Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen deutschen und englischen börsennotierten Aktiengesellschaften – ein Harmonisierungserfolg?: Ein Rechtsvergleich des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts nach Umsetzung der Richtlinie 56/2005/EG mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz [1 ed.] 9783428550692, 9783428150694

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Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen deutschen und englischen börsennotierten Aktiengesellschaften – ein Harmonisierungserfolg?: Ein Rechtsvergleich des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts nach Umsetzung der Richtlinie 56/2005/EG mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz [1 ed.]
 9783428550692, 9783428150694

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Schriften zum Internationalen Recht Band 218

Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen deutschen und englischen börsennotierten Aktiengesellschaften – ein Harmonisierungserfolg? Ein Rechtsvergleich des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts nach Umsetzung der Richtlinie 56/2005/EG mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz

Von

Dirk Zuhorn

Duncker & Humblot · Berlin

DIRK ZUHORN

Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen deutschen und englischen börsennotierten Aktiengesellschaften – ein Harmonisierungserfolg?

Schriften zum Internationalen Recht Band 218

Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen deutschen und englischen börsennotierten Aktiengesellschaften – ein Harmonisierungserfolg? Ein Rechtsvergleich des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts nach Umsetzung der Richtlinie 56/2005/EG mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz

Von

Dirk Zuhorn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-15069-4 (Print) ISBN 978-3-428-55069-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85069-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner geliebten Frau Tessa und unseren Kindern

Vorwort Mein Dank gilt zunächst der großzügigen Unterstützung des Max-Planck Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg sowie dem Institute of Advanced Legal Studies in London, ohne deren Recherchemöglichkeiten zum englischen Recht diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Meinem Doktorvater, Herrn Professor Teichmann, danke ich vor allem für die häufig spontan und unkompliziert ermöglichten Rücksprachen sowie auch für die fachlichen und persönlichen Gespräche, die ich bis heute sehr schätze. Dr. Hubertus Witte, Dr. Thomas Balzer, Dr. Andreas Seegers, Dr. Johannes Jacobs, Dr. Niclas v. Woedtke, Alexander Heck und Peer Naubert sowie meinen Geschwistern Dominik und Leonie Zuhorn danke ich für die vielen motivierenden Worte, die notwendigen Ablenkungen und die Freundschaft, die uns seit vielen Jahren verbindet. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mich seither auf allen meinen Wegen in vielfacher Weise uneingeschränkt unterstützt und ermutigt haben. Ohne sie wäre diese Arbeit nicht entstanden und insbesondere nicht vollendet worden. Meiner Frau Tessa Zuhorn danke ich insbesondere dafür, dass sie mich trotz dieser Arbeit und der vielen vergangenen Wochenenden geheiratet hat und mir bis heute stets den Rücken freihält. Einen besseren Partner fürs Leben kann man sich nicht wünschen. Essen, im März 2017

Dirk Zuhorn

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Teil 1 Harmonisierungsziele

35

A. Begriff und Wesen der Harmonisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV) . . . . . . . . . . . . . 38 I. Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für den Harmonisierungsauftrag . . . . . . . . 38 1. Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Verbot offener Diskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Verbot versteckter Diskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 c) Verbot mittelbarer Diskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 d) Allgemeines Beschränkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 e) Geltung für Gesellschaften, Art. 54 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 f) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV . . . . . . 42 3. Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 49 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Auf natürliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Auf juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 c) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV . . . . . . 46 4. Rechtfertigungsgründe für beschränkende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Sonderregelungen nach Art. 52 AEUV (ex. Art. 46 EGV) . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Rechtsmissbrauchsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Zwingende Gründe des Allgemeinwohls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 d) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV . . . . . . 49 5. Zwischenergebnis: Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für Art. 50 AEUV 51 II. Bedeutung des Binnenmarktkonzeptes nach Artt. 3, 26 AEUV für den Harmonisierungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 III. Beschränkung des Harmonisierungsauftrags durch das Subsidiaritätsprinzip . . . . 53 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

10

Inhaltsverzeichnis

C. Niederlassungsrechtliche Initiativhindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I. Kollisionsrechtliche Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3. Konsequenzen für die grenzüberschreitende Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . 59 4. Beseitigung der Hindernisse durch die Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 61 a) Überseering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 b) Inspire Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. Sachrechtliche Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Verschmelzungsrecht in Deutschland vor Implementierung der VRL . . . . . . . . 64 a) Ablehnende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Befürwortende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Verschmelzungsrecht in England vor Implementierung der VRL . . . . . . . . . . . 67 a) Re-registrations, sections 90 ff. CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Reconstructions, sections 110, 111 Insolvency Act 1986 . . . . . . . . . . . . . . . 68 c) Arrangements and Reconstructions, sections 425 – 427 CA 1985 . . . . . . . . . 69 d) Mergers, section 427 A, Schedule 15 A CA 1985 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 e) Keine Änderung durch CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit, Art. 49, 54 AEUV . . . . . . . . . . . 75 a) Beschränkungen von Hineinverschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Beschränkungen von Herausverschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Durchführungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 D. Fazit: Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Allgemeiner Harmonisierungsauftrag, Art. 50 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Teil 2 Grundlagen des Minderheitenschutzes

93

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 I. Deutsches Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Rechtsquellen und Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Gesellschaftsformen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 II. Englisches Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Rechtsquellen und Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Case Law und Statutory Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Common Law und Equity law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Sonstige Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Inhaltsverzeichnis

11

2. Gesellschaftsformen in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Andere Personenvereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 B. Organisationsstrukturen der AG und der plc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. Organisationsstruktur der deutschen AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Gründungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Gesellschaftsrechtliche Verfassung: (Satzungsstrenge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Kapitalverfassung der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Aktie als Bruchteil des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Aktie als Mitgliedschaft – Aktiengattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Aktie als Verbriefung der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 d) Übertragung der Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 e) Verfassungsrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4. Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 II. Organisationsstruktur der englischen public limited company (,plc.‘) . . . . . . . . . . 118 1. Gründungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Re-registration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Registration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Gesellschaftsrechtliche Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Memorandum, section 8 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Articles of Association, sections 18 ff. CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Kapitalverfassung der plc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Begriffliche Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Aktie als Bruchteil des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Aktie als Mitgliedschaft – Aktiengattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Aktiengattungen/Classes of shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Aktie als Verbriefung/Verbriefungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Namensaktien (registered shares) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Inhaberaktien (bearer share) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

12

Inhaltsverzeichnis e) Übertragung der Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Übertragungsverfahren nach section 770 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (1) Übertragung von certificated shares nach section 770 (1) CA . . . . . 130 (2) Übertragung von uncertificated shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Rechtsdogmatische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 f) Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4. Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Board of Directors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Company’s Secretary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) General Meeting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 d) Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Zwischenergebnis: Vergleich der Organisationsstrukturen der AG und plc. . . . . . 140 1. Gesellschaftsrechtliche Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Kapitalverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I. Interessenkonflikte zwischen Unternehmensleitung und Anteilseigner (Vertikale Interessenverteilung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Principal Agent Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Selbstregulation des Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Interessenkonflikte zwischen Aktionären (Horizontale Interessenverteilung) . . . . 148 1. Aktionärsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Umwandlungsspezifische Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Konfliktlösung (Majoritätsprinzip) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Mehrheitsprinzip und Minderheitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Legitimation des Mehrheitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 c) Notwendigkeit des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 d) Bedeutung und Abgrenzung des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Differenzierung nach Schutzsubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Differenzierung nach Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 cc) Weitere Differenzierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 dd) Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Zwischenergebnis Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Inhaltsverzeichnis

13

Teil 3 Obligatorischer Minderheitenschutz

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A. Allgemeine Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 I. Regelungssystematik der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. Umsetzungssystematik in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Umsetzungssystematik in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 B. Verschmelzungsfähige Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Anwendungsbereich der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Personeller Anwendungsbereich der §§ 122a ff. UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Personeller Anwendungsbereich der CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 C. Gemeinsamer Verschmelzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Vorgaben der Richtlinie, Artt. 5, 6 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Begriff und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Einheitlichkeit und abschließender Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Inhaltskatalog, Art. 5 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Rechtsform und Sitz, Art. 5 lit. a) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Umtauschverhältnis und Höhe der baren Zuzahlung, Art. 5 lit. b) VRL . . . . 178 c) Einzelheiten der Anteilsübertragung, Art. 5 lit. c) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . 180 d) Zeitpunkt der Gewinnberechtigung, Art. 5 lit. e) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 e) Verschmelzungsstichtag, Art. 5 lit. f) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 f) Offenlegung von Sonderrechten der Gesellschafter, Art. 5 lit. g) VRL . . . . . 182 g) Offenlegung besonderer Vorteile der Leitungsorgane, Art. 5 lit. h) VRL . . . 183 h) Beifügung der Satzung, Art. 5 lit. i) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 i) Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, Art. 5 lit. k) VRL . . . . . . . . . . 185 j) Stichtag der Jahresabschlüsse, Art. 5 lit. l) VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Form und Sprache des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 5. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzung, Art. 15 Abs. 1 VRL . . . . . . . . 189 6. Publizität des Verschmelzungsplans, Art. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, Art. 6 Abs. 1 VRL . . . . . . . . . 190 b) Hinweispflichten nach Art. 6 Abs. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Umsetzung in Deutschland, § 122c UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Ergänzungen des Inhaltskatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 a) Abfindungsangebot bei Herausverschmelzungen, § 122i UmwG . . . . . . . . . 194 b) Bestellung eines Treuhänders bei Herausverschmelzungen, §§ 122a i.V.m. § 71 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Vereinbarung über die Gesamtrechtsfolge, § 122a i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

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Inhaltsverzeichnis 2. Form und Sprache des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Bedeutung der notariellen Beurkundung für den Minderheitenschutz . . . . . 197 b) Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 aa) Anwendbarkeit Art. 11 Abs. 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Beurkundung durch ausländische Notare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Sprache des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzungen, § 122c Abs. 3 . . . . . . . . . . . 203 4. Publizität des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Ergänzungen in England, regulation 7 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1. Billigung des Entwurfes durch die Direktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Einseitiger Gestaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Ergänzungen des Inhaltskatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Satzungssitz und Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Anteilsbeschränkungen, regulation 7 (2)(g) CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Begründungspflicht für besondere Vorteile, regulation 7 (2)(h) CR 2007 . . 208 d) Anteilsverbot für gegenseitig gehaltene Anteile, regulation 7 (4)(a) CR 2007 209 e) Drittschutz bei Herausverschmelzungen, regulation 7 (4)(b) CR 2007 . . . . . 209 f) Richtlinienkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Form und Sprache des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 5. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 6. Publizität des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Anmeldung beim Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 c) Fehlender Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten von Minderheitsrechte

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IV. Zwischenergebnis Verschmelzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Schutzrelevanz für Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Verfahrenshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Vergleich der Schutzstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 D. Verschmelzungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 7 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Gemeinsame Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Verzicht auf Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 4. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122e, 122a Abs. 1, 8 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Berichtsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Wesentliche Angelegenheiten verbundener Unternehmen, § 8 Abs. 1 S. 3 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Inhaltsverzeichnis

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bb) Sonderbefreiung, § 8 Abs. 2 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Berichtsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Gemeinsamer Bericht, Verzicht und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Gemeinsame Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Verzicht auf Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 III. Umsetzung in England, regulations 8, 10 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Berichtsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Berichtsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 c) Herleitung des Berichtsumfangs und -maßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Ergänzungen des Berichtinhalts, regulation 8 (2)(b) CR 2007 . . . . . . . . . . . 234 aa) Wesentliche Interessen der Direktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Interessen der Inhaber von Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Gemeinsamer Bericht, Verzicht, Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 a) Gemeinsame Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 b) Verzicht auf Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 IV. Zwischenergebnis des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 E. Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 8 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1. Prüfungs- und Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 a) Prüfungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 b) Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5. Publizität des Prüfungsberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122f, 9 – 12 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Prüfungs- und Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Prüfungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Sonderbefreiung von der Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 d) Prüfungs- und Berichtsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

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Inhaltsverzeichnis 2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 5. Publizität des Prüfungsberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 III. Umsetzung in England, regulation 9 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Prüfungs- und Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Prüfungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Auslegung nach dem ursprünglichen Rechtsprechungsansatz . . . . . . . . 256 bb) Moderner zweckorientierter Auslegungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (1) Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (2) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (3) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (4) Systematische/Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (5) Problem: Prüfungsumfang – Wortlaut als Grenze richtlinienkonformer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Ermächtigung zur externen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 c) Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 d) Prüfungs- und Berichtsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Bei getrennter Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Bei gemeinsamer Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 cc) Qualifikation der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5. Publizität des Prüfungsberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 IV. Zwischenergebnis des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Prüfungs- und Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 9 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . 275

Inhaltsverzeichnis

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2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung . . . . 276 a) Keine Vorgaben für bestimmte Beschlussmehrheiten oder Aktionärsrechte 276 b) Genehmigungsvorbehalte, Artt. 9 Abs. 2, 10 Abs. 3 VRL . . . . . . . . . . . . . . . 276 aa) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung, Art. 9 Abs. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 bb) Zustimmungsvorbehalt bzgl. Kontrollverfahren, Art. 10 Abs. 3 VRL . . 277 (1) Zweck des Zustimmungsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (2) Beschränkung auf die Anwendbarkeit des Kontrollverfahrens . . . . . 279 (3) Kopplung des Mehrheitserfordernisses an Beschlussmehrheit . . . . . 279 3. Entbehrlichkeit des Zustimmungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen, Art. 15 Abs. 1 VRL . . . . . . . 280 b) Entbehrlichkeit bei Aufnahme 90 %iger Tochtergesellschaften, Art. 9 Abs. 3 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122g Abs. 1, 13 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . 282 a) Publizitätspflichten im Rahmen der Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 aa) Einberufung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 (1) Einberufungsverfahren und Bekanntmachungsform . . . . . . . . . . . . . 283 (2) Inhalt der Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 (3) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 bb) Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (1) Umfang der Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (2) Auslegungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (3) Sprache ausländischer Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 (4) Anspruch auf kostenlose Zusendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 (5) Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht durch Internetveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 cc) Internetveröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 b) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . 289 aa) Änderung der Tagesordnung, § 122 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 bb) Gegenantragsrecht, § 126 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 cc) Aktionärsforum, § 127a AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung . . . . 292 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 c) Auskunfts- und Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 aa) Allgemeiner Auskunftsanspruch, § 131 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . 295 bb) Auskunftsanspruch, § 64 Abs. 2 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 cc) Pflicht zur Erläuterung des Verschmelzungsplans, § 64 Abs. 1 S. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 dd) Auslegung der Unterlagen, § 64 Abs. 1 S. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . 298

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Inhaltsverzeichnis ee) Rederecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 ff) Antragsrecht, § 124 Abs. 4 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 d) Stimmrecht und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 aa) Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (1) Beschlussmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (2) Abstimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 bb) Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 e) Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 f) Beurkundungspflicht und Anspruch auf Abschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 g) Sonderbeschlüsse und Genehmigungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 aa) Sonderbeschlüsse für Aktiengattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 bb) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung . . . . . . . . . 304 cc) Kein Zustimmungsvorbehalt bzgl. Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 3. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen 100 %iger Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 b) Beschränkte Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 4. Schranken der Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 a) Gleichbehandlungsgebot, § 53a AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 b) Allgemeine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 c) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bei Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . 311 aa) Treuepflichtverstöße des Mehrheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 bb) Treuepflichtverstöße des Minderheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . 312 d) Sachliche Rechtfertigung von Verschmelzungsbeschlüssen? . . . . . . . . . . . . 313 aa) Lehre vom sachlichen Grund (,Materielle Beschlusskontrolle‘) . . . . . . . 313 bb) Materielle Beschlusskontrolle bei Verschmelzungsbeschlüssen? . . . . . . 315 III. Umsetzung in England, sections 10 – 15 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1. Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . 318 a) Publizitätspflichten im Rahmen der Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 aa) Einberufung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (1) Einberufungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (2) Bekanntmachungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 (3) Inhalt der Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 (a) Mindestinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 (b) Zusätzliche Pflichtangaben für general meetings . . . . . . . . . . . . 328 (c) Circular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 (4) Zusendung der Verschmelzungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 (5) Aktualisierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

