Handelsrecht und Schiffahrtsrecht [Reprint 2021 ed.] 9783112411902, 9783112411896

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Handelsrecht und Schiffahrtsrecht [Reprint 2021 ed.]
 9783112411902, 9783112411896

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Bereinigung wissenschaftlicher Berleger Berlin

Walter de Gruyter & Co.

Leipzig

QSerke von Dr. ^Rudolf Stammler OeK. Chiftijrat, o. ö. GJJrof. der Qtecfyte an der ^Universität Berlin

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Grundrisse der

Rechtswissenschaft Unter Mitarbeit der

Professoren vr.v.Belmg.München, Dr. Friedrich Ende­ mann-Leidelberg, Dr. Lang Fehr-Leidelberg, Dr. L. Gerland - Jena, Dr. Julius von Gierke-Lalle a. S>, Dr. Ledemann-Iena, Dr. Lehmann-Cöln a. Rh., Dr. Fritz Schulz-Göttingen, Dr. Freiherr von Schwerin-Freiburg i. B., Dr. Fritz Stier-Somlo-Cöln a. Rh. h»rau. in den ersten Jahren in entscheidender Weise noch von den Gründern behenscht wird.

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Aktiengesellschaft.

ß) Später sind Vergleiche und Verzichte nur mit Zustimmung der Generalversammlung gültig. Dabei ist das Mehrheitsprinzip beseitigt. Eine Minderheit, die ein Fünftel des Grundkapitals darstellt, hat ein Widerspruchsrecht. Die Aufhebung des Mehrheitsprinzips stärkt natürlich die A.G. in ihrer Rechtsstellung bei den Ansprüchen. Die Ansprüche verjähren erst in 6 Jahren, § 206.

b) Das Gesetz sorgt für eine Durchführung der Ansprüche § 268. Auch hier sind der Minderheit Rechte gegeben. c) Das Gesetz enthält besondere Regeln über die sog. Nach, gründung. §§ 207 und 208 HGB. Es handelt sich um „Übernahmeverträge", die in den ersten zwei Jähren nach der Ein­ tragung abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber will verhüten, daß die Vorschriften über Sacheinlagen und Übernahmen um. gangen werden, indem zunächst eine reine Geldgesellschaft gegründet wird, bald nach der Eintragung aber einfach durch den Vorstand Gegenstände für die A.G. -erworben werden. Hier liegt der Verdycht vor, daß solche Verträge schon vorher geplant, und nur zwecks Errichtung einer scheinbaren Geldgesellschoft hinausgeschoben worden sind. Daher schreibt das HGB. a) für erheblichere Nachgründüngen stets ein besonderes Verfahren vor (verstärkter Generalversammlungsbeschluß, Prüfung, Einreichung zum Register). Näheres in § 207 HGB. ß) und erstreckt die Bestimmungen der Gründerverantwortlichkeit auf Nachgründungen, die vor der Eintragung „geplant" waren, § 208 HGB. (letztere Vorschrift ist praktisch unzureichend). d) Die zivilrechtlichen Regeln der Gründerverantwortlichkeit sind durch strafrechtliche Normen verstärkt. §§ 312—314 HGB.

40.

Tie Firma. 1. Über die Firma einer A.G. bestimmt das HGB. § 20: a) Sie soll regelmäßig Sachfirma, d. h. dem Gegenstand ihres Unternehmens entlehnt sein. d) Sie muß stets den Zusatz „Aktiengesellschaft" führen'. Zu a). Eine Sachfirma wäre z. B. „Giebichensteincr Brauerei Aktiengesellschaft" oder „Bremer Droschken-Aktiengesell. schäft". Nötig-ist eine gewisse Individualisierung. Unzulässig z. B. „FabrikMtiengesellschaft" -streitig).

Da eine Sachfirma, nur als Regel vorgeschrieben ist, so kann die Firma einer A.G. aber auch eine Personenfirma sein

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Aktiengesellschaft.

ß) Später sind Vergleiche und Verzichte nur mit Zustimmung der Generalversammlung gültig. Dabei ist das Mehrheitsprinzip beseitigt. Eine Minderheit, die ein Fünftel des Grundkapitals darstellt, hat ein Widerspruchsrecht. Die Aufhebung des Mehrheitsprinzips stärkt natürlich die A.G. in ihrer Rechtsstellung bei den Ansprüchen. Die Ansprüche verjähren erst in 6 Jahren, § 206.

b) Das Gesetz sorgt für eine Durchführung der Ansprüche § 268. Auch hier sind der Minderheit Rechte gegeben. c) Das Gesetz enthält besondere Regeln über die sog. Nach, gründung. §§ 207 und 208 HGB. Es handelt sich um „Übernahmeverträge", die in den ersten zwei Jähren nach der Ein­ tragung abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber will verhüten, daß die Vorschriften über Sacheinlagen und Übernahmen um. gangen werden, indem zunächst eine reine Geldgesellschaft gegründet wird, bald nach der Eintragung aber einfach durch den Vorstand Gegenstände für die A.G. -erworben werden. Hier liegt der Verdycht vor, daß solche Verträge schon vorher geplant, und nur zwecks Errichtung einer scheinbaren Geldgesellschoft hinausgeschoben worden sind. Daher schreibt das HGB. a) für erheblichere Nachgründüngen stets ein besonderes Verfahren vor (verstärkter Generalversammlungsbeschluß, Prüfung, Einreichung zum Register). Näheres in § 207 HGB. ß) und erstreckt die Bestimmungen der Gründerverantwortlichkeit auf Nachgründungen, die vor der Eintragung „geplant" waren, § 208 HGB. (letztere Vorschrift ist praktisch unzureichend). d) Die zivilrechtlichen Regeln der Gründerverantwortlichkeit sind durch strafrechtliche Normen verstärkt. §§ 312—314 HGB.

40.

Tie Firma. 1. Über die Firma einer A.G. bestimmt das HGB. § 20: a) Sie soll regelmäßig Sachfirma, d. h. dem Gegenstand ihres Unternehmens entlehnt sein. d) Sie muß stets den Zusatz „Aktiengesellschaft" führen'. Zu a). Eine Sachfirma wäre z. B. „Giebichensteincr Brauerei Aktiengesellschaft" oder „Bremer Droschken-Aktiengesell. schäft". Nötig-ist eine gewisse Individualisierung. Unzulässig z. B. „FabrikMtiengesellschaft" -streitig).

Da eine Sachfirma, nur als Regel vorgeschrieben ist, so kann die Firma einer A.G. aber auch eine Personenfirma sein

Firma.

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oder nur einen Phantasienamen enthalten, z. B. „Friedrich Crüger Aktiengesellschaft". Häufig sind sog. gemischte Firmen, z. B. „Prometheus Lebensversicherungsaktiengesellschaft". Über die Zulassung der Abweichung von der Regel entscheidet bei ursprünglichen Firmen das Registergericht nach freiem Ermessen.

Zu b). Das Wort „Aktiengesellschaft" ist nötig in un­ verkürzter Fassung. Unzulässig z. B. „Aktienfabrik" oder „Ä.-G.". Die Vorschrift zu d findet auch auf ältere Firma (die an sich un­ berührt bleiben, vgl. oben § 16II1 c) unter bestimmten Voraussetzungen Anwendung Art. 22II EG. z. HGB. Selbstverständlich darf die Firma nicht täuschend sein (§18II HGB.).

2. Die Firma einer A.G. ist die einzige Bezeichnung, mit der sie im Rechtsverkehr austreten kann. Im Gegensatz zum Einzelkausmann sind bei ihr Firma und Name eins. Die A.G. kann daher nur eine Firma haben. 3, Erwirbt eine A.G. ein bereits bestehendes Handels­ geschäft mit Firma, so kann sie die erworbene Firma fort­ führen. §22 HGB. Ihre Firma muß aber auch alsdann den Zusatz „Aktiengesellschaft" aufweisen. § 22 I Satz 2 HGB. Wie kann eine A.G. eine solche erworbene Firma fortführen? Manche nehmen an, daß die A.G. sowohl ihre alte wie die erworbene Firma (mit A.G.-Zusatz) nebeneinander für die ver­ schiedenen Handelsgeschäfte führen könne. Die Ansicht ist mit der herrschenden Lehre abzulehnen, da die A.G. nur eine Firma haben kann (oben 2.). Daher kann die A.G. nur entweder ihre alte Firma aufgeben und die erworbene mit dem Zusatz „A.G." führen oder ihre alte Firma weiterführen und dieser die erworbene Firma mit einem Nachfolgerzusatz anfügen. Der Erwerb des Handelsgeschäfts kann nicht bloß durch eine bereits entstandene A.G. stattsinden, fonbern vollzieht sich häufig durch eine erst in der Gründung begriffene A.G. — In allen diesen Fällen besteht ein Recht der A.G. auf die Firma; der Registerrichter kann daher hier nicht z. B. wegen Personennamen ablehnen (vgl. oben 1 a). Will die A.G. das erworbene Handelsgeschäft als Zweignieder­ lassung, gebrauchen, so kann sie auch für das Hauptgeschäft ihre alte Firma unverändert fortführen, für die Zweigniederlassung aber diese Firma des Hauptgeschäfts (als Kern) unter Verwertung der erworbenen Firma als Zusatz gebrauchen (so die neuere Praxis ; doch streitig. Die Entscheidung hängt davon ab, wie weit man eine Verschiedenheit der Firma der Zweig­ niederlassung von derjenigen der Hauptniederlassung zuläßt; vgl. oben $16112). Erwirbt ein Einzelkaufmann oder eine o.H.G. das Geschäft einer A.G. mit Firma, so können sie diese Firma nur unter Weglassung des Wortes „Aktiengesellschaft" fortführen (sonst täuschend).

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Aktiengesellschaft.

Organisation. I. Allgemeines. Die A.G. hat als Verein Organe (§231 ff. HGB.). 1. Im Gegensatz zu dem rechtsfähigen Verein des BGB. muß jede A.G. dtei notwendige Organe -besitzen: Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung. An sich ist die Generalversammlung das oberste Organ, aber die größte tat­ sächliche Bedeutung hat der Vorstand. Wir gehen daher in der Darstellung vom Vorstand aus. Der Verein des BGB. braucht notwendig nur einen Vorstand und eine Mitgliederversammlung (letzteres streitig).

2. Außer den drei notwendigen Organen kommen weitere Organe in Betracht. Das Gesetz nennt als außerordentliche Organe die Revisoren (§266 HGB.). Außerdem kann die Satzung andere Organe schaffen (z. B. Ausschüsse, ständige Revisoren, Verwaltungsrat.) Das Gesetz stellt nur das Mindestmaß der Organisation aus. Aller­ dings können die gesetzlich notwendigen Obliegenheiten der drei ordent­ lichen Organe nicht an andere übertragen werden. — In gewisser Hin­ sich hat auch der einzelne Aktionär die Stellung eines Organs (unten IV 7 e).

II. Der Vorstand. Er ist Vertretungs- und Geschäftsführungsorgan. 1. Bestellung und Anstellungsvertrag. a) Die Bestellung richtet sich nach der Satzung (§ 231). Meistens wird der Vorstand nicht von der Generalversammlung, sondern vom Aufsichtsrat bestellt. Die Bestellung (Wahl) ist ein sozialrechtlicher Akt, sie bedarf regelmäßig der Annahme seitens der Gewählten. Die Bestellung ist zum Handelsregister anzumelden und zu veröffentlichen. Das Vorstandsamt kann aus einer oder aus mehreren Personen bestehen, § 231II HGB., sie brauchen nicht Aktionäre zu fein. Sie müssen aber natürliche Personen und dürfen nicht geschäftsunfähig fein; auch dürfen sie nicht dem Aufsichts»«! angehören (§ 2481 HGB.). Die Satzung kann be­ sondere Eigenschaften verlangen (z. B. Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, Aktienbesitz). Die Bestellung ist jederzeit widerruflich. §231III. HGB. Es braucht kein wichtiger Grund vorzuliegen. Sofort mit dem Widerruf endet das Amt. Dies gilt wegen der weit­ gehenden Vertretungsmacht, die dem Vorstand zustehk. Das Recht zur Abberufung hat das Organ, welches die Vorstands­ mitglieder bestellt. Jede Minderung des Vorstandes ist zum Handelsregister anzumelden und zu veröffentlichen. § 234 HGB.

Organisation.

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b) Die Bestellung wird von einem (individualrechtlichen) An­ stellungsvertrag zwischen A.G. und den einzelnen Vorstands­ mitgliedern begleitet. Dieser Anstellungsvertrag ist entweder Dienstvertrag oder Auftrag, je nachdem der Vorstand ein Entgelt für seine Tätigkeit erhält oder nicht. Liegt, wie regelmäßig, ein Dienstvertrag vor, so gelten die Grundsätze des BGB. über Dienst­ verträge, aber nicht die besonderen Vorschriften über Handlungs­ gehilfen, da die Vorstandsmitglieder keine Handlungsgehilfen sind, sondern die Prinzipalstellung der A.G. gegenüber den Handlungsgehilsen ausüben. Das Entgelt, das die Vorstandsmitglieder beziehen, kann sehr verschieden sein. Am meisten kommen vor Gehalt und Anteil am Reingewinn (mitunter auch z. B. freie Wohnung und Natural­ bezüge). Die Vertragsfreiheit ist in bezug auf den Anteil am Reingewinn durch § 237 HGB. beschränkt. c) Bestellung und Anstellungsvertrag sind zwei miteinander verquickte, aber rechtlich zu scheidende Rechtsverhältnisse (fticitig). Dies zeigt sich insbesondere deutlich hinsichtlich ihrer Beendigung. Häufig fällt diese notwendig zusammen z. B. bei Tod oder Geschäftsunfähigkeit. Dagegen hat der Widerruf der Bestellung nicht notwendig eine Beendigung des Anstellungsvertrages zur Folge. So kann die A.G. den Borstand ab­ berufen, aber sein Dienstverhältnis aufrecht erhalten wollen, damit er ihr keine Konkurrenz macht. Ebenso richten sich die Vergütungsansprüche des amtsentlassenen Vorstandes nach den Regeln des Anstellungsvertrages § 231III HGB.

