f.; Wall, Reading Paul, 146 f.; Gorman, „You Shall Be Cruciform …“, 163 – 166; Winter, Conduct, 198 – 200; Johnson, Sanctification, 290 – 292 u. a. 528 Den Begriff der „cruciformity“ îbernimmt Johnson von Gorman, Cruciformity, 349 (u. ç.; vgl. Johnson, Sanctification, 276, mit Anm. 4). Auch Gormans Beitrag zu „Paul’s Trinitarian Reconstruction of Holiness“ in Brower/Johnsons

96

1. Zur Forschungsgeschichte

depicts such holiness/sanctification as happening in the life of this ekkle¯sia. In short it occurs when God transforms the character, dispositions, and allegiances of persons within the ekkle¯sia through grace-enabled, embodied, practices. Such transformation might best be referred to as the sanctification of the imagination“.529

Ein solches Heiligkeits-/Heiligungsverstndnis ist keineswegs eindimensional ekklesiologisch, sondern hat eine stark pastoralpsychologische Komponente: Es geht nicht primr um ein bestimmtes Verhalten (Ethik), sondern um die Vernderung von Charakter und Haltungen der Glubigen, die nach dem Umsturz des Heiligkeitsbildes durch „the Jew from Nazareth who hangs on the cross … as public display of God’s holiness, revealing the character of Yahweh to be cruciform“530 geformt sind. Auch den Glaubensmangel der Thessalonicher, den Paulus in 1Thess 3,10 anspricht, deutet Johnson nicht ethisch im Sinne momentaner, gegen Loyalitt zu Gott gerichteter Handlungen, sondern im Sinne der Herzenseinstellung, der „sanctification of their imagination“.531 Vergleichbares gelte auch fîr 4,1 – 8, obschon hier freilich konkrete, zu vermeidende Praktiken als Motiv im Hintergrund stnden: „[T]o engage in prohibited intracommunal sexual practices would be tantamount to rejecting the gift of the eschatological Spirit whose purpose was to sanctify them [sc. the Thessalonian Christians], i. e., to enable their life together to publicly display this Lord’s character/holiness before the eyes of the nations“.532 Auch der Umgang mit dem Geistwirken nach 5,19 – 22 sei dahingehend zu verstehen: „[T]hrough the communal practice of hearing and testing prophetic utterances, the Spirit was at work transforming/ sanctifying the audience’s imagination“.533 Dem Aufsatz Johnsons ist das Sehnen nach – und der Glaube an – Kirche anzuspîren, deren Mitglieder sehr unmittelbar bereit sind zu

529 530 531 532 533

Sammelband zeigt deutliche Affinitt zu Johnsons Ansatz. Vgl. etwa: „[H]oliness includes becoming like Jesus (and other holy examples) through steadfast faithfulness in the face of adversity. The traditional meaning of holiness, therefore, is being expanded to mean something like sharing in the story of Jesus the crucified. Holiness is taking on a cruciform shape, without thereby losing other, more traditional meanings such as sexual virtue“ (Gorman, „You Shall Be Cruciform …“, 155). Johnson, Sanctification, 276 (originale Kursivsetzungen). Johnson, Sanctification, 277 (im Original kursiv), mit Verweis auf Barton, Dislocating, 193 – 213. Johnson, Sanctification, 282. Johnson, Sanctification, 287. Johnson, Sanctification, 289.

1.5. Zusammenfassung und Auswertung

97

akzeptieren, dass „God’s call on local churches in the twenty-first century remains the same as that of God’s call on the church in Thessalonica“.534 Sein Ansatz baut ebenfalls auf einem sehr hochstehenden, eine gesamte theologische Anthropologie bergenden Begriff der „imagination“.535 Und gerade fîr die „transformation of the imagination“ nach 1Thess hlt Johnson den Begriff der Heiligung fîr angemessen: Johnson steht damit deutlich jenseits der øra exegetischen Schweigens îber Heiligkeit/Heiligung als auch derjenigen pastoraler Ratlosigkeit (vgl. 1.2.2.). Seine biblische Beschftigung ist differenziert, seine Interpretationen sind gemß seiner Anthropologie gewiss subjektiv: Das eigentliche Interesse aber – und der Wert des gesamten Ansatzes – liegt fîr Johnson in der Applikation.

1.5. Zusammenfassung und Auswertung Die „drei Epochen“ der Forschungsgeschichte zur Heiligkeits-/Heiligungsthematik seit 1887 lassen sich kurz nachzeichnen: Mit Issels Schrift liegt eine frîhe Arbeit vor, deren wesentliches Ergebnis dasjenige ist, dass eine „Forderung zur Reinigung des Lebens“ und einer „ethischen Forderung“ keinesfalls einer „Forderung zur Heiligung“ gleichkommt. Seine damit vertretene christozentrische Positionierung von Heiligkeit geht in der „ersten Epoche“ der Forschungsgeschichte jedoch verloren. Dillersberger ergnzt Issels Ansatz durch eine stark eschatologische, auf die Parusie Christi bezogene Interpretation ntl. Heiligkeitsvorstellung. Da der Heiligbegriff – samt Derivaten – statistisch gesehen kein zentraler Begriff paulinischer Theologie ist, versuchen ihn die anderen der Autoren bis in die 1960er Jahre hinein im Kontext anderer, als zentraler wahrgenommener theologischer Inhalte und Begriffe zu fassen, die jeweils unterschiedlich gewichtet werden. Dabei kommt bei den Monographieautoren ein gelegentlich fast verwirrendes – obschon verstndliches – Bestreben zum Ausdruck, die Heiligkeitsthematik mçglichst wenig zu isolieren und vielschichtig auf die eine oder andere Weise in den Rahmen anderer, bereits etablierter „dogmatischer“ Lehren oder „Traktate“ einzugliedern. Christologie, Pneumatologie, 534 Johnson, Sanctification, 290. 535 Im Rahmen seines kurzen Aufsatzes ist die Fîllung dieses schwer ins Deutsche îbertragbaren Begriffes nicht Johnsons Thema. Er setzt sie voraus. Gemeint ist nicht nur die „Vorstellungskraft“ oder „Phantasie“, sondern die gesamte Existenz in einer individuellen Symbolwelt.

98

1. Zur Forschungsgeschichte

Soteriologie, Ekklesiologie, Eschatologie, schließlich auch die Doxologie geben sich hier alle die Hand. Besonders zentral ist die Beschftigung des Verhltnisses von Heiligung und der paulinischen Rechtfertigungslehre (vgl. besonders bei Djukanovic´ und Stalder) sowie der Ethik, und damit verknîpft – ebenfalls dominant fîr die Zeit – die Einordnung in die durch Bultmann 1924 ausgelçste Debatte um das – nominell oder nicht nominell zitierte – Indikativ-Imperativ-Schema.536 Stalder setzt dieser Phase einen Hçhe- und Endpunkt. Hufig erscheint Rçm 8 oder Rçm 7 f. als Parade- und Testfall unterschiedlicher Vorarbeiten (vgl. die beiden Arbeiten von Gaugler, bei Djukanovic´537, Quervain538, extrem bei Stalder539). Aufgrund exegesegeschichtlicher Grînde kann als selbstverstndlich gelten, dass kein Autor dieser Epoche eine mçgliche Entwicklung des paulinischen Heiligkeitskonzeptes innerhalb seines Schriftums diskutiert (was bereits die hufige Wahl von Rçm 7 f. als Testfall impliziert), sowie dass der Umfang der authentischen paulinischen Briefen weiter angenommen wird als heute.

Nach der Arbeit von Stalder beginnt eine zweite forschungsgeschichtliche Epoche, in der sich die Exegese in Bahnen bewegt, die fîr eine Beschftigung mit Heiligkeit als selbstndiger Religionskategorie insgesamt wenig Sinn zeigt. Hanssen, der Autor der – soweit zu sehen ist – einzigen Monographie zum Thema in dieser Phase startet den Versuch einer Rehabilitierung des Themas von exegetischer Seite, lehnt sich dabei auch gegen die Dominanz dieser ideengeschichtlichen Bahn, wie er sie durch Bultmann verkçrpert sieht, mit Elan auf, bleibt aber aufgrund der Nicht-Verlegung seiner Arbeit in der Wissenschaft praktisch unbeachtet. Doch war es nicht nur der Einfluss Bultmanns als solcher, der zu der Vermeidung des Themas gefîhrt hat: Die Rahmenbedingungen fîr eine solche Randdrngung lagen im protestantischen Denken insgesamt viel eher bereit, wo die Rechtfertigungslehre des Paulus îber lange Zeit den dominanten Kern theologischen Denkens eingenommen hatte. Die der Rechtfertigungslehre zugrundeliegende juristische Perspektive ließ sich dann wohl insgesamt nicht leicht fîr die kultische oder mystische der Heiligkeitsthematik çffnen. Bezeichnenderweise wuchs auch das (relativ) große exegetische Interesse an der Heiligkeitsthematik whrend der Haupteinflusszeit R. Ottos – der selbst evangelisch und deutsch war – 536 537 538 539

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Bultmann, Das Problem der Ethik bei Paulus, 123 – 140. Djukanovic´, Heiligkeit, 104 – 107.120 – 124. Quervain, Heiligung, 116 – 141 passim. Stalder, Werk, 387 – 487.

1.5. Zusammenfassung und Auswertung

99

nicht bei den Protestanten in Deutschland, sondern bei den Christkatholiken in der Schweiz (vgl. den „Berner Kreis“ Gaugler, Djukanovic´, Quervain und Stalder). Einzig Dillersberger und Asting nehmen hier aus unterschiedlichen Grînden (ersterer als Katholik, zweiterer als Bultmann-Schîler) Ausnahmepositionen ein. Die weitgehende Vernachlssigung des Themas im EEK seit den 1970er Jahren legt von den Schwierigkeiten im Luthertum innerhalb dieser Epoche Zeugnis ab, dem Heiligkeitsphnomen als selbstndiger Kategorie eigenen Raum zu geben. Auf katholischer Seite hingegen, wo die paulinische Rechtfertigungslehre nie den archimedischen Punkt der Theologie eingenommen hatte wie auf lutherischer, blieb das Thema von kirchenamtlicher Seite her in deutlich regerem Bewusstsein und wurde auch nicht so leicht ethisch vereinnahmt. Auch nach Hanssen war die Zeit noch lange nicht reif fîr das Wiederaufgreifen des Themas durch die Exegese. Die Anstçße erfolgten von pastoraler Seite aus, die exegetische Detailliertheit jedoch fast naturgemß vermissen ließen. Die Einzelaufstze der spten 1980er Jahre ließen, ebenso wie Hanssens Arbeit, bereits den Ruf nach einer neuen Beschftigung mit Heiligkeit im gewandelten ideengeschichtlichen Kontext der post-Bultmann-øra erkennen. Dass sich hier nach pastoraltheologischen Arbeiten schließlich auch Exegeten zu Wort meldeten (Schrage, Berger), schlug langsam die Brîcke zu einer „dritten Epoche“ der Exegesegeschichte in der Beschftigung mit der Heiligkeit-/ Heiligungsthematik, die mit Weiss an ein erstes Ziel gelangte. Schon Berger war mit seinen beiden besprochenen Beitrgen nicht mehr an der Einordnung von Heiligkeit in andere „dogmatische Traktate“, v. a. die Rechtfertigungslehre, interessiert und hatte von der seit Gaugler/1925 vorherrschenden dahingehenden Prokkupation Abschied genommen. Doch blieben seine Vorstçße von 1988 und 1993 noch ohne Nachfolger. Zehn Jahre spter war Weiss derjenige Exeget, der mit seinem Aufsatz von 2003 den Heiligungsbegriff so selbstndig ausdeutete wie – mit den Ausnahmen von Hanssen und Berger – es seit Issel und Dillersberger nicht mehr gewagt war. Dass nun endlich auch die Stunde zu einer breiteren Beschftigung mit Heiligkeit/Heiligung geschlagen hatte und Weiss’ Anliegen – obschon sein Aufsatz selbst in der Fachliteratur noch wenig zitiert wird – nicht so schnell in exegetische Vergessenheit gert, lsst sich an zwei Punkten angezeigt sehen: Zum einen konvergiert sein Beitrag mit solchen aus dem englischsprachigen Bereich – hierbei durchaus auch in evangelikaler Couleur –, die, wenngleich weniger pointiert und im Gesprch mit Vertretern anderer theologischer Interessen stehend, deutlich auf eine

100

1. Zur Forschungsgeschichte

hnliche inhaltliche Linie eingeschwenkt sind (vgl. Peterson im Gegensatz zu Stott). Zum anderen sind auch im deutschsprachigen Bereich dem Aufsatz von Weiss die beiden Monographien von Stettler und Vahrenhorst gefolgt, die die „dritte Epoche“ auch diesseits des Atlantiks in Breite fortfîhren.540 Beiden diesen Arbeiten gemein ist die Berîcksichtigung der gewandelten Paulusforschung, d. h. insbesondere chronologische Differenzierung der Briefe, engerer Umfang der als authentisch eingestuften (obschon Stettler sich hier, was 2Thess und Kol anbelangt, bereits wieder auf dem Rîckweg befindet) und Beachtung der Religionsgeschichte. Gemeinsam ist beiden auch das Vorgehen innerhalb der Arbeit, das gewhlte Thema durch alle paulinischen Briefe in chronologischer Reihenfolge hindurch zu untersuchen (d. h. bei Vahrenhorst von 1Thess bis Phil, bei Stettler îber Paulus hinaus bis Eph und Kol, sowie der Heiligung im AT, der Jesustradition sowie der Urgemeinde), obwohl keiner der beiden Autoren eine Entwicklung im paulinischen Heiligungsverstndnis herausarbeitet. Durch die Behandlung smtlicher paulinischer Briefe (und darîber hinaus) haben beide Arbeiten deutlich den Charakter des Großflchigen, was bereits durch die Wahl der etwas pauschalen Titel der Arbeiten angezeigt ist. Whrend Vahrenhorst sich auf den Vergleich zum religionsgeschichtlichen Umfeld (des Judentums und des hellenistischen Heidentums) konzentriert, hat Stettler durch die starke Ausweitung des Heiligungsbegriffs und die Tendenz zum Enzyklopdischen gewissermaßen ein Pendant der „dritten Epoche“ zu Stalders Arbeit in der „ersten“ geschaffen. Durch beide Arbeiten ist eine breite Grundlage zur weiterfîhrenden exegetischen Beschftigung gelegt, und es bleibt zu hoffen, dass durch sie die Heiligungsthematik auch kînftig noch strker im exegetischen (und auch im dogmatischen und praktisch-theologischen) Bewusstsein Raum fasst. Die hier vorliegende Arbeit nimmt in zweierlei Hinsicht eine genau gegenstzliche Perspektive zu Vahrenhorst und Stettler ein insofern, als sie sich auf die Beschftigung mit einem Paulus-Brief beschrnkt, und

540 Es soll hier zustzlich nochmals auf die im Vorwort genannten jîngsten Verçffentlichungen P.J. Brady, The Process of Sanctification in the Christian Life. An Exegetical-Theological Study of 1 Thess 4,1 – 8 and Rom 6,15 – 23 und D. Luckensmeyer, The Eschatology of First Thessalonians hingewiesen werden, die die genannte Tendenz besttigen.

1.5. Zusammenfassung und Auswertung

101

zweitens als sie wieder strenger vom philologischen Material selbst ausgeht, d. h. fîr 1Thess in concreto den Ableitungen des "c-Stammes.

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text? 2.1. Methodische Vorîberlegungen Der Abschnitt 1Thess 4,1 – 8 beginnt unmittelbar nach der großen Mittelzsur des Gesamtbriefes, die innerhalb der Makrostruktur des Briefes (abgesehen vom Prskript 1,1) die deutlichste Zsur îberhaupt darstellt und ihn in zwei Teile teilt (Kapitel 1 – 3 und 4 – 5). Formal gesehen besteht îber diese Zsur in der Literatur kein Dissens; im Gegenteil, so tief ist der durch sie entstehende Einschnitt, dass man eher Mîhe mit ihr hat und die Kapitel 4 – 5 leicht von den vorigen abgehngt erscheinen. Ohne konstruktive ˜berwindung dieser Kluft erscheint dann 1Thess 4,1 ff. leicht bezugslos im Raum.541 Konventionellerweise werden die beiden Teile Kapitel 1 – 3 und 4 – 5 (abzîglich der Abgrenzung von Briefeingang und -schluss) als „Danksagung“ und „Ermahnungen/Parnese“ (jeweils c.v.) betitelt. Demnach gilt 1Thess 4,1 – 8(12) als der erste Absatz dieses parnetischen Abschnittes. Bis in die jîngste Zeit hlt man in wichtigen Einleitungswerken zum Neuen Testament oder der paulinischen Theologie hufig an dieser Zweiteilung und der traditionellen thematischen Zuordnung fest.542 Aus didaktischen Grînden ist diese auch nachvollziehbar, 541 Am deutlichsten vielleicht bei Haufe, der ganz ausdrîcklich als Einleitung zu 4,1 – 5,24 schreibt: „Auf den ersten, an der gemeinsamen Vergangenheit von Gemeinde und Missionaren orientierten Briefteil folgt – ohne ausdrîckliche gedankliche Anknîpfung – der zweite Hauptteil, der sich wichtigen Aspekten der Bewhrung der jungen Gemeinde in der Zukunft zuwendet“ (Thess, 66; eigene Kursivsetzung). Auch Klauck schreibt: „Was der Exegese immer wieder etwas Mîhe macht, ist vor allem die Zuordnung des ersten und des zweiten Hauptteils im Briefkorpus“ (Briefliteratur, 281). Lambrecht hat bezeichnenderweise seine Untersuchungen zu 1Thess 1 – 3 und 4 – 5 auf zwei unterschiedliche Aufstze verteilt (Thanksgivings; Analysis); obwohl er mittels dreier Danksagungsabschnitte und dreier Parenseabschnitte fîr beide Briefhlften einen fast identischen Aufbau ermittelt (vgl. ders., Thanksgivings, 157, mit dems., Analysis, 172), setzt er beide Teile inhaltlich nicht in Beziehung. 542 Deutlich folgt diesem Zweierschema z. B. Roloff, der îberschreibt: „Erster Teil: Danksagung … Zweiter Teil: Mahnender Zuspruch (Parnese)“ (Einfîhrung, 101); Strecker nennt 1,2 – 3,13 „Danksagung“, 4,1 – 5,22 brchte schlicht „Parnese“; Haufe nennt bereits etwas weicher 1,2 – 3,13 „Dankbarer Rîck-

2.1. Methodische Vorîberlegungen

103

man hat aber auch gleichzeitig erkannt, dass sie zu schematisch ist, um der komplexeren und individuelleren Situation des Briefes gerecht zu werden.543 Einige Autoren haben daher – auch unter grundstzlicher Beibehaltung der Zweiteilung des Briefes – von den herkçmmlichen Großîberschriften Abstand genommen. Von der Bezeichnung der ersten Hlfte „Danksagung“ hat man sich dabei deutlich leichter verabschiedet als von der zweiten „Ermahnungen“. Malherbe bleibt noch nahe an der traditionellen Betitelung: Er betitelt den Teil 1,2 – 3,13 zwar mit „Autobiography“, davon allerdings 1,2 – 3,10 (also fast die komplette „Autobiography“) mit „Thanksgiving“, bleibt dann fîr den zweiten Teil aber bei „Exhortation“.544 Pokorny´/Heckel unterscheiden einen Briefeingang 1,1 – 10 und dann einen „Erste[n] Teil: Besuchswînsche und Botensendung“, bleiben fîr 4,1 – 5,22 aber ganz traditionell bei der Bezeichnung: „Zweiter, parnetischer Teil (Hauptteil): Leben angesichts des Endes“.545 Ebenso spricht Vielhauer lediglich von einem „Proçmium = I. Teil 1,2 – 3,13“, ohne eine einheitliche inhaltliche Bezeichnung fîr dieses anzugeben, den „II. Teil 4,1 – 5,22“ nennt er dann aber uniform „Parnese“.546 Genau dieselbe Einteilung und Betitelung („1. Teil: Proçmium

543

544 545 546

blick“ und 4,1 – 5,24 „Ermahnung und Belehrung“; vgl. darîber hinaus die Lit. bei Bjerkelund, Parakalú, 129. Nicht titular aber inhaltlich beschreibt die Einleitung der E˜ zum 1Thess: „Der erste Teil (1,2 – 3,13) blickt voll Dank zurîck auf die Grîndung der Gemeinde und die inzwischen vergangene Zeit. Der zweite Teil (4,1 – 5,22) enthlt apostolische Ermahnungen und Belehrungen“ (E˜, 1331). Auch noch Ebel lsst das Briefcorpus zwar erst mit 2,1 einsetzen, bleibt innerhalb dessen aber in der inhaltlichen Zuordnung beim traditionellen Schema und unterscheidet den „1. Hauptteil: Dank“ vom „2. Hauptteil: Parnese“ (1. Thessalonicherbrief, 126). Grundstzlich folgt auch Merk dieser Einteilung, ordnet die Teile aber einander zu: „Der parnetische Abschnitt des Briefes setzt mit 4,1 … ein, nachdem dieser durch die Danksagung in 1,3 – 3,13 [sic!] … vorbereitet ist“ (Handeln, 45). Auch an der großen Zahl detaillierter Analysen zu 1Thess anhand unterschiedlicher Methoden ab den 1980er Jahren ist die Krise der thematischen Zuordnung und „Zweierteilung“ des Briefes der lteren Forschung, sowie der Versuch, sie zu îberwinden, ersehbar: Vgl. Bickmann, Kommunikation, 103 – 146; Donfried, Theology of 1 Thessalonians, 3 – 7 (im Anschluss an Hughes); Hughes, Rhetoric; Jewett, Correspondence, 71 – 78 (vgl. die Tabellen 216 – 221); Johanson, Brethren, 59 – 144; Klauck, Briefliteratur, 284 – 292; Malbon, „No Need“; Olbricht, Analysis; Patte, Method; Wuellner, Structure, 94 – 116. Malherbe, Thess, viii (beachte Druckfehler unter II. in Zeile „A. Thanksgiving, 1:2 – 3:13“ [vielmehr: 1:2 – 3:10; vgl. mit ebd., 103 und mit Zeile „B. Concluding Prayer, 3:11 – 13“]). Pokorny´/Heckel, Einleitung, 197 (originale Kursivsetzung). Vielhauer, Geschichte, 84.

104

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

1,2 – 3,13“, sowie „2. Teil: Parnese 4,1 – 5,22“) whlen Preuss/Berger.547 Conzelmann/Lindemann formulieren hingegen: „Nach der ,Korrespondenz‘ setzt mit 4,1 die bis 5,22 reichende Parnese ein“.548 Boers reduziert die formale „Danksagung“ und splittet den ersten Teil in „prescript i.1; thanksgiving i.2 – 10; apostolic apology ii.1 – 12; apostolic parousia ii.17-iii“, der zweite Teil bleibt komplett „exhortation iv.i-v.22“.549 Ganz hnlich auch Bruces Einteilung: „Thanksgiving“ 1,2 – 10; „Apostolic Defense“ 2,1 – 12; „Further Thanksgiving“ 2,13 – 16; „Plans for a Second Visit“ 2,17 – 3,13; und dann zusammengefasst traditionell: „Exhortation“ 4,1 – 5,24.550 Ganz hnlich auch Best, der ebenfalls auf eine einheitliche ˜berschrift fîr 1,2 – 3,13 verzichtet und diesen Abschnitt in Einzelteile aufgliedert (1,2 – 10: „Thanksgiving for the Thessalonians“; 2,1 – 12: „The Initial Behaviour of the Apostles“; 2,13 – 16: „Renewed Thanksgiving“; 2,17 – 3,13: „Paul’s Relationship with the Thessalonians after his Departure“551), 4,1 – 5,22 dann aber schlicht unter „Paraenesis“ subsumiert.552 Laub îberschreibt 1,2 – 3,13 „Der Apostel und die Gemeinde“, gliedert unter dieser Großîberschrift jedoch noch ein Proçmium 1,2 – 10 ein; 4,1 – 5,22 nennt sich bei ihm dann „Weisungen fîr das christliche Leben“.553 øhnlich auch Bull, der in 1,2 – 2,12 ein Proçmium erkennt, und davon nur 1,2 – 10 als „Danksagung“ bezeichnet; 2,13 – 3,13 nennen sich bei ihm „Die Bewhrung des Evangeliums durch die Gemeinde“, 4,1 – 5,11 dann (fast!) traditionell „Mahnung und Trçstung der Gemeinde“.554 Bull îbernimmt somit die Traditionsbezeichnung „Mahnung“ fîr 4,1 – 5,11, erkennt aber gleichzeitig, dass damit das Wesen dieses Briefabschnittes nicht ausreichend bezeichnet ist und ergnzt daher den zweiten Begriff „Trçstung“.555 Nicht ganz einheitlich ist die Zuordnung bei Dobschîtz: Zum einen umschreibt er die Kapitel 1 – 3 mit „[E]inleitender Teil in Form der Danksagung fîr den guten Christenstand der Gemeinde“, und die Kapitel 4 – 5 mit „Schlussteil: Parnese“.556 An anderer Stelle hingegen steht 1,2 – 3,13 unter der ˜berschrift „Paulus und die Gemeinde“557, nur 2,17 – 3,13 nennt sich dann „Der Danksagung 2. Teil“558 – obwohl nicht von „Der Danksagung 1. Teil“ die Rede war; 4,1 – 5,24 werden dann insgesamt mit „Zweiter parnetischer Teil“ betitelt.559 547 548 549 550 551 552 553 554 555 556 557 558 559

Vgl. Preuss/Berger, Bibelkunde, 416. Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch, 231. Boers, Study, 158. Bruce, Thess, 4. Best, Thess, 64.88.109.123. Best, Thess, 153. Laub, Thess, 16.25. Bull, Bibelkunde, 94. Vgl. hierzu ausfîhrlicher unter 2.3.2.3.; 2.3.2.5. Dobschîtz, Thess, 27 f. Dobschîtz, Thess, 62. Dobschîtz, Thess, 118. Dobschîtz, Thess, 154.

2.1. Methodische Vorîberlegungen

105

Ein seltenes Gegenbeispiel ist Holtz: Er geht den gegenstzlichen Weg und bleibt fîr den ersten Teil bei der Traditionsformulierung „(Eingangs-)Danksagung“, przisiert allerdings unmittelbar: „Der Weg Gottes mit der Gemeinde und ihrem Apostel“. Fîr den zweiten Teil nimmt er von herkçmmlichen Formulierungen ganz Abschied und betitelt: „Der Zuspruch“.560 Vollkommen von der traditionellen Betitelung Abschied genommen hat man in einigen jîngsten Verçffentlichungen: Niebuhr îberschreibt den ersten Teil des Briefcorpus (fîr ihn 2,1 – 3,13) „Ankunft des Evangeliums in der Gemeinde“, und den zweiten (4,1 – 5,22) „Wiederkunft Christi am Ende der Zeit“.561 Schreiber grenzt eine „Selbstempfehlung 2,1 – 12 ab, und betitelt dann 2,13 – 3,13 „Besuchswunsch und Botensendung“ sowie 4,1 – 5,11 „Leben in der Endzeit“.562 Schnelle schließlich vermeidet inhaltliche Zuordnungen ganz und spricht einfach neutral von „1. Hauptteil“ und „2. Hauptteil“.563

Parallel zu solchen thematischen Zuordnungen haben sich andere Analysemethoden und Strukturanstze Bahn geschlagen und andere Sichtweisen auf paulinisches Briefgut erçffnet. Diejenige, die in der Literatur zu 1Thess wohl am dominantesten eingesetzt worden ist, ist die formkritische Analyse anhand antiker Epistolographie. Wenn sich die Formkritik fîr andere Paulus-Briefe auch eher bewhrt haben mag, ist man fîr 1Thess zu eindeutigen formkritischen Ergebnissen nie gelangt. Ja, die Individualitt des Schreibens hat sogar zu gnzlich widersprîchlichen Zuordnungen der Briefteile zu den „musterhaften“ Aufbauelementen des antiken Briefes gefîhrt.564 Die Relevanz rhetorischer Analysen paulinischen Briefgutes anhand zeitgençssischer Redeformen war schon von Dibelius in den 1920er Jahren erkannt565, doch dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis sie sich gleichberechtigt neben die formkritischen Analysen gesellen konnten.566 Ihr Vorteil gegenîber der Formkritik sollte sein, eine asyndetische Zersplitterung der Briefe besser zu vermeiden und die Funktionen der un560 561 562 563 564

Holtz, Thess, 32. Niebuhr, Paulusbriefsammlung, 273. Schreiber, Der erste Thessalonicherbrief, 386 f. Schnelle, Einleitung, 63 f. Vgl. unter 2.2. Zu den Aufbauelementen des antiken Briefes vgl. zusammenfassend Klauck, Briefliteratur, 35 – 41. 565 Vgl. Dibelius, Geschichte, 97. 566 Zu rhetorischen Analysen bei Paulus allgemein vgl. Probst, Paulus, 50 – 52 (Lit!). Zur Geschichte der rhetorischen Analysemethode vgl. knapp Klauck, Briefliteratur, 176 – 180; Schoon-Janssen, Use, 190 – 192; eine kritische Rîckschau hlt bereits Hoppe, Der erste Thessalonicherbrief, 229 – 237.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

terschiedlichen Briefteile zueinander besser bestimmen zu kçnnen.567 Die Grenzen jedoch, an die man gerade in Bezug auf 1Thess mit rhetorischen so wie auch formkritischen Analysemethoden stieß, waren im Grunde dieselben, nmlich die Problematik der generischen Klassifizierung des Briefes îberhaupt. Viele Briefsorten und alle drei klassischen rhetorischen genera dicendi wurden durchdiskutiert568 ; viel hing dabei von der strukturellen Gliederung des Briefes sowie der Gewichtung der Parnese und ihrer Einordnung in die Brief- oder Redegenera ab569, sowie an der Gewichtung der einzelnen Teile zueinander. Beide Betrachtungsweisen haben ihre Meriten (und werden daher bis in die jîngste Zeit fortgesetzt), doch hat man auch auf rhetorischem Wege zu einer wirklich îberzeugenden Lçsung nicht gefunden: Einzelne Elemente der bekannten Genera waren in 1Thess zwar mehr oder weniger offensichtlich erkennbar, doch der Dissens in den Ergebnissen ist immer betrchtlich geblieben570 und hat zum wachsenden Bewusstsein beigetragen, dass der Brief formal stark seine eigenen Wege geht und sich gegen eindeutige Klassifizierung sperrt.571 567 Allgemein zu Grenzen der Formkritik bei Paulus vgl. Probst, Paulus, 41 f.; konkret in Bezug auf 1Thess vgl. Wanamaker, Analysis, 284 f. 568 Zusammenfassend referiert in Bickmann, Kommunikation, 90 – 97. 569 Vgl. Klauck, Briefliteratur, 290. 570 „Daß bei der Anwendung von rhetorischen Kategorien die Ergebnisse so weit voneinander abweichen, kçnnte man zum Anlaß fîr grundstzliche Skepsis gegenîber dieser Vorgehensweise nehmen, doch ist einzurumen, daß auch bei Analysen mit Hilfe von epistolographischen Mitteln der Konsens nicht wesentlich hçher ausfllt“ (Klauck, Briefliteratur, 288). 571 Traditionelle Klassifizierungsversuche enden dementsprechend hufig in Mischformen oder Selbsteinschrnkungen. Wuellner beispielsweise, der eine rhetorische Betrachtung der epistolographischen gegenîber bevorzugt, whlt noch relativ nahe an Traditionsbezeichnungen die Formulierung „paradoxical Encomium“ (Structure, v. a. 126 – 128). Boers nennt im Anschluss an einen unverçffentlichten Beitrag „I Thessalonians as a Paraenetic Letter“ von Malherbe aus dem Jahre 1972 1Thess „a paraenetic letter with two characteristic main parts, philophronesis and paraenesis“ (Boers, Study, 158; gegen Boers vgl. jedoch Koester, Experiment, 35, Anm. 5). Chapa entdeckt in 1Thess viele Elemente der Trostliteratur (einschließlich der Parnese [vgl. First Thess, 158 f.], entscheidet sich jedoch trotzdem nicht fîr die Gattungsbezeichnung „Trostbrief“ („letter of consolation“), sondern meint vorsichtig, „we may … be justified in calling it a consoling letter“, um unmittelbar anzuschließen: „… without intending to exclude other valid purposes“ (First Thess, 160). Die Diskussion ist knapp aber glnzend referiert von Klauck, Briefliteratur, 289 – 292 (Klauck selbst sieht gleich Chapa im Trostmotiv das Typische des 1Thess und meint daher, dass die Bezeichnung „Trostbrief“ zumindest „mehr abdeckt und mehr in

2.1. Methodische Vorîberlegungen

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Angesichts dieser Schwierigkeiten und Vagheiten verzichteten daher etliche Autoren auf formale Einordnung, warnten vor dem Festzurren durch formalistische Vereinnahmung572 oder betonten Paulus’ Kreativitt literarischer Invention.573 Andere Exegeten vollzogen vor diesem Hintergrund komplett den Schritt weg von Form- und Gattungsanalysen und wandten sich „dynamischeren“ kommunikations- bzw. sprechakttheoresich integriert als jeder andere einzelne Terminus“, ebd., 291); auch Bickmann sieht im Trçsten den wesentlichen Sprechakt des Briefes, orientiert sich dabei aber bewusst nicht an rhetorischen Briefsorten (Kommunikation, bes. 266 – 321; vgl. ausfîhrlicher unter 2.3.2.5.). 572 Dies ist vor allem bei Autoren zu beobachten, die auch bei der inhaltlichen Zuordnung der Briefhlften eher von der traditionellen Betitelung Abstand suchen. Beispielsweise: „So deutlich sich nun aber bestimmte formale Strukturen als verhltnismßig feste Bestandteile der paulinischen Briefe aufweisen lassen, so deutlich ist Paulus doch nicht an sie gebunden; er gestaltet die Form seiner Briefe entsprechend der jeweiligen Briefsituation“ (Holtz, Thess, 29). „The danger … lies in exaggeration, in increasingly inventive speciousness, in too much, often far-fetched and strained, genre hunting“ (Lambrecht, Thanksgivings, 154). Oder ders.: „There is a danger of forcing into the straitjacket of a so-called common pattern … [Instead,] attention must be given to the situation in Thessalonica with, on the one hand, the praiseworthy conduct of Christians and, on the other, their specific difficulties regarding moral life and doctrine. Second, the free and creative talent of Paul as a writer should not be underestimated. Finally, one should bear in mind that a so-called thematic structure must not neglect the formal criteria. In all structural analyses form and content cannot be separated“ (Analysis, 174). Vgl. ebenso Roetzel, Letters of Paul, 59 – 70. 573 Vgl. z. B. Best, Thess, 35; Dobschîtz, Thess, 25; Doty, Letters, 22 – 27; Schubert, Form, 119; auch Malherbe, Thess, 90 f. Fîr Koester unternimmt Paulus im îberhaupt ersten Brief der christlichen Literatur ein kreatives Experiment, um auf der Basis traditioneller Elemente – denn auf keine anderen war zurîckzugreifen – seine eigene Form eines „christlichen Briefes“ zu prgen. Auf keiner anderen als der traditionellen Formbasis kann Paulus seine Rhetorik aufbauen. Aufgrund der Plazierung des Briefes zwischen Tradition und literarischer Invention formuliert Koester die exegetische Aufgabe, die Besonderheiten, die Spezies des 1Thess gerade im Licht der abgenderten Briefkonventionen zu erschließen: „Any production of literature implies cultural establishment, convention, and continuity – or at least development along set lines. Development, however, can be continuous or discontinuous; it may be defined in terms of utilization or alteration, old forms in a new frame or old frames for new images. If a letter does not fit the established conventions, although it is still dependent upon them, how are traditional elements used, altered, bent, reshaped? What is the new message or experience which reveals the motivation for the transforming of traditional patterns?“ (Koester, Experiment, 35; vgl. auch die Wîrdigung in Collins, Scholarship, 19 f.).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

tischen Untersuchungen zu.574 Dies brachte zwar im wesentlichen kaum grundlegend neue Struktureinsichten mit sich, ermçglichte aber die leichtere Beschreibung der Funktionen der Textteile zueinander, ohne damit Wertungen in der Gewichtung auszusprechen. Die durch den Brief als Ganzes entstehende Kommunkationssituation wurde so leichter formulierbar, der Brief als Einheit leichter sichtbar, und aufgrund von Formvorgaben resultierende Wertungen der Briefabschnitte zueinander konnten vermieden werden.575 Besonders bedeutsam ist diesbezîglich die Arbeit von Bickmann. Ihre sprechakttheoretischen Untersuchungen fîhren zunchst zu keiner Struktureinsicht, die formkritisch nicht auch schon formulierbar gewesen wre: Die beiden großen Textblçcke sind (wesentlich) von unterschiedlichen illokutionren Sprechaktgefîgen bestimmt, in 1,2 – 3,13 dominiert das Expressivum des Dankes, in 4,1 – 5,24 das Direktivum der Mahnung.576 Diese beiden Teile werden nun aber sowohl inhaltlich als auch innerhalb des Kommunikationsgefîges dergestalt in Bezug gesetzt, dass der Dank die kommunikationspragmatische Bedingung fîr das Gelingen des direktiven Sprechaktes Trçsten darstellt. Trost angesichts der Todeserfahrungen innerhalb der thessalonischen Gemeinde stellt fîr Bickmann somit auch das Grundanliegen des gesamten Briefes dar.577 Dieses Ergebnis wird weiter zu verfolgen sein (vgl. unter 2.3.2.5.).

Der heutigen Exegese liegt nun ein Strauß an Methoden mit ihren spezifischen Mçglichkeiten vor. Da hier keine vollstndige Briefanalyse unternommen, sondern nur Funktion, Charakter oder „Schattierung“ der Parnese des Kernabschnittes 4,1 – 8 nher beleuchtet werden soll, muss keine grundstzliche methodische Entscheidung gefllt und der Brief anhand einer bestimmten Methode untersucht und andere Methoden verworfen werden. Es wîrde zu kurz greifen, den Brief lediglich als Abfolge unterschiedlicher Abschnitte unter thematischen Aspekten zu 574 Genannt seien beispielhaft die wichtigen Monographien: Johanson, Brethren, und Bickmann, Kommunikation (bes. 103 – 146). Beide legen im Licht der beschriebenen Schwierigkeiten die Vorteile einer kommunikations- bzw. sprechakttheoretischen Analyse gegenîber formkritischen und briefrhetorischen Analysen dar (vgl. bes. Johanson, Brethren, 6; und Bickmann, Kommunikation, 19.44 – 47). 575 Was auch dabei m.M.n. nicht immer ausreichend berîcksichtigt wird, sind widersprîchliche Strukturmarkierungen auf gleicher Ebene, die gerade zur Ambivalenz der Struktur und damit der Einheit des Textes beitragen. Dahingehende ˜berlegungen finden sich konkret fîr die Danksagungen in 1Thess bei Schnider/Stenger, Studien, 42 – 45. 576 Vgl. Bickmann, Kommunikation, 103 – 146. 577 Vgl. v. a. Bickmann, Kommunikation, 264 f.

2.1. Methodische Vorîberlegungen

109

betrachten. Bei einer solchen Betrachtung blieben die beiden Hlften des Briefes weiterhin unverbunden nebeneinander stehen und die „Mîhe“ der Zuordnung578 bliebe unaufgehoben. Ebenso wre es angesichts der Leistungen der kommunikationstheoretischen Methoden ein Rîckschritt, die Parnese ausschließlich îber eine wiederholt aufgenommene Suche nach der Brief- oder Redegattung bestimmen zu wollen; genauso wenig muss sie trotz Vorhandenseins „modernerer“ Methoden ganz aufgegeben werden. Der Blick auf die Textgattung erscheint mir immer noch hilfreich, nicht zuletzt aufgrund der Anregungen Koesters (schon 1979) und Wanamakers (noch 2000), die trotz der erkannten Grenzen der Formkritik nicht fîr deren Aufgabe, sondern deren Ergnzung pldierten, das hieß in Koesters Fall eine Kombination von formkritischem und traditionsgeschichtlichem, fîr Wanamaker eine Synthese von formkritischem und rhetorischem Ansatz.579 Bei einer exklusiven Betrachtungsweise blieben die Vorzîge anderer Methoden unbeachtet, d. h. die unterschiedlichen Funktionen einer Parnese in Abhngigkeit von der formalen Stellung sowie unterschiedlicher Sprechakte: Eine Parnese in einem Trostbrief ist etwas anderes als eine Parnese in einer Mahnrede; eine Danksagung und ein autobiographischer Bericht îber das eigene „heilige, gerechte und untadelige“ Handeln kann durchaus appellativen Charakter annehmen und dadurch zur Parnese werden.580 Vielversprechender erscheint mir daher eine Methodenkombination, d. h. der Versuch einer Positionierung von 1Thess 4,1 – 8 im Kontext einer Verhltnisbestimmung der dem ganzen Brief zugrundeliegenden inhaltlichen Motive, briefformalen Grundlagen und kommunikativen Signale, die zur Kohrenz des Briefes beitragen kçnnen.

578 Vgl. unter 2.1. mit Anm. 541. 579 Vgl. Koester, Experiment; Wanamaker, Analysis, 283 – 286. Treffend auch Hoppe, Der erste Thessalonicherbrief, 237: „Rhetorische Analyse kann nur ein analytisches Verfahren im Zuge einer Untersuchung des Briefes [sc. 1Thess] sein. Es muß in Korrelation zu anderen Verfahren gesetzt werden, weil nur so die Intention des Briefautors Paulus, die Situation der Gemeinde von Thessalonich, der ,Sitz im Leben‘ der paulinischen Aussagen im Sinne der klassischen Formgeschichte und letztlich die theologische Aussage des Paulus aufgehellt werden kçnnen“ (originale Kursivsetzung). 580 Vgl. ausfîhrlicher unter 2.3.2.3.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

2.2. Struktur von 1Thess 2.2.1. 1Thess 1,2 – 3,13 Ein Blick auf Gliederungsîbersichten fîr 1Thess zeigt, dass nicht alle Strukturmarken innerhalb des Briefes eindeutig zu bestimmen sind. Einhellig wird das Prskript (oder unter Vermeidung epistolographischer Formbegriffe die Kommunikationserçffnung) lediglich mit 1,1 abgegrenzt; es ist damit der kîrzeste aller paulinischer Briefeingnge. Die nchste makrostrukturelle Großzsur, îber die quer durch die Literatur (unabhngig von der gewhlten Analysemethode) Konsens besteht, liegt, wie genannt, zwischen 3,13 und 4,1. Die Gliederung des Abschnittes dazwischen, 1Thess 1,2 – 3,13, ist hingegen uneindeutig. Ein wesentlicher Grund hierfîr liegt darin, dass sich mehrere Gliederungsmçglichkeiten des Textes anbieten, die zu Einheiten fîhren, die sich îberschneiden, doch nur gelegentlich zusammenfallen und damit keine wirklich tiefen Zsuren bilden. Drei solcher Gliederungskriterien, in der Literatur immer wieder beachtet, sollen hier kurz miteinander abgeglichen werden: die mehrfache Wiederaufnahme des Dankmotivs, die wiederholte Anrede „Brîder“ und inhaltliche Gesichtspunkte. (1) Das erste davon erschließt sich aufgrund der Strukturmarken, die durch das mehrfach aufgenommene ausdrîckliche Danken entstehen, und zwar kann es dabei dahingestellt bleiben, ob dieses besser als epistolographischer Topos oder sprechaktpragmatisches Performativ zu verstehen ist. In beiden Fllen entstnde nach dieser Einteilung ein dreigeteilter Abschnitt, dessen Unterabschnitte jeweils mit 1,2; 2,13 und 3,9 f. begnnen. Dies ergbe einen insgesamt als „Danksagungsteil“ benennbaren Abschnitt, der als solcher – epistolographisch gesehen – natîrlich auch ansonsten îblicher Bestandteil paulinischer Briefe bzw. seiner Proçmia wre. Hier wre er jedoch – wie immer bemerkt worden ist – ganz ungewçhnlich breit ausgearbeitet (er bestnde aus ziemlich genau 3/5 des Gesamtbriefes). Wollte man nun formalistisch weiterfahren, kçnnte man den ersten dieser drei Dankesunterabschnitte von den folgenden absondern und htte auf diese Weise ein Proçmium 1,2 – 10 gewonnen. Allerdings ist es wohl letztlich nur eine nominelle Frage, ob das Corpus bereits mit 1,2 zu beginnen (so wohl die Mehrzahl der Exegeten)581 oder 581 Z.B. Bickmann, Kommunikation, 121 – 131.147 – 151; Holmstrand, Markers, 71; Holtz, Thess, 32.35 – 40; Johanson, Brethren, 67, Figure 2; Malherbe, viii.78 f.97 – 103.

2.2. Struktur von 1Thess

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zwischen Prskript und Corpusbeginn noch ein Proçmium einzuschieben ist, in welchem Falle das eigentliche Briefcorpus erst mit 2,1 beginnt.582 Fîr das inhaltliche Verstndnis hat es kaum Konsequenzen: Auch in letzterem Fall bleibt der Dank als wesentlicher Briefinhalt von 2,1 – 3,13 bestehen.583 Anders sieht es mit dem Vorschlag aus, 1,2 – 3,13 als Einheit stehen zu lassen, dann aber geschlossen als Proçmium zu bezeichnen und damit das Briefcorpus erst mit 4,1 beginnen zu lassen.584 In diesem Falle kçnnte man zwar leichter die Wiederholungen des Dankmotives einander beiordnen, htte allerdings ein Proçmium von Dimensionen, die dessen îblichen Rahmen bei weitem îberragen.585 Es ergben sich auch Kon582 So Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 126.129; Klauck, Briefliteratur, 271; Mîller, Thess, 94.121; Reese, Thess, 7 – 16. 583 Um die Grenze zwischen Proçmium und Corpus fließend zu halten, formuliert Laub: „Das … Proçmium (1,2 – 10) nimmt, gestaltet als dankbarer Rîckblick auf die Anfnge der Gemeinde, inhaltlich schon teil am Thema des ersten Teils des Briefkorpus (2,1 – 3,13)“ (Thessalonicherbriefe, 833). Vgl. auch Ebel, die zwar ein Proçmium 1,2 – 10 absondert und inhaltlich als „Danksagung“ charakterisiert, um sodann den ersten Teil des Briefcorpus 2,1 – 3,13 wiederum inhaltlich „Dank“ zu nennen (1. Thessalonicherbrief, 126). 584 Vgl. Schnider/Stenger, Studien, 42. Allerdings nennen sie den Teil zwischen Prskript und Corpus nicht „Proçmium“, sondern „briefliche Danksagung“. Sie verschieben damit die Betonung der Form auf die des Inhalts (vgl. auch Schnelle, der Schnider/Stenger als Vertreter eines 1,2 – 3,13 umfassenden „Proçmiums“nennt [vgl. Einleitung, 64, Anm. 104]). Etwas vage drîcken sich auch Conzelmann/Lindemann aus: „Das Proçmium beginnt deutlich abgesetzt in 1,2; nach hinten scheint es hingegen offen zu sein (vgl. den Neueinsatz in 2,13)“ (Arbeitsbuch, 228; originale Kursivsetzung). Trotz dieses „Neueinsatzes“ fîhrt der Absatz aber weiter: „Dieser Briefteil [und das bezieht sich wohl auf den gesamten Block 1,2 – 3,13] endet mit dem Dank an Gott wegen der nun verbesserten Lage und dem Wunsch nach einem Wiedersehen (3,9 – 13)“ (ebd., 226 f.). Bjerkelund sieht ebenfalls in 4,1 – 5,11 das Corpus, nennt aber 1,2 – 3,13 nicht „Proçmium“, sondern „Introduktion“ (Parakalú, 134). Auch Johanson sieht den „main ,point‘ of the communication“ in 4,1 – 5,24 (Brethren, 160). Koester verwendet fîr 1,2 – 3,13 sowohl die inhaltliche Bezeichnung „thanksgiving section“ als auch die briefformale Bezeichnung „proem“ (Experiment, 36; vgl. auch ders., Apostel, 289.292); sein Anliegen ist insgesamt zwar die Verwurzelung des 1Thess in den epistolographischen Traditionen, doch wesentlicher deren Umformungen durch Paulus. 585 Es wird nicht von ungefhr kommen, dass alle fînf Autoren bzw. Werke, die hier als Vertreter dieser Position genannt sind (vgl. Anm. 584), sich entweder formal vage ausdrîcken (Conzelmann/Lindemann), den Ausdruck „Proçmium“ vermeiden und durch formoffenere Begriffe ersetzen (Schnider/Stenger,

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

sequenzen fîr das inhaltliche Verstndnis des Gesamtbriefes: Der Dankesabschnitt wîrde trotz seines Umfangs eher einleitenden Charakter erlangen und sich die Gewichtung des gesamten Briefes mehr auf seine zweite Hlfte verschieben, d. h. die parnetische Ausrichtung strken.586 Genau die gegenteilige Einteilung nimmt Schubert vor. Auch er betont aufgrund formaler und inhaltlicher Erwgungen die Einheit von 2,1 – 3,13 als ein Danksagungsteil587, doch stellt dieser fîr ihn gerade das Briefcorpus und 4,1 ff. den Anhang dar588 : „It is quite clear, then, that the thanksgiving of I Thessalonians has a singularly important – epistolary – function. In fact its function is the function of the letter as a whole: the thanksgiving is the letter, i. e., the ,main body‘ of the letter. The paraenetical section 4,1 – 5,22 is its ,conclusion‘, just as chapters 12 – 15 are the conclusion of the letter to the Romans“.589 Dieser Ansatz berîcksichtigt stark, dass das Danksagen in 1Thess nicht nur einer formalen Einleitung zum Hauptteil, sondern bereits expliziter Informationsvermittlung dient. In dieser liegt fîr Schubert auch die Funktion der „Abweichungen“ vom Danken innerhalb der Kapitel 1 – 3 (die fîr ihn keine echten „Abweichungen“ sind). Fraglich ist allerdings, ob den Kapiteln 4 – 5 die Bezeichnung „conclusion“ gerecht wird, oder ob sie nicht doch mehr Eigenwert besitzen. Stilistisch bleibt auch die Unterschiedlichkeit der beiden ausdrîcklich voneinander getrennten parnetischen Abschnitte 4,1 ff. und 5,12 ff. nicht berîcksichtigt. Beiden Anstzen merkt man das Bestreben an, mit der strukturellen Entscheidung eine Wertung der einzelnen Teile zueinander zu verbinden. Denjenigen Teilen, die nicht als zum „Hauptteil“ (= Corpus) gehçrig

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Bjerkelund, Johanson), oder insgesamt ein von der strengen Gattungszuordnung abweichendes Anliegen vertreten (Koester). Vgl. z. B. Bjerkelund, Parakalú, 129 – 134; Malherbe, Thess, 80; Schulz, Ethik, 319 f. Vgl. Schubert, Form, 16 – 21. Im Anschluss an Schubert argumentiert auch Bjerkelund zu Gunsten einer Betrachtung von 1,2 – 3,13 als einheitlichen Teil. Seine Argumente: 1) Die deutliche Klimax der drei ausdrîcklichen Danksagungen; 2) die direkte ˜berleitung von 3,9 f. zum letzten Glied dieser Klimax; 3) die auf diese Weise entstehende enge Verbindung der Danksagung mit den nachfolgenden 1qyt_- und paqajak_-Aufforderungen (vgl. Parakalú, 133.213, Anm. 26). Vgl. Schubert, Form, 25 – 27; im Anschluss an ihn White, Form and Function, 70. Vgl. auch die Andeutung von Schnelle (Einleitung, 58), obwohl er in seiner schematischen ˜bersicht îber 1Thess mit 4,1 erst den „2. Hauptteil“ beginnen lsst (ebd., 64). Schubert, Form, 26 (originale Kursivsetzung).

2.2. Struktur von 1Thess

113

identifiziert werden, wird eine minder wichtige Funktion zugesprochen. Die textpragmatische Betrachtung hingegen warnt vor einer solchen strukturalistisch begrîndeten Wertung und kennzeichnet 1,2 – 3,13 als einzigen Sprechakt590, kann dann aber die interpretativen Konsequenzen, die sich gerade aus der Wertung der Teile zueinander ergeben, nicht mehr nutzen. Aufgrund beider Anstze hat man jedenfalls erschlossen, dass das Dankmotiv nicht nur strukturbildend, sondern auch einheitsstiftend wirkt.591 Durch die dreifache Wiederaufnahme entstehen zwar Zsuren, doch bewegt sich Paulus auch in den zwischen ausdrîcklichem Dank liegenden Versen nicht weit vom (formalen oder illokutionren) Danken weg, so dass dieses implizit den gesamten Briefgroßteil durchzieht.592 Auch wenn ein formaler „Dank“ ins paulinische Briefschema gehçrt, ist die psychologische Dankbarkeit des Paulus durch seine Erleichterung motiviert, die ihm nach seiner îberstîrzten Abreise und Sorge îber die Situation der jungen Gemeinde die Rîckkehr des Timotheus mit der positiven Nachricht zuteil geworden ist. Neben diesem psychologischen Aspekt schafft Paulus auf diese Weise aber auch eine theologisch-spirituelle Grundlage und bezieht seine Adressaten darin mit ein.593 Diese Grundlage besteht wesentlich aus der Erinnerung an die Bekehrung der Thessalonicher und dem Aufbau der jungen Gemeinde. Auf die Umstnde der Bekehrung rekurriert Paulus mehrfach, samt dem sich darauf beziehenden Glauben und der Erinnerung an dessen inhaltliche Grundlagen (1,3 – 10 in jedem Vers direkt; Paulus’ autographische Reminiszenz 2,2 – 14 gehçrt zu den Umstnden und Voraussetzungen; danach 3,2 – 5 passim; 3,6 – 8 wieder ausdrîcklich). Die Erinnerung an sein missionarisches Wirken (1,6 – 2,12) sind somit nicht Ausdruck des Danks, begrînden ihn aber (ausdrîcklich 590 Vgl. Bickmann, Kommunikation, 106 – 109. 591 Vgl. ausfîhrlicher Bickmann, Kommunikation, bes. 109 – 111; Francis, Form, 113; Holtz, Thess, 29 f.; Johanson, Brethren, 70; Malherbe, Thess, 104; O’Brien, Thanksgivings, 143 – 6; Schubert, Form, 18 f. 592 „It would seem that in 1 Thessalonians 1 – 3 Paul’s thanksgiving is to a certain degree indeed the controlling factor. [Anm. Lambrecht: ,So the whole of 1 Thessalonians is thanksgiving …‘] Yet there are undeniably expansions, digressions, interruptions … From the point of view of content these developments certainly still belong to the thanksgivings“ (Lambrecht, Thanksgivings, 156). Vgl. z. B. auch Ebels Gliederung (1. Thessalonicherbrief, 126; vgl. Anmm. 542.583). 593 Vgl. Klauck, Briefliteratur, 272.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

kausaler Anschluss di± toOto 2,13); ebenso ist seine Sehnsucht nach den Thessalonichern nicht Dank, ist von ihm aber geleitet.594 Man kann also Schubert zustimmen: „[W]e recognize that the two ,digressions‘ [sc. 1,6 – 2,12; 2,17 – 3,8] are by no means digressions, but, from the point of view of form, function and content are on the contrary fully legitimate and indeed constitutive elements of the general Pauline thanksgiving pattern“.595 Das Danken prgt den gesamten Abschnitt, liegt aber nicht durchgehend an der Oberflche, und gewiss nicht, wie es innerhalb eines formalen Proçmiums zu erwarten wre.596 Man wird aber von einer durchgngig je nach Textabschnitt mehr oder weniger zutage tretenden Dankeshaltung sprechen kçnnen.597 Zwischen dem ausdrîcklichen Danken und den dazwischenliegenden Textteilen besteht auf diese Weise ein wechselseitiges Verhltnis: Die Dankeshaltung umfasst die auch dazwischen liegenden Verse/Themen, doch kçnnen andererseits diese Verse Aufschluss auf die Funktion und inhaltliche Positionierung des Dankens geben. Dass dadurch die aus Briefschemen bekannten Formproportionen verschoben bzw. verschleiert sind sowie gerade das teilweise Implizite des Dankens, verstrkt die Dankeshaltung, da sie nicht aus formaler Erwgung resultiert, sondern Ausdruck einer zugrundeliegenden Stimmung ist. 1,2 – 10 als Einheit unter der ˜berschrift des expliziten Dankes (1,2) fîr die Gemeinde aufzufassen, ist schon syntaktisch offensichtlich, da diese Verse mehrfach begrîndend zugeordnet sind (deutlich durch mehrfache kausale Konjunktionen fti V.5, c²q V.8.9; auch ja· rle?r lileta¸ V.6 hat kausalen Sinn; ¦ste V.7 ist untergeordnet). 2,1 setzt mit der erneuten Anrede !dekvo¸ 594 Gegen Murphy-O’Connor: „Neither Paul’s clarification of his ministry nor his desire to visit Thessalonika can reasonably be considered motives for gratitude“ (Bulletin, 311). 595 Schubert, Form, 18. 596 Roloff schreibt ebenso, dass 1Thess „insgesamt im Ton der Freude und Dankbarkeit gehalten ist“ (Einfîhrung, 101; eigene Kursivsetzung); ganz hnlich Schierse, Einleitung, 54. Den Briefteil 1,2–3,13 im formalen Sinne als „Danksagungsteil“ oder gar „Proçmium“ zu titulieren, wird daher wohl zu kurz greifen. In diesem formalistischen Sinne (und nur in diesem!) hat Murphy-O’Connor dann nicht ganz Unrecht, wenn er in Kritik gegen Jewetts Analyse in „The Thessalonian Correspondence“ von einer „absurdity of a thanksgiving running from 1:2 to 3:13 … intensified by Jewett’s rhetorical analysis of 1:6 – 3:13 as ,Narratio of grounds for thanksgiving‘“ spricht (O’Connor, Bulletin, 311). 597 „[Es ist] immer dieselbe Danksagung, die auch nach Unterbrechungen, in 2,1 – 12 und 2,17 – 3,8, das tragende Motiv der ersten drei Kapitel bildet“ (Bjerkelund, Parakalú, 133); Schnelle spricht vom „Leitmotiv des Dankes“ in der ersten Briefhlfte (Der Erste Thessalonicherbrief, 64).

2.2. Struktur von 1Thess

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und dem Verweis auf das von Paulus bei seinen Adressaten vorausgesetzte Wissen und deren Erinnerung (oUdate) eine gewisse Zsur, schafft aber gleichzeitig eine strukturelle Parallele zu 1,4 (identische Anrede !dekvo¸, intensiviert durch Acapgl´moi rp¹ heoO, jedoch Kontrast eQdºter abhngig von 1. Person Plural gegen oUdate), sowie durch die Ausfîhrungen îber Paulus’ eigenes frîheres Wirken in Thessalonich eine inhaltliche Explikation zu den frîheren Verweisen auf sich selbst in 1,5b.6.9a. Der Einschnitt zwischen 1,10 und 2,1 ist daher zwar vorhanden, jedoch nur auf einer „mittleren“ Strukturebene zu fllen. 2,13 greift den Dank des Paulus fîr seine Adressaten wiederum ausdrîcklich auf (vgl. 2,13 mit 1,2); bes. das ja¸ deutet auf eine Fortfîhrung, nicht auf einen Neuansatz der Gedankenfîhrung hin. Inhaltlich erinnert die Betonung des gçttlichen Ursprunges des kºcor !jo/r an 1,5. Wie bereits oben fîhrt ein kausales c²q V.14 den Dank aus, ebenfalls erklang das Nachahmungsmotiv bereits in 1,6, wird aber ausgeweitet, insofern es sich in 1,6 auf Paulus (und seine Mitadressaten) bezieht, hier aber auf die Gemeinden Gottes in Juda. Letzterer Gedanke ist der Aufhnger fîr die Judenpolemik 2,15 f., die im frîheren Briefverlauf noch keine inhaltlichen Vorlufer hatte. Gleiches gilt auch fîr die sehr persçnlich formulierte Sehnsucht des Apostels nach den Thessalonichern V.17 f. Die Verse 2,18 f. wiederum stellen einen indirekten, dafîr aber umso euphorischeren Dank an seine Adressaten dar. 3,1 ff. fîhren aus biographischer Sicht die Verse 2,17 f. weiter und schließen wiederum mit explizitem Dank in 3,9 vervollstndigt durch den Bericht îber Paulus’ Fîrbitte V.10, den Wunsch nach baldigem Wiedersehen (in gedanklicher Fortspinnung von 2,17 f.) und Segenswînschen V.12 f. Performativ verstanden sind jedoch auch die Verse von Timotheus’ positiver Nachricht îber die Thessalonicher und Paulus’ Reaktion darauf in V.6 – 8 als impliziter Dank auffassbar. Damit versteht sich der Großabschnitt 1Thess 1,2 – 3,13 inhaltlich leichter und konsequenter als ein kohrenter Abschnitt. Das einzige Thema, das hierbei tatschlich aus dem Rahmen fallend breiter ausgefîhrt wird, ohne dass seine Grundgedanken im Rahmen der gesamten Danksagung vorausgezeigt oder weitergesponnen wren – abgesehen von den den Briefabschnitt formelhaft liturgisch wirkenden abschließenden Gebetswînschen 3,11 – 13, ist die Polemik 2,15 f.598 598 Diese Verse (oder auch beginnend mit 2,13 oder 2,14) sind (vielleicht neben 5,1 – 11) diejenigen des Briefes, fîr die am hartnckigsten die Vermutung einer unpaulinischen Interpolation geltend gemacht worden ist. In jîngerer Zeit hingegen lsst sich die Tendenz beobachten, die Verse eher wieder fîr authentisch zu halten. Da der Text außerhalb unseres Generaltextes liegt und keine offensichtliche Verbindung zu ihm erkennen lsst, muss die Frage hier nicht ausfîhrlich erçrtert und entschieden werden. Nur ein paar Wegmarken seien genannt: Die wohl umfassendste Begrîndung des Ausschlusses von 2,13 – 16 aus dem ursprînglichen Brief findet sich wohl in dem einflussreichen Artikel von Pearson 1 Thess 2,13 – 16: A Deutero-Pauline Interpolation aus dem Jahr 1971;

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

diesem in wenig nachstehend, aber weniger einflussreich war der etwas sptere Artikel von Schmidt 1 Thess 2:13 – 16: Linguistic Evidence for an Interpolation von 1983. Unterdessen hatte sich bereits Broer intensiv mit den problematischen Versen – und insbesondere mit Pearson – auseinandergesetzt, war aber zum Ergebnis gekommen: „Zwar kann … nicht behauptet werden, die paulinische Verfasserschaft von 1 Thess 2,13 – 16 sei positiv bewiesen, aber auch der Gegenbeweis kann nicht als vollgîltig akzeptiert werden, so daß es rebus sic stantibus sinnvoll erscheint, von der paulinischen Verfasserschaft dieses Abschnittes auszugehen“ (Antisemitismus, 746). Auch Jewett schrieb eine sehr anerkennende Auseinandersetzung mit Pearson, ohne jedoch seine Schlussfolgerung zu teilen (vgl. Correspondence, 33 – 36; „[e]ven in the case of 2:13 – 16 … Pauline authorship is likely“, ebd., 46). 1990 meldete sich wieder Broer zu Wort und stellte ganz grundstzlich die Beweisfîhrung fîr Interpolations- und Fragmentenhypthesen in Frage (vgl. „Der ganze Zorn …“, 137 – 148). Ausfîhrlich fîr die Authentizitt von 1Thess 2,13 – 16 sprach sich schließlich Holmstrand aus, indem er versuchte, die gesammelten Argumente fîr eine redaktionelle Interpolation zu widerlegen (vgl. Markers, 42 – 46). Bezeichnenderweise îberging er an spterer Stelle jedoch trotz seines Interesses an der Darstellung von 1Thess 1,2 – 3,13 als Einheit die inhaltliche Novitt der Verse 2,15 f., da sie durch keine aufflligen lexikalen „markers“ eingeleitet seien (vgl. ebd., 54 – 56). Die Authentizitt von 2,13 – 16 ist auch das Ergebnis von Johansons linguistischer Analyse: Er erkennt im gesamten Brief drei „Ringkompositionen“ (jeweils 1,2 – 2,16; 2,17 – 3,13; 4,1 – 5,24), von denen jedes dieser Briefdrittel fîr sich wiederum nach einem A-B-A-Modell modelliert sei. Fîr 1,2 – 2,16 hieße das: 1,2 – 10 korrespondiert mit 2,13 – 16, der Mittelteil besteht aus 2,1 – 12 (vgl. Brethren, 96 – 99; auch die Tafel in ebd., 99). Aufgrund dieser sorgfltigen Strukturierung kçnne 2,13 – 16 unter keinen Umstnden aus dem Originalbrief ausgeschlossen werden. Die „aprupt transition“ zum Angriff 2,15 f. erklrt Johanson inhaltlich als „instance of digressio which was observed to commonly serve the rhetorical functions of laus or its opposite, vituperatio“ (Brethren, 97; originale Kursivsetzungen). Johansons Strukturvorschlag hat „kînstlerischen“ Reiz, setzt aber insgesamt eine m.M.n. zu starke artifizielle Komposition voraus. Als Reprsentanten der großen zeitgençssischen Exegetenmehrheit, die sich zu Gunsten von 2,15 f. (oder 13 – 16 oder 14 – 16) als original paulinisch aussprechen, seien genannt: Brady, Process, 53 f.; Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 132 f.; Holtz, Thess, 27.96 f.; Malherbe, Thess, 164 f.; Schnelle, Paulus, 187 f.; Still, Conflict, 24 – 45. Dies soll allerdings nicht îber anderslautende Meinungen hinwegtuschen: Richard, der diachroner Analyse ingesamt wieder offener gegenîbersteht, hlt 2,14 – 16 wieder fîr unpaulinisch (vgl. Thess, 119 – 127). Ein wichtiger Anstoß zur Interpretation dieser Verse wurde in jîngerer Zeit auch durch das wachsende Verstndnis des frîhesten „Christentums“ als reformjîdischer Bewegung gesetzt, die sich erst im Laufe der Jahre îberhaupt eine eigene Identitt aneignen musste. Unter diesem Gesichtspunkt wird 1Thess 2,14 – 16 nicht zu einer antijîdischen Polemik, sondern zu einer „innerjîdi-

2.2. Struktur von 1Thess

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Die einheitliche Dankeshaltung von 1Thess 1 – 3 hat im Grunde auch schon Dobschîtz erkannt: „Zwar mit einer Danksagung zu beginnen, das gehçrt zum Briefstil. Aber hier îberwiegt das Dankgefîhl so, daß die grçßere Hlfte des Briefchens (Kap. 1 – 3) davon getragen wird (vgl. 13. 213. 39) … Streng genommen ist das alles der einleitende Teil, den man sonst bei den Paulusbriefen als ,Danksagung‘ bezeichnet. Aber Paulus arbeitet nicht nach einem Schema: Er hat in dem ˜berschwang seines Empfindens in diese Danksagung alles hineingelegt, was er an Liebesbeteuerung und Selbstrechtfertigung seiner Gemeinde gegenîber auf dem Herzen hatte“.599

(2) Als weiteres Beispiel fîr Kriterien zur Textgliederung dient die hufig wiederholte Anrede „Brîder“ (1,4; 2,1.9.14.17; 3,7600). Nicht alle dieser erneuten Anreden (allesamt im Vokativ) haben gleich große Gliederungswirkung, sondern liegen auf unterschiedlichen Ebenen: Doch keine fllt mit einer der Strukturvorgaben durch die Wiederaufnahme des Dankmotivs zusammen, so dass durch diese ˜berkreuzung bereits eine Ambivalenz der Struktursignale geschaffen wird. Die Tiefe der auf diese Weise entstehenden Zsuren ist gering in 1,4 inmitten der Hypotaxe; wesentlich grçßer in 2,1 wegen Satzanfang und neuem thematischen Rahmen, allerdings auch wegen Kausalverknîpfung zum Vorigen durch c²q ; 2,9 immer noch im selben Rahmen der autobiographischen Erinnerungen des Paulus sowie ebenfalls Kausalverbindung durch c²q ; 2,14 wiederum kausaler Abschluss, jedoch neue Unterthematik (Nachahmer der Gemeinden Gottes in Juda und Anfeindungen), neues Satzsubjekt rle?r ; 2,17 deutlich grçßere Markierung durch Position am Satzanfang, erneutes Ble?r (nach 2,13), inhaltliche Wiederaufnahme des autobiographischen Berichtes; 3,7 geringere Zsur durch inhaltliche Positionierung (Coda des Berichts îber Timotheus’ gute Nachricht), nicht an betonter Satzstellung, Kausalanschluss durch di± toOto.601

Gleichzeitig jedoch dienen auch die wiederholten Anreden (sowie das Dankmotiv bzw. die Dankeshaltung) nicht nur der Strukturierung, sondern auch der Vereinheitlichung des Textes. Denn nicht nur die Tiefe der durch sie entstehenden Zsuren variiert, sondern auch ihre Stellung innerhalb der unterschiedlichen (auf andere Weise bestimmte) Textsequenzen: Sie erscheinen als Neuansatz fîr einen Abschnitt (auf unterschiedlicher Ebene; wie z. B. in 2,1), inmitten einer lngeren Textsequenz (z. B. in 2,9) oder im Rahmen einer beschließenden Coda (z. B. 3,7). Die sche[n] Gruppenpolemik“ (Schreckenberg, Adversus-Judaeos-Texte, 133; vgl. auch Frankemçlle, Frîhjudentum, 280 f.) 599 Dobschîtz, Thess, 23.25. 600 Der Beleg 3,2 bezieht sich nur auf Timotheus. 601 Vgl. ganz hnliche Zuordnungen bei Holmstrand, Markers, 71 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

bestndigen Wiederaufnahmen also dienen einer doppelten Funktion: Sie gliedern, aber sie verbinden auch durch stetige Erinnerung an das personale Kommunikationsverhltnis zwischen Paulus und seinen Adressaten. (3) Ein drittes offensichtliches Kriterium der Textstrukturierung besteht in den behandelten Briefinhalten. Die Gliederung nach diesem Muster schlgt in den meisten Gliederungsîbersichten in Kommentaren oder Kapitelîberschriften in Bibelîbersetzungen nieder. ˜ber sie besteht grundstzlicher Konsens, die Unterschiede beziehen sich meist nur auf mehr oder weniger große Detailliertheit. Es bietet sich beispielsweise an: 1,2 – 10 Eingangsdank fîr den vorbildlichen Glauben der Thessalonicher; 2,1 – 12 autobiographischer Bericht îber das Wirken des Paulus in Thessalonich; 2,13 – 16 Nachahmung der Gemeinden Gottes und Juda und Anfeindungen; 2,17 – 20 Sehnsucht des Paulus nach einem Wiedersehen mit den Thessalonichern; 3,1 – 8 Sendung und Bericht des Timotheus; 3,9 – 13 erneuter und diesen Teil abschließender Dank fîr die Thessalonicher und Gebet fîr sie. Nach diesem thematischen Gliederungsvorschlag fallen nach 1,2 nur 2,1 und 2,17 mit durch Anrede markierten Zsuren zusammen, wohingegen sich beide durch das Dankmotiv markierten Zsuren mit thematischen Zsuren decken. Zudem gilt aber wiederum, dass die thematische Abfolge genauso strukturierend wirkt wie sie eine Einheit des gesamten Teiles 1,2 – 3,13 bildet, da die einzelnen Abschnitte nicht einfach asyndetisch aufeinander abfolgen, sondern in einem inneren Zusammenhang zueinander stehen. Es ergibt sich soweit folgende ˜bersicht: Kanonische Kapiteleinteilung

1,2 – 10

2,1 – 20

3,1 – 13

Neuaufnahme des Dankmotivs

1,2 – 2,12

Neuanrede „Brîder“

(1,2) – 1,3 1,4 – 10 2,1 – 8 2,9 – 13 2,14 – 16 2,17 – 3,6

Thematische Gliederung

1,2 – 10

2,13 – 3,8

2,1 – 12

2,13 – 16

3,9 – 13 3,7 – 13

2,17 – 20 3,1 – 8 3,9 – 13

Die Uneindeutigkeit der Gliederung, wie sie hier zwar optisch erkennbar wird, bietet natîrlich selbst nur ein kursorisches Bild, da lngst nicht alle Gliederungskriterien erfasst sind, sondern nur die hier ausgewhlten drei; zudem sind die Zsuren, die die einzelnen Unterabschnitte voneinander trennen, nicht gleichmßig tief. Zum dritten jedoch wird die Doppeldeu-

2.2. Struktur von 1Thess

119

tigkeit der Markierungen in ihrer trennenden und verbindenden Funktion nicht sichtbar.

Es zeigt sich somit, dass sowohl aufgrund der Widersprîchlichkeit der erkennbaren Zsuren als auch der doppeldeutigen Funktion der kurz beleuchteten Kriterien (Dankmotiv, Anredewiederholungen, inhaltliche Zusammenhnge) der Abschnitt 1,2 – 3,13 am besten als Einheit zu verstehen ist. Die Einheit von 1Thess 1,2 – 3,13 ist auch die Schlussfolgerung von Holmstrand, der 1Thess ausfîhrlich anhand grammatikalischer Anschlîsse (v. a. Konjunktionen) und deren linguistischen und rhetorischen Funktionen betrachtet602 : „[T]he first part [sc. 1,2 – 3,13] has the overall purpose of expressing a favourable assessment of the steadfastness in faith and love of the persecuted Thessalonians. This purpose is clearly stated in the opening instructive and thematic construction in 1:2 – 7, and subsequently restated in the instructive and thematic closing markers in 2:13 – 16 and 3:6 – 10, i. e. in the closing portions of the two major subsections of this part of the letter. The section 2:1 – 12, which is sometimes regarded as an apologia, turns out to be subordinate in character and to develop the first element of the proposition in 1:5 ff. This is indicated by the conjunction c²q and the following instructive and thematic construction in 2:1, which clearly refers back to the wording of 1:9, the latter in turn echoing the proposition statement in 1:5 ff. This means that 2:1 – 12 also directly serves the overall set out in 1:2 – 7, a point that is confirmed by the fact that the renewed statement of the purpose in 2:13 – 16 is introduced by ja· di± toOto ja¸. The whole of the first part, 1:2 – 3:13, thus seems ultimately to serve one and the same object, namely to express approval of the steadfastness in faith and love of the persecuted Thessalonians. The reason for doing so is of course to strengthen and encourage them in their persecution“.603

2.2.2. 1Thess 4,1 – 5,22 Ebenso wie die formale Abgrenzung eines Proçmiums am Anfang des Briefes ist briefschematisch gesehen auch sein Ende uneindeutig. Dabei ist es wiederum eher eine nominelle Frage, ob der Briefschluss erst mit 5,25 begonnen werden sollte604 oder bereits mit 5,23, wobei in 602 Vgl. Holmstrand, Markers, 48 – 73. 603 Holmstrand, Markers, 82 (originale Kursivsetzung). 604 Vgl. z. B. Bickmann, Kommunikation, 143 f.155; Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 126.130; Holtz, Thess, 32.270 – 275; Johanson, Brethren, 67, Figure 2; Lambrecht, Analysis, 165 f.; Marshall, Thess, 161 – 166.

120

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

diesem Falle meist eine Zsur zwischen V.24 und V.25605, gelegentlich auch zwischen V.27 und V.28 gesetzt wird.606 Holmstrands Mittellçsung betrachtet die V.23 – 25 ausdrîcklich als Schlussteil des Briefcorpus, und V.26 – 28 als Schlussteil des gesamten Briefes.607 Wesentlicher ist die Diskussion îber die Positionierung einer brieftypischen Schlussparnese. Diskutiert wird erstens, ob diese wirklich mit 5,12 beginnt (so die meisten Ausleger), oder nicht doch schon der gesamte Großabschnitt ab 4,1 als Schlussparnese zu bezeichnen ist; zweitens, falls man sich fîr den Beginn mit 5,12 entscheidet, ob sie dann noch dem Corpus, schon dem Briefschluss, oder als eigenstndiger Briefteil zu betrachten ist.608 Erkannt worden ist, dass bereits 4,1 mit einer fîr Schlussparnesen typischen Wendung koipºm einsetzt.609 Dies ist etwa fîr Schubert eines der wichtigsten Indizien dafîr, 1,2 – 3,13 als Hauptteil des Briefes zu betrachten, und 4,1 ff. als zusammenhngenden Anhang.610 Damit wre die Parnese in der Gesamtgewichtung des Briefes insgesamt verringert. Jedoch wre in diesem Falle die Schlussparnese genauso îberproportional ausgeweitet wie ein „Proçmium“ 1,2 – 3,13, was formal genauso unwahrscheinlich ist.611 Unberîcksichtigt bliebe ebenfalls der deutlich unterschiedliche Sprachstil der Mahnungen in 4,1 ff. und 5,12 ff. (nur 5,12 ff. bestehen aus fîr Schlussparnesen typischen kurzen Imperativreihungen612), sowie die Tatsache, dass 4,13 – 5,5 kaum direkte Anweisungen enthalten, obschon sie mehrfach in solche fîhren (4,18; 5,6.11). 605 Vgl. z. B. Klauck, Briefliteratur, 280 f.; Malherbe, Thess, viii. 336 – 346; Wuellner, Structure, 134 f.; nach sprechakttheoretischen Kriterien auch Bickmann, Kommunikation, 151 – 155. 606 Vgl. Reese, Thess, 66 – 71. Hughes analysiert zwar nach rhetorischem Muster, identifiziert aber einen Briefschluss ab 5,23 und unterteilt ihn in vier Unterabschnitte V.23 f., V.25, V.26 f., V.28 (Rhetoric, 106.116). 607 Holmstrand, 68 – 70.74. Ebel verfhrt nach demselben Prinzip, nur bestimmt sie 5,23 f. als Schlussteil des Corpus, und 5,25 – 28 als Postskript des Gesamtbriefes (1. Thessalonicherbrief, 128). 608 Vgl. die Diskussion in Schnider/Stenger, Briefformular, 71 – 74. 609 Vgl. Schnider/Stenger, Studien, 76; Schnelle, Einleitung, 58. 610 Vgl. Schubert, Form, 25 f. 611 Dobschîtz schlussfolgert im Grunde ganz richtig: „Rein formal betrachtet ist [1Thess] ein Schriftstîck, das nur aus Einleitung und Schluss besteht, ein Monstrum – oder ein Torso“ (Thess, 26 f.). Vielleicht ist diese Einschtzung (die die formkritischen Bedenken anzeigt) auch der Grund fîr seine uneinheitliche Titulierung der Briefhlften (vgl. oben unter 2.1.) 612 Vgl. Schnelle, Einleitung, 58; Schnider/Stenger, Studien, 76 f. ˜ber den Stil von 4,1 ff. spter unter 3.1.2.

2.2. Struktur von 1Thess

121

Bezeichnenderweise îbernehmen sowohl Schnelle als auch Schnider/ Stenger, die zwar beide in koip¹m owm (4,1) einen typischen Einsatz fîr Schlussparnesen erkennen, diese Gliederungsbezeichnung in ihren schematischen Strukturîbersichten dann aber gerade nicht fîr 4,1 ff., sondern reservieren sie unverfnglichererweise fîr 5,12 – 25.613 Das Argument „koipºm als Einleitung fîr Schlussparnese“ fîr die Lesart Schlussparnese ab 4,1 interpretiert das koip¹m owm insgesamt zu einseitig. Diese Sicht steht zwar auf alter Tradition614, doch ganz abgesehen davon, dass Paulus in der Mehrzahl der Flle koipºr adjektivisch im Plural in der Bedeutung „die îbrigen, die anderen“ verwendet615, erscheinen von den adverbialen Belegen mindestens genauso viele zur Einleitung eines Schlussgliedes einer allgemeinen Reihe (1Kor 1,16), einer Kurzparenthese (1Kor 4,2), speziell in der Bedeutung „die noch verbleibende Zeit“ (1Kor 7,29), wie zur Einleitung von Schlussparnesen (klassisch im Grunde nur 2Kor 13,11; Phil 3,1, wie 1Thess 4,1 sogar mit der betonten Anrede !dekvo¸ lou kombiniert, ist nicht eindeutig als Beginn einer Schlussparnese zu sehen; Phil 4,8 leitet keinen neuen Abschnitt ein).616 An derselben Beobachtung der diversen adverbialen Verwendung von koipºm scheitert aber auch die genau gegenteilige These, das koipºm – nach Identifizierung von 1,2 – 3,13 als Proçmium-Danksagung – als Indikator zur Einleitung des Hauptteiles des Briefes zu sehen sei, in welchem Falle koipºm

613 Vgl. Schnider/Stenger, Studien, 75; Schnelle, Einleitung, 64. 614 Vgl. Bultmann, Stil, 101; Dobschîtz, Thess, 155; Schmithals, Situation, 95 f. Auf der Autoritt von Bultmann und Dobschîtz baut auch Schubert (vgl. Form, 26, Anmm. 1.2). Bei beiden Autoren sind allerdings bereits Einschrnkungen zu beachten: Fîr Dobschîtz ist an die formale Offenheit zu erinnern, mit der er an 1Thess insgesamt herangeht; und Bultmann schreibt nicht mit briefformalem Interesse, sondern vergleicht den paulinischen Schreibstil mit dem kynisch-stoischen Diatribenstil und stellt fest, dass Paulus (t¹) koipºm „beim ˜bergang zu praktischen Ermahnungen“ verwendet, wie es auch in der Diatribe zu beobachten ist. Von einer epistolographischen „Schlussparnese“ ist ausdrîcklich nicht die Rede. 615 Rçm 1,13; 11,7; 1Kor 7,12; 9,5; 15,37; 2Kor 12,13; 13,2; Gal 2,13; Phil 1,13; 4,3; 1Thess 4,13; 5,6. Im Singular zudem Gal 6,17; 1Kor 11,34. 616 Vgl. Fendrich, Art. koipºr, 889 f.; Collins, „This is the Will …“, 300 f.; Snyder, Summary, 357. Gegen Schmithals, der mit Bezug auf 2Kor 13,11; Phil 3,1; 4,8; Gal 6,17 meint, in adverbialen koipºm-Formeln bei Paulus ausschließlich (!) Einleitungen fîr Schlussparnesen zu erkennen (vgl. ders., Historische Situation, 95 f.). Bornemann hingegen sieht im koipºm „nur eine lose, mehr oder minder willkîrliche Anknîpfung des zweiten Teils unsers [sic!] Briefes an den ersten angedeutet“, und erkennt erst im folgenden owm sowie inhaltlichen Bezîgen, wie eng sich Kapitel 4 – 5 an 3,11 – 13 anschließen (Thess, 159).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

dann „generally inferential (,then‘ or ,and so‘) in relation to 1:2 – 3:13 in view of ist exordial-like charakter“ zu verstehen sei.617 Das Argument der ungewçhnlich langen und inhaltlich differenzierten „Schlussparnese“ 4,1 ff. kçnnte aufgehoben werden, indem man die Schlussparnese nicht in 4,1 – 5,22 (oder 4,1 – 5,25) sieht, sondern nur in 4,1 f. (dann in gestutzter Form), bevor durch redaktionellen Eingriff zwei Texthlften an dieser Stelle zusammengefîgt wurden. Heute finden sich allerdings kaum noch Vertreter fîr solche literarkritischen Konstruktionen (Richard ist eine Ausnahme, vgl. unter 2.3.1.).

Wenn also eine abgegrenzte Schlussparnese leichter als mit 5,12 einsetzend zu lesen und folglich das koipºm in 4,1 anders zu interpretieren sein wird, ist dennoch nicht davon zu abstrahieren, dass der Großabschnitt 4,1 – 5,22 insgesamt nicht wenig von Parnese geprgt ist. Deutlich sind entsprechende Signalwçrter (1qyt_lem, paqajakoOlem in 4,1; paqaccek¸a in 4,2; paqajakoOlem in 4,10 und 5,14; toOto c±q rl?m k´colem in 4,15; paqajake?te !kk¶kour in 4,18; paqajake?te !kk¶kour ja· oQjodole?te in 5,11; 1qyt_lem in 5,12; dazu kommen Imperative und Hortative; 1moqj¸fy in 5,27 steht außerhalb des Abschnittes). Diese Signalwçrter sowie die durch sie eingeleiteten direkt parnetischen Abschnitte sind wesentlich zahlreicher und gleichmßiger verstreut als die entsprechenden Dankessignale in 1,2 – 3,13. 1Thess 4,13 – 17 beinhalten zwar keine direkte Parnese, sondern Sachinformation îber die bevorstehenden eschatologischen Ereignisse, mînden aber unmittelbar wieder in die daraus resultierende Aufforderung 4,18; das gleiche gilt fîr 5,1 – 5.7 – 10 mit den Aufforderungen zur Wachsamkeit (5,6) und gegenseitiger Ermahnung und Erbauung (5,11). Inhaltlich ist 4,1 – 5,22 leicht und auf den ersten Blick unkontrovers in drei Abschnitte zu untergliedern: Die wohl hufigste Aufteilung zieht die Hauptzsuren zwischen 4,1 – 12; 4,13 – 5,11 sowie 5,12 – 22. Innerhalb von 4,1 – 12 sind wiederum drei Einheiten zu erkennen: V.1 f. fungieren als Einleitung, 4,3 – 8 behandeln die Thematik Ehe/Sexualitt und Habsucht (?)618, 4,9 – 12 sprechen von Bruderliebe und Arbeitsethik. Der einzige diesbezîgliche Diskussionspunkt ist, ob und wie eng 4,3 – 8 617 Vgl. Johanson, Brethren, 112, im Anschluss an Bjerkelund (Parakalú, 128), der dort mindestens besttigt, dass koipºm in 1Thess 4,1 nicht zur Einleitung einer Schlussparnese dient. Fîr beide dieser wichtigen Exegeten ist das einleitende koipºm freilich nur eines von etlichen Argumenten fîr eine solche Einteilung. Zurîckhaltend unentschlossen bleibt Lambrecht, Analysis, 167, Anm. 14. 618 So eine hufige Interpretation. Die Laster, die hier gemeint sein kçnnen, werden unter 3.3. ausfîhrlicher diskutiert.

2.2. Struktur von 1Thess

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und 4,9 – 12 zueinander gehçren.619 Problemloser sind sodann wiederum 4,13 – 5,11, die unter dem einheitlichen Thema eschatologischer Erwartungen stehen; der Neuansatz in 4,13 ist mit dem Ende der Mahnungen und thematischem Neuansatz (eschatologische Information), ebenso wie durch die Neuanrede !dekvo¸ eindeutig. Weniger makrokontextuell auffllig, aber dennoch deutlich zsurierend verluft parallel dazu die Reihung der drei mit peq¸ eingeleiteten bzw. markierten Abschnitte 4,9 – 12; 4,13 – 18 (zur Frage nach den joilyl´moi) und 5,1 – 11 (zu den wqºmoi und jaiqo¸ der Wiederkunft Christi). Im Bezug auf diese peq¸Reihung besteht ein zwar nicht einhelliger, aber dennoch breiter Konsens darîber, dass Paulus hier in drei Abschnitten auf Fragen eingeht, die ihm von der Gemeinde aus entgegengebracht worden sind.620 Sie liegen innerhalb des Gesamtbriefes nicht auf hoher Strukturebene, doch fallen auch ihre Grenzen mit anderweitig entstandenen Zsuren zusammen. 5,12 – 22 fîgen schließlich eine Reihe von Kurzmahnungen zum gemeindlichen Zusammenleben an, deren von den Mahnungen 4,1 ff. unterschiedlicher Stil (kurze Imperativreihungen)621 eben hufig dazugefîhrt hat, diese typischerweise als „Schlussparnese“ zu bezeichnen und so von den frîheren Ermahnungen abzugrenzen.622 Fast nur eine nominelle Frage ist es dann, ob diese Schlussparnese dem Briefcorpus zuzurechnen ist oder nicht. Fîr ersteres sprche der relativ konsequente, wenn auch nicht immer an der Oberflche durchgngig weitergefîhrte par619 Diese Fragestellung hat freilich Konsequenzen fîr die Interpretation von 4,3 – 8 und soll unter 3.1.2. diskutiert werden. 620 Vgl. Aasgaard, My Beloved, 153 (er bezieht sich dabei allerdings nur auf 4,13 ff.); Baltensweiler, Erwgungen, 1; Best, Thess, 14 f.170 f.; Dobschîtz, Thess, 154 (er bezieht sich dabei sehr weitrumig auf 4,1 – 5,24!); Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 128; Faw, Writing, 220 – 222; Frame, Thess, 140.157; Konradt, Gericht, 99 f.; Malherbe, Did the Thessalonians Write to Paul?, 246 – 257; ders., Epicurean Rhetoric, 139; ders. Thess, 222 f.242 f.; Schnelle, Entstehung, 209; ders., Der Erste Thessalonicherbrief, 209; ders., Ethik, 298; Snyder, Apokalyptic, 236 f. Die Gegenposition hingegen wird etwa vertreten von: Bruce, Thess, 89; Dibelius, Thess, 19 f.; Haufe, Thess, 74; Holtz, Thess, 31.173; Marshall, Thess, 114 (er bezieht sich dabei allerdings nur auf 4,9, nicht auf 4,13 und 5,1); Mîller, Thess, 176 f.; Schfer, Gemeinde, 131 f. 621 Vgl. Anm. 612. 622 Zu Versuchen, diese Mahnungen inhaltlich mit denen von 1Thess 4,3 ff. zu identifizieren und harmonisieren, vgl. Malherbe, ,Pastoral Care‘, 375 f. Als Frîhstadium einer Kirchenordnung (mit Weiterfîhrungen in 1Kor 14 und Did 9 – 10.11 ff. (gemeint sind 11 – 13) interpretiert Robinson die Stelle (vgl. Hodajot-Formel, 222 – 224).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

netische Gestus des gesamten Großabschnittes 4,1 ff., dagegen die Lnge, der deutlich strukturierte Aufbau und der unterschiedliche Sprachstil. Durch die bereits unter 2.2.1. berîcksichtigte wiederholte Anrede „Brîder“ ergeben sich in der zweiten Briefhlfte ebenfalls viel deutlichere ˜berschneidungen mit der anhand thematischer Gesichtspunkte gewonnenen Struktur. Es entsteht somit fîr 4,1 – 5,22 ein Gliederungsschema, das deutlich klarer ist als das von 1,2 – 3,13 und îber das daher in der Literatur auch viel grçßere Einigkeit besteht:

Die Briefhlfte 4,1 – 5,22 ist somit schrfer zsuriert und wirkt disparater als der Großabschnitt 1,2 – 3,13. Eine genauere Bestimmung der Abgrenzung von 4,1 – 8 sowie die Rolle der Parnese fîr diese Verse werden unter 3.1. und 3.2. noch nher betrachtet werden.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess Whrend in der ersten Briefhlfte die drei expliziten Dankformulierungen dazu beigetragen haben, den gesamten Text in eine allgemeine (auch implizite) Dankeshaltung zu betten, fungiert die Parnese in der zweiten anders. Dass 4,1 – 5,22 in einem einheitlicheren parnetischen Licht stehen als 1,2 – 3,13 in einem des Dankens, wird man v. a. angesichts des langen Abschnittes 4,13 – 5,11, der bestenfalls zu einigen marginalen Zwischenparnesen fîhrt, kaum behaupten wollen – obschon nicht wenige Autoren offenbar diese Auffassung vertreten und es sich von daher erklrt, dass bei der konventionellen thematischen Zweierteilung des Briefes „Parnese“ als Titel fîr die zweite Hlfte insgesamt lnger gehalten

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

125

hat bzw. noch hlt als „Danksagung“ fîr die erste.623 Hingegen wirkt 4,1 – 5,22 durch die klareren und leserpsychologisch tieferen Zsuren heterogener und die einzelnen parnetischen Abschnitte asyndetischer und kleingliedriger.624 Hierdurch entsteht weniger eine den Abschnitt insgesamt durchziehende Mahnhaltung als in 1,2 – 3,13 eine Dankhaltung. Die Aufgabe des ausdrîcklichen Dankmotivs und das Zurîcktreten der Verbundheit des Apostels verbunden mit der gleichzeitig auftretenden expliziteren Parnese bewirkt hingegen einen Stimmungswechsel. Die genauere Bestimmung des Kontrastes zwischen den beiden Teilen hngt dann davon ab, wie eng fîr die Mahnungen ab 4,1 ff. noch die freundschaftliche Atmosphre des Abschnittes davor als Stimmungsfolie geltend gemacht werden kann, oder davon, ob in 1,2 – 3,13 auch schon implizite Parnese erkennbar ist, oder aber davon, ob und inwiefern fîr beide Teile noch andere zugrundeliegende einheitliche thematische Konstanten ausgemacht werden kçnnen. 2.3.1. Vereinheitlichung durch Teilungshypothesen Obwohl Teilungshypothesen grundstzlich natîrlich gerade nicht geeignet sind, einen Text als Einheit wahrzunehmen, hatte die Exegese frîherer Jahrzehnte durch Teilungshypothesen auf kînstliche Weise eine Betrachtung unter einheitlichen Gesichtpunkten ermçglicht bzw. erleichtert. Die meisten Vertreter dieser Richtung betrachteten 1Thess 3,13 oder 4,2 als Briefschluss und hatten somit keine Notwendigkeit mehr, Kapitel 4 im Anschluss an Kapitel 3 darzustellen. Teilungshypothesen und Interpolationstheorien fîr paulinisches Briefgut und so auch fîr 1Thess hatte man das ganze 20. Jahrhundert hindurch immer wieder intensiv durchdacht. Jeweils ein frîhes Beispiel mag das verdeutlichen: Bereits 1905 meinte R. Knopf, in 1Thess 2,16b eine spter eingefîgte Glosse aus der Zeit nach 70 n. Chr. in Rîckblick auf die Zerstçrung Jerusalems zu erkennen625 ; 1909 vermutete R. Scott in 1Thess 1 – 3 623 Vgl. unter 2.1. 624 „The second part, 4:12 – 5,25 [sic!, gemeint ist vielmehr: 4,1 – 5,25], is more heterogeneous. Fundamentally, it is exhortatory, but it is not as distinctly held together by an overarching statement of purpose [as the first part 1,2 – 3,13]“ (vgl. Holmstrand, Markers, 82 – 84, hier: 82). 625 Vgl. Knopf, Zeitalter, 139, mit Anm. 1; im Anschluss daran Schenke/Fischer, Einleitung, 70.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

einen von Phil und geringfîgig von 2Kor abhngigen Brief verfasst von Timotheus, in 1Thess 4 – 5 jedoch einen weiteren Brief verfasst von Silvanus mit Bezîgen zu Eph und anderem Schrifttum der zweiten christlichen Generation.626 Konjunktur hatte diachrone Bastelfreude jedoch vor allem in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, so dass man 1978 gar von einer „Welle der Literarkritik der Paulusbriefe“627 sprach. 1Thess wurde meist in zwei Teilbriefe aufgesplittet, zustzlich komplizierte man die Situation durch die Identifizierung redaktioneller Interpolationen unterschiedlichster Art. Als vier der wichtigsten und extremsten Vertreter dieser Richtung sind K.-G. Eckart, C. Demke, W. Schmithals und die NTEinleitung von Schenke/Fischer zu nennen.628 Die Hauptgrînde fîr 626 Vgl. Scott, Epistles, 215 – 233. 627 Schenke/Fischer, Einleitung, 66. 628 Eckarts Vorstoß basierte seinerseits auf Anregungen von E. Fuchs (vgl. Eckart, Brief, 42). Whrend Fuchs jedoch lediglich 4,13 – 5,11 aus dem Zusammenhang ausgegliedert hatte (vgl. Fuchs, Hermeneutik, 46), sah Eckarts Lçsung komplexer aus: Er erkannte in 1Thess zwei im Abstand von ca. vier bis sechs Wochen verfasste Briefe (2,13 – 16 sowie diverse weitere Einzelverse werden als fremde Einfîgung ausgeklammert). Der erste wahrscheinlich vollstndig erhaltene Brief bestand fîr ihn aus: 1Thess 1,1 – 2,12; 2,17 – 3,4; 3,11 – 13; der zweite unvollstndig erhaltene aus: 1Thess 3,6 – 10; 4,13 – 5,11; 4,9 – 10a; 5,23 – 26.28 (vgl. Eckart, Brief, 43 f.). Demke lieferte wohl den abenteuerlichsten Teilungsansatz von 1Thess îberhaupt. Ihm zufolge seien die Versatzstîcke eines echten Paulusbriefes nur noch in 2,17 – 3,2a.5b-11; 4,9.10a.13 – 17; 5,1 – 22 zu erkennen, und selbst innerhalb dieser Teile (sowie auch außerhalb) sei mit nachtrglichen Retuschen zu rechnen. Smtliche weiteren Teile des kanonischen 1Thess stamme aus der Hand eines nachapostolischen Autoren (vgl. Theologie, 123). Demkes Extremposition hat – soweit ich sehe – nie Nachfolger gefunden und man wird sie heute wohl eher als exegesegeschichtliche Kuriositt betrachten. Die fîr den hier zu betrachtenden Zentraltext 4,3 – 8 relevante Konsequenz wre nach diesem sowie auch Eckarts Ansatz, dass er gar nicht mehr als paulinisch zu gelten htte. Die Grînde fîr Demkes Ausschluss sind jedoch durchaus von Belang: Er stellt ein gegenîber den anderen Paulus-Briefen verndertes Heiligungsverstndnis fest: „Ein geschehenes Heiligungswerk Gottes an den Glaubenden kommt [in 1Thess] nicht in den Blick (dagegen 1.Kor 6,11; Rçm 15,16 vgl. 1.Kor 7,14). Der heilige Geist ist nicht als endzeitliche Gabe gedacht, die den Glaubenden [als !qqab¾m, vgl. ebd., 111] geschenkt ist (wie Rçm 5,5; 2.Kor 1,22; 5,5; Rçm 8,23), sondern wohl als Kraft vorgestellt, mit der Gott das Werk der Heiligung in den Glaubenden unterstîtzt“ (Theologie, 112). Die hier beobachtete Orientierung des noch andauernden Heiligungsprozesses im Gegensatz zu einem „eschatologischen Aorist des Gotteswerkes“ (ebd.) in den anderen von Demke bezeichneten PaulusBriefen, der das Geheiligt-Sein der Glubigen bzw. deren Qualifizierung als Heilige begrîndet, wird uns auch in der Untersuchung zum Heiligungs- und Heiligkeitsverstndnis des 1Thess begleiten – ohne dass Demke in seiner Schlussfolgerung, die entsprechenden Verse seien unpaulinisch, zu folgen wre.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Schmithals’ Vorschlag ist verglichen mit dem Demkes (und spter auch Schenke/Fischers) sehr îbersichtlich. In einer Verçffentlichung von 1964 erkannte er in 1Thess und 2Thess insgesamt vier Brieffragmente, von denen zwei auf 1Thess fallen. Der ltere davon umfasse 1,1 – 2,12 sowie 4,3 – 5,28, der zweite nicht viel sptere 2,13 – 4,2 (vgl. die ˜bersicht in: Schmithals, Thessalonicherbriefe, 308). In Bezug auf die Stellung von 4,2 lsst sich dabei eine ambivalente Haltung erkennen: An einer spteren Textstelle desselben Aufsatzes reicht der „zweite“ Teilbrief des 1Thess nur bis einschließlich 4,1 (vgl. ebd., 312), ohne dass 4,2 in den frîheren Teilbrief îbernommen wre. Nur ein Jahr spter wiederholte Schmithals seinen Ansatz noch einmal; zu welchem Brief 4,2 zu rechnen sei, blieb auch hier unentschieden (vgl. Historische Situation, 96.131; vgl. dann allerdings die ˜bersicht ebd. 153 f., wo 4,2 dem frîheren Brief zugerechnet wird). 1984 hatte Schmithals seine ˜berlegungen noch einmal verkompliziert: Jetzt splittete er die beiden kanonischen Thessalonicherbriefe in insgesamt fînf auf, von denen drei auf 1Thess entfallen, zuzîglich einer kurzen Passage aus 2Thess, die jetzt mit dem zweiten der 1Thess-Fragmente verquickt wird. Die fînf originalen Briefe seien in chronologischer Reihenfolge im einzelnen: (1) 2Thess 1,1 – 4a.11 f.; 3,6 – 16; (2) 1Thess 4,13 f.; 5,1 – 28; (3) 2Thess 2,13 f.1 – 4.8b.15 – 17; 3,1 f.17 f.; (4) 1Thess 1,1 – 2,12; 4,2 – 12; 2Thess 3,3 – 5; (5) 1Thess 2,13; 2,17 – 4,1 (vgl. Briefe des Paulus, 112 – 124; diese Aufteilung ist fast identisch mit Schmithals’ im selben Jahr verçffentlichten Buch Neues Testament und Gnosis, 46 – 48, allerdings mit der Ausnahme, dass er hier den Einzelvers 2Thess 3,3 nicht dem vierten, sondern bereits dem dritten Brief zuordnet). Obwohl dieser Vorschlag/diese Vorschlge zu seinen eigenen aus den 60er Jahren deutlich in Spannung steht/stehen, geht Schmithals in keinem seiner beiden Verçffentlichungen von 1984 auf seine frîheren Beitrge ein. Seine Verçffentlichungen von 1984 sind wohl tatschlich nur als Sptgeburt einer frîheren Exegeseperiode zu verstehen. 1996 verteidigte Schmithals allerdings noch einmal seine mittlerweile heftig kritisierten Arbeitsmethoden in einem sehr engagierten Aufsatz Methodische Erwgungen zur Literarkritik der Paulusbriefe. Schenke/Fischer akzeptieren die bereits in den 60er Jahren bei Eckart und Schmithals angefîhrten Argumente fîr Teilungshypothesen und bauen darauf auf. Ihr hçchst kompliziertes Ergebnis sieht folgendermaßen aus: Ein erster Teilbrief besteht aus der Reihung: 1Thess 2,13; 2,1 – 12; 2,17 – 3,4; 2,14; 4,1 – 8; 3,11 – 13; ein zweiter Teilbrief sodann aus: 1,2 – 10; 3,6 – 10; 4,13 – 17; 5,1 – 11; 4,9 – 12; 5,12 – 26.28. Die verbleibenden Verse 2,15 f.; 3,5; 4,18; 5,27 werden als unpaulinisch getilgt (vgl. Schenke/Fischer, Einleitung, 65 – 74). øhnlich, aber mßiger sieht Peschs Vorschlag aus: fîr ihn besteht der erste paulinische Brief aus 1Thess 2,13 – 16; 2,1 – 12.17 – 20; 3,1 – 5; 4,1 – 8; 3,11 – 13; der zweite aus 1,1 – 10; 3,6 – 10; 4,9 – 18; 5,1 – 28 (vgl. Pesch, Enteckung, 68 – 72.89 – 94). Ebenso wie der Demkes haben sich auch die Anstze von Schenke/Fischer und Pesch nie auf breiter Ebene durchgesetzt (vgl. allerdings Ulonska, Christen, 210), auch wenn v. a. Schenke/Fischer gemeinsam mit Eckart und Schmithals immer wieder als Wegmarken fîr literarkritische Untersuchungen am 1Thess erwhnt werden.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Teilungshypothesen blieben dabei im wesentlichen immer die gleichen: doppelter Briefeingang (1,2 ff. und 2,13 ff.), doppelter Briefschluss (3,11 ff. und 5,23 ff.), doppelte (oder dreifache) Danksagungsperiode und die daraus folgenden briefformalen Analyseschwierigkeiten; ebenfalls meinte man in 2,17 – 3,4 einerseits und in 3,6 – 10 andererseits unterschiedliche Schreibsituationen zu erkennen; zudem sah man Schwierigkeiten mit dem harten Anschluss ja· di± toOto ja· Ble?r in 2,13 in Folge auf 2,12 (auf was bezieht sich ja· di± toOto ?; wer ist mit ja· Ble?r gemeint?). Schon damals blieben derartige Versuche nicht unwidersprochen629, als fîr die heutige Exegese gîltig durchgesetzt hat sich keine davon. In den meisten neueren Kommentaren werden sie nur gestreift und dann – mehr oder weniger ausfîhrlich begrîndet – zur Seite geschoben630 : Die Einheitlichkeit und die authentische paulinische Autorenschaft hat sich fîr den gesamten 1Thess in seiner kanonischen Form sehr mehrheitlich durchgesetzt. 629 Als einer der profiliertesten zeitgençssischen Kritiker ist wohl W.G. Kîmmel zu nennen. Bereits 1962 unterzog er Eckarts Teilungs- und Interpolationshypothesen (von 1961) einer scharfen Kritik (vgl. Kîmmel, Problem, bes. 214 – 225). Weder hier noch in den in der Tat knappen Ausfîhrungen seiner NT-Einleitung hatte er jedoch das Argument von 1Thess 3,11 – 13 als Briefschluss berîcksichtigt (vgl. Feine/Behm, Einleitung [12. Aufl. 1963 hg. v. W. Kîmmel], 184). Schmithals meinte daraufhin, in dieser Auslassung einen entscheidenden Schwachpunkt in Kîmmels Argumentation entdeckt zu haben und bezeichnete dieses Argument als „unbestreitbar und unwiderlegbar“ (Schmithals, Historische Situation, 93; vgl. ders., Thessalonicherbriefe, 302, Anm. 18). Ab der 17. Auflage seiner „klassischen“ NT-Einleitung, die mittlerweile unter seinem eigenen Namen als Hauptverfasser lief, ergnzte Kîmmel dann lapidar: „Aber warum soll Paulus, da er vom Proçmium direkt zur Korrespondenz îbergegangen war (2,2 ff ), nicht das Proçmium in 2,13 ff erneut aufgreifen? Und warum soll er nicht, ehe er zur Parnese îbergeht (4,1 ff ), die Korrespondenz mit einem feierlichen Wunsch abschließen (3,11 ff; vgl. auch Rçm 11,33 ff )? Wir haben ja schwerlich ein Recht zu dem Postulat, Paulus mîsse das Briefschema immer in der gleichen Weise gehandhabt haben“ (Einleitung [17. Aufl.], 225). Ferner hielt Kîmmel die im Falle einer Betrachtung von 1Thess 2,13 als Briefanfang notwendige redaktionelle Tilgung des dann notwendigen erneuten Prskripts nicht fîr schlîssig; ebenso erschienen ihm die Erklrungen fîr sekundre Briefkompositionen insgesamt nicht einleuchtend (vgl. ebd., 225 f.). 630 Vgl. in jîngerer Zeit v. a. die Kommentare Holtz, Thess, 23 – 31; Malherbe, Thess, 74.164 f.; ebenso Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 133; Holmstrand, Markers, 39 – 47; Riesner, Frîhzeit, 358 – 365. Ebenso kritisch insbes. zu Schmithals vgl. Jewett, Correspondence, 33 – 36. Die wohl umfassendste Kritik an Interpolations- und Kompilationstheorien fîr 1Thess hatte bereits 1979 Collins vorgelegt (vgl. Integrity, 96 – 124) und schon damals als Ergebnis formuliert: „[T]he exeget has to recognize that the extant text of 1 Thess still enjoys the jus possessionis and that the text must be explicated as it now exists“ (ebd., 135; originale Kursivsetzung).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

129

Nachdem die Zeit der Teilungshypothesen schon der Vergangenheit anzugehçren scheint, bruchte man sich heute – abgesehen von exegesegeschichtlichem Interesse – mit diesen Spekulationen kaum mehr zu beschftigen. Jîngst haben jedoch E.J. Richard und J. Murphy-O’Connor wieder einen Aufteilungsvorschlag des 1Thess vorgelegt, durch die auch der Komplex 4,1 – 12 betroffen wre.631 Beider Teilungshypothese ist identisch: 1Thess soll aus ursprînglich zwei Briefen bestehen; der ltere davon sei in 1Thess 2,13 – 4,2 zu erkennen (2,14 – 16 werden als Interpolation ausgeschlossen); der jîngere in 1,1 – 2,12 und 4,3 – 5,28. Das Prskript des frîheren sei im Prozess der Einfîgung des frîheren in den spteren getilgt, sein Schluss mit dem des spteren kombiniert. Bei Murphy-O’Connor nimmt diese Hypothese im Rahmen seiner Paulusbiographie einen insgesamt geringen Stellenwert ein, doch Richard hat sie in einem großen exegetischen Kommentar zu 1Thess ausgearbeitet. Diese These ist von der Aufteilung her identisch mit der von Schmithals 1964/65, nur hatte Schmithals die Reihenfolge der Teilbriefe umgekehrt. Auch die von Richard angefîhrten Grînde sind an die von Schmithals angelehnt: Er erkennt die Danksagungs-Dublette 1,2 – 10 und 2,13, von denen die erste øhnlichkeiten mit Phil 1,3 – 8 und Phlm 4 – 6 habe, die zweite øhnlichkeiten mit Rçm 1,8 f. und 1Kor 1,4 – 7, und hlt die Versuche, 1,2 – 3,13 als einheitliche ausgedehnte Danksagung zu klassifizieren, fîr „unconvincing“632 ; 3,11 – 4,2 sei von einer „conclusion-like structure and tone“ geprgt; zwischen den Kapiteln „1 – 2, 4 – 5“633 auf der einen Seite sowie 2,17 – 3,13 auf der anderen lgen zeitliche und inhaltliche Spannungen.

Richards und Murphy-O’Connors These fllt also weder inhaltlich noch durch ihre Begrîndung auf, sondern durch ihre exegesegeschichtliche Position (und in gewisser Hinsicht auch durch ihre angelschsische Herkunft). Richards großer Kommentar zu 1Thess und 2Thess von 1995 ist in der deutschen Exegese bislang kaum berîcksichtigt634, doch Klauck diskutiert seinen erneuten Teilungsvorschlag interessiert, lehnt 631 Vgl. Richard, Thess, 11 f.; Murphy-O’Connor, Paul, 106 – 110. 632 Richard, Thess, 11, im Anschluss an Murphy-O’Connor. Konkret richtet Richard seine Kritik gegen Lambrecht, Thanksgivings, und O’Brien, Thanksgivings. 633 Gemeint sind 1,2 – 2,12; 4,3 – 5,28. 634 Auch in wichtigen Paulusmonographien und -studien ist er unberîcksichtigt geblieben (vgl. so z. B. bei Ebel, 1. Thessalonicherbrief; Holmstrand, Markers; Schnelle, Paulus [in Schnelle, Einleitung, 61, ist er zumindest in der Lit. genannt]).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

ihn aber letztlich ebenfalls ab, und zwar aus denselben Grînden, an denen auch schon frîhere vergleichbare Hypothesen gescheitert waren. Ihr Vorteil sei zwar die schematisch sauberere Analysierbarkeit der einzelnen „Halbbriefe“. Das grçßte Gegenargument jedoch sei, dass das Zustandekommen einer solchen textlichen Unordnung îberhaupt schwer erklrbar wre.635 Inhaltliche Doppelungen (und Verdreifachung) sowie mehrfache Gebete seien in 1Thess nicht als Kriterium fîr literarkritische Konstruktionen, sondern als typische Merkmale des Gesamtschreibens (des kanonischen 1Thess) zu betrachten. Auch in seiner kanonischen Gestalt sei 1Thess ausreichend kohrent strukturiert, so dass die Zuflucht zu literarkritischen Lçsungen nicht nçtig sei.636 Zudem ist Richards Argument der angeblich zu beobachtenden zeitlichen und inhaltlichen Spannungen im Brief doch sehr in Frage zu stellen. Die „short absence“637, von der in 2,17 die Rede ist (jaiq¹r ¦qar), ist vom Zeitpunkt des Briefschreibens immer noch durch zwei Besuchsversuche sowie der Sendung des Timotheus, seiner Verweildauer in Thessalonich sowie seiner Rîckkehr getrennt, und daher durchaus mit der in 1,6 – 9 vorausgesetzten Zeitspanne zwischen Gemeindegrîndung und Briefabfassung kompatibel.638 Dass „[t]he end of chapter two and all of 3 focus on the apostle’s fear, prior to Timothy’s embassy, that the community has not survived and, following his return, express their desire to assist them and be among them“ passt als biographischer Rîckblick strukturell sowie psychologisch problemlos in den Kontext. Fîr das Auftreten von Gemeindefragen, 635 „Unklar bleiben leider die Motive des Endredaktors, die ihn zu genau diesem und keinem anderen Vorgehen bewegt haben sollen (beide Briefe zu retten wre auch auf andere Weise mçglich gewesen). Darin liegt zweifellos ein Schwachpunkt des Unternehmens“ (Klauck, Briefliteratur, 284). 636 Klauck, Briefliteratur, 282 – 284. Auch Collins diskutiert Kompilationsthesen fîr 1Thess aufgrund des Vorstoßes von Richard noch einmal 1998, bleibt aber seiner alten ˜berzeugung treu, 1Thess sei am besten in seiner kanonischen Form als authentisch zu akzeptieren und in dieser zu interpretieren (vgl. Function, 398 – 402). 637 Richard, Thess, 11. 638 Dobschîtz hatte zehn bis zwçlf Wochen zwischen Paulus’ Abreise aus Thessalonich und Abfassung von 1Thess berechnet, dazu allerdings gemeint, dass das eher noch hoch gegriffen sei, sechs Wochen seien auch noch realistisch denkbar (vgl. Thess, 17). Dies ist sicherlich eine sehr knappe Zeitspanne und Schmithals’ Kritik daran (vgl. Historische Situation, 134, Anm. 223) ist nicht ganz unberechtigt. Malherbe hingegen mutmaßt (immer noch recht eng) eine Zeitspanne von ca. vier Monaten (vgl. Thess, 72), Riesner spricht von „kaum mehr als ein[em] halbe[n] Jahr“ (Frîhzeit, 325). Holtz setzt sechs bis zwçlf Monate zwischen Paulus’ erster Ankunft in Thessalonich und Abfassung von 1Thess an (vgl. Thess, 19; vgl. auch Malherbe, Paul and the Thessalonians, 2).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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wie sie in Kapitel 4 und 5 anklingen, ist nicht mehr Zeit vonnçten als auch fîr 1,6 f. vorauszusetzen ist; 3,11 – 13 muss keinen Briefschluss darstellen; 2,13 f. [sic!] beinhalten gerade nicht Paulus’ Bedenken, ob er vergeblich gearbeitet habe639, und falls damit an 3,5 gedacht ist (Schreibfehler?), bezçge sich das auf den biographischen Rîckblick vor Timotheus’ Aussendung; und der Dank in 2,13 f. bezieht sich ganz ausdrîcklich auf die Annahme der Thessalonicher der „Kunde von Gott“ (V.13) und somit auf genau die missionarische Situation, an die auch in 2,1 – 12 gedacht ist.

Richards und Murphy-O’Connors erneuter literarkritischer Vorstoß ist also nach wie vor zur Klrung der fraglichen Schnittstellen innerhalb von 1Thess kaum geeignet und hat wenig Chance auf historische Grundierung. Er ist daher weniger als Theorie fîr die Textentstehung von Interesse als aus exegesegeschichtlichen Grînden sowie – im Falle von Richard – weil er wohl der einzige Vertreter von Teilungshypothesen geworden ist, der diese innerhalb eines großen Thessalonicher-Kommentars jîngeren Datums interpretativ umgesetzt hat. 4,3 nicht mehr im Anschluss an 4,2, sondern an 2,12 zu lesen, ist prima facie eine in der Tat plausible Lesart640 und hat unmittelbar zur Konsequenz, das Thema der Heiligung in 4,3 – 8 weniger dominant durch das setting des langen vorhergehenden Dankabschnittes noch durch den eschatologischen Segenswunsch 3,11 – 13 bestimmt zu betrachten. Es wird stattdessen der Charakter einer direkten Parnese fîr 4,3 ff. gestrkt, die neben frîherer Lehre und Gottes Willen auch durch Paulus’ eigenes Vorbild motiviert ist: Der Begriff "ciaslºr rîckt damit nher an den ethischen Begriff fsior (2,10). Genau diese Schlussfolgerung zieht auch Richard: „The new section [sc. 4,3 ff.] therefore focuses on a life of holiness as constituting proper Christian behavior modeled on missionary praxis (2:1 – 12) and demanded by apostolic teaching (4:6) as well as required by God’s will and call (4:3, 7 – 8)“.641 ˜berraschend ist allerdings, dass auch Mîller, der diese Teilungshypothese nicht stîtzt642, dennoch fîr seine Interpretation des Ausdrucks 1m "ciasl` ja· til0 in 1Thess 4,4 auf die Auslegung von 2,10 mit der Beschreibung des wohlgeflligen Lebenswandels und der positiven ethischen Selbstbeschreibung des Apostels verweist.643 639 640 641 642 643

Vgl. Richard, Thess, 11. Vgl. Schmithals, Historische Situation, 96. Richard, Thess, 192; vgl. auch ebd., 187. Vgl. Mîller, Thess 48 – 52. Vgl. Mîller, Thess, 172.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Wesentlich îberzeugender hingegen ist, den Begriff "ciaslºr in 4,3 – 7 nicht vom weit zurîckliegenden fsior in 2,10 her zu interpretieren, 2,10 nicht durch Teilungshypthese kînstlich nher an 4,3 zu rîcken, und sich ebenfalls nicht durch identische deutsche ˜bersetzung von fsior und ûcior mit „heilig“644 zur Assoziation von 4,3 – 7 mit 2,10 verfîhren zu lassen. 2.3.2. Inhaltliche Grundzîge von 1Thess Die Suche nach inhaltlichen Grundzîgen eines Paulusbriefes ist nicht unproblematisch. Gibt es solche îberhaupt, und wenn ja, welchen Zwecken dienen sie? Lambrecht warnt davor, die wichtigen inhaltlichen Differenzen zwischen 1Thess 1 – 3 und 1Thess 4 – 5 zu verschleiern: „[T]hanksgiving is not paraenesis, and autobiographical apology is not eschatological information“.645 Ganz im Gegensatz dazu listet Schnelle etliche „theologische Grundstrukturen“ fîr 1Thess auf und bezieht sich dabei auf Glaubensvoraussetzungen der historischen Gemeinde ebenso wie auf direktive Absichten des Paulus. Ein Mittelpunkt des Briefes sei der Glaubensvollzug der jungen Christen und damit die Ethik; ein weiterer zentraler Punkt sei anlsslich der unerwarteten Todesflle in der Gemeinde die Eschatologie (Schnelle spricht von einer „eschatologischen Grundstimmung“) und die erstmalige Entwicklung einer Vorstellung von der Auferstehung der Toten; gleichfalls zur Eschatologie gehçre als ebenso durchgehender „Denkhorizont und theologisches Interpretament“ fîr 1Thess die unmittelbar erwartete Parusie Christi; ebenfalls ausgeprgt sei die 1m Wqist`-Vorstellung sowie die pneumatologische Ausrichtung in der Ekklesiologie.646

Wuellner hingegen meint, die Kohrenz von 1Thess lge nicht im Gedankengang des Paulus, seiner Theologie oder Ethik, sondern vielmehr in der „intensity of his pastoral concerns [sic!]“647 und verlagert damit die Betrachtung vom Inhalt auf die (sprechakttheoretisch formuliert) Illokution des Textes. Da die Briefpragmatik zurecht vor zu schneller mittels aufwndiger (und uneindeutiger) briefformaler oder rhetorischer Analysen gewonnenen Wertungen der einzelnen Briefthemen gewarnt hat, wird 644 645 646 647

Vgl. Anm. 60. Lambrecht, Analysis, 173. Schnelle, Der Erste Thessalonicherbrief, 209 – 214. Wuellner, Structure, 135. Vgl. ebenso in Bezug auf den gesamten Paulus Boers, Problem, 195.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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es weniger sinnvoll sein, einen Hauptgedanken des Briefes zu destillieren und alle anderen dem unterzuordnen, als mçglichst ein Netz der wichtigsten theologisch-inhaltlichen und illokutionren Grundstrukturen sichtbar zu machen, in die der Abschnitt 4,1 ff. zu ordnen ist.648 2.3.2.1. Die Rede von Gott und Jesus Christus als Grundgerîst Die wichtigste theologische Grundlage fîr Paulus’ Schreiben ist die Rede von Gott und Jesus Christus. Dies kommt rein statistisch durch die Hufigkeit der Nennungen zum Ausdruck649 und manifestiert sich auch inhaltlich entsprechend dominant. Bereits im Eingangsgruß 1,1 wirkt die bei Paulus einmalige Formulierung 1jjkgs¸a 1m he` patq· ja· juq¸\ (IgsoO Wqist` mindestens impulssetzend, beinahe schon titular.650 Weiterhin ist Gott, Jesus Christus (der Heilige Geist weniger) bestndig Bezugspunkt fîr jede Ebene und jeden Aspekt des gepredigten Evangeliums: „Repeatedly Paul introduces ,God‘ as the reference point of this relationship in an almost importunate fashion“.651 Betrachten wir zunchst die erste Briefhlfte: Auch wenn Gott deutlich die Hauptbezugsgrçße fîr Paulus in all seinen Ausfîhrungen und Erinnerungen ist, ist dessen Funktion von der Christi nicht immer scharf zu trennen. Die Gemeinde ist von Gott geliebt und erwhlt (1,4) und als „in“ Gott und Jesus Christus seiend bezeichnet (1,1), ebenso wie ganz hnlich die Gemeinden in Juda Gemeinden Gottes „in“ Christus Jesus sind (2,14), der Dank ist an Gott gerichtet (1,2 f.; 2,13; 3,9), ebenso das Gebet (3,10); dementsprechend richtet sich auch die Freude an ihn (3,9). Das Missions648 Vgl. unter 0.3. 649 1Thess weist unter den sieben als unumstritten authentisch geltenden PaulusBriefen die relativ zur Buchlnge (Wortanzahl) hçchste Anzahl von Belegen von heºr und j¼qior auf (fîr heºr : 2,43 %/1Thess gefolgt von 2,15 %/Rçm und 1,76 %/2Kor; fîr j¼qior : 1,62 %/1Thess gefolgt von 1,49 %/Phlm und 0,97 %/ 1Kor). Ein Drittel der Verse (30 von 89) nennen den heºr, knapp 25 % (22 von 89) den j¼qior. Bei der relativen Hufigkeit der Belege fîr (IgsoOr steht 1Thess nach Phlm (1,8 %) und Phil (1,35 %) zwar nur an dritter Stelle (1,08 %), das sind aber immer noch mehr als doppelt so viele Belege wie in Rçm (0,5 %) und ca. dreimal so viele Belege wie in 1Kor (0,38 %). Den „letzten Platz“ jedoch belegt 1Thess aufflligerweise bei der relativen Hufigkeit des Wqistºr-Titels (0,67 % gegenîber 2,4 %/Phlm und 2,3 %/Phil). 650 Meist formuliert Paulus den theo-logischen Bezug der Gemeinde mit Genitiv; hnlich wie hier noch in Gal 1,22 und 1Thess 2,14, beide Male identisch 1m Wqist` (IgsoO. Vgl. Malherbe (Paul and the Thessalonians, 79), der das 1m instrumental versteht, sich also auf Gott als Urheber der Gemeinde beziehend. 651 Koester, Experiment, 36.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

werk ist inhaltlich (oder dem Ursprung nach?) durch Gott qualifiziert (Evangelium Gottes 2,2.8 f., doch auch Evangelium Christi 3,2 [hier wren ggf. unterschiedliche Funktionen des Genitivs zu unterscheiden: Genitivus auctoris in 2,2.8 f. und Genitivus objectivus in 3,2], Kunde von Gott 2,13; Gottes wirkendes Wort 2,13; bezieht sich „das Wort des Herrn“ in 1,8 auf Gott oder Christus?) und auch Paulus’ Legitimation fîr sein Missionswerk ist auf ihn bezogen: Er hat in der Freimut Gottes verkîndigt (2,2), nachdem er von ihm fîr tauglich befunden wurde (2,4) und kann sich auf ihn als Zeuge seiner Redlichkeit berufen (2,5.10); sein eigener Mitarbeiter ist Mitarbeiter Gottes (3,1) Die Bekehrung ist eine Bekehrung zu Gott (1,9) und der Glaube einer an Gott (1,8). Die Ethik wird definiert als ein IhmDienen (1,9), Ihm-Gefallen (2,4) oder Seiner-wîrdig-Wandeln (2,12); Gott prîft die Herzen (2,4). Bei Christi Parusie soll die Gemeinde untadelig in Heiligkeit vor Gott sein (3,13). Er selbst ist charakterisiert als lebendig und wahr (1,9).652 Gottes Funktion fîr die eschatologische Vollendung liegt in der Berufung zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit (2,12) und in der Erweckung Jesu Christi von den Toten (1,10). Die Rolle Jesu Christi liegt v. a. in der eschatologischen Parusie und Rettung: In der Annahme des Wortes sind die Glubigen Nachahmer nicht nur des Paulus, sondern auch des Herrn geworden (1,6), ihre Hoffnung richtet sich auf ihn (1,3), sie erwarten seine Ankunft (1,10; 2,9; 3,13), er wird sie retten (1,10), im Herrn sollen sie feststehen (3,8). Im Bezug auf Paulus’ Mission verdeutlicht er sein Apostolat Christi (2,7). Nicht unmittelbar klar ist, ob mit dem „Herrn“, der die Glubigen in Liebe îberreich werden lassen mçge (3,12), an Gott oder Christus gedacht ist653, v. a. da unmittelbar davor beide gebeten werden, Paulus den Weg zu ihnen zu richten (3,11). Vom Heiligen Geist ist weniger die Rede: Das Evangelium erging an die Thessalonicher nicht nur im Wort, sondern auch in der Kraft und im Heiligen Geist (1,5), und die Freude, mit der es aufgenommen wurde, ist als eine des Heiligen Geistes qualifiziert (1,6).

Der starke Bezugspunkt auf Gott wird durch einen topischen Vergleich mit den Konventionen brieflicher Danksagungen verstrkt.654 Denn whrend dieses îblicherweise mit einer Strkung der Verbindung zwischen Sender und Empfnger einsetzt, betont Paulus seine Beziehung zur Gemeinde nicht als private Angelegenheit, sondern als Angelegenheit vor 652 Zur polemischen Intention dieser Attributierung vgl. Breytenbach, Danksagungsbericht, 12 – 17; Holtz, „Euer Glaube …“, 293; Stenger, Gottesbezeichnung, 64 f. 653 Auf Gott bezieht den Kyrios Holtz, Thess, 143; auf Jesus Malherbe, Thess, 212; Richard, Thess, 165. 654 Breytenbach hat als Hauptmotiv fîr die lange Danksequenz 1Thess 1 – 3 insgesamt die Bekehrung der Thessalonicher zu Gott herausgearbeitet (vgl. Danksagungsbericht, 3 – 12).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Gott mit dem Heiligen Geist als ein Haupt-Movens. Hierzu gehçrt auch, dass Paulus in der Rechtfertigung seiner Handlungen auf Gott verweist (2,4) und deren Absicht nicht in persçnlichem Interesse erklrt, sondern in Bezug auf das Leben der Thessalonicher vor Gott mit eschatologischem Ausblick auf Gottes Reich und Herrlichkeit (2,12).655 Ebenso distanziert Paulus, abgesehen von seinem eigenen vorbildlichen Verhalten, an das er die Thessalonicher erinnert, die Verantwortung fîr seine Mission weit von eigener Leistungsbezogenheit: Die Botschaft, die Paulus îbermittelt hat, ist nicht seine eigene, sondern das eqacc´kiom toO heoO (Genitivus subjectivus/auctoris und Genitivus objectivus sind denkbar in 2,2.8 f.656 ; deutlicher noch in 2,13: der kºcor !jo/r toO heoO ist ausdrîcklich nicht nur kºcor !mhq¾pym, sondern kºcor heoO [hier wohl eindeutig Genitivus subjectivus bzw. auctoris657]) und eqacc´kiom toO WqistoO (3,2; hier wohl eindeutig Genitivus objectivus).658 Die Formulierung eqacc´kiom Bl_m hingegen (1,5) bezieht sich eindeutig nur auf den/die Verkînder (vgl. den Fortgang des Verses oqj … 1m kºc\ lºmom …, zudem das Passiv pisteuh¶mai in 2,4). Die Mission war von Gott geprîft und legitimiert (2,4 f.10). Zudem ging das Evangelium nicht nur 1m kºc\, sondern 1m dum²lei jai` 1m pme}lati ag c_\ ja· 1m pkgqovoq¸ô pokk0 an die Thessalonicher (1,5), die es angemessenerweise let± waq÷r pme¼lator "c¸ou aufgenommen haben (1,6). In 4,1 ff. bleiben auch ohne die Anknîpfungspunkte an seine eigene Biographie und Anwesenheit in Thessalonich die bestndigen Verweise auf Gott, Jesus Christus und (weniger) den Heiligen Geist unverndert intensiv an der Textoberflche liegen. Die Thessalonicher sind gegenîber den Nationen dadurch qualifiziert, dass letztere Gott nicht kennen (4,5) und erstere nicht zum Zorn, sondern zum Heil bestimmt sind (5,9). Sein Wille ist mit Heiligung verbunden (4,3), die er auch bewirkt (5,23); er beruft „nicht zur Unreinheit, sondern in Heiligung“ (4,7; ohne inhaltliche Qualifizierung 5,24); dementsprechend sollen die Glubigen ihm gefallen (4,1), Ablehnung dahingehender Mahnungen bedeutet Ablehnung Gottes (4,8). Er hat den Heiligen Geist gegeben (4,8) 655 Vgl. Koester, Experiment, 36 f. 656 Genitivus auctoris: Malherbe, Thess, 137. Genitivus subjectivus: Richard, Thess, 78.84. Holtz: „Sie [sc. die Rede] grîndet in Gott und hat zum Inhalt das Evangelium Gottes“ (Thess, 69). Vgl. zum Problem allgemein auch: Dobschîtz, Thess, 86; Strecker, Evangelium, 524 – 526; Wilckens, Rçm I, 74 f. 657 Vgl. Holtz, Thess, 98; Malherbe, Thess, 166 f. 658 In 1,5 (eqacc´kiom gg l_m) ist eqacc´kiom nomen actionis (vgl. Holtz, Thess, 46; Malherbe, Thess, 110) und damit semantisch identisch mit Gal 1,11; 2Kor 11,7; 1Thess 2,13 (kºcor !jo/r paM Bl_m); vgl. auch 2Kor 4,3.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

und Bruderliebe gelehrt (4,9) und ußert seinen Willen in Jesus Christus fîr sie (5,18). In den eschatologischen Ereignissen hat er aktivierende Funktion: Er wird durch Jesus die Entschlafenen bringen (4,14), der Befehlsruf zur Parusie Christi ist der Ton seiner Posaune (4,16). Sein Charakter wird bestimmt als Gott des Friedens (5,23) und der Treue (5,24). Die Verweise auf Jesus Christus beziehen sich zumeist auf seinen Tod, seine Auferstehung und Wiederkunft: Er ist gestorben (4,14; 5,10) und auferstanden (4,14), seine Ankunft ist zu erwarten (4,15 f.; 5,23), die noch lebenden Glubigen werden mit ihm entrîckt werden (4,16); dieser Tag der Ankunft Christi ist „Tag des Herrn“ (5,2). Sodann erwartet die Glubigen allzeitige Gegenwart bei ihm (4,17). Einstweilen sind die verstorbenen Gemeindemitglieder als „Tote in Christus“ relativiert (4,16). Alle Glubigen sind bestimmt zum Heil durch ihn (5,9), einstweilen ist auch das Leben im Diesseits bereits ein Leben mit ihm (5,10), die Gnade ist Gnade Jesu Christi (5,18). Neben diesem heilsgeschichtlichen Bereich ergeht jedoch auch autoritative Mahnung (4,2; 5,27) und Lehre (4,15) in seinem Namen; Gottes Wille ußert sich in ihm (5,18) es gibt Gemeindevorsteher im Herrn, die zu achten sind (5,12). Der (Heilige) Geist ist nur zweimal genannt: Er ist den Glubigen gegeben (4,8) und soll nicht ausgelçscht werden (5,19).

Im Vergleich zu 1,1 – 3,13 haben sich die inhaltlichen Bezugspunkte zu Gott und Jesus Christus nicht wesentlich verschoben. Whrend die Rede von Gott in 4,1 ff. fundamental zu nennen ist, ist die von Jesus Christus eher funktional soteriologisch und eschatologisch.659 Von letzterem ist allerdings der strkeren eschatologischen Thematisierung zufolge in der zweiten Briefhlfte ausfîhrlicher die Rede. Zu bemerken ist eine Vernderung der Rolle Christi in Bezug auf die Ethik: In 1,1 – 3,13 war diese eher im Kontext mit Gott situiert, jetzt hat sich die Rolle Christi diesbezîglich verstrkt. Diese Differenz bedeutet aber keinen grundstzlichen Sachunterschied, sondern lediglich eine Tendenzverschiebung: Deutet man den j¼qior in 3,12 auf Christus, wird auch innerhalb der ersten Briefhlfte fîr Ethik auf ihn Bezug genommen, ebenso wie in der zweiten Briefhlfte auf Gott (4,1.8 f.; 5,18; ggf. kann auch 5,23 [Gott des

659 Vgl. ebenso Becker, Erwhlung, 95 – 97; Dobschîtz, Thess, 127 – 129; Horn, Angeld, 147; Sçding, Der erste Thessalonicherbrief, 188 – 192. Ausfîhrlicher zur Christologie in 1Thess vgl. Collins, Christology, mit der Schlussfolgerung: „In sum, Paul’s letter to the Thessalonians is one in which his concern is not the nature of Jesus Christ our Lord. He is rather concerned with the ultimate salvific significance of Jesus Christ our Lord. The Christological titles principally bespeak a functional Christology … Jesus is ,qualified‘ to assume divine functions particularly insofar as he is the mediator of salvation“ (ebd., 284).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Friedens] ethisch gelesen werden; ob 4,3 – 7 und 5,23 ethisch zu verstehen ist, hngt von der inhaltlichen Deutung von Heiligung ab). Nicht von ungefhr ist Gott „das unhinterfragbare und zugleich alles bestimmende Axiom paulinischer Theologie, ihr weltanschaulicher Ausgangspunkt“ genannt worden.660 Allerdings ist, auch wenn die Rede von und Verwurzelung in Gott und Jesus Christus (in ihren unterschiedlichen Funktionen) fîr Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vielleicht als primres und strkstes Grundbewusstsein fîr 1Thess ausgemacht werden kann, damit noch wenig Spezifisches îber den Brief gesagt. 2.3.2.2. Der Aspekt des Dankens Zweifellos ist der Dank in 1Thess ein bedeutsames Briefelement, sowohl aufgrund seiner Lnge als auch seiner inhaltlichen Ausschmîckung bedeutsamer als in anderen paulinischen Briefen. Fîr 1,2 – 3,13 kann er als die tragende Illokution insgesamt, und auch epistolographisch als einheitsstiftend bezeichnet werden.661 Gelingt es, die Haltung des Dankens auch fîr 4,1 – 5,22 geltend zu machen? Einer der einflussreichsten Autoren, die die Forschung nach Form und Funktionen der paulinischen Briefteile nachhaltig in Gang gesetzt haben, und gewiss der wichtigste, nach dem „the thanksgiving itself … the main body of 1 Thessalonians“662 konstituiert, ist Schubert. Fîr ihn beinhalten bereits die ersten drei Kapitel des Briefes alle wesentlichen Informationen des Briefes, die Paulus seinen Adressaten vermitteln mçchte. Schubert liefert in der Tat ein schlîssiges Pldoyer fîr die Einheitlichkeit des Dankabschnittes 1,2 – 3,13 und die Einordnung der „Zwischenabschnitte“ 1,6 – 2,12 sowie 2,17 – 3,8 in den Gestus des Dankens.663 Zur Bestimmung dieser Briefhlfte als Hauptteil und der zweiten Hlfte lediglich als Schlussteil beruft er sich dann allerdings primr auf die Interpretation des koip¹m owm als Einleitung fîr Schlussparnesen sowie auf die Einheitlichkeit von 4,1 – 5,22 als Parnese, die 660 Schnelle, Paulus, 441. heºr ist das von Paulus am hufigsten verwendete Substantiv (vgl. Klumbies, Rede, 11). Schnelles Zitat ist in Bezug auf die gesamtpaulinische Theologie formuliert, doch fîhrt 1Thess zudem die Hufigkeitsskala der heºr-Nennungen an (vgl. Anm. 649). 661 Vgl. 2.2.1. 662 Schubert, Form, 26; im Anschluss an ihn Stowers, Letter Writing, 21 f.; mit geringfîgigen Vernderungen auch Roetzel, Letters, 71 f. 663 Gefolgt von O’Brien, Thanksgivings, 144, obschon dieser die Wertungen anders vornimmt (vgl. unter 2.3.2.3.)