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(6) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 bb) Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 (1) Umfang der Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 (2) Auslegungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (3) Sprache ausländischer Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 (4) Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht durch Internetveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 cc) Internetveröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 b) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . 335 aa) Kein Antragsrecht zur Ergänzung der Tagesordnung, section 338 A CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 bb) Kein Gegenantragsrecht, section 338 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 cc) Anspruch auf Bekanntgabe von Stellungnahmen zu Beschlusslagen, section 314 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 dd) Kein Aktionärsforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 3. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung . . . . 338 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 b) Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 c) Auskunfts- und Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 aa) Keine Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 bb) Allgemeiner Auskunftsanspruch, section 319 A CA 2006 . . . . . . . . . . . 342 cc) Keine Pflicht zur Erläuterung des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . 345 dd) Rederecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 ee) Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 d) Stimmrecht und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 aa) Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 (1) Beschlussmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 (2) Abstimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 bb) Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 e) Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 f) Protokollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 aa) Minutes of meeting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 bb) Unabhängiger Berichterstatter auf Verlangen von 5 % Quorum . . . . . . . 352 g) Sonderbeschlüsse und Genehmigungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 aa) Keine Zusatzbeschlüsse von Sonderrechtsinhabern . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 bb) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung . . . . . . . . . 353 cc) Zustimmungsvorbehalt bzgl. Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 4. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen 100 %iger Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

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Inhaltsverzeichnis b) Uneingeschränkte Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 5. Schranken der Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 a) Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 aa) Grundsatz: Keine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bei companies

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bb) Ausnahme: Stimmrechtsbeschränkung durch Equity-Grundsätze . . . . . . 358 (1) Voting bona fide for the benefit of the company . . . . . . . . . . . . . . . . 359 (2) Doctrine of fraud on the minority . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 (3) Vergleichbarkeit der Anwendungsfälle der Equity-Grundsätze zur grenzüberschreitenden Verschmelzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 (a) Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 (b) Ratifizierung von Pflichtverstößen der directors . . . . . . . . . . . . . 362 (c) Modifizierte Anwendung bei schemes of arrangements (,Buckely Test‘) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 cc) Keine Treuepflicht für Minderheitsgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . 366 a) Einberufung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 aa) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 bb) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 b) Auslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 c) Internetveröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 d) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . 369 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung . . . . 369 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 b) Aktionärsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 aa) Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 bb) Auskunftsrechte und -pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 cc) Rederecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 dd) Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 c) Beschlussfassung und Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 d) Notarielle Beurkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 3. Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 4. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 5. Schranken der Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 a) Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376

Inhaltsverzeichnis

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G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . 377 I. Vorgaben der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 1. Vorabbescheinigung, Art. 10 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 b) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2. Rechtmäßigkeitsprüfung, Art. 11 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der Verschmelzung, Artt. 12 – 14, 17 VRL 381 a) Wirksamwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 c) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 II. Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 1. Vorabbescheinigung, § 122k UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 b) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 2. Rechtmäßigkeitsprüfung § 122l UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung 390 III. Umsetzung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 1. Vorabbescheinigung, regulation 6 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 b) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 aa) Prüfungsmaßstab i.S.d. section 899 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 (1) Erste Prüfungsebene: Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben . . . . . . 395 (a) Informationsbezogene Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 (b) Versammlungsbezogene Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 (c) Materielle Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 (d) Entscheidungsermessen der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 (2) Zweite Prüfungsebene: Fair representation und Voting bona fide . . 401 (a) Fair representation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (b) Voting bona fides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 (3) Dritte Prüfungsebene: Fairness of the scheme . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 (a) Bewertungsbezogene Einwände – Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 (b) Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . 412 bb) Entscheidungspraxis und Entscheidungsermessen der Gerichte . . . . . . . 413 cc) Anwendbarkeit der Prüfungsmaßstäbe auf das Vorabbescheinigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 c) Berufungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 d) Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 e) Dauer des Genehmigungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 2. Rechtmäßigkeitsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420

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Inhaltsverzeichnis 3. Wirksamwerden der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 1. Vorabbescheinigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 a) Europäische Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 b) Deutsche Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 c) Englische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 2. Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

Teil 4 Autonomer Minderheitenschutz

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A. Vorgaben der Richtlinie, Art. 4 Abs. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 I. Systematik und Rechtschutzlücken des Minderheitenschutzes der Richtlinie . . . . 429 II. Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . 430 B. Autonomer Minderheitenschutz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 I. Materieller Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 1. Austrittsrecht, § 122i UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 aa) Abfindungsberechtigung – Widerspruchserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . 434 bb) Schuldner des Abfindungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 cc) Anforderungen an das Abfindungsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 b) Durchführung der Angebotsannahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 aa) Problem: Kollidierende Kapitalerhaltungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 (1) Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 (2) Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers nach Art. 10 Abs. 3 VRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 bb) Problem: Gefahr des Liquiditätsabflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 2. Veräußerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 3. Anspruch auf bare Zuzahlung, §§ 122h Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 UmwG . . . 442 a) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 b) Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 c) Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 II. Prozessualer Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 1. Spruchverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 a) Zulässigkeit des Spruchverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 aa) Statthaftigkeit des Spruchverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 (1) Vergleichbarkeit ausländischer Kontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 446

Inhaltsverzeichnis

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(2) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 bb) Antragsbefugnis, § 3 S. 1 Nr. 4, S. 2 SpruchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 cc) Antragsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 b) Weiterer Verfahrensgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 d) Kosten des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 2. Nichtigkeitsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 3. Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 b) Begründetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 aa) Verletzung von Gesetz oder Satzung, § 243 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . 456 bb) Anfechtbarkeit wegen Verfahrensfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 (1) Ausschluss elektronischer Übermittlungsfehler gemäß § 243 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 (2) Ausschluss bewertungsbezogener Informationsfehler gemäß § 243 Abs. 4 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 (3) Ausschluss bewertungsbezogener Informationsfehler gemäß §§ 14 Abs. 2, 32 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 (4) Einschränkungen nach dem Grundsatz der Fehlerrelevanz gemäß § 243 Abs. 4 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 cc) Anfechtbarkeit von Inhaltsfehlern (Inhaltliche Beschlusskontrolle) . . . . 463 dd) Anfechtbarkeit wegen Verfolgung von Sondervorteilen . . . . . . . . . . . . . 466 c) Rechtsfolgen: Bescheinigungssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 d) Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 e) Verteidigungsinstrumente der Gesellschaft gegen Anfechtungsklagen . . . . . 468 aa) Einwand des Rechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 bb) Bestätigungsbeschluss, § 244 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 cc) Unbedenklichkeitsverfahren, §§ 122k Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 3 UmwG . . 471 (1) Offensichtliche Unbegründetheit der Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 (2) Bagatellquorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 (3) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 (a) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 (b) Besonders schwerer Rechtsverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 (4) Rechtsfolgen des Freigabebeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 f) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 C. Autonomer Minderheitenschutz in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 I. Materieller Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 1. Austrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 a) Kein Anspruch aus den model articles of association . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 b) Keine Anwendung der section 900 (2)(e) CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479

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Inhaltsverzeichnis c) Unfair prejudice petition, section 996 (2)(e) CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 2. Kein Veräußerungs- oder Abfindungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 II. Prozessualer Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 1. Spezifische Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 a) Vorabbescheinigungsverfahren als spezifischer Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . 481 b) Keine Anwendbarkeit von section 33 CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 2. Allgemeiner Rechtsbehelf der Derivative Claims . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 a) Vorgaben des früheren Case Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 a) Vorgaben des neuen kodifizierten Rechts, sections 260 ff. CA 2006 . . . . . . . 484 b) Keine Erfolgsaussichten bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen . . . . 485 aa) Verletzung der Neutralitätspflicht, section 175 CA 2006 . . . . . . . . . . . . 486 bb) Verletzung der Treuepflicht, section 172 CA 20076 . . . . . . . . . . . . . . . . 486 cc) Irreführende Berichterstattung, regulation 8 CR 2007 . . . . . . . . . . . . . . 487 3. Allgemeiner Rechtsbehelf der Unfair Prejudice Claims . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 a) Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 b) Begründetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 aa) Conduct of Company’s Affairs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 bb) Interest as a member . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 cc) Keine Erweiterung des Schutzgehalts auf nicht kodifizierte Gesellschafterinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 dd) Unfair Prejudice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 (1) Nachteil (Prejudice) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 (a) Erforderlichkeit eines kommerziellen Nachteils und Kausalzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 (b) Unangemessenes Umtauschverhältnis als kommerzieller Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 (c) Verfahrens- und Informationsfehler als kommerzieller Nachteil 497 (2) Unfairness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 (a) Herleitung des Fairness-Maßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 (b) Unangemessenes Umtauschverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 (c) Verfahrens- und Informationsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 c) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 aa) Unterlassungsverfügung (Injunction to preserve the status quo) . . . . . . 506 bb) Barabfindung, section 996 (2)(e) CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 d) Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 e) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 I. Europäische Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 II. Deutsche Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 III. Englische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514

Inhaltsverzeichnis

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Teil 5 Schlusswort

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A. Harmonisierungsauftrag des Europäischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 B. Notwendigkeit und Bedeutung des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 C. Obligatorischer Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 I. Verschmelzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 II. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 III. Verschmelzungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 IV. Verschmelzungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 V. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 1. Informationspflichten und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung 525 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung . . . . 527 VI. Vorabbescheinigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 D. Autonomer Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 I. Autonomer Minderheitenschutz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 II. Autonomer Minderheitenschutz in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566

Abkürzungsverzeichnis a.A. abgedr. ABl. Abs. A.C. A.C.L.R. A.C.T.R. AEUV a.F. AG AG AktG All E.R. Anh. App Cas Art. Artt. ARUG Aufl. Az. BayObLG B.C.C. B.C.L.C. Bd. BERR Begr. BegrRegE Beschl. BeurkG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BR-Drucks. bspw. BStBl. BT-Drucks. Bus LR BVerfG BVerfGE

andere Ansicht abgedruckt Amtsblatt Absatz Appeal Cases Australian Company Law Reports Australian Capital Territory Reports Vertrag über die Arbeitsweisen der Europäischen Union alte Form Amtsgericht Aktiengesellschaft Aktiengesetz All Englisch Law Reports Anhang Appeal Cases Artikel Artikel (Plural) Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie Auflage Aktenzeichen Bayerisches Oberstes Landesgericht British Company Cases Butterworths Company Law Cases Band Department of Business, Enterprise and Regulatory Reform Begründung Begründung des Regierungsentwurfs Beschluss Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Drucksache des Bundesrats beispielsweise Bundessteuerblatt Drucksache des Bundestags Business Law Reports Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Abkürzungsverzeichnis

27

bzgl. bzw. CA CA 1985 CA 2006 C.B. CH Ch Ch App.

bezüglich beziehungsweise Court of Appeal Companies Act 1985 Companies Act 2006 Common Bench Reports entspricht Ch Chancery Court of Appeal in Chancery Law Reports: Chancery Devision C.L.C. Commercial law cases C.L.R. Common Wealth Law Reports C.M.L.R. Court Martial Law Report CPR Civil Procedure Rules CPR PD Civil Procedure Directions CR 2007 Companies (Cross-Border Merges) Regulation 2007 DAV Deutscher Anwaltsverein ders. derselbe d. h. das heisst dies. dieselbe/n D.L.R. BNA Daily Labour Report DTI Department of Trade and Industrie DurchfG Durchführungsgesetz European Business Law Review EC European Community Eden Eden’s Chancery Reports EEA (entspricht EWG) EG Europäische Gemeinschaft EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einl. Einleitung E.R. English Reports, Full Reprints EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union E.W.C.A. Civ Civil Devision des Court of Appeal E.W.H.C EWiR EWR ex. f. ff. FGG F.L.R. Fn.

Entscheidungssammlung des Commercial Court of the Queen’s Bench Devision im High Court of Justice Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum ehemals folgende fortfolgende Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (seit 1. 9. 2009 außer Kraft) Familiy Law Reports Fußnote

28 FRL GbR GG ggf. GmbH GmbHG GVG Hans. OLG Hare HGB H.K.L.R. H.L.C. HS IA 1986 i.d.F. i.E. i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.V.m. J.B.L. JBl. Kap. K.B. K.B.D. KG KG.a.A. KOM LG lit. LLP L.R. L.T. Ltd M.L.R. m.w.N. OHG OLG para. paras. plc PLC QB QBD RabelsZ Re reg. RegBegr.

Abkürzungsverzeichnis Fusionsrichtlinie Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gerichtsverfassungsgesetz Hanseatisches Oberlandesgericht Hare’s Chancery Handelsgesetzbuch Hong Kong Law Reports Clark & Finnelly’s House of Lords Reports New Series Halbsatz Insolvency Act 1986 in der Form im Ergebnis im Sinne des/der im Sinne eines/einer im Sinne von in Verbindung mit The Journal of Business Law Juristische Blätter (Österreich) Kapitel King’s Bench King’s Bench Devision Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktie Dokumente der Europäischen Kommission Landgericht lat. littera (= Buchstabe) limited liability partnership Law Reports Law Times Reports private company limited by shares Modern Law Review mit weiteren Nachweisen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht paragraph paragraphs public company limited by shares Practical Law for Companies Queen’s Bench Devision Queen’s Bench Devision Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht In Sachen regulation Regierungsbegründung

Abkürzungsverzeichnis regs. RG RGZ RIW Rn. ROM I ROM II Rs. Rspr. S. S.A. S.A.S.R. S.C. S.C. Sch. S.C.R. SE sec. SE-VO S.I. SLD Slg. S.L.R. S.L.T. sog. SpruchG S.T.C. T.L.R. Turn&R u.a. UK UMAG UmwÄndG UmwG Urt. u.U. v. vgl. VO Vol. VRL WL W.L.R.