2. Vertretung. Dem Vorstand steht die Vertretung der A.G. zu. § 2311 HGB. a) Mehrere Vorstandsmitglieder haben nach der gesetzliches Regel nur Gesamtvertretungsmacht. Sie müssen also „gemein­ schaftlich handeln". § 2321 HGB. Es gilt in dieser Hinsicht ent­ sprechendes wie bei der Gesamtprokura. § 2321 Satz 2 u. 3 HGB. Hierzu oben § 20 VI2 u. 3. Ausnahmen: a) Die Satzung kann allen oder einzelnen Vorstandsmitgliedern Einzelvertretungsmacht geben. §2321 Satz 1 u. II HGB. Dagegen kann nicht ein Vorstandsmitglied von der Vertretung aus­ geschlossen werden (anders bei der o.H.G.).

ß) Die Satzung kann bestimmen, daß ein gesamtvertretungs­ berechtigtes Vorstandsmitalied auch zusammen mit einem Pro­ kuristen handeln kann. § 232 II HGB. (Vgl. oben § 3111 a a.) Auch der Auffichtsrat kann durch die Satzung ermächtigt werden, eine Bertretungsmacht gemäß dem unter a und ß Dargelegten zu erteilen, z 232II Satz 2 HGB^

202

Aktiengesellschaft.

b) Der gesetzliche Umfang der Vertretungsmacht umfaßt alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechts­ handlungen, soweit sie überhaupt für eine A.G. vorgenommen werden können. § 2311HGB. — Der Vorstand vertritt insbesondere die A.G. auch im Prozeß und gegenüber Behörden. Über die Zeichnung der Firma siche die Ordnungsvorschrift in §233 HGB. Der Umfang der Vertretungsmacht entspricht im allgemeinen der BertreMngsmacht des offenen Handelsgesellschafters (oben $ 3111 b). — Einige Ausnahmen von der allmächtigen Stellung des Vorstandes hat das Gesetz zum Schutz der A.G. angeordnet. Vgl. z. B. §§ 207, 247, 303. Für unerlaubte Handlungen des Vorstandes hastet die A.G. nach Maßgabe von §31 BGB.

c) Der Umfang, der Vertretungsmacht ist Dritten gegen­ über unbeschränkbar. §235IIHGB. Vgl. oben § 3111c. Diese (auch bei Kenntnis des Dritten) absolut wirkende Unbeschränkt­ heit der BertreMngsmacht ist eine Besonderheit des deutschen Aktien­ rechts. Sie hat sich nicht ohne Kämpfe durchgesetzt und wird auch heute noch von manchen für unzweckmäßig gehalten. Meines Erachtens über­ wiegen die Vorteile (volle Verkehrssicherheit, rasche Entschlußmöglichkeit).

3." Geschäftsführung. a) Dem Vorstand steht an sich die gesamte Geschäftsführung zu (vgl. oben §3211). Er hat die Leitung der geschäft­ lichen Maßnahmen, stellt das Personal an, sorgt für die Buch­ führung (§ 239 HGB.), stellt die Bilanzen auf, beruft die General­ versammlung, hat den.»Konkurs zu beantragen (§ 240 HGB.) usw, Der Vorstand ist nicht auf gewöhnliche Geschäfte beschränkt (anders das Reichsgericht, siehe unten IV la). Bei einem mehrgliedrigen Vorstand bedarf es Zustimmung aller. Die herrschende Lehre wendet §281 BGB. an und kommt so zum Mehrheitsprinzip. Allein der Zusammenhang mit den aktienrechtlichen Vorschriften (§232) ergibt Gesamtgeschäftsführung (Staub, Fischer).

b) Die Geschäftsführung des Vorstandes unterliegt aber erheblichen Schranken. Es gibt nicht allein gesetzliche Beschrän­ kungen (vgl. z. B. § 222IV HGB., § 238 HGB.), sondern auch die Satzung und ein Generalversammlungsbeschluß.könnsu die Geschäftsführung ordnen und Schranken ausstellen. §2351 HGB. Nur wenige Geschäftsführungsokte des Vorstandes sind unentziehbar (z. B. die Buchführungspflicht, Bilanzaufstellung, Berufung der Generalversammlung). Der Vorstand kann so namentlich zu einem Ausführungsbeamten des Anfsichtsrats herabgedrückt werden (vgl. unten III). Geschäftsführung und Vertretung sind also auch hier streng zu scheiden, vgl. oben § 32II b.

203

Aussichtsrat. 4. Treuverpflichtung. Die einzelnen Vorstandsmitglieder trifft das gleiche

kurrenzverbot wie die Handlungsgehilfen. §§ 60, 61 HGB. (oben § 23II2).

einem Handelsgewerbe

Kon­

§ 236 HGB.

Vgl.

Jedoch ist die Beteiligung an

als Kommanditist erlaubt.

ergibt

Dies

sich aus § 2361 Satz 1 am Schluß.

5. Verantwortlichkeit.

die

a) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes an­

zuwenden.

§ 2411 HGB.

ersatz als Gesamtschuldner.

Sie haften der A.G. auf Schadens­ 8 241IIIII HGB.

In bestimmten

Gesellschqftsgläubiger den Ersatzanspruch der

Fällen können die

A.G. selbständig gegen die Vorstandsmitglieder geltend machen,

wenn

sie

von

der A.G. Befriedigung

erlangen

nicht

können.

§ 241IV HGB.

Bei dem selbständigen Klagerecht der Gesellschastsgläubiger handelt es sich meist um eine ungesetzliche Verringerung des Gesellschafisvermögens auf Kosten der Gläubiger. Den einzelnen Aktionären haften die Vorstandsmitglieder auf Grund von § 241 HGB. überhaupt nicht. § 241 HGB. ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 82311 BGB. (RG. 63 324).

-b) Schwere

(8 312 ff

Verfehlungen

HGB.).

stehen

unter

krimineller

Strafe

Viele Obliegenheiten werden durch Ordnungs­

strafen erzwungen. 8 319 HGB. 111. Der Aufsichtsrat.

1. Nach geltendem deutschen Recht ist der Aufsichtsrat im wesentlichen ein Organ des inneren Verbandslebens.

Er

hat vor allem die Verwaltung zu überwachen (Kontrollorgan), außerdem sind ihm

durch das

HGB. einzelne reine

Geschäfts-

führüngsakte zugewiesen, und es können ihm durch die Satzung

weitere solche reine

Verwaltungsakte zugewiesen werden (Ver­

waltungsorgan).

Eine Neuerung in seiner Zusammensetzung

bringt das Betriebsrätegesetz vom 11. Februar 1920 (über dieses unten f). a) Der Aufsichtsrat ist notwendig ein Kollegium, er besteht

aus mindestens drei Mitgliedern.

8 2431 HGB.

Die Bestellung.geschieht ausschließlich durch die General­ versammlung 8 2431 HGB., und zwar auf höchstens 5 Geschäfts­

jahre 8 243III HGB.

Die Mitglieder müssen geschäftsfähig und

natürliche Personen sein (letzteres streitig). Aktionäre zu sein.

Sie brauchen nicht

Die Wahl des ersten Aufsichtsrates hat auf ein Geschäftsjahr zu erfolgen. §24311 HGB.

204

Aktiengesellschaft.

Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, näheres in § 243IV HGÄ. Eine Eintragung im Handelsregister findet nicht statt, über Be­ kanntmachung und Einreichung zum Handelsregister siehe § 244 HGB. (übet den ersten Aussichtsrat vgl. §§ 195, 199, 201 HGB.).

Der mit der Bestellung verquickte Anstellungsvertrag ist ent­ weder Dienstvertrag oder Auftrag (vgl. oben I11 b). Das Entgelt kann verschieden sein. Es besteht in Gehalt oder Anteil am Reingewinn. Über die Berechnung der Tantieme enthält das Gesetz eine zwingende Vorschrift in §245. Mit dem Widerruf der Bestellung erlischt im Zweifel der Anstellungsvertrag. Das amtsentlassene Aufsichtsratsmitglied hat daher einen Entschädigungsanspruch nur bei besonderer Abrede für den Fall, daß Willkür vorliegt (vgl. §243IV Satz 1 mit § 231III HGB. Grund: Das Aussichtsratsmitglied ist nicht wie das Vorstandsmitglied in Aus­ übung eines Berufes tätig). Der Stellung der Aussichtsratsmitglieder entspricht es, daß für sie kein Konkurrenzverbot besteht.

b) Der Aufsichtsrat hat als Kontrollorgan die Verwaltung in allen ihren Teilen zu überwachen sowohl hinsichtlich ihrer Gesetzmäßigkeit wie ihrer Zweckmäßigkeit. Er hat sich fortlaufend über den Geschäftsgang zu unterrichten und daher das jederzeitige Recht auf Einsicht in die Bücher, Papiere, Kassen, Bestände usw. Er hat auch der Generalversammlung Bericht zu erstatten, die Bilanz zu prüfen. § 246 HGB. Das Kontrollrecht steht dem Aufsichtsrat als Kollegium zu, nicht dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied. Für die Beschluß­ fassung gelten entsprechend die Vorschriften des BGB. über die Willensbildung des Vereinsvorstandes. Es genügt wenn ein Mit­ glied erscheint; es entscheidet Stimmenmehrheit. RG. 82 388. — Die Notwendigkeit des Auftretens des Aufsichtsrats als Gesamt­ heit hindert nicht eine Geschäftsverteilung unter die einzelnen Mit­ glieder (Ausschüsse, Kommissionen), sowie eine Ermächtigung Einzelner zur Kontrolle. Doch hat die Gesamtheit immer die Pflicht summarischer Überprüfung. Es kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, daß der AussichtSrat als Gesamtheit die Kontrolle im einzelnen ansüben soll. § 2461 HGB. bedarf einer verständigen Auslegung (unter Benutzung von § 249 HGB.). Die schwierige Ausgabe des Aufsichtsrats wäre sonst ganz unmöglich.

c) Als Verwaltungsorgan kennt das Gesetz den Aufsichts­ rat in einzelnen Fällen (z. B. Einberufung der Generalversammlung, §246, Zustimmung zur Bestellung eines Prokuristen, §238). Vor allem aber kann die Satzung dem Aufsichtsrat weitere Geschäfts-

Aufsichtsrat.

205

führungsakte übertragen. 8 246III HGB. So z. B. ein Vetorecht gegenüber allen oder einzelnen Handlungen des Vorstandes, ja sogar ein allgemeines Anweisungsrecht gegenüber dem Vor­ stand. Eine solche gehobene Stellung des Aufsichtsrats findet

sich vielfach. d) In einigen Fällen ist der Aufsichtsrat sogar mit einer Vertretungsmacht für die A.G. ausgestattet. Vgl. §§2471, 268II HGB. (bei Rechtsgeschäften zwischen A.G. und Mitgliedern des Vorstandes und Prozessen der A.G. gegen Vor­ standsmitglieder),

e) Für die Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt Entsprechendes wie bei den Vorstandsmitgliedern (oben II 5) Vgl. § 249 HGB. k) Nach dem Betriebsrätegesetz vom 11. Februar 1920 § 70 sind nach Maßgabe eines besonderen, hierüber zu erlassenden Gesetzes ein oder zwei Betriebsratsmitglieder in den Aufsi.chtsrat zu entsenden. Diese Vertreter haben in allen Sitzungen Sitz und Stimme. Sie erhalten nur eine Aufwandsentschädigung. Über vertrauliche Angaben müssen sie Stillschweigen bewahren.

Die Vorschrift gilt nicht für A.G., die in der Hauptsache nicht wirt­ schaftlichen Zwecken dienen. §731 a.a. O., ferner bei Befreiung durch die Reichsregierung, wenn wichtige Staatsintcressen vorliegen. § 73II a. a. O. — Besonderheiten gelten für die Syndikate der Kali- und Kohlen­ wirtschaft nach eigenen Gesetzen. Siehe oben § 37 Illa am Ende. 2. Die Notwendigkeit und Bedeutung des Aufsichtsrats liegt darin, daß das oberste Organ, die Generalversammlung, als ein vielköpfiges Gebilde nicht imstande ist, die Geschäfts­ führung des Vorstandes zu überwachen und ihm die zweckent­ sprechenden Anweisungen zu geben. Der Aufsichtsrat ist als ein engerer Ausschuß gedacht, der diesen Aufgaben obliegen soll. Bei der heutigen deutschen Gesetzgebung ist, wie wir sahen, die Auf­ gabe des Aufsichtsrats als Kontrollorgan in den Vordergrund geschoben, aber die Satzungen stempeln ihn gleichzeitig mehr oder weniger außerdem zu einem Verwaltungsorgan mit entscheidender und beratender Betätigung. In ausländischen Rechten tritt die Stellung des Aufsichtsrates als Verwaltungsorgan in starkem Umfang hervor.

a) Nach französischem, englischem, amerikanischem Recht ist der Aufsichtsrat sogar mit dem Vorstand zu einem nach außen hin einheit­ lichen Organ verschmolzen. Nach innen hat ein Teil der Mitglieder die Geschäftsführung, der andere Teil eine beratende und entscheidende Stimme in bezug auf die Verwaltung.

20fr

Aktiengesellschaft.

b) Nach österreichischem Recht ist der Aufsichtsrat ein selbständiges Organ, dessen Zustimmung zu allen wichtigen Berwaltungsakten nötig ist, und das gleichzeitig Kontrollorgan ist (Direktionsrat). Dem österreichischen Direktionsrat entspricht der „Verwaltungsrat" des" früheren deutschen Aktienrechts vor der Kodifikation. Geschichtlich geht die verwaltende Tätigkeit des Aufsichtsrats aus die Stellung der alten „Hauptpartizipenten" zurück (oben § 37III1 b). Die Rechenschaftsabnahme seitens der Generalversammlung wird nach ausländischen Rechten außerdem durch ordentliche Revisoren er­ leichtert. Vgl. unten bei der Bilanz § 43IV 2.