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

somit eben insgesamt eine Schlussparnese, eine „conclusion“ sei. Auch die Abschnitte eschatologischer Information (4,13 – 18 oder bis 5,11) werden dann in ein stark parnetisches Licht gestellt.664 Abgesehen von der wiederum zu engen Auslegung der koip¹m owmFormel665 liegt die Inkonsequenz dieser Argumentation m.M.n. darin, dass Schubert zwar aufgrund der ungewçhnlich langen „Anfangs-“danksagung deduziert, dass diese nicht nur als formale Einleitung, sondern als inhaltlich konstitutives Element des Briefes zu betrachten sei, nicht jedoch, dass der „Schluss-“parnese aus denselben Grînden dieselbe Aufwertung zukommen mîsse. Seine Argumentation dafîr, dass im Dank der Hauptzweck des gesamten Briefes zu erkennen sei, ist also wesentlich von seiner briefformalen Entscheidung abhngig und ist somit ein Extrembeispiel fîr wertende Schlussfolgerungen aufgrund briefformaler Prmissen. Auch wenn sich einige Autoren bis heute auf Schubert stîtzen, bleibt dieser Ansatz also sowohl methodisch als auch von der Interpretation her weniger îberzeugend.666 Jewetts Arbeit ist ein Beispiel fîr ungelçste Fragen auch nach Fortschritt von der formkritischen zu rhetorischen Analyse. Jewett argumentiert nach rhetorischem Muster und klassifiziert das Briefgenus als epideiktisch/demonstrativ. Damit alleine mîsste noch keine Entscheidung fîr den Dank oder die Mahnung als dominantes Anliegen gefllt werden, doch dann entscheidet er sich durch Aufwertung des Teiles 1,2 – 3,13 als „narratio“ fîr die Danksagung als Hauptanliegen des ganzen Briefes: „The main argument of the letter is an extended narration of the grounds for giving thanks to God in 1:6 – 3:13“.667 Jewett geht also ganz hnlich vor wie Schubert unter formkritischer Perspektive, nur die Bezeichnungen haben sich verndert. Bei ihm heißen die Briefteile „Exordium“ (1,1 – 5 – welches noch einmal aufgeteilt wird in „Epistolary prescript“668 [1,1] und „Thanksgiving“ [1,2 – 5]), sowie „Narratio of grounds for thanksgiving“ (1,6 – 3,13).669

664 Vgl. Schubert, Form, 26 f. 665 Vgl. 2.2.2. 666 Besonders unbefriedigend Lambrecht, der sich zunchst dafîr ausgesprochen hat, das Danksagen „to a certain degree“ als „controlling factor“ von 1Thess 1 – 3 zu betrachten. In einer Anmerkung versteckt er dann lakonisch die Schlussfolgerung, lediglich mit Verweis auf Schuberts Argument der ungewçhnlich langen Danksagungsperiode: „So the whole of 1 Thessalonians is thanksgiving“ (Lambrecht, Thanksgivings, 156, mit Anm. 64). 667 Jewett, Correspondence, 72. 668 Epistolographische Anleihe der rhetorischen Analyse! 669 Jewett, Correspondence, 72 – 76.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

139

Es ist folglich nicht wirklich gelungen, mittels briefschematischer Betrachtung die Danksagung als konstitutives Element auch der zweiten Briefhlfte zu erkennen, ohne letztere insgesamt îber Gebîhr abzuwerten. Dennoch hat sie den Vorteil, das (teilweise) Implizite des Dankens erkennbar zu machen und damit zu strken. Sptestens seit den 1960er, und noch deutlicher seit den 1970er Jahren ist die Forschung îber das einflussreiche Werk Schuberts dahingehend hinausgelangt, dass erkannt worden ist, dass die paulinischen Danksagungen sowohl formal als auch inhaltlich nur unvollstndig als in der hellenistischen Epistolographie verwurzelt zu verstehen sind: formal durch die Relativierung der Regelmßigkeit brieflicher zeitgençssischer Danksagungen îberhaupt670 ; inhaltlich, da dort, wenn îberhaupt, typischerweise der Gottheit z. B. fîr das Entrinnen aus einer Gefahr gedankt wird, Paulus hingegen seinen Dank regelmßig zwar auch an Gott richtet (ausgenommen Gal), jedoch aufgrund der Aktivitten von Gemeindemitgliedern. Zudem sei in hellenistischen Briefen die Danksagung îblicherweise Teil eines Gesundheitswunsches, indem der Absender die Adressaten seines Wohlseins vergewissert, Paulus hingegen betet fîr ein Weiteranhalten und Zuwachsen des Zustandes, der seinen Dank bereits motiviert.671 Nachdem man erkannt hatte, dass das Ungewçhnliche der Danksagung in 1Thess nicht nur in der Lnge (im Vergleich zu anderen paulinischen Briefen), sondern auch in ihrem Vorhandensein îberhaupt sowie ihrer inhaltlichen Gestaltung (im Vergleich zu hellenistischen Briefen) liegt, erschloss sich durch diese Vergleichsgrenzen eine ganz neue Interpretationsdimension des Dankes fîr den Gesamtbrief ohne formale Abwertung der zweiten Hlfte. An Schuberts Argumentation kritisierte man jetzt dementsprechend die zu starke Ankoppelung paulinischer an hellenistische Literatur, die nicht mehr als ausreichende Verstehensgrundlage des paulinischen Briefes gelten konnte.672 Stattdessen gewich670 Vgl. Best : „The ,thanksgiving‘, though occurring sometimes, was not a regular part of contemporary letters and Paul would therefore appear to have largely evolved a new form for himself“ (Thess, 65; vgl. auch Berger, Apostelbrief, 219 f.). Etwas anders nimmt die Gewichtung Malherbe vor: „The thanksgiving period is frequently found in pagan letters“ (Thess, 90; vgl. auch 103 f.; ebenso auch Doty, Letters, 31 – 33). 671 White, Saint Paul, 438. 672 Vgl. O’Brien, Thanksgivings, 9 – 15; Kîhschelm, Art. Brief/Briefformular, 326; Thornton, Art. Schrift. 1pistok¶, 1588. Zu Briefliteratur im Frîhjudentum vgl. Klauck, Briefliteratur, 181 – 226.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

tete man v. a. seit den 1960er Jahren (mit Vorlufern) Paulus’ jîdische Tradition strker und erkannte die Wurzeln der paulinischen Danksagungen in der liturgischen Praxis, gespeist vom jîdischen hodaya und beracha. Als wesentlich werden hier immer wieder Robinsons Aufstze The Historicality of Biblical Language (1963) und Die Hodajot-Formel in Gebet und Hymnus des Frîhchristentums (1964) îber die Entwicklung jîdischer (Tisch-)gebetsformeln îber ausfîhrlichere christliche Dankgebete bis hin zum Hymnus betrachtet.673 Robinsons Untersuchungen fîhren ihn jedoch ganz dominant von liturgischen Texten zu liturgischen Texten. Auf briefliche Danksagungen wirft er dabei nur einen kurzen Seitenblick, und auch das nur, sofern sie liturgische oder Gebetssprache enthalten. Was jedoch die Briefdanksagungen als ganze anbelangt, greift er Schuberts Position im wesentlichen nicht an und sieht seine eigenen Entdeckungen der jîdischen Einflîsse lediglich als deren Ergnzung an: „Heute kçnnte man îber Schuberts wohl gelungene Beweisfîhrung fîr den brieflichen und hellenistischen Charakter der paulinischen Danksagung hinausgehen und eine formale Verbindung der paulinischen Danksagung … mit jîdischen – besonders heterodox-jîdischen – und frîhchristlichen Gebeten finden“.674 673 Als Vorstufe dazu war auf den Gedanken eines (christlich gewandeten) jîdischliturgischen Einflusses von Danksagungen im Kontext von Abendmahlsfeiern und anderen liturgischen Funktionen bereits Schubert gestoßen (vgl. Form, 84 – 86). Einen geringen Schritt darîber hinaus ging Audet (Esquisse Historique, 1958; und die gekîrzte englische Version desselben Aufsatzes Literary Forms, 1959), der Danksagungen als eigenes literarisches Genre untersuchte, sich dabei jedoch ebenfalls nicht speziell auf briefliche Danksagungen bezog. Auch fîr ihn war der wichtigere Anknîpfungspunkt zur Entwicklung der christlichen literarischen Danksagung die liturgische Abendmahlfeier. Auch Robinsons vielbeachtete Aufstze konzentrieren sich vornehmlich auf die Entwicklung christlichliturgischer Danksagung aus ihren jîdischen Wurzeln des Gotteslobs heraus (vgl. v. a. Historicality, 130 – 150). Ein anderer Ansatz liegt bei Berger (1974) vor, der unter anderem (!) jîdische Einflîsse in Briefdanksagungen erkennt, aber weniger an liturgischen Elementen in ihnen interessiert ist, sondern sie funktionell als Pendant zur captatio benevolentiae interpretiert (vgl. Apostelbrief, 219 – 224). 674 Robinson, Hodajot-Formel, 202 (eigene Kursivsetzung). Vgl. mit Bezug auf Robinson auch Lambrecht, Thanksgivings, 148 f., mit Anm. 36; White, Epistolary Literature, 1741 f.; zudem O’Brien, Thanksgivings, 11 f.161 f.165 f.; Schenke/Fischer, Einleitung, 32 f. Dass sich Robinson nicht auf briefliche Danksagungen im allgemeinen, sondern nur auf liturgische oder Gebetstexte in ihnen beschrnkt hat, ist Lambrechts Formulierungen (Thanksgivings, 148 f.) nicht zu entnehmen.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

141

Sehr weit also fîhrt der Versuch der Herleitung paulinischen Briefdanksagungen aus jîdisch-liturgischer Praxis nicht. Die Traditionslîcke, die durch den Wegfall der Vergleichbarkeit von hellenistischen mit paulinischen Briefdanksagungen entstanden ist, kann sie kaum fîllen. Der grçßere Baustein zur Erklrung der Form gerade von 1Thess 1 – 3 ist offenbar Paulus’ Kreativitt selbst.675 Dennoch schrnkt die Erkenntnis von aus jîdisch-liturgischer Praxis entwickelten Elementen die Anwendbarkeit aufgrund griechisch-hellenistischen Materials gewonnener formkritischer Argumentationen ein und erschließt eine neue Interpretationsqualitt durch ihre Offenheit, Elemente praktizierter Frçmmigkeit miteinzuschließen. Auf diese Weise verbindet sich der dankende Aspekt mit dem theologisch-spirituellen und wird von ihm geprgt. Auch wenn solche „liturgischen“ Dankesaussagen dann doch wieder nur in der ersten Briefhlfte erscheinen (2,13; 3,11 – 13), wre es kaum denkbar, dass die damit verbundene psychologische Grundhaltung des Autoren ab der zweiten Hlfte stark knickt. Das gleiche gilt unter der Prmisse, dass Paulus nach der abrupten Trennung von der Gemeinde durch Timotheus’ Rîckkehr „aus bedrîckender Sorge um ihre Existenz (2,17 – 3,5) befreit [ist] und … seine Freude und Erleichterung in mehrfach erneutem Dank aus[spricht]“.676 Mit einer nicht briefformgebundenen „Danksagung“, sondern mit einer den Abschnitt dynamisch durchziehenden und hymnisch bereicherten Dankeshaltung wre diese „Freude und Erleichterung“ gerade kompatibel. Auch mit Holmstrands Analyse liefe eine solche Dominanz der „Stimmung“ der ersten îber die der zweiten Briefhlfte konform, wenn er zum Schluss kommt, der zweite Teil sei heterogener als der erste und greife in seinen unterschiedlichen Ermahnungen immer wieder auf frîher Geschriebenes zurîck677, wohingegen er umgekehrt

So weit ich sehe, hat man somit eine Herleitung vollstndiger brieflicher paulinischer Danksagungen aus seinem Judentum – und zudem von einer so ausfîhrlichen und inhaltsreichen wie in 1Thess – îber Robinsons Position hinaus nicht vollzogen. Christlichen Dank aus jîdisch-liturgischen Texten herzuleiten und anschließend vergleichbare Elemente auch in Briefen zu finden, fîhrte nur zu solchen brieflichen Kurzabschnitten, die selbst liturgisch-hymnischen Charakter haben (vgl. deutlich O’Brien [Thanksgivings, 11 f.161 f.165 f.], der sich diesbezîglich konkret nur auf 1Thess 3,11 – 13 bezieht). 675 Vgl. Anm. 573. 676 Holtz, Thess, 29; vgl. ebenso Laub, Thess, 10. 677 Vgl. Holmstrand, Markers, 82 – 84.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

implizite Mahnungen, die im Dank mitgedacht seien, nur an 3,12 f. festmacht.678 Nher an der Textoberflche jedoch lsst sich der Aspekt der Dankens von der ersten Briefhlfte wohl kaum auch îber die zweite legen. 2.3.2.3. Der parnetische Aspekt Wenn es nur unter relativ großem Aufwand mçglich erscheint, Dank als inhaltlichen Grundzug des gesamten Briefes zu bestimmen: Ist es leichter, Parnese, die immer wieder dominant deutlich in der zweiten Briefhlfte erkannt wird, auch schon in der ersten zu bestimmen? Im parnetischen (oder pastoralen) Aspekt das Hauptanliegen des Briefes zu sehen, ist eine der hufigsten Entscheidungen zur Klassifikation von 1Thess.679 Mehrere methodische Wege sind hierfîr beschritten worden: Mçglich ist zunchst bei Beibehaltung der traditionellen thematischen Zweierteilung des Briefes „Danksagung – Parnese“ durch briefformale Entscheidung die Erklrung der parnetischen Hlfte zur wichtigeren und wesentlichen des Briefes, d. h. Erklrung des Abschnittes 4,1 ff. zum Hauptteil des Briefes und damit Abwertung von 1,2 – 3,13.680 Genau wie umgekehrt bei Schubert (vgl. 2.3.2.2.) ist dies nicht wirklich îberzeugend, da es eine formanalytische Eindeutigkeit voraussetzt, die nicht gegeben ist. Anders geht O’Brien vor, dessen Arbeit îber einleitende Danksagungen bei Paulus als „fließender ˜bergang“ von Betonung des dankenden zum parnetischen Aspekt von 1Thess betrachtet werden kann. Er baut in vielem (ausdrîcklich) auf Schubert auf, verzichtet aber auf die Hervorhebung des Danksagungsteils 1Thess 1,2 – 3,13 durch Bezeichnung als Briefhauptteil; stattdessen nennt er ihn einfach „introductory thanksgiving“681, ohne sich ansonsten mit epistolographischen Nachfolgefragen aufzuhalten. Weiter hebt er die Parnese durch gegenîber Schubert erweiterte Funktionen der Danksagungen in den Vordergrund. Briefliche Danksagungen bei Paulus zeigten „deep pastoral and 678 Vgl. Holmstrand, Markers, 82. 679 Vgl. z. B. Aasgaard, „My Beloved …“, 152; Boers, Problem, 195; Collins, Scholarship, 63 – 69; Jewett, Correspondence, 72 (Lit.!); Malherbe, Thess, 81; Meeks, Moral World, 125 – 130; Palmer, Thanksgiving, 30; Wuellner, Structure, 135; zuletzt auch Blischke, Begrîndung, 40 ff. 680 So z. B. bei Bjerkelund, Parakalú, 134; Schulz, Ethik, 319 f.; auch Malherbe macht von diesem Argument Gebrauch (vgl. Hellenistic Moralists, 279 f.289). 681 O’Brien, Thanksgivings, 141. 144. 156 u.ç.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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apostolic concern for the addressees“, zweitens htten sie didaktische (z. B. anhand von Glaube, Hoffnung und Liebe Erinnerung an die Erstverkîndigung zu wecken), drittens parnetische und viertens epistolare Funktion zur Einfîhrung sonstiger Briefthemen.682 Von Schubert seien in 1Thess v. a. die didaktische und parnetische Funktionen zwar gesehen, aber nicht ausreichend gewîrdigt: „[T]he paraenetic and didactic functions of the period as a whole and of the thanksgiving and petitionary prayer reports in particular must not be overlooked“.683 O’Brien befindet sich also nicht auf der Suche nach einheitlichen thematischen Konstanten von 1Thess, sondern bestimmt die Danksagungen funktional dergestalt, dass sich als Endergebnis Parnese als durchgngiges „Thema“ bzw. Anliegen des Paulus ergibt. Er ist damit wohl einer der ersten Autoren, der auch in der Danksagungsperiode von 1,2 – 3,13 (und auch an anderen nicht ausdrîcklich parnetischen Stellen) wichtige Elemente pastoral-parnetischen Anliegens gefunden und so den parnetischen Zug des Gesamtbriefes gestrkt hat.684 Lehrzwecken dienen fîr ihn die Erinnerung an das eqacc´kiom (1,5; 2,2.4.8 f.; 3,2), damit auch den kºcor toO heoO (2,13; vgl. 1,6.9 f.), sowie die Triade p¸stir, !c²pg, 1kp¸r (1,3; 5,8; selbst 2,19; 4,13, die nur noch jeweils einen einzigen Begriff der Triade nennen, listet O’Brien an dieser Stelle), die 1jkoc¶ (1,4), die Idee der Glaubenstradition und dem damit verbundenen Mimesisgedanken (2,13 und 1,6; 2,14 und 3,12), das Leben 5lpqoshem toO heoO (1,3; 3,9.13; vgl. auch 2,19), und bezeichnenderweise auch die Heiligkeit im Lichte der Parusie Christi (3,13; 4,13 – 5,11). Demnach trgt fîr O’Brien auch die Erinnerung an die Erstverkîndigungsituation, deren Inhalte, die Annahme des Glaubens durch die Thessalonicher, deren Erwhlung durch Gott parnetische Farbe. Parnetische Stoßrichtung htten auch Gebetsinhalte: Die Mahnung zur Bruderliebe 4,9 ff. sei in 3,12 vorgeprgt, 682 Vgl. O’Brien, Thanksgivings, 13 – 15; Zitat 13. Vgl. ebenso auch Holtz, Thess, 30 f. 683 O’Brien, Thanksgivings, 165. Eine funktionale §ffnung des Dankes zur Mahnung ist trotz seiner Entscheidung fîr die Danksagung als „main argument of the letter“ auch bei Jewett zu beobachten. Mit ausdrîcklicher Berufung auf O’Brien formuliert er: „Praise of God for having granted the Thessalonians a place in the new age is used to clarify the shape of that age in a way that deals with the confusions in the congregation“ (Correspondence, 72). 684 Der Weg, Parnese nicht durch formale Kriterien, sondern durch inhaltliche zu bestimmen, wurde seither immer wieder hufig beschritten. Auch Blischke, Begrîndung, 40 ff., steht in dieser Tradition. Blischke verzichtet auf eine Gewichtung der beiden Briefhauptteile durch deren Bezeichnung als Haupt- Einleitungs- oder Schlussteile, sondern erkennt in 1,1[sic!]-3,13 eine „angerissene ethische Dimension“, die 4,1 ff. „verstrkt ausfîhrt“ (Begrîndung, 56).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

ebenso die Mahnung zur Geduld (1,3; 5,14), die Erinnerung an die GlaubeLiebe-Hoffnung-Reihung (1,3; 5,8), beispielhafte Arbeitsethik (4,11), allzeitige Freude (3,9; 5,16) und Dank in allen Umstnden (5,18; vgl. aber mit 1,2; 2,13; 3,9), ebenso die Aufforderung zur Fîrbitte (vgl. Paulus’ eigene Praxis 3,12 f.;5,17.25).685

Mit dieser Menge an Beispielen fîhrt O’Brien die appellative Indirektheit sehr weit. Richtig daran ist mit Sicherheit die Aufgabe einer scharfen Trennung von expliziter und impliziter Parnese686, auch wenn es gewiss weder mçglich noch nçtig ist, den Grad direktiven Charakters von Danksagungen und Gebeten im einzelnen genau zu bestimmen; vieles liegt hier aufgrund der „abgeleiteten“ Interpretationen im Bereich der Rezipientenpsychologie. Grauzonen der ˜berbelastung von O’Briens Methode werden allerdings wohl betreten, wo beispielsweise eine einzelne Nennung von 1kp¸r (2,19; 4,13) didaktischen Zwecken dienen soll, bloß weil es die Nennung der gesamten Triade aus der Glaubenserstverkîndigung tun mag; das gleiche gilt fîr die paulinische Erwhnung eigener Danksagung, die parnetisch ausgedeutet werden soll, weil an ganz anderer Stelle ebenfalls eine Aufforderung zum Danken an die Thessalonicher ergeht. Auch im Motiv der Erinnerung an die inhaltlichen Grundlagen des empfangenen Glaubens liegt nicht nur ein mahnendes Moment, sondern mindestens auch ein bestrkendes, das die Kontinuitt im Glauben gegen alle Anfeindungen stîtzen soll, zudem in einer Zeit, die zur Lehrvermittlung noch keine kanonisierte Schrift als Glaubensgrundlage kennt, und sich viel strker auf die ursprîngliche Missionsverkîndigung und ihren Verkîndiger berufen muss. In solchem Streben nach Glaubenskontinuitt liegt dann natîrlich auch wieder die Aufforderung impliziert, dahingehendem „Gotteswerk Raum und Wirkung zu geben“.687 Auf der anderen Seite kçnnen, wenn man sich solchen indirekten Appellen îberhaupt çffnet, îber O’Briens Nennungen hinausfîhrend noch andere Elemente direktiv geltend gemacht werden, v. a. alle autobiographischen Erwhnungen des Paulus: Seine Selbstbeschreibung und -empfehlung sowie die Betonung apostolischer Verbundenheit kann appellativ interpretiert werden, da diese ihm „Autoritt gegenîber der Gemeinde [gibt], so daß es ganz natîrlich ist, daß er dort darauf zu 685 Vgl. O’Brien, Thanksgivings, 146 – 165. 686 Vgl. hierzu am Beispiel von 1Kor jîngst auch Zimmermann, Jenseits von Indikativ und Imperativ, 260 – 284. 687 Holtz, Thess, 30.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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sprechen kommt, wo er sich bemîht, die rednerische Glaubwîrdigkeit im Interesse der Rezeption seines Briefes aufzubauen“.688 Auch das Formelement der apostolischen Parusie689 trgt dadurch, dass es dem Apostel in der Gemeinde Autoritt und Vollmacht verleiht, parnetische Frbung.690 Zu beidem passt appellative Ausdeutung des Nachahmungsmotivs (1,6 f.; 2,14).691 Auch die Vater-Metapher (geringfîgiger auch die der Mutter) kann bei Betonung einer ihrer Konnotationen Autoritt und Hierarchie parnetisch in Anspruch genommen werden.692 Whrend O’Briens Methode eine relativ weiche, „psychologische“ ist, (die fîr sprechakttheoretische Beschreibung sehr offen ist,) bietet Malherbe, gewiss einer der momentan profiliertesten Forscher zu 1Thess îberhaupt, ein viel hçheres Maß an methodischer und quellenkundlicher Soliditt. Malherbe hat sich seit den 1970er Jahren in mehreren vielbeachteten Verçffentlichungen und schließlich in seinem großen Anchor-Bible-Kommentar fîr ein Verstndnis des gesamten 1. Thessalonicherbriefes unter parnetischem Aspekt stark gemacht.693 Als Seitenargument benîtzt auch er die der Formkritik entlehnte Entscheidung (nach Bjerkelund), Kapitel 4 – 5 als Hauptteil und 1 – 3 als die Parnese vorbereitenden einleitenden Teil zu bezeichnen694, und beruft sich auch auf Schubert, nach dem alle paulinische Danksagung explizit 688 Schnider/Stenger, Studien, 56. Vgl. auch Probst, Paulus, 102 f.; ausfîhrlich hat sich Malherbe in diese Richtung geußert, vgl. sofort. 689 Vgl. ausfîhrlicher unter 2.3.2.6. 690 Vgl. Schnider/Stenger, Studien, 97; Schnelle, Einleitung, 59; allgemein Funk, Parousia, 266. 691 Schulz interpretiert das Nachahmungsmotiv gerade beim frîhen Paulus (nicht beim spten) anhand von Vergleichen mit pseudepigraphen Texten und solchen von Philo ethisch (vgl. Schulz, Ethik, 317.333, mit Verweis auf SapSal 14,1 f.; TestBen 3,1; TestAss 4,3; Philo sacr. 64 u. ç.). Anders Schnelle, der die Nachahmervorstellung gerade nicht primr ethisch, sondern eschatologisch interpretiert zur „Beschreibung des Heilsstandes der Gemeinde und zur umfassenden Interpretation christlicher Existenz“ (Einleitung, 69). Zur eschatologischen Interpretation der Ethik vgl. unter 2.3.2.6. Die eschatologische Motivation der Ethik in 1Thess insgesamt fehlt allerdings auch bei Schulz nicht (vgl. Ethik, 314 – 316). 692 Vgl. Burke, 135 – 142.152; Holtz, Thess, 30. Vgl. ausfîhrlicher unter 2.3.2.4. 693 Vgl. umfassend v. a. Malherbe, Hellenistic Moralists; dieser 1992 verçffentlichte Aufsatz basiert auf einem bereits 1972 gehaltenen Vortrag „I Thessalonians as a Paraenetic Letter“ (vgl. ders., Exhortation, 238, Anm. 3). Bis dahin hatte Malherbe lngst etliche Studien zum Thema herausgegeben (vgl. Bibliographie). Vgl. auch Krentz, Rez. Malherbe, 2, mit Anm. 3. 694 Vgl. Malherbe, Hellenistic Moralists, 279 f.289; ,Pastoral Care‘, 385.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

oder implizit parnetische Funktion habe.695 Die weitaus gewichtigere Argumentation Malherbes baut aber – einem seiner Arbeitsschwerpunkte insgesamt folgend – auf umfangreich recherchierten Vergleichen der paulinischen Brieftopoi mit hellenistisch-griechischer und lateinischer philosophischer und moralischer Literatur v. a. der kynischen und stoischen Schulen (eine Schlîsselstellung nimmt Dio Chrysostomus ein, zudem Pseudo-Isocrates, Epiktet, Musonius Rufus, Seneca, Cicero, Plinius, Plutarch, Lucian u.v.a.), aufgrund derer Malherbe Paulus’ intensive Vertrautheit mit Theorie und Praxis zeitgençssischer Epistolographie und Moralphilosophie darlegt.696 Die von Malherbe herausgearbeiteten und durch eine Vielzahl zeitgençssischer Zitate belegten Parallelen sind beeindruckend697: Zur Zeit des Paulus gab es in den Stdten eine große Zahl missionierender Wanderphilosophen unterschiedlicher Couleur. So auch Paulus, der sich selbst in der Sprache der landlufigen Moralphilosophen beschreibt698, sich jedoch auch, um Ver695 Vgl. Malherbe, Exhortation, 238; Hellenistic Moralists, 280; Thess, 80; auch O’Brien, Thanksgivings, 14; Doty, Letters, 32. Dies beruht m.M.n. allerdings auf einer angreifbaren Interpretation von Schubert. Schubert schreibt zwar in der Tat: „All Pauline thanksgivings have either explicitly or implicitly paraenetic function“ (Thanksgiving, 89). Meiner Meinung nach bezieht sich dieser Satz jedoch nur auf die in Schuberts Gliederung unter IVa und IVb gelisteten Stellen, die da sind: IVa: Rçm 1,21; 2Kor 4,15; 9,11 f.; 1Kor 14,16 – 18; 1Tim 2,1 f. IVb: 1Thess 5,16 ff. (gemeint sind V.16 – 18); Phil 4,6; Kol 1,9 – 12; 2,6 f.; 3,14 – 17; 4,2 f.; Eph 5,3 f.; 5,18 – 21 (vgl. ebd., 86 – 88). Die einzige Belegstelle aus 1Thess erscheint also unter IVb, wo ansonsten nur noch eine einzige nach heutiger opinio communis geltende authentische Paulus-Stelle aufgelistet wird (Phil 4,6). Sowohl diese als auch 1Thess 5,16 – 18 belegen jedoch nicht den Dank in parnetischer Funktion oder appellativer Interpretation, sondern formulieren eine Aufforderung zum Dank. Das gleiche gilt auch fîr Kol 2,6 f.; 3,14 – 17; 4,2 f; Eph 5,3 f.; 5,18 – 21. Kol 1,9 – 12 steht zwar (im Gegensatz zu den anderen genannten deuteropaulinischen Stellen) im Rahmen einer briefformalen Danksagung, setzt sich in seinem parnetischen Gehalt vom eigentlichen Danken (V.3 – 8) jedoch ausdrîcklich ab. Die von Schubert unter IVa gelisteten Stellen stehen hingegen nher an einer appellativen Interpretation des Dankes selber (Dank als Element des zu erstrebenden Christenlebens bzw. [im Falle Rçm 1,21] mangelnder Dank an Gott als ausdrîcklicher Tadel). 696 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 72 f. 697 Dank Malherbes allgemein akzeptierter, nie in Frage gestellter quellenkundlicher Transparenz erîbrigt es sich hier, nher auf seine Vergleichsbelege einzugehen; seine Werke zitieren die Quellen ausfîhrlich. Ebenfalls verweise ich auf Malherbes Quellensammlung Moral Exhortation, A Graeco-Roman Sourcebook. Im Folgenden ist nur eine Auswahl an Malherbes zeitgençssischen Belegen genannt. 698 Vgl. Malherbe, Thess, 84.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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wechslungen zu vermeiden (die offenbar mçglich waren699), von ihnen absetzt (1Thess 2,1 – 12).700 Dass er whrend seiner Mission einem Handwerk nachgeht, um sich selbst unterhalten zu kçnnen, entspricht deren Praxis (vgl. Musonius Rufus, Fragment 11).701 Auch jene rufen zu Bekehrung und einem neuen moralischen Leben auf 702 ; auch nach Dio Chrysostomus ist seine Rede, im Gegensatz zu der der Sophisten, gçttlichen Ursprungs und gçttlicher Dignitt (vgl. Dio.or. 1,57 mit 1Thess 1,4.5 f.8; 2,2.4.9.13)703 ; sie ist gekennzeichnet von Ehrlichkeit und Offenheit (vgl. Dio.or. 32,11; Plutarch, Quomodo adulator ab amico internoscatur [= mor. 48E-74E] mit 1Thess 2,2 – 6).704 Auch die Moralphilosophen betonen die Irrtîmer und Sînden der Menschen705 und streben auf die Bekehrung der Zuhçrer hin. In diesem Anliegen wollen sie nicht originell sein, sondern betonen die Traditionalitt ihrer Botschaft (vgl. Dio.or. 13,14 f.), die den Hçrern bereits bekannt sein (vgl. 1Thess 1,5b; 2,1 f.5.9.11; 4,1 f.6.11; 5,2) und man ihnen daher kaum schreiben mîsste (vgl. Dio.or. 17,1 f.; Plinius, epistula 8,24,1 mit 1Thess 4,9; 5,1).706 Damit verbunden ist die Aussage, dass die Hçrer das Geforderte bereits tun (vgl. Sen.ep. 1,1; 5,1; 13,15; 24,16; Cicero, epistula ad Quintum fratrem 1,1,8 mit 1Thess 4,1.10; 5,11).707 Parallelen in Inhalt und Struktur der Evangelisation des Paulus mit der der zeitgençssischen Moralphilosophen sind also evident. Andererseits sind weitere Inhalte auch manifest unterschiedlich. Paulus betont den aktiven Gott. Nicht Paulus eigene Rede bewirkt Umkehr, sondern çffnet den Weg fîr das îbernatîrliche Wirken Gottes. Auch die Reminiszenz an die Ursprungspredigt (1,9 f.) zeigt, dass die Botschaft mit der Kenntnis Gottes beginnt.708 Weitere signifikante Unterschiede sind die Betonung der Auferstehung Christi und des Endgerichtes.709 Whrend Wanderphilosophen moralisches Wachstum durch Vernunft und durch das eigene Selbst betonen, bezieht Paulus seine Ethik auf Gott und den Heiligen Geist als Motivati699 Dagegen Holtz, Thess, 93, Anm. 422. 700 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 10; detaillierter zum kynischen Hintergrund von 1Thess 2,1 – 12, bes. anhand von Parallelen zu Reden von Dio Chrysostomus, vgl. Malherbe, ,Gentle‘. 701 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 17 – 20; ders., Paul – Hellenistic Philosopher, 69 f. 702 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 21. 703 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 22 f. 704 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 23; ders., Paul – Hellenistic Philosopher, 71. 705 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 24 f. 706 Vgl. Malherbe, Exhortation, 240.250; ders., Moralists, 280 f.289 f.; ders., Paul and the Thessalonians, 25 – 28.70 – 72; ders., Paul – Hellenistic Philosopher, 74; ders., Thess, 84. 707 Vgl. Malherbe, Moralists, 287; ders., Thess, 84. 708 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 29 f. 709 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 32 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

on.710 Whrend jene nach Glîcklichkeit und Tugend streben, predigt Paulus Vernderung im Geist und Abwendung von der Welt.711 Auch die Schwierigkeiten der von Philosophen Neubekehrten lassen sich in vielem mit denen des Paulus vergleichen (und ebenso mit den Proselyten zum Judentum; vgl. JosAs 12,11; 13,1). Die Terminologie, mit der die (plçtzliche oder allmhliche) Bekehrung beschrieben wird, ist ganz der christlichen gleich; ebenso die Manifestationen der Zuhçrer nach erfolgter Bekehrung, die u. a. in der Re-definition der Persçnlichkeit und Verwirrung in den Emotionen bestehen.712 Beide haben am Anfang ihres neuen Lebens hufig Schwierigkeiten mit der Assimilation an die ußere als unmoralisch erfahrenen Welt, aber auch mit ihren eigenen Leidenschaften, sie erfahren Einsamkeit und Unverstandenheit und brauchen auch nach der Bekehrung Schulung und Hilfestellung.713 In 1Thess tauchen solche Schwierigkeiten mit der Betonung der hk?xir auf.714 Die Familienmetaphorik, sowie die Auswahl der behandelten Fragen in Kapitel 4f. (Ehefragen, brîderliches Sozialverhalten, zerstçrte Glaubensgemeinschaft durch den Tod einiger Mitglieder, doch Hoffnung auf Erneuerung der Gemeinschaft bei der Parusie) kçnnte auf Probleme der Neubekehrten mit ihren eigenen Familien, sowie das Verstndnis der neuen Glaubensgemeinschaft als Gegenentwurf zur heimatlichen Familie hinweisen.715 Gegenîber diesen Schwierigkeiten bietet Paulus – ganz in Parallele zu den Philosophen – sein eigenes Vorbild zur Verifizierung seiner Botschaft an716 (vgl. 1Thess 1,6; 2,1 – 12 gibt nach Malherbe eine Selbstbeschreibung als idealer Philosoph nach kynischem Vorbild wieder717; dass Paulus als einfacher Handwerker arbeitet, impliziert das Aufgeben seines Sozialstatus; er trgt individuelle Fîrsorge fîr seine Zuhçrer wie Eltern und Amme; vgl. Dio.or. 4,74). Die Vorbildfunktion des Lehrers und das Nachahmungsmotiv wiederum folgt stoischem Muster (vgl. Ps-Isocrates, An Demonicus 9 – 11.44; Ps-Plutarch, De liberis educandis [= mor. 1A-14C] 4C.8F.9EF; Sen.ep. 25,6; 52,8; 94,40 f.); zur Wichtigkeit des Gedchtnisses und Hçrens auf große Lehrer der Vergangenheit vgl. Sen.ep. 52,8; Marc Aurelius, Meditationes XI, 26; Plutarch, Quomodo quis suos in virtute sentiat profectus [= mor. 75B-86A] 85AB).718 In 1Thess ist der Nachahmungsgedanke bipolar dargestellt: Die Thessalonicher sind 710 711 712 713 714 715 716 717 718

Vgl. Malherbe, Exhortation, 250 – 254. Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 32 f. Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 26, mit Anm. 89.; ebd., 28 f. Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 36 – 46; ders., God’s New Family, 122. Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 46 – 52.61 – 64. Vgl. hierzu Still, Conflict, 208 – 227. Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 48 – 51. Vgl. Malherbe, Exhortation, 243. Vgl. Malherbe, Exhortation, 290. Vgl. Malherbe, Exhortation, 248; ders., ,Gentle‘, 211 – 14; ders., ,Pastoral Care‘, 386; Paul and the Thessalonians, 52 – 54; ders., Paul – Hellenistic Philosopher, 72; ders., Thess, 83.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Paulus’ Nachahmer geworden, dienen aber ihrerseits bereits als Vorbilder in ganz Mazedonien (vgl. 1Thess 1,6 f.; weiteres Nachahmungsmotiv in Bezug auf die Gemeinden in Juda in 2,13 – 16).719 Die Erinnerung an die Missionssituation, die Paulus bestndig wachruft, bedeutet nicht nur ein Rîckwrtsblicken auf vergangene Erfahrungen, sondern soll, ebenso wie der gesamte Brief an sich720, ihn als Autorittstrger mçglichst gegenwrtig setzen (vgl. zur gedanklichen Beispielsetzung abwesender Personen Sen. ep. 6,5 f.; 11,9)721 und die seinem Vorbild folgende Nachahmung whrend seiner Abwesenheit strken.722 Paulus’ Freude nach Timotheus’ Rîckkehr bezieht sich daher auf die Vergewisserung seiner noch wirksamen Vorbildfunktion.723 Unterschiede zu anderen Moralphilosophen liegen darin, dass diese normalerweise (allerdings nicht ausschließlich, vgl. Plinius, epistula 7,1,7)724 nicht auf sich selbst als vorbildliche Beispiele verweisen, sondern auf andere moralische Grçßen (Kçnige, Weise, große Philosophen der Vergangenheit, v. a. Sokrates).725 Zudem mahnt Paulus seine Leser nicht, ihm kînftig nachzueifern, sondern stellt fest, dass sie durch ihre Bekehrung bereits seine Nachahmer geworden sind (1 Thess 1,6).726 Gleich den Wanderphilosophen hat zwar auch Paulus trotz Leiden und Missgunst gepredigt (vgl. auch das Leiden der judischen Christen 1Thess 2,14 – 16)727, hat aber das Leiden nicht in eigener Tapferkeit, Tugend und Willensstrke getragen, sondern in gottgegebenem Freimut (2,1 – 5).728 Gleich den Philosophen betont auch Paulus seine Integritt (2,1 – 6), betont aber seine Selbstaufgabe îber das Maß derer hinaus. Paulus’ Perspektive ist das Eschaton (2,12); im Gegensatz zum stoischen Seneca ist der Mensch nicht dem passiven Schicksal ausgeliefert und zielt auf „stoische“ Passivitt, stattdessen haben Christen Vertrauen auf Gott, der ihre Errettung plant (5,9 f.).729

Soweit Malherbe, der also weniger formal, sondern topisch argumentiert. Kurz gefasst soll durch die rhetorischen Strategien der ersten Briefhlfte730 Vertrauen aufgebaut werden, das als Vorbereitung und 719 Vgl. Malherbe, Moralists, 282 f.; ,Pastoral Care‘, 385; Paul – Hellenistic Philosopher, 69 f. 720 Vgl. Malherbe, Moralists, 285 f. 721 Vgl. Malherbe, Thess, 84. 722 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 67; ders., God’s New Family, 120 f. 723 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 68. 724 Vgl. Malherbe, Moralists, 286. 725 Vgl. Malherbe, Exhortation, 246 – 248; ders., Moralists, 283; ders., Paul and the Thessalonians, 58. 726 Vgl. Malherbe, ,Pastoral Care‘, 385. 727 Vgl. Malherbe, Thess, 84. 728 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 59. 729 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 59.79 f.; ders., Paul – Hellenistic Philosopher, 73. 730 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 74.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Grundlage fîr Paulus’ Ratschlge in der zweiten Hlfte, die sich aus der ersten speisen731, dient: „This section [sc. Kapitel 1 – 3] has no other purpose than to strengthen the bond between himself and the Thessalonians, and so to prepare for the advice he will give in chaps. 4 and 5 … The paraenetic style is used throughout the letter“.732 Auch wenn Malherbe somit nicht zu unrecht als Vertreter fîr die Position genannt wird, 1Thess insgesamt unter parnetischem Aspekt zu sehen, ist dies bei ihm allerdings kein eindimensionales Raster. V.a. Paulus’ ganz fundamentale Orientierung an Gott mitsamt dem unterschiedlichen (aktiven, initiierenden) Gottesbild, Paulus’ Ausblick auf das Eschaton und die ekklesiologische Dimension des Textes werden von Malherbe auch gewîrdigt, nur werden sie der Parnese tendenziell untergeordnet. Es sollte auch beachtet werden, dass, obschon der parnetischen Zug des Briefes bei ihm insgesamt tatschlich sehr hoch gestellt ist, er nicht in allen seinen Verçffentlichungen gleich stark betont ist.733 Gerade durch seine intensiven epigraphischen Vergleiche gelingt es ihm, neben dem Festhalten an Parnese als Grundcharakter des Briefes Paulus’ Unterschiede zu den Traditionsmustern herauszuarbeiten, sowie Raum fîr die paulinische Kreativitt und die Neuheit der Briefform zu schaffen734 : „In the first part of the letter, then, Paul makes generous use of the hortatory traditions current in his own day but changes them to express his conception of himself as bearer of the divine message. The traditions were so common that one may assume that Paul’s converts were familiar with them, and that his modifications of them would have been striking“.735

Etliche Einwnde sind gegen Malherbes Ansatz vorgetragen worden. Der gravierendste davon lautet, er habe zu einseitig den Kontext griechisch-rçmischer Quellen und Traditionen berîcksichtigt, nicht aber 731 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 76 f.; vergleichbar ja auch schon Holmstrand, Markers, 82 – 84 (vgl. Anm. 678). 732 Malherbe, Thess, 80. 733 Vgl. v. a. die starke Betonung des Ekklesiologisch-Gesellschaftlichen in Malherbe, God’s New Family; insbesondere z. B. durch den Appell an das gegenseitige Empfangen (1Thess 5,12 f.) und Geben (5,13 f.), oder durch die Vorbildreihung Paulus – die Thessalonicher – die Mazedonier; vgl. 124 f. (vgl. unter 2.3.2.4.). 734 Malherbe bezieht sich darin ausdrîcklich auf Koester, kritisiert ihn aber auch aufgrund des Mangels an zeitgençssischen literarischen Vergleichen (in concreto Seneca und Epikur; vgl. Paul 68, Anm. 17). 735 Malherbe, Exhortation, 249.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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jîdischer736 (damit wre gegen ihn dieselbe Kritik ausgesprochen wie Jahrzehnte frîher gegen Schubert737). Eine solche Kritik basiert natîrlich auf grundstzlich richtigen Beobachtungen, doch ist auch sie nicht frei von leitendem Interesse, nmlich Paulus trotz Damaskus, Antiochia etc. (und 1Thess 2,15 f.!) dauerhaft mçglichst nahe an seinen jîdischen Wurzeln zu positionieren.738 Krentz hingegen findet die starke Betonung der hellenistischen parnetischen Tradition fîr Paulus’ Sprache und Gedanken gerade „persuasive“.739 Auch ist eine der Arbeit Malherbes vergleichbar umfassende und intensive Anbindung von 1Thess an jîdische Quellen m.W. bislang nicht geleistet worden. Dahingehende Untersuchungen beziehen sich eher auf Einzelelemente des Briefes (wie Einzelbegriffe, Gebete und liturgische Einflîsse, Parnesereihungen und apokalyptisches Bildmaterial).740 736 Vgl. z. B. Bickmann, Kommunikation, 92 f.; Johanson, Brethren, 164 f. (in Bezug auf 1Thess 2,1 – 12); Wuellner, Structure, 135, Anm. 73; auch Hodgson formuliert seinen Ansatz, 1Thess 4,1 – 12 im Rahmen jîdischer Heiligkeitstraditionen zu betrachten, ausdrîcklich als komplimentr zu Malherbes (und anderer) Arbeiten (vgl. 1 Thess 4:1 – 12, 200). – Malherbe war sich dieser Auslassung selbst bewusst, kommentierte sie jedoch mit ganz unterschiedlichen Worten. 1990 schrieb er fast sîffisant: „A positive answer to the [question whether it is not more likely that Paul’s Jewish inheritence, rather than Greek philosophy, informed his pastoral practice] will have to be given by someone more knowledgable than I am about the Jewish material“ (,Pastoral Care‘, 391). Nur zehn Jahre spter hingegen rechtfertigte er die Interpretation des Briefes anhand griechisch-hellenistischer Quellen nicht mehr aufgrund seines eigenen Forschungsschwerpunktes, sondern aufgrund der von Paulus erwarteten Rezeptionshaltung der Thessalonicher: „Nothing in this account of Paul’s founding of the church represents the concerns his gospel frequently raised for Jews. The characteristic Pauline antitheses of law and gospel, faith and works, flesh and spirit, for example, are absent. Paul does not quote from the OT in the letter, and there are only a few places in the letter where he may allude to the OT (2:4, 16; 4:5, 6, 8; 5:8, 22), which suggests that he has in mind readers not nurtured on the Jewish Scriptures. Furthermore, on the assumption that Paul adopted a style of writing appropriate to the circumstances and background of his readers, the Hellenistic hortatory character of the letter confirms their Greek, and not Jewish, background“ (Thess, 56). 737 Vgl. unter 2.3.2.2. 738 Bereits 1986 hatte Malherbe zurecht Paulus’ Verwurzeltheit in beiden Kulturkreisen betont, deren beider er sich je nach missionarischer Situation bedienen konnte (vgl. Paul – Hellenistic Philosopher, 67 f.). 739 Krentz, Rez. Malherbe, Letters to the Thessalonians, 5. 740 Vgl. z. B. Carras, Ethics, 306 – 315; Collins, Unity, 327 – 329.333, der dem 1Thess einen „Jewish character of the letter as a whole“ (Unity, 328) bescheinigt,

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Die zweitgravierendste Kritik gegen Malherbe betrifft die Interpretation von Paulus’ Selbstbeschreibung in 1Thess 2,1 – 12. Statt Malherbes Interpretation im Sinne einer idealen Beschreibung des kynischen Moralphilosophen (v. a. nach Dio Chrysostomus)741 sieht man in diesen Versen hufig eine Apologie seiner apostolischen Autoritt, die whrend seiner Abwesenheit in Thessalonich unter Angriff geriet.742 Die Grînde fîr diese These sind nicht von der Hand zu weisen: Man verweist auf die vielen Negativbegriffe in 2,3 – 6; die Abwehr von Vorwîrfen gegen den Predigercharakter (vgl. 2,1 f.5.9 – 11); die Anrufung Gottes als Zeuge (2,5.10; par. 1,1 – 2,14).743 Auch Marshalls ˜berlegung verdient Beachtung, dass, selbst wenn 1Thess 2,1 – 12 eine idealphilosophische Selbstbeschreibung wre, Paulus eine apologetische Motivation fîr eine ebensolche gehabt haben mîsse.744 Ebenso fîhrt man gegen Malherbe den von ihm selbst so intensiv zitierten Dio zu Felde, nach dem es fîr einen mittelklassigen Philosophenprediger durchaus nicht unîblich war, dem schnçden Gelchter des Volkes ausgesetzt zu sein und sich dahingehend verteidigen zu mîssen745 ; der parnetische Charakter dieser Stelle sei, wenn îberhaupt, nur sekundr.746

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ohne aber umfassende Einzelaufweise dafîr aufzuzeigen; ders., „This is the Will …“, 315.324; Holtz, Traditionen, 246 – 269; ders., „Euer Glaube …“, 282 – 292; Laub, Verkîndigung, 29 – 31 (fîr 1Thess 1,9 f.); ders., Paulus als Gemeindegrînder, 25 (ebenso); Schimanowski, Abgrenzung, 300, mit Anm. 7; Snyder, Summary, 361; Vahrenhorst, Sprache, 136. Vorlufer in diese Richtung sind in Dobschîtz (Thess, 106 f.) und Dibelius (Thess, 10 f.) – trotz beider grundstzlichen ˜bernahme der Interpretation dieser Stelle als Apologie – zu erkennen. Entsprechende Zitate von Dio Chrysostomus u. a. sind ebenfalls îbersichtlich erschlossen in Palmer, Thanksgiving, 24 – 36. So die auch heute noch wohl am hufigsten vertretene Meinung. Vgl. u. a. v. Brocke, Thessaloniki, 143 – 145; Dobschîtz, Thess, 106 f.; Holtz, Thess, 92 – 95; Marshall, Thess, 60 f.; Merk, 1 Thessalonicher 2,1 – 12; Riesner, Frîhzeit, 327 f.; Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 103; Still, Conflict, 139 – 149; Weima, Apology, bes. 80 – 89; jîngst auch wieder Kim, Paul’s Entry, 519 – 533. Fîr ltere Literatur vgl. Schoon-janssen, „Apologien“, 53 f. Dagegen aber wieder zuletzt Blischke, Begrîndung, 44 – 48. Vgl. Still, Conflict, 142. Vgl. Marshall, Thess, 61. Vgl. auch Holtz, Thess, 93 f.; Jewett, Correspondence, 102 f. Vgl. Dio.or. 32,9; Still, Conflict, 141 – 143 mit 103 f. Riesner, Frîhzeit, 327 f., nennt ebenfalls Dio.or. 32,11 dafîr, dass gerade eine îberstîrzte Abreise zum Anlass fîr Spott genommen werden konnte. Nicht triftig erscheint mir hingegen Riesners Detailargument gegen eine parnetische Lesart von 1Thess 2,1 – 12, der Begriff tqovºr sei besser nicht

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

153

Diese Kritikpunkte sind beachtenswert: Wesentliches von 1Thess 2,1 – 12 ist im Sinne einer Apologie lesbar. Dennoch kann dies Malherbes Ansatz wohl nicht insgesamt zu Fall bringen; dazu ist er zu wenig speziell von 2,1 – 12 abhngig, sondern den ganzen Brief zu vollstndig umfassend; ebenso sind seine Quellverweise insgesamt zu gewichtig.747 Vor allem aber besteht (im Gefolge von Marshall) zwischen apologetischer und parnetischer Lesart nicht unbedingt ein Widerspruch; Affront kann hçchstens darîber entstehen, ob die Apologie parnetisch in Anspruch genommen werden sollte (in Malherbes Sinne)748 oder Paulus’ ideale Selbstbeschreibung apologetisch (in Marshalls u. a. Sinne). Zurecht hat Johanson darauf hingewiesen, dass gewisse apologetische Situationen in Lehr- oder Missionsverhltnissen mehr oder weniger naaufgrund hellenistischer Rhetorik, sondern aufgrund eines Textes aus der Psalmenrolle von Qumran zu verstehen (11QPsa 21,14 f.), in der 8@W (Amme) parallel zu 7B@B (Lehrer) begegne (vgl. Frîhzeit, 327). Diese Argumentation berîcksichtigt m. E. nicht ausreichend, dass fîr Malherbe der Begriff der tqovºr zwar wichtig ist (v. a. in ders., Gentle), von ihm aber keineswegs isoliert betrachtet wird (wie im Anschluss von Riesner auch zugestanden wird). Zweitens ist es gar nicht eindeutig, ob Paulus’ Evangelisierungsrhetorik in Griechenland so viel strker von Qumran beeinflusst war als von der Sprache der Kultur, fîr die er predigte (Paulus war zwar rabbinisch geschult, aber dennoch selbst Diasporajude – schenkt man den Notizen aus Apg 9,11; 21,39; 22,3 Glauben). Ob also die motivgeschichtliche Herleitung aus paganer griechischer Literatur nicht doch die grçßere Wahrscheinlichkeit hat? Und drittens trîge der Hinweis auf 11QPsa 21,14 f. (egal ob er den realen motivischen Hintergrund fîr 1Thess 2,7 bildet oder nicht) fîr die These, 1Thess 2,1 – 12 mçglichst nicht parnetisch zu lesen, gar nichts aus, da gerade in diesem Text die Funktion der Amme ja eben mit der des Lehrers parallelisiert wird und deswegen gerade parnetisch ausdeutbar wre. Dasselbe ist zu Riesners weiterem Qumran-Beleg 1QH 7,20 – 22 zu sagen. Ebenso nicht nachvollziehbar ist mir Lambrechts Aussage: „[N]ot only the very nature of this letter but also the frequent appeal to veracity decisively plead against Malherbe’s hesitation [sc. to determine 1Thess 2,1 – 12 as personal apology]“ (Thanksgivings, 160), argumentiert doch Malherbe gerade unter Einschluss von Nachweisen quer durch den gesamten Brief („nature of this letter“), einschließlich von Paulus’ „frequent appeal to veracity“. 747 Wie auch etwa von Holtz (Thess, 93, Anm. 422), Riesner (Frîhzeit, 327), Johanson (Brethren, 164) zugegeben. 748 Palmer erkennt in 1Thess 2,1 – 12 zwar auch etliche Elemente „of Cynic selfdefence“, doch schließt er daraus, dass Paulus diese nicht einsetzt, um sich gegen real existierende Vorwîrfe zur Wehr zu setzen, sondern als Stilmittel, um durch die daraus resultierende Selbstbeschreibung Parnese gegenîber den Thessalonichern zu formulieren (vgl. Thanksgiving, 23 – 30). Diese Konsequenz wre auch mçglich, wenn es sich bei den Vorwîrfen um real existierende handelte.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

tîrlicherweise zu erwarten seien; diese Motivik fnde sich beispielsweise auch beim Lehrer der Gerechtigkeit in 1QH 7, 6 – 25. Es sei daher selbst bei Entscheidung fîr Parnese als Basisintention des Briefes die starke Anbindung an Topoi hellenistischer Wanderprediger gar nicht notwendig.749 Zusammenfassend ist zu sagen, dass eine durchgngig parnetische Haltung in 1Thess deutlich leichter zu greifen ist als die des Dankens. Dies liegt ganz wesentlich an der grîndlichen Arbeit von Malherbe.750 Bevor man aber Parnese als „Hauptfaktor“ des gesamten Briefes whlt, dem alle anderen untergeordnet sind, gilt es, sich gegen Missverstndnisse zu wappnen: Zunchst einmal ist – wie gesagt – auch Malherbes Arbeit zu 1Thess selbst nicht so eindimensional auf Parnese gerichtet, wie es nach einigen Einzelzitaten aus seinem Werk klingen mag. Zum zweiten ist an Wesen und Charakter der von Paulus îbernommenen Form von Parnese in der hellenistischen Antike zu erinnern. Die grundlegende Studie hierfîr ist immer noch die Arbeit von Bjerkelund, der konkret mit (typischerweise) paqajak_ oder paqajakoOlem eingeleitete Aufforderungen untersucht und die entsprechenden paulinischen Verwendungen mit privaten Briefen und diplomatischen Schreiben aus Athen, Korinth und anderen §rtlichkeiten der Achaja vergleicht. In 1Thess kommen solche formelhaften Wendungen in 4,1.10; 5,14 vor; 4,1.10 stellen fîr Bjerkelund die Pointe des ganzen Briefes dar. Sein Ergebnis lautet, dass solche Parnese typisch ist entweder fîr hierarchisch gleichgestellte Personen (im Falle eines Privatbriefes) oder fîr Stadtbeamte, Kçnige etc. gegenîber Personen, die ihnen gegenîber zwar hierarchisch untergeordnet, nicht aber direkt untertnig sind. Der Charakter einer solchen „Paraklese“ ist dann intensiver als bei einer Bitte, aber weniger autoritativ als bei einem Befehl, stattdessen handelt es sich um einen „wîrdigen und urbanen Ausdruck der Aufforderung, dem alles Befehlende oder Untertnige fernliegt“.751 Noch 16 Jahre spter kann sich

749 Vgl. Johanson, Brethren, 164 f. 750 Es liegt vielleicht zudem auch an einer leichteren Bestimmbarkeit des Wesens eines Appells bzw. einer grçßeren Empfnglichkeit des heutigen Lesers, einen solchen wahrzunehmen. 751 Bjerkelund, Parakalú, 110. Collins bemerkt zurecht, dass diesbezîglich das Fehlen von paqajak_ in Gal bemerkenswert ist (vgl. Collins, „This is the Will …“, 301, Anm. 18).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

155

Collins752, und 40 Jahre spter Blischke753 den Ergebnissen Bjerkelunds uneingeschrnkt anschließen. Whrend sich Bjerkelunds Ansatz an formelhaften Einzelformulierungen orientiert, mîssen aber – drittens – Unterschiede in Form und Inhalt zu den Gepflogenheiten des traditionell parnetischen Briefes berîcksichtigt werden: Denn wenn Paulus seine Adressaten mit dem Brief grundstzlich ermahnen will und auch die nicht direkt mahnenden Abschnitte parnetisch ausgedeutet werden sollen, warum whlt er dann nicht eine Briefform, die diesem Anliegen eher entsprochen htte (und von den Adressaten auch als solche erkannt worden wre)? Oder umgekehrt: Wenn ein „parnetischer“ Brief des frîhen Paulus so aussieht wie 1Thess, ist zumindest auffllig, dass die Form, die er dafîr whlt, den traditionell dafîr vorgesehenen Rahmen doch gewaltig hinter sich lsst; und diese formale Neugestaltung samt der damit einhergehenden inhaltlichen Verschiebungen scheint mir doch so gravierend (dankende und lobende Abschnitte umfassen mehr als die Hlfte des gesamten Briefes!), dass weiterhin zu fragen ist, inwiefern diese von Paulus kreierte Differenz das Verstndnis von Parnese selbst transformiert. Am wesentlichsten erscheinen mir hierfîr die starke Anbindung an Gott (mit allen christologischen, soteriologischen und ekklesiologischen Konsequenzen)754, die Verschrnkung der Parnese mit ausfîhrlichem, wiederholtem Dank, teils in Gebetsform, sowie insgesamt die Einbeziehung von aus liturgischer Praxis gewonnenen Feiertexten. Dies bedeutet keine Abschwchung des parnetischen Charakters, aber eine Perspektivenverschiebung im Hinblick auf die Motivation fîr die Erfîllung der Forderungen. Viertens aber ist man mit der Parnese noch nicht am Ende der ˜berlegungen zu Grundabsichten von 1Thess angelangt. Denn ebenso wie Marshall die berechtigte Frage gestellt hat, welchem Zweck eine Apologie in 2,1 – 12 dienen soll, und auf diese Weise von der Apologie zur Parnese îberleitet, ist die Nachfolgefrage zu stellen, welchem Zweck denn die Parnese dienen soll.755 Mit Collins („the purpose of exhortation is the building up of the community“756) und Merk („[i]n solchem Miteinander des verantwor752 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 300 – 303. 753 Vgl. Blischke, Begrîndung, 63. 754 Collins schreibt zurecht: „[Paul] made his demands not on his own authority, but on the authority of the one who sent him“ („This is the Will …“, 322). 755 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 85 f. (konkret bezogen auf 1Thess 4,1 – 12). 756 Collins, Scholarship, 65; vgl. ebenso ders., Function, 408 – 410; Yarbrough, Gentiles, 86 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

teten Aufeinanderzugehens wird die ,Paraklese‘ gemeindeaufbauend zum seelsorgerlichen Fîreinander, die keinen ausschließt und so die diesbezîglichen Ausfîhrungen des Paulus im 1.Thess diesen zum ,earliest Christian pastoral letter‘ macht“757) fîhrt das die ˜berlegungen weiter zu unterschiedlichen Bildern von Gemeinschaft. 2.3.2.4. Der freundschaftliche, der familire und der ekklesiologische Aspekt Zunchst ist daran zu erinnern, dass lt. Demetrius von Phalerons hufig zitierter Beschreibung des angemessenen Briefstils aus Peq· 2qlgme¸ar (De elocutione), dem ltesten uns vorliegenden Traktat îber griechischen Briefstil758, eine freundliche Grundstimmung per genus typisch fîr den Brief ist. Der Brief sei einem verschriftlichten Geschenk an einen Freund (224) oder einer plaudernden Unterhaltung vergleichbar (225), seine Schçnheit bestnde unter anderem in der freundschaftlichen Bezeugung des Wohlwollens (232). Komplizierte Auseinandersetzungen wie in einer Gerichtsrede seien im Brief unangemessen, u. a. mit der lapidaren Begrîndung, dass dies nicht freundschaftlich sei (229).759 Dies also „definiert“ den Brief als solchen insgesamt als freundschaftliches Kundtun.760 Das freundschaftliche Gebaren von 1Thess geht jedoch îber diese allgemeine Charakterisierung weit hinaus. Die parallel zur Zurîcknahme seiner eigenen Person zu Gunsten der Gottesbeziehung einhergehende ungewçhnlich emotionale Verbundenheit und personale Zuwendung des Apostels zu seinen Adressaten, die das epistolographisch Erwartete deutlich îbertrifft, ist immer gesehen und beschrieben worden.761 Klar wird das enge Verhltnis zwischen Paulus und seiner Gemeinde an Elementen, die diese Verbundenheit erkennen lassen und hnlich auch in anderen Paulusbriefen vorkommen, verglichen mit diesen in 1Thess jedoch gesteigert sind: So sind Selbstempfehlungen sind natîrlich auch sonst feste Teile paulinischer Briefe, auch die inhaltlichen Zîge bewegen 757 Merk, Miteinander, 379; Binnenzitat: Malherbe, ,Pastoral care‘, 391. 758 Vgl. zur umstrittenen Datierung Thraede, Grundzîge, 19 – 21 (Frîhdatierung 3. Jahrhundert v. Chr.; Sptdatierung 1. Jahrhundert n. Chr.); Klauck, Briefliteratur, 149. 759 Vgl. auch Probst, Paulus, 101 f. 760 Vgl. auch Koskenniemi, Studien, 35 – 37; Malherbe, Paul and the Thessalonians, 69 f.; Schoon-Janssen, „Apologien“, 39 f. 761 Klauck beispielsweise spricht von einer „Atmosphre, die das Attribut ,philophronetisch‘ verdient“ und einer insgesamt „freundschaftlichen Gesinnung und Stimmung“ (Briefliteratur, 291).Vgl. auch z. B. Malherbe, Thess, 180 f.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

157

sich im typischen Rahmen (Erinnerung an Paulus’ Gegenwart, Ausblick auf einen kînftigen Besuch, Appell an die Emotionen der Leser, Erinnerung an die Situation der Gemeindegrîndung, Hervorhebung seines eigenen Vorbildcharakters).762 Ungewçhnlich hingegen ist – wiederum – deren Ausdehnung und Maß. Die Aufnahme der Familienmetaphorik etwa findet sich neben 1Thess 2,7.11 f. (auch 2,17 !poqvamish´mter gehçrt dazu) noch in 1Kor 4,14 f., doch ist 1Thess 2,7 (Paulus als stillende Mutter oder Amme, die ihr Kind pflegt) sowie 2,11 (Paulus als Vater, der die Thessalonicher mahnt, trçstet und lehrt) gegenîber 1Kor 4,14 f. (Paulus als Vater, der seine geliebten Kinder im Evangelium gezeugt hat) emotional und sachlich deutlich intensiviert. Die Anrede und Bezeichnung der Adressaten als „Brîder“ ist bei Paulus auch sonst typisch, erscheint in 1Thess jedoch mit großem Abstand hufiger als in jedem anderen seiner Briefe763, davon in der ersten und zweiten Briefhlfte ohne statistisch signifikante Hufigkeitsdifferenz. Auch die Sehnsucht des Apostels nach einem Wiedersehen, die wiederholten Versuche dazu, und dass es keiner geringeren Macht als Satans bedurfte, um ihn daran zu hindern (2,17 f.; im Gegensatz dazu der topische, aber viel milder formulierte Vergleichsvers Rçm 1,13), ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Die Trennung des Paulus von den Thessalonichern ist vom Satan als direktem Opponenten verursacht, der jene, nachdem ihm dies geglîckt ist, versuchen konnte (3,5).764 Nirgendwo sonst wird so deutlich ein doppelter Imitationsgedanke, also die Nhe von Nachahmung des Paulus mit der des Kyrios ausgedrîckt (vgl. 1Thess 1,6 mit 1Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17). Intensiv drîckt Paulus sein Vertrauen gegen die Thessalonicher aus – interpretiert man dies nicht nur als popularphilosophischen Topos – durch mehrfache Besttigung ihrer bereits geîbten Praxis (vgl. die expliziten Dankesabschnitte bes. 1,2 – 10; 2,13 f.; 3,9; zudem 4,9 f.; 5,11) und des bereits bekannten Wissens (1,5; 762 Ausfîhrlicher bei Schnider/Stenger, Studien, 54 – 59. 763 Bei Beschrnkung auf die Belege fîr !dekvo¸ im Vokativ Plural in relativ zum Wortbestand absteigender Reihenfolge: 1Thess/14=0,95 % des Wortbestandes (!); Gal/9=0,4 %; Phil/6=0,37 %; 1Kor/20=0,29 %; Rçm/10=0,14 %; 2Kor/ 3=0,07 %. Nur Phlm hat Belege im Vokativ Singular (7.20). 1Thess weist somit eine mehr als doppelt so hohe Dichte an Belegen auf verglichen mit dem Brief mit der nchstfolgenden Dichte. Bei aller Vorsicht einer theologischen Auslegung solcher Wortstatistiken ist der Spitzenplatz von 1Thess in diesem Falle extrem deutlich! Vgl. auch Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 129; Schfer, Gemeinde, 330 – 335. 764 Vgl. Gerber, Paulus, 317 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

2,1 f.5.11; 3,3 f.; 4,2; 5,2; umgekehrt auch 1,4 und indirekt 4,5). Davon nicht zu trennen sind smtliche Bezugnahmen auf Gott und Jesus Christus, in denen sich Paulus mit den Thessalonichern (und umgekehrt) verbunden wissen kann.765 1Thess als „Freundschaftsbrief“? Whrend Klauck in 1Thess nur „Elemente“ des Freundschaftsbriefes erkennt, geht Schoon-Janssen, ein am Briefgenus interessierter Forscher, darîber hinaus. Er deutet die Vermittlung wohlwollender Philophronese als zentrales Moment des gesamten Briefes und whlt „Freundschaftsbrief“ als Bezeichnung fîr das Genus.766 Dadurch, dass er dazu zum Teil genau diejenigen Elemente, die von Befîrwortern des parnetischen Grundtones direktiv gedeutet wurden, philophronetisch interpretiert, gert sein Ansatz auf den ersten Blick streckenweise beinahe zu einem Gegenentwurf zu Malherbe. Bei nherer Betrachtung jedoch erscheint trotz der nominell unterschiedlichen Genusentscheidung die Differenz zwischen Malherbe und Schoon-Janssen eher als eine Differenz des Grades als eine der grundstzlichen Interpretationsentscheidung. Dies lsst sich sowohl von der Seite Schoon-Janssens als auch von der Malherbes aus beobachten. Schoon-Janssen formuliert zunchst ausdrîcklich gegen Malherbe767: „The primary intention of the letter is not paraenetic (epistolary theory!) and symbouleutic (rhetorical theory!), but more likely friendly/pastoral (epistolary theory!) and epideictic (rhetorical theory!)“.768 In Erklrung seiner eigenen Kursiveinschrnkung „more likely“ fîgt er jedoch hinzu: „In stating this, however, I wish to emphasize firmly the words ,more likely‘ and thus not absolutize this thesis“.769 Diese Schlussfolgerung, die nur beispielhaft fîr Schoon-Janssens Selbsteinschrnkung steht, manifestiert sich auch in seinen Einzelbetrachtungen. Einerseits weiß er etliche Elemente des Freundschaftsbriefes zu benennen: Eines der wichtigsten briefformalen Elemente des Freundschafts765 766 767 768 769

Vgl. 2.3.2.1. Vgl. auch Boers, Study, 153. Konkret gegen Malherbe, Exhortation, 238. Schoon-Janssen, Use, 192 (originale Kursivsetzung). Schoon-Janssen, Use, 192 (originale Kursivsetzungen); vgl. zum Folgenden insgesamt ders., „Apologien“, 39 – 47.63. Die Kontroverse zwischen SchoonJanssen und Malherbe muss m.M.n. nicht îberpointiert werden. Whrend ersterer sein Ergebnis von vorneherein eher kompromissbereit formuliert, erkennt auch letzterer den philophronetischen Charakter des Briefes (vgl. Malherbe, Moralists, 289.291 f. u. ç.).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

159

briefes sieht er im %pym/p²qym- bzw. lme¸a-Motiv zur Herstellung eines einigen Geistes, um die entfernte Person mçglichst gegenwrtig zu setzen und freundschaftliche Verbundenheit mit ihr herzustellen, in 1Thess verwirklicht in 2,8; 3,12. Eng verbunden damit ist das Parusie-Motiv (2,17), das Motiv des Gedenkens (5,7 f.), der Sehnsucht (2,17; 3,6 f.) und des Trostes (ebenfalls 3,7; 4,13 – 18). Weitere Zeichen des Freundschaftsbriefes sieht er darin, dass die Autorittsbezeichnung „Apostel“ im Prskript fehlt, die enge Verbundenheit von „wir“ und „ihr“ in 1,2 – 6, die einzigartige Anrede !dekvo· Acapgl´moi rp¹ toO heoO in 1,4770, die schiere Lnge der Danksagungen, die im Gegensatz dazu in Gal wegen der dortig problematischen Beziehungen ganz fehlt, die Betonung des guten Eingangs des Paulus in Thessalonich 2,1 – 12, das darin enthaltene Motiv der „Einheit in Freundschaft“. Paulus’ Freimut (1paqqgsias²leha in 2,2) und die Ablehnung der jokaje¸a deute auf die freundschaftliche Gesinnung des Paulus hin, die nicht falschen Zwecken, sondern gegenseitigem Vorteil diene. Bezeichnend ist auch Schoon-Janssens Interpretation der Konventionalitt der entsprechenden charakteristischen Briefelemente. Denn einerseits erkennt er, dass konventioneller Gebrauch brieflicher Formelemente den Wert fîr individuelle Interpretation senkt, andererseits seien diese Konventionen gerade dazu da, um einen Freundschaftsbrief als solchen kenntlich zu machen. Daraus sei zu schließen, dass Paulus sich den Thessalonichern bewusst als Freunden nhert.771 Andererseits jedoch sieht Schoon-Janssen in den ausdrîcklichen Mahnungen (als Beispiel nennt er die zur Arbeitsethik) klare nicht-philophronetische Zîge und wird dadurch auch auf die Bahn gelenkt, „various paraenetic uses of the extended friendship letter motiv, especially in 1:2 – 3“ zu erkennen. Dies gilt auch fîr andere Motive: Bereits in 2,9 hat er die parnetische Inanspruchnahme des Motivs des Gedchtnisses an die Arbeit aus 1,3 erkannt, das in 4,11 dann ausdrîcklich im Rahmen einer Parnese erscheint, ebenso „Glaube, Liebe, Hoffnung“ aus 1,3 in 5,8. In 5,6.8b sieht er die Mahnung, die als Konsequenz dem Trost der Rettung folgt. Neben dieser Selbstzurîcknahme Schoon-Janssens zeigt auch die facettenreichere Natur der Arbeit Malherbes, dass, entgegen Schoon-Janssens eigener Einschtzung, die beiden Anstze nicht zu stark in Kontroverse zueinander gesehen werden mîssen. Es ist zwar richtig, dass er den philophronetischen Charakter von 1Thess (v. a. mit Bezug auf 2,17 – 3,13772) insgesamt parnetisch in Anspruch nimmt: Freundschaft und Parnese lgen insgesamt eng beieinander, Mahnungen seien unter Freunden am effektivsten773, die Philophronese sei Teil parnetischen Stils: „Paul’s use of the

770 771 772 773

Vgl. ausfîhrlicher sofort. Vgl. auch Schoon-Janssen, „Apologien“, 52. Vgl. Malherbe, Hellenistic Moralists, 289.291; ders., Thess, 104 f. Vgl. Malherbe, Paul, 73 f.; ders., Thess, 84 f.; vgl. ebenso Cic.off. 1,58; Senecas moralische Briefe gehen an seinen Freund Lucilius.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

philophronetic style in this section is perfectly good paraenetic form“.774 Es sei daher „not correct to see the functions of chapters 1 – 3 and 4 – 5 as being different, the intention of the former being the imparting of information or the making of an apology, and the latter being purely paraenetic“.775 V.a. in seinem spteren Beitrag God’s New Family rîckt er zwar nicht von seiner grundstzlichen Klassifizierung des Briefes als parnetischen Brief ab776, doch betont er strker die theologisch-ekklesiologisch-eschatologischen Dimensionen. Der Pastoral des Paulus lge in 1Thess eine kohrente Vorstellung von Kirchengemeinschaft zugrunde.777 Bei der Gemeindegrîndung sei es Gott gewesen, der die Initiative ergriffen und die Glubigen gerufen habe, sein sei das Evangelium.778 Gottes Bezeichnung als Vater (zunchst als Vater von Jesus Christus [1Thess 1,10]) habe platonischen und stoischen Einfluss (Philo) und bezeichne Gott in seinem Schçpferwirken (vgl. 1Kor 8,6). Daher sei die Bezeichnung der Gemeinde 1m he` instrumental (i.S.v. durch Gottes Wirken entstanden) zu verstehen (so auch 1Thess 2,12). Dazu habe die Bezeichnung Gottes als Vater (1Thess 1,3; 3,11.13) fîr die Thessalonicher Relevanz fîr eine neue geistliche Familie (Adoptionssprache), in die er, Paulus, sich selber mit einbeziehe.779 Der Bruderbegriff konstituiere die neue Gemeinde (1Thess 5, 25 – 27), und auch andere parnetischen Themen wie Eheverhalten, soziale Sensibilitt (1Thess 4,9 – 12) die Vorbildfunktion der Thessalonicher fîr alle Glubigen in Mazedonien, und all das in der ˜berzeugung, dass sie bereits îber die vikadekv¸a gçttlich informiert sind (1Thess 4,9 f.), zeige, wie wichtig Paulus die Sorge um das gemeindliche Leben sei. Hierzu gehçre auch seine Ermutigung darîber, dass die verstorbenen Brîder, die im Moment von den lebenden getrennt sind, bei der Parusie wieder vereinigt werden (1Thess 4,17). Die Thessalonicher sollen fîreinander sorgen und Verantwortung fîreinander tragen (1Thess 5,11 – 13) wie auch Paulus fîr sie gesorgt habe (1Thess 2,11 f.).780

Familienmetaphern Eine besondere Rolle spielen bei diesen Beobachtungen Begriffe aus dem Wortfeld der Familie, deren Bedeutung zu differenzierten Untersuchun774 Malherbe, Hellenistic Moralists, 292; vgl. ders., Thess, 104; ders., Exhortation, 241 f; vgl. auch Stowers, Letter Writing, 125 – 127. 775 Malherbe, Hellenistic Moralists, 292. 776 Vgl. Malherbe, God’s New Familiy, 124 u. ç. 777 Vgl. Malherbe, God’s New Familiy, 117. 778 Vgl. Malherbe, God’s New Familiy, 117 f. 779 Vgl. Malherbe, God’s New Family, 120 – 122. 780 Vgl. Malherbe, God’s New Family, 122 f.; ders., Exhortation, 245 f. So kommt es nicht von ungefhr, dass sich Merk, der sich sehr fîr die communio-orientierte Komponente des Briefes stark macht, mit dem letzten Belegzitat seines Aufsatzes ausgerechnet auf Malherbe beruft (Merk, Miteinander, 379).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

161

gen angeregt hat.781 Vom Vorkommen her ist v. a. zu unterscheiden zwischen den Begriffen des Vaters, der Amme/stillenden Mutter (tqovºr), des Kleinkindes und des Waisen einerseits sowie dem Bruderbegriff andererseits. Fîr das Anliegen dieser Arbeit ist v. a. letztgenannter von Interesse, da er gleichmßig îber den ganzen Brief verteilt verwendet wird, wohingegen die erstgenannte Metapherngruppe nur im autobiographischen Abschnitt 1Thess 2,1 – 12 genannt ist; dazu kommt das Bild der Verwaistheit in 2,17. So wie der Abschnitt 1Thess 2,1 – 12 insgesamt auf vielfache Weise interpretierbar ist (apologetisch, idealphilosophisch, parnetisch, als Ehreninschrift oder Gerichtsrede782), so entsteht auch durch die in ihm verwendeten Familienmetaphern ein differenziertes, teilweise scheinbar widersprîchliches Bild des Verhltnisses zwischen Paulus und den Thessalonichern, das auf unterschiedliche Weise ausdeutbar ist. Burke hat ausfîhrlich Familienbilder und -erwartungen der jîdischen und nicht-jîdischen Welt zur Zeitenwende untersucht. Seine erste Beobachtung ist, dass sich zwischen diesen beiden Kulturrumen kaum Unterschiede in den Familienerwartungen finden lassen. Von Eltern war das Hervorbringen legitimen Nachwuchses erwartet, beide Eltern, v. a. jedoch der Vater, waren Autoritts- und Respektfiguren fîr die Kinder, dem Vater primr oblag zudem die Bildung bzw. Erziehung der Kinder sowie ihre gesellschaftliche Sozialisisierung, und hierbei hatte er auch eine wichtige Vorbildaufgabe; das Pendant der Mutter lag hauptschlich in der Ernhrung der Kinder.783 Auf der anderen Seite war von den Kindern erwartet, den Eltern Liebe, Ehre und Respekt zu zeigen, ihnen zu gehorchen und sie im Alter zu versorgen.784 Diese Funktionen sind auf Paulus’ Selbstbezeichnung als Vater und Mutter mîhelos îbertragbar: Er ist Grînder/Urheber der Gemeinde und zeichnet fîr ihre Existenz selbst verantwortlich (vgl. auch Phlm 10!). Daher ist es seine Pflicht als paterfamilias und „Eigentîmer“ seiner Kinder, sich auch weiterhin um ihr Wohlergehen im Inneren und øußeren zu kîmmern.785 Die hierarchische und autoritative, sowie die Vorbild- und die 781 Zu nennen sind v. a. Malherbes Interpretation im Rahmen seiner Parallelisierung des Paulus mit hellenistischen Wanderphilosophen (vgl. 2.3.2.3.); Burkes Arbeit Family Matters mit Untersuchungen der Familienmetaphern speziell von 1Thess vor dem soziohistorischen Hintergrund; und Gerbers Habilitationsschrift Paulus und seine ,Kinder‘, in der sie sich intensiv mit dem metaphorischen Gehalt der Familienbilder bei Paulus insgesamt auseinandersetzt. 782 Zu Gunsten einer Ehreninschrift vgl. Vahrenhorst, Sprache, 119 – 121. 783 Vgl. auch Gerber, Paulus, 283. 784 Vgl. Burke, Family Matters, 63 – 96. 785 Zur Konkurrenz des Bildes Paulus’ als Vater („gerichteter Vergleich“) zu dem Gottes als Vater vgl. Gerber, Paulus, 103 – 105.296.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

pdagogische Rolle, die er dabei einnimmt786, ist, ebenso wie die Liebe, die er fîr seine „Kinder“ hegt (im Kontext 2,8)787, somit nicht apologetisch im Bezug auf sich selbst zu interpretieren, noch notwendigerweise auf der Basis popularphilosophischer Parallelen: Gemß dem Bild der Gemeinde als neuer Familie folgen sie seiner Verantwortung fîr die jungen Glubigen in ihrem neuen gesellschaftlichen Umfeld und Anspruch.788 Das Bild der stillenden 786 Wie Gerber zurecht ausfîhrt (vgl. Paulus, 302), ist zum besseren Verstndnis der Rolle des idealen Vaters vor jîdischem Verstehenshintergrund der missionarischen Situation des Paulus konkret an die im Pentateuch îberlieferten Aufforderungen an den Vater zur Toraunterweisung seiner Sçhne bzw. Kinder zu erinnern (vgl. Dtn 4,9; 6,7.20 – 25; 11,19; weiter auch Jos 4,20 ff.; Ri 6,13; Ps 34,12; 44,2; 78,3 – 7; Spr 13,1; Jer 9,13 [unter negativem Vorzeichen]; Sus 3 [Tochter!]; Philo apol. 7,14; Flav.Jos.Apion 2,204). 787 So auch Koester, Apostel, 291. 788 Vgl. Burke, Family Matters, 131 – 151. Von feministischer Seite her liegen freilich noch ganz andere Interpretationen vor. Castelli etwa beschreibt sowohl die Rolle des Paulus gegenîber seinen Missionsgemeinden als auch die zeitgençssische gesellschaftliche Rolle des Vaters gegenîber seinen Kindern einseitig als „role of possessing total authority over children“ und deutet auch das MimesisMotiv nur im Sinne einer Errichtung und Festigung dieser Autoritt, die der Verhinderung individueller Identitten dienen soll (vgl. Castelli, Imitating, 89 – 117; Zitat 101). Auch Gerber legt das Vaterbild streng autoritr-hierarchisch aus. Dementsprechend entwirft sie ein Bild der Thessalonicher nach der Darstellung des Paulus als „unreife, der Erziehung bedîrftige Kinder, die sich ihres Mangels nicht selbst entheben kçnnen“ (Paulus, 305); Paulus werbe fîr den Brief „eine Haltung ,gehorsamer Kinder‘“ ein, die sich auch nach inzwischen erfolgter Trennung „die Paraklese (4,1 ff ) bereitwillig sagen“ lassen (Paulus, 308; vgl. insgesamt ebd., 305 – 308; auch noch 328 f.). Whrend dem Relativsatz alleine „… die sich ihres Mangels nicht selbst entheben kçnnen“ zugestimmt werden kann (er begrîndet schließlich die Notwendigkeit eines Lehrverhltnisses îberhaupt), wird die îberstarke Betonung des hierarchischen Geflles zwischen dem Vater Paulus und seinen Kindern sowie die damit implizierte Negativqualifizierung (d. h. die Unterstellung, Paulus erstrebe die unterwîrfige Haltung der Thessalonicher zur wirkungsvolleren Lancierung seiner Mahnungen) weder dem Text, noch den soziokulturellen Ergebnissen Burkes und Bradleys (vgl. Child Care in Rome: The Role of Men, in: ders., Discovering, 37 – 75), noch den popularphilosophischen Malherbes îber die Lehrsituationen der Zeit gerecht. Nur ganz am Rande konzediert Gerber eine „gewisse Erhçhung“ der Gemeinde durch Paulus, insofern er sie als Vorbild in Mazedonien und wegen ihrer Liebe gegenîber ihm und seinen Mitarbeitern lobt, sowie durch die philophronetischen Aussagen des Briefes (vgl. ebd., 337). Eine weitere ebenfalls einseitig patriarchalhierarchische Auslegung der Paulusfigur in 1Thess findet sich bei Fatum, Brotherhood, bes. 184.189 – 192). All diese Anstze sind einer hermeneutischen Engfîhrung insofern erlegen, als sie den affektiven Aspekt der Beziehung von Paulus und den Thessalonichern nicht oder nur ungenîgend wahrnehmen (vgl. auch Kapitel 1.3.2.3. mit Anmm. 752.753; sowie Aasgaard, Paul as a Child,

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Mutter oder der Amme ist neben dem des Vaters nicht unbedingt ein kontrastiv nicht-autoritatives, doch schwingt hier mehr die lebenserhaltende Intimitt und Fîrsorge mit, und allzumal durch die gewhlte Vokabel tqovºr (statt lat¶q).789 Und wieder hat Malherbe die ˜blichkeit aufgezeigt, mit der Philosophenlehrer der Zeit das Ammenbild benîtzen, um ihre Fîrsorge zu ihren Schîlern und Anvertrauten auszudrîcken.790 Auf den ersten Blick wîrde allerdings ein starker Kontrast im selben Vers 2,7 durch die Lesart m¶pioi (Kleinkind) statt Epioi (zart, milde) entstehen. Die textkritische Diskussion hierzu ist bekannt und kaum zu entscheiden.791 158, Anm. 116 [Lit!]; Burke, Paternity, 60 – 80, bes. 76 – 79). Ebenfalls von feministischer Seite, aber vielversprechender ist, berîcksichtigt man deren nach eigener Aussage „very sketchy“ Charakter, wohl Gaventas Studie, die Paulus’ selbstreferentielle Verwendung von mîtterlichen, weiblichen Bildern untersucht und zum Ergebnis kommt: „[M]aternal imigary becomes effective precisely because it plays on hierarchical expectations: Paul presents himself as the authority who does not conform to standard norms of authority“ (Our Mother, 95 f ). 789 Vgl. Burke, Family Matters, 151 – 154. Als weiteres Indiz wider eine Kontrastinterpretation des Vater- und Mutterbildes hat Yarbrough im Anschluss an Bradley (Discovering, 37 – 75) gezeigt, dass es auch fîr Mnner nicht ungewçhnlich war, eine wichtige Rolle bei der Frîhversorgung der Kinder zu îbernehmen (nutritor oder nutricius als maskuline Form der nutrix [Amme]; vgl. Yarbrough, Parents, 132). Gerber hingegen stellt bei diesem Bild das Moment des Sich-um-andere-Kîmmerns bei Gehaltverzicht als Illustrierung von 2,9 in den Vordergrund (vgl. Paulus, 274 – 294, bes. 277). Holtz wiederum hlt das gesamte Bild fîr ungeschickt gewhlt: Bei einer Amme (er besteht auf der ˜bersetzung „Amme“ und nicht „[stillende] Mutter“) ginge es gerade um deren Fîrsorge um anderer Frauen Kinder (im Gegensatz zu t± 2aut/r t´jma in 2,7fin), und das zugehçrige Verb h²kpy bedeute allgemein „erwrmen, pflegen“, bezeichne aber nicht die fîr die Amme typische Ttigkeit des Stillens. Holtz resîmmiert: „Der Bildgebrauch des Paulus zeichnet sich auch sonst durch Ungeschicklichkeit aus; es wird ihm das aus der Anschauung stammende Verstndnis gefehlt haben“ (1Thess, 82 f., Zitat 83). Diese Kritik erscheint mir îberpointiert. Die Bezeichnung t± 2aut/r t´jma muss sich nicht auf biologische Herkunft beziehen, sondern kann auch die Kinder meinen, die der Amme jeweils in Obhut gegeben sind. Das allgemeinere Wort h²kpy mag in der Tat gewhlt sein, um die Metapher nicht îberzustrapazieren. Dass Paulus jedoch, obschon unverheiratet, keinen realistischen Sinn fîr die Ttigkeiten einer Mutter bzw. einer Amme gehabt haben soll, ist auf alle Flle nicht glaubhaft. 790 Vgl. Malherbe, Thess, 203 – 17; vgl. ebenso Gaventa, Apostles, 203; Richards, Ministering, 37 f. 791 Vgl. Burke, Family Matters, 139 f.154 f.; Gerber, Paulus, 288 – 291; Holtz, Thess, 82, mit Anm. 337; Malherbe, Thess, 145 f.; Richard, Thess, 82. Die Eindeutigkeit, mit der sich Blischke fîr Epior entscheidet, kann ich nicht nachvollziehen (vgl. Blischke, Begrîndung, 46, mit Anm. 54; auch Holtz, auf den Blischke verweist, gesteht, trotz seiner eigenen klaren Entscheidung fîr Epior, die Diskussionswîrdigkeit der Frage).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Epioi wîrde im Kontext besser passen (Mildheit war in der Antike eher als Charakteristikum das Vaters [!] bekannt als der Mutter792), die ußere Bezeugung fîr m¶pioi ist besser. Beide Lesarten wren leicht als Lesefehler erklrbar. Burke hat jedoch darauf hingewiesen, dass auch fîr m¶pioi eine kontextuell sinnvolle Lesart durch Vernderung der „îblichen“ Interpunktion zu gewinnen wre. Liest man „Wir sind in eurer Mitte wie Kleinkinder aufgetreten, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt“, ist die Mischung der Metaphern tatschlich absurd.793 Setzt man hingegen nach „Wir sind in eurer Mitte wie Kleinkinder aufgetreten“ einen Punkt, lsst sich dieser Teilsatz als zusammenfassender Abschluss von 2,5 – 7a lesen (der Sinn lge dann in der Betonung der Ehrlichkeit, Unschuld, Transparenz von Paulus’ Botschaft), wohingegen ab „wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt“ ein neuer Sinnabschnitt begnne.794 Diese Lesart modifiziert dann das autoritative Bild der Eltern, dekonstruiert es aber nicht. Burke fasst zusammen: „Perhaps the apostle does so precisely because he feels he has nothing to fear from the Thessalonians and is not under any threat from them. Thus, part of the reason for Paul describing himself as an ,infant‘ may lie in the fact that in this letter his authority is not in any danger nor is it being challenged by his converts, hence the ease with which he can risk himself into such a vulnerable and non-authoritarian role“.795 Akzeptiert man die Selbstbeschreibung des Paulus als Kleinkind, wirkt die Selbstbezeichnung als Waise in 2,17 weniger îberraschend.796 Eine schwchere Interpretation dieses Begriffes wre hingegen, !poqvamish´mter allgemein im Sinne von Paulus als Vater, der seine Kinder verloren hat, zu lesen; doch ist umstritten, ob dieses Wort auf diese Weise (oder ganz allgemein in Bezug auf einen intensiv erfahrenen Verlust) gedeutet werden kann.797 Wesentlich prgnanter ist auf alle Flle die nher an der ursprînglichen Bedeutung liegende Lesart, bei der Paulus die Rolle des Kindes

792 Vgl. Burke, Family Matters, 141. 793 Auch Baumert lçst m. E. das Problem nicht, indem er îbersetzt: „… sind wir doch … in eurer Mitte kindgemß geworden – wie eine (stillende) Mutter ihre eigenen (leiblichen) Kinder herzt“ (Frau und Mann, 16; originale Kursivsetzung). 794 Vgl. Burke, Family Matters, 155 f. 795 Burke, Family Matters, 157 (originale Kursivsetzung); vgl auch Aasgaard, Paul as a Child, 147 f. 796 Das Passiv !poqvamish´mter auf die Thessalonicher zu beziehen, die von Paulus verwaist sind (d. h. konkret auf das vorherstehende !dekvo¸), scheitert am nachfolgenden !vû rl_m, zu dem es auch keine textkritische Variante !vû Bl_m gibt (gegen Burke, Family Metaphor, 157). 797 Die exegetische Mehrheitsmeinung bezieht den Begriff auf Paulus als Vater, der seine Kinder verloren hat (vgl. z. B. Burke, Paternity, 78 f. mit 78, Anm. 55; Dobschîtz, Thess, 119 f.; Haufe, Thess, 52; Holtz, Thess, 115; Gerber, Paulus, 315; Richard, Thess, 128 f. Thraede schlgt allgemeiner vor: „ … eurer beraubt“ (Grundzîge, 95; aus philologischen Grînden dagegen vgl. aber Burke, Family Matters, 158, mit Anm. 94).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

165

einnimmt, der mit den Thessalonichern von seiner Familie getrennt wurde. Dies wîrde eine enorme Identifizierung des Apostels mit dem Verlust der Neubekehrten bedeuten, obschon es der ursprînglichen Bedeutung von „verwaist“ immer noch nur eingeschrnkt gerecht wird.798

Whrend diese Metaphern im Rahmen der zeitgençssischen soziokulturellen Erwartungen an Familienbande gewiss die Art der Beziehung nher beschreiben kçnnen, die Paulus zu seinen Adressaten einnehmen will, und damit auch die Art von Autoritt, die dieser Beziehung entspricht, ist das Bild des Bruders an dieser Stelle insofern von grçßerem Interesse, als es gleichmßig îber den ganzen Brief verteilt eingesetzt wird. Auch fîr das Bruderbild gilt, dass sich prinzipielle Unterschiede zwischen jîdischem und nicht-jîdischem Verstndnis kaum ausmachen lassen. Von Brîdern ist ein Zusammenleben in Friede und Einheit erwartet, ihre Nhe soll die der Freundschaft îbersteigen, die Bruderliebe gilt als wesentlicher Indikator fîr die familire Harmonie insgesamt. Damit sind bestimmte hierarchische Differenzierungen innerhalb der Bruderbande nach Alter (und sozialem Status) nicht ausgeschlossen.799 Paulus favorisiert in seinen Briefen insgesamt den Vokativ !dekvo¸ als Anrede fîr Mitchristen. Die îber die wçrtlich-familire Bedeutung hinausgehende îbertragene Bedeutung (in unterschiedlichen Kontexten) als fiktiv-familire Bezeichnung ist ein sowohl religionsgeschichtlich als auch epistolographisch unaufflliges Phnomen. Sie ist zu finden bei religiçsen oder philosophischen Gemeinschaften (Bruderschaften der Artemis, des Baals von Dolichene, des Mithras; sowie v. a. der Stoa); der Sprachgebrauch von Qumran sowie die rabbinische Literatur (u. a. auch als Anrede innerhalb der synagogalen Gemeinschaft) ziehen diese bereits im AT als Bezeichnung fîr Angehçrige der Volksgenossenschaft grundgelegte Linie voll aus.800 Sie ist îberdies ein aus der Briefliteratur gelufiger Topos.801 798 Vgl. Aasgaard, „My Beloved …“, 288 – 89; ders., Paul as a Child, 143; Burke, Family Matters, 158 f. (gegen ders., Paternity, 78 f.; vgl. Anm. 797); Malherbe, Thess,187 f. 799 So Burke, 126 f.; vgl. auch Gerber, Paulus, 348. Zur hohen Wertschtzung leiblicher Bruderschaften der Zeit vgl. ebd., 346 f. Lucian von Samosata verspottet den Altruismus der Christen als naiv: sie nennten sich alle gegenseitig „Brîder“, doch ein Scharlatan kçnne so auf einfachem Wege zu Reichtum gelangen (vgl. Lucian, Peregrinus 13). 800 Vgl. Bauer, Wçrterbuch, 29, s.v.; Collins, Church, 296; Ngele, Art. Bruder/ Nchster. !dekvºr, 208 – 210 (Lit.!). 801 Vgl. Koskenniemi, Studien, 105; Malherbe, Thess, 109 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Fîr 1Thess ist nicht nur an die gleichmßige Streuung, sondern auch an den quantitativ deutlich vermehrten Gebrauch gegenîber den anderen paulinischen Briefen zu erinnern802, der deutlich macht, dass die paulinische Verwendung des Brudermotivs in 1Thess klar die epistolographische Tradition îbersteigt. Es ist somit genauso wie die intimen Familienmetaphern aus 2,1 – 12 als Zeichen echter familienhnlicher Nhe zu deuten.803 Ebenso ist îber die traditionelle religiçs-gemeinschaftliche Bezeichnung hinausgehend auch daran zu erinnern, dass sich darin fîr die Thessalonicher die Konsequenzen fîr die sozialen Beziehungsstrukturen widerspiegeln, die sich durch ihren neuen Glauben ergeben (vgl. 1Thess 1,9) und durch die gemeinsam erfahrenen Bedrngnisse und Schwierigkeiten mit den herkçmmlichen Sozialstrukturen, einschließlich der eigenen Familien804, intensiviert haben.805 Inhaltliches Charakteristikum dieser Bruderschaft gerade in der Betonung der zwischenmenschlichen !c²pg zu sehen806, ist sicher nicht grundstzlich falsch, konkret fîr 1Thess aber etwas missverstndlich. An der Textoberflche deutlicher erscheint der Bezug zu Gott selber, d. h. der Verweis auf die erste Anrede der Briefadressaten mit „Brîder“ îberhaupt in der bei Paulus einzigartigen Formulierung !dekvo· Acapgl´moi rp¹ heoO (1,4)807 und zumal in der Kombination zur Initiativaussage eQdºtgr … tµm 1jkocµm rl_m. Paulus verwendet die Anrede !dekvo¸ in seinen Briefen ganz îberwiegend absolut. Dazu finden sich relativ gehuft die Kombinationen !dekvo¸ lou808 und bei Paulus nur einmal !dekvo· Bl_m (2Kor 8,23). !dekvo¸ lou baut Paulus jeweils einmalig noch weiter aus zu !dekvo¸ lou !capgto¸ (1Kor 15,58) und !dekvo¸ lou !capgto· ja· 1pipºhetoi (Phil 4,1). Whrend diese Varianten Ausdehnungen in Bezug auf ihn selbst sind (so auch die Singularanrede !dekvºr !capgtºr in Phlm 16), lenkt Paulus in 1Thess 1,4 die Anrede auf Gottes Liebe und stellt sich selbst damit in Bezug auf die Identifikation mit der Gemeinde zurîck.

802 Vgl. Anm. 763. 803 Vgl. Aasgaard, Paul as a Child, 156. 804 Ausfîhrlicher vgl. Burke, Family Matters, 169 – 175; Gerber, Paulus, 304 f.; Riesner, Frîhzeit, 329 f. 805 Malherbe, Paul and the Thessalonians, 48 – 51. Vgl. auch die Formulierung Apg 17,4 pqosejkgq¾hesam t` Pa¼k\ ja· t` Sikø, um zu kennzeichnen, dass die Neubekehrten an einer neuen Gemeinschaft teilhaben. 806 So Burke, Family Matters, 168 f.; allgemein auch v. Soden, Art. !dekvºr, 145. 807 Vgl. nur noch 2Thess 2,13. 808 Rçm 7,4; 15,14; 1Kor 1,11; 11,33; 14,39 (beachte Textkritik); Phil 3,1.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

167

In 1Thess 1,4 wird also, vor jeder Auslegung der Nchstenliebe der Brîder untereinander, die Natur der christlichen Bruderschaft als eine beschrieben, die von Gott begrîndet ist und sich aus der Liebe Gottes zu ihnen speist.809 Unbedingt gehçrt zu einer ekklesiologischen810 Interpretation des Bruderbegriffs, dass die geistliche Gemeinschaft durch Gottes Ruf geschieht und erhalten wird811: Gott ist nicht nur der in der Vergangenheit jak´sar, sondern der bestndig jak_m, der dies auch heute noch und fîr die Zukunft tut, und darin seine Treue erweist (2,12; 5,24). Die wesensstiftende Funktion des jak_m kommt titular in der Bezeichnung der Gemeinde als der „Herausgerufenen“, der 1jjkgs¸a, zum Ausdruck.812 Auch rein quantitativ ist nochmals auf die auffllige Hufung der Bruderanrede hinzuweisen813, die den Brief gleichmßig durchzieht, damit den personalen Anredestil stark betont und auch auf der psychologischen Ebene des impliziten Lesers ein starkes Gemeinschaftsgefîhl entstehen lsst, in das Paulus mit eingeschlossen ist814 (vgl. dagegen etwa die traktathnlichen Kapitel Rçm 2 – 6 ohne eine einzige Adressatenanrede !dekvo¸). Gleichzeitig ist die Bruderanrede geeignet, ebenso die damit verbundenen (theo-logischen) Inhalte in den Vordergrund zu heben. Wenn die theozentrische „Definition“ der brîderlichen Gemeinschaft durch gçttlichen Ruf und gçttliche Wahl auch weiterzudenken ist, wenn sie in Einzelnennungen nicht genannt ist815, spielt die vikadekv¸a fîr die Ethik eine besondere Rolle. In der Antike ist vikadekv¸a insgesamt ein 809 Dies gilt grundstzlich fîr die gesamte Ekklesologie von 1Thess, vgl. Collins, Church, 294 f. 810 Immer noch grundlegend zur Ekklesiologie in 1Thess wohl Collins, Church. 811 Vgl. zur theo-logischen Interpretation der Ekklesiologie von 1Thess: Collins, Church, 285 – 290.294 – 296. 812 Dies gilt auch, wenn der Begriff 1jjkgs¸a im Allgemeingriechischen schon lngst umgangssprachlich etabliert war (mit spezifisch politischer Bedeutung, vgl. Coenen, Art. Kirche, 1136 f.). Vgl. Donfried, Theology of the Shorter Pauline Letters, 59. Die meisten Kommentatoren verzichten hingegen auf eine etymologische Verknîpfung der Bezeichnung der christlichen Gemeinde als 1jjkgs¸a mit 2,12; 5,24 und begnîgen sich, den Begriff begriffsgeschichtlich von der jîdischen (LXX) Verwendung her als liturgische und Gottesgemeinschaft zu erklren (vgl. z. B. Best, Thess, 61 f.; Holtz, Thess, 38; Malherbe, Thess, 98 f.; Richard, Thess, 38). 813 Vgl. Anm. 763. 814 Die intensivierten Formulierungen !dekvo¸ lou oder !dekvo· Bl_m etc. (vgl. o.) fehlen allerdings in 1Thess. 815 So zurecht Collins, Church, 285 – 290.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

sehr hochstehender Terminus. Er gilt als Idealbegriff fîr die Verhltnisbestimmung von Geschwistern und wird hçher als Freundschaft geschtzt.816 Dieses Kompositum, in nichtchristlicher Literatur fast nur fîr Blutsverwandte verwendet817, ist im NT insgesamt nicht hufig und erscheint ausschließlich in parnetischen Abschnitten, vorzugsweise in den spteren Schriften (Rçm 12,9 f.; 1Thess 4,9; Hebr 13,1; 1Petr 1,22; 2Petr 1,7; dazu der einmalige Beleg des Adjektivs vik²dekvor in 1Petr 3,8).

Fîr 1Thess 4,9 gilt das gleiche wie fîr die Person des !dekvºr : Die Ethik, die hierdurch ausgedrîckt wird, ist gefrbt sowohl durch die vorbildhafte Verbundenheit, in die sich Paulus selbst mit seinen Briefpartnern stellt, als auch durch die theo-logische Begrîndung, durch die die brîderliche Gemeinschaft, in der die Bruderliebe praktiziert werden soll (und bereits wird), îberhaupt zum Entstehen gekommen ist. Die entsprechende pdagogische Leistung, um gemeindliche Liebe untereinander zu ermçglichen, habe Gott auch selbst vorgenommen (4,9). Collins dehnt den Begriff, der primr die „Brîder“ der thessalonischen Gemeinde aneinander bindet, nicht zu unrecht auch auf die Brîder in ganz Mazedonien aus.818 Mit der Tadellosigkeit, die îber die Glaubensgemeinschaft hinaus vor allen Menschen geîbt werden soll (1Thess 4,12), wird der Rahmen der spezifischen vikadekv¸a dann verlassen.819 816 Vgl. Arist.e.N. VIII 14 1163b; Xenophon, Memorabilia II,2 – 6; Plutarch, De fraterno amore (= mor. 478A-492D) 480D-483A. Vgl. Aasgaard, „My Beloved …“, 95 – 98.106; Gerber, Paulus, 347; Tomson, Instruction, 115 – 120. Man vergleiche zur Hochschtzung des Bruderbegriffes auch den steigernden Gebrauch bei Joh: Nach Jesu Tod werden aus den Freunden (v¸koi) Brîder ( !dekvo¸; vgl. 20,17; 21,23 mit 15,13 – 15; vgl. Gerber, Paulus, 347, Anm. 23, im Anschluss an Rusam, Gemeinschaft, 126 f.). 817 Vgl. Aasgaard, „My Beloved …“, 151; Bauer, Wçrterbuch, 1712, s.v.; Beutler, Art. Bruderliebe, 335; Burke, Family Matters, 168 f.; Ngele, Art. Bruder/ Nchster. !dekvºr, 212; Plîmacher, Art. vikadekv¸a, 1014; von Soden, Art. !dekvºr, 146. Der offenbar einzige nichtchristliche figurative Beleg der Zeit (als Adjektiv vik²dekvor) liegt in 2Makk 15,14 vor. 818 Vgl. Collins, Church, 296 f. 819 Ausfîhrlich zu vikadekv¸a im Kontext von 1Thess 4,9 – 12 vgl. Aasgaard, „My Beloved …“, 156 – 165; Schfer, Gemeinde, 130 – 162. Inspirierend auch Kloppenborg, VIKADEKVIA, 265 – 289: Vikadekv¸a sei den Thessalonichern als beinahe sprichwçrtliche Tugend der Dioskurenzwillinge Castor und Polyceudes bekannt gewesen. Paulus knîpfte an diese Tradition an, um der jungen Gemeinde die mit den Zwillingen verbundene familire Solidaritt und Selbstlosigkeit nahezubringen. Auch das von Paulus erst neu geprgte heod¸dajtor sei

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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˜berhaupt ist der Bezug der Bruderschaft zur Bruderliebe, von Philophronese zur Parnese ein enger und komplementrer. Dies wird exemplarisch an den Familienmetaphern in 2,1 – 12 deutlich, deren Interpretation zwischen philophronetisch und parnetisch changiert, und deren parnetisches Gewicht davon abhngt, ob man diesen Abschnitt insgesamt vorwiegend apologetisch (so wohl auch noch heute die am hufigsten vertretene Meinung820), soziokulturell (Burke), ekklesiologisch (Laub821) oder moralphilosophisch/parnetisch (Malherbe822) liest.823 Aber auch außerhalb dieser Verse stehen Philophronese und Parnese in einem engen Wechselverhltnis. Wie erstere durch letztere in Dienst genommen werden kann, hat v. a. Malherbe durch seine Arbeit gezeigt.824 Umgekehrt frbt Philophronese aber auch die Parnese. Die – erst recht fîr Mahnbriefe! – unîblichen ausfîhrlichen und mehrfach wiederaufgenommenen Danksagungen, die Selbstzurîcknahme des Paulus zugunsten Gottes825, die Erinnerung an den Ursprung seines Evangeliums und der neuen Gemeinschaft, in der sich die Thessalonicher befinden, sowie die Vielseitigkeit der Familienmetaphorik zeigt, dass er hier nicht als Philosophenlehrer vor seinen Schîlern doziert.826 In die gleiche Richtung deutet der (fast) konsequente non-autoritative Schreibstil in der 1. Person Plural sowie der Verzicht auf den Aposteltitel

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eine rhetorische Strategie zur Erinnerung an diese moralisch verdienstvolle Gçttersage. Gegen Kloppenburg vgl. allerdings Tomson, Instruction, 121. Vgl. Anm. 742. Fîr einen knappen ˜berblick îber die Forschermeinungen bis 1986 vgl. Schoon-Janssen, „Apologien“, 53 – 56. Vgl. Laub, Paulus als Gemeindegrînder, 27 f. Auch Yarbrough, Parents, 132; Walton, Leadership, 154 – 156. Nur der Originalitt halber sei auch die (ganz hypothetische) Einzelthese Binders genannt, der meint, 1Thess 2,1 – 12 beziehe sich auf den Mitabsender und -missionar Silvanus (vgl. ders., Paulus, 88 f.). Vgl. unter 2.3.2.3. Vgl. 2.3.2.1. Vgl. Bickmann, Kommunikation, 320; Riesner, Frîhzeit, 345; Schoon-Janssen, Use, 190. Hierzu sehr dezidiert auch Kçster, Apostel, 288 – 292.297 f.: Er deutet das Nachahmermotiv „des Apostels und des Herrn“ ganz einseitig in Richtung einer Nachahmung in Bezug auf Leiden und Selbstpreisgabe (und verweist dazu auf 1Kor 10,33 – 11,1). Der wesentliche Unterschied zwischen der Selbstsicht des Kynikers und Paulus’ Version dieser Vorlage bestnde darin, dass jener Milde und Sanftheit nur Mittel zum Zweck sei, um genauso auch Strenge und Tadel vorbringen zu kçnnen, bei Paulus hingegen eine „Liebesgemeinschaft“ zu den Thessalonichern behauptet wird (bleiqºlemoi, 1Thess 2,8; vgl. zu den ˜bersetzungsproblemen dieses ntl. Hapaxlegomenons auch ders., Experiment, 41 f.)

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

im Prskript (im Gegensatz dann zu 2,7 in einer Wir-Aussage mit !pºstokoi im Plural!).827 Dazu gehçrt auch, dass Paulus nur im Prskript von 1Thess (abgesehen von 2Thess 1,1) zwei Mitabsender nennt, die mit seiner Eigennennung parittisch anaphorisch durch ja¸ verbunden sind, ohne dass er selbst – abgesehen von der Erstplazierung – hervorgehoben wre.828 Stattdessen lenkt Paulus den parnetischen Gestus durch die Philophronese in theozentrische Richtung um und pldiert gleichzeitig fîr ein pastorales „Miteinander“: Paulus’ Liebe zu seinen Adressaten hat ihre Ergnzung durch die der Adressaten untereinander (3,12; 4,9); er weist die Notwendigkeit seiner Belehrung zurîck (4,9) und spornt die Thessalonicher zur gegenseitigen Ermutigung/Trost/Ermahnung an als Weiterfîhrung des apostolischen Dienstes (4,18; 5,11.14 f.).829 Die Sehnsucht des Paulus nach einem Wiedersehen korrespondiert bereits dem der Thessalonicher nach Paulus (3,6); der Beziehungsrahmen Paulus-Gemeinde und Gemeinde-Paulus wird auf die Gemeinde unter sich und darîber hinaus geçffnet: Die ausdrîckliche dahingehende Mahnung 5,15 (p²mtote t¹ !cah¹m di¾jete ja· eQr !kk¶kour jai` eQr p\mtar), die ihre Entsprechung im Gebetswunsch 3,12 hat (rl÷r d³ b j¼qior pkeom²sai ja· peqisse¼sai t0 !c²p, eQr !kk¶kour jai` eQr p\mtar), wird durch die Erfîllung (4,9 f.) vervollstndigt.830 Das Ziel aller eschatologischer Erwartungen ist das gemeinschaftliche Miteinander mit Christus (4,17). Zusammenfassend lsst sich sagen: Paulus ist im gesamten Brief deutlich an der Darstellung und Pflege seiner gemeinschaftlichen Beziehungen zu den Thessalonichern interessiert. Etliche Faktoren, die die zwischenmenschlichen Beziehungen bestimmen, sind in 1Thess gegenîber anderen Paulusbriefen gesteigert, lassen sich jedoch nur in den 827 Vgl. Gerber, Paulus, 262; Holtz, Thess, 14. 828 Haufe deutet diese Beobachtungen dahingehend, dass Paulus zur Abfassungszeit von 1Thess insgesamt noch strker „kollektiv“ lebt und denkt als spter. Seiner Meinung nach kann es sich bei dem „Wir“ des Briefes durchaus um einen realen Plural handeln. So wie die beiden Mitarbeiter bei der Missionsttigkeit beteiligt gewesen seien, kçnne auch der Inhalt des Briefes in einem Dreiergesprch vorbereitet gewesen sein (vgl. Haufe, Thess, 3; so auch Ollrog, Paulus, 183 – 189). 829 Vgl. Laub, Paulus als Gemeindegrînder, 35 – 38 (hier ˜berlegungen in Richtung einer frîhen Gemeindeordnung); Malherbe, ,Pastoral Care‘, 388 – 391. Zu einem spezifischen Topos von 1Thess weitet Merk das Motiv des Miteinander aus (vgl. Merk, Miteinander). 830 Gegen Gerber, die im in 1Thess Verhltnis zwischen Paulus und den Thessalonichern keine Reziprozitt oder Egalitt zu sehen vermag (vgl. Paulus, 257). Eine sehr ekklesiologisch ausgeweitete Interpretation der Gemeindeliebe hat Collins vorgelegt (vgl. ders., Reflections, 142 – 144).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Kapiteln 1 – 3 finden. So kommt in den Kapiteln 4 – 5 das Dankmotiv nicht mehr explizit zur Sprache; noch werden verwandte Motive wie die autobiographischen Reminiszenzen aus dem Bereich der Familienmetaphorik, die Identifikation der Thessalonicher mit den judischen Christen in deren Leiden (2,14), die Sehnsucht des Paulus nach einem baldigen Wiedertreffen wieder aufgenommen (selbst Reiseplne am Ende des Briefes fehlen im Gegensatz zu 3,11). Explizite Verbundenheit des Paulus mit seinen Adressaten wird allerdings auch in der zweiten Briefhlfte ausfîhrlich im gemeinsamen Glauben an Jesu Tod und Auferstehung ausgedrîckt sowie durch die eschatologische Vollendung bei Jesu Wiederkunft (4,14 f.17; 5,4b [im Gegensatz zu rle?r 5,3.4a]; Hortative als Aufforderungen an die 1. Person Plural in 5,6.8 – 10) und in der Bitte um Gebet (5,25). Die Anrede „Brîder“ ist samt ihrer psychologischen und theo-logischen Implikationen am ehesten geeignet, eine Konstante des gesamten Thessalonicherbriefes darzustellen. Sie ist ebenfalls geeignet, eine Verbindung zur stark ausgeprgten Theo-logie des Briefes zu schlagen und die rein menschlichen Hierarchien, die mit den Begriffen von Vater/Mutter oder auch (nach Malherbes Sicht) des Philosophenlehrers mitschwingen, zu modifizieren. Allerdings: Wie bereits im Bezug auf Parnese nach deren Zweck zu fragen war, ist auch hier zu fragen, welchem Zweck der gemeinschaftliche (freundschaftliche, brîderliche, gemeindliche) Aufbau dienen soll. Warum ist Paulus an einer Darlegung der freundschaftlichen Verbindung zwischen sich und den Thessalonichern so interessiert? 2.3.2.5. Der Aspekt des Trçstens Bereits Malherbe, der den parnetischen Aspekt als Hauptzug des Briefes herausgearbeitet hat, aber auch philophronetische Zîge in ihm erkennt, sieht 1Thess ebenfalls als vom Trostbrief beeinflusst.831 Er erkennt die paqahul¸a freilich insgesamt als Unterart der Parnese; zudem bezçge sich Paulus’ Trost nicht auf die Trauer wegen verstorbener Gemeindemitglieder, sondern auf das Leiden aufgrund der Bekehrung und des neuen Lebensstils832 ; ausdrîckliche Trostabsicht sieht er in 4,13 – 17.833 831 „Paul’s consolation of his distressed converts must have been a major part of his pastoral care“ (Malherbe, Paul and the Thessalonians, 57). 832 Vgl. Malherbe, ,Pastoral Care‘, 387 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Anders Chapa. In ausdrîcklicher Kritik an Malherbes Vergleichen von 1Thess mit pagan-hellenistischer Literatur834 erkennt er den Grundton des Briefes gerade im Trçsten. Auch methodisch hat Chapa eine beachtliche Front gegen Malherbe aufgebaut: Zur Stîtzung seines Ansatzes hat er sich mit einer großen Anzahl zeitgençssischer griechischer und lateinischer Trostbriefe und theoretischer Traktate îber das Trçsten vertraut gemacht835 und findet wichtige Momente des (s.M.n. formal relativ streng umschreibbaren) Trostbriefes in 1Thess wieder: Die Notsituation, die das trçstende Schreiben motiviert, sei mit Verfolgung (1,6; 2,1 – 4.13 – 16) und dem Tod einiger Gemeindemitglieder (4,13 – 18) greifbar. Seitens des Paulus sei seine momentane Verhinderung, bei ihnen zu sein, Auslçser fîr die Sendung des Timotheus gewesen; jetzt sei sie Auslçser fîr sein Schreiben. Whrend der Topos „Brief als Ersatz fîr persçnliche Gegenwart“ eher ein allgemeines, auch in anderen Briefgenera zu findendes Charakteristikum ist836, seien Sympathiebekundung, die Betonung emotionaler Harmonie zwischen Absender und Adressat, in diesem Zusammenhang auch die Betonung des eigenen Leidens des Paulus (2,2) als Mittel, mit denen Paulus durch biographische Information Verbindung zu dem Thessalonichern herstellt, spezifischer unter trçstender Absicht zu sehen. Ebenso zhlten zur Trostrhetorik allgemeine Aussagen îber die Unausweichlichkeit von Leid und Not (3,3 – 4), das Vorhersehen von kînftiger Not (3,3), Lob fîr vorbildliches Ertragen frîheren Leides durch die Adressaten (1,6 – 10), sowie die Erinnerung an anderer Personen Leid (2,14 f.). Trost habe jedoch auch Raum fîr Ermahnung: „The consoler would always finish his consolation with an exhortation to overcome grief and, often, to take care of the daily duties which were neglected as a consequence of various manifestations of grief and mourning. Thus Paul’s continuous exhortation, especially in chapters 4 and 5, might be seen as a response to circumstances of sorrow and affliction, which could have put at risk the fulfilment of Christian obligations. It is not unlikely that verbs like paqajak´y (2.2; 3.2, 7; 4.1, 10, 18; 5.11, 14) and paqaluh´olai (2.2; 5.14) had, besides their clear exhortatory intention, an inseparable 833 Vgl. Malherbe, Thess, 85; ders., Exhortation, 254 – 256 (die Stellenangabe „I Thess 4:9 – 13“ [255] ist offenbar irrtîmlich). 834 Vgl. Chapa, Patterns, 221 – 226. 835 Vgl. Chapas detailliert gearbeitete Monographie Letters of Condolence; Listen der untersuchten Primrtexte sind auch zu finden in: ders., Patterns, 222 – 224, Anmm. 11 – 17. 836 Vgl. Koskenniemi, Studien, 38 – 42.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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consolatory purpose. The vicinity of !c_mi and paq²jkgsir (2.2 – 3) suggests the same“.837

Obwohl Chapa durch diese Untersuchungen sehr nahe an die Klassifizierung von 1Thess als Trostbrief herankommt, meint er, dass die trçstenden Elemente fîr eine saubere Einordnung als Trostbrief im technischen Sinne doch zu verstreut und zu wenig verbunden erscheinen. Zudem benennt er wesentliche Differenzen zum typischen hellenistischen Trostbrief: Am signifikantesten sei das Fehlen der Erwhnung des Trauerereignisses am Briefeingang; die Rolle zwischen Trçster und zu Trçstenden lge nher an atl. Propheten, als an einem Moralphilosophen838 ; die trçstendsten Passagen des gesamten Briefes seien auf die 837 Chapa, First Thessalonians, 158 f. 838 Dies ohne konkreten Nachweis, aber mit Berufung auf: Donfried, The Theology of 1Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 259. Das Verhltnis des Selbstverstndnisses des Paulus zur Rolle des atl. Propheten ist ein Thema, dem lange nur sporadisch, und erst in letzter Zeit intensiver nachgegangen wurde. Der Verweis Chapas auf Donfried fllt noch sehr allgemein aus: „Since Isaiah 40 ff. is such a book of consolation, it is little wonder that we would find striking similarities between it and 1 Thessalonians. Paul’s intention in writing 1 Thessalonians is not much different from Second Isaiah’s announced intention in 40:1: Paqajake?te paqajake?te t¹m kaºm lou, k´cei b heºr“ (Donfried, The Theology of 1 Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 259). ˜ber das allgemeine Trostmotiv des Briefes hinaus ist ein wesentliches Argument fîr Donfried, dass paqaluh´olai bei Paulus nur in 1Thess benîtzt wird (nmlich 2,12; 5,14; vgl. Donfried, The Theology of 1 Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 260). Paqaluh´olai ist im NT allerdings insgesamt selten (außer den genannten Belegen in 1Thess nur noch Joh 11,19.31), und in Jes/LXX gar nicht belegt. Es ist daher fîr sich genommen kaum ein ausreichender Hinweis auf eine spezifische thematische oder assoziative Gestaltung von 1Thess. Donfrieds Bezugsquellen seinerseits sind wiederum: Holtz’ Aufsatz Zum Selbstverstndnis des Apostels Paulus von 1966, und Denis’ Beitrag L’Apútre Paul, prophºte „messianique“ des Gentils von 1957. Whrend Holtz sich eher kursorisch mit allgemeinen Aspekten paulinischer Theologie beschftigt (z. B. bilde der Berufungsgedanke von Jes 49,1 den Hintergrund zu Gal 1,15; Vorbild fîr das paulinische Leidensverstndnis [z.B. 2 Kor 4,8 ff.; 1Thess ist nicht genannt] sei Jes 49,4.7; 50,5 – 7), ist Denis’ Aufsatz nicht nur wesentlich umfnglicher, sondern auch mit mehr Tiefenschrfe gearbeitet; er ist wohl eine der frîhesten Arbeiten zum Thema „Paulus als Prophet“ îberhaupt. Denis analysiert das Selbstverstndnis des Paulus konkret nach 1Thess 2,1 – 6 vor dem Hintergrund von Jesaja: Paulus prsentiere sich als messianischer Prophet, insbesondere nach Jesaja und Motiven des dtjes. Gottesknechtes (vgl. ebd., 316). Beide Quellen sind freilich verglichen mit dem Verçffentlichungsdatum von Donfrieds eigenem Beitrag (1989) recht alt (1966 bzw. 1957).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

spezifisch christliche auf Christi Auferstehung basierende Hoffnung zentriert (1,3; 2,19; 4,13; 5,8), mit der Chapas Meinung nach die aus hellenistischem Briefgut bekannten Trostinhalte nicht vergleichbar seien.839 Somit kommt Chapa „nur“ zum Schluss: „If we should not formally classify 1 Thessalonians as a ,letter of consolation‘, we may, nevertheless, be justified in calling it a consoling letter without intending to exclude other valid purposes“.840 In die gleiche Richtung, aber auch nicht viel weiter, fîhrt Donfried. Als Randtext zu seinem Aufsatz The Theology of 1Thessalonians as a Reflection of Its Purpose heißt es zwar gleich zu Beginn: „1 Thessalonians is a kºcor paqaluhgtijºr to a Christian congregation suffering the effects of persecution“841, spter formuliert Donfried jedoch nur noch, 1Thess habe „some elements [!] in common with the genre consolatio (kºcor

Neben weiteren nur sporadischen Bemerkungen zum Thema (z. B. der Parallelisierung des Predigtverstndnisses als Wort des Herrn mit dem prophetischen Selbstverstndnis, einer prophetischen Ausmalung der Parusie als atl.-prophetischer „Tag des Herrn“, oder der motivischen Rîckkopplung paulinischer Gerichtsgedanken auf die prophetischen Gerichtspredigten; vgl. Gerber, Paulus, 32 f.126, Anm. 34; Kim, Paul and the New Perspective, 101 – 127; Malherbe, Thess, 268 – 270.284.302; Merklein, Prophet, bes. 403 – 413) ist in jîngerer Zeit das Thema „Paulus als Prophet“ aus seinem Schattendasein der exegetischen Forschung getreten, wobei sich die diesbezîglichen monographischen Untersuchungen ganz dominant auf die „großen“ Paulusbriefe beziehen. Fîr die kîrzeren hingegen, und insbesondere auch 1Thess, sind sie wenig ergiebig. Wagner etwa beschrnkt sich in seiner großen Untersuchung Heralds of the Good News auf Paulus’ Interpretation von Jesaja in Rçm. Das gleiche gilt, abgesehen von ausfîhrlichen Vergleichen mit den dritten und fînften Kapiteln der Sibyllinischen Orakel sowie der Qumran-Literatur, auch fîr Shum Paul’s Use of Isaiah in Romans. Gignilliat hingegen whlt in Paul and Isaiah’s Servants 2Kor als seine wesentliche Bezugsquelle (zu Paulus’ Selbstverstndnis im Lichte von Jes 40 – 66 vgl. bes. 108 – 142). Auch Najda konzentriert seine Ausfîhrungen in Der Apostel als Prophet ganz wesentlich auf die paulinischen Hauptbriefe Rçm, 1Kor, 1Kor, Gal; kein einziger seiner intensiveren Exegesen betrifft 1Thess. Einzig Sandnes berîcksichtigt 1Thess 2,3 – 8 in einem eigenen Kapitel und kommt dabei zum Ergebnis, dass Paulus in Thessalonich zwar als falscher Prophet beschuldigt wurde, daraus aber nicht auf die paulinische Selbstdarstellung geschlossen werden dîrfe: „The interpretation of 1 Thess 2:3 – 8 in isolation has not fully succeeded in establishing as a fact that Paul really presented himself to the Thessalonica as a prophet-like apostle“ (vgl. Paul, 185 – 223; Zitat: 223). 839 Vgl. Chapa, First Thessalonians, 159, mit Anm. 45. 840 Chapa, First Thessalonians, 160. 841 Donfried, The Theology of 1Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 243.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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paqaluhgtijºr) in classical literature“.842 Seine Zuordnung, die er noch

strker als Chapa vorwiegend topisch bestimmt, ist eher eine pragmatische denn eine formale. Paulus’ Grundabsicht, seine Briefpartner zu trçsten, ordnet er andere Aspekte des Briefes dann unter:

„Paul writes this letter to the Thessalonian Christians in order to (1) console them and to encourage them to stand firm during continued persecution. Thus, we understand 1 Thessalonians not primarily as a ,paraenetic‘ letter but as a ,paracletic‘ letter, as a consolatio. But in order to carry out effectively this purpose he must also (2) defend the message he proclaimed while present as originating from God and, therefore, as valid, and (3) defend himself against charges made concerning his motivation and behavior“.843

Dieselbe Zurîckhaltung ist bei Klaucks rhetorischem Einordnungsversuch zu beobachten. Klauck erkennt, dass 1Thess „nicht alle Merkmale dieser Gattung enthlt und manches bietet, was îber eine reine Konsolationsschrift hinausreicht“844, dennoch aber mit der (rhetorischen) Bezeichnung „Trostbrief“ mehr fîr 1Thess abgedeckt sieht als mit jedem einzelnen anderen Terminus. Dennoch ist fîr ihn „1Thess auch als Trostbrief noch nicht erschçpfend gewîrdigt“.845 Whrend sich mit Chapa, Donfried und Klauck also (beispielhaft846) drei Exegeten gefunden haben, die îber topische, briefformale bzw. rhetorische Argumentation den 1Thess als trçstenden Brief bestimmen, kommt auch Bickmann, obschon an epistolographischer Form nicht interessiert, im Prinzip zum selben Ergebnis. Aufgrund ihrer formoffeneren briefpragmatischen Methode kann sie ihr Ergebnis, obwohl ihre Textbeobachtungen im Grunde nicht fundamental von denen Chapas und Donfrieds differieren, selbstbewusster prsentieren, nmlich dass „1 Thess insgesamt einen Trostbrief darstellt“847 – wobei 842 Donfried, The Theology of 1Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 259. In seinem wenige Jahre spter geschriebenen Beitrag mit fast demselben Titel The Theology of 1 Thessalonians heißt es dann wieder „much [!] in common with a logos paramythetikos“ (vgl. 23 – 27, Zitat: 26, originale Kursivsetzung). 843 Donfried, The Theology of 1Thessalonians as a Reflection of Its Purpose, 243 f. Vgl. auch ebd., 259 f. (auch ausdrîcklich gegen Malherbe). 844 Klauck, Briefliteratur, 291. 845 Klauck, Briefliteratur, 291. Vgl. Anm. 571. 846 Ein weiterer wre Smith, Comfort, 42 – 60. Stowers, an unterschiedlichen Briefsorten des Hellenismus interessiert, klassifiziert 1Thess nicht insgesamt, sondern nennt lediglich 4,13 – 18 eine „consolatory section“ (Letter Writing, 145). 847 Vgl. Bickmann, Kommunikation, 265; vgl. auch 90.101 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Trostbrief fîr sie nicht primr ein Begriff der Form, sondern des Sprechhandlungsgefîges ist. Fîr Bickmanns Arbeit ist es bezeichnend, dass sie îber ihre briefpragmatische Untersuchungen ausdrîcklich versucht, die Kluft zwischen 1Thess 3,13 und 4,1 nicht nur durch inhaltliche Vor- und Rîckverweise, sondern auch durch das Aufzeigen einer einheitlichen Handlungsdimension des Textes zu îberwinden. Diese Handlungsdimension, die das expressive Handlungsgefîge 1,2 – 3,13 mit dem direktiven 4,1 – 5,24 umfasst, sieht sie im Trçsten verwirklicht.848 Der Komplex 1,2 – 3,13 bereite durch das Wissen um die Parusie Christi, die Auferstehung der Toten und die kînftige Vollendung der Gemeinschaft das Gelingen des Trçstens vor. Das Beziehungsangebot des Paulus wirke auf zwei Ebenen: Einerseits prsentiere der Text Paulus als Lehrer vor seinen Schîlern und als von Gott beauftragter Autorittstrger, andererseits schaffe der Text ein gemeinschaftliches Miteinander, das Geborgenheit und eschatologische Freude in Gemeinschaft mit Paulus verspricht. Diese Rollenverteilung werde nicht nur kognitiv vermittelt, sondern werde durch das Vertrauen aufgrund der gemeinsamen Erfahrung gestrkt.849 Das Danken von 1,2 – 2,16 strke als expressiver illokutionrer Akt die Wissensgemeinschaft und Gruppenidentitt, die aufgrund der Trennung bedroht ist, durch die gleichzeitig auch Paulus’ eigene Rolle gefhrdet sei. 2,17 – 3,10 verdeutlichten, dass im Festhalten an der Wissensgemeinschaft die Trennung îberbrîckbar, wenn auch nicht ganz aufhebbar sei. 4,1 – 5,24 schließlich seien direktiv, die Adressaten sollten dem einmal eingeschlagenen Weg treu bleiben, indem sie sich darin vervollkommnen (4,1.10b). 4,13 – 5,11 beinhalteten die „eigentliche“ Trostphase im engeren Sinn durch das Wissen îber das Schicksal der Verstorbenen. Jetzt erst kçnne die Aufforderung zum gegenseitigen Trost gelingen (4,18; 5,11).

Der wohl wesentlichste und îber die unterschiedliche Methodenwahl hinausgehende Unterschied zwischen Chapas und Bickmanns Ergebnis ist die Einschtzung der durch Christi Auferstehung und zu erwartende Parusie ganz neu zu denkenden Todesinterpretation. Whrend Chapa durch die spezifisch christliche (d. h. durch das Christusgeschehen erneuerte) Todesdeutung und die unterschiedliche Rolle des Trçsters die îbliche Rezeptionshaltung in Bezug auf Trostbriefe gesprengt sieht850, sieht Bickmann darin die nur selbstverstndlich zu erwartende seman-

848 Vgl. v. a. Bickmann, Kommunikation, 264 f. 849 Vgl. Bickmann, Kommunikation, 264 f.277. 850 „I do not find that St Paul applied to this letter the structure and patterns characteristic of letters of consolation, as ancient writers would have understood the technical term …“ (Chapa, First Thessalonians, 159, eigene Kursivsetzung).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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tische Differenz zwischen einem paganen und einem christlichen Autoren.851 Die Arbeiten dieser vier wichtigen Exegeten sind gewiss ein Indikator dafîr, dass die Bestimmung von 1Thess als Trostbrief oder trçstender Brief eine prinzipiell gelungene ist. Klauck u. a. haben richtig gesehen, dass die Absicht des Trçstens textpragmatisch nicht mehr so unmittelbare Nachfolgefragen aufwirft wie die des Mahnens oder des gemeinschaftlichen Aufbaus. Mit dieser Bestimmung hat man auch im Bezug auf die Adressanten- und Adressatenpsychologie ein Ziel erreicht, das zu îberbieten der Text von 1Thess nicht mehr unmittelbar aufruft. Drei offene Fragen stehen allerdings auch hier noch aus: Die erste betrifft die Form des Briefes und konkret die drei expliziten fîr Trostbriefe ungewçhnlichen Dankesabschnitte 1,2 – 10; 2,13 f.852 ; 3,9 – 13. Diese sind den an der Briefform orientierten Forschern ein Dorn im Auge und Grund zur Selbsteinschrnkung, und es kommt sicher nicht von ungefhr, dass von den genannten Autoren es gerade Bickmann ist, die als an der Briefform am wenigsten interessierte Forscherin ihr Ergebnis mit der grçßten ˜berzeugung vorlegt. Sie erklrt das Danken eben als expressiven illokutionren Akt zur Strkung der Wissensgemeinschaft und Gruppenidentitt. Dies kommt ihrer Bestimmung des Briefes als Trostbrief natîrlich entgegen, ist auch grundstzlich nicht anzuzweifeln, unterschtzt aber m.M.n. das Eigengewicht dieser Abschnitte. Die andere vielleicht gravierendere Frage betrifft die Mahnungen von 4,1 – 12. Wie Chapa gezeigt hat, haben Mahnungen sehr wohl Platz in der Trostliteratur, doch ist zu fragen, ob dies auch gerade auf solche Mahnungen von 4,1 – 12 passt. ˜blicherweise haben die Mahnungen im Rahmen von Trostbriefen direkten Bezug zur Trauer- bzw. Trostsituation: Es werden z. B. Ratschlge erteilt, wie der Kummer zu besnftigen oder zu ertragen sei, oder es wird auf die Einsicht abgezielt, dass angesichts des erfahrenen Leids sowieso nichts mehr zu machen sei, der Tod sei eine Gemeinerfahrung fîr alle, und immerhin seien die Verstorbenen dem irdischen Leid enthoben853 ; andernorts schreibt Chapa noch von der „exhortation to accept bravely the misfortune which is connatural to the human condition, not to be overcome excessively by grief and, in con851 Vgl. Bickmann, Kommunikation, 276 – 292. 852 Vgl. unter 2.2.1. 853 Vgl. Chapa, Letters of Condolence, 33 – 43; kîrzer auch bei Stowers, Letter Writing, 142 – 152.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

sequence, to neglect one’s duties“.854 Nicht einsichtig ist aber, inwiefern Regelungen zur Eheschließung/-fîhrung oder Wirtschaftsethik in 1Thess 4,1 ff. Sorge wegen jîngst verstorbener Gemeindemitglieder sowie der geistlichen Gemeinschaft mit ihnen lindern soll. Lediglich der letzte zitierte Satzteil Chapas („to neglect one’s duties“) kçnnte auf den ersten Blick mit der Mahnung zur verantwortungsvollen Arbeitsethik in 4,11 f. kombiniert werden; diese wird jedoch gerade nicht durch einen angemessenen, d. h. gemßigten Umgang in der Trauersituation begrîndet („not to be overcome excessively by grief“), sondern durch einen anstndigen Wandel gegenîber „denen draußen“ sowie wirtschaftlicher Unabhngigkeit. Bezeichnenderweise deutet Bickmann, obwohl auch sie konzediert, dass die zweite Briefhlfte von 1Thess855 direktiv gestaltet ist856, den Abschnitt 4,1 – 12 gerade nicht primr parnetisch. Stattdessen betont sie dessen exklusiv-ekklesiologische Funktion, durch die „die Identitt der Gruppe als Gemeinschaft der !dekvo¸ von der Identitt derer ,draußen‘ ab[-gegrenzt wird]“.857 Die Trostfunktion dieser Verse liegt fîr Bickmann somit nicht darin, dass die Thessalonicher durch Befolgung der in ihnen ausgesprochenen Anweisungen direkt Trost erfahren, sondern nur indirekt dadurch, dass durch deren Befolgung eine vertrauenstrkende Schicksalsgemeinschaft („ideale Beziehungen“858) besttigt wird, in der anschließend Trost erfolgen kann. Die „eigentliche“ Trostpassage folgt nach ihr erst im Anschluss mit 4,13 – 5,11.859 Bickmann kann sich fîr diese Deutung zurecht auf 4,5 (lµ 1m p²hei 1pihul¸ar jah\pgq jai` ta` 5hmg) und 4,12 (eqswglºmyr pq¹r tou` r 5ny) beziehen; die Strke dieser Lesart liegt zudem darin, dass sie nicht nur die Eingebundenheit von Parnese in Trost, sondern ihre gegenseitige Verwiesenheit aufeinander verdeutlicht. Offen bleibt nur, ob bei dieser Interpretation ausreichend berîcksichtigt ist, dass die Art von Mahnungen fîr Trostbriefe doch eben untypisch ist und von daher auch die Bezogenheit von Mahnung und Trost nicht die fîr das Genre typische ist, i.a.W. ob die Indirektheit, durch die Bickmann die Passage trçstend deutet, dieser vollstndig gerecht wird. Man ist zustzlich skeptisch, da Bickmann bereits die Funktion der Dankabschnitte gemeinschaftlich, 854 855 856 857 858 859

Chapa, First Thessalonians, 151. D.h. fîr sie konkret 4,1 – 5,24. Vgl. Bickmann, Kommunikation, 291. Bickmann, Kommunikation, 261; vgl. auch ebd., 292. Bickmann, Kommunikation, 262. Vgl. auch Malherbe, der in 1Thess 4,13 – 17 ausdrîckliche Trostabsichten erkannt hat (vgl. Anm. 833).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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d. h. zur Strkung der Gruppenidentitt, bestimmt hat; jetzt wendet sie das gleiche Interpretationsschema auf die zweite nicht unmittelbar einleuchtend zum Trostbrief gehçrige inhaltliche Passage an. Damit wird wohl doch die communio-ekklesiologische Interpretation dieser Abschnitte etwas îberbelastet. Das dritte Problem bei der Einordnung des Briefes als trçstender Brief liegt in der Natur des Trostes und in der Situation der Thessalonicher, die nach dem Trost ruft. Denn in den „expliziten“ Trostpassagen 4,13 – 18 scheint das Problem gar nicht in der Trauerbewltigung nach dem Tod lieber verstorbener Menschen zu liegen: k¼pg fehlt, und kup_ erscheint nur einmal in 4,13 und ist sofort mit oR koipo· oR lµ 5womter 1kp¸da assoziiert. D.h. dieses Trauern ist eines der Unglubigen. Auch die Wahl des Konjunktivs lµ kup/she deutet darauf hin, dass Paulus seinen Adressaten das Trauern fîr den Moment îberhaupt nicht unterstellt, sondern prventiv unterbinden will, bevor es îberhaupt aufgekommen ist („ … damit ihr nicht traurig werdet“ und nicht: „ … damit ihr aufhçrt zu trauern“).860 Die Befîrchtung der Thessalonicher ist, dass die eschatologische Heilsgemeinschaft der Verstorbenen mit den noch Lebenden bei der akut erwarteten Parusie Christi zerbrochen ist. So wie diese Sorge eschatologisch motiviert ist, muss auch die Antwort eschatologisch ausfallen. Daher hat sie zwar trçstende Funktion, nicht aber bezîglich der Todesflle îberhaupt, sondern vor dieser speziellen Glaubensfrage. Daher beinhaltet Paulus’ Antwort in diesen selbst nach Malherbe explizit trçstenden Versen das strkste eschatologisch-apokalyptische Material des gesamten Briefes und liegt inhaltlich weit entfernt von den von Chapa zusammengetragenen traditionellen Trostmotiven (s. o.). Die Meinung, der eschatologische Abschnitt diene dem Trost der Trauernden und Verunsicherten, ist also nicht inkorrekt, doch ist wesentlich, dass die Trauer nicht alleine durch den Tod der Mitglubigen verursacht ist, sondern durch den Stand der eschatologischen Information der Thessalonicher. Ebenso kann der Trost in dieser Situation nur dadurch gelingen, dass Paulus auf dem bereits vorhandenen eschatologisch orientierten Glauben aufbaut und den Blick auf die eschatologische Vollendung lenkt. Paulus entwickelt seine Lehre 4,13 ff. somit nicht primr aus psychologischen Grînden, weil er auf diese Weise die betrîbte Stimmung der Gemeinde heben kann, sondern weil darin die dem 860 Vgl. BDR, § 370 (l¶ c.conj. zum Ausdruck von auf Zukînftiges gerichteter Besorgnis vs. l¶ c.ind. wenn sie auf etwas schon Eingetretenes gerichtet ist [vgl. deutlich den angefîhrten Beispielvers fîr beide Flle 1Thess 3,5].)