29

regulations Reichsgericht Reichsgerichtsentscheidungen Zivilrecht Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 06. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 07. 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rechtssache Rechtsprechung Seite Saunders & Austin’s Locus Standi Reports South African Law Reports Session Cases (Scotland) Supreme Court Schedule Supreme Court Reports, Canada Societas Europaea section Verordnung (EG) Nr. 2157/2011 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft Statutory Instrument Statute Law Database Sammlung Scottish Law Reporter Scot Law Times sogenannt SpruchG Simon’s Tax Cases Times Law Reports Turner and Russell’s Chancery Reports unter anderem United Kingdom Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes Umwandlungsgesetz Urteil unter Umständen vom vergleiche Verordnung Volume (entspricht dem deutschsprachigen Buchband) Verschmelzungsrichtlinie Westlaw, z. B. Wood Diy Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957 Weekly Law Reports

30 W.N. ZEuP ZGR ZHR Ziff. ZIP ZPO

Abkürzungsverzeichnis Weekly Notes Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung

Einleitung Die vorliegende Arbeit hat die grenzüberschreitende Verschmelzung zwischen einer deutschen und einer englischen börsennotierten Aktiengesellschaft mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz zum Gegenstand. Grenzüberschreitende Verschmelzungen bezeichnen die Vermögensvereinigung mehrerer Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bei gleichzeitiger liquidationsloser Auflösung des übertragenden Rechtsträgers, wobei mindestens einer der beteiligten Rechtsträger einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt. Die Anteilsinhaber des übertragenden, zur Auflösung gebrachten Rechtsträgers erhalten als Gegenleistung für ihren Anteilsverlust Anteile an der übernehmenden oder neu zu bildenden Gesellschaft.1 Grenzüberschreitende Verschmelzungen sind somit strukturbedingt insbesondere durch den Vorteil geprägt, dass zwei selbstständige Unternehmen unterschiedlicher Rechtsordnungen zu einer Gesellschaft verbunden werden können, ohne dass es der singulären Vermögensübertragung und insbesondere nicht der Abwicklung der übertragenden Gesellschaft bedarf. Im Gegensatz zum Erwerb einer ausländischen Gesellschaft im Wege der Anteilsübertragung (sog. „takeover“) werden insofern zwei Unternehmen unmittelbar in einem vereint und die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft in den Gesellschafterkreis der übernehmenden Gesellschaft durch Anteilsgewährung an jener integriert. Die Motive, dieses gesellschaftsrechtliche Strukturinstrument zu wählen, sind wiederum vielfältig. Im Vordergrund verschmelzungsrechtlicher Überlegung dürfte wohl stets der Gedanke einer Resourcenoptimierung oder -erweiterung stehen, sei sie wirtschaftlicher, rechtlicher oder rein steuerrechtlicher Art. In Zeiten der stets zunehmenden Globalisierungen stehen Unternehmen zugleich im grenzüberschreitenden Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen und Märkten, so dass seitens der Unternehmen ein zunehmendes Bedürfnis entsteht, sich auf ausländischen Märkten zu positionieren. Neben der Errichtung von ausländischen Betriebsstätten und Zweigniederlassungen oder der Gründung von ausländischen Tochtergesellschaften stehen ihnen hierfür insbesondere der Erwerb ausländischer Gesellschaften im Wege des Anteilskaufes oder der Verschmelzung zur Verfügung. Verschmelzungen können diesbezüglich zweierlei Zwecken dienen, nämlich zum einen als konzerninternes Strukturierungsmittel, mittels dessen eine bereits kon1

Müko-Kindler, IntGesR, Rn. 828; Semler/Stengel-Stengel, § 2 UmwG, Rn. 2.

32

Einleitung

zernzugehörige, im Ausland ansässige Tochtergesellschaft mit einer inländischen Gesellschaft zusammengeführt wird. Zum anderen können grenzüberschreitende Verschmelzungen auch als Rechtsinstrument für einen erstmaligen Erwerb eines ausländischen, konzernfremden Unternehmens herangezogen werden. Im Unterschied zum Anteilskauf ist diese Rechtskonstruktion von dem Vorteil geprägt, dass für die Anteile an der übertragenden Gesellschaft kein Kaufpreis zu zahlen ist, sondern Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden. Zugleich ist letztere Konstruktion von dem Nachteil geprägt, dass es für die erfolgreiche Durchführung der Verschmelzung eines dreiviertel Mehrheitsbeschlusses jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften bedarf. Je größer und mannigfaltiger der jeweilige Gesellschafterkreis ist, desto schwieriger wird es in diesem Fall sein, die erforderliche Mehrheit der Gesellschafter von der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu überzeugen bzw. desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer verbleibenden Minderheit, die der Verschmelzung ablehnend gegenübersteht. Dies dürfte am ehesten bei börsennotierten Aktiengesellschaften mit einem weiten Anlegerkreis der Fall sein. Die vorliegende Arbeit geht von eben dieser Konstellation aus, nämlich der grenzüberschreitenden Verschmelzung zweier börsennotierten Aktiengesellschaften unterschiedlicher Rechtsordnungen, die nicht konzernrechtlich im Sinne von 100 %igen Tochtergesellschaften miteinander verbunden sind. Das Rechtsinstrument der Verschmelzung ist allerdings nicht neu. Vielmehr waren nationale Verschmelzungen von Gesellschaften derselben Rechtsordnung seit Einführung der dritten Richtlinie2 im Jahre 1978 unproblematisch möglich. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen fehlte es jedoch bisher an einer entsprechenden, gemeinschaftsweit angepassten Rechtsgrundlage. Die nationalen Verschmelzungsvorschriften waren in der Regel ebenfalls nicht anwendbar, wobei auch die Unterschiedlichkeit der nationalen Regelungen zu erheblichen Verschmelzungshindernissen führte. Im Lichte der gesellschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit oblag dem europäischen Gesetzgeber daher der Auftrag, eine entsprechende Regelung zur Harmonisierung des Verschmelzungsrechts zu finden. Der europäische Gesetzgeber ist diesem gefolgt und hat am 26. 10. 2005 die zehnte Richtlinie3 (,Verschmelzungsrichtlinie‘) erlassen, die am 15. 11. 2005 in Kraft getreten ist und von den Mitgliedstaaten bis zum 31. 12. 2007 in das jeweilige nationale Recht umzusetzen war.

2 Dritte Richtlinie des Rates vom 9. 10. 1978 gem. Art. 54 Abs. 3 lit. g) des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. L 295/36 v. 20. 10. 1978. 3 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 10. 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. L 310/1 v. 25. 11. 2005.

Einleitung

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Ob der Verschmelzungsrichtlinie (,VRL‘) ein Harmonisierungserfolg bescheinigt werden kann, soll in der vorliegenden Arbeit anhand eines umfassenden Rechtsvergleiches des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts am Beispiel einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von einer deutschen und einer englischen börsennotierten Aktiengesellschaft mit besonderem Blick auf den Minderheitenschutz untersucht werden. Im Rahmen dessen verfolgt die Arbeit auch das Ziel, einen über die wesentlichen Grundlagen hinausgehenden Einblick in das englische Gesellschaftsrecht im Zusammenhang mit Verschmelzungen zu geben. Insofern soll vereinzelt auch ein Blick über die wesentlichen Grundzüge hinaus gewagt werden. Diesbezüglich ist anzumerken, dass das englische Gesellschaftsrecht während der Erstellung dieser Arbeit nicht nur umfassend reformiert wurde, sondern darüber hinaus in England eine akademische Auseinandersetzung, wie sie in Deutschland in Form von umfassenden Kommentierungen und Aufsätzen vorherrscht, nicht existiert. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Verschmelzungen, die in der englischen Rechtspraxis und der begrenzten akademischen Diskussion nahezu bedeutungslos sind. Über den Gesetzestext hinausgehende Kommentierungen existieren zum englischen Verschmelzungsrecht nahezu keine. Der Untersuchung des grenzüberschreitenden Verschmelzungsrechts werden daher zunächst stets die europäischen Vorgaben der VRL und deren deutsche Umsetzung vorangestellt, die der Untersuchung des englischen Verschmelzungsrechts als Vergleichsmaßstab dienen sollen. Vorschriften, die keine Relevanz für den Minderheitenschutz aufweisen, wie bspw. Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer oder den Gläubigerschutz werden hingegen außen vor gelassen. Des Weiteren konzentriert sich der Rechtsvergleich auf die gesellschaftsrechtlichen Regelungen, so dass auch kapitalmarktrechtliche Bestimmungen, wie bspw. wertpapierrechtliche Vorschriften, keine Berücksichtigung finden. Soweit auf das englische Recht Bezug genommen wird, meint dies nur die Rechtsordnung Englands und nicht von Großbritannien4 oder des Vereinigten Königreiches5 im Allgemeinen. Diese Einschränkung ist insofern geboten, als zwar der überwiegende Teil der gesetzlichen Regelungen für das gesamte Königreich Geltung entfaltet. Vereinzelt existieren jedoch Sonderregelungen zwischen den einzelnen Ländern,6 deren Darstellung den gegebenen Rahmen überschreiten würde. Dies gilt insbesondere für das englische Kollisionsrecht (,conflict of laws‘), welches nur für England und Wales gilt.7 Die Untersuchung unterteilt sich im Übrigen in 5 Abschnitte.

4 5 6 7

Bestehend aus England, Wales und Schottland. Bestehend aus Großbritannien im vorstehenden Sinne und Nordirland. Dicey & Morris, S. 26. Dicey & Morris, S. 27.

34

Einleitung

Um die Ausgangsfrage des Harmonisierungserfolgs überhaupt beantworten zu können, bedarf es vorab der Klärung, was ,Harmonisierung‘ bedeutet, auf welcher Rechtsgrundlage sie beruht und insbesondere welchen Inhalt und welche Ziele der Harmonisierungsauftrag des europäischen Gesetzgebers im Allgemeinen und im besonderen Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen zum Gegenstand hat, um so die seitens des Gesetzgebers mit der VRL zu erreichenden Harmonisierungsziele zu bestimmen. Diese Grundlagen sind in Teil 1 zusammengefasst. Da die Untersuchung auf einen Rechtsvergleich des Minderheitenschutzes bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von deutschen und englischen Aktiengesellschaften gerichtet ist, werden zum besseren Verständnis ferner ein kurzer Überblick über das deutsche und englische Rechtssystem mit Schwerpunkt auf das jeweilige zur Anwendung kommende Gesellschaftsrecht vorangestellt sowie die Organisationsstrukturen der deutschen und englischen Aktiengesellschaft als Bezugsobjekte des Rechtsvergleichs in Teil 2 beleuchtet. Daran anschließend werden ebenfalls in Teil 2 die in ihnen vorherrschenden Interessenkonflikte betrachtet, um anhand derer den Begriff des „Minderheitenschutzes“ terminologisch zu erläutern und dessen Notwendigkeit darzulegen. Abschließend werden die verschiedenen Rechtsinstrumente des Minderheitenschutzes kurz dargestellt. Im Zuge dessen soll versucht werden, jene in ein für die nachfolgende Untersuchung sinnvolles Einordnungssystem zu unterteilen. Teil 3 und 4 beinhalten schließlich den Kern des Rechtsvergleichs. In Teil 3 werden zunächst diejenigen minderheitsschützenden Verschmelzungsvorschriften vertiefend dargestellt, die durch die VRL vorgegeben und in das deutsche und englische Recht umzusetzen waren. In Anlehnung an die Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten wird dieser Teil als „obligatorischer Minderheitenschutz“ bezeichnet. In Teil 4 werden wiederum die einzelstaatlichen spezifischen minderheitsschützenden Vorgaben untersucht, die nicht unmittelbar auf die Vorgaben der VRL zurückzuführen, sondern der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten zuzuweisen sind. Dementsprechend wird dieser Teil auch als „autonomer Minderheitenschutz“ bezeichnet. Die Untersuchung schließt mit einer in Teil 5 enthaltenen abschließenden Zusammenfassung der einzelnen Vergleichsergebnisse und einer darauf beruhenden Schlussauswertung, die insbesondere die Frage nach dem Harmonisierungserfolg der VRL beantwortet.

Teil 1

Harmonisierungsziele A. Begriff und Wesen der Harmonisierung Der Begriff der Harmonisierung wird im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union1 (der ,AEUV‘) weder durchgängig verwendet noch definiert. Der AEUV spricht vielmehr von „Angleichung“ (Art. 4 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 3 lit. h EGV a.F.2, Artt. 115, 114 Abs. 1 AEUV), „Koordinierung“ (Art. 50 Abs. 2 lit. g, 52 Abs. 2 AEUV) und „Harmonisierung“ (Art. 113 AEUV). Wie Wagner jedoch festgestellt hat, werden diese Begriffe synonym verwendet, ohne eine graduelle Abstufung von Angleichungserfordernissen aufzuweisen.3 Losgelöst von ihrer Form und Intensität bezeichnen sie insoweit dieselbe Tätigkeit, nämlich das Ersetzen von zumeist unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften durch eine von den Gemeinschaftsorganen angeordnete Regelung.4 Harmonisierung darf allerdings nicht als ein Vertragsziel der Gemeinschaft verstanden werden. Harmonisierung ist vielmehr ein Mittel der Gemeinschaft zur Erreichung eines im AEUV vorgegebenen Zieles. Diese Zielgebundenheit fand bisher insbesondere Ausdruck in den Artt. 2 und 3 Abs. 1 lit. c), h) EGV. Danach war es Aufgabe der Europäischen Gemeinschaft, einen Gemeinsamen Markt sowie einen Binnenmarkt zu errichten. Als Mittel zur Erfüllung dieser Ziele gab Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV die Angleichung der innerstaatlichen Vorschriften vor, soweit dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes erforderlich ist. Aufgabe der Gemeinschaft war es danach, jene Funktionsstörungen durch Rechtsangleichung zu beheben, die sich in der zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum (Gemeinsamer Markt und Binnenmarkt) zusammenwachsenden Gemeinschaft ergeben, weil das 1

Konsolidierte Fassung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union aufgrund des am 1. 12. 2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon, ABl. EG Nr. C 115/47 v. 9. 5. 2008. 2 Konsolidierte Fassung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. C.325/40 v. 24. 12. 2002. 3 Wagner, Das Konzept der Mindestharmonisierung, S. 19. 4 Seidel, EuR 1979, S. 171 (175). Entsprechendes gilt für die Differenzierung zwischen „Rechtsangleichung“ und „Rechtsvereinheitlichung“ i.S.v. Art. 207 AEUV (ex. Art. 133 EGV). Sie unterscheiden sich ebenfalls nicht in der Art der Tätigkeit, sondern lediglich hinsichtlich des Intensitätsgrades der Angleichungsmaßnahme, vgl. Dauses, Hdb.EU-WirtschaftsR-v. Danwitz, Bd. 1, B. II, Rn. 86.