3. Reformvorschläge. Bei den meisten Zusammenbrüchen von A.G. in den letzten Jahrzehnten find Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder festgestellt worden. Daher haben sich die Reformvorschläge für die Aktiengesetzgebung vornehmlich mit dem Aufsichtsrat beschäftigt. Unter den überaus zahlreichen Vorschlägen erscheinen folgende am beachtenswertesten zu sein: Verteilung der Aufsichtsrats­ funktionen -nach Dezernaten, Einführung besonderer periodischer Revisoren (unten § 43 IV 2), selbständiges Prüfungsrecht einer Minderheit von Aufsichtsratsmitgliedern, vor allem aber eine Bestellung des Aufsichtsrats nicht nach dem Mehrheitsprinzip, sondern in einer Weise, die auch den Minderheiten der General­ versammlung eine angemessene Vertretung in ihm gewährleistet (Proportionalwahlrecht). Auch müßte die schrankenlose Anhäufung von verschiedenen Aufsichtsratsstellen in einer Person verboten sein. (Mitunter versieht heute jemand 10, 20, ja 50 Aufsichtsrats­ posten.) Bedenklich ist die Bekleidung von Aussichtsratsstellen durch Parlamentarier. IV. Die Generalversammlung. Sie ist das oberste Willensorgan der A.G. Sie wird gebildet durch eine gehörig einberufene uyd ordnungsmäßig sich abspielende Versammlung der Aktionäre. Im Gegensatz zum Verein des BGB. (§32) kann sie nicht durch eine schriftliche Zustimmung aller Aktionäre ersetzt werden. Die formalen Vorschriften des HGB. wollen den Aktionär gegen Überrumpelungen schützen.

Man unterscheidet ordentliche und außerordentliche General­ versammlungen. Erstere sind die regelmäßig wiederkehrenden (Abnahme der Jahresrechnung, Verteilung des Reingewinns), die außerordentlichen werden nach Bedürfnis einberufen. 1. Berufung. a) Sie erfolgt regelmäßig durch den Vorstand. §253 HGB: Außerordentliche Generalversammlungen sind von ihm

Generalversammlung.

207

einzuberufen, wenn es das Interesse der Gesellschaft fordert. 3 253II HGB. (Vgl. 836 BGB.) Ob ein solches Interesse vorliegt, hat der Vorstand mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu entscheiden. Die Ansicht des Reichsgerichts, daß der Vorstand sich vor Einlassung auf wichtige, kost­ spielige und riskante Unternehmungen der Einwilligung der General­ versammlung zu vergewissern habe, ist nicht haltbar und wird von der herrschenden Lehre abgelebnt. Dem Vorstand würde jede angemessene Bewegungsfreiheit zur Erfüllung seiner Ausgabe fehlen.

Auch der Aufsichtsrat ist zur Einberufung berechtigt und verpflichtet, wenn das Interesse der Gesellschaft es erfordert. 8 246II HGB. Schließlich hat eine Minderheit von Aktionären das Recht die Berufung zu verlangen. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Gericht die Minderheit zur selbständigen Einberufung ermächtigen. 3254 HGB. (vgl. 8 37 BGB.). Die Minderheit muß ein Zwanzigstel des Grundkapitals an Aktien besitzen. Die Satzung kann einen geringeren Aktienbesitz zulassen.

b) Form. Die Berufung erfolgt in den Gesellschaftsblättern oder durch Ladung jedes Aktionärs nach Maßgabe der Satzung (88 255, 182II Ziffer 5 HGB.). Wer seine Aktie hinterlegt, kann immer Ladung durch eingeschriebenen Brief verlangen. 8 257 HGB. Mit der Einberufung ist die sog. Tagesordnung anzu­ kündigen. 8 256 HGB. Die Tagesordnung muß so gefaßt sein, daß der Aktionär sich ein klares Bild darüber machen kann, worum es sich handelt. Unzulässig ist z. B. die allgemeine Angabe „Anträge". Die Tagesordnung darf aber auch nicht hinterhältig sein, um eine Entscheidung gegenüber einer Minderheit durchzudrücken. Beispiel: Die einfache Mehrheit der Aktionäre einer A.G. wünscht die Errichtung einer Zweigniederlassung. Eine solche ist aber nur möglich durch Erhöhung des Grundkapitals, die daher auch geplant wird. Zur Erhöhung des Grundkapitals bedarf es Dreiviertelmehrheit (§§ 275, 278 HGB.), die Errichtung der Zweigniederlassung an sich kann dagegen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Es ist dann unzulässig auf die Tagesordnung nur zu setzen: „Errichtung einer Zweigniederlassung" anstatt: „Erhöhung des Grundkapitals zwecks Errichtung einer Zweigniederlassung". Es gibt ein gleiches Minderheitsrecht aus Ankündigung von Gegen­ ständen der Tagesordnung wie für die Berufung der Generalversammlung § 254II HGB. (oben a).

Zwischen der Einberufung und dem Versammlungstag müssen mindestens zwei Wochen liegen (zur Vorbereitung für den Aktionär). 8 255 HGB. 2. Stimmrecht. a) Jeder Aktionär hat das Stimmrecht. 3 2521 Satz 1 HGB. Er hat also nicht bloß das Recht in der Versammlung zu erscheinen,

208

Aktiengesellschaft.

Anträge zu stellen und an der Beratung teilzunehmen, sondern er hat auch das Recht mit abzustimmen. b) In einigen Fällen muß sich der Aktionär der (Stimme enthalten. § 252III HGB. a) Wenn er entlastet oder von einer Verpflichtung befreit werden soll. Als eine Umgehung des Gesetzes mpß es angesehen werden, wenn bei der Entlastung des Vorstandes oder Aufsichtsrats über jedes ihrer Mitglieder getrennt abgestimmt, und so die Möglichkeit gegeben wird, daß jedes Mitglied dabei mitstimmt außer wenn seine eigene Entlastung an die Reihe kommt (RG. 55 75; anders viele). — Beispiele für die Befreiung von einer Verpflichtung: Schadensersatzpflicht wegen Nicht­ leistung der Einlage oder Nichterfüllung eines mit der A.G. geschlossenen Vertrages.

ß) Wenn mit ihm ein Rechtsgeschäft seitens der A.G. vor­ genommen werden soll (vgl. § 34 BGV.). Die Vorschrift bezieht sich nur auf Rechtsgeschäfte nach außen und nicht organisawrische Maßnahmen. Ein Aktionär kann daher mitstimmen bei Ausflüssen seiner. Mitgliedschaft (z. B. Bezugsrecht neuer Aktien), ferner bei eigener Wahl und beim Widerruf der eigenen Bestellung als Vorstands- oder Aussichtsratsmitglied (RG. 74 277, 75 236, 81 37.). Letzteres ist bestritten; die gegenteilige Annahme ist praktisch unerträglich, weil sie vielfach die Hauptaktionäre von der Verwaltung ausschließt,

e) Das Stimmrecht wird nicht nach Köpfen, sondern nach Aktienbeträgen ausgeübt. § 2521 Satz 2 HGB. Die Satzung kann aber — und dies geschieht häufig — a) ein Höchststimmrecht oder Stimmabstufungen für die Be­ sitzer mehrerer Aktienrechte festsetzen. § 2521 Satz 3. Beispiele: Kein Aktionär hat mehr als 10 Stimmen. Oder: Mehr wie 50 Aktien geben kein Stimmrecht mehr. — Oder: Je 5 Aktien eines Aktionärs geben eine Stimme. Oder: Wer mehr als 20 Aktien besitzt, hat für je 10 weitere Aktien nur eine Stimme. — Zulässig ist auch: Jeder Aktionär hat nur eine Stimme (streitig; hier ist dann im (Ägebnis Abstimmung nach Köpfen eingeführt).

ß) ein erhöhtes Stimmrecht geben solchen Aktiengattungen, die mit bevorzugten Vermögensrechten (Vorzugsaktien) aus­ gestattet sind. § 2521 Satz 4 (siehe oben § 38II 2 b). d) Das Stimmrecht kann durch einen Bevollmächtigten ausaeübt werden. Die Vollmacht bedarf schriftlicher Form. 8 252II HGB. e) Das Stimmrecht des Aktionärs ist ein unerläßlicher Bestandteil der Mitgliedschaft. Stimmenlose Mitgliedschaften sind nach deutschem Recht ausgeschlossen (anders zum Teil im Ausland). Die Satzung kann daher das Stimmrecht wegen persön-

Generalversammlung.

209

licher Eigenschaften nicht entziehen (z. B. Frauen). Die Ausübung des Stimmrechts kann die Satzung näher regeln. § 252IV HGB. Insbesondere findet sich häufig die Vorschrift, daß die Aktien bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Generalversammlung hinterlegt sein müssen. Eine Beschränkung der Ausübung des Stimmrechts ist aber un­ zulässig, wenn sie derart ist, daß sie sich als eine schwere Verkümmerung des Stimmrechts darstellt, z. B. Verbot der Ausübung des Stimmrechts durch Frauen (RG. 65 41). — Zulässig ist es nach der herrschenden Lehre, daß die Satzung.von Bevollmächtigten bestimmte Eigenschaften verlangt (z. B. männliches Geschlecht, Aktionäreigenschaft). f) Stimmenkauf, Stimmenerschleichung werden strafrechtlich ge­ ahndet. §§317, 318 HGB. Möglich ist die Übertragung des Stimmrechts zur Ausübung hn eigenen Namen (Legitimationsübertragung). Vgl. unten §4216. Häufig lassen sich insbesondere Banken bei Aufbewahrung von Aktien ihrer Kunden allgemein zur Ausübung des Stimmrechts ermächtigen (natür­ lich zwecks Beherrschung der Generalversammlung durch möglichst viele Stimmen). Die Abrede ist nach deutschem Recht gültig, nach französischem Recht verboten.

3. Verhandlung. Das Gesetz schreibt zwingend nur die Aufnahme eines Ver­ zeichnisses der Teilnehmer und-gerichtliche oder notarielle Proto­ kollierung jedes Beschlusses vor. 88 258, 259 HGB. Im übrigen ist die Satzung maßgebend. Doch ist zu beachten: Es hat sich ein Händelsgewohnheitsrecht durchgesetzt, kraft dessen bestimmte parlamentarische Grundsätze gelten. Beispielsweise ist es unzulässig, daß der Vorsitzende selbständig die Versammlung schließt, ehe die Tagesordnung erledigt ist. — Streitig ist, ob der einzelne Aktionär ein eigenes Recht auf Auskunstserteilung gegen­ über dem Vorstand hat. Der richtigen Ansicht nach ist dies zu verneinen. Das Recht auf Auskunft steht der Generalversammlung im ganzen zu, sie entscheidet, ob genügende Auskunft gegeben ist oder nicht (RG. 82 182). Über den Schutz gegen unsittliche Vergewaltigung durch die Mehr­ heit siehe unten 7 f ß.

4. Beschlußfassung. a) Grundsätzlich entscheidet die Mehrheit der abge­ gebenen Stimmen (einfache Stimmenmehrheit). 82511 HGB. Es muß sich also für den Beschluß mehr olä die Hälfte der ab­ gegebenen Stimmen erklären (absolute Mehrheit). Wer sich der Stimme enthält oder enthalten muß, hat sie nicht abgegeben, er wird nicht mitgezählt. b) Die Satzung kann allgemein oder für einzelne Fälle mehr vorschreiben, aber nicht weniger. Sie kann namentlich eine verstärkte Mehrheit (z. B. Dreiviertel) anordnen oder eine v. Giertf, Handels-, Schiffahrt»- und Privatversicherungsrecht.

14

210

Aktiengesellschaft.

qualifizierte Mehrheit (z. B. eine Mehrheit von Dreiviertel, die mindestens ein Viertel des ganzen Grundkapitals darstellt). § 2511 HGB. c) Das Gesetz verlangt in einigen Fällen selbst eine größere Mehrheit. (Häufig Dreiviertelmehrheit). § 2511 HGB. Der Ausdruck des Gesetzes, daß die Mehrheit einen bestimmten Bruch­ teil „des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals" umfassen muß, kommt auf dasselbe hinaus, als ob von abgegebenen Stimmen die Rede wäre. Aktien, deren Besitzer sich der Stimme enthalten oder enthalten müssen, oder die wegen eines Verbots der Stimmenhäufung nicht in Betracht kommen, sind bei der Beschlußfallung nicht „Dertreten". Beispiele: §§ 275, 292, 303, 304 HGB.; § 207 III HGB. (quali­ fizierte Mehrheit).

d) Für Wählen können strengere oder mildere Bestimmungen in der Satzung getroffen werden (z. B. relative Mehrheit). § 252 II HGB. In gewissen Füllen schränkt das Gesetz die Macht der Mehrheit ein durch die sog. Minderheitsrechte (unten 6). Im übrigen ist die Minderheit gegen eine „unsittliche" Vergewaltigung durch die Mehrheit geschützt (unten 7f 0). Einen weiteren Schutz geben die „Sonderrechte" der Aktio­ näre (unten 5 b). Da die Mehrheit der Aktien die Beherrschung der A.G. gibt, suchen die führenden Aktionäre sich auf alle Weise diesen Aktienbesitz zu beschassen. Hier zeigen sich vielfach Mißbräuche (namentlich in Amerika). Vgl. z. B. oben 2 am Ende. Mitunter werden von A.G. Tochtergesell­ schaften gegründet, die lediglich den Zweck haben, Aktien der zu beherrschen­ den A.G. aufzukaufen und in den Händen zu behalten (holding Companies). Ganz unzulässig ist es, Aktien, die gemäß § 253III HGB. ausgeschaltet sind, durch Verkauf mit Abrede des Rückkaufs (Reportgeschäft) das Stimmrecht zu verschaffen.

5. Zuständigkeit. Der Generalversammlung steht als oberstes Organ der Körper­ schaft (§250 HGB.) zu namentlich die Satzungsänderung, Be­ stellung und Widerruf des Aufsichtsrats und anderer Organe, die oberste Entscheidung und Kontrolle hinsichtlich der Geschäfts­ führung, Prüfung und Genehmigung der Bilanz, Gewinnverteilung, Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und die Auflösung. Die Satzung kann die Befugnisse erweitern und einschränken (mit Ausnahme der wesentlichen Befugnisse). Ausnahmsweise steht der Generalversammlung auch die Vertretung der A.G. zu (Anstellungsverträge mit Aufsichtsrats- und Vorstands­ mitgliedern).

Schranken. a) Sie kann ihren gesetzlichen und statutarischen Lebensbereich nicht überschreiten (z. B. Schenkungen oder Verpfändungen

Generalversa mmlung.