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Sachgrund des Glaubens (1,9 f.) angemessene Vorbereitung auf die Begegnung mit Christus im Eschaton liegt. Die allzu direkte Zuordnung von 4,13 – 18 in einen trçstenden Kontext (und, folgt man Malherbe, îber den trçstenden in den mahnenden), will folglich nicht ganz gelingen und lenkt eher von der Dominanz des eschatologischen Motivs ab, das zur Frage der Thessalonicher îberhaupt Anlass gegeben hat. Dennoch bleiben die Meriten der Interpretation des gesamten 1Thess als trçstender Brief bestehen. Was die Funktion von 4,1 – 12 anbelangt, wird man sich nicht unbedingt auf die Suche nach einer grundlegend anderen Funktion machen mîssen, sondern nur nach einer Ergnzung zu diesem hermeneutischen Schlîssel. Da alle drei dieser Fragen weniger die Textpragmatik als vielmehr den der Textpragmatik zugrundeliegenden gedanklichen Horizont betreffen, bewegen wir uns im nchsten Unterkapitel 2.3.2.6. von pragmatischen Bewegungen zwischen Paulus und den Thessalonichern wieder weg hin zu den inhaltlichen Voraussetzungen des Briefes, vor denen sich das Danken, Erbauen, Mahnen und Trçsten abspielt. Ebenso wie die Rede von Gott und Jesus Christus als Fundament fîr Paulus’ Schreiben îberhaupt bestimmt werden konnte, liegt analog dazu der ultimative Horizont in der eschatologischen Erwartung. 2.3.2.6. Der eschatologische Aspekt: Warten auf die Parusie Christi Eine starke eschatologische Grundausrichtung von 1Thess ist immer gesehen worden. Als nur ein Beispiel hierfîr sei Schnelle genannt, der ganz zurecht von einer „apokalyptisch-eschatologische[n] Grundstimmung“ spricht, die den ganzen Brief durchziehe861, wobei „Eschatologie“ hier freilich nicht im Sinne eines dogmatischen Traktates zu verstehen ist, sondern sich auf den Glaubenshorizont der jungen Gemeinde bezieht, der sich in der unmittelbaren Erwartung der Wiederkunft Christi ußert. Schnelles Rede nur von einer eschatologischen „Grundstimmung“ scheint mir fast noch zu undeutlich: Eschatologisches Denken durchzieht den Brief explizit, zeitweise auf hçchster, immer auf sehr hoher Ebene; vor dem Hintergrund der Parusievorbereitung der Gemeinde, die von Anfang an das Ziel ihres Daseins begrîndet hat (1,10), sind alle thematischen Aspekte des Briefes deutbar. Mit der Eingliederung der Briefthemen in diesen Sachverhalt ist m.M.n. ein Ende der Zweckbestimmtheit fîr 1Thess erreicht. 861 Schnelle, Einleitung, 68; Ebel, 1Thessalonicherbrief, 128.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Explizit ist die Eschatologie durchgngig in 4,13 – 5,11 thematisiert, in der Paulus konkrete Informationen îber die in Blde zu erwartende Parusie Christi vermittelt.862 Dieser Abschnitt umfasst immerhin beinahe ein Fînftel des Gesamtbriefes. Davon scheint mindestens 4,13 – 18 (eigentlich bereits ab V.9) durch von Timotheus îberbrachte Anliegen der Thessalonicher motiviert.863 Wenn die eschatologische Dimension von Anfang an ein Fundament fîr den jungen Glauben der Gemeinde dargestellt hat, worin bestand jetzt das Problem der Thessalonicher mit ihrer eschatologischen Anschauung, dass Paulus es fîr nçtig hielt, so ausfîhrlich darîber zu schreiben? Nicht mehr vertreten wird die Meinung von Schmithals (und im Anschluss an ihn Harnisch), gnostische Irrlehrer htten verkîndet, die Parusie habe bereits stattgefunden; diese Meinung habe Paulus korrigieren mîssen.864 1Thess lsst die Einflussnahme einer antipaulinischen gnostischen Front in der jungen Gemeinde nicht erkennen, und die Ausfîhrungen des Paulus stellen auch keine Apologie einer noch zu erwartenden Auferstehung dar.865 Auch Holtz’ Vermutung hat sich nicht durchgesetzt, die Thessalonicher htten insgesamt Schwierigkeiten mit der Vorstellung der Doktrin von einer leiblichen Auferstehung von den Toten gehabt.866 Die opinio communis hingegen formuliert z. B. Ebel: „Bei seinem Grîndungsaufenthalt hat Paulus die unmittelbar bevorstehende Parusie des Herrn verkîndet, ohne îberhaupt in Betracht zu ziehen, dass Gemeindeglieder vor der Parusie sterben kçnnten. Nun aber ist zumindest ein Todesfall eingetreten und die Gemeinde in Sorge îber das Schicksal der Verstorbenen bei der Parusie“.867 An diese Auffassung knîpft auch Schnelle an, der sich ausfîhrlich mit der Eschatologie des 1Thess beschftigt und dann die Entwicklung der 862 Auf den aktuellen Hintergrund der diesen Versen zugrundeliegenden Anfrage der Thessalonicher an Paulus, die îberraschenden Todesflle von Gemeindemitgliedern vor der erwarteten Wiederkunft Christi, muss hier nicht eingegangen werden (vgl. hierzu Malherbe, Thess, 283 – 285; Schnelle, Einleitung, 68). 863 Vgl. unter 3.1.2. und 3.1.2.1. 864 Vgl. Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 98 – 132 passim, ausdrîcklich 118 f., zusammenfassend 153 f. (man beachte jedoch die von Schmithals hierbei angenommenen Teilungshypothesen). Schmithals seinerseits stîtzt sich bei seinen ˜berlegungen auf Lîtgert, Die Vollkommenen, 55 – 81. Lîtgert hatte jedoch noch nicht Gnostiker als eingedrungene Feinde in Thessalonich angenommen, sondern lediglich die Probleme der dortigen Gemeinde mit denen der korinthischen Gemeinde parallelisiert (bes. 55 – 67). Eng im Anschluss an Schmithals argumentiert Harnisch, Existenz, 22 – 29 (16 – 51 passim). Vgl. dagegen ausfîhrlich Lîdemann, Paulus, 221 – 226. 865 Vgl. ebenso Malherbe, Thess, 283. 866 Vgl. Holtz, Thess, 191 f. 867 Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 134.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

paulinischen Eschatologie nachzeichnet: Schnelle nimmt an, dass Paulus das Thema einer allgemeinen Auferstehung der Toten bei seiner Erstverkîndigung noch nicht angesprochen habe.868 Diese habe an eschatologischer Information nur Tod und Auferstehung Christi sowie seine unmittelbare Parusie beinhaltet; auf letztere solle die Gemeinde fîr ihre Entrîckung warten.869 Eine allgemeine Auferstehung von den Toten – fîr ihn selbst gelufiger jîdisch-apokalyptischer Topos, nicht so fîr seine griechischen Zuhçrer – sei von Paulus nicht verkîndet worden, weil es sich nach Ansicht des Paulus aufgrund der akuten Parusieerwartung erîbrigt habe.870 Seine ersten øußerungen zum Thema in 1Thess seien ihm erst durch die unerwarteten Todesflle in Thessalonich vor der Parusie des Herrn abgençtigt worden. Paulus habe daher in 1Thess îberhaupt erstmalig die Vorstellung von der Parusie Christi mit der einer allgemeinen Auferstehung der Toten (also der verstorbenen Christen, nicht nur Christus selbst) verbunden. Der allgemeinen Auferstehung der Toten kme selbst in 4,13 – 18 nur eine Hilfsfunktion zu, um die Anwesenheit aller Glubigen bei der Entrîckung zu ermçglichen871; das zentrale Hoffnungsereignis bleibe die Parusie Christi. Im Anschluss daran zieht Schnelle die Entwicklung der paulinischen Eschatologie durch seine spteren Briefe konsequent weiter872 : In 1Kor hlt Paulus zwar an einer ungebrochenen unmittelbaren Naherwartung fest (vgl. 1Kor 7,29; 10,11; 16,22), gleichzeitig sind Todesflle von Glubigen jedoch nichts Außergewçhnliches mehr (vgl. 1Kor 7,39; 11,30; 15,6.18.29.51).873 In 2Kor hingegen zieht Paulus erstmals seinen eigenen Tod vor der Parusie Christi in Betracht (vgl. 2Kor 5,1 – 10). Damit treten gleichzeitig Schilderungen apokalyptischer Endzeitereignisse (in 1Thess 4,16 f. noch dominant) zurîck. In Rçm ist der Tod von Glubigen vor der Parusie bereits die Regel (vgl. Rçm 14,8b). „Die Parusie des Herrn wird zwar als unmittelbar bevorstehend gedacht (vgl. Rçm 13,11 f.; 16,20), aber der Komparativ in der Wendung ,denn jetzt ist uns das Heil nher als damals, als wir zum Glauben kamen‘ (Rçm 13,11c) deutet ein Verzçgerungsbewusstsein an“.874 In Phil schließlich (von Schnelle nach Rçm datiert) rechnet Paulus offen mit seinem Tod vor der Parusie (Phil 1,20 – 24), obwohl auch hier die Parusie den Horizont eschatologischer Aussagen bildet (vgl. Phil 1,6.10; 2,16; 3,20b; 4,5b). 868 So auch bereits Guntermann, Eschatologie, 42 f; dagegen Baird, Eschatology, 315, Anm. 3, allerdings gnzlich ohne Begrîndung. 869 Vgl. Schnelle, Paulus, 191. 870 Vgl. Schnelle, Paulus, 191; Wandlungen, 39; Der Erste Thessalonicherbrief, 210. 871 Vgl. Schnelle, Paulus, 190 f.673; ders., Der Erste Thessalonicherbrief, 210. Vgl. auch Gçrg, Art. Auferstehung, 201. 872 Vgl. Schnelle, Paulus, 672 – 679; ebenso ders., Wandlungen, 37 – 48. Fîr die Entwicklung von 1Thess bis 1Kor vgl. ders., Der Erste Thessalonicherbrief, 214 – 218. 873 Ebenso bereits bei Becker, Auferstehung, 32 – 54. 874 Schnelle, Paulus, 676.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Diese Darstellung ist exegetisch nachvollziehbar. Dennoch ist Malherbe ganz anderer Ansicht. Fîr ihn ist nicht glaubhaft, dass das Problem der Thessalonicher durch plçtzlich verstorbene Gemeindemitglieder verursacht und im Zweifel an der eschatologischen Teilhabe der Verstorbenen an der Entrîckung bestanden haben kçnne. In den fînfzehn Jahren missionarischer Ttigkeit des Paulus vor seiner Ankunft in Thessalonich mîsse das Problem von mittlerweile Verstorbenen andernorts bereits aufgetreten sein. Paulus mîsse zwischenzeitlich seine Meinung îber die Totenauferstehung im Rahmen seiner Verkîndigung gefestigt haben und das Thema des Verhltnisses von noch Lebenden und bereits Gestorbenen im Rahmen der ausfîhrlichen eschatologischen Instruktionen bei der Erstverkîndigung in Thessalonich auch behandelt haben. Das Problem der Thessalonicher sei daher nicht als aufgrund aktueller Veranlassung (Tod von Gemeindemitgliedern) entstanden zu denken, sondern sei ein rein spekulativ-systematisches gewesen, wie die Parusie und die (bereits bekannte Lehre von der) Auferstehung von den Toten îberhaupt zusammen zu denken sei.875 Zunchst ist es ein großes Verdienst Malherbes, îberhaupt deutlich auf die Befremdlichkeit der Annahme hingewiesen zu haben, Paulus sei in vielleicht fînfzehn Jahren seit Beginn seiner Heidenmission in Syrien und Kilikien (vgl. Gal 1,21) oder knapp zwanzig Jahren seit Damaskus nicht mit der Frage nach der eschatologischen (und damit auch ekklesiologischen) Situation von verstorbenen Glubigen konfrontiert worden, oder htte sich durch eine solche Konfrontation nicht zu theologischem Nachdenken veranlasst gesehen.876 Diese Annahme ist ausreichend paradox, wenn man fîr Thessalonich von natîrlichen Todesfllen ausgeht. Nimmt man zudem an, die Todesflle in Thessalonich seien durch die Verfolgungssituation verursacht, verschrft dies das Paradoxon noch.877 Auch 1Kor 15,6 wirkt dann 875 Vgl. Malherbe, Thess, 283 – 285. 876 Geußert hatten dieses Bedenken auch schon u. a. Becker, Paulus, 149 f.; Best, Thess, 182; Hengel/Schwemer, Paulus, 459; Marshall, Thess, 120, Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 117 – 119; nach Malherbe auch wieder Konradt, Gericht, 132. Auch Lîdemann hatte diesen Gedanken als eines seiner Argumente fîr eine extreme Frîhdatierung von 1Thess (auf ca. 41 n. Chr.) verwendet (vgl. Paulus, 220 – 230). Becker berîcksichtigt vornehmlich Todesflle von als Mrtyrer gestorbenen Glubigen fîr die Zeit vor 1Thess und subsummiert: „Wer … insistiert, daß in rund 15 Jahren urchristlicher Frîhgeschichte wahrscheinlich doch wohl einige Todesflle in den Gemeinden beklagt wurden, der soll nicht auf den Tatbestand verwiesen werden, daß eine solche Zeit ohne christliche Todesflle in jungen Missionsgemeinden durchaus denkbar ist, vielmehr sofort zur Antwort erhalten, daß jedenfalls fîr den Historiker der literarisch lteste Beleg, in dem die Frage nach dem Schicksal toter Gemeindemitglieder aktuell als brisantes Problem auftaucht, das wegen seiner Neuheit zur Ratlosigkeit fîhrt, eben 1 Thess 4,13 ff ist“ (vgl. Auferstehung, 42 – 45; Zitat: 45). 877 Donfried z. B. geht deutlich von Todesfllen in Thessalonich durch Verfolgungen aus (vgl. Theology, 254 – 256). Doch ist diese Annahme nicht gewiss.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Verfolgungen von Judenchristen in Juda mit tçdlichem Ausgang sind zumindest durch das frîhe Stephanus-Martyrium belegt (wohl in der Mitte der 30er Jahre; vgl. Apg 7,54 – 60 und hierzu Riesner, Frîhzeit, 52 – 56). Diese Hinrichtung war in der frîhen Geschichte der jungen Kirche ein Extremereignis, das heftige Verfolgung von Judenchristen u. a. durch Paulus selbst nach sich zog. Eine weitere îberlieferte Hinrichtung eines christusglubigen Juden ist die des Jakobus, des Zebedaiden, wenig spter durch Herodas Agrippa I. (37/41 – 44 n. Chr.), der die junge judische Gemeinde auch sonst Repressalien aussetzte (vgl. Apg 12,1 – 3; Kollmann, Einfîhrung, 103). Die ansonsten fîr die Ausmaße der frîhesten Verfolgung relevanten Verse aus der Apg (Apg 9,1 1lpm´ym !peik/r ja· vºmou ; 22,4 f. und 26,10), sind schwer im Hinblick auf das Ausmaß der Verfolgungen der Zeit auswertbar (vgl. Fitzmyer, Acts, 758; Jervell, Apg, 279.543.592; Pesch, Apg I, 302; Roloff, Apg, 148.352; Schille, Apg, 449; Wander, Trennungsprozesse, 146 – 152). Noch weniger informiert sind wir îber das Ausmaß von Pressionen und Verfolgungen von Heidenchristen in der frîhesten Zeit. Erste Konflikte im Zusammenhang mit christlicher Heidenmission in hellenistisch-rçmischen Stdten werden bereits fîr die sog. erste Missionsreise in Apg 13,50; 14,5 f. und 14,19 notiert. Nach Apg 13,50 gehen die Pressionen von der jîdischen Bevçlkerung aus, nach 14,5 f. auch von Heiden, nach 14,19 aufgrund jîdischer Agitation. In allen drei Fllen richten sie sich jedoch nur gegen die Missionare selbst, wobei der Lynchakt in 14,19 allerdings bereits zum nahen Tod fîhrt. Auch die Unruhen in Philippi Apg 16,16 – 24 sind gegen die Missionare Paulus und Silas gerichtet (vgl. auch den Rîckblick 1Thess 2,2). In Thessalonich hingegen greifen die Unruhen nach Darstellung der Apg auf Jason, offenbar als Paulus’ und seiner Mitarbeiter Gastgeber, sowie auch auf andere Christen îber, da die Verfolger die Missionare selbst nicht fassen kçnnen. Jason und die anderen werden vor Gericht gestellt und dort gegen Kaution freigelassen (vgl. Apg 17,5 – 9). Unbeschadet der schwierigen historischen Bewertung dieser Notizen rechnet Molthagen grundstzlich mit „in der Regel bald einsetzenden Reaktionen der Juden gegen die christliche Missionsttigkeit“ (Konflikte, 48). Wenn in Thessalonich eines der frîhesten Beispiele fîr Agitationen nicht nur gegen die Missionare, sondern gegen die (heidnischen) Missionierten zu finden ist, sind wenigstens die Befîrchtungen der Gemeinde hçchst nachvollziehbar, sie kçnnte nun bald demselben Schicksal ausgesetzt werden wie ihre jîdisch-christlichen Glaubensbrîdern in Juda (vgl. unter diesem Aspekt den Vergleich 1Thess 2,14). Wie schnell sich Gerichtsanklagen, Pressionen und Tumulte bis hin zum Lynchtod oder Hinrichtungen aufschaukeln konnten, d. h. mit welcher Wahrscheinlichkeit die jungen Christusglubigen tatschlich mit gewaltsamem Tod rechnen mussten, lsst sich nicht genau ermitteln. Auszuschließen sind Todesflle infolge von Verfolgungsmaßnahmen auch in der frîhen Zeit wohl nicht. Vgl. zur frîhen Verfolgungssituation allgemein Bockmuehl, 1 Thessalonians 2:14 – 16, 68.73 – 80; fîr die Zeit bis zur thessalonischen Mission Molthagen, Konflikte, 46 – 57; ferner auch Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 272 – 305, konkret fîr Thessalonich ebd., 273.276.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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befremdlich: Sollten „einige“ (tim´r) der 500 Brîder (von denen oR pke¸omer – nach Paulus’ Aussageinteresse – freilich noch leben) wirklich alle erst innerhalb der wenigen vier oder fînf Jahre zwischen der Abfassung von 1Thess und 1Kor gestorben sein? Zustzlich ist auch an die Theologiebildung in Antiochien vor und neben Paulus zu denken, in der nach der opinio communis eine Auferstehung der Toten (oder wenigstens der Gerechten) ebenfalls nicht als Glaubensgut vorhanden gewesen sein soll.878 Kann innerhalb von 15 – 20 Jahren diese Frage, wenn schon nicht durch Paulus’ eigene Reflexion, so auch nicht in der versammelten Antiochenischen Christengemeinde entstanden und bedacht worden, und Paulus auf diesem Wege mit ihr in Kontakt gekommen sein? Wollte man dies voraussetzen, wîrde auch Schnelles exegetisch prinzipiell nachvollziehbare Nachzeichnung der Entwicklung der paulinischen Eschatologie unwahrscheinlich schnell vonstatten gehen: Das Verhltnis von Parusie Christi und individuellem Tod der Glubigen wre demnach innerhalb von zwanzig Jahren christlicher Theologiebildung mehr oder weniger gnzlich unreflektiert geblieben, dann aber, durch eine Situation in Thessalonich ausgelçst, innerhalb weniger Monate (vielleicht sogar Wochen) plçtzlich als Thema forciert worden.879 Wollte man diesen Gedanken weitertreiben, lge der Gedanke nicht weit, Paulus wegen der Dringlichkeit seiner Antwort in 1Thess eine schlicht unausgereifte Eschatologie zu unterstellen. Sich dann anschließende wesentliche Modifikationen whrend der nchsten nicht einmal zehn Jahre880 wren dann natîrlich wieder umso plausibler. Eine weitere Befremdlichkeit (wieder) verdeutlicht zu haben, ist ebenfalls Malherbes Verdienst: nmlich dass – vorausgesetzt man konzediert die eben genannten Einwnde – Paulus, selbst wenn er aufgrund seiner eiligen Abreise aus Thessalonich seine Unterweisungen nicht mehr vollstndig vortragen habe kçnnen, gerade den wichtigen Punkt der Totenauferstehung unberîcksichtigt gelassen haben sollte, zudem er innerhalb seiner Predigtzeit

878 So z. B. Berger, Theologiegeschichte, 378 f. 879 Es ist eine mindestens um die Reisezeit zwischen Thessalonich und Korinth kîrzere Zeitspanne (also auf Landweg und Reise zu Fuß bis zu zehn Tagen [30 – 40 km pro Tag], beritten oder zu Schiff [Apg 17,14 legt eher eine Seefahrt nach Athen nahe] entsprechend kîrzer) anzunehmen als fîr die in Anm. 638 erbrachten ˜berlegungen. Je kîrzer man die Zeitspanne zwischen der Abreise des Paulus aus Thessalonich und der Abfassung von 1Thess ansetzt, desto relevanter wirkt sich diese Reisezeit (˜berbringung des thessalonischen Briefes durch Timotheus an Paulus) auf die Problementwicklung aus, d. h. desto unwahrscheinlicher wre die Annahme, das Problem von unerwartet Verstorbenen sei so plçtzlich entstanden, nachdem es 15 – 20 Jahre lang unbekannt gewesen sei. (Zur Reisegeschwindigkeit in apostolischer Zeit vgl. Riesner, Frîhzeit, 273 – 282.) 880 Wenn man mit Schnelle das ungefhre Abfassungsdatum 60 n. Chr. fîr Phil annimmt (vgl. ders., Paulus, 411; ders., Einleitung, 155).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

von einigen Monaten881 ja offensichtlich Zeit genug fîr ziemlich ausfîhrliche eschatologische Lehre hatte.882 Zum dritten ist es natîrlich auch prinzipiell nicht undenkbar, dass in einer von diversem philosophischem Denken umgebenen Gemeinde ein systematisches Problem auch ohne akuten Anlass auftritt und man nach einer Lçsung forscht. Dennoch sprechen mehrere Argumente gegen Malherbes Sicht: a) Das in 4,13 – 15 vorausgesetzte Problem kommt zu kurz: Die zweite Hlfte von 4,14 ist zwar problematisch.883 Sie ist freilich logisch etwas sperrig: Nach dem konditionalen Eingang eQ c±q piste¼olem erwartet man eine Fortsetzung im Hauptsatz ja· piste¼olem … (o. .); nachdem dies aber nicht folgt (was noch durch Ellipse erklrbar wre), erwartet man wenigstens die Weiterfîhrung der Verben !p´hamem ja· !m´stg bei verndertem Subjekt (rle?r). Stattdessen fîhrt der Satz weiter aus, dass Gott die Entschlafenen durch Jesus mit ihm bringen wird. Dies ist wiederum syntaktisch diffizil: Bezieht sich di± toO (IgsoO auf to»r joilgh´mtar oder (wohl natîrlicher) auf nachfolgend %nei (s»m aqt`)? Die Sprachlogik fîhrt den modernen Leser aber wohl in die Irre: Dass Paulus eine sachliche Parallelitt zwischen Konditional- und Hauptsatz bilden will, wird nicht nur durch ovtyr, sondern auch durch das betonte ja· b heºr verdeutlicht. Die Sequenz verluft weder lexikal noch syntaktisch konsequent, aber dennoch semantisch ausreichend klar: Themensetzung in V.13: Gemeindemitglieder sind gestorben – Argumentation ab V.14: Jesus ist ebenfalls gestorben, doch auch auferstanden – Schlussfolgerung: Daher werden die verstorbenen Gemeindemitglieder auch auferstehen. Das wichtige Verb zur Parallelisierung der Auferstehung Christi und der Auferstehung der verstorbenen glubigen Thessalonicher wird in V.16 nachgeliefert (oR mejqo· … !mast¶somtai). Dies wîrde auch als Ergnzung zur Lehre von 1,9 f. passen: 1,10 spricht nur davon, dass Jesus von den Toten auferweckt ist, dass er wiederkommen wird und dass die Thessalonicher auf diese Wiederkunft zu ihrer Rettung warten ( !mal´meim) sollen. Das !mal´meim ist syntaktisch mit dem Gott-Dienen (douke¼eim, 1,9) parallelisiert, beides ist nur auf ein Leben vor der Entrîckung zu beziehen. Im Gegensatz dazu ist in 4,14 ausdrîcklich nicht nur von Jesu Auferweckung/Auferstehung aus den Toten die Rede, sondern von seinem Tod an sich ( !p´hamem ja· !m´stg statt dem formelhaften Eceiqem 1j t_m mejq_m), womit die Sequenz deutlich mit dem Tod der Gemeindeglieder verbunden wird. Die nachfolgende Liste der eschatologischen Ereignisse hat dann eigentlich nur kausal erklrenden Charakter (c²q und fti in V.15 und V.16 resp.); das endgîltige Ziel ist V.17fin zu entnehmen (als Summarium

881 Vgl. zur Lnge von Paulus’ Erstaufenthalt in Thessalonich Riesner, Frîhzeit, 321 – 323, der zur schlussfolgernden Vermutung einer Aufenthaltsdauer von 2 – 4 Monaten kommt. 882 Diese Frage formuliert bereits Guntermann, Eschatologie, 43 f. 883 Vgl. Malherbe, Thess, 265 – 267.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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abgetrennt vom vorigen durch ja· ovtyr): p²mtote s»m juq¸\ 1sºleha.884 Weiter geht es auch lt. V.13 um die joilyl´moi, verstorbene, konkrete Gemeindeglieder, und nicht um Totenauferstehung oder Parusie an sich. Lîdemann hat zurecht auf die Artikelsetzung t_m joilyl´mym (4,13) hingewiesen, das besser im Bezug auf bestimmte Verstorbene zu deuten ist als auf Verstorbene im allgemeinen.885 Die Todesflle und deren ungewisses Schicksal hat ausdrîcklich zu Betrîbnis bei den noch Lebenden gefîhrt (4,13). Fîr diese Betrîbnis gibt es nach Paulus’ Auffassung jedoch keinen Anlass, weswegen er nach seiner dahingehenden Begrîndung auch zur gegenseitigen „Ermutigung“ auffordert (4,18). Dies deutet alles auf ein existenzielles Problem und nicht nur auf ein abstraktes hin. Nicht diesen Versen zu entnehmen ist, ob das Problem der Thessalonicher in der Auffassung bestanden hat, die Verstorbenen htten an der die gemeinsame Entrîckung voraussetzenden ewigen Gemeinschaft mit Christus îberhaupt keinen Anteil, oder dass sie bei diesen Prozessen nur auf irgendeine Weise benachteiligt seien, z. B. indem ihnen das Vorrecht entginge, bei der Parusie mit den dann noch Lebenden gemeinsam mit Christus îber alle anderen Gericht zu sitzen (vgl. die in 1Kor 6,1 – 3 durchscheinende Vorstellung).886 Die starke Verneinung oq lµ vh²sylem (V.15)887 und ûla s»m aqto?r (V.17) implizieren letzteres, doch bliebe eine genauere Vorstellung der Benachteiligung seltsam undeutlich.888 ûla kann, muss aber nicht temporal verstanden werden: Sollte die befîrchtete Trennung der Glaubensgemeinschaft jedoch nur eine temporre sein, wre die Brisanz der Problemstellung aus der Perspektive der Thessalonicher (gemessen am Umfang, den Paulus ihrer Lçsung widmet), nicht mehr leicht nachzuvollziehen. Auch die Grundstzlichkeit, mit der Paulus die Themen Tod, Auferstehung Jesu an sich und, dieser folgend, die der „in Christus Toten“, behandelt, deuten wohl eher auf die Befîrchtung der Thessalonicher, die Verstorbenen htten an der Entrîckung und der kommenden ewigen Ge884 Vgl. bereits Lîtgert, Die Vollkommenen, 80; Holleman, Eschatology, 198 – 202; Vielhauer, Geschichte, 88. 885 Vgl. Lîdemann, Paulus, 221, mit Anm. 19. 886 Vgl. auch Schnelle, Paulus, 199. 887 Das Gewicht der doppelten Verneinung oq l¶ ist nicht zu unterschtzen. Im klassischen Griechisch die bestimmteste Form der Verneinungen von Zukînftigem, ist diese Kombination im NT zwar immer noch hufig belegt (v. a. in den Evgg und Apk, bei Paulus selten), doch behlt sie auch dort den starken, affirmativen, manchmal beinahe Schlagwortcharakter (z. B. Mt 5,18.20.26; Mk 10,15; Hebr 8,12 u. ç.; vgl. BDR, §§ 365.431. 888 Bereits Guntermann kritisiert, dass Versuche die „Benachteiligung“ inhaltlich auszufîllen (etwa durch die Annahme zweier Auferstehungen mit einem Zwischenzustand in der Mitte, oder die bei der Parusie Christi noch Lebenden seien an richterlicher Funktion îber die anderen beteiligt) der paulinische Kontext „nicht unmittelbar ergibt“ (vgl. Eschatologie, 39 – 42; Zitat: 41; vgl. auch Harnisch, Existenz, 19 – 21).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

meinschaft mit Christus gar keinen Anteil.889 Die Formulierungen oq lµ vh²sylem und ûla s»m aqto?r htten dann affirmativen Sinn und wren als Korrektur des apokalyptisch-jîdischen Verstehenshintergrunds zu lesen, nach dem es den zur Endzeit noch Lebenden besser ergehen werde als den frîher Lebenden (vgl. Dan 12,12; PsSal 17,44890 ; 4Esr 13,24).891 b) Malherbes Folgeargument ist, dass, unter der Voraussetzung, Paulus mîsse ein Problembewusstsein îber das Verhltnis von Parusie und Todesflle von Glubigen bereits entwickelt haben, er dieses in Thessalonich auch verkîndet haben muss. Ein derartiges Schweigen zu einem so wichtigen Thema innerhalb mehrerer Monate Anwesenheit sei nicht anzunehmen.892 Hierzu haben Riesner und etliche andere den Einwand vorgelegt, dass das vermutete Informationsdefizit des Paulus bei seiner Erstverkîndigung gar nicht dahingehend verstanden werden mîsse, dass eine Lehre von der Auferstehung der Christen damals îberhaupt nicht erfolgt sei. Ausreichend fîr die momentane Bestîrzung îber verstorbene Gemeindeglieder sei eine nur inadquate oder aufgrund der Parusieerwartung zurîckgedrngte Unterrichtung. „Es genîgt die Annahme, daß Paulus die Auferstehung der Christen nur unter anderem erwhnte, ohne sie zu einem ausgefîhrten Thema seiner Unterweisung zu machen. Wenn die Thessalonicher besonders die Schilderung von der Entrîckung der Lebenden bei der Parusie beeindruckt hatte, dann konnte von hier aus leicht das Mißverstndnis entstehen, die Toten erhielten îberhaupt keinen Anteil an ihr, weil Entrîckung vom Tod ausgeschlossen wird … Wenn sich die Thessalonicher wie andere paulinische Gemeinden in verschiedenen Husern trafen bzw. die Unterweisung des Paulus oft im persçnlichen Gesprch erfolgte, dann wre es auch mçg-

889 So auch die Schlussfolgerung bei Guntermann, Eschatologie, 41; Barclay, „That you may not grieve …“, 135 f. 890 So nach den hier konsultierten Ausgaben (LXX/Rahlfs, JSHRZ/ Holm-Nielsen). Marshall (Thess, 127) bezieht sich auf diesen Vers irrtîmlich als 17,50. 891 Vgl. auch Malherbe, Thess, 284; Marshall, Thess, 127; Richard, Thess, 227; den informativen Exkurs zum Auferstehungsglauben bei Dibelius, Thess, 27. Begrîndend fîhrt Holtz aus: „Er [der Gedanke des „erlçsten Rests“] ist in der jîdischen Apokalyptik offensichtlich auf diejenigen bezogen worden, die durch alle Drangsale und Katastrophen hindurch das Ende erreichen und des Heils teilhaftig werden. Die Erwartung, daß dieser Rest, und er allein, das Heil erlangen wird, ist in 4Esr mehrfach pointiert ausgesprochen [von Holtz in einer Anm. genannte Belege sind: 6,25; 7,27 f.; 9,8; 13,48 f. Strker im Bereich des atl. Restgedankens bliebe 12,31 – 34]. Sie verdichtet sich bis zu dem Satz, der wie eine Antithese zu 1Thess 4,15b wirkt: ,Wisse also, daß die ˜briggebliebenen weitaus seliger sind als die Gestorbenen‘ (13,24)“ (Holtz, Thess, 195). Immer noch informativ zur zeitgençssischen Vorstellung des „Heiligen Restes“ vgl. Jeremias, Gedanke, 121 – 129; konkret zu 4Esr Harnisch, Verhngnis, 231, Anm. 5. 892 So bereits Guntermann, Eschatologie, 43 f.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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lich, daß nur ein Teil der Gemeindeglieder etwas zu diesem Thema gehçrt hatte“.893 c) Malherbes strkstes Argument ist sein zeitliches: Eine vergleichbare Situation (nmlich das unerwartete Sterben von Glubigen bei Ausbleib der Parusie) mîsse innerhalb von 15 – 20 Jahren schon andernorts aufgetreten und kçnne nicht jetzt auf einmal, innerhalb so kurzer Zeit seit Paulus’ Abreise aus Thessalonich, zu einem Problem geworden sein. Dieses Argument ist auf den ersten Blick tatschlich îberzeugend. Doch wenn dies ein gîltiges Argument ist, ist es ein ebenso gîltiges Argument gegen die Vermutung einer (immer noch vorhandenen) paulinischen Erwartung der imminenten Parusie Christi îberhaupt. Wie unmittelbar kann Paulus die Parusie eigentlich erwarten, wenn sie seit 15 – 20 Jahren (20 Jahren nach Jesu Tod) eben doch noch nicht eingetreten ist, und wie kann er sie im Alter von knapp 50 Jahren bei der niedrigen Lebenserwartung seiner Zeit noch so sicher zu seinen Lebzeiten erwarten?894 Es ist in der Tat kurios, aber nicht kurioser als die erwhnte Annahme!, dass auch 1Thess 1,10; 2,19; 3,13; 4,17 noch klingen, als ob Paulus davon ausgeht, dass seine Leser (und, 893 Riesner, Frîhzeit, 341 f. Auch etliche andere Exegeten meinen nicht, die Thessalonicher seien îber eine Auferstehung der Toten vçllig uninformiert gewesen, und stellen trotzdem die Existenzialitt des thessalonischen Problems nicht in Frage: so Blischke, Begrîndung, 68, Anm. 197; Dobschîtz, Thess, 189; Holtz, Thess, 187; ders., Traditionen, 261; Konradt, Gericht, 132; Marshall, Thess, 120; Merk, 1.Thess 4, 215; Merklein, Prophet, 405 f. 894 Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Antike, oder genauer: im Rçmischen Reich des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu rekonstruieren, ist schwierig, da die zeitgençssischen Daten erwartungsgemß statistisch ungenau sind. Bei einer aufgrund von Grabinschriften ermittelten durchschnittlichen Lebenserwartung von 20 – 30 Jahren (!) ist die hohe Suglingssterblichkeit mit eingerechnet. Ulpianus’ (gest. 223) wesentlich detaillierteren Angaben, îberliefert innerhalb einer aus steuerpraktischen Grînden erhobenen Sammlung unter Kaiser Justinian (482 – 565), geben keine pauschale durchschnittliche Lebenserwartung an, sondern differenzieren, welche durchschnittliche Lebensdauer Personen unterschiedlichen Alters noch zu erwarten hatten. Nach diesen Angaben hatte ein 50jhriger Mann (Paulus) noch eine Lebenserwartung von ca. 9 Jahren. Diese Zahlen werden fîr historisch relativ zutreffend gehalten (vgl. hierzu ausfîhrlich Broer, Bevçlkerungszahlen, 337 – 345; fîr Ulpianus ebd., 342; auch Wiesehçfer, Lebenserwartung, 1213 f.; im Anschluss an ihn: Bendemann/Neumann, Krankheit, 65, Anm. 2). Wenn der 50jhrige Paulus statistisch gesehen also mit noch 9 Jahren Lebensdauer rechnen konnte, erreichten das 60. Lebensjahr allerdings nur statistische 6,98 % Prozent der Bevçlkerung; das 65.: 4.07 %; das 70.: 2,04 % (vgl. Parkin, Old Age, 49 f.281 [Table 4, C]; Sigismund, Alter, 59 f., schreibt summarisch von 5 – 6% „lterer Menschen“ in der Bevçlkerung [60]; er bezieht sich dabei auf Parkin, Age and the Aged in Roman Society, 1992, 24 – 38; dies ist die in Oxford eingereichte Dissertationsschrift, die îberarbeitet unter dem Titel Old Age in the Roman World verçffentlicht wurde).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

bezogen auf 4,17, auch er selbst) die Parusie noch erleben werden – obwohl gleichzeitig deutlich ist, dass er bereits vom Gegenteil in Kenntnis gesetzt ist. d) Analog dazu wre Malherbes Argument, dass, da die Erstinstruktion der Thessalonicher durchaus ausfîhrlich und stark eschatologisch dominiert gewesen sei, eine so wesentliche Lehre wie die eschatologische Situation von Verstorbenen bereits Teil dieser gewesen sein mîsse, ebenfalls ein Argument dafîr, dass es das Verhltnis von Parusie und Totenerweckung auch gewesen sein mîsse.895 895 Vgl. auch Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 117 – 119. Mit diesem Argument Malherbes stçßt man îberhaupt auf die Frage, ob und inwiefern dem erwhnten Glaubensdefizit in 3,10 auch ein Informationsdefizit in der Erstverkîndigung korrespondiere. Natîrlich ist grundstzlich denkbar, dass Paulus aufgrund seiner hastigen Abreise nicht mehr alles sagen konnte, was er sagen wollte. Daraus hat man immer wieder – und bis in jîngste Zeit – geschlossen, dass der Abschnitt 4,1 ff. dieses Defizit jetzt beheben wolle (so z. B. Best, Thess, 145 [„presumably, but not certainly“]; Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 128; Malherbe, Thess, 205.216; Marshall, Thess, 99 [etwas vorsichtig]; Schnelle, Der Erste Thessalonicherbrief, 208; auch wieder Blischke, Begrîndung, 53 f. Anders jedoch Richard, Thess, 171 f., der aufgrund seiner Teilungshypothese die Parnese 4,3 ff. gar nicht mehr in Verbindung zu 3,10 ff. setzt). Trotz dieser großen Exegetenautoritt halte ich diese Annahme fîr fraglich: (1) Nach 3,10 will Paulus das Ausfîllen des Glaubensmangels ausdrîcklich persçnlich îbernehmen (deºlemoi eQr t¹ Qde?m rl_m t¹ pqºsypom ; das ja¸ c.inf. ist eindeutig final zu lesen: der ja¸-Satz hat kein erneutes finites Verb). Dies ist ihm so wichtig (mujt¹r ja· Bl´qar rpeqejpeqissoO deºlemoi), dass er Gottes Wirken gerade dafîr erhofft, die persçnliche Prsenz zu ermçglichen (3,11). Ethische Anweisungen formuliert Paulus hier gerade nicht. Das Motiv des Briefes als Ersatz fîr persçnliche Prsenz sowie auch das des brieflich ausgedrîckten Wunsches nach persçnlicher Prsenz sind freilich epistolographische Topoi (vgl. Koskenniemi, Studien, 38 – 42; Thraede, Grundzîge, 146 – 150), doch scheint man mit der Interpretation von 3,10 nur als epistolographisches Traditionsmotiv die Gewichtigkeit der traditionellen Brieftopoi gerade in 1Thess îberzustrapazieren. Dazu ist Paulus in 1Thess insgesamt zu originell am Werk und geht zu unkonventionell mit den Formvorgaben um (vgl. 2.1.). Gegen eine rein formtraditionelle Interpretation spricht auch, dass mit dem Wunsch in 3,10 f. zu unmittelbar ein konkretes Anliegen verbunden ist: Wenn Paulus im Moment, just whrend der Abfassung des Briefes, den Wunsch nach einem persçnlichen Wiedersehen zur Behebung des Glaubensdefizits der Thessalonicher ußert und die Erfîllung dieses Wunsches von Gott erbittet, scheint mir die Annahme widersprîchlich, er vollzçge diese Behebung jetzt gleichzeitig schriftlich. ˜berhaupt scheint die Notwendigkeit der paulinischen Prsenz dafîr zu sprechen, dass er gar nicht an ein reines Informationsdefizit denkt. Denn ein solches htte ja tatschlich schriftlich leicht nachgeholt werden kçnnen, zudem unter der Annahme, Paulus habe schriftlich strker wirken kçnnen als mîndlich (vgl. 2Kor 10,10). Die schriftliche Vervollstndigung bzw. Korrektur einer frî-

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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heren Lehre auf kognitiver Ebene liegt uns ja in 4,13 – 18 vor. Wenn jedoch Paulus bei seinem Erstbesuch in Thessalonich vielleicht auch nicht mehr alles sagen konnte, was er wollte, mag er ebenso nicht mehr alles getan haben kçnnen, was er wollte. Ob Paulus also in 3,10 nicht eher an eine Weiterfîhrung seiner Vorbildrolle im praktischen Glauben denkt als an seine Predigt? Und ob er nicht auch deswegen in den frîheren Kapiteln die gemeinsam erlebte Zeit und insbesondere seine eigene Rolle (2,1 – 12) den Thessalonichern noch einmal so lebhaft vor Augen malt? Auch aus Malherbes ˜berlegungen zum zentralen Wort jataqt¸fy (3,10) gehen pdagogische Absichten des Paulus gegenîber den Thessalonichern zwar durchaus hervor, nicht aber, dass er diese statt durch die gewînschte persçnliche Prsenz nun schriftlich verfolgt (wohl irrtîmlich ist in Malherbes dahingehender Argumentation allerdings die Nennung von 2Tim 3,16 – 17 [vgl. Thess, 205], da hier zwar vom pdagogischen Wert der Schrift die Rede ist, nicht aber mittels des Verbums jataqt¸fy). (2) Auch die Struktur des Textes spricht gegen eine zu enge Ankoppelung von 4,1 ff. an 3,10: zunchst einmal steht die große Zsur zwischen 3,13 und 4,1 ganz massiv dazwischen (nochmals: die unmittelbare Folge auf 3,10 ist 3,11 [Paulus wînscht seine persçnliche Prsenz] und nicht 4,1 ff. [Paulus’ persçnliche Prsenz ist nicht nçtig]). Und nicht erst mit 4,1 ff. ist das Thema der Glaubensdefizitbehebung abgeschlossen, sondern bereits mit 3,12 f.: Paulus’ Bitte um direktes Wirken Gottes bei den Thessalonichern (3,12 f.) steht im Anschluss an seine Bitte an Gott um eigene persçnliche Prsenz, nicht an den Wunsch des Ausfîllens des Glaubensmangels; und selbst von ersterer ist 3,12 getrennt (Zsur durch betontes rl÷r d´ am Satzanfang). Der Segenswunsch 3,12 f. ist ebenso wie 5,23 als Formelement am Abschnittsende zu verstehen, nicht als Aufgreifen inhaltlicher Details aus frîheren Versen. Die Annahme, dass Paulus nach alledem in 4,1 ff. noch einmal an 3,10 anknîpft, ohne dies entsprechend der Zsurschrfe 3,13/4,1 (die ja nachtrglich îberbrîckt werden muss) zu verdeutlichen, ist fernliegend. Man wîrde mindestens statt des einleitenden koip¹m owm – das zwar konsekutiven Sinn haben kann, doch schwach und insgesamt sehr sinnoffen ist (vgl. BDR, § 451.1; vgl. 2.2.2.; 3.1.1.) – eine klarere konsekutive Konjunktion wie %qa, diº o. . erwarten. Strukturell schlîssiger ist da doch die Annahme, 3,10 f. inhaltlich mit der gesamten Briefhlfte 1,2 ff. mit all ihren Bezîgen auf Glaubenspraxis (vorbildlicher Glaube, gute Aufnahme des Apostels, MimesisMotiv, Verfolgung und Bewhrung) und keiner ausfîhrlichen Exposition von Glaubensinhalten zu kombinieren als mit der Parnese 4,1 ff. Nur ganz untergeordnet erscheint da noch die Beobachtung, dass der Verweis auf das jetzige Beten mujt¹r ja· Bl´qar (3,10) als wçrtliche relecture zu Paulus’ damaliger tatkrftiger Arbeit mujt¹r ja· Bl´qar (2,9) lesbar ist: Paulus lenkt die Assoziation der Gemeinde, indem er ihr von seinem bestndigen Gebet berichtet, auf seine Arbeit, nicht auf seine Lehre. (Dass die Mahnungen 4,3 ff. eher nicht in zu enger Verbindung zu 3,10 zu sehen sind, ist ja auch eine der Beobachtungen, die zur nicht mehr ganz îberzeugenden Schlussfolgerung Anlass gegeben hat, 4,3 ff. sogar einem anderen Brief zuzuordnen, so bei Schmithals 1964/65 und Richard; vgl. 2.3.1.)

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

˜berdies scheint mir die dogmatische Relevanz des in 3,10 angesprochenen Glaubensdefizits nicht allzu gewichtig zu sein: Denn zum einen ist Paulus von der Gîltigkeit der Bekehrung der Thessalonicher, ihrer Erwhlung und der Richtigkeit ihrer eschatologischen Erwartung nach wie vor îberzeugt, er teilt mit ihnen die ˜berzeugung, nicht umsonst bei ihnen gewesen zu sein (2,1), und nach einer Zeit gewisser Unsicherheit darîber, ob seine Arbeit vielleicht doch vergeblich gewesen sei (3,5), ist er jetzt durch Timotheus’ positive Nachricht wieder vom Gegenteil versichert: seine Adressaten stehen fest im Herrn (3,8). Der Unvollstndigkeit des Glaubens enspricht keine Unvollstndigkeit der Heilshoffnung! Wo allerdings Paulus Schwierigkeiten im Glaubensleben der Thessalonicher zu befîrchten hatte, geschah dies nicht aufgrund einer lîckenhaften Erstverkîndigung, sondern aufgrund der Bedrngnisse (3,4). Nicht befîrchtete Fehl- oder mangelnde Information fîhrten zu Paulus’ Bedenken, sondern die Sorge um das Standhalten im Leben. – Zum zweiten steht das Motiv der Glaubensdefizitbehebung unmittelbar im Anschluss an den ausdrîcklich wiederaufgenommenen Dank (3,9), und dies nicht einmal in einem neuen Hauptsatz, sondern in einem mehrfach untergeordneten Nebensatz unter dem Hauptanliegen des Dankes (Infinitiv jataqt¸sai abhngig von Partizip deºlemoi, abhngig vom Fragesatz t¸ma c±q eqwaqist¸am dum²leha t` he` !mtapodoOmai). Selbst syntaktisch hat die Rede vom Glaubensdefizit also kein starkes Gewicht. – Zum dritten ist Paulus mittlerweile darîber informiert, dass die Gemeinde tatschlich Lehrprobleme hat, allerdings von ganz anderer Seite, nmlich wegen deren Befîrchtung des Bruchs der eschatologischen Glaubensgemeinschaft aufgrund der Sterbeflle. Und trotz dieses ja durchaus relevanten Problems lsst sich Paulus nicht davon abhalten, so positiv îber die Festigkeit des Glaubens der Gemeinde zu schreiben. Die 3,10 zugrundeliegende Unvollstndigkeit im paulinischen Missionsprogramm kann daher kaum nach Korrektur, sondern nur nach Festigung auf selber Linie verlangt haben (vgl. auch Blischke, Begrîndung, 53). Auch dies deutet wohl darauf hin, dass das Defizit, das nach 3,10 gestillt werden muss, in erster Linie gar nicht in der Lehre zu suchen ist, sondern in der Praxis. In diese Richtung haben auch schon Dobschîtz, Best und Haufe Anstçße gegeben (vgl. auch Risnen, Paul and the Law, 117, Anm. 111). Dobschîtz meint, in 3,10 ginge es îber dogmatische und praktische Anliegen („Klarheit îber den Gedankengehalt, Sicherheit îber die praktischen Konsequenzen des Glaubens“ (Thess, 147); ebenso spricht Best – etwas vage – von „stimulus und direction“ (Thess, 15). In Bezug auf 4,1 ff. ist Dobschîtz allerdings etwas unklar: zunchst ist er der Auffassung, Paulus wolle mit den ethischen Weisungen ab 4,1 Mngel im Christenstand der Thessalonicher verbessern, von denen er durch Timotheus’ Berichterstattung erfahren hat, ohne auf den erhofften Besuch warten zu wollen (vgl. Thess, 154). Nur einen Satz spter hingegen ist davon die Rede, dass dies „Anstze zu jenem jataqt¸sai [seien; gemeint ist 3,10], das er [sc. Paulus] sich fîr seine persçnliche Anwesenheit wînscht, und das er dann gewiß noch viel eingehender besorgt haben wîrde, whrend er sich brieflich auf das notwendige beschrnkt“ (154), als ob es sich bei 4,1 ff. nur um eine Kurzfassung des bei persçnlicher Prsenz Erwînschten handelt. Haufe unterscheidet zwi-

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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Man kann festhalten: Malherbes strkstes Argument, das zeitliche, ist nicht von der Hand zu weisen, doch ist es nur ein Wahrscheinlichkeitsargument, dessen ˜berzeugungskraft durch analoge ˜berlegungen, die Malherbe nicht anficht, geschmlert wird. Man kann damit trotz aller Befremdlichkeit an der Mehrheitsmeinung festhalten, dass das eschatologische Problem der Thessalonicher durch unerwartete Todesflle von Gemeindegliedern verursacht wurde. Sicherlich korrekt ist daher, dass die eschatologische Information des Briefes nicht nur zur bloß kognitiven Lehre der Glubigen erfolgt, sondern ein existenzielles Anliegen der Gemeinde reflektiert. Wenn es zutrifft, dass Paulus in 1Thess 4,13 – 18 tatschlich erstmalig die Vorstellungen der Parusie und die der Auferstehung der Toten – jeweils voneinander getrennt Material jîdischer Apokalyptik – verbindet896, bleibt es ein Kuriosum, warum dies nicht schon frîher geschehen ist, das aber nicht grçßer ist als das Kuriosum des immer noch vorhandenen Glaubens an die imminente Parusie Christi îberhaupt.

Der eschatologische Tenor des Briefes geht deutlich noch îber den Großabschnitt 4,13 – 5,11, in dem das Thema explizit im Vordergrund liegt, hinaus. Ebenfalls explizit erscheinen eschatologische Verweise an allen formal herausragenden Punkten des Briefes: Der Eingangsdank bricht sofort den Horizont auf die Parusie Christi hin auf (1,3), jeder Dankesabschnitt der ersten Briefhlfte schließt mit einem eschatologischen Ausblick (1,10; 2,12; 3,13), und auch außerhalb des großen ausschließlich eschatologischen Abschnittes stellt am Ende der Schlussparnese der gesamte Brief die Heiligung und Bewahrung der Glubigen noch schen objektivem und subjektivem Mangel an Glaubensunterweisung; ersterer sei bei den Thessalonichern nicht zu erwarten, zweiterer, wie z. B. auch in 4,11 f.13 ff.; 5,14 angesprochen werde, hingegen schon (vgl. Thess, 61 f.). Stark theoretisch-dogmatisch hingegen denkt noch Wilckens: „Was dem Glauben fehlt, sind Verkîndigung, Lehre und Paraklese“ (Art. vsteqor jtk., 598; kritisch dazu Holtz, Thess, 137, Anm. 689). Man wird schlussfolgern kçnnen, dass Paulus bei Abfassung des 1Thess erkannt hatte, dass es in seinem missionarischen Programm sowohl in praktischem Vorbild als auch in theoretischer Information Dinge aufzuholen gab. ˜ber die Notwendigkeit von letzterem ist er eben erst von Timotheus informiert worden, wesentliches Resultat davon liegt uns in der Parnese 4,1 – 12 (praktische Fragen werden beantwortet) und in der îberarbeiteten Eschatologie 4,13 – 18 vor (die Lehre von der Auferstehung der Toten wird in die Parusielehre mit eingeflochten). Das praktische Vorbild hingegen kann nur durch persçnliche Prsenz geleistet werden. Die wînscht sich Paulus; so lange sie jedoch noch aussteht, erinnert er einstweilen so lebendig wie mçglich an seinen frîheren Aufenthalt in der Stadt. 896 Vgl. u. a. Schnelle, Paulus, 189; Malherbe, Thess, 284. Zu unterschiedlichen Auferstehungsvorstellungen im Judentum des 1. Jahrhunderts vgl. Holleman, Resurrection, 85 – 87; 123 – 130 (Lit.!).

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

einmal unter eschatologische Perspektive (5,23 f.). Dass damit auch am Ende eines jeden kanonischen Kapitels ausdrîcklich auf sie rekurriert wird (1,10; 2,19; 3,13; 4,13 – 18; 5,23 f.), stellt dann nur noch eine sekundre Aufflligkeit dar.897 Schon aufgrund dieser Beobachtungen kçnnte man sicher sagen, dass, analog zur einheitsstiftenden Funktion des Dankmotives in Kapitel 1 – 3, von dem man sagen konnte, dass es die zwischen dem expliziten Danken liegenden Abschnitte in eine implizite dankbare Haltung umfasst (vgl. 2.3.2.2.), auch die zwischen den sich wiederholenden ausdrîcklich eschatologischen Ausblicken liegenden Abschnitte nie als sehr weit vor diesem Hintergrund entfernt zu betrachten sind. Topisch ist jeder zentralere Aspekt des Briefes entweder wesentlich eschatologisch zu deuten, oder er gewinnt durch diese Dimension eine deutlich erweiterte Tiefenschrfe. Bereits die Reminiszenz an die Ursprungspredigt spannt den neuen Glauben der jungen Christen zwischen der Bekehrung von den Gçtzen zu Gott und der Erwartung des Sohnes Gottes aus den Himmeln (1,9 f.), d. h. schon von den ersten Momenten ihres neuen christlichen Glaubens orientiert sich ihr Leben an der Erwartung auf die Parusie, ihr gegenwrtiges Dasein ist durch das Ausharren in Hoffnung auf Christus bestimmt (1,3). Analog dazu ist auch noch einmal insgesamt an die soteriologische und eschatologische Bestimmung der Christologie zu erinnern, die Anlass zu dieser Hoffnung gibt (vgl. 2.3.2.1.). Die gesamte Glaubensgemeinschaft ist somit eine fundamental eschatologische und in ihrer gesamten Existenz von der Wiederkunft Christi geprgte898 : Paulus betet fîr Heiligkeit und Standhaftigkeit 897 Vgl. auch Schnelle, Der Erste Thessalonicherbrief, 213. Strukturell argumentiert Lambrecht: Er sieht den gesamten Abschnitt 4,1 – 5,24 als einen stndigen Wechsel von Parnese und eschatologischen Abschnitten und folgert daraus die umfassende Nhe von beiden: 4,1 f. nennt er „introductory paraenesis“; sodann identifiziert er drei parnetische Abschnitte 4,3 – 12; 5,1 – 8; 5,12 – 22; sowie dazwischenliegend und abschließend drei eschatologische Abschnitte 4,13 – 18; 5,9 – 11; 5,23 f. (als „eschatological wish-prayer“). Obwohl ich seiner Schlussfolgerung zustimme („all paraenesis in 1 Thessalonians serve an eschatological purpose“), scheint mir die strukturelle Aufteilung kînstlich (v. a. die Trennung von 5,1 – 8 von 5,9 – 11), zudem sie nur ein nahes Beieinander von Parnese und Eschatologie begrînden, nicht aber, inwiefern die Parnesen selbst eschatologische Funktion haben (vgl. Lambrecht, Analysis, 172 f.; Zitate ebd.). 898 Vgl. bereits Bultmann, Theologie, 39 – 44; zudem: Collins, Church, 291.298 (bei Collins auch starke Betonung der pneumatischen Kapazitt der Gemeinde; vgl. bes. ebd. 291 f.); Koester, Experiment, 36; Malherbe, Paul and the Thessalonians, 79 – 81; Sçding, Der erste Thessalonicherbrief, 187 f.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

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bis zur Parusie (3,12 f.); 2,19 beschreibt nicht als Gebet formuliert, aber ebenso deutlich das vollkommene Bild der vollendeten Gemeinschaft im Eschaton.899 Der Kummer der Thessalonicher wegen der verstorbenen Mitglieder wird mit Ausblick auf die Parusie gestillt und Hoffnung geweckt auf Wiederherstellung der vollstndigen Gemeinschaft (erst!) im Eschaton; fîr diese Gemeinschaft stellt selbst der Tod keine wirkliche Gefahr mehr dar (4,14 – 17).900 Auch die Erfahrung der hk?xir an sich ist in Anlehnung an die sptere prophetische Literatur als eschatologisches Moment des „Tages des Herrn“ deutbar.901 Der ekklesiologische Ruf, das jak_m Gottes, ist ein Ruf zu seinem Kçnigreich und seiner Herrlichkeit (2,12; 5,24).902 Dieser Ruf und die Bekehrung der Thessalonicher zum lebendigen und wahren Gott hat bereits jetzt ihre Stellung im apokalyptischen Schema verndert: Sie sind schon jetzt Kinder des Lichtes (Indikativ) und nicht der Finsternis (5,5). In dem Kontext der Ausrichtung der Heilsgemeinschaft am Eschaton werden auch die ethischen Mahnungen grundstzlich eschatologisch motiviert.903 V.a. 2,12; 3,13; 5,9 – 11; 5,23 begrînden die Ethik deutlich von der Parusie und Gottes kînftiger Herrlichkeit her. Das mehrdeutige koip¹m owm, das die Einzelparnesen ab 4,1 programmatisch einleitet, ist in direktem Bezug auf den aufs Eschaton gerichteten Wunsch 3,12 f. unmittelbar davor interpretierbar.904 899 900 901 902 903

Vgl. auch Burke, Family Matters, 159. Vgl. Malherbe, God’s New Family, 123. Vgl. Collins, Church, 292 f. Vgl. Collins, Church, 290. Vgl. die Frage nach der Funktion der Parnese im Gesamtbrief und damit deren innere Weiterfîhrung hin zum Aufbau der Gemeinschaft der Glubigen (2.3.2.3.).Vgl. ebenso Schnelle, Ethik, 302; ders., Paulus, 193 – 196. Im Gegensatz dazu meint etwa Kleinschmidt, Paulus messe der Ethik besonders große Bedeutung zu, da er die ethischen Anweisungen 4,1 ff. vor dem großen eschatologischen Abschnitt 4,13 ff. plaziert (vgl. Ehefragen, 226). Diese Interpretation berîcksichtigt jedoch nicht, dass eschatologische Gedankenfîhrungen im Brief keineswegs erst mit 4,13 einsetzen. Auch Einzelaussagen Malherbes klingen wie eine Unterordnung der Eschatologie des 1Thess unter die Ethik, als ob Paulus eschatologische Themen nur anstimmt, um dadurch seine Mahnungen besser lancieren zu kçnnen: „In 1Thess 5:3, Paul used the Epicurean notion of !sv²keia to describe the false security preached by the false prophets. He corrected it by using the apocalyptic tradition of the Day of the Lord. In vv. 5b-6 he affirms the eschatological identity of the Thessalonians, in consequence of which (%qa owm) he exhorts them, ,let us not sleep as the rest (oR koipo¸) do, but let us be awake and sober‘“ (Anti-Epicurean Rhetoric, 142). 904 Vgl. 3.1.1. Vgl. ebenso auch Schnelle, Ethik, 302; ders., Paulus, 193 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Dies liegt auf der Linie Schnelles, der sich ebenfalls fîr die dominierende eschatologische Ausrichtung in 1Thess nicht nur in Kapitel 4 und 5, sondern auch in den ersten Kapiteln ausspricht, und dies auch auf die Ethik bezieht: „Die Ethik des 1 Thess ist ebenfalls ganz auf die Parusie des Herrn ausgerichtet. Wiederholt fordert Paulus die Gemeinde auf, bei der Ankunft des Herrn in Heiligkeit angetroffen zu werden (vgl. 1 Thess 3,13; 4,3.7; 5,23). Mit der Parusie sind das Erscheinen vor dem Thron Gottes (1 Thess 1,3; 2,19; 3,13) und das Gericht nach den Werken (1 Thess 4,6; 5,9) verbunden. Paulus weist zur Begrîndung und Motivierung der ethischen Forderungen nicht primr auf das vergangenheitliche Christusgeschehen, sondern auf das in Kîrze hereinbrechende Endgeschehen (1 Thess 5,11). Als von Gott Erwhlte und Berufene (vgl. 1 Thess 1,5; 2,12; 4,7; 5,9.24) hoffen die Thessalonicher auf das zukînftige rettende Handeln Gottes“.905 Schulz hingegen, der sich ausfîhrlich mit der Ethik (auch) in 1Thess beschftigt, beschrnkt sich nicht auf eine rein eschatologische Motivation. Stattdessen listet er eine Vielzahl von Motivationen auf.906 Davon sind die ersten vier direkt theo-logisch begrîndet, nmlich durch den Willen Gottes (4,3; 5,18), die Berufung der Glubigen durch Gott (1,9; 4,7), Gottes Gabe des Heiligen Geistes (4,8) sowie durch die „Gottgelehrtheit“ der Thessalonicher (4,9). Als fînfte Motivation fîhrt Schulz dann (vergleichsweise unauffllig) die Erwartung des apokalyptischen Endgerichtes an (er nennt dafîr als Belege nur 4,6; 5,4 f.8.11, sowie die Verweise auf das Erscheinung vor dem apokalyptischen Richterstuhl Gottes 1,3; 2,19; 3,13). Die letzten drei Ethikbegrîndungen fallen dann insgesamt eher kurz aus: die christologische (v. a. 1,6 f.), die sakramentale (Taufe nur indirekt 5,4 – 8) und die missionarische (ruhige Arbeitsethik 4,11 f. zur Gewinnung weiterer Glubiger). Bei aller Berechtigung zur Vermeidung eines mechanischen Monokausalismus meine ich nicht, dass diese Liste einen tatschlichen Gegenentwurf zu Schnelles Sicht darstellt. Wie im nchsten Unterkapitel noch weiter ausgefîhrt werden wird (vgl. 2.4.), ist das frîhchristliche Eschaton gedanklich immer auch mit der Rede von Gott und Christus verknîpft.907 Ob 905 Schnelle, Einleitung, 69 f. Zu Schnelles Verwechslung von Heiligung und Heiligkeit vgl. Anm. 61. 906 Vgl. Schulz, Ethik, 301 – 333. 907 Vçllig zutreffend schreibt Schnelle: „Tod und Auferstehung Jesu Christi bilden das Fundament aller eschatologischen Aussagen, d. h. die Christologie begrîndet und prgt die Eschatologie“ (Paulus, 667 f.; originale Kursivsetzung). Die Kehrseite, d. h. die Bezogenheit der Christologie auf die Eschatologie, stellt Horn heraus – ebenso vçllig zutreffend: „Im 1. Thess ist … an keiner Stelle von einer gegenwrtigen Wirksamkeit des Erhçhten die Rede … Die dominierende christologische Aussage des 1. Thess ist der Ausblick auf den Parusie-Christus“ (Angeld, 147). Vgl. im selben Sinne auch Sçding, Hoffnung, 59 – 61.68 – 70. Ganz allgemein wird es auch religionsphilosophisch zu begrînden sein, dass der Gottesbegriff einer theistischen Religion unbegrenzt von Beschrnkungen menschlicher Personalitt zu denken ist und daher unmittelbar den Blick auf das Eschaton çffnet (vgl. Brîmmer, Eigenschaften, 1135).

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

197

Ethik theo-logisch, christologisch oder eschatologisch begrîndet wird, stellt fîr Paulus in 1Thess keine wirkliche Alternativen dar, obschon Schulz den eschatologischen Aspekt exegetisch gewiss ausfîhrlicher htte stîtzen kçnnen. Die verbleibenden beiden Motive (das sakramentale und noch mehr das missionarische) fallen schließlich auch bei Schulz eher flach und exegetisch spekulativ aus.

Ein deutlich vertiefter Sinn des Nachahmungsgedankens sowie des Motivs der Drangsale erschließt sich durch deren Einbeziehung in den eschatologischen Erwartungshorizont. Das Wesen der Gemeinde als eschatologischer Gemeinschaft berîcksichtigend ist die Nachahmervorstellung îberzeugender nicht primr ethisch, sondern als Beschreibung des Heilsstandes deutbar, in dem Paulus selbst sowie die Gemeinde der Thessalonicher stehen908 ; in beiden Stellen, in denen die Thessalonicher als lilgta¸ bezeichnet werden (1,6; 2,14), gilt diese Vorstellung im Kontext eines eschatologisch-apokalyptischen Verstndnisses der Drangsale um des Glaubens willen, die zu ertragen die Nachahmervorstellung helfen soll, und zwar nicht nur wegen des Leidens des Apostels, sondern ausdrîcklich auch wegen des Leidens Christi (2,14).909 Hierdurch werden auch die Drangsale selbst, denen die Thessalonicher ausgesetzt sind, eschatologisch bestimmt. 3,3 f. weisen darauf hin, dass Paulus noch whrend seiner Anwesenheit in Thessalonich bereits im vorab zu erwartende Bedrngnisse im Glauben angekîndigt hat (oUdate fti eQr toOto je¸leha, 3,3!). Daher kann Paulus, auch ohne dass ihm konkrete Informationen îber die aktuelle Situation der Glubigen aus der mittlerweile verlassenen Stadt vorliegen, damit rechnen, dass der „Versucher“ den gewonnenen Heilsstand der jungen Gemeinde gefhrden wîrde – Paulus war von dieser Bedrngnis insofern selbst betroffen, als es der Satan war, der ihn mehrfach an einer Vergewisserungsreise nach Thessalonich gehindert hat. Es geht bei diesen Bedrngnissen nach Einschtzung des Paulus also tatschlich um eschatologische, heilsrelevante Vorgnge, und nicht nur um soziale Schwierigkeiten, die sich aufgrund der neuen Lebenseinstellungen der Glubigen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld ergeben, auch wenn sie sich auf diesseitig-historischer Ebene so manifestiert haben mçgen (wie Malherbes Studien plausibel gemacht 908 Vgl. Laub, Paulus als Gemeindegrînder, 28 – 31; Merk, Nachahmung, 323 – 326; Schade, Christologie, 117 – 126 (Schade spricht sich ausdrîcklich nicht grundstzlich, sondern nur im konkreten Falle von 1Thess fîr eine eschatologische Interpretation des Nachahmer-Motivs bei Paulus aus); Schnelle, Einleitung, 69; ders., Ethik, 297. 909 Vgl. Wolter, Apostel.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

haben).910 Vor diesem Hintergrund erscheint es auch zu kurz gegriffen, die Selbstdarstellung des Paulus (2,1 – 12) nur als ethisches Modell oder idealphilosophische Selbstbeschreibung zu betrachten (wiederum: auch wenn Topoi dieser hellenistischen Vorstellung hier reichlich Pate gestanden haben mçgen). Stattdessen geht es um eine exemplarische Ausformung des Glaubenslebens, wie es auch schon im irdischen, gerade mit Ausblick auf das Eschaton angefochtenen Leben zur Geltung kommt. „Gottes Wirken [ist] in Leiden und Drangsal heilschaffend gewesen. Das Geratensein in Drangsal ist dabei nicht nur als mçgliche oder erfahrungsgemß eintretende Folge des Christseins gefaßt, sondern als dessen gegebener Rahmen … Daß dies zugleich geschichtlich gedacht ist, zeigt die auch geschichtliche Unumkehrbarkeit des Verhltnisses von Christus und Glubigen als Typos und Nachahmer. Das Verstndnis der Glubigen als Nachahmer interpretiert deren geschichtliches (siehe 3,4: l´kkolem) Gesetztsein (siehe 3,3: eQr toOto je¸leha) zur Drangsal als heilvoll. Das Heil bleibt natîrlich nur dann gewahrt, wenn die Verbindung zum heilschaffenden Gott nicht abreißt und der Versucher nicht zum Zuge kommt, wenn also die Drangsale durchgestanden werden. Daß sie aber durchgestanden werden, ist Ausweis fîr die dies ermçglichende Gnade Gottes. Die Konstitution der eschatologischen Heilsgemeinde in der Drangsal … wird von Paulus durch die Nachahmervorstellung in ihrer Bezogenheit auf Christus … interpretiert“.911

Klaucks Vorschlag: Parusie des Paulus – Parusie Christi Eine Konkretisierung des gesamteschatologischen Aspektes zur Verbindung der beiden Hauptteile des Briefcorpus von 1Thess hat Klauck vorgeschlagen: „Im ersten Hauptteil des Briefes geht es um die Parusie des Apostels, die durch Besuch, Brief und Boten gestaltet werden kann, im zweiten Hauptteil kommt die Fragestellung voll und ganz zur Geltung, die zuvor schon angedeutet wurde und die jetzt mit den Begleitumstnden der Parusie Jesu Christi zu tun hat. Es sieht so aus, als wolle Paulus vorsichtig einen Zusammenhang herstellen: Der Besuch des Herrn in seiner Gemeinde steht noch aus, aber es gibt Vorboten dafîr, z. B. den Apostel, z. B. seinen Boten, z. B. seinen Brief. Von der einen apostolischen Parusie, die im Brief zwar nicht so genannt wird, wohl aber in der antiken Brieftheorie, sollen die Adressaten auf die andere Parusie schließen und darin in ihrem hoffenden Ausblick auf das Kommen des Herrn bestrkt werden“.912 910 Vgl. zurecht Schade, Christologie, 130 f.; auch Schnelle, Einleitung, 69 f.; Sçding, Der erste Thessalonicherbrief, 188. 911 Schade, Christologie, 126 (originale Unterstreichung). 912 Klauck, Briefliteratur, 281.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

199

Klauck konzediert selbst, dass diese ˜berlegung „mehr verdeckt im Hintergrund aufscheint“.913 Hierfîr subsumiert er die in 1,2 – 3,13 zur Sprache kommenden Themen unter dem personalen Aspekt der Verbindung des Paulus mit den Thessalonichern und parallelisiert dies mit dem Abschnitt 4,1 ff., der ganz unter dem Aspekt der Parusie Christi zu betrachten sei. Sein Vorschlag wird somit zu einer Spezifizierung des eschatologischen Grundgedankens als den gesamten Brief verbindendes Grundthema. Die Einfîhrung des Begriffes der „apostolische Parusie“ als Spezifizierung und Steigerung des Topos „Prsenz der Briefschreibers durch seinen Brief“ aus dem traditionellen Freundschaftsbrief 914 geht auf Funks Aufsatz The ,Apostolic Parousia‘: Form and Significance von 1967 zurîck und hat etliche Nachfolger gefunden.915 Funk hat ausgefîhrt, dass Paulus gegenîber Gemeinden seine apostolische Gegenwart auf dreifache Weise prsentiert, nmlich durch einen Brief, einen Boten und seine persçnliche Prsenz mit damit aufsteigendem autoritativem Anspruch. Wesentliches briefliches Element, um die geographische Distanz zu îberwinden, und Paulus’ apostolische Autoritt aufrecht zu erhalten, sei die „apostolische Parusie“. Typischerweise erscheine sie gegen Ende des Briefes916, hufig im Rahmen von Reiseplnen oder Schlussparnesen, îbliche inhaltliche Bestandteile seien die Nennung von Paulus’ Absicht oder Haltung zu schreiben, die Erinnerung an seine apostolische Autoritt und Verbundenheit mit den Empfngern, Ankîndigung der eigentlichen „Parusie“, also der Reise zu den Empfngern, Anrufung Gottes zu deren Unterstîtzung sowie Zweck und Vorzîge von Paulus’ Gegenwart bei den Empfngern.917 Funk entdeckt in allen authentischen paulinischen Briefen je einen Abschnitt, der eine solche „apostolische

913 Klauck, Briefliteratur, 281. Ohne ausdrîcklich auf Klauck zu verweisen, hat auch Ebel gesehen: „Zwei Perspektiven bestimmen den 1. Thessalonicherbrief: der Blick zurîck auf das Wirken des Paulus und seiner Mitarbeiter bei der Gemeindegrîndung und der Blick nach vorn auf die unmittelbar bevorstehende Parusie“ (1. Thessalonicherbrief, 135). Bei ihr bleibt dieser Gedanke jedoch blasser. Sie spricht nicht analog zur Parusie Christi auch von der apostolischen Parusie, noch fîhrt sie aus, dass die Scheide zwischen den beiden „Perspektiven“ gerade zwischen 3,13 und 4,1 zu fllen sei. 914 Vgl. Thraede, Grundzîge, 95 – 106.146 – 161. 915 Vgl. Lit. bei Gerber, Paulus, 67, Anm. 92. Gerber selbst ußert sich zur Annahme eines solchen Topos paulinischer Briefe kritisch (vgl. ebd., 67 – 69). 916 Schnelle pointiert sogar: „Die apostolische Parusie kann als ein Bestandteil der Schlußparnese betrachtet werden, weil das Parusiemotiv entweder voll in die Schlußparnese integriert ist (1Kor 16,5 – 12; Rçm 15,14 – 29) oder zumeist in umittelbarer Nhe dazu erscheint“ (Einleitung, 59). 917 Vgl. Funk, Parousia, 252 f.

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2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Parusie“ beinhaltet: Rçm 15,14 – 33; 1Kor 4,14 – 21; 2Kor 12,14 – 13,13; Gal 4,12 – 20; Phil 2,19 – 24; 1Thess 2,17 – 3,13; Phlm 21 f.918

Klaucks Vorschlag der Parallelisierung von Christi Parusie und der „apostolischen Parusie“ des Paulus stçßt jedoch auf Schwierigkeiten. Die fundamentalste ist wohl, dass das Bewusstsein und die Hoffnung auf die kommende Parusie Christi selbst eine auffllige Konstante des Gesamtbriefes darstellt. Sie durchzieht auch schon die erste Briefhlfte und ist daher kaum geeignet, erst in der zweiten Hlfte ein anderes Thema aus der ersten aufzugreifen und dort zur Vollendung zu fîhren. Zudem liegen auch Probleme in Begriff, Bestimmung und Funktion der „apostolischen Parusie“ in 1Thess selbst. Die in 1Thess sogenannte „apostolische Parusie“ erfîllt auf typische Weise Funks Kriterien inhaltlich teilweise, formal kaum. Die inhaltlich passenden Elemente sind: Sehnsucht nach den Adressaten (2,17b); Wunsch, sie zu sehen (2,18); Hindernis fîr Paulus’ Kommen (2,18b); Botensendung (3,2 – 5); Gebet fîr sein Kommen (3,10a); Vorteile der apostolischen Parusie fîr Paulus (3,6 – 9); Vorteile fîr die Empfnger (3,10b).919 Diese Elemente liegen in dem von Funk bestimmten Rahmen 2,17 – 3,13. Gesamtzweck der apostolischen Parusie jedoch, nmlich psychologische ˜berwindung der rumlichen Distanz, aber auch Verleihung von Autoritt (vgl. deutlich 1Kor 13,10)920, wre aber auf den gesamten Abschnitte von 1,2 – 3,13, und auf alle Flle auf 2,1 – 12 îbertragbar921, also nicht erst ab 2,17. Wenn also Klauck îber Funk hinausgehend die gesamte erste Briefhlfte als eine „apostolische Parusie“ reklamiert, îbertrgt dies zwar die von Funk als typisch fîr sie beschriebenen Kriterien konsequenter auf 1Thess als Funk selbst. Diejenigen Kriterien allerdings, die schon bei Funk die apostolische Parusie als Formbegriff fîr 1Thess 2,17 – 3,13 untypisch und unscharf gemacht haben, nmlich ihr Vorkommen in der ersten Briefhlfte îberhaupt, Trennung von Schlussparnesen und Reiseplnen, sowie ihr verglichen mit anderen Paulusbriefen ganz ungewçhnlicher 918 Vgl. die schematische ˜bersicht in Funk, Parousia, 258. Diese Bezeichnung fîr diesen Abschnitt ist in keinem der gngigen Kommentare îbernommen worden; vgl. allerdings Marshall, Theology, 179. 919 Vgl. Schnider/Stenger, Studien 94 f. 920 Vgl. Schnider/Stenger, Studien, 95 – 107. Ganz im apologetischen Duktus interpretiert Weima die apostolische Parusie (fîr ihn 2,17 – 3,10; vgl. Apology, 81 – 83). 921 Und zwar sowohl bei Malherbes Interpretation als auch der im Sinne einer paulinischen Apologie.

2.3. Theologische Grundstrukturen von 1Thess

201

Umfang (!)922, pressen bei Klaucks Ausdehnung den ohnehin jungen Kunstbegriff der „apostolischen Parusie“ doch sehr.923 Die Fragestellung „Apostolische Parusie in 1Thess – ja oder nein?“ ist vergleichbar mit der der Findung und Abgrenzung anderer Formelementen wie Proçmium, Schlussparnese und dergleichen, allerdings verstrkt durch die umstrittene Akzeptanz des Begriffes als epistolographisches Formelement îberhaupt. Die Schwierigkeiten diesbezîglich wiederholen sich: Einzelne Elemente sind vorhanden, doch nicht in typischer Weise. Im Hinblick auf die „apostolische Parusie“ kann dies ein Blick auf zwei Autoren verdeutlichen: Schnelle findet die Wendung der apostolischen Parusie in den Reiseplnen von fînf Paulusbriefen (1Kor 16,5 – 12; 2Kor 12,14 – 13,10; Rçm 15,14 – 29; Phil 2,19 – 30; Phlm 22)924 ; dies sind mit Ausnahme von Phil allesamt Positionierungen am Briefende – 1Thess ist nicht dabei. Er folgt damit przise den Stellen, die auch Schmider/Stenger angeben.925 Aus den weiteren Ausfîhrungen von Schmider/Stenger allerdings folgt, dass trotz des îblicherweise engen Zusammenhangs der apostolischen Parusie mit der Briefschlussparnese in zwei paulinischen Briefen die apostolische Parusie zustzlich bereits in der brieflichen Selbstempfehlung der Briefeingnge eingesetzt wird, nmlich in 1Kor und Rçm.926 In der spteren „Strukturbeschreibung“ erkennen Schmider/Stenger – im Anschluss an Funk927 – dann aber doch Motive der apostolischen Parusie in 1Thess 2,17 – 3,13.928 Zustzlich dazu, ob eine sog. „apostolische Parusie“ in Thess prinzipiell zu erkennen ist oder nicht (und ob man mit Funks Begriff îberhaupt ein festes Formschema annehmen will929), stellt sich noch zustzlich die Frage, ob, falls man die erste Frage bejahen wollte, dann gerade in 1Thess der Begriff „apostolische Parusie“ nominell hierfîr angemessen wre: Die Belege von paqous¸a in 1Thess beziehen sich smtlich auf den „Herrn (Jesus Christus)“ (2,19; 3,13; 4,15; 5,23). In anderen Briefen hingegen findet sich in 1Kor 15,23 der einzig weitere paulinische Beleg von paqous¸a fîr die Parusie Christi, alle weiteren Belege von paqous¸a im corpus Paulinum beziehen sich auf die Ankunft eines Menschen, etwa eines Mitarbeiters des Paulus (1Kor 16,17; 2Kor 7,6 f.) oder auf Paulus selbst (2Kor 10,10; Phil 922 Man vergleiche im Anschluss an Funks Spezifizierungen den Umfang „apostolischer Parusien“ in den paulinischen Briefen nach Versanzahl und Verhltnis zur Verszahl der Gesamtbriefe: Rçm/20 (4,6 %); 1Kor/8 (1,8 %); 2Kor/21 (8,2 %); Gal/9 (6 %); Phil/6 (5,8 %); Phlm/2 (8 %); jedoch: 1Thess/17 (19 %), bzw. nach Klaucks Vorschlag: 42 (47 % [!]). 923 Vgl. zur Diskussion auch Boers, Study. 924 Vgl. Schnelle, Einleitung, 58 f. 925 Vgl. Schmider/Stenger, Studien, 92. 926 Vgl. Schmider/Stenger, Studien, 93, allerdings ohne genaue Versangaben. 927 Konkret Funk, Parousia, 252 f. 928 Vgl. Schmider/Stenger, Studien, 94 f. 929 Holtz (Thess, 114) sowie Gerber (Paulus, 67 – 69) urteilen vorsichtig.

202

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

1,26; 2,12).930 Gekoppelt mit dem ausschließlich im Bezug auf sich selbst verwendeten zugehçrigen Verb p²qeili (1Kor 5,3; 2Kor 10,2.11; 11,9; 13,2.10; Gal 4,18.20) – keiner davon in 1Thess! – deutet dies wohl ebenfalls eher auf eine technische Sonderverwendung des Begriffs paqous¸a im Bezug auf Jesus Christus im eschatologischen Sinne, aber gerade gegen eine Parallelsetzung zu Paulus’ eigener „Ankunft“.931

Die Analogsetzung von geplanter Parusie des Paulus zur erhofften Parusie Christi ist also nicht wirklich îberzeugend. Viel eher dient die Rede von Christus, konkret von seiner Parusie, selbst als einheitsstiftendes Thema (als Fokus der eschatologischen Gesamterwartung). Das Motiv der „apostolischen Parusie“ (im Rahmen der zwischenmenschlichen Freundschaftsbekundungen) wird davon umfasst und îberboten. Denn gerade im Rahmen von Paulus’ biographischen Erinnerungen fungiert das eschatologische Motiv ja zur Relativierung der zwischenmenschlichen Bindungen, da weder persçnliche Gegenwart noch Brief oder Bote Paulus’ Freude îber seine Briefpartner vervollstndigt: Dies geschieht erst 5lpqoshem toO juq¸ou Bl_m (IgsoO 1m t0 aqtoO paqous¸ô (2,19).932

2.4. Konsequenzen Es soll in den vorstehenden Unterkapiteln nicht davon abgelenkt werden, dass der Abschnitt 1Thess 4,1 – 8 (bzw. darîber hinaus 1 – 12) grundstzlich parnetischen Charakters ist. Dafîr sprechen selbst oberflchlich betrachtet die einleitenden Verben 1qyt_lem rl÷r ja· paqajakoOlem, sowie unmittelbar folgend die Mahnung de? rl÷r peqipate?m bzw. die sofort folgende Besttigung peqipate?te, ebenso das den Vers abschließende Vma peqisse¼ete l÷kkom (4,1), sowie smtliche Kriterien, nach denen der gesamte Abschnitt 4,1 – 5,22 als parnetisch oder parnetisch beeinflusst bezeichnet werden kann. Ebensowenig geht es einfach um eine Senkung des parnetischen „Grades“ von 4,1 – 8 gegenîber der konventionellen Sichtweise des Briefes. Stattdessen sollte im Vorigen versucht werden, das Wesen und die Funktion der Parnese dieser Verse durch die Berîcksichtigung der formalen und inhaltlichen Eigenarten des Briefes zu przisieren.

930 Vgl. Koester, Experiment, 37. 931 Vgl. hierzu Malherbe, Thess, 271 f. 932 Vgl. Koester, Experiment, 37; Schfer, Gemeinde, 332.

2.4. Konsequenzen

203

In großformaler Hinsicht kann gesagt werden, dass trotz der großen Zsur nach 3,13 die Entscheidung, die Kapitel 4 – 5 von Kapitel 1 – 3 her zu lesen oder umgekehrt, die eine Hlfte als Hauptteil und die andere nur als „Einleitung“ oder „Schluss“ zu betrachten, von einer falschen Alternative ausgeht. Das (methodisch fragwîrdige) Mittel der Postulierung von Teilungshypothesen taugt gleichfalls nur in abgeschwchter Form fîr einen spielerischen Umgang fîr eine freiere Ermittlung des unmittelbaren Kontextes im Stile einer relecture. Synchron hingegen kçnnen etliche wichtige Themen und Anliegen des Paulus als den gesamten Brief umfassend ermittelt werden, die das Verstndnis fîr die Parnese 4,1 – 8 besser beleuchten kçnnen. Die sechs hier herausgestellten Grundaspekte des Briefes unterscheiden sich qualitativ: Die Rede von Gott und Jesus Christus sowie die eschatologische Gesamtausrichtung, die hier als erster und letzter Punkt besprochen sind (2.3.2.1. und 2.3.2.6.), sind gleichsam „theologische“ Konstanten, wohingegen bei den anderen vier Punkten (2.3.2.2. – 2.3.2.5. îber das Danken, Mahnen, Gemeinschaft-Strken und Trçsten) Akte oder Prozesse im Vordergrund stehen, mittels derer Paulus konkrete Absichten bei seinen Adressaten verfolgt. Aus dem Versuch, diese sechs Punkte als konstante Faktoren des Gesamtbriefes zu ermitteln, ergibt sich, dass es deutlich leichter ist, die Rede von Gott und Christus sowie vom Eschaton als durchgngige Fundamente des Briefes zu benennen. Dass von den vier anderen „prozessorientierten“ Grundabsichten des Dankens, Mahnens, Gemeinschaft-Strkens oder Trçstens gerade die des Mahnens und Trçstens hufig hochgehalten werden, liegt mit Sicherheit wesentlich an den ausfîhrlichen Arbeiten Malherbes auf der einen Seite und Chapas auf der anderen. M.M.n. steht Chapa dabei Malherbe nur an Publikationsquantitt, aber weder methodisch noch an Grîndlichkeit nach, und rein quantitativ ist die Anzahl der Exegeten, die sich seiner Meinung anschließen, wohl nicht nennenswert geringer als die, die sich von Malherbes Interpretation îberzeugen lassen. Die in vielen Punkten gelungene Bestimmung als trçstender Brief (die aufs Ganze gesehen der als mahnender Brief wohl auch vorzuziehen ist), stçßt jedoch gerade an unseren Generalversen 4,1 – 8 an eine ihrer Grenzen. Somit scheint kein Versuch, eine der vier genannten „prozessorientierten“ Grundabsichten als den herausragenden, den Brief inhaltlich tragenden und als hermeneutischen Schlîssel zu bezeichnenden (und ggf. sein Genre bestimmenden) Aspekt zu benennen, restlos aufzugehen. Die beiden Hauptgrînde hierfîr sind wohl die folgenden: Zum einen ist das bei allen Versuchen einer eindeutigen Zweckbestimmung des

204

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Briefes (und damit schnell verbundenen epistolographischen oder rhetorischen Genusbestimmung) sich immer wiederholende Hauptproblem die Briefform, und nherhin der bzw. die ausfîhrliche(n) Dankesabschnitt(e), die regelmßig den Rahmen jeder traditionell bekannten Briefoder Redegattung sprengen. Dies ist insofern kurios, als das Danken, whrend es als selbstndige inhaltliche Briefkonstante eine relativ schwache Rolle einnimmt, eines der wesentlichsten Kriterien gegen die Einordnung des Briefes in eine der beiden anderweitig fîr 1Thess am îberzeugendsten postulierten Genres, nmlich den Mahn- oder Trostbrief, darstellt und damit ein zu schnelles Festzurren in eine dieser beiden Richtungen verhindert. Diese Beobachtung schlgt sich immer wieder in den zu beobachtenden Selbsteinschrnkungen der Autoren in ihren Ergebnissen nieder (so bei Chapa, Donfried, Klauck, auch Malherbe, ebenso Schoon-Janssen). Und selbst wenn man, Malherbe folgend, die Funktion der ausgedehnten Danksagungsperiode in der Strkung des parnetischen Gestus des Gesamtbriefes sehen wollte933, wre zu fragen, warum Paulus gerade das Danken (und nicht etwa die Polemik) whlt, um diese Absicht zu erreichen. Zum anderen sind die unterschiedenen Briefabsichten des Dankens, Mahnens, Gemeinschaft-Aufbauens und Trçstens natîrlich keine Exklusiva, sondern stellen zum Teil sogar wechselseitig feste Bestandteile der fîr jeweils andere Grundanliegen typischen Briefformen dar. Vçllig zurecht hat die Sprechakttheorie den gleichzeitigen Vollzug unterschiedlicher Teilakte innerhalb eines Sprechaktes herausgestellt. Hierdurch entstehen je nach Gattungsentscheid unterschiedlich ausdeutbare Doppeldeutigkeiten. Das Dankmotiv beispielsweise bringt eine freundschaftlich-persçnliche Beziehung des Paulus zu seinen Adressaten zur Sprache und gibt so dem Brief einen gemeinschaftsfçrdernden Zug; gleichzeitig sind die mit dem Dank ausgedrîckten Inhalte appellativ interpretierbar. Nur indirekt (îber den gemeinschaftsfçrdernden Aspekt) trgt das Danken dazu bei, den Trost effektiv îbermitteln zu kçnnen. Dass das Dankmotiv verglichen mit den anderen Aspekten eher schwierig als Konstante des Gesamtbriefes zu benennen ist, ußert sich aufs Ganze des Briefes und seiner wesentlichen inhaltlichen Aspekte darin, dass zwar das Dankmotiv auf die anderen Motive ausstrahlt, weniger aber umgekehrt (vgl. nachstehende Graphik): So kann mit dem Dank fîr der Thessalonicher Werk im Glauben, Arbeit in der Liebe und Geduld in der Hoffnung auf den Herrn Jesus Christus (1,3) die Mahnung impliziert sein, an solchem treu 933 Vgl. Malherbe, Thess, 90 f.

2.4. Konsequenzen

205

festzuhalten, wohingegen mit einer ausdrîcklichen Aufforderung kein Dank verbunden ist, dieser nachgekommen zu sein (eine solche Besttigung kann dem Appell allerdings extra beigefîgt sein, vgl. 4,1.10; 5,11).934 Die Wechselseitigkeit der unterschiedlichen Briefabsichten lsst sich exemplarisch auch an 1Thess 2,1 – 12 verdeutlichen, da dieser Text wohl besonders von unterschiedlichen Perspektiven in Anspruch genommen worden ist. Fazit eines ˜berblicks îber die exegetischen Meinungen zu diesem Versabschnitt ist, dass schlechterdings nicht sinnvoll zu entscheiden ist, ob die paulinische Selbstdarstellung der wirksameren Vermittlung von Mahnung dient und trçstende Aspekte als Teil von Mahnung dieser untergeordnet sind (Malherbe) oder ob die Selbstdarstellung nicht primr der Vermittlung von Trost dient und mahnende Aspekte diesem untergeordnet sind (Chapa, Donfried). Ebenso verhlt es sich mit der Frage, ob philophronetisch-communiale Elemente fîr die Parnese in Dienst genommen werden sollen (Malherbe935) oder umgekehrt durch die Parnese die Glaubensgemeinschaft gestrkt werden soll (Collins, Merk936); gleichfalls, ob die Gemeinde durch Trost gestrkt werden soll, oder der gemeinschaftliche Aspekt betont wird, um den Trost effektiver zu vermitteln. Es ergibt sich somit folgendes Bild:

934 Obwohl auch dies cum grano salis zu betrachten ist. 4,1 (jah½r ja· peqipate?te) und gegenîber Gott (wie in den drei ausdrîcklichen Dankpassagen Kapitel 1 – 3). Textpragmatisch jedoch dient der den Thessalonichern berichtete Dank gegenîber Gott fîr ihr beispielhaftes Wesen der Auferbauung der Gemeinde genauso wie die mit den Indikativen versichernde Besttigung, den Mahnungen bereits nachzukommen – und in beidem, dem Dank an Gott sowie dem besttigenden Indikativ, seinerseits wieder ein impliziter Appell liegt. 935 Jîngst auch wieder Blischke, Begrîndung, 84. 936 Der zur Stîtzung dieser These ja sogar ein Schlîsselzitat Malherbes benîtzt (vgl. Anm. 780)!

206

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

Gegenîber diesen vier Aspekten haben Theo-logie, Christologie sowie Eschatologie einen anderen Stellenwert, und zwar sowohl fîr den Gesamtbrief im allgemeinen als auch fîr die Parnese im besonderen. Dass Gott mehrfach ausdrîcklich als Urheber der Parnese gilt (2,4.10.12 f.15; 4,1.7 – 9), ist dabei nur die „Spitze des Eisbergs“. Es wird dadurch nicht nur die Importanz der Mahnungen durch gçttliche Autorisierung betont, sondern es liegt in der Konsequenz des Profils des gesamten Briefes.937 Die Bezogenheit der drei Grundbegriffe Theo-logie, Christologie und Eschatologie aufeinander ist dabei natîrlich nicht zu vergessen: Die Rolle Christi in 1Thess ist grundstzlich eschatologisch-soteriologisch, und an beidem wird Gott selbst wirksam. Auch in der erwarteten Entrîckung der Glubigen ist Gott als movens am Werk, vgl. z. B. den Subjektwechsel von Jesus zu Gott in 4,14. Wenn Theo- und Christologie sowie Eschatologie hier unterschieden werden, geschieht dies fast nur aus systematischen, nicht aus sachlichen Grînden.938 Ordnet man die vier „Grundbewegungen“ von 1Thess den „Sachfundamenten“ von Theo-logie, Christologie sowie Eschatologie bei, ergibt sich folgendes Bild:

937 Krentz kritisiert an Malherbes Thessalonicher-Kommentar nicht zu unrecht die s.M.n. zu wenig expandierte Berîcksichtigung der theo-logischen Struktur des Briefes (vgl. Krentz, Rezension: Malherbe, Abraham J. The Letters to the Thessalonians, 4). 938 Vgl. Anm. 907.

2.4. Konsequenzen

207

Diese Sichtweise auf 1Thess hat m.M.n. zwei Hauptvorzîge. Erstens: Sie kann besser die ungewçhnliche Briefform erklren. Warum dankt, mahnt, trçstet Paulus und pflegt freundschaftliche Beziehungen, ohne eine der hierfîr geeigneteren und traditionell vorliegenden Formen zu whlen? Das Neue der Botschaft, von der Paulus îberzeugt ist, und in der er sich den Thessalonichern verbunden weiß, kennt immer noch die herkçmmlichen Arten und Weisen, sich Briefpartnern kundzutun (Danken, Mahnen, Trçsten, Gemeinschaft-Pflegen), doch sie werden in einen neuen Kontext gestellt. Es verndert die Prinzipien fîr Freundschaft (im weiteren Sinne) und Mahnungen (vgl. den komplizierten, ambivalenten Vergleich der Rolle des Paulus’ mit der von Moralphilosophen) und çffnet neue Perspektiven fîr Trost. Zweitens: Sie verdeutlicht besser die relationale Struktur des von Paulus gepredigten Evangeliums, die primr eine zwischen der Gemeinde und Gott, mit Blick aufs Eschaton auch vom Tod nicht durchstoßbare ist, und erst sekundr eine zwischenmenschliche (ekklesiologische), wobei sich hier primr und sekundr nicht auf eine chronologische, sondern eine ontologische Abfolge bezieht.939 Fîr den langen, briefformal problematischen Dankabschnitt Kapitel 1 – 3 bedeutet dies: Sein primres Interesse, das die Ausfîhrlichkeit, die Implizitheit, in der es mehrfach ausgedrîckt wird, den liturgischen Konnex, sowie auch die von traditioneller Warte aus gesehen uneinheitliche Selbstdarstellung des Paulus am glattesten erklrt, liegt in der Intensivierung der Beziehung der Leser 939 Dies reflektiert beispielhaft bereits der Aufbau von Collins Aufsatz „The Church of the Thessalonians“ in 1Thess: Die beiden ersten, umfangreichsten Teile behandeln das Thema unter theo-logischem (285 – 290) und eschatologischem (290 – 294) Aspekt, der dritte (deutlich kîrzere) betrachtet die Gemeinde als Gemeinschaft von Glubigen (294 – 296), anschließend werden nur noch kurz der Begriff der philadelphia eingebracht sowie kursorisch kirchenamtliche und kultische ˜berlegungen angestellt (296 – 298). Nicht weit davon ist er auch andernorts, wenn er die Grundgedanken in 1Thess in Christologie, Theologie, Ekklesiologie und Parnese (in dieser Reihenfolge) subsumiert (vgl. Scholarship, 54 – 69). Das gleiche wird auch deutlich, wenn von Baumgarten zur Einordnung der Eschatologie von 4,13 – 18 die „[c]hristologische (V.14a) und theologische (V. 14b) Basis, ekklesiologischer Horizont und die parnetische Funktion des Trostes“ als die wesentlichsten Elemente genannt werden (Paulus und die Apokalyptik, 98; eigene Kursivsetzung). Ein Blick auf den Aufbau des Abschnittes 13 – 18 stîtzt diese Beobachtung: V.13 ist einleitender Rahmen; V.14 schildert die Glaubensvoraussetzungen eben in christologischer und theo-logischer Prgung; erst ab V.15 steht, gestîtzt durch das Wort des Herrn [wiederum!], die eigentliche Information îber die Paritt der Glubigen bei der Parusie.

208

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

zu Gott, die gleichzeitig auch eine eschatologische Beziehung ist (denn mit Hoffnung auf und Glauben an das Eschaton wird sie eingenommen), und in der eingeschlossen sich natîrlich auch Paulus selbst betrachtet.940 Dies heißt nicht, dass andere vorgeschlagene pragmatische Intentionen, die fîr die paulinischen Danksagungen benannt worden sind, vçllig negiert werden mîssen. Doch greift es m.M.n. zu kurz, sie nur als Gebet oder als Bericht îber ein Gebet zu betrachten, als Strkung oder Wiederbelebung der Beziehung zwischen Adressat und Absender, als captatio benevolentiae, um die Leser zu willigen Hçrern zu machen, oder als impliziten Appell, durch den den Lesern nahegelegt werden soll, die dem Absender wohlwollende Haltung, die den Dank motiviert, auch jetzt wieder einzunehmen.941 Ein „Gebet“ im engeren Sinne liegt auch bei den expliziten Danksequenzen (1,2 ff.; 2,13 f.; 3,11 ff.) nicht vor (unbenommen der strukturellen Abgrenzungsschwierigkeiten), da die fîr Gebetstexte typische Anrede an Gott nicht vorliegt. Andererseits stellt sich bei einer Abschwchung zu einem „Bericht îber ein Gebet“ die Frage, ob hier nicht ein zu enges Gebetsverstndnis vorliegt, das den performativen Aspekt eines solchen „Berichts“ nicht berîcksichtigt.942 Analog zur Reduzierung eines Gebetes zum „Bericht îber ein Gebet“ mîsste auch der „Dank“ selbst zu einem „Bericht îber einen Dank“ abgeschwcht werden, da er sich nicht an die Thessalonicher richtet, sondern an Gott mit den Thessalonichern als Dankanliegen.943 Der Nhe zu einem liturgischen setting kann also vçllig legitimerweise nachgegangen werden944 und bindet den Brief wiederum strker an die Situation praktizierten Gottes- und Christusglaubens. Die starke theologische und christologische Dimension des Textes, die zeitweise ja sogar an die Stelle von briefformal traditionellen Elementen der Selbstdarstellung des Adressaten tritt, spricht gegen eine einseitige Interpretation im Hinblick nur auf das Verhltnis zwischen Paulus und den Thessalonichern. Bei der Interpretation 940 Bezeichnenderweise erkennt auch White, der den Dankabschnitt Kapitel 1 – 3 fîr den Hauptteil des Gesamtbriefes hlt, gerade in der „eschatological climax“ 3,11 – 13 ein briefformal zustzliches Element (Form and Function, 71). 941 Vgl. Gerber, Paulus, 64 f. 942 Vgl. fîr 3,11 – 13 Holtz, Thess, 141.148. 943 Fîr vergleichbare performative Phnomene ist an Jubeltexte zu denken, die zwar hufig als Gebetstexte mit Objekt in der 2. Person Singular formuliert sind („Ich lobe dich“ o. .: Ps 16,7; 22,23; 35,18; 119,164; 138,2; 139,14; 142,8; 145,2; Jes 12,1; Dan 2,23 u. ç.), doch auch mit Objekt in der dritten Person belegt sind („Ich will Gott loben“ o. .: Ps 69,31; 109,30; 146,2 u. ç.), und ebenso an Aufrufe („Lobt den Herrn“ o. .: Ps 95,2; 100,4; 113,1; 117,1; 135,1; 146,1; 147,12; 148,1 – 4; 150 u. ç.). Hierdurch wird nicht nur desinteressierte Information oder ein Appell an eine Hçrerschaft ausgedrîckt, sondern bereits das eigene Gotteslob ausgedrîckt. 944 Obwohl dabei die forschungsgeschichtlichen Einschrnkungen in Anm. 674 zu beachten sind; dennoch gegen Gerber, Paulus, 65, Anm. 78.

2.4. Konsequenzen

209

als captatio benevolentiae bleibt wiederum die Ausfîhrlichkeit der Danksagung unbeantwortet, die dann, wenn îberhaupt, am ehesten durch ein besonders problematisches Ausgangsverhltnis zwischen den Briefpartnern erklrt werden kçnnte, das Paulus zu lçsen versucht. Ein solches liegt zwischen Paulus und seiner Gemeinde aber offenbar gerade nicht vor.945 Vergleichbar ist auch die Interpretation des Dankes als Appell zu bewerten: Obwohl prinzipiell denkbar, fehlt gerade in 1Thess der deutliche Hinweis darauf, dass eine Wiederherstellung der dem Apostel gînstigen Haltung bei seinen Adressaten îberhaupt nçtig ist.946

Ohne bisher einen nheren Blick auf die Mahnungen von 4,1 – 8 geworfen zu haben, bedeutet dies fîr eine erste Einordnung dieser Verse im Kontext des Gesamtbriefes: Die Weisung zum Wandeln nach Gottes Gefallen (4,1) sowie Gottes Wille zur Heiligung (4,3) fîhren anhand praktischer Beispiele das Leben der Heilsgemeinschaft motiviert durch den Blick aufs Eschaton aus. Whrend also, wie im Eingang dieses Unterkapitels genannt, die Ethik/Parnese von 4,1 ff. gewiss nicht zu abstrahieren ist, darf nicht vergessen werden, dass sie eng in ein grçßeres Heilsthema eingebettet ist. Das Korrelationspaar „Gottes Wille – euere Heiligung“ bezieht sich nicht primr auf gçttlich angeordnete und durch Inanspruchnahme einer von Paulus durch apostolische Dignitt reklamierten Autoritt vermittelte ethische Anweisungen947, sondern auf den Wunsch Gottes nach Gemeinschaft mit den Glubigen im Eschaton.948 945 Vgl. auch Aasgaard, „My Beloved …“, 152; Klauck, Briefliteratur, 284; Lîdemann, Paulus, 223; Schnelle, Ethik, 299. 946 Vgl. zudem auch Holmstrand, Markers, 82; vgl. Anm. 678. 947 Bezeichnend fîr die Missachtung der Zusammenhnge der unterschiedlichen hier besprochenen sechs Parameter ist Gerbers Deutung: Sie liest 4,1 ff. rein parnetisch ohne Berîcksichtigung einer Ausrichtung auf die anderen Faktoren und stellt damit Paulus als demîtigenden Mahnredner dar (vgl. Paulus, 305 – 308; 328 – 331; vgl. Anm. 788). Interessanterweise findet aber auch sie, sobald sie von Eschatologie spricht (sie tut dies in diesem Kontext nur mit Bezug auf 4,13 ff. [vgl. 330 f.]), zu einem gemeinschaftlichen „,wir‘, das die Unterscheidung der Rollen nivelliert“ (330); d. h. die Eschatologie çffnet auch nach ihrer Interpretation den Weg fîr die Ekklesiologie. 948 Dieses Ergebnis ist nicht grundstzlich neu, sondern findet sich mehr oder weniger deutlich ausgefîhrt auch schon bei anderen Autoren. Schnelle etwa schreibt einleitend zu seinem Abschnitt îber die Ethik von 1Thess: „Die Erwartung der unmittelbar bevorstehenden Ankunft des Herrn Jesus Christus bestimmt auch die ethischen Aussagen des 1Thessalonicherbriefes. Paulus fordert die Thessalonicher mit Nachdruck auf, ,untadelig‘ … und in Heiligkeit zu wandeln …, denn der Herr ist nahe. Die Parusie fungiert nicht bei jeder ethi-

210

2. 1Thess 4,1 – 8: ein parnetischer Text?

schen Einzelanweisung, wohl aber innerhalb der Makrostruktur des Briefes als Begrîndung des ethischen Wandels, d. h. Paulus verweist zur Motivierung der ethischen Forderung vorwiegend auf das in Kîrze hereinbrechende Endgeschehen“ (Paulus, 193 f.; vgl. ebenso ders., Ethik, 296 f.); ihm folgt Blischke direkt (vgl. Begrîndung, 78, mit Anm. 259). Zur selben Schlussfolgerung kommt aufgrund seiner Strukturanalyse von 1Thess 4,1 – 5,24 auch Lambrecht: Zwischen der einleitenden Parnese 4,1 f. und dem abschließenden eschatologischen „wish-prayer“ 5,23 f. erkennt er drei parnetische Abschnitte (4,3 – 12; 5,1 – 8; 5,12 – 22), die von Abschnitten mit Informationen îber das Endschicksal der Christen unterbrochen werden (4,13 – 18; 5,9 – 11). Mag man diese Aufteilung auch etwas konstruiert finden (die Aufteilung von 5,1 – 22 in drei Abschnitte, von denen 5,1 – 8 sowie 5,12 – 22 parnetisch sein sollen, 5,9 – 11 hingegen informativ, îberzeugt nicht recht; ebenso bleibt der formale Unterschied zwischen der Parnese 4,1 ff. und 5,12 ff. unberîcksichtigt), Lambrechts Endergebnis folgt schlîssig: „[A]ll paraenesis in 1Thess serves an eschatological purpose“ (Lambrecht, Analysis, 172 f.). Ebenso schreibt auch Sçding allerdings recht axiomatisch: „Die Paraklese zielt auf die Vorbereitung der Glaubenden fîr den ,Tag des Herrn‘ (5,2), an dem sie heilig und untadelig dastehen sollen (3,12 f; 4,3 – 8; 5,23)“ (Der Erste Thessalonicherbrief, 188); der ethische Sinn der Heiligungsaussagen des 1Thess ist fîr ihn ausdrîcklich nur ein „Nebensinn“ (ebd., 193, Anm. 36; originale Kursivsetzung). Auch Becker meint, etwas verschleiert: „Sie [sc. die Parnese] ist Vollzug der neu bestimmten Existenz im Glauben. Erwhlt durch das Evangelium (1,4 f.) und – wie Paulus wenige Jahre spter in alter traditioneller Sprache sagen kann – geheiligt im einmaligen Taufakt (1. Kor 6,11), damit ist die Zugehçrigkeit zu Gott in der Endzeitgemeinde und die Trennung von der Welt vollzogen … Mahnung ist darum kein von außen an den Menschen herangetragenes Gesetz mehr, das er sich durch Internalisierung erst zu eigen machen mîßte, sondern ist Explikation der Geisterfahrung jedes Christen und dient der gemeinsamen fortschreitenden Einîbung in der Liebe, die jeder in sich spîrt (4,1 f.8 f.10)“ (Becker, Paulus, 143).

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8 Dreimalige Nennung von "ciaslºr (1Thess 4,3a.4b.7) sowie die Nennung des pmeOla ûciom (4,8) binden 1Thess 4,3 – 8 zu einer Einheit zusammen. Dieser Abschnitt birgt seine Geheimnisse gut und beinhaltet wohl die am intensivsten und kontroversesten durchforsteten Verse des Briefes insgesamt.949 Seine Abgrenzung ist nur auf den ersten Blick eindeutig: Die Zsur zu V.9 ff. ist prima facie wohl die weniger problematische und legt sich in gewisser Hinsicht durch den deutlichen Einsatz der neuen Fragestellung in V.9 peq· d³ t/r vikadekv¸ar nahe; die genaue Ebene dieser Abschnittbildung und die unterschiedlichen Strukturmerkmale verdienen jedoch trotzdem eingehenderer Betrachtung. Auch prima facie weniger eindeutig ist die Abgrenzung zu den vorgngigen Versen 1 f.: 1Thess 4,1 f. sind eindeutig parnetisch und erinnern an bereits frîher vorgetragene ethische Unterweisung, ein konkretes parnetisches Anliegen bleibt jedoch ungenannt: Es geht lediglich allgemein um peqipate?m und !q´sjeim he`. Problematisch fîr die Strukturentscheidung zwischen 4,2 und 4,3 ist der schwierige Satzbeginn toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO, b "ciasl¹r rl_m. Eine Entscheidung îber den Zusammenhang von 4,1 f. und 4,3 – 8 erfordert somit auch eine genauere Exegese dieses Satzbeginns. Auch die Nhe zur brieflichen Großzsur zwischen 3,13 und 4,1 ist zu berîcksichtigen, da, wird 4,2 zu stark von 4,3 separiert, das Verspaar 4,1 f. zwischen den beiden thematischen Blçcken leicht bezugslos zurîckbleibt. Wir stellen den Strukturentscheid somit zunchst zurîck und ziehen auch 4,1 f. (und insbesondere die strukturellen Signale dieses Verspaares) in die nheren exegetischen ˜berlegungen mit ein, auch wenn die durch "ciaslºr und ûciom gebildete Klammer nur die V.3 – 8 umspannt. Dass die Miteinbeziehung von 4,1 f. in die nhere Exegese unmittelbar an die Großzsur zwischen 3,13 und 4,1 fîhrt, ist zudem insofern von Belang, als der letzte Vers vor der Zsur (3,13) noch zwei weitere Belege des "c-Stammes aufweist ( !l´lptour 1m "ciys}mg2 und let± p²mtym t_m "ci´ym aqtoO), die allerdings detailliert erst in Kapitel 4 besprochen werden sollen. 949 Vgl. Malherbe, Thess, 226.

212

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Nachdem im vorigen Kapitel vor allem fîr eine einheitliche Betrachtung des Gesamtbriefes unter theo- und christozentrischem sowie eschatologischem Aspekt pldiert worden ist, sowie fîr eine Einordnung der Parnese in dieses Raster, muss nun eine nhere Exegese dieses Abschnittes aufzeigen, inwiefern der Heiligungsbegriff in diesen Verstehenshorizont einzufîgen ist. Hierfîr soll in drei Schritten vorgegangen werden: Zunchst sollen Abgrenzung und Struktur der Verse 4,3 – 8 in ihrem unmittelbaren Umfeld untersucht werden sowie der sich daraus ergebende spezielle parnetische Charakter dieser Verse (3.1.). Im Anschluss daran stehen eingehende syntaktische und semantische Betrachtungen an, sowie ˜berlegungen zu einem mçglichen historischen Hintergrund dieses Abschnittes (3.2. und 3.3.1.–3.3.4.). Der Rede vom pmeOla ûciom in dem diesen Textabschnitt beschließenden V.8 wird im letzten Teilkapitel nachgegangen (3.3.5.). Die sich daraus ergebenden Konsequenzen fîr das Verstndnis des Heiligungs- bzw. Heiligbegriffes nach 1Thess 4,3 – 8 beschließen das Kapitel (3.4.).

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8 3.1.1. Zur einleitenden Phrase koip¹m owm … 1Thess 4,1 1Thess 4,1 setzt unmittelbar nach der großen Zsur nach 3,13 mit koip¹m owm neu ein. Die Problematik, diese Formel als Beginn einer briefformalen Schlussparnese zu betrachten, wurde bereits beschrieben, ebenso wie die, sie als Markierung fîr den Anfang des Briefhauptteils zu interpretieren: Beide Anstze stehen sowohl den entsprechenden Belegen in den paulinischen Briefen im allgemeinen als auch der Struktur von 1Thess im konkreten zuwider.950 Dennoch wird durch koip¹m owm freilich ein Neuanfang signalisiert. Das koipºm ist kein Zeichen von abwertender Beilufigkeit i.S.v. „ach, îbrigens“; dies wîrde der (unangemessenen) Betrachtung der ersten Briefhlfte als „Hauptteil“ in die Hnde spielen und wiederum alles Folgende in seiner Gewichtung schwchen. Auch unabhngig von der briefformalen Diskussion ist die zweite Briefhlfte hierfîr zu lang und alleine dadurch zu gewichtig, zudem beinhaltet sie inhaltlich zu gravie-

950 Vgl. unter 2.2.2.

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

213

rende Themen, um als Anhngsel minderer Importanz betrachtet werden zu kçnnen.951 Ebenso schafft das owm, eine im Grunde relativ bedeutungsoffene Konjunktion952, keinen eindeutigen, spezifischen Zusammenhang zum Vorigen, etwa in klarem temporalen, finalen oder konsekutiven Sinne.953 In der Exegese îberwiegt gewiss die Befîrwortung einer konsekutiven Bedeutung.954 Damit eng verschrnkt hat sich die im Anschluss an Nauck entwickelte These vom „owm-parneticum“. Naucks „owm-parneticum“ liegt die wichtige Beobachtung zugrunde, dass owm hufig eingesetzt wird, um „eine systematisch-theologische Erçrterung mit einer sich daran anschließenden parnetischen Ermahnung, in der die Konsequenzen aus den theologischen Erwgungen aufgezeigt werden“, zu verbinden.955 Diese Beobachtung stîtzt Nauck anhand von Rçm 6,1 – 11; 12,1; 13,12; Eph 4,1; Kol 3,3 – 5.9 – 12; 1Thess 5,5 f.; Hebr 4,1; 12,1; 1Petr 1,22 – 2,1; 5,5 f.; Jak 4,6 f. und wendet sie konkret auf Gal 5,1 an. Einige Exegeten haben sie anschließend – mit unterschiedlicher Akzentuierung – auch auf 1Thess 4,1 îbertragen956 : Demnach formuliere V.4,1 ff. die mahnenden Konsequenzen aus den vorherigen theologischen ˜berlegungen. Problematisch fîr die genauere Ausdeutung von koip¹m owm in 1Thess 4,1 ist, dass dies der einzige ntl. Beleg fîr diese Wortkombination ist. Einige Ma-

951 Richard interpretiert die Formel seiner Trennungshypothese gemß als Einleitung fîr ein Briefende (vgl. Thess, 179). 952 Vgl. BDR, § 451.1. 953 Zur Diskussion vgl. Collins, „This is the Will …“, 300, Anm. 7; Malherbe, Thess, 217 f. 954 Vgl. Holtz, Thess, 151, mit Anm. 4; Best, Thess, 154; Malherbe, 218; Schrage, Ethik, 175. Nicht ganz eindeutig ist Mîller, der schreibt: „Mit ,im ˜brigen nun‘ (loipon oun) wird der Einsatz eines neuen Gedankengangs im Brief signalisiert … Aus den Ausfîhrungen im ersten Briefteil 1,3 – 3,13 werden nun die Folgerungen gezogen und die Bitte und Mahnung verbunden, sich weiterhin so positiv zu entwickeln“ (Thess, 169). Unklar bleibt bei dieser Ausfîhrung, ob Mîller die Natur des mit 4,1 beginnenden Abschnittes als „Folgerungen“ aus dem vorigen konkret durch das Syntagma „im ˜brigen nun“ angezeigt sieht oder nicht. 955 Vgl. Nauck, Das owm-parneticum, 134 f., Zitat: 134. 956 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 300, Anm. 7; Holtz, Thess, 151, Anm. 4; Schnelle, Ethik, 302; ders., Paulus, 194. Die Verschrnkung von konsekutivem und parnetischem Sinn wird bei Malherbe deutlich, der das owm gleichzeitig „inferential“ und parnetisch interpretiert (vgl. Thess, 218).

214

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

nuskripte lassen das owm aus, wohl in der Meinung, es trage nichts Wesentliches zum Verstndnis des Textes bei und sei daher redundant.957

Der Einzigkeit von koip¹m owm innerhalb des NT entspricht auch die Besonderheit der Art des Anschlusses an dieser Stelle. Dessen Funktion oszilliert zwischen neutralem Struktursignal, Schlussfolgerung aus bereits Gesagtem sowie Einleitung bzw. strkere Betonung einer folgenden Parnese. Fîr sich alleine genommen îberzeugt keine dieser drei Mçglichkeiten vollkommen: Die Doppelung von zwei potenziell konsekutiven Konjunktionen macht es schwierig, beide nur neutral als ˜bergangskonjunktion zu verstehen958 und die gesamte einleitende Zeile koip¹m owm, !dekvo¸ nur strukturell ohne Verweis auf inhaltliche Indizien. Andererseits htten, wre Paulus ein konsekutiver Zusammenhang wichtig gewesen, eindeutigere bzw. strker konsekutive Konjunktionen zu Verfîgung gestanden (etwa %qa oder diº; in 4,8 verwendet Paulus selbst toicaqoOm zur Kennzeichnung eines konsekutiven Zusammenhangs959 ; selbst ja¸ htte ein strker koordinierendes Signal gesetzt). Zur Anwendung von Naucks These vom owm-paraeneticum auf 1Thess 4,1 ist schließlich (im Anschluss an die Ergebnisse in Kapitel 2) kritisch anzufragen, ob das owm hier wirklich eine neu einsetzende Parnese einfîhrt, oder die Parnese ab 1Thess 4 nicht vielmehr nur hçher an der illokutionren Oberflche liegt.960 Die unterschiedlichen Akzentuierungen derjenigen Exegeten, die die konsekutive Interpretation favorisieren, kommt in unterschiedlichen Interpretationen der Konsekutivitt zum Ausdruck. Schrage etwa stîtzt dadurch explizit das Indikativ-Imperativ-Schema und resîmiert: „Aus dieser Folgerungspartikel zu Beginn der Parnese ist zu schließen, daß 957 Der textkritisch mit Abstand relevanteste Zeuge hierfîr ist der Codex Vaticanus, zustzlich nur bei mittelalterlichen Minuskeln. 958 So auch Marshall, Thess, 104; Milligan, Thess, 46; Morris, Thess, 117. 959 Vgl. auch Hebr 12,1. 960 Das Oszillieren der Bedeutung von koip¹m owm lsst sich auch an manchen Kommentaren zur Stelle ersehen: Malherbe etwa îbersetzt „Well then, brethren“ (Thess, 4.217 f.) und impliziert damit nur ein allgemeines, fast beilufiges „Atemholen“ vor einem neuen Abschnitt. In seinen Kommentarausfîhrungen hingegen interpretiert er das owm als eindeutig „inferential“ und parnetisch (ebd., 218; vgl. sofort). øhnliches ist bei Holtz’ zu beobachten. Seine ˜bersetzungsentscheidung „Im îbrigen nun …“ (Thess, 150) klingt sehr beilufig und bringt – hnlich wie auch bei Malherbe – nicht den Aspekt der Folgerung aus dem Frîheren zum Ausdruck, den Holtz dann durch den Text bezeichnet sieht (vgl. ebd., 151).

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

215

Paulus seine Ethik als Konsequenz des Kerygmas versteht, das er in den vorhergehenden Briefabschnitten expliziert hat“.961 Viel weniger spezifisch schreibt Holtz: „Die Wendung ,im îbrigen nun‘ (koip¹m owm) markiert einen Neuansatz des Gedankens, der zugleich in sehr allgemeiner Weise die Folgerung aus dem Vorangehenden zieht“.962 Malherbe kombiniert seine Interpretation des koip¹m owm mit seiner Vorentscheidung, den Gesamtbrief als grundstzlich parnetischen zu betrachten: „Given the paraenetic nature of the letter and that (to) loipon adelphoi … elsewhere in Paul’s letters also introduces paraenetic statements …, the paraenetic interpretation is to be preferred“.963 Ausdrîcklich schließt er sich Milligans Paraphrase an: „And now, brethren, to apply more directly what we have been saying“.964 V.a. aber Schnelle fîhrt auf eine wichtige Spur. Denn whrend die durch koip¹m owm ausgedrîckte Konsekutivitt hufig auf die gesamten Gedankengnge in 1Thess 1 – 3 (Schrage, Holtz, Malherbe) oder sogar auf das Evangelium ganz im allgemeinen bezogen wird965, deutet Schnelle koip¹m owm als „Folgerungspartikel“ viel spezifischer dahingehend, dass die Mahnungen ab 4,1 sich direkt durch den eschatologischen Ausblick auf Christi Parusie (3,13) motivieren.966 Wie spter noch zu zeigen sein wird, ist es problematisch, damit gleichzeitig eine „Forderung nach Heiligung und untadeligem Leben“967 verbunden zu sehen (vgl. 3.4.). Wichtig an Schnelles Beobachtung ist jedoch an dieser Stelle, dass – beschrnkt man sich mit ihm nur auf den Randvers 3,13 – das Motiv von Heiligkeit vor Gott und der Wiederkunft Jesu „mit allen seinen Heiligen“ îber 4,1 f. hinweg auch in 4,3 die Wiederaufnahme desselben Wortstammes „Heiligung“ einleitet.968 Eine Zwischenposition zwischen Schnelle, der den konsekutiven Sinn von

koip¹m owm nur auf den einen Randvers 3,13 beschrnkt, und Holtz und

Best, die ihn auf die gesamten Kapitel 1 – 3 îbergreifend großflchig fassen, nimmt Niebuhr ein. Er nennt zur Heiligung auch die gegenseitige Liebe und das Kommen Jesu als die beiden Briefhlften verbindende Motive und 961 962 963 964 965

Schrage, Ethik, 175. Holtz, Thess, 151. Malherbe, Thess, 218 (originale Kursivsetzung). Milligan, Thess, 45, zitiert in: Malherbe, Thess, 218. So bei Collins, „This is the Will …“, 300, Anm. 7; und (nicht ganz klar) bei Best, Thess, 154. 966 Vgl. Schnelle, Ethik, 302; ders., Paulus, 194. 967 Schnelle, Ethik, 301 f. 968 Dagegen ausdrîcklich Best, Thess, 154.

216

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

deutet 3,11 – 13 daher insgesamt als „˜berleitung“.969 Eine thematisch oder motivisch begrîndete Einheitlichkeit des Gesamtbriefes (nicht nur literarische Einheit) gerade eben unter Berîcksichtigung der aufflligen Kluft 3,13/ 4,1 sowie von (u. a.) daraus gespeisten Teilungshypothesen ist schon unter 2.3. erfolgt; îber Niebuhrs aus didaktischen Grînden geraffte Beispiele kçnnte somit noch weit hinausgegangen werden. Ob dies schlîssig begrîndet, 3,11 – 13 als „˜berleitung“ zu 4,1 ff. zu betrachten, ist dann wiederum eine fast nur nominelle Frage: 3,11 – 13 sind eine ˜berleitung durch ihre Stellung im Brief als letztes abschließendes Element vor der Großzsur; sie sind keine ˜berleitung insofern, als gerade in 3,11 – 13 durchaus nicht alle, nicht einmal alle wichtigen motivischen Elemente des Briefes genannt oder impliziert werden, die aber auch noch spter zu seiner Einheitlichkeit beitragen. Vielleicht ist es somit natîrlicher, von solchen Titulierungen abzusehen.

Festzuhalten ist, dass es im unmittelbaren Versumfeld gerade der Wortstamm um Heiligung/Heiligkeit/die Heiligen ist, der die Brîcke von 3,13 nach 4,1 ff. (konkret 4,3 – 8) tatschlich schlgt. In diesem Sinne kann koip¹m owm auch konsekutiv verstanden werden, nur entspricht es der Mehrdeutigkeit des Syntagmas dann besser, diese Konsekutivitt nur auf den mçglichst unmittelbaren Kontext zu beziehen, und das heißt: von Heiligkeit ("ciys¼mg)/Eschatologie zur Heiligung ("ciaslºr). koip¹m owm konsekutiv auch auf alle anderen Briefthemen zu beziehen, îberlastet die beiden Strukturwçrtchen. Sçding deutet – hnlich Niebuhr – neben dem "ciaslºr auch die Rede von der !c²pg als zweites Leitwort, das aus 3,11 – 13 stammt, in 4,1 – 12 aufgegriffen wird und die „Leitlinie fîr die gesamte Paraklese“ vorgibt.970 Die beiden Belege, auf die sich diese Deutung stîtzt, sind 3,12 (peqisse¼sai t0 !c²p, eQr !kk¶kour) und dann erst wieder 4,9 (heod¸dajto¸ 1ste eQr t¹ !cap÷m !kk¶kour). Der Verknîpfungswert dieser beiden Verse wird auch unmittelbar durch die Wiederaufnahme des !kk¶kour gestrkt. Problematisch an dieser These ist eher, dass diese beiden Belege doch weit voneinander getrennt stehen, mit einem wichtigen relativ umfang- und inhaltsreichen Abschnitt dazwischen (4,1 – 8), der seinerseits mit dem "ciaslºr ein viel deutlicher verbindendes Motiv setzt und lese- bzw. hçrpsychologisch die !c²pg gewiss îberbietet. Hinzu kommt, dass der Beleg 4,9 wohl eher als Verb das Motiv der unmittelbar vorher genannten vikadekv¸a aufgreift (in Ermangelung eines unmittelbar von vikadekv¸a abgeleiteten griechischen Verbes) als die !c²pg von 3,12. Gleichwohl ist Sçdings Vorschlag gewiss legitim, wenn vielleicht auch îberinterpretierend. Das Motiv der !c²pg 969 Vgl. Niebuhr, Paulusbriefsammlung, 272; ebenso Aasgaard, „My Beloved …“, 153; Malherbe, Thess, 222. 970 Vgl. Sçding, Liebesgebot, 68 – 70, Zitat 69.

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

217

dann allerdings als eine der Leitlinien fîr die „gesamte“ Paraklese zu betrachten, îberfordert es mehr noch als das der "ciys¼mg bzw. des "ciaslºr.

3.1.2. Zum Zusammenhang und Charakter der drei Stîcke 1Thess 4,1 f.; 4,3 – 8; 4,9 – 12 Fîr 1Thess 4,1 – 12 kçnnen wir auf die zunchst unkontroverse Beobachtung einer Dreierteilung dieses Abschnittes zurîckgreifen: 4,1 f. fungieren wie eine Einleitung, 4,3 – 8 und 4,9 – 12 behandeln deutlich voneinander abgegrenzte Themen (um welches Thema bzw. welche Themen es in V.3 – 8 geht, ist freilich umstritten, vgl. unter 3.3.); V.9 setzt hingegen thematisch klar neu an. Kontrovers wird allerdings der Zusammenhang dieser drei Unterabschnitte sowie deren Anschluss an 4,13 ff. diskutiert. Von zwei Extrempositionen wird man sich sogleich distanzieren kçnnen: Zum einen wird man die drei Abschnitte 4,1 f.; 4,3 – 8; 4,9 – 12 nicht so weit auseinander separieren und gemß den alten Teilungshypothesen unterschiedlichen Briefen zuordnen.971 Zum anderen wird man auch nicht so weit gehen wollen, gerade das Motiv der Heiligung als das die Mahnungen des gesamten zweiten Briefhauptteiles zusammenhalten971 Sowohl die Abspaltung von 4,1 f. von 4,3 ff. als auch die von 4,3 – 8 von 4,9 ff. und Zuordnung zu jeweils unterschiedlichen Briefen ist vorgeschlagen worden. Die erste Trennung ist die von Schmithals/1964, die auch wieder Richard îberzeugt hat. Auch die Trennung von 4,3 – 8 und 4,9 – 12 und Zuordnung zu unterschiedlichen Briefen stammt aus der Blîtezeit der Teilungshypothesen von paulinischem Briefgut, d. h. aus den 1970er und frîhen 1980er Jahren, ist jedoch seither – soweit ich sehe – nicht mehr wiederholt worden (vgl. Schenke/Fischer und Pesch; Demke hatte auch 4,8 und 4,9 gespalten, wobei er 4,1 – 8 gar nicht fîr authentisch paulinisch hielt, und innerhalb des Folgeabschnittes auch nur 4,9.10a.13 – 17; vgl. Kapitel 2.3.1.). Der Argumentation von Schenke/Fischer und Pesch, 4,9 – 12 seien wegen V.10 einem spteren Brief zuzuordnen, da Paulus hier durch Timotheus’ Nachricht bereits positive Informationen îber die Thessalonicher erhalten habe, whrend die „allgemeine“ Parnese 4,1 – 8 gut in den frîheren, noch durch Unsicherheit îber Situation der Gemeinde gekennzeichneten Brief passen wîrde (Schenke/Fischer, Einleitung, 68), sowie deren Schlussfolgerung, diese beiden Abschnitte deswegen unterschiedlichen Briefen zuzuteilen, begegnet man heute mit Misstrauen. Richtig gesehen an diesem Gedanken – und auch spter vielfach aufgegriffen (dazu sofort) – ist hingegen die Unbestimmtheit, wie „allgemein“ oder eben spezifisch die Parnese von 4,3 – 8 tatschlich sei.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

des Motiv972 oder gar als das Hauptthema des ganzen Briefes973 zu reklamieren: "ciaslºr bleibt stattdessen konkret im Rahmen der Thematik von 4,3 – 8.974 Betrachten wir zunchst den Anschluss von 4,3 – 8 an 4,9 – 12. Dessen Problematik liegt in zwei aufflligen aber widersprîchlichen Strukturmarkierungen: Zum einen kann man von einer Grobstruktur ausgehen, nach der 4,1 – 12 als zusammengehçrig zu betrachten und insgesamt wesentlich parnetisch geprgt ist. Zur Stîtze dieser Sicht kann auf die Inclusio durch peqipate?m/peqipat/te (4,1.12) verwiesen werden975, ebenso auf die Wiederaufnahme der paqaccek¸a (4,2) durch jah½r rl?m paqgcce¸kalem (4,11), das zweifache Motiv des peqisse¼eim l÷kkom (4,1.10), sowie die Neuanrede !dekvo¸ in 4,13.976 Ab 4,13 wîrde dann ein neues Thema einsetzen, das freilich nicht parnesefrei ist, aber sowohl inhaltlich als auch illokutionr einen anderen Schwerpunkt setzt; parnetische Aussagen sind hier sekundr. Die Zsur zwischen 4,12 und 4,13 wre so auf alle Flle gestrkt, wohingegen 4,3 – 8 und 4,9 – 12 enger aneinander hingen. Zum anderen fllt die vielbeachtete peq¸-Reihe (4,9.13; 5,1) ins Auge977, die, deutet man sie strukturbildend, eher auf eine Koppelung von 4,9 – 12 an 4,13 ff. und damit auf eine strkere Zsur zwischen 4,8 und 4,9 hinweist.978 Diese Interpretation passt besser mit der Struktur972 So Roloff, Einfîhrung, 103: „Die Mahnungen des zweiten Hauptteils werden durch das îbergreifende Thema der Heiligung zusammengehalten (4,3 – 8; 5,23)“ (originale Kursivsetzung). 4,3 – 8 auf der einen Seite und 5,23 auf der anderen als motivische Klammer fîr alles Zwischenliegende zu verstehen, ist allerdings schon auf den ersten Blick wegen der Lnge des zwischenliegenden Abschnittes ohne Wiederaufgreifen des Heiligungsmotivs eine sperrige Auffassung. Zudem ist 5,23 ausdrîcklich nicht parnetisch formuliert, dieser Vers steht noch nicht einmal im Rahmen einer „Schlussparnese“, sondern einem Schlussteil bzw. Briefschluss oder Segenswunsch. 973 So Weima, „How You Must Walk …“, 98; im Anschluss an ihn auch Gorman, „You Shall Be Cruciform …“, 151. 974 Vgl. auch Konradt, Gericht, 122, Anm. 560. 975 Vgl. auch Yarbrough, Gentiles, 67. 976 Vgl. Collins, Function, 404; Johanson, Brethren, 112 f.; Konradt, Gericht, 93 f.; Lambrecht, Analysis, 167 f.; Schrage, Heiligung, 234. 977 Vgl. 2.2.2. mit Anm. 620. 978 Gegen Collins, Function, 404, der erst das zweite peq¸ in 4,13 fîr seine Strukturentscheidung berîcksichtigt; dasselbe Problem auch bei Johanson, der das peq¸ in 4,9 ebenfalls îbergeht (vgl. Brethren, 112 f.), dann aber fîr 4,13 und 5,1 berîcksichtigt (vgl. ebd., 118 f.126 – 128).

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

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bildung durch das Heiligungsmotiv zusammen, das mit 4,3.4.7 und mit der Nennung des Heiligen Geistes in 4,8 nur den Abschnitt 4,3 – 8 zusammenfasst. Das Heiligungsmotiv folgt damit ausdrîcklich nicht der Parnesestruktur (kein Beleg in 4,1 f. oder 4,9 – 12) und steht gleichfalls außerhalb des durch die peq¸-Reihe gebildeten Abschnittes 4,9 – 5,11.979 4,3 – 8 steht innerhalb von 1Thess 4,1 – 5,11 also in einer ambivalenten Position. Und es kommt nicht von ungefhr, dass man diese Verse zu Zeiten der Hochblîte von Teilungshypothesen uneinheitlich manchmal von 4,1 f. und manchmal von 4,9 ff. abspaltete und unterschiedlichen Briefen zuordnete.980 Die beiden Anstze lassen sich folgendermaßen veranschaulichen:

Die traditionelle Exegese folgt stark der erstgenannten Strukturentscheidung mit der Favorisierung der Angliederung von 4,3 – 8 an 4,9 – 12 (Tabellenzeile 1.). Dieses Modell geht Hand in Hand mit der Bezeichnung der gesamten zweiten Briefhlfte von 1Thess als „parnetischer Teil“ (c.v.)981, und selbst bei Autoren, die auf diese ganz grobe Betitelung der Zweierteilung nicht zurîckgreifen, bleibt der Block 4,1 – 12 hufig als parnetische Einheit stehen.982 Auch in diesem Falle erscheint eine ethi979 Diese Strukturaufflligkeiten sind im Prinzip gut gesehen in Yarbrough, Gentiles, 67 f., obwohl Yarbrough an der Zusammengehçrigkeit von 4,1 – 12 festhlt. 980 Vgl. Anm. 628; vgl. auch die gut zusammengefassten Argumente bei Richard, 212 – 214. 981 Vgl. Best, Thess, 153; Bruce, Thess, 4; Dobschîtz, Thess, 154; Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 126; Einheitsîbersetzung, 1331; Gerber, Paulus, 254 f.; Haufe, Thess, 66; Malherbe, Thess, 216 f.; Merk, Handeln, 45; Preuss/ Berger, Bibelkunde, 416; Roloff, Einfîhrung, 101; Schmiedel, Thess, 12.19. Vgl. auch Lit. bei Bjerkelund, Parakalú, 129; vgl. Anm. 542. 982 Vgl. Blischke, Begrîndung, 56; Dibelius, Thess, 19; Holmstrand, Markers, 61 – 63; Holtz, Thess, 149 f. (Holtz problematisiert die Zusammenfîgung von 4,1 – 12 allerdings deutlich, vgl. ebd.); Johanson, Brethren, 112 – 118; Konradt, Gericht, 94; Lambrecht, Analysis, 164.166; Laub, Verkîndigung, 50;

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

sche Positionierung von Heiligung – von vorne durch 4,1 f. und von hinten durch 4,9 – 12 abgesichert – naheliegend und wirkt alleine durch den Kontext berechtigt, unabhngig davon, ob dies in den Gliederungen ausdrîcklich ausgesprochen wird oder nicht. Gesteigert wird die Ethisierung des Heiligungsbegriffes in denjenigen Beitrgen, in denen zu einer parnetischen Vereinheitlichung von 4,1 – 12 hinzukommend die Entfaltung des Heiligungsmotivs auch fîr 4,9 – 12 oder 4,1 – 12 insgesamt reklamiert wird.983 Folgt man hingegen einer anderen Reihenfolge der Argumente, d. h. lsst man dem Motiv der Heiligung eine strkere Strukturwirksamkeit zukommen und berîcksichtigt die peq¸-Reihe mehr, ergibt sich ein anderes Bild (Tabellenzeile 2.). 4,3 – 8 liegt jetzt zwar nicht „außerhalb“ eines parnetischen Kontextes, doch steht die Parnese insgesamt nicht mehr en bloc im Vordergrund. 4,9 – 12 gehçrt – strukturell, nicht thematisch984 – nher zu 4,13 – 5,11, 4,3 – 8 hat mehr Selbstndigkeit gewonnen, 4,1 f. sind – freilich immer noch parnetisch orientierte – Einleitungsverse. Dies passt mit Bjerkelunds Beobachtung zusammen, der betont, dass der Block 4,1 – 12 nur zwei direkte Aufforderungen enthlt, nmlich 4,1 – 2 und 10b-12, die beide Male mit paqajakoOlem eingeleitet werden.985 Der Abschnitt 4,3 – 8 hingegen sei zwar ebenfalls „parnetischen Charakters“, habe aber durch seine Einarbeitung in den Brief eine gewisse Umformung erhalten: „Paulus greift mit diesem Abschnitt auf seine frîhere Unterweisung der Gemeinde in Bezug auf den Willen Gottes zurîck. Dies geht nicht nur aus V. 6, sondern auch aus den Vv. 1 und 2 hervor. Aus V. 1 ist seine ˜berlieferung an die Gemeinde, wie sie einen gottwohlgeflligen Wandel fîhren Marshall, Thess, 103; Morris, Thess, 43.117; Pokorny´/Heckel, Einleitung, 197 (4,1 – 12 nennen sich hier: „Ermahnung zu einem gottgeflligen Lebenswandel (,Heiligung‘), obwohl sie 4,1 – 5,22 insgesamt als parnetischen Teil bezeichnen); Schfer, Gemeinde, 130 – 134; Schimanowski, Abgrenzung, 298 f.; Verhoef, 1 Thessalonians, 347. Fîr etliche weitere vgl. die Zusammenstellung bei Jewett, Correspondence, 216 – 225. 983 So etwa bei Lîhrmann, Beginnings, 245; Pokorny´/Heckel, Einleitung, 197; Schmiedel, Thess, 20; Schnelle, Einleitung, 64; Vielhauer, Geschichte, 84; Weima, „How You Must Walk …“, 99 f.103.112 – 118. Dagegen allerdings Bickmann, Kommunikation, 133 f.; dies., Der erste Brief, 651; Konradt, Gericht, 122, Anm. 560; Laub, Verkîndigung, 52; Schimanowski, Abgrenzung, 298 f. 984 Zur thematischen Zusammengehçrigkeit von 4,1 – 12 vgl. Konradt, Gericht, 121 f. 985 Bjerkelund, Parakalú, 130.

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

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soll, zu entnehmen. paqakalb²my wird in Verbindung mit dem traditionellen Lehrstoff gebraucht, hier von der ethischen ˜berlieferung, die Paulus an die Gemeinde weitergegeben hat. Mit V. 2 erinnert der Apostel die Gemeinde an die empfangenen Gebote. Der Abschnitt 4,3 – 8 muss daher als bearbeitete Wiederholung der ˜berlieferung vom Willen Gottes verstanden werden“.986 Bjerkelund geht bei dieser Aussage von der auch heute gngigen Mehrheitsîbersetzung von 4,3 „Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass …“ aus. Diese ˜bersetzung wird im Unterkapitel 3.2.2. problematisiert werden, so dass Einzelaussagen Bjerkelunds dort modifiziert werden mîssen. Hier ist seine Einsicht wesentlich, dass es sich bei 4,3 – 8 um eine îberarbeitete Parnese handelt.

Dass 4,3 – 8 frîhere Lehre aufgreifen, ist auch Yarbroughs Meinung: „These precepts [sc. in 4,3 – 8] were not new to the Thessalonians. They were part of the paraenetic tradition Paul had delivered to them during his founding mission. Here in the letter, therefore, Paul simply reminds the Thessalonians of his earlier teaching“.987 Er begrîndet diese Meinung mit dem wiederholten Aufgreifen von Formulierungen wie „die ihr ja von uns empfangen habt“ (V.1), „ihr wisst, welche Weisungen wir euch gegeben haben“ (V.2), „wie wir euch auch vorher gesagt und eindringlich bezeugt haben“ (V.6) und „wie wir euch geboten haben“ (V.11)988. Die Relevanz der Begrîndung durch diese vier von Yarbrough angefîhrten Textstellen fîr den eigentlichen Gehalt der Mahnungen in 4,3 – 8 (Enthaltung von Unzucht etc.) ist im Grunde gering: Denn die ersten beiden einleitenden beziehen sich zwar auf frîhere Lehre, doch ist nicht ersichtlich, ob das parnetische Substrat von 4,3 – 8 darin bereits enthalten war; die dritte befindet sich zwar innerhalb des Komplexes 4,3 – 8, bezieht sich jedoch nur auf die Information, dass der Kyrios Rcher sei, nicht jedoch auf die Mahnung an sich; und die vierte liegt außerhalb des (auch von Yarbrough) bezeichneten Kontextes und bezieht sich auf Arbeitsethik.

Dennoch ist Yarbroughs Beobachtung von heuristischem Wert und hat dieselbe Stoßrichtung wie Bjerkelunds These: Denn wir finden den Befund vor, dass 4,3 – 8 von intensivem Erinnern an Frîheres gerahmt ist, das sich aber nicht auf die konkreten Mahnungen dieser Verse selbst bezieht. Es ist somit im Anschluss an Bjerkelund und Yarbrough zweierlei festzuhalten: Erstens besttigt sich auch nach Bjerkelunds Forschungsinteresse (Untersuchung der mit einer paqajak_/paqajakoOlem986 Bjerkelund, Parakalú, 132 (eigene Kursivsetzung). 987 Yarbrough, Gentiles, 65 f. (originale Kursivsetzung). 988 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 65, Anm. 2.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Formel eingeleiteten Parnesen), dass 4,3 – 8 „parnetischen Charakters“, jedoch keine ebenso direkte Parnese sind wie 4,1 f. und 4,9 – 12. In anderen Worten: Es ist gesehen, dass man mit der strikten Identifizierung von 4,3 – 8 als „Parnese“ nicht gerecht wird, wohl aber gewissermaßen ein „parnetisches Substrat“ dieser Verse bilden kann. Dieses besteht in den Aufforderungen: „Enthaltet euch von der Unzucht! Ergreift euer Gefß in Heiligung und Ehrfurcht! ˜bervorteilt nicht den Bruder!“ Doch entspricht solchen direkten Mahnungen nicht die Begrîndungsstruktur der paulinischen Formulierung. Gut erfasst ist von Bjerkelund und Yarbrough daher auf alle Flle die „Mittelstellung“ dieser Verse zwischen Parnese und Nicht-Parnese. Und zweitens wird deutlich, dass zwar alle drei Sinneinheiten 4,1 f.; 4,3 – 8; 4,9 – 12 auf frîhere Lehre Bezug nehmen, doch auf unterschiedlich Weise: Whrend 4,1 f. ausdrîcklich auf die îberbrachte Lehre verweisen, V.9 das Wissen des Paulus ausdrîckt, dass die Thessalonicher sogar von Gott selbst in der Bruderliebe unterwiesen worden sind, und V.11 betont, dass es sich bei der angemahnten Arbeitsethik nur um eine Wiederholung handelt, stellen V.3 – 8 eine Bearbeitung frîherer Lehre dar, i.a.W. sie verwenden Elemente alter Unterweisung und fußen auf ihr, sind aber selbst nur Aufarbeitung, Applikation einer solchen (die direkte Erinnerung an frîhere Bezeugung in V.6c bezieht sich – wie genannt – wohl nur auf die Richterfunktion des Kyrios im unmittelbar vorgngigen V.6b; vgl. auch 1,10; 2,16989). 3.1.2.1. Zur Motivation fîr das parnetische Anliegen 1Thess 4,3 – 8 Yarbrough fasst die unterschiedlichen Forschungsmeinungen îber die konkrete Motivation fîr Paulus’ parnetisches Anliegen in 1Thess 4,3 – 8 zusammen: „Some scholars suggest that when Timothy returned to Paul with his report that the Thessalonians remained faithful to the gospel and continued to hold Paul in fond memory (3:6 – 10), he also brought news that some of them had fallen into the immoral practices associated with their former worship of idols. Others maintain that Paul feared the Thessalonians might revert to the immorality of their former life, since they had only recently turned from 989 Vgl. Best, Thess, 167; Dobschîtz, Thess, 170; Malherbe, Thess, 233; Marshall, Thess, 112; Richard, 189.204 f. Gelegentlich bleibt der Bezug dieses Verweises auf frîhere Lehre auch unklar, so bei Dibelius, Thess, 22 (bezieht sich das Wçrtchen „dies“ nur auf das Gericht oder auf die Parnese im allgemeinen?); Holtz, Thess, 164; Mîller, Thess, 175.

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

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idols to serve God. Still other scholars claim that Timothy brought with him specific questions about marriage and sexual morality which had arisen among the Thessalonians after Paul had left and about which they wanted Paul’s counsel. And still others argue that there was nothing in Thessalonica prompting Paul to rehearse the precepts on marriage and sexual morality, that he did so as a matter of course – simply because these were common themes in the moral literature of the time and like other moralists he addresses them when summarizing his ethical teaching“.990

Von diesen vier von Yarbrough referierten Meinungen interessieren hier nur zwei Alternativen: ob Paulus aus konkretem Anlass schrieb oder nicht. Wenn ja, kann unberîcksichtigt bleiben, ob Paulus dieser Anlass durch den Bericht des Timotheus indirekt oder durch eine Frage der Thessalonicher direkt îbermittelt wurde; wenn nein, kann unberîcksichtigt bleiben, ob Paulus aus eigener Befîrchtung heraus vorbeugend schrieb oder nur aus parnetischer Konvention. Im Gegensatz zum breiten Konsens darîber, dass die bereits genannte peq¸-Reihe 4,9.13; 5,1 auf Antworten des Paulus zu konkreten Anfragen aus der Gemeinde hinweist991, ist deutlich umstrittener, ob dies auch fîr 4,3 – 8 gilt.992 Je strker das peq¸-Motiv strukturrelevant gedeutet wird, desto leichter folgt daraus auch ein Unterschied im Hinblick auf die Art der Parnese (dies auch ganz in Bjerkelunds Sinne); diese kann freilich auch ihre Motivierung mit einschließen, i.a.W. es wîrde sich auf diese Weise die Deutung geradezu anbieten, Paulus habe in 4,3 – 8 keine konkrete Situation im Blick. Dagegen allerdings stehen selbst oberflchlich betrachtet der allgemeine Aufbau des Gesamtbriefes und speziell auch der der Kapitel 4f., sowie die sprachliche Gestaltung: Zum einen haben die Verse 4,3 – 8 990 Yarbrough, Gentiles, 66 (originale Kursivsetzung); Lit. in Anmm. 3 – 6. 991 Vgl. 2.2.2. mit Anm. 620. 992 Dass 4,3 – 8 eine Mahnung allgemeiner Natur wiedergebe, meinen: Bickmann, Der erste Brief, 652 f.; Collins, „This is the Will …“, 323; Eckart, Brief, 35 – 37; Koester, Experiment 38 f.; Laub, Verkîndigung, 51 f.; Merk, Handeln,46; Pesch, Entdeckung, 87; Schade, Christologie, 135 f.; Schenke/Fischer, Einleitung, 68; Schnelle, Ethik, 297 f.; Schrage, Einzelgebote, 42; Snyder, Apocalyptic, 236 – 239; daran im Anschluss ders., Summary, 361 (Snyder hlt 4,1 – 8 fîr eine allgmeine Mahnung, erst ab V.9 begnne ein Aufgreifen konkreter Anfragen; gegen Collins, „This is the Will …“, 307 f.). Dass Paulus hingegen eine spezifische Situation der thessalonischen Gemeinde aufgreift, meinen Frame, Thess, 140; Schmithals, Thessalonicherbriefe, 312; Weima, „How You Must Walk …“, 103; vgl. zudem zu den speziellen Thesen von Baltensweiler und Baumert unten unter 3.3.3.2. und 3.3.3.3.).

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

nicht den epistolographischen Platz fîr Allgemeinanweisungen; zum Kontext der nachfolgenden offensichtlich konkreten Mahnabschnitte wîrden sie besser bei Annahme eines konkreten, situativen Hintergrundes passen („regelrechte“ Schlussparnese erst ab 5,12). Noch weisen sie die fîr allgemeine Mahnungen typische syntaktische Gestaltung auf.993 (Letzteres gilt auch fîr 4,1 f., die zwar allgemein gehalten sind, aber keine neuen Mahnungen aussprechen, sondern nur auf alte verweisen, diese erneut gegenwrtig setzen und als Einleitung fîr die folgenden Abschnitte dienen.994) Hinzu kommt das verschlîsselte Vokabular v. a. von 4,4, gewissermaßen auch 4,6, das eben nicht einfach ein allgemeines ist, sondern offenbar mit spezifischer Blickrichtung gesetzt ist, auch wenn andere Begriffe durchaus allgemeine Bedeutung tragen mçgen.995 Verschlîsselte Sprache ist nicht allgemeine Sprache.996 So kann insgesamt formuliert werden: Position und Struktur dieser Verse sowie die parnetische Ambivalenz deuten darauf hin, dass Paulus hier situativ eine Mahnung zu einem konkreten Thema auf einer frîheren allgemeineren Lehre aufbaut. Nicht eruierbar hingegen ist, ob der Anlass fîr 4,3 – 8 Paulus aufgrund einer konkreten Fragestellung der Thessalonicher an ihn herangetragen worden ist (etwa durch einen verschollenen Brief ) oder ob er aufgrund der Erzhlungen des zurîckgekehrten Timotheus îber eine Situation informiert worden ist997, die ihn, ohne dass eine direkte Fragestellung vorlag, zu dieser Textpassage veranlasst hat. Dies ist hier jedoch, wie gesagt, ohne Belang.

3.1.2.2. Weitere Charakterisierung des parnetischen Anliegens 1Thess 4,3 – 8 Die parnetische Sonderstellung dieser Verse liegt nicht nur im Kontext sowie in der Kombination der Mahnung mit frîherer Lehre. Einzigartig innerhalb des gesamten Briefes ist die Unterstreichung des großen Ernstes dieser Mahnung: Bereits einleitend wird eingeschrft, dass die Mahnungen das Paulus „im Herrn Jesus“ erfolgen (4,1), sodann dass sie sich 993 Vgl. unter 2.2.2. zur (negativ beantworteten) Frage, ob der gesamte Abschnitt 4,1 ff. treffend als „Schlussparnese“ zu bezeichnen ist. 994 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 304; ders., Function, 406; Dibelius, Geschichte, 96. 995 Vgl. v. a. unter 3.3.3. 996 Gegen Eckart, Der zweite Brief, 35 f. 997 Wohl am ausfîhrlichsten zu Gunsten eines verlorenen Briefes der Thessalonicher an Paulus pldiert Malherbe, Did the Thessalonians Write to Paul? Ebenso Faw, Writing, 222 – 225; Frame, Thess, 140.157; Fuchs, Hermeneutik, 46.

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

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am Willen Gottes orientieren (4,3), dass das geforderte Verhalten die Glubigen von denen, „die Gott nicht kennen“, absetzen soll (4,5); auch die Erinnerung an die Richterrolle des Kyrios gehçrt hierzu (4,6b). Der Hçhepunkt dieser Hochhaltung des parnetischen Anliegens liegt abschließend in der Betonung strenger Konsequenzen bei Nichtbefolgung: Wer die Mahnung dieser Verse ignoriert, verwirft Gott selber, nicht nur einen Menschen (4,8). Diese fînf klimaktisch angeordneten Momente – eines davon einleitend, vier davon innerhalb von 4,3 – 8 – sind von Paulus eingesetzte Strategien, um den Ernst des parnetischen Abschnittes 4,3 – 8 zu betonen.998 Die schiere Ausfîhrlichkeit der adverbiellen Bestimmung V.4b.5 erscheint demgegenîber beinahe als nebenrangig, wîrde sie nicht eben in dem Verweis auf diejenigen, „die Gott nicht kennen“, gipfeln999 und somit nochmals die Wichtigkeit des Gott-Kennens fîr die Situation der Thessalonicher in den Vordergrund stellen. Ein solcher Ernst ist in 1Thess einmalig.1000 Dass die Lehre zur vikadekv¸a (4,9) durch Gott selbst erfolgt ist, verweist freilich ebenfalls auf einen hohen autoritativen Anspruch; doch bei Missachtung der anempfohlenen Arbeitsethik (4,10 – 12) werden Straffolgen îberhaupt nicht angesprochen. Dasselbe gilt fîr die Aufforderung zur gegenseitigen Ermutigung (4,18; 5,11), und in der allgemeinen Schlussparnese 5,12 – 22 fehlt die Androhung strenger Ahndungen ohnehin. Einzig in der Mahnung zur Wachsamkeit und Nîchternheit beim Warten auf Christi Wiederkunft (5,6) findet sich eine 4,5 vergleichbare Ausschlussformel: Das Wachen und Nîchtern-Sein wird als die rechte Haltung bei der Parusie bezeichnet – das Schlafen hingegen ist ausdrîcklich die Haltung „der anderen“ (oR koipo¸). Die Parallele ist zu ziehen zu vergleichbar ausgrenzenden Formeln in 4,5 (5hmg t± lµ eQdºta t¹m heºm) und 4,12 (to»r 5ny). Die Betonung des Schlafens als die Haltung der koipo¸ macht das Wachen zu einem soteriologisch relevanten Kriterium, insbesondere im Anschluss an diejenigen Exegeten, die die soziologische Funktion der Parnese als wesentlichen Faktor zur Strkung der christlichen Gruppenidentitt hervorhe998 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 78. 999 Konradt sieht in der negativen Hlfte dieses Passus (also V.5) den Ton des ganzen Abschnittes (vgl. EQd´mai, 133). 1000 Merk sieht, dass der Verweis auf Gottes eschatologisches Gericht allgemein zur wesentlichen Motivierung der paulinischen Parnese gehçrt (vgl. Handeln, 48), doch bleibt bei ihm die Sonderfunktion dieses Verweises speziell innerhalb von 1Thess zu wenig berîcksichtigt.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

ben.1001 Umso aufflliger ist der Redewechsel in 5,10, wo ganz gegenteilig dazu mit einer Vergewisserung des kînftigen Lebens mit Christus fortgefahren wird, egal „ob wir wachen oder schlafen“ (eUte cqgcoq_lem eUte jahe¼dylem). Freilich liest die mit Abstand mehrheitliche Exegese cqgqoc_lem und jahe¼dylem in V.10 metaphorisch i.S.v. „leben“ bzw. „tot sein“ und lçst damit das Paradox auf.1002

In anderen Worten: Paulus vermittelt auch an anderen Stellen Mahnungen mit soteriologischem Ernst, doch nirgendwo im gesamten Brief so ernst wie in 4,3 – 8. Hier alleine geht es um Dinge, die bei Nichtbeachtung das aktive „Verwerfen“ ( !hete?m) Gottes bewirken und die es nçtig machen, an die Richterrolle des Kyrios zu erinnern. Neben diesen Techniken liegt eine weitere Strategie, die Paulus zur Stîtze der Wichtigkeit des Anliegens 4,3 – 8 einsetzt, in dessen Erstplazierung im parnetischen Großabschnitt ab 4,3 (nach 4,1 f. als Einleitung). Und es ist hierbei nicht nur die Hierarchie der Reihenfolge an sich, durch die 4,3 – 8 an hervorgehobener Position zu stehen kommt, sondern auch, dass diese Verse so îber die koip¹m owm-Einleitung 4,1 f. – folgt man Schnelles Sicht, 3,13 als motivisches „Sprungbrett“ fîr 4,3 ff. zu betrachten – direkter an der eschatologischen Anknîpfung von 3,13 Anteil haben. Unterstreichung der Importanz, Sanktionsdrohung sowie die Anknîpfung an 3,13 haben dieselbe Stoßrichtung und treffen den Kern der Evangeliumsverkîndigung (vgl. 1,9 f.): Wer 4,3 – 8 missachtet, geht der eschatologischen Gottesgemeinschaft verlustig. Diese vielfach hervorgehobene Hoheit des Anliegens von 4,3 – 8 und ihre soteriologische Relevanz stehen im deutlichen Widerspruch zu 1001 Vgl. etwa Bçrschel, Konstruktion, 241 – 268; Bickmann, Kommunikation, 261 – 264 u. ç.; dies., Der erste Brief, 651 f.; Schimanowski, Abgrenzung, 312 – 314; Yarbrough, Gentiles, 78 – 87.89. 1002 Vgl. Best, Thess, 218; Bruce, Thess, 114; Dibelius, Thess, 30; Dobschîtz, Thess, 213 f.; Haufe, Thess, 97 f.; Holtz, Thess, 230 f.; Malherbe, Thess, 295; Marshall, Thess, 141; Marxsen, Thess, 70; Morris, Thess, 162; Mîller, Thess, 194; Reese, Thess, 58; ausfîhrlicher Richard, Thess, 257. Harnisch vermutet, der Euphemismus sei dadurch zu erklren, dass Paulus „das Verbum f/m ausschließlich fîr die Kennzeichnung des zukînftigen eschatologischen ,Lebens‘ s»m juq¸\ reservieren will“, um es somit von den f_mter als gnostische Bezeichnung fîr die lebenden Pneumatiker abzuheben (vgl. Existenz, 150; dagegen: Holtz, Thess, 231, Anm. 484). Anders Lautenschlager : Er versteht das Schlafen und Wachen im ethischen Sinne („ … sei es, daß wir in Erwartung der Parusie heilig leben, sei es, daß wir nachlssig werden“; vgl. EUte, 40 – 50, Zitat: 50) und will daraus die paulinischen Aussage ableiten, dass „Gott seinem Heilsratschluss îber die Christen selbst dann treu bleibt, wenn diese ethisch versagen (jauhe¼deim) sollten“ (ebd., 57 f.).