36

Teil 1: Harmonisierungsziele

Wirtschaftsleben durch unterschiedliche, territorial beschränkt geltende Rechtsordnungen geregelt wird.5 Inhalt und Umfang des Harmonisierungsauftrages wurden folglich durch die Bedingungen des Gemeinsamen Marktes und des Binnenmarktes bestimmt. Der Begriff des Gemeinsamen Marktes i.S.d. Art. 2 EGV war im Vertrag zwar nicht definiert. Der EuGH hat den Begriff des Gemeinsamen Marktes aber dahingehend umschrieben, dass es bei dessen Errichtung um „die Beseitigung aller Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit dem Ziel der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt“ gehe, dessen Bedingungen „denjenigen eines wirklichen Binnenmarktes möglichst nahe kommen“.6 Zu diesen Bedingungen zählten zum einen die Einheit nach außen und zum anderen die Freiheit nach innen. Während sich die Einheit nach außen aus einer einheitlichen Zollunion und einer gemeinsamen Handels-, Agrar- und Verkehrspolitik zusammensetzte, wurde von der Freiheit nach innen die Gewährleistung der vier Grundfreiheiten sowie eines Systems des unverfälschten Wettbewerbs umfasst.7 Der Binnenmarkt war wiederum ausdrücklich in Art. 14 Abs. 2 EGV definiert, wonach er einen Raum ohne Binnengrenzen erfasste, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags gewährleistet ist. Insofern war auch von ihm die Gewährleistung der Grundfreiheiten umfasst. Wie die beiden Märkte zueinander im Verhältnis standen, wurde vormals nicht einheitlich beantwortet.8 Mit der Vertragsreform vom 1. Dezember 20099 wurde der Begriff des Gemeinsamen Marktes allerdings aufgegeben und fortan nur noch die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarkts als Ziel der Gemeinschaft in Art. 3 Abs. 3 EUV10 (ex. Art. 2 EGV) aufgenommen, so dass dies letztendlich dahinstehen kann. Die vorstehende Definition des Binnenmarkts wurde unverändert in Art. 26 Abs. 2 AEUV übernommen. Zugleich wurde Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV aufgehoben. 5

BBPS-Haag, Rn. 692. EuGH, Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409, Rn. 1409 (,Gaston Schul‘), Rs. C-41/93, Slg. 1994, I-1829, Rn. 19 (,Kommission/Frankreich‘). 7 Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 687; Grabitz/Hilf-v. Bogdandy, Art. 2 EGV, Rn. 38 ff. 8 Während die überwiegende Literatur der Hervorhebung des Binnenmarktes in den Artt. 3 und 14 EGV lediglich eine vertiefende und klarstellende Funktion zuwies (vgl. Nicolaysen, Europarecht, S. 32 f.; Grabitz/Hilf-v. Bogdandy, Art. 14 EGV, Rn. 7), entnahmen ihr andere ein gestuftes Verhältnis zwischen den Märkten, (vgl. Kellermann, ELR 1987, S. 223; Reich, EuZW 1991, S. 207; Epiney, JZ 1992, S. 564; Zacker, RIW 1989, S. 389). Everling differenzierte wiederum zwischen dem Abbau von Grenzkontrollen und der Angleichung von Wettbewerbsbedingungen, (vgl. Everling, in: FS-Steindorff, S. 1160 ff., 1170 f.). 9 Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. C 306/1 ff. v. 17. 12. 2007. 10 Konsolidierte Fassung des Vertrages über die Europäische Union, ABl. EG Nr. 83/13 v. 30. 3. 2010. 6

A. Begriff und Wesen der Harmonisierung

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Die beschriebene Zielgebundenheit und damit der Inhalt des Harmonisierungsauftrags haben hierdurch also keine Änderung erfahren.11 Dies folgt im Übrigen auch aus den Artt. 114 Abs. 1, 115 AEUV, die dem ,Prinzip der beschränkten Verbandskompetenz‘12 i.S.d. Art. 5 EUV (ex. Art. 5 EGV) entsprechend die zwingend notwendige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Harmonisierungsmaßnahmen darstellen. Der Europäische Gesetzgeber ist danach ermächtigt, für die Verwirklichung des in Art. 26 AEUV genannten Zieles Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu erlassen, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, Art. 114 AEUV, bzw. sich unmittelbar auf diesen auswirken, Art. 115 AEUV. Rechtsvorschriften wirken sich unmittelbar auf den Binnenmarkt aus, wenn sie zu diesem in einem Funktionszusammenhang dergestalt stehen, dass ihre Unterschiedlichkeit für das Funktionieren des Binnenmarktes „spürbar oder hinreichend intensiv“ ist.13 Diesen Funktionszusammenhang hat der AEUV für vereinzelte Regelungsbereiche von sich aus erkannt und besondere Angleichungskompetenzen geschaffen. Dies trifft auch auf das hier relevante Unternehmens- und Gesellschaftsrecht zu. Gemäß Art. 50 Abs. 1. 2 lit. g) AEUV (ex. Art. 44 Abs. 1, 2 lit. g) EGV) ist der Rat ermächtigt, Richtlinien zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 49 AEUV (ex. Art. 43 EGV) für eine bestimmte Tätigkeit zu erlassen. Soweit erforderlich hat er dabei die Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten der Gesellschaften i.S.d. Art. 54 AEUV (ex. Art. 48 EGV) im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, zu koordinieren, mit dem Ziel diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten. Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV) stellt insoweit eine gegenüber den allgemeinen Harmonisierungsvorschriften der Artt. 114, 115 AEUV besondere Angleichungskompetenz14 dar, deren funktionelle Aufgabe im Folgenden als „Harmonisierungsauftrag“ bezeichnet wird.

11

Dauses, Hdb.EU-WirtschaftsR-v. Danwitz, Bd. 1, B. II Rn. 83. Gemäß Art. 5 EUV verfügt der Europäische Gesetzgeber nicht über eine unbeschränkte Handlungsermächtigung, die ihm nach eigenem Ermessen den Erlass von gemeinschaftlichen Harmonisierungsakten und damit den Eingriff in die Gesetzgebungshoheit der Mitgliedstaaten gestattet, sondern er bedarf stets einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage. 13 Bieber/Epiney/Haag, § 14 Rn. 21; Streinz-Leible/Schröder, § 115 AEUV, Rn. 8. 14 Streinz-Müller-Graff, Art. 50 AEUV, Rn. 4. 12

38

Teil 1: Harmonisierungsziele

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV) Da Art. 50 AEUV die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit zum Gegenstand hat und diese zugleich als Grundfreiheit einen wesentlichen Bestandteil des Allgemeinen Vertragsziels zur Errichtung eines einheitlichen Binnenmarkts darstellt, sind Ziel und Umfang des Harmonisierungsauftrags sowohl anhand des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit als auch anhand der an einen Binnenmarkt zu stellenden allgemeinen Bedingungen zu bestimmen.

I. Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für den Harmonisierungsauftrag Der Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit befindet sich in einem seit Jahrzehnten fortdauernden Entwicklungsprozess. In seiner heutigen Form untersagt Art. 49 AEUV Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates. 1. Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit Von seinem personellen Anwendungsbereich werden seither nicht nur natürliche Personen erfasst, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen und in der Gemeinschaft ansässig sind, sondern gemäß Art. 49 Abs. 1 S. 2, 54 Abs. 1 AEUV auch Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2 AEUV, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wirksam gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft gelegen haben.15 Sowohl bei natürlichen als auch juristischen Personen bedarf es insofern einer rechtlichen und räumlichen Verbindung zur Gemeinschaft. Während bei natürlichen Person die Anknüpfungsmerkmale in der Regel bereits kraft ihres natürlichen Daseins gegeben sind, existieren Gesellschaften allerdings nur als gedankliches Rechtsgebilde auf Grundlage des mitgliedstaatlichen Rechts, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde und nach dem die Gesellschaft im Zeitpunkt der Ausübung der Niederlassungsfreiheit auch fortexistieren muss.16 Auf die damit einhergehenden niederlassungsrechtlichen Hindernisse wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch einzugehen sein.17

15 16 17

II. 3.

Hirte/Bücker-Forsthoff, § 2 Rn. 7. Behrens, IPrax 1999, S. 323. Vgl. die Ausführungen über die Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit, Teil 1 C.

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

39

In Hinsicht auf den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV wird der Begriff der Niederlassung im AEUV nicht weiter definiert. Nach den Ausführungen des EuGH ist unter „Niederlassung“ jedoch „die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit“ zu verstehen.18 Im Rahmen dessen unterscheidet das Gesetz zwischen der sog. „Primären Niederlassung“ und der sog. „Sekundären Niederlassung“. Eine primäre Niederlassung i.S.d. Artt. 49 Abs. 1 S. 1, 54 AEUV liegt vor, wenn die eingerichtete Niederlassung den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Niederlassungswilligen darstellt, sie also den Hauptsitz der Wirtschaftstätigkeit präsentiert.19 Im Falle der sekundären Niederlassungsfreiheit i.S.d. Artt. 49 Abs. 1 S. 2, 54 AEUV wird hingegen nur ein Betriebsteil verlagert oder neu errichtet. Der betriebliche Schwerpunkt bleibt im Herkunftsmitgliedstaat aufrechterhalten, so dass eine Wirtschaftstätigkeit in mindestens zwei Mitgliedstaaten entfaltet wird.20 Weil mit grenzüberschreitenden Verschmelzungen die Verlegung des wirtschaftlichen Schwerpunkts der übertragenden Gesellschaft einhergeht, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die primäre Niederlassungsfreiheit. 2. Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit Beschränkungen dieser Niederlassungsfreiheit sind nach Art. 49 AEUV verboten. Welcher konkrete Schutz den Gesellschaften danach gewährt wird und somit welchen niederlassungsrechtlichen Gewährleistungsinhalt es im Rahmen des Harmonisierungsauftrags zu verwirklichen gilt, wird darüber hinausgehend allerdings nicht in Art. 49 AEUV ausgeführt. a) Verbot offener Diskriminierungen Die ursprüngliche Fassung von Art. 49 AEUV und deren Vorgängervorschrift des Art. 43 EGV lautete: „Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates werden während der Übergangszeit aufgehoben.“21

Die Literatur22 und der EuGH23 sahen darin ein reines Diskriminierungsverbot, gegen welches verstoßen wurde, wenn vergleichbare Sachverhalte rechtlich unter18

EuGH, Rs. C-221/89, Slg. 1991, I-4921, Rn. 97 (,Factortame‘). Schwarze-Schlag, Art. 49 AEUV, Rn. 19. 20 Schwarze-Schlag, Art. 49 AEUV, Rn. 20. 21 Art. 52 EGV a.F. 22 von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EGV, Rn. 1; Everling, Der Gegenstand des Niederlassungsrechts in der Europäischen Gemeinschaft, S. 19 ff. m.w.N. 23 Anschaulich dargestellt in: Schlussantrag des Generalanwalts Lenz zu EuGH, Rs. 221/85, Slg. 1987, 719, Rn. 29. 19

40

Teil 1: Harmonisierungsziele

schiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte rechtlich gleichbehandelt wurden,24 ohne dass für die Gleich- bzw. Ungleichbehandlung ein objektiver Rechtfertigungsgrund vorlag.25 Vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsbezugs von Art. 49 AEUV (ex Art. 52 EGV) lagen sog. offene Diskriminierungen danach vor, wenn ein zu beurteilender Sachverhalt mit Gemeinschaftsbezug gegenüber einem reinen Inlandssachverhalt rechtlich schlechter behandelt wurde.26 Dem Wortlaut nach verpflichtete Art. 52 a.F. EGV die Mitgliedstaaten allerdings nur, die Hindernisse für eine freie Niederlassung innerhalb der in Art. 8 a.F. EGV festgelegten Übergangszeit schrittweise zu beseitigen. Angehörige der Mitgliedstaaten konnten sich somit nicht unmittelbar auf das Recht der freien Niederlassung berufen.27 Zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit gab Art. 54 a.F. EGV dem Rat und der Kommission vielmehr auf, ein ,Allgemeines Programm‘ zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit innerhalb der Gemeinschaft zu erstellen.28 Dem vom Europäischen Rat am 18. 12. 1961 angenommenen Allgemeinen Programm kam somit die Aufgabe zu, für jede Art von Tätigkeit die allgemeinen Voraussetzungen zu bestimmen und die Stufen der Verwirklichung festzulegen.29 Demzufolge wurden die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und damit das Harmonisierungsziel des damaligen Art. 44 EGV darin gesehen, die Niederlassungsfreiheit durch den Abbau von Diskriminierungen aktiv herzustellen.30 b) Verbot versteckter Diskriminierungen Im weiteren Verlauf erweiterte der EuGH das Diskriminierungsverbot von ,offenen Diskriminierungen‘ auf sog. ,verdeckte Diskriminierungsakte‘.31 Verdeckte Diskriminierungen unterschieden sich von den offenen dadurch, dass die ungerechtfertigte Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht an der anderen Staatsangehörigkeit anknüpfte, sondern an formell gleich behandelnden Voraussetzungen ansetzte, tatsächlich aber mit einer Schlechterstellung oder Ungleichbehandlung verbunden waren, weil inländische Wettbewerber die Voraussetzungen leichter erfüllen konnten als Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten.32 Entscheidend war dafür, dass 24

EuGH, Rs. 283/83, Slg. 1984, 3791, Rn. 7 (,Racke‘). EuGH, Rs. 810/79, Slg. 1980, 2747, Rn. 16 (,Überschär‘); Rs. C-187/96, Slg. 1998, I-1095, Rn. 19 (,Kommission/Griechenland‘). 26 Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art. 49 AEUV, Rn. 20. 27 Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 75. 28 von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EGV, Rn. 1. 29 Allgemeines Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, ABl. EG Nr. 2/32 v. 15. 1. 1962. 30 von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EGV, Rn. 1. 31 EuGH, Rs. 152/73, Slg. 1974, 153, Rn. 11 (,Sotgui‘); Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089, Rn. 36, 38. 32 EuGH, Rs. 71/76, Slg. 1977, 765, Rn. 13 (,Thieffry‘). 25

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

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die diskriminierende mitgliedstaatliche Regelung sich „besonders zum Nachteil“ von Ausländern auswirkte.33 Dies wurde bereits dann bejaht, wenn sich eine bestimmte (niederlassungsrelevante) mitgliedschaftliche Regelung statistisch häufiger zum Nachteil von Ausländern als von Inländern nachweisen ließ.34 c) Verbot mittelbarer Diskriminierungen Darüber hinausgehend entschied der EuGH, dass dem Diskriminierungsverbot des Art. 43 a.F. EGV auch mittelbare Diskriminierungen unterfielen.35 Diese unterschieden sich von den verdeckten Diskriminierungen dadurch, dass ihnen ein scheinbar niederlassungsneutraler Charakter innewohnt.36 Regelungen des beruflichen Umfelds oder sonstiger Rahmenbedingungen konnten somit ebenfalls vom Diskriminierungsverbot erfasst werden, wenn sie mittelbar die Niederlassungsfreiheit beschnitten.37 d) Allgemeines Beschränkungsverbot Eine zunehmende Meinung in der Literatur38 sowie auch vereinzelt die Rechtsprechung des EuGH39 lassen in jüngster Zeit eine noch über das erweiterte Diskriminierungsverbot hinausgehende Entwicklung hin zur Anerkennung eines allgemeinen Beschränkungsverbots erkennen. Danach sind nicht nur rechtliche oder tatsächlich wirkende Diskriminierungen, sondern auch unterschiedslos anwendbare Maßnahmen, die die Niederlassungsfreiheit unzulässig beschränken, gemeinschaftswidrig. Art. 49 AEUV (Art. 43 a.F. EGV) steht danach jeder nationalen Regelung entgegen, die, ohne diskriminierende Wirkung zu entfalten, geeignet ist, die Ausübung der durch den AUEV garantierten grundlegenden Freiheiten zu behindern oder 33

EuGH, Rs. C-175/88, Slg. 1990, I-1789, Rn. 14 (,Biehl‘). Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art. 49 AEUV, Rn. 20. 35 EuGH, Rs. 16/78, Slg. 1978, 2293 (,Choquet‘); Rs. 63/86, Slg. 1988, 29 (,Kommission/ Italien‘). 36 Trüten, Die Mobilität von Gesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft, S. 49. 37 von der Groeben/Schwarze-Tiedje/Troberg, Art. 43 EGV, Rn. 7. 38 Müller, Systemwettbewerb, Harmonisierung und Wettbewerbsverzerrung, S. 152; Everling, in: GS Knobbe-Kneuk, S. 607 (616); Oppermann, Europarecht, § 28, Rn. 34; Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art. 49 AEUV, Rn. 30; Schwarze-Schlag, Art. 49 AEUV, Rn. 45; differenzierend zwischen Freiheit des Marktzugangs und der Marktgleichheit, Roth, in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (737). 39 EuGH, Rs. 107/83, Slg. 1984, 2971 (,Klopp‘); Rs. 96/85, Slg. 1986, 1465 (,Kommission/ Frankreich‘); Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483 (,Daily Mail‘); Rs. C-243/01, Slg. 2003, I-13031 (,Gambelli‘); Rs. C-55/94, Slg. 1995, 4165, Rn. 37 (,Gebhard‘); Rs. C-299/02, Slg. 2004, I9761, Rn. 15 (,Kommission/Niederlande‘); Rs. C-140/03, Slg. 2005, I-3117, Rn. 27 (,Kommission/Griechenland‘). 34