211

außerhalb verkehrsüblicher Geschäftsführung vornehmen). Doch kann sie den Gegenstand des Unternehmens auch ohne Ermächtigung der Satzung ändern. § 275 II HGB. b) Sie kann nicht oder doch nicht einseitig in Sonderrechte und Sonderpflichten der Aktionäre eingreifen. Vgl. unten 7ö. 6. Minderheitsrechte. In gewissen Fällen gibt das Gesetz einer Minderheit das Recht in der Generalversammlung die Entscheidung herbeizuführen. Die Minderheit erscheint hier als das berufene Organ, die Inter­ essen der A.G. wahrzunehmen. Hierher gehört a) Gerichtliche Bestellung von Revisoren zur Prüfung durch Entscheidung von einem Zehntel des gesamten Grundkapitals. §§ 266, 267 HGB. b) Erhebung von Ersatzklagen aus Gründung und Geschäfts­ führung durch Entscheidung von einem Zehntel des gesamten Grund­ kapitals. §§ 268—270 HGB. c) Vertagung der Verhandlung über die Genehmigung der Bilanz durch Entscheidung von einem Zehntel des gesamten Grund­ kapitals. § 264 HGB. Das Verlangen der Minderheit in den Fällen a. und b ist geeignet, den Ruf der A.G. oder deren Organe zu schädigen. Daher finden sich eine Reihe erschwerender Vorschriften (z. B. es kann Sicherheitsleistung gefordert werden). Abgesehen von diesen Minderheitsrechten in der Generalversammlung gibt es Minderheitsrechte, die nur außerhalb der Generalversammlung geltend gemacht werden, insbesondere das Recht auf Einberufung der Generalversammlung (oben la) und auf Ankündigung von Gegen­ ständen der Tagesordnung (oben Id).

7. Anfechtung. Eine gedeihliche Entwicklung der A.G. würde auf das Empfind­ lichste gestört, könnte jeder Aktionär ohne weiteres oder noch nach langer Zeit die Unwirksamkeit von Generalversammlungsbeschlüssen in vollem Umfang geltend machen. Das HGB. hat daher ihre „Anfechtung" näher geregelt und an eine bestimmte Form und feste Frist gebunden. §§ 271—273 HGB. (Dem Vereinsrecht des BGB. ist eine solche besondere Anfechtung unbekannt.) Macht man sich den Zweckgedanken des Gesetzes klar, so muß die Auslegung der genannten Vorschriften nach Möglichkeit so erfolgen, daß nur in besonderen Fällen eine Berufung auf die Ungültigkeit eines Generalversammlungsbeschlusses außerhalb ihres Rahmens zulässig ist.

212

Aktiengesellschaft.

a) Die Anfechtung srßt voraus, daß „ein Beschluß das Gesetz oder die Satzung verletzt". Siehe unten f. b) Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung einer Klage ikmerhalb eines Monats feit der Beschlußfassung. Zuständig ist das Landgericht. c) Berechtigt zur Klageerhebung ist a) Jeder Aktionär, der erschienen ist, falls er Widerspruch zu Protokoll erklärt hat. Der nicht erschienene Aktionär kann nur anfechten, wenn er seine Anfechtung auf mangelhafte Ein­ berufung stützt. ß) Der Vorstand. y) Jedes einzelne Vorstands- oder Aufsichtsratsmjtglied, wenn ihm durch den Beschluß Strafe oder Haftung auf Schadensersatz droht. d) Beklagter ist der Verein. Vertreten wird er durch Vor­ stand und Aufsichtsrat. Klagt der Vorstand, so wird er nur durch den Aufsichtsrat vertreten. Auf Antrag kann Sicherheitsleistung durch den klagenden Aktionär seitens des Gerichts angeordnet werden (zur Vermeidung schikanöser. Anfechtung). e) Das Urteil, das den Beschluß vernichtet, wirkt nicht bloß unter den Parteien, sondern für und gegen alle Aktionäre. Der einzelne Aktionär erscheint in dieser Hinsicht als ein Organ der A.G.—Die Vernichtung des Urteils wirkt zurück. Individualrechte Dritter werden dadurch nicht berührt.

f) In manchen Fällen find Generalversammlungsbeschlüsse unwirksam, ohne daß es einer Anfechtung bedarf. Das Einzelne ist sehr streitig. a) Nichtig ist unbestritten ein angeblicher Beschluß, der sich in Wahrheit gar nicht als ein „Generalversammlungsbeschluß" im Rechtssinn darstellt. Es entscheidet die Verkehrsanschauung. Im allgemeinen kann man sagen, daß erhebliche VerfahrensVorschriften verletzt sein müssen (das Einzelne ist streitig). Beispiele: 1. Nichtig ist ein Beschluß, wenn die Einberufung durch einen Unbefugten geschah, oder wenn die gesetzliche Form der Proto­ kollierung nicht stattgesunden hat. 2. Nur anfechtbar ist der Beschluß, wenn die Tagesordnung nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht bekannt gemacht worden ist (vgl. § 271IU HGB.), oder wenn ein Beschluß zwar mit Mehrheit aber nicht irit der nötigen verstärkten Mehrheit gefaßt worden ist (RG. 75 243, 89 380; streitig).

ß) Nichtig ist ein Beschluß der inhaltlich gegen schlechthin zwingende Vorschriften verstößt. Beispiele: Es wird beschlossen, es sollen Aktien unter 1000 Mk. ausgegeben werden, oder es solle künftig auch der stimmen können, der an einem Rechtsgeschäft mit der A.G. beteiligt ist.

Mitgliedschaft.

213

Hierher gehört auch der Fall, daß der Beschluß gegen die guten Sitten verstößt, weil er eine unsittliche Vergewaltigung der Minderheit durch die Mehrheit enthält (§§ 138, 826 BGB.). Vgl. 3?®. 80 390 (RG. 68 246 nur Anfechtbarkeit?). Beispiel: A erbt ein völlig verwahrlostes Gut. Gleichzeitig ist er Haupt­ aktionär" einer A.G. Er verlangt von dieser Abkauf des Gutes zu einem außerordentlich hohen Preis, er macht den Direktor der A.G. durch Drohung mit Entlassung gefügig, so daß dieser das ganz unvorteil­ hafte Geschäft für die A.G. abschließt. Die Minderheit der Aktionäre wird darauf erheblich durch den Rückgang der Erträge der A.G. geschädigt, A findet seinerseits reichlichen Ausgleich durch den vorteilhaften Verkauf des Gutes. In der Generalversammlung erhält der Direktor für seine unerhörte Geschäftstätigkeit Entlastung durch die Mehrheit, — d. h. durch A, der die Mehrheit der Aktien in Händen hat. — Der Entlastungs­ beschluß ist, weil gegen §§138 und 826 BGB. verstoßend, nichtig (nach manchen nur anfechtbar). — Man wird außerdem eine Schadensersatz­ klage der Minderheit nicht nur gegen den Direktor, sondern auch gegen A geben (§ 826 BGB.).

y) Nichtig sind Beschlüsse, die in Rechte Dritter cingreifen. Es fehlt jede Zuständigkeit der Generalversammlung. Hierher gehören auch die „Gläubigerrechte der Aktionäre". unten $ 42Ililb^.

Vgl.

ö) Dagegen sind lediglich anfechtbar Beschlüsse, welche „Sonderrechte" von Aktionären beeinträchtigen, soweit nicht ihre Nichtigkeit sich aus besonderen zwingenden Vorschriften ergibt. Über „Sonderrechte" und die Folgen ihrer Verletzung siehe unten

§ 42III1 b. Vielfach wird bei ihrer. Verletzung stets Nichtigkeit angenommen.

1. Erwerb.

Mitgliedschaft.

§ 42.

1. Der Erwerb der Mitgliedschaft (vgl. über sie oben § 38II2) kann sein a) ein ursprünglicher. Er geschieht ohne einen Mitglieder­ wechsel. Er vollzieht sich bei der Gründung der A.G. mit der Ein­ tragung des Vereins auf Grund der Aktienübernahme «dbet Aktien­ zeichnung. Außerdem im Fall einer Grundkapitalserhöhung mit deren Ein­ tragung auf Grund einer Aktienzeichnung (unten §45II 2 b). Die Aktienurkunden können hier leine Rolle spielen; dürfen sie doch nicht vor der Eintragung ausgegeben werden (§§ 200, 287 HGÄ ).

b) ein abgeleiteter. Er geschieht durch Mitgliederwechsel. Er vollzieht sich entweder durch Gesamtnachfolge (namentlich. Erbfolge) oder durch Sondernachfolge. Bei der Soudernachfolge handelt es sich um Übertragung der Mitgliedschaft.

Mitgliedschaft.

213

Hierher gehört auch der Fall, daß der Beschluß gegen die guten Sitten verstößt, weil er eine unsittliche Vergewaltigung der Minderheit durch die Mehrheit enthält (§§ 138, 826 BGB.). Vgl. 3?®. 80 390 (RG. 68 246 nur Anfechtbarkeit?). Beispiel: A erbt ein völlig verwahrlostes Gut. Gleichzeitig ist er Haupt­ aktionär" einer A.G. Er verlangt von dieser Abkauf des Gutes zu einem außerordentlich hohen Preis, er macht den Direktor der A.G. durch Drohung mit Entlassung gefügig, so daß dieser das ganz unvorteil­ hafte Geschäft für die A.G. abschließt. Die Minderheit der Aktionäre wird darauf erheblich durch den Rückgang der Erträge der A.G. geschädigt, A findet seinerseits reichlichen Ausgleich durch den vorteilhaften Verkauf des Gutes. In der Generalversammlung erhält der Direktor für seine unerhörte Geschäftstätigkeit Entlastung durch die Mehrheit, — d. h. durch A, der die Mehrheit der Aktien in Händen hat. — Der Entlastungs­ beschluß ist, weil gegen §§138 und 826 BGB. verstoßend, nichtig (nach manchen nur anfechtbar). — Man wird außerdem eine Schadensersatz­ klage der Minderheit nicht nur gegen den Direktor, sondern auch gegen A geben (§ 826 BGB.).

y) Nichtig sind Beschlüsse, die in Rechte Dritter cingreifen. Es fehlt jede Zuständigkeit der Generalversammlung. Hierher gehören auch die „Gläubigerrechte der Aktionäre". unten $ 42Ililb^.

Vgl.

ö) Dagegen sind lediglich anfechtbar Beschlüsse, welche „Sonderrechte" von Aktionären beeinträchtigen, soweit nicht ihre Nichtigkeit sich aus besonderen zwingenden Vorschriften ergibt. Über „Sonderrechte" und die Folgen ihrer Verletzung siehe unten

§ 42III1 b. Vielfach wird bei ihrer. Verletzung stets Nichtigkeit angenommen.

1. Erwerb.

Mitgliedschaft.

§ 42.

1. Der Erwerb der Mitgliedschaft (vgl. über sie oben § 38II2) kann sein a) ein ursprünglicher. Er geschieht ohne einen Mitglieder­ wechsel. Er vollzieht sich bei der Gründung der A.G. mit der Ein­ tragung des Vereins auf Grund der Aktienübernahme «dbet Aktien­ zeichnung. Außerdem im Fall einer Grundkapitalserhöhung mit deren Ein­ tragung auf Grund einer Aktienzeichnung (unten §45II 2 b). Die Aktienurkunden können hier leine Rolle spielen; dürfen sie doch nicht vor der Eintragung ausgegeben werden (§§ 200, 287 HGÄ ).

b) ein abgeleiteter. Er geschieht durch Mitgliederwechsel. Er vollzieht sich entweder durch Gesamtnachfolge (namentlich. Erbfolge) oder durch Sondernachfolge. Bei der Soudernachfolge handelt es sich um Übertragung der Mitgliedschaft.

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AktiengeseVschaft. Eine Übertragung der erst im Werden begriffenen Mitgliedschaft ist nicht möglich ($$ 20011, 287II HGB.).

2. Die Übektragung erfolgt durch Übereignung der Aktienurkunde.' a) Bei Inhaberaktien entscheidet Einigung und Übergabe. Es gelten die Regeln der Jnhaberpapiere, namentlich auch $ 935 BGB. ($$366, 367 HGB.), $793 ff. BGB. (insbesondere $796: Beschränkung der Einwendungen); nicht gilt $ 794 BGB. (streitig).

b) Bei Namensaktien und Jnterimsscheinen, die nicht die Rektaklausel tragen, erfolgt die Übereignung durch Indossierung und Übergabe. §§ 222IIIII, 224 HGB. Es gelten wechselrechtliche Regeln. Auch die Einwendungen, sind nur beschränkt zulässig (streitig; Art. 82 WO. ist zwar nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt, aber $36411 HGB. ist analog anzuwendeiU. Selbstverständlich hat das Indossament nicht die wechselrcchtliche Garantiefunktion. — Die Übereignung kann auch durch Abtretung und Übergabe der Urkunde vor sich gehen. —Tragen Namensaktien und Interims­ scheine die Rektaklausel, so steht nur der letztere Weg für die Übereignung offen. Möglich ist auch die Übertragung einer entstandenen Mitgliedschaft, wenn noch keine Aktienurkunden ausgestellt sind (streitig; bejahend RG. 86155). Sie erfolgt durch formlosen Vertrag ($$ 398,413 BGB.). — Es handelt sich hier um seltene Fälle, da die Ausgabe von Aktienumkuuden vorgeschrieben ist ($$17911, 1831 HGB.), und jeder Aktionär einen Anspruch auf Aushändigung hat. — Sind Aktienurkunden ausgegeben, so ist eine andere Übertragung der Mitgliedschaft als durch Übertragung der Aktienurkunde unmöglich.

3. Legitimation. Von dem Erwerb der Mitgliedschaft scharf zu unterscheiden ist die Legitimation als Mitglied. Einfach liegt es bei Inhaber­ aktien; hier ist der Inhaber der Aktienurkunde als Mitglied legi­ timiert. Anders bei Namensaktien. Bei diesen wird die Legiti­ mation gegenüber der A.G. durch die Umschreibung im Aktienbuch begründet. Das Aktienbuch ist ein Verzeichnis der Aktionäre. a) Herbeiführung der Umschreibung. Der neue Aktionär kann die Umschreibung herbeiführen durch Vorlegung der Stammaktie und den Nachweis des Übergangs (z. B. durch Nachweis der Indossierung, durch Ausweis als Erbe). Die A.G. braucht die Echtheit der Indossamente oder Abtretungs­ erklärungen nicht ju prüfen. § 2231II HGB. b) Wirkung der Umschreibung. . Sie hat nicht, wie man früher annahm, rechtsbegründende Wirkung (sie macht nicht zum Aktionär), vielmehr hat sie lediglich eine Legitimationswirkung: „Im Verhältnis zur A.G. gilt nur

Erwerb der Mitgliedschaft.