3.1. Zu Struktur und Charakterisierung von 1Thess 4,1 – 8

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denjenigen Textmomenten, die diese Verse „nur“ als „ambivalente“ Parnese kennzeichnen, d. h. das Fehlen von Imperativen, Hortativen oder paqajak_/paqajakoOlem-Formeln, einschließlich auch des gesamten Wortfeldes fîr Mahnung, etwa aQt´y, d´olai, 1qyt²y, mouhet´y, pqose¼wolai, sowie die strukturelle Mittelstellung innerhalb von 4,1 – 12. Dass Paulus hier offenbar ein parnetisches Anliegen auf frîherer nichtparnetischer Lehre aufbaut (vgl. Bjerkelund), ist im Moment weder zur Strkung noch zur Schwchung dieses Anliegens ausdeutbar: Es wre zu erwarten, dass ein Anliegen, das zudem soteriologische Relevanz trgt, klarere parnetische Sprachformen aufweist und auch kontextuell eindeutiger im Vordergrund plaziert ist. Insofern wirkt die auf diese frîhere Lehre geschichtete Parnese eher indirekt. Andererseits wird deren soteriologische Relevanz mçglicherweise gerade durch die Folie der frîheren Lehre verdeutlicht, vor der die Parnese formuliert wird und auf die ihre Begrîndungsstruktur verweist. Hierzu wîrde unmittelbar passen, dass die Sanktionsdrohungen sowie der eschatologische Konnex den Kern der Glaubensbotschaft, nmlich die Gemeinschaft mit Gott durch Christus selbst betreffen. Die hervorgehobene soteriologische Wichtigkeit des Mahnanliegens in 4,3 – 8 wre somit nicht nur behauptet, sondern lge darin begrîndet, was sie von den anderen Mahnungen unterscheidet, nmlich ihr Aufhnger an der frîheren Lehre, die in nuce in 1,9 f. dargestellt ist und in der Kombination von Theo-logie, Christologie und Eschatologie das Fundament des Glaubens der jungen Gemeinde sowie der inhaltlichen Gestaltung von 1Thess insgesamt legt. 3.1.3. Konsequenzen Innerhalb des Großabschnittes 4,1 – 5,11 stehen 4,3 – 8 in einer Sonderstellung. 4,1 f. und 4,9 – 12 sind vergleichsweise direkt parnetisch, 4,13 – 5,11 nur indirekt – unbeschadet der vielfltigen theologischen Verknîpfungen von Parnese in 1Thess îberhaupt (vgl. 2.3.2.). Illokutionr betrachtet liegt Parnese auch in 4,3 – 8 hoch an der Oberflche, und die Frage, ob diese Verse nun als „Parnese“ zu bezeichnen seien oder nicht, ist fast eine mîßige nominelle Frage. Wesentlicher ist die Charakterisierung des parnetischen Anliegens. Diesbezîglich sind mehrfach widersprîchliche Beobachtungen auszumachen: widersprîchlich deswegen, weil einige dieser Beobachtungen die parnetische Importanz des Abschnittes 4,3 – 8 senken und andere heben.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Betreffs der Zusammengehçrigkeit bzw. Selbstndigkeit der drei Abschnitte 4,1 – 8; 4,9 – 12; 4,13 – 5,11 knîpfen nur manche Textsignale die Verse 4,3 – 8 an einen ethischen Kontext (nmlich diejenigen, aufgrund derer 4,1 – 12 mçglichst als Einheit aufzufassen ist), andere lçsen sie von ihm (diejenigen, aufgrund derer 4,3 – 8 mçglichst selbstndig zu verstehen ist). Auch die sprachlich-syntaktische Gestaltung (Bjerkelund) sowie die Beobachtung, dass der Hauptsatz 4,3 zwischen dem expliziten Verweis auf frîhere Weisungen in 4,2 und den die logischen Mahnungen von 4,3 – 8 beinhaltenden, aber grammatikalisch untergeordneten Infinitiven (zur Grammatik vgl. 3.2.), gerade nicht parnetisch ist, fîhrt zu einer Minderung der parnetischen Importanz. Auf der anderen Seite weist der Abschnitt 4,3 – 8 eine herausragend eschatologische und soteriologische Dimension auf. Durch den Anschluss koip¹m owm wird der Abschnitt 4,1 ff. mit 3,13 verknîpft. 4,3 – 8 schlagen die Brîcke zurîck zum Motiv des "c-Stammes von 3,13; îber dieses Motiv greift die eschatologische Ausrichtung auf Christi Parusie von 3,13 auf 4,3 – 8 aus. Innerhalb von 4,3 – 8 bildet der Verweis auf den Willen Gottes (4,3), die Richterrolle des Kyrios (4,6), das Verwerfen Gottes bei Missachtung des parnetischen Anliegens (4,8), sowie die Betonung der Abgrenzung von denen, die „Gott nicht kennen“ (4,5) hierzu das soteriologische Pendant. Im Bezug auf den Kontext von 4,3 – 8 kann formuliert werden, dass er – die Struktur der Parnese betreffend – ambivalent gewhlt ist, weil dieser Abschnitt somit sowohl nach der parnetischen Einleitung 4,1 f. zu stehen kommt und dennoch gleichzeitig noch stark vom eschatologischen Motiv von 3,13 profitieren kann. Es wird dadurch die theo-logische Basis des Glaubens der Thessalonicher (vgl. auch 1,9 f.) deutlich fîr das Anliegen 4,3 – 8 geltend gemacht. Als vorlufiges Ergebnis kann damit auch festgehalten werden, dass Struktur- und Sprachgestaltung eher darauf hinweisen, dass Paulus mit 4,3 – 8 ein konkretes ihm bekanntes Problem der thessalonischen Gemeinde anspricht. Der Frage der Sprachform, d. h. warum Paulus auf diese verschrnkte Weise und nicht direkter mahnend formuliert, gerade wenn ihm sein Anliegen so wichtig ist, soll im nchsten Unterkapitel mittels einer syntaktischen Untersuchung nachgegangen werden, whrend nhere ˜berlegungen zum konkreten im Abschnitt 4,3 – 8 zugrundeliegenden Problem in 3.3. angesprochen werden sollen.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen Eine detailliertere Untersuchung der Sprachform von 1Thess 4,3 – 8 zur genaueren Erhebung des parnetischen Charakters dieser Verse sowie zur Funktion des Heiligungsbegriffs in ihr liegt nicht nur auf der Linie des hier gewhlten Vorgehens. Sie will sich zudem mit der Reihenfolge „zuerst Grammatik, dann Inhalt“ mçglichst nicht demjenigen Vorwurf aussetzen, der gegen die Mehrheitsexegese dieser Verse lanciert wurde, nmlich die grammatikalische Analyse zu Gunsten einer vermuteten inhaltlichen Interpretation nachtrglich anzupassen.1003 Ganz konsequent ist dies freilich nicht mçglich; inhaltliche Aspekte sollen an dieser Stelle jedoch mçglichst nur zur Sprache kommen, um inhaltliche Weichenstellungen zu verdeutlichen, die sich aus grammatikalischen Alternativen ergeben. Hierfîr sollen weiterhin primr die Verse 4,3 – 8 als durch den "ciaslºr sowie das pmeOla ûciom zusammengehaltenen Kerntext im Blick behalten werden, sowie die beiden einleitenden Verse 4,1 f. 3.2.1. Die Verse 1Thess 4,1 f. Syntaktischer Grobaufbau von 1Thess 4,3 – 6 Die Funktion der adverbiell eingeleiteten Neuanrede koip¹m owm wurde bereits besprochen. Nach ihr hngt der gesamte Satz V.1 von den beiden parallel gesetzten Hauptverben 1qyt_lem und paqajakoOlem (Zeile a in nachstehender kolometrischer Darstellung) ab.1004 Das nachfolgende finale Vma (b) wird spter im Satz inhaltlich durch peqisse¼gte l÷kkom ausgefîhrt, wiederholt (f ); die beiden jah¾r-Einschîbe dazwischen (c; e) sind zwei eingeschobene Parenthesen. Inhaltlich korrespondiert das Anliegen des Paulus dieser Syntax nicht: Die inhaltliche Fîllung der bereits empfangenen Lehre ist erst mit de? rl÷r 1003 Vgl. Baumert, Brîche, 341. 1004 Eckart erkennt in diesem Anfang einen kunstvollen, feierlichen Anfang, der ein exakt gebautes Parallelzeilenpaar enthlt: Koip¹m owm, !dekvo¸, 1qyt_lem rl÷r ja· paqajakoOlem 1m juq¸\ (IgsoO, Dies will man gar nicht bestreiten; es betont ein weiteres Mal den markierten Neuansatz mit 4,1. Eckarts weitere Poetik-Analysen fîr die V.3 – 8 und V.9b – 12 fallen dann freilich recht willkîrlich aus, so dass man auch seiner Schlussfolgerung, diese Texte seien unpaulinische liturgische oder katechetische Einschîbe (vgl. Eckart, Brief, 35 – 37), kaum folgen kann.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

peqipate?m ja· !q´sjeim he` im Rahmen der ersten Parenthese, und auch

hier untergeordnet, genannt (d), die jetzige „Bitte und Ermahnung“ vom Satzanfang (a) wird erst nach langem Hyperbaton durch peqisse¼gte l÷kkom przisiert – die lange Sperrung begrîndet die Wiederholung Vma (f)1005 –, inhaltlich jedoch ist peqisse¼gte (f) durch peqipate?m ja· !q´sjeim he` (d) gefîllt zu denken. Dass auf diese Weise das inhaltlich Wesentliche in eine Parenthese versteckt ist, und auch dort untergeordnet, der Hauptsatz hingegen weit gesperrt und inhaltlich von viel weniger Interesse ist, mag stilistisch unschçn sein, doch tut dies dem Satzverstndnis keinen Abbruch.1006 Die Satzstruktur ergibt sich wie folgt:

Der folgende Satz V.2 bereitet keine syntaktischen Probleme, inhaltlich greift er nochmals den Gedanken von V.1c auf. Probleme werfen hingegen die einen einzigen Satz umfassenden Verse 3 – 6a auf (vgl. nachstehende kolometrische Darstellung), trotz der formalen Symmetrie, nach der auf den Hauptsatz V.3a zunchst vier Infinitivstze (V.3b; 4a; 4b.5; 6a) folgen, die wiederum von drei Kausalstzen gefolgt werden, die mit unterschiedlichen Konjunktionen eingeleitet sind (diºti V.6b; c²q V.7; toicaqoOm V.8a).1007 Die Probleme lassen sich auf drei konzentrieren: Die Funktion des einleitenden Pronomen toOto in V.3a sowie die 1005 Etliche Handschriften, auch wichtige wie die Codices Sinaiticus und Alexandrinicus, lassen das erste Vma (b) aus. Diese beiden Majuskeln sind gleichzeitig die ltesten Zeugen fîr den vollstndigen 1Thess sowie die frîhesten Zeugen fîr 4,1 îberhaupt (frîhere Papyri P 46; 30; 65 umfassen nur andere Abschnitte des Briefes). Der textkritische Entscheid von Nestle-Aland (zu Gunsten des Vma [b]) ist also grenzwertig, tangiert aber Analyse und Verstndnis des Satzes nicht. Die Wiederholung des Vma ist aber auch nicht einfachhin redundant, sondern aufgrund der langen Sperrung verstndlich. 1006 Vgl. BDR, § 465. 1007 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 123.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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des Syntagmas b "ciasl¹r rl_m sollen in 3.2.2. bestimmt werden. Der Bedeutung und Funktion der fînf Infinitive (welche sind epexegetisch im Bezug auf welche?) wird in 3.2.3. nachgegangen werden. Die folgende, grobe kolometrische Anordnung dient nur der besseren Verfolgbarkeit des folgenden Abschnittes und basiert nur auf den syntaktischen Strukturen des Textes, sofern sie problemlos erkennbar sind, berîcksichtigt aber noch nicht deren Verhltnisse zueinander:

3.2.2. Zu toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO, b "ciasl¹r rl_m 1Thess 4,3a Die Logik der herkçmmlichen Lesart dieses Verses verluft folgendermaßen: Sie beginnt mit dem einleitenden Demonstrativpronomen toOto „dieses“. Da dies kein unmittelbares Bezugsnomen im vorgngigen Satz hat, erwartet man es im folgenden; diese Erwartung sieht man auch inhaltlich dadurch gestîtzt, dass V.1 f. einleitende, aber allgemeine Mahnungen formulieren, deren nhere Ausfîhrung man im weiteren erwartet. Die naheliegendste Deutung wre demnach, toOto grammatikalisch auf h´kgla zu beziehen, sich anschließend einen Doppelpunkt zu denken und b "ciasl¹r rl_m als inhaltliche Ausfîhrung des Willens Gottes zu deuten. Von b "ciasl¹r rl_m wîrden sodann die folgenden AcI ab V.3b abhngen. Zu îbersetzen wre demnach z. B.: „Denn dies ist (der) Wille Gottes: eure Heiligung, dass ihr euch enthaltet …“. So oder hnlich klingen praktisch smtliche wichtige Bibelîbersetzungen und

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Kommentare sowie ˜bersetzungen in etlichen anderen exegetischen Werken.1008 Diese Lesart legt eine enorm große Emphase auf Gottes 1008 Zuletzt auch wieder Stettler, Heiligung, 39; Verhoef, 1 Thessalonians, 348. Teilweise werden leichte Interpretationsvarianten durch unterschiedliche Interpunktion deutlich, durch die Unsicherheit darîber entstehen kann, ob der Nebensatz „dass ihr euch von der Unzucht enthaltet“ vom „Willen Gottes“ oder von der „Heiligung“ abhngig verstanden wird: Wird nach „Heiligung“ ein Doppelpunkt gesetzt, ist der nachfolgende Nebensatz deutlich auf „Heiligung“ zu beziehen. Fîr diese Lçsung entscheiden sich die Elberfelder ˜bersetzung und Zîrcher Bibel; Asting, Heiligkeit, 218; Bruce, Thess, 80; Collins, „This is the Will …“, 299 (ohne Doppelpunkt allerdings in: ebd., 308); Dibelius, Thess, 20; Haufe, Thess, 67; Marxsen, Thess, 57; Reese, Thess, 42; Verhoef, 1 Thessalonians, 348. Abhngigkeit der griechischen Infinitive von „Heiligung“ wird z. T. noch durch erklrende Einschîbe in den ˜bersetzungen verdeutlicht: So schreibt z. B. Best: „For this is the will of God, that you sanctify yourself: that is to abstain from sexual sin …“ (Thess, 158; eigene Kursivsetzung). Ebenso deutlich Delling: „Welches ist nun dieser Wille Gottes? Das ist die Heiligung der Christen, die in V. 3 – 6 nher geschildert wird“ (Stellung, 57). Sehr deutlich auch die E˜ durch Beginn eines neuen Satzes nach „Heiligung“ mit erklrendem Einschub: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung. Das bedeutet, daß ihr die Unzucht meidet …“ (eigene Kursivsetzung); und ebenso Hiebert, Thess, 173: „It is God’s will that you should be holy; that you should avoid sexual immorality …“. Wird statt des Doppelpunktes ein Komma gesetzt, ist dies genau dieselbe Interpunktion wie die im griechischen Text bei Nestle-Aland. In diesem Falle wird der grammatikalische Bezug durch die Interpunktion weniger klar. Dass jedoch auch in diesem Falle die nachfolgenden Infinitive leicht auf Heiligung bezogen werden kçnnen, zeigen z. B. Schmiedel und Malherbe. Ersterer îbersetzt: „Denn das ist Gottes Wille, eure Heiligkeit [sic!], dass ihr euch nmlich enthaltet …“, und erlutert dazu: „Auseinandergelegt wird ihr [sc. der Heiligkeit] Inhalt zunchst in den Infinitiven …“ (beide Zitate: Schmiedel, Thess, 20). Malherbe setzt Komma, doch îbersetzt er ganz hnlich wie die E˜: „This is God’s will, your sanctification, that is, that you abstain from immorality …“ (Thess, 5.224). Weiter setzen Komma nach „Heiligung“: rev. Lutherîbersetzung, Schlachter, und Mînchener NT, sowie Bjerkelund, Parakalú, 131; Carras, Ethics, 307; Holtz, Thess, 150; Laub, Verkîndigung, 50; Maurer, Art. sjeOor, 367; Morris, Thess, 120; Mîller, Thess, 167 f.; Reinmuth, Thess, 137. Besondere erklrende oder paraphrasierende Zustze, um Bezugnahme der Infinitive auf „Heiligung“ zu vermeiden, (wie im anderen Falle bei Best, Malherbe oder der E˜) finden sich hier nicht. Die Interpunktion bei Nestle-Aland ist allerdings insofern auffllig, als zwischen Hauptsatz und abhngigem AcI im Griechischen normalerweise kein Komma gesetzt werden wîrde; die Interpunktion in Nestle-Aland weist somit eher darauf hin, dass deren Redaktoren die Infinitive auf toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO bezogen sahen. Pesch stellt mit seiner Wiedergabe, die eine Bezugnahme ganz vermeidet, eine Ausnahme dar: „Denn dies ist der Wille Gottes: eure Heiligung; ihr sollt euch

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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Wunsch nach Heiligung, definiert den Begriff der Heiligung beinahe schon als Protoziel Gottes fîr die Thessalonicher, und legt nahe (je nach Interpunktion oder paraphrasierend-erklrenden Einschîben), die folgenden ethischen Anweisungen als Ausfîhrungen des "ciaslºr zu betrachten; so etwa exemplarisch bei Konradt: „Inhaltlich konkretisiert wird die Heiligung durch die Infinitivkonstruktionen in V.3b-6a. Heiligung bedeutet demnach allem voran die Enthaltung von poqme¸a“1009 ; ebenso bei Stettler : „Folgende Konkretionen der Ethik sind der Heiligung hier zugeordnet“.1010 Gegen diese Sicht hat jedoch Baumert gravierende Einwnde vorgetragen: Erstens, der Wunsch Gottes nach Heiligung der Glubigen sei eine „Selbstverstndlichkeit“ und eine solche Emphase daher îbertrieben1011; zweitens, der doppelte AcI in 4,4, inhaltlich Epexegese von „"ciaslo¸“ [sic!], sei auf diese Weise zu selbstndig, da ein AcI nicht alleine von einem Substantiv abhngen kann. Wenn schon der Nebensatz V.3b von b "ciasl¹r rl_m abhngig gemacht werden sollte, dann wre es besser, !p´weshai ins Partizip zu setzen, und zwar streng genommen, rl_m folgend, im Genitiv Plural, also !pewºmtym. Ob es sich bei der Heiligung tatschlich um eine „Selbstverstndlichkeit“ handelt, sei dahingestellt, Baumerts weitere Kritiken sind jedoch berechtigt, obwohl ihr vielleicht auch eine zu starke Erwartung an hyperkorrekten Sprachgebrauch des Paulus zugrundeliegt.1012 Einzig erfernhalten …“ (Entdeckung, 71). Eine gewisse Ausnahme stellt auch Richard dar. Auch bei ihm bleibt die herkçmmliche grammatikalische Struktur zwar bestehen, nur interpretiert er toOto als auf 2,12 bezogen. Dies ist nicht abwegig, da er aufgrund seiner Teilungshypothese (vgl. 2.3.1.) 4,3 im Anschluss an 2,12 liest. Der logische Bezug fîr toOto ist dann peqipate?m !n¸yr toO heoO. Richard lçst dementsprechend auf: „The above, then, is God’s will, namely, your holiness: that you refrain …“). Allen Folgeproblemen dieser grammatikalischen Lçsung (vgl. sofort) ist dann aber auch er ausgesetzt. 1009 Konradt, Gericht, 101. 1010 Stettler, Heiligung, 39. 1011 Baumert, Brautwerbung, 336. 1012 Auch umfngliche Paulus-Monographien und Kommentare zu Paulusbriefen klammern das Thema seines Sprachstils i. d. R. so gut wie vollstndig aus (vgl. z. B. die Bnde von Becker, Dunn [Paulus-Monographie sowie Cambridge Companion], Lohse, Schnelle, Wischmeyer). Reiser erkennt an vielen paulinischen Stellen „Stilzîge der gesprochenen Sprache“ wie Anakoluthe, Ellipsen und Parenthesen (vgl. Reiser, Sprache, bes. 72 – 74; insgesamt zum paulinischen Schreibstil 69 – 77; Zitat: 72; ebenso Bornkamm, Anakoluthe, 76; Kuss, Paulus, 84 f., Anm. 3). Anderson stellt als eines der Merkmale des paulinischen Sprachgebrauchs eine mangelnde Vermeidung syntaktischer Hiatus fest (er be-

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

schiene es mir konsequenter (und auch nher an Baumerts eigener Aussageintention), das Argument des zu selbstndigen AcI nicht auf V. 4 zu beziehen, sondern bereits auf V. 3b. Was allerdings seine konkrete Abnderungsîberlegung anbelangt ( !p´weshai ins Partizip Genitiv Plural zu setzen), entsprche sie, abgesehen von ihrer textkritischen Defizienz, auch inhaltlich nicht Paulus’ Aussageabsicht. Baumert selbst liefert einen Hinweis darauf: Gemß dieser Version wre – so seine eigene Paraphrasierung – der entsprechende Satzteil zu îbersetzen: „Die Heiligung von euch als von Leuten, die sich enthalten = indem ihr euch enthaltet“.1013 Der erste Teil dieses Syntagmas „[d]ie Heiligung von euch als von Leuten, die sich enthalten“ wre aber dahingehend missverstndlich, dass Paulus bei den Thessalonichern die Enthaltung als bereits praktiziert voraussetzt und jetzt nur den Kausalzusammenhang zwischen Enthaltung und Heiligung informativ herausstellen will. Damit ginge die appellative Absicht verloren. Dies bemerkt offenbar auch Baumert und so ergnzt er – im Wunsch, die imperativische Bedeutung zurîckzugewinnen – nach dem Gleichzeichen die Variante „ … = indem ihr euch enthaltet“. Diese Erklrung ist bedeutungsoffener und leichter konditional zu verstehen; die Gefahr einer indikativischen Lesart ist aber keineswegs gebannt, da der Satz immer noch i.S.v.: „Euere Heiligung vollzieht sich (faktisch) durch euere (faktische) Enthaltung“ verstanden werden kann. Die ønderung des Infinitivs zum Partizip wre also wenig hilfreich. Baumert legt noch einen zweiten hypothetischen (= textkritisch nicht belegbaren) ønderungsvorschlag zur grammatikalischen Glttung des Satzes vor: Wollte man weiterhin vom Verstndnis von toOto in pronominaler Verwendung ausgehen und zudem den Infinitiv !p´weshai beibehalten, sei es dann noch besser, analog zu toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO auch zu "ciaslºr ein 1st¸m zu ergnzen; !p´weshai hinge jetzt von 1sti´m b "ciasl¹r rl_m ab.1014 Es wîrden in diesem Falle zwei Hauptstze entstehen und der Doppelpunkt vor b "ciasl¹r rl_m mîsste wieder entfallen. Letzteres wre kein Problem, da er sowieso nur als deutsche Interpunktionsstîtze erdacht war. Problematischer wre aber, dass damit auch der Bezug des "ciaslºr zum h´kgla toO heoO verloren zieht sich dabei auf Gal und Rçm, deren Analyse aber praktisch identisch ausfllt, so dass man hierbei mit gewisser Berechtigung auch von einem grundstzlichen Stilelement des Paulus sprechen kann; vgl. ders., Rhetorical Theory, 161 – 163.213 – 215). 1013 Baumert, Brautwerbung, 336. 1014 Baumert, Brautwerbung, 336.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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ginge und beide Hauptstze bezugslos nebeneinander stehen wîrden. Dasselbe Problem entstnde, wenn man b "ciasl¹r rl_m als elliptischen neuen Hauptsatz verstnde. Das textkritische Problem entfiele dann zwar, aber zu dem Problem der Bezugslosigkeit der beiden Hauptstze wre jetzt die rhetorische Funktion einer Ellipse an dieser Stelle kaum einsichtig.1015 Von der unterschiedlichen Artikelsetzung ("ciaslºr mit Artikel, h´kgla ohne) ist, obschon auffllig, wenig Hilfreiches fîr grammatikalische oder inhaltliche Interpretationen zu erwarten, da der Artikelgebrauch (nicht nur) im paulinischen Griechisch insgesamt eher uneinheitlich ist.1016 Vom klassischen Griechisch ausgehend wre der Artikel am ehesten beim Satzsubjekt zu erwarten: Dies wîrde wiederum die Lçsung mit gedachtem Doppelpunkt vor b "ciaslºr stîtzen. Doch befolgt Paulus diese Regel nur noch hufig, nicht regelmßig. Hier kçnnte das Fehlen des Artikels bei h´kgla zudem durch semitisierende Redeweise erklrt werden, in welchem Falle ihm schlicht gar keine inhaltliche Bedeutung zukommen wîrde.1017 Diese Erklrung wre im Grunde auch ausreichend. Wollte man sie dennoch îbersteigen, lge die Interpretation nahe, das unartikulierte h´kgla als einen îbergreifend generellen Begriff zu verstehen, den artikulierten "ciaslºr hingegen als einen ihm untergeordneten oder ihn erklrenden.1018 Auch das toOto kçnnte (wenn auch nicht elegant) als die Funktion des Artikels fîr h´kgla îbernehmend betrachtet werden. Besser als die von Baumert zurecht kritisierte Mehrheitslçsung einer Abhngigkeit des !p´weshai von b "ciasl¹r rl_m als „imperativischer Infinitiv“1019 wre es in der Tat, den AcI in V.3b nicht als vom bloßen 1015 Vgl. BDR, §§ 479 – 481. 1016 Vgl. BDR, §§ 252.258. 1017 So Dobschîtz, Thess, 160; Holtz, Thess, 154; vgl. auch BDR, § 259. 1018 Vgl. schon Dobschîtz, Thess, 160. Insgesamt ist es wohl eher einer der Flle, bei denen man sich (nach BDR, § 258) fragen kann, warum das Abstraktum "ciaslºr îberhaupt artikuliert ist. Sowohl die beiden weiteren Nennungen im Kontext (4,4b.7) als auch smtliche (!) weitere ntl. Belege fîr "ciaslºr sind artikellos (Rçm 6,19.22; 1Kor 1,30; 2Thess 2,13; 1Tit 2,15; Hebr 12,14; 1Petr 1,2). Nicht nachvollziehbar ist mir – weder im Kontext von Dobschîtz’ Ausfîhrungen, noch grundstzlich –, warum "ciaslºr den Artikel an dieser Stelle geradezu verlange (vgl. Dobschîtz, Thess, 160). 1019 Vgl. Merk, Handeln, 46. Merk beruft sich fîr seine Interpretation auf BlassDebrunner (101959), §389: Dort wird zwar die philologische Mçglichkeit des imperativischen Infinitivs genannt (als relativ obsolete Sprachform, die bereits im Attischen zurîcktritt). Es heißt jedoch: „Im NT ist er auf zwei Flle ohne

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Substantiv b "ciaslºr1020, sondern als von toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO abhngig zu lesen. Das eingeschobene b "ciasl¹r rl_m wre dann Apposition.1021 Die inhaltlich entsprechende Ausdeutung wre, dass dieses Syntagma – obschon als Apposition in syntaktisch relativ schwacher Stellung – auf diese Weise am ehesten kausalen Sinn fîr die nachfolgende Parnese einnimmt und so auch eine ausreichend wichtige logische Rolle einnimmt, die die dominante Funktion des Begriffs "ciaslºr bis einschließlich V.7 einsichtig macht: Er bildet die Folie, vor der die nachfolgende Parnese zu lesen ist.1022 Damit wre sowohl grammatikalisch als auch fîr das Heiligungsverstndnis viel gewonnen. Nur zwei Nachfolgefragen stellen sich im Anschluss an diese Interpretation, keine von beiden von sehr großem Gewicht: Zum einen wre fîrs Substantiv h´kgla als Prdikatsnomen mit vorausgehender Copula eher der Artikel zu erwarten1023, doch ist, wie gesagt, der Artikelgebrauch im ntl. oder paulinischen Griechisch insgesamt schwer zu systematisieren. Zum zweiten ist bei dieser Lesart etwas unschçn, den folgenden AcI auf das dann weit zurîckliegende toOto c²q 1stim h´kgla beziehen zu mîssen.1024 Dies stellt jedoch keine grammatikalische Hrte, sondern nur eine stilistische Aufflligkeit dar. Und auch hierzu hat Baumert einen Lçsungsansatz vorgelegt: Er liest toOto nicht als vorausweisendes Demonstrativpronomen, sondern adverbiell an das Vorausgehende anknîpfend. Sein ˜bersetzungsvorschlag lautet: „Dementsprechend (= entsprechend meinen ,Anordnungen‘ und euerem ,Wissen‘) ist es Wille Subj.[ekt] bei Paulus beschrnkt“; diese beiden Flle sind nach BD10 Rçm 12,15; Phil 3,16, dazu dann auch Lk 9,3. Ebenfalls im Sinne Merks auch Dibelius, Thess, 20 („Infinitiv im Sinn eines Imperativs“); sinngemß ebenso bei Malherbe, Thess, 225. Gegen Merk allerdings bei Baumert, Brautwerbung, 336 (allerdings nur mit Autorennamen „Merk“ ohne genauere bibliographische Angaben). 1020 So z. B. deutlich bei Schade, Christologie, 135; Schrage, Einzelgebote, 61. 1021 Warum eine solche „zwischenstzliche Apposition“ eine „Verlegenheitslçsung“ darstellt, erscheint nicht ganz verstndlich (so bei Baumert, Brautwerbung, 336, unter Verweis auf „v. Hofmann, hnlich Marshall“; zitiert ebd. ohne weitere Stellenangabe [eigene Kapitalisierung]. Gemeint ist: Hofmann, Die heilige Schrift, 215; Marshall, Thess, 106, schreibt, dass „your sanctification“ „in apposition to the predicate“ stnde). 1022 Vielleicht kçnnte auf diese Weise sogar eine Interpretation fîr den ungewçhnlichen Artikel vor "ciaslºr gewonnen werden, der dann als Signal zur bewussten Determinierung fîr bereits Bekanntes gelten kçnnte (vgl. Anm. 1018). 1023 Vgl. BDR, § 273. 1024 So zurecht Baumert, Brautwerbung, 336.

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Gottes – (und das heißt:) eure Heiligung –, daß ihr …“.1025 Auf diese Weise werden die V.3bff. zum logischen Subjekt der Phrase und das h´kgla toO heoO zum Prdikatsnomen. Man kann noch freier als Baumert paraphrasieren: „In Anbetracht der frîheren Lehre, die wir vermittelt und ihr empfangen habt, ist der Wille Gottes – der ja in eurer Heiligung zum Ausdruck kommt! –, dass ihr euch enthaltet …“. Soweit ich sehe, steht dieser Verstndnisansatz Baumerts in der Exegese vollkommen alleine da.1026 Doch hat er zweifellos etliches fîr sich: Er hlt eine saubere Lçsung fîr den Infinitiv !p´weshai rl÷r bereit und knîpft gut an 4,1 f. an, indem er inhaltlich konsekutiv eine konkrete Anwendung aus dem zieht, was die Thessalonicher bereits empfangen haben (paqek²bete paM Bl_m, 4,1) und wissen (oUdate c²q, 4,2). Auf diese Weise werden V.1 f. und V.3 ff. viel besser zusammengehalten als durch die extrem exponierte Position von b "ciasl¹r rl_m nach dem gedachten Doppelpunkt und demonstrativpronominal verstandenem toOto ; und 4,3a verliert seine îberschriftartige1027 Stellung, die zwei Verse nach dem Neueinsatz 4,1 eigentlich fehl am Platze wirkt. Dies kommt selbst einem angemesseneren Verstndnis der Großzsur zwischen 3,13 und 4,1 zugute.1028 Diese Interpretation ist also sehr attraktiv, nur muss der Schlîssigkeit der fîr Baumerts Verstndnis bençtigten ungewçhnlichen adverbiellen Lesart von toOto i.S.v. „demzufolge“ (c.v.) noch nachgespîrt werden: Mit großem Abstand sind die meisten Belege von toOto bei Paulus nicht adverbiell, sondern im îblichen Sinne pronominal verwendet. Dies gilt auch fîr das restliche NT.1029 Die einzige eindeutige Stelle fîr adverbiell-konsekutive Lesart ist 2Petr 1,5. Die andere von BDR genannte Stelle 2Kor 2,3 ist m.M.n. unklar, pronominale Verwendung legt sich nahe, adverbielle ist immerhin mçglich. Auch Bauer verweist gesamtntl. auf dieselben Stellen 2Kor 2,3 und 2Petr 1,5 als adverbiell verstandene Belege.1030 Von keinem dieser beiden Werke bedacht, m. E. aber klarer mit adverbiell-konsekutivem Sinn, ist Phil 1,6. Smtliche dieser drei mçglichen Stellen kombinieren jedoch toOto mit aqtº (2Kor 2,3: toOto aqtº; Phil 1,6 sowie 2Petr 1,5: aqt¹ toOto). Das gleiche gilt fîr smtliche (!) von Bauer genannten klassischen Belege Platon, Prot. 310e; Xenophon, Anabasis I,9,21; Anonymus, Alex1025 Baumert, Brautwerbung, 336 (originale Kursivsetzung). 1026 Vgl. Anm. 1008. 1027 Vgl. Konradt, Gericht, 100 f.122, Anm. 560. 1028 Es ist daran zu erinnern, dass der Bruch zwischen 4,2 und 4,3 sogar als Indiz fîr Teilungshypothesen benutzt wurde (vgl. 2.3.1). 1029 Vgl. BDR, § 290, Anm. 6. 1030 Vgl. Bauer, Wçrterbuch, Art. aqtºr, 1 h.

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andrian Erotic Fragment, I 1,14 (Grenfell), die ebenfalls alle kombiniert sind. Liddell/Scott listen hingegen eine ganze Reihe von adverbiell-konsekutiven Belegen fîr taOta (!) abs., und fîgen an: „toOto is rare in this sense“.1031 Die einzigen beiden dort angefîhrten Beispiele sind Sophoc.Oed.R. 1005; Platon, Symposium 204a. Letzteres davon ist wieder in Kombination mit aqtº, es bleibt an Belegen fîr toOto abs. adv. einzig bei Sophoc.Oed.R. 1005. Und was die Verbindung von toOto mit aqtº anbelangt, steht auch diese bei Paulus îblicherweise nicht adverbiell, sondern in aller Regel als Bekrftigung des Demonstrativums (vgl. Rçm 9,17; 13,6; 2Kor 7,11; Gal 2,10). Nun hat Baumert die Lesart von toOto adv. in 1Thess 4,3 bereits in seiner Habilitationsschrift Ehelosigkeit und Ehe im Herrn (1984) vorgeschlagen1032 und dort noch weitere Belege als Stîtze angefîhrt.1033 Sein îber die in den genannten Nachschlagewerken hinausgehender klassischer Beleg (Platon, Symposium 204a) ist wieder kombiniert. Interessant sind jedoch seine weiteren Beispiele fîr toOto adv. abs. bei Paulus und im restlichen NT: Rçm 11,7; 14,13; 15,28; 1Kor 7,29.37; 15,50; 2Kor 9,6; 10,7.11; 13,9; Gal 3,17; Eph 4,17; Phil 1,9.25; 3,15; 2Petr 1,5. Phil 1,6 hingegen ist wieder kombiniert. Mit diesen eindrîcklichen Beispielen bewegt sich Baumert freilich i. d. R. nicht auf dem Gebiet grammatikalischer Analysierbarkeit oder Korrektheit, sondern auf dem Gebiet stilistischer Eleganz bzw. hermeneutischer Leichtigkeit. Stilistisch ist toOto adv. eher als elaborierter Stil zu bezeichnen, was fîr das Koine-Griechisch eher unîblich ist. Man wird aber Baumert recht geben mîssen, dass in allen diesen Beispielen adverbielle Lesart vielleicht nicht nçtig, aber mindestens mçglich ist und das Verstndnis der Verse verbessert.1034 Man muss also feststellen: Die in den Lexika und Grammatiken verzeichneten Belege aus klassischer Zeit sind zwar mager, ebenso eindeutige Belege bei Paulus oder dem NT allgemein. Wenn man sich an die in Ehelosigkeit und Ehe im Herrn gesammelten Beispiele hlt, so ist toOto adv. zwar in keinem der genannten Verse nçtig, doch kann man davon ausgehen, dass die Mçglichkeit einer solchen Lesart von toOto als gesichert gelten kann. Konzediert man diese Mçglichkeit und wendet sie auch auf 1Thess 4,3 an, wo die Entscheidung fîr toOto pron. immer zu den genannten syntaktischen Nachfolgeproblemen fîhrt, wre es kein Verschieben einer sprachlichen Hrte zu einer anderen mehr und der Satz wre sauber zu analysieren. Eine fast wçrtliche Wiederholung der ersten Hlfte von 1Thess 4,3a formuliert Paulus in 1Thess 5,18. Doch hilft dieser Parallelvers zur grammatikalischen Aufschlîsselung von 4,3a kaum weiter. In 5,18 ist der Aus1031 Liddell/Scott, 1276, VIII.1. 1032 Vgl. Baumert, Ehelosigkeit, 418 f.529. 1033 Vgl. Baumert, Ehelosigkeit, 528 – 542. Die bei ihm noch differenzierte Verwendungen (konsekutiv [528 – 535; auch 531 – 535, vgl. 533] oder „als Akkusativ der Beziehung“ (535 – 542) meine ich hier zusammenfassen zu kçnnen. 1034 M.M.n. mit der Ausnahme von Rçm 11,7, wo der pronominale Bezug wohl doch deutlicher ist.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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druck unmittelbar zwischen die Reihung von asyndetischen Kurz-Parnesen gestellt; es spricht nichts dagegen, das in 4,3a problematische toOto hier pronominal entweder rîckbezîglich oder vorausweisend zu deuten. Eine klare Entscheidung ist hier nicht einmal nçtig: Die Erinnerung an den Willen Gottes kann auch in die Mitte der Parnesereihung eingefîgt sein und sich auf 5,16 – 22 (oder sogar 5,12 – 22) beziehen. Eine adverbielle Lesart scheidet hier jedenfalls aus, da dem eingeschobenen Satz dann das Prdikatsnomen fehlen wîrde. Gegen eine allzu streng parallelisierte Lesart der beiden Verse spricht auch, dass 5,18 im Gegensatz zu 4,3a elliptisch formuliert ist (1st¸m fehlt), ebenso ist der grammatikalische Kontext zu unterschiedlich (man hat keine Notwendigkeit, die Abhngigkeit sperriger untergeordneter Infinitive zu klren). Das gleiche gilt auch fîr Joh 6,39.40, ebenfalls verblîffend hnliche Formulierungen, die aber syntaktisch anders weitergefîhrt werden (beide Verse mit Vma); Joh 6,39.40 kçnnten wohl eher als weitere Beispiele fîr die Mçglichkeit fîr einleitendes toOto adv. gesehen werden.

Wie dieser Gesamtbefund fîr 1Thess 4,3 zu werten ist, und wie man sich zwischen der herkçmmlichen und Baumerts Lesart zu entscheiden hat, ist fast Geschmackssache. Von den hier vorgetragenen beiden von der Mehrheitslesart abweichenden Interpretationen (Abhngigkeit !p´weshai von toOto c²q 1stim h´kgla ; adverbielle Lesart von toOto) ist nur die zweite philologisch riskant. Doch ist sie auch die heuristisch weniger folgenreiche, da durch sie keine regelrechte grammatikalische Hrte beglichen werden muss (Abhngigkeit des AcI allein vom Substantiv und Erklrung der Infinitive als „imperativisch“, ebenso auch die sonderbare Emphase von b "ciasl¹r rl_m nach dem „Doppelpunkt“). Dennoch erscheint mir auch bei ihr das Verhltnis von Meriten und Problemen (der wesentlich bessere Anschluss an 4,1 f. und die glattere Weiterfîhrung ab 4,3) insgesamt das gînstigere verglichen mit der traditionellen Lesart (mit dem holprigen Sprung von 4,2 zu 4,3). Mit der Anknîpfung an die Erstverkîndigung in 4,1 f. wird zudem die Interpretation des "ciaslºr als wichtiges Element der paulinischen Mission in Thessalonich und seine fîr die Parnese kausale Funktion in Apposition zur eigentlichen Mahnung gestrkt. 3.2.3. Zur Infinitivreihung 1Thess 4,3b-6a und den artikulierten Infinitiven t¹ lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m (V.6a) Wenden wir uns den nchsten Satzgliedern zu, d. h. der aufflligen Kette von fînf Infinitiven. Folgen wir Baumert in der Interpretation von V.3a,

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so hngt der erste der Infinitive !p´weshai von 1stim h´kgla ab; folgen wir Baumert nicht, hngt er (grammatikalisch unschçn) von b "ciasl¹r rl_m ab. In beiden Fllen wird aus !p´weshai rl÷r !p¹ t/r poqme¸ar eindeutig ein Gliedsatz erster Ordnung. Ebenso klar ist, dass t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai (V.4b) von eQd´mai 6jastom rl_m (V.4a) abhngt; der gesamte V.5 lµ 1m … ist ebenfalls eindeutig als negative adverbiale Bestimmung unschwer parallel zu 1m "ciasl` ja· til0 (V.4b) zu identifizieren. Das asyndetisch angefîgte AcI-Syntagma eQd´mai 6jastom rl_m (V.4a) wirft eher Probleme auf, doch sind dies wohl nur theoretische Probleme. Er kann (mitsamt der von ihm abhngigen Periode V.4b.5) parallel zu !p´weshai rl÷r gedacht sein, also ebenfalls in Abhngigkeit von V.3a (als ein zweiter Gliedsatz erster Ordnung), oder epexegetisch zu !p´weshai rl÷r (als Gliedsatz zweiter Ordnung). Aus erster Variante folgt jedoch nicht notwendigerweise die Einfîhrung einer zweiten, neuen Explikation des Willens Gottes („ … erstens: dass ihr euch enthaltet; zweitens: dass jeder von euch zusieht …“): Malherbe bezeichnet eQd´mai parallel zu !p´weshai, deutet dies aber dahingehend aus, dass V.4a nur die positive Seite eben der Anordnung von V.3b formuliert.1035 Auch Holtz’ Interpretation klingt nur anders, da er zunchst eine Formulierung whlt, die nach strkerer Betonung zweier unterschiedlicher Bedingungen klingt: „Ihr [sc. der Bedingung zur Enthaltung von Unzucht, V.3b] ist angefîgt eine zweite, die ebenfalls dem Gebiet der Sexualitt angehçrt. Im Gegensatz zur ersten Bedingung enthlt diese positive Weisung“.1036 Doch schreibt er wenig spter: „Die Weisung, die sexuelle Beliebigkeit zu unterlassen, wird positiv weitergefîhrt mit der, ein jeder solle mit seiner eigenen Frau in der gebotenen Weise das sexuelle Leben fîhren“.1037 Jetzt ist also, ganz kompatibel mit Malherbe, nur von einer Weisung die Rede, deren negative Seite jetzt nur positiv weitergefîhrt wird.

Soweit ist sehe, hat bislang kein Exeget vorgeschlagen, mit dem erneuten Infinitiv V.4a einen Themenwechsel gegenîber V.3b angedeutet zu sehen. Und in der Tat weist auch das lexikalische Material auf Themenfortfîhrung hin: Sowohl sjeOor jt÷shai (bei sexualethischer Interpretation; zur Diskussion vgl. sofort), als auch lµ 1m p²hei 1pihul¸ar lassen sich am leichtesten im Kontext der Warnung vor der poqme¸a verstehen. Je strker 1035 Vgl. Malherbe, Thess, 226; ebenso ist auch Maurer, Art. sjeOor, 367, mit Anm. 57, zu verstehen; ohne nher auf die syntaktische Fragestellung einzugehen inhaltlich genauso Dobschîtz, Thess, 162 f. 1036 Holtz, Thess, 156. 1037 Holtz, Thess, 158.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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man allerdings V.3b und V.4a als parallel gestellt betrachtet, desto mehr wre das Asyndeton unerwartet; Konjunktion ja¸ wre natîrlicher. Was die rein syntaktische Analyse anbelangt, wîrde dieser (unangefochtenen, von Baumert gar nicht eigens diskutierten) Interpretation folglich wohl eher entsprechen, V.4a gegenîber V.3b subordiniert zu verstehen (also gegen Malherbe nicht parallel, sondern als Gliedsatz zweiter Ordnung). V.4a wre dann am besten modal zu lesen: „ … dass ihr euch von der Unzucht enthaltet, indem jeder von euch zusieht …“. Whrend der nchste Teilsatz V.4b eindeutig V.4a untergeordnet ist (aus ersterem wird so ein Gliedsatz dritter Ordnung), ist die Stellung und Funktion der letzten beiden Infinitive rpeqba¸meim und pkeomejte?m (V.6a) deutlich umstrittener. Zueinander stehen sie selbstverstndlich parallel, doch welches Signal setzt der Artikel tº am Anfang der Zeile? Ist t¹ lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m als t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai (V.4b) untergeordnet zu verstehen, oder in Parallele zu t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai (V.4b), in Parallele zu eQd´mai 6jastom rl_m (V.4a), oder in Parallele zu !p´weshai rl÷r (V.3b)? Inhaltlich entsprche dies der Frage, ob der Wille Gottes in V.3 – 6a insgesamt mittels einer oder zweier Anordnungen, bzw. Warnungen vor einem oder zwei Lastern erlutert wird. Fîr eine sinvolle Beantwortung dieser Frage muss natîrlich auch die (ebenfalls umstrittene) inhaltliche Fîllung der entsprechenden Schlîsselworte berîcksichtigt werden. Der wird im nchsten Abschnitt nachgegangen werden; hier soll es zunchst um die Indizien gehen, die aus der Grammatik des Satzes gewonnen werden kçnnen.

Zunchst ist die Reihenfolge der Tempora zu beachten: Nur eQd´mai ist Infinitiv Perfekt, alle anderen Infinitive sind Prsens. Dies wîrde auf den ersten Blick darauf hinweisen, dass V.6a entweder parallel zu V.3b oder zu V.4b zu lesen wre. Entscheid fîr erstere Variante wre ein deutlicher Schritt in die Richtung, mit V.6a ein neues Thema (ein zweites Laster nach poqme¸a von V.3b) angesprochen zu sehen, bei Entscheid fîr zweitere Variante kme V.6a als (nach V.4b) zweite Epexegese zu V.4a zu stehen. Da das Perfekt auch prsentischen und durativen Charakter annehmen kann wie das Prsens selbst1038, sollte ein Aspektunterschied von eQd´mai/Perfekt gegenîber den îbrigen Infinitiven nicht îberbetont werden; das Tempus wird sich kaum auf einen klaren Sinnunterschied auswirken (anders als es mit Infinitiv Aorist wre). Unabhngig davon 1038 Vgl. BDR, § 341.

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stellt V.4a aber dennoch stilistisch eine Zsur dar. Wenn man diese berîcksichtigt, wre V.6a ebenfalls leichter parallel zu V.4b oder diesem subordiniert zu verstehen als îber diese Zsur hinweg parallel zu V.3b. Zu bedenken ist ebenfalls, dass in V.3b und V.4a zwei AcI formuliert sind, in V.4b und V.6a jedoch nicht. V.4b ist erweiterter Infinitiv mit sjeOor als Akkusativobjekt. Der artikulierte Infinitiv V.6a hingegen wirft Probleme auf. Zu diesem artikulierten Infinitiv liegt ein ganzer Strauß von Exegetenmeinungen vor.1039 Sie alle beschftigen sich nicht nur mit der rein grammatikalischen Fragestellung, sondern tangieren auch die Entscheidung, ob man in V.3b-6a ein oder zwei Laster angesprochen sehen soll. Auch methodisch verschrnken sich damit leicht zwei Herangehensweisen: Lsst man die Grammatik den Inhalt bestimmen oder umgekehrt? Die îbersetzungsgeschichtlich wirkungsreichste Version interpretiert den Artikel als „Redezsur“. So die Formulierung von Dibelius, der schreibt: „Der Artikel vor dem Infinitiv scheint mir bloß Redezsur zu sein, dazu bestimmt, dies l¶ als Anfang eines neuen Gliedes und nicht als Parallele zu l¶ 4,5 erscheinen zu lassen“.1040 Die bereits von Chrysostomus1041 vorgeschlagene Interpretation i.S.v. Ehebruch lehnt er jedoch ab, da pq÷cla als Euphemismus fîr Geschlechtsverkehr weder aus dem Griechischen noch aus dem Judentum bekannt sei.1042 – Auf dieselbe Schlussfolgerung luft Dobschîtz’ Untersuchung hinaus, der in seinem Thessalonicher-Kommentar die eindrucksvollste Analyse des Textes aus lterer Zeit vorgelegt hat. Auch er wendet sich gegen diese letztgenannte Interpretationsmçglichkeit: „Seit den Antiochenern ist sehr verbreitet … die Meinung, daß dies tº die folg[enden] Infinitive den vorigen unterordnen wolle, sei es daß man es mit tout´sti auflçst …, oder es final faßt. Dann wre auch hier nur vom geschlechtlichen Leben die Rede und es kme îberhaupt nur das eine Laster der Unkeuschheit zur Sprache“.1043 Von den Argumenten, die Dobschîtz dagegenhlt, ist nur eines ein grammatikalisches: Der epexegetische wie auch der finale Gebrauch von tº c.inf. sei bei Paulus problematisch, der Artikel deute eher auf Verselbstndigung. Dass Paulus den Infinitiv mit tº nicht parallel zu dem Infinitiv ohne Artikel setzen kçnne, hieße, „die syntaktischen Skrupel des Apostels îberschtzen“.1044 Seine weiteren Argumente hingegen sind in1039 Vgl. die Auflistungen bei Malherbe, Thess, 231; und Collins, „This is the Will …“, 317. 1040 Dibelius, Thess, 21; vgl. ebenso Merk, Handeln, 47. 1041 Vgl. Chrys.hom. XI, 424 (bei Dobschîtz durch die Stellenangabe „Chrys. XI p. 461 B Montf.“ bezeichnet). 1042 Vgl. Dibelius, Thess, 21. 1043 Dobschîtz, Thess, 162. 1044 „P. Schmidt“, ohne weitere Stellenangabe zitiert bei Dobschîtz, Thess, 163; das Zitat ist zu finden in: Schmidt, Thess, 50 („ … Skrupel des Apostels Paulus îberschtzen“). Zum Ganzen vgl. Dobschîtz, Thess 162 f.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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haltlich: 1) Die Schlîsselbegriffe rpeqba¸meim, pkeomejte?m und pq÷cla (V.6a) deuteten auf wirtschaftlichen, nicht sexuellen Gebrauch. 2) poqme¸a und pkeomen¸a seien bei Paulus wie schon in der pythagoreischen Ethik hufig bezeichnete Grundsînden des Heidentums (vgl. 1Kor 5,9 ff.; Kol 3,5).1045 3) Die Fortsetzung V.6b p²mtym to¼tym ließe leichter an mehrere Sînden denken und erinnere auch an atl. Stellen, an denen von Geschftsverkehr die Rede ist.1046 Whrend diese inhaltlichen Erwgungen erst spter diskutert werden sollen1047, verstrkt Holtz grammatikalisch die Richtung Dobschîtzens noch: Er bezeichnet V.6 als einen „neuen selbstndigen Satz[…]“1048 – obschon er in seiner eigenen ˜bersetzung nach V.5 einen Strichpunkt setzt und fortfhrt: „ … und daß man sich keine ˜bergriffe seinem Bruder gegenîber erlaubt“, als ob dieser Satzteil am besten mit V.3b „daß ihr euch fernhaltet von der Unzucht“ zu parallelisieren wre.1049 Die grammatikalische Besonderheit des (plçtzlich) artikulierten Infinitivs bleibt dann freilich ganz ausgeklammert.1050 – Auch Richard meint, dass mit V.6a ein neues Beispiel fîr Heiligung gegeben werden soll: „Paul employs a substantivized infinitive with a negative particle (to me¯) to underscore the verb’s resumptive function as it alludes back to hagiasmos of verse 3a and further explicates another characteristic of what a pure life must be“.1051 Er nennt damit nur die Besonderheit des artikulierten Infinitivs, ohne ihn zu problematisieren. Auf der anderen Seite stehen z. B. Marshall und Malherbe. Marshall zieht V.6 noch zur Rede von der poqme¸a, der artikulierte Infinitiv in V.6a sei dadurch zu erklren, dass die Phrase „in apposition to v. 4“ stnde.1052 Gemeint ist damit wohl subordiniert, also i.S.v.: „ … ihr sollt euch von der Unzucht enthalten: jeder soll sehen, sein Gefß zu fassen … und damit sich nicht verschulden gegen …“. øhnlich wird auch bei Malherbe der Artikel als Kennzeichen fîr Apposition verstanden. Malherbe bietet jedoch, nach einem forschungsgeschichtlichen ˜berblick, eine begrîndetere Entscheidung durch Verweis auf entsprechende Parallelverse (Rçm 4,13; 14,13; 2Kor 2,1)1053 sowie englisch-sprachige griechische Grammatiken.1054 1045 Mit Verweis auf seine eigene Studie: Dobschîtz, Urchristliche Gemeinden, 282 f. 1046 Vgl. Dobschîtz, Thess, 167, mit Verweis auf Lev 19,13; 25,17. 1047 Zu rpeqba¸meim, pkeomejte?m und pq÷cla in V.6a als kommerzielle Begriffe vgl. 3.3.3. und 3.3.3.1.; zu poqme¸a und pkeomen¸a als „Grundsînden“ des Heidentums sowie zur Phrase p²mtym to¼tym in V.6b unter 3.3.3.1. 1048 Holtz, Thess, 161. 1049 Holtz, Thess, 150. 1050 Vgl. Holtz, Thess, 161 – 164. 1051 Richard, Thess, 202. 1052 Vgl. Marshall, Thess, 110 – 112; Zitat 111; vgl. ebenso Best, Thess, 165 f. 1053 Obwohl die Konstruktion t¹ l¶ c.inf. meistens mit vorgestellter Prposition (meist eUr oder pqºr) konstruiert wird. Als weitere Belege fîr Malherbes These wre – von ihm selbst nicht verzeichnet – 1Thess 3,3, sowie außerhalb von Paulus Apg 7,19 nennen.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

– Bruce verweist (recht versteckt fîr die Relevanz seiner Beobachtung) auf die gleiche Konstruktion eines artikulierten Infinitivs in 1Thess 3,3, zu dem er kommentiert, dass vor t¹ l¶ ein eQr ergnzt zu denken sei.1055 – Auch Haufe hlt V.3b-6a fîr thematisch einheitlich. Fîr die Behandlung des Problems tº c.inf. bietet er jedoch lediglich – wie Richard auf der Gegenposition – eine Pauschalanmerkung: „Der im Unterschied zu V.3b und 4a erfolgende Anschluß kommt zwar îberraschend, signalisiert aber kein neues Thema, sondern die Weiterfîhrung des bisherigen von Heiligung bzw. Unzucht“.1056 – Ganz ohne ausdrîckliche Berîcksichtigung des Artikels mittels rein inhaltlicher Argumente – hnlich wie Holtz auf der Gegenseite – pldiert Jewett fîr die thematische Weiterfîhrung von Sexualethik îber die artikulierten Infinitive hinweg: Er erkennt in diesen Versen (bezogen auf 4,1 – 8) spezifische Terminologie fîr den Ehevertrag.1057 Diese Argumente sind von sehr unterschiedlicher Schlîssigkeit. Dibelius’ These von der „Redezsur“ ist durch nichts begrîndet, außerdem durch das vorsichtige „scheint mir“ von ihm selbst aufgeweicht; eine „Redezsur“ ist zudem auch nach BDR, §§ 249 – 276, îberhaupt keine verzeichnete Funktion des Artikels. Dobschîtz fîgt hingegen zwar noch die Begrîndung an, dass „sowohl der epexegetische als auch der finale Gebrauch von tº bei Paulus problematisch“ sei, belegt dies aber mit keinem Beispiel. Seine unmittelbare Schlussfolgerung, dass „der Artikel daher weniger an Unterordnung als an Verselbstndigung denken lßt“ ist Axiom und greift zustzlich auch deswegen kaum, weil er nicht klrt, ob der Gebrauch von tº zur „Verselbstndigung“ bei Paulus denn weniger problematisch sei. Wie ein solcher dann grammatikalisch zu erklren sei, bleibt ebenfalls offen. Nicht îberzeugend ist auch Holtz, der V.6 einen „neuen selbstndigen Satz[…]“ nennt, um sein Trennungsargument zu stîtzen – obwohl er das definitiv nicht ist. Richard, Haufe und Marshall wiederum setzen ihre unterschiedlichen Lçsungen ganz axiomatisch: Besonders interessant sind dabei Richard und Haufe, die beide den Artikel als Indikator fîr das Wiederaufnehmen eines frîheren Motives nehmen, doch sich dabei auf unterschiedliche Motive beziehen: Richard auf Heiligung, Haufe auf Unzucht. Dementsprechend ziehen sie aus ihrer Interpretation auch ganz unterschiedliche Konsequenzen. Marshalls These vom Artikel als Anzeichen fîr

1054 Vgl. Malherbe, Thess, 231; mit Berufung auf Smyth, Grammar, 2035; Robertson, Grammar, 1078. 1055 Vgl. Bruce, Thess, 84 f.; ebd. 59, Anm. f. 1056 Haufe, Thess, 71, Anm. 29. 1057 Vgl. Jewett, Correspondence, 106, mit Anm. 84; ders., Liberation, 61 f. Seine Verweise auf Beauvery, Pkeomejte?m, 78 – 85, und Maurer, Art. sjeOor, TDNT, 359 – 367 bleiben allerdings eher unspezifisch. Auch Collins, Unity, 421, von Jewett als Quelle genannt fîr „[t]he most recent survey of the thoroughly ,Jewish flavour of the Pauline paraenesis‘ in this passage“ ist eher schmal. Vgl. auch Anm. 740.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

245

eine Apposition ist nicht besser begrîndet, doch vertritt Malherbe dieselbe Ansicht deutlich besser belegt.1058 Im deutschsprachigen Bereich ist dieser letztgenannte Lçsungsansatz erstaunlicherweise kaum rezipiert worden. Hier hat sich – so weit ich sehe – Baumert mit dem artikulierten Infinitiv so ausfîhrlich beschftigt wie kein anderer Exeget1059 (wie auch schon bei dem Problem von toOto adv. in 1Thess 4,3). Nach begrîndeter Kritik an drei der Beispiele von BDR, § 399.3, Anm. 5 (obwohl er damit in Bezug auf 2Kor 2,1 in Widerspruch zu Malherbe gert), findet er seine positive Begrîndung fîr die Lesart t¹ lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m als „abhngige[…] Infinitiv[e] als Folge oder Zweck“ in etlichen, auch alten griechischen Grammtiken. So zitiert er Stahl (1905): „[D]er Inf. mit tº als Akk.[usativ] d.[er] Bez.[iehung steht] im Sinne der Folge und des Zwecks, indem diese als Beziehung, auf die sich etwas hinrichtet, aufgefaßt werden“.1060 Obwohl Stahl weiterfhrt, dass diese Verwendung „nicht hufig“ sei, listet er – von Baumert îbernommen – eine beachtliche Anzahl klassischer Belege auf (Aisch.A. 567; Sophoc.Oed.R. 1417; Eurip. Hippolytus 49; Ar.Lys. 1199; Hdt. 2,7; Xenophon, Hellenica V,2,7; Xenophon, Oeconomicus IX, 12; Platon apol. 35e; Platon Gorg. 305c1061; Demosthenes, Oratio 23,167; Sophoc.El. 1030).1062 Zwei dieser Beispiele waren selbst in der noch lteren Grammatik von KîhnerGerth (31898) zu finden (Xenophon, Oeconomicus IX,12; Sophoc.El. 1030).1063 Bei Schwyzer ist zu lesen: „t¹ l¶ steht nach geeigneten affirmativen Ausdrîcken … fîr final-konsekutives t` (lµ)“.1064 Es folgt bei Schwyzer ein von Stahl noch nicht genanntes Beispiel mit Zitat (Aisch, Prometheus 865; ebenfalls von Baumert îbernommen). Schwyzer endet diesen Abschnitt mit der Bemerkung: „Nicht ganz selten steht tº, wenn ein Infinitiv von einem anderen abhngt“.1065 Zurecht resîmiert Baumert, dass 1058 Die meisten Belege der Konstruktion t¹ l¶ c.inf. sind freilich mit vorgestellter Prposition (meist eQr oder pqºr), d. h. echte Gerundia. 1059 Vgl. Baumert, Brîche, 329 – 342., hierzu bes. 338 – 341. 1060 Stahl, Syntax, 674.1, zitiert in: Baumert, Brîche, 340. 1061 Bei diesem Belegsverweis ist ein faux pas unterlaufen. Baumert zitiert den Text Stahls mit „Plat, Gor 305c“ (Baumert, Brîche, 341). Bei Stahl jedoch liest man an angegebener Stelle nur: „G. 805c“ (Stahl, Syntax, 674.1). Die unterschiedliche Zitationsweise (bei Baumert erneute Autorennennung „Plat“; Titelbezeichnung „Gor“ statt „G.“) innerhalb des wçrtlichen Zitats ist hier irrelevant, doch gibt es in Platon, Gorgias, weder die Paginierung 305c noch 805c (Gorgias trgt die Paginierungsziffern 447a-527e). Hierzu kommt, dass Stahl fîr die meisten seiner Belege die relevanten Textpassagen zu seinen Verweisen mit abschreibt, Ausnahmen sind lediglich Ar.Lys. und – eben – Platon, Gorg. So ist tatschlich nicht zu verifizieren, an welche Textstelle in „Platon, Gorgias“ Stahl und/oder Baumert denken. 1062 Vgl. die Auflistung nach Stahl in Baumert, Brîche, 341. 1063 Kîhner-Gerth, Grammatik, § 479.1, genannt bei Baumert, Brîche, 341. 1064 Schwyzer, Grammatik II, 371.7, zitiert bei Baumert, Brîche, 341. 1065 Schwyzer, Grammatik II, 371.7, zitiert bei Baumert, Brîche, 341.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

alle diese Kriterien fîr 1Thess 4,6 zutrfen. Baumert kritisiert zwar BDR (in der von ihm verwendeten 15. Auflage von 1979), dass dies dort nicht gesehen sei1066, jedoch war auch schon in BDR15, zwar nicht so ausfîhrlich, aber immerhin doch zu lesen: „t¹ l¶ mit Inf. ist einem Satz mit Vma l¶ gleichwertig und mit dem klass. t¹ l¶ nach Verben des Hinderns zu vergleichen“ (§399, 3.). In der dazugehçrigen Anm. 5 wird dort ausdrîcklich 1Thess 4,6 als ein Beispiel fîr diese Verwendung genannt. Dieser Abschnitt ist wçrtlich unverndert in BDR 16 und BDR17 îbernommen worden, ohne je exegetische Aufmerksamkeit zu erlangen.1067

Fasst man die Argumentationen von Baumert und Malherbe zusammen, stîtzt der Befund m. E. eindeutig die Entscheidung, V.6a als Konsekutiv- oder auch Finalsatz V.4b zu subordinieren. Damit kommt V.6a als Gliedsatz vierter Ordnung zu stehen; logisches Subjekt von V.6a ist 6jastor rl_m von V.4a.1068 Zu îbersetzen ist demnach: „ … sein Gefß zu fassen … um damit [sc. durch das Erfassen des Gefßes] seinen Bruder nicht zu îbervorteilen …“. Als abschließende Stilbeobachtung sei verzeichnet, dass, folgt man dem Ansatz von Baumert und Malherbe, beide Verszeilen V.4b und V.6a mit Artikel tº einsetzen, deren Funktion allerdings unterschiedlich ist: In V.4b ist die einzig sinnvolle Interpretation, tº auf sjeOor zu beziehen, das dazwischengeschaltete Pronomen entspricht bevorzugter Satzstellung bei Paulus (vgl. Rçm 4,19; 5,8; 8,3; 1Kor 7,2.37 f; 1Thess 2,12 u. ç.). V.4b ist positiv gesetzt, V.6a negativ, die unterschiedliche Funktion des Artikels V.6a wird erst durch die nachfolgenden Infinitive deutlich. Auf stilistischer (nicht analytischer) Ebene entsteht so eine (bei Paulus hufig anzutreffende) antithetische Parallelkonstruktion (tº … t¹ l¶), hnlich dem dazwischenliegendem Gegensatzpaar 1m "ciasl` ja· til0 // lg` 1m p²hei 1pihul¸ar V.4b.5. Es bildet sich auf diese Weise eine Struktur mit doppeltem, aber verschrnktem positiv-negativ-Antithesenpaar, der negative Satzteil ist beide Male der nachstehende.1069

Die auf den ersten Blick verwirrende Hypotaxe V.3 – 6 weist also schlussendlich eine rechte Regelmßigkeit der Anordnung der jeweiligen Nebenstze auf: Jeder Gliedsatz ist, der Schreibreihenfolge des Textes 1066 Vgl. Baumert, Brautwerbung, 337, Anm. 41. 1067 Laub hat diesen Hinweis von BDR wahrgenommen, doch sich – grammatikalisch gesehen relativ axiomatisch – dagegen entschieden. S.M.n. dîrfe vom Artikel vor rpeqba¸meim „nicht zu viel abhngig gemacht werden“ (Verkîndigung, 53), da dies „,die syntaktischen Skrupel des Apostels Paulus îberschtzen‘“ hieße (zitiert aus: „Schmidt, z.St.“ [Laub, Verkîndigung, 53, Anm. 21], gemeint ist Schmidt, Thess, 50). 1068 Vgl. ebenso auch Baumert, Brautwerbung, 333 f., Anm. 31.; ebd., 337. 1069 Vgl. Richard, Thess, 200.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

247

gemß, dem jeweils vorlaufenden um eine Ebene weiter untergeordnet. Diese Regelmßigkeit wird lediglich durch die negative adverbielle Bestimmung V.5 etwas aufgehalten. Der Satzbau lsst sich nach folgender ˜bersicht darstellen:

3.2.4. Zu 1Thess 4,6b-8 Nach der notorischen Hypotaxe V.3 – 6a bereiten die Folgeverse ab V.6b keine syntaktischen Probleme mehr: V.6b ist kausal angeschlossen, 1st¸m ist zu ergnzen; V.6c ist untergeordnet und steht strukturell, inhaltlich und lexikal (Neueinsatz mit jah¾r) analog zu V.1c., inhaltlich auch zu V.2. Diese inhaltliche Klammer der Erinnerung an die frîhere Lehre hat auch die Funktion einer Inclusio fîr V.3 – 6a. V.7 setzt mit betonter Verneinung am Satzkopf ein. Auf den ersten Blick nicht ganz eindeutig mag sein, auf was sich c²q bezieht, d. h. fîr was genau der Ruf „nicht zur Unreinheit, sondern in (?1070) Heiligung“ die Kausalitt/Motivation lie1070 Zu dieser problematischen Prpositionenwahl vgl. unter 3.3.4.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

fern soll. Die beiden Nennungen des Stichwortes "ciaslºr V.3.7 sind gewiss ein Indiz fîr eine zweite Inclusio, zudem durch die betonte Stellung in V.3 und die Schlussstellung in V.7 (letztes Wort im Satz). Ebenso lsst sich die !jahaqs¸a V.7 leicht in Zusammenhang mit der poqme¸a von V.3b bringen (dritte Inclusio). Wenn man damit eine inhaltliche Zusammengehçrigkeit von V.3b-6a vermutet, ist es am leichtesten, nach V.6bc auch in V.7 eine zweite Begrîndung fîr die Enthaltung von poqme¸a zu sehen. Auch V.8 steht noch in der Kette von Begrîndungszusammenhngen, die fîr die eben vorgetragene Parnese gelten sollen. 3.2.5. Konsequenzen Die Konsequenzen dieser Analyse fîr das Heiligungsverstndnis sind folgende: Da der Einschub b "ciasl¹r rl_m V.3a in appositioneller Stellung nach adverbialem toOto am leichtesten mit kausaler Funktion fîr die folgenden Anweisungen verstanden wird (i.S.v. „enthaltet euch der Unzucht etc., denn ihr steht in Heiligung“), durch die der Wille Gottes expliziert werden soll, und nicht finale, wie traditionellerweise vorgeschlagen (i.S.v. „enthaltet euch der Unzucht etc., denn damit erwirkt ihr eure Heiligung“), wird Heiligung zu einem vorethischen Begriff, der den Willen Gottes fîr die die Begegnung mit Christus erwartenden Glubigen illustriert. Heiligung ist damit als ein Grundbegriff des eschatologischen Glaubens der Thessalonicher anzunehmen, nicht jedoch als einer, der den Prozess des Menschen mit seinem Verhalten kennzeichnet oder gar ein nachtrglich eingeschobener zur Einfîhrung oder Autorisierung besonderer ethischer Anforderungen. Um die Kausalfunktion fîr ethische Forderungen einnehmen zu kçnnen, muss Paulus den Heiligungsbegriff bei den Thessalonichern in seinem Brief als bereits bekannt vorausgesetzt haben kçnnen. Heiligung ist damit als ein wesentlicher Begriff bereits der Erstverkîndigung anzunehmen, ohne dass zu erkennen wre, dass er damals ethisch ausgedeutet worden wre.1071 Der vorethische Charakter 1071 Vgl. Fenske, Argumentation, 213: „Sie [sc. das Thema der Heiligung] war Thema der Erstverkîndigung … Paulus muß in 1Thess 4 das Thema Heiligung nicht argumentativ untermauern, weil es sich um eine allgemein bekannte Ermahnung handelt und nicht um eine, die auf ganz konkrete Herausforderungen eingeht“. Dass es sich beim Thema der Heiligung um eine „Ermahnung“ handelt, entspricht dem Text 4,3 – 8 dem hier vertretenen Ansatz nach nicht, doch richtig gesehen ist, dass die Heiligung eine den Mahnungen von 4,3 – 8 vorge-

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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des Heiligungsbegriffes wird dadurch deutlich, dass Paulus sich auf ihn als feste Grçße bezieht, um den Thessalonichern Gottes Willen zu vermitteln; erst letzterer wird anschließend tatschlich ethisch konkretisiert. Obwohl auch der Wille Gottes bei Paulus in aller Regel kein primr ethischer Begriff ist. Deutlich so formuliert es Paulus im Grunde nur in Rçm 12,2 und – eben auch – in1Thess 5,18. Ansonsten steht mit diesem Terminus viel mehr der Ratschluss Gottes, seine Vorsehung, Weisung, Fîgung im Vordergrund (vgl. Rçm 1,10; 2,18; 9,18.22; 15,32; 1Kor 1,1; 4,19; 12,18; 15,38; 2Kor 1,1; 8,5), der sich zum ausdrîcklichen Heilswillen zuspitzen kann (Gal 1,4).1072

Dass der Ort einer Heiligungslehre demnach die Gotteslehre und nicht die Ethik ist1073, legt sich erneut auch durch Paulus’ Formulierung von 4,3a nahe: Das h´kgla wird hier außer durch den Genitivus subjectivus toO heoO nicht nher przisiert, der "ciaslºr hingegen durch rl_m bestimmt. Nicht heißt es jedoch: toOto c²q 1stim h´kgla toO heoO rpe` q rl_m oder h´kgla toO heoO eQr rl÷r (vgl. 5,18). Whrend das h´kgla toO heoO in den Folgeversen ethisch expliziert wird, nimmt der "ciaslºr rl_m in appositioneller Stellung eine auf die Glubigen bezogene Blickrichtung ein: Der (allgemeine, grundstzliche, soteriologische) Gotteswille expliziert sich in eurer Heiligung. Der Genitiv rl_m kann als Genitivus subjectivus gelesen werden (wie auch toO heoO): Es geht um die Heiligung der Thessalonicher. Denkbar ist jedoch ebenso, ihn als Genitivus objectivus (oder commodi) zu lesen, also „Heiligung fîr euch“. Das personenbezogene Moment eurer Heiligung macht sie auf diese Weise mehr zum Angebot Gottes an die Thessalonicher, an dem diese seit ihrer Bekehrung teilhaben. Zur Besttigung fîr eine Verhltnisbestimmung von h´kgla toO heoO und b "ciasl¹r rl_m in diesem Sinne verwendet kann auch auf 1Thess 5,18 verwiesen werden. In der Schlussparnese 5,12 – 22 wird nur noch ordnete Grçße ist, die nicht erst situativ ins Spiel gebracht worden ist. Vgl. auch Stettler, Heiligung, 54.463. 1072 Vgl. auch fîr LXX und Qumran ausfîhrlicher Mîller, Thess, 170 f. Zudem auch Sand, Art. Wille Gottes, 1115 f. Mîller/Haacker betonen dahingehend auch strker den Aspekt des Heilsgeschehens in Christus (vgl. Art. Wille. h´ky, 1909 – 1912; auf das gesamte NT vgl. bezogen auch Collins, „This is the Will …“, 308 f.). Limbeck setzt hingegen den Akzent strker auf die Ethik (vgl. Art. h´kgla, 339 f.). 1073 Die Rede von einer „Forderung nach Heiligung und untadeligem Leben“ (Schnelle, Ethik, 301 f., eigene Kursivsetzung) ist somit doppelt missverstndlich: Es ergeht keine „Forderung nach Heiligung“ noch wird Heiligung mit untadeligem Leben gleichgesetzt.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

auf das h´kgla heoO rekurriert, die Erinnerung an den "ciaslºr ("ci²sai) erfolgt erst spter im folgenden Abschnitt, dem Segensgruß V.23, und auch hier mit personalpronominaler Ausrichtung rl÷r. Dem entspricht logisch das Verstndnis von b "ciasl¹r rl_m mit Genitivus objectivus. Ebenso hat der Segenswunsch in 5,23 deutlich nichtethische Funktion, sondern ist auf einen Akt Gottes mit Hinblick auf die Wiederkunft Christi bezogen.1074 Weiter kann nochmals auf das (allerdings eher schwache) Argument der Artikelsetzung hingewiesen werden, fîr das sich jetzt vielleicht eine Erklrung findet. Wenn fîr h´kgla als Prdikatsnomen mit vorstehender Copula normalerweise eher Artikel zu erwarten wre, dieser hier jedoch nicht steht, wîrde dies fîr h´kgla ohne Artikel eher eine îbergeordnete abstrakte Grçße implizieren, und fîr "ciaslºr mit Artikel auf einen konkreten Bezug verweisen. Dies wîrde zur Setzung von rl_m zusammen mit b "ciaslºr zur Bezeichnung einer konkreten, bekannten Bezugsgrçße passen, an die sich – logisch nachgeordnet – das h´kgla toO heoO anschließt. Letzteres wre dann zunchst eine abstrakte Grçße (kein Artikel), die erst durch die nachfolgende Parnese konkretisiert wird. Das Problem dieses Satzes bestnde also nicht mehr in der Grammatik, sondern darin, dass die logische Reihenfolge der Hauptbegriffe ("ciaslºr – h´kgla – !p´weshai) der Lesereihenfolge des paulinischen Satzes (h´kgla – "ciaslºr – !p´weshai) zuwiderluft. Die Apposition b "ciasl¹r rl_m wre also tatschlich eine im Schriftverlauf nachtrgliche, logisch aber vorgeordnete Sinneinheit. Das Risiko dieser Argumentation besteht darin, dass sie in drei wesentlichen Punkten von grammatikalischen Entscheidungen abhngt, die von der Mehrheitsmeinung differieren: adverbielle Lesart von toOto (statt pronominaler), Abhngigkeit des !p´weshai (V.3b) von toOto c²q 1stim h´kgla (statt von b "ciasl¹r rl_m), sowie Subordinierung von V.6a unter V.4b (statt Parallelsetzung zu V.3b). Die Strken der Argumentation hingegen liegen m.M.n. zum ersten in einer verbesserten Analysierbarkeit des Textes selbst, zum zweiten greift sie in nuce die Umschlossenheit der Ethik in Gotteslehre/Christologie sowie Eschatologie auf – letztere kommt in den V.3a-6 nicht explizit zur Sprache, wohl aber implizit durch den Ausblick aufs Gericht in V.6b –, die schon fîr den gesamten Brief in toto formuliert werden konnte, und steht damit deutlich besser in Kontinuitt zur Gesamttheologie von 1Thess. 1074 Vgl. 4.3.

3.2. Syntaktische und syntaktisch-inhaltliche Fragen

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Wieviele Laster spricht Paulus an? Mit den Mehrheitsentscheidungen fîr die drei genannten grammatikalischen Details waren freilich auch Weichen gestellt, die inhaltliche Konsequenzen nach sich zogen: Die aus der îblichen Lesart gewonnene markante Schlîsselwort-Position von b "ciasl¹r rl_m (V.3a), ggf. mit anschließend ergnztem Doppelpunkt, wirkte darauf hin, die nachfolgenden Mahnungen als Explikation (oder Explikationen) des Heiligungsgedankens zu betrachten. Die Ethik war demnach leicht als „Methode“ definiert, durch die sich Heiligung vollzieht. Passend war es dann, in den folgenden Versen mçglichst mehrere Mahnungen zu identifizieren, die als Beispiele solcher Ethik dienen konnten; und die Sichtung von Unzucht und Habgier (poqme¸a und pkeomen¸a) als heidnische „Kardinallaster“ in V.3 – 6 war geeignet, prototypisch eine allgemeine Ethik zu formulieren und dann unter die „˜berschrift“ von V.3a zu subsummieren.1075 Bereits die ˜berlegungen in 3.1.2.1. haben allerdings zur Schlussfolgerung gefîhrt, in den Versen 4,3 – 6a besser ein konkretes Anliegen aufgegriffen zu sehen als eine allgemein formulierte Parnese ins Ungewisse hinein. Dies alleine ist leichter, wenn auch durchaus nicht notwendig, mit der Annahme zu verknîpfen, dass es sich dabei um ein Anliegen gehandelt hat. Mit einer solchen Vermutung ganz kompatibel erscheint es aufgrund der grammatikalischen Analyse des hypotaktischen Satzes durch die Unterordnung von V.6a gegenîber V.4b (und noch mehr unter V.3b) unwahrscheinlich, in V.6a ein neues, gleichgeordnetes Laster angesprochen zu sehen.1076 Im anderen Falle mîssten die Infinitive 1075 Diese wichtige Forschungsmeinung wird unter 3.3.3.1. noch nher zur Diskussion kommen. 1076 Vgl. zu diesem Argument Collins, „This is the Will …“, 319; ders., Unity, 327.333; Haufe, Thess, 71.73; Malherbe, Thess, 232 f.; Maurer, Art. pq²ssy jtk., 640; Weima, How You Must Walk, 109. Wie zu zeigen sein wird, gibt es eine beachtenswerte Forschermeinung, die in den Versen 4,3 – 6a zwei Laster, nmlich poqme¸a und pkeomen¸a angesprochen sieht (vgl. unter 3.3.3.1.). Da es jedoch auf Seiten der Befîrworter dieser These – soweit ich sehe – nie gelungen ist, eine schlîssige Interpretation fîr den artikulierten Infinitiv zu finden, wre Baumert recht zu geben, dass die Exegeten, die sich dennoch fîr diese Lçsung entscheiden, sich gençtigt sehen, die Konstruktion V.6a von dem vermuteten Inhalt her nachtrglich „ein wenig zurechtzubiegen“ (Baumert, Brîche, 341). Seltsam ist beispielsweise, dass Holtz V.6 einen „neuen selbstndigen Satz[…]“ nennt, um sein Trennungsargument zu stîtzen – obwohl er das definitiv nicht ist.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m mit !p´weshai von V.3b parallelgeschaltet

werden, d. h. beide abhngig von V.3a.1077 Unabhngig davon, ob man sich bzgl. der grammatikalischen Analyse von V.3a Baumert anschließt oder nicht, die unterschiedliche Grammatik in V.3b und V.6a (AcI vs. artikulierter Infinitiv) wre schwer einleuchtend: nicht nur wegen des Unterschiedes an sich (was schon stilistisch unerwartet wre), sondern auch wegen der sich daraus ergebenden Funktionsunterschiede der Infinitive. Viel eher wre fîr diese Bedeutung ja¸ c. AcI oder bloßer Infinitiv analog zu V.3b zu erwarten. Dies ist bislang nur eine grammatikalisch gestîtzte Vermutung. Nicht berîcksichtigt ist dabei bisher die inhaltliche Fîllung des Textes, d. h. eine Interpretation auf sachlicher Ebene, sowie (unmittelbar) der Beleg von "ciaslºr in 4,7 und dem pmeOla ûciom in 4,8, sowie die îbrigen Belege von ûcior und seinen Ableitungen im restlichen Brief. Dieser inhaltlichen Ausdeutung soll im nchsten Unterkapitel (3.3.) sowie im nchsten Kapitel 4. nachgegangen werden.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8 3.3.1. 1Thess 4,4: t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai Zu den umstrittensten Einzelfragen des Textabschnittes, die seit alters her immer wieder kontrovers diskutiert worden sind, gehçrt die Deutung des Ausdrucks sjeOor jt÷shai in 1Thess 4,4, und der breite Raum, in dem Exegeten und Kommentatoren dieser Frage nachgehen, zeugt von den damit verbundenen interpretatorischen Schwierigkeiten. Ein Konsens ist trotz ausfîhrlicher Diskussion nicht abzusehen. ˜berdeutlich zeugen die Interpretationsprobleme von den Verstndnisschwierigkeiten idiomatischen Gebrauchs einer antiken Fremdsprache.1078 Problematisch ist bereits die Bedeutung von sjeOor. Im LXX-Griechisch in aller Regel als ˜bersetzung von =@%p! verwendet ist es gleich diesem in seiner Grundbedeutung ein relativ farbloser, vieldeutiger Be1077 So etwa ausdrîcklich Reinmuth, Geist, 100, Anm. 29 (zu ebd., 14). Er beruft sich dabei auf BDR, „§ 399,5“ (gemeint ist § 399.3, Anm. 5), doch m. E. nicht zurecht. Wie oben zur Diskussion zu Baumerts Ansatz ausgefîhrt, weist gerade BDR, § 399.3, Anm. 5 auf finale Unterordnung von 1Thess 4,6. Die von BDR, § 399.3 ausgedeutete semantische Identifizierung des artikulierten Infinitivs mit Vma l¶ wre parallel zum AcI in V.3b gerade nicht zu erwarten. 1078 Vgl. Avotri, Possessing, 55 f.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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griff („Objekt“, „Gebrauchsgegenstand“, noch allgemeiner „Ding“, oder gar „irgendetwas“; spezifischer dann auch „Gefß“, „Schîssel“, „Krug“). Fîr beide Begriffe, sjeOor und =@%p!, sind auch sehr hnliche Verwendungen in îbertragener Bedeutung belegt1079, von denen eine sicher in 1Thess 4,4 vorliegt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich fîr die exakte Kombination sjeOor jt÷shai in der gesamten bekannten griechischen Literatur kein weiterer Beleg findet, der als Deutungshilfe herangezogen werden kçnnte. Seit den Kirchenvtern werden unermîdlich die Bedeutungen „Leib“ und „Frau“ diskutiert1080 ; etwas abseitig dazu hat sich dazu noch eine dritte Variante „Penis“ gefunden1081; im Kontext einer

1079 Ausgefîhrt bei Maurer, Art. sjeOor, 360 f. 1080 Vgl. die ausfîhrlichen Namens- und Literaturlisten z. B. bei Ascough, Associations, 187, Anm. 96 f.; Baumert, Brautwerbung, 317, Anm. 6; Collins „This is the Will …“, 311 f.; Dobschîtz, Thess, 163 f. (auch 164, Anm. 1); Holtz, Thess, 157, Anmm. 53.54; Maurer, sjeOor, 366, Anmm. 48.49. In jîngerer Literatur entscheiden sich fîr „Frau“ z. B.: Collins, Unity, 333; Hodgson, 1 Thess 4:1 – 12, 200; Holtz, Thess, 156 – 158; Konradt, EQd´mai, 132 – 134; Maurer, Art. sjeOor, 365 – 368; Schnackenburg, Botschaft, 62; Stettler, Heiligung, 41 f.; Vahrenhorst, Sprache, 124 – 126; Yarbrough, Gentiles, 68 – 76. Fîr „Leib“: Brady, Process, 86 – 93; Brocke, Thessaloniki 130 f.; Bruce, Thess, 83; Carras, Jewish Ethics, 308 – 310.314 f.; Hiebert, Thess, 173; Lîhrmann, Beginnings, 245 – 247; Merk, Handeln, 46 f.; Plîmacher, Art. sjeOor, 598; Verhoef, 1 Thessalonians, 350 – 356. 1081 Vgl. unten. Nie îber eine Einzelmeinung hinausgeraten ist hingegen die ˜berlegung von Bolten „Hausgert, Vermçgen“ (ohne weiteren Quellenverweis ablehnend zitiert in Dobschîtz, Thess, 164, Anm. 1, und Lînemann, Thess, 102, Anm.* Bei Bolten, Die neutestamentlichen Briefe, Zweyter Theil, 188, ist die Erklrung zu lesen: „ T¹ 2autoO sjeOor, sein Vermçgen, sein Gerthe, oder, Singularis pro Plurali, seine Gîter, seine Utensilia“ [mit Verweis auf Mt 12,29; Mk 3,27, sowie hebr. =@? i.S.v. Hausgert nach Gen 31,37 und i.S.v. Kleidung nach Dtn 22,5]). Eine ebenso randstehende Meinung ist Basslers Vorschlag geblieben, nach dem sjeOor in Parallele zu 1Kor 7,36 – 38 i.S. einer „metaphorical reference to virgin partners“ (SjeOor, 61) zu lesen sei: Paulus habe fîr eine starke Verbindung von Heiligkeit und Zçlibat eingestanden und daher fîr vollkommene eheliche Enthaltsamkeit pldiert. Da es nicht einsichtig sei, warum Paulus trotz Vorhandenseins besseren Vokabulars Frauen als „Gefße“ im Sinne von „containers for semen“ bezeichne (ebd., 55), sei mit den gemeinten Frauen stattdessen an Gefße gefîllt mit Heiligkeit gedacht. In V.6 lge dann der Gedanke zugrunde, dass der mnnliche Blutsverwandte einer solchen jungfrulichen Gattin bei nachtrglichem Bruch der Enthaltsamkeit kompromittiert werde (vgl. ebd., 64 f.). Vgl. dagegen Elgvin, 1Thess 4.4, 615 f.; Konradt, EQd´mai, 131, Anm. 7.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Warnung gegen die poqme¸a wren alle drei Bedeutungen umittelbar denkbar. Vahrenhorst hat nicht ohne Grund die heuristische Relevanz der Unterscheidung zwischen sjeOor/Frau und sjeOor/Leib relativiert. In beiden Fllen mahne der Vers zum Ausîben legitimen Geschlechtsverkehrs im Gegensatz zur poqme¸a. Auch bei Lesart „Leib“ sei die mçgliche inhaltliche Konsequenz, Paulus mahne zur vçlligen sexuellen Abstinenz, nicht îberzeugend, denn V.3b warne ausdrîcklich nur vor der poqme¸a, nicht vor sexuellem Umgang îberhaupt. Und nur bei dieser Interpretation sei 1Thess 4,3 – 6 mit 1Kor 7 harmonisierbar.1082 Vahrenhorst geht dabei allerdings von einer allgemein ausgesprochenen Mahnung aus; relevanter wird die Unterscheidung fîr die Eruierung eines mçglichen historischen Hintergrundes bei Annahme eines konkreten Anlasses fîr Paulus’ Mahnung.

Fîr die Bedeutung „Leib“ spricht, dass v. a. durch das 6jastor in V.4a fîr die Mahnung t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai eine mçglichst allgemein anwendbare Bedeutung erwartet werden kçnnte, wohingegen bei Entscheid fîr sjeOor/Frau und ingressiver Bedeutung von jt÷shai auf den ersten Blick nur ledige, und selbst bei durativer (was grammatikalisch hart wre; vgl. hierzu sofort) nur verheiratete Mnner angesprochen wren.1083 Dieses Argument kann freilich nicht an die in 3.1.2.1. und 3.2.5. gewonnene Schlussfolgerung anknîpfen, V.3 – 6 trotz 6jastor (V.4a) sowie peq· p²mtym to¼tym (V.6b) als einen konkreten Problemfall aufgreifend zu verstehen, und lçst sich damit unter Beibehaltung dieser Schlussfolgerung auf. Ein weiteres Argument fîr sjeOor/Leib knîpft ebenfalls an eine Erwartung grçßtmçglicher allgemeiner Anwendbarkeit des Abschnittes an: Denn sjeOor/Frau impliziere in jedem Falle eine androzentrische Ulonskas Einzelvorschlag interpretiert sjeOor im Sinne des weiblichen Geschlechtsorgans. Nach ihm ermahnt Paulus die Thessalonicher zur Distanzierung vom orgiastischen Fruchtbarkeitsfest zu Ehren der Aphrodite (Christen, 214 f.). Zu dieser Lçsung kommt er dadurch, dass er eQd´mai im Sinne von hebr. W7= im sexuellen Sinn interpretiert und sodann t¹ 2autoO sjeOor von eQd´mai abhngig sein lsst. Mit jt÷shai finge dann ein neuer Nebensatz an. Diese Lçsung ist philologisch unplausibel (vgl. Konradt, EQd´mai, 128, Anm. 1; Blischke, Begrîndung, 59, Anm. 142). 1082 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 126. 1083 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 312; Holtz, Thess, 158 f. Mindestens teilweise zirkulr ist allerdings Holtz’ Argument fîr jt÷shai durativ, die Weisung sei „zu allgemeiner Natur, als daß sie nur an Unverheiratete gerichtet sein kçnnte“ (Thess, 158). Denn wie allgemein die Weisung gemeint ist, hngt eben wesentlich erst von der Deutung des Ausdrucks sjeOor jh÷stai ab.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Exklusivitt der parnetischen Zielgruppe1084 ; dies stnde aber im Gegensatz zu der in den umliegenden Abschnitten angesprochenen Gender1084 Dieses Moment ist von feministischer Seite rege aufgegriffen worden. Dort sieht man die Entscheidung fîr „Leib“ oder „Frau“ noch in ganz anderem Licht: Schottroff sieht die Bedeutung sjeOor/Frau als diskussionslos gegeben an und erkennt darin eine „frauenverachtende[…] Peinlichkeit“ des Textes (Frauen und Geld, 30); V.6a wird von ihr sodann im Sinne eines Tadels gegenîber der wirtschaftlichen Ausbeutung des Brautvaters durch den Brutigam bei der Verhandlung îber die Mitgift gedeutet (vgl. ebd., 30 – 32). Im Anschluss an diese Interpretation kommentiert sie kritisch: „Paulus kritisiert in 1.Thess. 4,3 – 8 die Habgier des eheschließenden Mannes, der seine Macht zur Bereicherung nîtzt. Die dem Mitgiftsystem innewohnende Frauenverachtung erkennt er nicht. Die frauendiskriminierende Terminologie in V.4 bedeutet ihm keinen Anstoß“ (ebd., 32). Ebenfalls einseitig patriarchal deutet auch Jewett 1Thess aus (vgl. Liberation, 61 – 64; konkret zu 4,4: 63). – Konradt hingegen sieht trotz gleicher Beobachtungen in der Formulierung von 1Thess 4,4 kein notwendigerweise frauenabwertendes Moment: „Mçglicherweise steht schlicht die im Alten Testament anzutreffende Vorstellung von Zeugung Pate, nach der der Embryo aus dem mnnlichen Samen hervorgeht, der – vergleichbar mit der Aussaat von Samenkçrnern in die Erde – in die Frau hineingelegt wird“ (EQd´mai, 134, Anm. 28; Lit!; so auch Schmiedel, Thess, 20). – Auch Bickmann – obwohl ebenfalls unter speziell feministischer Blickrichtung – schließt sich nicht Schottroff an: Sie ist zwar gleich Schottroff (auf die sich ausdrîcklich bezieht) der Meinung, dass die Entscheidung fîr „Gefß“ als Bild fîr „Frau“ die letztere „als Sexualobjekt des Mannes, dessen er sich bedient oder das er durch Heirat erwirbt“ definieren wîrde und darin deutliche „Frauenverachtung“ zu erkennen sei. Doch entscheidet sie sich, anders als Schottroff, fîr die Zuordnung sjeOor/Leib. Die Bedeutung „Frau“ sei „keineswegs zwingend“ und stîtze sich nur „auf wenige Belege aus der rabbinischen Literatur“; die Belege fîr sjeOor/Leib hingegen seien „[b]reiter gestreut … und bezeichnen die Zerbrechlichkeit des menschlichen Kçrpers“ (mit Verweis auf 1QH 4,9; TestNaph 2,2; 8,6; ApkSedr 11,5.10.11). Sie resîmmiert: „Meines Erachtens ist 1Thess 4,3 in diesem Sinne [d.h. i.S.v. sjeOor/zerbrechlicher Leib] zu verstehen: als unkonkrete Mahnung, mit dem eigenem vergnglichen Kçrper entsprechend der Berufung zur Heiligkeit umzugehen, ihn nicht zu mißbrauchen“ (Bickmann, Der erste Brief, 652). Bickmann schließt sich somit ausdrîcklich nicht Schottroffs Interpretation an. Angreifbar ist jedoch auch ihre Sichtweise: Die Kîrze eines Lexikonartikels setzt der Detailliertheit zwar Grenzen und manche Unschrfen mçgen auf diese Weise zu erklren sein; doch werden von Bickmann die wichtigsten Argumente gegen sjeOor/Leib, nmlich jh÷stai ingressiv sowie das betonte 2autoO gar nicht genannt – ganz abgesehen von der problematischen Wiedergabe von "ciaslºr mit „Heiligkeit“ (statt „Heiligung“; vgl. Anm. 61) sowie 1j²kesem … 1m "ciasl` mit „Berufung zur Heiligkeit“ (vgl. 3.3.4.). Im Bezug auf die Quantitt der Vergleichsbelege fîr „Leib“ bzw. „Frau“ wird man sich Bickmann vielleicht anschließen kçnnen, obwohl die quantitative ˜berlegenheit der Belege fîr sjeOor/Leib îber die fîr sjeOor/Frau keineswegs groß ist;

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

indifferenten Allgemeinheit. Zudem sei auch aus 1Kor 7,1 – 7 klar erkennbar, dass Paulus in sexualethischen Weisungen nicht nur Mnner, sondern auch Frauen angesprochen wissen wollte. Es sei daher nicht einsichtig, dass Paulus in 1Thess 4,3 f. nur Mnnern die Enthaltung von Unzucht antragen wolle.1085 Auch dieses Argument greift aufgrund der Vermutung eines konkreten Anlasses fîr die Parnese nicht: Mit grçßerer Wahrscheinlichkeit, als dass sich diese Mahnung an „verheiratete Mnner“ oder „ledige Mnner“ im allgemeinen richtet, bezieht sich Paulus an dieser Stelle auf einen ihm mitgeteilten Fall.1086 Die beiden wichtigsten Argumente gegen „Leib“ hingegen sind das betonte Reflexivpronomen 2autoO, das nahelegt, dass es um den Erwerb von etwas geht, das sinnvollerweise entweder dem Bruder oder einem selbst gehçren kann1087, sowie das prinzipiell ingressiv verwendete Verb jt÷shai im Prsens: Der Erwerb des eigenen Leibes ergibt keinen guten Sinn.1088 nicht anschließen kann man sich Bickmann im Hinblick auf den qualitativen Befund, d. h. im Hinblick auf die Relevanz der entsprechenden Belege (vgl. sofort weiter unten, sowie Konradt, EQd´mai, 131 – 133). Dass schließlich die Metapher sjeOor/Leib auf die „Zerbrechlichkeit des menschlichen Kçrpers“ hinweise, trifft nicht einmal auf alle der von ihr gewhlten Belege zu (im Grunde nur auf 1QH 4,9; ihre anderen Beispieltexte sind vielmehr neutral [ApkSedr 11,5.10.11] bzw. konnotieren die Metapher mit Geschçpflichkeit [TestNaph 2,2] oder Verfîgbarkeit [TestNaph 8,6]), noch weniger auf die Metapher im allgemeinen (auch hierzu ausfîhrlicher sofort weiter unten). 1085 Vgl. Elgvin, 1 Thess 4.4, 612; Lîhrmann, Beginnings, 245 f.; McGehee, Rejoinder, 84 f.88. 1086 Es ist ebenfalls erwogen worden, dass die thessalonische Gemeinde tatschlich vorwiegend aus Mnnern bestanden habe kçnnte, nmlich aus Mitgliedern einer von Mnnern dominierten Berufsgemeinschaft, vielleicht von Zeltmachern oder Gerbern (vgl. Ascough, Associations, 186 – 189; Lit. vgl. ebd., 186, Anm. 91!). Dies wîrde allerdings wiederum Apg 17,4 im besonderen und den Missionserfolgen unter Matronen im frîhen Christentum im allgemeinen widersprechen (vgl. zu Apg 17,4: Fitzmyer, Acts, 595; Schneider, Apg, 224 [„Diese Darstellung kann der historischen Situation entsprechen“]; allgemein: Riesner, Frîhzeit, 310 f.; Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 332 f.). Auch Fatum erkennt trotz ihres Entscheids fîr sjeOor/Leib in 1Thess 4,3 – 8 eine ausschließlich androzentrisch an die Mnner der Gemeinde gerichtete Parnese (vgl. Brotherhood, bes. 190 f.). 1087 Vgl. Collins, Problem, 315; Frame, Thess, 150. McGehees Unverstndnis, warum es nicht auch mçglich sein solle, die Frau eines anderen Mannes zu nehmen/besitzen/mit ihr zu leben/„to have control over her“ (Rejoinder, 87), ist mir nicht nachvollziehbar. 1088 Vgl. Frame, Thess, 150; Holtz, Thess, 157; Malherbe, Thess, 227.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Grundstzlich kçnnte ein durativer Aspekt (in diesem Falle: „seinen Leib bewahren, erhalten“) grammatisch zwar auch durch Prsens ausgedrîckt werden1089, doch gerade bei jt²olai ist dies nicht problemlos. jt²olai im Prsens bedeutet „erwerben, bekommen“ und hat somit grundstzlich ingressiven Charakter; durativ „besitzen“ ist besser durch Perfekt jejt/shai ausgedrîckt.1090

Problematisch fîr die Lesart sjeOor/Leib ist auch der Befund durch Vergleichsbelege: Die ntl. Belegstellen fîr sjeOor in Bezug auf Personen, wenn auch nicht notwendigerweise im konkreten Sinne von „Leib“, finden sich in Apg 9,15; 2Kor 4,7; 2Tim 2,21 und 1Petr 3,7.1091 Auf 1Thess 4,4 im Sinne von sjeOor/Leib anwendbar ist jedoch keiner dieser Belege: Apg 9,15 metaphorisiert lediglich Paulus mit dem Werkzeug Gottes, nher an der Metapher des „Gefßes“ im Sinne eines Inhaltstrgers wird Paulus hier auch als Namenstrger Gottes verstanden. øhnlich nennt 2Kor 4,7 die Glubigen als die den Glaubensschatz beinhaltenden irdenen Gefße; vergleichbar ist 2Tim 2,21. Damit sind diese ntl. auf Menschen bezogenen Belege von sjeOor zwar vçllig geschlechtsneutral, doch sind es gerade diese Belege, die, wie gesagt, aufgrund des Gebrauchs der Metapher nicht auf 1Thess 4,4 îbertragbar 1089 Vgl. BDR, § 318.2. 1090 Vgl. BDR, § 341, mit Anm. 3: Perfekt der genannten Verben zum Ausdruck eines Zustandes; noch deutlicher Hoffmann/Siebenthal, § 200b: „Das prsentische Perfekt bezeichnet einen Zustand in der Gegenwart; der in der Vergangenheit liegende Vorgang, der dazu gefîhrt hat, tritt fast vçllig in den Hintergrund“. Auch Liddell/Scott unterscheiden deutlich zwischen der Bedeutung „procure for oneself, get, acquire“ fîr Prsens, Imperfekt, Futur und Aorist (1001, s.v., I.) sowie der Bedeutung „to have acquired, i. e. possess, hold“ fîr Perfekt und Plusquamperfekt (1001, s.v., II.), obwohl sie allerdings in der spteren Zeit perfektivischen Sinn im Prsens konzedieren, hierfîr aber nur einen einzigen Beleg anfîhren (Lk 18,12; vgl. 1001, s.v., II.). Dieser wiederum ist m. E. jedoch nicht notwendigerweise durativ „besitzen“ zu lesen, sondern besser „verdienen, erwerben, einnehmen“ (so auch die Wiedergabe in der Elberfelder ˜bersetzung und der Zîrcher Bibel). McGehees pauschale Berufung auf Liddell/Scott zu Gunsten der durativen Variante fîr jt²olai/Prsens (vgl. Rejoinder, 87) ist somit bestenfalls irrefîhrend. Unklar bleibt mir Tomsons Versuch, aufgrund von mQid 1,1 (N=DKD 8M48), obschon er klar ingressiv „a woman is aquired“ îbersetzt, auf die Bedeutung „besitzen“ fîr sowohl 8DK als auch jt÷shai zu schließen (vgl. Tomson, Instruction, 108). Vgl. zum Ganzen auch die Argumentation bei Baumert, Brautwerbung, 327 f. Die Untersuchung eines speziell paulinischen Gebrauchs der Vokabel scheitert daran, dass jt²olai paulinisches Hapaxlegomenon ist. 1091 Die Bedeutungen der sonstigen Belege sind im wçrtlichen Sinne zu verstehen, d. h. Gert, Gefß, Krug, Ware etc.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

sind. 1Petr 3,7 ist diffiziler: Zunchst bietet dieser durch Paulus beeinflusste Beleg keine unmittelbare Ausdeutung an, die sich an die Metapher vom Gefß als Inhaltstrger anschließen wîrde wie die anderen ntl. Belege. Gleichzeitig ist hier durch den Kontext die Geschlechtsneutralitt ausdrîcklich aufgehoben. Die Logik des Komparativs !shem´steqor im Bezug auf die Frau kçnnte zwar dahingehend ausgedeutet werden, dass sich der Schreiber sowohl Frau als auch Mann als sjeOor denkt, den Mann eben nur als ein strkeres „Gefß“1092, doch fragt sich, ob dies nicht eine ˜berstrapazierung der Sprachlogik ist: Die Gegenîberstellung von Frau und Mann wird ja nicht durch eine ausdrîckliche semantische Opposition vollzogen, sondern alleine durch die Charakterisierung der Frau: Sie ist !shem´steqor und wird als sjeOor bezeichnet; und dieses !shem´steqom sjeOor wird klrend als das cumaije?or gekennzeichnet. Vom Mann wird nicht einmal gesagt, dass er der Qswuqºteqor wre, obwohl dies auf der Linie des Gedankens lge; doch auch diese Konsequenz îberlsst der Text dem Leser. Ob es somit nicht mit allen drei Begriffen ( !shem´steqor, sjeOor und – vçllig eindeutig – cumaije?or) um eine Charakterisierung der Frau geht, zudem, setzt man geschlechtsneutrale Verwendung wie in den anderen ntl. Vergleichstexten voraus, sich keine rechte Sinnebene fîr die gesamte Metapher erschließen will. Das dritte Glied cumaije?or wre dann gut epexegetisch „ … als einem schwcheren Gefß, eben dem weiblichen“ zu verstehen.1093 Außerhalb des NT wird sjeOor im skular-hellenistischen Griechisch offenbar erst bei Polybius (2. Jahrhundert n. Chr.) auf einen Menschen angewendet, sowie auch das Verstndnis des Leibes als „Gefß“ der Seele 1092 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 312; Lîhrmann, Beginnings, 246; Verhoef, 1 Thessalonians, 354. 1093 So kommt es nicht von ungefhr, dass wichtige Kommentare zu 1Petr auf die Metapher des sjeOor entweder gar nicht eingehen (vgl. Klauck, 1Petr, 147 – 149; ganz ausgeklammert selbst im Kompendium Feministische Bibelauslegung bei Foulkes, Der erste Brief des Petrus, 707), oder zwar darauf eingehen, nicht aber die Schlussfolgerung ziehen, sjeOor sei die parittische Metapher fîr Mann und Frau (vgl. Goppelt, 1Petr, 221 f., mit Anm. 6; Elliott, 1Petr, 576 – 578; Michaels, 1Petr, 169; Wold, Women, 196 f.; noch deutlicher bei Seethaler, 1Petr, 40), oder sjeOor bewusst ausschließlich auf die Frau beziehen, ungeachtet des Komparativs (vgl. Schelkle, Petrusbriefe, 92, mit Anm. 2). Der Komparativ kçnnte, wenn man ihn hyperkorrekt im Deutschen vermeiden wollte, auch elativisch wiedergegeben werden „ …als einem ziemlich schwachen Gefß“ (vgl. BDR, § 244.1.). Anders allerdings bei Brady, Process, 87; Haufe, Thess, 70; Vahrenhorst, Sprache, 125.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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wohl erst dem spteren hellenistischen Denken vertraut ist1094 (vgl. ApkMos 31,4); ein solches entsprche mit seinem vorausgesetzen LeibSeele-Dualismus auch nicht paulinischer Anthropologie.1095 Aus jîdischem Sprachgebrauch jedoch sind frîhere Verwendungen von sjeOor/ =@%p! auf einen Menschen bezogen belegt, wobei hierbei die Bedeutungen „ußerlicher Kçrper“ und „ganzheitlicher Mensch“ verschwimmen kçnnen. Fîr eine Erhellung von 1Thess 4,4 aufgrund dieser Belege ist jedoch problematisch, dass sie, gleich Apg 9,15; 2Kor 4,7; 2Tim 2,21, in Sinnzusammenhngen erscheinen, die die Grundbedeutung „Gefß“ noch durchschimmern lassen, d. h. wenn der Mensch im Kontext einer mit „Gefß“ erkennbar in Verbindung zu bringenden Funktion bezeichnet werden soll1096 : die Verfluchten Belials als „Gefße“ der Gewalt in 4QTest 25; bezogen auf die Schlange in ApkMos 16,4; 26,1, bis hin dazu, dass der Teufel oder ein Geist im Menschen wie in einem Gefß wohnen (TestNaph 8,6); in 4Esr 7,88 scheidet der Tod den Menschen vom irdischen Leib wie von einem vergnglichen Gefß; ein hnliches Konzept, das Gefß als Metapher fîr den Kçrper, der mit einem entsprechenden Geist gefîllt wird, auch in TestNaph 2,2; in bTaan 7a liegt die Vorstellung vor, der Mensch/Leib sei innerlich mit Weisheit gefîllt (vgl. auch bNed 50b). Ebenso ist hier, wie auch in bTaan 20b, der pejorative Bezug auf ußerliche Hsslichkeit und den Menschen in seiner Schwachheit und Hinflligkeit erkennbar; dieselbe Konnotation findet sich auch schon 1QH 4,9.1097 Diese Verwendung wird nahtlos in

1094 Maurer, Art. sjeOor, 359.21; im Anschluss daran Baumert, Brautwerbung, 318, mit Anm. 8. 1095 Maurer, Art. sjeOor, 367.33 – 35 (vgl. 2Kor 4,7). 1096 Vgl. hierzu auch jîngst Merz, Jesus, 291. 1097 Vgl. zu dieser Semantik auch 2Kor 4,7. Ein Verstndnis von sjeOor in 1Thess 4,4 durch die ˜bertragung von 1Q 4,9 (=1QDeuta) sjeOor/Diener îber die sachliche Verlngerung Gen 2,18 zu einer „Frau, die dem Manne Gehilfin ist“ (vgl. Baumert, Brautwerbung, 320), scheint nicht zwingend. In der Tat wird in Tob 8,6 und Sir 36,24 die Frau ohne erkennbare Geringschtzung boghºr genannt, doch bedeutet boghºr eben nicht „Ding, Gert, Gefß“, sondern „Gehilfe“ und hat damit einen ganz anderen primren Assoziationsspielraum (vgl. auch der in Sir 36,24 folgende parallele Vergleich stOkor). Ein Verstndnis von Tob 8,6 und Sir 36,24 von Gen 2,18 her ist einsichtig (Gen 2,18/LXX hat auch schon boghºr), nicht jedoch unbedingt eine Parallele zwischen Tob 8,6/Sir 36,24 und 1Thess 4,4.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

christlicher Literatur weitergetragen (vgl. Herm mand V 1,2; Herm mand V 2,5 [ !cce?om]; auch Herm mand XI 13 – 15; Barn 7,3; 11,9).1098 Die Bedeutung sjeOor/Penis stellt im Grunde nur eine Przisierung zu „Leib“ dar und spitzt die Konnotation auf den sexuellen Kontext zu (wie sie im Rahmen der poqme¸a auch problemlos denkbar wre). Mittlerweile hat sich eine nicht unbeachtliche Anzahl von Autoren gefunden, die fîr diese euphemistische Verwendung votieren.1099 In diesem Sinne wre der Ausdruck 2autoO sjeOor jt÷shai dann i.S.v. „,controlling one’s sexual urge‘, ,mastering one’s self‘ [sic!] in a sexual sense“1100 zu verstehen. Dies wîrde grundstzlich zur Warnung vor Unzucht passen; auch der Mangel an zeitgençssischen diesbezîglichen Parallelbelegen wre erklrlich und fîr sich genommen kein Gegenargument; die figurative Verschleierung wre zur Vermeidung obszçnen Sprachgebrauchs leicht erklrlich.1101 Fraglich ist al1098 Dass im Tçpfergleichnis Rçm 9,22 f. sowie den entsprechenden Stellen Jes 29,16; 45,9; 64,7; auch Apg 9,15 nicht an ein „Gefß“ im Sinne von Behltnis, das mit etwas gefîllt werden soll, gedacht ist, sondern an die Kreatîrlichkeit des Menschen im Verhltnis zum Schçpferwerk Gottes (vgl. Baumert, Brautwerbung, 320 – 323), ist einleuchtend (so auch bTaan 20b). Baumerts kritische Ausfîhrungen zu Herm mand V 1,2; TestNaph 8,6 hingegen erscheinen mir etwas îberpointiert: Der Mensch als „Gefß“, in dem der Heilige Geist oder der Teufel „wohnt“, ist im Deutschen sicherlich unschçn, doch muss das nicht gegen eine entsprechende idiomatische Verwendung im Griechischen sprechen. Von den bei Plîmacher (Art. sjeOor, 598) noch zustzlich genannten Belegen Artemidor, Onirocriticon V 25; Seneca, Ad Marciam XI 3; und Epiktet, Diss III 24,33 halte ich nur den von Seneca (der Mensch als zerbrechliches Gefß [vas]) fîr relevant. 1099 Vgl. Ascough, Associations, 187 – 189; Avotri, Possessing, 13.74; Bruce, Thess, 83 f.; Elgvin, 1Thess 4.4, 617 f.; Haufe, Thess, 71; Marshall, Thess, 108 f.; Mîller, Thess, 172; Richards, Ministering, 34, Anm. 61; Wanamaker, Thess, 152; Weima, „How You Must Walk …“, 100; Whitton, A Neglected Meaning, 142 f. (gegen Whitton vgl. McGehee, Rejoinder, 82, Anm. 2). Auch Donfried votiert fîr diese Interpretation und argumentiert dabei in erster Linie nicht philologisch, sondern aus dem Kontext phallischer Symbolismen der Dionysos-, Kabeiros- und Samothrake-Kulte (vgl. Cults, 342; ders., Theology of 1 Thessalonians, 49 f.; vgl. ebenso auch Riesner, Frîhzeit, 332); dagegen: Brocke, Thessaloniki, 130 [einschrnkend dann allerdings wieder 142]; Koester, Archologie, 394). Collins („This is the Will of God“, 312, Anm. 79), Elgvin (1Thess 4.4, 609, Anm. 20) und Ascough (Associations, 187, Anm. 98) nennen als Vertreter dieser Lçsung auch Reese, (Thess, 44), doch bleibt der Entscheid bei Reese offen. 1100 Whitton, A Neglected Meaning, 142; zitiert auch in Malherbe, Thess, 226. 1101 Liddell/Scott (1607, s.v., III.) und Maurer (Art. sjeOor, 359, A.2.c) listen zwei Belege fîr sjeOor synonym zu aQdo?om (Antistios anth. graec. 16.243; Claudius Aelianus nat. anim. 17.11). Der Kritik Baumerts gegen die Anwen-

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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lerdings die Interpretation des immer wieder genannten einzigen (!) mçglichen biblischen positiven Vergleichsverses 1Sam 21,6. In der LXX entspricht hier sjeOor dem hebr. =@%p!, das jedoch sowohl in seinen Verwendungsmçglichkeiten insgesamt ebenso unsicher ist als auch im konkreten Falle bereits durch die Bedeutung „Leib“ sinnvoll abgedeckt wre, auch wenn der Kontext insgesamt auf Geschlechtsverkehr anspielt.1102 Als weitere Argumente gegen das Verstndnis von sjeOor/Penis wren – ebenso wie von sjeOor/Leib – das hervorgehobene Reflexivpronomen 2autoO zur Betonung des eigenen Besitzes im Gegensatz zu dem des Bruders sowie die ingressive Grundbedeutung von jt÷shai kaum sinnvoll zu berîcksichtigen.1103

Betrachten wir nun die Argumente fîr bzw. gegen sjeOor/Frau. Hier erschließt sich unmittelbar, dass die beiden strksten Argumente gegen sjeOor/Leib gleichzeitig die strksten fîr sjeOor/Frau sind: die ingressive Verwendung von jt÷shai/Prsens sowie das betonte 2autoO. Whrend beides fîr sjeOor/Leib/Penis schwer verstndlich ist, leuchtet beides fîr sjeOor/Frau unmittelbar ein.1104 dung dieser Stellen fîr 1Thess aufgrund der Datierung (vgl. Brautwerbung, 318 f., Anm. 11) ist zumindest fîr Aelianus (ca. 175 – 235; Antistios 1. Jahrhundert n. Chr.) berechtigt, obwohl gerade der Beleg bei Aelianus semantisch eindeutig wre. Seine Kritik gegen den Antistios-Vers aufgrund dessen „obszçnen“ Sprachgebrauchs hingegen scheint mir weniger schlîssig, da die Obszçnitt bei Antistios nicht nur am Einzelwort sjeOor liegt! Auch bei Antistios kann sjeOor fîr sich genommen euphemistisch – und muss nicht obszçn – gedeutet werden; damit wîrde sich die Notwendigkeit, mit der paulinischenVerwendung von sjeOor/Penis dem Apostel Obszçnitt in seinen Briefen unterstellen zu mîssen, erîbrigen. Petronius’ vasculum fîr das mnnliche Geschlechtsorgan (Satyricon 24,7) passt zeitlich sehr gut fîr Paulus, ist aber sprachlich noch weiter von Paulus entfernt. 1102 Vgl. in diesem Sinne auch Holtz, Thess, 157, Anm. 56; Konradt, EQd´mai, 131. Kritisch zu sjeOor/Penis in 1Sam 21,6 auch Baumert, Brautwerbung, 319, Anm. 12.; 324. ˜ber „Leib“ und „Penis“ noch hinausgehend hat LXX t± sje¼g lou als Bezeichnung fîr Davids Waffen (so auch Stoebe, Samuelis, 392; 393.6c; 396 f.; ders., Erwgungen, 182 f.; dagegen vgl. Baumert, Brautwerbung, 319, Anm. 12). McCarter whlt als ˜bersetzung: „Diener“ (I Samuel, 346). 1103 Vgl. Malherbe, Thess, 226. 1104 Dass jt÷shai i.S.v. „erwerben“ auf eine Frau bezogen gleichzeitig impliziere, dass damit diese Frau als „personal property … merely an object to be used for her husband’s gratification“ des Mannes verstanden sei und damit dem paulinischen Verstndnis der Wîrde der Frau in der christlichen Gemeinde widersprche (vgl. Brady, Process, 88.92; Zitat: 88), basiert auf einer viel zu voreingenommenen ˜bertragung moderner Eheideale auf die damalige Zeit, einer zu engen Deutung von jt÷shai, und zudem offensichtlich auf einem durch political correctness gespeisten Frauenbild des Paulus.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Fîr Vergleichsbelege aus der rabbinischen – d. h. hebrischen, aber dennoch relevanten – Literatur ist im îbertragenen Sinne, und dann mit sexuellem, ja pikantem Unterton, auf bMeg 12b (par. Midrash Esther 1,11 [= Simon, 54]), bSan 22b und bBM 84b (par. jShab 10,6; Midrash Ecclesiastes 11,2 [= Cohen, 291]; PesK 11,24 [= Mandelbaum, 200,5]) zu verweisen. Fîr die Bedeutung =@%p!/Frau im frîheren Sprachgebrauch und in biblischer Tradition hat sich Konradt mit Bezug auf 4Q 416 Frgm. 2 2,21 stark gemacht.1105 Yarbrough stellt die Relevanz der genannten rabbinischen Belege fîr 1Thess zwar aufgrund ihrer relativ spten Abfassungszeit in Frage, destruiert deswegen aber nicht den Entscheid sjeOor/Frau, sondern weitet die Belege îber den Einzelbegriff =@%p! auf das Wortfeld „Gefß, Krug“ aus, um zu zeigen, wie îblich die Verwendung solcher Metaphern im Bezug auf Frauen, „with clear sexual overtones“1106 waren: vgl. Spr 5,15 – 18 (diverse Begriffe: L95/LXX: !cce?om ; L45/LXX: vq´aq pgc/r ; C=W/LXX: 1j t/r s/r pgc/r ; A=B-=6@H/LXX: t± vdata ; L9KB/LXX: B pgcµ toO vdator); als frîhere rabbinische Quellen: bKet 39a (I=JW); und als weitere rabbinische Quellen, die die Varianz der metaphorischen Begriffe aufzeigen: bNed 20b (E9?); bPes 112a-b (8L=5K); bSan 152a (8B;).1107 Die Aussagekraft der genannten rabbinischen Belege fîr =@%p! i.S.v. Frau fîr sjeOor in 1Thess 4,4 wird von der Mehrheitsexegese geteilt. Dennoch ist sie auch angefochten worden: McGehee teilt Yarbroughs Bedenken in Bezug auf die rabbinischen Belege fîr =@%p! i.S.v. Frau aufgrund deren spter Abfassung1108, zudem problematisiert er, dass sie auf hebrisch und nicht auf griechisch verfasst sind. Dies letzte Argument scheint mir jedoch, was die Belege von sjeOor betrifft, aufgrund der engen semantischen Bindung von =@%p!/sjeOor nicht schlagkrftig. Dibelius argumentiert inhaltlich: Er meint, die entsprechenden rabbinischen Stellen bezçgen sich gar nicht auf Frauen; rabbinischer Sprachgebrauch sjeOor/=@%p! fîr „Frau“ sei gar nicht erwiesen. Er hat mit dieser Ansicht jedoch – so wie ich sehe – keine Nachfolger gefun1105 Konradt, EQd´mai, 131 f. Im Anschluss an ihn vgl. auch Blischke, Begrîndung, 59; Vahrenhorst, Sprache, 124 f. 1106 Yarbrough, Gentiles, 72. 1107 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 72 f. Ein weiterer von Yarbrough genannter Beleg aus der Collectio Vindobonensis, um die ˜blichkeit dererlei Metaphern nicht nur im jîdischen Umkreis zu demonstrieren (vgl. Gentiles, 71), ist sowohl aufgrund seines jungen Alters (6. Jahrhundert trotz verarbeiteter lterer Traditionen) als auch aus lexikalischen Grînden von weniger Belang. 1108 Vgl. McGehee, Rejoinder, 87 f. Zweifelnd auch Henneken, Verkîndigung, 56, Anm. 36, allerdings ohne Begrîndung (Henneken bezieht sich hierbei auf alle bei Masson, Thessalonicien, 47, Anm. 4 angefîhrten Belege; diese sind identisch mit denen bei Bill. III, 632 genannten).

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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den.1109 Bzgl. 4Q 416 Frgm. 2 2,21 meint Elgvin (im Gegensatz zu Konradt), =@%p! sei an dieser Stelle „a euphemism for the male organ“.1110

Eine Gegenîberstellung der Vergleichsbelege fîr sjeOor/Frau und sjeOor/Leib ist nicht leicht. Quantitativ îberwiegen wohl die Belege fîr sjeOor/Leib, doch die îbliche Verwendung dieser Metapher, d. h. der Beibehalt des Gedankens an den Menschen als ein fîllbares oder durch einen Handwerker gefertigtes bzw. benîtztes Gefß oder Werkzeug, ist in 1Thess 4,4 nicht zu erkennen; damit senkt sich deren Aussagekraft. Fîr die meisten der fîr sjeOor/Frau geltend zu machenden Belege mîssen wir zwar auf Texte mit hebrisch =@%p! ausweichen (abgesehen von der von uns zwar dahingehend gedeuteten, insgesamt aber nicht ganz klaren Stelle 1Petr 3,7), diese liegen aber semantisch deutlich nher an der konkreten Verwendung in 1Thess 4,4. Die quantitative ˜berlegenheit der Belege fîr sjeOor/Leib kann zudem ausgeglichen werden, indem man (mit Yarbrough) das Wortfeld fîr sjeOor/=@%p! fîr Frau mitberîcksichtigt. Es ist damit als Zwischenlçsung festzuhalten: Auch bei der relativen philologischen Unsicherheit ein jeder Interpretation des fraglichen Syntagmas aufgrund des Mangels an Vergleichsformulierungen in der umgebenden Literatur spricht deutlich fîr sjeOor/Frau die Bedeutung von jt÷shai ingressiv „nehmen, erwerben“, das betonte 2autoO sowie bessere Vergleichsbelege aus der sonstigen Grzitt und Judaica. Die beiden strksten Argumente fîr sjeOor/Leib (6jastor sowie die Vermeidung der androzentrischen Exklusivitt bei sjeOor/Frau) sind beide von der Erwartung an eine mçglichst allgemeine Zielsetzung der ethischen Forderung abhngig; diese ist jedoch durch Annahme einer konkreten Situiertheit des gesamten Abschnittes nicht gegeben. So weist der philologische Befund fîr das rechte Verstndnis von sjeOor wohl auf die Bedeutung „Frau“. 1109 Vgl. Dibelius, Thess, 21. Konkret bezieht er sich dabei auf die Stellen: bMeg 12b; bBM 84b; Pesikta 94b (= PesK 11,24); bTaan 20a.b. Dibelius’ Argumentation ist in der Tat nicht ganz nachzuvollziehen: Seine Ausfîhrungen zu dem am ausfîhrlichsten besprochenen „angebliche[n] Beleg“ fîr =@?/Frau, bMeg 12b, laufen, allemal durch den Vergleich mit 1Petr 3,7, nur auf die Negierung einer ausdrîcklich sexuellen Konnotation des Verses hinaus, nicht aber auf die Verwendung von =@? i.S.v. Frau im allgemeinen. Dass sich =@? in bMes 84b; PesK 11,24 im Rahmen des Gesprchs auf eine Frau bezieht, erscheint mir ebenfalls unstrittig. Einzig bTaan 20a.b (vielmehr nur 20b) bezieht sich tatschlich nicht auf eine Frau, sondern auf einen Mann, und zwar nicht in Bezug auf seine Mnnlichkeit, sondern auf seine hinfllige Geschçpflichkeit (s. o.). 1110 Elgvin, 1Thess 4.4, 607 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Wir gehen somit im Folgenden fîr das Syntagma sjeOor jt÷shai von der Bedeutung „eine Frau nehmen/erwerben“ aus. Damit ist am naheliegendsten an einen Vorgang vor einem Eheabschluss, also etwa im Verlaufe eines Werbungs- oder Verlobungsprozesses, zu denken. Die drei wichtigsten Argumente gegen diese Schlussfolgerung sind folgende: 1.) McGehee hat den gewichtigen Einwand vorgetragen, es sei nicht einsichtig, warum Paulus den Korinthern in 1Kor 7,1 ff. den Zçlibat als die der Endzeit angemessenste Lebensform empfiehlt, und zwar explizit mit der Begrîndung der bald zu erwartenden Parusie (1Kor 7,26.29), den Thessalonichern jedoch trotz des noch strker eschatologischen Briefcharakters und der deutlichen Naherwartung der Parusie die rechte Art und Weise der Eheschließung erlutert, ohne auf die Vorzîge des Zçlibats îberhaupt einzugehen. Warum sollte Paulus in 1Thess 4,4 die Ehe und in 1Kor 7,1 ff. den Zçlibat empfehlen?1111 In einem ersten Schritt wird die „Spannung“ zwischen 1Thess 4,4 und 1Kor 7,1 ff. entschrft, indem 1Kor 7,1b „… so ist es gut fîr einen Menschen, keine Frau zu berîhren“ nicht als paulinische Empfehlung zum asketischen Zçlibat erkannt wird, sondern als sein Aufgreifen der Position einiger korinthischer enkratistischer Enthusiasten. ˜ber diese Interpretation besteht sptestens seit den 1960er Jahren ein wachsender, und mittlerweile breiter exegetischer Konsens.1112 Es entfllt damit die pro-zçlibatre Spitzenaussage als Argument eines Widerspruchs in Paulus’ Denken zwischen 1Thess 4,4 und 1Kor 7,1 ff. Es ergeben sich auch 1111 Vgl. McGehees, Rejoinder, 82 – 89; im selben Sinne auch Bassler, SjeOor, 57 f. 1112 Frîhe Beitrge hierzu sind: Jeremias, Gedankenfîhrung, 151 (1953); Hurd, Origin, 163 (1965) und (im Anschluss an Jeremias) Barrett, der diese Ansicht eine „hypothesis that may very probably be accepted“ nennt (Corinthians, 154) (1968); etwas spter: Scroggs, Paul and the Eschatological Woman, 295 f.; ders., Paul and the Eschatological Woman: Revisited, 534 (1972; 1974). Daraufhin formulierte Cartlidge noch 1975, dass diese Interpretation „possible“, nicht aber „generally accepted“ sei und berief sich dabei auf von Conzelmann (1Kor, 139) vorgetragene „impressive arguments“ gegen sie (1 Corinthians 7, 221); er selbst entschied sich allerdings ebenfalls fîr die Zitat-Interpretation (vgl. 1 Corinthians 7, 223). Fîr jîngere Beitrge zugunsten der Zitat-Hypothese vgl. z. B. Collins, Human Sexuality in the Christian Scriptures, 197; ders., Unity, 332; Klauck, 1Kor, 50; Lindemann, 1Kor, 155 f.; Murphy-O’Connor, Divorced Woman, 603 f.; Ortkemper, 1Kor, 69; Phipps, Paul’s Attitude, 125 – 131; Schrage, 1Kor II, 53 f. (dazu Lit. vgl. ebd., 53, Anm. 11; ausfîhrlich zum religions- und kulturgeschichtlichen Hintergrund einer solchen korinthischen Parole vgl. ebd., 54 – 58); Yarbrough, Gentiles, 91 f.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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hermeneutische Konsequenzen fîr den folgenden Abschnitt: Denn er ist jetzt am besten insgesamt als konkrete Antwort auf diese korinthische Fragestellung oder Behauptung zu verstehen und nicht als allgemeiner Traktat darîber, ob Glubige heiraten sollten oder nicht.1113 Dennoch bleibt bestehen, dass Paulus dem Zçlibat gegenîber der Ehe den Vorzug gibt (7,7 f.11.26.38.40). Es gilt jedoch auch, dass Paulus neben dieser Prferenz seinen Korrespondenten unter gewissen Umstnden die Ehe insgesamt (1Kor 7,2.9.36), und in 1Kor 7,3.5 sogar ausdrîcklich ehelichen Vollzug empfiehlt, ja beinahe sogar vorschreibt: Enthaltung solle nur bei beidseitigem Konsens und nicht îber eine zu lange Zeitspanne erfolgen, „damit der Satan euch nicht versuche“.1114 Whrend er also in 1Thess 4,4 nur auf Ehe (bzw. Eheschließung) zu sprechen kommt, behandelt er in 1Kor 7 sowohl die Ehe als solche als auch die Wertigkeit von Ehe gegenîber Zçlibat, sowie die Bedeutungslosigkeit des Ehestandes fîr die Berufung durch Gott (v. a. 7,17 – 24). Zudem sind die spezifischen Situationen sowohl in Korinth als auch in Thessalonich zu berîcksichtigen: Auch in 1Thess 4,4 kommt Paulus nicht auf Vorzîge oder Nachteile von Eheschließung im allgemeinen zu sprechen, sondern ordnet lediglich in einer spezifischen, Paulus bekannten Situation an, wie diese Eheschließung besser zu erfolgen hat, nmlich 1m "ciasl` ja· til0 etc. (V.4b.5). Die vorausgesetzte Fragesituation erfordert keine Auskunft darîber, ob Paulus dem Fragesteller außerhalb dieses Anlasses den Zçlibat vielleicht noch nher legen wîrde als eine Eheschließung, selbst wenn diese 1m "ciasl` ja· til0 erfolgt. In Korinth hingegen liegt das Augenmerk darauf, „that there is room in the community of the faithful for a great variety of ethical postures along the continuum stretched between the old world and the end-time. There is room for the ,weaker‘ brethren … and for the ,strong‘ brethren. The situation in Corinth is that the ,strong‘ ones do not recognize this fact. They are, accordingly, lording over the ,weaker‘ brethren … Paul lists himself among those who are able to be caught up in the eschatological freedom (9:1). He does this in regard to his own celibacy (7:7). However, he recognizes that the ,not yet‘ factor in the scheme of salvation history is operative. Therefore, he can make a qualified, positive evaluation of the relationships between married men und women (7:2 ff.). If you are married, you should be fully married, says the apostle. This is not a grudging admission; it is a call to the Corinthians to face the reality of the world, a reality which includes the power of sexual drives (7:8 – 9). This is said in the 1113 Vgl. Schrage, 1Kor, 59; Yarbrough, Gentiles, 101. 1114 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 97 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

full realization that the freedom of the eschaton will dissolve all ties to the former eon: marriage is one of these ties“.1115

Harmonisierbar werden 1Kor 7,2 und 1Thess 4,4 weiterhin dadurch, dass Paulus seine Eheempfehlung in beiden Versen auf sehr hnliche Weise einfîhrt, nur in 1Kor 7,2 weniger metaphorisch verschlîsselt.1116 Beide Textpassagen beginnen mit einem îberschriftartigen Bezug zur poqme¸a, gegenîber der, wie in den jeweils folgenden Teilversen expliziert wird, die Eheschließung kontrastiert wird. Auch die personelle Ausfîhrung in 1Kor 7,2 (deutliche Empfehlung der Ehe sowohl fîr den Mann als auch fîr die Frau – bei gleicher Motivation di± d³ t±r poqme¸ar !) stellt gegenîber 1Thess 4,4 keine wirkliche Differenz dar, sondern wird hier bereits durch 6jastom rl_m abgedeckt. Vergleichbare Ausfîhrungen sind auch in Tob 4,12 sowie TestLev 9,9 f. zu beobachten:

An dieser ˜bersicht wird deutlich, dass in allen vier Texten die Ehe als Schutzschild gegen die poqme¸a dargestellt wird. Ebenfalls erkennt man (mit Yarbrough1117) wiederum die semantische Parallelitt von sjeOor und cum¶, ebenso die von jt÷shai zu kalb²meim (vgl. hierzu sofort), auch wenn auf rein lexikaler Ebene sowohl Substantiv als auch Verb in den 1115 Cartlidge, 1Corinthians 7, 226; vgl. auch Deming, Paul, 214 – 220. 1116 Diese Parallele ist fîr Yarbrough sogar das strkste Argument fîr die Bedeutung sjeOor/Frau (vgl. Yarbrough, Gentiles, 69 f.; Lit. ebd., 69, Anm. 10). 1117 Vgl. Yarbrough, Gentiles, 69 f.; auch Malherbe, Thess, 236 f.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Vergleichsversen nie mit der Formulierung von 1Thess 4,4 identisch ist. Einzig 1Kor 7,2 geht mit dem durativeren 2w´to îber den Kontext von 1Thess 4,4 hinaus; ohne hier nher auf die Exegese von 1Kor 7,2 einzugehen, wird dies aber unmittelbar durch die folgenden parnetischen Ausfîhrungen îber das rechte Verhalten innerhalb der bereits geschlossenen Ehen (1Kor 7,3 – 5) erklrlich. Auch in 1Kor 7 liegt das Hauptinteresse des Paulus also nicht im Zçlibat, sondern in der Vermeidung der poqme¸a. Ein Vergleich von 1Thess 4,4 und 1Kor 7,2 wirkt also darauf hin, dass der behauptete Widerspruch zwischen diesen Texten (Vorzug der Ehe gegenîber Vorzug des Zçlibats) gewiss zu schwach ist, um die Deutung von 1Thess 4,4 i.S.v. Eheschließung (o. .) stîrzen zu kçnnen; ja, er kann sogar dahingehend interpretiert werden, sie zu stîtzen.1118 2.) Eine beachtliche Anzahl von Interpreten entscheiden sich fîr sjeOor/Frau, ohne aber der ingressiven Verwendung von jt÷shai zu folgen (obschon dies ja eines der strksten Argumente fîr den Entscheid sjeOor/Frau îberhaupt ist). Diese Interpreten beziehen das Syntagma sjeOor jt÷shai dann nicht auf Eheschließung, Werben, Verlobung oder Heirat, sondern auf die Art und Weise, wie die Thessalonicher ihr Sexualleben innerhalb bestehender Ehen zu fîhren haben.1119 Die Einzelargumente fîr diese Entscheidung sind unterschiedlich; ich greife die beiden wohl grîndlichsten Anstze in dieser Richtung heraus: A) Maurers Ansatz Am einflussreichsten in diese Richtung war bzw. ist wohl Maurers sjeOor-Artikel im ThWNT (und im Anschluss an ihn Holtz1120): Maurer liest den paulinischen Ausdruck sjeOor jt÷shai in Anlehnung 1118 Vgl. auch Collins, Art. Marriage. NT, 571: „Paul’s response (1Cor 7:2 – 5) to the Corinthians’ query essentially reiterates the views which he had expounded in 1Thess 4:3 – 8“; ebenso Best, Thess, 162; Meeks, First Urban Christians, 100 f.228, Anm. 130. 1119 Vgl. Delling, Stellung, 57 – 62; Holtz, Thess, 157 f.; Konradt, EQd´mai, 133 – 135; Maurer, Art. sjeOor, 365 – 368; Oepke, Thess, 168; Procksch, Art. ûcior, 115; Schulz, Ethik, 302; Vahrenhorst, Sprache, 124 – 127; Whitton, A Neglected Meaning, 142 f. (obschon er von sjeOor/Penis ausgeht). Auch Vogel meint, es ginge um das immer wieder neue Werben des Mannes um die Gunst seiner eigenen Frau, wodurch gleichermaßen seinen Besuchen bei Hetren wie ihrer Verweigerung Einhalt geboten werden solle (vgl. EQd´mai …, 84 f.). Gegen Vogel vgl. Baumert, Brautwerbung, 328 f. 1120 Vgl. Holtz, Thess, 157 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

an hebrisch 8c)4% @W(h) mittels folgender Argumentation: @W5 sei im AT sowohl ingressiv („in Besitz nehmen“) als auch durativ („Herr, Besitzer sein“) verwendet. Mit 8c)4% als Objekt ergebe sich dann die Bedeutung fîr ingressiv „eine Frau erwerben, Eheherr werden“ (Dtn 21,13; 24,1 u. ç.) und fîr durativ „eine Frau besitzen, Ehegemahl sein“ (Dtn 22,22; Jes 54,1). Im Kontext jîdischer Eheschließungsbruche sei bei ingressiver Verwendung ganz besonders auch an die „Aufnahme des Geschlechtsverkehrs als Begrîndung der Ehe“ gedacht. Dies gbe Dtn 21,13; 24,1; Jes 62,5 „erst den klaren Sinn“.1121 Im rabbinischen Judentum sei infolge dessen @W5 als terminus technicus fîr Vollzug des Geschlechtsumganges verstanden worden. 8c)4% @W(h) bedeute dann, „eine Frau sexuell in Besitz nehmen“.1122 Parallel dazu habe sich fîr jt÷shai eine Akzentverschiebung von ingressiv zu durativ ergeben. Der ingressive Sinn sei, ebenso wie im klassischen Griechisch bei Xenophon, Symposium II,10, auch in Ruth 4,5; Sir 36,24/LXX zu erkennen. „[W]ohl unter Einfluß einer hnlichen Entwicklung bei @W5“1123 habe sich im Laufe der Zeit ein strker durativer Sinn ergeben. Dieser sei dann in Jes 26,13; Sir 22,23; Lk 21,19 zu erkennen. Diese Argumentation greift nicht, und zwar vorwiegend aus drei Grînden: a) Zum einen deuten Maurers Belege fîr die Verwendung von @W5 auf eine frîhe parallele Verwendung im ingressiven und durativen Sinn, nicht aber von einer Entwicklung von ersterem zu zweiterem. Insofern entfllt die Annahme, die Semantik von jt÷shai habe sich „[p]arallel“1124 zu @W5 entwickelt.1125 b) Zum anderen geht aus seinen gewhlten Beispielen eine Entsprechung von @W5 und jt²olai nicht hervor. In aller Regel ist jt²olai die LXX-˜bersetzung von 8DK in der wirtschaftlichen Bedeutung von „erwerben, kaufen“. Dies liegt auch in Ruth 4,5 zugrunde (jt¶sashai Aorist 1121 Maurer, Art. sjeOor, 366. 1122 Maurer, Art. sjeOor, 367. 1123 Maurer, Art. sjeOor, 367. 1124 Maurer, Art. sjeOor, 367. 1125 Interessanterweise hat îbrigens selbst Xenophon, Symposium II,10, das Verb im Perfekt (ta¼tgm j´jtelai), was wegen des Tempus durativen Sinn nahelegen kçnnte; hier ist jedoch das Nehmen der Frau (Xanthippe) gegenîber dem folgenden Futur (sum´solai) kontrastiert, gemeint ist also in der Tat (mit Maurer) sicherlich: „Ich habe sie [Xanthippe] genommen/erworben/geheiratet, so dass ich kînftig mit anderen Menschen ohne Schwierigkeiten zusammenleben werde kçnnen“.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

269

in deutlicher Parallele zum „Erwerb“ des Ackers; dieser Kontext wirkt auch noch in Ruth 4,10 nach [j´jtglai Perfekt]1126). Analog ist Sir 36,24 (jt¾lemor Partizip Prsens) zu lesen. Jes 54,1 hingegen hat @W5, jedoch im Partizip, in dem auch nach Maurer der durative Aspekt vor allem zur Geltung kommt1127, also nicht im Sinne von „heiraten“, sondern „verheiratet“; LXX vermeidet jt²olai und lçst auf: … t/r 1wo¼sgr t¹m %mdqa. Weder Dtn 22,13 noch 24,1/LXX sprechen von jt÷shai cuma?ja, sondern von kalb²meim cuma?ja (kalb²meim ist grundstzlich nicht ˜bertragung von 8DK). Zudem unterscheiden beide Stellen zwischen „eine Frau nehmen“ (;K@ = kalb²meim/LXX) und „bei ihr eingehen“ bzw. „sie heiraten“ (22,13: 495 = sumoije?m/LXX; 24,1: @W5 = ebenfalls sumoije?m/LXX). Bei diesen Belegen ist noch das Verstndnis der Kaufehe zu erkennen, nach der die Frau nach Auszahlung des Brautpreises zum praktischen Besitzteil des Brutigams wird.1128 Die Parallele erscheint hier zwischen 495 und @W5 zur Bezeichnung des ehelichen Verkehres (deutlich durch die zweite Stellung in der Reihenfolge sowie identische LXXWiedergabe), wohingegen ;K@ = kalb²meim demgegenîber vorgeordnet und abgegrenzt erscheint. Die Betrachtung weiterer mehrgliedriger Beschreibungen von Eheschließungsakten besttigen dieses Ergebnis: Dtn 21,13 ist zunchst zweigliedrig, diesmal k{)@!W(5!l 8)=@û4ú 4|5{), wiedergegeben durch eQseke¼s, pq¹r aqtµm ja· sumoijish¶s, aqt0 ; @W5 = sumoij¸feim ist Schlussglied (plus angehngtes drittes Glied 8c)4%@! ý)@! 8N)=! 8)9! = ja· 5stai sou cum¶ mit konsekutivem Sinn). Eine eindeutige Bedeutung von @W5 = sumoij¸feim (Partizip!) „verheiratet“ liegt in Dtn 22,22 vor (ebenso sumoije?m in Gen 20,3). In Dtn 25,5 ist die hebr. Reihenfolge außergewçhnlich: (1) 495 – (2) ;K@ – (3) A5=; @W5 wird ganz vermieden. Dies ist durch den spezifischen Kontext der Schwagerehe zu erklren (A5= erscheint nur in diesem spezifischen Kontext). In der LXX bleibt man jedoch trotz der zweiten Stellung bei ;K@ = kalb²meim (eigentlich unlogischerweise), ersetzt das an erster Stelle ungewçhnliche 495 durch das an erster Stelle ebenso ungewçhnliche eQs´qwolai (vgl. allerdings Gen 38,8); das im Vergleich zu A5= viel allgemeinere sumoije?m bleibt wieder am Schluss. Weniger aussagekrftig sind die entsprechenden Verben bei eingliedrigen und umfassender verstandenen Belegen fîr Eheschließungsakte 1126 Vgl. Cambell, Ruth, 145. 151. 159f.; Gow, Ruth, 79 – 81. 1127 Vgl. Maurer, Art. sjeOor, 366.; Gesenius-Kautzsch, § 116. 1128 Vgl. Baltensweiler, Ehe, 25 f.; Ford, Philogamist, 348; ausfîhrlich auch Satlow, Marriage, 68 – 79.199 – 213. Fîr den Aspekt, nicht des Besitzergreifens der Ehefrau durch den Brutigam mittels des Geldwechsels, sondern fîr den der Selbstverpflichtung und des Bindungsknîpfens an die Familie der Braut vgl. ebd., 164 – 166.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

(vgl. 1Esdra 8,81.89; 9,7.36; Sir 16,4); doch benîtzt keiner dieser LXXVerse jt÷shai als „Kompakt“-Verb.1129

Es besttigt sich also Maurers These, dass @W5 eine Affinitt zur Bezeichnung des ehelichen Geschlechtsverkehrs aufweist. Doch hat dies nichts mit jt²olai zu tun. Die Deutung des Ausdrucks jt÷shai cuma?ja kann sich auf hebrisch 8c)4% @W(h) nicht stîtzen, weder in Bezug auf den durativen Sinn, noch in Bezug auf die tendenziell sexuelle Implikation von @W5.1130 jt²olai wird i. d. R. nicht zur Wiedergabe von @W5 verwendet, und rîckt in Verbindung mit den mehrgliedrigen Reihen aus Dtn semantisch auf jeden Fall nher an kalb²meim (vgl. auch oben Tob 4,12; TestLev 9,9 f.). c) Zum dritten ist auch der durative Sinn von Maurers gewhlten Beispielen von jt÷shai sowie deren Anwendbarkeit auf 1Thess 4,4 unîberzeugend: Jes 26,13, Maurers Hauptbeleg, ist von den verzeichneten Beispielen zwar der einzige, der (entgegen der Norm) @W5 durch jt÷shai wiedergibt, doch stark paraphrasierend, und diese sehr freie Grzisierung des Verses alleine senkt deren heuristischen Wert betrchtlich. Zudem ist jt/sai (Jes 26,13) zwar nicht Perfekt, so dass durative Verwendung aufgrund des Tempus zu vermuten wre, doch auch nicht Prsens (wie in 1Thess 4,4), sondern Imperativ Aorist. Und schließlich liegt in Jes 26,13 durative Verwendung keineswegs nahe; ingressive ist ebenfalls denkbar, bietet sich wohl sogar eher an: „Beginne (wieder; von nun an), uns zu beherrschen!“1131 Maurers weitere Belege Sir 22,23; Lk 21,19 sind ebenfalls unîberzeugend: Beide Verse haben genau wie Jes 26,13 Imperativ Aorist (jt/sai bzw. jt¶sashe) und sagen schon alleine deswegen wenig îber eine Verwendung von jt÷shai im Prsens aus; zudem haben beide (v. a. Sir 22,23) Sprichwortcharakter, wodurch die Wahl des Aorists zu erklren ist.1132 Und v. a. Lk 21,19 benîtzt selbst den Aorist jt¶sashe eindeutig ingressiv („gewinnt eure Seelen“); fîr Sir 22,23 hingegen halte ich durativ immerhin fîr besser „halte dem Nchsten die Treue“ (so auch

1129 Fîr juristische und rituelle Gebruche der antiken jîdischen Eheschließung vgl. Satlow, Marriage, bes. 68 – 89.162 – 180. 1130 So auch Elgvin, 1Thess 4.4, 612 f.; Konradt, EQd´mai, 134, Anm. 29; Yarbrough, Gentiles, 70 – 72. 1131 Vgl. BDR, § 337.1.; ebenso auch Baumert, Brautwerbung, 328. 1132 Vgl. BDR, § 333.1.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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E˜), obwohl Baumert auch an dieser Stelle ingressiv vorzieht: „Erwirb ein Vertrauensverhltnis“.1133 Die Belege zeigen also auf keinen Fall, dass jt²olai/Prsens im hellenistisch-jîdischen Bereich einen durativen Sinn bekommen habe. B) Konradts Ansatz Andere Argumente gegen die Bedeutung von 1Thess 4,4 i.S.v. Eheschließung, sondern fîr Ehefîhrung hat Konradt vorgelegt. Auch er votiert, gleich Maurer, fîr sjeOor/Frau, fhrt aber anders fort. Fîr ihn deute der Kontext aus V.4b.5 (eQd´mai in V.4 und die nachfolgende doppelte Qualifizierung 1m "ciasl` ja· til0 lµ 1m p²hei 1pihul¸ar V.5) eher auf eine lngerfristig einzuîbende Praxis. Paulus ginge es nicht nur darum, „daß ein Christenmensch Geschlechtsverkehr ausschließlich innerhalb der Ehe vollzieht (V. 3b), sondern … [um die] spezifische Weise, wie dies zu geschehen hat, nmlich 1m "ciasl` ja· til0, lµ 1m p²hei 1pihul¸ar“.1134 Diese Lesart Konradts wre durch die Verwendung von jt÷shai durativ sogleich denselben Problemen ausgesetzt wie die Anstze von Maurer und Holtz; den philologisch besseren ingressiven Sinn hlt er jedoch aufrecht, indem er das gesamte Syntagma nicht auf das andauernde Eheleben im allgemeinen, sondern auf das sich von Mal zu Mal situativ neu einfordernde Sexualverhalten innerhalb bestehender Ehen bezieht; er ersetzt somit durativ durch iterativ. Fîr diesen Topos der Sexualethik (Betonung sexueller Zurîckhaltung auch innerhalb der Ehe) kann er sich traditionsgeschichtlich auf etliche Parallelen aus dem Frîhjudentum und der zeitgençssischen Philosophie berufen.1135

1133 Baumert, Brautwerbung, 328 (originale Kursivsetzung). Carras nennt zudem noch Lk 18,12 als NT-Beispiel fîr die durative Verwendung von jt²olai/Prsens. Auch diesen Beleg halte ich fîr unîberzeugend: Eher als an „das, was ich besitze/habe“ ist wohl an „das, was ich erwerbe“ zu denken. 1134 Vgl. Konradt, EQd´mai, 134 f., Zitat: 135 (originale Kursivsetzung). Konradt ist wohl derjenige Exeget, der die jîngste und vielleicht ausfîhrlichste Verteidigung der genannte These vorgetragen hat, doch steht er damit nicht allein: Fîr weitere Autoren, die den Passus auf eine Ethik des gesamten Ehelebens beziehen, vgl. Anm. 1119. 1135 Vgl. Musonius, Fragment 12; 13; Tob 8,7; TestIss 2,3; 3,5; Ps-Phok 193 f.; Philo spec. I,101; III,9.34 – 36.113; Abr. 137; Jos. 43; Mos. I,28; virt. 207; QG IV,86; Flav.Jos.Apion. 2,199; Bell. 2,161. Zu nennen wre auch deutlich syr Menander II, 47 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Die beiden Hauptanfragen an diese Lesart1136 sind folgende: Allgemein kann ein iterativer Aspekt auch in der Zeitform des Prsens formuliert werden1137 (so wie allgemein auch ein durativer); aber ob es nicht naheliegender wre, im Falle dieses speziellen Verbes fîr diese Bedeutung nicht doch wieder jt²olai im Perfekt zu erwarten, genau wie bei durativ, da der Sinn der Aussage sich doch wieder auf die Art und Weise bezçge, wie eine bestehende Ehe zu fîhren sei, auch wenn in concreto einzelne immer wiederkehrende Handlungen innerhalb dieser Ehe im Blick liegen? Zudem finden sich weder in der LXX noch im NT Belege fîr eine eindeutig iterative Verwendung von jt²olai/Prsens bezogen auf mehrere separate Einzelvorgnge. Selbst bei generellen Aussagen wie Sprichwçrtern, deren Sinn tatschlich iterativ ausdeutbar wre, ist bei jt²olai Prsens selten1138, wesentlich hufiger ist Aorist.1139 Auch Konradts traditionsgeschichtliche Parallelen stîtzen seine These wenig, da sie nur auf den Topos der Mahnung zum rechten Sexualverhalten innerhalb der Ehe grundstzlich hinweisen, nicht aber das fîr Konradt wesentliche Element des Mal fîr Mal erneuerten Verhaltens betonen; zudem findet sich auch die Terminologie von 1Thess 4,4, die fîr diesen Vers ja gerade die Probleme verursacht, in diesen Belegen nicht wieder. Auch der von Konradt angefîhrte Beleg fîr jt÷shai/„besitzen“ i.S.v. „kontrollieren, beherrschen“ (Platon, Leges 829c)1140 hat Perfekt. Schließlich weist m. E. weder das eQd´mai (4a) noch die Prpositionalwendung 1m "ciasl` ja· til0 – wenn auch durchaus in Richtung eines eine gewisse Zeitdauer 1136 Neben einigen mir ganz allgemein nicht ganz nachzuvollziehenden exegetischen Problemen bzw. Entscheidungen (v. a. in Bezug auf die negative Prpositionalphrase 4,5 [und – geringer – auch mit der positiven 4,4fin] als Explikation des jt÷shai ; zudem auch seine Entscheidung, den Kontext, der îber die Bedeutung von sjeOor jt÷shai zu entscheiden habe, nur auf V.4 f. zu beschrnken, V.6 jedoch unberîcksichtigt zu lassen); vgl. Konradt, EQd´mai, 133 – 135. 1137 Vgl. BDR, § 318. 3. 1138 Vgl. Spr 18,15; 19,8; Sir 6,7; 36,24. 1139 Vgl. Jes 1,3; Spr 1,14; 3,31; 17,16; 31,29; SapSal 7,14; Sir 6,4.7; 20,23; 22,23; 29,6; 51,25.28; Mt 10,9; Lk 21,19; dazu Futur: Spr 1,5; Perfekt: Spr 16,22; 17,21; 22,9. 1140 Vgl. Konradt, EQd´mai, 133, Anm. 25. Elgvin beruft sich nicht wie Konradt auf Platon, Leges 829c; auch teilt er grundstzlich Maurers Argumentation, jt÷shai in 1Thess 4,4 durativ zu lesen. Um jedoch seine gewhlte Bedeutung sjeOor/Penis auch mit ingressiver Bedeutung von jt÷shai kombinieren zu kçnnen, schlgt er die ˜bersetzung vor: „… that each one of you knows how to get in control of your sex organ [= passions]“ (1Thess 4.4, 613; eigene Kursivsetzung). Doch ist jt²olai – und allemal im Prsens – nicht i.S.v. „Kontrolle gewinnen“ belegt (vgl. Bauer, Wçrterbuch; Liddell/Scott, jeweils s.v.)