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Teil 1: Harmonisierungsziele

weniger attraktiv zu machen.40 Selbst nur geringfügige oder unbedeutende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit können bereits ausreichen.41 e) Geltung für Gesellschaften, Art. 54 AEUV Diese Rechtsprechung betraf jedoch zunächst nur die Niederlassungsfreiheit von natürlichen Personen. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit dieser erweiterte Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit auch für Gesellschaften gilt. Dafür spricht grundsätzlich, dass Art. 54 AEUV (ex. 48 EGV) Gesellschaften den natürlichen Personen gleichstellt und ihnen somit die Berufung auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 EGV eröffnet. Das Gleichstellungsgebot gilt jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass bei der Bestimmung der niederlassungsrelevanten Tätigkeit, der Feststellung von Verstößen gegen die Niederlassungsfreiheit sowie deren Rechtfertigung stets die besondere Rechtsnatur einer Gesellschaft als Rechtsgebilde mit eigener Binnenstruktur beachtet werden muss.42 Denn im Gegensatz zu natürlichen Personen sind juristische Personen Rechtskonstruktionen des einzelstaatlichen Rechts, nach dem sie i.S.d. Art. 54 AEUV gegründet wurden. Ihre Existenz, Rechtsfähigkeit und Rechtsform erhält sie ausschließlich nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem die Gesellschaft gegründet wurde.43 Es bedarf daher stets der Überprüfung, ob die einzelnen Ausführungen zur Niederlassungsfreiheit von natürlichen Personen nach Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV in gleicher Weise auf Gesellschaften anwendbar sind. In Hinsicht auf das (erweiterte) Diskriminierungsverbot und das Beschränkungsverbot hat der EuGH in seiner sog. Daily Mail Entscheidung44 entschieden, dass beide grundsätzlich auch auf Gesellschaften anwendbar sind, soweit sie die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 54 AEUV erfüllen, d. h. wirksam nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden und ihren Satzungssitz oder Verwaltungssitz in der Gemeinschaft gelegen haben.45 f) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV Ausgehend von dem einführend beschriebenen Harmonisierungsziel, die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit durch den Abbau von offenen Diskriminierungen herzustellen, indem zunächst ,Allgemeine Programme‘ erstellt, und in 40 EuGH, Rs. C-19/92, Slg. 1993, 1663, Rn. 32 (,Kraus‘); Rs. C-442/02, Slg. 2004, I-8961, Rn. 11, 12 (,Caixa Bank France‘). 41 EuGH, Rs. C-9/02, Slg. 2004, 2409, Rn. 43 (,Lasteyrie du Saillant‘). 42 Schwarze-Jung, Art. 54 AEUV, Rn. 19. 43 BGH, BGHZ 25, 134 (144). 44 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483 (,Daily Mail‘). 45 EuGH, Rs. C-81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 15 f. (,Daily Mail‘).

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

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deren Vollzug dann erst die einzelnen Diskriminierungen Gebiet für Gebiet und Art für Art durch Richtlinien abgebaut werden, wurde mit der Erweiterung des Verbots auf verdeckte und mittelbare Diskriminierungen bis hin zum Allgemeinen Beschränkungsverbot der Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit und somit auch der Harmonisierungsauftrag erweitert. 3. Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 49 AEUV Letztere Schlussfolgerung beruht auf der Annahme, dass die Niederlassungsfreiheit keine unmittelbare Wirkung entfaltete, sondern i.S.d. Artt. 52, 54 a.F. EGV der Verwirklichung durch Allgemeine Programme zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit bedurfte. a) Auf natürliche Personen In seiner Entscheidung im Jahre 1974 hat der EuGH jedoch hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit von natürlichen Personen entschieden,46 dass Art. 49 AEUV (ex. Art. 52 Abs. 2 a.F. EGV) mit Ablauf der Übergangszeit nunmehr unmittelbar anwendbar ist und somit (offene) Diskriminierungen nicht erst durch Richtlinien aufzuheben, sondern in direkter Anwendung des Vertrages unzulässig sind.47 Niederlassungsberechtigte natürliche Personen können sich seither im Falle von Ungleichbehandlungen gegenüber dem diskriminierenden Staat unmittelbar auf Art. 49 AEUV berufen.48 Mittlerweile ist ebenfalls anerkannt, dass die unmittelbare Wirkung sich auch auf verdeckte und mittelbare Diskriminierungen49 sowie auf allgemeine Beschränkungen50 niederlassungsberechtigter natürlicher Personen erstreckt. In Hinsicht auf natürliche Personen bedarf es des Erlasses von Richtlinien zum Abbau von Diskriminierung und Beschränkungen zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit im ursprünglichen Sinne seither nicht mehr.51

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EuGH, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631 (,Reyners‘). EuGH, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631, Leitsatz 1 (,Reyners‘). 48 EuGH, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631, Rn. 14 – 16 (,Reyners‘). 49 EuGH, Rs. 152/73, Slg. 1974, 153, Rn. 11 (,Sotgiu‘); Rs. 71/76, Slg. 1977, 765, Rn. 13, 14 (,Thieffry‘), Rs. 11/77, Slg. 1977, 1205, Rn. 12 ff. (,Patrick‘), Rs. C-3/88, Slg. 1989, 4056, Rn. 18 (,Kommission/Italien‘); Rs. C-175/88, Slg. 1990, I-1789, 1792, Rn. 12 (,Biehl‘); Rs. C-330/91, Slg. 1993, 4038, Rn. 14 f. (,Commerzbank‘). 50 EuGH, Rs. 107/83, Slg. 1984, 2971 (,Klopp‘); Rs. 19/92, Slg. 1993, I-1689, 1697, Rn. 32 (,Kraus‘); Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4186, 4197, Rn. 37 (,Gebhard‘); Rs. C-9/02, Slg. 2004, 2409, Rn. 43 (,Lasteyrie du Saillant‘). 51 Oppermann, Europarecht, § 28 Rn. 42. 47

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Teil 1: Harmonisierungsziele

b) Auf juristische Personen Ob die unmittelbare Wirkung des Diskriminierungs- und Beschränkungsverbots auch für Gesellschaften i.S.d. Art. 54 AEUV gilt, ist nach dem Vorhergesagten unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsnatur der Gesellschaft als Rechtsgebilde des einzelstaatlichen Rechts zu beantworten.52 Dem EuGH wurde in den letzten Jahren in einer Vielzahl von Vorlageverfahren die Möglichkeit gegeben, zu den einzelnen Sachverhaltskonstellationen der primären und sekundären Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften Stellung zu nehmen. In Hinsicht auf die sekundäre Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften bestätigte der EuGH deren uneingeschränkte, unmittelbare Anwendung auf juristische Personen.53 Wie er in der Rechtssache Centros ausdrücklich hervorhob, stehen weder der Harmonisierungsauftrag i.S.d. Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV) noch der Umstand, dass das Gesellschaftsrecht noch nicht vollkommen harmonisiert ist, der unmittelbaren Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit entgegen.54 In Bezug auf die primäre Niederlassungsfreiheit differenzierte der EuGH hingegen zwischen dem Wegzug von Gesellschaften in Form der Sitzverlegung und den sonstigen niederlassungsrechtlichen Tätigkeiten, wie z. B. dem Zuzug von Gesellschaften durch Sitzverlegung oder eben der hier relevanten grenzüberschreitenden Verschmelzung. In seiner Daily Mail Entscheidung55 bestätigte er zwar die unmittelbare Anwendbarkeit der Artt. 49, 54 AEUV (ex. Artt. 43, 48 EGV) für juristische Personen, gleichzeitig verband er sie aber mit dem Vorbehalt, dass die bei der Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland auftretenden Probleme nicht über die Niederlassungsfreiheit, sondern nur durch Richtlinien oder Konventionen zu lösen seien.56 In Bezug auf die Ausübung der Niederlassungsfreiheit in Form der identitätswahrenden Sitzverlegung ins Ausland existiert demzufolge ein Vorbehalt zugunsten des Erlasses von Richtlinien oder dem Abschluss eines Übereinkommens nach Art. 293 a.F. EGV.57 Dies begründete der EuGH mit der Rechtsnatur der Gesellschaft, die eben nur ein Produkt der sie zur Gründung gebrachten Rechtsordnung sei und das daraus entstehende Koordinationsproblem der mitgliedstaatlichen Rechte eine abweichende Auslegung der Freiheit erfordere.58 52

Behrens, ZGR 1994, S. 20; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Forsthoff; Art. 54 AEUV, Rn. 22; Streinz-Müller-Graff, Art. 54 AEUV, Rn. 1. 53 EuGH, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rn. 13, 14 (,Segers‘); EuGH, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273, Rn. 18, Leitsätze 1, 4 und 5 (,Kommission/Frankreich‘), Rs. C-176/01, Slg. 2003, I-10155, Rn. 103 – 105 (,Inspire Art‘). 54 EuGH, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I.1459, Rn. 28 (,Centros‘). 55 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483 (,Daily Mail‘). 56 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 23 f. (,Daily Mail‘). 57 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 21,22 (,Daily Mail‘). 58 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 20 (,Daily Mail‘).

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

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Insofern bestand für die Verlegung des Sitzes ins Ausland eine Bereichsausnahme59, so dass Wegzugsbeschränkungen des Gründungsstaates nicht dem (unmittelbar geltenden) Beschränkungsverbot nach Artt. 49, 54 AEUV unterliegen. Diese Rechtsprechung bestätigte der EuGH in seiner Entscheidung zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften in der Rechtssache Cartesio60 mit einer geringfügigen Modifizierung. In der Sache ging es um eine ungarische Kapitalgesellschaft, die beim zuständigen ungarischen Handelsregister einen Antrag gestellt hatte, die Verlegung ihres Sitzes nach Italien unter Aufrechterhaltung ihres ausländischen Personalstatuts zu bestätigen und die Sitzangabe im Handelsregister entsprechend zu ändern. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass eine in Ungarn gegründete Gesellschaft nach ungarischem Recht ihren Sitz nicht unter Beibehaltung des ungarischen Personalstatuts ins Ausland verlegen könne. Eine identitätswahrende Sitzverlegung sei mithin nicht nach ungarischem Recht zulässig. Der EuGH verneinte darin die Vorlagefrage, ob die Artt. 49, 54 AEUV beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts dahin auszulegen sind, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft verwehren, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft des innerstaatlichen Rechts des Gründungsstaates zu behalten.61 Demzufolge hielt der EuGH an einer Bereichsausnahme für die identitätswahrende Verlegung des Verwaltungssitzes weiterhin fest.62 In Abweichung zu Daily Mail differenzierte der EuGH allerdings zwischen einzelstaatlichen Wegzugsbeschränkungen bei Sitzverlegungen ohne Änderung des Gesellschaftsstatuts und Wegzugsbeschränkungen bei Sitzverlegung mit Änderung des Gesellschaftsstatuts. Nur für den Fall der ersteren – der identitätswahrenden Sitzverlegung – bestünde ein Vorbehalt zugunsten des Wegzugsstaates. Der Gründungsstaat dürfe jedoch nicht die Gesellschaft dadurch, dass er ihre Auflösung und Liquidation verlangt, daran hindern, sich in eine Gesellschaft nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates umzuwandeln, soweit dies nach dessem Recht zulässig ist.63 In der Entscheidung National Grid Indus B.V.64 erfuhr diese Rechtsprechung schließlich die Klarstellung, dass der EuGH zwar an den vorgenannten Beschrän59 Schön, in: FS-Lutter 2000, S. 685 (702 f.); Forsthoff, DB 2002, S. 2471 (2474); Kallmeyer, DB 2002, S. 2521 (2522); Kersting, NZG 2003, S. 9 (13); Großerichter, DStR 2003, S. 159 (164); Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 779; Calliess/Ruffert-Bröhmer/Kluth, Art. 54 AEUV, Rn. 18. 60 EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, I-00000 (,Cartesio‘). 61 EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, I-00000, Rn. 124 (,Cartesio‘). 62 Schwarze-Jung, Art. 54 AEUV, Rn. 37; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Forsthoff, Art. 54 AEUV, Rn. 28. 63 EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, I-00000, Rn. 112, 113 (,Cartesio‘). 64 EuGH, Rs. C 371/10, Slg. 2011, I 12307, Rn. 35 (,National Grid Indus B.V.‘).

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Teil 1: Harmonisierungsziele

kungen der Wegzugsfreihheit festhält, es sich hierbei jedoch nicht wie bisher verstanden um eine Bereichsausnahme der Niederlassungsfreiheit, sondern um eine durch Allgemeininteressen des Herkunftslandes gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit handelt.65 Für Weg- und Zuzugsbeschränkungen,66 die Nichtanerkennung ausländischer Gesellschaften67 sowie teilweise für die Nichtzulassung grenzüberschreitender Verschmelzungen68 und nunmehr auch für die formwechselnde Hineinumwandlung69 hat der EuGH die unmittelbare Wirkung des Diskriminierungs- und Beschränkungsverbotes somit anerkannt. In seinem Urteil Überseering hob der EuGH zudem ausdrücklich hervor, dass die Übereinkünfte, zu deren Abschluss Art. 293 a.F. EGV anregte, genau wie die in Art. 44 a.F. EGV vorgesehenen Harmonisierungsrichtlinien die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit erleichtern, die Ausübung dieser Freiheit aber nicht von diesen Harmonisierungsakten abhänge.70 Beschränkungen dieser Art sind somit in direkter Anwendung des Vertrages unzulässig. Inwieweit grenzüberschreitende Verschmelzungen im Einzelnen von diesem unmittelbar geltenden Schutz der Niederlassungsfreiheit erfasst werden, wird noch im weiteren Verlauf der Arbeit vertiefend untersucht werden.71 Dieser neue Gewährleistungsinhalt fand seit Änderung des Art. 52 a.F. EGV durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. 10. 199772 auch Ausdruck in dem Wortlaut von Art. 43 a.F. EGV, wonach Beschränkungen nicht mehr „aufgehoben“ werden, sondern „verboten“ sind. Dieser Wortlaut wurde unverändert auch in Art. 49 AEUV übernommen. c) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV Gesellschaften sind dementsprechend hinsichtlich der unmittelbaren Geltung der Diskriminierungs- und Beschränkungsverbote grundsätzlich der natürlichen Person gleichgestellt, so dass es zur Verwirklichung des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften keiner Richtlinien i.S.d. Art. 50 AEUV mehr bedarf. 65

Vgl. Teichmann, in: FS Hommelhoff, S. 1225, 1229 ff.,1232, 1234 f. EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-09919, Rn. 57 (,Überseering‘). 67 EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-09919, Rn. 55 – 57 (,Überseering‘). 68 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 19, 23 (,SEVIC‘). 69 EuGH, Rs. C-378/10, vom 12. 07. 2010, Rn. 63 (,VALE‘), zum Bearbeitungszeitpunkt noch nicht in Slg. aufgenommen und nur abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ LexUriServ.do?uri=CELEX:62010CJ0378:DE:HTML. 70 EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-09919, Rn. 54/55, Leitsatz 1 (,Überseering‘). 71 Siehe Ausführungen zu Verschmelzungshindernissen, Teil 1 C. II. 3. 72 ABl. EG 1997 Nr. C 340/1 = BT-Europaausschuss, 13. Wahlperiode, Ausschuss-Dr 13/ 1590 = BR-Drucks. 784/97. 66