215

derjenige als Aktionär, der als solcher im Aktienbuch verzeichnet ist". § 223III HGB. (RG. 86157). Hieraus folgt namentlich a) Nur der eingetragene Aktionär kann die Rechte aus der Mitgliedschaft ausüben, insbesondere stimmen. Da er aber nur als Aktionär „gilt", kann die A.G. dem Eingetragenen die An­ erkennung versagen, wenn er in Wirklichkeit nicht Aktionär geworden

ist.

(RG. 86 161.) ß) Die A.G. kann den eingetragenen Aktionär als solchen in Anspruch nehmen. Dieser kann sich ihr gegenüber nicht auf Mängel der Aktienübertragung oder ihr Nichtvorhandensein berufen. (RG. 72 294, 86 160.) Nur der Einwand, daß er der Eintragung als solcher nicht zugestimmt habe (z. B. weil er geisteskrank gewesen sei), ist ihm gestattet (RG. 86 159, »2 317).

Gegen einen nichteingetragenen Aktionär kann die A.G. nicht vorgehen (streitig; beachte aber das Wort „nur" in $ 223III HGB.). 4. Beschränkung und Ausschluß des Übergangs durch die Satzung. a) Die Satzung kann den Übergang von Namensäktien be­ schränken. § 222II HGB. Insbesondere kann sie ihre Übertragung an die Zustimmung der A.G. knüpfen.

Namensaktien. Besondere Regeln für die

„Gebundene" (vinkulierte)

Übertragung gebundener Klein­

aktien (oben § 38 II 1 b) in § 222IV HGB. (Zustimmung von Aufsichtsrat und Generalversammlung; gerichtliche oder notarielle Abtretungserklärung). b) Die Satzung kann auch den Übergang von Namensaktien (Über­

tragung, Vererbung) ausschließen (abweichend die herrschende Lehre). 5. Erwerb eigener Aktien. Der Erwerb eigener Aktien durch die A.G. ist vielfach schädlich und ungesund. Das HGB. zieht ihm daher Schranken. § 226. a) Eigene vollbezahlte Aktien soll die A.G. im regel­ mäßigen Geschäftsbetrieb nicht erwerben. §2261 HGB.

Der Grund ist folgender: Es soll verhindert werden, daß die Organe, um den Kurs heruntergegangener Aktien zu steigern, Aktien kaufen. Hierdurch würden die Verhältnisse der Gesellschaft der Öffentlichkeit gegenüber in ein falsches Licht gerückt. Die Gläubiger und künftige Er­ werber von Aktien würden getäuscht. Gleichzeitig droht aber auch der A.G. selbst Schaden. Die bei Kursrückgang erworbenen Aktien müssen längere Zeit im Besitz der A.G. bleiben, da ihre Weiterveräußerung sofort wieder Kursrückgänge bringen muß. Hierdurch wird die Zahlungs­ fähigkeit der A.G., die sich sowieso in einer wirtschaftlichen Krise be­ finden wird, noch mehr beeinträchtigt. Sie muß dann schließlich doch zu den inzwischen gesunkenen Kursen verkaufen.

216

Aktiengesellschaft.

Nicht zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb gehört Erwerb durch Zwangsvollstreckung, Schenkung. Eine gesetzliche Ausnahme besteht für den Erwerb als Einkaufskommissonär.

Das trotz des Verbotes abgeschlossene Geschäft ist gültig („soll nicht"). Aber die Organe der A.G. sind ihr schadensersatzpflichtig (vgl. §§ 241, 249 HGG.). Solange die A.G. eigene Aktien besitzt, ruht die Mitgliedschaft. b) Eigene nicht volleinbezahlte Namensakticn kann die A.G. überhaupt nicht erwerben. §226II Satz2 HGB. Das Gesetz spricht nur von nicht voll einbezahlten Aktien, es können aber nur Namensaktien in Frage kommen (vgl. oben § 38II3 c /?). Der Grund ist folgender: Der Erwerb würde eine Befreiung deS Veräußerers von dem Restgeld herbeiführen (siehe unten III2 b).

Das trotz des Verbotes abgeschlossene Geschäft ist nichtig („kann nicht"). Die Organe sind schadensersatzpflichtig (§§ 241,249 HGB.). Den nicht volleinbezahlten Namensaktien stehen die Interims ­ scheine (gleichgültig ob sie volleinbezahlt sind oder nicht) gleich. § 226II Satz l HGB. (vgl. § 179III HGB.). 6. An dem Aktienrecht können auch begrenzte dingliche Rechte (Pfandrechte, Nießbrauch) bestellt werden. Hiermit tritt aber kein Mitgliederwechsel ein, Pfandgläubiger und Nießbraucher werden nicht Aktionäre. Eine ganz andere Frage ist die der Legitimation (vgl. oben 4). Häufig findet sich eine Legitimationsübertragung zwecks Ausübung der Aktienrechte zu eigenem Recht in Verbindung mit einer Verpfändung oder einem Auftrag oder einer Verwahrung «sw. Siehe oben § 41IV 2 am Ende. Soweit die Übertragung beschränkt oder ausgeschlossen ist, gilt Entsprechendes auch für die Bestellung begrenzter dinglicher Rechte und die Legitimationsübertragung. Die vertragsmäßige Pfandnahme eigener Aktien durch die A.G. ist in gleicher Weise beschränkt wie ihr Vollerwerb. § 226 HGB.

7. Über die Haftung des Rechtsvorgängers für den Nach mann bei Rückständen siehe unten III2 ay. II. Verlust. Er tritt ein 1. Nur für den einzelnen Aktionär, indeyr die Mitglieder­ stelle bestehen bleibt. a) Bei der Veräußerung der Mitgliedschaft oder dem Tod des Aktionärs (oben I). Nicht zulässig ist dagegen' ein einseitiger Verzicht (abweichend Cosack). b) Durch Ausschluß des Aktionärs. Ein solcher ist aber nur in einem bestimmten, vom Gesetz geregelten Fall zulässig, nämlich

Verlust der Mitgliedschaft.

217

bei Säumnis in der -Zahlung der Einlage (sog. Kaduzierung der Akti^), §§ 219, 220 HGB. Hierüber unten III2a. Unzulässig ist jeder sonstige Ausschluß, auch kann die Satzung dje freie Aus­ schließung nicht festsetzen (streitig). 2. Durch vollen Wegfall der Mitgliederstellen a) im Fall der Auflösung der A.G. oder der Herabsetzung des Grundkapitals. Unten §44, § 45III. b) im Fall der Einziehung von Aktien (Amortisation). § 227 HGB. Die Einziehung von einzelnen Aktien gefährdet die Aktionäreindem jeder der Gefahr ausgesetzt ist, ohne seinen Willen von ihr betroffen zu werden. Es sind daher Schutzvorschriften zugunsten der Aktionäre nötig. Die Einziehung gefährdet aber auch die Gläubiger der A.G. Dies ist ersichtlich dann besonders der Füll, wenn mit der Einziehung eine Herabsetzung des Grundkapitals verbunden ist (die Garantieziffer — vgl. oben § 38 13 — wird ja dauernd kleiner!). Ist dies nicht der Fall, so sind die Gläubiger durch die erforderliche Schmälerung des Gesellschaftsvermögens ge­ fährdet. Das Gesetz bestimmt daher a) im Interesse der Aktionäre: Die Einziehung muß — denn sie ist eine von der Regel abweichende Maßnahme —in der Satzung bestimmt sein, und zwar grundsätzlich vor der Übernahme oder Zeichnung der betroffenen Aktie (der Aktionär soll wissen, daß ihm die Gefahr der Einziehung bevorsteht). Eine leicht verständliche Ausnahme gilt, wenn die Einziehung nicht zwangsweise (Auslosung, Kündigung usw.) erfolgt, sondern eine freiwillige ist (z. B. Ankauf); hier kann die Satzung die Einziehungsbestimmung auch erst später aufnehmen. § 2271 HGB. ß) im Interesse der Gläubiger. § 227II HGB. aa) Ist mit der Einziehung eine Herabsetzung des Grund« kapitals verbunden, so müssen die erschwerenden Vorschriften, die hierfür gelten, gewahrt werden (unten § 45III). ßß) Soll das Grundkapital das alte bleiben, so dürfen die Mittel zur Einziehung nur aus dem bilanzmäßigen Reingewinn genommen werden. Hierüber können sich die Gläubiger nicht beschweren, denn der bilanz­ mäßige Reingewinn könnte auch als Dividende verteilt werden.

Bei der Einziehung ohne Herabsetzung des Grundkapitals wächst der Wert'der amortisierten Aktie den übrigbleibenden Aktien verhältnismäßig an (ihr Nennbetrag bleibt der alte). Durch sie wird also bezweckt, eine Steigerung des Wertes der übrig bleibenden

218

Aktiengesellschaft.

Mitgliedschaften infolge der Abstoßung anderer (namentlich auch von Vorzugsaktien) herbeizuführen. Vielfach wird die Ansicht vertreten, daß eine Einziehung von Aktien mit bilanzmäßigem Reingewinn zu einer Verminderung des Grund­ kapitals führe, ohne daß die erschwerenden Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals eingehalten werden müßten. Dabei gehen wieder die Meinungen auseinander, indem vie einen verlangen, daß dann dauernd der Betrag der amortisierten Aktien unter den Passiven der Bilanz als besondere gesetzliche Reserve erscheinen müsse (Simon), während die anderen (Staub, Rehm) dies nicht für erforderlich halten. Meines Erachtens kann man das Verfahren von Simon, wenn es auch nicht das gesetzlich geregelte ist, für zulässig halten. In der Tat weisen es auch die Satzungen der A.G. meistens auf. Dagegen ist die Ansicht, welche von einem Ausgleichsposten absieht (Staub, Rehm), abzulehnen. Es kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, daß die Gläubiger in so außerordentlicher Weise benachteiligt werden dürfen. Häufig werden den Inhabern eingezogener Aktien „Genußscheine" zugesichert. Diese geben gewisse Ansprüche meist auf Reingewinn und Liquidationsquote hinter den Aktionären. Sie sind nicht Aktien, sondern Schuldurkunden über reine Gläubigerrechte. Insbesondere geben sie also kein Stimmrecht. — Häufig wird mit Amortisation von Aktien in den Statuten etwas bezeichnet, was in Wahrheit keine Einziehung von Aktien ist. Es erhalten nämlich Aktionäre gegen Vergütung aus dem Reingewinn eine schlechtere Stellung hinter den übrigen Aktionären in bezug auf Dividende und Liquidationsquote. Hier bleibt die Mitglied­ schaft bestehen, sie ist nur eine inhaltlich schlechtere geworden; die als­ dann ausgestellten „Genußscheine" sind richtige Aktien, sie geben auch das Stimmrecht. — Zur Ausgabe wahrer Genußscheine bedarf es noch der Berordnungv 2.11.1917 staatl. Genehmigung. Siebe nochunü*n III lei. Nichts mit der besprochenen Einziehung von Aktien zu tun hat die Krastloserklärung von Aktienurkunden, die vernichtet oder abhanden gekommen sind. § 228 HGB. Die Mitgliedschaft wird hier nicht be­ seitigt, der ftühere Inhaber behält sein Recht.

III. Inhalt der Mitgliedschaft. Aus der Mitgliedschaft entspringen kraft Gesetzes oder auf Grund der Satzung verschiedene Rechte und Pflichten des Aktionärs. 1. Rechte. a) Die Rechte sind zahlreich. Die wichtigsten sind das Dividendenrecht, das Recht auf die Liquidationsquote und das Mitverwaltungsrecht (oben §38II 2a). In dem Mitverwaltungsrecht steckt insbesondere das Stimmrecht und das Anfechtungsrecht von Beschlüssen der Generalversammlung. Hier­ von ist bereits ausführlich gehandelt worden (oben § 41IV). Das Recht auf die Liquidationsquote wird bei der Auflösung zur Sprache kommen (unten § 43II). Es bedarf daher hier nur noch einer Be­ trachtung des Dividendenrechts (unten c). — Weitere Rechte,

Inhalt der Mitgliedschaft.

219

die nur einer gelegentlichen Erwähnung bedürfen, sind z. B. das Recht auf Ausfertigung einer Aktienurkunde (oben § 38 II 3a), auf Eintragung in das Aktienbuch (oben I 3 a), das Bezugsrecht bei Grundkapitalserhöhungen (unten § 45II 2a), das Recht auf Ein­ sicht der Bilanz (unten § 43 III3) u. a. m. Ehe wir uns dem Dividendenrecht zuwenden, muß aber eine besondere Art der Rechte des Aktionärs erörtert werden, das sind die Sonderrechte. b) Sonderrechte. Eine der wichtigsten und bestrittensten Fragen "des Aktien­ rechts ist die Frage: Welche Rechte des Aktionärs sind als sog. Sönderrechte anzusehen? Die Frage ist an sich eine allgemeine Frage des Vereinsrechts (vgl. § 35 BGB.), sie hat aber bei der A.G. eine besondere Bedeutung und Ausprägung und ist gerade bei ihr seit langem erörtert worden. Es geht daher nicht an, ein­ fach auf das bürgerliche Recht zu verweisen. Die Wichtigkeit der Frage liegt in folgendem: Welche Rechte des Aktionärs sind so beschaffen, daß sie die Generalversammlung nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigen kann? Welche-Rechte sind dem Mehrheitswillen entrückt? Beispiele: I. Der Aktionär A hat eine Kaufpreisforderung gegen die A.G., der er Waren verkauft hat. Die Generalversammlung beschließt, daß A nur die Hälfte erhalten soll. II. Dem Aktionär B, dessen Aktie amortisiert worden ist, wird in einem Genußfchein eine Teilnahme an der Dividende hinter den ver­ bliebenen Aktionären zugesichert (vgl. oben II 2 b am Ende). Später beschließt die Generalversammlung dem B dieses Recht zu entziehen. Muß sich B dies gefallen lassen? III. Die Generalversammlung einer A.G. stellt ordnungsmäßig die Dividende für die einzelnen Aktien fest (vgl. unten c). Ein späterer Generalversammlungsbeschluß widerruft diese Festsetzung. Muß sich der Aktionär C, der gegen den Widerruf gestimmt hat, dies gefallen lassen? IV. Dem Aktionär D ist in der Satzung die Zusicherung gegeben, daß die Satzung ohne seine Zustimmung nicht geändert werden darf. Die Generalversammlung beschließt mit Satzungsänderung, ihm dies Vorrecht zu nehmen. Muß sich D dies gefallen lassen? V. Eine A.G. hat gemäß § 185 HGB. eine bestimmte Serie von Aktien mit einem Dividendenvorzug ausgestattet. Ein späterer Satzungsänderungsbeschluß nimmt diesen Aktien ihr Vorrecht. Müssen sich die Inhaber der Vorzugsaktien dies gefallen lassen? VI. 1. Eine Generalversammlung beschließt unter Satzungsänderung, daß eine bestimmte Aktie kein Stimmrecht haben soll. 2. Eine General­ versammlung beschließt, daß der Aktionär E sein Stimmrecht in der heutigen Versammlung nicht ausüben dürfe, weil er ein Landesverräter sxi. Muß E sich das gefallen lassen?