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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umfassenden Prozesses – dann doch nicht notwendigerweise auf die Dauer eines gesamten Ehelebens – und gewiss nicht bei (noch) prsenter imminenter Erwartung der Parusie Christi. 3.) Ein dritter, m. E. relativ leicht zu beantwortender Einwand gegen die Annahme eines Problemfalles im Kontext von Werbung, Verlobung, Eheschließung etc. in 1Thess 4,3 – 8 ist, warum Paulus, wenn er îber Eheschließung oder Verlobung spricht, nicht eines der direkten Verben lmgste¼y oder cal´y verwendet. Notwendigkeit fîr euphemistische Verschleierung wie im Falle von sjeOor/Penis wre ja nicht gegeben. Wohl aber kann der Begriff bereits aus der thessalonischen Anfrage an Paulus stammen oder sogar bei der Erstverkîndigung verwendet worden sein.1141 Eine solche Annahme wre umso plausibler, je strker man fîr 1Thess 4,3 – 8 Bezugnahme auf frîhere (wie auch immer im einzelnen beschaffene) Lehre insgesamt annimmt. Paulus wîrde dann Formulierungen von damals aufgreifen, die den betroffenen Personen gelufig waren und deswegen nicht erneut geklrt werden mussten.1142 Die Nichtverwendung von lmgste¼y bzw. cal´y besagt also nicht viel. Weitere Argumente gegen sjeOor jt÷shai i.S.v. Eheschließung (o. .) erscheinen mir selbst prima facie weniger gewichtig: 4.) McGehee meint – durch keine konkreten Belege gestîtzt –, dass zur damaligen Zeit junge Mnner ihre Frauen îberhaupt nicht „nahmen“ oder „erwarben“ (jt²olai), sondern in der Regel diese von den Eltern fîr sie gewhlt und erworben wurden.1143 Doch ist dies bestenfalls hufig, nicht jedoch ausschließlich zutreffend; und selbst wenn, sprche dies nicht unbedingt gegen eine trotzdem dahingehende Terminologie.1144 Zimmermann 1141 So Blischke, Begrîndung, 60. 1142 So auch Baumert, Brautwerbung, 332. 1143 Vgl. McGehee, Rejoinder, 84 f. Fîr Rom der Kaiserzeit gilt wohl, dass die Verlobung von den Eltern bereits vollzogen wurde, wenn die Kinder noch lngst kein heiratsfhiges Alter erworben hatten (vgl. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 254 f.). 1144 Vgl. die obigen Ausfîhrungen zu jt÷shai (Belege aus Dtn); auch Baltensweiler, Ehe, 25 f.; Bill. II, 375; Hamilton, Art. Marriage, 562 f.; Schereschewsky, Art. Marriage, 1027; Westbrook, Art. Ehe I., 893. Bereits fîr die klassische Zeit: Erdman, Ehe, 229 f. Vgl. auch den deutlichen Unterschied in Mk 12,25: oute caloOsim oute cal¸fomtai, par. Mt 22,30; Lk 20,35. Sehr aufschlussreich sind hierzu die Ausfîhrungen von Otto, Ethik, 51 – 54: Die Eheschließung wird in der Regel in zwei Schritten vollzogen. In einem ersten Schritt wird dem Brautvater der Brautpreis îbergeben, die Ehe aber nicht vollzogen. In diesem Stadium wohnt die Frau noch im Hause ihres Vaters, ist aber bereits dem fîr verheiratete Frauen gîltigen Eherecht unterworfen. Im Anschluss an Driver/Miles (Babylonian Laws I, 322 – 324) nennt Otto dieses Ehestadium

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

impliziert eher, dass aufgrund der Standes- und Familiengebruche fîr die Ehe der Zeit die Wahlmçglichkeiten ohnehin eingeschrnkt waren, so dass die Vorstellung von einer vçllig freien, beliebigen Gattenwahl ohnehin nicht der Kultur entsprche.1145 5.) Ebenfalls unbegrîndet scheint mir McGehees Interpretation, 1Thess 4,5 wende sich ganz grundstzlich gegen sexuelle Leidenschaft.1146 6.) Noch weiter geht Avotri, der ausfîhrlich dafîr hlt, 1Thess 4,4 ziele auf eine durch die Naherwartung Christi motivierte grundstzliche Zçlibatsempfehlung fîr die Thessalonicher, auf dass diese sich fîr die bevorstehende Parusie heiligen mçgen.1147 Avotris These ist v. a. durch folgende ˜berlegungen gestîtzt: Zunchst geht er von sjeOor/Penis aus, denn sjeOor kçnne in sexuellem Kontext durchaus metaphorisch in diesem Sinne verwendet werden, in 4,4 lge (v. a. durch poqme¸a in 1Thess 4,3) diese Bedeutung nahe.1148 jt²olai hingegen sei in seiner Verwendung so offen, dass seine nhere Bedeutung nur aus dem Kontext zu erschließen sei.1149 Die jungen Christen sollen sich von den ausschweifenden Dionysios- und Kabeiroskulten, die im heidnischen Thessalonich verbreitet waren, distanzieren.1150 Aus 1Kor 7,26 – 34 sei zu entnehmen, dass „renunciation of sex and marriage was a vital part of Pauline eschatological teaching“.1151 Parallelen fîr das Ideal der Enthaltsamkeit fnden sich auch in anderen frîhchristlichen Texten wie Mt 24,37 – 39 par. Lk 17,26 f.1152 und ActPaul 3,5 f.1153 In 1Thess 4,6 werde der Rat deutlich, dass die Christen auch wirtschaftlich nicht zu eng mit den Heiden zu tun haben sollen. Avotris Schlussfolgerung heißt somit auch fîr 1Thess: „For Paul the preference was for the renunciation of sex and marriage, along with withdrawal from the affairs of this „inchoative Ehe“, die Frau ist eine „inchoativ verheiratete Frau“. Die Vollehe ist das zweite Stadium, fîr das die Braut zum Brutigam zieht und die Ehe vollzogen wird. Bezeichnenderweise nennt Otto die oben aufgefîhrte Stelle Dtn 22,22 ff., an der diese Unterscheidung zwischen inchoativ und der vollverheirateten Frau deutlich wird. Otto stîtzt somit unser Ergebnis, jt÷shai cuma?ja nicht in Anlehnung an 8c)4% @W(h) zu lesen. Ausfîhrlich und informativ zur Eheschließung der Zeit im Judentum, bei den Griechen und Rçmern vgl. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 230 – 258. In McGehees Sinne allerdings argumentiert wiederum auch Elgvin, 1Thess 4.4, 614. 1145 Vgl. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 240 – 243. 1146 Vgl. McGehee, Rejoinder, 88; so jedoch auch – mit allerdings insgesamt fragwîrdiger Interessenlenkung – Ulonska, Christen, 218. 1147 Vgl. Avotri, Possessing, 13 f. 1148 Vgl. Avotri, Possessing, 33 – 51.55 f. 1149 Vgl. Avotri, Possessing, 51 – 55. 1150 Vgl. Avotri, Possessing, 68 f. 1151 Avotri, Possessing, 78. 1152 Vgl. Avotri, Possessing, 79 – 81. 1153 Vgl. Avotri, Possessing, 78.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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world“.1154 Avotris These ist kaum îberzeugend: Sie bietet zwar eine Interpretation, nach der sjeOor/Penis nicht nur eine „Zuspitzung“ der Bedeutung sjeOor/Leib ist, sondern erstere deutlich besser geltend macht. Doch teilt sie freilich die bereits diskutierten Probleme, sjeOor îberhaupt i.S.v. „Penis“ zu verstehen. Sie ist außerdem insgesamt kaum aufgrund einer Exegese von 1Thess entwickelt, sondern aufgrund von Kombination mit anderen enkratischen Texten gewonnen. 7.) Elgvin schließlich wendet ein, dass es aufgrund des damaligen frîhen Heiratsalters kaum denkbar sei, dass es viele unverheiratete Mnner in der jungen Gemeinde gegeben und Paulus kaum ein Zielpublikum fîr solche Ausfîhrungen gefunden haben kçnne. Von jîdischer Seite aus ließe sich dieses Argument dadurch stîtzen, dass die Rabbinen unverheiratete Mnner îber 20 Jahren gar als unnatîrlich betrachtet haben (vgl. bQid 29b1155 ; auch bJev 63a.b; Ps-Phok 175 f.). Dahingehend betont auch Collins, unter Juden habe man „Seid fruchtbar und mehret euch“ gewçhnlich als erstes Gebot betrachtet.1156 Und auch in der pagan-hellenistischen Welt ging man regelmßig von verheirateten Erwachsenen aus, erst in christlicher Kaiserzeit wurden Gesetze gegen Kinderlose und Junggesellen abgeschafft (vgl. Codex Theodosiani VIII, 16,1, datiert 3201157). Die Analyse von 1Thess 4 f. hat jedoch wahrscheinlich gemacht, dass Paulus in 1Thess 4,3 – 8 gerade aus aktuellem Anlass spricht; hierfîr wîrde also bereits ein einziger lediger Mann „auf Freiers Fîßen“ und sein Eheschließungsverhalten ausreichen (analog zum Einzelfall in 1Kor 5,1 ff.; vgl. 3.1.2.1. und 3.2.5.).

Es lsst sich zusammenfassen: Es hat sich fîr sjeOor jt÷shai die Bedeutung „eine Frau nehmen“ und als historischer Hintergrund ein Prozedere im Kontext von Verlobung bzw. Eheschließung (das zunchst noch unbestimmt bleibt) als am wahrscheinlichsten herauskristallisiert.1158 Diesem soll im Folgenden weiter nachgegangen werden, und zwar zunchst durch Betrachtung der rechten Art und Weise, die Paulus fîr das „Nehmen der Frau“ nennt, nmlich 1m "ciasl` ja· til0, lµ 1m p²hei 1pihul¸ar jah²peq ja· t± 5hmg t± lµ eQdºta t¹m heºm (V.4fin.5). Von besonderer Bedeutung ist dabei, was der Ausdruck 1m "ciasl` ja· til0 1154 Avotri, Possessing, 89. 1155 Die Jahreszahl an sich sollte allerdings nicht zu eng betrachtet werden, vgl. das Heiratsalter von 28 resp. 30 Jahren in TestLev 11,1; TestIss 3,5. Ausfîhrlicher hierzu vgl. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 240 f. 1156 Ohne nheren Beleg Collins, Problem, 315. Weiteres zur Hochschtzung der Ehe in rabbinischer Literatur vgl. Harrington, Holiness, 195 f.; Schereschewsky, Art. Marriage, 1028 (Lit.!); sehr im Gegensatz hierzu die Einstellung der Essener (ebd., 1027). 1157 Vgl. auch Ford, Philogamist, 348, mit Anm. 4. 1158 Je strker von einer konkreten Einzelsituation ausgegangen wird, desto weniger hilfreich wird der Verweis auf allgemeine Ehegepflogenheiten der Zeit. Man ist dann insgesamt stark auf textinterne Argumentation angewiesen.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

fîr das Heiligungsverstndnis im Rahmen der Parnese von 4,3 – 8 austrgt. 3.3.2. 1Thess 4,4fin.5: 1m "ciasl` ja· til0, lµ 1m p²hei 1pihul¸ar … Grammatikalisch ist diese kurze Einheit klar: sjeOor jt÷shai wird durch eine unmittelbar sich anschließende adverbielle Bestimmung nher przisiert1159, und zwar offensichtlich in Form einer Antithese, deren erste Hlfte positiv (1m "ciasl` ja· til0) und zweite negativ ausgedrîckt ist (lµ 1m p²hei 1pihul¸ar …, V.5). Die Parallelitt der Aussagen wird durch die Wiederaufnahme der Prposition 1m verdeutlicht. Zwischen dem Infinitivausdruck t¹ 2autoO sjeOor jt÷shai in V.4b und dem Syntagma t¹ lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m in V.6a bildet diese adverbielle Nherbestimmung zu sjeOor jt÷shai eine auch syntaktisch abgeschlossene kleine Einheit. Doch schon bei Nherbetrachtung der beiden Nomina "ciaslºr und til¶ stellen sich Probleme. Fîr til¶ liegen Ehre, Anerkennung, Preis und Schtzwert (im materiellen, monetren Sinne), Wert (im îbertragenen Sinne), Ruhm etc., jedenfalls unterschiedliche Begriffe der Hochschtzung, als ˜bersetzungsmçglichkeiten bereit. Ntl. nicht sehr reichlich belegt, verwendet Paulus den Begriff abgesehen von 1Thess 4,4 nur in Rçm und 1Kor, also nicht breit gestreut. Im allgemein ntl. Sprachgebrauch îberwiegen Menschen als Empfnger der til¶ (Apg 28,10; 1Tim 6,1; 1Petr 3,7). Auf Gott, dann auch auf das erhçhte Lamm der Apk als Empfnger der til¶ wird der Begriff fast nur in hymnischen Wendungen angewendet (z. B. 1Tim 6,16; Apk 7,12; vgl. auch sofort).1160 Auch die materielle Bedeutung „Kaufpreis“ wird weitergefîhrt (z. B. Mt 27,6.9; Apg 4,34; 5,2.3; 7,16; 19,19). Bei Paulus îberwiegt, wie auch allgemein ntl., deutlich die Verwendung auf Menschen als Empfnger der til¶ (Rçm 2,11; 13,7; 1Kor 12,23.24; auf Gott bezogen evtl. nur Rçm 2,71161). Die konkrete monetre Bedeutung liegt in 1Kor 6,20; 7,23 vor, und schimmert evtl. auch in Rçm 9,21 durch. Paulus benîtzt das Wort gerne in Substantivhufungen (Rçm 2,7.10) oder anderen prgnanten Parataxereihen (Rçm 12,10; 13,7). Die Affinitt von til¶ fîr Reihungen ist bereits auf LXX-Ebene zu beobachten; eine herausragende Stellung hat dabei die Kombination til¶ ja· B dºna (Ex 28,2.40; Dan 2,37; 4,30; 5,18; dann auch 1Tim 1,17; 2Petr 1,17; Apk 5,12.13; in umgekehrter Reihenfolge noch hufiger 2Chr 32,33; 1Makk 1159 Vgl. Holtz, Thess, 158, Anm. 71; Malherbe, Thess, 228. 1160 Vgl. Aalen/Kvalbein, Art. Ehre. til¶, 311; Schneider, Art. til¶, 179. 1161 Vgl. Dunn, Rom I, 85; Fitzmyer, Rom, 302.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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14,21; 2Makk 5,16; Ps 8,6; 29[28],1; 96[95],7; Hi 37,22; 40,10; SapSal 8,10; Sir 3,11; Jes 35,2; Hebr 2,7.9; 1Petr 1,7; Apk 4,9.11; 21,26). Paulus greift diese Kombination in Rçm 2,7.10 auf (ebenfalls anthropozentrisch). Diese hufige Wendung nhert sich einem mehr oder weniger feststehenden Hendiadyoin und man erkennt die Tendenz zur Verwendung von til¶ in hymnischem, doxologischem Sprachgebrauch.1162 Eine genaue Wiederholung der Kombination von "ciaslºr ja· til¶ findet sich abgesehen von 1Thess 4,4 weder in LXX, in frîhjîdischer Literatur, noch im NT.1163 Der deutlich anthropozentrischen Mehrheitsverwendung des Paulus von til¶ sowie der einhelligen Auslegung in Kommentaren und Wçrterbîchern folgend, ist auch fîr 1Thess 4,4 von der til¶ gegenîber einem Menschen auszugehen und nicht gegenîber Gott1164 (vgl. auch den immer wieder genannten Vergleichsvers 1Petr 3,7, der bereits zur Deutung von sjeOor eine Rolle gespielt hat1165). Schwieriger zu entscheiden ist, wie die ønderung der sonst îblichen Kombination dºna ja· B til¶ – statt dºna ist jetzt "ciaslºr gesetzt – zu deuten ist. Die Semantik der Begriffe dºna und til¶ liegt deutlich nher aneinander als die von "ciaslºr und til¶. Es ist also zu îberlegen, ob Paulus bewusst das Hendiadyoin aufbricht, um damit eine Akzentverschiebung zu markieren, oder ob er "ciaslºr als verwandten Begriff innerhalb des Wortfeldes von dºna whlt und versteht. Diese Frage soll hier jedoch noch kurz zurîckgestellt werden.

Auch die Deutung der beiden Prpositionen 1m verdient Beachtung. Die Problematik, die durch das doppelte 1m aufgeworfen wird, ist in der Exegese – wohl vor dem ˜bergewicht der anderen immer wieder ausfîhrlich diskutierten Auslegungsprobleme desselben Verses – m.M.n. deutlich unterschtzt1166 : Das îbliche Verstndnis des Ausdrucks V.4fin.5 ist modal. Demnach wîrde durch die 1m-Antithese die Art und Weise nher erlutert werden, in der die (oder der) Thessalonicher ihr (sein) „Gefß ergreifen“, d. h. also 1162 Vgl. Hîbner, Art. til¶, 858; Mîller, Thess, 173. 1163 Letzteres nach Denis, Concordance, s.v. 1164 Ehre gegenîber dem eigenen Kçrper bei Bruce, Thess, 83 f.; Morris, Thess, 124. Gegenîber der Frau bei Best, Thess, 164 f.; Dobschîtz, Thess, 166; Holtz, Thess, 158; Malherbe, Thess, 228 f.; Mîller, Thess, 172 f.; Schneider, Art. til¶, 175. Allgemein gegenîber anderen Menschen bei Aalen/ Kvalbein, Art. Ehre. til¶, 311; Marshall, Thess, 109 f.; Richard, Thess, 188. Je nach Leseentscheidung entweder gegenîber dem eigenen Leib oder gegenîber der Ehefrau bei Hîbner, Art. til¶, 857. 1165 Vgl. Best, Thess, 165; Holtz, Thess, 158; Malherbe, Thess, 229; Mîller, Thess, 173. 1166 Hufig wird eine Problematisierung dieses Passus vollstndig oder beinahe vollstndig îbergangen; so von Bruce, Thess, 83 f.; Dibelius, Thess, 20 f.; Haufe, Thess, 71; Morris, Thess, 123 f.; Mîller, Thess, 172 f.; Reese, Thess, 44 – 46.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

wahrscheinlich die Ehe eingehen sollen: eben „in Heiligung und Ehre“.1167 Eine parnetische Grundausrichtung des gesamten Ausdrucks wre hier nicht zu îbersehen und es lge ein klar ethisch benîtzter Beleg des Heiligungsbegriffes vor.1168 Betrachten wir den Abschnitt jedoch nher: In der Tat kommt in V.5 fîr lµ 1m p²hei 1pihul¸ar … gewiss nur modaler Sinn in Frage: „in Leidenschaft der Begierde“ beschreibt die Art und Weise des „GefßErgreifens“, die den Heiden, die „Gott nicht kennen“, unterstellt wird, und derer sich die Glubigen in Thessalonich enthalten sollen. Fîr V.4fin liegt, dem antithetischen Parallelismus folgend, ebenfalls modale Bedeutung nahe – und ist auch denkbar –, mçglich ist allerdings auch finale oder kausale. Finale Deutung wre îber Rçm 2,7.10 zu stîtzen, wîrde aber fîr das konkrete Heiligungsverstndnis kaum etwas anderes austragen als modales.1169 Anders hingegen sieht es bei kausaler Lesart i.S.v. „angesichts, unter Berîcksichtigung von“ aus: Es ginge dann nicht um die heiligende und ehrbare Weise, in der das „Gefß“ zu ergreifen ist, noch darum, dass durch das rechte Ergreifen des „Gefßes“ Heiligung und Ehre zu erstreben oder zu erreichen ist, sondern darum, dass das rechte Ergreifen dem Status der Heiligung und der Ehre angemessen ist und diesem Status gemß auszufîhren ist. Aus der letztgenannten Interpretation wîrde unmittelbar folgen, dass trotz syntaktischer Parallelitt und lexikaler Identitt die beiden Bedeutungen von 1m auseinanderklaffen wîrden. Auch die Antithese (V.4fin vs. V.5) wre jetzt keine echte Antithese mehr, da beide Satzglieder unterschiedliche semantische Funktion htten. Dies wîrde die Logik des Satzes erschweren, sprche aber trotzdem nicht unbedingt dagegen, da es umso besser die noch viel augenflligere Problematik des Prpositionenwechsels 1p¸ zu 1m nur drei Verse spter vorbereiten wîrde (vgl. dazu 3.3.4). Kausale Lesart von 1m "ciasl` ja· til0 htte auch offensichtliche Konsequenzen fîr das Heiligungsverstndnis: Bei modalem Verstndnis bezçge sich die Heiligung und Ehre, in der die Anweisung auszufîhren 1167 Vgl. am deutlichsten bei Holtz, Thess, 158 f.; Malherbe, Thess, 228; Richard, Thess, 186 – 188: „in an holy and honorable way“ (186.188); auch Best, Thess, 164 f. 1168 Vgl. vielleicht am deutlichsten in diesem Sinne bei Dobschîtz: „Der Apostel gibt aber dem von ihm geforderten Eingehen einer Ehe noch einen viel bestimmteren sittlichen Anstrich durch den Zusatz 1m "ciasl` ja· til0“ (Thess, 165). 1169 Eindeutig final erklrt Schneider, Art. til¶, 177.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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ist, direkt auf die Akte der angesprochenen Personen. Die menschliche Handlungen bekmen durch die rechte Art und Weise des „Gefß-Ergreifens“ einen heiligenden und ehrenden Aspekt. Diese Lesart ist gewiss die einfachere (sie bietet sich ja durch das dann wirklich funktionsidentisch deutbare doppelte 1m in V.4fin.5 unmittelbar an). Passend zum anthropozentrischen Verstndnis von til¶ fîhrt modale Deutung dann tatschlich auch zu einem ethisch-anthropozentrischen Verstndnis von Heiligung in V.4fin. Und auch wenn ein solches Verstndnis nicht einer Selbstheiligung gleichkommen muss (das logische Subjekt der Heiligung kann weiterhin Gott bleiben), wird doch ausgedrîckt, dass die Heiligung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausfîhrung ethischer Anweisungen steht. Bei kausaler Deutung hingegen i.S.v. „angesichts, unter Berîcksichtigung von“ wre nicht ausgedrîckt, dass ein menschlich geforderter Akt des „Gefß“-Ergreifens in einer speziellen Art und Weise von „Heiligung und Ehre“ auszufîhren ist, sondern nur, dass die rechte Ausfîhrung der Anweisung dem Status der „Heiligung und Ehre“ angemessen ist; Heiligung wre jetzt nicht mehr durch ethisches Handeln erwirkt. Kausale Lesart von 1m wîrde damit auf ein Verstndnis von "ciaslºr hinzielen, das besser zu dem bereits besprochenen vorethischen in 1Thess 4,3 passt (vgl. 3.2.5). Ein weiterer Vorteil dieser Lesart lge darin, dass sich auf diese Weise sowohl ein einheitliches logisches Objekt sowie auch Subjekt fîr "ciaslºr und til¶ ergeben wîrde, bei modaler Deutung hingegen beides unbestimmt bliebe: Um wessen "ciaslºr und til¶ geht es Paulus eigentlich? Modal gelesen ist logisches Subjekt von "ciaslºr Gott (v. a. gemß 5,23), durch die Anbindung an die Ethik jedoch auch die von Paulus angemahnte Person: Wie gesagt impliziert dies nicht notwendigerweise eine Selbstheiligung, doch wird hier die Grenze zu einer solchen brîchig; logisches Subjekt von til¶ ist in jedem Fall die angemahnte Person. Logisches Objekt von "ciaslºr ist die angemahnte Person; logisches Objekt von til¶ kann ebenfalls die angemahnte Person sein (analog Rçm 2,7.10), aber auch derjenige, der „nicht îbervorteilt“ werden soll (1Thess 4,6a), oder aber die zur Disposition stehende Ehefrau/Verlobte (analog 1Petr 3,7).1170 Bei kausaler Deutung hingegen ist logisches Objekt am 1170 Fîr diesen letztgenannten Topos lsst sich wiederum auf moralphilosophische zeitgençssische Belege verweisen (vgl. Plutarch, Amatorius [= mor. 748E-771E] 754A-E.769A; Coniugalia praecepta [= mor. 138B-146A] 143B; Xenophon, Hieron III,4; Oeconomicus VII,42; Musonius Rufus, Fragment 13A; Ps-

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

sinnvollsten sowohl fîr Heiligung als auch fîr Ehre die angemahnte Person: „Heiligung und Ehre“ eignet demjenigen, der sein „Gefß“ in der geforderten Weise ergreift (fîr til¶ kann immer noch auf die Parallele von Rçm 2,7.10 verwiesen werden). Ob es sich dabei auch um das gleiche logische Subjekt handelt, hngt davon ab, ob man "ciaslºr ja· til¶ immer noch als Hendiadyoin versteht. Entscheidet man sich dafîr, kme als logisches Subjekt nur Gott in Frage. Dies htte nicht nur qualitative Konsequenzen fîr til¶, da ihr in diesem Falle durch "ciaslºr eine steigernde Bedeutung zukommen und sich die sittliche Haltung, in der das sjeOor jt÷shai vonstatten gehen soll, zustzlich verschrfen wîrde. Es wîrde auch kategorial eine andere Akzentuierung setzen, die dem Geschehen des sjeOor jt÷shai eine grundlegend theo-logische Dimension verleiht, und zwar nicht nur aufgrund der Dominanz der Gottesaussagen in 1Thess insgesamt oder der Eingebundenheit der Parnese in 1Thess – unter anderem herausragend – in der Theo-logie, auch nicht nur durch die ohnehin traditionelle Bindung der Heiligungs- oder Heiligkeitskategorie auch in paganer Glaubensterminologie an gçttliche Zugehçrigkeit1171, sondern dadurch, dass die til¶ eben normalerweise ein anthropozentrischer Begriff ist, der hier durch die Kombination mit "ciaslºr gerade theozentrisch festgeschrieben werden wîrde.1172 Deutet man also den Ausdruck 1m "ciasl` ja· til0 im Sinne eines Hendiadyoin analog zu dºna ja· til¶, wîrde dies auf eine theo-logische ˜berhçhung, Stîtzung und Motivierung von til¶ durch "ciaslºr hinauslaufen.1173 Damit htte nicht nur das sjeOor jt÷shai, sondern auch die til¶, in der das sjeOor jt÷shai zu geschehen hat, ihren Platz in der Theo-logie. Dies wre auch durch Rçm 2,10; 9,21; 1Kor 7,23; 12,24; und selbst 1Kor 6,20 zu stîtzen. Zieht man dazu das aus 4,3 gewonnene Heiligungsverstndnis im Spannungsfeld des Wartens auf die Parusie heran, bedeutet dies, dass die til¶, mit der das sjeOor jt÷shai vollzogen werden soll, nicht nur eine innerweltliche, sondern eine eschatologisch Aristoteles, Oikonomikon III, 2 f. [vgl. Malherbe, Thess, 228 f.]). Arist.e.N. VIII 14 1163b, 2 legt dar, dass in einer Freundschaft zwischen hierarchisch Ungleichen der Hçhergestellte mehr Ehre erhalten solle, was (mit Arist.e.N. VIII 11 1161a, 4) impliziert, dass in einer Ehe der Frau doch immerhin auch Ehre zukommen solle. Musonius Rufus, Fragment 12, ist weniger spezifisch. Vgl. auch Anm. 1164. 1171 Lanczkowski, Art. Heiligkeit, 695 – 697; Sçderblom, Art. Holiness, 731 – 741. 1172 Vgl. Schrage, Heiligung, 231. 1173 Vgl. Malherbe: „The significance of the single en is that time¯ (,honor‘) is to be seen from the perspective of holiness“ (Thess, 228; originale Kursivsetzung).

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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bedeutsame ist.1174 I.a.W. wîrde dieses Verstndnis die Wichtigkeit der Mahnung deutlich heben, obwohl es gegen die Deutung des Syntagmas 1m "ciasl` ja· til0 im Sinne eines ethischen Anthropozentrismus gerichtet wre. Bleibt man nun weiterhin bei einem kausalen Verstndnis von 1m "ciasl` ja· til0, deutet aber 1m "ciasl` ja· til0 nicht als Hendiadyoin, lgen wiederum unterschiedliche logische Subjekte fîr "ciaslºr und til¶ nahe. Logisches Subjekt fîr "ciaslºr wre am sinnvollsten weiterhin Gott, fîr til¶ allerdings wohl die angemahnte Person (analog zu 1Petr 3,7). Logisches Objekt fîr "ciaslºr wre die angemahnte Person, fîr til¶ hingegen die Ehefrau/Verlobte oder der nicht zu îbervorteilende Bruder von V.6a.1175 Jetzt wren "ciaslºr und til¶ eher komplementre Ergnzungsbegriffe und ja¸ htte genuin kumulative Bedeutung i.S.v. „sowohl … als auch“. Wesentlich andere Konsequenzen fîr das Heiligungsverstndnis ergben sich auf diese Weise jedoch kaum: Er wîrde immer noch die theo-logische Dimension des zur Diskussion stehenden ethischen Falles betont werden und die zwischenmenschliche der til¶ nur nachstellen. Eher zu erwarten wre in diesem Falle freilich eher die umgekehrte Reihenfolge der Nomina, also klimaktisch i.S.v. „nicht nur in Ehrbarkeit, sondern auch in Heiligung“. Nachdem nun die unterschiedlichen Interpretationsmçglichkeiten (mit gutem Grund vielfach im Konjunktiv) durchgespielt worden sind, fllt eine Entscheidung nicht leicht: Der Ausdruck 1m "ciasl` ja· til0 in V.4b ist von den drei Belegen fîr "ciaslºr in 1Thess 4,3 – 8 (also von smtlichen Belege in 1Thess îberhaupt) derjenige, der auf den ersten Blick einer direkt ethischen Ausdeutung am nchsten steht. Die Momente, die fîr modale Lesart sprechen, sind gewichtig und einfach (v. a. durch die Parallelitt zu V.5 und dadurch Aufrechterhaltung der echten Antithese); nicht von ungefhr ist dies die in der Exegese prferierte Interpretation. Doch stehen sie mit ihrem ethischen Anthropozentrismus in gewisser Hinsicht den Ergebnissen zum Heiligungsbegriff in 1Thess 4,3 sowie der Funktion von Parnese in 1Thess insgesamt entgegen. Kausale Lesart hingegen ist komplizierter, muss sich gegen die Mehrheitsexegese durchsetzen, passt aber besser zur theozentrischen Ausrich1174 Vgl. die „hermeneutischen ˜berlegungen“ bei Fangmeier, Art. Ehre. til¶, 314. 1175 Eine solche ˜berlegung liegt auch Collins zugrunde, wenn er schreibt: „[H]oliness invokes a relationship with God and honor suggests a relationship among human beings“ („This is the Will …“, 316 f.); dagegen Malherbe, Thess, 228.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

tung und der Parnese des Heiligungsbegriffs im Gesamtbrief. Es wîrden sich schließlich auch die Ergebnisse der Syntaxanalyse aus Kapitel 3.2. besttigen: Um als einzelnes Schlagwort die Rolle einer Theologisierung von til¶ vollbringen zu kçnnen, muss das paulinische Konzept der Heiligung den Thessalonichern bereits aus der Erstverkîndigung als theo-logisches bekannt gewesen sein. Das Ergebnis ist schillernd. Am besten wird man die beiden unterschiedlichen Lesarten nicht vçllig gegeneinander ausspielen: Soweit es aus unserer Analyse folgt, handelt es sich bei der Verwendung von "ciaslºr im Teilsatz sjeOor jt÷shai 1m "ciasl` ja· til0 offensichtlich um eine Verwendung im Umbruch. Paulus integriert "ciaslºr in einem prominent parnetischen Satzteil, und zwar auf eine solche Weise, dass eine Identifikation des "ciaslºr mit der geforderten Handlung zwar vermieden wird und die fundamentale, vorethische Funktion des "ciaslºr noch erkennbar ist, jedoch durch die sprachliche Gestaltung bereits nahe an eine direkt ethische Ausdeutung gerîckt ist: Die Aufforderung: „Ihr steht in der Heiligung: daher ergreift euer Gefß in Ehrfurcht!“ hat sich der Aufforderung: „Heiligt euch, indem ihr euer Gefß in Ehrfurcht ergreift!“ angenhert. 1176 3.3.3. 1Thess 4,6: t¹ lµ rpeqbai´meim ja· pkeomejte?m 1m t` pq\clati t¹m !dekv¹m aqtoO

Whrend die Schlîsselwçrter in V.4b (sjeOor und jt÷shai) zwar figurativ-verschlîsselt, aber mit anzunehmenderweise spezieller Zielsetzung gewhlt sind, sind alle drei wesentlichen Begriffe dieser Verszeile so allgemein, dass aus ihnen nur schwer unmittelbar ein bestimmter inhaltlicher Kontext zu ersehen ist. Isoliert betrachtet, d. h. ohne Kontextberîcksichtigung (d. h. in diesem Falle bes. V.3 – 5), wre fîr den Teilvers 4,6a ein konkreter Situationshintergrund wohl kaum eruierbar. Es stellt sich somit die Aufgabe, die Bedeutungswahrscheinlichkeiten der V.3 – 5 mit denkbaren Bedeutungen dieses Satzteiles zu koordinieren. Gerade daher ist die inhaltliche Ausdeutung von V.6a unmittelbar von der syntaktisch-semantischen Interpretationsentscheidung fîr den Anschluss t¹ l¶ abhngig (vgl. 3.2.3.).

1176 Vgl. auch Anm. 1360.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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(1) Das ntl. Hapaxlegomenon rpeqba¸my ist deutlich das allgemeinere Verbum des Infinitivpaares. In der LXX ist es nicht ganz selten belegt, am hufigsten im konkreten Sinne „îberholen, îberspringen, (eine Grenze) îberschreiten, vorîbergehen“ (1Sam 5,5fin [LXX-Nachtrag]; 2Sam 18,23; 22,30; Ps 17,30; Hi 9,11; 14,5; 38,11; Jer 5,22; 4Makk 3,12; 18,7 u. ç.), nher an der îbertragenen Bedeutung „einen Fehltritt begehen“ liegt Sir 20,7; eindeutig fîr „sîndigen“ nur Mi 7,18. Das parallele Kompositum paqaba¸my ist in der LXX wesentlich hufiger und ntl. immerhin dreimal belegt (Mt 15,2.3; Apg 1,25)1177, in der LXX auch hier hufig konkret verwendet i.S.v. „abirren, abweichen“, sowie îbertragen i.S.v. „missachten, sîndigen“, ntl. immer îbertragen „abweichen, (ein Gebot) îbertreten“ (deutlich Mt 15,2 mit Akkusativobjekt tµm paq²dosim). Das zugehçrige Nomen paq²basir ist in der LXX wesentlich seltener, im NT aber hufiger (nur in der Briefliteratur, dort ausschließlich figurativ zur Bezeichnung von Gesetzesîbertretung, zum Teil mit entsprechender Genitivverbindung, so Rçm 2,23; 5,14; absolut in Rçm 4,15; Gal 3,19; 1Tim 2,14; Hebr 2,2; 9,15). Fîr rpeqba¸my in 1Thess 4,6 kann paraphrasiert werden „seine Grenzen îberschreiten und damit (gegen ein Gebot) verstoßen“. (2) Pkeomejt´y ist das spezifischere der beiden Wçrter und benennt eher die Art der gemeinten Grenzîberschreitung.1178 Das verwendete Verb ist wesentlich seltener als das zugehçrige Substantiv pkeomen¸a. pkeomejt´y findet sich ntl. nur bei Paulus (2Kor 2,11; 7,2; 12,17.18; 1Thess 4,6), materielle Sinnrichtung îberwiegt sicherlich und ist (außer in 2Kor 2,11) immer mçglich1179, wenn auch nicht immer gesichert. Allgemein „betrîgen, îberlisten, îbervorteilen“ ist mçglich; in 2Kor 2,11 am besten „îberlisten“. Von den wenigen LXX-Belege deuten Hab 2,9; Ez 22,27 auf unrechten Gewinn, allein Ri 4,11 ist neutral. Das hufigere Substantiv pkeomen¸a legt ebenfalls i. d. R. materielles Mehr-Haben-Wollen nahe. Im NT wird es gerne in Substantivreihungen (Lasterkatalogen) aufgefîhrt (so Mk 7,22; Rçm 1,29; Eph 5,3; Kol 3,5), ebenso auch ausschließlich pkeom´jtgr (1Kor 5,10.11; 6,10; Eph 5,5). In solchen Reihungen werden pkeomen¸a/pkeom´jtgr gemß dem literarischen Genre inhaltlich nicht nher ausgedeutet, doch wird aus solchen Reihungen gerade klar, mit welcher Strke das Maß dieses Lasters empfunden wurde. Diese Schrfe wird auch in der hellenistischen Moralphilosophie deutlich (vgl. z. B. eigene Traktate zur pkeomen¸a von Dio.or. 17; Plutarch, De cupiditate divitiarum [=mor. 523C528B]1180). Besondere Beachtung findet dieses Laster auch in der Rezeption der außerbiblischen frîhjîdischen Literatur (hierzu sofort unter 3.3.3.1.). Summarisch schreiben Finkenrath/Niebuhr : „In den Lasterkatalogen ist 1177 Das Absolutum ba¸my ist selten (nur Dtn 28,56; 3Makk 6,31; Weish 4,4; 18,16; ntl. nicht belegt). 1178 Einen „Doppelausdruck“ nennt dies Delling, Art. pkeom´jtgr, 271. 1179 Vgl. Delling, Art. pkeom´jtgr, 270; Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 134. Zur Bedeutungsgeschichte vgl. Delling, Art. pkeom´jtgr, 266 f. 1180 Vgl. darîber hinaus Bauer, Wçrterbuch, 1342, s.v. (Lit.!); Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 133, I 2.; Liddell/Scott, 1416, s.v.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

pkeomen¸a … Kennzeichen eines Lebens ohne Gotteserkenntnis (Rçm 1,29; 1Kor 6,10 f ), ohne Glauben und Gehorsam (1Kor 5,10 f; Eph 5,3). Wo das Band zwischen Geschçpf und Schçpfer zerschnitten ist, gert auch das Zusammenleben der Menschen untereinander in Unordnung. Der Mensch, der nicht mehr in Gott Ziel und Erfîllung hat, sucht die Erfîllung bei sich selbst, im eigenen Besitzen- und Haben-wollen, ja er erhebt sich letzten Endes selbst zum Abgott, der sich selbst alles zu unterwerfen strebt“.1181 (3) Auch pq÷cla ist, ebenso wie sein Zwilling pq÷nir, ein sehr allgemein einsetzbarer Begriff. Gegenîber dem wortgeschichtlich lteren pq÷nir hat das Bedeutungsfeld von pq÷cla zwei Vernderungen erfahren: Zum einen bedeutet es (wie jenes) neben Tun, Tat, Ereignis, Vorfall, Geschft, Aufgabe auch konkret Sache, Ding, auch Angelegenheit. Zum anderen kann es jedoch auch eine konkretere juristische Bedeutung annehmen i.S.v. Streitsache, Rechtshandel, Prozess.1182 Fîr die insgesamt nicht hufigen ntl. Belege von pq÷cla sind in Mt 18,19; Lk 1,1; Rçm 16,2; 2Kor 7,11; Hebr 6,18; 10,1; 11,1 Bedeutungen im Umfeld von Sache, Anliegen, Angelegenheit, Ereignis oder Ding anzunehmen. Interessanter sind Apg 5,4; Jak 3,16, wo pq÷cla eine ausdrîcklich schlechte Tat bezeichnet (in Jak 3,16 zustzlich durch vaOkom verdeutlicht); in 1Kor 6,1 liegt schließlich die spezielle Bedeutung „Rechtsstreit“ vor. Das zugehçrige Verb pq²ssy ist hufiger belegt. Hier îberwiegt die negativ qualifizierte Bedeutung (nur fîr Paulus Rçm 1,32; 2,1.2.3; 7,19; 13,4; 1Kor 5,2; 2Kor 12,21; Gal 5,21; evtl. auch Rçm 2,25; 7,15; neutral in Rçm 9,11; 2Kor 5,10), eindeutig positive Verwendungen sind nicht hufig (1Kor 9,17; Phil 4,9), ausdrîcklich so aber wenige Verse nach 1Thess 4,6, nmlich 1Thess 4,11. Die Diskussion zu pq÷cla in 1Thess 4,6 hat bereits Maurer treffend zusammengefasst: „Fîr 1 Th 4,6 liegen drei Deutungsmçglichkeiten vor: a. Die ˜bervorteilung des Bruders ist auf den Geschftsverkehr, das Handelsgeschft zu beziehen. Doch lßt sich diese von den lat[einischen] ˜bers[etzungen] her bestimmte Auslegung nicht halten; pq÷cla deckt sich zwar weithin mit negotium, besitzt aber gerade nicht, wie dieses, den technischen Sinn, das Handelsunternehmen, -geschft‘ …– b. Es kann gemeint sein der Rechtshandel, Streit, Prozeß. Nun ist zwar pq÷cla in diesem Sinne gut belegt … sogar bei Paulus selbst 1 K[or] 6,1. Aber diese Spezialbedeutung ergibt sich jeweils zwingend aus dem Kontext, whrend sie hier durch nichts gefordert wird. Htte P[au]l[u]s wirklich nur zur Mßigung beim Streiten u[nd] Prozessieren gerufen, ohne zugleich ein grundstzliches Wort zum Frieden unter den Gemeindegliedern zu sagen wie in 1K[or] 6,7 f ? – c. Darum liegt es am nchsten, den allg[emeinen] Sinn von pq÷cla die betreffende Angelegenheit aufzunehmen u[nd] die Konkretisierung vom Inhalte her zu gestalten. Das einfachste ist dann, die Infinitive v 3 f.6 im Sinne eines von t¹ h´kgla abhngigen Finalsatzes zu verstehen, wobei die asyndetische

1181 Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 134. 1182 Vgl. Hahn/Thiele, Art. Arbeit/Last. pq²ssy, 67; ebenso auch Bauer, Wçrterbuch, 1397, s.v.; Maurer, Art. pq²ssy, jtk., 638; Liddell/Scott, 1457, s.v., bes. II.2.8; III.4.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Anreihung von v 6 gerade beweist, daß îber die gleiche Sache wie vorher geredet wird … pq÷cla ist hier also eine euphemistische Umschreibung fîr das Sexuelle“.1183 Diese umfassende Aussage und lapidare Ablehnung von pq÷cla i.S.v. lateinisch negotium 1184 ist bis heute im Grunde nur an den Rndern zu modifizieren bzw. zu ergnzen.1185 Nicht ganz von der Hand zu weisen ist (gegen Maurer) wohl die juristische Bedeutung „Streitsache“, die auch von Maurer nur durch ein Argument e silentio widerlegt wird: Denkbar ist durchaus, dass der konkrete juristische Bezug den Thessalonichern klar war. Der Kontext, der diese Spezialbedeutung motiviert, wre dann nur textintern nicht vorhanden. Diese Bedeutung bleibt somit als Mçglichkeit bestehen.1186 Der Wahrscheinlichkeitsfolgerung Maurers, bei der allgemeinen Bedeutung von „der betreffenden, bereits angesprochenen Angelegenheit“ zu bleiben, wird man sich dennoch gemeinsam mit der Mehrheitsexegese anschließen

1183 Maurer, Art. pq²ssy, jtk., 640 (originale Kursivsetzungen). 1184 Vertreten vorwiegend (nicht ausschließlich) in der lteren Exegese, etwa von Dobschîtz, der meint, pq÷cla („negotium“) sei „der technische Ausdruck“ (nicht: „ein technischer Ausdruck“!) fîr Geschftsverkehr (Thess, 167; vgl. auch Dobschîtz, Urchristliche Gemeinden, 69). Er verweist dafîr auf Rçm 16,2 und 1Kor 6,1, doch greift keiner dieser beiden Verse in Dobschîtz’ Sinne: 1Kor 6,1 legt juristische Bedeutung wesentlich nher, und Rçm 16,2 allgemeine Situationen, in denen Paulus caritatives Handeln erwînscht, konkret genannt ist Gastfreundschaft. Neben Dobschîtz votieren fîr Geschftsleben auch: Delling, Frau und Ehe, 58, mit Anm. 5; Beauvery, Pkeomejte?m, 78 – 85; Holtz, Thess, 162; Mîller, Thess, 174 f.; Schrage, Heiligung, 230. 1185 Von Baumert ist sie etwa besttigt worden: „Pq÷cla im Sinne von ,Geschft‘ ist allgemein nur im Plural belegt und auch fîr ,law business‘ – Rechtsgeschfte nur im Plural (L[idell]-Sc[ott] s.v. III 4). Dasselbe gilt fîr den ersten Beleg bei Bauer s.v. 5: Xenophon, Memorabilia II.9,1. Der Singular bezeichnet in solchen Fllen gewçhnlich die ,Streitsache‘, den ,Fall‘, also den Gegenstand, z. B. auch Aristoteles, Rhetorica 1415b (= III 14,8) (L[iddell]-Sc[ott] s.v. III 4). Erst in den Papyri liegt pq÷cla manchmal an der Grenze zu ,Prozeß‘, so daß es den Vorgang als ganzen bezeichnet … Aber dies ist fîr Paulus und seine Zeit zweifelhaft. Die einzige Parallelstelle, 1 Kor 6,1, besagt jedenfalls nicht ,Prozeß‘, sondern ebenfalls: ,wagt es jemand, mit einem anderen eine Streit-Sache habend, bei den Ungerechten sich Recht sprechen zu lassen‘? Gerade hier ist ,Prozeß‘ unmçglich, denn pq÷cla bezeichnet ja den Grund fîr den Prozeß; es heißt dort beinahe soviel wie ,Streit‘ …, 1 Thess 4,6 kme die Bedeutung ,Prozeß‘ außerdem unvermittelt“ (Baumert, Brautwerbung, 331, originale Kursivsetzungen); ebenfalls gegen die wirtschaftliche Bedeutung aus denselben Grînden vgl. Best, Thess, 166; Richard, Thess, 201; ebenso ist nochmals auf den bereits von Baumert genannten Eintrag Liddell/Scott, 1457, III.4. hinzuweisen. 1186 Fîr sie pldieren Dibelius, Thess, 21 f.; mit Vorbehalt Hahn/Thiele, Art. Arbeit/Last. pq²ssy, 69.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

kçnnen.1187 Damit bezçge sich pq÷cla auf die sexuelle Angelegenheit von 4,3 f., ohne dass eine konkrete euphemistische Verwendung von pq÷cla i.S.v. Geschlechtsverkehr (vgl. Maurer) angenommen werden mîsste1188 ; eine solche wre bei Festhalten an der thematischen Einheitlichkeit von 4,3 – 6 nicht vonnçten.1189

Die Kombination der Verben rpeqba¸my und pkeomejt´y verweist somit auf ein nicht unmittelbar in einem konkreten Kontext positionierbares Sich-Vorteil-Schaffen, wahrscheinlich, doch nicht notwendigerweise, in materieller Hinsicht; der Prpositionalausdruck 1m t` pq²clati verweist am besten auf das wenige Zeilen frîher Gesagte. Der bestimme Artikel wre demnach demonstrativ zu verstehen1190, die thematische Einheitlichkeit von V.3 – 6 wre gestîtzt. Infolge dieses Befundes schließt sich freilich die Frage an, welches genau das pq÷cla gewesen sein kann, das gleichzeitig poqme¸a ist und unehrenhaftes Gewinnen des „Gefßes“ und ˜bervorteilung bzw. Zurîcksetzung des Bruders bedeutet. Drei wesentlichen Antwortversuchen auf diese Frage soll in den folgenden Unterkapiteln nachgegangen werden. 3.3.3.1. Zwei traditionelle Kardinallaster: poqme¸a und pkeomen¸a Eine wirkungsreiche exegetische Meinung schließt nicht an die hier gewonnenen vorgngigen Ergebnisse an (thematische Einheitlichkeit von V.3 – 6 durch syntaktische Analyse, konsekutiver bzw. finaler Sinn von t¹ l¶ V.6a, lexikale Beobachtung v. a. zu pq÷cla und demonstratives Verstndnis des Artikels t`). Stattdessen erkennt sie in 1Thess 4,3 – 6 die Mahnung zur Enthaltung von zwei Lastern, Hauptlastern hellenistischjîdischer Parnese, nmlich poqme¸a und pkeomen¸a.1191 1187 Neben Maurer etwa auch Bruce, Thess, 84 f.; Collins, „This is the Will …“, 317 f.; Haufe, Thess, 71 f.; Malherbe, Thess, 231 f.; Reese, Thess, 44; Yarbrough, Gentiles, 74 f. Schneider bleibt unbestimmt bei „Unternehmung/ Geschft“ (Art. pq÷cla, 345). 1188 Das von Holtz, Thess, 161, mit Anm. 86 diskutierte Problem entfiele demnach. 1189 Gegen Dibelius, Thess, 21. In diesem konkret euphemistischen Sinne vgl. allerdings Best, Thess, 166; Marshall, Thess, 111. 1190 Vgl. auch Carras, Jewish Ethics, 311; Collins, „This is the Will …“, 319. 1191 Vgl. bereits einleitend unter 3.2.5. Als grundlegend zur Stîtzung dieser These wird immer wieder (bis in die jîngste Zeit) auf Reinmuth, Geist und Gesetz, verwiesen (vgl. etwa Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 134; Horn, Angeld, 124, Anm. 10; Konradt, EQd´mai, 129, Anm. 2; Malherbe, Thess, 232; Schnackenburg, Botschaft, 62, Anm. 87; Schnelle, Paulus, 636,

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Eine eigentliche Definition von poqme¸a ist weder im AT noch im NT, noch in der das NT umgebenden Literatur zu finden. Die etymologisch ursprîngliche Bedeutung liegt auf Prostitution (von p´qmgli verkaufen, transitiv: prostituieren); in diesem Sinn ist auch die poqm¶, die Prostituierte, sowie der mnnliche pºqmor, zunchst der zu Prostituierten eingehende Freier, dann auch der sich selbst prostituierende Mann, einzuordnen.1192 Im weiteren wird jedoch mit dem Begriff der poqme¸a ein relativ weites Feld sexuellen Fehlverhaltens bezeichnet, das zwar einen gewissen Kernumfang erkennen lsst, dessen Rnder aber von Fall zu Fall ausgeweitet werden kçnnen. So gilt: „Die Wortgruppe [sc. um poqme¼y] benennt abwertend verschiedene nichteheliche sexuelle Verhaltensweisen gewerblichen Charakters, soweit sie von der jeweils offiziellen gesellschaftlichen oder religiçsen Norm abweichen, vor allem die Prostitution im eigentlichen Sinn. Sie kann auf andere nichteheliche Verhltnisse (Konkubinat, Promiskuitt, Homosexualitt, Pdophilie) oder sogar jeglichen Geschlechtsverkehr angewandt werden, der gelegentlich ausdrîcklich das eheliche Sexualverhalten einschließt …“.1193 In aller Regel geht eine spezifische Bedeutung aus der Anm. 20). Die These selbst vertreten und den Charakter dieser beiden Laster als Kardinallaster jîdischer Parnese, durch die der Wille Gottes in nuce umrissen wird, betonen: Bjerkelund, Parakalú, 131; Dibelius, Thess, 20.22; Horn, Angeld, 123 f.; ders., Wandel, 164; Konradt, Gericht, 114, mit Anm. 514; ebd., 192 – 196.337; Schade, Christologie, 135; Schmidt, Thess, 53; Schrage, Heiligung, 230; Umbach, In Christus getauft, 67 – 81; praktisch auch Holtz, Thess, 162 („… daß bei Paulus und schon im Judentum îberhaus hufig Unzucht und Habsucht unmittelbar nebeneinanderstehen“) und Reinmuth, Thess, 139 f. („Mit der Ablehnung dieser beiden Laster wird der Wille Gottes schwerpunktartig zur Geltung gebracht“ [ebd., 140]); mit eigener Akzentuierung auch Blischke, Begrîndung, 65 f. Ebenfalls zwei wichtige traditionelle Laster heben hervor, ohne sie jedoch als Zentrallaster jîdischer Ethik zu verstehen: Aasgaard, My beloved, 154; Beauvery, Pkeomejte?m, 78 – 85; Bickmann, Der erste Brief, 651; Bçrschel, Konstruktion, 252; Delling, Stellung, 57 f.; Dobschîtz, Urchristliche Gemeinden, 283; ders., Thess, 167; Laub, Verkîndigung, 53.180 – 182; Merk, Handeln, 46 – 51; Mîller, Thess, 174 (allerdings Trias von Kardinalsînden Unzucht, Gçtzendienst, Blutvergießen vgl. ebd., 171); Richard, Thess, 197 – 202; Schlier, Thess, 116, Anm. 92; Schnackenburg, Botschaft II, 62; Schnelle, Ethik, 297, mit Anm. 8; ebd., 299; ders., Paulus, 194.635 f.; Schrage, Einzelgebote, 61 f. Konkret auf poqme¸a konzentrieren sich diesbezîglich Carras, Jewish Ethics, 311 – 314; Tomson, Instruction, 110. 1192 Vgl. Fitzer, Art. pºqmg, 333; Schneider, Art. pºqmor, 336; Reisser/Niebuhr, Art. Ehe. poqme¼y, 298. 1193 Reisser/Niebuhr, Art. Ehe. poqme¼y, 298. In demselben Sinne auch Untergassmeier : „Die Wortgruppe [poqme¸a jtk.] vermag smtliche von der çffentlichen und religiçsen Norm abweichenden sexuellen Verirrungen zu umschreiben und ist umfassender als etwa loiwe¸a (= Ehebruch), kann so aber auch als Synonym zu loiwe¸a verwendet werden“ (Art. Unzucht, 974; vgl. hnlich Bill. III, 342). Wolter koppelt den Begriff poqme¸a bzw. poqme¼eim im Frîhjudentum

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Verwendung des Begriffs poqme¸a kaum hervor, whrend umgekehrt Beschreibungen sexuellen Fehlverhaltens meist ohne das Allgemeinwort poqme¸a auskommen (vgl. fîr Inzuchtverbote u. . Lev 18,6 – 18; Dtn 27,20 – 23; 1Kor 5,1; Jub 33,10 – 20; Ps-Phok 177 – 1941194 ; fîr Ehebruch Ps-Phok 3; Philo apol. 7,1; Mos. I,300; spec. III,8; Flav.Jos.Apion. 2,199; SapSal 14,26; Arist 152; fîr Homosexualitt/Pderastie Sib III,185 f.596.764; Ps-Phok 3.190 – 192; Arist 152; Philo apol. 7,1; spec. III,37 – 42; Flav.Jos.Apion. 2,199; SapSal 14,26; fîr Prostitution Philo, Mos. I,300; spec. III,51). Gemß dem allgemeinen Bedeutungsumfang sind auch fîr die Warnung vor poqme¸a in 1Thess 4,3 unterschiedliche inhaltliche Ausdeutungen vorgeschlagen worden, insbesondere unehelicher (wie 2Kor 12,21; Gal 5,19; Kol 3,5) sowie unzîchtiger sexueller Kontakt (wie Mt 5,32; 19,9; Apg 15,20.29; 21,25; 1Kor 5,1).1195

Zweifellos gehçren die beiden Laster Unzucht und Habgier zu den festen Topoi paulinischer Mahnungen und Lasterreihungen (vgl. Rçm 1,29 – 31; 13,13; 1Kor 5,9 – 11; 6,9 f.; 2Kor 12,20 f.; Gal 5,19 – 21)1196 und sind auch in der vor-, neben- und nachpaulinischen jîdischen sowie ntl. Ethik grundstzlich als wesentliche Laster und teilweise auch als negative Zusammenfassung der Toraforderungen gut belegt.1197 Der Grad spezifischer an Ehebruch („Verstoß[…] gegen das Prinzip der Exklusivitt der sexuellen Bindung“); daher sei auch die figurative Bedeutung und teilweise enge Verbindung zur eQdykokatq¸a zu verstehen (vgl. Brief, 329 f., Anm. 21, Lit.!; Zitat: 329, Anm. 21). Dieser Aspekt ist zentral, doch auch innerhalb der frîhjîdischen Literatur nur Teil des Kernfeldes um poqme¸a. In der großen Mehrheit der Forschung wird der Bedeutungsumfang von poqme¸a wesentlich offener abgesteckt, vgl. ausfîhrlich Kirchhoff, Sînde, 18 – 37; zudem auch Baltensweiler, Ehe, 141 f.; Bauer, Wçrterbuch, Art. poqme¸a, 1389: „v[on] jeder Art illegitimen Geschlechtsverkehrs“; Fitzer, Art. poqme¸a, 329; Hauck/Schulz, Art. pºqmg, 589; Konradt, EQd´mai, 128; Malherbe, Thess, 225 f.; Mîller, Thess, 171; Vahrenhorst, Sprache, 123 f.; ders., Ihr sollt îberhaupt nicht schwçren, 406 f. Zum gesellschaftlich-historischen Umfeld vgl. Reisser/Niebuhr, Art. Ehe. poqme¼y, 298 f. 1194 Vgl. zu Ehevorschriften in frîhjîdischer Zeit Bill. II, 375 – 377.729 f.; Bill. III, 342 – 358. 1195 Vgl. Malherbe, Thess, 225 f. 1196 Vgl. Fitzer, Art. poqme¸a, 332 f.; Schneider, Art. pkeomen¸a, 243; Schnelle, Paulus, 635 f. 1197 Vgl. Kol 3,5; Eph 4,19; 5,3.5; 2Petr 2,14; Mk 7,21 f.; Hebr 13,4 f.; Apk 18,3.9; TestLev 14, 5 – 8; TestJud 17,1; 18,2 – 6; TestDan 5,5 – 7; TestIss 4,2; TestAss 2,5 f.; TestBen 5,1; CD 4,17 – 21; CD 8,5; Philo spec. IV,5; Mos. II,186; praem. 15; Ps-Philo, De Jona 15 – 17; Ps-Menander 8 – 14; syrMenander II, 240 – 249 mit der folgenden Zusammenfassung der „Goldenen Regel“ 250 f.; ActThom 28.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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der Geprgtheit des Begriffspaares poqme¸a und pkeomen¸a ist hingegen nicht so stark, wie gelegentlich angenommen.1198 poqme¸a und pkeomen¸a kçnnen exponiert und substantivisch an erster Stelle solcher Lasterreihungen stehen, oder auch als einziges genannt sein (TestJud 18,2; inhaltlich auch 17,2), hufig werden poqme¸a und pkeomen¸a durch eQdykokatq¸a oder !jahaqs¸a zu einer Trias ergnzt (in Kol 3,5 etwa wird pkeomen¸a und eQdykokatq¸a gleichgesetzt, sehr nahe auch Eph 5,5; vgl. auch PsSal 8,9 – 13; CD 4,17 f.; CD 4,19 – 5,12; CD 6,15 f.; TestRub 4,6; TestLev 14,5 – 8; TestSim 5,3; Jub 25,1; ActThom 28), doch auch andere Reihen sind belegt. „Unzucht und Habgier“ ist somit keine geprgte Formel jîdischer Ethik1199, aber sie „kçnnen im Frîhjudentum zur umfassenden Charakterisierung eines dem Willen Gottes entgegengesetzten Verhaltens zusammengestellt werden“.1200 Die genannten Beispiele zeigen, dass diese Laster auch anderweitig mit anderen Vokabeln und Paraphrasierungen umschrieben bzw. dem Kontext gemß beschrieben werden kçnnen1201 oder auch in ihrer Gewichtung innerhalb einer grçßeren Parnese zum Ausdruck kommen kçnnen.1202 Reinmuth sieht selbst den Themen von 1Kor 5 f. diese Lasterdoppelung zugrundeliegen, nmlich in 1Kor 5 in Bezug auf einen konkreten Fall von Unzucht, in 6,1 – 11 in Bezug auf das Prozessieren der Gemeindemitglieder vor heidnischen Gerichten, in 6,12 – 20 wieder auf die Ablehnung von Unzucht – speziell der sexuellen Gemeinschaft mit Prostituierten.1203 Mit diesem Beispiel trgt Reinmuth den Grad der Umschreibung der beiden Kardinallaster sehr weit: Es ist nicht gesagt, dass bei 1Kor 6,1 – 11 an Probleme materieller Habgier gedacht ist. Insgesamt ist jedoch, auch wenn in den beiden Begriffen poqme¸a und pkeomen¸a kein lexikal fest geprgtes Paar vorliegen muss und Unzucht und Habgier nicht an den Einzelbegriffen, sondern an den gemeinten Sachen festzumachen ist, Reinmuth mit seiner Zusammenfassung sicherlich Recht zu geben: „Unzucht und Habgier … sind in zentraler Weise gegen den Willen Gottes gerichtet und kennzeichnen umfassend alle Unsittlichkeit. In der Enthaltung von beiden Lastern kom1198 Vgl. Holtz, Thess, 162 f.; Mîller, Thess, 175. 1199 Gegen Mîller, Thess, 175. 1200 Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 134 (eigene Kursivsetzung); Reisser/Niebuhr, Art. Ehe. poqme¼y, 300. 1201 Vgl. Reinmuth, Geist, 22 – 41; auch Konradt, Gericht, 114, Anm. 514. 1202 Vgl. im Bezug auf Opferkult Philemon-Menander; auch Ps-Phok 3 – 6.42.177 – 194; Sib III, 41 – 45 im Kontext von III,1 – 92; 1Hen 93 – 105; syrMenander II, 45 – 51.240 – 249 (allerdings auch II, 145 – 147); Ps-Heraklit VII,3; CD, Kolumne 1 und 2, darin Unzuchtbeispiel 2,17 – 3,1. 1203 Vgl. Reinmuth, Geist, 18.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

men nach frîhjîdischer Auffassung die beiden vordringlichen Forderungen des Gesetzes zur Erfîllung … Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß in der hervorgehobenen Bewertung von Unzucht und Habgier in der frîhjîdischen Literatur eine Aktualisierung des in der Tora manifesten Gotteswillens gesehen werden kann“.1204

Neben der Typizitt der zwei angesprochenen Laster poqme¸a in V.3b und pkeomen¸a in V.6a sind die beiden wesentlichen weiteren Argumente fîr die Nennung dieser zwei Laster die folgenden: (1) Die Formulierung V.6b p²mtym to¼tym bezçge sich leichter auf eine Mehrzahl von Lastern als nur auf eines. Dieses Argument ist bereits von Dobschîtz vorgetragen worden1205, doch ist dies wohl eher ein theoretisches Argument. Dobschîtz selbst warnt nur wenige Zeilen spter vor ˜berschtzung syntaktischer (und man darf ausweiten: sprachlogischer) Skrupel des Paulus. Zudem ginge es hier ja nur um zwei Laster. Wren Paulus diese wichtig gewesen, wre hyperkorrekt d¼o to¼tym oder !lvot´qym to¼tym oder einfach absolut to¼tym statt p\mtym to¼tym zu erwarten. Selbst unter Annahme der faktischen Nennung zweier Laster poqme¸a und pkeomen¸a ist das Syntagma p²mtym to¼tym besser generisch „auf alles unsittliche Verhalten [… zu beziehen], das seinem Wesen nach aus dem Zusammenhang mit Unzucht und Habgier nicht zu lçsen ist“.1206 Freilich trifft Dobschîtz’ eigene Warnung vor Vermutung hyperkorrekten Sprachgebrauchs bei Paulus auch diese Kritik gegen Dobschîtz selbst. Das wesentlichere Argument ist daher die Beobachtung, dass V.6b nicht das parnetische Anliegen selbst nennt, sondern nur eine Motivation zu deren Befolgung, nmlich die Richterfunktion des Kyrios. Paulus schreibt ja nicht, dass „alle diese Dinge“ zu befolgen sind, sondern nur, dass der Kyrios Richter „in all diesen Dingen“ ist – und eben so auch (so ist zu verstehen) im vorliegenden Fall. Paraphrasierbar wre somit auch „… denn der Herr ist Rcher in all dererlei Dingen“.1207 Eine weitere Erklrungsmçglichkeit wre, p²mtym to¼tym nicht auf die Laster zu beziehen, sondern auf die so handelnden Menschen. Die Formulierung wre dann als weitere ausgrenzende Markierung (analog zu toOr 5ny in 4,12 und den koipo¸ in 4,13; 5,6) zu sehen.1208 1204 Reinmuth, Geist, 39 f. 1205 Vgl. Dobschîtz, Thess, 162; Zitat ebd. Vgl. 3.2.3. mit Anm. 1046. 1206 Reinmuth, Geist, 14. 1207 Vgl. Hiebert, Thess, 187. 1208 Nicht ganz deutlich bei Stettler, Heiligung, 45. Fîr ein weiteres Argument zur Kompatibilitt von p²mtym to¼tym mit der thematischen Einheitlichkeit und konkreter Situativitt des Abschnittes vgl. sofort.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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(2) Auch das 6jastom rl_m in V.4a lege mit dem logischen Plural nahe, dass Paulus seine Mahnung an eine Mehrheit von Adressaten richtet und nicht nur in Bezug auf einen Fall formuliert. Andererseits jedoch kann, analog zu V.6b, gemeint sein: „ … dass jeder von euch zusehe, einschließlich der betreffenden Person“. In diesem Sinne wre auch Malherbe verstehbar: „By using hekastos humo¯n (,each of you‘) instead of the general huma¯s (,you‘), Paul individualizes his direction“.1209 Obschon die letztgenannten beiden Argumente deutlich schwcheren Charakter haben, ist die Forschungsmeinung, in 1Thess 4,3 – 6 die beiden Kardinallaster poqme¸a und pkeomen¸a angesprochen zu sehen, gut fundiert. Dem gegenîber steht die gegenteilige Auffassung, nach der auch in V.6 das einheitliche Thema der sexuellen Parnese weitergefîhrt wird. Quantitativ stehen die Autoren, die diese Meinung vertreten, denjenigen der ersteren Auffassung wohl etwas nach1210, doch sind auch deren Argumente îberzeugend: Am wichtigsten ist gewiss die Satzstruktur, die auch nach unserer Analyse zur leichteren Vermutung eines einheitlichen Themas von V.3 – 6 gefîhrt hat: Zu der reinen øußerlichkeit, dass es sich bei V.3 – 6 insgesamt um einen einzigen Satz handelt, ist V.6a besser V.4b (und noch deutlicher V.3b) gegenîber untergeordnet als Nebensatz hçheren Grades zu verstehen (vgl. 3.2.3.). Darîber hinaus sind als weitere Argumente zu nennen: Innerhalb von V.3 – 8 fehlt ein Neuansatz wie in V.9 durch peq¸ de oder eine Neuaufnahme einer Mahnformel wie paqajakoOlem V.10b.1211 Vielmehr deutet die Einleitung in 4,1 f. darauf hin, dass es sich im Folgenden, d. h. bis zu einer neuen, klaren Zsur eben wie in V.9, eher um ein Thema handelt. Inhaltlich ist mindestens auf die Inclusio von "ciaslºr zu verweisen, die V.3 îber V.4b mit V.7 verbindet, und ebenso noch die Brîcke zum pmeOla ûciom V.8b spannt1212, weiterfîhrend kçnnen Inclusiones auch gesehen werden durch das h´kgla toO 1209 Malherbe, Thess, 226. 1210 Best, Thess, 165 f.; Bruce, Thess, 84 f.; Collins, „This is the Will …“, 318 f.; Frame, Thess, 150 – 152; Haufe, Thess, 71 f.; Jewett, Liberation, 61 f.; ders., Correspondence, 106, mit Anm. 84; Johnson, Sanctification, 286; Lambrecht, Analysis, 167, mit Anm. 15; Malherbe, Exhortation, 250 f.; ders., Paul and the Thessalonians, 51; ders., Thess, 231 – 233; Marshall, Thess, 111 f.; Morris, Thess, 126 f.; Peterson, Possessed, 83; Reese, Thess, 44 f.; Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 113; Weima, „How You Must Walk …“, 109; Yarbrough, Gentiles, 73 – 76. 1211 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 319; Bjerkelund, Parakalú, 130 – 132. 1212 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 318 f.; Malherbe, Thess, 232.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

heoO V.3a mit 1j²kesem Bl÷r b heºr V.7 sowie durch poqme¸a V.3b mit !jahaqs¸a V.7. Auch diese drei Inclusiones erhrten die Vermutung einer inhaltlichen Einheitlichkeit.1213 Lexikal gesehen sind rpeqba¸meim, pkeomejte?m und pq÷cla, wenn auch nicht unmittelbar sexuell konnotiert,

dann wirtschaftlich bestenfalls etwas eher, aber auch keineswegs eindeutig1214 ; konkret fîr pq÷cla ist daran zu erinnern, dass dieses Wort fîr „Wirtschaft“ normalerweise im Plural steht.1215 Ganz im Gegenteil dazu wird bereits in V.4b mit jt÷shai ein potenziell wirtschaftlicher Terminus verwendet und muss daher in V.6 nicht als Zsur durch Markierung eines vernderten Wortfeldes verstanden werden.1216 Umgekehrt kann pkeomen¸a samt Wortfeld durchaus auch in sexuellen und ehemoralischen Zusammenhngen verwendet werden (vgl. Eph 4,19; Dio.or. 17,14; Epiktet, Diss II,4,8.10; Stobaeus [Hense], Anthologium III, 367.15 – 20).1217 Wîrde zudem V.6 zu einer wirtschaftlichen Thematik îbergehen, wîrde Paulus sodann in V.7 wieder zurîck zur sexuellen gehen und den soeben erst abgebrochenen Gedankengang wieder aufnehmen1218 – es sei denn wiederum, man schließt sich Collins an und deutet !jahaqs¸a gerade nicht im sexuellen Sinne.1219 Ein erneutes Aufgreifen der sexuellen Thematik in V.7 nach vorgngiger Unterbrechung wre nicht undenkbar, stnde aber dem Anliegen zuwider, die Verse 3 – 8 in zwei Abschnitte mit der Thematisierung eben von poqme¸a und pkeomen¸a aufzuteilen. Lexikal zeichnet sich hingegen eher eine Verschrnkung von sexueller und kommerzieller Stoßrichtung ab.1220 Und in den Versen 6b-8, wo abgesehen von dem einen Wort !jahaqs¸a in V.7 keine Verweise auf sexuelle Begrifflichkeit und îberhaupt keine auf kommerzielle zu finden sind, 1213 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 319; Haufe, Thess, 73; Lambrecht, Analysis, 167, Anm. 15; Malherbe, Exhortation, 250 f.; Weima, „How You Must Walk …“, 109. Collins spricht auch allgemein vom „unity of the context“ („This is the Will …“, 318). 1214 Gegen Dobschîtz, Thess, 167 f. 1215 Vgl. Anm. 1185. 1216 Vgl. Malherbe, Thess, 232; auch Jewett, Liberation, 62; vgl. 3.2.3. 1217 Vgl. Malherbe, Thess 232 f. (auch fîr weiterfîhrende Hinweise auf Belege aus griechischer paganer Literatur); ders., Exhortation, 250; Bruce, Thess, 84 (Bruce’s weitere Belege 1Kor 5,10 f.; Eph 5,3.5 assoziieren pkeomen¸a nicht mit Unzucht, sondern erwhnen die Laster lediglich in Reihenfolgen). 1218 Vgl. Best, Thess, 165 f.; Marshall, Thess, 111. 1219 Vgl. Collins, „This is the Will …“, 320 f. 1220 Daher wohl auch Bests vorsichtige Formulierung „vv. 6b-8 appears to deal with sexual sin“ (Thess, 166 [eigene Kursivsetzung]) statt „vv. 6b-8 deals with sexual sin“.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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kommt vielmehr eine mehrfache Motivation fîr das Handeln nach den eben vermittelten Mahnungen zum Ausdruck, nmlich Gericht (V.6b), ergangener gçttlicher Ruf „in“ Heiligung (V.7), und Gabe des Heiligen Geistes (V.8). Vielleicht ein weniger gewichtiges Argument, aber dennoch der Erwhnung wert, ist, dass, wenn poqme¸a und pkeomen¸a bei Paulus verbunden erscheinen (vgl. Rçm 1,29 – 31; 13,13; 1Kor 5,9 – 11; 6,9 f.; 2Kor 12,20 f.; Gal 5,19 – 21; auch Kol 3,5), dies sehr im Gegensatz zur Formulierung von 1Thess 4,3 – 6 in ganzen Katalogen von Lastern bzw. ˜belttern geschieht.1221 Gar kein zutreffendes Argument gegen die These zweier unterschiedlicher Laster lsst sich aus der Beobachtung gewinnen, dass poqme¸a Substantiv, pkeomejte?m hingegen Verb ist1222 : Wie sich gezeigt hat, ist bei Annahme zweier Traditionslaster deren genaue Formulierung irrelevant; auch ist die Annahme eines „festen“ Begriffspaares unnçtig. Dobschîtz argumentiert, dass aufgrund der positiven Nachricht des Timotheus und des Lobes des Paulus (1,3; 3,6) kein besonders zîgelloses Leben der Thessalonicher anzunehmen habe. Die Parnese von 4,3 – 8 kçnne daher nicht auf eine spezielle Situation in der Gemeinde bezogen werden, sondern eben auch aufgrund der Typizitt der angeprangerten Laster nur als allgemeine Mahnung zur Strkung des sittlichen Lebens der jungen Gemeinde.1223 Dieses Argument verknîpft starkt die Traditionalitt des Paares poqme¸a und pkeomen¸a mit der Annahme einer allgemeinen Parnese. Die Beobachtung ist auch nicht unzutreffend, doch berîcksichtigt sie m. E. zu wenig die spezifischen Aufflligkeiten von V.3 – 8. Dobschîtz’ Argumentation lsst sich somit nicht gnzlich zurîckweisen, aber ergnzen.

Die von unterschiedlicher Seite vorgetragenen Grînde, V.3 – 8 auf ein Laster bzw Anliegen zu beziehen, sind von unterschiedlicher Tragfhigkeit. Insgesamt jedoch ist ein Verstndnis dieser Verse an dieser Stelle wiederum mit einem Dilemma konfrontiert: Einerseits lsst sich îber die Traditionalitt und Typizitt der beiden wichtigen Laster in diesen Versen kaum hinweggehen, andererseits sperrt sich der Text gegen eine Aufteilung eben auf diese beiden Laster. Die Argumente beider Seiten dieser exegetischen Opposition sind gut begrîndet: zu gut, als dass sich eindeutig fîr die eine und gegen die andere entscheiden ließe. Das Dilemma lsst sich nur aufgrund einer Kombination von beiden lçsen: Aus 1Thess 2,11 f.; 4,1.9 geht deutlich hervor, dass Paulus auch schon bei der Erstverkîndigung in Thessalonich ethische Anweisungen gepredigt hat. Dass er in 2,5 f. neben Schmeichelei und Ehrsucht gerade 1221 Vgl. Haufe, Thess, 72 f. 1222 So allerdings bei Haufe, Thess, 72. 1223 Vgl. Dobschîtz, Thess, 168 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

auch pkeomen¸a als eines der großen Laster nennt, derer er selbst nicht zu bezichtigen ist, deutet darauf hin, dass pkeomen¸a den Thessalonichern als ein wesentliches Laster bereits bekannt gemacht worden sein muss und Paulus jetzt deren Bekanntheit voraussetzen kann. Unerheblich ist dabei, ob diese Bekanntheit erst aufgrund der paulinischen Predigt oder bereits aufgrund einer allgemein hellenistischen Vorbildung zu Ethik erfolgt war: Zu erster Annahme neigt man bei Betonung des traditionell jîdischen Charakters der paulinischen Parnese dieser Verse1224, zu zweiter bei darîber hinausgehend allgemein hellenistischer Akzeptanz der genannten Laster.1225 Bezîglich des großen Lasters der poqme¸a (4,3) gibt es diesbezîglich keine textinternen Anhaltspunkte (poqme¸a wird in 1Thess außerhalb von 4,3 – 8 weder explizit noch implizit thematisiert), doch lsst sich aufgrund der hufigen Kombination und Primrstellung der beiden Laster sowie deren Typizitt mit gewisser Wahrscheinlichkeit deren Vorkommen in Paulus’ Erstverkîndigung gemeinsam mit pkeomen¸a ebenfalls annehmen. Offensichtlich legt Paulus, um den vorliegenden Problemfall angemessen zu besprechen, die beiden wichtigen Traditionslaster zugrunde, die er hier tangiert sieht. Deren starke Gewichtung ist ihm von seinem kulturellen Hintergrund her vertraut und er findet fîr sie hier Anwendung. Durch diese hier vorgeschlagene Interpretation hat sich auch die Plausibilitt der Kompatibilitt der Dominanz der beiden Zentrallaster Unzucht und Habgier auf der einen Seite mit der Annahme einer konkreten Situiertheit des Abschnittes auf der anderen Seite weiter etabliert im Gegenzug zur Auffassung, dass peq· p²mtym to¼tym (V.6b) mehr als nur ein einziges Laster impliziere und sich daher nicht nur auf eine konkrete Situation beziehen kçnnte: Der Hintergrund der beiden Laster bleibt erhalten, wird jedoch im Kontext eines einzigen Themas gebîndelt.

Es gilt nun, eine solche Problemsituation aufzufinden, die im Kontext der thessalonischen Gemeinde denkbar ist und gleichzeitig ein Fall von poqme¸a als auch von pkeomen¸a darstellt. In den nchsten beiden Unterabschnitten sollen daher zwei Vorschlge diskutiert werden, die versuchen, diese Forderungen zu erfîllen.

1224 Vgl. Blischke, Begrîndung, 65; Collins, „This is the Will …“, 324 f.310, mit Anm. 63; Holtz, Thess, 168; Jewett; Correspondence, 106, mit Anm. 84; Konradt, Gericht, 114 f.; Niebuhr, Gesetz und Parnese, 232 – 235; Schimanowski, Abgrenzung, 300. 1225 Vgl. Malherbe, Thess, 232 f., ders., Exhortation, 250 f.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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3.3.3.2. Baltensweilers These: Erbtochterrecht 1963 legte H. Baltensweiler einen auf den ersten Blick attraktiven Vorschlag vor, wie der syntaktischen Einheit von 1Thess 4,3 – 6 sachlich zu entsprechen sei. Innerhalb seiner etwas spteren Monographie Die Ehe im Neuen Testament (1967) wiederholte er seinen Aufsatz nur leicht verndert.1226 Seine Grundthese lautet: Die Verbindung von Ehethematik und ˜bervorteilen des Bruders in einem Prozessverfahren (er deutet pq÷cla im Sinne von „Rechtstreit, Prozess“) sei am besten auf das Institut des Erbtochterrechtes im klassischen Griechenland zu beziehen, gegen dessen Durchfîhrung sich Paulus wende. Dieses Rechtsinstitut sah folgendes vor: Starb ein Mann, ohne mnnliche Erbberechtigte zu hinterlassen, so wurde seine eheliche Tochter zur „Erbtochter“. Der nchste mnnliche Verwandte des Erblassers hatte dann (geregelt nach Verwandtschaftsgrad, bei gleichem Grad nach Alter) Anrecht auf deren Hand und auf das Erbe. Vorausgesetzt ist dabei die rechtliche Erbunfhigkeit der Tçchter selber (d. h. keine gîterrechtlich relevante Stellung der Frau)1227 sowie das Bestreben, Besitz ungeteilt der eigenen Sippe zu hinterlassen. Zu dem Zwecke der Erbtochterehe konnten bereits frîher eingegangene Ehen sowohl der Erbtochter als auch des neuen Erben aufgelçst werden; die neu eingegangenen Ehen konnten (abgestuft) auch inzestuçs geschlossen werden, am hufigsten heirateten auf diesem Wege Onkel und Nichte sowie Cousin und Cousine. Um diese Erbtochterrechte und -pflichten zu klren, wurden gerichtliche Prozesse angestrengt.1228 Das Erbtochterrecht wurde bereits in der attischen Komçdie verspottet (vgl. Aristophanes, Vespae 583; Menander, incertae fabulae fragmentum 5821229 ; Menander, Plokion fragmentum 3331230). Auch noch Plutarch hlt diese Rechtseinrichtung fîr absonderlich und lcherlich (vgl. Solon, XX 2 f.); er geht allerdings nicht mehr von der klassischen Situation aus, sondern von einer Ehe zwischen einer Erbtochter und einem zum Geschlechtsverkehr unfhigen Mann und einer anschließenden Begattung der Frau durch einen ihrer Verwandten. Kritik wird (im Munde der Verteidiger dieser Form des 1226 Abgesehen von einigen Umstellungen in den Einleitungskapiteln. Zu neuen inhaltlichen Akzentsetzungen sofort. 1227 Vgl. Thîr, Armut, 125. 1228 Vgl. Thalheim, Art. (Ep¸jkgqor, 115. 1229 Koerte/Thierfelder II, 189 (= Meineke IV, 250, LV). Vgl. Strk, Plautus’ uxores dotatae, 26 f. 1230 Koerte/Thierfelder II, 121 f. (= Menander, Principal Fragments (Allison), 428 f. = Meineke, Fragmenta IV, 189 f., I).

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

„Erbtochterrechtes“) dann gegen den eheunfhigen Erstgatten gerichtet, wenn er aus vikopkout¸a und vbqir seine Ehe eingegangen ist.

Ist anzunehmen, dass Paulus seine Parnese als Polemik gegen dieses Institut formuliert? Die mit Abstand wichtigsten Quellen fîr diese Erbeinrichtung findet sich fîr Athen, ferner auch fîr Gortyn, Kreta, beides fîr die klassische Zeit. Daher ist das Erbtochterrecht in attischen Rechtsschriften auch das in der Literatur deutlich am breitesten ausgefîhrte1231, in Gortyn und anderen dorischen Bereichen wurde es schon in klassischer Zeit auf modifizierte Weise praktiziert (Ermçglichung des Ehewahlrechtes der Tochter; Teilungsmçglichkeit des Erbes).1232 Etliche Quellen lassen aber eine viel breitere Ausdehnung annehmen.1233 Der geographisch fîr Thessalonich interessanteste Beleg findet sich bei Arist.pol. II 9,9 1274b, wonach Androdamas von Rhegion den thrakischen Chalkidiern Erbtochtergesetze gegeben haben soll.1234 Dies fîhrt zwar regional in unmittelbare Nachbarschaft zu Thessalonich, doch immer noch zu einer Zeit, in der Thessalonich als Stadt noch nicht einmal gegrîndet war.1235 Hinweise aus spterer (hellenistischer) Zeit sind, wie Baltensweiler 1967 gegenîber 1963 selbst ausfîhrt und zugibt, bestenfalls zweifelhaft.1236 Selbst aus anderen Gegenden Griechenlands sind ab der Mitte 1231 Vgl. Baltensweiler, Ehe, 145; Ruschenbusch, Bemerkungen, 15 – 19 (Lit.!); Wagner-Hasel, Art. Ehe II., 895; Thalheim, Art. (Ep¸jkgqor, 114. Vgl. auch zwei italienische Beitrge: Maffi, E’esistita l’aferesi dell’epikleros?, 21 – 36; Lepri, Per una riprova storica dell’ !va¸qesir t/r 1pijk¶qou, 37 – 39 (sowie: Maffi, Replica [zu Lepris’ Beitrag], 40). Smtliche bei Liddell/Scott erwhnten Belege fîr 1p¸jkgqor sind attisch. 1232 Vgl. Erdman, Ehe, 79 – 82. Kurz auch: Thîr, Armut, 123 f.128 – 130. Nicht ein ausgesprochenes Erbtochterrecht aber einen Grundgedanken der Erbtochterehe kannte auch Israel mit der Verpflichtung fîr Erbtçchter, im eigenen Stamm zu heiraten (vgl. Num 36,5 – 12; Baltensweiler, Ehe, 26 f.). 1233 Vgl. Erdman, Ehe, 83, mit Anmm. 53 – 58; Thîr, Armut, 123 f. Thalheim: „Danach darf das Erbtçchterrecht als eine allen Griechen gemeinsame Einrichtung gelten“ (Art. (Ep¸jkgqor, 117). 1234 Vgl. Thalheim, Art. (Ep¸jkgqor, 117. 1235 Thessalonich wurde 315/16 v. Chr. auf dem Boden frîherer Siedlungen, vielleicht auf der Stelle der Stadt Therme (neu) gegrîndet und durchlebte bis zur paulinischen Zeit etliche Wechsel und Unruhen der politischen Herrschafts- und Rechtsformen (vgl. ausfîhrlicher Brocke, Thessaloniki, 12 – 22). 1236 Vgl. Baltensweiler, Ehe, 145 – 146. Der gesamte (die Zuverlssigkeit seiner These einschrnkende!) Abschnitt 145 („Wohl sind uns die Verhltnisse …“)146 (Kapitelende) ist gegenîber der Version von 1963 neu eingeschoben. Dies gipfelt im Schlusssatz dieses Einschubs: „Bei den folgenden Erçrterungen [sc. zu

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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des 2. Jahrhunderts v. Chr. immer mehr Flle von Frauenerbrecht und Adoptionsrecht bekannt, was Grundlagen und Praxis des Erbtochterrechtes ausgehçhlt haben muss. Dass also in Thessalonich (bzw. Vorgngersiedlungen) das Erbtochterrecht einmal bekannt gewesen sein muss, wird man vielleicht hinnehmen kçnnen, mehr als fraglich ist aber, ob es zur Zeit des Paulus noch praktiziert wurde. Schon an diesem Punkt aus historischer Sicht trgt Baltensweilers Interpretation großen hypothetischen Ballast. Aus exegetischer Sicht hat Baumert gegen Baltensweilers Interpretation kritisch Stellung bezogen.1237 Fîr ihn lsst sich die These vom Erbtochterrecht nicht sinnvoll im Rahmen der Formulierungen der paulinischen Parnese erklren. Er fragt sich zurecht, ob Paulus dann meinen wîrde, dass man die Erbtochter „[d]emjenigen zukommen lassen [solle], dem sie rechtlich zusteht“ (also kein „˜bervorteilen des Bruders“), oder genau umgekehrt, „daß man um dieses Anspruches willen nicht eine bestehende Ehe zerstçren dîrfte“ (also keine poqme¸a).1238 Im ersten Falle wîrde sich Paulus grundstzlich fîr die korrekte Durchfîhrung der Erbtochterehe einsetzen. Wre die Erbtochter bereits verheiratet, wre ihr (erster) Ehemann durch den Verlust seiner Frau, nicht aber durch Verlust eines Erbes geschdigt; dies wre dann lediglich eine personale Angelegenheit, nicht aber ein rechtliches ˜bervorteilen vor Gericht. Im zweiten Falle aber sei fraglich, ob Paulus diesen durch formales Recht geregelten Eingriff in eine bestehende Ehe als poqme¸a bezeichnet htte, und ob die Leser dies so verstanden htten. Denn das Motiv fîr einen solchen Prozess wre ja dann gerade nicht p²hor 1pihul¸ar (4,5), sondern pkeomen¸a. Wenn Paulus wiederum das Einklagen des Erbtochteranspruchs nur in dem Falle ablehnt, wenn dadurch eine Ehe zustande kme, die in jîdischen Augen inzestuçs und verboten wre, wîrde wiederum p²hor 1pihul¸ar als Motiv nicht passen (und poqme¸a auch nicht), und das ˜bervorteilen des Bruders wîrde bei dieser Blickrichtung gar keine Rolle mehr spielen. Im Falle des Prozessierens zweier lediger Cousins um ihre ledige Cousine und Erbtochter stnde wiederum keine Auflçsung einer bereits bestehenden Ehe noch die Schließung einer nach jîdischer Sicht inzestuçsen Ehe zur Disposition. ˜berhaupt sei fraglich, ob Paulus seine vorwiegend heidenchristliche Gemeinde mit einem speziell jîdischPaulus’ Stellung zum Erbtochterrecht] darf also nicht ausser Acht gelassen werden, dass ihnen weitgehend ein hypothetischer Charakter anhaftet“ (146). 1237 Vgl. Baumert, Brautwerbung, 329 – 331. 1238 Baumert, Brautwerbung, 330.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

rechtlichen Problem konfrontieren wîrde. Auch mîsse man sich wundern, dass Paulus in seinen Ausfîhrungen sich so allgemeiner Begriffe bedient, obschon fîr den Erbtochterprozess passende Fachbegriffe (1pidijas¸a, diadijas¸a ; im Gegensatz zum bedeutungsoffenen pq÷cla) zur Verfîgung gestanden htten.1239 Gehen wir diese Argumente in rîckwrtiger Reihenfolge durch: Die Allgemeinheit der Formulierung und die Kîrze der Ausfîhrungen deuten gewiss darauf hin, dass Paulus kein Rechtsinstitut im allgemeinen angreifen will; greift Paulus in anderen Briefen ganze Systeme an, die seinen theologischen Ansichten widersprechen und auch soteriologisch relevant werden kçnnen (wie z. B. die Beschneidungsthematik in Gal; vgl. auch zur soteriologischen Relevanz in diesem Falle 1Thess 4,5fin.6b.8a;), geschieht das ausfîhrlicher und konkreter. Im Anschluss an unser Ergebnis von 3.1.2.1., 3.2.5. und 3.3.3.1., am besten von einem konkreten Problemfall auszugehen – was ja auch Baltensweilers Annahme ist1240 –, wre hingegen leicht denkbar, dass dadurch die uns heute nicht bekannten Fakten (einschließlich des entsprechenden Vokabulars) den historischen Lesern bereits bekannt waren und daher nur eine kurze Notiz seitens des Paulus erforderten.1241 Genau diese Annahme liegt auch der Entscheidung zugrunde, sjeOor jt÷shai i.S.v. „eine Frau nehmen“ zu deuten, obwohl direkte Begrifflichkeit wie insbesondere cum¶ fehlt. Dass Paulus den Thessalonichern jîdisch gefrbte Ethik und damit verbundene Rechtsgepflogenheiten lehrt, muss noch weniger verwundern. Im Gegenteil: Auf den jîdischen Hintergrund von 1Thess 4,3 – 8 ist hufig hingewiesen worden.1242 Auch sonst zeigt Paulus keine Scheu, sich jîdischer Denkmuster und Exempel zu bedienen, auch wenn als Adressaten vorwiegend Heidenchristen anzunehmen sind.1243 1239 Zum letzteren vgl. auch Schlier, Thess, 116, Anm. 92. 1240 Er argumentiert dabei aufgrund des geschlossenen Kontextes 4,13 – 5,11 und der konkrete Fragen der Thessalonicher voraussetzenden Abschnitte 4,13 ff. und 5,1 ff. (vgl. Erwgungen, 1). 1241 So auch Tomson, Instruction, 109. Dies wre dann gegen Holtz, Thess, 163. 1242 Vgl. Carras, Jewish Ethics, 306 – 315; Collins „This is the Will …“, 315.324 f.; ders., Problem, 315; Holtz, Thess, 159 f.164. v. a. aber 168 – 170; ders., Traditionen, 247 – 249; Horn, Angeld, 125 – 127; Kleinschmidt, Ehefragen, 226 (vgl. allgemeiner auch 243 f.); Koester, I Thessalonians, 42 f.; Schimanowski, Abgrenzung, 300; Schlier, Apostel, 116, Anm. 92; Snyder, Summary, 361; Vahrenhorst, Sprache, 136 f.; Weiss, „Heilig“, 50; Yarbrough, Gentiles, 69 f. 1243 Zu erwhnen ist beispielhaft nur die umfangreiche Zitierung der LXX als religiçser Norm sowie der Rîckgriff auf jîdisch-religiçse Topoi zur Darlegung seiner

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Die weiteren Argumente Baumerts sind allerdings berechtigt und stichhaltig: Zuvorderst gilt dabei der von Baumert ausgefîhrte Widerspruch, dass in V.3b als Motiv fîr Paulus’ Kritik die Vermeidung von poqme¸a und in V.5a das p²hor 1pihul¸ar genannt ist, was beides nicht zu dem zur Einklagung des Erbtochterrechtes fîhrenden Motiv der Habsucht passen wîrde.1244 Die ˜berlegung, ob es sich im vorliegenden Fall – wenn îberhaupt – um eine Erbtochterehe mit oder ohne damit verbundener Scheidung einer bereits bestehenden Ehe gehandelt haben wird, fîhrt nur in Sackgassen: Falls ja, wre die Heftigkeit von Paulus’ Argumentation zwar leichter nachvollziehbar (V.5fin.6b.8a), auch wenn, da diese Scheidung durch Erbtochterklage zustande kommt, die Angemessenheit der Motive poqme¸a und p²hor 1pihul¸ar immer noch in Frage zu stellen wre. Aber eine drohende Ehescheidung wre von Paulus wohl mit Anliegen (so das Glaubensbeispiel Abrahams in Rçm 4; die Adam-ChristusTypologie in Rçm 5,12 – 21; die Gegenîberstellung von Hagar und „der Freien“ (Sarah) in Gal 4,21 – 31 (vgl. summarisch Frey, Judentum, 25 f.; ausfîhrlicher ders., Paul’s Jewish Identity, 285 – 321). 1244 Versuche, Baltensweilers These îber das passende Motiv des pkeomejte?m zu unterstîtzen, bleiben erfolglos: Das Problem ist, dass pkeomejte?m erst in V.6a genannt ist. Wollte man die beiden Verneinungen V.5 (lµ 1m p²hei 1pihul¸ar) und V.6a anaphorisch parallel verstehen (also l¶ – l¶ im Sinne eines „wedernoch“), dann wre das sjeOor jt÷shai durch drei Erluterungen przisiert, nmlich eine positive 1m "ciasl` ja· til0, und zwei parallele negative auf gleicher Ebene, lµ 1m p²hei 1pihul¸ar und lµ rpeqba¸meim ja· pkeomejte?m. Diese beiden Negativbeispiele wren deutsch wiederzugeben als: weder in leidenschaftlicher Begierde (V.5a), noch (= „und ebenfalls nicht“) durch das Verschulden gegenîber einem Bruder (vgl. etwa auch die gereihte Verneinung mit l¶ in Rçm 13,13). In diesem Falle bruchte man das Einklagen einer Erbtochterehe nur auf das „Verschulden gegenîber dem Bruder“ beziehen und mîsste es nicht mehr mit dem Motiv 1m p²hei 1pihul¸ar in Einklang bringen. Die Aussageabsicht wre demnach, dass Paulus das Gewinnen einer Frau durch Erbtochterklage auf dieselbe tadelnswerte Stufe stellt wie diejenigen, die das Gewinnen einer Frau 1m p²hei 1pihul¸ar anstreben. Doch ist dies schon grammatikalisch abwegig: Zunchst mîsste der Artikel tº V.6a wieder als „Zsur“ oder mittels einer anderen Verlegenheitslçsung erklrt werden, die finale Erklrung fîr den artikulierten Infinitiv wre auf jeden Fall nicht mehr passend. Zudem entfiele die inhaltliche Einheit des Abschnittes, die Baltensweiler îberhaupt auf den Gedanken des Erbtochterrechtes gebracht hat (V.5 bezçge sich auf einmal nicht auf das Erbtochterrecht). Und es bliebe in jedem Fall immer noch die Warnung vor der poqme¸a in V.3b, die durch das Verschieben der Satzteile V.5.6 gar nicht betroffen wre.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

deutlicheren Worten kritisiert worden. Verweise auf loiwºr, loiwe¸a etc. fehlen. Dies gilt umso mehr, wenn die Rechtmßigkeit der Scheidung nach hellenistischem Recht juristisch verankert wre, aber dennoch gegen jîdisch-glubiges Rechtsempfinden verstieße – es sei denn wiederum, deren Legitimitt und Vereinbarkeit mit Gottes Willen (V.3a) wre trotz skularrechtlicher Billigung bereits von dem glubigen thessalonischen Fragesteller selbst in Zweifel gestellt worden. In diesem Falle htte eine besttigende Kurzantwort des Paulus ausgereicht. Doch wren dann die strengen Aussagen V.5fin.6b.8a wieder unnçtig, da der Fragesteller ja bereits selbst auf Paulus’ Linie eingeschwenkt wre und nur die apostolische Besttigung htte einholen wollen. Falls mit dem Erbtochterprozess keine Scheidung verbunden gewesen wre, wre wiederum nicht einzusehen, warum sich Paulus in einen solchen Fall îberhaupt einmischt. Denn die am hufigsten geschlossenen griechischen Erbtochterehen werden gar nicht im Konflikt zum mosaischen Gesetz gestanden haben. In Lev 18,6 – 20; 20,10 – 21 werden weder Ehen zwischen Onkel und Nichte noch zwischen Cousin und Cousine ausdrîcklich verboten (im Gegensatz zur Ehe zwischen Neffe und Tante).1245 Erst 11QT 66,17 und CD 5,7 – 11 untersagen die Onkel-Nichte-Ehe ausdrîcklich, CD allerdings in ausdrîcklicher Weiterfîhrung von Lev 18,13 f. Die CousinCousinen-Ehe bleibt auch hier legitim, ebenso verbietet bJev 21a trotz der Verschrfung der Inzuchtbestimmungen gegenîber Lev 18 um jeweils einen Verwandtschaftsgrad1246 die Cousin-Cousinen-Ehe nicht. Nach Zimmermanns Darstellung galt die Cousin-Cousinen-Ehe sowie die Onkel-Nichte-Verbindung sogar als besonders beliebt.1247 In Konflikt mit 1245 Verboten sind nach Lev 18,6 – 20; 20,10 – 21; Dtn 23,1; 27,20.22 f. Ehen zu Vater, Mutter, Stiefmutter, Schwiegermutter, Tochter, Schwester (Stiefschwester mîtterlicherseits?, Lev 18,11), vterlichseitige oder mîtterlichseitige Halbschwester, Enkelin, vterlicherseitige oder mîtterlicherseitige Tante, Schwgerin des Vaters (= angeheiratete Tante vterlicherseits), Schwiegertochter, Schwgerin, Stieftochter. Beim Gebot der Leviratsehe (vgl. Gen 38,8; Dtn 25,5 – 10) allerdings hat das Zeugungsgebot vor dem Inzuchtverbot Vorrang. In mJev 1a werden jedoch Flle benannt, bei der das Inzuchtverbot vor das Leviratsehengebot gestellt wird. Danach ist eine Leviratsehe nicht einzugehen mit der Tochter, Enkelin, Stieftochter, Tochter eines Stiefkindes („Stiefenkelin“), Schwiegermutter, der Mutter eines der Schwiegereltern, Schwester, Tante mîtterlicherseits, Schwgerin (= Schwester der Frau), Frau des Halbbruders bei gleicher Mutter, Frau des lteren und vor der eigenen Geburt verstorbenen Bruders, Schwiegertocher (vgl. Kleinschmidt, Ehefragen 139 – 143.241; Lit. in 139, Anm. 293). 1246 Vgl. Bill. I, 694; Bill. II, 729 f.; Bill. III, 346. 1247 Vgl. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 243.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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jîdischer Gesetzesobservanz wre Paulus also nur im Falle einer geplanten Erbtochterehe zwischen noch nheren Anverwandten geraten (einschließlich Neffe-Tante), oder aber unter der Vermutung, eine OnkelNichte-Ehe habe zur Disposition gestanden und Paulus’ Gesetzesinterpretation habe der essenischen besonders nahe gestanden.1248 Als Ergebnis zu Baltensweilers These einer paulinischen Kritik gegen einen Erbtochterprozess in Thessalonich ist festzuhalten: Jeder Versuch eines exegetischen Gewinns bzgl. der auf den ersten Blick attraktiven These Baltensweilers zieht weitere Probleme nach sich, so dass seine Theorie nicht widerspruchsfrei mit dem Text in Deckung zu bringen ist. Je konkreter man die einzelnen Satzglieder inhaltlich auszudeuten versucht, desto hypothetischer und „konjunktivlastiger“ wird das gesamte Konstrukt. Nach aller historischer und exegetischer Wahrscheinlichkeit wird man sich also von der diskutierten These verabschieden mîssen. 3.3.3.3. Baumerts These: Brautwerbung Baumert hat einen weniger speziellen und daher auch weniger angreifbaren Vorschlag zur inhaltlichen Ausdeutung von 1Thess 4,3 – 6 vorgelegt.1249 Auch er geht aufgrund seiner detaillierten Syntaxanalyse davon aus, dass sich Paulus in den betreffenden Versen insgesamt auf ein einheitliches Thema bezieht, zu dem in allgemeinen Worten Stellung zu nehmen ihm ein konkret mitgeteilter Fall Anlass gegeben hat: Zunchst engt Baumert die Deutung von sjeOor jt÷shai auf „seine Frau erwerben = der Weg, auf dem man sich seine Ehefrau verschafft“1250 ein, doch setzt er dies nicht mit „heiraten“ gleich, da hierfîr das Verb cale?m nhergelegen htte. Im Verlauf eines lngerfristig angenommenen Brautwerbungsprozesses solle man nun nicht „ ,îber einen Bruder hinweggehen und ihn îbervorteilen‘, wenn dieser bereits eine gewisse Bindung zu der betreffenden Frau, etwa durch Verlçbnis, rechtliche Ansprîche, Versprechen oder beidseitige Zuneigung“1251 eingegangen ist. Eines der wirksamsten Mittel, um eine Frau illegitimerweise an sich zu binden, sei 1248 Letzteres gewinnt an Wahrscheinlichkeit, schließt man sich der von Donfried dargelegten Orientierung der paulinischen Ekklesiologie in 1Thess an essenischen Vorbildern an (vgl. Donfried, Assembly, 156 – 160). 1249 Vgl. Baumert, Brautwerbung, v. a. 332 – 335; dann auch ders., Frau und Mann, 144 – 149. 1250 Baumert, Brautwerbung, 332. 1251 Baumert, Brautwerbung, 333; vgl. ebenso bereits ders., Ehe 421, Anm. 858.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

dann der Geschlechtsverkehr, der nicht nur wegen seines außerehelichen Stattfindens als poqme¸a zu tadeln wre, sondern auch, weil damit schuldsam in die Angelegenheit eines Bruders eingegriffen wre. Die pkeomen¸a mîsse darum nicht unbedingt die sexuelle Begierde meinen, sondern das „Mehrhaben-Wollen“ bezçge sich hier auf die Frau, die bereits an einen anderen Mann gebunden ist. Der Paulus mitgeteilte „Fall“ bestnde dann also darin, „daß jemand durch poqme¸a die zu einem anderen gehçrende Braut an sich zu binden suchte“1252 (ganz vergleichbar mit der Befîrchtung Josefs in Mt 1,19). Baumerts These hat in der Tat viel fîr sich. Schon auf den ersten Blick sind Baumerts ˜berlegungen weniger angreifbar als Baltensweilers, weil sie mit viel weniger konkreten historischen und juristischen Voraussetzungen auskommen, die letztere mit Hypothesen belastet haben.1253 Im Grunde ist sie nur eine Przisierung der Interpretation von sjeOor jt÷shai i.S.v. Eheschließung, die allerdings den Vorteil mit sich bringt, das ganze Thema konkreter beschreiben und V.6 unmittelbar mit V.4 f. kombinieren zu kçnnen. Sie gewinnt ebenfalls Attraktivitt, da îber sie auch die Einwnde Konradts beantwortet werden kçnnen, der ja gerade meinte, die Anweisung des Paulus mîsste sich hier auf einen lngerfristig zu denkenden Prozess beziehen (vgl. 3.3.1.). Whrend Konradt sich diesen lngeren Prozess nach erfolgter Eheschließung vorstellt, denkt Baumert an einen Pozess, der erst zur Eheabschließung fîhrt, eben den Werbungsvorgang, und benîtzt auf diese Weise wohl auch das natîrlichere Verstndnis fîr jt÷shai ingressiv als Konradt mit seiner These des von Mal zu Mal neu eingeforderten Sexualverhaltens innerhalb bestehender Ehen. Die Strke von Baumerts Ansatz liegt weiterhin in seiner grîndlichen grammatikalischen Analyse, sowie darin, dass er sein eigenes Argument gegen die These vom „Ehebruch“ auch gegen die These von „Eheschließung“ anwendet: In beiden Fllen htten Paulus treffendere Begriffe zu Verfîgung gestanden. Er kann ebenso gut das Wiederaufgreifen beider Kardinallaster, der poqme¸a und der pkeome1252 Baumert, Brautwerbung, 335; ders., Frau und Mann, 146. 1253 Rechtzugeben ist Baumert zwar darin, dass pkeomen¸a „von sich aus gewiß nicht auf materiellen Besitz eingeengt [ist]“ (Brautwerbung 333, Anm. 31). Es ist allerdings zu ergnzen, dass dies, auch wenn es fîr das Griechische im allgemeinen durchaus gilt (vgl. Delling, Art. pkeom´jtgr, 266 – 269; Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 133 f.), die ntl. Belege mit Ausnahme von 2Kor 2,11 immer materiell verstanden werden kçnnen – wenn auch nicht unbedingt mîssen (vgl. den kurzen Artikel [o.Verf.] in EWNT III, 243; Bauer, Wçrterbuch, 1342, s.v.). Vgl. Kapitel 3.3.3.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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n¸a, in einem syntaktischen wie pragmatischen Sinnabschnitt erklren.

Baumerts These ist zudem ein m.M.n. ziemlich ausgewogener Kompromiss der Verortung der historischen Situation dieser Verse zwischen allzu gewagter Hypothese und historischem Agnostizismus gelungen. Folgt man also Baumert, mag die Heftigkeit aufs erste îberraschend wirken, mit der Paulus das „Ausspannen“ eines verlobten oder versprochenen Mdchens durch einen anderen Mann tadelt (vgl. die parnetische Sonderstellung von 4,3 – 8 nach 3.1.2., u. a. durch Erinnerung an heidnisches Verhalten V.5, den Verweis auf die Richterrolle des Kyrios V.6b, und darauf, dass Nichtbeachtung der paulinischen Anweisung die Abweisung Gottes selbst bedeutet V.8). Doch ist dieser hohe Ernst auch wiederum nachvollziehbar, wenn Paulus im angesprochenen Fehlverhalten den Verstoß gegen beide heidnischen Kardinallaster gleichzeitig sieht, oder zumindest den konkreten Fall als Aufhnger dafîr benîtzen kann, die Enthaltung von den beiden Kardinallastern (nochmals) einzuprgen. Paulus’ Strenge ist ebenfalls durch Erinnerung an das Strafmaß fîr Verlobungsbruch nach Dtn 22,23 f. (vgl. aber auch Dtn 22,13 – 21) nachvollziehbar (Tod durch Steinigung, in rabbinischen Texten ggf. auch durch Erdrosselung; vgl. bSan 7,9; 66b; 71b; bKet 44b.45a1254). Mit Baumerts These haben wir also den Vorschlag eines konkreten Falles gewonnen, der sowohl den grammatikalischen als auch den inhaltlichen Gegebenheiten der Verse 4,3 – 6 gerecht werden kann. Er unterliegt freilich auch dem Prinzip, dass Interpretationen umso hypothetischer werden, je konkreter sie historische Wahrscheinlichkeiten zu rekonstruieren versuchen. Doch ist das Verhltnis zwischen exegetischhistorischem Gewinn und damit in Kauf genommenem Risiko zur Fehlentscheidung m. E. gînstig. Ohne je Sicherheit in solch historischen Fragen erlangen zu kçnnen, kann mit Baumerts These ein plausibler Vorschlag zur Beantwortung der Frage nach dem historischen Anlass fîr die Parnese 1Thess 4,3 – 8 gewagt werden, die der Forderung nach einem einheitlichen und konkreten Thema, wie sie sich aus der syntaktischen Analyse ergeben hat (also im Gegensatz zu zwei Themen bzw. der Behauptung einer allgemeinen Parnese), hinreichend entspricht. Der Vollstndigkeit halber soll auch Schottroffs These angesprochen werden, fîr 1Thess 4,3 – 6 eine einheitliche Mahnung festzustellen. Ihrer Meinung nach ginge es in V.3 – 6 um die Warnung gegen das Schdigen des

1254 Vgl. Bill I, 51 – 53.

304

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Brautvaters durch den Brutigam bei der Verhandlung îber die Mitgift.1255 Diese Interpretation scheitert aber daran, dass die Motivation fîr ein solches Verhalten des habgierigen Mitgiftjgers gerade kein p²hor 1pihul¸ar (V.5) wre, sondern nur pkeomen¸a ; von letzterer Abstand zu nehmen, wre dann auch kein !p´weshai !p¹ t/r poqme¸ar (V.3b). Noch weniger îberzeugt Bests ˜berlegung: „Is it just possible that he [sc. Paul] may be referring to homosexuality in which the brother might be considered to be exploited“.1256 Best drîckt sich bereits zurîckhaltend aus („It is just possible that …“), doch – so mçchte man meinen – fîr die vçllig hypothetische Aussage nicht zurîckhaltend genug.

3.3.4. 1Thess 4,7: oq c±q 1j²kesem … 1pi` !jahaqs¸ô !kk( 1m "ciasl` Dieser Vers greift unmittelbar die traditionelle oppositionelle Gegenîberstellung von Heiligkeit und Unreinheit auf und erinnert damit an die Verwandtschaftsbeziehung der Kategorien von Heiligkeit und Reinheit.1257 Nicht selten hat man daraus eine ethische Ausdeutung von "ciaslºr geschlossen1258, doch ist selbst prima facie zu fragen, inwiefern der Begriff der jahaqs¸a fîr Paulus – wenngleich auch nicht kultisch – dann tatschlich ethisch, oder nicht vielmehr (auch?) soteriologisch zu verstehen ist.1259 1255 Vgl. Schottroff, Frauen und Geld, 30 – 32. 1256 Best, Thess, 166. 1257 Vgl. Lev 10,10; 11,44; 16,19; 22,4.7; Num 19,20; 2Chr 30,17.19; Neh 13,22; Ez 22,26; 44,23; auch Rçm 6,19; Hebr 9,13. Ebenso vgl. Bçrschel, Konstruktion, 148 f.; Milgrom, Art. Heilig und profan II., 1530; ders., Art. Holiness, 851.855 f. (3.). Stettler, Heiligung, 329 f.; Vahrenhorst, Sprache, 2 – 5.111 – 113.334. 1258 Vgl. Best, Thess, 85 f.; Dibelius, Thess, 22; Green, Thess, 198 f. (sehr deutlich in Greens ˜bersetzung: „God did not call us to be impure, but to live a holy life“; ebd., 198); Haufe, Thess, 73; Hiebert, Thess, 188 (ebenfalls: „… to live a holy life“; ebd.); Malherbe, Thess, 234; Richard, Thess, 196; vgl. auch Konradt, Gericht, 115. 1259 Auch ein erster Befund liefert ein schillerndes Ergebnis: „Fîr Paulus und seine heidenchristl[ichen] Gemeinden hat die rituelle R[ein]heit keine Heilsbedeutung mehr. Nicht mehr die Tora mit ihren Auslegungen und damit auch die rituellen R[ein]heitsgebote, sondern der Glaube an Christus, der allerdings die Befolgung der sittlichen Gebote des AT und der Weisungen Jesu einschließt, fîhrt den Menschen zum Heil“; und weiter: „R[ein]heit ist fîr Paulus vielmehr das Errettetsein aus der Macht der Sînde, das durch das Kreuz Christi ein fîr allemal geschehen ist und das in der Taufe am einzelnen wirksam wird“ (Wehr, Art. Unrein und rein, 968 [originale Kursivsetzung]; vgl. ebenso Thyen, Art. jahaqºr, 540). Allerdings auch: „Die sittliche Reinheit bleibt selbstverstndliche

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

305

Die Problematik dieses Verses und damit die Frage, ob Paulus Heiligung hier tatschlich als Gegenbegriff zur Unreinheit verwendet oder nicht, wird durch die beiden Prpositionen 1p¸ und 1m aufgeworfen. Beide sind mehrdeutig. Laut BDR ist die hufigste Verwendung von 1p¸ c.dat. kausal, jedoch vorwiegend bei Verben des Affektes, von welchen hier keines vorliegt. Es kann auch (seltener) lokal verwendet werden, dann jedoch auf die Frage „wo?“ (vgl. smtliche der angefîhrten ntl. Belege). Seltene Spezialverwendungen (vgl. § 235; 3.5.) scheiden aus. Es bleibt die finale bzw. konsekutive Mçglichkeit (wie auch von BDR fîr 1Thess 5,7 vorgeschlagen). Fîr das Sprachgut weiterer paulinischer Briefe findet sich neben 1Thess 4,7 immerhin noch ein (allerdings eben auch nur ein) weiterer Beleg fîr die Konstruktion von jake?m c. 1p¸ c.dat., nmlich Gal 5,13, auch hier sicherlich mit finaler Bedeutung. Diese Lesart ist also fîr Paulus philologisch besttigt (wenn auch nicht auf breiter Textbasis); sie ist auch unter den Kommentatoren und ˜bersetzern so gut wie unangefochten.1260 Fîr diesen Versteil kann also, durch deutliche Autoritt Forderung christl[icher] Ethik … Unreinheit (2Kor 12,21 parallel zu Unzucht) ist Attribut des Heidnischen … und ,Werk des Fleisches‘“ (Frenschkowski, Art. heilig/rein. jahaqºr, 906). 1260 Vgl. z. B. Baumert, Brautwerbung, 318.338; Bçrschel, Konstruktion, 253; Dibelius, Thess, 22; Holtz, Thess, 150; Haufe, Thess, 67; Laub, Verkîndigung, 50; Mîller, Thess, 168; Reinmuth, Geist, 15. Als englische ˜bersetzung whlt man „did not call us to impurity/uncleanness“ (so Richard, Thess, 186.189; Yarbrough, Gentiles, 79), oder bedeutungsgleich „did not call us for impurity/uncleanness“ (so Bruce, Thess, 81; Malherbe, Thess, 224; Marshall, Thess, 113; Morris, Thess, 120; beide Male eigene Kursivsetzung). Vgl. auch die außerbiblischen Belege zur Bedeutung „zu“ fîr 1p¸ c.dat. bei Bauer, Wçrterbuch, 582 f., s.v. (II 1be). Die praktisch einzig andere valiable Deutung ist zuerst von Dobschîtz vorgeschlagen worden, dann auch von anderen îbernommen worden, nmlich 1p¸ in kausalem bzw. konditionalem Sinn zu lesen: (Ajahaqs¸a dîrfe nicht nur auf das Sexualleben bezogen werden, sondern sei „speziell Bezeichnung des vorchristlichen Zustandes“ (Verweis auf Rçm 6,19) und meine umfassend „das ganze heidnische Wesen mit seiner Unsittlichkeit, aufgefaßt als Verunreinigung, Entweihung der menschlichen Natur … 1p¸ bezeichnet diesen [Zustand] als Grund oder Bedingung und oq verneint dies als fîr das 1j²kesem Gottes in Betracht kommend“ (Thess, 171). Dagegen erinnert Malherbe jedoch zurecht an den Gusto des gesamten Abschnittes: „The heat of Paul’s rhetoric, however, shows that he has in mind their present condition. His language has become more insistent and sharp in v 6, and the intensity will be increased still further in v 8. He is not merely reminding them of their call but is drawing their attention to its moral consequences“ (Thess, 234). Zudem will auch Dobschîtz’ Logik nicht ganz einleuchten: Wenn !jahaqs¸a den allgemein vorchristlichen Zustand des

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

gestîtzt, bei der traditionellen ˜bersetzung „… hat uns nicht zur Unreinheit gerufen“ geblieben werden. Umstrittener ist die Wendung 1m "ciasl`. Betrachten wir zunchst die Verwendungen der sonstigen jake?m-Belege bei Paulus: Inhaltlich bezieht sich die große Mehrheit der Nennungen von jake?m auf den Ruf Gottes, und dieses theo-logische jake?m wiederum so gut wie ausschließlich auf das rechtfertigende Heilshandeln Gottes gegenîber dem Menschen.1261 Diese Bedeutung liegt auch bei zwei der drei Belege in 1Thess nahe (2,12; 5,24 – abgesehen von 4,7), so dass man auch bei 4,7 von dieser soteriologischen Grundbedeutung ausgehen kann. Zu den grammatikalischen Konstruktionen mit jake?m (theo-logisch) lsst sich fîr Paulus sagen: Etliche sind mit Akkusativobjekt (bzw. entsprechend im Nominativ bei Passivwendungen) gebraucht (Rçm 8,30; 9,24; 1Kor 7,17.18.21.22.24; Gal 5,8; 1Thess 5,24); sie sind daher fîr die Interpretation von 1Thess 4,7 weniger von Interesse. Fîr die Belege, bei denen von jake?m unmittelbar ein Prpositionalausdruck abhngt, ergibt sich: Bereits genannt wurde der neben 1Thess 4,7 einzige Beleg von jake?m c. 1p¸ (c.dat., final in Gal 5,13). Belege mit jake?m c. 1m finden sich neben 1Thess 4,7 noch in Gal 1,6 und 1Kor 7,15.20.24. Hierfîr gilt allgemein, dass auf hyperkorrekter Verwendung von 1m lokal (auf die Frage „wo?“) nicht notwendigerweise zu bestehen ist, da bereits der LXX-Sprachgebrauch den vertauschenden Gebrauch von 1m statt eQr hufig kennt.1262 Whrend sich 1Kor 7,15 (wie 1Thess 4,7) auf ein abstraktes Nomen bezieht und eine finale Bedeutung nahelegt, meint 1Kor 7,20 den religiçsen Standpunkt (in diesem Falle beschnitten oder nicht), der zum Zeitpunkt der Berufung whrte, also retrospektiv, d. h. streng 1m c.dat. i.S.v. deutsch in c.dat. (lokal auf die Frage: „wo?“). 1Kor 7,24 (1m `) ist doppeldeutig: In Verbindung mit V.20 und Menschen beschreibt und Dobschîtz dafîr auf Rçm 6,19 verweist, mîsste analog zu Rçm 5,6.8.10 die !jahaqs¸a gerade den Grund fîr die Erwhlung bezeichnen und dîrfte nicht verneint sein. Und selbst wenn man dies konzediert, stnde die von ihm gewhlte modale Lesart von 1m "ciasl` („1m bezeichnet also ganz zutreffend die Modalitt“ [Thess, 171]) nicht in Opposition dazu. Es entstnden vielmehr logisch vçllig voneinander unabhngige Aussagestze: „Gott hat uns nicht aufgrund von Unreinheit berufen. – Gott hat uns mittels seines heiligenden Wirkens berufen“ (hierzu weiter unten). Wie Dobschîtz (1p¸ kausal) allerdings auch Best, Thess, 168; Marshall, Thess, 113; Schulz, Ethik, 311. Nach Horns Kompromiss „kann 1p· !jahaqs¸ô den Grund und die Folge zugleich bedeuten“ (Angeld, 124). 1261 Vgl. Rçm 8,30; 9,12.24; 1Kor 1,9; 7,17.18.20.21.22.24; Gal 1,6.15; 5,8.13. Der einzige Beleg, der auch eine ethische Komponente mit beinhalten mag, ist 1Kor 7,15 mit 1m. In Rçm 4,17 jake?m mit Bezug auf Gottes Schçpferwirken. Ansonsten neutrale Belege i.S.v. „nennen, bezeichnen“ Rçm 9,7.25.26; 1Kor 15,9; oder „einladen“ 1Kor 10,27. 1262 Vgl. BDR § 218, Anm. 2; vgl. auch bereits Stalder, Werk, 213.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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V.21 – 23 kann in demselben Sinne der religiçse bzw. der soziale/rechtliche Standpunkt von damals gemeint sein (als summarischer Abschluss der Sinneinheit; V.25 beginnt die Beantwortung einer neuen Fragestellung), das hieße also wiederum lokal c.dat. auf die Frage: „wo?“; zum anderen kann aber auch gemeint sein, dass, eben unabhngig vom Sklaven- oder Herrenstand, vom Beschnitten- oder Unbeschnittensein, jeder dem Ziel der Berufung Gottes treu bleiben soll, da in diesem Ziel das eigentlich Relevante liegt. Fîr diese Deutung wîrde man am besten 1m final lesen, ggf. auch deutsch in c.acc. (lokal auf die Frage: „wohin?“).1263 Gal 1,6 (jake?m 1m w²qiti [WqistoO]) ist wenig eindeutig und kann auch modal bzw. instrumental verstanden werden („berufen durch die Gnade Christi/durch eine gnadenhafte Wahl“). Es kann aber auch der Heilsraum der Gnade Christi gemeint sein, in dem sich die Galater aufgrund ihrer Berufung befinden (sollen) (lokal in c.dat.) oder aber in den hinein der Ruf erging (lokal in c.acc.). Alle drei Lesarten wren sinnvoll durch die kontrastierende Formulierung letat¸heshe eQr weitergefîhrt, haben aber auch alle Probleme: Wollte man bei 1m modal bleiben, mîsste beantwortet werden, warum, da nur wenige Verse spter in Gal 1,15 sich der modale Aspekt eindeutiger durch di² ausgedrîckt findet (jak´sar di± t/r w²qitor aqtoO), nicht auch hier di² gesetzt ist. Die zweite Deutung wre nicht vollstndig sachgerecht, da der Gnadenruf die galatischen Glubigen nicht in dem Heilsraum erreichte, in dem sie sich zu diesem Zeitpunkt schon befanden. Die dritte Deutung wre besser durch eQr ausgedrîckt (analog zur ersten mit di²), zumal das folgende Kontrastsyntagma letat¸heshe eQr ebenfalls eQr benîtzt. Die Aussageabsicht des Verses ist dennoch klar: Der Inhalt des rechten (paulinischen) Evangeliums ist durch die Gnade Christi bezeichnet; von daher ist der Assoziativgehalt der paulinischen Aussage, die Galater seien nicht nur einst durch Gnade zum Heil gerufen worden, sondern wîrden auch weiterhin durch Gnade im Heil gehalten, nachvollziehbar.1264 Die beiden paulinischen Belege jake?m c. eQr (1Kor 1,9; 1Thess 2,12) legen gewiss beide finale Deutung nahe; dass sich finale mit lokaler Bedeutung (auf die Frage „wohin?“) îberschneiden kann, zeigt 1Thess 2,12.

Das Ergebnis fîr 1Thess 4,7 lautet, dass die Mehrdeutigkeit von jake?m 1m bestehenbleibt. Ein klar modaler Sinn htte besser durch di² ausgedrîckt werden kçnnen (wie Gal 1,15), ein finaler (oder lokaler „in … hinein“) eindeutiger durch eQr (wie 1Thess 2,12; 1Kor 1,9).1265 Gal 1,6 lsst sich in jede Richtung hin ausdeuten. Einstweilen bleiben, un1263 Vgl. zur Doppeldeutigkeit Lang, 1Kor, 95.98; Orr/Walther, 1Cor, 216 f. 1264 Vgl. auch die unterschiedlichen Entscheidungen in Kommentaren, beispielhaft: Mussner, Gal, 54. (modal); Martyn, Gal, 109 (lokal); Longenecker, Gal, 15 (diskutiert lokal interessiert, entscheidet sich aber dennoch fîr modal/instrumental). 1265 Trotz der grundstzlichen Einsetzbarkeit von 1m statt eQr bleibt dieses Argument gerade angesichts der Verwendung von jake?m eQr in 1Thess 2,12 bestehen.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

terstîtzt durch die genannten Belege aus 1Kor 7, beide Lesarten als philologisch legitime bestehen. Wenn die wahrscheinlichste (und am hufigsten gewhlte) Interpretation von 1p¸ final ist, und 1m ebenfalls final gelesen werden kann, sind dann beide Prpositionen synonym zu deuten? Die Forschung ist geteilter Meinung: Schnelle und Holtz sind wohl die profiliertesten Exegeten, die dies bejahen.1266 Schnelle stîtzt sich dabei einfach auf die semantische Schnittmenge der beiden Vokabeln, indem er auf die Mçglichkeit einer finalen oder konsekutiven Bedeutung beider Prpositionen verweist.1267 Gegen diese Argumentation ist aus philologischer Sicht im Prinzip nichts einzuwenden. Holtz’ Erklrung ist komplizierter und weniger îberzeugend: Er erklrt, dass in 1Kor 7,15 und Gal 1,6 1m fîr eQr stnde und fhrt fort, dass der wesentliche Gedanke derjenige sei, „daß die Berufung ,in etwas hinein‘ geschieht, daß ein neuer Zustand begrîndet wird“.1268 Dass 1m statt eQr stehen kann, ist zutreffend (s. o.), obwohl zumindest der von Holtz gewhlte Beispielvers Gal 1,6 wohl komplexer ist. Und die anderen weniger eindeutigen paulinischen Vergleichsverse fîr jake?m 1m 1Kor 7,20.24 bleiben ungenannt. Stutzig macht jedoch, dass 1p¸ und 1m einerseits „die gleiche Bedeutung“1269 haben sollen, dann aber der Gedanke des 1m im Gegensatz zu dem des 1p¸ mit dem „neue[n] Zustand“ erklrt wird und „daß die Berufung ,in etwas hinein‘ geschieht“, was ja gerade nicht finale, sondern lokale Deutung (mit Richtungsaspekt) implizieren wîrde. Weder das eine noch das andere wird schlussendlich deutlich in Holtz’ – insgesamt nicht ganz einleuchtender – paraphrasierender ˜bersetzung: „Denn Gott hat uns nicht berufen zu einem Leben in Unreinheit, sondern in Heiligung“.1270 Es scheint also fast, dass Holtz zwar nominell an identischer Bedeutung der beiden Prpositionen festhalten will, damit aber selbst in Spannung zu deren Wechsel gert.

1266 Ebenso Asting, Heiligkeit, 222; Bçrschel, Konstruktion, 253 f.; Haufe, Thess, 73; Reinmuth, Geist, 15; Schrage, Heiligung, 225; Yarbrough, Gentiles, 79. 1267 Vgl. Schnelle, Ethik, 296, mit Anm. 4. Sein genannter Beleg BDR, 141975, § 234,5, „wo beide Prpositionen unter der Kategorie ,Zweck, Folge‘ behandelt werden“, ist irrtîmlich fîr § 235,4. Dort wird allerdings nur auf die Verwendungsmçglichkeit im Sinne von „Zweck, Folge“ von 1p¸ verwiesen. Das Syntagma 1m "ciasl` wird an dieser Stelle nur in einer Fußnote zur Komplettierung des Beispielbelegs fîr 1p¸ (eben „oqj 1p¸ !jahaqd¸ô …“) ergnzt, nicht aber als Beispiel fîr konsekutive Prpositionsverwendung. Wie Schnelle (jedoch ohne die Argumentation nach BDR) auch Holtz, Thess, 165. 1268 Holtz, Thess, 165, Anm. 113. 1269 Holtz, Thess, 165. 1270 Holtz, Thess, 150 (eigene Kursivsetzung).

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Was somit bei Schnelle und Holtz und allen Exegeten, die sich fîr die identische Bedeutung von 1p¸ und 1m entscheiden, jenseits von philologischer Mçglichkeit unterbewertet bleibt, bei Holtz allerdings bereits aufbricht, ist eben der auffllige Wechsel der Prpositionen.1271 Und daher gibt es ein breites Band von Autoren, die dem versuchen besser Rechnung zu tragen. Diverse Lçsungsanstze liegen vor: Dobschîtz und Schulz etwa verstehen 1p¸ kausal bzw. konditional und 1m modal1272 ; Schulz ˜bersetzung liest daher: berufen „[nicht] aufgrund von Unreinheit … [sondern] in der Weise der Heiligung“.1273 Schlier hingegen schreibt: „Das 1m ist 1pi und eQr zugleich. Der Ruf Gottes rief so zur Heiligkeit, daß diese sich dem Gerufenen darin erschloß“.1274 Weiss liest 1p¸ final, 1m lokal: Gott habe „nicht zur Unreinheit“ gerufen, d. h. nicht dazu, unrein zu leben, sondern er habe „in die Heiligung hinein berufen, wodurch ,ein neuer Zustand begrîndet wird‘“.1275 Fîr Weiss bekommt Heiligung im lokalen Sinne somit beinahe eine ontische Qualitt. Relativ nahe daran ist auch Horn, fîr den 1p¸ „den Grund und die Folge zugleich“ bezeichnet, 1m hingegen „die Modalitt oder wahrscheinlicher eine Ortsbestimmung“. Er îbersetzt daher: „Gott hat euch nicht aufgrund von/zur Unreinigkeit berufen, sondern in Heiligkeit“.1276 Frame schließlich îbersetzt beide Prpositionen final, interpretiert beide Satzteile aber unterschiedlich: „,For God called us Christians not that we should be impure (1p¸ denoting the purpose or object) but that we should be holy (1m indicating the state of holiness resulting from the calling)“.1277 Das grçßte Verdienst all dieser Anstze – und darin denen von Schnelle, Holtz u. a. îberlegen – ist eben, dass sie den Wechsel der Prpositionen ernster nehmen. V.a. Weiss betont dezidiert, dass dieser deutlich gegen eine identische Bedeutung und fîr eine bewusste zweifache Akzentsetzung spricht, auch wenn beide Vokabeln theoretisch identische Bedeutung haben kçnnen: Unreinheit sei eben nicht als Gegenbegriff zu Heiligung zu verstehen.1278 1271 Zu dem auch in keinem der beiden Flle textkritische Varianten vorliegen. 1272 Vgl. Dobschîtz, Thess, 171; Schulz, Ethik, 311; vgl. fîr Dobschîtz auch Anm. 1260. 1273 Schulz, Ethik, 311. 1274 Schlier, Thess, 116, Anm. 94. 1275 Weiss, „Heilig“, 48 f., Zitat: 48 (= Holtz, Thessalonicher, 165, Anm. 113). 1276 Horn, Angeld, 124. 1277 Frame, Thess, 154 f. 1278 Vgl. Weiss, „Heilig“, 48 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Die Einzelinterpretationen dieser Exegeten fallen dann freilich nicht nur sehr unterschiedlich, sondern auch unterschiedlich îberzeugend aus: Kaum verstndlich ist beispielsweise Dobschîtz’ modale Lesart von 1m "ciasl`: Inwiefern kann Gottes Ruf „in Form von“ oder „mit“ oder „unter“ Heiligung ergehen?1279 Schliers Deutung bleibt ebenfalls rtselhaft: Zunchst spricht 1Thess 4,7 nicht von einem Ruf zur Heiligkeit, sondern zu einem „zur“ (?) Heiligung; an diesem Missverstndnis scheitert dann auch sein weiterer Ansatz, etwa was es bedeutet, dass sich Gottes Heiligkeit (Heiligung?) den Gerufenen in diesem Ruf „erschließt“, und ebenso warum sich dies gerade durch die Verbindung der Prpositionen 1p¸ und eQr (final?) zu 1m ausdrîcken soll. Schulz’ ˜bersetzung stellt einen kausalen Satzteil zu einer modalen in Opposition, was logisch nicht einleuchtet. Frames Version ist schließlich nur eine vorgebliche Beachtung des Prpositionsunterschiedes: Er paraphrasiert beide Prpositionen final. Weiss’ Ansatz ist hier weiterfîhrend: Man wîrde "ciaslºr zwar eigentlich nicht zur Bezeichnung eines „Zustandes“ erwarten; der Akzent lge in diesem Fall nicht auf dem Prozess als fortschreitende Entwicklung, sondern als Ganzes betrachtet. Daran knîpft auch die lokale Vorstellung von Heiligung an, die einerseits vielleicht noch ungewohnter ist als die von Heiligung als Zustand, aber trotzdem fîr sich hat, dass auf diese Weise Heiligung besser als Situation oder Status der in ihr Stehenden ausgedrîckt werden kann. Weiss’ ˜bersetzung „in die Heiligung hinein berufen“ setzt eindeutig eQr statt 1m voraus und rîckt so nahe an die einzige andere jake?m eQr-Stelle des 1Thess heran, nmlich 2,12: … toO heoO toO jakoOmtor rl÷r eQr tg` m 2autoO basike¸am jai` do´ nam. Damit nhert sich auch der Begriff der Heiligung dem des Reiches und der Herrlichkeit Gottes an.1280 Das grçßte Problem allerdings bei all denjenigen Autoren, die ein unterschiedliches Verstndnis von 1p¸ und 1m herausarbeiten, liegt gar nicht in den Begrîndungen der Einzelinterpretationen, sondern darin, dass die adversative Struktur oq c²q … !kk², in die die Prpositionalausdrîcke gestellt sind, kaum mehr sinnvoll berîcksichtigt werden kann (so deutlich bei Frame). Denn Finalitt oder Kausalitt auf der einen Seite und Lokalitt oder Modalitt auf der anderen bilden keine logischen Gegenstze.1281 1279 Dobschîtz, Thess, 171; im Anschluss daran Hauck, Art. !j²haqtor, 432, Anm. 13. Vgl. ebenfalls verstndnislos Horn, Angeld, 124, Anm. 12. 1280 Gegen 1m lokal allerdings Haufe, Thess, 73, Anm. 46. 1281 Dies ist z. B. nicht gesehen von Vahrenhorst, Sprache, 128 f.