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

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Wurde der Harmonisierungsauftrag in Art. 50 EGV durch die Erweiterung des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit (vom offenen Diskriminierungsverbot hin zu einem allgemeinen Beschränkungsverbot) zunächst ausgedehnt, wird er durch die unmittelbare Geltung derselben nunmehr auf nahezu Null reduziert. Eines aktiven Abbaus von Beschränkungen durch Richtlinien bedarf es zur Verwirklichung des Gewährleistungsinhalts nicht. 4. Rechtfertigungsgründe für beschränkende Maßnahmen Wie die übrigen Freiheiten des Vertrages wird aber auch die Niederlassungsfreiheit nicht schrankenlos gewährt. Dies gibt allein schon der Wortlaut des Art. 49 AEUV zu erkennen, wonach die freie Niederlassung „nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen“ garantiert wird. a) Sonderregelungen nach Art. 52 AEUV (ex. Art. 46 EGV) Art. 49 EGV verweist damit zunächst auf die Ausnahmeregelungen in Art. 52 AEUV (ex. Art. 46 EGV). Gemäß Art. 52 AEUV findet die Niederlassungsfreiheit ihre Grenze in den Sonderregelungen für Ausländer, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Art. 52 AEUV gilt für Diskriminierungen und Beschränkungen jeder Art,73 insbesondere auch für offene Diskriminierungen aufgrund der Staatszugehörigkeit.74 Obwohl sich die von Art. 52 AEUV erfassten nationalen Vorschriften des Ausländerrechts wohl primär an natürliche Personen richten, ist er nicht auf diese beschränkt und gilt über Art. 54 AEUV auch für Gesellschaften.75 Rechtfertigungsfähig sind (offene) Diskriminierungen unter der Voraussetzung, dass zwischen Gesellschaften mit inländischem Sitz und Gesellschaften mit ausländischem Sitz derart gravierende Unterschiede bestehen, dass den ausländischen Gesellschaften aus Gründen der öffentlichen Ordnung bereits der Marktzugang verwehrt bzw. dieser an bestimmte Voraussetzungen geknüpft76 oder aber ihr Weggang verweigert bzw. an erschwerende Voraussetzungen geknüpft werden muss.77 Der im Gesetz nicht definierte Begriff der ,Öffentlichen Ordnung und Sicherheit‘ wird vom EuGH zwar weit ausgelegt und erfasst grundsätzlich jeden 73

Schwarze-Schlag, Art. 49 AEUV, Rn. 53. Dauses, Hdb.EU-WirtschaftsR-Roth, Bd. 1, E.I. Rn. 98. 75 EuGH, Rs. 78/85, Slg. 1986, 2375, Rn. 17 (,Segers‘). 76 Ablehnend in: EuGH, Rs. C-212/97, Slg. 1999 I, 1459, Rn. 41 (,Centros‘); Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-09919, Rn. 83 f. (,Überseering‘); Rs. C-176/01, Slg. 2003, I-10155, Rn. 95 ff. (,Inspire Art‘). 77 Schwarze-Jung, Art. 54 AEUV, Rn. 24. 74

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Teil 1: Harmonisierungsziele

Gesetzesverstoß. Darüber hinaus verlangt er allerdings, dass eine konkrete und hinreichend schwere Störung der öffentlichen Ordnung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.78 Für Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit fordert der EuGH insofern eine konkrete Gefährdung der Existenz des Staates und seiner Einrichtungen sowie deren Notwendigkeit für das Überleben der Bevölkerung.79 Beschränkende einzelstaatliche Maßnahmen müssen zu ihrer Rechtfertigung nach Art. 52 AEUV zudem dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip standhalten und somit den Maßstäben der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit i.e.S. genügen.80 Die an eine Rechtfertigung nach Art. 52 AEUV gestellten Anforderungen sind dementsprechend hoch, so dass dem Rechtfertigungsgrund des Art. 52 AEUV im Rahmen der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften geringe Bedeutung zukommt. Tatsächlich ist auch kein Fall bekannt, in dem der EuGH die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 52 AEUV als erfüllt angesehen hat. b) Rechtsmissbrauchsverbot Die jüngere Rechtsprechung des EuGH hat darüber hinausgehend eine Rechtfertigung auf Grundlage des ungeschriebenen ,Rechtsmissbrauchsverbots‘ anerkannt. Danach ist eine missbräuchliche oder betrügerische Berufung auf das Gemeinschaftsrecht generell81 und speziell auf die Grundfreiheiten nicht gestattet.82 Ein Missbrauch ist jedoch nicht schon dadurch begründet, dass der Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat als in dem Staat, in welchem die Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, lokalisiert ist. Die Ausnutzung des gesellschaftsrechtlichen Regelungsgefälles in den Mitgliedstaaten stellt vielmehr ein den Wettbewerb der nationalen Gesellschaftsrechte im Binnenmarkt beförderndes Gestaltungsmittel dar und unterfällt somit nicht dem Rechtsmissbrauchsverbot.83 Vor diesem Hintergrund dürfte dieser Rechtfertigungsgrund ebenfalls zu vernachlässigen sein. c) Zwingende Gründe des Allgemeinwohls Nahezu parallel zur Anerkennung der unmittelbaren Geltung der Niederlassungsfreiheit und des Allgemeinen Beschränkungsverbots hat der EuGH allerdings

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EuGH, Rs. C-350/96, Slg. 1998, I-2521, Rn. 40 (,Clean Car Autoservice‘). EuGH, Rs. 73/83, Slg. 1984, 2727 (,Campus Oil‘). 80 Streinz-Müller-Graff, Art. 52 AEUV, Rn. 16 f. 81 EuGH, Rs. C-367/96, Slg. 1998, I-2843, Rn. 83 (,Kefalas‘); Rs. C-373/97, Slg. 2000, I-1705, Rn. 33 (,Diamantis‘). 82 EuGH, Rs. C-33/74, Slg. 1974, 1299, Rn. 12 (,Van Binsbergen‘). 83 EuGH, RsC-212/97, Slg. 1999, I-1459 Rn. 27 (,Centros‘); Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rn. 135 (,Inspire Art‘). 79

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

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eine über Art. 52 AEUV hinausgehende Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen auf der Grundlage sog. „zwingender Gründe des Allgemeinwohls“ anerkannt.84 Danach können beschränkende Maßnahmen der Mitgliedstaaten gerechtfertigt sein, wenn die Beschränkung *

in nicht diskriminierender Weise angewandt wird;

*

aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist;

*

geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zwecks zu gewährleisten;

*

und nicht über das Maß hinausgeht, was zur Erreichung des gesetzten Zieles erforderlich ist.85

Hinsichtlich der Bestimmung ,zwingender Gründe des Allgemeinwohls‘ räumt der EuGH den Mitgliedstaaten ferner einen Beurteilungsspielraum zur Definition schützenswerter Belange ein.86 Dazu zählen insbesondere die steuerliche Kontrolle,87 der Schutz des geistigen Eigentums,88 der Gläubiger-89 und Arbeitnehmerschutz90 sowie der hier im Fokus stehende Schutz von Minderheitsgesellschaftern.91 Mit Ausnahme von offenen Diskriminierungen92 hat der EuGH die Anwendbarkeit dieses Rechtfertigungsgrundes auf sämtliche Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften insbesondere in den Rechtssachen Kraus,93 Gebhard94, Centros95 und Überseering96 bestätigt. d) Konsequenzen für den Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV Insbesondere mit der Anerkennung der erweiterten Rechtfertigungsmöglichkeit für allgemeine Beschränkungen wurde den Mitgliedstaaten ein Spielraum zur Definition schützenswerter Belange eingeräumt, wodurch wiederum unterschiedlich 84 EuGH, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rn. 37 (,Gebhard‘); Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663, Rn. 32; (,Kraus‘); Rs. 96/85, Slg. 1986, 1475, Rn. 11 (,Kommission/Frankreich‘); Rs. 71/76, Slg. 1977, 765, Rn. 15 (,Thieffry‘). 85 EuGH, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rn. 37 (,Gebhard‘), Rs. C-225/97, Slg. 1999, I-2835, Rn. 19 (,Pfeiffer Grosshandel GmbH‘). 86 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Forsthoff, Art. 49 AEUV, Rn. 122. 87 EuGH, Rs. C-250/97, Slg. 1997, I-2471, Rn. 26 ff. (,Futura‘). 88 EuGH, Rs. C-62/79, Slg. 1980, 881, Rn. 15 (,Coditel‘). 89 EuGH, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rn. 135 (,Inspire Art‘). 90 EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rn. 92 (,Überseering‘). 91 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 28 (,SEVIC‘). 92 EuGH, Rs. C-224/97, Slg. 1999, I-2517, Rn. 16 (,Ciola‘). 93 EuGH, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663, Rn. 32; (,Kraus‘). 94 EuGH, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rn. 37 (,Gebhard‘). 95 EuGH, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rn. 45 (,Centros‘). 96 EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rn. 92 (,Überseering‘).

50

Teil 1: Harmonisierungsziele

hohe Schutzstandards in den einzelnen Mitgliedstaaten durchgesetzt werden können.97 Die mit der Anerkennung der unmittelbaren Geltung des Beschränkungsverbots bewirkte Rechtssicherheit erfährt hierdurch eine nicht unerhebliche Rückstufung, da Niederlassungsberechtigte stets Gefahr laufen, dass eine wegen Unvereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit für unzulässig und wegen der unmittelbaren Geltung der Niederlassungsfreiheit für unbeachtlich gehaltene Regelung, auf Grundlage der immanenten Schranke stets gerechtfertigt sein und somit in zulässiger Weise einer Niederlassungsmaßnahme entgegenstehen könnte. Die dadurch erzeugte Rechtsunsicherheit kann auch nicht durch die Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung reduziert werden. Eine Überprüfung einzelstaatlicher Regelungen anhand Art. 49 AEUV ist nämlich zum einen aufwendig (Initiativerfordernis, Auslegungserfordernis, Verfahrensrisiken und Zeit- und Kostenaufwand), zum anderen kann sie stets nur einzelfallbezogen und punktuell erfolgen. Die Herstellung einheitlicher und rechtssicherer Schutzstandards innerhalb der Gemeinschaft wird durch das unmittelbar geltende Beschränkungsverbot der Niederlassungsfreiheit somit nicht gewährleistet. Das Sekundärrecht und somit auch Harmonisierungsmaßnahmen nach Art. 50 AEUV schließen eine Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen hingegen aus, da eine Berufung auf die soeben dargestellten Rechtfertigungsgründe nicht mehr zulässig ist, wenn das sekundäre Gemeinschaftsrecht die maßgebliche Frage abschließend regelt.98 Im Gegensatz zu einer richterlichen Überprüfung einzelstaatlicher Regelungen schafft Harmonisierung somit eine breitenwirksame und orientierungsbildende legislative Gesamtregelung, durch welche die gemeinschaftsweite Verwirklichung des Niederlassungsrechts für einzelne Tätigkeiten und Bereiche effektiv ausgestaltet werden kann und mithin den Unternehmen eine klar und einheitlich geregelte Plattform für Strukturmaßnahmen eröffnet, und somit Rechts- und Investitionssicherheit bietet.99 Dies gilt auch aus gesetzgeberischer Sicht der Mitgliedstaaten. Eine nationale Regelung, die eine korrekte Umsetzung von Richtlinienvorgaben darstellt, kann nicht mehr als Beschränkung i.S.d. Art. 49 AEUV gewertet und somit nicht mehr von Seiten des Niederlassungsberechtigten angefochten werden.100

97

EuGH, Rs. C-294/00, Slg. 2002, I-6515, Rn. 46 f. (,Gräbner‘). EuGH, Rs. C-241/01, Slg. 2002, I-9079, Rn. 48 (,National Farmers’ Union‘). 99 Streinz-Müller-Graff, Art. 50 AEUV, Rn. 3; Schwarze-Jung, Art. 50 AEUV, Rn. 2. 100 EuGH, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rn. 56 – 58 (,Inspire Art‘).

98

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

51

5. Zwischenergebnis: Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für Art. 50 AEUV Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV im Lichte der Niederlassungsfreiheit einen Wandel erfahren hat. Die Erweiterung des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit von einem bloßen Verbot offener Diskriminierungen hin zu einem Allgemeinen Beschränkungsverbot, nach dem auch solche Regelungen der Mitgliedstaaten unzulässig sind, die geeignet sind, die Ausübung der Freiheit zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, hat die durch Artt. 49, 54 AEUV gewährleistete grenzüberschreitende Mobilität der Unternehmen erheblich vergrößert. Die Annahme, der Harmonisierungsauftrag i.S.d. Art. 50 AEUV wäre dementsprechend ebenfalls erweitert worden, hat sich jedoch als unzutreffend erwiesen. Bedurfte es anfangs zur Verwirklichung dieses Gewährleistungsinhalts noch einer Umsetzung der Freiheit durch den aktiven Abbau von Beschränkungen durch Harmonisierungsmaßnahmen, gelten die Verbote nunmehr unmittelbar. Der Erlass von Harmonisierungsmaßnahmen ist somit im Verbotsbereich der Artt. 49, 54 AEUV überflüssig geworden. Die erweiterte Rechtfertigungsmöglichkeit der Mitgliedstaaten, beschränkende Regelungen aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls zu erlassen, räumt den Mitgliedstaaten jedoch wiederum einen weiten Beurteilungsspielraum ein, die Allgemeinwohlbelange festzusetzen und somit Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips durchzusetzen. Den hierdurch entstehenden unterschiedlichen Schutzstandards innerhalb der Gemeinschaft und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit kann demnach nur im Wege von Harmonisierungsmaßnahmen begegnet werden, die eine Berufung auf die Rechtfertigungsgründe ausschließen. Oblag dem europäischen Gesetzgeber ursprünglich der Auftrag, den im Laufe der Jahre erweiterten Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit durch den aktiven Abbau von Beschränkungen zu verwirklichen, besteht der Harmonisierungsauftrag folglich nunmehr vorrangig in der Aufgabe, die durch die erweiterten Rechtfertigungsmöglichkeiten geschaffenen unterschiedlichen Schutzstandards und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit durch den Erlass von Richtlinien zu beheben.