220

Aktiengesellschaft.

VII. Die Generalversammlung einer A.G. beschließt bei der Divi­ dendenverteilung diesmal den Aktionär F davon auszuschließen, weil er mit Zuchthaus bestrast sei. Mutz sich F dem fügen? VIII. Muß bei einer BrauereiA.G. der überstimmte Aktionär G es sich gefallen lassen, wenn die Generalversammlung mit der nötigen Mehrheit beschließt: I. In Zukunft überhaupt keine Dividende mehr zu verteilen, sondern den Reingewinn zu WohltStigkeitszwccken zu verwenden, oder 2. die bisherige freie Übertragbarkeit der Aktien abzuschasfen und ihre Übertragung an die Zustimmung der A.G. zu knüpfen, oder 3. bei einer künftigen Auslösung den Überschuß nicht an die Aktionäre zu verteilen, sondern an die Stadt Halle zu überweisen?

a) Unbestritten ist, daß keine Sonderrechte sind die reinen Gläublgerrechte von Aktionären oder ehemaligen Aktionären. Die Aktionäreigenschaft ist etwas ganz zufälliges (Beispiel I) oder überhaupt nicht mehr vorhanden (Beispiel II). Für sie gilt: Sie sind der Vereinsherrschaft nicht unterworfen, ein sie berührender Generalversammlungsbeschluß ist ihnen gegen­ über yhne weiteres unwirksam (vgl. oben § 41IV 7 f /). Im Konkurs der A.G. sind sie richtige Konkursforderungen. ß) Keine Sonderrechte sind ferner die mitgliedschaftlichen Gläubigerrechte von Aktionären. Es sind dies diejenigen Rechte des Aktionärs, die zwar der Mitgliedschaft entkeimen, aber als verselbständigte Individualrechte ausgestaltet erscheinen. Hierher gehört nach der herrschenden Lehre das durch die Generalversammlung festgestellte Dividendenrecht (Beispiel III). Ferner ist hier einzureihen das Recht auf Bauzinsen (unten c e; streitig); auch die besonderen Vorteile des § 186 HGB. fallen häufig hierunter. Die mitgliedschaftlichen Gläubigerrechte sind ebenso zu be­ handeln wie die reinen Gläubigerrechte (oben a, hierzu auch oben §41IV7fy). y) Als Sonderrechte sind dagegen anzusehen Mitgliedschaftliche Vorrechte, die Aktionären als solchen in unselbständiger Verquickung mit ihrer Mitgliedschaft zustehen. Hierbei sind zu unterscheiden ««) Einzelvorrechte. Das sind Vorrechte, die einem einzelnen Aktionär als solchen, zügesichert sind (Beispiel IV). Sie können nur mit Zustimmung der betreffenden Aktionäre beeinträchtigt werden (§35 BGB.). Der sie verletzende Generalversammlungsbeschluß ist der richtigen Ansicht nach nur anfechtbar (oben § 41IV 7's &). Die unterlassene Anfechtung wirkt heilend. Vielfach wird Nichtigkeit angenommen.

Sonderrechte.

221

Andere Beispiele: Sonderrecht eines Aktionärs darauf, daß die be­ stimmte Beendigungszeit eingehalten oder umgekehrt nicht abgekürzt wird.

ßß) Gattungsvorrechte. Das sind Vorrechte, die einer Gattung von Aktien eingeräumt §185 HGB. (Vorzugsaktien). (Beispiel V.) Bei ihnen gilt eine aktienrechüiche Besonderheit: Es bedarf und es genügt zu ihrer Abänderung ein besonderer Beschluß der bevorrechtigten Aktionäre mit Dreiviertelmehrheit innerhalb der allgemeinen Generalversammlung, welche die Ab­ änderung beschließt. § 275III HGB.

sind.

Wird die Vorschrift des §275111 nicht eingehalten, so ist der all­ gemeine Generalversammlungsbeschluß seitens, der Benachteiligten anfechtbar (§ 271 HGB ). Unterlassung der Anfechtung^ bedeutet nachträgliche Zustimmung.

8) Vielfach wird angenommen, daß der Begriff der Sonder­ rechte auf die unter y angegebenen Vorrechte zu beschränken sei (so z. B. Laband, Cosack — in der Literatur des bürgerlichen Rechts: z. B. Enneccerus, Planck, v. Tuhr ut a. m.). Diese Ansicht erscheint zu eng, vielmehr sind auch Sonderrechte anzuerkennen, die für alle Mitglieder in Betracht kommen („allgemeine Sonderrechtes. So insbesondere K. Lehmann, O. v. Gierke, Staub, Ritter, Uscher; in der Literatur des bürgerlichen Rechts: Oertmann, Kohler u.a. Unter den Anhängern dieser Meinung besteht über die Abgrenzung gegenüber den allgemein entzieh­ baren Mitgliedschaftsrechten Streit. Meines Erachtens ist am richtigsten so zu unterscheiden: aa) Gesetzliche allgemeine Sonderrechte. Es sind das solche Einzelrechte, deren Verletzung den grundlegenden allgemeinen Rechtsnormen des Aktienrechts widersprechen würde. Man gewinnt sie durch Auslegung des Gesetzes. Es gehört hierher z. B. das Mindeststimmrecht (§ 252 HGB.), das Recht auf Einsicht der Bilanz (§263 HGB.), auf Anfechtung der Generalversammlungsbeschlüsse (§ 271 HGB.), das Recht auf Teilnahme an der Generalversamm­ lung. Ein wichtiges Sonderrecht ist auch das Recht auf gleich­ mäßige Behandlung (im Rahmen des Gesetzes). Ein allgemeines Sonderrecht ist auch das Recht aus Einhalwng der Satzung, bis sie ordnungsmäßig abgeändert wird, sowie das Recht auf Einhaltung des Gesetzes bis die erforderliche Satzungsabweichung getroffen ist.

Für sie gilt: Sie sind unentziehbar in dem Sinn, daß sie durch einen Generalversammlungsbeschluß oder die Satzung nicht abgeschafft

222

AktiwgeseVschast,

werden können. Ein sie voll (dauernd) beseitigender Beschluß ist einfach nichtig, einer Anfechtung bedarf es nicht. Der in dem Beispiel V11 angeführte Beschluß ist daher nichtig. (Vgl. oben §41 IM7f£.)

Werden sie dagegen nur im Einzelfall Herletzt oder gestört, so greifen die allgemeinen Regeln ein. Ihre Beeinträchtigung ist also mit Zustimmung des Benachteiligten gestattet (§ 35 BGB.), bei fehlender Zustimmung kann der Benachteiligte (übrigens auch ein anderer widersprechender Aktionärs nach Maßgabe von § 271 ff. HGB. anfechten. Unterlassung der Anfechtung bedeutet nach­ trägliche Zustimmung. In dem oben unter VI2 angeführten Beispiel kann E nach Maß­ gabe von §271 HGB. anfechten (Verletzung des Stimmrechts). In dem Beispiel unter VII kann F anfechten (Verletzung der gleichmäßigen Behandlung). Der Grundsatz der Gleichberechtigung wird übrigens auch von ver­ schiedenen Anhängern der Lehre, daß nur Vorrechte Sonderrechte seien, nach den Regeln der Sonderrechte behandelt (vgl. auch RG. 48 213). Als allgemeine gesetzliche Sonderrechte sind dagegen nicht anzu­ erkennen ein Recht auf Unabänderlichkeit der Satzung (vgl. § 274 HGB.) aus Nichtabänderung des Gegenstandes des Unternehmens (siehe § 275II HGB.), ein unbedingtes Recht auf Dividende (vgl. § 213 HGB.; gesetz­ lich besteht nur ein Recht auf Dividendenverteilung nach Maßgabe des Gesetzes, bis die Satzung dies abändert) oder auf Liquidationsquote (§ 300 HGB., ebenso wie bei der Dividende).

ßß) Statutarische allgemeine Sonderrechte. Es sind solche Sonderrechte, welche nach Maßgabe der Satzung nur mit Zustimmung aller Mitglieder beeinträchtigt werden können. Man gewinnt sie durch Auslegung der Satzung. Dabei ist aber nicht allein der Wortlaut der Satzung maßgebend, sondern in weitgehender Weise § 157 BGB. heranzuziehen. Ihre Verletzung ergibt Anfechtbarkeit nach Maßgabe von § 271 HGB. Die einfachsten Beispiele sind: Die Satzung enthält die Bestimmung, daß aUe oder bestimmte Vorschriften nur einstimmig abgeändert werden können. Es gehört ferner hierher: Die Satzung enthält Vorschriften über Dividendenverteilung. Dies ist so auszulegen, daß dir Dividmdenverteilung zwar in den einzelnen Jahren ausgesetzt und beschnitten, aber nicht ohne Zustimmung aller ein für alle Mal ausgeschlossen werden kann. Gleiches muß aber im Zweifel auch gelten, wenn es sich um eine Erwerbsgesellschast handelt, und die Satzung keine ausdrückliche Be­ stimmung über die Dividende enthält. Denn dies ist als der typische Wille der Beteiligten anzusehen. Hiernach ergibt sich die Entscheidung des Beispiels VII11. G kann anfechten. Enttprechendes ist in bezug auf die Übertragbarkeit der Aktien und für den Anspruch auf Liquidationsquote anzunehmen. Im Zweifel kann

Dividendenrecht.

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also die bestehende freie Übertragbarkeit von Aktien bei einer Erwerbs-A.G. nicht abgeschafft oder allgemein an die Zustimmung der A.G. geknüpft werden. Entscheidung im Beispiel VIII 2: G kann anfechten. — Der Anspruch auf Liquidationsquote stellt sich schließlich im Zweifel bei einer Erwerbs-A.G., wenn er nicht im Urstatut ausgeschlossen ist, als ein Sonder­ recht dar, daß durch spätere Satzungsbestimmung nur bei Einstimmigkeit genommen werden kann. Entscheidung in Beispiel VIII3: G kann anfechten. Hieraus ergibt sich auch, daß im Zweifel trotz § 275II HGB. die Umwandlung einer Erwerbs-A.G. in eine gesellige oder gemeinnützige der Einstimmigkeit bedarf. Gerade die Beurteilung und Entscheidung der Beispiele unter VIII ist lebhaft umstritten. Diejenigen, welche nur Vorrechte als Sonderrechte anerkennen, verneinen einen Schutz des G. Man beruft sich insbesondere darauf, daß das Gesetz sogar die Änderung des Gegenstandes des Unter­ nehmens mit Dreiviertelmehrheit regle (§ 27511 HGB.). Doch kann dies gegenüber einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen Auslegung der Satzung meines Ercchtens nicht durchgreifen. — Ebenso wie oben würde K. Lehmann die Fälle unter VIII entscheiden. Nach ihm ist es bei den allgemeinen Sonderrechten darauf abzustellen, ob es sich um Rechte handelt, „die für den Durchschnittsaktionär von solcher Wichtigkeit sind, daß er ohne sie der Gesellschaft nicht beigetreten wäre." Diese Formu­ lierung ist aber vielfach angefochten worden. — Neuerdings hat R. Fischer eine Lösung in folgender Weise versucht: Der „Zweck" einer A.G., die auf Erwerb gerichtet ist, sei Gewinnverteilung nebst freier Übertragbarkeit der Mitgliedschaft. Dieser Zweck sei von dem „Gegenstand" (dem engeren Begriff) zu scheiden. Der Gegenstand könne gemäß § 275II HGB. mit Dreiviertelmehrheit geändert werden, eine Änderung des Zweckes aber bedürfe gemäß § 831 Satz 2 BGB. der Einstimmigkeit bei Nichtigkeit des Beschlusses. Fischer würde daher bei den Fällen unter VIII nicht bloß zu einer Anfechtbarkeit, sondern zu einer Nichtigkeit der Beschlüsse gelangen. Meines Erachtens scheitert die Lehre Fischers daran, daß die Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand weder mit § 275 HGB., noch mit §33 BGB. vereinbar ist. Die Praxis ist in bezug auf die Sonderrechte sehr unklar und un­ durchsichtig. Im allgemeinen ist sie der Anerkennung von Sonderrechten abhold. — In den schlimmsten Fällen schützt übrigens den einzelnen Aktionär gegen eine Vergewaltigung durch die Mehrheit § 138 BGB. (oben § 41IV 7 f ß).

c) Dividendenrecht. Banzinsen. a) Jeder Aktionär hat als Mitglied im Zweifel einen Anteil am Reingewinn: Dividendenrecht. §213 HGB. Der An. spruch bemißt sich nach Aktienbeträgen. § 2141 HGB. Die Satzung kann etwas anderes bestimmen, sie kann das Dividendenrecht ausschließen, oder beschränken,sie kann bevorrechtigte Aktien schassen (Vorzugsaktien). §§ 214III, 185 (oben §38 II2 b). ß) Die Verteilung von Dividenden darf nur aus dem jähr­ lichen bilanzmäßigen Reingewinn erfolgen. §§213, 215 HGB.

224

Aktiengesellschaft.