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(Akk² wird von Paulus (freilich nicht nur von ihm) in der großen Mehrzahl mit vorausgehender Negation verwendet. So auch bei den zahlreichen Belegen, die nach derselben Struktur verlaufen wie 1Thess 4,7, d. h. bei denen die oqj (l¶) … !kk²-Konstruktion zwei Prpositionalausdrîcke korreliert (vgl. Rçm 2,29; 3,27; 4,4.10.13.23 f.; 6,14.15; 8,4.9; 9,12.24; 13,5; 1Kor 2,4.5.13; 4,20; 5,8; 2Kor 1,9.12; Gal 1,1; 1Thess 1,5.8; 5,9; Phlm 14). Bei smtlichen dieser Flle wird im oqj (l¶)-Satzteil sowie im !kk²-Satzteil dieselbe Prposition verwendet. Eine oqj (l¶) … !kk²-Konstruktion korreliert freilich nicht nur Prpositionalausdrîcke, sondern kann bei immer noch paralleler Satzkonstruktion Verben (Infinitive oder Hauptverben mit oder ohne angehngten Satzgliedern) korrelieren (etwa Rçm 11,20; 12,2.3.16; 1Kor 1,17; 4,14; 9,12 [zweiter Beleg]; 10,23; Gal 4,14.17; 5,13; 1Thess 5,6) und ebenso Substantive bei gleichem Verb, und zwar als Subjekt (1Kor 7,4.10; Gal 4,7; 5,6) oder Objekt (1Kor 2,12; 3,1; 9,2; 10,29; 14,22; 2Kor 2,5; 3,3; 1Thess 2,13; 4,8). Bei all diesen Belegen bleiben die oqj (l¶)- und die !kk²-Satzteile parallel konstruiert. Die grammatikalische Parallelitt wird nur aufgegeben, wenn die semantische Opposition trotzdem klar bleibt (so in Rçm 2,13; 12,19; 1Kor 7,35; 12,25; 2Kor 8,8.13; Gal 1,12; 3,12; Phil 2,3; 2,27a; 1Thess 2,3 f.; 5,15). Seltener kann die Verneinung beim !kk²Satzteil stehen und damit den vorausgehenden positiven Satz negieren (vgl. 1Kor 6,12; 10,23). Ohne ausdrîcklich korrelierende Verneinung, aber dennoch in klarer Opposition stehen !kk²-Konstruktionen in 1Kor 3,6; 6,11; 15,40. Am Satz- oder Satzteilanfang kann !kk² auch stehen in der Bedeutung von „hingegen“, „im Gegensatz dazu“, „jedoch“ oder „allerdings“, zum Teil auch hier nach negativen Stzen, aber ebenfalls in Opposition zu einer vorigen Aussage (Rçm 3,31, 7,7.13; 10,16; 1Kor 6,8; 7,21; 9,12 [erster Beleg]; 10,5; 12,22.24; 15,35; Gal 1,8; 3,22; 4,1 f.; Phil 2,17; 1Thess 2,7). Allerdings verwischt bei dieser Verwendung der adversative Sinn gelegentlich (wie bereits bei Phil 2,17), und das !kk² nhert sich die Partikel d´ an; die Grenzen sind hier fließend (vgl. Rçm 5,14.15; 8,37; 1Kor 8,7; Gal 2,14; 4,8.23.29.30). Zuletzt kommt die seltene Verwendung als affirmative Exklamation i.S.v. „ja wirklich!“ (Phil 1,18; 3,8). Wohl der einzige nicht-adversative Beleg, der mit keiner Negation korreliert und wohl ebenfalls als affirmative Konjunktion gelesen werden muss (und damit adversativ gegenîber einem gedachten Einwand), ist Rçm 6,5.1282

Dieser ˜berblick zeigt, dass bei Paulus der adversative Sinn von !kk² u. U. zwar aufweichen kann, nie aber innerhalb einer oqj (l¶) … !kk²Konstruktion. Letztere bleiben in der îberwiegenden Mehrzahl sowohl grammatikalisch als auch semantisch parallel formuliert und somit immer in klar oppositioneller Korrelation. Auch wenn die grammatikalische Parallelitt aufgegeben wird, kompromittiert Paulus damit den seman1282 Viele Kommentare îbergehen den îblicherweise adversativen Sinn dieses !kk²; vgl. allerdings die Kommentare und Diskussionen etwa bei Dunn, Rom, 318; Schlier, Rçm, 196; Wilckens, Rçm II, 15.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

tisch oppositionellen Sinn nicht. Dies geschieht (mit der einzigen Ausnahme von Rçm 6,5) nur bei Belegen am Satzanfang, bei denen !kk² zu d´ verwischt. Kein einziger Beleg hingegen lsst sich finden, bei dem Paulus bei einer knappen oqj (l¶) … !kk²-Konstruktion, wenn der adversative Sinn durch einen Prpositionalausdruck formuliert wird, die Prposition wechselt. Ebenfalls lsst sich kein Beleg finden, bei dem er in einer ebensolchen Konstruktion, zudem in einer so prgnanten und îbersichtlichen wie in 1Thess 4,7, den adversativen Sinn aufgibt. Daraus folgt: Zum einen mîssten, wenn man fîr 1Thess 4,7 der Konstruktion folgt, die durch das Hauptverb jake?m und die adversative Struktur oq c²q … !kk² geschaffen wird, definitiv identische Prpositionen erwartet werden. Da dies aber nicht erfolgt, ist Weiss gewiss recht zu geben (gegen Schnelle, Holtz u. a.), dass der markante Prpositionenwechsel entschieden gegen identische Bedeutung spricht. Der Prpositionenwechsel darf nicht einfach zur Seite geschoben werden mit dem Hinweis auf die Vieldeutigkeit von 1p¸ und 1m und deren mçgliche semantische Schnittmenge, auch wenn diese philologisch theoretisch gegeben ist. Der Prpositionenwechsel muss, und muss positiv erklrt werden. Auf der anderen Seite hingegen spricht gegen die Lçsung von Dobschîtz, Weiss, Schlier, Schulz u. a. (neben manchen Einzelinterpretationen) die oq c²q … !kk²-Konstruktion selbst, die nichts anderes als eine klar adversative Deutung zulsst. Wir haben es hier also mit tatschlich widersprîchlichen Textsignalen zu tun: Was das eine gebietet, verbietet das andere. Wie ist dieser Widerspruch zu lçsen? Eine Mçglichkeit ist: Paulus nimmt die sprachlogische Inkonsequenz bewusst in Kauf, um die Unvereinbarkeit von Heiligung und Unreinheit klar auszudrîcken und dennoch eine zu enge, freilich oppositionelle, Parallelisierung der beiden Begriffe zu vermeiden. Zu Gunsten der Prgnanz seiner Aussage whlt Paulus die knappe oq c²q 1p¸ … !kk² 1mGegenîberstellung statt einer „regelrechteren“ Ausdrucksweise, die erhçhten rhetorischen Aufwand erfordert htte. Inhaltlich folgt daraus: Der Teilsatz oq c±q 1j²kesem Bl÷r b he¹r 1p· !jahaqs¸ô ist – analog Gal 5,13 – ganz traditionell zu verstehen: „Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen“; man kann also immer noch bei der traditionellen ˜bersetzung bleiben. Fîr den Ausdruck 1m "ciasl` schließt man sich am besten Weiss und Horn an, ersetzt 1m durch eQr und deutet Heiligung lokal als Raum des gegenwrtigen Wirkens Gottes an den Glubigen, in die hinein sein Ruf erfolgte. In diesem Heiligungsraum soll nun kein Platz fîr Unreinheit sein.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Eine andere Mçglichkeit – die m.W. bislang nie bedacht wurde – ist: Man verzichtet darauf, das Verb jake?m als Hauptverb fîr sowohl 1p· !jahaqs¸ô als auch 1m "ciasl` zu betrachten, sondern fasst !kk( 1m "ciasl` elliptisch auf und ergnzt 1sl´m oder 1st¶jalem. Der adversative Sinn von !kk² bezieht sich dann nicht nur auf die Prpositionalausdrîcke, sondern auch auf die beiden Verben (von denen das zweite durch Ellipse entfallen ist). Zu îbersetzen wre dann: „Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen; sondern wir sind in (der) Heiligung“, oder: „… stattdessen stehen wir in (der) Heiligung“. In diesem Falle ist eine eindeutige Bedeutung von 1m c.dat. gewonnen und dem Prpositionenwechsel Rechnung getragen. Semantisch kann Heiligung immer noch lokal verstanden werden, oder temporal als Phase des glubigen Lebens. Auf jeden Fall ergibt sich, dass Heiligung nicht mehr ein direkter Gegenbegriff zur Unreinheit ist, sondern ein îbergeordnetes Stadium beschreibt, in dem Unreinheit keinen Platz hat. Durch die (dann) elliptische Formulierung kommt dem Verweis auf "ciaslºr ein hnlicher Schlagwortcharakter zu wie in 1Thess 4,3 durch die Apposition. Markante Satzstellung und syntaktische Prgnanz unterstîtzen damit die Wichtigkeit der Heiligung nach Meinung des Paulus und kennzeichnen sie als îbergeordneten Identifikationsbegriff fîr die glubige Gemeinde. Die logische Funktion dieses Satzteiles wre – genau wie dort – kausal: „Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen; denn wir stehen in Heiligung“. Die Unvereinbarkeit von Heiligung und Unreinheit liegt darin, dass Heiligung der Stand der Thessalonicher ist, und deswegen kein Platz fîr Unreinheit ist. Bei dieser Sichtweise ginge allerdings der soteriologische Bezug von jake?m zum "ciaslºr verloren, der gerade bei einem Verstndnis von Heiligung als Phase/Stand der Glubigen sinnvoll wre. Ohne sich zwischen diesen beiden Versionen entscheiden zu mîssen, ist ihnen gemeinsam, dass sie Heiligung nicht einfach der Unreinheit gegenîberstellen. Wenn das ethische Problem, das diesen Versen zugrundeliegt (also z. B. das der unlauteren Brautwerbung), durch den Begriff der !jahaqs¸a getroffen werden soll, so wird das gegenteilige von Paulus verlangte Verhalten (also z. B. nach Baumerts These der Respekt des Buhlers vor dem Verlobten und der Verlobten) nicht einfach als "ciaslºr bezeichnet, sondern umgekehrt als ein dem bereits vorliegenden "ciaslºr angemessenes Verhalten.1283 1283 Zu diesem Ergebnis kommt bereits Dillersberger in einer erstaunlichen Kurzexegese zu 1Thess 4,7 in ders., Das Heilige, 66 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Es besttigt sich somit selbst in diesem klar parnetisch orientierten Vers, dass Heiligung fîr Paulus selbst kein ethischer Begriff ist, der das rechte Verhalten oder das Ziel eines rechten Verhaltens beschreibt, sondern den Stand bezeichnet, die Phase oder die Situation des Glubigen bzw. die Folie, vor der das ethische Handeln nun zu entscheiden und zu bewerten ist. 3.3.5. 1Thess 4,8: t¹ pmeOla aqtoO t¹ ûciom Den (Heiligen) Geist erwhnt Paulus in 1Thess in 1,5.6; 4,8; 5,19.23. Davon kann 5,23 hier vernachlssigt bleiben, da es sich dabei eindeutig nicht um den theologischen, sondern um den anthropologischen Geistbegriff handelt (trichotonomische Aufteilung, zudem Personalpronomen mit possessivem Sinn: rl_m t¹ pmeOla ja· B xuwµ ja· t¹ s_la).1284 Mit einer Besprechung des Verses 1Thess 4,8 verlassen wir die Diskussion zum "ciaslºr, dem Schlîsselbegriff von 1Thess 4,3 – 6. Wir verlassen damit gleichzeitig den anthropologischen Prozesskontext, der durch "ciaslºr als nomen actionis gekennzeichnet war; stattdessen wird durch das Adjektiv ûcior in 4,8 der Perspektivenwechsel zur Bezeichnung der Vollendung markiert. Innerhalb des Aufbaus dieser Arbeit kçnnte das pmeOla ûciom in 4,8 auch im Zusammenhang mit den Belegen des "c-Stammes, die Heiligkeit bzw. das Heilig-Sein im Stand der Vollendung bezeichnen ("ciys¼mg, oR ûcioi in 3,13), besprochen werden, oder auch gemeinsam mit den anderen Nennungen des (Heiligen) Geistes in 1Thess. Aus Grînden der Argumentationsstruktur von 1Thess 4,1 – 8 jedoch soll dieser Vers noch innerhalb des Kapitels zur Diskussion îber 4,1 – 8 integriert werden. Es wird damit gleichzeitig ein fließender ˜bergang zum folgenden Kapitel erçffnet, in dem die îbrigen Belege des "c-Stammes besprochen werden (Kapitel 4.). Aufgabe ist hier (sowie auch im Folgekapitel unter 4.1.) zudem nicht die Darlegung einer gesamten Pneumatologie des 1Thess1285, sondern nur die Herausarbeitung der Relevanz der Geistaussagen fîr das Verstndnis von Heiligung/Heiligkeit/heilig.

Sowohl im Bezug auf die Grammatik als auch die inhaltliche Funktion ist der Satz 4,8 leicht zu îberblicken: t¹ pmeOla aqtoO t¹ ûciom ist in eine Partizipialwendung eingebettet (t¹m didºmta, V.8b), abhngig von t¹m 1284 Hinter dieser bei Paulus einmaligen anthropologischen Trias kann liturgische Beeinflussung stehen; vgl. Holtz, Thess, 264 f.; Malherbe, Thess, 338 f.; Mîller, Thess, 214 f. 1285 Eine solche hat umfassend Horn vorgelegt (vgl. Angeld, 119 – 160).

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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heºm (V.8a), das wiederum grammatikalisches Objekt der oppositionellen Verwerfungsaussage oqj %mhqypom !hete? !kk± t¹m heºm (V.8a) ist. Der

gesamte Satz V.8 ist primr eine Aussage îber das Verhalten des Menschen gegenîber Gott und konnte als Verwerfungsaussage bereits als eine der paulinischen Strategien verifiziert werden, die die Wichtigkeit der paulinischen Mahnung in V.3 – 8 steigern (vgl. 3.1.2.2.). In diesem performativ emotional geladenen Kontext nennt Paulus nun das pmeOla ûciom als Kennzeichen Gottes, betont durch das verstrkende (textkritisch allerdings umstrittene) ja¸. Der Unaufflligkeit, die durch die syntaktische Nachgeordnetheit dieses Syntagmas entsteht, entspricht allerdings nicht, dass die Erinnerung an die Gabe des Geistes nun als inhaltlich (und syntaktisch) letztes Element dieses Abschnittes vor dem Neueinstieg durch peq· d´ (V.9) zu stehen kommt. Die Schlussstellung dieser zuversichtlichen Geist-Aussage bewirkt in der Leserlenkung weder Steigerung mçglicher Furcht vor der angesprochenen Gottesverwerfung noch Konzentration auf eigenes ethisches Tun îberhaupt – lenkt davon sogar ab –, sondern setzt den Fokus auf die Gabe des Heiligen Geistes: Er ist es, der den Schlussstein des Abschnittes bildet. Von den vier theologischen pmeOla-Belegen in 1Thess nennt nur derjenige in 5,19 das pmeOla absolut, wohingegen 1,5.6; 4,8 die substantivische Nennung durch das Attribut ûciom ergnzen. Darin alleine liegt eine statistische Aufflligkeit, da Paulus in anderen Briefen die absolute Nennung deutlich bevorzugt.1286 Bei genauer Betrachtung der Einzelformulierungen fllt in 4,8 zustzlich eine Besonderheit auf: Von zwçlf Belegen fîr die Kombination pmeOla c. ûciom im paulinischen Briefgut insgesamt ordnet Paulus neun mit unmittelbar nachgestelltem Adjektiv, also pmeOla ûciom (in unterschiedlichen Kasus) ohne zwischengestellten Artikel1287, und zwei Belege in umgekehrter Reihenfolge, also ûciom pmeOla, wiederum ohne zwischengestellten Artikel.1288 Einzig

1286 12 mal pmeOla mit ûciom ; dazu kommt der (vorpaulinische) Beleg pmeOla "ciys¼mgr Rçm 1,4. Die Anzahl der restlichen Belege (pmeOla absolut oder mit unterschiedlichen Genitivverbindungen [Geist Gottes, Christi, Jesu Christi, des Glaubens, der Sanftheit, der Schlafsucht etc.]) beluft sich auf 107; dabei ist jedoch nicht in jedem Falle anthropologische und theologische Verwendung des pmeOla-Begriffes eindeutig unterscheidbar (erstere vielleicht 17 mal; letztere 90 mal; zur Unsicherheit der Unterscheidung vgl. auch Hîbner, Geist, 191). 1287 Rçm 5,5; 9,1; 14,17; 15,13.16; 1Kor 12,3; 2Kor 6,6; 1Thess 1,5.6. 1288 1Kor 6,19; 2Kor 13,13.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

1Thess 4,8 sperrt doppelt durch Pronomen plus Artikel: pmeOla aqtoO to` ûciom.1289 Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, dass der Vers vor dem prophetischen Hintergrund von Ez 36,26 f.; 37,6.14/LXX gebildet ist.1290 Weniger Beachtung haben im selben Sinne Joel 3,1 f. gefunden, wohl da sie nicht das Verb d¸dyli benîtzen. Erstaunlicherweise jedoch ist bislang auch Ez 11,19 in diesem Kontext praktisch ohne Beachtung in der Exegese geblieben.1291 Fîr die genaue Formulierung von 1Thess 4,8 liefert jedoch keiner dieser atl. Verse die Grundlage: In keinem der Verse aus Ez und Joel ist ausdrîcklich vom pmeOla ûciom die Rede, und das attributivische Adjektiv in Ez 11,19; 36,26 (jaimºm) steht unmittelbar (ohne zwischengeschobenen Artikel) nach pmeOla (vgl. ebenso auch Ez 18,31); lediglich die Pronominalwendung pmeOl² lou in Ez 36,27; 37,6.14; Joel 3,1 f. kann mit pmeOla aqtoO in 1Thess 4,8 parallelisiert werden. Gerade aufgrund dieser Vergleiche wre jedoch die Konsequenz, das Adjektiv ûciom, zudem mit dem betonten Artikel, als von Paulus bewusst gesetzte Zufîgung und inhaltliche Akzentuierung zu verstehen. Das Attribut ûciom ist damit als wesentliches Element der paulinischen Geistaussage dieses Verses zu verstehen. Von einer nur aus stilistischen oder aus Grînden urchristlicher formaler Traditionalitt gewhlten Formulierung kann nicht die Rede sein, viel weniger noch von einem „unbeabsichtigte[n] Ausfluß der Bibelgetrnkten [sic!] Erbauungssprache des Apostels“.1292 Grundstzlich ist der alten Beobachtung Astings sicherlich Recht zu geben, dass Paulus – abgesehen von stilistischen Grînden – den Geist ausdrîcklich als Heiligen Geist bezeichnet, wenn damit eine besondere soteriologische Verbindung oder seine besondere gçttlichen Qualitt hervorgehoben werden soll (vgl. Rçm 5,5; 15,13).1293 Dazu ist zu ergnzen, dass er ihn hingegen nicht ausdrîcklich „heilig“ nennt, wenn er bereits durch eine andere Qualifizierung nher bezeichnet ist (z. B. Ge1289 Soweit ich sehe, ist diese Besonderheit bislang nur von Richard, Thess, 207, beachtet worden. 1290 Vgl. Blischke, Begrîndung, 63 f.; Bçrschel, Konstruktion, 255, Anm. 295; Dobschîtz, Thess, 173; Holtz, Thess, 166; Horn, Angeld, 125 f.; ders., Wandel, 163; Malherbe, Thess, 234 f.; Marshall, Thess, 114; Mîller, Thess, 176; ausfîhrlich Richard, Thess, 207 – 209. 1291 Selbst von wichtigen Kommentaren (Best, Dobschîtz, Holtz, Malherbe, Marshall, Mîller, Richard) bleibt dieser Vers unbeachtet. 1292 Dobschîtz, Thess, 173. 1293 Vgl. Asting, Heiligkeit, 196 f.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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nitivwendungen wie toO heoO o. .), oder aus stilistischen Grînden, wenn die (gehufte) Nennung seines Heiligseins redundant wre (so z. B. in den Kapiteln mit auffllig hufigen pmeOla-Nennungen wie Rçm 8; 1Kor 2; 1Kor 12; 2Kor 3; Gal 5). Stnde in 1Thess 4,8 nur konventionell pmeOla ûciom oder ûciom pmeOla, wre der Heilig-Qualifizierung des Geistes aufgrund der paulinischen Sprachstatistik mit der Erklrung wohl Genîge getan, Paulus wolle hier den gçttlichen Ursprung des Geistes betonen und damit einen weiteren theo-logischen Akzent im Brief setzen.1294 Ein solcher Akzent wird freilich gesetzt, doch wird dieser sowieso bereits zweifach durch t¹m heo` m to` m dido´ mta t¹ pmeOla sowie durch pmeOla aqtoO verdeutlicht. Dazu wre, htte Paulus die theo-logische Anknîpfung darîber hinaus noch mittels des ûcior-Begriffes weiter verstrken wollen, dies auch durch die Mehrheitsformulierung pmeOla ûciom (bzw. umgekehrt) mçglich gewesen. Die einmalige Sonderformulierung t¹ pmeOla aqtoO t¹ ûciom jedoch verlangt eine îber diese Erklrung hinausgehende Begrîndung sowohl fîr die Setzung des weder stilistisch noch auf Informationsebene wirklich notwendigen t¹ ûciom îberhaupt, als auch fîr die gesperrte Satzstellung. Sowohl durch die Schlussstellung im Satz als auch durch die Sperrung durch aqtoO tº gewinnt das Syntagma t¹ ûciom eQr rl÷r eine øhnlichkeit zur Apposition V.3a.fin: Dies betrifft unmittelbar den Lesefluss, der in V.3a durch die Apposition und in V.8 durch das Hyperbaton zsuriert wird. t¹ ûciom eQr rl÷r in V.8 erlangt somit hnlich appositionell-kausale Funktion wie b "ciasl¹r rl_m in V.3a. Auf diese Weise entsteht eine doppelte Inclusio: zum einen durch die Schlîsselwçrter "ciaslºr bzw. ûcior an sich (die ja îberhaupt auch ein Grund fîr die Abschnittbildung V.3 – 8 sind), zum anderen aber auch durch die angehngten Pronomen rl_m bzw. eQr rl÷r : So wie in V.3a der personale Bezug des Heiligungskonzeptes betont wird, wird in V.8 das Einwohnungskonzept des Geistes in den Glubigen hervorgehoben.1295 Durch die funktionale Parallelschaltung von "ciaslºr und ûcior wird zwischen diesen Begriffen eine engere Verbindung hergestellt, als es durch die Nennung der Einzelbegriffe durch den identischen Wortstamm an sich geschhe: Zwischen dem Prozess der Heiligung, in dem sich die Glubigen befinden, und dem das entsprechende Verhalten „in Heiligung“ angemessen ist, sowie der Geistgabe besteht nicht nur insofern ein Zusammenhang, als der Geist der Geist Gottes ist (theozentrischer As1294 Vgl. Holtz, Thess 166 f.; Horn, Angeld, 131. 1295 Vgl. auch 1Kor 3,16; 6,19 (vgl. Holtz, Thess, 167, mit Anm. 127).

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

pekt), sondern es wird zustzlich die Nuance gesetzt, dass der Prozess nicht nur zu einer kînftigen Heiligkeit fîhrt (3,13) und vollendetes Heiligsein fîr die Thessalonicher nicht nur ein Ausblick in die Zukunft darstellt, sondern auch bereits whrenddessen durch den Geist heiliger Vollendung intern (eQr rl÷r) gestîtzt und begleitet ist.1296 Dies wird auch durch das Partizip Prsens didºmta1297 im Durativ besttigt: Das Prsens fîhrt nicht nur die Verheißungen von Ezechiel und Joel zu ihrer Vollendung (in allen fînf Versen Ez 11,19; 36,26 f.; 37,6.14 wird die Geistgabe durch d¾sy im Futur ausgedrîckt; Joel 3,1 f. hat zwar nicht d¸dyli, sondern 1jw´y, allerdings im Prsens, das logische Futur wird jedoch unmittelbar durch den futurischen Beginn 3,1 ja· 5stai let± taOta verdeutlicht1298 ; vgl. auch Jer 31,33 = 38,33/LXX Doppelformulierung dido»r d¾sy). Es wird auch nicht an einmalige sakramentale Vermittlung des Geistes in der Vergangenheit, etwa bei Paulus’ Missionsaufenthalt erinnert (etwa durch die Taufe analog zu 1Kor 6,11)1299, sondern das pmeOla toO heoO t¹ ûciom ist Begleiter auf dem Weg der Glubigen im Stand des "ciaslºr bis zu deren eschatologischer Vollendung1300 ; es hat sein Pendant im prsentischen jak_m in 2,12; 5,24.1301 1296 Diese Aussage hat ihr Pendant im Verhltnis von futurischer und prsentischer Eschatologie in 1Thess: Der deutlich strkeren Betonung des futurischen Aspektes entspricht die dominante Rede von Heiligung als Prozess, der schwcher ausgeprgten prsentischen Eschatologie die begleitende Gabe des Heiligen Geistes (vgl. Sçding, Der erste Thessalonicherbrief, 187 f.). 1297 Der Aorist dºmta, der eher sakramentale Interpretation (Taufe) nahelegen wîrde, ist textkritisch relativ gut belegt, aber dennoch eindeutig sekundr und an die Aoriste in 2Kor 1,22; 5,5; Gal 4,6; Rçm 5,5; 2Tim 1,7 angelehnt (vgl. bereits Dobschîtz, Thess, 173; dann auch Best, Thess, 170; Holtz, Thess, 167, Anm. 128; Horn, Angeld, 126, Anm. 17; Merk, Handeln, 49 f.; Richard, Thess, 190; Schrage, Heiligung, 226). Die Abnderung von didºmta zu dºmta kann auch durch den unmittelbar vorgngigen Aorist 1j²kesem (V.7) beeinflusst sein (so Best, Thess, 170; Horn, Angeld, 126, Anm. 17; Richard, Thess, 190). Marshalls Interpretation, in dem Partizip Prsens kein Durativ, sondern eine gewisse „Zeitlosigkeit“ zu sehen, um Gott als Geber des Geistes zu charakterisieren (vgl. Thess, 114), wirkt erzwungen. 1298 Vgl. ebenso klar C?ú.=Lú ;#4( 8=) 8)9! /MT. Vgl. Schreiner, Wirken, 46, mit Anm. 53. 1299 Vgl. ebenso Horn, Angeld, 127; Schulz, Ethik, 312. 1300 Vgl. Horn, Angeld, 127.131 f.; Schulz, Ethik, 312. Sehr im Gegensatz dazu steht die Interpretation des Heiligen Geistes als weiteres Element zur Verstrkung der Parnese (so bei Bruce, Thess, 86: „The gift of the Holy Spirit demands practical holiness in the lives of those whom he indwells“ [originale Kursivsetzung]; Dibelius, Thess, 22; Dobschîtz, Thess, 173; teilweise auch Haufe, Thess, 74). 1301 Vgl. Malherbe, Thess, 235.

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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Freilich hat das Durativ didºmta nicht nur die Funktion, ethischer Selbstheiligung zu wehren, sondern auch der Vorstellung des Geistes als verfîgbarem Besitz der Glubigen1302 ; die Verbundenheit mit dem Heiligen Geist bleibt dauerhaft auf das Geben des Geistes durch Gott angewiesen.1303 Textlich wenig gestîtzt – obwohl nicht vçllig von der Hand zu weisen – ist die Auffassung, der Heilige Geist sei die Kraft in den Glubigen, die sie zu entsprechend gefordertem ethischen Tun îberhaupt erst befhigt. So etwa zentral bei Schulz: „Die fundamentale Bedeutung des heiligen Geistes Gottes fîr die frîhpaulinische Ethik geht eindeutig aus der Kardinalstelle 1. Thess. 4,8 hervor: Wer nicht die ethischen Anweisungen des Apostels befolgt, verachtet nicht nur den Menschen und Apostel Paulus, sondern Gott selbst, der – und hierin liegt eine weitere parnetische Motivation – den Christen stndig seinen heiligen Geist gibt … Gott hat nicht nur das verschrfte Moralgesetz durch den Apostel den Christen gegeben, sondern er gibt (Prsens!) ihnen immerfort seinen Heiligen Geist, damit sie sein Gesetz îberhaupt erfîllen kçnnen. Damit wird der sittliche Wandel auf die bewegende und erneuernde Kraft des Geistes zurîckgefîhrt … Der heilige Geist wird nach 1.Thess. 4,8 von Gott nur [!] gegeben, um den geforderten Gehorsam gegenîber seinem Willen im geoffenbarten Moralgesetz zu wirken und zu erfîllen. Ohne die stndige Gabe des heiligen Geistes im Machtbereich des Lichtes ist es den Sçhnen des Lichtes îberhaupt nicht mçglich, den apostolischen Weisungen nachzukommen“.1304

Doch ist die Funktion der Partizipialwendung t¹m didºmta t¹ pmeOla aqtoO t¹ ûciom eQr rl÷r nicht als Ermçglichungsgrund fîr ethisches Tun zu deuten. Selbst wenn der Sinn dieses Partizipialausdrucks kausal wre, wîrde daraus nicht folgen, dass ethische Forderungen durch die Gabe des Geistes îberhaupt erst erfîllbar werden. Es ergbe vielmehr gar keinen guten Sinn: Die Gemeinde verwirft durch das Ignorieren der Mahnung vor Unzucht nicht deswegen Gott, weil er ihr den Heiligen Geist gegeben hat, sondern weil im Stand zwischen Erwhlung (1,4), Erwartung Jesu aus den Himmeln (1,10), Rettung (1,10) und Vollendung (4,17) fîr diese Laster grundstzlich kein Raum sein kann (vgl. Sach 13,2). Die Erfîllbarkeit der Forderungen wird durch diesen Ausdruck nicht be1302 Vgl. zurecht Schrage, Heiligung, 226. 1303 Vgl. Vang, Sanctification, 56 f. 1304 Schulz, Ethik, 311 f. (eigene Kursivsetzungen). Vgl. ebenso Bçrschel, Konstruktion, 148; Djukanovic´, Heiligkeit, 48 (Djukanovic´ verweist hier auf „I Thess. 4 und 8“; dies ist offensichtlich irrtîmlich fîr 1Thess 4,8); Marxsen, Thess, 59 f.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

grîndet, ebensowenig wie in frîheren Versen an solcher Erfîllbarkeit gezweifelt wird.1305 Auch der Vergleich mit den der Pneumatologie dieses Verses zugrundeliegenden Versen aus Ez stîtzt eine ethische Ausdeutung des Geistes kaum: In Ez 36,27 kommt ein Zusammenhang von Geist und Gebotsobservanz zwar zum Ausdruck, aber auch hier nur durch Nebenanstellung, nicht durch Kausalverknîpfung. Vielmehr steht die Erneuerung und Reinigung des Volkes und damit die Gabe eines neuen Herzens und neuen Geistes im Vordergrund des gesamten Gedankengangs Ez 36,23 ff.1306 Ein vergleichbarer Kontext, der vor allem um die Verheißung erneuerten Lebens und Erkenntnis JHWHs kreist, stellt sich fîr die Vision Ez 37,12 – 14; ethische Ausdeutung wird hier îberhaupt nicht ausgesprochen.1307 Das gleiche gilt fîr Joel 3,1 f. in der Prophetie 3,1 – 5.1308 Viel direkter wird der ethische Bezug zur Geistgabe allerdings in Ez 11,19 f. hergestellt, und hier im Gegensatz zu Ez 36,27 nicht nur durch Reihung, sondern ausdrîcklich durch fpyr/LXX (= CW(B(@!/MT). Eine vergleichbare Konjunktion fehlt in 1Thess 4,8 jedoch, und auch in Ez 11,19 f. wird die Verbindung von Geistgabe und Gesetzesobservanz durch die Gabe des erneuerten Herzens gesperrt, so dass evtl. sogar zu fragen wre, ob das Ethikmotiv nicht îberhaupt primr auf das erneuerte Herz zu beziehen ist (analog zu Jer 31,33 = 38,33/LXX) und nicht auf die Geistgabe1309 ; und selbst wenn, steht der Akzent des Gesamtkontextes der Prophetie Ez 11,14 – 21 strker auf der Sammlung des Gottesvolkes und nicht auf ethischen Forderungen. Auch die beiden bekannten atl. Belege des „heiligen“ Geistes Ps 51,13; Jes 63,10 f. legen ethische Ausdeutung nicht nahe. Die Situation von Ps 51,13 ist zwar die von Reue nach begangener Schuld (V.6.11); die Bitte um Nicht-Wegnahme des Heiligen Geistes (V.13b) entspricht sachlich (wie auch poetisch) der Bitte 1305 Vgl. auch Horn, der ausfîhrt, dass Paulus der jîdischen Ethik entsprechend „keine pneumatologische Begrîndung der christlichen Ethik bietet, sondern auf die Tora, die Sitte, das Wort Jesu, die eigene Meinung u. a. verweisen kann“ (Wandel, 150). 1306 Vgl. auch Hîbner, Geist, 189 – 193. 1307 Vgl. Schreiner, Wirken, 3 – 16. 1308 Vgl. Schreiner, Wirken, 34 – 49; Crenshaw, Joel, 164 f. 1309 Vgl. Pohlmann, Ez 1 – 19, 167, mit Anm. 808. Von Greenberg, Ez 1 – 20, 220 f.222 – 237 wird, obwohl Nhe und Ferne JHWHs dieser Vision ausfîhrlich diskutiert wird (vgl. 232 – 237), die pneumatologische Dimension nicht berîcksichtigt. Zimmerli hingegen denkt bei ;9L an dieser Stelle an den Menschengeist (vgl. Ez 1 – 24, 250 f.).

3.3. Kontroverse Fragen zu 1Thess 4,3 – 8

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um Verbleib vor Gottes Angesicht (V.13a), d. h. seiner Gegenwart trotz begangener Schuld; Ziel dieser Bitte ist jedoch der wiederaufgenommene Lobpreis (V.16 f.) und das Opfer (V.21), nicht jedoch grçßeres ethisches Vermçgen. Dieselbe Funktion des heiligen Geistes als Gegenwrtigsetzung Gottes unter seinem Volk liegt in Jes 63,11 zugrunde.1310 Selbst von der tatschlich ethisch orientierten (und nicht pneumatologischen) Weissagung Jer 31,33 = 38,33/LXX aus besttigt sich mit dem Motiv des Einschreibens der Weisungen in die Herzen das Ethikbild von 1Thess 4,3 – 8, das nicht auf einem hierarchischen Befehls- bzw. Gehorsamsverhltnis beruht, sondern auf einem theozentrischen In-Anspruch-genommenSein.

Sowohl philologisch als auch religionsgeschichtlich gesehen ist die Stîtze fîr eine Ethisierung des Heiligen Geistes somit zwar nicht vçllig von der Hand zu weisen, ein stark vertretener Topos ist dies hingegen nicht. Der Zusammenhang von Geist und Heiligsein/Heiligung auf der einen und Ethik auf der anderen Seite ist nach 1Thess 4,8 eher als einer der Entsprechung zu deuten, nicht im Sinne einer unmittelbar funktionalen InDienst-Nahme.1311 Die hier anhand der fîr 1Thess 4,8 unmittelbar relevanten atl. Verse umrissene Dominanz der Einwohnungsvorstellung des Geistes als gegenwrtige Wirkkraft Gottes unter den Menschen (Shekinah) vor einer ethischen Ausdeutung der Pneumatologie gilt allgemein auch noch fîr die jîdische Vorstellung des Geistes im 1. Jahrhundert n. Chr. und in Anknîpfung daran fîr die frîhe christliche Pneumatologie.1312

1310 Vgl. auch Frankemçlle, Frîhjudentum, 147. 1311 Wie Schnelle auch zu Gal 5,25 (eQ f_lem pme¼lati, pme¼lati ja· stoiw_lem) ausfîhrt: „Das Verb stoiw´y ist keineswegs bedeutungsgleich mit peqipat´y (,wandeln‘), sondern meint ,mit etwas îbereinstimmen/im Einklang sein‘. Der Akzent liegt damit nicht auf der Forderung, sondern es geht um eine Relation, die mit dem Dativ pme¼lati ausgedrîckt wird: im Einklang leben mit dem Geist“ (Paulus, 633, originale Kursivsetzungen). Vgl. auch Hanssen, Heilig/1, 56 f. 1312 Vgl. Baumgrtel, Art. pmeOla jtk., 360 – 366; Bieder, Art. pmeOla jtk., bes. 368 – 370; Dunn, Art. Geist/Heiliger Geist, II. Neues Testament, 566; Frankemçlle, Frîhjudentum, 140 – 200, bes. 160 – 162.192 – 196; Schfer, Art. Geist, 173 – 176; Schmidt, Art. Geist, 170 – 173; Schweizer, Art. pmeOla jtk., 413 – 433; Sjçberg, Art. pmeOla jtk., 379 – 387. Fîr die Sptzeit des AT vgl. Oeming, Art. Geist/Heiliger Geist, II. Altes Testament, 565; fîr Qumran vgl. Haufe, Thess, 74.

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3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

3.4. Konsequenzen Der Abschnitt 1Thess 4,3 – 8 beinhaltet Parnese. Zu der theologischeschatologischen Einbettung von Parnese in 1Thess ganz grundstzlich, wie sie in Kapitel 2 vorgenommen worden ist, ist jetzt zustzlich przisierend festzustellen, dass sie in 4,3 – 8 nicht die îblichen parnetischen Sprachformen und hierfîr epistolographischen Muster aufweist. Stattdessen sind dieser Parnese îberschriftartig zwei theologische Motive vorgelagert, denen selbst keine parnetische Ausdeutung eignet: der Wille Gottes und die Heiligung. Beide dieser Motive sind als den Thessalonichern aus der Erstverkîndigung bereits bekannt anzunehmen.1313 Whrend jedoch die Rede vom Willen Gottes in 4,3 einmalig bleibt, stellt der Begriff der Heiligung ein Strukturmoment dar, das den gesamten Abschnitt bis einschließlich V.6 umschließt. Komplettiert wird er durch die Erwhnung des Heiligen Geistes in V.8 sowie auf der anderen Seite durch die Einfîhrung der Heiligkeit als Motiv eschatologischer Vollkommenheit in 3,13. Wegen dieser inhaltlichen sowie strukturellen Sonder- bzw. Mittelstellung scheint die Rede von „parnetischem Anliegen“ statt von „Parnese“ angemessener, um den Unterschied zu verdeutlichen zwischen einerseits den Inhalten der eigentlichen (illokutionren) Mahnung und andererseits der Begrîndungsstruktur, auf der die Parnese aufgebaut ist und bezîglich derer sie von anderen Parnesen in 1Thess differiert. In diesen Kontext ist auch die Funktion der Heiligung einzuordnen: Sie ist hauptschlich eine theologisch-eschatologisch begrîndende. Paulus thematisiert ein Konzept der Heiligung gar nicht eigens und legt es nie ausfîhrlich dar. Ebenso formuliert er keine ausdrîckliche Mahnung zur Heiligung. Heiligung ist kein ethisches Ziel. Stattdessen rekurriert Paulus wiederholt darauf und zeigt auf, dass die Heiligungsvorstellung der eigentlichen Mahnung (= dem parnetischen Anliegen) zugrundeliegt. 1313 Vgl. etwa Lîhrmann: „,Sanctification‘ had been the main issue of his proclaiming the gospel (4:7), corresponding to the Holy Spirit given to all of them (4:8)“ (Beginnings, 247 f.). Lîhrmanns Folgerung aus dieser Aussage hingegen kann ich nicht zustimmen: „So again, sanctification is not what they [sc. the Thessalonians] have to aim for, but what they already have“ (ebd., 248). Dieser letzte Satz liegt, abgesehen davon, dass er unseren Ergebnissen nach nicht der Theologie von 1Thess entspricht, auch nach englischer Wortlehre schief: „Sanctification“, auch im Englischen ein nomen actionis, bezeichnet nicht etwas, das man hat, sondern beschreibt einen Prozess (im Gegensatz dazu, ganz analog zum Griechischen oder Deutschen „sanctity“ oder „holiness“).

3.4. Konsequenzen

323

Auch diese Funktion ist nur bei Annahme der Bekanntheit einer Heiligungsvorstellung bei den Thessalonichern denkbar, d. h. wenn sie auch schon in der Erstverkîndigung eine wichtige Rolle gespielt hat. Diese Annahme geht Hand in Hand mit dem auch ansonsten starken Erinnerungscharakter in der Begrîndung des parnetischen Anliegens. Dieser wird mehrfach unmittelbar durch entsprechende Phrasen expliziert (4,1.2.6; dann auch V.11); inhaltlich gesehen kommt er auch durch die Traditionalitt der beiden der Mahnung zugrundeliegenden Hauptlaster Unzucht und Habsucht, von denen mindestens die Habsucht den Thessalonichern bekannt gewesen sein muss, zum Ausdruck. Dass diese Mahnung auf bekannter Lehre aufbaut, begrîndet nicht nur eine motivgeschichtliche Traditionalitt, sondern ermçglicht ihre starke theologische Untermauerung. Die Parnese wird dadurch zwar in einer gewissen (auch grammatikalischen) Indirektheit vorgetragen, durch die aber keine Abschwchung ihrer Importanz ausgedrîckt wird. Ganz gegenteilig dazu wird deutlich, dass das ethische Thema, das Paulus anspricht, droht, soteriologische Konsequenzen nach sich zu ziehen. Hier, und nur hier, ergreift Paulus daher unmittelbar fînf Strategien, um den Ernst gerade dieses Anliegens herauszustellen (vgl. 3.1.2.2.). Diese Strategien beziehen sich alle auf die eschatologisch-soteriologische Dimension des Problems (Richterrolle des Kyrios; Abgrenzung von den Heiden, die Gott nicht kennen; Verwerfung Gottes bei Missachtung der Mahnung; Verweis auf die Orientierung an Jesus und Gottes Willen). Als sechste Strategie entpuppt sich der parallel zu diesen (und innerhalb des Briefes besondere) parnesebegrîndend eingesetzte Begriff der Heiligung.1314 Der vorethische Charakter dieses Begriffs wird durch die Einzelanalysen der jeweiligen Verse deutlich: Dies wird bereits bei der ersten, grammatikalisch und strukturell prominentesten Nennung von "ciaslºr innerhalb des Abschnittes durch die zwischengeschaltete Apposition 4,3 angezeigt, die keine unmittelbare Prenese, sondern der Parnese logisch (und sprachlich) vorgeordnet ist. Besttigt wird das Vorethische von Heiligung auch in V.7, der insgesamt Begrîndungsfunktion fîr die ausgedrîckte Mahnung hat (einleitendes c²q ; vgl. 3.3.4.); der Beleg 4,4fin hingegen zeigt, wie nahe Heiligung als theologische Begrîndung fîr Ethik bereits selbst an einen ethischen Begriff gerîckt ist (vgl. 3.3.2.). Whrend jedoch paraphrasierend (illokutionr) von einer „Forderung nach Verzicht auf Unzucht und Habsucht“ gesprochen werden kann (vgl. 1314 Vgl. auch Horn, Angeld, 126.

324

3. Zur Exegese von 1Thess 4,1 – 8

Schnelle1315), ergeht keine entsprechende Forderung nach Heiligung, ja widersprche Paulus’ theologischer Konzeption. Die eschatologisch-soteriologische Brisanz von Heiligung selbst muss aus dem Kontext erschlossen werden: Hierzu dient, neben der Einordnung von Parnese in 1Thess insgesamt (vgl. Kapitel 2) vor allem die kontextuelle Sonderstellung und -behandlung des Abschnittes 4,3 – 8: d. h. die Ausgliederung aus dem allgemeinen parnetischen Kontext, die Ankoppelung an 3,13 und die Primrstellung im zweiten Teil des Gesamtbriefes, sowie – am direktesten – die fînf bezeichneten importanzsteigernden Textsignale. An diese Momente gliedert sich die Motivklammer des Heiligungsbegriffs passgerecht an. Die Funktion der Nennung des Heiligen Geistes in V.8, die die Motivklammer des Abschnittes beschließt, besttigt dieses Heiligungsbild. Ein ethischer Aspekt dieses Ausdrucks ist, wenn îberhaupt, dann nur zurîckgestellt zu belegen; wesentlich vordergrîndiger liegt die Betonung der Gegenwart des Geistes als Wirkkraft Gottes unter den Glubigen. Auch hierbei wird die Positionierung der Gemeinde in das unter 2.4. ausgefîhrte theozentrische Umfeld besttigt. Anlsslich welchen ethischen Problems Paulus mit so markierter Argumentation schreibt, muss eine Interpretation des besagten Abschnittes auf historischer Ebene klren. Eine solche ist in vielen Details schwierig und daher soll an dieser Stelle durchaus keine exegetische Sicherheit vorgetuscht werden, die der Text nicht trgt; jede Auslegung krankt an mangelnder Unterstîtzung durch einen interpretatorischen main-stream. Aufgrund der Struktur des Abschnittes (vgl. 3.1.) hat sich jedoch ergeben, dass am besten von einer konkreten Situierung der Parnese auszugehen ist; aus der Syntax (vgl. 3.2.), dass diese am besten als ein thematisch einheitliches Problem vorzustellen ist. Mit Baumerts Ansatz, dieses Problem kçnnte in dem unlauteren Einbrechen eines Mannes in ein bereits bestehendes Verlobungsverhltnis bestanden haben, liegt mindestens ein Vorschlag vor, der die textlichen Indizien deckt (vgl. 3.3.3.3.). Paulus sieht in diesem Fall die in jîdischer Parnese immer wieder eingeschrften Protolaster Unzucht und Habgier tangiert. Dass Parnese auch eine gemeinschaftsstiftende Funktion hat, ist bereits am Ende von 2.3.2.3. ausgefîhrt worden; bei der Parnese zu diesem konkreten Fall stellt sich dies deutlich verschrft dar: Hier geht es um die Gemeinschaft der Glubigen und deren gemeinsame soteriologische Erwartung. Dass 1315 Vgl. Schnelle, Ethik, 301 f.; Schnackenburg, Botschaft, 61.; vgl. 3.1.1.

3.4. Konsequenzen

325

das Ausbrechen einiger der Glubigen aus dieser Gemeinschaft auch die soteriologische Zuversicht der noch in der Gemeinschaft Stehenden in Frage stellt, zeigt sich exemplarisch im Fall von 4,13 – 18. Whrend dort jedoch die Unsicherheit îber den Fortbestand der Glaubensgemeinschaft durch die Todesflle von Glubigen entstanden ist, jedoch ohne ethische Verantwortung einzelner Gemeindemitglieder, ruft Paulus in 4,3 – 8 zu einer bewussten ethischen Entscheidung auf.1316 Der Heiligungsbegriff spielt dabei eine zentrale Rolle. Um die soteriologische Relevanz des Problems zu verdeutlichen, htte auch eine bestndige Erinnerung an die wesentlichen Punkte der Bekehrungspredigt, d. h. das „Substrat“ von Theo-logie/Christologie und Eschatologie (vgl. 1,9 f.), ausgereicht. Stattdessen whlt Paulus zustzlich – und dominant – das Heiligungsmotiv als parnetischen Motivationshintergrund und verdeutlicht gleichzeitig, dass der Glaubensstand der verantwortlichen Person in diesem theologischen „Kern“ durch Unzucht und Habsucht zu Bruch zu gehen droht. Hierdurch wird einerseits der Ort von Heiligung im Kontext dieses theologischen Kerns aufgezeigt und damit besttigt, dass die hervorgehobene soteriologische Wichtigkeit von 4,3 – 8 an der starken Verbundenheit der frîheren Lehre begrîndet liegt, die sich im Glaubensfundament von Theo-logie, Christologie und Eschatologie darstellt (vgl. 3.1.2.2.). Andererseits wird durch das nomen actionis der Fokus strker auf das Leben im Diesseits, das Warten auf die Parusie gerichtet. Der Begriff der Heiligung dient somit nicht als ethisches Movens per se (etwa im Sinne einer der Rechtfertigung nachgeordneten „zweiten Gnade“), sondern durch den Verweis auf den Ruf Gottes zum eschatologischen „Mit-dem-Herrn-Sein allezeit“ (vgl. 4,17). Die damit ausgedrîckte Abgrenzung gegenîber der nichtglubigen Außenwelt (4,5) hat ihre Entsprechung im Aussonderungsaspekt des tradionellen Heiligkeitsbegriffs (vgl. auch 4,12.13; 5,6; zudem konkret in Bezug auf Heiligkeit Rçm 6,19; 1 Kor 7,14; 2 Kor 7,1; auch Rçm 15,16) und betont einmal mehr den ekklesiologisch-soteriologischen Zusammenhang der paulinischen Argumentation. 1316 V.a. aufgrund des stark jîdischen Charakters der Grundlage der Parnese ist kaum anzunehmen, dass der Verantwortliche in Thessalonich im Bewusstsein gehandelt hat, welch große, ja soteriologische Wichtigkeit Paulus seinem Handeln beimessen wîrde (vgl. zum Parallelfall 1Kor 5 vgl. Wolter, Unzuchtsînder, 329 – 324). Auch in spterer Korrespondenz wird Paulus Ernst machen mit der Christus- und Glubigengemeinschaft sowie Heil gefhrdenden Macht solch wesentlicher Laster (vgl. 1Kor 5,11; 6,9 f.; Finkenrath/Niebuhr, Art. begehren. pkeomen¸a, 134; Konradt, Gericht, 461).

4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess In 1Thess wird von den Derivaten des "c-Stammes nur "ciaslºr, zwar auch nicht eigens zum Thema gemacht, dennoch aber durch die gehuften komprimierten Nennungen impulssetzend und abschnittbildend eingesetzt. Die anderen Belege des "c-Stammes in 1Thess werden hingegen (beinahe) nur sporadisch genannt. Wir kçnnen uns daher mit ihnen kîrzer fassen. Wir schließen an das letzte Teilkapitel 3.3.5. zum pmeOla ûciom an und nehmen die anderen Belege des (Heiligen) Geistes in Betracht.

4.1. 1Thess 1,5.6: PmeOla ûciom – der heilige Geist Von den weiteren drei Nennungen des theologischen Geistbegriffs in 1Thess neben 1Thess 4,8 sind nur die beiden in 1,5.6 als „heilig“ qualifiziert, der verbleibende in 5,19 im Rahmen der parataktischen Schlussparnese steht, der Mehrheit der paulinischen Nennungen insgesamt folgend, absolut. 1,5 ist insgesamt Kausalsatz, der in V.6 logisch weitergefîhrt wird (Anknîpfung durch ja¸ trotz neuen Hauptsatzes). Beide Verse bilden inhaltlich ein komplementres Verspaar, durch das gemeinsam die in 1,4 ausgedrîckte Zuversicht des Paulus îber die Erwhlung der Thessalonicher ausgedrîckt wird (die ihrerseits durch Partizipialkonstruktion vom letzten finiten Verb eqwaqistoOlem V.2a abhngt); V.5 bezieht sich dabei auf Paulus’ eigene Verkîndigung sowie die seiner Mitmissionare, V.6 hingegen auf die Annahme der Botschaft durch die Thessalonicher. Fîr diese (Selbst-)Vergewisserung setzt Paulus etliche sprachliche Mittel ein, die nicht die Absicht eines parittischen Abwgens haben, sondern die gesamte Begrîndungslinie des Verses stark ins Positive rîcken: Zum ersten greift Paulus durch die Formulierung t¹ eqacc´kiom 1cem¶hg die in prophetischer Literatur hufige Wortereignisformel auf 1317 und legiti1317 Vgl. Gen 15,1.4; 1Sam 4,1; 15,10; 2Sam 24,11; 1Kçn 6,11; 12,22; 13,20; 16,1; 17,2.8; 18,1; 19,9; 21,17.28; 2Kçn 20,4; 1Chr 17,3; 22,8; 2Chr 11,2; 12,7; Jes 38,4; Jer 1,2.4.11.13; 2,1; 7,1; 11,1; 13,3.8; 14,1; 16,1; 18,1.5; 21,1; 24,4;

4.1. 1Thess 1,5.6: PmeOla ûciom – der heilige Geist

327

miert damit seine Mission durch Inanspruchnahme prophetischer Wîrde.1318 Zum weiteren fllt die Behandlung der von Paulus gewhlten adversativen oqj … !kk²-Gegenîberstellung fîr die Art der Evangeliumsvermittlung ins Auge: Zunchst wird die Antithese dieser Konstruktion dahingehend geschwcht, dass die Wortbezogenheit der Mission (also der Inhalt der verneinten Satzhlfte) nicht vçllig negiert wird, sondern ihr nur Ausschließlichkeit abgesprochen wird (oqj lºmom)1319 ; es handelt sich somit um keine direkte Opposition, sondern nur um eine steigernde Gegenîberstellung (bereits in V.6 wird der kºcor der Verkîndigung wieder positiv konnotiert genannt).1320 Zudem verlagert Paulus den Schwerpunkt der Aussage zu Gunsten der positiven (zweiten) Aussagenhlfte, indem er die negative (erste) nur durch das einfache Syntagma oqj 1m kºc\ lºmom ausdrîckt, die positive hingegen durch das dreifache Polysyndeton auffchert und dieses noch zudem auffllig elaboriert (wenigstens die Wiederholung der Prposition bei ja· 1m … ja· 1m … ja· 1m1321 wre nicht zwingend nçtig). Demselben rhetorischen Zweck dienend verlngert Paulus die positive Satzhlfte durch die an das letzte Glied des Polysyndetons angehngte Verstrkung anaphorische 1m pkgqovoq¸ô pokk0 sowie den angehakten Nachsatz jah½r oUdate … Man kann somit im gesamten Vers von einem klimaktischen ritardando der Aussage sprechen. 25,1; 26,1; 27,1; 28,12; 29,30; 30,1; 32,1.6.26; 33,1.19.23; 34,1.8.12; 35,1.12; 36,1.27; 37,6; 40,1; 42,7; 43,8; 44,1; 46,1; 47,1; 49,34; Ez 1,3; 3,16; 6,1; 7,1; 11,14; 12,1.8.17.21.26; 13,1; 14,2.12; 15,1; 16,1; 17,1.11; 18,1; 20,2; 21,1.6.13.23; 22,1.17.23; 23,1; 24,1.15.20; 25,1; 26,1; 27,1; 28,1.11.20; 29,1.17; 30,1.20; 31,1; 32,1.17; 33,1.23; 34,1; 35,1; 36,16; 37,1.15; 38,1; Hos 1,1; Joel 1,1; Jona 1,1; 3,1; Micha 1,1; Zeph 1,1; Hag 1,1.3; 2,1.10.20; Sach 1,1.7; 4,8; 6,9; 7,1.4.8; 8,1.18; auch Lk 3,2. 1318 Vgl. Seidl, Art. Wortereignisformel, 1128 f.; Irsigler, Zefanja, 82 f.90; Kessler, Micha, 74; Greenberg, Ez, 114 – 116. 1319 Dass das oqj 1m kºc\ lºmom apologetischen Charakter habe dahingehend, dass hier ein Vorwurf gegenîber Paulus abgewehrt werden solle, seine Botschaft sei kraftlos und „leer“ gewesen (so Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 101 f.), ist, obschon freilich denkbar, aufgrund der fehlenden Emphase m.M.n. eher nicht naheliegend. Nicht jede Verneinung weist auf einen vorausgehenden Angriff. 1320 Vgl. Haufe, Thess, 26. 1321 Das dritte 1m ist textkritisch gut, aber nicht ganz gesichert. Malherbe argumentiert fîr dessen Auslassung, da die dadurch ausgedrîckte instrumentale Funktion fîr pkgqovoq¸a unpassend sei (vgl. Thess, 112). Diese Begrîndung ist mir nicht nachvollziehbar.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

Die Bedeutung von pkgqovoq¸a kann einerseits im Sinne von der ˜berzeugtheit der Missionare von ihrer Botschaft verstanden werden. Dann htte das Adjektiv pokk¶ guten Sinn und wîrde auch durch den nachfolgenden Satz jah½r oUdate … weitergefîhrt werden: Hier lge dann trotz des grammatikalischen Neueinsatzes (jah¾r) kein neuer Begrîndungsgang vor, sondern es wîrde nur noch weiter ausgefîhrt werden, was bereits mit 1m pkgqovoq¸ô pokk0 angezeigt ist: So wie sich die pkgqovoq¸a auf die ˜berzeugtheit der Missionare bezieht (vgl. Rçm 4,21; 14,5), ginge es auch in 1Thess 1,5fin weniger um die Erinnerung an das ethisch-vorbildliche Verhalten der Missionare whrend ihres evangelistischen Aufenthalts (wie in 2,1 – 12), sondern um deren eigene ˜berzeugtheit von ihrer Botschaft, die nun aus der Erinnerung heraus auch den Neubekehrten Strkung vermitteln soll.1322 Andererseits kann pkgqovoq¸a auch im Sinne von endzeitlicher Fîlle und Vollstndigkeit gedeutet werden.1323 Dann wre pokk¶ pleonastisch zu lesen (endzeitliche Fîlle ist nicht steigerbar), was aber kein Gegenargument bedeuten muss. Der nachfolgende jah½r oUdate-Satz wirkt dann jedoch mit der plçtzlichen Perspektivenvernderung (Missionare statt Evangelium) eher abgehngt. Dass pkgqovoq¸a „immer“ (ebenso wie das zugehçrige Verb pkgqovoq´y) endzeitliche Fîlle meinen wîrde1324, ist mindestens fîr die wenigen paulinischen Belege m. E. auch nicht gegeben (vgl. außer 1Thess 1,5 [Substantiv ist paulinisches Hapaxlegomenon] nur noch Rçm 4,21; 14,5). Besser ist somit wohl, pkgqovoq¸a auf die Missionare zu beziehen.1325

Alle drei polysyndetischen Glieder inklusive angehngtem jah½r oUdateSatz sind innerhalb einer Begrîndungsabsicht zu sehen: Der gesamte Ausdruck soll die Gewissheit der erfolgreichen Evangeliumsverkîndigung (1,4) besttigen. Diese rhetorische Absicht ist so augenfllig, dass es nicht sinnvoll erscheint, nach konkreten voneinander differenzierten Auswirkungen dieser drei Glieder zu suchen: Zu rhetorisch komponiert erscheint hierfîr die gesamte Aussage1326 : Nach der plçtzlichen Trennung 1322 Im Kontext von 2,1 – 12 interpretieren allerdings Dibelius (Thess, 4), Haufe (Thess, 26) und Malherbe (Thess, 113 f.) bereits den Passus. Die letzteren beiden erkennen in ihm bereits einen parnetischen Ton. 1323 So Stuhlmann, Art. pkgqºy, 580; Mîller, Thess, 107 f. 1324 So Stuhlmann, Art. pkgqºy, 580. 1325 So auch Best, Thess, 75 f.; Dobschîtz, Thess, 71; Holtz, Thess, 47 (anders allerdings seine ˜bersetzung ebd., 41); Malherbe, Thess, 112 f. Dobschîtz erkennt ebenso deutlich gerade den Gegensatz zu den ußeren Verhltnissen 2,2 (vgl. ebd.), wohingegen Best 1Thess 1,5fin bereits ethisch (und abwgend sogar schon apologetisch) deutet (vgl. Thess, 76; ebenso auch Bruce, Thess, 15). Bruce bezieht den Begriff als „˜berzeugtheit“ auf die Thessalonicher (vgl. Thess, 14); dies erscheint mir jedoch aufgrund des Gedankenganges nicht wahrscheinlich: Von der Seite der Thessalonicher als Evangeliumsempfnger ist erst in V.6 die Rede. 1326 Vgl. Holtz, Thess, 47.

4.1. 1Thess 1,5.6: PmeOla ûciom – der heilige Geist

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des Paulus von der Gemeinde, seiner Ungewissheit îber deren Glaubensstand, jetzt aber durch die gute Nachricht des Timotheus angeregt, aber auch îber Bedrngnisse informiert, will Paulus seine Adressaten ermutigen: Die Kraft, der Geist und die Gewissheit von damals sollen textpragmatisch gesehen auch jetzt performativ durch den Brief aufs neue vermittelt werden.1327 Welche Funktion hat dabei die Nennung des pmeOla &ciom ? Das dreifache Polysyndeton und die Einheitlichkeit der Begrîndungsabsicht insgesamt tuscht in gewisser Hinsicht îber die durch die zweifache Perspektive verschrnkte Struktur innerhalb des Verses hinweg: Bis einschließlich 1m pme¼lati "c¸\ geht es um die Verkîndigung, dann schwenkt die Blickrichtung allmhlich (nmlich im Verlaufe des Polysyndetons, genau ab dem dritten Glied ja· 1m pkgqovoq¸ô pokk0) von der Verkîndigung an sich zu den Verkîndern îber. Das pmeOla ûciom steht an zweiter, mittlerer Stelle des Polysyndetons, d. h. unmittelbar vor dem Perspektivenwechel, nach d¼malir und vor pkgqovoq¸a. In Bezug auf die Ausfîhrlichkeit, mit der Paulus die einzelnen drei Glieder des Polysyndetons bedenkt, ist, dem ritardando der Aussage entsprechend, eine deutliche Klimax zu beobachten: Die d¼malir steht ungeschmîckt absolut, die pkgqovoq¸a wird in der beschriebenen Weise am Ende sogar mit einem neuen Satz ausgefîhrt; dazwischen steht das durch ûciom nherbestimmte pmeOla. Zur Einzelformulierung pmeOla ûciom ist daran zu erinnern, dass Paulus das pmeOla vorwiegend absolut verwendet, wenn er es aber mit ûciom kombiniert, dann am hufigsten in der hier gewhlten Formulierung (also mit nachgestelltem Adjektiv ohne Artikelwiederholung). Die Formulierung ist somit unaufflliger und leichter formelhaft interpretierbar als die individuelle Sonderformulierung mit dem eingeschobenen aqtoO tº in 4,8. Dieses Moment stellt ußerlich eine Steigerung der Funktion des pmeOla gegenîber der der d¼malir dar, die ebenfalls ein Attribut (etwa toO heoO1328) tragen kçnnte. Andererseits ist die frîhchristliche Verbindung von Geist und Kraft so eng und wohl traditionell1329, dass die Heiligkeit des Geistes im Rahmen der engen semantischen Einheit des Polysyndetons auch nicht gepresst 1327 Vgl. auch Bickmann, Kommunikation, 208 – 210. 1328 Vgl. 1Kor 1,18.24; 2,5; 6,14; 2Kor 6,7; 13,4; Rçm 1,16; auch Mt 22,29; Mk 12,24; Apg 8,10. 1329 Vgl. Rçm 15,13.19; 1Kor 2,4; 5,4; Gal 3,5; Lk 4,14; 24,49; Apg 1,8; 10,38. Dagegen Verbindung Wort und Kraft nur in 1Kor 4,20; beachte hierzu allerdings auch die Ironisierung in 1Kor 4,19. Vgl. auch Best, Thess, 74 f.; Dobschîtz, Thess 70 f.; Malherbe, Thess, 112; Mîller, Thess, 105 f.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

exklusiv fîr diesen reserviert werden muss. Paulus’ Selbstreferenz hingegen (d. h. ab ja· 1m pkgqovoq¸ô pokk0) ist wohl wirklich separiert zu denken, erstens wegen des beschriebenen Perspektivenwechsels, und zweitens da ihr die beiden eigenen Nherbestimmungen pokk¶ sowie der jah¾r-Nachsatz zukommen. Der Begriff ûcior in 1,5 ist somit nur ußerlich eine Nherbestimmung nur des Geistes. Er ist es freilich, und als solcher liegt eine øhnlichkeit zur Funktion in 4,8 vor insofern, als auch hier Gewissheit gegen Verunsicherung geschaffen wird: in 4,8 vor drohendem Gericht, hier vor befîrchteter Vergeblichkeit der Mission. Ein etwaig ethischer Aspekt von Heiligkeit oder eine andere 4,8 vergleichbare individuelle Positionierung des Heiliggedankens im Zusammenhang mit dem pmeOla ist diesem Vers hingegen fremd. Ebenso ist nicht von einer Geistgabe oder -verleihung die Rede, sondern nur von der Art und Weise, in der das Evangelium die Thessalonicher erreichte.1330 Es passen daher Astings pauschale Begrîndungsvorschlge zur Bezeichnung der Geistes als „heilig“: Es soll durch die soteriologische Verbindung und Gçttlichkeit des Geistes, die durch das Attribut des Heiligen angedeutet wird, die Gewissheit des Glaubens gestrkt und die Evangeliumsverkîndigung als prophetisches Wort in ihrer gçttlichen Zugeordnetheit besttigt werden: Gewissheit îber die Wirkung der Verkîndigung erfolgt von Gottes Sphre ausgehend. Die Begrîndungslinie von 1,5 wird in 1,6 aus der Perspektive der Evangeliumsempfnger weitergefîhrt. Immer noch geht es rhetorisch gesehen um die Besttigung der Erwhlung der Thessalonicher von V.4fin, auch wenn V.6 grammatikalisch freilich nicht mehr von fti in V.5 abhngt. Auch hier erfolgt die Argumentation des Paulus durch eine Begrîndungskette, eingeleitet durch das Motiv der doppelten Mimesis (ja· rle?r lilgta· Bl_m 1cem¶hgte ja· toO juq¸ou), gefolgt vom Akt der eigentlichen Verkîndigungsannahme (den²lemoi …). Letzterer wird durch zwei adverbielle Bestimmungen nher przisiert, nmlich zum einen durch die Bedrngnis, in der die Evangeliumsannahme erfolgte1331, 1330 Anders Bçrschel, die auch auf 1,5 bezogen von einer mit dem Evangelium verbundenen Gabe des Heiligen Geistes spricht, in der sie eine ausdrîcklich eschatologische Betonung erkennt (vgl. Konstruktion, 145). 1331 Haufe, Thess, 27, und auch Holtz, Thess, 49, denken an Probleme sozialer Desintegration; Mîller hlt die Art der Probleme wesentlich offener (vgl. Thess, 110 f.); Holtz kombiniert die hier genannten Probleme mit denen von 2,14 – 16 (vgl. Thess, 49). Hufig trgt hk?xir auch eine Note von apokalyptisch-

4.1. 1Thess 1,5.6: PmeOla ûciom – der heilige Geist

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die ihrerseits (ebenso wie eben) durch pokk¶ intensiviert wird; die zweite Nherbestimmung ist sodann let± waq÷r pme¼lator "c¸ou.1332 Die Begrîndungslinie wird damit jedoch nicht abgebrochen, sondern nahtlos in Richtung der Konsequenzen weitergefîhrt, die die Annahme durch die Thessalonicher nach sich gezogen hat, nmlich deren Vorbildcharakter gegenîber den Bewohnern von Mazedonien und der Achaia (V.7). Das pmeOla ûciom ist somit wieder in eine lngere Periode eingebunden und ist ein strukturell unaufflliger Beleg: Das Intensivierungsattribut pokk¶ bezieht sich nicht auf pmeOla, dieses erscheint nur in der Genitivverbindung zur Nherbezeichnung der waq², auch durch die Schlussstellung in V.6 tritt es nicht auffllig hervor (die Begrîndung geht weiter). Stattdessen ist seine einzige Funktion, das Gegengewicht, das die waq² zur hk?xir pokk¶ schafft, zu garantieren. Der Intensivierung der hk?xir durch pokk¶ entspricht damit die Nherbezeichnung der waq² durch das pmeOla ûciom (gewiss Genitivus auctoris1333). In diesem oppositionellen Kontext liegt die Parallelitt der Verwendung des pmeOla ûciom in V.6 zu der in V.5: In V.5 wird der Kontrast durch die oqj … !kk²4-Konstruktion aufgebaut, in V.6 nur semantisch durch die durch die semantische Opposition hk?xir vs. waq².1334 Die Formulierung pmeOla ûciom folgt wiederum Paulus’ Vorzugsformulierung (sofern er – wie beschrieben – îberhaupt vom pmeOla &ciom spricht). Der Untergeordnetheit der Geist-Aussage in V.6 eignet keine hervorgehobene theologische Aufladung. Dennoch wird die Freude als positiver Generalbegriff (gegen die hk?xir) durch das ûciom strker fokussiert.1335 Weitere Belege fîr die Verbindung von Freude und dem (ausdrîcklich) heiligen Geist sind ntl. durchaus vorhanden (nmlich fîr Paulus Rçm 14,17; 15,13; dazu Lk 10,21; Apg 13,52 – dagegen steht wiederum Gal 5,22, wo der Geist immer noch als verantwortlich fîr Freude gilt, nicht jedoch deswegen als heilig bezeichnet wird), doch wird man deswegen keine besondere Verbindung von Freude und besonderem Heiligsein des Geistes ableiten wollen. Durch seine strukturelle Parallelitt zur oppositionellen Funktion der Geist-Aussage in V.5 sowie durch eschatologischer Bedrngnis (vgl. Best, Thess, 79; Malherbe, Thess, 115); eine solche wird hier jedoch wenigstens nicht ausgefîhrt. 1332 Zur Gegenîberstellung von Mîhsal und Freude vgl. auch Apg 5,41; 16,25; 2Kor 6,10; 7,4.7; 8,2; Phil 2,17; Kol 1,24; 1Petr 4,13; hnlich auch Rçm 5,3. 1333 Vgl. Dobschîtz, Thess, 74; Holtz, Thess, 49; Mîller, Thess, 111. 1334 E˜ îbersetzt ganz richtig: „[I]hr habt das Wort trotz großer Bedrngnis mit der Freude aufgenommen …“ (eigene Kursivsetzung). 1335 Vgl. Mîller, Thess, 111.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

beider große Nhe zueinander wird eine deutliche Abgrenzung der Funktion des pmeOla ûciom in V.5 zu dem in V.6 nicht behauptet werden wollen. Doch baut das, was dem Beleg von V.6 îber das „˜bliche“ hinausgehend zukommt, dann nur auf einer geliehenen Semantik. Fîr sich genommen strkt der Geist-Beleg in V.6 die Thessalonicher wohl tatschlich „nur“ durch die formalisierte Betonung der Gçttlichkeit des Geistes und die damit verbundene soteriologische Gewissheit (vgl. Asting). In den paulinischen Kapiteln, in denen auffallend hufig vom pmeOla die Rede ist (Rçm 8; 1Kor 2; 1Kor 12; 2Kor 3; Gal 5), entfllt das Heilig-Attribut hufig, da es dem Gemeinten nichts nennenswert Neues mehr beifîgen kann.1336 Zwei gedrngte Belege in 1Thess 1,5 f. sind zwar nicht eben viel, doch ist auch hier schon der Effekt der Auflçsung des Heilig-Epithets als spezifischer Sinntrger bei Kumulationsnennungen beobachtbar: Hier verliert ûciom an Kontur. Ganz auf das Attribut des Heiligen verzichtet schließlich der letzte Beleg des pmeOla in 1Thess 5,19. Hier kçnnte im Rahmen der geistlichen Mahnungen V.16 – 22 ebenfalls die Gçttlichkeit des Geistes betont werden, denn gemeint ist freilich die Mahnung gegen das Auslçschen der fortdauernden Unterstîtzung der Gemeinde durch den gçttlichen Geist.1337 Gerade wenn man V.19 – 22 als thematisch zusammengefassten 1336 Vgl. bereits in 3.3.5. 1337 Unabhngig davon, auf welchem Punkt zwischen „pragmatischer“ Pneumatologie und charismatischem Enthusiasmus man die Situation der Gemeinde konkret verorten mag. Zurecht hat Holtz vor einem einseitigen sensationalistischen Geistverstndnis gewarnt: „1Kor 12,1 – 3 nennt als elementares Kennzeichen des Geistes das Bekenntnis zum Kyrios Jesus. Dieses Bekenntnis, wenn es gelebt wurde, war fremd und merkwîrdig in der Welt, in der die Thessalonicher lebten, so daß es zu seiner Artikulation und Darstellung sehr wohl besonderer Ermchtigung bedurfte. Diese und alle anderen Weisen, in denen der Geist sich Bahn in der Gemeinde bricht, sollen sie nicht unterdrîcken“ (Thess, 259). – Becker deutet, einem expliziten Charismatismus nherkommend, die Reihung „Den Geist lçscht nicht aus! Prophetie verachtet nicht! Prîfet alles, das Gute behaltet!“ stark im Kontext von „Zeichen, Wundern und Krafttaten“ als Begleiterscheinungen des paulinischen Evangeliums (vgl. Paulus, 141; Zitat ebd.). Ebenso geht Jewett aufgrund von 1Thess 1,5 f. davon aus, dass die Thessalonicher „powerful manifestations of a miraculous sort“ als Begleiterscheinungen der Ursprungsverkîndigung erlebt htten; îber „control and legitimacy of ecstatic gifts“ habe es dann Uneinigkeit in der Gemeinde gegeben dahingehend, dass einige extremen Enthusiasten die Kontrollfunktion der Gemeindeleitung nicht mehr akzeptierten (vgl. 5,12.21; zum ganzen vgl. Jewett, Correspondence, 100 – 102.175; vgl. ebenso auch Unnik, „Den Geist…“, 255 – 269; gegen Je-

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Abschnitt zu pneumatischen Phnomenen und damit V.19 gewissermaßen als ˜berschrift betrachtet1338, kçnnte man das genauere Epithet eigentlich erwarten. Dass es dennoch nicht genannt ist (und auch von keinem Textzeugen ergnzt ist), deutet eher auf die Entbehrlichkeit der Attributierung îberhaupt. Es lsst sich zusammenfassen: Die vier Nennungen des Geistes in 1Thess sind im Hinblick auf die Spezifizitt ihrer Heilig-Attributierung in eine ziemlich deutliche Reihenfolge zu bringen: In 4,8 speist sich die Konnotierung des heiligen Geistes durch den strukturellen Kontext, d. h. den Heiligungsgedanken von 4,3 – 7; hier hat ûciom noch aktive Funktion, die ausbleiben wîrde, stnde nur pmeOla absolut. Das gleiche ist abgeschwcht auch fîr den Beleg in 1,5 geltend zu machen: abgeschwcht deswegen, weil diesem Beleg nur noch mikrostrukturell eine Strukturfunktion zukommt. In 1,6 hingegen ist ein spezifischer Wert von ûciom kaum mehr zu erkennen – abgesehen von dem vom unmittelbar vorstehenden Vers ausstrahlenden Wert; hier in 1,6 ginge bei Wegfall des ûciom wenig Aussagefokus verloren. In 5,19 schließlich wird eben dies demonstriert: Hier kçnnte man aus heutiger Sicht durch eingeschobenes ûciom wieder eine speziellere Nuance der Aussage wahrnehmen; dass Paulus darauf verzichtet, weist allgemein auf die relativ geringe spezifische Aussagedifferenz des heiligen Geistes gegenîber nur dem Geist. Es weist aber damit auch darauf, dass Paulus darauf bauen konnte, dass die Gçttlichkeit des Geistes bei seinen Lesern ohnehin hinlnglich bekannt

wett vgl. Haufe, Thess, 108). – Ganz gegenteilig zu Jewett spricht sich gegen das Auftreten pneumatischer Phnomene in 1Thess Schulz aus: „Nirgends aber wird im 1. Thess. der Geist vom frîhen Paulus mit enthusiastischen Erscheinungen wie Mirakel, Glossolalie und besonderen Kraftwirkungen in Verbindung gebracht“ (Ethik, 312). Whrend diese Aussage im Bezug auf „Mirakel“ und „Glossolalie“ auch zutrifft, çffnet sich hier doch die von Holtz thematisierte Frage, ab welchem Grad manifester Pneumatologie von „besonderen Kraftwirkungen“ des Geistes îberhaupt zu sprechen ist; wenigstens von Prophetie – in 1Kor 14 ganz parallel zur Glossolalie behandelt – ist ja explizit die Rede. – Gar nicht im Sinne charismatischer Gemeindephnomene, sondern im Kontext der Weigerung des geistbegabten Propheten, das Wort Gottes angemessen zu verkînden (analog zu Jer 20,9), deutet Bruce den Vers (vgl. Thess, 125). – Gewiss nicht mehrheitsfhig ist Schmithals’ Meinung, der in 1Thess 5,19 ff. einen paulinischen Affront gegen gnostische Pneumatiker sieht (vgl. Paulus und die Gnostiker, 124 – 126). 1338 Vgl. Dibelius, Thess, 31 f.; Dobschîtz, Thess, 224 – 227; Haufe, Thess, 105 f.; Holtz, Thess, 258; Schmithals, Paulus und die Gnostiker, 124.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

war und deswegen nicht regelmßig betont werden musste: Der „heilige Geist“ wird zu einer Formel.

4.2. 1Thess 3,13 Die beiden Belege fîr ûcior in 1Thess 1,5 f. waren wegen der gemeinsamen Thematik des heiligen Geistes weiterfîhrend zu 4,8 zu lesen. Auch mit 1Thess 3,13 stehen wir in unmittelbarem Umfeld zum zentralen Abschnitt 4,1 – 8. In diesem Schlussvers der ersten Briefhlfte und Paulus’ Wunschgebet wird der Leser mit dem Aufgreifen von ûcioi/"ciys¼mg motivisch auf die durch "ciaslºr wesentlich bestimmte Parnese von 4,3 ff. gelenkt. Whrend in 3,13 die eschatologische Vollendung als Ziel angesprochen ist, geht 4,1 ff. in der chronologischen Perspektive wieder einen Schritt zurîck und thematisiert die bis dahin noch ausstehende Wartezeit. Die Motivik allerdings, das Heiligungs-/heilig-Leitmotiv von 4,3 – 8, ist in 3,13 grundgelegt und damit in den zentralen eschatologischen Horizont gestellt. 4.2.1. OR ûcioi – die Heiligen Wer mit den ûcioi, die bei Jesu Parusie nach 1Thess 3,13 mit ihm kommen werden, gemeint ist, war einst eine umstrittene Frage1339, stellt aber mittlerweile kaum noch einen Gegenstand der Diskussion dar: Gemeint sind gewiss nicht verstorbene Fromme, die den Parusie-Jesus begleiten werden, sondern Engel.1340 Eine Reihe von Argumenten weist 1339 Vgl. die Aufstellung bei Rigaux, Thess, 491 f., auf die in der spteren Diskussion immer wieder verwiesen wird (vgl. etwa Holtz, Thess, 146, Anm. 745; Mîller, Thess, 166). Vgl. zudem auch Dobschîtz, Thess, 152 f.; Malherbe, Thess, 214; Radl, Ankunft, 53, mit Anm. 4; Richard, Thess, 177 f. 1340 Vgl. Dobschîtz, Thess, 152 f.; Best, Thess, 152 f.; Bruce, Thess, 73 f.; Dibelius, Thess, 19; Dillersberger, Das Heilige, 51; Hanssen, Heilig/1, 26; Haufe, Thess, 65; Holtz, Thess, 146 – 148; Konradt, Gericht, 97, Anm. 435; Marshall, Thess, 102 f.; Morris, Thess, 114 f.; Mîller, Thess, 166 f.; Richard, Thess, 177 f.; Stettler, Heiligung, 35; Strack, Terminologie, 168 f.; Wiefel, Die Heiligen, 30. Unentschieden bleibt Malherbe, Thess, 214. Anders Rigaux (Thess, 491 f.) und Reese, der den Ausdruck auf die „heroes of sacred history as coming with the glorified Jesus“ beziehen will (Reese, Thess, 41); Hiebert ist sich sicher, dass sich der Ausdruck „mit allen Heiligen“ auf die verstorbenen Gemeindemitglieder bezieht (vgl. Thess, 167 f.). Bei Marxsen

4.2. 1Thess 3,13

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diese These als die wahrscheinlichste aus: Sowohl die Bezeichnung von Engeln als Heilige1341 als auch deren Funktion als Gottes Begleiter (und auch Vollstrecker) beim Endgericht1342 ist in atl. und frîhjîdischer Literatur breit belegt.1343 Herauszugreifen ist unter den motivgeschichtlichen Vergleichsbelegen besonders Sach 14,5/LXX als direkter Vorlagevers fîr 1Thess 3,13: Hier erscheinen beim endzeitlichen Kommen JHWHs p²mter oR ûcioi let( aqtoO, ebenfalls ist offensichtlich an Engel gedacht.1344 Das Motiv von Engeln als Begleiter der endzeitlichen Gotteserscheinung îbertrgt Paulus auf die Parusie Christi und „theo-logisiert“ damit auch

spricht seine reformierte Tradition, wenn er die Diskussion, ob hier Glubige, die Gesamtheit der Gerechten oder Engel gemeint seien, schlechterdings fîr îberflîssig erklrt, da fîr Paulus diese Vorstellungen durchaus austauschbar seien (vgl. Marxsen, Thess, 56 f.). 1341 Vgl. Ps 89,6.8; Hi 15,15; Dan 4,10 = 4,13/LXX; 4,14 = 4,17/LXX; 4,20 = 4,23/LXX (a=j%K(9! L=W% 4p)@!B( 8:) ;# =7%9! /MT = ja· B fqasir fti %ccekor 1m Qsw¼i/ LXX!); 8,13; Sach 14,5; Sir 42,17; wohl auch Hos 12,1/MT (beachte aber LXX!, vgl. Mîller, Art. a7K, 601); in 1Hen hufig als ausdrîckliches Attribut fîr Engel oder Engelnamen, aber auch absolut: 1Hen 1,9; 12,2; 14,23 (vgl. Textkritik [Uhlig, 541]); 20,1 – 7; 21,5.9; 22,3; 24,6; 27,2; 32,6; 33,3; 38,4; 46,1; 47,2; 60,4; 71,1; 100,5 u. ç.; Tob 8,15; 11,14; 12,15. Ebenso 1QS 11,8; 1QSb 4,28; 1QH 3,22; 10,35; 1QM 10,11; 12,1a; 21,1; Jub 33,12; TestLev 3,3 – 9. Nicht ganz eindeutig ist Ps 16,3: Wahrscheinlich ist an Fremdgçtter gedacht (vgl. Dahood, Ps I, 87 f.; Hossfeld/Zenger, Ps I, 111; Ringgren, Art. a7K, 1199; fîr religionsgeschichtliche Parallelen hierfîr vgl. Dahood, Ps I, 87 f.); anders Kraus, der diese Mçglichkeit gar nicht erwgt, sondern zwischen den beiden Bedeutungsmçglichkeiten der „Frommen im Lande“ und der „Priester“ sich fîr letztere entscheidet (vgl. Ps I, 121); Fremdgçtter am wahrscheinlichsten auch in Hi 5,1 (obwohl Ringgren, Art. a7K, 1200, fîr Engel pldiert). Ebenfalls unklar ist Spr 9,10: Haag, Dan, 60, denkt an Engel (vgl. auch Plçger, Spr, 100); hingegen Fox, Proverbs 1 – 9, 418, votiert fîr Menschen; denkbar wren aber auch „heilige Dinge/Angelegenheiten“ (vgl. Fox, Proverbs 1 – 9, 418). – Fîr unterschiedliche Funktionen von Engeln in AT und Frîhjudentum vgl. Seebaß, Art. Engel II, 583 – 586; sowie Grçzinger, Art. Engel III, 586 – 596. 1342 Vgl. Sach 14,5; Dtn 33,2 (LXX!: a7û 1K N*55!L% ist durch Lehnîbersetzung s»m luqi²sim Jadgr wiedergegeben und anschließend die %ccekoi let( aqtoO [sc. toO juq¸ou] als Theophaniebegleiter ergnzt); Dan 7,10; Ez 9,3; Mal 3,1; 1Hen 1,9 (= Jud 14 f.); 10,1 – 22; 53,3 – 7; 54,6; 55,3; 56,1 – 6; 62,11; 63,1; 100,4 f.; AssMos 10,2; Sib II, 242; 1QH 10,35. Vgl. auch Kittel, Art. %ccekor jtk., 83.; Bruce, Thess, 73 f. 1343 Vgl. zu den genannten Einzelbelegen zusammenfassend Wiefel, Die Heiligen, 35 – 38. 1344 Vgl. Meyers/Meyers, Zechariah, 429 f.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

die Rolle Christi.1345 In Kontinuitt dazu sind in christlicher Literatur Engel als „Heilige“1346 sowie als Begleiter der Christusparusie und beim Endgericht dann auch ausreichend bezeugt.1347 Aufschlussreich ist hierbei besonders Mt 25,31, da dieser Vers ebenso wie 1Thess 3,13 (noch nher) nach Sach 14,5 formuliert ist und hier oR ûcioi verdeutlichend durch oR %ccekoi ersetzt ist, wohl in der Absicht, die Mehrdeutigkeit von oR ûcioi zu vermeiden. Zum Motiv der Engel als Funktionstrger bei der Christusparusie passend ist ebenfalls der Ruf des Erzengels zur Einleitung der Parusie in 1Thess 4,16. Das zweite wichtige Argument fîr die Deutung der ûcioi in 1Thess 3,13 als Engel ist das textinterne, dass das Kommen verstorbener „heiliger“ Menschen mit Christi Parusie der eschatologischen Vorstellung des Briefes widerspricht. Nach 1Thess 4,16 f. befindet sich zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Mensch „mit Christus“ und kann nicht mit ihm erscheinen. Stattdessen werden die „Toten in Christus“ erst bei Ankunft Christi auferstehen und im Anschluss an die allgemeine Totenerweckung haben alle „zugleich“ (ûla) Anteil an der gemeinsamen Entrîckung und dem anschließenden „Sein mit dem Herrn“. Wenn man zudem bedenkt, dass die Gemeindemitglieder auch ansonsten in 1Thess nicht als „Heilige“ bezeichnet bzw. angeredet werden, stellt die Bezeichnung von Engeln als „Heilige“ in 1Thess keineswegs eine „Ausnahme“ zum sonstigen paulinischen Gebrauch des Begriffs dar1348, sondern ist vielmehr mit diesem kohrent.1349 1345 Vgl. Holtz, Thess, 147; Kittel, Art. %ccekor jtk., 82 – 85; Mîller, Thess, 166 f. Paulus setzt sich mit diesem Motiv der „Theo-logisierung“ Christi von herkçmmlicher jîdischer Messiaserwartung ab, da das zeitgençssische Judentum das Kommen des Messias nicht von Engeln umgeben sah (vgl. Holtz, Thess, 147, mit Anm. 757; vgl. ebenso auch Bill. I, 973). Die paulinische Interpretation wird dann auch spter aufgegriffen in ApkEl 32,8 (mit Schrage, ApkEl, 252, Anm. f ); auch 43,10 (vgl. allerdings die abwgend Schrage, ApkEl, 273, Anm. g); 4Esr 7,28. 1346 Ntl. nicht hufig Mk 8,38; Lk 9,26; Apg 10,22; Apk 14,10. 1347 Vgl. Mk 8,38; 13,27; Mt 13,41; 16,27; 24,31; 25,31; Lk 9,26; 2Thess 1,7; Apk 7,1 ff.; 14,14 ff.; AscJes 4,14 – 16; ConstAp VII,32; ApkPetr (th.) 1. Erst Did 16,7 bezieht mit der Zitation von Sach 14,5 die Heiligen auf Menschen (vgl. Richard, Thess, 177). 1348 So Best, Thess, 153. 1349 Stettlers Interpretation: „Dass mit ûcioi einmal Engel, meistens aber die geheiligte Gemeinde auf Erden bezeichnet wird, ist ein …Hinweis darauf, dass beide miteinander die heilige Gemeinde vor Gottes Thron bilden“ (Heiligung, 35), hat hier keinen Ansatz im Text und ist zu synchron gedacht.

4.2. 1Thess 3,13

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Zur Bezeichnung von Glubigen als „heilig“ bei Paulus Die Bezeichnung bzw. Anrede der Christen als „Heilige“ begegnet, vorwiegend (doch nicht ausschließlich) in Eingangs- und Schlussgrîßen, in allen paulinischen Briefen mit den beiden Ausnahmen von 1Thess und Gal.1350 In Gal ist das Fehlen dieser Bezeichnung durch das angespannte Verhltnis der Adressaten zu Paulus und dessen Ungewissheit îber deren Glaubensstand unschwer einsichtig zu machen. Der Negativbefund fîr 1Thess hingegen verlangt nach anderer Erklrung, auch bei lediglich fînf verbleibenden authentischen paulinischen Briefen. Beobachtungen e silentio unterliegen freilich immer einem gewissen Misstrauen und fînf verbleibende Briefe sind nicht viel. Doch die ûcioi-Nennungen in ihnen sind m. E. ausreichend zahlreich, um statistisch relevante Schlussfolgerungen zu erlauben. Gleichzeitig muss auffallen, dass Paulus in 1Thess die Bezeichnung der Gemeindeglieder als heilig vermeidet, obwohl er in diesem Brief durchaus großes Interesse an der Heiligkeitsthematik insgesamt zeigt. Nicht die Nicht-Verwendung dieser Bezeichnung in 1Thess als solche verlangt also nach Erklrung, sondern die Diskrepanz zwischen Nicht-Verwendung in 1Thess und Hufigkeit in den anderen Briefen bei gleichzeitig erhçhtem Interesse an der Thematik in 1Thess und geringerem in den anderen. Schlîssig begrîndet hingegen liegt die Vermeidung der „Heilig“-Titulierung von Gemeindegliedern in 1Thess in der eschatologischen Grunddimension der Lehre von Heiligung: Die noch auf der Erde lebenden Glubigen stehen erst in einem Prozess der Heiligung, haben aber noch nicht teil an der Qualitt vollendeter Heiligkeit, die ihnen das Attribut des Heiligen erst spter zukommen lassen wird. Vergleichsvers 1Kor 1,2 Im Prskript dieses nur wenige Jahre nach 1Thess geschriebenen Briefes whlt Paulus die Doppelformulierung Bciasl]moir 1m Wqist` (IgsoO, jkgto?r "c_oir. Diese nachgestellte Anrede jkgto?r "c¸oir in 1Kor 1,2 ist der frîheste paulinische Beleg zur Bezeichnung von Christen als Heilige. Spter im Brief kann Paulus die Gemeindeglieder auch absolut als ûcioi bezeichnen (1Kor 6,1.2; 14,33; 16,15. 16,1 bezieht sich speziell auf die Jerusalemer Gemeinde). Der Chronologie der Paulus-Briefe folgend erscheint ab 2Kor die Titulierung dann auch in den Prskripten. 1350 Heilige in Rçm 1,7; 8,27; 12,13; 15,25.26.31; 16,2.15; 1Kor 1,2; 6,1.2; 14,33; 16,1.15; 2Kor 1,1; 8,4; 9,1.12; 13,12; Phil 1,1; 4,21.22; Phlm 5.7; zudem Geheiligte in Rçm 15,16; 1Kor 1,2.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

Betrachten wir den Beleg von 1Kor 1,2 nher: In 1Kor ist der Adressat des Schreibens bereits in 1,2 mit t0 1jjkgs¸ô toO heoO t0 ous, 1m Joq¸mh\ genannt. Die Bezeichnung der christlichen Gemeinschaft als 1jjkgs¸a hat in 1Thess ihre Parallele sowohl in der Anrede (1,1) als auch spter im Text (2,14). Ebenfalls parallel zu 1Thess 1,1 folgt in 1Kor 1,2 unmittelbar die Ortsbestimmung, in 1Thess lediglich personalisiert Hessakomij´yr im Gegensatz zur Nennung des reinen Stdtenamens 1m Joq¸mh\. Strukturell liegt in 1Kor gegenîber 1Thess diesbezîglich soweit keine Neuerung vor. Im Gegensatz zu 1Thess ergnzt Paulus nun in 1Kor die Anrede durch doppelte Apposition, bevor er, wiederum analog zu 1Thess, mit einer christologischen bzw. theo-logischen Przisierung weiterfhrt (1Kor: s»m p÷sim to?r 1pijakoul´moir t¹ emola toO juq¸ou Bl_m (IgsoO WqistoO jtk.; 1Thess: 1m he` patq· ja· juq¸\ (IgsoO Wqist`). Diese doppelte Apposition in der Anrede in 1Kor, die das îber den Vergleichsvers in 1Thess 1,1 hinausweisende Strukturelement ist, wird hufig pleonastisch gelesen oder ganz îbergangen.1351 Im Rahmen der Chronologie der paulinischen Schriften und den Ergebnissen zum Heiligungs- bzw. Heiligbegriff in 1Thess folgend bietet sich jedoch an, hier eine sich entwickelnde Anrede zu erkennen: Nachdem in 1Thess die Bezeichnung der thessalonischen Glubigen als „Heilige“ Paulus nicht belegt, vielleicht noch gar nicht bekannt ist, liegt sie ihm bei Abfassung von 1Kor zwar vor, doch hat sie sich noch nicht als Formel stabilisiert. Beide Teile der doppelten Apposition von 1Kor 1,2 nennen Formen von "c-: die erste davon im Partizip von "ci²feim. Dieses Verb ist auch schon aus 1Thess 5,23 bekannt und enthlt den damit gegebenen Prozesscharakter, 1351 Vgl. etwa Orr/Walther, 1Cor, 142 f.; Lang, Kor, 16; Merklein, 1Kor I, 73 f. („semantische Substituierbarkeit“, ebd., 73); Moffatt, 1Cor, 4 f.; Wolff, 1Kor, 16 f. Ausfîhrlich ußert sich Schrage, 1Kor I, 103 f. Er verweist auf den apokalyptischen Charakter der Bezeichnung „Heilige“ fîr Menschen (mit Verweis auf Dan 7,18.22.25.27; Dan 7,21; 8,25; allgemein essenischen Sprachgebrauch; auch 1Hen 62,8) und kommentiert fîr 1Kor 1,2: „Christen sind in und durch Jesus Christus heilig, nicht durch und in sich selbst. Man wird hier zwischen instrumentalem und lokalem Verstndnis von 1m kaum entscheiden dîrfen. Christen gewinnen ihre Heiligkeit allein durch Christus Jesus und sein heilschaffendes Handeln, und sie bewahren sie allein in Christus Jesus, d. h. in dem von ihm und seiner Heilstat bestimmten Heils- und Herrschaftsbereich. Daß Heiligkeit den Christen nicht durch sie selbst zukommt, sie nur als von Gott Geheiligte heilig sind und ihm als solche unwiderruflich zugehçren (vgl. das in den Prskripten singulre Perfekt!), besttigt die zweite Apposition ,berufene Heilige‘ (vgl. Rçm 1,7). Gott selbst ist es, der zur Heiligkeit beruft … und damit zu Heiligen macht“ (Schrage, 1Kor I, 103).

4.2. 1Thess 3,13

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die Form des Partizip Perfekt hingegen stellt ein îber den Optativ von 1Thess 5,23 hinausgehendes Gegenwrtigsetzen des Heiligens zum Geheiligt-Sein dar. Noch îber diesen Schritt hinaus geht die zweite Apposition, die das reine Adjektiv ûcior whlt, das sie allerdings dennoch mit dem traditionellen, wiederum aus 1Thess 2,12; 4,7; 5,24 bereits bekannten Element des Gerufen-Seins verbindet.1352 In 1Kor 6,1.2 schließlich hat sich die Bezeichnung der Glubigen als ûcioi verselbstndigt, wird von Paulus allerdings als Kontrastbegriff, nicht zu den diesseitig lebenden Menschen îberhaupt, sondern zu den unglubigen „Ungerechten“ eingesetzt.1353 Diese kurze Bezeichnungshistorie von ûcioi fîr christusglubige Gemeindeglieder kann als Hinweis darauf verstndlich gemacht werden, dass sich die Bezeichnung erst allmhlich etablieren musste. Sie bezieht sich freilich auf zwei heidenchristliche Gemeinden auf heidnischem Territorium. Die Bezeichnung der Jerusalemer Gemeinde ist anders verlaufen. Hier liegt sprachlich, aber auch theologisch eine unterschiedliche Ausgangslage vor: Im AT ist die Rede von der Heiligung und dem Ruf zum Heiligsein des erwhlten Volkes schon relativ frîh belegt.1354 Dies bereitet die Bezeichnung von Menschen als „Heilige“ vor, um JHWH-Zugehçrigkeit zu betonen. Doch bleibt dies zunchst selten.1355 In spterer Zeit, v. a. in der Apokalyptik und in Qumran, werden die JHWH-Zugehçrigen hufiger als „Heilige“ bezeichnet. In beiden dieser fîr die Entwicklung der Bezeichnung wichtigen Gruppierungen bzw. Denkstrçmungen gewinnt die Benennung von Menschen als „heilig“ eine ausdrîcklich eschatologische Note. In apokalyptischen Texten wird sie 1352 Das Gerufen-Sein der Gemeinden weist philologisch eine zu diesem Formulierungsprozess von "ci²feim/"ciaslºr zu ûcior analoge, nur weniger auffllige, da durch weniger Belege gestîtzte Entwicklung auf: Whrend alle Belege in 1Thess Verbformen benîtzen (Partizip Prsens in 2,12; 5,24; Indikativ Aorist in 4,7), whlt Paulus ab 1Kor im titularen Gebrauch hufig das Adjektiv jkgtºr (vgl. 1Kor 1,1.2.24; Rçm 1,1.6.7; 8,28). 1353 Die These einer Entwicklung der paulinischen diesbezîglichen Lehre und Formulierungen wird auch durch die Textkritik zu 1Thess 5,27 gestîtzt, wo frîh (C. Alexandrinus), aber dennoch eindeutig sekundr, zu p÷sim to?r !dekvo?r ein "c¸oir eingeschoben ist (in Parallele zu 1Thess 3,13; vgl. auch Rçm 16,15; 1Kor 14,33; 2Kor 1,1; 13,12; Eph 1,15; 3,8.18; 6,18; Phil 1,1; 4,21.22; Kol 1,4; Phlm 5; Hebr 13,24; Apk 8,3). 1354 Vgl. Ex 19,6; Lev 11,44 f.; dann im sog. Heiligkeitsgesetz 19,2; 20,7.8.26; 22,32. 1355 Vgl. etwa Num 16,3; Dtn 33,3 (anders Haag, Dan, 60); Ps 16,3; 34,10; Jes 4,3; Jer 2,3; auch Ez 46,20; speziell fîr den Priester Ps 106,16; 2Chr 23,6.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

mit großer Mehrheit zur Kennzeichnung der endzeitlich Vollendeten, ggf. bereits bei Gott Weilenden, eingesetzt1356 ; in Qumran ist sie als Selbstbezeichnung gebruchlich, um den Anspruch, das wahre eschatologische Israel zu sein, auszudrîcken.1357 Der frîheste Beleg fîr diesen Sprachgebrauch speziell angewandt auf die Jerusalemer Christusglubigen ist 1Kor 16,1. Durch die Ungunst der ˜berlieferung fehlen unmittelbare Belege fîr eine Begriffsgeschichte 1356 Vgl. etwa Dan 7,18.21.22.25.27 (anders Haag, Dan, 60; vgl. aber Hartmann/ Di Lella, Dan, 207); 8,24; 12,7; PsSal 11,1; TestLev 18,11.14; TestDan 5,12; 1Hen 48,1; 38,4.5; 38,7; 39,4; 41,2; 50,1; 51,2; 58,3.5; 62,8; 65,12; 100,5; Sib V, 432). Ohne eschatologischen Konnex SapSal 18,9; 4QpPs 37 3,7. Vgl. insgesamt Kuhn, Enderwartung, 90 – 93; Hanssen, Heilig/1, 26. Die Nhe der Heiligen an Gottes Reich kann so eng werden, dass teilweise nicht mehr genau zu erkennen ist, ob sich Absolutnennungen von „Heiligen“ auf Engel oder Menschen im kommenden øon beziehen. Beispielhaft fîr diese Verwischung sei Tob 8,15 genannt: Der Parallelismus Heilige/Geschçpfe zu Engel/Auserwhlte legt m. E. deutlich nahe, die Heiligen auf Engel zu beziehen, doch offenbar hlt der Autor des Buches die Unterscheidung gar nicht mehr fîr relevant. Ego bezieht die Heiligen offenbar auf Menschen, denn sie verweist auf eine Anzahl anderer atl. Belege, die sich auf Menschen beziehen (Dtn 33,3; 1Sam 2,9; 2Sam 22,26; 2Chr 6,41; Ps 4,4; 12,2; 18,26; 30,5; 37,28; 52,11; 97,10; vgl. Ego, Tobit, 975, Anm. zu 8,15 b). Von diesen Belegen nennt jedoch nur Dtn 33,3 tatschlich eine Form von "c- (Bciasl´moi), die anderen verwenden andere Wortstmme (meist Formen von fsior). Es liegt hier somit insgesamt eine mindestens philologisch ungenaue Interpretation vor. Einzig Dtn 33,3 zeigt in der Tat die Heiligen als JHWH-zugehçrige Menschen. Ein weiteres Beispiel ist Hos 12,1, wo bereits LXX aus dem Plural A=a%|7K! (wohl fîr Engel, vgl. Anm. 1341) den ka¹r ûcior macht. Vgl. auch die (beabsichtigte?) Nebeneinanderstellung von Heiligen/Engeln und Heiligen/auserwhlten Menschen in 1QM 12,1. Ebenfalls mit unklarer Trennung noch OdSal 7,16. Ausnahmen fîr diese spte Zeit, in der Menschen heilig genannt werden, ohne damit den Aspekt eschatologischer Vollendung anzuzeigen, sind etwa 1Makk 1,46; 2Makk 15,24 fîr die JHWH-Treuen in momentaner, innerweltlicher Anfechtung. Dies ist aber auch fîr 1/2Makk untypische Verwendung von ûcior. I.d.R. steht ûcior in 1/2Makk bei Bund (1Makk 1,15.63), Stadt Jerusalem (1Makk 2,7; 2Makk 1,12; 3,1), Land (2Makk 1,7), Priestergewnder (1Makk 10,21; 2Makk 3,15), Berg (1Makk 11,37), Schriften (1Makk 12,9), Gesetze (2Makk 6,23.28), Sabbat (2Makk 5,25), Altar (2Makk 14,3), Gottes Wissen (2Makk 6,30), Schwert (2Makk 15,16) u. a.; am hufigsten aber im Plural fîr Tempel, Heiligtum (1Makk 2,12; 3,43.51.58.59; 4,41.43.48; 7,42; 10,44; 13,3.6; 14,15.29.31.42.43; 15,7 u. ç.). 1357 1QS 5,18.20; 8,20; 9,8; 1QSa 1,9; 1QSb 1,5; 1QH (6,13); 7,10; 1QM 3,5; 6,6; 10,10; 12,1b.7; 16,1; CD 4,6; auch 1QS 8,5. Vgl. zum Ganzen auch mit zahlreichen weiteren Belegen Brekelmans, Saints, 305 – 329; ebenfalls mehr im Kontext der Apokalyptik bei Dan und Qumran Dequeker, Saints, 108 – 187.

4.2. 1Thess 3,13

341

analog zur Bezeichnung der Heidenchristen als „Heilige“. Schrage u. a. gehen allerdings davon aus, dass die Verwendung in 1Kor 16,1 bereits auf einer lteren Selbstbezeichnung der Jerusalemer Urgemeinde basiert.1358 Schließt man sich dieser Meinung an und geht davon aus, dass diese Selbstbezeichnung motivgeschichtlichen auf der Basis entsprechender Vorbilder apokalyptischen Denkens und/oder von Qumran zu verstehen ist, ist mit der Bezeichnung auch das eschatologische Moment der besonderen Gottesnhe mitgegeben.1359 Es ergibt sich also, dass oR ûcioi als Bezeichnung fîr die Christusglubigen in Jerusalem wahrscheinlich bereits frîher gngig war und von Paulus erst im Laufe der Zeit auf heidenchristliche Gemeinden îbertragen wurde. 1Thess scheint noch kurz vor Herausbildung der Vorstellung zu stehen, dass die Qualitt des Heiligseins, die unproblematisch der Jerusalemer Gemeinde beigemessen wurde, auch heidenchristlichen Gemeinden zukme. Bei Abfassung von 1Thess hlt Paulus noch dafîr, dass, obschon Judenchristen offenbar bereits „Heilige“ sind, die thessalonischen Heidenchristen erst in „Heiligung“ stehen. Abgesehen vom Heiligen Geist, den Gott den Glubigen als !paqw¶ bzw. !qqab¾m gibt (auch dies sind erst sptere Begriffe, vgl. 2Kor 1,22; 5,5; Rçm 8,23), treffen die heidenchristlichen Glubigen das Heilige erst bei deren eschatologischer Vollendung. Mit der Parusieverzçgerung verndert sich fîr den Begriff der Heiligung bzw. des Heiligseins dann zweierlei. Zum einen verliert er seine klare eschatologische Orientiertheit und gewinnt stattdessen einen strker diesseitigen Sitz im Leben: Dadurch entsteht Raum fîr dessen nachfol1358 Vgl. Schrage, 1Kor IV, 426 f., mit Anm. 19; auch Asting, Heiligkeit, 151 – 159; Stettler, Heiligung, 436. Vahrenhorst bezieht sich mit der Annahme einer lteren Bezeichnungstradition nicht nur auf die Christen in Jerusalem, sondern im ganzen Land Israel (vgl. Sprache, 220 – 222). 1359 Vgl. Weiss, „Heilig“, 59. Hinzukommt freilich die Mçglichkeit einer Anlehnung an die traditionelle Bezeichnung Jerusalems als der „heiligen Stadt“ (Neh 11,1.18; Jes 48,2; 52,1; 64,9; Dan 3,28; 9,24; Joel 4,17; Tob 13,10; 1Makk 2,7; 2Makk 1,12; 3,1; 9,14; 15,14; 3Makk 6,5; Oden (LXX) 7,28; dann auch ntl. in Mt 4,5; 27,53; Apk 11,2; 21,2.10; 22,19); vgl. Berges, Jesaja 40 – 48, 514; Otto, Jerusalem, 92 f. Die absolute Bezeichnung der Jerusalemer Gemeinde als oR ûcioi blieb der Urgemeinde ja auch aufgrund ihrer historischen Primrstellung und der Anwesenheit der Apostel als Titel erhalten, auch nachdem sich in anderen Stdten christliche Gemeinden gebildet hatten (vgl. zustzlich zu 1Kor 16,1 auch 2Kor 8,4; 9,1.12. Vgl. bereits Asting, Heiligkeit, 152 – 157).

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

gende, allmhlich einsetzende Ethisierung.1360 Zum anderen wird mit der Verselbstndigung der Heidenmission, deren Ausbreitung durch Paulus’ Wirken, sowie der strker deutlich werdenden Ablçsung des Heidenchristentums vom Judenchristentum1361 die Kategorie des Heiligseins fîr Heidenchristen geltend gemacht, die zunchst – folgt man der hier nachgespîrten Begriffshistorie – nur den jîdischen Christusglubigen zukam.1362 In 1Thess bringt Paulus das Konzept der Gottesbeziehung der heidenchristlichen Glubigen anhand unterschiedlicher Begriffe zu Sprache1363 : Sie sind von Gott Geliebte (1,4), Erwhlte (1,4), Berufene (2,12; 4,7; 5,24), haben den heiligen Geist in der Evangeliumsverkîndigung erfahren und selbst empfangen (1,5; 4,8) und als Glaubende rezipiert (die beiden Belege 2,10.13 wirken mit der betonten Nachstellung von rl?m to?r piste¼ousim beinahe titular; vgl. auch 4,14). V.a. mit den Begriffen der Liebe, Erwhlung, Berufung und Geistgabe werden ebenfalls Kategorien und Prdikate auf die bekehrten Heiden an1360 Diese Entwicklung wre freilich aufgrund genauerer Exegesen der spteren ntl. Literatur detaillierter nachzuzeichnen. Auf jeden Fall ist zu unterscheiden zwischen dem Verlust einer eschatologischen Ausrichtung des Heiligkonzeptes, der ziemlich frîh erfolgte und unmittelbar als Folge auf den Ausbleib der Parusie zu deuten ist, und einer spter einsetzenden Ethisierung: Ein ethisches Verstndnis von Heiligung tritt nicht sofort auf den Plan, sobald deren eschatologische Ausrichtung aus dem Blick gert. Eine erste Spur von Ethisierung scheint zwar bereits an der Formulierung 1m "ciasl` ja· til0 4,4fin erkennbar zu sein (vgl. 3.3.2.), doch genuin ethischen Sinn erreichen die Begriffe ûcior, "ciaslºr und "ci²fy in den authentischen Paulusbriefen m. E. nie (vgl. etwa fîr eine tauftheologische Interpretation von "ciaslºr Schnelle, Paulus, 210). Dies gilt auch noch fîr den grçßten Teil des restlichen NT. Erst spte Texte wie Hebr 12,14; 1Tim 2,15; 1Petr 1,2 belegen relativ klare Nennungen fîr ein ethisches Verstndnis von "ciaslºr. Mit Eph 1,4; Kol 1,22; 1Petr 1,15; 2Petr 3,11; sowie vielleicht Eph 5,27 befinden sich ethische Belege fîr ûcior ebenfalls deutlich am Rande ntl. ˜berlieferung. Die frîhe unpaulinische, aber von allen Textzeugen belegte Einfîgung "ciys¼mg in 2Kor 7,1 (vgl. Anmm. 129. 183. 1387) ist dann allerdings eindeutig ethisch verstanden. Vgl. hierzu Weiss, „Heilig“, 62 – 64. 1361 Vgl. Frankemçlle, Frîhjudentum, 277 – 283; Schnelle, Paulus, 162 – 176. 1362 Irrefîhrend sind damit an das bekannte, vielfach zitierte Pindar-Wort (vgl. unter 5.1.) anknîpfende Formulierungen, wenn sie sich konkret auf 1Thess berufen, wie: „Gottes Wille fîr die Heiligen ist ihre Heiligung (1Thess 4,3 f.7; Rçm 6,22)“ (Schrage, Einzelgebote, 188); oder: „Heilig geworden, vollzieht man die Heiligung“ (Becker, Paulus, 143); und: „Geistgeleitete Heilige mîssen heilig leben“ (ebd., 144). 1363 Vgl. Bçrschel, Konstruktion, 142 – 152.

4.2. 1Thess 3,13

343

gewendet, die ursprînglich aus der JHWH-Israel-Verbindung stammen.1364 Das Liebesverhltnis begrîndet Israels Rettung aus øgypten (vgl. Dtn 4,37; 7,8), es stellt eine Exklusivbeziehung zum Volk dar (vgl. Dtn 10,15) und begrîndet das erhaltende Handeln Gottes an seinem Volk (v. a. in prophetischer Literatur vgl. Jes 63,9; Jer 31,2 – 4; Ez 16, 8 – 14; Hos 11,4; Zeph 3,17; Mal 1,2); ebenso ist die Aktion Hos 1 – 3 zur dramatischen Darstellung von Gottes unumstçßlicher Liebe zu seinem Volk zu nennen (vgl. insbes. das dreifache C?ú@), Hos 2,8,11.161365). Und nicht nur dem Volk gilt Gottes Liebe, das Liebesverhltnis begrîndet auch die Gabe des Erblandes (vgl. Ps 47,5), so wie seine Liebe auch ausdrîcklich dem gegebenen Land gilt (fîr Zion vgl. Ps 78,68). – Das Bewusstsein des von Gott erwhlten Volkes stellt einen zentralen, frîh belegten Aspekt von Israels Selbstverstndnis dar1366 (vgl. Dtn 4,37; 7,6.7; 10,15; 14,2; 1Kçn 3,8; Neh 9,7; Ps 33,12; 135,4; Jes 41,8.9; 43,10; 44,1.2; aber auch Num 16,5; Dtn 18,5; 21,5; 1Sam 2,28; Hag 2,32 zeigen den besonderen Ruf zur Nhe Gottes und priesterlichen Dienst an Gott durch Erwhlung; vgl. auch Rçm 9,11.24; 11,28 f.); und auch hier gilt die Erwhlung nicht nur dem Volk, sondern auch dem Land und der Stadt (vgl. 1Kçn 8,44.48; 11,13.32.36; 14,21; 2Kçn 21,7; 23,27; Neh 1,9; Ps 132,13; Sach 3,2). So wie sich der Liebesbegriff mit dem der Erwhlung îberschneidet (vgl. die Nebenanstellungen Dtn 4,37; 7,7; 10,15), îberlappt er sich auch mit dem Heiligbegriff (vgl. Dtn 7,6; 14,2). – Atl. wohl etwas weniger auffllig ist die Kategorie der Berufung: Man erinnert sich an prominente Prophetenberufungen (vgl. 1Sam 3; Jes 6; aber auch Jes 40; Jer 1; Ez 2), wiederholtes Rufen Gottes an Mose an zentraler Stelle zur Verkîndigung (vgl. Ex 3,4 ff.; 19,3 ff.; 19,20 ff.; 24,16; Lev 1,1 ff.), an Gottes Rufen im Schçpferwirken (vgl. Gen 1,3 ff.; zudem v. a. DtJes wie Jes 40,26; 41,4; 42,6; 43,1). Der Ruf an Israel bzw. seine Stammvter wird ausgedrîckt in Jes 45,3 f.; 48,15; 49,1; 51,2; Mi 6,9; hierzu kommt der Ruf an die verlassene Frau (vgl. Jes 54,6) und Gottes Werben um sein Volk (vgl. Hos 11,2); der rettende Ruf wird ausdrîcklich in Joel 3,5 angesprochen; doch auch der vergebliche, ungehçrte Ruf gehçrt dazu (Jer 7,13). Auch hier gilt, dass das Rufen Gottes auch gleichzeitig mit seiner Liebe (Jes 48,14 f.) oder der Erwhlung (Jes 41,9) ausgedrîckt werden kann. – Die Geistgabe ist atl. zunchst auf Einzelpersonen konzentriert und hat v. a. in der Frîhzeit im charismatischem Fîhrertum sowie im (vorschriftlichen) ekstatischen Prophetentum ihren festen Sitz. Hufig bezieht sie sich auf konkrete Einzelhandlungen oder -situatio1364 Vgl. Stettler, Heiligung, 46 f.90.434 – 439. 1365 Vgl. anschaulich Verweyen, Theologie, 69 – 75. 1366 Vgl. Braulik, Art. Erwhlung, 582 f.; Dunn, The New Perspective on Paul, 92; ders., The New Perspective on Paul: Paul and the Law, 138; Irsigler, Unheilsbotschaft, 79 – 85; Marshall, Election, 263 f., mit Anm. 13; Seebass, Art. L;(h), 602 – 606 (III.5.); ders., Art. Erwhlung, 186 f. Seybold, Art. Erwhlung, 1478 – 1481 („[Der Begriff der Erwhlung] ist zum Inbegriff dessen geworden, was die Existenz Israels begrîndet“, ebd., 1478).

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

nen1367 (vgl. Ex 31,2 f.; 35,30 f.; Num 11,17.25 – 29; 27,18; Dtn 34,9; Ri 3,10; 6,34; 11,29; 14,6.19; 15,14; 1Sam 10,6.10; 16,13; 19,20.23; 2Chr 15,1; 24,20; Ps 51,13; Jes 11,2; 42,1; 48,16; 61,1; Ez 2,2; 3,24; 11,5; Mi 3,8). Die Geistausgießung îber das gesamte Volk ist hingegen ein spterer, in exilischer und nachexilischer Zeit jedoch auch regelmßiger Topos, der neben die individuelle Geistverleihung tritt (vgl. Jes 44,3; 59,21; Ez 11,19; 18,31; 36,26.27; 37,14; 39,29; Joel 3,1.2; Hag 2,5; Sach 12,10).1368 Dieser Topos steht im Kontext von endzeitlichem Gericht und Heil, ˜berwindung von Gottlosigkeit und Errichtung eines neuen, paradiesischen Friedensreiches.1369 Die atl. seltene Verbindung „heiliger Geist“ oder „Geist der Heiligkeit“ (Ps 51,13; Jes 63,10.11) tritt erst in der Sptzeit auf.1370 Wiederum îberschneidet sich das Motiv der Geistverleihung mit dem der Erwhlung (vgl. ausdrîcklich Jes 42,1) und der Berufung (vgl. Ez 2,2).

Alle diese Beziehungsprdikate zwischen Israel und JHWH werden von Paulus offenbar problemlos auf die heidnischen Christusglubigen angewendet. Doch kommt den Jerusalemer Glubigen darîber hinaus durch das Heiligsein eine eschatologische Qualitt der Gottesnhe zu, die den Thessalonichern noch nicht zugesprochen wird. Letztere haben Anteil an der Erwhlung, der Liebe, dem Ruf und dem Geist Gottes – sie haben noch nicht Anteil an dem gçttlichen Raum, der das Prdikat „heilig“ verdient. Von dieser Beobachtung aus ist es nochmals bezeichnend – und wirkt besttigend –, dass Paulus sich beim ersten Mal, dass er Heiden „Heilige“ nennt (1Kor 1,2), an diese Bezeichnung langsam herantastet, indem er zunchst den entsprechenden Wortstamm nur als Partizip einfîhrt (Bciasl´moir) und sodann das Adjektiv "c¸oir an den bereits bekannten Traditionsbegriff der Berufenen (vgl. 1Thess 2,12; 4,7; 5,24) hakt (jkgto?r "c¸oir) – als welcher er dann auch spter belegt bleibt (vgl. Rçm 1,7). Dieses Detail weist erneut darauf hin, dass sich die Bezeichnung von Heidenchristen als „Heilige“ bei Abfassung von 1Kor noch nicht vollstndig entproblematisiert hatte. Gewiss: Diese Beobachtungen sind in 1Kor nur durch wenige Belege gestîtzt und basieren fîr 1Thess auf einer (wenngleich aufflligen) Leerstelle. Sie unterliegen daher einer hohen Labilitt und sollten nicht 1367 Vgl. zur Geschichte Albertz/Westermann, Art. ;( lL, 743 – 751 (2.–4.); Baumgrtel, Art. pmeOla jtk., 364 f. (3.); Seebass, Art. Geist, 767 f.; Tengstrçm, Art. ;( lL, 412 – 417 (V.3.). 1368 Vgl. Albertz/Westermann, Art. ;( lL,751 – 752 (5.); Sjçberg, Art. pmeOla jtk., 382 f.; Schreiner, Wirken, 19 – 21.44 – 49; Tengstrçm, Art. ;( lL, 417 f. (V.4.) 1369 Vgl. Crenshaw, Joel, 163 – 172; Wolff, Joel/Amos, 78 – 81; Kamlah/Klaiber, Art. Geist. pmeOla, 700 f.; Bieder, Art. pmeOla jtk., 368 (6.). 1370 Vgl. Albertz/Westermann, Art. ;( lL,752 (6.).

4.2. 1Thess 3,13

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durch zu viele darauf aufbauende Interpretationen belastet werden.1371 Akzeptiert man sie, kann der Negativbefund der ˜bertragung dieser unmittelbaren „eschatologische[n] Qualifikation aus der Jerusalemer Urgemeinde“1372 auf die thessalonischen Christen im frîhesten Paulusbrief als Hinweis dafîr gewertet werden, dass in diesem Stadium, nur zwei bis drei Jahre nach Apostelkonvent und Antiochenischem Zwischenfall, das Ringen um den eschatologischen Stand der Heiden vor Gott, bzw. das eschatologische Verhltnis von Heiden- und Judenchristen zueinander, trotz aller soteriologischer Zusagen (v. a. 1Thess 1,10b; 4,17; aber auch 2,13.19; 3,6 u. ç.) auch terminologisch noch nicht vollstndig ausgefochten war. 4.2.2. (Al´lptour 1m "ciys¼m, – „untadelig in Heiligkeit“? 1Thess 3,12 f. stellen den die erste Briefhlfte abschließenden Segenswunsch des Paulus an seine Adressaten dar. V.12 formuliert das Wachsen und Reich-Werden in Liebe zueinander und darîber hinaus auch generell „zu allen“. Als Vorbild bietet Paulus nochmals sich selbst mitsamt seinen Mitmissionaren an. Der Zweck des Wachsens in Liebe liegt in der Festigung der Herzen der Glubigen. Die Grammatik dieses Finalsatzes V.13 ist klar: Es handelt sich um finales eQr mit artikuliertem Infinitiv Aorist stgq¸nai plus Akkusativobjektiv mit vorgestelltem possessiv verwendetem Personalpronomen rl_m. Das nachfolgende Syntagma !l´lptour 1m "ciys¼m, bezieht sich syntaktisch am naheliegendsten auf das unmittelbar vorstehende jaqd¸ar, zu îbersetzen bzw. paraphrasieren wre demnach: „… um eure Herzen dahingehend zu strken, dass sie [sc. die Herzen] untadelig in Heiligkeit vor Gott unserem Vater … sind“. In diesem Falle wre !l´lptour Akkusativ femininum gedeutet. Eine textkritische Variante setzt statt Adjektiv !l´lptour Adverb !l´lptyr, wonach der Satzteil zu verstehen gbe: „… um eure Herzen zu strken, und damit untadelig zu sein in Heiligkeit vor Gott unserem Vater“. Diese Variante ist mit Sicherheit

1371 Allgemein zu dieser Methodik vgl. Sterne, Tristram Shandy V, 28fin.29 (= New/New, 462 – 464). 1372 Schrage, 1Kor I, 104.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

sekundr (der im Grunde einzige wesentliche Zeuge hierfîr ist C. Vaticanus).1373 Eine dritte (selten gewhlte) Interpretationsmçglichkeit liest wieder Adjektiv, jedoch als Akkusativ masculinum, und bezieht dieses wie bei adverbieller Lesart auf die angesprochenen Personen (nicht auf die Herzen). Das Problem dabei ist jedoch das Fehlen eines klaren Bezugsnomens bzw. -pronomens. Mîllers dahingehende ˜bersetzung beispielsweise: „… auf dass er strke eure Herzen als Untadelige in Heiligkeit“1374 folgt entweder der textkritisch nicht haltbaren adverbiellen Variante oder wîrde besser !l´lptym in Abhngigkeit von rl_m bençtigen.1375 Am sichersten bleibt !l´lptour auf jaqd¸ar bezogen.

Wie ist das Syntagma t±r jaqd¸ar !l´lptour 1m "ciys¼m, folglich zu verstehen? Die große Mehrheit der Belege fîr das Adjektiv %lelptor hat sowohl in LXX als auch im gesamten NT so gut wie eindeutig ethische Bedeutung (vgl. Est 3,13; Hi 1,1.8; 2,3; 4,17; 9,20; 11,4; 12,4; 15,14; 22,3; 22,19; 33,9; SapSal 10,9; 10,15; Lk 1,6; Phil 2,15; 3,6; 1Thess 2,10). Nicht-ethische Bedeutung liegt besser vor in Est 8,12/LXX (Esther als „untadelige“ Mitinhaberin der Kçnigswîrde: gedacht ist wohl primr an „wîrdig, ebenbîrtig“); SapSal 18,21 (wohl „mutig“, „die angemessenen [geistlichen] Waffen beherrschend“); 1Thess 5,23 (nicht nur Geist und Leib, 1373 Unklar ist in diesem Falle die Elberfelder ˜bersetzung: „Euch aber lasse der Herr zunehmen … um eure Herzen zu strken, untadelig in Heiligkeit vor unserem Gott …“ Die eingeschobene spitze Klammer lçst nicht die Frage, ob „untadelig“ auf „Herzen“ oder auf „euch“ zu beziehen ist. Malherbe stellt die adjektivische Variante klar: „… so as to establish your hearts blameless in holiness“ (Thess, 4.213; ebenso Bruce, Thess, 70); ebenso Holtz: „… um eure Herzen als tadelsfreie zu festigen …“ (Thess, 140). Dibelius stellt durch eingeschobene Klammer klar: „eure Herzen zu festigen, (daß sie seien) untadelig in Heiligkeit …“ (Thess, 18). Mînchener NT gibt sehr korrekt wieder: „… auf daß er strke eure Herzen als untadelige in Heiligkeit …“ (eigene Kursivsetzung). Auch die Lutherîbersetzung hat eine eindeutige Formulierung gefunden, der zwar die grammatikalische Struktur des Griechischen verndert, aber dennoch einen korrekten Weg bietet: „… damit eure Herzen gestrkt werden und untadelig seien in Heiligkeit …“ (eigene Kursivsetzung). Eine das Problem ganz umgehende Paraphrase bietet die Zîrcher Bibel: „So werden eure Herzen gestrkt, dass euch kein Tadel trifft und ihr heilig seid vor Gott …“ (eigene Kursivsetzung). 1374 Mîller, Thess, 162 (eigene Kursivsetzung). Noch deutlicher in diesem Sinne unterstreicht die E˜ noch extra: „damit euer Herz gefestigt wird und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott …“ (eigene Kursivsetzung). 1375 Auch erschließt sich keine grammatikalische Lçsung durch Zsurierung zwischen jaqd¸ar und !l´lptour (etwa durch elliptischen Neubeginn mit !l´lptour ; in diesem Falle wre als Subjekt %lelptoi zu erwarten).

4.2. 1Thess 3,13

347

sondern auch die Seele soll „untadelig“ bleiben parallel zu "ci²feim rl÷r bkoteke?r ; !l´lptyr bezieht sich nicht auf gefordertes Verhalten der Glubigen, sondern ist adverbielle Bestimmung zu tgqghe¸g1376). Ein eindeutig nicht-ethischer Beleg von %lelptor ist in Hebr 8,7 zu finden (der alte Bund

war nicht ohne Tadel, daher ist ein anderer an dessen Stelle gesetzt). Die Mehrheit der Belege bleibt jedoch¤ recht klar ethisch zu verstehen. Gen 17,1 ist aufschlussreich: A=B%N) 8=ú 8!9û =D( H)@! ý!qú8(N!8% wird in LXX ganz wçrtlich wiedergegeben mit eqaq´stei 1mamt¸om 1loO ja· c¸mou %lelptor. Hebr. ý@8 lsst ebenso an ethische Ausdeutung denken wie gr. eqaqgste?m, und zwischen der Wortgruppe ABN und den Wçrtern fîr „gehen“ und „Weg“ ist allgemein große Kontiguitt zu beobachten.1377 In diesem Falle bezieht sich A=B%N) jedoch nicht auf ý!qú8(N!8%, sondern auf das neue Verb 8=ú 8!9û . Man bleibt also fîr A=B%N) besser bei „vollkommen“ etwa nach Vorlage der Bezeichnung eines kultisch einwandfreien Opfertieres (vgl. Ex 12,5; Lev 1,3.10; 3,1.6; 4,3.23; 5,15.18.25; 22,19.21; 23,12; Num 6,14). Indirekt îber Gen 17,1 weiterzuziehen in diese Linie von A=B%N) auf Dtn 18,13: Hier ist noch deutlicher im umfassenden Ethik-îbersteigenden Sinne „vollstndig, ungeteilt“ zu lesen1378 ; LXX îbersetzt allerdings nicht mehr mit %lelptor, sondern mit t´keior. Bei den ethisch verstandenen Belegen von %lelptor fllt eine starke Affinitt des Wortes zu Parallelstellungen in poetischen Doppelversen oder zu Synonymreihungen auf. Eine solche wird von beinahe smtlichen Belegen dieser Gruppe eingegangen, und zwar mit einer relativ eng begrenzten Anzahl anderer Adjektive, am hufigsten mit d¸jaior, jahaqºr oder !kghimºr, seltener mit fsior, einmal mit !j´qaior.1379 Hi 22,3 setzt einen den ethischen Sinn verdeutlichenden Zusatz to?r 5qcoir %lelptor ; einzig Est 3,13 bezieht !l´lptyr auch ohne Zustze durch andere Wçrter oder Verdeutlichungen auf ethischen Sinn (allerdings auch in spezieller Verwendung, nmlich nicht in Bezug auf das Handeln einer bestimmten Person oder Personengruppe, sondern auf die ausgezeichnete Qualitt der Regierung).

Die erstaunliche Konsequenz aus diesem Befund ist, dass zwar die große Mehrheit der Belege von %lelptor ethisch verstanden wird, fast smtliche davon ihren ethischen Sinn jedoch nicht alleine stîtzen, sondern durch andere Begriffe dahingehend gestrkt werden. So lsst sich umgekehrt sagen, dass %lelptor beinahe grundstzlich nur dann eindeutig ethisch 1376 Vgl. unter 4.3. 1377 Vgl. Kedar-Kopfstein, Art. AB(k) ta¯mam, 697 – 699. 1378 Vgl. Koch, Art. ABN, 1048 (d). 1379 Hi 1,1 in Synonymenhufung mit !kghimºr und d¸jaior ; 1,8 sowie 2,3 synonym zu !kghimºr ; 4,17 in poetischer Parallele zu jahaqºr ; 9,20 poetisch parallel zu d¸jaior ; 11,4 poetisch parallel zu jahaqºr ; 12,4; 15,14; 22,19 ebenso zu d¸jaior ; 33,9 ebenso zu jahaqºr ; SapSal 10,5 ebenso zu d¸jaior ; 10,15 ebenso zu fsior ; Lk 1,6 ebenso zu d¸jaior ; Phil 2,15 synonym zu !j´qaior ; Phil 3,6 gekoppelt mit dijaios¼mg ; 1Thess 2,10 synonym mit fsior und d¸jaior.

348

4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

verstanden wird, wenn der Begriff mit hnlichen Parallelbegriffen gekoppelt wird. Steht er alleine, verliert sich seine ethische Konnotation schnell.1380 Das isoliert stehende %lelptor in 1Thess 3,13 ist somit keineswegs so eindeutig ethisch zu lesen wie gemeinhin angenommen.1381 Die Situationsbeschreibung 5lpqoshem toO heoO verweist nach deutlicher Mehrheitsexegese auf eine Gerichtssituation1382 zum Zeitpunkt der Parusie (1m t0 paqous¸ô toO juq¸ou) und bezeichnet den Auftritt der Glubigen und den Status von deren Herzen vor Gott. Der Begriff der Herzen steht hier gewiss fîr die wesentliche, innerste Personmitte, dient damit auch als Zentralbegriff fîr das gesamte Wesen der Glubigen, und ist nicht nur als anthropologischer Teilbegriff gemeint.1383 1380 In diese Richtung weiterfîhrend ist zudem auch vorschnelle ethische Ausdeutung der hufigen „Begleitadjektive“ d¸jaior, jahaqºr und !kghimºr nicht sachgemß (vgl. Grînwaldt, Art. Gerechtigkeit/Gericht. dijaios¼mg, 729 – 739; Zmijewski, Art. Gerechtigkeit, 798 – 800; Schneider, Art. d¸jaior, 781 – 784; Thyen, Art. jahaqºr jtk., 535 – 542; Frenschkowski, Art. heilig/rein. jahaqºr, 898 – 901.902 – 907; Link, Art. Wahrheit/Lîge. !k¶heia, 1834 – 1844; Hîbner, Art. !k¶heia jtk., 138 – 145). 1381 Vahrenhorst, Sprache, 122, deutet den Begriff aufgrund der Verwendung fîr priesterliche Reinheitsgebote kultisch. 1382 Vgl. Bruce, Thess, 72; Dobschîtz, Thess, 152; Malherbe, Thess, 213 f.; Marshall, Thess, 102; Mîller, Thess, 166; Stettler, Heiligung, 35. Anders Konradt, Gericht, 183 f., da sich 5lpqoshem bei Paulus nicht als ein gerichtsbezogenes Stichwort erweisen ließe. 1383 Vgl. Dobschîtz, Thess, 151; Best, Thess, 151; Haufe, Thess, 64; Holtz, Thess, 145; Malherbe, Thess, 213; Morris, Thess, 113; Mîller, Thess, 165; Richard, Thess, 175. Haufe hlt diese Formulierung in Anlehnung an Ri 19,8, Sir 6,37; 22,16; Ps 112,8; Jak 5,8 fîr „Erbauungssprache“ (Thess, 64, mit Anm. 257; so auch Dobschîtz, Thess, 151; Mîller, Thess, 165); hnlich spricht Holtz von dem „konventionellen Charakter“ der Formulierung (Thess, 145, mit Anm. 732). Ebenfalls zuzustimmen ist Bruce’s Interpretation, der in der jaqd¸a eine Betonung von Verstndnis, Willen und verborgene Motive zur Lebensgestaltung sieht (vgl. Thess, 72; vgl. Sand, Art. jaqd¸a, 615 – 619; Stolle, Art. Herz. jaqd¸a, 948 – 952). Ausgesprochen ethisch deutet hingegen Stolle, den Hinweis auf die Strkung der Herzen: Fîr ihn kommt gerade in liturgischen Formulierungen wie Phil 4,7 und 1Thess 3,13 zum Ausdruck, dass „die im Herzen zentrierte christl[iche] Existenz ethisch verbindlich zu leben ist“ (Art. Herz. jaqd¸a, 951; vgl. auch Reese, Thess, 40). Der Vergleich der Verwendung von jaqd¸a in 1Thess 3,13 und Phil 4,7 legt jedoch wegen der dortigen Koppelung mit mo¶lata gerade umfassendere Bedeutung in 1Thess 3,13 nahe. Eher fernliegend ist wohl Jewetts Lesart, es lge hier eine polemisch motivierte Frontstellung gegen thessalonische Enthusiasten vor, die sich ihrerseits essenziell als pmeOla betrachteten (vgl. Jewett, Paul’s Anthropological Terms, 317 f.).

4.2. 1Thess 3,13

349

Zu beachten ist der Vergleich zu den anderen beiden Nennungen von %lelptor in 1Thess: 1Thess 2,10 bezieht sich (zum Unterschied der dortigen Kombination von %lelptor mit zwei Parallelbegriffen hinzutretend) auf das damalige vorbildliche, unanstçßige Verhalten der Missionare in Thessalonich; hier ist keine andere als ethische Bedeutung mçglich. 5,23 hingegen liegt von der beschriebenen Situation her wesentlich nher an der von 3,13: Es geht um das Erscheinen der Glubigen bei der Parusie Christi. Und sehr im Unterschied zu den hufigsten Verwendungen von %lelptor allgemein ist hier der Parallelbegriff kein ethischer (und keines der sonstigen Vorzugskombinationswçrter), sondern bkºjkgqor. Zudem ist bkºjkgqor nicht grammatikalisch Parallelbegriff, sondern nur logisch (bkºjkgqom ist Adjektiv und bezieht sich streng genommen primr nur auf pmeOla [ausgeweitet vielleicht auch auf xuw¶ und s_la], !l´lptyr hingegen ist Adverb zu tgqghe¸g), und greift semantisch das vorausgehende und den Akt des Heiligens durch Gott bezeichnende bkotek¶r anaphorisch wieder auf. Auch der Kontext von %lelptor in 5,23 verweist somit wesentlich strker auf den Aspekt eschatologischer Vollkommenheit bei der Parusie als auf ethischen Wandel bis dahin.1384 Es lassen sich folglich einige Aspekte erkennen, in denen der Beleg von 3,13 dem von 5,23 sehr nahesteht: der Formulierung nach: es handelt sich um einen isolierten Einzelbeleg ohne grammatische Parallelbegriffe; inhaltlich: es wird auf die Parusie rekurriert; briefformal: es werden wichtige Briefabschnitte beendet; und betreffs der Bezugsnomina: %lelptor bezieht sich nicht einfach auf sich verhaltende Menschen als solche (wie in 2,10), sondern auf elementare anthropologische Grundbegriffe (auf jaqd¸ai in 3,13; auf pmeOla, xuw¶, s_la in 5,23)1385, wo1384 Vgl. unten unter 4.3. 1385 Von dieser Beobachtung legt sich nahe, die Aufteilung in 5,23 nicht im Sinne einer trichotonomischen Aufspaltung zu lesen, sondern ganzheitlich. Dies wird auch durch das Bezugsverb (tgqghe¸g/Singular!) nahegelegt. Vgl. in diesem Sinne auch die deutliche Mehrheitsexegese, wie z. B. Best, Thess, 243 f.; Bruce, Thess, 130; Dobschîtz, Thess, 229 f.; Haufe, Thess, 198 f.; Holtz, Thess, 265; Malherbe, Thess, 338 f.; Marxsen, Thess, 72 f.; Mîller, Thess, 214; Richard, Thess, 285 f.; Schnelle, Art. Seele. xuw¶, 1622. Die Auffassung, in der trichotonomischen Formulierung liturgische Prgung zu sehen, wurde noch von Dibelius (Thess, 32) vertreten, hat sich insgesamt aber nicht durchgesetzt (mit liturgischer Deutung allerdings auch Wibbing, Art. Leib/Glieder. s_la,1282). Ebenfalls nicht durchgesetzt hat sich Jewetts Meinung, zwischen dem theologischen und dem anthropologischen pmeOla-Begriff sei nicht streng zu unterscheiden, vielmehr handele es sich beim pmeOla von 5,23 um den „divine spirit

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

durch eher das anthropologisch-ontisch Prinzipielle, nicht das einzelne, situative Verhalten des Menschen bezeichnet wird. Fîr den Menschen als solchen gilt – viel eher als spezielle ethische Anforderungen, die besser an den Menschen als speziellen zu richten wren (wie auch im Falle von 2,10, oder auch 4,3 – 8): Sein Zustand soll %lelptor sein. In dieser Grundstzlichkeit trifft sich %lelptor in 1Thess 3,13 und 5,23 mit Gen 17,1 und mittelbar mit Dtn 18,13. Das seltene Eigenschaftsabstraktum "ciys¼mg1386 erscheint im paulinischen Briefgut sowie im NT insgesamt außer in 1Thess 3,13 nur noch in Rçm 1,4 und 2Kor 7,1, davon gilt jedoch erster Beleg als vorpaulinisch, zweiter als unpaulinisch.1387 Die wenigen LXX-Belege beziehen sich allesamt in ausdrîcklich doxologischen Kontexten ausschließlich auf die Heiligkeit Gottes (Ps 29,5; 95,6; 96,12; 144,5), nur einmal auf den Tempel (2Makk 3,12). Ethische Ausdeutung ist bei keinem der Belege mçglich. Der einzige in Denis’ Concordance Grecque des Pseud¤pigraphes d’Ancien Testament verzeichnete Beleg ist TestLev 18,11, einem apokalyptischen Ausblick auf das Paradies und die Gabe des „Geistes der Heiligkeit“ auf die „Heiligen“. Dieser Beleg hat somit seine Vergleichsstelle in Rçm 1,4. 2Kor 7,1 gibt ein spteres (tatschlich ethisches) Stadium der Begriffsgeschichte wider. Vergleichbar mit TestLev 18,11 liegt in 1Thess 3,13 auch der Endpunkt der irdischen Entwicklungsgeschichte im Blick. Ganz gemß der „Heiligungs-Theologie“ von 4,3 – 8 (vgl. Kapitel 3.) sowie analog zur Bezeichnung des Geistes Gottes als „heilig“ (vgl. 3.3.5.; 4.1.) besttigt sich somit in jeder Hinsicht, dass die "ciys¼mg der Begriff ist, der seinen Ort in der eschatologischen Vollendung bei der Parusie Christi hat.1388

In der Exegese wird die Kombination von !l´lptour und 1m "ciys¼m, mit dem vorstehend genannten Liebesgebot gerne als Besttigung einer ethischer Ausdeutung sowohl von %lelptor als auch von "ciys¼mg aufapportioned to the individual Christian“; in der Betonung von xuw¶ und s_la sei eine Frontstellung gegen proto-gnostische Pneumatiker zu sehen (vgl. Jewett, Paul’s Anthropological Terms, 177 – 183; Zitat: ebd., 182; vgl. ebenso ders., Correspondence, 107 f.). 1386 Vgl. BDR, § 110. 1387 Vgl. Horn, Angeld, 123; Fitzmyer, Rom, 236; Furnish, 2Cor, 365 f., sowie die ausfîhrliche Diskussion 367 – 383; Grsser, 2Kor I, 264 f. (Lit.!); Schlier, Rçm, 26; Wilckens, Rçm I, 56 – 61. Fîr authentisch hlt 2Kor 7,1 (im Rahmen von 6,14 – 7,1) hingegen Martin (vgl. 2Cor, 190 – 195). Vgl. auch Anmm. 129.183.1360. 1388 Der Unterschied zu TestLev 18,11 liegt lediglich in der lokalen Vorstellung: Whrend hier die Vollendung in einem apokalyptischen Paradiesbild gemalt wird, erwartet sie Paulus im weltlichen Diesseits, das sich im Moment der Parusie mit Christus trifft.