II. Bedeutung des Binnenmarktkonzeptes nach Artt. 3, 26 AEUV für den Harmonisierungsauftrag Wie eingangs dargelegt, ist die Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit, deren Verwirklichung Art. 50 AEUV zu dienen bestimmt ist, zugleich wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Vertragsziels der Errichtung eines einheitlichen Binnen-

52

Teil 1: Harmonisierungsziele

markts nach Artt. 3, 26 AEUV. Vor diesem Hintergrund stellt Art. 50 AEUV somit eine Konkretisierung des allgemeinen Harmonisierungsauftrags i.S.d. Artt. 114, 155 AEUV dar, einen einheitlichen Binnenmarkt im Wege der Angleichung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften zu errichten bzw. dessen Funktionieren sicherzustellen. Dementsprechend sind Ziel und Umfang des Harmonisierungsauftrags des Art. 50 AEUV nicht nur anhand des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit, sondern auch im Lichte der an einen Binnenmarkt zu stellenden allgemeinen Bedingungen zu bestimmen. Wie im Weißbuch hervorgehoben, besteht das Ziel eines Binnenmarktes in der Beseitigung aller materiellen, technischen und steuerlichen Schranken.101 In einer offenen Marktwirtschaft ist es für Unternehmen von essentieller Bedeutung, möglichst flexibel und schnell auf neue Entwicklungen der für sie relevanten Marktströmungen zu reagieren.102 Unternehmen müssen daher nicht nur in der Lage sein, eine freie, d. h. ökonomisch bestimmte Standortwahl innerhalb der Gemeinschaft zu treffen, die das Ergebnis der günstigsten Kostenrelation von Produktionsfaktoren, Infrastruktur und Absatzmarkt widerspiegelt.103 Ihnen muss zusätzlich ein System bereitgestellt werden, auf Grundlage dessen sie Aufgaben wie den Ausbau der Unternehmensorganisation, die Umorganisation von Einkaufs- und Vertriebsstrukturen sowie die Spezialisierung und Diversifizierung von Produktion oder Dienstleistungen grenzüberschreitend bewältigen können.104 Der Harmonisierung der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften kommt damit im Lichte des Vertragszieles, einen funktionierenden Binnenmarkt in der Gemeinschaft zu errichten, eine über den bloßen Abbau von spezifischen Schranken hinausgehende Gestaltungsfunktion zu.105 Unabhängig vom Bestehen einer Beschränkung i.S.d. Art. 49 AEUV geht es darum, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich Unternehmen nicht nur ungehindert, sondern auch auf einer rechtssicheren und rechtsklaren Grundlage so frei, das heißt ausschließlich auf Grundlage ökonomischer Faktoren auf dem gemeinschaftlichen Markt bewegen und agieren können, wie es ihnen im nationalen Markt möglich ist.106 Für den Harmonisierungsauftrag bedeutet dies, dass auch solche materiellen Hindernisse abzubauen sind, die einer idealen Bewe-

101

310. 102

Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat vom 28./29. Juni 1985, KOM (85),

Behrens, ZGR 1994, S. 1, 2. von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Vor Art. 43 EGV, Rn. 3. 104 Denkschrift der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Schaffung einer europäischen Handelsgesellschaft, EG-Bulletin Beil. 9 – 10/1966, S. 1. 105 Denkschrift der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Schaffung einer europäischen Handelsgesellschaft, EG-Bulletin Beil. 9 – 10/1966, S. 5 – 7. 106 Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 103. 103

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

53

gungsfreiheit der Unternehmen entgegenstehen, selbst wenn sie keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit begründen.107 Ferner beinhaltet die Errichtung eines Binnenmarktes die Beseitigung und Verhinderung der durch Rechtsunterschiede in der EG hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen und Produktionsverlagerungen.108 Zusätzlich zur Schaffung von Rechtssicherheit durch Abbau spezifischer Schranken der Niederlassungsfreiheit kommen dem Harmonisierungsauftrag unter Berücksichtigung des Binnenmarktkonzepts somit folgende Aufgaben zu: *

*

Koordination und Erleichterung der unmittelbar gewährleisteten Niederlassungsfreiheit durch Abbau spezifischer Schranken zur Erreichung einheitlicher Schutzstandards; Abbau von über die spezifischen Schranken hinausgehenden Initiativhindernissen mit dem Ziel, Unternehmen eine Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, die von rein ökonomischen Faktoren getrieben und nicht durch rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten behindert wird;

*

Schaffung solider Rechtsstrukturen;

*

Vorbeugung und Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen.

Aufgrund der sich ständig neu verändernden Entwicklung des Binnenmarktes ist Harmonisierung i.S.d. Art. 50 AEUV somit als ein kontinuierlich gefordertes Optimierungsinstrument der Gemeinschaft zu verstehen, mit dem das Gesellschaftsrecht innerhalb der Gemeinschaft an die neuen Marktentwicklungen und Marktanforderungen des Binnenmarktes angepasst wird.109 Anpassung ist allerdings nicht als die gänzliche Beseitigung von Rechtsunterschieden, sondern als Milderung der Rechtsunterschiede im Binnenmarkt zu verstehen.110

III. Beschränkung des Harmonisierungsauftrags durch das Subsidiaritätsprinzip Die damit sehr weit gefasste Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Richtlinien zur gemeinschaftsweiten Regelung des Gesellschaftsrechts erfährt durch den Wortlaut des Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV (ex. Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV) allerdings die Einschränkung, dass Schutzbestimmungen der Mitgliedstaaten nur „soweit erforderlich“ zu koordinieren sind.

107

Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 107. Schwarze-Jung, Art. 50 AEUV, Rn. 15, von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EGV, Rn. 14; a.A. Everling, Niederlassungsrecht, S. 41. 109 Streinz-Müller-Graff, Art. 50 AEUV, Rn. 5. 110 Eingehend Teichmann, ZIP 2009, S. 393 (397). 108

54

Teil 1: Harmonisierungsziele

Dem ursprünglichen Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit und dem damit einhergehenden, auf den Abbau von Diskriminierungen gerichteten Harmonisierungsauftrag entsprechend wurden Harmonisierungsmaßnahmen auf Grundlage des Art. 44 a.F. EGV nur für erforderlich und damit für zulässig gehalten, wenn sie zur Aufhebung von Niederlassungsbeschränkungen notwendig waren. Erforderlich waren danach nur solche Bestimmungen, die der Beseitigung der gröbsten Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen dienten.111 Dieses enge Verständnis vom sog. „Subsidiaritätsprinzips“ ist mit dem aufgezeigten modernen Verständnis der Niederlassungsfreiheit und des Harmonisierungsauftrags des Art. 50 AEUV nicht mehr vereinbar. Wie bereits aufgezeigt, stellt Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUVeine allgemeine Bestimmung dar, deren Bedeutung über das durch Art. 49 AEUV gewährleistete Niederlassungsrecht hinausgeht.112 Danach sind eben nicht nur Richtlinien zum Abbau von spezifischen Schranken,113 sondern insbesondere auch solche Richtlinien erforderlich, die dem Abbau von Initiativhindernissen im Sinne des Binnenmarktkonzeptes dienlich sind. Dafür spricht insbesondere auch der Katalog der Handlungsvorgaben des Art. 50 Abs. 2 AEUV, die inhaltlich über die reine Verwirklichung des Gewährleistungsinhaltes hinausgehen und zudem auch nicht abschließend sind. Das in Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV enthaltene Subsidiaritätsgebot erfüllt nach heutigem Verständnis vielmehr eine zweiseitige Abgrenzungsfunktion. Zum einen dient es der Abgrenzung zu den übrigen im Vertrag enthaltenen Harmonisierungsgrundlagen. Zum anderen regelt es das Verhältnis der gemeinschaftlichen Gesetzgebungskompetenz zu der Gesetzgebungshoheit der Mitgliedstaaten. Wie oben aufgezeigt, kann die herzustellende Bewegungsfreiheit von Gesellschaften im Rahmen von Art. 50 AEUV Regelungen erfordern, die nicht der bloßen Koordinierung der Niederlassungsfreiheit dienen. So kann beispielsweise die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung Regelungen zum Schutz der Gläubiger zwecks Vermeidung einer Insolvenzflucht ins Ausland oder Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer im Falle einer Hinausverschmelzung bedingen. Insofern ist es unschädlich, wenn die Harmonisierungsmaßnahme auch oder sogar vorrangig andere Ziele, wie eben den in der Vorschrift ausdrücklich geforderten Schutz Dritter oder die Verhinderung von Wettbewerbsverfälschungen, verfolgt.114 In Abgrenzung zu anderen, möglicherweise ebenfalls anwendbaren Harmonisierungsgrundlagen ist daher lediglich erforderlich, dass die Förderung der Niederlassungsfreiheit spürbar bleibt und nicht andere Aspekte, für die speziellere Kom-

111

Everling, Das Niederlassungsrecht im Gemeinsamen Markt, S. 41. Grabitz/Hilf/Nettesheim-Forsthoff, Art. 50 AEUV, Rn. 16. 113 Denkschrift der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Schaffung einer europäischen Handelsgesellschaft, EG-Bulletin Beil. 9 – 10/1966, S. 5 – 7. 114 Vgl. sog. „Grünbuch“ der Kommission der EG zum Thema: ,Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaft‘, Bulletin der EG, Beil. 8/75. 112

B. Der Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV)

55

petenznormen mit anderen Verfahrensanforderungen existieren, und somit eine Umgehung spezieller Kompetenznormen ausgeschlossen ist.115 Die meisten Harmonisierungsgrundlagen weisen mittlerweile allerdings nahezu identische Verfahrensvorgaben auf, so dass die Abgrenzung zu anderen Harmonisierungsermächtigungen eher unbedeutend sein dürfte.116 Der Abgrenzung zur Gesetzgebungshoheit der Mitgliedstaaten kommt hingegen eine gesteigerte Bedeutung zu. Denn mit der Regelung eines Sachbereiches durch Gemeinschaftsrecht wird den Mitgliedstaaten nicht nur die Umsetzung ins nationale Recht aufgegeben, sondern auch zukünftig die nationale Gesetzgebungskompetenz für diesen Bereich entzogen.117 Dementsprechend steht die Gesetzgebung nach Art. 50 AEUV unter dem Vorbehalt, dass nur dann eine gemeinschaftsweite Gesetzgebung erfolgen darf, wenn und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene geregelt werden.118

IV. Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich die Funktion des Harmonisierungsauftrages im Laufe der letzten Dekaden stark verändert hat. Kam ihr anfangs noch eine ,konstitutive‘ Bedeutung im Sinne eines aktiven Abbaus von Ungleichbehandlungen von inländischen und ausländischen natürlichen und juristischen Personen zu, besteht ihre Aufgabe heute darin, dass der Rat mittels Richtlinien die Niederlassungsfreiheit erleichternde Begleitregelungen und Koordinierungsvorschriften erlässt, um so die unmittelbar gewährleistete Niederlassungsfreiheit optimiert umzusetzen und darüber hinaus Initiativhindernisse abzubauen, die einer freien, ökonomisch angetriebenen Bewegungsfreiheit von Unternehmen entgegenstehen, mit dem Ziel einen einheitlichen Binnenmarkt herzustellen. Dieses weite Verständnis vom Harmonisierungsauftrag findet seine Begrenzung lediglich in dem Subsidiaritätsgedanken, dass das mit dem Harmonisierungsakt angestrebte Ziel, nicht auf der einzelstaatlichen Ebene erreicht werden kann. Dieser so definierte Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV, auf dessen Grundlage die VRL erlassen wurde,119 soll für die nachfolgende Untersuchung des Harmonisierungserfolgs der VRL maßgebend sein. 115

Schwarz-Jung, Art. 50 AEUV, Rn. 15. Vgl. die Verfahrensregelungen in Artt. 53, 115 AEUV. 117 Timmermanns, RabelsZ, 48 (1984), S. 7. 118 Schwarz, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 198. 119 2005/56/EG, Abl. EG Nr. L 310 S. 1. Uneinigkeit besteht lediglich in Bezug auf die Konkretisierung der Ermächtigungsgrundlage. Ein Teil der Literatur sieht Art. 50 Abs. 2 lit .g) 116

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Teil 1: Harmonisierungsziele

C. Niederlassungsrechtliche Initiativhindernisse Im Folgenden soll daher ein Überblick über die wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Initiativhindernisse gegeben werden, die vor Erlass der VRL für Gesellschaften der Gemeinschaften bestanden, die beabsichtigten, sich auf Grundlage eines rein ökonomisch getriebenen Optimierungsprinzips innerhalb der Gemeinschaft im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung neu aufzustellen. Steuerrechtliche und mitbestimmungsrechtliche Aspekte bleiben aus Gründen der Übersichtlichkeit außen vor. Die Niederlassungsfreiheit nach Artt. 49, 54 AEUV gewährt in dem dargestellten Rahmen lediglich ein Verbot einzelstaatlicher Maßnahmen, die die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften beschränken, sie regelt jedoch nicht, welche konkreten Strukturmaßnahmen im Einzelnen – in diesem Fall die grenzüberschreitende Verschmelzung – hiervon erfasst werden und insbesondere nicht, wie der Vorgang selbst rechtlich abzuwickeln ist. In Ermangelung eines gemeinschaftsrechtlichen Regelwerks, wie bspw. die SEVO120 für die Europäische Aktiengesellschaft kann die Frage nach der Zulässigkeit und Abwicklung grenzüberschreitender Verschmelzungen daher nur anhand des jeweils anzuwendenden einzelstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten (,Gesellschaftsstatut‘) beantwortet werden. Da grenzüberschreitende Verschmelzungen zwingend die Beteiligung von Rechtsträger aus verschiedenen Rechtsordnungen voraussetzen, bedarf es im ersten Schritt der Bestimmung des auf die jeweilige Gesellschaft anzuwendenden Gesellschaftsstatuts, welches dann im zweiten Schritt darauf hin zu untersuchen ist, ob und unter welchen Bestimmungen es eine grenzüberschreitende Verschmelzung mit Gesellschaften anderer Gesellschaftsstatute zulässt. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Frage einzugehen sein, inwieweit nationales Recht, das grenzüberschreitende Verschmelzungen nicht zulässt, gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Nur wenn die betroffenen Rechtsordnungen für die ihnen unterliegenden Gesellschaften überhaupt eine grenzüberschreitende Verschmelzung zulassen oder im Lichte der Niederlassungsfreiheit AEUV als eigenständige Rechtsgrundlage (Grabitz/Hilf/Nettesheim-Forsthoff, Art. 50 AEUV, Rn. 11; Schwarze-Jung, Art. 50 AEUV, Rn. 17, 34; von der Groeben/Schwarze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EGV, Rn. 22; Calliess/Ruffert-Bröhmer, Art. 50 Rn. 12; a.A. wohl Streinz-MüllerGraff, Art. 50 AEUV, Rn. 10), wohingegen die Kommission in ihrem Vorschlag zum Erlass der VRL ausschließlich auf ex. Art. 44 Abs. 1 EGV abstellte, der dem heutigen Art. 50 Abs. 1 AEUV entspricht. Das Europäische Parlament vertritt hingegen die Auffassung Art. 50 Abs. 1 und Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV seien in enger Verbindung zu sehen, so dass Art. 50 AEUV insgesamt die Ermächtigungsgrundlage bilde (Stellungnahme des Europäischen Parlaments zum Kommissionsvorschlag vom 10. 5. 2005, A6 – 0089/2005, S. 5). Dieser folgend verweist die VRL insgesamt, ohne Absatzkonkretisierung auf Art. 50 AEUV (ex. Art. 44 EGV) als Ermächtigungsgrundlage (2005/56/EG, Abl. Nr. L 310/1). 120 Verordnung (EG) Nr. 2157/2011 v. 8. 10. 2011 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. L 294/1 v. 10. 11. 2001, zuletzt geändert durch Verordnung Nr. 1791/2006 v. 20. 11. 2006, ABl. L 363/1.

C. Niederlassungsrechtliche Initiativhindernisse

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zuzulassen haben, stellt sich im dritten Schritt die Frage, wie sich die beiden Rechtsordnungen zueinander verhalten, wenn einzelne Verschmelzungsschritte ein Zusammenwirken der Rechtsordnung erforderlich machen, diese jedoch unterschiedliche Anforderungen stellen. Diese Schritte sollen anhand eines deutsch-englischen Rechtsvergleiches vor Einführung der Verschmelzungsrichtlinie untersucht werden, um somit die Verschmelzungshindernisse aufzuzeigen, die nach Maßgabe des Harmonisierungsauftrags zu beheben waren und somit die Harmonisierungsziele der VRL definieren.