Es ist dies eine Schutzvorschrift für die Gläubiger und Aktionäre: Das Gesellschaftsvermögen soll für sie möglichst unversehrt erhalten werden. . Die Vorschrift erhält ihre richtige Beleuchtung nur durch die gesetzlichen Bestimmungen über die Bilanz und die Reserve­ fonds (siehe daher Unten § 43). Es ist hier nur darauf hinzuweisen, daß die gesetzlichen Bilanzvorschriften durch die Satzungen der A.G. in weitgehender Weise ergänzt werden. Die Bilanz, die zugrunde zu legen ist, ist die Bilanz des verflossenen Geschäftsjahres. Abschlagszahlungen während des Jahres sind unzulässig. — Die Dividende ist in Geld zu zahlen.

y) Das bestehende Dividendenrecht ist kein unbedingtes Sonder­ recht. Es kann vielmehr, soweit es sich nicht um Vorrechte handelt oder nicht der Grundsatz der Gleichberechtigung verletzt wird, durch Satzungsänderung beeinträchtigt werden. Nur die Entziehung im ganzen ist ohne Zustimmung unzulässig. Und der durch die Generalversammlung festgesetzte Dividendenanspruch des ver­ gangenen Jahres ist ein festes Gläubigerrecht. (Siehe oben unter b. Er kann also auch ein Konkurs der.A.G. geltend gemacht werden!)

ö) Meistens bekommt jeder Aktionär für sein Dividendenrecht eine Reihe von Dividenden-(Gewinnanteil-)scheinen aus­ gehändigt. Jeder Dividendenschein verbrieft den etwaigen Gewinn eines besttmmten Jahres für die" betreffende Aktie. Er lautet meist auf den Inhaber, ist für sich veräußerlich. Der Dividendenscheiu, der aus den Inhaber lautet, ist ein eigen­ artiges Jnhaberpapier („Nebenpapier"). Im allgemeinen sind die Vor­ schriften des BGB. über Schuldverschreibungen auf den Inhaber an­ zuwenden (nicht z. B. § 795, dagegen z. B. § 796). Vgl. noch § 228IIHGB. und § 804 BGB. — Bei der Feststellung der Dividende kann nicht der Dividendenscheininhaber, sondern nur der Aktionär mitwirken.

Außer den Dividendenscheinen Pflegt der Aktionär einen sog. Erneuerungsschein (Talon) zu erhalten. Der Erneuerungsschein legitimiert zur Empfangnahme einer neuen Reihe von'Dividenden­ scheinen, er ist aber derart von der Aktienurkunde abhängig, daß der Inhaber der AktieNürkunde einer solchen Ausgabe widerspxechen und Ausgabe an sich fordern kann (§ 230 HGB., vgl. § 805 PGB.). e) Der Anspruch auf Dividende ist der einzige Anspruch auf Vermögensverteilung, welchen der Aktionär während des Bestehens der Gesellschaft hat. §213 HGB. Feste Zinsen dürfen daher dem Aktionär nicht zugesichert werden. §215 HGB. Grund: Die A.G. müßte sonst unter Umständen ihr Vermögen unter den Betrag des Grundkapitals herabmindern. Das Grundkapital aber soll Mindestgarantiefonds für die Gläubiger sein.

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Dividendenrecht.

Ausnahmsweise ist das Ausbedingen von Zinsen gestattet. Es können nämlich in der Satzung für die Vorbereitungszeit eines Unternehmens- Zinsen von bestimmter Höhe den Aktionären zugesagt werden) sog. Bauzinsen. §215 II HGB. Die Ausnahme ist wirtschaftlich gerechtfertigt. Während der Borbereitungszeit eines Unternehmens (Bauzeit) wirft es keinen Gewinn ab, die Aktionäre erhielten also keinerlei Vergütung ihrer Einlagen Die Bauzeit kann lange währen. Es würden sich daher nur wenige Aktionäre finden, die sich beteiligen wollen. — Das Recht aus Banzinsen ist ein mitgliedschaftliches Gläubigerrecht (oben b .4).

£) Soweit ein Aktionär gesetzwidrig Gewinnanteil oder Zinsen oder sonstige Zahlungen bezogen hat, haftet er in dieser Höhe unmittelbar den Gesellschaftsgläubigern. §217 HGB. Der Gesellschaft gegenüber ist der Aktionär wegen ungerechtfertigten Bezuges nach allgemeinen Grundsätzen herausgabepflichtig (§ 812 ff. BGB).

Zum Schutz des Aktionärs gilt aber der Satz: Was er in gutem Glauben an Gewinn oder Zinsen bezogen hat, ist er in keinem Fallzurückzuzahlen verpflichtet. §2171 Satz 2 HGB. Diese Vorschrift gilt nicht allein gegenüber den Gläubigern, sondern bezieht sich auch auf den Rückjorderungsanspruch der Gesellschaft. Sie gilt nicht bloß für Bauzinsen, sondern auch für ganz unzulässige Zinsen (RG. 77 91; streitig). — Sie geht übrigens weiter als die Schutzvorschrift für den Kommanditisten (oben §35 VII 4 c y), da bei letzterem auch die Bilanz selbst gutgläubig errichtet sein muß.

Neben oder an Stelle des Dividendenrechts können den Aktionären Gebrauchs- oder Nutzungsrechte am Vereins­ vermögen eingeräumt sein (z. B. freier Eintritt in den zoologischen Garten, in das Theater der Gesellschaft). Sie sind im Zweifel als Sonderrechte anzusehen. § 213 HGB., der den Aktionären nur einen Anspruch aus Rein­ gewinn zuspricht, steht dem nicht entgegen. Er bezieht sich nur aus richtige Bermögensverteilungen. Dagegen gibt es eine Ausnahme von der Vorschrift des § 213 HGB. über den Reingewinn in §216 HGB. Bei der Nebenleistungs-A.G. (oben § 38III 3 b) können den Aktionären für ihre wiederkehrende-n Leistungen Vergütungen zugesichert werden, ohne Rücksicht aus einen bilanzmäßigen Reingewinn.

#) Die Stellung der Aktionäre, die so grundsätzlich nur auf Reingewinn nach Gesetz oder Satzung angewiesen sind, ist.eine sehr unsichere. Dem wird in der Praxis oft durch sog. Dividendengarantien abgeholfen. Bei ihnen garantieren Dritte (z. B. der Staat) Miudestdividenden oder die Rentabilität des Unternehmens. Berechtigt können sein die A.G. oder unmittelbar die Aktionäre, v. Gierke, Handels', SchisfahriS- und Privat versicherung-recht.

15

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Aktiengesellschaft.

t) An den Dividenden brauchen nicht bloß Aktionäre kraft Aktien­ besitzes teilzunehmen. Vielmehr können Rechte auf Dividendenbezug Aktionären losgelöst vom Aktienbesitz oder anderen Personen zugesichert sein. Diese Zusicherungen werden in Genußscheinen verbrieft. Auch werden ehemaligen Aktionären für amortisierte Aktien Genußscheine ausgestellt, die eine Teilnahme in Aussicht stellen (oben II 2 b). —. Über Tantiemen des Vorstandes und Aufsichtsrats siehe §§ 237, 245 HGB. 2. Pflichten. Die Pflichten des Aktionärs sind nicht zahlreich. Nach der gesetzlichen Regel liegt ihm nur die Einlagepflicht (Kapital­ einlagepflicht) ob (oben § 38III). Doch können in der Satzung den Aktionären auch widerkehrende, nicht in Geld bestehende Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen auferlegt werden (Nebenleistungs-A.G.). §212 HGB. (siehe oben §38III 3 b). Zulässig ist es auch, in der Satzung die Auferlegung personen­ rechtlicher Pflichten z.B. Annahme von Vereinsämtern zu begründen. Die Kapitaleinlagepflicht ist in ihren Grundzügen bereits früher erörtert worden (oben § 38 III). Wir lernten ihre Höhe und ihren Inhalt (Geld-, Sacheinlagen) kennen, sowie den wich­ tigen, zwingenden Grundsatz, daß kein Aktionär zu größeren Kapital­ einlagen als zum Ausgabekurs der Aktien (also nie zu Nachschüssen!) herangezogen werden kann (§ 211 HGB.). Inwieweit ein wirtschaftlicher Zwang zu Nachschüssen geübt werden kann, darüber siehe unten §45113.—In bezug auf die Nebenleistungs-A.G. genügt die Verweisung auf das früher Gesagte (oben § 38III 3 b).

Es bedarf hier nur noch einer Betrachtung der Erzwingung der Einlagepflicht, nämlich der Haftung für die Einlage­ pflicht und des Verbotes der Befreiung von ihr. a) Haftung für die Einlagepflicht. Kaduzierungs­ verfahren. Das HGB. enthält in §§218 ff. eine strenge Haftung für rückständige Geldeinlagen im Interesse der Einzahlung des Grundkapitals. Es gilt der Grundsatz: Für rückständige Geldeinlagen haftet in verschärfter Weise der zeitige Aktionär, der im Aktienbuch eingetragen ist, subsidiär haften aber seine im Aktienbuch eingetragenen Rechts­ vorgänger. Für Sacheinlagen kommen diese Vorschriften nicht zur Anwendung. Es gelten die gewöhnlichen Verzugsvorschriften, und es besteht nur eine Haftung desjenigen, der sich zur Sacheinlage verpflichtet hat. — Ebenso­ wenig sind die Sondervorschristen bei Inhaberaktien anzuwenden. Bei diesen können Rückstände nicht in Frage kommen, weil Inhaberaktien vor Leistung des vollen Nennbetrages nicht ausgegeben werden dürfen (§179III HGB. Sie sollen wie Jnhaberpapiere umlaufen; damit wäre die Haftung von Zwischenerwerbern unverträglich). — Die Hauptrolle

Kaduzierungsverfahren.

227

spielen die Sondervorschristen also bei Namensaktien und Jnterimsscheinen. Doch sind sie auch bei Anteilsrechten anzuwenden, über welche keine Aktienurkunden ausgegeben sind (oben § 4212 b). Die Haftung setzt Eintragung im Aktienbuch voraus loben 4213).

In bezug auf die Geldrückstände muß man sich daran errinnern, daß ein Viertel des Nennbetrages und das Agio vor der Entstehung der A.G. eingezahlt sein müssen (oben § 3SHII5). Wann die Restbeträge gezahlt werden sollen, kann in der Satzung bestimmt oder dem freien Ermessen der Organe der A.G. überlassen sein. Die verschärfte Haftung für diese gestaltet sich folgendermaßen: a) Den zeitigen Aktionär trifft nach vergeblicher Aufforde­ rung zur Zahlung ohne weiteres eine Zinspflicht. §218IHGB. Die „Aufforderung" ergeht in den Gesellschaftsblättern für alle Aktien derselben Gattung gleichmäßig. §218III HGB. Die Entstehung der Zinspflicht setzt nicht Verzug voraus. — Außer der Zinspflicht treffen den Aktionär satzungsgemäße Vertragsstrafen. Bei Verzug haftet er auf vollen Schadensersatz.

ß) Die A.G. kann gegen den derart säumigen Aktionär klagen, sie kann aber auch das schneidige Kaduzierungsverfahren anwenden. §219 HGB. Dieses endet damit, daß der zeitige Aktionär seines Anteilsrechtes und der bereits geleisteteten Einzahlungen zugunsten der A.G. für verlustig erklärt wird. Die Verlustig­ erklärung erfolgt durch Bekanntmachung in den Gesellschafts­ blättern. Mit ihr ist der Aktionär ausgeschlossen, die alte Aktien­ urkunde ist kraftlos, eine neue ist auszugeben. — Voraussetzung für die Berlustigerklärung ist eine vergebliche dreimalige Auffor­ derung in den Gesellschaftsblättern mit Nachfrist unter Androhung der bevorstehenden Nachteile. (Näheres in § 2191II HGB») y) Nach Ausschluß des zeitigen Aktionärs tritt die subsidiäre Haftung seiner int Aktienbuch eingetragenen Vormänner bis hinauf zum ersten Zeichner ein. § 2201II HGB. Und zwar haftet der A.G. zunächst der unmittelbare Vormann des zeitigen Aktionärs, ist von diesem keine Zahlung zu erlangen, so haftet dessen Rechtsvorggnger usw. (Reihenregreß). Der Rechtsvorgänger, welcher zahlt, erhält die neue Aktienurkunde und erwirbt damit das an die A.G. zurückgefallene Aktienrecht, Der Beweis, daß von einem Nach mann keine Zahlung zu erlangen ist, wird der A.G. sehr erleichtert durch eine gesetzliche Vermutung, siehe § 2201 Satz 2 HGB — Die Haftpflicht der Rechtsvorgänger wird dadurch abgeschwächt, daß sie nur 2 Jahre nach Anmeldung der Aktienübertragung zum Aktienbuch andauert. §220 II HGB.

ö) Ist Zahlung des rückständigen, eingeforderten Betrages von Rechtsvvrgängern nicht zu erlangen, so pmn die A.G. zum 15 ♦

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Aktiengeftllschaft.