4.2. 1Thess 3,13

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gefasst.1389 Hufig fîhren diese beiden Begriffe aber auch zu Unentschlossenheit und Ratlosigkeit in der Auslegung.1390 Daher ist der 1389 Deutlich z. B. bei Haufe: „Der offenbar vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Untadeligkeit und Liebesgebot besteht wahrscheinlich in dem Gedanken, daß die Praktizierung von Liebe als der hçchsten ethischen Norm der Ausweis von Untadeligkeit ist. Theologisch bedeutsam ist die dreifache Nherbestimmung. Die erste (1m "ciys¼m,) sagt, was Untadeligkeit positiv meint, nmlich ,Heiligkeit’ … Gedacht ist an eine religiçs-sittliche Qualitt, an der es nicht auszusetzen gibt …“ (Thess, 64 f., eigene Kursivsetzung). 1390 Dies ist etwa den Ausfîhrungen Mîllers anzumerken: „Das Ziel der Herzensstrkung wird angegeben als ,untadelige‘ (amemptous), ,in Heiligkeit‘ (hagiosyne). Die Qualifizierung als ,untadelige‘ ist in ihrer allgemeinen Art kaum nherhin aufzuschlîsseln, sie geht wohl in Richtung eines friedvoll-harmonischen Gottesverhltnisses im Sinn des atl. ,schalom/Frieden‘ als Umschreibung einer optimalen Gottesbeziehung, sollte daher nicht moralistisch verstanden werden. Paulus gebraucht die Formel ,heilig, gerecht und tadellos‘ 2,10 fîr die Missionare selbst und ihr Lebenszeugnis bei den Thessalonichern … Die Untadeligkeit soll sich gerade in der Praxis des Liebensgebots als hçchster ethischer Weisung zeigen … Zu ,tadellos‘ und zu ,in Heiligkeit‘ vgl. die Auslegung zu 2,10. Gemeint ist ein verantwortetes Leben vor Gott als Schçpfer und Richter des Menschen, wie die weitere Gerichtsaussage verdeutlicht, denn der Mensch ist fîr die Vollendung im Heiligkeitsraum Gottes bestimmt. Auch ,heilig‘ ist daher von der Gesamtbestimmung des Menschen durch die Heiligkeit Gottes her zu verstehen und nicht unter asketisch-moralistischer Engfîhrung zu fassen im Sinne hagiographischer Modelle und Ideale eines Heiligenkults“ (Thess, 165 f.). An dieser Auslegung erstaunt schon im ersten Satz das Fehlen einer jeglichen Verhltnisbestimmung von „untadelig“ und „in Heiligkeit“, die auch im weiteren nicht nachgetragen wird. Dann fllt das stndige Schwanken zwischen geforderter und nicht geforderter Ethik auf: Zuerst weist „untadelig“ „in Richtung eines friedvoll-harmonischen Gottesverhltnisses“ und sollte ausdrîcklich „nicht moralistisch“ verstanden werden; dann verweist Mîller jedoch selbst auf das Lebenszeugnis der Missionare in Thessalonich nach 2,10. Jetzt soll sich Untadeligkeit gerade im Liebesgebot entfalten. Hçchst irrefîhrend ist zudem, dass Mîller die Parallele zu 2,10 nicht nur in Bezug auf %lelptor, sondern auch auf "ciys¼mg geltend macht; in 2,10 steht jedoch fsior. Trotz dieses lexikal falschen Rîckverweises auf das Handeln der Missionare nach 2,10 ist unmittelbar danach Heiligkeit wieder von der „Vollendung im Heiligkeitsraum Gottes“ her zu deuten und gerade nicht „asketisch-moralistisch“ zu fassen. Der Verweis auf „hagiographische Modelle und Ideale eines Heiligenkults“ entspringt vollends erst einer viel spteren Zeit. Auch Holtz findet zu keinem klaren Ergebnis. Er spricht deutlich vom Streben nach Heiligung und fîhrt aus: „Ihre [sc. der Thessalonicher] Heiligung erfolgt … im Tun des Willens Gottes. Insofern aber der Wille Gottes immer wieder getan werden will, ist das Heiligsein nicht eine ruhende Qualitt, sondern ein aktives Verhalten oder, genauer, das stets neu zu gewinnende Ergebnis aktiven Verhaltens“. Unmittelbar im Anschluss rumt er jedoch ein: „Jedoch darf die

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

˜bergang von Ethik und Eschatologie nach 3,12 f., d. h. die Funktion des Syntagmas !l´lptour 1m "ciys¼m, noch genauer zu bestimmen: 3,12 drîckt in der Tat die ethische Komponente des paulinischen Segenswunsches durch die Motive des Wachsens und der Nchstenliebe deutlich aus (rl÷r d³ b j¼qior pkeom²sai ja· peqisse¼sai t0 !c²p, eQr !kk¶kour ja· eQr p²mtar). Beide dieser Motive werden pleonastisch verstrkt: das erste durch die beiden Verben pkeom²fy und peqisse¼y, das zweite durch die dreifache Nherbestimmung: zu einander/zu allen/wie auch wir. Das anschließende eQr tº V.13a ist als grammatikalisches Scharnier der beiden Verse 3,12 und 3,13 nicht anders als final zu lesen: Die Thessalonicher sollen in Nchstenliebe wachsen, auf dass dadurch ihre Herzen gestrkt werden. Auch lexikal impliziert stgq¸nai Fortschritt. Der Ausdruck V.13a gehçrt somit bis … t±r jaqd¸ar sicher noch auf die Seite der Ethik. Der Wechsel der Situation muss im Syntagma !l´lptour 1m "ciys¼m, liegen. In aller Regel wird ganz wçrtlich îbersetzt „… untadelig in Heiligkeit vor Gott“ (c.v.).1391 Dies ist grammatikalisch nicht zu beanstanden, doch ist die Vorstellung von Herzen, die „untadelig in Heiligkeit“ sein sollen, kontextuell problematischer als auf den ersten Blick erkennbar1392 : Es kann nicht gemeint sein, dass hier Herzen gestrkt

,Heiligung‘ keinesfalls auf das Gebiet der Moral oder der Sittlichkeit eingeengt werden“, und ergnzt sogar klrend: „etwa von 4,1 – 8 her“. Die Begrîndung hierfîr ist nachvollziehbar: „Das verbietet schon der Begriff selbst, der die Zuordnung zum Bezirk Gottes aussagt, und auch der Kontext unserer Stelle“. Mit diesem „Kontext“ ist offenbar die eschatologische Vollendung und nicht der irdische Weg bis dahin gemeint. Einen Schritt zurîck in die Ethikdominiertheit geht Holtz dann wieder im nchsten Satz durch einen Rîckgriff auf 3,12: „Denn die Festigkeit der Herzen, damit sie untadelig ,in Heiligkeit‘ seien, geschieht durch das ˜berreichwerden in der Liebe. Heiligsein erwchst aus dem Reichtum der Liebe, in der sich das ganze Gesetz erfîllt“ (originale Kursivsetzung; alle Zitate Holtz, Thess, 146). 1391 So Best, Thess, 145; Bruce, Thess, 70; Dibelius, Thess, 18; Haufe, Thess, 62; Holtz, Thess, 140; Malherbe, Thess, 4.211; Mîller, Thess, 162; ebenso die Elberfelder ˜bersetzung sowie Luther, Schlachter, Mînchener NT. Anders – und trotz der grammatikalischen Varianz im Grunde mehr in dem im folgenden vorgeschlagenen Sinne – E˜: „… damit euer Herz gefestigt wird und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott, unserem Vater, wenn Jesus, unser Herr, mit allen seinen Heiligen kommt“ (eigene Kursivsetzung). Ganz anders aber die Zîrcher Bibel (vgl. Anm. 1373). 1392 Vgl. bereits die beiden Beispiele in Anm. 1390. Es ist m. E. das Problem dieses Ausdrucks bzw. seiner Interpretation, îber die bereits Demke gestolpert ist und

4.2. 1Thess 3,13

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werden sollen, die sowieso schon im Diesseits (aufgrund des Glaubens) sowohl untadelig als auch in Heiligkeit (synonym verstanden) sind. Denn in diesem Falle gbe es keine Notwendigkeit fîr pkeom²feim und peqisse¼eim (V.12), die eschatologische Situationskennzeichnung 1m t0 paqous¸ô … kme unmotiviert, zudem widersprche ein solches Verstndnis dem nach 4,3 – 7 vorausgesetzten Heiligungsstand der Glubigen bis zur Parusie. Dass die Herzen hingegen dergestalt gestrkt werden sollen, dass sie nach einem solchen Prozess einst bei der Parusie untadelig in Heiligkeit sein sollen, kommt der Sache zwar nher: Eine solche Deutung (so wohl durch die deutliche Mehrheitsîbersetzung impliziert) muss sich nur damit auseinandersetzen, dass – wie gezeigt – der Begriff der "ciys¼mg vor und zur Abfassung von 1Thess als Begriff ethischen Fortschritts noch gar nicht belegt ist, und %lelptor in dieser speziellen Verwendung nur schwach reklamieren lsst. Bei beiden Lesarten verwunderlich bleibt auch die grammatikalische Asymmetrie von !l´lptour 1m "ciys¼m,: Sollte !l´lptour gewissermaßen synonym zu 1m "ciys¼m, verstanden werden und beide diese Satzteile grammatikalisch gekoppelt bleiben, kçnnte auch besser grammatikalisch parallel !l´lptour ja· "c¸our erwarten werden. Dies wre freilich auch keine Vorzugsformulierung, da ûcior keines der doch recht konstanten Kombinationsadjektive zu %lelptor ist. Auf eine wichtige Spur fîhrt die ˜bersetzung von Holtz: „… um eure Herzen als tadelsfreie zu festigen in Heiligkeit vor Gott und unserem Vater bei der Ankunft unseres Herrn Jesus“.1393 Diese Wiedergabe klingt zunchst, als ob die Herzen bereits tadelsfrei sind und in ihrer Tadelsfreiheit innerhalb eines gewissen Prozesses nur gefestigt werden sollen. Die Fortsetzung „vor Gott … bei der Ankunft unseres Herrn Jesus“ bezieht sich dann eindeutig auf die Parusie, doch jetzt steht der dazwischenliegende Ausdruck „in Heiligkeit“ bezugslos im Satz. Befnden sich die Herzen aufgrund ihrer Tadelsfreiheit bereits gleichzeitig in einem Zustand der Heiligkeit (dies entsprche einem synonymen Verstdnis von „untadelig“ und „in Heiligkeit“), wren dagegen die eben genannten Argumente einzuwenden. Der zwischengeschaltete Infinitiv legt auch nicht nahe, dass Holtz diese Lçsung implizieren wollte. Das unverbundene Verbleiben des Ausdrucks „in Heiligkeit“ zwischen „als tadelsfreie zu festigen“ und der eschatologischen Zielsetzung „bei der Ankunft …“ lsst seine Schwierigkeiten mit diesem kleinen Syntagma erihn zur Annahme der unpaulinischen Urheberschaft von 3,12 f. gefîhrt hat (vgl. Demke, Theologie, 110). 1393 Holtz, Thess, 140.

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kennen, ermçglicht aber gerade die Spaltung von !l´lpour und 1m "ciys¼m,. Whrend also durch die Mehrheitsîbersetzung „um untadelig in Heiligkeit “ Untadeligkeit und Heiligkeit gewissermaßen „hinter vorgehaltener Hand“ tendenziell auf die Seite des Wachsens in Nchstenliebe und der Herzensstrkung rîckt und damit ethisiert wird, wird in Holtz’ Wiedergabe eine solche Ethisierung – wenigstens der Heiligkeit – durch die Nachstellung des Syntagmas „in Heiligkeit“ vermieden. Ist nun gemeint, dass die Herzen zwar prozesshaft in Tadelsfreiheit befestigt werden sollen, nicht aber gleichzeitig dadurch in einem „Prozess der Heiligkeit“, wre dies in einem ersten Schritt vçllig mit 4,3 – 7 kompatibel, die Unklarheit bei Holtz lge jetzt nur noch in der Lehnîbersetzung der griechischen Prposition 1m, die nicht mehr ersehen lsst, welches Verstndnis von Heiligkeit nun dem Text angemessen wre. Was nur einen Schritt îber Holtz hinausgeht, aber – soweit ich sehe – in der Exegese nie bedacht worden ist, ist, ihm in der prdikativen Deutung von !l´lptour zu folgen, den temporalen ˜bergang zur eschatologischen Situation, der hufig unklar bleibt oder erst mit 5lpqoshem toO heoO 1m t0 paqous¸ô … gesetzt wird, aber bereits auf 1m "ciys¼m, zu îbertragen1394, also i.S.v.: „um eure Herzen zu strken … bis zur/fîr die Heiligkeit vor Gott …“. Die Mçglichkeit eines temporalen bzw. finalen 1m vor "ciys¼mg hat unmittelbar den Vorteil, dass die (notwendige) Finalitt innerhalb des Verses lexikal gestîtzt ist (durch 1m); sie hat ebenfalls unmittelbar zur Konsequenz, dass "ciys¼mg klar ein Begriff gçttlicher Vollkommenheit und damit besser mit 4,3 – 6 kompatibel bleibt. (Al´lptour wre dann als Zwischenglied vor 1m "ciys¼m, sowohl im Sinne eines ethischen Fortschrittsdenkens (als Ziel des pkeom²feim und peqisse¼eim) als auch im Sinne eschatologischer Vervollkommnung ausdeutbar, das chronologisch mit der "ciys¼mg an ihr Ziel kommt, sachlich aber nicht zu ihr hinarbeitet. Eine Entscheidung ist fast mîßig, vielleicht sogar gar nicht erwînscht. Auf diese Weise kçnnte in diese Interpretation sogar ein adversativer Zug gelesen werden dahingehend, dass Paulus einem ethischen Fortschrittsdenken mit Heiligkeit als Ziel ausdrîcklich wehrt. Diese Lesart wird nicht nur der grammatikalischen Asymmetrie des Satzteiles besser gerecht sowie auch dem Einzelbegriff der "ciys¼mg (und wohl auch dem von %lelptor), sondern entspricht auch inhaltlich besser dem eschatologischen Parusiekontext des gesamten Halbverses. Was im Griechischen wesentlich flîssiger klingt, wre deutsch paraphrasierbar: „Euch aber lasse 1394 Vgl. BDR, § 220.4.

4.3. 1Thess 5,23: Art¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r – Gott selbst heilige euch

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der Herr zunehmen in Liebe zueinander …, um eure Herzen zu strken. Untadelig/vollkommen werden eure Herzen [trotz allen Wachsens in Nchstenliebe jedoch erst] fîr die [Begegnung in] Heiligkeit vor Gott und unserem Vater bei der Parusie unseres Herrn Jesus sein“.1395

4.3. 1Thess 5,23: Art¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r – Gott selbst heilige euch Im Anschluss an die brieflichen Schlussmahnungen 5,12 – 22 setzt Paulus mit einem Segenswunsch fort. Die Struktur des Verses 5,23 ist leicht îberblickbar und liefert keine grammatikalischen oder inhaltlichen Verstndnisprobleme: Er besteht aus zwei durch ja¸ verbundene Hlften, die mehrfach den Eindruck eines poetischen Zweizeilers erwecken: Das aufflligste Indiz ist die Anapher bkoteke?r am Ende der ersten Hlfte und synonym dazu bkºjkgqom am Anfang der zweiten; der Chiasmus wird verstrkt durch die Nennung Gottes am Anfang des Verses, und des Herrn Jesu Christi gegen Ende.1396 Dem einfachen Pronomen rl÷r in der ersten Hlfte entspricht in der zweiten die ausfîhrlichere anthropologische Dreierteilung; beide Verben stehen im Optativ, inhaltlich entsteht die Parallele zwischen "ci²sai und !l´lptyr … tgqghe¸g. Eine Inclusio durch den gesamten Vers entsteht durch das Satzsubjekt aqt¹r d³ b heºr am Anfang des Satzes, das bis zum letzten Wort des Satzes tgqghe¸g (b heºr als logisches Subjekt des Passiv) durchgngig weiterzudenken ist.1397 1395 Es lsst sich in diesem Vers eine gewisse Parallele in der Auslegung zu der des Ausdrucks 1m "ciasl` ja· til0 in 4,4fin beobachten. Whrend dort die paulinische Formulierung bereits eine gewisse Durchlssigkeit des Heiligungsverstndnisses in ethische Richtung erkennen ließ (vgl. 3.3.2.), liegt hier zwar der hier vorgelegten Interpretation gemß noch das ltere eschatologische Verstndnis vor, doch in einer Wortwahl, die aufgrund der Nahestellung zur Nchstenliebe sowie dem damit verbundenen Fortschrittsgedanken sowie aufgrund des schillernden – weil hufig, aber nur unter bestimmten Umstnden ethischen – Begriffs %lelptor ethische Ausdeutung spterhin begînstigt hat. 1396 Vielleicht ist in dieser poetischen Struktur des Verses auch der Grund zu sehen, warum der Segensgruß hier nur mit b heºr einsetzt, wohingegen in 3,11 von b he¹r jai` b ju´ qior (IgsoOr die Rede ist (zur Differenz vgl. Mîller, Thess, 213). 1397 Parallelen zwischen 1Thess 5,23 und 3,11 – 13 sind unîbersehbar: Beide Verse beginnen mit identischem Wortlaut aqt¹r d³ b heºr, formulieren die Hauptstze im Optativ, beenden die beiden großen Briefhauptteile, blicken beide auf die Parusie Christi, und setzen lexikale Signale nicht nur durch "ciys¼mg/oR ûcioi bzw. "ci²feim, sondern auch durch %lelptor bzw. !l´lptyr. Vgl. Jewett, Form

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

V.a. 5,23a ist hçchst îbersichtlich formuliert. Deutlich wird Gott als der Heiligende bezeichnet und durch das betonte aqt¹r d³ b heºr am Satzanfang zur Abgrenzung gegenîber den vorgngigen parnetischen Versen markiert.1398 In jener „Schlussparnese“ ist, trotz der Vielfalt von Mahnungen, die tiefgreifende innergemeindlich soziale (V.12 – 15) und geistliche (V.16 – 22) Themen ansprechen1399, von Heiligung gar nicht die Rede.1400 Das Motiv Gottes als Heiligendem kann somit aufgrund seiner Prgnanz als klrende Marke nicht nur gegenîber 5,12 – 22, sondern auch gegenîber dem exegetisch notorischen Abschnitt 4,3 – 8 und jeder impliziten oder expliziten Parnese des Briefes verstanden werden. Ethische Forderungen stehen sowohl hinter 4,3 – 8 (indirekt) als auch 5,12 – 22 (direkt), doch worin die Importanz von Ethik auch liegen mag, Heiligung erfolgt von Gott selbst. 5,23 kann somit auch als Korrektiv gegen exegetische Anstze verstanden werden, die Heiligung selbst ethisch ausdeuten und angesichts von 4,3 – 8 von einer „Forderung nach Heiligung“ sprechen. Bei solchen Anstzen erscheint der klare Vers 5,23 leicht als Fremdkçrper, wenn nicht gar widersprîchlich. and Function, bes. 20 – 25; Collins, Liturgy, 140 – 142; ausfîhrlich Wiles, Paul’s Intercessory Prayers, 45 – 71; zudem auch Marshall, Thess, 161; Richard, Thess, 284 f. 1398 Malherbe interpretiert die Partikel d´ ausdrîcklich nicht adversativ, sondern als „transition“ (Thess, 337), seine Begrîndung impliziert dann aber doch adversative Bedeutung: „ … for it [sc. d´] introduces a distinction between what God does and what Paul had called the Thessalonians to do“ (ebd.). øhnlich auch bei Holtz, Thess, 263. Es ist richtig, dass die identische Formulierung 1Thess 3,11 einen gleichfalls adversativen Sinn nicht bençtigt, dennoch handelt es sich auch hier um einen Perspektivenwechsel (Gebete der Missionare in 3,10 vs. Fîgung Gottes in 3,11). Will man im d´ von 5,23 keine primre adversative Bedeutung angezeigt sehen, wird dennoch eine klare Zsur gesetzt, die logisch sekundr dann doch adversativ wirkt: Nach der Reihung parataktischer Schlussmahnungen beginnt klar ein neuer Gedanke: Und Gott heilige euch. Mçglicherweise klingt hier liturgische Formelsprache an (vgl. Mîller, Thess, 213), in jedem Falle ist die Einfîhrung des neuen Satzsubjektes gegenîber dem vorigen akzentuiert (vgl. Haufe, Thess, 108). 1399 Es liegen unterschiedliche Gliederungsvorschlge dieses parnetischen Abschnittes vor: Zweieraufteilung bei Malherbe, Thess, 308 f. und Best, Thess, 223; Dreieraufteilung bei Holtz, Thess, 240 f.; Laub, Verkîndigung, 70; Marxsen, Thess, 70 – 72; Fînferaufteilung bei Haufe, Thess, 99 f. und Dobschîtz, Thess, 215. Zur Gliederung von V.16 – 22 vgl. ausfîhrlich Horn, Angeld, 127 f. 1400 Erstaunlicherweise ist dieser Negativbefund m.W. in der Exegese nie als Kritik gegen ein ethisches Heiligungsverstndnis ausgedeutet worden.

4.3. 1Thess 5,23: Art¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r – Gott selbst heilige euch

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So exemplarisch bei Mîller : „Jenseits und îber allen ethisch-sittlichen Bemîhungen und Anstrengungen der einzelnen Christglubigen und der Gemeinden ist es letztlich Gott selbst, der die endzeitliche Heiligung und Vollendung der Getauften bewirkt … Ist in der großen Parnese [sc. von 4,1 ff.] die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde fîr ihre Heiligung angesprochen, so wird ihr hier nun die Gabe der Heiligung von Gott her erbeten, die sie aber im Grunde schon besitzt“ (Thess, 214). An dieser Aussage lsst sich m. E. an etlichen Punkten (und Selbsteinschrnkungen) Mîllers Ratlosigkeit bzgl. des Heiligungsthemas ablesen: Wie sind seine beiden einleitenden Prpositionen „[j]enseits und îber“ gemeint? „˜ber“ impliziert qualitative ˜berlegenheit, „jenseits“ kategoriale Verschiedenheit. Welche Funktion hat das eingeschobene Adverb „letztlich“? Schrnkt es die Aussage im Sinne einer Zwei-Stufen-Ethik ein, als ob nur die Heiligung Gottes am Menschen die soteriologisch relevante sei? Oder ist es temporal gemeint, im Sinne einer Heiligungshandlung Gottes am Menschen erst zum Zeitpunkt der Parusie? Wenn die Gemeinde hingegen eigenverantwortlich zustndig fîr ihre Heiligung ist, warum muss sie ihr dann noch als Gabe erbeten werden? Zudem, wenn sie Heiligung bereits „besitzt“? Und wieso besitzt die Gemeinde Heiligung nur „im Grunde“? øhnliche Unstimmigkeiten lassen sich auch bei Holtz beobachten: Er spricht zu 4,1 – 8 bereits in der ˜berschrift sehr Ethik-orientiert von „Heiligung als Enthaltung von Unzucht und Habsucht“1401 und fhrt zum selben Abschnitt ebenso fort: „Paulus faßt den Willen Gottes, auf dessen Erfîllung alle seine Weisungen gerichtet sind, in einem Begriff zusammen: eure Heiligung, und zeigt an entscheidendem Handeln die Art ihrer Verwirklichung auf … Zusammengefaßt heißt der Wille Gottes, der sich auf die Gestaltung des Lebens der Gemeinde richtet: eure Heiligung. "ciaslºr hat, der Bildung des Wortes entsprechend, aktiven Klang“.1402 Doch jetzt schrnkt Holtz unmittelbar mit einer unvermittelt dogmatischen Aussage ein: „Zwar ist die ,Heiligung‘ durch das Heilshandeln Gottes grundlegend …“; diese Aussage stîtzt er jedoch nicht durch Textbelege aus 1Thess, sondern durch Rçm 13,8.10; Gal 5,14.231403, woraufhin wiederum der Sprung zurîck in die Ethik erfolgt: „… aber sie wird aufgenommen durch das eigene Handeln des ,Geheiligten‘, der so sein Sein realisiert, indem er es in die Ebene des Handelns, das Gottes Willen entspricht, transportiert“.1404 Daher kme im rechten Handeln in den Bereichen der Kardinallaster Unzucht und Habgier „die von Gott geforderte Heiligung“1405 zur Sprache. Anders heißt es dann jedoch wieder zu 5,23: „Die ,Heiligung‘ ist weder eine nur kultische noch eine nur ethisch-moralische“1406, und unmittelbar weiter recht befremdlich: „Nach 3,12 f grîndet sie [sc. die Heiligung] als Tun der 1401 Holtz, Thess, 150. 1402 Holtz, Thess, 154 f. 1403 Vgl. Holtz, Thess, 155, Anm. 39. 1404 Holtz, Thess, 155. 1405 Holtz, Thess, 169. 1406 Holtz, Thess, 264.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

Gemeinde in der Liebe; 4,13 – 5,11 bezieht die Gewißheit des Glaubens und der Hoffnung in sie [d.h. immer noch die Heiligung] ein; die letzten Mahnungen 5,16 – 22 erfassen auch das innere Leben der Gemeinde in Freude, Gebet und Dank sowie die Entfaltung des Geistes. In alledem heiligt sich die Gemeinde, um solches ,Heiligen‘ bittet der Apostel den heilsam handelnden Gott“.1407 Die Verbindung von Liebe und Heiligung nach 3,12 f. ist gewiss gegeben, wenn auch m.M.n. nicht in dem Sinne, dass Heiligung in Nchstenliebe aufgeht (vgl. die Diskussion 4.2.2.), doch das Fehlen des Abschnittes 4,1 – 8 in Holtz’ Zusammenfassung zu Heiligung erstaunt doch sehr. Den gesamten eschatologischen Abschnitt 4,13 – 5,11 stattdessen noch unter das Thema „Heiligung“ zu subsummieren, nur um das Thema der Heiligung îber die Traditionstrias Glaube, Hoffnung, Liebe zu spannen, îberzeugt ebenfalls nicht (vgl. 3.1.2.). An Holtz’ anschließende Aussage: „Die Bitte richtet sich auf etwas, das bereits in Jesus Christus und dem heiligen Geist geschehen ist“1408 ist wiederum dieselbe Anfrage zu richten wie bei Mîller. Dass fîr 1Thess die Glubigen nicht „Geheiligte“ genannt werden sollten, folgt den Ausfîhrungen von 4.2.1.1409 Bei Reese kommt der genannte Widerspruch in einem einzigen Satz zum Ausdruck. Er kommentiert zu 1Thess 5,23: „Paul affirms that only God can achieve the holiness he has been exhorting them to pursue“.1410 Solche mîhsamen Kombinationsversuche von Heiligung als Menschenund Gotteswerk îberzeugen schon aufgrund der Diskussion zu 4,3 – 8 nicht. Mit 5,23 sind sie gar nicht mehr in Einklang zu bringen.

1407 Holtz, Thess, 264. 1408 Holtz, Thess, 264. 1409 Ein weiteres, vielleicht weniger eklatantes Beispiel ist etwa bei Haufe zu finden: „Was 1Thess 4,3.4.7 als Inbegriff eines alltglichen Verhaltensprozesses ("ciaslºr) von den Thessalonichern erwartet wurde, wird hier als das Werk Gottes an ihnen ("ci²feim) erbeten. Nur Gott kann bewirken, daß die Heiligung die Glaubenden ,total‘ erfaßt“ (Thess, 108). Hier klingt v. a. der zweite Satz nach Zweistufen-Ethik: Die Thessalonicher sollen ansatzweise Heiligung praktizieren, doch Gott wîrde die Vervollstndigung bewirken. Das stndige, unstete Changieren zwischen Heiligung als Menschenwerk und als Gotteswerk lsst sich auch bei Best, Thess, 158 – 170.242 beobachten, der dann zu 5,23 schreibt: „,May God sanctify you‘ (v.23) balances ,sanctify yourselves‘ (4.3a)“ (242, vgl. auch 158). Marxsen, der zu 4,1 – 8 seiner reformierten Tradition folgend stark Heiligung als ethischen Fortschritt betont hat, îbergeht die Betonung des Heiligens durch Gott nach 5,23 schier und versteckt diese in seine Ausfîhrungen zur trichotonomischen Anthropologie des Verses (vgl. Thess, 72 f.). 1410 Reese, Thess, 67. Darauf, dass, falls es îberhaupt angemessen ist, von einer paulinischen „exhortation to holiness“ an die Gemeinde zu sprechen, dies nicht eine „exhortation to holiness“, sondern – nach englischer Terminologie – zur „sanctification“ wre, muss hier nicht mehr eigens eingegangen werden (vgl. Anm. 61).

4.3. 1Thess 5,23: Art¹r d³ b he¹r … "ci²sai rl÷r – Gott selbst heilige euch

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Das Motiv der von Gott ausgehenden Heiligung des Volkes hat seine Vorbilder in beinahe smtlichen atl. Belegen, in denen îberhaupt von Heiligung des Volkes die Rede ist. Hier wird entweder die Heiligung des Gottesvolkes durch die Heiligkeit JHWHs ausdrîcklich begrîndet (vgl. Lev 11,44 f.; 19,2; 20,26), oder JHWH als der das Volk Heiligende betont (vgl. Lev 20,7.8; 22,32).1411 Eine analoge Weiterfîhrung findet sich beispielsweise in der Gebetsanrede fîr die Bewahrung zur Heilighaltung des Tempels in 2Makk 14,36: ja· mOm ûcie pamt¹r "ciasloO j¼qie … Die in das Hyperbaton eingeschobene Genitivverbindung ist am besten als Genitivus auctoris zu verstehen, d. h. „… von dem alle Heiligung ausgeht“.1412 Durch das Hyperbaton wirkt der eingeschobene Genitivausdruck beinahe titular, parallel zu ûcie : Heiligung kann nur vermitteln, wer selbst heilig ist. Die Absolutheit der Aussage wird durch das Attribut pamtºr betont. In 1Thess 5,23 erfolgt die Entsprechung zur Betonung von Absolutheit noch intensivierter durch vierfache rhetorische Vermittlung von Vollstndigkeit: Die beiden wesentlichen davon sind bereits auf den ersten Blick das auch poetisch betont nachgestellte bkoteke?r und betont vorgestellte bkºjkgqom. Durch diese beiden Adjektive wird auch einem Zusammenwirken von ethisch-menschlichem und gçttlichem Heiligungshandeln – etwa im Sinne einer lediglich vervollstndigenden Heiligung durch Gott nach anfnglichem Heiligungsbemîhen der Glubigen – gewehrt. Weiterhin wird implizit die Absolutheit der Aussage durch die Trias pmeOla, xuw¶, s_la besttigt statt einfacher Wiederholung des Personalpronomens rle?r, sowie schließlich durch das Adverb !l´lptyr. Letzteres ist noch deutlicher als in 3,13 eindeutig sinnvoller i.S.v. „tadellos, vollstndig“ zu verstehen und nicht im Sinne eines ethischen Perfektionismus1413 : !l´lptyr erscheint nicht in einer fîr ethische Verwendungen dieses Wortes typischen Reihung und es bezieht sich nicht auf von den Glubigen gefordertes Verhalten (wie es sich in 2,10 auf das Verhalten der Missionare in Thessalonich bezogen hat), sondern auf das passivum divinum tgqghe¸g : Derjenige, der hier etwas !l´lptyr machen mçge, ist Gott, nicht Menschen. Als letzter Punkt ist fîr das Heiligungsverstndnis dieses Verses wesentlich, dass durch den mehrfach gestîtzten poetischen Parallelismus die „vollstndige Bewahrung“ 1m t0 paqous¸ô parallel zum „vollstndigen“ 1411 Vgl. ebenso Kellermann, Art. Heiligkeit, 700 f. 1412 So auch E˜, vergleichbar auch Luther. 1413 Vgl. unter 4.2.2.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

"ci²feim zu lesen ist. Es ist daher vollkommen legitim, den eschatologischen Parusie-Einschub 1m t0 paqous¸ô toO juq¸ou Bl_m (IgsoO WqistoO

auch fîr das Motiv des Heiligens geltend zu machen. Zusammenfassend lsst sich sagen: 1Thess 5,23 ist keine ethische Mahnung, sondern ein Gebetswunsch.1414 Ihm liegt nicht einmal ein „parnetisches Anliegen“ zugrunde wie 4,3 – 8. Der Blick aufs Eschaton wird nicht nur explizit durch den Verweis auf die Parusie eingenommen, sondern auch durch die Betonung Gottes als he¹r t/r eQq¶mgr.1415 Im Rahmen dieses, wenn auch nicht formalen, aber performativen Gebetes drîckt Paulus den Wunsch nach Heiligung fîr die Thessalonicher aus. Der Neuansatz dieses Verses gegenîber der Parnese bis V.22 erfolgt gleichzeitig îber das betonte Eingangssubjekt Gottes und das Heiligungsmotiv, doch ebenfalls durch die neu eingenommene Gebetsperspektive und besttigt die Verortung des Heiligungsgedankens im Kontext von Theo-logie und Eschatologie.

4.4. 1Thess 5,26: V¸kgla ûciom – der heilige Kuss Der in Lesereihenfolge des Briefes letzte Beleg des "c-Stammes in 1Thess ist in 5,26 zu finden: Die Aufforderung !sp²sashe to»r "dekvo»r p²mtar 1m vik¶lati "c¸\ ist die zweite von drei Schlußmahnungen des Apostels (vgl. 5,25 – 27), die gemeinsam mit dem Schlusssegen 5,28 als Briefeschatokoll bezeichnet werden kann.1416 Die allgemeine Neuanrede !dekvo¸ 5,25 ist auch fîr 5,26 weiterzudenken (zwei folgende Imperative); es handelt sich also um eine an die gesamte Gemeinde gerichtete Aufforderung – analog zu den Neuanreden 5,12.14 – und nicht um eine nur an einige der Glubigen gerichtete, allen (anderen [p²mtar]) einen Gruß auszurichten. Ebenso wie das Prskript an die gesamte Gemeinde gerichtet ist (1,1), so sollen auch alle Gemeindeglieder Empfnger des Grußauftrags sein und den Grußkuss untereinander weitertragen.1417 1414 So deutlich auch Richard, Thess, 288 f. 1415 Zur eschatologischen Ausdeutung dieses Genitivausdrucks vgl. Richard, Thess, 289; Mîller, Thess, 213 f. mit ebd., 92 f. 1416 Vgl. zur Diskussion îber die briefformale Abgrenzung 2.2.2. 1417 So die große Mehrheit an Auslegern, vgl. z. B. Best, Thess, 245; Bçrschel, Konstruktion, 320 – 322; Dobschîtz, Thess, 232; Haufe, Thess, 111; Holtz, Thess, 271; Klassen, Kiss, 130 f.; Marshall, Thess, 165; Morris, Thess, 184; Mîller, Thess, 217 f.; etwas unklar bei Richard, Thess, 289 f. Gnilkas zu Phil 4,21 entwickelte Annahme, es handele sich um einen Auftrag an Dienstleistende,

4.4. 1Thess 5,26: V¸kgla ûciom – der heilige Kuss

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die die Grîße weiterreichen sollen (vgl. Gnilka, Phil, 181), hat keinen Anklang gefunden (vgl. Holtz, Thess, 271, Anm. 731; Mîller, Thess, 218). Die Annahme, bei der Aufforderungen zum Bruderkuss in 1Thess 5,26 handele es sich um eine Aufforderung nur an einige Gemeindeglieder (z. B. die in 5,12 genannten pqoist²lemoi), die anderen zu grîßen, wird noch vertreten (so noch Collins, I Thess and the Liturgy, 138 f.; zudem ltere Kommentare wie Frame, Thess, 215 f.; Masson, Thess, 79) und diskutiert (allerdings ablehnend bei Best, Thess, 245; Malherbe, Thess, 341). Sie kann sich darauf berufen, dass in parallel formulierten Grußformeln Rçm 16,16; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Petr 5,14 ausdrîcklich das gegenseitige Grîßen aufgetragen ist (jeweils identisch !sp²sashe !kkg´ kour), in 1Thess 5,26 hingegen !sp²sashe toOr !dekvoOr p²mtar gesetzt ist. Gerade die Betonung des p²mtar kçnnte dahingehend gedeutet werden, dass sich die paulinische Aufforderung nur an eine kleinere Gruppe innerhalb der !dekvoOr richtet. Auf der anderen Seite kçnnte die Formelhaftigkeit der Wendung auch darauf hinweisen, dass trotz geringfîgiger Formulierungsdifferenzen sachlich dasselbe gemeint ist. Grundstzlich entspricht es der Logik eines den Brief abschließenden Grußauftrags (im Gegensatz zu einem direkten Gruß in der 1. Person), dass der Gruß an Personen ausgerichtet werden soll, an die der Brief nicht selbst adressiert ist (vgl. Malherbe, Thess, 340 f.; Windisch, Art. !sp²folai jtk., 498 – 500). Nach 1Thess 1,1 richtet sich der Brief an die Gemeinde insgesamt und 5,27 fordert ausdrîcklich zum Verlesen des Briefes vor der gesamten Gemeinde auf. Wollte man den Grußauftrag i.S.v. „nur einige an alle“ verstehen, wîrde dies bedeuten, dass Paulus in diesem Vers die vermutete Vorlesesituation mitberîcksichtigt und hier Vorleser (z. B. Gemeindeleiter o. .), denen der Brief ausgehndigt wird und die ihn in der Gemeindeversammlung verlesen, und Zuhçrer getrennt bedenkt. Die Annahme eines solch plçtzlichen pragmatisch motivierten Perspektivenwechsels wre vielleicht sogar mit Paulus’ Schreibstil vereinbar, bietet sich jedoch in diesem Falle nicht an: Im Laufe des Briefes wird die Gemeinde immer und hufig als ganzes angeredet (vgl. die hufige allgemeine Anrede !dekvo¸), gegen Ende des Briefes noch einmal verstrkt: 5,12 fîr die Schlussparnese; der Segenswunsch 5,23 richtet sich offensichtlich an alle, ebenso die Besttigung der Berufung aller (5,24); vor der Gebetsbitte (5,25) wird noch einmal die allgemeine Anrede !dekvo¸ wiederholt, unmittelbar darauf folgt der Imperativ !sp²sashe. Wîrde sich dieser Imperativ an eine andere Personengruppe richten als pqose¼weshe, wre gewiss eine erneute Anrede zu erwarten oder wenigstens eine klarere Zsur. Wre V.26 nur eine Aufforderung an wenige innerhalb der Gemeinde, mîsste aufgrund derselben vorausgesetzten Pragmatik auch V.27 nur an die Wenigen gerichtet sein; dann mîsste aber das Akkusativobjekt bei 1moqj¸fy rl÷r ebenfalls auf die Wenigen bezogen werden, in welchem Falle besser Infinitiv Aktiv !macm_mai tµm 1pistok¶m statt Passiv !macmysh/mai stnde. Die Phrase in V.27 mîsste dann p÷sim %kkoir to?r !dekvo?r o. . heißen. Weiterhin wîrde aus der Annahme, Paulus wîrde mit 5,26 nur eine Teilmenge (eine Zuhçrerschaft) der Gemeinde grîßen, folgen, dass an die Vorleser (ølteste o. .) selbst gar kein direkter Gruß ergeht.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

Malherbe hat eine Interpretation vorgelegt, der îber diesen Grad von Allgemeinheit noch hinausgeht: Da die Formulierung „alle Brîder“ im Folgevers 27 wiederholt wird, dort aber nicht „alle thessalonischen Gemeindeglieder gegenseitig“ bedeuten kann, sei auch unwahrscheinlich, dass in V.26 diese Bedeutung vorlge. Statt daraus jedoch den Rîckschluss zu ziehen, nur einige Gemeindeglieder sollen die anderen grîßen1418, meint er, dass der Gruß îber die primren Empfnger des Briefes hinausgehend auch an diejenigen Christen weitergeleitet werden solle, die durch die thessalonischen Glubigen bekehrt wurden, seitdem Paulus wieder abgereist war (vgl. 1Thess 1,7 f.). Damit sei die Situation analog zu der in Koloss zu verstehen (vgl. Kol 1,7 f.; 2,1.5; 4,13.15.16).1419

Schlussgrîße im Brief folgen – wenn auch nicht mechanisch – epistolographischer Konvention, durch die sich der Absender bei der Adressaten gegenwrtig setzen will. Sie sind jedoch mehr als rhetorische Floskel: „Der Gruß ist in der Antike und im NT mehr als bloße Hçflichkeitsformel gesellschaftlicher Konvention. Er spricht vielmehr dem Angeredeten Gottes Heil zu, stellt heilvolle Gemeinschaft her und nimmt in die Gemeinschaft des Heils auf, entsprechend dem atl.-jîd. Gruß ,Schalom!‘“.1420 Hierzu kommt der Gruß als Achtungserweis gegenîber dem Gegrîßten (vgl. die Kritik Jesu in Mt 23,6 f.; Lk 11,43; 20,46).1421 Was die Schlussgrîße der ntl. Briefe anbelangt, sind nhere Qualifizierungen derer îber Paulus hinaus gar nicht hufig: Mit 1Thess 5,26; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; Rçm 16,16 ist die Rede vom „heiligen Kuss“ chronologisch gesehen durch das gesamte paulinische Briefgut bezeugt. Daneben spricht einzig 1Petr 5,14 vom „Kuss der Liebe“. Ansonsten bleiben ntl. Briefschlussgrîße entweder ohne weitere Przisierung1422 oder

Die Spannung, dass zwar alle Glubigen gegrîßt werden sollen, sich der paulinische Grußauftrag jedoch nicht konventionell an diese Glubigen (als Briefadressaten) richten kann, fîhrt eher zur Annahme, dass es sich hier gar nicht um einen gewçhnlichen epistolaren Gruß handelt (so Malherbe, Thess, 341), sondern um einen mit symbolischer und/oder ritueller Bedeutung (vgl. hierzu sofort). 1418 Vgl. Anm. 1417. 1419 Vgl. Malherbe, Thess, 341 f. 1420 Mîller, Thess, 218. Zur Bedeutung des Grußes in der Antike vgl. Engelken, Art. Gruß, 956 – 958. 1421 Vgl. Bçrschel, Konstruktion, 321. 1422 Vgl. Phil 4,21 f.; Kol 4,18; 2Thess 3,17; 2Tim 4,19.21; Tit 3,15; Phlm 23; Hebr 13,14; 2Joh 13; 3Joh 15.

4.4. 1Thess 5,26: V¸kgla ûciom – der heilige Kuss

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sie fehlen ganz.1423 Der Gruß mit „heiligem“ Kuss ist damit paulinisches Proprium, das – entgegen der Rede von Heiligung oder der ekklesiologischen Rede von den Heiligen – in der paulinischen Terminologie konstant bleibt. Bei Paulus erscheinen somit die Briefgrîße gegenîber der Konvention nicht nur im Umfang gesteigert1424, sondern auch inhaltlich in besonderer Weise geprgt.1425 Unmittelbar mit dem Kontext von 1Thess 4,3 – 8 in Verbindung zu bringen ist die Bezeichnung des Grußkusses als „heilig“ in 5,26 nicht.1426 Außer der bloßen Wortwurzel "c- sind keine Textelemente zu erkennen, die eine relecture rechtfertigen wîrden. Auch die Tatsache, dass sowohl 4,3 – 8 als auch 5,26 im Rahmen von Parnesen stehen, legt eine solche Beziehung nicht nahe; dazu sind Funktionen, Hintergrînde und Charakter der beiden parnetischen Abschnitte zu unterschiedlich. Auch die fehlende spezifische Ausprgung des Grußes (vgl. sofort) weist eher von der Situativitt von 4,3 – 8 weg. Es wre somit eine ˜berinterpretation, anhand von 4,3 – 8 fîr "ciaslºr und das pmeOla ûciom gewonnene Ergebnisse auf das v¸kgla ûciom zu îbertragen. Der Gruß bleibt freilich im Kontext der theologischen Grundstruktur von 1Thess îberhaupt bestehen.

Zur Funktion des Grußauftrags „mit heiligem Kuss“ Der Kuss wird im AT und frîhjîdischer Gesellschaft aus unterschiedlichen Anlssen praktiziert: Er ist Ausdruck erotischer Zuneigung1427, dient 1423 Gal schließt als einziger paulinischer Brief in zornigem Ton ganz ohne Grîße, ebenfalls ohne ausdrîcklichen Grîße bleiben auch Eph, 1Tim, 2Petr, Jud. Bei Jak; 1Joh fehlt Briefschluss ganz. 1424 Vgl. Holtz, Thess, 272. 1425 Die Ursprînge der Sitte des Grußkusses in den paulinischen Gemeinden sind unbekannt (vgl. Holtz, Thess, 272; Reese, Thess, 70. Der religionsgeschichtliche Hintergrund ist knapp zusammengefasst von Klauck, Herrenmahl, 352 – 354). Dass er vielleicht aus der Jesus-Gemeinschaft stammt, ist eine v. a. in der lteren Exegese erwogene Mçglichkeit (vgl. Klassen, Kiss, 128; Lowrie, Kiss, 242; auch noch Benko, Pagan Rome, 82). Fîr die Gemeinde in Thessalonich ist gewiss am leichtesten anzunehmen, dass, da die Sitte in der Gemeinde nach 1Thess 5,26 offenbar vorausgesetzt ist und vielleicht auch in anderen Gemeinden bereits îblich war (so Schrage, 1Kor IV, 468 f., mit Anm. 247; Penn, Family, 156), sie von Paulus selbst eingesetzt war (vgl. die vorsichtige Formulierung bei Holtz, Thess, 272: „Vielleicht geht er [sc. der Kuss] auf eine ,Einsetzung‘ durch Paulus selbst zurîck“; deutlicher bei Malherbe, Thess, 341: „It is likely that Paul introduced the practice to his churches“; anders allerdings Mîller, Thess, 219). 1426 Anders Malherbe, Thess, 341. 1427 Gen 29,11; Hi 31,27; Spr 7,13; 24,26; Hhld 1,2; 8,1; auch Hos 13,2; JosAs 8,5 – 7; 21,7; 22,9; wohl auch 20,5.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

der Ehrbezeugung und Huldigung1428 sowie dem Trost1429, der Dankbarkeit1430 und als Sinnbild von Versçhnung.1431 Man kîsst sich beim Wiedersehen nach lngerer Trennung1432 und vor einem Abschied, z. B. vor einer lngeren Reise oder Todesfurcht1433 ; ein besonderer Abschiedkuss ist der als begleitendes Zeichen beim Segen vor nahem Tod1434 oder gar als Abschied von bereits Verstorbenen.1435 Eine relative Konstanz der Kussanlsse im hier relevanten Zeitraum zeigen noch Midrash Genesis 70,12 (zu Gen 29,11 = Freedman II, 645) sowie Midrash Ruth 2,21 (zu Ruth 1,14 = Rabinowitz, 39), wo Huldigung, Abschied und Wiedersehen ausdrîcklich als die erlaubten Anlsse fîrs Kîssen genannt sind, zudem auch Kîsse zwischen Verwandten1436, wohingegen alle anderen Kussarten zur Amoralitt fîhren.1437 Von diesen kulturell gelufigen Kussanlssen lassen sich drei mîhelos als mçgliche auf die paulinischen Grußkîsse anwenden: als Versçh1428 Gen 27,26 f.; 1Sam 10,1; 2Sam 15,5; 20,9 (betrîgerisch!); 1Kçn 19,18; Est 4,17; Hi 31,27 (Selbsthuldigung?); Ps 2,11; Sir 29,5; auch Lk 7,38.45; wohl auch der Judaskuss Mt 26,48.49; Mk 14,44.45; Lk 22,47.48; Mk 15,18 f. par. Mt 27,29 (hçhnisch!). bRHSh 25b; bChag 14b; Sifre Numeri 6,2 §22 (= Bçrner-Klein, 43); bEr 53b; bKet 103b; MShir 1,2; bAS 17a; zur Akzeptanz: Est 5,2. Zum Kuss als Ehrbezeugung im Orient allgemein vgl. Sthlin, Art. vik´y jtk., 118 f. 1429 JosAs 18,3. Zum Zeichen der Mutterliebe im Kindesalter: TestNaph 1,7. 1430 Sich mit Ehrerbietung îberlappend: bSan 27b; JosAs 28,15; jPea 15d, 28 (in Bill. I, 996, irrtîmlich 15d, 23); jQid 61c, 3; bKet 63a; bBB 16a; PesR 23/24 (= Braude I, 497). 1431 Sich îberlappend mit Kîssen beim Wiedersehen: Gen 33,4; 45,15; 2Sam 14,33; dann auch Lk 15,20. 1432 JosAs 4,1; Gen 33,4; 45,15; Ex 4,27; 18,7; 2Sam 14,33; auch Lk 15,20. Kuss von Verwandten, die sich bislang noch nicht gesehen haben, bei erstmaliger Begrîßung zeigen Gen 29,11.13; metaphorisch Ps 85,11. Zum Kuss bei Begrîßung und Abschied im Orient allgemein vgl. Sthlin, Art. vik´y jtk., 120 f. 1433 Gen 31,28; 32,1; Ruth 1,9.14; 1Sam 20,41; 2Sam 19,40; 1Kçn 19,20; Tob 10,12; 3Makk 5,49; Apg 20,37; bGit 57b. 1434 Gen 27,26 f.; 48,10; Tob 10,12; TestRub 1,5; TestSim 1,2; TestDan 7,1; TestBen 3,7. 1435 Gen 50,1. 1436 Vgl. Sthlin, Art. vik´y jtk., 124, II.2. 1437 Vgl. Wînsche, Kuss, 1 – 59. Zu insgesamt vergleichbaren Kuss-Sitten in paganen Gesellschaften der Zeit vgl. Klassen, Kiss, 126 – 128; Harst, Kuss, bes. 182 – 529. Fîr ltere (sumerische und akkadische) Belege vgl. Cooper, Art. Kuß, 375 – 379, bes. §§6.9.12.16. Vgl. zur zeitgençssischen kritischen Beurteilung des erotischen Kusses auch Sthlin, Art. vik´y jtk., 125, 5.

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nungszeichen nach Zwistigkeiten1438, zur gegenseitigen, parittischen Ehrbezeugung (v. a. relevant bei sozial gemischten Gemeinden)1439 und vielleicht zuvorderst zur Versinnbildlichung der Glaubensgemeinschaft als neuer fiktiver Familie.1440 ˜ber eine solche Einpassung des Grußes entlang der Gesellschaftskonventionen fordert aber die untraditionelle paulinische Attributierung des Kusses als „heilig“ zu einer darîber hinausgehenden Przisierung auf. Drei sehr unterschiedliche Interpretationen sind (mit Variationen) hierzu vorgeschlagen worden: (1) Eine Interpretationlinie nimmt die gemeindliche Vorstellung von einer gewissermaßen magischen ˜bertragung des Heiligen Geistes bzw. einer pneumatischen Kraftîbertragung mittels des heiligen Kusses an. Dies geschieht unter Verweis auf analoge Vorstellungen in 1Kor 7,14; Joh 20,22; JosAs 19,11; OdSal 28,7; EvPhil 31; sowie Midrash Genesis 2,7; MShir 1,2.1441 Probleme fîr diese Interpretation sind darin zu sehen, dass durchaus nicht alle genannten Belegtexte vom Kîssen sprechen – gerade die biblischen tun es nicht! Zudem bauen diejenigen, bei denen vom Kîssen und dadurch vonstatten gehenden Kraftîbertragungen gesprochen wird, auf durchaus nicht-paulinischen Vorstellungswelten: JosAs 19,11 etwa nennt die einmalige [!] ˜bertragung des Geistes des Lebens, der Weisheit und der Wahrheit durch drei Kîsse; EvPhil 31 spricht figurativ von Entstehen einer (geistigen) Schwangerschaft durch Kîssen. Solche Topoi gehçren jedoch insgesamt nur zum Rand ntl. ˜berlieferungen und den paulinischen Briefgrîßen sind sie ganz fremd. (2) Die genau gegenstzliche Forschermeinung interpretiert den Kussgruß trotz seiner Qualifizierung als „heilig“ als nicht mehr als einen formalisierten Begrîßungskuss im Rahmen îblicher gesellschaftlicher Riten1442 bzw. als epistolare Formalitt.1443 Durch das Attribut „heilig“ 1438 Vgl. Best, Thess, 246; Bruce, Thess, 134; Weima, Endings, 113 f.; Windisch, 2Kor, 427. 1439 Vgl. Kohlschein, Art. Kuß, 546. Dieser Aspekt wird umso relevanter, je strker man von einem gesellschaftlich impliziten „Statusgeflle“ von Begrîßtem und Grîßendem ausgeht. Die paulinische Aufforderung gerade zum gegenseitigem Gruß wîrde damit mit innergemeindlichen Hierarchien brechen (vgl. Bçrschel, Konstruktion, 320 f.). 1440 Vgl. Malherbe, 341; Penn, Family, 151 – 174. 1441 Vgl. Standhartinger, Art. Kuss, 1907; auch Benko, Pagan Rome, 80; speziell fîr den Beleg 1Kor 16,20 anhand der Metaphorik von 1Kor auch Perella, Kiss, 14 f. 1442 Vgl. Asting, Heiligkeit, 148; Ellington, Kissing, 413 f. (vor der speziellen hermeneutischen Fragestellung, wie die entsprechenden biblischen Verse kulturell

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

solle er dann lediglich vom erotischen Kuss unterschieden werden.1444 Mçglicherweise kme die Bezeichnung auch daher, dass er unter Christen ausgetauscht werden sollte, die sich als „Heilige“ verstehen1445, und sollte so als Zeichen christlicher Zusammengehçrigkeit dienen.1446 Diese Sicht kann besonders an den Verwandtschaftskuss innerhalb der Familie anknîpfen.1447 Diese Interpretation ist in Anknîpfung an die Funktionen des gesellschaftlichen Begrîßungskusses, insbesondere unter Verwandten, mit Sicherheit valide, doch bleibt dabei die Relevanz des Kuss-Attributs „heilig“ unterbestimmt. Auch îberzeugt die Ansicht nicht, die Bestimmung als „heilig“ solle den Kuss lediglich als nicht-erotischen kennzeichnen.1448 Gerade bei Anknîpfung an den Kuss als gesellschaftliche Grußkonvention htte kein Bedarf bestanden, die Trennung zum erotischen Kuss îberhaupt aufzuzeigen. Und selbst wenn Paulus lediglich der Verwechslung vorbeugen und auf die soziale Verbindlichkeit des Kusses htte hinweisen wollen, wren hierfîr andere Begriffe denkbar gewesen (z. B. jahaqºr, %lylor, %lelptor), die nicht ihrerseits auf ein so sinnschweres Assoziationsfeld verweisen wie ûcior. Polemischer Charakter des Syntagmas aufgrund bereits erfolgten oder drohenden Missbrauchs des Grußkusses lsst die Beilufigkeit der paulinischen Formulierung ebenfalls nicht erkennen. Dass der „heilige“ Kuss seine Bezeichnung von den „Heiligen“, die ihn austauschen, erhalten habe, berîcksichtigt zudem nicht, dass die Attributierung des „heiligen“ Kusses frîher belegt ist und daher vielleicht lter ist als die derer, die ihn praktizieren.1449 Er wird seinen „Titel“ also kaum von den Ausfîhrenden erhalten haben. (3) Die dritte exegetische Linie betrachtet den heiligen Kuss als liturgisches Element der gottesdienstlichen Versammlung. Ein „strenger“ Zweig dieser Linie kombiniert dies mit der Zusatzannahme, der Brief sei im Rahmen der Gottesdienstversammlung verlesen worden und sensitiv heute zu îbersetzen seien); ausfîhrlich Thraede, Ursprînge, 125 – 143, bes. 129.132 f. 1443 Vgl. Probst, Paulus und der Brief, 353 f. 1444 Vgl. Dobschîtz, Thess, 232; auch Kremer, 2Kor, 122; Weima, Endings, 113. 1445 Vgl. Thraede, Ursprînge, 133; Schrage, 1Kor IV, 470. 1446 Vgl. Asting, Heiligkeit, 148; Bçrschel, Konstruktion, 321 f.; Bruce, Thess, 134; Harst, Kuss, 259; Klassen, Kiss, 131 – 135; Mîller, Schluß, 217; Weima, Endings, 113 f. 1447 Vgl. Anm. 1440. 1448 Vgl. Best, Thess, 246. 1449 Vgl. 4.2.1.

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der Bruderkuss beim Verlesen des Briefes vor der Gemeinde gerade an dieser Stelle ausgetauscht worden.1450 Diese Annahme ist problematisch, da die Voraussetzung der Brieflesung îberhaupt als Teil der gottesdienstlich-liturgischen Zusammenkunft nicht erwiesen werden kann: Nach 1Thess 5,27 soll er nur p÷sim to?r !dekvo?r vorgelesen werden, îber die Gelegenheit schweigt der Text. Dasselbe gilt selbst noch fîr den Briefaustausch von Kol 4,16 (1jjkgs¸a bezieht sich auf die Personalgemeinde, nicht auf die liturgische Feier1451); in Eph 3,4 bleibt die Gelegenheit der Verlesung des Briefes noch unbestimmter. Collins’ ˜berlegung, Paulus habe bereits in 1Thess angeordnet, seinen Brief innerhalb der liturgischen Versammlung zu lesen, und zwar bewusst in Anlehnung, als Ergnzung oder sogar Ersatz der traditionellen Lesungen aus den jîdischen heiligen Schriften nach synagogaler Praxis1452, hieße, dass Paulus schon zu diesem frîhen Zeitpunkt, also ganz am Anfang seines schriftstellerischen Wirkens, seinen eigenen Gelegenheitstexten dieselbe sakrale Dignitt zukommen habe lassen wie den heiligen Schriften seiner eigenen Tradition. Eine solche Annahme scheint mir im hçchsten Maße fragwîrdig! Auch (und gerade) 2Kor 1,13; 3,15 – von Collins zur Unterstîtzung seiner These herangezogen1453 – verweisen eher auf eine frîhe christologische Lesung der atl. Texte, nicht aber auf eine liturgische Gleichstellung dieser Texte und seiner eigenen Briefe durch Paulus selbst. Von einer solchen Auffassung (vgl. 2Petr 3,16) ist man noch etliche Jahrzehnte entfernt. Fîr die Zeit von 1Thess ist – wenn îberhaupt innerhalb des Gottesdienstes! – eher eine Verlesung des Briefes anstatt einer sonst frei gehaltenen Ansprache denkbar.1454 Die dringliche Mahnung 1Thess 5,27 wiederum deutet darauf hin, dass Paulus die Verlesung seines Briefes vor der gesamten Gemeinde – und das schließt den Gottesdienst mit ein – nicht als Selbstverstndlichkeit voraussetzen konnte1455, d. h. die Verlesung des Briefes als Teil der Liturgie ist besser gar nicht als wahrscheinlich vorauszusetzen.

Whrend die Vermutung der Lesung von 1Thess als Element der gottesdienstlichen Feier also eher spekulativ bleibt, ist unabhngig davon die Praxis des Austausches des Bruderkusses als Teil der Feier dennoch denkbar und hufig angedacht worden.1456 Diese These ist wesentlich 1450 So Dibelius, Thess, 32; Hofmann, Philema, 23 f.; zu 1Kor 16,20: Conzelmann, 1Kor, 359; zu 2Kor 13,12: Windisch, 2Kor, 427. Zur Diskussion vgl. Bçrschel, Konstruktion, 322 – 326. 1451 Vgl. Bçrschel, Konstruktion, 325; gegen Collins, „That this Letter …“, 368 – 370. 1452 Vgl. Collins, „That this Letter …“, 366 f. 1453 Vgl. Collins, „That this Letter …“, 367, mit Anmm. 14.15. 1454 Vgl. Windisch, 2Kor, 427. 1455 Vgl. Thraede, Ursprînge, 130. 1456 Vgl. z. B. bei Best, Thess, 246; Bornkamm, Gottesdienst, 123; Bruce, Thess, 133 f.; Collins, Church, 297; Hofmann, Philema, 20.24; Kuss, Paulus, 14; Sçding, Art. Liebe. vik´y, 1330; Sthlin, Art. vik´y jtk., 138; auch Perella,

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

strker von den spteren Paulusbriefen entwickelt und dann auch auf 1Thess ausgedehnt worden. V.a. fîr 1Kor 16,20 beruft man sich auf liturgisch geprgtes Formelgut des entsprechenden Abschnittes, sowie auf etliche Belege eines solchen liturgischen Kusses aus Quellen der Kirchenvterzeit.1457 Die Schwche dieser Argumentation liegt darin, dass liturgische Traditionstexte in den entsprechenden paulinischen Abschnitten nur fîr den unmittelbaren Kontext des Beleges von 1Kor 16,20 auszumachen sind, und auch dort nur durch die Anathema- und Maranatha-Formeln in 1Kor 16,22, also von 16,20 noch durch den vçllig unliturgischen eigenhndigen Gruß des Paulus 16,21 getrennt.1458 Fîr Rçm 16,16; 2Kor 13,12; 1Thess 5,26 fehlt ein vergleichbarer Kontext ganz. Den heiligen Kuss auch ohne unmittelbare textimmanente Unterstîtzung als Liturgieelement zu deuten, kann sich freilich auf die Wiederholungen der Formel berufen, die traditionell zu sein scheint. Darîber hinaus ist sie jedoch von einem Rîckschluss von 1Kor und/oder den Texten der Kirchenvter aus abhngig oder gnzlich axiomatisch.1459 Der Befund fîr die Interpretation des Kusses in 1Thess 5,26 als streng liturgisch wird daher fîr die paulinische Zeit schwach.1460

Kiss, 14 f. Als Frage formuliert die Mçglichkeit eines die Eucharistiefeier umrahmenden Kusses Conzelmann, 1Kor, 359; speziell fîr 1Kor 16,20 – 24: Robinson, Sequence, 154 – 157; fîr Rçm 16,16 deutlich auch Wilckens, Rçm III, 137; vgl. auch Benko, Pagan Rome, 81 f. Den diesem Zusammenhang zugrundeliegenden religions- bzw. kulturgeschichtlichen Aspekt des heiligen Kusses als Zeichen der mystischen Union einer „heiligen Ehe“ von Gottheit und Menschen trgt Benko, Pagan Rome, 86 – 98, vor. 1457 Vgl. Justin, Apologia I,65,2; Traditio apostolica 4.21; ConstAp II,57; Tertullian, De oratione 18; Cyprian, De unitate ecclesiae IX; Origenes, Commentaria ad Romanos 10,33; Cyrill, Catecheses XXIII,3; Pseudo-Clemens, Epistola ad virgines 2,2; Clemens von Alexandria, Paedagogus 3,11.81; Athenagoras, Legatio 32. 1458 Vgl. zuletzt Schrage, 1Kor IV, 464 f. Auch Thraede, Ursprînge, 136 – 143, konzediert die liturgische Tradition dieser Begriffe, ohne aber strenge Rîckschlîsse auf deren Position im Gottesdienst zu ziehen. 1459 Fîr 1Thess vgl. Best, Thess, 246; 2Kor 13,12 vgl. Kremer, 2Kor, 122. Fîr Rçm 16,16 vgl. Schlier, Rçm, 446; Wilckens, Rçm III, 137. Ohne Begrîndung auch bei Ortkemper, 1Kor, 172. 1460 Vgl. Bçrschel, Konstruktion, 322; Klassen, Kiss, 131 f.; Malherbe, Thess, 341. Ausdrîcklich gegen einen „pan-liturgism“ warnt auch Weima, Endings, 85 – 87 (Zitat 86).

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Am vehementesten gegen die liturgische Deutung des Kusses hat wohl Thraede argumentiert.1461 Sein Hauptargument entwickelt er aus formkritischer Analyse, aufgrund derer er zum Schluss kommt, die Aufforderung zum Grußkuss sei als integraler Bestandteil der paulinischen Briefeschatolle zu verstehen; das îbergeordnet Gemeinsame der Vergleichstexte sei der Auftrag zum Gruß als solchem, nicht zum Kuss im besonderen.1462 Die Parallelen Phil 4,21 und 1Petr 5,14, die beide in ihren Grîßen ohne den „heiligen Kuss“ auskommen, weisen nach Thraede darauf hin, dass die Grußformeln mit Belegen des „heiligen Kusses“, sowie die Bezeichnung des Kusses als „heilig“ lediglich als phraseologische Steigerung des normalen Grußes zu verstehen seien.1463 Auch die Belege der spteren Vtertexte stîtzten keine liturgische Deutung des Kusses zur Zeit Paulus’ (noch weniger des frîhen Paulus), sondern wiesen eher darauf hin, ein ursprînglich formelhafter brîderlicher Grußkuss habe sich îber den Kuss im Gottesdienst zum Abschluss des voreucharistischen Gebetes zu einem regelrecht eucharistischen Kuss im engeren Sinne entwickelt.1464 Ein solcher klar eucharistischer Kuss sei aber erst im 4. Jahrhundert nachweisbar.1465 Zunchst ist kritisch zu Thraedes Pldoyer zu wiederholen, dass die Bezeichnung des Kusses als heilig (wenigstens geringfîgig) frîher belegt ist als die derer, die ihn austauschen. Erstere mag sich gewiss zu einer Phrase entwickelt haben, so wie sich auch das Heiligungs- bzw. Heiligverstndnis standardisiert und gewandelt hat; als bloße Formel begonnen haben wird sie nicht. Thraedes Pldoyer fîr eine Differenzierung von außerliturgischem und liturgischem, sowie von voreucharistischem und eucharistischem Kuss1466 ist liturgiegeschichtlich von großem Wert und fîr die Vterzeit auch nachvollziehbar, doch hngt sie stark vom Selbstverstndnis der Gemeindemitglieder (Ritualisierung bzw. Verselbstndigung gottesdienstlicher Gebruche im Gegensatz zu denen des alltglichen Lebens) und einer liturgiehistorischen Entwicklung eines festen Formulars fîr die Gottesdienstfeier îberhaupt ab (wie formalisierte Trennung von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier). Fîr die Zeit von 1Thess ist ein solches jedoch nicht belegt 1461 Vgl. Thraede, Ursprînge, 125 – 143. 1462 Vgl. Thraede, Ursprînge, 125 – 131; im Anschluss an ihn Mîller, Thess, 219. 1463 Vgl. Thraede, Ursprînge, 133 f.; vgl. zu 1Petr 5,14 auch Collins, 1Thess and the Liturgy, 137. 1464 Vgl. Thraede, Ursprînge, 143 – 170. 1465 Vgl. Thraede, Ursprînge, 157 – 159; vgl. auch Schmidt-Lauber, Art. Gesten, 154. Der Grund fîr die Verlegung des Bruderkusses in den eucharistischen Rahmen sei unklar (vgl. Thraede, Ursprînge, 158; im Anschluss an ihn Harst, Kuss, 259). 1466 Vgl. auch Thraede, Art. Friedenskuß, 512.

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und îberhaupt zu wenig îber frîhe liturgische Details und gemeindliche Versammlungsformen bekannt.1467 Thraedes Argumentation muss sich m. E. mit Rîckprojektion spterer liturgiegeschichtlicher Entwicklungen auf die (frîh-)paulinische Zeit auseinandersetzen. Liturgiegeschichtlich (und anhand liturgiegeschichtlicher Quellen) zu argumentieren, erscheint mir fîr diese Zeit einen zu engen Sakramentbegriff vorauszusetzen.

Unabhngig von einer „liturgisierenden“ Entwicklung des Grußes (ob nach dem Gebet oder als Teil der Eucharistie [im engeren Sinne]) gewann der Gruß der Christusglubigen auf jeden Fall frîh quasi-sakramentale Bedeutung: Der Friedensgruß der ausgesandten Jînger (Mt 10,12 f.; Lk 10,5 f.) hat performative Bedeutung in einem wîrdigen, wohlgesonnen Gastgeberhaus, andernfalls fîr den Grîßenden selbst; der Gruß gegenîber dem Fremden soll als Zeichen der Christusgemeinschaft gelten (Mt 5,47). Ebenso kann er Element von Krankenheilung sein (Mk 5,34; Lk 7,50; 8,48). Bei Joh hat der Friedensgruß des Auferstandenen unmittelbare Verbindung mit Geistverleihung und Befhigung zum Sîndenerlass (Joh 20,19 – 26; insbes. V.19.21.26). Besonders herausragende Stellung hat der Gruß Marias an Elisabeth, der die Freude des ungeborenen Sohnes Elisabeths sowie ihre Fîllung mit heiligem Geist bewirkt sowie den Makarismus fîr die glubige Frau motiviert (Lk 1,40 f.44 f.). Der Gruß als Zeichen von Versçhnung (Lk 15,20; vgl. auch Apg 16,36) und wiederaufgenommener Gemeinschaft (Mt 28,9; Lk 24,36) ist hingegen traditionell. Man muss dieses in Evangelientexten erkennbare hohe Maß an sakramentaler Kraft fîr das Grußverstndnis in 1Thess nicht voraussetzen. Nichtsdestotrotz wird hier eine Entwicklung des christlichen Grußes kenntlich, die im Kontext der spezifischen Glaubensinhalte und -praktiken die Bedeutung des Grußes noch îber den gesellschaftlich ohnehin hochstehenden Wert gehoben hat: Das Spezifikum des christlichen Grußes ist die performative Vermittlung wesentlicher christlicher Glaubensinhalte. Im Falle der paulinischen Qualifizierung des Grußkusses als „heilig“ heißt dies nicht, dass die Gegrîßten durch den heiligen Kuss heilig werden: Das wre ein heiligender Gruß. Es heißt, dass, îber die gelufigen Konventionen des Grußkusses – sowohl des praktischen wie auch des epistolographischen – hinausgehend, die Glaubensgemeinschaft und Zugehçrigkeit mit dem Heiligen in Erinnerung gerufen und sie gegenwrtig gesetzt werden sollen mit dem Auftrag, diese dauerhaft unter 1467 Vgl. Bçrschel, Konstruktion, 322.324 f.; îber Organisationsmodelle der frîhen christlichen Gemeinden vgl. ebd., 166 – 191

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den Gemeindegliedern weiterzureichen. Der Gruß symbolisiert damit nicht nur die eschatologische Gemeinschaft im „familiren“ Sinne, sondern trgt auch zu deren Vollzug bei. Ein Verstndnis des Kusses, das dessen Qualifizierung als heilig berîcksichtigt, verweist darauf, dass es sich dabei nicht um einen gewçhnlichen, wenn vielleicht auch besonders innigen Gruß handelt, sondern um einen theologisch geprgten mit – wenigstens – symbolischem, ggf. sakramentalem Wert. Verkîndigungsaspekt (das Weiterreichen des Kusses) sowie eschatologischer Ausblick durch Erinnerung an das Wiederkommen Christi sind beides Elemente, die zur Bedeutung des heiligen Grußkusses in 1Thess benannt werden kçnnen. Es sind dies auch beides Elemente, die Paulus explizit fîr die „sakramentale“ Mahlfeier ausfîhrt (vgl. 1Kor 11,26).1468 Damit zeigt sich, dass ein Unterschied zwischen liturgisch-sakramentalem Verstndnis des Grußes (im Rahmen des Gottesdienstes) und nicht-liturgisch-sakramentalem gar nicht gepresst werden muss und fîr die Zeit von 1Thess sogar nicht kann. Eine ausdrîcklich liturgisch geprgte Sitte muss fîr 1Thess 5,26 nicht angenommen werden, um dem Grußauftrag von 1Thess dennoch quasi-sakramentale Qualitt zusprechen zu kçnnen.1469 Ist eine feste Verbindung des heiligen Grußkusses mit der Eucharistiefeier zur Zeit von 1Thess noch nicht nachweisbar, so ist zumindest einsichtig, dass sich dieser Gebrauch leicht etablieren konnte.1470 1468 Der Imperativ Aorist muss nicht auf konkrete Anwendung hinweisen (vgl. BDR, §337; gegen Richard, Thess, 287). Vgl. Mîller, Thess, 219; Schrage, 1Kor IV, 469 f.; Standhartinger, Art. Kuss, 1907. 1469 Ebenso hngt die Frage, ab welchem performativen Bedeutungs- und Wirkungsgrad eines Grußes von einem „sakramentalen“ Charakter zu sprechen ist, freilich davon ab, ab welchem Grad theologischer Durchdringung und Gedankenbildung man den Sakramentsbegriff îberhaupt fîr angemessen hlt. 1470 Daher ist Formulierungen im Sinne eines „weichen sakramentalen“ Charakters des Grußkusses zuzustimmen, so z. B. bei Windisch: „Auch dieses asp²feshai hat eine heilige Dynamis in sich und grenzt an das sakramentale Handeln“ (Windisch, Art. !sp²folai jtk., 499); Moffatt, 1Cor, 279: „a minor sacrament of fellowship“; Perella: „[T]he kiss was apparently an important ritualistic and sacramental function from the beginning … the kiss was quickly institutionalized in the young Christian community as a mystic symbol both in liturgical and non-liturgical ceremony“ (Kiss, 12 f.); Bçrschel: „Wie in der Realisierung des Friedens im Gruß, manifestiert sich das Heil der zum Heil Berufenen im heiligen Kuß“ (Konstruktion, 322; eigene Kursivsetzung); Klauck: „Ein liturgisch-sakraler Charakter des heiligen Kusses scheint fîr Paulus und seine Gemeinde plausibler als das Gegenteil, nur wird man îber seinen genauen liturgischen Ort nicht so selbstverstndlich urteilen kçnnen wie bisher“ (Herrenmahl, 356).

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Auch die Umformulierung von 1Petr 5,14, von Thraede als Zeichen der unspezifischen Konventionalitt des heiligen Grußkusses gedeutet, ist an diese hier vorgeschlagene Interpretation schlîssig anfîgbar: Die Untersuchung von 1Thess 4,1 – 8 hat gezeigt, dass die Rhetorik von 1Thess (gerade noch) von einem lteren eschatologischen Heiligverstndnis geprgt ist, das bald danach verloren gegangen und spter ins Ethische gekippt ist. Ebenso wie zu dieser Zeit das Heiligungsverstndnis nicht mehr als parusieorientierte Wartezeit verstanden wird, so wird auch der eschatologische Erinnerungscharakter des Grußkusses nicht mehr nachvollzogen. 1Petr 5,14 folgt somit ganz schlîssig dem Wechsel des Heiligungsverstndnis ins Ethische: Der heilige Kuss wird zu einem Liebeskuss. Phil 4,21 f. hingegen betont strker die (rein) ekklesiologische Dimension des Grußes: Statt zum „heiligen Kuss“ mahnt Paulus die Adressaten zum Gruß an alle „Heiligen“; gleichzeitig richtet Paulus Grîße von allen „Heiligen“ aus. Der „heilige Kuss“ zur eschatologischsoteriologischen Strkung wird damit ersetzt durch die Nennung der „Heiligen“ (dem spteren paulinischen Sprachgebrauch folgend) bei doppelter Richtung: an „Heilige“ ergeht der Gruß, von anderen „Heiligen“ wird er ausgerichtet.1471

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus Bekanntermaßen fehlt in smtlichen paulinischen Briefen die Bezeichnung Gottes als heilig. Dies ist zwar schon frîh immer wieder beobachtet1472, m.W. aber bislang noch kaum nher untersucht worden.1473 1471 Vgl. auch Weima, Endings, 112. 1472 Vgl. Asting, Heiligkeit, 101; Dillersberger, Das Heilige, 38 – 43; Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 106; Hanssen, Heilig/1, 9.218; Imschoot/Haag, Art. Heilig, 690; Procksch, Art. ûcior, 101 f.; Radl, Art. Heilig, 88; Seebass/Grînwaldt, Art. heilig/rein. ûcior, 890; Stalder, Werk, 101.105 f.130; Taeger, Art. Heilig und profan, 1532; Williger, Hagios, 89. 1473 Auch Klumbies und Flebbe widmen ihr in ihren Untersuchungen zur Gottesrede bei Paulus keine Aufmerksamkeit (vgl. Klumbies, Rede, 136 – 253; Flebbe, Solus Deus). Vgl. ebenso die Auslassungen in den Kapiteln îber Paulus’ Theologie in Paulus-Monographien von Becker, Paulus, 402 – 409; Dunn, Theology, 27 – 50; Schnelle, Paulus, 441 – 461. Eine kurze ˜berlegung findet sich bei Balz, Art. ûcior, 44.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

373

Der Verzicht auf die Bezeichnung Gottes als heilig ist nicht nur bei Paulus, sondern beinahe durch das gesamte NT zu beobachten: Nur einmal nennt Joh 17,11 den heiligen Vater und 1Petr 1,15 den heiligen Berufenden; Apk 15,4 preist Gott als den schlechthin Heiligen („Du alleine bist heilig“); in Apk 16,5 steht mit der Heiligkeit Gottes seine richtende Gerechtigkeit im Vordergrund. Apk 4,8 zitiert das Trishagion Jes 6,3; Apk 6,10 schließt daran an. Ansonsten findet sich eine Reihe von Belegen, in denen das heiligAttribut unmittelbar neben Gott gestellten Figuren zukommt, doch nicht Gott selbst (dem Geist: Apg 4,31; 5,32; 7,55; 10,38; 15,8; 20,28; Rçm 5,5; 14,7; 15,13.16 u. ç.; Jesus: Mk 1,24 par. Lk 4,34; Lk 1,35; Joh 6,69; den Propheten: Apg 3,21; Engeln: Apg 10,22; Gemeindegliedern: Rçm 1,7 u. ç.1474 ; Opfer: Rçm 12,1; Tempel: 1Kor 3,17).1475

Was 1Thess innerhalb der biblischen Schriften anbelangt, ist diese Aufflligkeit somit zwar „nur“ eine relative, trgt aber aus statistischen Grînden besonderes Gewicht, da 1Thess fîr die relative Hufigkeit der Belege der Derivate zur Wurzel "c- von allen paulinischen Schriften, und nach dem kurzen und statistisch wenig aussagekrftigen Jud auch von allen anderen ntl. Schriften fîhrend ist1476 und der Negativbefund daher besonders auffallend hervortritt. Fîr 1Thess ist somit nicht nur die Vermeidung der Rede vom heiligen Gott als solcher auffllig, sondern diese Vermeidung bei gleichzeitig besonders großem Interesse am Thema der Heiligkeit/Heiligung. Auch zeigt 1Thess als frîheste uns îberlieferte christliche Schrift, dass die atl. Bezeichnung Gottes als heilig von den christusglubigen Kreisen schon frîh aufgegeben wurde bzw. diese bei Emanzipation der Heidenmission gar nicht mittransportiert wurde. Fîr die Gesamtbriefe des Paulus liegt eine weitere Aufflligkeit darin, dass er von allen atl. Bîchern aus Jesaja, der atl. Generalquelle fîr die Rede vom „heiligen Gott“ (vgl. sofort), am hufigsten zitiert1477, gerade die Rede vom heiligen Gott aber nicht îbernimmt.1478 Konkret fîr 1Thess hat dies jedoch 1474 Vgl. Anm. 1350. 1475 Radl meint, dass die Bezeichnung Gottes als heilig einer Tautologie gleichkme, da sich der Begriff des Heiligen von Gott selbst her bestimme (vgl. Art. Heilig, 88). Doch ist dies kein Argument zur Begrîndung einer solchen Vermeidung, da dasselbe auch schon fîr atl. und frîhjîdische Zeit gegolten htte. 1476 Vgl. unter 0.1. 1477 Vgl. Koch, Schrift, 32 f. 1478 Dies fllt auch an den Ergebnissen der ausfîhrlichen und detaillreichen Studie Die Bedeutung des Jesajabuches fîr Paulus von F. Wilk ins Auge: Die Themenbereiche, die die die paulinische Jesajarezeption hauptschlich prgen, sind fîr Wilk die „vier grundlegende[n] Fragen christlichen Glaubens und Lebens“ (Bedeutung, 160): die Christusbotschaft, das apostolische Selbstverstndnis des Paulus, das vernderte Verstndnis der Stellung Israels zum Evangelium und die

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weniger Aussagewert, da Paulus in diesem Brief gar kein atl. Zitat verwendet, und somit auch nicht aus Jes.1479

Um den Grînden fîr diese Auslassung auf die Spur zu kommen, soll zunchst kurz untersucht werden, welches Gottesbild sich mit der traditionellen Verwendung der Bezeichnung Gottes als heilig verbindet. Den Ursprîngen der Attributierung JHWHs als heilig auf die Spuren zu kommen, wird durch den Umstand verdunkelt, dass als die frîhesten Belege hierfîr von der Exegese unterschiedliche Verse herangezogen werden. Baudissin hat Am 2,7 und Hos 11,9 (implizit) als die frîhesten Bezeichnungen JHWHs bzw. seines Namens als heilig gelistet.1480 In den 1960er bis 1980er Jahren hingegen haben Procksch, Mîller und Kellermann 1Sam 6,20 als lteste Stelle, an der Jahwe qa¯do¯ˇs genannt wird, bezeichnet.1481 Scoralick nennt ebenfalls 1Sam 6,20, doch auch Jos 24,19; sie bezeichnet diese Texte jedoch zurîckhaltender ohne Superlativ als „alte Zeugnisse“, die fîr die „Rede vom h[eilig]en Gott gehalten“ werden. Sie nennt ebenfalls, allerdings unter Vorbehalt des poetischen Sprachduktus, 1Sam 2,2 sowie die in ihrer ˜bersetzung umstrittene Stelle Ex 15,11. Als sicheren Boden fîr die frîhe Rede vom heiligen Gott bezieht sie sich schließlich auf die Schriftprophetie des 8. Jahrhunderts, ohne jedoch auf Einzelstellen zu verweisen.1482 Irsigler schließlich bleibt von vorneherein bei den Propheten des 8. Jahrhunderts, nennt namentlich Am 4,2; (2,7); Hos 11,9 – und kehrt damit zur alten Meinung Baudissins zurîck.1483 Seebass/Grînwaldt listen schließlich wieder 1Sam 6,19 f. als Beispiel fîr die „ltesten Quellen“ des AT, in dem JHWH als heiliger Gott bezeichnet wird.1484

Whrend unabhngig von der unterschiedlichen Einschtzung des Ursprunges der Bezeichnung JHWHs als heilig in der frîheren Zeit die Rede vom heiligen Gott jedoch auf verstreute Einzelbelege beschrnkt Parusieerwartung. Diese vier Themen bespricht Wilk in mehreren Durchgngen (vgl. Bedeutung, 160 – 206.266 – 339.364 – 373); eine besondere Beachtung der Rede von Gott unterbleibt. 1479 Selbst Nestle-Aland, loci citati vel allegati, 789 – 793, verzeichnen fîr 1Thess nur drei Anspielungen auf Jes: 1Thess 5,3 < Jes 13,8; 1Thess 5,8 < Jes 59,17; 1Thess 5,14 < Jes 57,15. 1480 Vgl. Baudissin, Studien, 132; vgl. ebenso Efros, Holiness, 370. 1481 Vgl. Kellermann, Art. Heiligkeit, 698; Mîller, Art. a7K, 597; Procksch, Art. ûcior jtk., 91: „Es ist bezeichnend, daß Jahwe gerade in Verbindung mit der Gotteslade zum erstenmal als a|7x)8( A=8%1@4"8) erscheint (1 S 6,20)“; trotz ebd., 90: „Schon Amos lßt Jahwe schwçren bei seiner Heiligkeit (4,2)“. Vgl. auch Schmidt, Aussage, 64. 1482 Vgl. Scoralick, Art. Heilig, 86; Zitate ebd. 1483 Vgl. Irsigler, Gott als Kçnig, 144, Anm. 43; vgl. ebenso auch Wagner, Herrschaft, 105 f. 1484 Vgl. Seebass/Grînwaldt, Art. heilig/rein. ûcior, 888.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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bleibt, wird die Rede vom heiligen Gott von Jesaja zur hufigen Titulatur ausgebaut, „geradezu als Schlîsselwort“1485 standardisiert und zur stereotypen Formel des „Heiligen Israels“ pointiert.1486 Außerhalb von Jes jedoch erscheint die Bezeichnung Gottes als heilig im gesamten AT nur gelegentlich, keinsfalls standardisiert.1487 Im Folgenden soll daher anhand dreier Beispiele aus Jes (jeweils eines aus PrJes, DtJes und TrJes) die Rede von Gott als heilig exemplarisch untersucht werden: Jes 6,1 – 7 (Das Trishagion) Die Trishagion-Szene Jes 6,1 – 7 (Berufungsvision) nimmt nicht nur fîr das gesamte Buch eine Schlîsselposition ein, die Heiligakklamation spielt auch fîr sptere biblische und außerbiblische Texte eine wichtige Rolle 1485 Ringgren, Art. a7K qdsˇ, 1193; auch Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 106. 1486 Dass der Titel „der Heilige Israels“ gar zur motivischen Einheit des Jesajabuches beitrgt, meint Hermisson; er erkennt in diesem Titel „einen der wenigen Anhaltspunkte dafîr, dass Deuterojesaja an die Sprache Jesajas oder der Jesajatradition anknîpft“ (Hermisson, Deuterojesaja/2, 18); vgl. auch Blenkinsopp, Isaiah 1 – 39, 225; Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 109; Kellermann, Art. Heiligkeit, 699; Procksch, Art. ûcior jtk., 93. Der kurze Jesaja-Kommentar von Helfmeyer ist unter der Oberîberschrift Der Heilige Israels – dein Erlçser erschienen. Whrend Procksch zudem meint, Jesaja habe die Formel selbst geprgt (vgl. Art. ûcior jtk., 93), vermutet Jîngling im Anschluss an Selms, der Titel „der Heilige Israels“ habe ursprînglich „the celestial being adored by the Israelite nation“ bedeutet und sei daher eine JHWH-Bezeichnung von außerhalb des JHWH-Kultes Stehenden gewesen (vgl. Jîngling, Heilige 109, Anm. 62; Zitat: Selms, Expression, 267 f.). Nach Efros kann Jesaja wenigstens als „the great exponent of the qedushah-school“ bezeichnet werden (Holiness, 371; originale Hervorhebung). 1487 Whrend der Schwerpunkt der Bezeichnung Gottes als heilig fîrs gesamte AT, nicht zuletzt durch die Hufigkeit des Titels des „Heiligen Israels“, deutlich bei Jes liegt, kçnnen daneben auch Lev und Ps fîr relativ viele Belege von Nennungen des „heiligen Gottes“ genannt werden. Die einzelnen Belege sind: Lev 11,44.45; 19,2; 20,26; 21,8; Jos 24,19; 1Sam 2,2; 6,20; 2Kçn 19,22; Ps 22,4; 71,22; 78,41; 89,19.36; 99,5.9; Spr 9,10; 30,3; Hi 6,10; Jes 1,4; 5,16.19.24; 10,17.20; 12,6; 17,7; 29,19.23; 30,11 f.15; 31,1; 37,23; 40,25; 41,14.16.20; 43,3.14.15; 45,11; 47,4; 48,17; 49,7; 54,5; 55,5; 57,15; 60,9.14; 65,5; Jer 50,29; 51,5; Ez 39,7; Hos 11,9; 12,1; Am 4,2; Hab 1,12; 3,3; indirekt auch Ex 15,11; 28,36; 39,30; Lev 10,3; Num 20,12 f.; Ez 28,22.25; 36,23; 38,23; Dan 4,5.6.15; 5,11. Dazu kommen Nennungen JHWHs „heiligen Namens“ in Lev 22,2; Ps 33,21; 103,1; 105,3; 106,47; 111,9; 145,21; Ez 20,39; 36,20.22; 39,7.25; 43,8; Am 2,7.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

(vgl. Ps 99; Apk 4,8; 1Hen 39,11; 2Hen 21,1 u. ç.).1488 Die Motivik der Szene vor dem Gottesthron ist bislang weitgehend unter dem Blickwinkel der Rede vom kçniglichen Gott betrachtet worden, aus dessen Motivspektrum die wesentlichen Bilder, die den Hintergrund der Gottesvorstellung dieser Verse liefern, in der Tat auch stammen.1489 Schon auf den ersten Blick ist die Vorstellung vom heiligen Gott hier unmittelbar mit der vom kçniglichen verschrnkt; diese Verschrnkung geht wohl bereits auf ein altes Thema des Jerusalemer Kultes zurîck.1490 Barthel ist einer der wenigen Autoren, der erst unlngst die Heiligkeit Gottes in diesen Versen strker in den Vordergrund gerîckt hat.1491 Als genannte gçttliche Regalien kçnnen zusammengefasst werden: a) der Tempelpalast mit Thron, b) die Seraphim als Hofstaat, c) die Erde als Herrschaftsbereich und die Demutsbezeugung des Untertanen, d) die teilweise ˜berbrîckung der Distanz. Zur Kçnigsattributierung Gottes gehçrt in V.1 die Rede von der îbermenschlich großen Gottheit, die auf ihrem îberdimensionalen Thronsitz residiert.1492 Dementsprechend ist ein sprachliches Element der Steigerung der Gotteshoheit darin zu sehen, dass der Gottesname JHWH in diesem Abschnitt nie isoliert steht, sondern immer mit anderen Titeln verbunden ist.1493 Der Tempel gilt hier nicht als Wohnsitz Gottes1494 – =D) *74# in diesem Vers1495 –, sondern selbst der Saum seines Gewandes fîllen ihn voll aus. „Das heißt in der Sache: Manifest wird die Person Jahwes im Tempel nur in ihren Rndern, und schon diese Rnder fîllen den Tempel 1488 Ringgren hlt das Trishagion fîr einen vornehmlichen Grund fîr die herausragende Rolle, die die Thematik des Heiligen bei Jes insgesamt hat (vgl. Art. a7K qdsˇ, 1193). 1489 Kaiser und Barthel sind diesbezîglich – nicht nur in Bezug auf Jes 6 – eher Ausnahmen (vgl. Anm. 1491). 1490 Vgl. Ex 15,11.18; Ps 24,1.7; 29,1 f.10; 47,8 f.; 89,19; 96,9 f.; 99,1 – 3; vgl. Beuken, Jes 1 – 12, 171. 1491 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 96 – 105; auch Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 104 – 127 (nicht nur auf Jes 6 bezogen); knapp auch Zimmerli, „Heiligkeit“, 496 f. 1492 Vgl. fîr eine ugaritische Parallele einer hnlichen Schilderung des enormen Gottesthrons Irsigler, Gott als Kçnig, 142, Anm. 36. 1493 Vgl. Irsigler, Gott als Kçnig, 135. =D) *74# erscheint hingegen isoliert außer in V.1 wieder in den V. 8.11. 1494 Zur Vorstellung des Tempels als Wohnsitz Gottes vgl. Ottosson, Art. @?)=8ú, 412 – 414. 1495 Zur textkritischen Fragestellung, hier 898= statt =D) *74# zu lesen, vgl. Wildberger, Jes/1, 231 f.

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aus“.1496 In V.3 wird die lokale Steigerung ins Maßlose îberboten: Durch den Ruf der Seraphim wird der 7|5p) JHWHs als den ganzen Kosmos erfîllend proklamiert.1497 Zum Kçnigsnimbus gehçrt auch der kçnigliche Thronrat, hier eine mythologisierte Versammlung furchterregender Seraphim. Auch hier sind vielfache Element der Steigerung traditioneller Motivik zu beobachten. Bei den Seraphim (von hebr. GLb, „brennen“, „verbrennen“) handelt es sich ursprînglich um Giftschlangen, nmlich schwarznackige Kobras. Erst in hellenistischer Zeit sind sie zu Engeln stilisiert worden (vgl. 1Hen 61,10; 71,6). Im ursprînglichen Sinne sind sie atl. nicht hufig genannt, dann jedoch als Steigerung von Furcht und Schrecken: In Num 21,6 ff. schickt Gott Seraphim gegen das murrende Volk, von deren tçdlichem Biss man sich durch Blick auf einen bronzenen Seraph heilen kann (vgl. auch 2Kçn 18,4). In Dtn 8,15 sind Seraphim zur Illustrierung der Schrecken der Wîste neben Skorpionen genannt. In den Gerichtsdrohungen Jes 14,29 und 30,6 werden sie zur Potenzierung ihrer verderbenbringenden Macht fliegend und zur Steigerung der Surrealitt mit menschlichen Zîgen (Gesicht und Fîße1498 in Jes 6,2; Hand in Jes 6,6) dargestellt.1499

Der halb anthropomorphe halb theriomorphe Thronrat steht in V.2 îber Gott (anthropomorphe Gestalten kçnnten nach altorientalischer Kçnigsideologie nicht îber dem Kçnig selbst schweben1500), die Macht der Seraphim wird durch die Flîgel îberhaupt, doch besonders durch die ikonographisch ungewçhnliche Sechszahl der Flîgel ausgedrîckt (vgl. auch Jes 14,29; 30,6 ohne Nennung der Flîgelzahl)1501, worin sowohl die 1496 Barthel, Prophetenwort, 99. 1497 Vgl. zur Darstellung des îberdimensionierten Gott-Kçnigs auch die Prozession mit dem Erhçhen der Tore im „so gut wie sicher vorexilischen“ (Irsigler, Gott als Kçnig, 139) Kçnigspsalm 24,7 f. In Am 9,1 steht Adonai zwar îber dem (oder am [@W(]) Altar, ragt aber somit noch nicht îber den Tempel hinaus. Auch 1Kçn 8,27 (sptdtr. Zusatz, vgl. Cogan, 1Kings, 283 f.) wehrt sich gegen die Vorstellung, Gott kçnne von Erde oder Himmel eingefasst werden – zu beachten ist die dreifache Wortwiederholung zur Aussagepotenzierung A=% B(c)8( =Búa!l A=% B(c)8( – noch viel weniger vom Tempel (gegen 1Kçn 8,13; vgl. dann auch ntl. Apg 17,24). Jes 33,5 hebt JHWH ebenfalls in indefinite Hçhe. 1498 Vielleicht auch euphemistisch fîr Scham, vgl. Barthel, Prophetenwort, 100. 1499 Vgl. Alt, Gedanken, 351; Barthel, Prophetenwort, 99 f.; Jarosˇ, Art. Seraf(im), 574; Wagner, Herrschaft, 87 – 95. 1500 Vgl. Beuken, Jesaja, 171. Anders Mîller, der |@ @W(r(B% nicht „îber ihm“, sondern „vor ihm“ îbersetzt (vgl. Mîller, Ratsversammlung, 257 f., Anm. 12). 1501 Dass die Sechszahl der Flîgel eine eigene Invention Jesajas darstellt, vermutet Beuken, Jesaja, 171.

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˜berbietung des zwei- oder vierflîgeligen Urus im konkreten1502 als auch der Ausdruck symbolischer Vollstndigkeit gerade durch die Dreierzahl der Flîgelpaare, korrespondierend mit dem dreifachen Heilig-Ruf des Seraphim-Chores1503, zu sehen ist. Als Potenzierung ihrer numinosen Wirkkraft muss auch gelten, dass ihr Ruf Theophaniephnomene bewirkt, die normalerweise nur durch eine gçttliche Stimme o. . ausgelçst werden.1504 Dieser gesteigerten Darstellung der Seraphim wird jedoch eine neue Folie vorgehalten und dadurch umso intensiver auf JHWH projiziert: Die Schlangenflîgel werden ins Gegenteil ihrer ursprînglichen Funktion gewendet: Der Furcht, die die Seraphim normalerweise selbst ausstrahlen, sind sie jetzt selbst ausgesetzt. Der Thronrat, der eigentliche N|45)J!, der den Kçnig schîtzen sollte1505, muss sich selbst schîtzen, und dazu benîtzen seine Mitglieder ausgerechnet die Schwingen, die zur Steigerung ihres Furchterregens dienen (vgl. Jes 14,29; 30,6). Der Akt des Bedeckens selbst wird durch die Komplettheit der Ganzkçrperbedeckung ausgedrîckt, meristisch dargestellt durch das Verhîllen der Extremkçrperteile Kopf und Fîße.1506 Gleichzeitig verlieren sie die Eigenschaft des Heiligseins, die traditionell dem Thronrat und der gçttlichen Umgebung zugekommen war (vgl. z. B. Ps 89,6 – 9)1507, jetzt aber nur noch JHWH allein zukommt, und werden dadurch gerade durch die gesteigerte Numinositt „zum Spiegel der unîberbietbaren Heiligkeit Jahwe Zebaots“.1508 Der Seraphimruf in 6,3 beinhaltet das eigentliche Trishagion, am besten als chorisches Responsorium zu denken (die Seraphim rufen den Vers einander zu, nicht JHWH), ist nicht struktureller, aber dramatur1502 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 100; Irsigler, Gott als Kçnig, 144, Anm. 42; Wagner, Herrschaft, 91. 1503 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 100. 1504 Lrm, eine laute Stimme, Getçse oder Hçrnerschall als Auslçser von Theophaniephnomenen z. B. in Ex 19,16; Ps 18,14; 29,3 – 5; 46,7; 77,18 f.; Jes 29,6; Jer 10,13; Ez 26,10.15; Am 1,2. 1505 Vgl. Jîngling, Heilige, 104. 1506 Vgl. Hartenstein, Unzugnglichkeit, 184 f. Vielleicht kann auch euphemistisch an die Geschlechtsteile gedacht sein, dessen Ausflîsse als unrein gelten (so Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 106). 1507 Vgl. etliche Belege aus dem isralitischen Umfeld bei Irsigler, Gott als Kçnig, 143, Anm. 40. 1508 Irsigler, Gott als Kçnig, 143; vgl. auch ebd., 144, Anm. 42. Ebenfalls zur Nennung von Furcht und Schrecken als adquate Phnomene fîr die Begegnung mit JHWHs Heiligkeit neben Jes 8,13; 29,23 auch Ex 15,11; Ps 111,9; vgl. auch Jos 24,19.

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gischer Hçhepunkt der Thronszene.1509 Hier tritt die Audition zur Vision, die Rufe der Seraphim lçst – wie genannt – Beben und Rauch als Theophaniephnomene aus (V.4).1510 N|45)J! 89) 8=! a|7K) a|7K) a|7K) A 3|7|5p! ILû4)8).@?) 41@B! B Die Prgnanz des kurzen parallelen Nominalsatzpaares wird durch die Dreifachwiederholung des a|7K) wirkungsvoll gesteigert.1511 Die Dreifachheit zur Steigerung der Aussagepotenz findet sich innerhalb der Szene mehrfach, nmlich im strukturellen Aufbau (Thronvision V.1 – 4; Bekenntnisaussage des Propheten V.5; Reinigungsszene V.6 f.), bei den Flîgelpaaren der Seraphim, beim Heilig-Ruf und, als direkte Entsprechung dazu, in dem dreifachen =p% bei der Erkenntnis der Unreinheit Jesajas und des Volkes V.5 (vgl. sofort die Zeilen A; Ba; C der kolometrischen Darstellung). Zur nheren inhaltlichen Bestimmung des a|7K) ist neben der eindrucksvoll ausgemalten Herrscheremblematik sowohl innerhalb des Rufes auf die im zweiten Nominalsatz genannte 7|5p) JHWHs zu verweisen, als auch außerhalb des Rufes auf die Unreinheitserkenntnis V.5. Ein doppelter Kontrast liegt zwischen V.3 und V.1, nmlich sowohl im Wirkungsbereich JHWHs, der nun auf die ganze Welt ausgedehnt ist und nicht nur auf den Tempel beschrnkt bleibt, als auch im Fîllungsinhalt: Whrend der Tempel lediglich vom Gewandsaum gefîllt war, ist die Welt JHWHs eigentlicher Herrschaftsbereich und von seiner Majestt und Herrschaft erfîllt.1512 Der kontrastive Zusammenhang von heilig und unrein wird durch die Rede des Ich-Sprechers V.5 herausgestellt. =@%.=|4 =N%=Bú7!D% .=?% A =?% D1 4) A=% N(H)b!.4Búü! a=4% =p% Ba 1509 „Ihren Hçhepunkt erreicht die Schau des himmlischen Kçnigs in der Doxologie der Serafen“ (Barthel, Prophetenwort, 100; originale Kursivsetzung). 1510 Beide Effekte sind bei Theophanien hufig beschrieben: Beben: Ex 19,18; Ri 5,4; Jes 19,1; 24,20; Am 9,1; Ps 18,8; 68,9; 77,19; 104,32. Rauch: Gen 15,17; Ex 19,18; 20,18; Dtn 29,19; Jes 4,5; 65,5; Ps 18,9; 74,1; 80,5; 104,32; 144,5. Vgl. Barthel, Prophetenwort, 102 f. 1511 Fîr Dreifachwiederholungen eines Wortes zur Aussagepotenzierung vgl. auch Jer 7,4; 22,29; Ez 21,32; Ps 93,3. Vgl. Wortwiederholungen zur stilistischen Verstrkung ebenfalls Gen 9,25 f.; 49,25 f.; Num 6,22 f.; 1Kçn 8,27; Jer 7,4; 22,29; Ez 21,32; Nah 1,2; Ps 93,3; Spr 31,2 u. ç. Vgl. auch Moberly, ,Holy, Holy, Holy‘, 126 f. 1512 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 101.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

5aú|= =?% D1 4) A=% N(H)b! 4Búü!.AW( ý!|N5!l Bb 3=D) =Wú l4L) N|45)J! 89) 8=! ý!@ûrû8(.N4û =p% C Weh mir!, denn ich bin verloren. Denn ein Mann von unreinen Lippen bin ich, und inmitten eines Volkes von unreinen Lippen wohne ich. Denn den Kçnig JHWH der Heerscharen haben meine Augen gesehen.

Der beginnende exklamative Angstruf =@%.=|4 mit nachgestellter Verbalisierung „Ich bin verloren“ (A) wird durch die nachfolgende dreigliedrige Rede erlutert, die jeweils Schritt fîr Schritt den Ruf des Verlorenseins explizieren. Alle drei Satzglieder enden mit einem deutlichen Verweis auf den Sprecher selbst (in Ba und Bb mit betontem =?% D1 4), C mit =D) =Wú), dreimal wird das Verlorensein in Bezug zu unreinen Sinnesorganen hergestellt (zweimal Lippen, einmal Augen); B ist zweigeteilt, da die unreinen Lippen nicht nur vom Propheten, sondern auch vom Volk ausgesagt werden.1513 B stellt somit, eingeklammert von C, dem Verweis auf das Schauen JHWHs, sowie von A, dem Erkennen des Verlorenseins angesichts dessen, ein doppeltes Bekenntnis dar, das zwar mit Schuld und Sînde verbunden wird (V.7), jedoch hier nicht kultisch konkretisiert, sondern das gesamte Dasein des Propheten vor dem gçttlichen Thron umfasst. Diese Perspektive auf den Propheten, die durch die emphatisch strukturierte wçrtliche Rede entsteht, steht syntaktisch wie semantisch in starkem Kontrast zum nach außen gerichteten Verweis auf den „Kçnig, den HERRN der Heerscharen“, dessen Namensnennung nun umso dramatischer hervortritt. V. 6 f. schildern die ˜berbrîckung der Distanz zwischen heilig und unrein; teilweise zunchst, da lediglich ein Seraph den Propheten kontaktiert, wohingegen der Gott-Kçnig in diesen beiden Versen nicht einmal mehr genannt wird. Dennoch bereitet diese Reinigungsszene die unmittelbare Kontaktaufnahme zwischen dem Propheten und Gott (die ausfîhrliche Gottesnamenstitulatur ist hier wieder zurîckgenommen, statt dessen wie in 6,1 wieder einfach =D) *74#) mit dem Sendungsgesprch V.8 ff. vor, zudem die Feuerreinigung durch die Kohlen gerade die Lippen (den Mund) betrifft, die in V.5 als unrein bezeichnet wurden.1514 1513 Zu Lippen in hnlichem Kontext: Jes 29,13; Ps 16,4; 40,10; 51,17; 63,4.6; 71,23; 119,13.171. Zum Charakter der Lippen als pars pro toto des gesamten Menschen vgl. sofort Anm. 1514. 1514 Vgl. hnliche Mundreinigungsriten anderer altorientalischer Religionen aus Mesopotamien und øgypten. „Der Kultdiener oder Beter unterzieht sich einer Zeremonie, um wîrdig zu sein, vor der Gottheit zu erscheinen und sich an sie zu wenden. Die Reinigung der Sprechwerkzeuge wirkt umfassend: Der ganze

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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Die Motivik dieser Szene ist aus frîheren Kapiteln und den unmittelbar vorhergehenden Versen bekannt: Der Motivkreis des Feuers wird durch die glîhende Kohle fortgesetzt, die noch so unmittelbar aus der himmlischen Sphre stammt, dass der Seraph sie nur mit einer Zange anfassen kann. Doch jetzt gilt das Glîhen dem Reinigen, wohingegen die Feuerschlangen (Seraphim) dem allgemein numinosen Schrecken dienten, und an anderer Stelle auch JHWHs vernichtende Heiligkeit mit richtendem Feuer und Brand assoziiert ist (Jes 10,17): Das Brandmotiv wird auch mit einem Opferaspekt verbunden: Die glîhende Reinigungskohle wird vom Altar genommen, so wie auch die Unreinheit der Lippen von V.5 zur kultisch konnotierten Schuld und Sînde (C|W), N4m) ;() in V.7 wird, die nicht mehr nur gereinigt, sondern – ebenfalls kultisch – gesîhnt (LHp) wird. Es heißt zudem nicht, dass der Bîßende bei der Berîhrung mit der Kohle Schmerzen empfindet1515 ; es handelt sich folglich nicht um einen Strafakt. In diesem Zusammenhang von Demutsbekenntnis und Opferreinigung ist neben der gesteigerten Kçnigsmotivik ein zweites wichtiges Motiv zur inhaltlichen Bestimmung von JHWHs Heiligkeit zu erkennen: Jesaja erkennt das Heilige „als verzehrende, gefhrliche Macht, die alles Unreine vernichtet, sofern es nicht durch einen besonderen Akt der Sîhne von der Vernichtung ausgenommen wird“.1516 Die Heiligkeitsdimension, die durch die Kçnigsherrschaft und universale Majestt geschildert wird1517, schafft eine fast surreale Distanz zum Menschen, die nur von gçttlicher Seite her îberbrîckt werden kann; der Mensch alleine erkennt angesichts derer nur seine eigene Verlorenheit. Die Heiligkeit, die Mensch wird gereinigt, auf dass er ohne Gefahr die Sphre Gottes betreten und sich an dessen Lebenskraft beteiligen kann“ (Beuken, Jesaja, 173 f.). Ebenso vgl. Barthel, Prophetenwort, 103 f., mit Anm. 174. Weitere Implikationen der Lippenreinigung trgt Moberly vor: „First, it [sc. the reference to the purification of the lips] resonates in context with the hearing of the words of the seraphim. With their lips they can proclaim the holiness of YHWH; whereas the prophet and the people appear to be in some way failing to make, or even to be disqualified from, such proclamation, because their lips, being unclean, are incompatible with the content of what is proclaimed … A second reason for referring to lips could be the assumption that lips should express the content of the heart and mind – a characteristic Old Testament understanding, given classic expression by Jesus in his dictum that ,out of the abundance of the heart the mouth speaks‘“ (Moberly, ,Holy, Holy, Holy‘, 128 f.). 1515 Vgl. ebenso Moberly, ,Holy, Holy, Holy‘, 130. 1516 Barthel, Prophetenwort, 101; Dillersberger, Das Heilige, 17 f. 1517 Vl. Moberly, ,Holy, holy, holy‘, 139.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

auch eine vernichtende Macht hat (10,17), hat gleichzeitig auch eine richtende, und nur in Gerechtigkeit kann sich das Heilige als heilig erweisen (vgl. auch deutlich 5,16).1518 Die Erfahrung vom heiligen Gott „schließt die Erkenntnis des unendlichen Unterschieds und der lebensgefhrlichen Macht des Heiligen und der gndigen Aufhebung dieser Distanz durch das Heilige ein“.1519 Die Darstellung des thronenden Gottes und die kunstvoll aufgebaute Distanz V. 1 – 4 geschieht also nicht um ihrer selbst willen, sondern hat Begrîndungswert fîr den nachfolgenden Sîhneakt und die Berufungsszene. Becker hat daher zurecht herausgearbeitet, dass die Emblematik des heiligen Gottes in der Berufungsvision Jesajas nicht nur von kçniglichen, sondern auch von priesterlichen JHWH-Vorstellungen geprgt sind.1520 Die vor Jes 6 genannten Belege fîr JHWHs Heiligkeit stehen insgesamt in den beiden assoziativen Kontexten vom untreuen Volk und Gerichtsaussagen (1,4; 5,16 [der Heilige erweist sich gerade durch das Gericht in Gerechtigkeit als heilig]; 5,19.24; vernichtendes Richtfeuer noch einmal in 6,13).1521 Doch soll dies nicht darîber hinwegtuschen, dass es bei PrJes neben Furcht, Schrecken und Gericht auch bereits Jubel îber den „Heiligen Israels“ (12,6; 29,19) und Umkehr in Treue (17,7; 10,20; 30,15 u. ç.) gibt.

Jes 43,14 f. \4&^)b!= a|7K! A['\!e2i 89) 8=! ^B(f.82p 14 A 8@)5û5) =k% ;!q(a% A?ûD! W(B(@! Ba Aq)p+ A=;%=L%5) ={%7!L( |89! Bb 3AN)s) L% N|nD% 4$h) A=j%b! ?(9! Bc 3A?ûp!@!B( @4úL)b!=% 4Lú|h A?ûa!|7K! 89) 8=! =D% 4# 15 C 14 So spricht JHWH, euer Erlçser, der Heilige Israels: Um euretwillen habe ich gesandt nach Babel. Und ich stoße herunter alle Riegel. Und die Chalder – zur Klage wird ihr Jubel. 15 Ich bin JHWH, euer Heiliger, der Schçpfer Israels, euer Kçnig.

Die beiden Verse Jes 43,14 f. stellen formal einen kurzen abgeschlossenen Botenspruch inmitten anderer Gottesreden dar. V.16 setzt stereotyp mit derselben Einleitungsformel ein wie V.14 (89) 8=! LB(4).8*p). In den beiden Versen 14 f. ist eine doppelte Dreiergliederung zu erkennen: A und C bieten eine ausgedehnte Reihung von Gottestiteln, in A eingeleitet durch 1518 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 104 f. 1519 Barthel, Prophetenwort, 105 (originale Kursivsetzung); vgl. auch Kaiser, Der dreifache Aspekt, 195 – 199. 1520 Vgl. Becker, Jesaja, 92 – 94. 1521 Vgl. Barthel, Prophetenwort, 102.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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die Botenspruchformel LB(4).8*p, in C durch das betonte =D% 4# als erstes Nominalsatzglied. Eine eindeutig klimaktische oder antiklimaktische Anordnung der Titel ist nicht zu beobachten; die Bezîge der Titel zueinander sind auf andere Weise zu erschließen: Die asyndetische Reihung der Namen bzw. Titel – drei in A, vier in C – beginnt in beiden Teilversen mit dem Gottesnamen 89) 8=! , die anderen Titel sind nicht einfach wiederholt, sondern durch diverse grammatikalische und formale Mittel vielfltig in Bezug zueinander gesetzt: Wiederholt in A und C sind zwar auch die Worte a|7K! und @4úL)b!=% , in A allerdings in cs.-Verbindung, in C getrennt und ausgeweitet durch Personalsuffix A?ûa!|7K!, wohingegen der Volksname @4úL)b!=% per cs.-Verbindung an das Schçpferattribut 4Lú|h! geknîpft ist. Dieses ist hier bezeichnenderweise nur auf Israel bezogen, wohingegen in 40,28 JHWH „Schçpfer der Enden der Erde“ genannt wurde.1522 Der Bezug JHWHs zu seinem Volk wird hier also enggefîhrt und auf sein Schçpferwirken an Israel fokussiert. Die beiden in den jeweiligen Parallelversen ungenannten, d. h. in diesen beiden Rahmenversen nur einfach erwhnten Gottesepitheta sind A?û@!4(*i in A und 4Lú|h in C. Beide diese Wçrter stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu a|7K!, und stehen daher sowohl durch die formale Reihung in Assoziationszusammenhang zueinander (die Erlçsung Israels als ihre [Neu-]schçpfung, sowie die Verhltnisbegrîndung im Exodus als Grundlegung der Rettung aus dem Exil) als auch in direktem Zusammenhang zum Heiligbegriff. Dass der Heilige Israels ausdrîcklich auch sein Erlçser ist, wird in 41,14 und 54,5 gesagt und schwingt hier mit.1523 Das Besitz- und Beziehungsverhltnis, das in A durch den cs. @4úL)b!=% a|7K! ausgedrîckt wird, wird in C durch das Suffix îbernommen, greift also deutlich auf A zurîck, und wird daher auch zugunsten anderer, neuer lexikaler Bezîge nicht aufgegeben. Der neue Bezug in C im Gegensatz zu A besteht in der Parallelgliederung der vier Titel zu zwei Paaren A?ûa!|7K! 89) 8=! sowie A?ûp!@!B( @4úL)b!=% 4Lú|h. Betrachtet man diese beiden Paare, so sind jetzt sowohl durch die Anordnung als auch durch das wiederholte Personalsuffix in der 2. Person Plural A?ûa!|7K! und A?ûp!@!B( parallelgeschaltet.

1522 Zu JHWH als Israels Schçpfer nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der fortwhrenden Geschichte vgl. Elliger, Deuterojesaja/1, 293; den religionsgeschichtlichen Hintergrund dieses Aspektes arbeitet Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 111 – 118, heraus. 1523 Weiter zur Kombination von „Heiligem“ und „Lçser“ bei DtJes vgl. Elliger, Deuterojesaja/1, 150 – 152.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

Die zwischen diesen beiden ausfîhrlichen Gottesbezeichnungen A und C stehende, wiederum dreiteilig angeordneten Vernichtungsansage gegen die Fremdvçlker Babel bzw. die Chalder braucht hier nicht ausfîhrlich beleuchtet werden. Deutlich wird jedoch, dass die Wirksamkeit JHWHs mit seinem Volk – das durch die kunstvolle Anordnung der unterschiedlichen Titel samt Neuaufnahmen und Wiederholungen – geschichtsimmanent konkretisiert wird. Whrend die Befreiung aus der Notlage des Exils (sowie der Gefangenschaft in øgypten vor dem Exodus1524) nicht die Heiligkeit Gottes begrîndet, erweist sie sich in ihr und wird fîr das Volk sichtbar. In einer Situation, in der Israel gar keinen menschlichen Kçnig mehr hat, wird JHWH sein idealer Kçnig. Jes 57,15

7W( C?ú1a 4d)D% 9! AL) LB(4) 8*? =p% |Ba! a|7K)9! C|pa!4û a|7K)9! A|LB) ;( lL.@H(a!l 4p)j(.N4û9! A=@%H)a! ;( lL N|=;#8(@! 3A=4%p)7!D% 5@ú N|=;#8(@!l

Aa Ab Ba Bb Ca Cb

Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: In der Hçhe und im Heiligen wohne ich und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.

Dieser Vers steht im Kontext einer grçßeren Gottesrede (ab 56,1), die insgesamt unter dem Zeichen der Aufhebung von Gemeindegrenzen steht (vgl. v. a. V.3 ff.; trotz etwa 56,2.8). Bereits auf den ersten Blick fllt auf, dass dieser Vers nicht die Formel des „Heiligen Israels“ beinhaltet, noch Gott auf irgend andere Weise auf Israel beschrnkt ist. Auch das Gottestetragramm fehlt, als dessen Erweiterung der Titel des „Heiligen Israels“ hufig dient, ebenso wie konkrete historische Bezîge, wie sie bei DtJes zu beobachten waren (Babylonische Gefangenschaft, sich ankîndigende Befreiung davon, Erinnerung an den Exodus1525). Im vorhergehenden V.14 soll zwar noch jedes Hindernis aus dem Weg „meines [sc. 1524 Der Aspekt des Exodus ist hier nicht expressis verbis angesprochen, ist aber durch die Aufnahme des ursprînglich familienrechtlichen Terminus @46, der dann aber hufig fîr das befreiende Heilshandeln JHWHs an Israel beim Auszug aus øgypten eingesetzt wird, mit angezeigt zu sehen (vgl. weiter unten unter Anm. 1532). 1525 Vgl. Anm. 1524.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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JHWHs] Volkes“ gebannt werden, ohne aber dass der Name dieses Volkes genannt wird. V.13 gar spricht vom Land und „meinem“ (sc. JHWHs) heiligen Berg als Erbteil, womit nicht nur die Besitzerschaft JHWHs impliziert ist, sondern auch die Vater-Kindschaft zwischen ihm und den Angeredeten. Doch ist es hier nicht mehr die Nation, an der sich JHWH als der Heilige erweist, sondern das zerschlagene Herz. Nhern wir uns dem Vers formal an: Ihm liegt wiederum eine strukturelle Dreierteilung zugrunde; jeder der drei Teilverse ist durch -9 zweigeteilt. A bietet eine Botenformel, die noch ausgedehnter ist als in 43,15; auch B und C beziehen sich direkt auf JHWH: whrend B seinen Wohnort beschreibt, nennt C seine Wirkung und Funktion. Der HeiligBegriff wird zweimal genannt (Ab und Ba). Innerhalb der Botenformel listet nur die erste Hlfte Aa nominelle Gottestitel, und zwar mittels dreier Partizipialwendungen. Die Kombination der beiden ersten ist bei Jes relativ hufig (2,12.13.14; 13,2; 37,23; 49,22; auf den Gottesknecht bezogen in 52,13; auf JHWH bezogen nur in 6,1; 33,10; 57,15) und aufgrund der hufigen poetischen Parallelformulierungen quasi synonym zu setzen.1526 Genau in dieser schlichten -9! -Stellung erscheinen die beiden Wçrter jedoch nur in 6,1 und 57,15 – sowie 52,13. Die beiden Adjektive erinnern an die kçnigliche Szene von Jes 6: 4d)D% 9! AL) ist identische Formulierung mit der Beschreibung des surrealen Thrones in 6,1. Ab ist Nominalsatz, der entweder relativ (substantivisch „dessen Name der Heilige ist“ oder prdikativ „dessen Name heilig ist“) oder als neuer parenthetischer Hauptsatz („heilig ist sein Name“) îbersetzbar ist. In B werden drei Orte der Wohnung JHWHs genannt: er wohnt in der Hçhe, im Heiligen und „bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist“.1527 Der zuerst genannte A|LB) in Ba greift das vorgngige AL) wieder auf und verbindet somit auch die Wohnung JHWHs – mittlerweile allerdings sehr indirekt – mit den Kçnigsprdikationen von 6,1 – 7 (vgl. 6,1). Jetzt ist die Erhabenheit allerdings nicht nur eine Beschreibung 1526 So auch Koole, Isaiah III/3, 96. 1527 So die meisten ˜bersetzungen, wie die hier zitierte Elberfelder ˜bersetzung, zudem auch E˜ und Luther, sowie Exegeten, die sich fîr die genannte Dreiergliederung der Wohnorte JHWHs entscheiden und damit den lokalen Bezug von A|LB) auf a|7K)9! weitertragen (vgl. Blenkinsopp, Isaiah 56 – 66, 166 f.; Koole, Isaiah III/3, 96; McKenzie îbersetzt attributiv: „I dwell in the holy heights …“, Second Isaiah, 160). Denkbare ˜bersetzung ist fîr a|7K)9! jedoch auch prdikativ: „… als der Heilige“ (vgl. Koole, Isaiah III/3, 97 und die dort genannten Autoren).

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

des Gottesthrones, sondern ausdrîcklich eine der Wohnstatt JHWHs. In Jes 8,18 ist als konkreter Wohnort JHWHs der Berg Zion genannt. Dennoch trgt TrJes durch die Transzendierung von 57,15 gegenîber PrJes keinen wirklich neuen Aspekt in das Gottesbild ein, da auch schon in PrJes 33,5 die Erhabenheit JHWHs mit dem Wohnen „in der Hçhe“ entkonkretisiert wird. Der „heilige“ Ort, an dem JHWH thront, bleibt im Kontext von 57,15 noch unbestimmter. Weder die Assoziation mit Himmel (vgl. Ps 11,4; 102,20) noch Tempel (vgl. Ex 29,31; nominale Verwendung des bloßen Adjektivs in Ps 46,5; 65,5) legt sich unmittelbar zum Verstndnis nahe. Das Ende des vorhergehenden Textabschnittes nennt „meinen [sc. JHWHs] heiligen Berg“ (57,13), doch nicht als seinen ausdrîcklichen Wohnort (im Gegensatz zu Jes 8,18). Wo JHWH wohnt, wenn er „im Heiligen“ wohnt, bleibt zunchst in der Schwebe.1528 Umgebogen wird diese Vagheit im folgenden Versteil Bb. Bb wird durch das bereits erwhnte und strukturell wichtige -9! an Ba gebunden, doch gleichzeitig durch die Zwischenschaltung einer neuen Prposition .N4û getrennt. JHWH wohnt bei dem, der zerschlagenen Geistes ist, nicht in derselben Art und Weise wie er in der Hçhe oder „im Heiligen“ wohnt. Der Demutsgedanke des Menschen verknîpft diesen Versteil mit dem gleichen Gedanken von 6,5, der durch die Bekenntnisrede bereits in V.1 – 7 zu einer ˜berbrîckung von Distanz zwischen dem Menschen und der heiligen Sphre gefîhrt hat. Auch in 57,15 setzt die Einwohnung JHWHs das zerschlagene Herz voraus, doch ist es jetzt JHWH selbst, der seine Gegenwart dem so Bezeichneten zusagt, wohingegen in 6,1 – 7 nur der Seraph mit glîhender Kohle einen Reinigungsritus vollzog, worauf vom Propheten lediglich die Stimme JHWHs zu hçren war. Beide Szenen verlangen einen demîtigen Menschen, doch das Bild des Demîtigen ist ein unterschiedliches: Hier fehlt der opferpragmatische Ritus zugunsten des geknickten Herzens. Der Gewinn ist ein unmittelbarerer Kontakt zwischen JHWH und dem Menschen, der Verlust liegt in der Kontaktpragmatik des Ritus. In Jes 57,15 erscheint verglichen mit 6,1 – 7 die Gegenwart JHWHs also gleichzeitig nher und unmittelbarer als auch ferner und transzendierter. Der Wohnort JHWHs „im Heiligen“ ist durch die strukturelle Mittelstellung dann wohl auch genau am 1528 Vielleicht ist dies der Grund, weswegen sich die Zîrcher Bibel zur Alternativîbersetzung entschlossen hat: „In der Hçhe und als Heiliger wohne ich, bei den Zerschlagenen und Erniedrigten“.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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Schnittpunkt dieser beiden Pole von Distanz und Unmittelbarkeit der Gegenwart Gottes zu betrachten. Die beiden Zeilen von Versteil C sind wiederum glatt parallel formuliert und fîgen sich inhaltlich unmittelbar an die vorhergehenden Verse an: Beide Zeilen werden durch das den bei DtJes wichtigen Schçpfungsgedanken aufnehmende identische N|=;#8(@! eingeleitet; es folgen jeweils anthropologische Zentralbegriffe ;( lL und 5@ú, die beide wiederum durch die Wiederaufnahme der beiden Begriffe 4?j und @H)a) przisiert werden und damit eng an B geknîpft sind. Ergebnis fîr die Rede vom heiligen Gott bei Jesaja Selbst diese knappe, fragmentarische Auswahl von nur drei Jesaja-Stellen bietet eine große Anzahl von Gottesbildern, die sich mit dem „heiligen Gott“ verbinden kçnnen: Der heilige Gott ist je nach Kontext ein kçniglicher Gott, ein geschichtsimmanent wirksamer und ein universalistisch-transzendenter Gott, ein Furcht und Schrecken einflçßender Gott, dem durch Opfer und Bußritus zu begegnen ist, ein schçpferischer und erlçsender Gott, sowie ein Gott, der in distanzierter Hçhe, im Gesamtkosmos und im bußfertigen Menschenherzen Wohnung nimmt. Der Kçnigskontext von Jes 6 wird das ganze Jesajabuch hindurch beibehalten1529 ; in 43,15 wird er ausdrîcklich genannt, in 57,15 sind Anklnge an ihn zu finden, doch der Aspekt des Furchterregens des Herrschers und die mythologischen ˜berhçhungen von 6,1 – 7 werden durch Geschichtskonkretion bei DtJes und Universalismus bei TrJes ersetzt. øhnlich verhlt es sich mit dem Bußgedanken, der in 6,1 – 7 und 57,15 deutlich zu Tage tritt: Whrend in Jes 6 die Einsicht in die vernichtende Heiligkeit JHWHs zur Bußaussage fîhrt, wird das zerschlagene Herz bei Jes 57 ohne mythologischen oder rituellen Kontext vorausgesetzt. Dies frbt auch auf die Gerichtsaussagen ab: In Kapitel 6 spricht der explizit bîßende Prophet und erkennt seine eigene Unreinheit sowie die des Volkes; dies fîhrt zu einem Entsîndigungsritus fîr ihn selbst, doch dem Volk, das am Sîhneritus keinen Anteil hat, wird hartes Gericht angedroht (vgl. 6,10 – 13). 57,16 ff. hingegen trgt unmittelbar nach dem Einwohnungsgedanken bei demjenigen mit zerschlagenem Herzen zwar 1529 Nach Irsigler ist in der JHWH-Kçnigs-Thematik eine kompositorische Klammer des Großjesajabuches zu sehen (vgl. zu Jes 6 Jes 3,19 – 21; 24,21 – 23; 33,17 – 24; 37,16; implizit in der vorangestellten Hofstaatvorstellung von Jes 40,1 – 8; 41,21; 43,1; 44,6; 52,7; endlich im Thronbild 66,1; vgl. Irsigler, Gott als Kçnig, 129, Anm. 9).

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

auch Gerichtsthematik ein, doch wird das Gericht jetzt nicht angekîndigt, sondern dessen Ende in Aussicht gestellt. Ein in Jes 43,14 f. und 57,15 gegenîber 6,1 – 7 neues theo-logisches Motiv ist das der Schçpfung und des Schçpfungserhaltes; auch dieses wird problemlos mit dem Heiligkeitskontext Gottes kombiniert. Die Bezeichnung Gottes als „heilig“ erscheint somit insgesamt als ein Attribut, das im Zusammenspiel mit anderen Bezeichnungen und Titeln genannt wird und seine Assoziationsspielrume durch sie erhlt. Konkrete Zuschreibungen Gottes (wie Schçpfungswirken, Kçniglichkeit, Hoheit, Errettung etc.) mçgen durch das zustzliche Attribut der Heiligkeit eine gewisse sakrale ˜berhçhung erfahren (auffllig v. a. in der pragmatisch redundanten Zeile Ab in 57,15 nach der ohnehin starken Betonung der Transzendenz Gottes in Aa), doch bleibt das Gottesepithet der Heiligkeit kontextsensitiv und wird nicht als eigener Charakterzug konkretisiert, der JHWH zu allen anderen Eigenschaften und Funktionen noch zustzlich zukommen wîrde. Das gilt auch fîr dasjenigen Gottes(teil)bild, das in den drei besprochenen Versen konstant bleibt, nmlich dasjenige großer Distanz der Gottessphre gegenîber der menschlichen sowie der von Gottes Seite ausgehender ˜berwindung dieser Distanz. Das Jesajabuch scheint weniger an einer speziellen Konkretion seines Gottesbildes durch die intensive Zuschreibung der Heiligkeit JHWHs interessiert zu sein, sondern an einem umfassenden Assoziationsfeld, das sich im Ganzen ausdrîckt. So kann letztlich dem alten Wort Baudissins zugestimmt werden, wenn er im „Heiligen Israels“ meist nur eine „vollere Benennung Jahwe’s“1530 sieht. Zwei Beobachtungen mçgen zur Besttigung dieser Ansicht herangezogen werden: zum einen die bereits in den drei oben diskutierten Auswahlversen erkennbare Tendenz (v. a. durch DtJes) zur hymnischen Erweiterung des Gottesnamens zu Reihungen mehrerer Gottestitel, von denen der „Heilige“ nur einer ist, und durch die sich die konkreten Einzelattribute leicht zu Attributfeldern vermischen (vgl. auch die Beispielverse 43,14 f.; 57,15)1531; zum anderen in diversen v. a. durch DtJes und TrJes neben der Rede von Gott als Heiligem eingefîhrten weiteren Gottesbildern und -metaphern wie Gott als Vater, als mîtterlich liebender Gott, als Brutigam und als Erlçser. Diese werden mit dem Bild vom heiligen Gott kombiniert, wodurch eine spezifische Kontur des „heiligen Gottes“ als Kontrastbild zu anderen Gottesbildern ebenfalls praktisch nicht zu benennen ist (vgl. ebenfalls den Bei1530 Baudissin, Studien, 116. 1531 Vgl. ebenfalls etwa Jes 1,24; 30,15; 33,22; 40,28; 42,5; 43,14.15; 44,6.24; 45,11; 47,4; 48,17; 49,7.26; 54,5; 57,15; 60,9; 63,16. Vgl. Elliger, Deuterojesaja/1, 333.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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spielvers 43,14).1532 Diese beiden Beobachtungen mçgen, was die Entwicklung des Jesajabuches anbelangt, erst auf der Ebene von DtJes und TrJes zur vollen Entfaltung gekommen sein, doch bleibt dies fîr die Verwendung des Buches Jes durch Paulus unerheblich.

Kehren wir zur Ausgangsfrage nach der Vermeidung der Rede vom heiligen Gott bei Paulus zurîck: Nach den exemplarischen Untersuchungen dreier Texte aus Jesaja als der im AT hierfîr relevantesten Quelle muss 1532 Die genannten Bilder entstammen allesamt dem Kontext familirer Nhe: Frîhe sichere Belege fîr die ausdrîckliche Nennung Gottes als Vater Israels finden sich neben Jer 31,9 in Jes 63,7 – 64,11, in seiner Primrgestalt wohl trotz des tritojesajanischen Kontextes nicht erst in die hellenistische Zeit zu datieren, sondern bereits unter dem Eindruck des zerstçrten Tempels exilisch oder frîhnachexilisch verfasst (vgl. Koole, Isaiah III/3, 347, und die dort angefîhrte Lit.). „Abraham weiß nichts von uns, und Israel kennt uns nicht“ (63,16) steht in verzweifeltem Kontrast zu Jes 29,22 und 51,2, wo Abraham als gçttlich Erlçster und Gesegneter bezeichnet wird. Den Verstehenshintergrund liefert die unheilvolle Zeit der Befîrchtung des Versagens der Kraft der Ahnvter im Exil. Die Vorstellung, dass man auch in der Gegenwart aus der Kraft der Ahnen lebt, gert in eine Krise, in der durch das Verblassen der Kraft der Vter Gott zum einzigen Vater werden kann (vgl. 45,10; 63,[8].16; 64,7; vgl. insgesamt auch Bçckler, Gott, 277 – 219). – Daneben tritt auch der mîtterlich liebende und trçstende Gott (Jes 49,14 – 16[-22]; 66,9.11 – 13) hervor – nicht jedoch Gott als Mutter. Die deutliche Formulierung „Du Herr, bist unser Vater“ (63,16; lD=5%4) 8k)4(.=p%) wird nicht „gender-parittisch“ parallelformuliert. In 49,15 fehlt trotz der weiblichen Semantik des Verses im folgenden A;úL(Bú eine feminine Endung (vgl. Koole, Isaiah III/2, 54). – 62,4 f. vermitteln das Bild von Gott als Brutigam, der in einer liebenden Bindung die Vermhlung mit seinem Volk eingeht. – Auch das von DtJes eingefîhrte Bild von Gott dem (Er-)Lçser ist ursprînglich ein familienbezogenes Bild, da das zugrundeliegende Verbum @46 (41,14; 43,1.14; 44,6.22.23.24; 47,4; 48,17.20; 49,7.26; 51,10; 52,3.9; 54,5.8; 59,3.20; 60,16; 62,12; 63,3.9.16; der einzige Beleg in Protojesaja ist 35,9; diesen Vers interpretiert Wildberger bereits sehr unter Zuhilfenahme von Deuterojesaja, vgl. Jesaja/3, 1365 f.) im Gegensatz zum handelsrechtlichen 87H ein familienrechtlicher Terminus ist (vgl. Cazelles, Art. 87H; Wildberger, Jesaja/3, 1365). Nach Lev 25,47 – 55 ist @46 terminus technicus fîr den Nchstverwandten, der îber Rîckkauf von Grundbesitz oder in Schuldsklaverei geratenen Angehçrigen zur Wiederherstellung der familiren Ganzheit verpflichtet ist. In der Geschichte Israels dient er zur Beschreibung des Heilshandelns Jahwes an Israel beim Auszug aus øgypten (vgl. Ex 6,6; 15,13; Ps 74,2; 77,16; 106,10; Jes 63,9). Von daher ist die Neuaufnahme des Begriffes durch DtJes leicht einsichtig: Die Befreiung aus der Babylonischen Gefangenschaft wird als neuer Exodus verstanden, der u. a. mit Sîndenvergebung (44,22) und Jubel der ganzen Natur (44,23) verbunden wird. Das ursprîngliche familienrechtliche Motiv des Loskaufs und der Wiederherstellung der ursprînglichen Besitzverhltnisse wird in 43,1 ausgedrîckt (vgl. Ringgren, Art. @46, 889).

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

festgestellt werden, dass Paulus aufgrund des geringen spezifischen Aussagewertes der Rede vom heiligen Gott kaum etwas Wesentliches aus dem gesamten von ihm zu vermittelnden Gottesbild auslsst. Das gilt aufgrund der relativen Seltenheit der Bezeichnung Gottes als heilig innerhalb des AT sowie der ungleichmßigen Streuung schon statistisch, denn – wie genannt – bleibt die atl. Bezeichnung JHWHs als heilig außerhalb von Jes auf Einzelflle beschrnkt.1533 Und inhaltlich sind Aspekte des Gottesbildes, die in Kombination mit dem „heiligen Gott“ ausgedrîckt werden – seien es die innerhalb von Großjesaja gestreuten unterschiedlichen (Schçpferwirken, Kçniglichkeit, Transzendenz, Nhe, Errettung etc.) oder sei es der konstante vom erhabenen Gott, der auf unterschiedliche Weise Nhe zum Menschen schafft – nicht von der Bezeichnung „heilig“ abhngig. Ein Blick auf die weitere Entwicklung der Rede vom heiligen Gott besttigt diese Interpretation: Auch in hellenistisch-jîdischer Literatur erscheint die Attributierung kaum hufiger.1534 Erst das rabbinische Schrifttum spricht ußerst hufig und formalisiert von Gott als dem Heiligen, v. a. in der Kombination „Der Heilige, gepriesen sei er“ (4l8 ý!lLh) a|7x8()1535, und auch dies noch nicht in den frîhesten Schichten der rabbinischen Tradition (1. und 2. Jahrhundert n. Chr.).1536 Die Standardisierung der Rede vom heiligen Gott ist wohl gerade durch deren Kontextoffenheit vorgeprgt und wird bei den Rabbinen erst recht zu einer Chiffre. Mit dieser Chiffre verbindet sich freilich ein spezielles Gottesbild: Nachdem das Tetragramm JHWH in rabbinischer Literatur auch schriftlich vermieden wird, tritt die Umschreibung 4l8 ý!lLh) a|7x8( als Stellvertretungsformel oder Ersatzfigur zur Wahrung des damit verschrften Namenstabus ein. Whrend die Sekundrnamen @4ú und =D) |74( weiterhin regelmßig gebraucht werden, etabliert sich die Formel 4l8 1533 Vgl. Anm. 1487. 1534 Vgl. etwa zu dem bereits oben zitierten 2Makk 14,36; dazu etwa 1Hen 1,3; 9,3; 10,1; 14,1; 24,8.10; 25,3; 64,11; TestDan 5,13; Tob 12,12; Bar 5,5 u. ç. 1535 Vgl. bBer 12a.b; 55a; bShab 12b; 31b; 55a; 87a; 138a; bKet 76b; bEr 13b; 18a.b; 19a; 21b; 53b; 54a; bRHSh 11a; 16a; 17a; bTaan 2a; 3b; 9b; 10a; 20a; 61b; bBM 59b; 85b; 86b; 87a; bMeg 6a; 18a; 29a; 31b; bSan 37a; 38a.b; 39a.b; 43b; 52a; 70a; 90b; 91b; 92a.b; 93a; 94b u. ç. Vgl. Seebass/Grînwaldt, Art. heilig/rein. ûcior, 890. Whrend die Bezeichnung Gottes als heilig bei Paulus ganz vermieden wird, findet sich auch die zweite Hlfte dieser Formel bei ihm nur einmal (vgl. Rçm 1,25). 1536 Vgl. Kuhn, Art. ûcior jtk., 99.

4.5. Ein Negativbefund: Zum Fehlen der Rede vom heiligen Gott bei Paulus

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ý!lLh) a|7x8(, um die hoheitliche Distanz zu Gott nicht zu verletzen: Der 4l8 ý!lLh) a|7x8( ist der Gott, dessen Namen man nicht nur nicht sprechen, sondern auch nicht schreiben – und damit seine Wîrde und Transzendenz vergegenwrtigen soll. Den unmittelbareren Vergleichsrahmen fîr Paulus bilden jedoch nicht die rabbinischen Texte des 3. Jahrhunderts, sondern die zeitgençssischen aus hellenistisch-jîdischem Umfeld. Hier ist der Unterschied zwischen der gelegentlichen Rede vom heiligen Gott und der vollstndigen Vermeidung durch Paulus immer noch deutlich, jedoch wesentlich weniger auffllig als der Vergleich zur standardisierten bei den Rabbinen. Da die meisten relevanten rabbinischen Texte fîr einen direkten Vergleich mit Paulus zu spt liegen, lsst sich von daher kaum sagen, dass er sich von dieser Tradition bewusst absetzt – es sei denn allerdings, man wertet 2Kor 11,31; Rçm 1,25; 9,5 dahingehend, wo Paulus die rabbinische Formel zitiert bzw. auf sie anspielt1537, jedoch unter Umgehung der Rede vom heiligen Gott. Die Schlîssigkeit davon hinge davon ab, wie standardisiert man die Gottesanredeformel zur Zeit Paulus bereits anzunehmen hat. Gewiss lsst sich jedoch sagen, dass Paulus, von seiner Sprachtradition einer weitgehenden Vernchlssigung der Rede vom heiligen Gott herkommend, nicht auf den Weg einschwenkt, der bei den Rabbinen zur Standardisierung dieser Bezeichnung gefîhrt hat, sondern genau den gegenteiligen, nmlich den der vollstndigen Vermeidung. Der Aspekt der Darstellung von Gottes Transzendenz war auch schon bei den Belegstellen aus Jes zu beobachten, war hier aber komplementiert durch die gleichzeitige ˜berbrîckung der Distanz durch Buße, Befreiung und Einwohnung im Herzen sowie durch andere, parallel eingesetzte Gottesbilder, die alle familire Nhe darstellten. Wenn Paulus jetzt die Rede vom heiligen Gott vollstndig vermeidet, wo ihr von den Rabbinen allmhlich die Schwerpunktfunktion des Ausdrucks von Distanz zugeordnet wird1538, kann neben dem Grund der ursprînglich ohnehin geringen Eigenbedeutung des Epithets eine positive Begrîndung zu Paulus’ Verzicht auf die Heiligbezeichnung Gottes darin gesehen werden, dass Paulus das sprachliche Ausdrîcken einer solch tabuisierten Distanz zu Gott nicht mitvollzieht. Auch in 1Thess bleibt die Sphre Gottes zwar die der Heiligkeit, und sein Geist und die bei ihm weilenden Engel bleiben die Heiligen, doch durch die Verwendung der griechischen Allgemein1537 Vgl. Bultmann, 2Kor, 219; Furnish, 2Cor, 521; Lambrecht, 2Cor, 193; Martin, 2Cor, 383; Wilckens, Rçm I, 109; Wilckens, Rçm II, 188 f. 1538 Vgl. auch Charlesworth, Jesus, 134.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

bezeichnung heºr fîr JHWH, den Gott seiner jîdisch-exklusiven Tradition, vermeidet Paulus wenigstens eine wesentliche aufkommende sprachliche Strategie zur Betonung der Distanz und drîckt strker das Mitgenommensein der christusglubigen Heiden auf den Weg zur Gottessphre aus. Paulus rîckt damit nher an den ursprînglichen Sinn der Rede vom heiligen Gott bei Jes. Die Konstante des jesajanischen Gottesbildes konnte als „der distante Gott, der Nhe schafft“ benannt werden. Dieses Bild hngt zwar nicht in besonderem Maße vom Heiligepithet Gottes ab, verknîpft sich aber mit ihm.1539 Es soll freilich dem Missverstndnis gewehrt werden, dass nicht auch die Rabbinen ihre sprachlichen Mittel entwickelten, um die Nhe Gottes zu den Glubigen auszudrîcken.1540 Dennoch wird man sagen dîrfen, dass, wenn die Rabbinen ihre Rede von Gott als heilig eher zur Implikation von Gottes Transzendenz einsetzen, Paulus hierzu einen Gegenpol schafft, indem er diese Bezeichnung ganz vermeidet.

Die Heiligkeitsvorstellung des Paulus befindet sich in 1Thess an einem Scheitelpunkt. Bzgl. seines Gottesbildes hat er traditionell-jîdische Exklusivitt hinter sich gelassen. Sein Gott ist durch das Christusereignis den Heiden viel nher gekommen als er es vorher war; es besteht keine Notwendigkeit mehr zur Aufrechterhaltung des Namenstabus oder Errichtung eines Platzhalters. Doch damit geht die gçttliche Qualitt der Heiligkeit nicht unmittelbar auf die glubigen Heiden îber: Diese befinden sich fortan auf dem Weg der Heiligung bis zur baldigen Parusie.1541 Erst bei deren Ausbleib wird Paulus diesen Zwischenzustand der Glubigen ausfîllen mîssen, indem er das Heiligsein als ontische Qualitt auch ihnen zukommen lsst. Noch spter wird der Heiligungsbegriff ethisiert werden: Heiligkeit beginnt, sich zu skularisieren.1542 1539 Das gleiche wird von Beuken ausgedrîckt, fîr den der „Heilige Israels“ bei Jesaja einer von zwei Polen darstellt, der in der Rede von „meinem Volk“, der „sîndigen Nation“ und dem „schuldbeladenen Volk“ seinen Gegenpol hat. Das Großjesajabuch versuche, das Verhltnis dieser beiden Pole zueinander in Geschichte, Gegenwart und Zukunft angemessen zu beschreiben (vgl. Beuken, Jesaja 1 – 12, 67; als Belegverse fîhrt er an: Jes 6,5.9 f.; 7,17; 9,1; 29,13; 30,9; 32,18; 33,24; 40,1; 42,5 f.; 43, 8.20 f.; 49,8; 51,4.7; 52,9; 60,21; 63,8.11.14.18; 64,8; 65,18 f.). 1540 Vgl. Kuhn, Art. ûcior, 98 f. 1541 Letzteres ist richtig gesehen von Bçrschel (vgl. Konstruktion, 150), doch erklrt sich daraus kein Zusammenhang zur Vermeidung auch der Bezeichnung Gottes als heilig. 1542 Diese Interpretation passt zur „dekadenten“ Entwicklung des weiteren Verstndnisses der Heiligkeitskategorie im frîhesten Christentum: Die Kategorie der

4.6. Konsequenzen

393

4.6. Konsequenzen Die in 1Thess einzeln, d. h. außerhalb des Zentraltextes 4,1 – 8 stehenden Belege von Ableitungen der Wurzel "c- sind nicht so disparat wie es aufs erste den Anschein hat. Schon was die Verteilung der Belege innerhalb des Briefes betrifft, erscheinen sie nicht zufllig verstreut, sondern konzentrieren sich auf zentrale Briefstellen: den Anfang (1,5.6), die Mittelschnittstelle (3,13) und den Schluss (5,23.26). Die Vereinzelung der Belege begînstigt deren Interpretation freilich nicht. Dennoch ergibt sich aus deren Nherbetrachtung auch inhaltlich ein erstaunlich zusammenhngendes, der formalen Systematisierbarkeit entsprechendes Bild: Die meisten "c-Belege stehen trotz ihrer Vereinzelung in einem plausiblen Zusammenhang zu 4,1 – 8: Die Nennungen des heiligen Geistes in 1,5.6 antizipieren diejenige in 4,8; 3,13 leitet unmittelbar vor der Mittelzsur des Briefes mit dem klar signalsetzenden Doppelbeleg 3,13 zum Haupttext 4,1 – 8 nach der Mittelzsur îber; 5,23 besttigt noch einmal deutlich den Gedanken der in den frîheren Versen erbrachten Interpretation der Heiligung durch Gott; 5,26 schließlich ist sicherlich der am strksten formalisierte und daher am wenigsten durch die konkrete Heiligungs-/Heiligkeitsvorstellung von 1Thess gespeiste Beleg. Der spezifische Aussagewert der einzelnen "c-Belege außerhalb von 4,1 – 8 ist deutlich unterschiedlich: Derjenige des Belegs von 1,5 steht dem von 4,8 insofern nahe, als hier die Zugeordnetheit der Kategorie des Heiligen zur Gçttlichkeit sowie die soteriologische Verbindung hervorgehoben wird. 1,6 ist der wohl aussageschwchste Beleg, der dem von 1,5 wenig eigenes zufîgt und an dem kaum zu erkennen ist, was an spezifischer Konnotation verloren gehen wîrde, stnde statt pmeOla ûciom nur pmeOla absolut. Die ûcioi in 3,13 besttigen auf religionsgeschichtlich traditioneller Basis die Heiligen als im Reich Gottes plazierte Begleiter Christi bei der Parusie. Die Interpretation des nachfolgenden Belegs !l´lptour 1m "ciys¼mg in 3,13 ist grammatikalisch sowie semantisch problematisch und bietet durch den Prozesscharakter des vorgngigen Versteiles sowie die nahe Anknîpfung an den Aspekt der Nchstenliebe durchaus auch einer Ausdeutung im Sinne ethischen Fortschritts VorHeiligkeit im ursprînglichen Sinne des Tabus des transzendenten Gottes, wie es dann auch von den Rabbinen verwendet wird, weicht auf, wird auf die Glubigen îbertragen, an dieser Stelle bald zu einem Synonym fîr „die Glubigen“, die „Christen“ (vgl. Vahrenhorst, Sprache, 178 f.), und damit beinahe redundant.

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4. Die weiteren Belege des "c-Stammes in 1Thess

schub, besser ist jedoch wohl, auch diesen Beleg im Sinne einer Plazierung des Heiligkeitsgedankens im Eschaton zu denken. Fîr diese Entscheidung ist 5,23 gewissermaßen der Kronzeuge. 5,26 ist eher formelhaft und trgt mit seiner „quasi-sakramentalen“ Dimension mehr den Charakter des allgemein Christlichen als den des spezifisch auf 1Thess Bezogenen. Durch die eschatologische Dimension des Sakraments (so dieser dogmatische Begriff hier bereits gewagt werden kann) trifft sich aber das Verstndnis des Grußkusses als heilig von anderer Seite her kommend ziemlich nahtlos mit dem Heiligkeitsverstndnis der „mainstream-Belege“ von "c- in 1Thess: Seine eschatologische bzw. christologische Orientierung wird auch hierdurch besttigt. Das Sakrament (der Mahlfeier) nimmt freilich eine speziellere Rolle im „Warten auf die Parusie“ ein insofern, als sich die Glubigen in der sakramentalen Feier nicht nur auf ein Warten auf Zukînftiges einrichten, sondern den Auferstandenen in ihrer Mitte bereits gegenwrtig wissen.1543 Doch auch im Bezug auf die mit dieser Vorstellung einhergehende Ethik ist die Parallele zwischen dem sakramentalen Heiligkeitsverstndnis, wie es dem heiligen Kuss zugrunde liegt, und dem nicht-sakramentalen, wie es den anderen "c-Belegen zugrunde liegt, zu erkennen: Weder im einen noch im anderen Falle geht Heiligung in Ethik auf oder wird durch sie erwirkt. In beiden Fllen aber gibt Heiligung bzw. Heiligkeit einen Rahmen vor, der durch bestimmtes ethisches Gebaren einzuhalten ist. Im Falle von 4,1 – 8 ist dies unmittelbar die Enthaltung von poqme¸a und pkeomen¸a (wenn man bei dieser Vereinfachung bleibt), fîr den Fall des Sakraments gibt 1Kor 11,27 – 34 Einblick in ein entsprechend gefordertes Verhalten. In beiden Fllen droht bei Nichtbefolgung das eschatologische Gericht (vgl. 1Kor 11,29.34; 1Thess 4,6b; sowie auch die anderen „Strategien“ zur Hervorhebung der Importanz des Anliegens in 4,3 – 8 [vgl. 3.1.2.2.]).

1543 Vgl. Klauck, Herrenmahl, 258 – 264; ders., Prsenz, 325 – 330; auf evangelischer Seite auch Hofius, Herrenmahl, 392 – 405, sowie Dunn, Jesus Remembered, 848, mit Anm. 95; ders., Theology, 620 f.

5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie 5.1. .cior jtk. in 1Thess als eschatologische Begrifflichkeit Das Risiko der Systematisierung des Heiligungs- bzw. Heiligkeitsverstndnis in 1Thess liegt, ist man den exegetischen Einzelschritten bis hierhin gefolgt, in der Kîrze des Schreibens und der (absolut gesehen) nicht allzu großen Anzahl der besprochenen Einzelbelege. Wir sind dieses Risiko eingegangen, da die Heiligungs-/Heiligkeitsaussagen gerade in 1Thess aus statistischen, inhaltlichen und auch formalen Grînden trotz dessen Kîrze aussagekrftig zu sein scheinen. Das Heiligungs- bzw. Heiligkeitskonzept in 1Thess erweist sich als erstaunlich konsequent und ist in wenigen Stzen zusammenzufassen: Heiligkeit ist Begriff gçttlich-eschatologischer Vollendung, eine Qualitt, die nur dem gçttlichen Raum zukommt. Ausdrîcklich genannt sind in 1Thess nur die Engel als „Heilige“, der „Heilige“ Geist sowie die Heiligkeit der Gottessphre in 3,13, sachlich dazugehçrig, obschon nicht nur nicht in 1Thess, sondern in keinem Paulus-Brief explizit genannt, wren auch Gott selbst und Jesus Christus als auferstandener Kyrios zu nennen.1544 Ebenfalls als Paulus bekannt ist wohl die Bezeichnung der Jerusalemer Christen als Heilige vorauszusetzen; diese Bezeichnung îbertrgt Paulus in 1Thess aber nicht auf die thessalonischen Christen. Heiligung hingegen bezeichnet den wartenden Weg der Glubigen bis zur eschatologischen Vollendung, markiert auf der einen Seite durch ihre Bekehrung zu Gott, „um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er von den Toten auferweckt hat“ (1,9 f.), und auf der anderen durch die bald erwartete Parusie Christi, im Anschluss daran ewige Gemeinschaft mit dem Kyrios erwartet wird (4,17). Diesem eschatologisch ausgerichteten Stand ist ein bestimmtes ethisches Verhalten angemessen bzw. ein anderes unangemessen. Die dem Heiligungsstand entsprechende Ethik ist von hçchster Relevanz, Verstoß gegen sie kann Verlust der Heilsgemeinschaft zur Folge 1544 Zur Vermeidung von der Rede vom heiligen Gott bei Paulus vgl. unter 4.5.; zur Rede von Jesus als dem Heiligen vgl. Stettler, Heiligung, 400 – 402.434.

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

haben.1545 Bei aller hoher, selbst soteriologischer Relevanz von Ethik wird durch sie jedoch nicht Heiligung erwirkt: Heiligung erfolgt von Gott alleine. Der in der Literatur immer wieder zur Bezeichnung des Verhltnisses Heiligung und Heiligkeit zitierte Spruch Pindars „Werde, was du bist“ (c´moi, oVor 1ss¸, Pythische Ode II,72)1546, mag daher auf die spteren ntl. Schriften zutreffen (vgl. etwa Apk 22,111547), auf das Verstndnis von 1Thess passt er nicht. Ebenso ist es der Konzeption von 1Thess nicht entsprechend, von einer „Forderung“ oder einer „moralgesetzlichen Begrîndung“1548 von Heiligung zu sprechen. Es gibt lediglich Forderungen, die sich aus dem Stand der Heiligung ergeben. Wir liegen damit von den in der Forschungsgeschichte vorgestellten Anstzen aufs erste den beiden alten von Issel und Dillersberger am 1545 ˜ber die letzten Jahren hat sich ein beachtlicher exegetischer Konsens dazu herausgebildet, dass Paulus in 1Thess keine von Werken losgelçste Heilsgewissheit kenne; stattdessen bekomme Ethik in einem sich auf die Werke beziehenden Endgericht sehr wohl soteriologische Qualitt (vgl. bereits bei Djukanovic´, Heiligkeit, 158 – 161; dann bei Laub, Verkîndigung, 63 – 66; in neuerer Literatur bei Dunn, Theology, 490 – 493; ders., Jesus the Judge, 389 – 405; Dunn/ Wright, Evening Conversation; Schnelle, Einleitung, 69; ders., Ethik, 297; ders., Paulus, 193 – 195.198 f. [„Paulus betont, dass es ein heilsnotwendiges ,Wie‘ des gottgeflligen Wandels gibt“, ebd., 194]; ders., Theologie, 325 f.; Schulz, Ethik, 309). Konradt fîhrt zwar aus, dass sich die Gerichtsaussagen in 1Thess nur auf die Nicht-Christen bezçgen (einschließlich 1Thess 4,6), wohingegen sich die Christen ihrer Errettung aus den kommenden Zorngericht gewiss sein kçnnten (vgl. Gericht, 182 – 196). Dies schließt jedoch auch nach Konradt nicht die Gefahr aus, dass sich Christen auch nach ihrer Bekehrung durch lasterhaftes Handeln aus diesem Heilsrahmen herausfallen und sich damit wieder im Bereich des Zorngerichtes positionieren. Paulus ginge es darum, „daß Christen sich das ihnen geschenkte Heil wieder verwirken kçnnen, indem sie ihre Versetzung in den Stand der Heiligkeit durch Gottes Berufungshandeln mißachten, indem sie ihre Heilsexistenz als ,Kinder des Lichts‘ (5,5) nicht annehmen, sondern ,wie Heiden‘ in der ,Leidenschaft der Begierde‘ wandeln“ (Gericht, 195; vgl. insgesamt ebd., 116 – 128.195 f.). Auch nach Konradt kennt damit Paulus eine negative soteriologische Relevanz von Werken. 1546 Vgl. beispielsweise Asting, Heiligkeit, 217; Bultmann, Theologie, 334; Gaugler, Die Heiligung in der Ethik des Apostels Paulus, 105 (bei ihm im Plural: „Sie sollen werden, was sie sind“; vgl. Anm. 153); Holtzmann, Lehrbuch/2, 153; Procksch, Art. ûcior jtk., 109. Auf das Pindar-Zitat wird angespielt etwa bei: Rensburg, Sanctification, 84 f.; Vahrenhorst, Sprache, 320; Dibelius, Thess, 20 f. Kritisch zur Verwendung dieses Zitates in diesem Kontext: Schrage, Heiligung, 224; Schulz, Ethik, 321. 1547 Vgl. Aune, Revelation, 1217; Giesen, Offenbarung, 485. 1548 Schulz, Ethik, 302.

5.1. .cior jtk. in 1Thess als eschatologische Begrifflichkeit

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nchsten: Issel hatte Heiligung so klar wie nach ihm lange nicht mehr nicht als eine „moralische Beschaffenheit, sondern ein religiçses Verhltnis“1549 beschrieben. Bei aller Wichtigkeit eines sittlichen Prozesses hieße dieser bei Paulus nie „Heiligung“, sondern „Dienst der Gerechtigkeit“ (Rçm 6,19) oder „Wandel im Geist“ (Rçm 8,4); ein Ausdruck wie „in Heiligung wandeln“ sei Paulus fern.1550 Das Syntagma „in Heiligung wandeln“ bezieht sich bei Issel auf das gesamtpaulinische Heiligungsverstndnis, fîr 1Thess 4,3 – 7 konkret bleibt er etwas unklar hinter dieser Position zurîck; sie wird gleichzeitig durch seine terminologische Inkonsequenz (Heiligung vs. Heiligkeit) verunklart.1551 Wir haben uns im 3. Kapitel gerade auf die bei Issel undeutlich gebliebenen Verse 1Thess 4,3 – 7(8) konzentriert und kçnnen uns am Ende unserer Untersuchung auch im Bezug auf diese Verse an Issels Sicht von Heiligung anschließen: Auch sie beschreiben keine moralische Beschaffenheit oder einen sittlichen Prozess. Issels alternative Formulierung „religiçses Verhltnis“ ist aus unserer Sicht nicht zu revidieren, aber przisierbar: Heiligung ist der Stand der Glubigen in der eschatologischen Erwartung der Parusie (obschon damit freilich ein „religiçses Verhltnis“ zum Kyrios Christus, mit dem ewige Gemeinschaft erwartet wird [vgl. 4,17], impliziert ist). Und Dillersberger ist der viel zu wenig beachtete Vorreiter der Einordnung des frîhchristlichen Heiligkeitsgedanken in den Kontext zeitgençssischer Eschatologie und Parusieerwartung. Er îbertrgt freilich sein eschatologisches Heiligkeitsverstndnis gleichermaßen auf das gesamte NT. Dies kçnnen wir aufgrund der Beschrnkung des Themas dieser Arbeit in dieser Breite nicht verifizieren. Zu erwarten wre, dass einer vernderten Eschatologie der spteren ntl. Schriften auch ein verndertes Heiligkeits- und Heiligungsverstndnis entspricht. Mehr als hundert Jahre nach Issel wird die Lîcke, die dieser mit 1Thess 4,3 ff. gelassen hatte, von Weiss ausgefîllt. Er sieht im "ciaslºr in 4,3 „eine passive, den Glaubenden von außen her zukommende Bestimmung. In dieser Weise formuliert ,dies ist der Wille Gottes‘ (4,3) nicht eine Forderung an die Glaubenden, sondern die von Gott gesetzte Ausrichtung ihres Seins“.1552 Hier wird freilich im Rahmen eines kurzen 1549 Issel, Heiligkeit, 81. 1550 Vgl. Issel, Heiligkeit, 85; Zitate ebd. Bei Issel findet sich an dieser Stelle bereits eine Kritik gegen die Einordnung der Heiligung als sanctificatio im Sinne eines Ordo salutis. 1551 Vgl. unter 1.1.1. 1552 Weiss, „Heilig“, 47 (eigene Kursivsetzung).

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

Aufsatzes das grammatikalische Verhltnis vom h´kgla toO heoO und "ciaslºr nicht in extenso diskutiert: Obwohl sich dasjenige, was nach Weiss keine „Forderung an die Glaubenden“ ist, bei ihm auf den „Willen Gottes“ bezieht, ist dies – fraglos auch in seinem Sinne – auch auf "ciaslºr zu beziehen. Innerhalb unserer Arbeit hat dies die syntaktische Analyse des Verses besttigt.1553 Whrend "ciaslºr in 4,4 fîr Weiss allerdings weiterhin in aktiver, ethischer Bedeutung zu verstehen sei1554, fîhren unsere Beobachtungen dazu, dass sich in diesem Vers die Bedeutung von "ciaslºr zwar tatschlich ethischer Ausrichtung („Heiligt euch, indem ihr euer Gefß in Ehrfurcht ergreift!“) angenhert hat, jedoch dennoch das Verstndnis im Sinne eines eschatologischen Standes („Ihr seid im Stand der Heiligung: daher ergreift euer Gefß in Ehrfurcht!“) vorzuziehen ist.1555 Diese Systematisierung soll natîrlich nicht darîber hinwegtuschen, dass Heiligkeit oder heilig – genausowenig wie Heiligung in 4,3 – 7 – in 1Thess gar nicht eigens als Thema diskutiert, problematisiert oder îberhaupt nher erlutert wird. Doch dies spricht wiederum nur fîr die Bekanntheit des Themas der Heiligkeitskategorie bei den Briefempfngern. Die Geschlossenheit der Aussagen zum Thema besttigt ebenfalls, dass dem Heiligungs-/Heiligkeitsverstndnis des Paulus in 1Thess eine grçßere Einheitlichkeit und dogmatische Plazierung zugrundeliegt, als aufgrund der sporadischen Einzelbelege vermutet werden kçnnte. Hinter dem Heiligungs-/Heiligkeitsbild von 1Thess steht eine Konzeption, die reif genug ist, um bereits bei der Erstverkîndigung schlîssig formulierbar gewesen zu sein, und jung genug, um noch nicht (z. B. liturgisch) fixiert zu sein. Gleichzeitig sind dem Brief die Zeichen der großen Herausforderung anzumerken, die diesem Konzept bereits entgegensteht: der Ausbleib der Parusie Christi.

5.2. .cior jtk. in 1Thess als kultische Begrifflichkeit Nach Vahrenhorsts religionsgeschichtlichem Vergleich ist Heiligkeit eine Religionskategorie, mit der Paulus aus seiner jîdischen Tradition her vertraut war und die er auch in seinen pagan-hellenistischen Missions1553 Vgl. unter 3.2.2.; 3.2.3. 1554 Vgl. unter 1.2.3. 1555 Vgl. unter 3.3.2.

5.2. .cior jtk. in 1Thess als kultische Begrifflichkeit

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gebieten in hnlicher Ausprgung voraussetzen konnte.1556 Aufgrund der øhnlichkeit der „heiligkeits- und reinheitstheologischen Systeme in beiden Kulturrumen“ vermutet Vahrenhorst gar, dass „[a]uf diesem Feld eine Begegnung zwischen Paulus und seinen nichtjîdischen Adressaten leicht mçglich“ war und daher „die mit der Welt des Kultes verbundenen Vorstellungen sich in besonderer Weise als Basis fîr die Kommunikation des paulinischen Evangeliums eigneten“.1557 Eine wesentliche Parallele zwischen dem Heiligungsverstndnis in 1Thess nach der hier vorgeschlagenen Sicht und dem traditionellen jîdischen sowie hellenistischen Kultverstndnis ist leicht zu erkennen: Beide Male geht es um die Vorbereitung der Glubigen auf die Begegnung mit dem Gçttlichen. Unterschiedlich jedoch sind die Mittel. Im traditionellen Kultverstndnis sind als Vorbereitung auf kultische Handlungen begrenzte Akte wie Fasten, sexuelle Enthaltsamkeit, Reinigungsbder, Abwarten einer gewissen Zeitdauer nach verunreinigenden Vorgngen, Ablegen und Anlegen bestimmer Kleider etc. verlangt, die „den Wechsel von der profanen in die heilige Sphre regeln“1558, und durch die sich der auf einen Kultakt vorbereitende Mensch heiligt. In 1Thess hingegen werden solche besondere Anforderungen nicht verlangt. Auch in 4,3 – 7 wird keine grundstzliche sexuelle Enthaltsamkeit – auch nicht temporr – angeordnet; stattdessen geht es nur um die Vermeidung von poqme¸a, wodurch ein solcher Umgang mit Sexualitt gepflegt werden soll, der dem Heiligungsstand der Glubigen insgesamt, unabhngig von konkreten Kulthandlungen, entspricht. Auch 4,9 – 12 raten – im Gegensatz zu einem exklusiven Heiligungsverstndnis – zur Nchstenliebe, gesellschaftlich unaufflliger Geschftigkeit und wirtschaftlicher Selbstndigkeit. Das Element des Besonderen, aus dem Alltag Herausgehobenen fehlt der Heiligungskonzeption von 1Thess vollstndig. Auch Vahrenhorst erkennt: „Anders als die Leges Sacrae kennt Paulus keinen Wechsel zwischen heiligen und profanen Bereichen: Da Gott durch den heiligen Geist in den Gemeindegliedern gegenwrtig ist, ohne dass diese Gegenwart als zeitlich befristet zu denken wre, ist auch die Heiligung nicht zeitlich begrenzt“.1559 Was sich mit Heiligung nicht vertrgt (wie poqme¸a und pkeomen¸a), sperrt nicht von Teilnahme an einer einzelnen

1556 Anders beilufig Stettler, Heiligung, 329 f.448. 1557 Vahrenhorst, Sprache, 112 f. 1558 Vahrenhorst, Sprache, 138. 1559 Vahrenhorst, Sprache, 138.

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

Kulthandlung aus, sondern bewirkt im extremen Fall das Herausfallen aus der Heils- und Heiligungsgemeinschaft insgesamt. Zu dieser inhaltlichen Spezifizierung von Heiligung und der darauf aufbauenden Ethik kommt das lexikalische: Innerhalb des Begriffsfeldes, mit dem sich Vahrenhorsts Arbeit beschftigt, kommt der ûciorGruppe eine Kernfunktion zu, fîr 1Thess berîcksichtigt er zustzlich noch fsior, !jahaqs¸a und %lelptor, die er ebenfalls als kultische Begriffe deutet, zudem nennt er Beispiele aus den hellenistischen Leges Sacrae, die d¸jaior parallel zu kultischer Begrifflichkeit verwenden.1560 Stettler dehnt – wie beschrieben – das Begriffsfeld îber kultische Terminologie noch auf alles weitere aus, was das Verhltnis der Glubigen zu Gott und ihre christliche Existenz wiederspiegelt.1561 Dies alles sind mçgliche lexikalische und thematische §ffnungen fîr die Beschftigung mit der Heiligkeits-/Heiligungsthematik. Viel aufflliger und ganz unabhngig von der genauen Abgrenzung eines solchen Begriffsfeldes ist in 1Thess jedoch, dass das unmittelbare kultische Wortfeld um Tempel, Priester, Opfer (also etwa h¼y, hus¸a, bylºr, sv²fy, Reqe¼r, Rk²sjolai, Vkeyr, Rkaslºr, maºr, selmºr, katqe¼y, s´bolai, selbst peqisteq², tquc¾m, lºswor, !lmºr etc.) im konkreten oder auch îbertragenen Sinne im gesamten Brief vollstndig ausgespart ist.1562 Kult im eigentlichen Sinne wird in 1Thess îberhaupt nicht, auch nicht negativ, erwhnt oder darauf angespielt; er ist vielmehr ein „Adiaphoron“.1563

1560 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 117 – 119. Zu unterschiedlichen Abgrenzungen des Begriffs- und Themenfeldes vgl. Anm. 33. 1561 Vgl. unter 1.3.3. 1562 Als einzigen Anklang an eine kultische Interpretation des Todes Jesu kçnnte das qp³q Bl_m in 5,10 gelesen werden, doch ist dies viel zu unspezifisch, um daran kultische Begrifflichkeit festmachen zu wollen. Gegenîber diesem Negativbefund in 1Thess steht Paulus’ ausfîhrliche Verwendung kultischer Symbolsprache in anderen Briefen, etwa durch den Tempel Gottes (1Kor 3,16 f.), das Passahlamm (1Kor 5,6 – 8), den Dienst im Heiligtum und am Altar (1Kor 9,13); den Becher, das Brot, den Tisch des Herrn (1Kor 10,14 – 22); die Erstlingsgabe (1Kor 15,20); den Duft und Wohlgeruch (2Kor 2,14 – 16); den Sîhneort (Rçm 3,25); die Leiber als lebendigen, vernînftigen Gottesdienst (Rçm 12,1); Paulus als priesterlichen Diener (Rçm 15,16); Trankspende und Opfer (Phil 2,15) (vgl. Klauck, Symbolsprache, 348 – 358). 1563 Diesen Begriff hat Strecker im Bezug auf Paulus’ offenkundiges Desinteresse am Gesetz in 1Thess im allgemeinen eingefîhrt (Strecker, Befreiung, 230; im Anschluss an ihn Risnen, Paul and the Law, 74.254).

5.2. .cior jtk. in 1Thess als kultische Begrifflichkeit

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Eine solche Entgrenzung des Heiligen ins Alltgliche hinein kçnnte dahingehend ausgedeutet werden, dass „sich christliche Existenz immer in der Sphre des Heiligen abspielt … [und damit] alles Tun und Lassen nicht nur ethisch, sondern immer auch kultisch qualifiziert [ist]“.1564 Ein solches Heiligungsverstndnis htte seine Vorbilder in der Heiligung und Sakralisierung des Alltags durch Bewahrung der Tora im Pharisismus1565 und seine Parallelen in den spteren, die Zeit nach der Zerstçrung des Tempels wiederspiegelnden tannaitischen Texten, in denen wiederum alltgliche Lebensbereiche in den Vordergrund fîr Heiligung treten, die bislang im Schatten des Tempels standen.1566 Bestnde der Vergleich zur Heiligung nach 1Thess 4,3 – 8 nur zu letztgenannten, wre die Parallele in der Motivation fîr beide Entwicklungen offenkundig: Sowohl dem paulinischen Heidenchristentum als auch dem Judentum nach 70 n. Chr. fehlt eine konkrete Kultsttte als Voraussetzung zur Ausîbung eines aus der Alltagswelt herausgenommen Kultes. Doch stellt die kultische Konzeption in Thess nicht nur eine Revision bekannter Vorstellungen, sondern weitgehend ein insgesamt neues Konzept von „Kult“ dar, so dass von einem Kultverstndnis im traditionellen, von paganen Hellenen oder Juden erkennbaren Sinne hier kaum mehr gesprochen werden kçnnen wird.1567 Pragmatisch liegt das Heiligungsverstndnis in 1Thess deutlich nher am moralgesetzlich-ethischen als am kultischen. Theologisch aber liegt es nher am kultischen. Denn trotz der inhaltlichen Ausrichtung auf den Alltag und des das ganze Leben Umfassenden fîr alle Glubigen ohne zeitliche Begrenzung ist das Ziel dieser Heiligung die konkret anvisierte Begegnung mit Gott. In Analogie zum traditionellen Kultverstndnis entsprche der Kultakt selbst (die Begegnung mit dem Gçttlichen) der Parusie Christi, der Entrîckung und dem Sein mit dem Kyrios in der Ewigkeit. Das Leben im Diesseits wre als Vorbereitung darauf zu verstehen, inhaltlich aber von Waschungen, Fasten, sexueller Enthaltsamkeit etc. auf das Alltagsleben verschoben. Hier bricht die Analogie allerdings, da die traditionell-kultischen Vorbereitungsriten verbindliche Bedingungen sind, vor deren Erfîllung der 1564 Vahrenhorst, Sprache, 138. 1565 So die Darstellung bei Weiss, Art. Phariser, 476; weniger ausgeprgt, aber ebenfalls genannt bei Deines, Art. Phariser. Vaqisa?or, 1461. 1566 Vgl. Vahrenhorst, Sprache, 64 – 72. 1567 Als ein Beispiel fîr das Novum der Heiligungsvorstellung in 1Thess nennt Vahrenhorst, dass es den Lesern der Paulusbriefe neu gewesen sein dîrfte, dass Sexualitt îberhaupt auch in Entsprechung zum Heiligen gelebt werden kann (vgl. Heiligung, 340).

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

Kult nicht stattfinden kann (daher kann in solchen Kontexten tatschlich Heiligung gefordert werden1568), wohingegen die Thessalonicher sich nicht noch durch korrekte Ausfîhrung ihrer Tagesgeschfte qualizifierend auf die Parusie vorbereiten mîssen, sondern in ihrer Bekehrung zu Gott (vgl. 1Thess 1,9) und ihrem Glauben (vgl. 1,3.8; 2,10.13; 3,2.5.7; 5,8) die eigentliche Vorbereitung auf ihren Kultvollzug bereits erfolgt ist. Seit dem sind sie zur Begegnung mit Christus bereit, ja, die mittlerweile eingetretenen Todesflle weisen darauf hin, dass sie erstaunt sind, dass die Parusie noch nicht erfolgt ist. I.a.W. der Sinn des Kultes ist geblieben, die Pragmatik hat sich verschoben. Auch ein konzentrisch abgestuftes Heiligkeitsverstndnis wie es in dem vielzitierten Traktat mKel 1,6 – 9 durch die zehn Grade der Heiligkeit1569 oder durch den Aufbau der Tempelrolle in Qumran1570 ausgedrîckt ist1571, ist mit diesem Heiligkeitsverstndnis als nicht mehr kompatibel zu betrachten.

1568 Die meisten atl. Aufforderungen an das Volk zur Selbstheiligung sind deutlich im kultischen Sinne qualifiziert und damit tatschlich auf konkrete, rituelle Handlungen als Vorbereitung auf einen Kult- oder kulthnlichen Akt bezogen (vgl. etwa Num 11,18; Jos 3,5; 7,13; 1Sam 16,5; 1Chr 15,12; 2Chr 29,5). Selbst im Heiligkeitsgesetz Lev 17 – 26 geht es hingegen, gleich wie in 1Thess 4,3 – 8, nicht um Selbstheiligung, stattdessen dient die Formel „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (vgl. Lev 19,2; 20,7.26) der Motivation fîr die Gebote; Heiligung selbst geht auch hier von JHWH aus (vgl. 21,23; 22,9.16.32). Einmal wird in Lev 20,7 das Volk zur Selbstheiligung aufgefordert, doch ergnzt der Folgevers 20,8 unmittelbar „ich heilige euch“. Fîr einen Vergleich von 1Thess 4,1 – 12 und Lev 17 – 26 mit der Schlussfolgerung, dass ersterer Text auf einer von zweiterer stammenden Heiligkeitstradition basiere, vgl. Hodgson, 1 Thess 4:1 – 12; nach ihm auch Barton, Dislocating, 202 f. 1569 Vgl. Borg, Holiness, 75 f.; Harrington, Holiness, 47 (vgl. auch ebd., 207 f.); Otto, Jerusalem, 136 f.; Vahrenhorst, Sprache, 67 f. 1570 Nach der Ordnung: heiliges Land – drei-Tages-Wegstrecken rings um die heilige Stadt – dreißig-Ris (ca. 3,6 km)-Zone rings um die heilige Stadt [vgl. hierzu Doering, Schabbat, 219 f., bes. 220, Anm. 554] – heilige Stadt – Tempelberg – ußerer Tempelhof – Vorhof der kultfhigen Mnner – Vorhof der Priester – ußerer Kultdienstbereich um Brandopferaltar und Tempelgebude – innere Kultdienstbereich mit Rucheropferaltar, Schaubrottisch und Leuchter – das Allerheiligste (vgl. Hanssen, Heilig/1, 190 f.; Janowski, Enderwartung, 93 – 96; Maier, Kultfrçmmigkeit, 34 – 37; ders., Tempelrolle, 8 f. 1571 Vgl. auch Jenson, Holiness, 108; Kaiser, Der Gott des Alten Testaments, 104.118 – 120; auch die Graphiken in Milgrom, Art. Holy, Holiness, OT, 853 – 855.

5.3. .cior jtk. in 1Thess als partizipatorisch-soteriologische Begrifflichkeit

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5.3. .cior jtk. in 1Thess als partizipatorisch-soteriologische Begrifflichkeit V.a. U. Schnelle hat immer wieder auf die grundlegende Bedeutung der eWmai 1m Wqist`-Aussagen fîr die paulinische Theologie hingewiesen und diese eng mit der paulinischen Tauftheologie verknîpft.1572 In dieser Wendung, gemeinsam mit den Varianten s»m Wqist` oder auch gehuften Verwendungen von s¼m-Komposita, sieht er „das Kontinuum paulinischer Theologie“1573, das sich nicht nur in voller Breite bereits im 1Thess, sondern auch als Elemente vorpaulinischer Tauftheologie nachweisen ließe. Bereits in seiner Dissertationsschrift Gerechtigkeit und Christusgegenwart von 1983 hat sich Schnelle mit den einschlgigen paulinischen Belegen ausfîhrlich auseinandergesetzt und die dort gewonnenen Ergebnisse bis in seine Paulus-Monographie von 2003 und Theologie des Neuen Testaments von 2007 weitergefîhrt. Wichtige vorpaulinische Tauftraditionen erkennt Schnelle v. a. in Gal 3,26 – 28; 1Kor 1,30; 2Kor 5,17a.21b u. a.1574 ; in 1Thess diskutiert er 1m Wqist`bzw. 1m (IgsoO-Aussagen (c.v.) anhand von 1,1; 2,14; 3,8; 4,1.2; 5,12.18; am ausfîhrlichsten jedoch anhand von 4,16. Seine Schlussfolgerung fîr 4,16 lautet: „Paulus definiert und interpretiert in 1Thess 4,16 oR mejqo¸ ganz bewußt mit der aus der Tauftradition stammenden soteriologischontologischen 1m Wqist`-Vorstellung, um die Kontinuitt der christlichen Existenz angesichts der sich aufdrngenden Todesproblematik zu erweisen … [D]er hier selbstverstndliche Gebrauch [spricht] fîr die geußerte Vermutung, daß der Ursprung der 1m Wqist`-Vorstellung in dem mit der Taufe verbundenen lokal-seinshaften Verstndnis zu suchen ist“.1575 Schnelles Hauptanliegen ist, die Kontinuitt dieser Aussagen im paulinischen Schrifttum als Bezeichnung des neuen christlichen Lebens zwischen Heilsbeginn und Heilsvollendung und gleichzeitig deren vorpaulinischen Ursprung nachzuweisen und somit die auf diese Weise ausgedrîckte partizipatorische Soteriologie als das Kontinuum paulinischer Soteriologie aufzuzeigen: „Durch die Taufe gelangt der Glaubende 1572 Vgl. Schnelle, Gerechtigkeit, 106 – 122; ders., Paulus, 545 – 549. 1573 Schnelle, Gerechtigkeit, 106; ders., Theologie, 252 (beide Male originale Hervorhebung). Fîr Lit. vgl. Schnelle, Paulus, 548, Anm. 10; ders., Theologie, 252, Anm. 252. 1574 Vgl. Schnelle, Gerechtigkeit, 109 – 112. 1575 Schnelle, Gerechtigkeit, 116.

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

in den Raum des pneumatischen Christus und konstituiert sich die neue Existenz in der Verleihung des Geistes als Angeld auf die in der Gegenwart real beginnende und in der Zukunft sich vollendende Erlçsung. Der Mensch wird aus seiner Selbstlokalisierung herausgerissen und findet sein Selbst in der Christus-Beziehung“.1576 Sowohl die These vom vorpaulinischen Ursprung der 1m Wqist`Formel (c.v.) als auch die Situierung dieser Formel in der Tauftheologie, und ebenso die darauf basierende Annahme, eine solche Tauftheologie sei auch schon in 1Thess vorauszusetzen, obschon dort eben nur durch die 1m Wqist`-Formel greifbar, sind gut begrîndete und plausible Thesen. Schnelle kombiniert diese nicht ausdrîcklich mit dem Heiligungs-/ Heiligkeitsbegriff, doch fîgen sie sich unproblematisch in das hier vorgestellte eschatologische Konzept und die Verwendung von "ciaslºr/ "ciys¼mg in 1Thess ein, ja sie kçnnten durch dieses sogar noch gestîtzt werden – mit einer nicht unwichtigen Erweiterung: Das eWmai 1m Wqist` begnne (nach Schnelle) mit der Taufe und wîrde damit (nach der hier vertretenen These) den Stand von Heiligung inaugurieren: Dies wre das neue Leben „zwischen Heilsbeginn und Heilsvollendung“.1577 Auf das jenseitige eschatologische Sein der Glubigen nach Parusie und Entrîckung scheint Schnelle an dieser Stelle weniger Akzent zu legen. Darauf fokussiert jedoch in 1Thess deutlich die Hoffnung und wird den Glubigen in 4,17 klar in Aussicht gestellt. Dies geschieht wiederum mit einer partizipatorischen Heilswendung: p²mtote s»m juq¸\ 1sºleha. Wenn „zwischen Heilsbeginn und Heilsvollendung“ der Stand der Heiligung whrt, wre der Stand nach bzw. besser in der Heilsvollendung mit Heiligkeit zu bezeichnen – christologisch-partizipatorisch bliebe er noch immer.

1576 Schnelle, Paulus, 548 f. Erst im Kontext der galatischen Kontroverse sei eine exklusive „Rechtfertigungslehre“ entwickelt worden (vgl. Schnelle, Wandlungen, 49 – 76, bes. 74 f.; ders., Paulus, 301 – 321.324 – 330; ders., Theologie, 268 – 280). 1577 Schnelle, Paulus, 548.

5.4. .cior jtk. in 1Thess und die „New Perspective on Paul“

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5.4. .cior jtk. in 1Thess und die „New Perspective on Paul“ Die „New Perspective on Paul“ stellt in der paulinischen Forschung der letzten Generation zweifellos ein erstaunliches Phnomen und momentan gewiss einen der originellsten und am kontroversesten diskutierten Anstze der Paulusforschung îberhaupt dar. Was 1960/61 mit einem einzelnen Vortrag begann, der nicht einmal vor einem exegetischen Fachpublikum, einer kirchlichen Versammlung, Synode, o. . gehalten wurde, sondern auf einem Psychologenkongress der American Psychological Association, hat sich zunchst im englischsprachigen Bereich (einschließlich dem skandinavischen Raum) beinahe lawinenartig entwickelt und zu gewaltigen, teilweise in ungewçhnlich scharfem Ton gefîhrten Diskussionen gefîhrt. Als die drei „Großmeister“ der New Perspective gelten K. Stendahl, E.P. Sanders und J.D.G. Dunn. Stendahl ist zurecht als „Vater“ der New Perspective bezeichnet worden1578, auch wenn der Begriff „New Perspective“ erst 1982 von Dunn in der von ihm gehaltenen Manson Memorial Lecture in Manchester geprgt wurde (verçffentlicht 1983 unter dem Titel „The New Perspective on Paul“). Stendahls epochaler Aufsatz war zunchst auf schwedisch verçffentlicht1579 ; im September 1961 hielt Stendahl ihn als Vortrag in englischer Sprache und îberarbeitet auf dem Jahrestreffen der American Psychological Association unter dem Titel „The Apostel Paul and the Introspective Conscience of the West“ und verçffentlichte ihn in der englischen Version 1963. Anschließend mehrfach abgedruckt ist dieser Aufsatz als „Eisbrecher“ der New Perspective berîhmt geworden. Die beiden wichtigsten Thesen dieses Aufsatzes sollten auch weiterhin die Debatte um die New Perspective zentral bestimmen: Zum einen ging es Stendahl darum, Paulus aus der „lutherischen“ Klammer und der Prokkupation lutherischer Paulusexegese zu befreien: Paulus’ Problem sei nicht dasjenige Luthers gewesen, ein durch religiçse ˜berforderung geplagtes Gewissen zu beruhigen; Paulus habe ein durchaus robustes Gewissen gehabt und nicht unter dem drohenden Endgericht gelitten. Zum anderen setze sich Paulus mit der Gesetzesproblematik in Rçm nicht mit einer dem zeitgençssischen Judentum unterstellten Werkgerechtigkeit auseinander (da dies fîr ihn îberhaupt kein Thema war), sondern mit dem Verhltnis von Heiden und Juden. – Der zweite, und seinerzeit wesentlich breiter rezipierte Meilenstein der New Perspective war Sanders opulentes Buch Paul and Palestinian Judaism von 1977 (deutsch 1983), dessen wesentlichster Beitrag darin bestand, die in christlicher Theologie vorherrschende Darstellung des Judentums zur Zeit Paulus’ und Jesu als werkorientierter Leistungsreligion radikal zu korrigieren. Die Grundstruktur der Soteriologie des zeitgençssischen Judentums („common Judaism“) sei stattdessen in einer gnadenhaften Bundes1578 Stegemann, Ekkehart, in Geleitwort zu Stendahl, Vermchtnis, 8. 1579 Vgl. Stendahl, Paulus och samvetet.

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

und Erwhlungstheologie zu erkennen, das Gesetz diene nicht dem Zustandekommen von Heil, sondern nur dessen Bewahrung, nicht um das „getting in“, sondern um das „staying in“ der Bundesgemeinschaft mit Gott. Fîr diesen Zusammenhang prgte Sanders den berîhmtgewordenen Begriff „covenantal nomism“1580 : „[E]lection and salvation as such are not by works of law, although obedience is the condition of remaining righteous“1581; und ebenso: „Salvation by grace is not incompatible with punishment and reward for deeds …[I]n Paul, as in Jewish literature, good deeds are the condition of remaining ,in‘, but they do not earn salvation“1582. – Seit Dunns Aufsatz The New Perspective on Paul, der zuerst 1983 im Druck erschien (und seitdem mehrfach wiederabgedruckt wurde), ursprînglich 1982 als Manson Memorial Lecture in Manchester gehalten wurde, hat er sich zum wichtigsten Publizisten in Sachen der New Perspective entwickelt. Er prgte in dem genannten Aufsatz den Namen „New Perspective“ und fçrderte in zahlreichen Verçffentlichungen den Bekanntheitsgrad der Forschungsbewegung.1583 Dunn blieb bei Sanders’ Beschreibung jîdischen Grundverstndnisses aufgrund des Bundes, doch ging er bereits 1983 in seinem Gesetzesverstndnis deutlich îber Sanders hinaus.1584 Dunn bezog sich fîr seine Interpretation des Syntagmas 5qca mºlou zunchst v. a. auf Gal 2,16: Paulus spreche hier gar nicht von den Geboten der Tora in ihrer Gesamtheit und Diversitt, sondern lediglich von denjenigen „Gesetzeswerken“, die sowohl in jîdischer Selbstsicht als auch aus heidnischer Fremdwahrnehmung als „identity markers“ bzw. „boundary markers“ der Juden gegolten haben, namentlich Beschneidung, Speisegebote und die Gebote der Sabbatheiligung. Paulus sei es daher nicht um Torakritik als solche gegangen, sondern lediglich um die §ffnung der „identity markers“ derer, die zur Gottesgemeinschaft gehçren: „Perhaps, then, for the first time, in this verse [sc. Gal 2,16] faith in Jesus Messiah begins to emerge not simply as a narrower definition of the elect of God, but as an alternative definition of the elect of God. From being one identity marker for Jewish Christian alongside the other identity markers (circumcision, food laws, sabbath), faith in Jesus as Christ becomes the primary identity marker which renders the others superfluos“.1585 In der deutschsprachigen Exegese wurden die Anstze der New Perspective erst mit jahrzehntelanger Verzçgerung, mittlerweile jedoch auch 1580 Sanders, Paul, 422 f. 1581 Sanders, Paul, 423. 1582 Sanders, Paul, 517 (originale Kursivsetzungen). 1583 Die beiden grçßten sind gewiss seine Paulusmonographie The Theology of Paul the Apostle von 1998 sowie sein Rçmerbrief-Kommentar (beide Bnde 1988); die wichtigsten seiner Aufstze seit 1983 sind im 2005 erschienenen Sammelband The New Perspective on Paul. Collected Essays zusammengestellt. 1584 Vgl. zur Kritik Dunns an Sanders: Dunn, The New Perspective on Paul, 93 – 95. 1585 Vgl. Dunn, The New Perspective on Paul, 98 – 107; Zitat: ebd., 103 (originale Kursivsetzungen).

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zunehmend konstruktiv aufgegriffen und diskutiert. Kurioserweise stellte bereits 1999 Niebuhr die breite Etablierung der New Perspective heraus, die auch mit Bezug auf deutsche Quellen mittlerweile „selbst zum Gegenstand differenzierender und resîmierender Kritik geworden [sei]“1586, whrend im selben Jahr ganz anderslautend W. Stegemann ein Lamento îber die mangelnde, und mangelnde positive Rezeption der New Perspective in der deutschen Forschung erhob.1587 Zur aktuellen Diskussion um die New Perspective in Deutschland kann auf den sehr mehrheitlich Beitrge deutscher Exegeten umfassenden Sammelband, herausgegeben von Bachmann, Lutherische und Neue Paulusperspektive, von 2005 verwiesen werden.1588 1586 Vgl. Niebuhr, Rechtfertigungslehre, 110, vgl. insgesamt ebd., 108 – 111. 1587 Vgl. Stegemann, Amerika, 111 – 113. 1588 Abgesehen von Dunns eigenem Beitrag handelt es sich bei zehn von dreizehn Aufstzen um deutschsprachige. Einstweilen ist auch in der englischsprachigen Exegese die Diskussion noch im vollen Gange und hlt unvermindert an. Ironischerweise scheinen die schrfsten Angriffe gegen die New Perspective von Vertretern der Konfessionen des calvinistischen Zweigs der Reformation zu stammen, dem auch Dunn selbst zugehçrt. Unter der URL: http://www.thepaulpage.com/ (eingesehen am 14. 4. 2008) ist hierzu eine fast nicht mehr zu îberblickende Textsammlung zusammengetragen. In concreto ist insbesondere auch zu nennen: Dunns eigener Schîler S. Gathercole mit seinen Verçffentlichungen What Did Paul Really Mean? und Where is Boasting?; seiner Radikalitt wegen S. Kim, Paul and the New Perspective, bes. 1 – 84.128 – 164 (vgl. die kritische Rezension hierzu von Horn [vgl. Bibliographie]); sowie der Grundstzlichkeit des Ansatzes sowie des jungen Abfassungsdatums wegen Theissen, The New Perspective on Paul and ist Limits: Some Psychological Considerations (2007). Dunn ist in etlichen Anlufen seinen Kritikern ausfîhrlich begegnet, zuletzt in The New Perspective: whence, what and whither? (auf Theissens Beitrag ist hier freilich noch nicht eingegangen). Dass der Grund fîr die Verzçgerung in der deutschen Exegese durch die Kritik der New Perspective an der lutherischen Paulusinterpretation lag, stellt bestenfalls einen Teilgrund dar, der dann v. a. national zu begrînden wre; konfessionell wren die Skandinavier (Stendahl, Risnen) genauso davon betroffen gewesen. Wesentlicher scheint mir die dominante Stellung von Bultmanns Theologie in der deutschen Exegese sowie auch Frçmmigkeit (vgl. hierzu knapp Dunn, Works of the Law and the Curse of the Law, 119; ders., The Justice of God, 196 f; Niebuhr, Rechtfertigungslehre, 107 f.; fîr eine brîske Darstellung des Judentums als einer von stupider Werksorientiertheit geprgten Religion durch Bultmann vgl. ders., Theologie, 10 f.; auf katholischer Seite vgl. etwa den Dogmatiker G. Kraus: „In Abgrenzung zu jîdischer Werkgerechtigkeit und Leistungsfrçmmigkeit betont Paulus immer wieder eindringlich den Gnadencharakter der Rechtfertigung“ [Gnadenlehre, 179; eigene Kursivsetzung]). Konkret wird auch Ksemanns polemischer Aufsatz Rechtfertigung und Heilsgeschichte im Rçmerbrief von 1969, einer der ersten deutschsprachigen Beitrge, die die New Perspective explizit betrachteten, eine wichtige Rolle fîr die erst spt einsetzende Diskussion der New Perspective in Deutschland gespielt haben (vgl. Zahl,

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

Dem Versuch einer Anwendung ihrer Anliegen und -thesen auf 1Thess bzw. dessen Heiligungs-/Heiligkeitsthematik stehen gravierende Probleme entgegen: Zum einen werden die wesentlichen Kristallisationspunkte der Diskussion um die New Perspective, das Syntagma 5qca mºlou, die Erwhnung der von Dunn so genannten jîdischen boundary markers oder identity markers Beschneidung, Sabbat- und Speisegebote, die Ausfîhrung von Gnade und Rechtfertigung sowie die Thematisierung der „Gentile acceptability to God“1589, in 1Thess nicht genannt noch wird darauf angespielt; stattdessen hat sie sich ganz dominant auf Gal und Rçm konzentriert, erst spter wurde auch Phil intensiver miteinbezogen.1590 Zum anderen ist weder das Thema Heiligkeit oder Heiligung noch die Beschftigung mit 1Thess im Rahmen der New Perspective bislang mit ausgeprgtem Interesse verfolgt worden. In seiner Paulus-Monographie unterscheidet Dunn zwischen einer eher ereignishaften Initiation („beginning of salvation“), die durch die drei Aspekte Rechtfertigung durch Glauben, Partizipation in Christus und Gabe des Geistes przisiert werden kann1591, und einer weiterfîhrenden Entwicklung („process of salvation“).1592 Die Traditionsbezeichnungen „Rechtfertigung“ und „Heiligung“ fîr die Stufen von Rettung (beginning und process) hlt er

Rechtfertigungslehre, 188 – 198; Horn, Juden und Heiden, 19 – 23). Stolle vermutet gerade mit Bezug auf Ksemann, dass die hohe Emotionalitt, mit der die Debatte gefîhrt wurde, an dem belasteten Verhltnis von Juden und Christen lag (vgl. Luther und Paulus, 44, Anm. 170). Jîngst hat Schreiber eine knappe Zusammenfassung der laufenden Diskussion bis in die allerjîngsten Verçffentlichungen hinein vorgelegt und erkennt dabei eine weitgehende Zersplitterung der New Perspective in den Anstzen unterschiedlicher Forscher: „Zusammenfassend lsst sich festhalten, dass in der aktuellen exegetischen Forschung Akzente der New perspective verschiedentlich aufgegriffen werden; hufig wirkt aber auch die kategorische Ablehnung weiter. Die Diversifikation der Diskussion zeigt m. E., dass die Zeit der New Perspective als nachhaltiger Innovation der Paulusforschung, speziell der Rechtfertigungslehre, nach etwa 30 Jahren zu einem gewissen Abschluss gekommen ist“ (vgl. Paulus und die Tradition, 91 – 102, Zitat: 101). 1589 Dunn, Philippians, 463. 1590 Dunns Aufsatz Philippians 3.2 – 14 and the New Perspective on Paul ist einer von nur zwei Beitrgen, die er fîr den 2005 erschienenen Sammelband The New Perspective on Paul neu verfasst hat. Auch seine Theology of Paul ist wesentlich durch den Text von Rçm bestimmt. 1591 Vgl. Dunn, Theology, 317 – 459. 1592 Vgl. Dunn, Theology, 461 – 498.

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bei Paulus jedoch fîr irrefîhrend.1593 Er selbst verwendet Begriffe des Heiligkeitsumfeldes (sanctification, sanctify, holiness etc.) kaum und legt auch keine positive Lehre einer Heiligung bei Paulus vor.1594 Auch das Begriffsregister in Dunns Sammelband The New Perspective on Paul verzeichnet lediglich zwei (!) direkte Verweise fîr „sanctification“, beides Negativnennungen.1595 Alle weiteren (ebenfalls wenigen) Verweise behandeln nicht „sanctification“, sondern unterschiedliche Aspekte des „process of salvation“. Zudem beziehen sich smtliche (!) der genannten Belege nur auf die beiden fîr den Sammelband neu verfassten Aufstze, und mit einer einzigen Ausnahme wiederum alle nur auf den einen (ersten) davon. Auf irgendeinen vor 2005 geschriebenen Beleg zur Thematisierung von sanctification wird îber das Register îberhaupt nicht verwiesen. Ein Eintrag zu holiness o. . findet sich hingegen îberhaupt nicht. Ebenfalls vçllig ausgefallen sind die Begriffe holiness, holy, sanctification, sanctify im Register zu Dunns Theology. Mit Heiligkeit beschftigt hat sich Dunn allerdings durchaus, nur nicht anhand paulinischer Texte, sondern anhand der Jesustradition in den Evangelien. In seinem Aufsatz von 2003 Jesus and Holiness (, der nicht in die Aufsatzsammlung The New Perspective on Paul aufgenommen ist,) legt Dunn zunchst anhand der zahlreichen Bestimmungen der Reinheits-Halakhot (wie den Vorschriften fîr regelmßige Waschungen, Speisevorschriften, besondere Anforderungen zur Kultteilnahme etc.) – und sich stark an Borgs wichtige Studie Conflict, Holiness and Politics … anlehnend1596 – dar, wie konkret die Heiligkeitskategorie der Bevçlkerung der Zeit bewusst gewesen sein muss, speziell ausgeprgt in der Gemeinde von Qumran sowie im pharisischen Umfeld, doch auch innerhalb des Alltagslebens der sonstigen Bevçlkerung.1597 In einem zweiten Schritt fîhrt Dunn aus, wie massiv Jesus diese Reinheitserwartungen herausgefordert habe. Als Beispiele hierfîr nennt er u. a. das Festmahl mit kçrperlich Versehrten (Lk 14,13.21), denen der Zutritt zur Qumran-Gemeinschaft aufgrund der Applikation von Lev 21,17 – 21 verwehrt war (vgl. 1QSa 2,3 – 10; 1QM 7,4 – 6; CD 15,15 – 17; 11QT 45,12 – 14), die Auseinandersetzungen mit Pharisern îber Hndereinigung vor dem Essen (vgl. Mk 7,1 – 13; Mt 15,1 – 9) und Gebote der Sabbatruhe (vgl. Mk 2,23 – 28 parr.; Mk 3,1 – 5 parr.); sowie die Erzhlungen von der Heilung der blutflîssigen (d. h. kultisch dauerhaft unreinen) Frau (Mk 5,25 – 34 parr.) und vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,29 – 37), 1593 Vgl. Dunn, Theology, 319; ders., The New Perspective, whence, what and whither?, 64; das Begriffspaar ebenfalls distanziert der lteren Debatte zuordnend vgl. ebd., 72). Ganz konsequent ist Dunn mit seiner Nomenklatur nicht: Dass das Substantiv "ciaslºr von Paulus fîr den „process of salvation“ verwendet wird, schreibt er in: Theology, 330. Selbst benîtzt er den Begriff „sanctification“ fîr den „process of salvation“ in: ebd., 482. 1594 Er stellt damit ein Beispiel der Vermeidung der gesamten Heiligkeitskonzeption in der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts dar (vgl. unter 1.2.). 1595 Vgl. Anm. 1593. 1596 Vgl. unter 1.4. 1597 Vgl. Dunn, Jesus and Holiness, 172 – 180.

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

der im Gegensatz zum Priester und Leviten keine Scheu zeigte, sich am Blut oder gar der Leiche des ˜berfallopfers zu verunreinigen.1598

Fîr die Konzentration der New Perspective auf Gal und Rçm gibt Dunn selbst zwei Grînde an: „One is the fact that Paul hardly uses the verb ,justify (dikaioo¯)‘ outside these two letters; consequently Romans and Galatians have provided the main warrants for the doctrine of justification by faith, the key feature of ,the old perspective‘ on Paul. The other is the fact that these two letters focus so strongly on the terms of Gentile acceptability to God (and to Jews); consequently they also provide the main warrants for the new perspectice’s insistence that integral to and a primary motivation for Paul’s formulation of the doctrine of justification was his commission to preach the gospel to Gentiles and his defence of that gospel“.1599

Der erste dieser beiden Grînde ist unmittelbar einleuchtend; ergnzend wre vielleicht noch das Auftreten des Syntagmas 5qca mºlou ausschließlich in Gal und Rçm zu nennen, sowie das Fehlen einer Erwhnung der boundary markers Beschneidung, Sabbat- und Speisegebote in 1Thess. Zum zweiten hingegen ist anzumerken, dass das Thema des Verhltnisses von Heidenchristen und Juden in 1Thess durchaus an etlichen Stellen, wenn auch nicht explizit diskutiert, so doch aber sichtbar wird, wenn auch ohne Thematisierung der boundary markers. Auch die chronologische Nhe des 1Thess zum Antiochenischen Zwischenfall1600 sollte zur Vermutung Anlass geben, dass die dort aufgebrochenen Probleme der Heidenmission im Verhltnis zum Judentum auch hier durchschimmern mîssten.1601 Ein weiterer Grund fîr die Hintanstellung von 1Thess durch die New Perspective ist sicher auch in ihrem geringen Interesse an einer Entwicklung paulinischer Rechtfertigungstheologie zu sehen: Ausdrîcklich vertritt Dunn eine in den Grundzîgen konstante Soteriologie des Paulus whrend seiner Heidenmission.1602 Von einer solchen Vorausset1598 Vgl. Dunn, Jesus and Holiness, 180 – 191; vgl. ausfîhrlich Borg, Conflict, 88 – 271. 1599 Dunn, Philippians, 463 (originale Kursivsetzung). 1600 Vgl. Dunn, The New Perspective: whence, what and whither?, 33; ders., Theology, 359 f.: „… the Antioch incident provided one of the great defining moments in Paul’s theology … that no one is justified by works of the law, but only through faith in Christ“. 1601 Vgl. die ˜berlegungen in 4.2.1. 1602 Grundstzlich hlt Dunn dafîr, dass das paulinische Bewusstsein einer Rechtfertigung aus Glauben wahrscheinlich von seiner Damaskus-Erfahrung an

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zung ausgehend wre die Nicht-Einbeziehung von 1Thess in die Diskussion um die New Perspective keine theologische Unterlassung; stattdessen wîrde sich eine spezielle Berîcksichtigung von 1Thess aus Sicht der New Perspective schlicht und legitimerweise erîbrigen. Auf der anderen Seite hingegen betreffen die v. a. von Schnelle herausgearbeiteten Differenzen zwischen 1Thess und den spteren Briefen keineswegs nur die Soteriologie, sondern auch – hier besonders relevant – das Judenbild und die Eschatologie. Schnelle stellt daher 1Thess als Brief mit besonderem theologischem Profil als Beispiel frîhpaulinischer Theologie heraus.1603 Dass sich die New Perspective dennoch (Dunn nennt sie „conversion“) festgestanden habe, die antithetische Formulierung „aus Glaube und nicht aus Werken des Gesetzes“ hingegen sei wahrscheinlich in der Antiochenischen Auseinandersetzung (und nicht erst in der galatischen) entstanden (vgl. Dunn, The New Perspective: whence, what and whither?, 33 f.; ders., In Search of Common Ground, 284). Diesen Gedanke will Dunn aber nur als Vermutung verstanden wissen („As for the question of development in Paul’s attitude to the law, the issue may be unresolvable … which would suggest that …“ [Dunn, In Search of Common Ground, 284]). Fîr Paulus’ Mission jedenfalls gelte: „I assume that from his first evangelistic outreach as a Christian, whenever that was, he preached the good news that God’s saving righteousness was for all, Jew first but also Gentile“ (Dunn, The New Perspective: whence, what and whither?, 34; insgesamt vgl. ebd., 33 – 37; ders., In Search of Common Ground, 283 – 287). Ebenso thematisiert Dunn in seinen Prolegomena zur paulinischen Theologie (Theology, 1 – 26) diverse methodische und didaktische Fragestellungen (z. B. den dialogischen Charakter paulinische Theologie, Theologie vs. Religion; Theologie vs. Rhetorik); die Beschreibung einer Theologie des Paulus unter der Annahme einer Entwicklung derselben problematisiert er lediglich in einem einzigen Absatz durch Hinweis auf die Unsicherheiten der Datierung der einzelnen Briefe sowie Ungewissheit îber situative Beeinflussung der Briefinhalte (vgl. Theology, 21; vgl. ebenso desinteressiert an einer Entwicklung paulinischer Theologie ebd., 353). Auch Phil (konkret 3,2 – 14) wird von Dunn nur zur Besttigung seiner ohnehin bereits entwickelten Thesen herangezogen (vgl. Dunn, Philippians 3.2 – 14 and the New Perspective on Paul, 463 – 484). Selbst unter dem Unterkapitel „Works of the Law“ in the early Pauline literature (originale Hervorhebung) bezieht sich Dunn nur auf die Literatur ab Gal. „Early“ setzt hier nur die authentischen Paulusbriefe von Eph, Past und 1Clem ab (vgl. Dunn, Whatever Happened to ,Works of the Law‘?, 376 – 382). 1603 So die Betonung bei Schnelle, Paulus, 197 – 200; ders., Einleitung, 68 – 72; ders., Entstehung, 209 – 219: „Der 1 Thess nimmt eine Sonderstellung im Corpus Paulinum ein. Er unterscheidet sich von den spteren Paulusbriefen nicht nur auf den Gebieten der Ethik, Anthropologie und Eschatologie, eine grundlegende Differenz besteht auch im Bereich der Rechtfertigungslehre und im Verhltnis zu Israel“ (Entstehung, 218). Umgekehrt beschftigt sich Schnelle mit der New Perspective in seiner Paulus-Monographie nur sehr am Rande; am

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5. Ertrag: Heiligkeit in 1Thess als eschatologische Kategorie

so stark auf Gal und Rçm konzentriert, ebenso wie die „Rechtfertigungslehre“ der „Old Perspective“, gegen die sie sich richtet, es getan hatte, fîhrt daher nicht nur zur Vernachlssigung von 1Thess, sondern auch von Themenkreisen wie dem in 1Thess erkennbaren Kult- und Heiligungsverstndnis. Dass sie dieses nicht intensiver in ihre Diskussion miteinbezogen hat, ist angesichts der Originalitt des Ansatzes und der Intensitt der Debatte, die um sie entfacht wurde, bislang ein erstaunliches Defizit. Freilich: Die antijîdische Spitze, die Stendahl und seine Nachfolger in der traditionell-protestantischen Darstellung der paulinischen Rechtfertigungslehre sahen und gegen die sie sich wandten, war die Bezeichnung oder auch nur Implikation des Judentums als werkgerechte Religion. Und diese ist wiederum nicht das Problem der Darstellung des Judentums in 1Thess, so spannungsvoll wie sie auch sein mag. Vielmehr scheint Paulus in 1Thess die Importanz, seinen heidnischen Konvertiten einen Religionskonnex zum Judentum darzulegen, noch gar nicht im Blickfeld zu liegen. Dennoch liegt ein Ansatz zur Mit-Einbeziehung der Heiligkeitskategorie (unabhngig von der speziellen Situation des 1Thess) in die Anliegen der New Perspective mit Borgs Conflict, Holiness and Politics … m. E. weder personell noch inhaltlich weit: Dunn orientiert sich in seinem erwhnten Aufsatz bereits ganz dominant nach Borgs Werk, ein ausfîhrliches Vorwort zu dessen 2. Auflage stammt aus der Feder eines weiteren prominenten Vertreters der New Perspective, N. Thomas Wright.1604 Inhaltlich liegt die Hauptthese Borgs in der Darstellung von Heiligkeit als politisch-sozialer Grçße und Jesu Herausforderung dieser Heiligkeitsvorstellung, die damit auch eine Herausforderung des politisch-sozialen Selbstverstndnisses Israels dargestellt habe.1605 Damit beschreibt Borg ein frîhjîdisches Heiligkeitsverstndnis, das sich in unmittelbarer Nhe zu Dunns boundary markers anzusiedeln ist: Es geht hierbei nicht nur um eine religiçse bzw. kultische Konzeption als solche, sondern Heiligkeit schließt ein hohes soziologisches und politisches Identifikationspotential mit ein. Diese Praktiken werden – nach Borg – auch schon in der Jesustradition aufgebrochen – ein Akt, dessen Intention mit der §ffnung der boundary markers durch Paulus mittels nchsten kommt er dem im Kontext seiner Besprechung der 5qca mºlou nach Gal, vgl. Schnelle, Paulus, 304 – 307. In der Bibliographie desselben Werkes listet er einige Aufstze von Dunn, doch im Text bezieht er sich so gut wie ausschließlich auf dessen Monographie The Theology of Paul the Apostle (vgl. als Ausnahme ebd., 305, Anm. 51). 1604 Vgl. Borg, Holiness, ix-xxiv. 1605 Vgl. unter 1.4.

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des Syntagmas „Rechtfertigung aus Glauben“ – nach Dunn – vergleichbar scheint.

Der Befund von 1Thess zeigt die Originalitt auf, mit der Paulus sein Heiligkeits-/Heiligungsverstndnis in 1Thess zwischen Kult und Ethik darlegt, aber immer mit Blick auf die speziell ausgeprgte Eschatologie, die immer noch von einem begeisterten Warten auf die Wiederkunft Christi fîr sich selbst und seine Mitglubigen geprgt ist, ohne dass fîr einen systematischen, konstruktiven Abgleich dieses neuen Glaubensfundaments mit dem Judentum seiner eigenen Tradition Raum oder Notwendigkeit bestanden htte. In 1Thess îbernimmt Paulus kultische Begrifflichkeit, um den heidenchristlichen Platz bis zur eschatologischen Vollendung, d. h. den Weg zur Gottesbegegnung, zu charakterisieren; er bricht mit ihr, indem er den Kultkontext als solchen nicht fortfîhrt. Paulus sieht damit das Heidenchristentum in diesem Brief weder nur in bis zur Polemik (von 2,14 – 16) gesteigerter Abgrenzung zum Judentum noch in einem „Mithineinnehmen“ in den Bund der Gottesgnade fîrs Volk Gottes durch eine §ffnung jîdischer boundary markers, sondern entwickelt eine eigenstndige „dritte Identitt“.1606 Gottesbegegnung findet nicht mehr im Kult statt, sondern im konkret erwarteten Einbrechen des Eschatons als der großen Kultfeier: Hier treffen die Geheiligt-Werdenden die Heiligen.

1606 Zur Differenzierung der Christusglubigen gegenîber sowohl Juden als auch Heiden vgl. Schnelle, Paulus, 174 f. mit besonderem Verweis auf 1Kor 1,22 f.; 10,32; Niebuhr, Tora, 448 f.; Stegemann, Zwischen Juden und Heiden, bes. 76 – 82.

Abkîrzungen Die Abkîrzungen folgen dem von Siegfried Schwertner zusammengestellten Abkîrzungsverzeichnis der Theologische Realenzyklopdie 1976 (fîr Sekundrquellen wie Zeitschriften, Reihen etc.) und dem Verzeichnis der Abkîrzungen, Religion in Geschichte und Gegenwart4 1 (1998), XXXXXI. Gelegentliche Probleme ergeben sich hierbei v. a. bei Abkîrzungen fîr rabbinisches Schrifttum, bei denen die in der RGG angegebenen Abkîrzungen auf spezifische Ausgaben dieser Schriften bezogen sind. Um Zweifelsfllen vorzubeugen, ist im Text auf die verwendete Ausgabe und Seitenzahl verwiesen. Ebenso ist in seltenen Fllen von den Abkîrzungen der RGG bei besonders sperrigen und ungewçhnlichen RGG-Abkîrzungen abgewichen. Auf die RGG-Abkîrzungen ist gelegentlich verzichtet bei Auflistungen einer grçßeren Anzahl von Quellen, wenn ein Großteil derer in der RGG gar nicht verzeichnet ist. „Plato“ bzw. „Platon“ ist gegen die RGG auf die im Deutschen îbliche Schreibweise „Platon“ vereinheitlicht. Quellen im Text sind meist mit Kurztitel angegeben, das heißt i. d. R. mit dem ersten sinntragenden Substantiv des Werktitels. Bei Verwechslungsgefahr hnlicher Titel ist der vollstndige Titel verzeichnet. Kommentare zu biblischen Bîchern sind i. d. R. nur mit Verfasser und Kîrzel des jeweiligen Buches angegeben, bei fremdsprachigen Kommentaren oder solchen, bei denen der Buchtitel von der im Deutschen îblichen Bezeichnung des jeweiligen biblischen Buches differiert, auch ausgeschrieben (z. B. „Revelation“; „Offenbarung“ statt „Apk“) und in dem entsprechenden Abschnitt der Bibliographie zu finden. Zustzlich zu den in den genannten Verzeichnissen aufgelisteten und abgesehen von allgemeinen Abkîrzungen sind folgende verwendet: abs. absolut AcI accusativus cum infinitivo adv. adverbiell BD Blass/Debrunner BDR Blass/Debrunner/Rehkopf CIC Codex Iuris Canonici c. cum

Abkîrzungen

c.acc. c.art. c.conj. c.dat. c.ind. c.inf. cs. c.v. Dio.or. EEK Epiktet, Diss E˜ i.S.v. KKK LCL LG o. J. PO pron. SC s.v. vs.

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cum accusativo cum articulo cum conjunctivo cum dativo cum indicativo cum infinitivo status constructus cum variationibus Dio Chrysostomus, Reden (Orationes) Evangelischer Erwachsenenkatechismus Epiktet, Dissertationes (= Epictetus, The Discourses) Die Bibel. Altes und Neues Testament. Einheitsîbersetzung im Sinne von Katechismus der Katholischen Kirche Loeb Classical Library Lumen Gentium (Dogmatische Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils îber die Kirche) ohne Jahr Presbyterorum Ordinis (Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils îber Dienst und Leben der Priester) pronominal Sacrosanctum Concilium (Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils îber die heilige Liturgie) sub voce (= unter dem betreffenden Stichwort) versus

Bibliographie I. Quellenausgaben und ˜bersetzungen A. Bibelausgaben und -îbersetzungen (einschl. LXX) a) in Originalsprachen Biblia Hebraica Stuttgartensia. Ed. Karl Elliger at Wilhelm Rudolph. Stuttgart 4 1990. Nestle, Eberhard und Erwin/Aland, Barbara und Kurt u. a. Novum Testamentum Graece. Stuttgart 271995 (9. Druck 2006). (Frîhere Auflagen unter IV. Sekundrliteratur.) Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes editit Alfred Rahlfs. Editio altera quam recognovit at emendavit Robert Hanhart. Stuttgart 2006.

b) deutsche ˜bersetzungen Einheitsîbersetzung: Die Bibel. Altes und Neues Testament. Einheitsîbersetzung. Stuttgart 1980 (Lizenzausgabe Freiburg, Basel, Wien). Elberfelder: Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext îbersetzt. Elberfelder Bibel revidierte Fassung. Wuppertal 61999 (1985). Luther: Die Bibel nach der ˜bersetzung Martin Luthers. Mit Apokryphen. Bibeltext in der revidierten Fassung von 1984. Stuttgart 1999. Mînchener Neues Testament. Studienîbersetzung. Dîsseldorf 41995 (11988). Schlachter: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments. Unter Berîcksichtigung der besten ˜bersetzungen nach dem Urtext îbersetzt von Franz Eugen Schlachter. Genf 1990. Zîrcher Bibel. Zîrich 2007.

c) computergestîtztes Hilfsprogramm Bible Works for Windows, Windows 95 / NT Release, Version 4.0.034.

B. Weitere Quellen des antiken Judentums Aristeasbrief Aristeasbrief (Norbert Meisner). JSHRZ II/1 (1973), 35 – 85. Assumptio Mosis Himmelfahrt Moses (Egon Brandenburger). JSHRZ V/2 (1976), 57 – 84.

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Personenverzeichnis Aasgaard, Reidar 123, 142, 162, 164–166, 168, 209, 216, 287 Ascough, Richard S. 253, 256, 260 Asting, Ragnar 2, 6, 36, 38–42, 52, 53, 91, 99, 232, 308, 316, 330, 332, 341, 365, 366, 372, 396 Avotri, Solomon Kwami 252, 260, 274, 275 Baltensweiler, Heinrich 6, 123, 223, 269, 273, 288, 295–299, 301, 302 Barthel, Jçrg 376 – 379, 381, 382 Barton, Stephen C. 87, 94–96, 402 Bassler, Jouette M. 15, 253, 264 Baudissin, Wolf Wilhelm Graf v. 374, 388 Baumert, Norbert 164, 223, 229, 233–241, 245, 246, 251–253, 257, 259–261, 267, 270, 271, 273, 285, 297, 299, 301–303, 305, 313, 324 Beauvery, Robert 244, 285, 287 Becker, Jîrgen 10, 136, 182, 183, 210, 233, 332, 342, 372, 421 Benko, Stephen 363, 365, 368, 435 Berger, Klaus 58, 60, 65, 68–70, 76, 90, 92, 99, 104, 139, 140, 185, 219 Best, Ernest 17, 104, 107, 123, 139, 167, 183, 190, 192, 213, 215, 219, 222, 226, 232, 243, 267, 277, 278, 285, 286, 291, 292, 304, 306, 316, 318, 328, 329, 331, 334, 336, 348, 349, 352, 356, 358, 360, 361, 365–368 Beuken, Willem A. M. 376, 377, 381, 392 Bickmann, Jutta 15, 103, 106–108, 110, 113, 119, 120, 151, 169,

175–178, 220, 223, 226, 255, 256, 287, 329 Bjerkelund, Carl J. 16, 103, 111, 112, 114, 122, 142, 145, 154, 155, 219, 220–223, 227, 228, 232, 287, 291 Blischke, Folker 142, 143, 152, 155, 163, 189, 190, 192, 205, 210, 219, 254, 262, 273, 287, 294, 316 Boers, Hendrikus 104, 106, 132, 142, 158, 201 Borg, Marcus J. 68, 89–92, 95, 402, 409, 410, 412 Bçrschel, Regina 15, 17, 226, 287, 304, 305, 308, 316, 319, 330, 342, 360, 362, 365–368, 370, 371, 392 Brocke, Christoph vom 152, 253, 260, 296 Bruce, Frederick F. 14, 15, 104, 123, 219, 226, 232, 244, 253, 260, 277, 286, 291, 292, 305, 318, 328, 333–335, 346, 348, 349, 352, 365–367 Bultmann, Rudolf 9 – 11, 13, 34, 38, 41, 42, 52, 57, 58, 87, 98, 99, 121, 194, 391, 396, 407 Burke, Trevor J. 145, 162–166, 168, 169, 195 Carras, George P. 15, 151, 232, 253, 271, 286, 287, 298 Castelli, Elizabeth A. 162 Chapa, Juan 106, 172–179, 203–205 Collins, Raymond F. 10, 15, 39, 107, 121, 128, 130, 136, 142, 151, 154, 155, 165, 167, 168, 170, 194, 195, 205, 213, 215, 218, 223, 224, 232, 242, 244,

470

Personenverzeichnis

249, 253, 254, 256, 258, 260, 264, 267, 275, 281, 286, 291, 292, 294, 298, 356, 361, 367, 369 Conzelmann, Hans 104, 111, 264, 367, 368 Crenshaw, James L. 320, 344 Delling, Gerhard 232, 267, 283, 285, 287, 302 Dibelius, Martin 12, 14, 15, 105, 123, 152, 188, 219, 222, 224, 226, 232, 236, 242, 244, 262, 263, 277, 285–287, 304, 305, 328, 333, 334, 346, 349, 352, 367, 396 Diestel, Ludwig 1, 91 Dillersberger, Josef 1, 2, 28–31, 38, 97, 99, 313, 334, 372, 381, 396, 397 Djukanovic´, Savo 19, 42–46, 52, 68, 98, 99, 319, 396 Dobschîtz, Ernst v. 17, 64, 104, 107, 117, 120, 121, 123, 130, 135, 136, 152, 164, 189, 192, 219, 222, 226, 235, 240, 242–244, 253, 277, 278, 285, 287, 290, 292, 293, 305, 306, 309, 310, 312, 316, 318, 328, 329, 331, 333, 334, 348, 349, 356, 360, 366 Donfried, Karl P. 103, 167, 173–175, 183, 204, 205, 260, 301 Doty, William G. 107, 139, 146 Dunn, James D.G. 94, 233, 276, 311, 321, 343, 372, 394, 396, 405–413 Ebel, Eva 103, 111, 113, 116, 119, 120, 123, 128, 129, 157, 180, 181, 190, 199, 219 Eckart, Karl-Gottfried 126–128, 223, 224, 229 Elgvin, Torleif 253, 256, 260, 263, 270, 272, 274, 275 Elliger, Karl 383, 388 Fatum, Lone

162, 256

Finkenrath, Gînther 283, 284, 286, 289, 302, 325 Fischer, Karl Martin 125–127, 140, 217, 223 Fitzer, Gottfried 287, 288 Fitzmyer, Joseph A. 184, 256, 276, 350 Frame, James E. 15, 123, 223, 224, 256, 291, 309, 310, 361 Frankemçlle, Hubert 117, 321, 342 Frenschkowski, Marco 6, 305, 348 Frey, Jçrg 299 Funk, Robert W. 145, 199–201 Furnish, Victor Paul 350, 391 Gaugler, Ernst 18, 19, 31–38, 46, 49, 52, 76, 95, 98, 99, 372, 396 Gaventa, Beverly R. 163 Gerber, Christine 17, 157, 161–166, 168, 170, 174, 199, 201, 208, 209, 219 Gilley, Sheridan 71, 94 Gorman, Michael J. 10, 95, 96, 218 Greenberg, Moshe 320, 327 Grînwaldt, Klaus 4, 8, 25, 348, 372, 374, 390 Guntermann, Friedrich 182, 186–188 Gînther, Hartmut 65–68 Haag, Ernst 8, 335, 339, 340, 372 Hanssen, Olav 18, 57–65, 70, 76, 92, 98, 99, 321, 334, 340, 372 Harnisch, Wolfgang 181, 187, 188, 226 Harrington, Hannah K. 25, 85, 92, 93, 275, 402 Harst, Sylva 364, 366, 369 Hauck, Friedrich 288, 310 Haufe, Gînter 10, 14, 102, 123, 164, 170, 192, 219, 226, 232, 244, 251, 258, 260, 277, 286, 291–293, 304, 305, 308, 310, 318, 321, 327, 328, 330, 333, 334, 348, 349, 351, 352, 356, 358, 360 Heckel, Ulrich 103, 220 Hermisson, Hans-Jîrgen 61, 375

Personenverzeichnis

Hiebert, D. Edmond 14, 232, 253, 290, 304, 334 Hofmann, Johann Christian Konrad v. 9, 236 Hofmann, Karl-Martin 367 Holmstrand, Jonas 110, 116, 117, 119, 120, 125, 128, 129, 141, 142, 150, 209, 219 Holtz, Traugott 14, 17, 105, 107, 110, 113, 116, 119, 123, 128, 130, 134, 135, 141, 143–145, 147, 152, 153, 163, 164, 167, 170, 173, 181, 188, 189, 193, 201, 208, 213–215, 219, 222, 226, 232, 235, 240, 243, 244, 251, 253, 254, 256, 261, 267, 271, 276–278, 285–287, 289, 294, 298, 305, 308, 309, 312, 314, 316–318, 328, 330–334, 336, 346, 348, 349, 351–354, 356–358, 360, 361, 363 Horn, Friedrich Wilhelm 13, 136, 196, 286, 287, 298, 306, 309, 310, 312, 314, 316–318, 320, 323, 350, 356, 407, 408 Hîbner, Hans 15, 52, 277, 315, 320, 348 Hughes, Frank W. 103, 120 Irsigler, Hubert 327, 343, 374, 376, 378, 387 Issel, Ernst 1, 2, 15, 19, 20–22, 28, 30, 38, 48, 52, 91, 97, 99, 396, 397 Jeremias, Joachim 188, 264 Jewett, Robert 103, 114, 116, 128, 138, 142, 143, 152, 220, 244, 255, 291, 292, 294, 332, 333, 348–350, 355 Johanson, Bruce C. 103, 108, 110–113, 116, 119, 122, 151, 153, 154, 218, 219 Johnson, Andy 14, 95–97, 291 Jonas, Hans 58, 59 Kaiser, Otto 83, 375, 376, 378, 382, 383, 402

471

Ksemann, Ernst 57, 407, 408 Kellermann, Diether 359, 374, 375 Kertelge, Karl 9, 11, 12 Kim, Seyoon 152, 174, 407 Klaiber, Walter 65, 66, 68, 76, 86, 344 Klassen, William 360, 363, 364, 366, 368 Klauck, Hans-Josef 13, 102, 103, 105, 106, 111, 113, 120, 129, 130, 139, 156, 158, 175, 177, 198–201, 204, 209, 258, 264, 363, 371, 394, 400 Kleinschmidt, Frank 195, 298, 300 Kloppenborg, John S. 168 Klumbies, Paul-Gerhard 137, 372 Koch, Dietrich-Alex 373 Konradt, Matthias 123, 183, 189, 218–220, 225, 233, 237, 253–256, 261–263, 267, 270–272, 286–289, 294, 302, 304, 325, 334, 348, 396 Koole, Jan K. 385, 389 Koskenniemi, Heikki 156, 165, 172, 190 Kçster (Koester), Helmut 106, 107, 109, 111, 112, 133, 135, 150, 162, 169, 194, 202, 223, 260, 298 Kremer, Jacob 366, 368 Krentz, Edgar 145, 151, 206 Kîmmel, Werner Georg 128 Kuss, Otto 11, 64, 233, 367 Kvalbein, Hans 276, 277 Lambrecht, Jan 102, 107, 113, 119, 122, 129, 132, 138, 140, 153, 194, 210, 218, 219, 291, 292, 391 Lanczkowski, Gînter 1, 18, 280 Lang, Friedrich 307, 338 Lattke, Michael 8, 13, 58 Laub, Franz 10, 11, 104, 111, 141, 152, 169, 170, 197, 219, 220, 223, 232, 246, 287, 305, 346, 396 Lindemann, Andreas 104, 111, 264 Lîdemann, Gerd 181, 183, 187, 209

472

Personenverzeichnis

Lîhrmann, Dieter 10, 220, 253, 256, 258, 322 Lîtgert, Wilhelm 181, 187

346, 348, 349, 351, 352, 355–358, 360–363, 369, 371 Murphy-O’Connor, J¤rúme 114, 129, 131, 264

Malherbe, Abraham J. 10, 14, 17, 103, 106, 107, 110, 112, 113, 116, 120, 123, 128, 130, 133–136, 139, 142, 145–154, 156, 158–163, 165–167, 169–172, 174, 175, 178–181, 183, 185, 188–191, 193–195, 197, 200, 202–206, 210, 211, 213–216, 219, 222, 224, 226, 232, 236, 240–246, 251, 256, 260, 261, 266, 276–278, 280, 281, 286, 288, 291, 292, 294, 304, 305, 314, 316, 318, 327–329, 331, 334, 346, 348, 349, 352, 356, 361–363, 365, 368 Marshall, I. Howard 15, 119, 123, 152, 153, 155, 183, 188–190, 200, 214, 220, 222, 226, 236, 243, 244, 260, 277, 286, 291, 292, 305, 306, 316, 318, 334, 343, 348, 353, 356, 360 Marxsen, Willi 14, 68, 226, 232, 319, 334, 335, 349, 356, 358 Maurer, Christian 232, 240, 244, 251, 253, 259, 260, 267–272, 284–286 McGehee, Michael 15, 256, 257, 260, 262, 264, 273, 274 Meeks, Wayne A. 142, 267 Merk, Otto 10, 103, 152, 155, 156, 160, 170, 189, 197, 219, 223, 225, 235, 236, 242, 253, 287, 318 Merklein, Helmut 174, 189, 338 Minear, Paul S. 87–89, 95 Moberly, R.W.L. 94, 379, 381 Molthagen, Joachim 184 Morris, Leon 214, 220, 226, 232, 277, 291, 305, 334, 348, 360 Mîller, Paul-Gerhard 14, 111, 123, 131, 213, 222, 226, 232, 249, 260, 277, 285, 287–289, 305, 314, 316, 328–331, 334–336,

Ngele, Sabine 165, 168 Nauck, Wolfgang 213, 214 Niebuhr, Karl-Wilhelm 105, 215, 216, 283, 284, 286–289, 294, 302, 325, 407, 413 O’Brien, Peter 113, 129, 137, 139–146 Ortkemper, Franz Josef 264, 368 Otto, Eckart 273, 274, 341, 402 Otto, Rudolf 1, 8, 18, 28, 57, 58, 92, 94, 98, 283 Palmer, Darryl W. 142, 152, 153 Pearson, Birger A. 115, 116 Penn, Michael 363, 365 Perella, Nicolas James 365, 367, 371 Pesch, Rudolf 127, 184, 217, 223, 232 Peterson, David 87, 91, 92, 100, 291 Plîmacher, Eckhard 168, 253, 260 Pokorny´, Petr 103, 220 Procksch, Otto 3, 8, 25, 267, 372, 374, 375, 396 Quervain, Alfred de 98, 99

19, 37, 46–51,

Radl, Walter 8, 334, 372, 373 Reese, James M. 14, 15, 111, 120, 226, 232, 260, 277, 286, 291, 334, 348, 358, 363 Reinmuth, Eckart 14, 232, 252, 286, 287, 289, 290, 305, 308 Rensburg, Sarel Petrus Johannes Janse van 6, 10, 47, 51, 52, 86, 396 Richard, Earl J. 14, 15, 116, 122, 129–131, 134, 135, 163, 164, 167, 188, 190, 191, 213, 217, 219, 222, 226, 233, 243, 244, 246, 277, 278, 285, 287, 304, 305, 316, 318, 334, 336, 348, 349, 356, 360, 371

Personenverzeichnis

Riesner, Rainer 128, 130, 152, 153, 166, 169, 184–186, 188, 189, 256, 260 Ringgren, Helmer 335, 375, 376, 389 Rodenberg, Otto 65, 66, 68 Roloff, Jîrgen 102, 114, 184, 218, 219 Schade, Hans-Heinrich 197, 198, 223, 236, 287 Schfer, Klaus 123, 157, 168, 202, 220 Schenke, Hans-Martin 125–127, 140, 217, 223 Schimanowski, Gottfried 152, 220, 226, 294, 298 Schlier, Heinrich 15, 64, 287, 298, 309, 311, 312, 350, 368 Schmiedel, Paul W. 15, 219, 220, 232, 255 Schmithals, Walter 121, 126–131, 152, 181, 183, 190, 191, 217, 223, 291, 327, 333 Schneider, Gerhard 256, 286–288, 348, 432 Schneider, Johannes 276–278 Schnelle, Udo 8, 10, 12, 15, 16 105, 111, 112, 114, 116, 120, 121, 123, 129, 132, 137, 145, 180–182, 185, 187, 190, 193–199, 201, 209, 213, 215, 220, 223, 226, 233, 249, 286–288, 308, 309, 312, 321, 324, 342, 349, 372, 396, 403, 404, 411–413, 427 Schnider, Franz 108, 111, 120, 121, 145, 157, 200 Schoon-Janßen, Johannes 105, 152, 156, 158, 159, 169, 204 Schottroff, Luise 255, 303, 304, 443 Schrage, Wolfgang 10–14, 65, 68, 99, 213–215, 218, 223, 236, 264, 265, 280, 285, 287, 308, 318, 319, 336, 338, 341, 342, 345, 363, 366, 368, 371, 396 Schreiber, Stefan 17, 105, 408 Schreiner, Josef 318, 320, 344

473

Schubert, Paul 107, 112–114, 120, 121, 137–140, 142, 143, 145, 146, 151 Schulz, Siegfried 10, 13, 112, 142, 145, 196, 197, 267, 288, 306, 309, 310, 312, 318, 319, 333, 396 Scoralick, Ruth 374 Seebass, Horst 4, 6, 8, 25, 335, 343, 344, 372, 374, 390 Sjçberg, Erik 321, 344 Snyder, Graydon 121, 123, 152, 223, 298 Sçderblom, Nathan 1, 8, 280 Sçding, Thomas 136, 194, 196, 198, 210, 216, 318, 367 Sthlin, Gustav 364, 367 Stalder, Kurt 3, 6, 18, 19, 52–57, 68, 76, 80, 98, 99, 100, 306, 372 Stendahl, Krister 405, 407, 412 Stenger, Werner 108, 111, 120, 121, 134, 145, 157, 200, 201 Stettler, Hanna 2, 3, 6, 7, 15, 19, 31, 76–81, 85, 86, 91, 100, 232, 233, 249, 253, 290, 304, 334, 336, 341, 343, 348, 395, 399, 400 Still, Todd D. 116, 148, 152 Stott, John 87, 88, 100 Stowers, Stanley K. 137, 160, 175, 177 Strecker, Georg 8–10, 13, 102, 135, 400 Thalheim, Theodor 295, 296 Thraede, Klaus 156, 164, 190, 199, 366–370, 372 Thîr, Gerhard 295, 296 Tomson, Peter J. 168, 169, 257, 287, 298 Ulonska, Herbert

127, 254, 274

Vahrenhorst, Martin 2, 3, 4, 6, 7, 10, 15, 19, 31, 76, 81–86, 100, 152, 161, 230, 253, 254, 258, 262, 267, 288, 298, 304, 310, 341, 348, 393, 396, 398–402 Verhoef, Eduard 220, 232, 253, 258 Vogel, Willy 267

474

Personenverzeichnis

Wanamaker, Charles A. 106, 109, 260 Weima, Jeffrey 15, 152, 200, 218, 220, 223, 251, 260, 291, 292, 365, 366, 368, 372 Weiß, Wolfgang 2, 18, 71, 74–76, 92, 99, 100, 298, 309, 310, 312, 341, 342, 397, 398 White, John L. 112, 139, 140, 208 Whitton, J. 260, 267 Wilckens, Ulrich 64, 135, 193, 311, 350, 368, 391 Wildberger, Hans 376, 389 Williger, Eduard 22–28, 31, 52, 372

Windisch, Hans 361, 365, 367, 371 Wolter, Michael 197, 287, 325 Wuellner, Wilhelm 103, 106, 120, 132, 142, 151 Yarbrough, O. Larry 15, 155, 163, 169, 218, 219, 221–223, 225, 226, 253, 262–266, 270, 286, 291, 298, 305, 308 Zimmerli, Walther 320, 376 Zimmermann, Ruben 42, 144, 273–275, 300

Stellenverzeichnis Altes Testament Genesis 1,3 ff. 2,7 2,18 9,25 f. 15,1 15,4 15,17 17,1 20,3 27,26 f. 29,11 29,13 31,28 31,37 32,1 33,4 38,8 45,15 48,10 49,25 f. 50,1

343 365 259 379 326 326 379 347, 350 269 364 363, 364 364 364 253 364 364 269, 300 364 364 379 364

Exodus 3,4 ff. 4,27 6,6 12,5 15,11 15,13 15,18 18,7 19,3 ff. 19,5 19,6 19,16 19,18 19,20 ff. 20,18

343 364 389 347 374, 375, 376, 378 389 376 364 343 47 47, 339 378 379 343 379

24,16 25,8 28,2 28,36 28,40 29,31 29,45 31,2 f. 35,30 f. 39,30

343 56 276 375 276 386 56 344 344 375

Leviticus 1,1 ff. 1,3 1,10 3,1 3,6 4,3 4,23 5,15 5,18 5,25 9,4 9,6 10,3 10,10 11,44 11,45 11,44 f. 15,31 16,2 16,19 17 – 26 18 18,6 – 18 18,6 – 20 18,11 18,13 f. 18,22

343 347 347 347 347 347 347 347 347 347 81 81 375 81, 304 304, 375 375 339, 359 82 81 304 82, 402 300 288 300 300 300 82

476

Stellenverzeichnis

18,26 19,2 19,13 20,7 20,8 20,26 20,10 – 21 20,26 21 f. 21,8 21,17 – 21 21,23 22,2 22,4 22,7 22,9 22,16 22,19 22,21 22,32 23,12 25,17 25,47 – 55

89 32, 339, 359, 375, 402 243 339, 359, 402 339, 359, 402 339, 359, 402 300 375 53 375 409 402 375 304 304 402 402 347 347 339, 359, 402 347 243 389

Numeri 6,14 6,22 f. 11,17 11,18 11,25 – 29 16,3 16,5 19,20 20,12 f. 21,6 ff. 36,5 – 12

14,2 18,5 18,13 21,5 21,13 22,13 22,22 24,1 22,5 22,13 – 21 22,22 ff. 22,23 f. 23,1 25,5 25,5 – 10 27,20 – 23 27,20 27,22 f. 28,56 29,19 32,4 33,2 33,3 34,9

343 343 347, 343 268, 269 268, 268, 253 303 274 303 300 269 300 288 300 300 283 379 26 335 339, 344

347 379 344 402 344 339 343 304 375 377 296

Josua 3,5 4,20 ff. 7,13 24,19

402 162 402 374, 375, 378

Richter 3,10 4,11 5,4 6,13 6,34 11,29 14,6 14,19 15,14 19,8

344 283 379 162 344 344 344 344 344 348

Ruth 1,9 1,14 4,5 4,10

364 364 268 269

Deuteronomium 4,9 162 4,37 343 6,7 162 6,20 – 25 162 7,6 343 7,7 343 7,8 343 8,15 377 10,15 343 11,19 162

350 269 269 269

340

477

Stellenverzeichnis

1. Samuel 2,2 2,9 2,28 3 4,1 5,5 6,19 f. 6,20 10,1 10,6 10,10 15,10 16,5 16,13 19,20 19,23 20,41 21,6

374, 375 340 343 343 326 283 374 374, 375 364 344 344 326 402 344 344 344 364 261

2. Samuel 14,33 15,5 18,23 19,40 20,9 22,26 22,30 24,11

364 364 283 364 364 26, 340 283 326

1. Kçnige 3,8 6,11 8,13 8,27 8,44 8,48 11,13 11,32 11,36 12,22 13,20 14,21 16,1 17,2 17,8 18,1 19,9

343 326 377 377, 379 343 343 343 343 343 326 326 343 326 326 326 326 326

19,18 19,20 21,17 21,28

364 364 326 326

2. Kçnige 18,4 19,22 20,4 21,7 23,27

377 375 326 343 343

1. Chronik 15,12 402 17,3 326 22,8 326 2. Chronik 6,41 11,2 12,7 15,1 23,6 24,20 29,5 30,17 30,19 32,33

340 326 326 344 339 344 402 304 304 276

Nehemia 1,9 9,7 11,1 11,18 13,22

343 343 341 341 304

Ester 3,13 4,17 5,2 8,12

346, 347 364 364 346

Hiob 1,1 1,8 2,3 4,17 5,1

346, 346, 346, 346, 335

347 347 347 347

478

Stellenverzeichnis

6,10 9,11 9,20 11,4 12,4 14,5 15,14 15,15 22,3 22,19 31,27 33,9 37,22 38,11 40,10

375 283 346, 346, 346, 283 346, 335 346, 346, 363, 346, 277 283 277

Psalter 2,11 4,4 8,6 11,4 12,2 16,3 16,4 16,7 17,25 17,30 18,8 18,9 18,14 18,26 22,4 22,23 24,1 24,7 24,7 f. 29,1 29,1 f. 29,3 – 5 29,10 29,5 30,5 33,12 33,21 34,10 34,12 35,18 37,28

364 340 277 386 340 335, 339 380 208 468 283 379 379 378 340 375 208 376 376 377 277 376 378 376 350 340 343 375 339 162 208 340

347 347 347 347 347 347 364 347

40,10 44,2 46,5 46,7 47,5 47,8 f. 51,6 51,11 51,13 51,16 f. 51,17 51,21 52,11 63,4 63,4 65,5 68,9 69,31 71,22 71,23 74,1 74,2 77,16 77,18 f. 77,19 78,3 – 7 78,41 78,68 80,5 85,11 89,6 89,6 – 9 89,8 89,19 89,36 93,3 95,2 95,6 96,7 96,9 f. 96,12 97,10 99 99,1 – 3 99,5 99,9 100,4 102,20

380 162 386 378 343 376 320 320 320, 321, 344 321 380 321 340 380 380 386 379 208 375 380 379 389 389 378 379 162 375 343 379 364 335 378 335 375, 376 375 379 208 350 277 376 350 340 65, 376 376 375 375 208 386

479

Stellenverzeichnis

103,1 104,32 105,3 106,10 106,16 106,47 109,30 111,9 112,8 113,1 117,1 119,13 119,171 119,164 132,13 135,1 135,4 138,2 139,14 142,8 144,5 145,2 145,21 146,1 146,2 147,12 148,1 – 4 150

375 379 375 389 339 375 208 375, 378 348 208 208 380 380 208 343 208 343 208 208 208 350, 379 208 375 208 208 208 208 208

Sprîche 1,5 1,14 3,31 5,15 – 18 7,13 9,10 10,3 13,1 16,22 17,16 17,21 18,15 19,8 22,9 24,26 31,2 31,29

272 272 272 262 363 335, 375 375 162 272 272 272 272 272 272 363 379 272

Hohelied 1,2 8,1

363 363

Jesaja 1,3 1,4 1,24 2,12 2,13 2,14 3,19 – 21 4,3 4,5 5,16 5,19 5,24 6 6,1 6,1 – 4 6,1 – 7 6,2 6,3 6,3 – 5 6,5 6,6 6,6 f. 6,7 6,8 ff. 6,9 f. 6,10 – 13 6,13 7,17 8,13 8,18 9,1 10,17 10,20 11,2 12,1 12,6 13,2 13,8 14,29 17,7 19,1 24,20 24,21 – 23

272 375, 388 385 385 385 387 339 379 375, 375, 375, 343, 376, 379, 375, 377 373, 65 379, 377 379, 380 380 392 387 382 392 378 386 392 375, 375, 344 208 375, 385 374 377, 375, 379 379 387

382

382 382 382 376, 382, 385, 387 379, 380, 385 382 385, 386, 387, 388 379 380, 381, 386, 392 380

381, 382 382 382 378 382

480 26,13 29,6 29,13 29,16 29,19 29,22 29,23 30,6 30,9 30,11 f. 30,15 31,1 32,18 33,5 33,10 33,17 – 24 33,22 33,24 35,2 35,9 37,16 37,23 38,4 40 40 ff. 40 – 66 40,1 40,1 – 8 40,25 40,26 40,28 41,4 41,8 41,9 41,14 41,16 41,20 41,21 42,1 42,5 42,5 f. 42,6 43,1 43,3 43,10 43,14 43,14 f. 43,15

Stellenverzeichnis

268, 378 392 260 375, 389 375, 377, 392 375 375, 375 392 377, 385 387 388 392 277 389 387 375, 326 343 173 174 173, 387 375 343 383, 343 343 343 375, 375 375 387 344 388 392 343 343, 375 343 375, 382, 375,

270, 380

382 378 378 382, 388 386

385

392

388

383, 389

387, 389 382, 388, 389 388 387, 388

43,16 382 44,1 343 44,2 343 44,3 344 44,6 387, 388, 389 44,22 389 44,23 389 44,24 388, 389 45,3 f. 343 45,9 260 45,10 389 45,11 375, 388 47,4 375, 388, 389 48,2 341 48,14 f. 343 48,15 343 48,16 344 48,17 375, 388, 389 48,20 389 49,1 173, 343 49,4 173 49,7 173, 375, 388, 389 49,8 392 49,14 – 16[-22] 389 49,15 389 49,22 385 49,26 388, 389 50,5 – 7 173 51,2 343, 389 51,4 392 51,7 392 51,10 389 52,3 389 52,1 341 52,7 387 52,9 389, 392 52,13 385 54,1 268, 269 54,5 375, 383, 388, 389 54,6 343 54,8 389 55,5 375 57,13 386 57,14 384 57,15 374, 375, 384, 385, 386, 387, 388 57,16 ff. 387 59,3 389

481

Stellenverzeichnis

59,17 59,20 59,21 60,9 60,14 60,16 60,21 61,1 62,4 f. 62,5 62,12 63,3 63,7 – 64,11 63,8 63,9 63,10 63,10 f. 63,11 63,14 63,16 63,18 64,7 64,8 64,9 65,5 65,18 f. 66,1 66,9 66,11 – 13

374 389 344 375, 375 389 392 344 389 268 389 389 389 389, 343, 344 320 321, 392 388, 392 260, 392 341 375, 392 387 389 389

Jeremia 1 1,2 1,4 1,11 1,13 2,1 2,3 5,22 7,1 7,4 7,13 9,13 10,13 11,1 13,3 13,8 14,1

343 326 326 326 326 326 339 283 326 379 343 162 378 326 326 326 326

388

392 389 344, 392 389 389 379

16,1 18,1 18,5 20,9 21,1 22,29 24,4 25,1 26,1 27,1 28,12 29,30 30,1 31,2 – 4 31,9 31,33 32,1 32,6 32,26 33,1 33,19 33,23 34,1 34,8 34,12 35,1 35,12 36,1 36,27 37,6 40,1 42,7 43,8 44,1 46,1 47,1 49,34 50,29 51,5

326 326 326 333 326 379 326 327 327 327 327 327 327 343 389 318, 320, 321 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 375 375

Ezechiel 1,3 2 2,2 3,16 3,24 6,1 7,1

327 343 344 327 344 327 327

482 9,3 11,5 11,14 11,14 – 21 11,19 11,19 f. 12,1 12,8 12,17 12,21 12,26 13,1 14,2 14,12 15,1 16,1 16,8 – 14 17,1 17,11 18,1 18,31 20,2 20,39 21,1 21,6 21,13 21,23 21,32 22,1 22,17 22,23 22,26 22,27 23,1 24,1 24,20 24,15 25,1 26,1 26,10 26,15 27,1 28,1 28,11 28,20 28,22 28,25 29,1

Stellenverzeichnis

335 344 327 320 316, 318, 344 320 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 343 327 327 327 316, 344 327 375 327 327 327 327 379 327 327 327 304 283 327 327 327 327 327 327 378 378 327 327 327 327 375 375 327

29,17 30,1 30,12 31,1 32,1 32,17 33,1 33,23 34,1 35,1 36,16 36,20 36,22 36,23 36,23 ff. 36,26 36,26 f. 36,27 37,1 37,6 37,12 – 14 37,14 37,15 37,15 – 28 38,1 38,23 39,7 39,25 39,29 43,8 44,23 46,20

327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 327 375 375 375 320 316, 344 316, 318 64, 79, 316, 320, 344 327 316, 318 320 64, 79, 316, 318, 344 327 54 327 375 375 375 344 375 304 339

Daniel 2,23 2,37 3,28 4,5 4,6 4,10 4,15 4,30 5,11 5,18 7,10 7,18 7,21 7,22

208 276 341 375 375 335 375 276 375 276 335 338, 340 338, 340 338, 340

483

Stellenverzeichnis

7,25 7,27 8,24 8,25 9,24 12,7 12,12

338, 340 338, 340 340 338 341 340 188

Hosea 1–3 1,1 2,8 2,11 2,16 11,2 11,4 11,9 12,1 13,2

343 327 343 343 343 343 343 374, 375 335, 340, 375 363

Joel 1,1 3,1 3,1 f. 3,1 – 5 3,2 3,5 4,17

327 344 316, 318, 320 320 344 343 341

Amos 1,2 2,7 4,2 9,1

378 374, 375 374, 375 377, 379

Jona 1,1 3,1 Micha 1,1 3,8

6,9 7,18

343 283

Nahum 1,2

379

Habakuk 1,12 2,9 3,3

375 283

Zephanja 1,1 3,17

327 343

Haggai 1,1 1,3 2,1 2,5 2,10 2,20 2,32

327 327 327 344 327 327 343

327 327

Sacharja 1,1 1,7 3,2 4,8 6,9 7,1 7,4 7,8 8,1 8,18 12,10 13,2 14,5

327 327 343 327 327 327 327 327 327 327 344 319 335, 336

327 344

Maleachi 1,2 3,1

343 335

Neues Testament Matthus 1,19

302

4,5 5,18

341 187

484

Stellenverzeichnis

5,20 5,26 5,32 5,33 – 37 5,47 10,9 10,12 f. 11,16 – 19 12,29 13,41 15,1 – 9 15,2 15,3 16,27 18,19 19,9 22,29 22,30 23,6 f. 24,31 24,37 – 39 25,31 26,48 26,49 27,6 27,9 27,29 27,53 28,9

187 187 288 70 370 272 370 90 253 336 409 283 283 336 284 288 329 273 362 336 274 336 364 364 276 276 364 341 370

Markus 1,40 – 45 1,24 2,15 – 17 2,23 – 28 3,1 – 5 3,27 5,1 – 20 5,25 – 34 5,34 7,1 – 13 7,15 7,21 f. 7,22 8,38 10,15 12,24 12,25

90 373 90 409 409 253 90 90, 409 370 409 66 288 283 336 187 329 273

13,27 14,44 14,45 15,18 f. 16,8

336 364 364 364 4

Lukas 1,1 1,6 1,35 1,40 f. 1,44 f. 3,2 4,34 4,14 7,31 – 35 7,38 7,45 7,50 8,48 9,3 9,26 10,5 f. 10,8 f. 10,21 10,29 – 37 11,43 14,13 14,21 15,11 – 32 15,20 17,26 f. 18,12 19,7 – 10 20,35 20,46 21,19 22,47 22,48 24,36 24,49

284 346, 373 370 370 327 373 329 90 364 364 370 370 236 336 370 69 331 409, 362 409 409 90 364, 274 257, 90 273 362 268, 364 364 370 329

Johannes 6,39 6,40 6,69 11,19 11,31

239 239 370 173 173

347

410

370 271

270, 272

485

Stellenverzeichnis

15,13 – 15 17,11 20,17 20,19 – 26 20,19 20,21 20,26 20,22 21,23

168 370 168 370 370 370 370 365 168

Apostelgeschichte 1,8 329 1,25 283 3,21 373 4,31 373 4,34 276 5,2 276 5,3 276 5,4 284 5,32 373 5,41 331 7 89 7,16 276 7,19 243 7,54 – 60 184 7,55 373 8,10 329 9,1 184 9,11 153 9,15 257, 10,22 336, 10,38 329, 12,1 – 3 184 13,50 184 13,52 331 14,5 f. 184 14,19 184 15,8 373 15,20 288 15,29 288 16,16 – 24 184 16,25 331 16,36 370 17,4 166, 17,5 – 9 184 17,4 166 17,14 185 17,24 377

18,22 19,19 20,28 20,37 21,25 21,39 22,3 22,4 f. 26,10 28,10 Rçmer 1,1 1,2 1,4 1,6 1,7

259, 260 373 373

256

1,8 f. 1,10 1,13 1,16 1,17 1,21 1,24 1,25 1,29 1,29 – 31 1,32 2–6 2,1 2,2 2,3 2,7 2,10 2,11 2,13 2,18 2,23 2,25 2,29 3,25 3,27 3,31 4 4,4 4,10 4,13

39 276 373 364 288 153 153 184 184 276 339 5 5, 40, 315, 350 339 5, 21, 32, 337, 338, 339, 344, 373 129 249 121, 157 329 21 146 85 390, 391 283, 284 288, 293 284 167 284 284 284 276, 277, 278, 279, 280 276, 277, 278, 279, 280 276 311 249 283 284 311 400 311 311 299 311 311 243, 311

486 4,17 4,15 4,19 4,21 4,23 f. 5,3 5,5 5,6 5,8 5,10 5,12 – 21 5,14 5,15 6 6–8 6,1 ff. 6,1 – 11 6,5 6,11 f. 6,14 6,15 6,15 – 23 6,19 6,19 – 22 6,22 7 f. 7,4 7,7 7,12 7,13 7,15 7,15 – 25 7,19 8 8,1 ff. 8,1 – 16 8,1 – 17 8,3 8,4 8,9 8,11 8,23 8,27 8,28

Stellenverzeichnis

306 283 246 328 311 331 5, 40, 126, 315, 316, 318, 373 306 246, 306 306 299 283, 311 311 11, 44, 48, 66 43 10 213 311, 312 55 311 34, 311 19, 100 5, 9, 10, 11, 13, 15, 22, 29, 33, 235, 304, 305, 306, 325, 397 36, 67 5, 9, 10, 11, 13, 15, 29, 235, 342 36, 81, 98 166 311 5 311 284 33 284 33, 48, 50, 98, 317, 332 40 53 56 f. 246 22, 311, 397 84, 311 84 126, 341 5, 21, 337 339

8,30 8,37 9,1 9,3 9,5 9,7 9,11 9,12 9,17 9,18 9,21 9,22 9,22 f. 9,24 9,25 9,26 10,16 11,7 11,16 11,20 11,28 f. 11,33 ff. 12 – 15 12,1 12,1 f. 12,2 12,3 12,8 12,9 f. 12,10 12,13 12,15 12,19 13,4 13,5 13,6 13,7 13,8 13,10 13,11 13,11 f. 13,12 13,13 14,5 14,7 14,8 14,13 14,14

306 311 5, 40, 315 84 391 306 284, 343 306, 311 238 249 276, 280 249 260 306, 311, 343 306 306 311 121, 238 5, 84 311 343 128 112 5, 55, 213, 373, 400 66, 67, 85 249, 311 311 4 168 276 5, 337 236, 311 311 284 311 238 276 357 357 182 182 213 288, 293, 299 328 373 182 238, 243 66

Stellenverzeichnis

14,17 14,20 15 15,1 – 3 15,13 15,14 15,14 – 29 15,14 – 33 15,16 15,19 15,25 15,26 15,28 15,31 15,32 16,2 16,15 16,16 16,20

5, 40, 315, 331 4 5 67 5, 40, 315, 316, 329, 331, 373 166 199, 201 200 5, 40, 55, 126, 315, 325, 329, 337, 373, 400 3 5, 337 5, 337 238 5, 337 249 5, 21, 284, 285, 337 5, 337, 339 5, 21, 361, 362, 368 182

1. Korinther 1,1 249, 338, 339 1,2 5, 21, 29, 75, 337, 338, 339, 344 1,4 – 7 129 1,7 – 8 12 1,9 306, 307 1,11 166 1,16 121 1,17 311 1,18 329 1,22 f. 413 1,24 329, 339 1,30 5, 9, 10, 15, 26, 29, 30, 41, 75, 79, 235, 403 2 317, 332 2,4 311, 329 2,5 311, 329 2,12 32, 311 2,12 f. 21 2,13 3, 32, 311 2,14 338 3,1 311 3,6 311 3,12 – 15 12 3,16 317

3,16 f. 3,17 4,2 4,13 4,14 4,14 f. 4,14 – 21 4,16 4,19 4,20 5 5 f. 5,1 5,1 ff. 5,1 – 13 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 – 8 5,7 f. 5,8 5,9 ff. 5,9 – 11 5,10 5,10 f. 5,11 6 6 f. 6,1 6,1 – 3 6,1 – 11 6,2 6,7 f. 6,8 6,9 f. 6,9 – 11 6,10 6,10 f. 6,11 6,12 6,12 – 20 6,14 6,19 6,20

487 60, 61, 62, 400 5, 29, 41, 66, 373 121 84 311 157 200 157 249, 329 311, 329 60, 289, 325 289 288 275 60 284 202 329 85 400 84 311 243 288, 293 283 284, 292 283, 325 5, 33, 60 3 5, 60, 284, 285, 337, 339 187 60, 289 5, 43, 337, 339 284 311 288, 293, 325 60 283 284 5, 40, 41, 60, 61, 75, 79, 126, 210, 311, 318 311 60, 64, 289 329 5, 21, 40, 41, 60, 61, 62, 66, 315, 317 276, 280

488 7 7,1 7,1 ff. 7,1 – 7 7,2 7,2 ff. 7,2 – 5 7,3 7,3 – 5 7,4 7,5 7,7 7,7 f. 7,8 f. 7,9 7,10 7,11 7,12 7,14 7,15 7,17 7,17 – 24 7,18 7,20 7,21 7,22 7,23 7,24 7,26 7,26 – 34 7,29 7,34 7,35 7,36 7,36 – 38 7,37 7,37 f. 7,38 7,39 7,40 8 – 10 8,6 8,7 9,1 9,2 9,5 9,12 9,13

Stellenverzeichnis

254, 265, 267, 308 264 264 256 246, 265, 266, 267 265 267 265 267 311 265 265 265 265 265 311 265 121 5, 26, 69, 126, 365 306, 308 306 265 306 306, 308 306, 311 306 276, 280 306, 308 264, 265 274 121, 182, 238, 264 5 311 265 253 238 246 265 182 265 60 160 311 265 311 121 311 4, 400

9,17 10,5 10,11 10,14 – 22 10,12 10,23 10,33 – 11,1 10,27 10,29 11,1 11,26 11,27 – 34 11,29 11,30 11,33 11,34 12 12,1 – 3 12,3 12,18 12,22 12,23 12,24 12,25 13,10 14 14,16 – 18 14,22 14,33 14,39 15,6 15,9 15,18 15,22 15,23 15,29 15,35 15,37 15,40 15,50 15,51 15,58 16,1 16,5 – 12 16,15 16,17 16,20

284 311 182 400 45 311 169 306 311 157 371 394 394 182 166 121, 394 317, 332 332 5, 40, 315 249 311 276 276, 280, 311 311 200 123, 333 146 311 5, 21, 337, 339 166 182, 183 306 182 400 201 182 311 121 311 238 182 166, 249 5, 337, 339, 341 199, 201 5, 39, 337 201 5, 21, 361, 362, 365, 367, 368

489

Stellenverzeichnis

16,20 – 24 16,21 16,22 2. Korinther 1,1 1,9 1,12 1,13 1,14 1,22 2,1 2,3 2,5 2,11 2,14 – 16 3 3,3 3,6 3,15 3,18 4,3 4,7 4,15 5,1 – 10 5,5 5,10 5,17 5,21 6,6 6,7 6,10 6,14 – 7,1 6,16 7,1 7,2 7,4 7,6 f. 7,7 7,11 8,2 8,4 8,5 8,8 8,13 8,23 9,1

368 368 182, 368 5, 249, 337, 339 311 3, 4, 36, 311 367 12 126, 318, 341 243, 245 237 311 283, 302 400 317, 332 311 39 367 39 135 257, 259 146 182 318, 341 284 403 403 5, 315 329 331 36 41, 66 4, 5, 26, 28, 36, 342, 350 283 331 201 331 4, 238, 284 4, 331 5, 39, 337, 341 249 311 311 166 5, 39, 337, 341

9,6 238 9,8 36 9,11 4 9,11 f. 146 9,12 5, 39, 337, 341 9,13 4 10,2 202 10,7 238 10,10 190, 201 10,11 202, 238 11,2 4 11,3 4 11,7 135 11,9 202 11,31 391 12,13 121 12,14 – 13,10 201 12,14 – 13,13 200 12,17 283 12,18 283 12,20 f. 288, 293 12,21 284, 288, 305 13 5 13,2 121, 202, 339 13,4 329 13,9 238 13,10 202 13,11 121 13,12 5, 21, 337, 361, 362, 367, 368 13,13 5, 40, 315 Galater 1,1 1,2 1,4 1,6 1,8 1,11 1,12 1,13 1,15 1,21 1,22 2,10 2,13 2,14 2,16

311 78 78, 249 306, 307, 308 311 135 311 78 173, 306, 307 183 133 238 121 311 406

490

Stellenverzeichnis

2,19 f. 3,1 ff. 3,2 – 5 3,5 3,12 3,17 3,19 3,22 3,26 – 28 3,27 – 29 4,1 f. 4,5 4,6 4,7 4,8 4,12 – 20 4,14 4,17 4,18 4,20 4,21 – 31 4,23 4,29 4,30 5 5,1 5,1 ff. 5,6 5,8 5,13 5,13 – 26 5,14 5,15 5,19 5,19 – 21 5,21 5,22 5,23 5,24 f. 5,25 6,17

78 79 78 329 311 238 283 311 403 78 311 78 78, 318 311 311 200 311 311 202 202 299 311 311 311 317, 332 213 78 79, 311 306 305, 306, 311, 312 79 357 79, 85 288 288, 293 284 40, 331 357 75 10, 321 121

Epheser 1,4 1,13 1,15 2,10 3,4

342 40 339 36 367

3,8 3,16 3,18 4,1 4,17 4,19 4,30 5,3 5,3 f. 5,5 5,18 – 21 5,25 5,27 6,5 6,18

39, 339 40 39, 339 213 238 288, 468 40 283, 284, 288, 292 146 283, 288, 289, 292 146 41 342 4 339

Philipper 1,1 1,3 – 8 1,6 1,9 1,10 1,13 1,17 1,18 1,20 – 24 1,25 1,26 1,27 – 2,18 2,3 2,12 2,13 2,16 2,15 2,17 2,19 – 24 2,19 – 30 2,27 3,1 3,2 – 14 3,2 – 21 3,6 3,8 3,15 3,16 3,17 3,20 4,1

5, 21, 337, 339 129 182, 237, 238 238 182 121 4 311 182 238 201 f. 67 311 36, 201 f. 36 182 4, 346, 347, 400 311, 331 200 201 311 121, 166 411 85 4, 346, 347 311 238 236 157 182 166

Stellenverzeichnis

4,3 4,5 4,6 4,7 4,8 4,9 4,21 4,21 f. 4,22

121 182 146 348 4, 121 284 5, 337, 339, 360, 369 362, 372 5, 337, 339

Kolosser 1,3 – 8 1,4 1,7 f. 1,9 – 12 1,12 1,22 1,24 1,26 2,1 2,5 2,6 f. 3,3 – 5 3,5 3,9 – 12 3,12 3,14 – 17 3,22 4,2 f. 4,13 4,15 4,16 4,18

146 21, 339 362 146 21 27, 342 331 21 362 362 146 213 243, 283, 288, 289, 293 213 21, 32 146 4 146 4, 362 362 362, 367 362

1. Thessalonicher 1 f. 129 1–3 102, 104, 112, 113, 117, 125, 132, 134, 138, 141, 145, 150, 160, 171, 194, 203, 205, 207, 208, 215 1,1 17, 104, 110, 133, 138, 338, 360, 361, 403 1,1 – 5 138 1,1 – 10 103, 127 1,1 – 2,12 126, 127, 129 1,1 – 2,14 152 1,1 – 3,13 136, 143

1,2 1,2 f. 1,2 ff. 1,2 – 5 1,2 – 6 1,2 – 7 1,2 – 10 1,2 – 2,12 1,2 – 2,16 1,2 – 3,10 1,2 – 3,13

1,3 1,3 – 10 1,3 – 3,13 1,4 1,4 f. 1,4 – 10 1,5

1,5 f. 1,5 ff. 1,6

1,6 f. 1,6 – 9 1,6 – 10 1,6 – 2,12 1,6 – 3,13 1,7 1,7 f. 1,8

491 110, 111, 114, 115, 118, 144, 326 118, 133, 159 128, 191, 208 138 159 119 104, 110, 111, 114, 116, 118, 127, 129, 157, 177 104, 118, 129 116, 176 103 102, 103, 104, 108, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 118, 119, 120, 121, 122, 124, 125, 129, 137, 138, 142, 143, 176, 199, 200 78, 117, 134, 143, 144, 159, 160, 174, 193, 194, 196, 204, 293, 402 113 103, 213 78, 115, 117, 133, 143, 147, 158, 159, 166, 167, 319, 326, 328, 330, 342 210 118 5, 6, 7, 114, 115, 134, 135, 143, 147, 157, 196, 311, 314, 315, 326, 328, 330, 331, 332, 333, 342, 393 78, 147, 332, 334 119 5, 6, 7, 40, 78, 114, 115, 134, 135, 143, 148, 149, 157, 172, 197, 314, 315, 326, 327, 328, 330, 331, 332, 333, 393 131, 145, 149, 196 130 172 113, 114, 137 114, 138 114, 331 362 114, 134, 147, 311, 402

492 1,9 1,9 f. 1,10 2,1 2,1 f. 2,1 – 4 2,1 – 5 2,1 – 6 2,1 – 8 2,1 – 12

2,1 – 20 2,1 – 3,13 2,2 2,2 f. 2,2 ff. 2,2 – 6 2,2 – 14 2,3 – 6 2,3 – 8 2,3 f. 2,4 2,4 f. 2,5 2,5 f. 2,5 – 7 2,7 2,8 2,8 f. 2,9 2,9 f. 2,9 – 11 2,9 – 13 2,10

Stellenverzeichnis

114, 115, 119, 134, 166, 186, 196, 402 143, 147, 152, 180, 186, 194, 226, 227, 228, 325, 395 115, 134, 160, 180, 186, 189, 193, 194, 222, 319, 345 103, 111, 114, 115, 117, 118, 119, 192 147, 152, 158 172 149 149, 173 118 104, 105, 114, 116, 118, 119, 127, 131, 147, 148, 152, 153, 155, 159, 161, 166, 169, 191, 198, 200, 205, 328 118 105, 111, 112 134, 135, 143, 147, 159, 172, 184, 328 173 128 147 113 152 174 311 134, 135, 143, 147, 151, 206 135 134, 147, 152, 158 293 164 134, 153, 157, 163, 170, 311 159, 162, 169 134, 135, 143 117, 134, 147, 159, 163, 191 78 152 118 4, 16, 131, 132, 134, 135, 152, 206, 342, 346,

2,11 2,11 f. 2,12

2,12 f. 2,13

2,13 f. 2,13 ff. 2,13 – 16 2,13 – 3,8 2,13 – 3,13 2,13 – 4,2 2,14 2,14 f. 2,14 – 16 2,15 2,15 f. 2,16 2,17 2,17 f. 2,17 – 20 2,17 – 3,2 2,17 – 3,4 2,17 – 3,5 2,17 – 3,6 2,17 – 3,8 2,17 – 3,10 2,17 – 3,13 2,17 – 4,1 2,18 2,18 f. 2,19

347, 349, 350, 351, 359, 402 147, 157, 158 157, 160, 293 14, 78, 128, 131, 134, 135, 149, 160, 167, 173, 193, 195, 196, 233, 246, 306, 310, 318, 339, 342, 344 206 78, 110, 111, 114, 115, 117, 127, 128, 129, 131, 133, 134, 135, 141, 143, 144, 147, 311, 342, 345, 402 131, 157, 177, 208 128 104, 115, 116, 118, 119, 126, 127, 149, 172 118 104, 105 127, 129 78, 115, 117, 127, 133, 143, 145, 171, 184, 197, 338, 403 172 116, 118, 129, 149, 330, 413 206 115, 116, 127, 151 125, 151, 222 117, 118, 130, 157, 159, 161, 164, 200 115, 157 118, 127 126 126, 127, 128 141 118 114, 137 176, 200 104, 116, 129, 159, 200, 201 127 17, 200 115 143, 144, 174, 189, 194, 195, 196, 201, 202, 345

Stellenverzeichnis

3 3,1 3,1 ff. 3,1 – 5 3,1 – 8 3,1 – 13 3,2 3,2 – 5 3,3 3,3 f. 3,4 3,5 3,5 – 11 3,6 3,6 f. 3,6 – 8 3,6 – 9 3,6 – 10 3,7 3,7 – 13 3,8 3,9 3,9 f. 3,9 – 13 3,10 3,10 f. 3,10 ff. 3,11 3,11 ff. 3,11 – 13 3,11 – 4,2 3,12 3,12 f. 3,13

125, 130 134 115 127 118 118 134, 135, 143, 172, 402 113, 200 172, 197, 198, 243, 244 158, 172, 197 192 17, 127, 131, 157, 179, 192, 402 126 78, 170, 293, 345 159 113 200 119, 126, 127, 128, 222 117, 159, 172, 402 118 134, 192, 403 115, 117, 133, 143, 144, 157, 192 110, 112 111, 118, 177 78, 96, 115, 133, 190, 191, 192, 200, 356 190, 191 190 134, 160, 171, 190, 191, 355, 356 128, 208 103, 115, 121, 126, 127, 128, 131, 141, 208, 216, 355 129 134, 136, 143, 159, 170, 191, 195, 216, 345, 352, 353 78, 115, 142, 144, 191, 195, 210, 345, 352, 353, 357, 358 4, 5, 6, 7, 13, 15, 16, 27, 85, 110, 114, 125, 134, 143, 160, 176, 189, 191, 193, 194, 195, 196, 199, 201, 203, 211, 212, 215,

4 4 f.

4,1

4,1 f.

4,1 ff.

4,1 – 8

4,1 – 12

4,1 – 5,11 4,1 – 5,22 4,1 – 5,24 4,1 – 5,25

493 216, 226, 228, 237, 314, 318, 322, 324, 334, 335, 336, 345, 348, 349, 350, 352, 359, 393, 395 5, 11, 13, 125, 131, 150, 172, 196, 214, 248 13, 16, 102, 104, 112, 121, 126, 129, 132, 145, 148, 160, 171, 203, 223, 275 16, 59, 103, 104, 110, 111, 112, 120, 121, 122, 127, 135, 136, 147, 154, 172, 176, 191, 192, 195, 199, 202, 205, 206, 209, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 220, 221, 224, 229, 230, 237, 247, 293, 403 16, 78, 122, 124, 147, 194, 210, 211, 215, 217, 219, 220, 222, 224, 226, 227, 228, 229, 231, 237, 239, 291 13, 102, 112, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 128, 132, 135, 136, 142, 143, 162, 178, 190, 191, 192, 195, 199, 209, 210, 213, 216, 224, 228, 334, 357 7, 16, 19, 22, 68, 74, 96, 100, 102, 108, 124, 127, 202, 203, 209, 211, 212, 216, 217, 223, 228, 244, 314, 334, 352, 357, 358, 372, 393, 394 14, 78, 102, 122, 124, 151, 155, 177, 178, 180, 193, 202, 216, 217, 218, 219, 220, 227, 228, 402 104, 105, 111, 219, 227 102, 103, 104, 105, 112, 119, 122, 124, 125, 137, 202, 220 102, 103, 104, 108, 111, 116, 123, 176, 194, 210 122, 125

494 4,2

4,2 – 12 4,3

4,3 f. 4,3 ff. 4,3 – 5 4,3 – 6

4,3 – 7 4,3 – 8

4,3 – 12 4,3 – 5,28

Stellenverzeichnis

14, 122, 125, 127, 131, 136, 158, 211, 218, 220, 221, 228, 230, 237, 247, 403 10, 127 5, 7, 9, 10, 11, 13, 14, 15, 17, 22, 26, 28, 33, 66, 74, 85, 131, 132, 135, 196, 209, 211, 215, 219, 221, 225, 226, 228, 230, 231, 233, 234, 235, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 247, 248, 249, 251, 252, 254, 255, 271, 274, 279, 280, 281, 284, 288, 290, 291, 291, 292, 294, 299, 300, 304, 313, 317, 322, 323, 358, 397 13, 26, 27, 256, 342 16, 66, 123, 131, 190, 191, 217, 226, 237, 334, 397 282 229, 230, 232, 233, 239, 241, 242, 244, 246, 247, 248, 251, 254, 291, 293, 295, 301, 303, 354 14, 22, 29, 132, 137, 333, 353, 354, 397, 398, 399 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 59, 64, 67, 76, 122, 123, 124, 126, 131, 210, 211, 212, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 248, 252, 255, 256, 267, 273, 275, 276, 281, 291, 292, 293, 294, 298, 303, 314, 315, 317, 321, 322, 324, 325, 334, 350, 356, 358, 360, 363, 394, 397, 401, 402 194, 210 127, 129

4,4

4,4 f. 4,5

4,6

4,6 – 8 4,7

4,7 f. 4,7 – 9 4,8

5, 7, 14, 15, 17, 22, 68, 74, 85, 131, 211, 219, 224, 225, 230, 231, 233, 234, 235, 240, 241, 242, 243, 244, 246, 247, 251, 252, 253, 254, 255, 257, 259, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 270, 271, 272, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 282, 284, 291, 292, 323, 355, 358, 398 272, 302 135, 151, 158, 178, 225, 228, 230, 231, 240, 242, 243, 246, 247, 265, 271, 272, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 281, 297, 298, 299, 300, 303, 304, 325 12, 131, 147, 151, 196, 220, 221, 222, 224, 225, 228, 230, 231, 239, 241, 242, 243, 244, 246, 247, 248, 251, 252, 253, 254, 255, 272, 274, 276, 279, 281, 282, 283, 284, 285, 290, 291, 292, 293, 294, 298, 299, 300, 302, 303, 305, 322, 394, 396 247, 292 5, 7, 12, 13, 14, 15, 17, 22, 26, 30, 33, 75, 85, 135, 196, 211, 219, 230, 231, 235, 236, 247, 248, 252, 291, 292, 293, 304, 305, 306, 310, 311, 312, 313, 318, 322, 323, 339, 342, 344, 358 64, 131 206 5, 6, 7, 8, 10, 12, 17, 60, 64, 79, 85, 135, 151, 196, 211, 212, 214, 217, 218, 219, 225, 228, 230, 231, 248, 252, 291, 293, 298, 299, 300, 303, 305, 311, 314, 315, 316, 317, 319, 320, 321, 322, ;

Stellenverzeichnis

4,8 f. 4,9

4,9 f. 4,9 ff. 4,9 – 12

4,9 – 13 4,9 – 18 4,9 – 5,11 4,10 4,10 – 12 4,11 4,11 f. 4,12 4,13 4,13 f. 4,13 ff. 4,13 – 15 4,13 – 17 4,13 – 18

4,13 – 5,5 4,13 – 5,11 4,14 4,14 f. 4,14 – 17 4,15 4,16

324, 326, 329, 330, 333, 334, 342, 393 136, 210 78, 126, 136, 147, 168, 170, 181, 196, 211, 216, 217, 217, 218, 222, 223, 225, 291, 293, 315 126, 157, 160, 170 143, 211, 217, 219 16, 68, 122, 123, 124, 127, 160, 168, 217, 218, 219, 220, 222, 227, 228, 229, 399 172 127 219 13, 122, 126, 147, 154, 172, 176, 205, 210, 217, 218, 291 220, 225 144, 147, 159, 218, 221, 222, 284, 323 178, 193, 196 168, 178, 218, 225, 290, 325 121, 123, 143, 144, 174, 179, 186, 187, 195, 207, 218, 223, 290, 325 127 179, 183, 193, 195, 217, 218, 298 186 122, 126, 127, 171, 178, 217 78, 123, 124, 138, 159, 172, 179, 180, 181, 182, 191, 193, 194, 207, 210, 324, 325 120 122, 123, 124, 126, 143, 176, 178, 181, 193, 219, 220, 227, 228, 298, 358 136, 186, 206, 207, 342 136, 171 195 122, 136, 186, 187, 188, 201, 207 136, 186, 336, 403

4,16 f. 4,17 4,18 5 5,1 5,1 ff. 5,1 – 3 5,1 – 5 5,1 – 8 5,1 – 10 5,1 – 11 5,1 – 22 5,1 – 28 5,2 5,3 5,4 5,4 f. 5,4 – 8 5,4 – 11 5,5 5,5 f. 5,6 5,7 5,7 f. 5,7 – 10 5,8 5,8 – 10 5,9 5,9 f. 5,9 – 11 5,10 5,11 5,11 – 13 5,11 – 15 5,12 5,12 f. 5,12 ff. 5,12 – 15 5,12 – 22

495 182, 336 136, 160, 170, 171, 186, 187, 189, 190, 319, 325, 345, 395, 397, 404 120, 122, 127, 170, 172, 176, 187, 225 131, 150, 172, 196 147, 218, 223 298 124 122 194, 210 12 115, 123, 127 126, 210 127 78, 136, 147, 158, 210 171, 195, 374 171 78, 196 196 124 195, 396 195, 213 120, 121, 122, 159, 171, 225, 290, 311, 325 305 159 122 78, 143, 144, 151, 159, 174, 196, 374, 402 171 78, 135, 136, 196, 311 149 194, 195, 210 78, 136, 226, 400 120, 122, 138, 147, 157, 170, 172, 176, 196, 205, 225 160 78 120, 122, 136, 224, 360, 361, 403 150 112, 120, 210 356 122, 123, 124, 194, 210, 225, 239, 249, 355, 356

496 5,12 – 25 5,12 – 26 5,13 5,13 f. 5,14 5,15 5,16 5,16 – 18 5,16 – 22 5,17 5,18 5,18 f. 5,19 5,19 ff. 5,19 – 22 5,22 5,23

5,23 f. 5,23 ff. 5,23 – 25 5,23 – 26 5,24 5,25 5,25 – 27 5,25 – 28 5,26 5,26 f. 5,26 – 28 5,27 5,28

Stellenverzeichnis

121 127 305 150 122, 144, 154, 172, 173, 193, 360, 374 170, 311 144 146 78, 239, 332, 356, 358 144 136, 144, 196, 238, 239, 249, 403 170 136, 314, 315, 326, 332, 333 333 96, 332 104, 151, 360 4, 5, 6, 7, 15, 27, 61, 119, 135, 136, 137, 191, 195, 196, 201, 210, 218, 279, 314, 338, 339, 346, 349, 350, 355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 393, 394 78, 120, 194, 210 128 120 126 120, 135, 136, 167, 195, 196, 306, 318, 339, 342, 344, 361 119, 120, 144, 171, 360, 361 160, 360 120 5, 6, 7, 21, 360, 361, 362, 363, 368, 371, 393, 394 120 120 5, 17, 120, 122, 127, 136, 339, 361, 362, 367 120, 126, 127

2. Thessalonicher 1,1 170

1,7 1,8 1,10 1,11 f. 1,15 – 17 2,1 – 4 2,13 2,13 f. 3,1 f. 3,3 3,3 – 5 3,6 – 16 3,17 3,17 f.

336 127 21 127 127 127 10, 13, 29, 33, 40, 43, 79, 166, 235 127 127 127 127 127 362 127

1. Timotheus 1,17 276 2,1 f. 146 2,14 283 2,15 10, 342 4,4 f. 66 6,1 276 6,16 276 2. Timotheus 1,7 318 1,9 f. 88 2,21 257 3,15 4 3,16 – 17 191 4,19 362 4,21 362 Titus 1,15 2,15 3,15

66, 69 235 362

Philemon 4–6 5 7 10 14 16 20 21 f.

129 5, 21, 39, 337, 339 5, 21, 39, 157, 337 161 311 166 157 200

497

Stellenverzeichnis

22 23

201 362

Hebrer 2,2 2,7 2,9 2,11 3,1 – 14 4,1 6,18 8,7 8,12 9,13 9,15 10,1 10,29 11,1 12,1 12,10 12,14 13,1 13,4 f. 13,14 13,24

283 277 277 29 89 213 284 347 187 4, 304 283 284 29 284 213, 214 3 10, 235, 342 168 288 362 339

Jakobus 3,16 5,8 4,6 f.

284 348 213

1. Petrus 1,2 1,7 1,13 – 17 1,15 1,22 1,22 – 2,1 3,7 3,8 4,13 5,14

10, 67, 235, 342 277 67 342, 373 168 213 257, 258, 263, 276, 277, 279, 281 168 331 361, 362, 369, 372

2. Petrus 1,5 1,7 1,17 2,14 3,11 3,16

237, 238 168 276 288 29, 342 367

2. Johannes 13 362 3. Johannes 15 362 Judas 14 f. 20 f.

335 29

Apokalypse 4,8 4,9 4,11 5,12 5,13 6,10 7,1 ff. 7,12 8,3 11,2 14,10 14,14 ff. 15,4 16,5 18,3 18,9 21,2 21,10 21,26 22,11 22,19

373, 376 277 277 276 276 373 336 276 339 341 336 336 373 373 288 288 341 341 277 29, 396 341

498

Stellenverzeichnis

Weitere Quellen des antiken Judentums Aristeasbrief 152 288 Assumptio Mosis 10,2 335 Elia-Apokalypse 32,8 336 43,10 336 4. Esra 6,25 7,27 f. 7,28 7,88 9,8 12,31 – 34 13,24 13,48 f.

188 188 366 259 188 188 188 188

1. (thiopischer) Henoch 1,3 390 1,9 335 9,3 390 10,1 390 10,1 – 22 335 12,2 335 14,1 390 14,23 335 20,1 – 7 335 21,5 335 21,9 335 22,3 335 24,6 335 24,8 390 24,10 390 25,3 390 27,2 335 32,6 335 33,3 335 38,4 335, 340 38,5 340 38,7 340 39,4 340

39,11 41,2 46,1 47,2 48,1 50,1 51,2 53,3 – 7 54,6 55,3 56,1 – 6 58,3 58,5 60,4 61,10 62,8 62,11 63,1 64,11 65,12 71,1 100,4 f. 100,5 93 – 105

376 340 335 335 340 340 340 335 335 335 335 340 340 335 377 338, 340 335 335 390 340 335 335 335, 340 289

2. (slawischer) Henoch 21,1 376 Joseph und Aseneth 4,1 364 8,5 – 7 363 12,11 148 13,11 148 18,3 364 19,11 365 20,5 363 21,7 363 22,9 363 28,15 364 Josephus, Flavius Contra Apionem 2,199 271, 288 2,204 162

499

Stellenverzeichnis

De Bello Judaica 2,161 271 Buch der Jubilen 25,1 289 33,10 – 20 288 33,12 335 1. Makkaber 1,15 340 1,46 340 1,63 340 2,7 340, 341 2,12 340 3,43 340 3,51 340 3,58 340 3,59 340 4,41 340 4,43 340 4,48 340 7,42 340 10,44 340 10,21 340 11,37 340 12,9 340 13,3 340 13,6 340 14,15 340 14,21 276 f. 14,29 340 14,31 340 14,42 340 14,43 340 15,7 340 2. Makkaber 1,7 340 1,12 340, 341 3,1 340, 341 3,12 350 3,15 340 5,16 277 5,25 340 6,23 340 6,28 340 6,30 340 9,14 341

14,3 14,36 15,14 15,16 15,25

340 359, 390 168, 341 340 340

3. Makkaber 5,49 364 6,5 341 6,31 283 4. Makkaber 3,12 283 18,7 283 Midrashim Midrash Genesis (Bereshit) 2,7 365 70,12 364 Midrash Ecclesiastes (Qohelet) 11,2 262 Midrash Esther 1,11 262 Midrash Ruth 1,14 2,21 364 Midrash Song of Songs (Shir Hashirim) 1,2 364, 365 Sifre Numeri 6,2 364 Mischna mJev 1,a mKel 1,8 f. 1,6 – 9 mQid 1,1

300 83 402 257

Mose-Apokalypse 31,4 259 Oden (LXX) 7,28 341

500

Stellenverzeichnis

Oden Salomos 7,16 340 28,7 365 Pesiqta de Rav Kahana 11,24 262, 263 Pesiqta Rabbati 23/24 364 Philemon-Menander Fragment 289 Philo De plantatione 50 62 53 62 Hypothetica (Apologia pro Judaeis) 7,1 288 7,14 162 De vita Mosis I,28 271 I,300 288 II,186 288 De Abrahamo 137 271 De sacrificiis Abelis et Caini 64 145 Quo a deo mittantur somnia (De somniis) I,34 62 I,149 62 II,251 62 De Iosepho 43

271

De praemiis et poenis 15 288 De specialibus legibus I,66 62 I,101 271

III,8 III,9 III,34 – 36 III,37 – 42 III,51 III,113 IV, 5

288 271 271 288 288 271 288

De virtutibus 207 271 Quaestiones at Solutiones in Genesin IV,86 271 Quis rerum divinarum heres sit 199 62 Psalmen Salomos 8,9 – 13 289 11,1 340 17,44 188 17,50 188 Pseudo-Heraklit VII,3 289 Pseudo-Menander 8 – 14 288 Pseudo-Philo De Jona 15 – 17 288 Pseudo-Phokylides 3 288 3–6 289 42 289 175 f. 275 177 – 194 288, 289 190 – 192 288 193 f. 271 Qumran Damaskusschrift CD 2,17 – 3,1 289 4,6 340 4,17 f. 289 4,17 – 21 288 4,19 – 5,12 289

501

Stellenverzeichnis

5,7 – 11 6,15 f. 8,5 15,15 – 17

300 289 288 409

Deuteronomium 1QDeuta 4,9 259 Loblieder (Hodajot) 1QH 3,22 335 4,9 255, 256, 259 6,13 340 7,6 – 25 154 7,10 340 7,20 – 22 153 10,35 335 Kriegsrolle (Milh. ama) 1QM 3,5 340 6,6 340 7,4 – 6 409 10,10 340 10,11 335 12,1 335, 340 12,7 340 16,1 340 21,1 335 Gemeinderegel (Serek ha-Jah. ad) 1QS 5,5 62 5,18 340 5,20 340 8,1 – 9,6 62 8,5 340 8,20 340 9,8 340 11,7 f. 62 11,8 335 Gemeinschaftsregel 1QSa 1,9 340 2,3 – 10 409 Segenssprîche 1,5 4,25 ff. 4,28

1QSb 340 62 335

Psalmen-Pescher 4QpPs 37 3,7 340 Testimonien 4QTest 25 259 4Q 416 Frgm. 2 2,21 262, 263 Psalmen 11QPsa 21,14 f. 153 Tempelrolle 11QT 45,12 – 14 409 66,17 300 Sedrach-Apokalypse 11,5 255, 256 11,10 255, 256 11,11 255, 256 Die Sibyllinischen Orakel II, 242 289 III, 1 – 92 289 III, 41 – 45 289 III, 185 f. 288 III, 596 288 III, 764 288 V, 432 340 Susanna 3

162

Syrischer Menander II, 45 – 51 289 II, 47 f. 271 II, 145 – 147 289 II, 240 – 249 288, 289 II, 250 f. 288 Talmud Babylonischer Talmud bAS 17a 364 bBB 16a 364 bBer 12a.b 390 55a 390 bBM 59b 390 84b 262, 263

502 85b 86b 87a bChag 14b bEr 13b 53b bGit 57b bJev 21a 63a.b bKet 39a 44b 45a 63a 76b 103b bMeg 6a 12b 18a 29a 31b 84b bNed 20b 50b bPes 112a-b bQid 29b bRHSh 11a 25b bSan 7,9 22b 27b 37a 38a.b 39a.b 43b 52a 66b 70a 71b 90b 91b 92a.b 93a 94b 152a bShab 12b 31b 55a 87a

Stellenverzeichnis

390 390 390 364 39 364 364 300 275 262 303 303 364 390 364 390 262, 263 390 390 390 263 262 259 262 275 390 364 303 262 364 390 390 390 390 390 303 390 303 390 390 390 390 390 262 390 390 390 390

138a bTaan 2a 3b 7a 9b 10a 20a 20a.b 20b 61b

390 390 390 259 390 390 390 263 259, 260 390

Jerusalemer Talmud jQid 61c 364 jPea 15d 364 jShab 10,6 262 Die Testamente der zwçlf Patriarchen Rub 1,5 364 4,6 289 Sim 1,2 364 5,3 289 Lev 3,3 – 9 335 9,9 f. 266 11,1 274 14,5 – 8 288, 289 18,11 340, 350 18,14 340 Jud 17,1 288 17,2 289 18,2 289 18,2 – 6 288 Iss 2,3 271 3,5 271, 275 4,2 288 Dan 5,5 – 7 288 5,12 340 5,13 390 7,1 364 Naph 1,7 364 2,2 255, 256, 259 8,6 255, 256, 258, 260 Ass 2,5 f. 288 4,3 145 Ben 3,1 145 3,7 364 5,1 288

503

Stellenverzeichnis

Tobit 4,12 8,6 8,7 8,15 10,12 11,14 12,12 12,15 13,10

266, 270 259 271 335, 340 364 335 390 335 341

Weisheit Salomos/Sapientia Salomonis 7,14 272 8,10 277 10,5 347 10,9 346 10,15 346, 347 14,1 f. 145 14,26 288 18,9 340 18,21 346

Außerbiblische christliche und gnostische Quellen, Kirchenvter Apostolische Konstitutionen II,57 368 VII,32 336

Cyrill Catecheses XXIII,3

368

Ascensio Jesaiae 4,14 – 16 336

Didache 9 – 10 11 – 13 16,7

123 123 336

Athenagoras Legatio 32 368 Petrusapokalypse 1 336

Hirt des Hermas, mandata V 1,2 260 V 2,5 260 XI 13 – 15 260

Barnabasbrief 7,3 260 11,9 260

Justin der Mrtyrer Apologia I 65,2 368

Chrysostomus Homiliae XI, 424 242

Origenes Commentaria ad Romanos 10,33 368

Clemens von Alexandria Paedagogus 3,11 368 3,81 368

Paulusakten 3,5 f. 274

Cyprian von Karthago De unitate ecclesiae IX 368 Epistulae 73,21

37

Philippus-Evangelium 31 365 Pseudo-Clemens Epistola ad virgines 2,2 368 Tertullian

504

Stellenverzeichnis

De oratione 18 368

Thomas-Evangelium 14 69

Thomasakten 28 288, 289

Traditio apostolica 4 368

Griechische pagane Quellen (Anonymus) Erotic Fragment I 1,14 238 Aischylos Agamemnon 567 245 Prometheus 865

245

Antiphanes Lykon Fragmentum 24 Aristophanes Aves 522 24 Lysistrata 1199

245

Vespae 583

295

Aristoteles Nikomachische Ethik VIII 14 1163b 168, 280 VIII 11 1161a 280

Demetrius Phaleron De elocutione 224 157 225 157 229 157 232 157 Demosthenes Oratio 23,167 245 Dio Chrysostomos Orationes 1,57 147 4,74 148 13,14 f. 147 17 283 17,1 f. 147 17,14 292 32,9 152 32,11 147, 152 Epiktet Dissertationes II 4,8 292 II 4,10 292 III 24,33 260 Euripides Hippolytus 49

245

Rhetorica III 14,8 1415b 285

Herodot Historiae 2,7

245

Artemidor Onirocriticon V 25 260

Lucian Peregrinus 13

165

Politica II 9,9 1274b 296

505

Stellenverzeichnis

Marc Aurelius Meditationes XI,26 148 Menander Incertae fabulae fragmentum 582 295 Plokion fragmentum 333 295 Musonius Rufus Fragmenta (Reliquiae) 11 147 12 271, 280 13 271, 279 Pindar Pythische Ode II,72 396 Platon Apologia 35e

245

Gorgias 305c

245

Leges 829c

Solon XX 2 f.

295

Pseudo-Aristoteles Oikonomikon III, 2 f. 279f. Pseudo-Isocrates An Demonicus 9 – 11 148 44 148 Pseudo-Plutarch De liberis educandis 4C 148 8F 148 9EF 148 Sophokles Elektra 1030

245

Oedipus Rex 1005 238 1417 245

272

Xenophon Anabasis I,9,21

237

Protagoras 310E

237

Hellenica V,2,7

245

Symposium 204a

238

Hieron III,4

279

Plutarch Moralia 48E-74E (Quomodo adulator ab amico internoscatur) 147 85AB (Quomodo quis suos in virtute sentiat profectus) 148 143B (Coniugalia praecepta) 279 480D-483A (De fraterno amore) 168 523C-528B (De cupiditate divitiarum) 283 754A-E.769A (Amatorius) 279

Memorabilia II,2 – 6 168 II,9,1 285 Oeconomicus VII,42 279 IX,12 245 Symposium II,10

268

506

Stellenverzeichnis

Lateinische pagane Quellen Cicero De officiis 1,58

159

Epistula ad Quintum fratrem 1,1,8 147 Codex Theodosiani VIII,16,1 275 Petron Satyricon 24,7 Plinius Epistulae

261

7,1,7 8,24,1

149 147

Seneca Epistulae 1,1 5,1 13,15 24,16 25,6 52,8 94,40 f.

147 147 147 147 148 148 148

Ad Marciam XI,3 260