Verkauf der Aktie schreiten. Er hat zum Börsenpreis oder in öffentlicher Versteigerung zu erfolgen. §220111 HGB. Der Erwerber erhält die Aktie gegen Zahlung des Kaufpreises. Von selbst versteht es sich, daß den Erwerber die etwa noch aus­ stehenden, noch nicht eingesorderten Restbeträge treffen. Er ist ja Aktionär geworden.

f) Ergiebt sich durch den Verkauf ein „Ausfall", d. h. ist der Kaufpreis geringer als der eingeforderte Betrag der Einlage, so haftet für ihn der ausgeschlossene Aktionär. §219IV Satz 2 HGB. Ist der Kaufpreis höher, so kommt dies der A.G. zugute (sie verkauft für eigene Rechnung). Der ausgeschlossene Aktionär haftet aber auch für „Ausfälle", die sich Jbei den zurzeit noch ausstehenden, später eingeforderten Restbeträgen ergeben. § 219IV Satz 2 HGB. Beispiele: I. Für eine Namensaktie von 1000Mk. sind von dem Übernehmer A bei der Gründung 300 Mk. einbezahlt. A veräußert sie später an B; eine Umschreibung im Aktienbuch findet statt. @8 wird dann ein Betrag von 350 Mk. der Einlage eingesordert. B. wird, da er nicht zahlt, durch Kaduzierungsversahren ausgeschlossen. Da A zahlungsunfähig ist, wird die neue Aktie meistbietend verkauft an C für 300 M. B haftet noch für den Ausfall (350—300) = 50 Mk. II. Später wird der letzte Einlagerest Don. 350 Mk. eingesordert. Der zeitige Aktionär C, der ins Aktienbuch eingetragen worden war, zahlt nicht und wird seiner Aktie für verlustig erklärt. Ein Rückgriff an Rechtsvorgänger kann nicht pattsinden. C'g Rechtsvorgünger ist bie A.G. selbst; sie schneidet auch den Rückgriff an die ehemaligen Rechtsvorgünger ab. (Das Bild ist hier so: A—B—Aktiengesellschaft—0). Die A.G. verkauft nun die neue Aktie meistbietend an D für 300 Mk. Es haftet für den „Ausfall" von 50 der jetzt ausgeschlossene C, aber auch der früher ausgeschlossene B, III. Würde bei II. die A.G. beim Berkaus 4O0Mk. erzielen, so kämen ihr die überschießenden 50 Mk. zugute.

b) Verbot der Befreiung von der Einlagepflicht (unbedingtes Liberierungsverbot). Im öffentlichen Interesse ist jede Befreiung von der Einlagepflicht (Geld-, Sacheinlagen) für unzulässig erklärt. § 221 HGB. Getroffen wird hiermit jeder Erlaß, ferner jede Vereinbarung einer Annahme an Erfüllungsstatt. Es würden ja alle Vorsichtsmaßregeln, die das Gesetz bei der Gründung aufstellt, vereitelt werden, könnte der Vorstand später Einlagen erlassen oder andere an Ersüllungsstatt annehmen. Eine Aufrechnung seitens der A.G. oder ein Aufrechnungsvertrag sind gültig, wenn die Gegenforderung des Aktionärs sich nach Maßgabe der Vermögenslage der A.G. als eine vollwertige darstellt (hier ersetzen sie nur ein überflüssiges Hin- und Herzahlen; anders wenn die A.G. in schlechter Vermögenslage ist, hier handelt es sich um eine verschleierte Befreiung). Unzulässig ist immer eine einseitige Aufrechnung durch den Aktionär. § 221 Satz 2 HGB.

Bilanz.

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Entsprechend ist auch jede Befreiung von der subsidiären Leistungspflicht der Rechtsvorgänger (§ 220) für nichtig erklärt. § 221 HGB. Daß die Aktionäre ihre Einlagen nicht zurückfordern können und daß sie von der A.G. nicht zurückgegeben werden können (§ 213 HGB.) ist früher erwähnt worden (oben § 38 13). Bei Verletzung der Vorschrift haften die Aktionäre nach § 217 HGB.

Die Bilanz. J. Allgemeines. 1. Die A.G. trifft als Vollkaufmann die kaufmännische Buch­ führungspflicht, insbesondere die Pflicht zur Inventarisierung und Bilanzierung (oben § 19). Tie Bilanz der A.G^ hat aber wegen der verschiedenen Personen, die sie berührt (Aktionäre, Gläubiger, Vorstand, Aufsichtsrat, überhaupt das Publikum), eine erhöhte Bedeutung und ist deshalb eingehender vom Gesetz geregelt worden. Das HGB. will dabei namentlich erzielen, daß eine möglichst vorsichtige Gewinnverteilung stattfindet. Dem Gesetz ist die ordentliche Bilanz der A.G. vor allem eine Gewinnverteilungsbilanz^ Infolgedessen gibt sie über den Vermögensstand der A.G. vielfach knn zuverlässiges Bild. Dies wird häufig nicht genügend beachtet, insbesondere bei der Kritik der gesetzlichen Bestimmungen. Man kann dem Gesetz nicht Bei­ spiele entgegenhalten, die ergeben, daß bei Befolgung der gesetzlichen Bilanzvorschriften der Vermögensstand der A.G. unrichtig zum Vor­ schein kommt. Denn das Gesetz hat es nicht auf eine reine Vermögens­ bilanz abgesehen. Es ist Sache des Jahresberichtes (siehe unter 2) die nötigen Aufklärungen zu geben, damit aus der Bilanz keine falschen Schlüsse auf den wirklichen Wert des Vermögens der A.G. gezogen werden, Wir betrachten hier nut die ordentliche oder Jahresbilanz.

2. Das HGB. enthält besondere Vorschriften über den Inhalt der Bilanz (hierüber unter II), sowie über Vorlegung und Genehmigung der Bilanz (hierüber unter III). Außer der Bilanz bedarf es der Anfertigung einer Gewinn- Und Verlust­ rechnung und eines Jahresberichts (siehe III). 3. Die Bilanzvorschriften des HGB. sind angesichts der mannig­ fachen Bilanzfälschungen und Bilanzverschleierungen nicht aus­ reichend. Wir werden deshalb auf die wichtigsten Reformvorschläge hinzuweisen haben (unter IV). II. Inhalt der Bilanz. Die Bilanz der A.G. unterscheidet sich von der Bilanz des Einzelkaufmanns (§ 40 HGB.) durch zwei Eigentümlichkeiten. § 261 HGB.

§ 43.

Bilanz.

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Entsprechend ist auch jede Befreiung von der subsidiären Leistungspflicht der Rechtsvorgänger (§ 220) für nichtig erklärt. § 221 HGB. Daß die Aktionäre ihre Einlagen nicht zurückfordern können und daß sie von der A.G. nicht zurückgegeben werden können (§ 213 HGB.) ist früher erwähnt worden (oben § 38 13). Bei Verletzung der Vorschrift haften die Aktionäre nach § 217 HGB.

Die Bilanz. J. Allgemeines. 1. Die A.G. trifft als Vollkaufmann die kaufmännische Buch­ führungspflicht, insbesondere die Pflicht zur Inventarisierung und Bilanzierung (oben § 19). Tie Bilanz der A.G^ hat aber wegen der verschiedenen Personen, die sie berührt (Aktionäre, Gläubiger, Vorstand, Aufsichtsrat, überhaupt das Publikum), eine erhöhte Bedeutung und ist deshalb eingehender vom Gesetz geregelt worden. Das HGB. will dabei namentlich erzielen, daß eine möglichst vorsichtige Gewinnverteilung stattfindet. Dem Gesetz ist die ordentliche Bilanz der A.G. vor allem eine Gewinnverteilungsbilanz^ Infolgedessen gibt sie über den Vermögensstand der A.G. vielfach knn zuverlässiges Bild. Dies wird häufig nicht genügend beachtet, insbesondere bei der Kritik der gesetzlichen Bestimmungen. Man kann dem Gesetz nicht Bei­ spiele entgegenhalten, die ergeben, daß bei Befolgung der gesetzlichen Bilanzvorschriften der Vermögensstand der A.G. unrichtig zum Vor­ schein kommt. Denn das Gesetz hat es nicht auf eine reine Vermögens­ bilanz abgesehen. Es ist Sache des Jahresberichtes (siehe unter 2) die nötigen Aufklärungen zu geben, damit aus der Bilanz keine falschen Schlüsse auf den wirklichen Wert des Vermögens der A.G. gezogen werden, Wir betrachten hier nut die ordentliche oder Jahresbilanz.

2. Das HGB. enthält besondere Vorschriften über den Inhalt der Bilanz (hierüber unter II), sowie über Vorlegung und Genehmigung der Bilanz (hierüber unter III). Außer der Bilanz bedarf es der Anfertigung einer Gewinn- Und Verlust­ rechnung und eines Jahresberichts (siehe III). 3. Die Bilanzvorschriften des HGB. sind angesichts der mannig­ fachen Bilanzfälschungen und Bilanzverschleierungen nicht aus­ reichend. Wir werden deshalb auf die wichtigsten Reformvorschläge hinzuweisen haben (unter IV). II. Inhalt der Bilanz. Die Bilanz der A.G. unterscheidet sich von der Bilanz des Einzelkaufmanns (§ 40 HGB.) durch zwei Eigentümlichkeiten. § 261 HGB.

§ 43.

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Aktiengesellschaft.

1. Das Gebot gewisser Passivposten (§ 261 Ziffer 4u. 5). Es ist zwiygend vorgeschrieben, daß unter den Passiven aufzunehmen sind: a) Der Betrag des Grundkapitals (§ 261 Ziffer 5 HGB). Es muß also jedes Jahr die Ziffer des Grundkapitals unter die Passiven ausgenommen werden, obschon es sich nicht um eine Schuld der A.G. handelt. Der Grund dieser wichtigen Vorschrift ist bereits früher ausführlich dargelegt worden (oben § 3813). Es bedarf hier nur des Hinweises, daß infolgedessen der Begriff des Reingewinnes bei der A.G. ein ganz anderer ist als bei der o.H.G. Bei letzterer wurde das jetzige Vermögen mit dem Ver­ mögen des Vorjahres verglichen (oben § 32 VI), bei der A.G. ist das Vorjahr gleichgültig, es spitzt sich alles auf die Frage zu, ist jetzt mehr, an Aktivwerten vorhanden als die in der Satzung fest­ gelegte Grundkapitalsziffer betrügt. d) „Reservefonds". §265 Ziffer 5 HGB. Hierbei ist zu unterscheiden. a) Der Zwangsreservefonds (gesetzlicher Reservefonds) § 262 HGB. Das Gesetz schreibt vor, daß aus einem Teil der Ge­ winne und aus bestimmten Kapitaleinzahlungen Rücklagen gebildet werden. Diese gesetzlichen Beträge sollen aber nicht in einem wirklichen „Fonds" angesammelt und in bestimmten Werten angelegt (so z. T. im Ausland), sondern nur in ein Konto zusammen­ geschrieben werden. Die Natur von Rücklagen erhalten diese Be­ träge durch die gesetzliche Bestimmung, daß ihre Summe unter die Passiven der Bilanz eingestellt werden muß, ihr Wert daher (ebenso wie das Grundkapital) von einer Gewinnverteilung aus­ geschlossen ist, und nur in einem bestimmten Notfall eine ver­ kürzende Abschreibung zulässig ist. Es ergibt sich daher, daß der Ausdruck „Reservefonds" ein sehr unglücklicher ist, man muß ihn durch Reservekonto („Reservekapital", „Zusatzkapital") ersetzen, aa) Bildung. In das Reservekynto sind einzustellen (§262 Satz 2 HGB.) mindestens 5 % des jährlichen Reingewinnes, bis der zehnte Teil des Grundkapitals erreicht ist, weiter das Agio (oben §381113 a) und gewisse freiwillige Zuzahlungen von Aktio­ nären für Gewährung von Vorzugsrechten (unten §45113). ßß) Verwendung. Das Reservekonto darf nur zur Deckung einer Unterbilanz des betreffenden Jahres verwendet werden. §262 Satz 1 HGB. .D. h. das Reservekonto darf nur gekürzt oder gestrichen werden um einen aus der Bilanz sich ergebenden Ver­ lust auszugleichen.

Bilanz.

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Der Erfolg dieser Ausgleichung ist der, daß im nächsten Jahr leichter Bilanzüberschuß zu erwarten ist. — Dagegen darf ein Verlust im Laufe des Jahres (z. B. ein Schaden durch eine Kesselexplosion) als solcher nicht durch eine Verminderung des Reservekontos gedeckt werden, wenn sich nicht im ganzen eine Unterbilanz ergibt. —Das verminderte Reserve­ konto ist später wieder aufzufüllen. Manche A.G. setzen das Reservekonto in die Bilanz höher ein, als an sich gesetzlich nötig ist. Bei dem Betrag, der über den zehnten Teil des Grundkapitals hinausgeht, ist dann die A.G. in der Verwendung nicht beschränkt. Man beachte beider Regelung des Zwangsreservefonds die merk­ würdige Tatsache, daß hierdurch vor allem Gewinnbeträge als Passiven in die Bilanz eingestellt werden müssen. Der Gesetzgeber will im Interesse einer gesunden Gewinnverteilung, daß bestimmte, in guten Jahren erzielte Gewinnbeträge als gedeckte Notrücklagen von einer Gewinn­ verteilung ausgeschlossen sind.

ß) Freiwillige Reservefonds. Freiwillige Reservekonten sind sehr häufig in der verschiedensten Art in den Satzungen der A.G. vorgesehen. Sie können dann durch Satzungsänderung wieder beseitigt werden. Der Gesetzgeber bestimmt nur, daß sie während ihres Bestandes als Passiven in der Bilanz erscheinen müssen (8 261 Ziffer 5; der Betrag eines „jeden" Reservefonds). Es gehören hierher z. B. die „allgemeine Sonderreserve", dje „Versicherungsreserve", der „Wohlfahrtssonds", „Steuerreserven" usw. Die Satzung kann auch die Generalversammlung ermächtigen, nach freiem Ermessen Reservekonten anzulegen. Aber auch ohne solche Er­ mächtigung kann die Generalversammlung Reservekonten anlegen. Siehe unter 4. Keine echten Reservekonten sind dagegen die bloßen Berichtigungsposten, wie der eigentliche Erneuerungsfonds (siehe c), oder das Delkrederekonto (siehe oben § 19II2 d y). Natürlich steht es den A.G. frei, wirkliche Reservefonds zu bilden, d. h. einen bestimmten Teil der Aktiven als besondere Masse gesondert anzulegen, zu verwalten und zu verwenden. Doch wird davon sehr wenig Gebrauch gemacht. Einen solchen wirklichen Reservefonds bildet die in der Kriegsgesetzgebung geforderte gesetzliche Kriegssteuer-Sonder­ rücklage.

c) Erneuerungsfonds. §261 Ziffer 5. Der eigentliche Erneuerungsfonds ist ein Berichtigungsposten, der einen unter den Aktiven zu hoch bewerteten Gebrauchsgegenstand ausgleichen soll. (Vgl. unten 2 c.) Es ist eine selbstverständliche Vorschrift, daß er unter den Passiven stehen muß. d) Kosten der Errichtung und Verwaltung. §26lZiffer4. Eine gute Verwaltung ist zwar für die A.G. von größtem Wert. Doch stellen die Berwaltungskosten als solchs keine realen Vermögens­ gegenstände dar, die als Aktiven gebucht werden könnten. Auch die poften

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Aktiengesellschaft.

der Errichtung der A.G.