I. Kollisionsrechtliche Hindernisse Hinsichtlich der (kollisionsrechtlichen) Frage, wann welches nationale Recht auf eine Gesellschaft anzuwenden ist (sog. ,Gesellschaftsstatut‘), existiert bisher keine gemeinschaftsrechtliche Kollisionsnorm. Das Internationale Privatrecht, welches grundsätzlich die Rechtsordnung bestimmt, nach der sich ein konkreter Sachverhalt privat-rechtlich beurteilt,121 sieht eine kollisionsrechtliche Regelung für Gesellschaften nicht vor.122 Da die meisten gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen gesellschaftsrechtlich organisiert sind, ist dementsprechend auf das jeweils anzuwendende materielle Gesellschaftsrecht der von dem Vorgang betroffenen Mitgliedstaaten abzustellen.123 Die Bestimmung des anzuwendenden Gesellschaftsrechts ist jedoch im Gegensatz zur Bestimmung des Personalstatuts von natürlichen Personen komplizierter. Bei natürlichen Personen kann aufgrund ihres naturgemäßen Daseins unproblematisch an die mit der Geburt verliehene Staatsangehörigkeit124 oder an ihren tatsächlichen Aufenthalt angeknüpft werden,125 die bei einer Grenzüberschreitung von einem Mitgliedstaat in ein anderes auch nicht verloren gehen. Bei einer juristischen Person handelt es sich hingegen nur um ein gedankliches Rechtsgebilde, welches seine rechtliche Existenz und damit seine Fähigkeit als Träger von Rechten und Pflichten im Rechtsverkehr teilzunehmen, ausschließlich kraft des anzuwendenden Rechts erlangt.126 Gesellschaften verfügen insofern nicht über eine natürliche Staatsangehörigkeit oder einen Aufenthaltsort. Einziger Anknüpfungspunkt für die kollisionsrechtliche Bestimmung des anzuwenden Rechts kann daher nur der ,Sitz‘ einer Gesellschaft sein.127 Wie aber Art. 54 Abs. 1 AEUV zu entnehmen ist, kann der

121 122 123 124 125 126 127

Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 156. Kropholler, Internationales Privatrecht, § 1 I, S. 1. Behrens, ZGR 1994, S. 3; Kleinhenz, S. 109. Art. 5 Abs. 1 EGBGB. Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB. BGH, BGHZ 25, 134 (144). EuGH, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 (,Kommission/Frankreich‘).

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Teil 1: Harmonisierungsziele

,Sitz‘ einer Gesellschaft sowohl den ,statutorischen Sitz‘ (Satzungssitz) als auch den ,Hauptverwaltungssitz‘ oder den ,Sitz der Hauptniederlassung‘ bezeichnen. Welcher dieser Sitze zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts entscheidend ist, wird in der Gemeinschaft wiederum unterschiedlich beurteilt. 1. Sitztheorie Ein Teil der Mitgliedstaaten stellt auf den tatsächlichen Sitz (Verwaltungssitz, siège réel, place of business) der Gesellschaft ab (sog. ,Sitztheorie‘).128 Verwaltungssitz einer Gesellschaft ist dabei „der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“.129 Ist der Verwaltungssitz innerhalb des Territoriums einer dieser Mitgliedstaaten gelegen, beanspruchen sie die Geltung ihrer Rechtsordnung und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaft unter ihrer Rechtsordnung gegründet wurde.130 Hauptargument für diese Anknüpfungstheorie ist der Schutz der Anteilsinhaber, Arbeitnehmer und Gläubiger, welcher dem Staat vorbehalten sein soll, dessen wirtschaftliche und politische Belange von der Gesellschaft am meisten berührt werden.131 Dies sei typischerweise der Staat, in dem sich der Verwaltungssitz der Gesellschaft befindet.132 Neben Frankreich,133 Belgien,134 Luxemburg135 und Österreich136 gehört auch Deutschland den traditionellen Vertretern der Sitztheorie an.137

128

RG, JW 1904, S. 231; BGH, NZG 2009, S. 1106; MüKo-Kindler, Bd. 11, IntGesR, Rn. 5 m.w.N. 129 BGHZ 97, 269 (272). 130 v. Bar/Mankwski-v. Bar, IPR I, § 17, Rn. 1. 131 BayOblG, EuZW 1992, 548 (549); EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, 9919, Rn. 50. (,Überseering‘); Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 785. 132 BGHZ 53, 181 (183); OLG Hamburg, NJW 1990, 1019. 133 Loussouarn/Bourek/Vareilles-Sommieres, Droit international privé, Rn. 707. 134 Art. 197 Code de Commerce. 135 Art. 159 des Gesetzes v. 10. 8. 1915 betreffend die Handelsgesellschaften. 136 § 10 Bundesgesetz v. 15. 6. 1978 über das Internationale Privatrecht, ÖGBl. 1978 Nr. 304. 137 BGHZ, 97, 269 (272); BFH, BStBl. II 1992, 263, BayOblG, EuZW 1992, 548; OLG Frankfurt, DB 1990, 1224; wobei heute eine gespaltene Anknüpfung vorherrscht, wonach im Bereich der Niederlassungsfreiheit das Gründungsrecht und außerhalb derer der Verwaltungssitz maßgebend ist, Palandt-Thorn, Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rn. 9.

C. Niederlassungsrechtliche Initiativhindernisse

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2. Gründungstheorie Andere Mitgliedstaaten stellen wiederum ausschließlich auf den Satzungssitz der Gesellschaft ab (Gründungstheorie).138 Ob der Verwaltungssitz ebenfalls innerhalb ihres Territoriums gelegen ist, ist hingegen unbeachtlich.139 Unternehmen können danach unabhängig von dem Land ihrer wirtschaftlichen Betätigung frei entscheiden, welchem Recht sie sich unterwerfen. Zu den Vertretern der Gründungstheorie gehören neben Dänemark140, den Niederlanden141, Schweden142 und Italien143, insbesondere auch Großbritannien144. Sie verweisen dabei auf die größere Genauigkeit und Beständigkeit, was zur Rechtssicherheit beitrage. Ferner führen sie die Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität von Unternehmen an.145 3. Konsequenzen für die grenzüberschreitende Verschmelzung Aus dieser unterschiedlichen Anknüpfung ergaben sich für die grenzüberschreitende Verschmelzung solange keine niederlassungsrechtlichen Hindernisse, wie die sich verschmelzenden Gesellschaften ihren Satzungs- und Verwaltungssitz jeweils innerhalb ihres Gründungsstaates vereint haben. Unabhängig von der dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Kollisionsrecht zugrundeliegenden Anknüpfung war die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts – nämlich die Rechtsordnung des jeweiligen Gründungsstaates – eindeutig. Da das jeweilige Gesellschaftsstatut für die wirksame Gründung der Gesellschaft und damit für deren Rechtsfähigkeit allein maßgebend ist,146 wurde die in einem Mitgliedstaat gegründete Gesellschaft in den anderen Mitgliedstaaten als rechtsfähige, dem ausländischen Recht unterliegende Gesellschaft anerkannt.147 Hindernisse konnten sich jedoch ergeben, wenn eine der verschmelzenden Gesellschaften in einem der Gründungstheorie folgenden Mitgliedsstaat gegründet worden war, ihren Verwaltungssitz aber in einem der Sitztheorie folgenden Mit138 Fikentscher, MDR 1957, S. 71 (72); Knobbe-Kneuk, ZHR 1990, S. 325 (355); Kötz, GmbHR 1965, S. 69 (70); Nussbaum, Deutsches internationales Privatrecht, § 29 I, III, S. 185 ff. 139 Kropholler, Internationales Privatrecht, § 55 I, S. 568. 140 International Fiscal Association National Reports-Askholt/Michelsen, S. 273 (274). 141 Wouters-Schneider, Current issues of cross-border establishment of companies in the European Union, S. 47. 142 International Fiscal Association National Reports-Ohde, S. 535 (537). 143 Art. 25 ItalIPRG. 144 Cheshire/North/Fawcett, Private international law, S 897; Re General Steam Navigation Co v Guillon (1843) 11 M & W. 877, Dicey/Morris/Collins, The Conflict of Laws, Rn. 30 R. 145 Dargestellt in: EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, 9919, Rn. 13. (Überseering). 146 Horn, ZIP 2000, S. 473, 476; Dauses, HdB.EU-WirtschaftsR-Behrens, E.III Rn. 131. 147 Für Deutschland: BGHZ 25, 134.

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gliedstaat lokalisiert hatte bzw. im Laufe der Jahre den Schwerpunkt der unternehmerischen Entscheidung dorthin verlagerte. Da nach der Gründungstheorie ein Auseinanderfallen der Sitze weder der Gründung noch der Fortexistenz der Gesellschaft entgegenstand, war dies nach dem Recht des Gründungsstaates unproblematisch möglich, solange sich der Satzungssitz im Inland befand. Im Falle einer englischen Gesellschaft mit Satzungssitz in England und Verwaltungssitz in Deutschland hätte dies jedoch zur Folge, dass sowohl das englische, an dem Satzungssitz anknüpfende Kollisionsrecht als auch das deutsche, an dem Verwaltungssitz anknüpfende Kollisionsrecht, jeweils die eigene Rechtsordnung für anwendbar erklären würden. Damit verweigerte Deutschland die Anwendung ausländischen Rechts zur Bestimmung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und damit die Anerkennung als ausländische, rechtsfähige Gesellschaft.148 Da diese aber nicht die nach deutschem Recht erforderlichen Gründungsvoraussetzungen erfüllte, wurde sie nicht als rechtsfähige Gesellschaft deutschen Rechts anerkannt. Für eine wirksame Gründung und Fortexistenz einer Gesellschaft ist nämlich nach allen Rechtsordnungen die Lokalisierung des Satzungssitzes im Gründungsstaat zwingend. Dies ist darauf zurückzuführen, dass insbesondere die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Gesellschaft und das Privileg der beschränkten Haftung durchweg an die Eintragung in ein Register gebunden sind. Für die Zuständigkeit des Registers kommt es wiederum nach allen Rechtsordnungen auf den in der Satzung der Gesellschaft festgelegten Satzungssitz an.149 Im Ergebnis hatte dies die für die Durchführbarkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung fatale Folge, dass das deutsche Recht die englische Gesellschaft weder als ausländische rechtsfähige Gesellschaft noch als deutsche rechtsfähige Gesellschaft anerkannte und ihr somit die für eine Verschmelzung vorausgesetzte rechtliche Existenz absprach.150 Da die wirksame Gründung und Fortexistenz der Gesellschaft nach Art. 54 AEUV im Zeitpunkt des Niederlassungsvorgangs vorausgesetzt wird, hatte die Sitztheorie damit zugleich zur Folge, dass die ausländische Gesellschaft nicht als Träger der Niederlassungsfreiheit erachtet wurde.151

148 Eine gemeinschaftsweite Regelung zur Anerkennung ausländischer Gesellschaft existiert bisher nicht, da das EG-Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen v. 29. 2. 1968 (BGBl. II 1972, 370) mangels Ratifizierung durch die Niederlande nicht in Kraft getreten ist. 149 Behrens, ZGR 1994, S. 1, 5; in Deutschland: § 4a GmbHG, § 5 AktG; in England: Section 9 Companies Act 2006. 150 BGH, NZG 2000, S. 926; OLG Zweibrücken, NJW 1990, S. 3092; OLG Hamburg, NJW 1986, S. 2199; Eppler, DB 1991, S. 1949; Schmuck, BB 1994, S. 1538, 1539; Kösters, NZG 1998, S. 241, 243. 151 Dauses, HdB.EU-WirtschaftsR-Behrens, E.III Rn. 11.

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4. Beseitigung der Hindernisse durch die Niederlassungsfreiheit Spätestens mit den Entscheidungen in den Rechtssachen Überseering152 und Inspire Art153 aus den Jahren 2002 und 2003 dürfte dieses Hindernis im Wege des unmittelbar geltenden Beschränkungsverbots der Niederlassungsfreiheit behoben sein. a) Überseering In der Rechtssache Überseering ging es um die Verweigerung der Rechts- und Parteifähigkeit einer ausländischen Gesellschaft durch die deutschen Gerichte in einem Verfahren, in dem eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft in Deutschland zivilrechtliche Ansprüche einklagen wollte. Die Gesellschaftsanteile der niederländischen Gesellschaft waren zwei Jahre zuvor von zwei in Deutschland ansässigen Staatsangehörigen erworben worden, die die niederländische Gesellschaft von Deutschland aus führten. Aus Sicht der deutschen Gerichte war damit der Verwaltungssitz nach Deutschland verlagert worden, so dass die Gesellschaft nach deutschem Recht hätte neu gegründet werden müssen. Auf Vorlagebeschluss des VII. Zivilsenats des BGH154 hatte sich der EuGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es mit der Niederlassungsfreiheit der Artt. 49, 54 AEUV (ex. Artt. 43, 48 EGV) vereinbar ist, einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates wirksam gegründeten Kapitalgesellschaft aufgrund einer Verlegung des Verwaltungssitzes aus dem Gründungsstaat nach Deutschland die Rechts- und Parteifähigkeit abzuerkennen. Der EuGH verneinte dies und verpflichtete somit die Mitgliedstaaten, die „Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit unabhängig von ihrer eigenen kollisionsrechtlichen Anknüpfung zu achten, die die Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaates besitzt“. Den sachrechtlichen Zwang zur Neugründung in Deutschland, die in der Sache eine Nichtanerkennung einer ausländischen Gesellschaft darstellte, wertete der EuGH als Negierung der Niederlassungsfreiheit.155 Die überwiegende Literatur sah in diesem Urteil eine klare Absage an die Sitztheorie und vertrat die Ansicht, dass eine EU-Auslandsgesellschaft als Gesellschaft der Rechtsordnung, in der sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, umfassend und das heißt auch in ihrem Organisationsstatut anzuerkennen ist.156 Für die Verlegung des Verwaltungssitzes einer im Ausland gegründeten Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat wurde gefolgert, dass kollisionsrechtliche Zuzugshindernisse seitens 152

EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919 (,Überseering‘). EuGH, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155 (,Inspire Art‘). 154 BGH, ZIP 2000, S. 967. 155 EuGH, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, 9976, Rn. 80, 81 (,Überseering‘). 156 Rieger, ZGR 2004, S. 510 (524); Forsthoff, DB 2002, S. 2471 (2474); Behrens, IPrax 2003, S. 193 (203), Kersting, NZG 2003, S. 9. 153

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des Zuzugsstaates nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sind und ausländische Gesellschaften mithin das Recht aus Art. 49, 54 AEUV genießen, unter Wahrung ihrer Identität ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen, soweit dies durch ihren Gründungsstaat unter Fortbestand ihrer Identität zugelassen wird.157 Andere Teile der deutschen Literatur158 sowie auch der BGH159 interpretierten das Urteil hingegen dahingehend, dass die Mitgliedstaaten lediglich zur Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit verpflichtet seien, nicht aber, dass dies unter Anwendung des ausländischen Rechts zu erfolgen habe. Der BGH erzielte dieses Ergebnis, indem er ausländische Kapitalgesellschaften als Personengesellschaften nach deutschem Recht behandelte. Ausländische Gesellschaften wurden danach je nach ihrem Gesellschaftsbestand und Geschäftsbetrieb als OHG, GbR oder Einzelkaufmann eingeordnet, die ohne Eintragung rechts- und parteifähig sind und mithin die nach der Sitztheorie geforderten Gründungsvoraussetzungen ohne Satzungssitzverlegung erfüllen.160 Für die besondere Konstellation, dass eine englische Kapitalgesellschaft, die ihre wesentliche Geschäftstätigkeit in Deutschland ausübte und mit einer deutschen Gesellschaft verschmelzen wollte, ergaben sich damit verschiedene Hindernisse. Wenn das deutsche Registergericht die Geschäftstätigkeit der englischen Gesellschaft nämlich als Verwaltungssitz einordnete, wäre nach der Rechtsprechung des BGH die englische Kapitalgesellschaft als deutsche Personengesellschaft einzustufen gewesen, so dass unabhängig von der Frage nach deren Verschmelzungsfähigkeit schon kein grenzüberschreitender Sachverhalt mehr gegeben wäre. Eine Verschmelzung setzt aber zwingend die Löschung der übertragenden Gesellschaft im Register des Gründungsstaats voraus. Diese kann aber wiederum nur von dem englischen Registergericht vorgenommen werden. Wie den kollisionsrechtlichen Ausführungen zu entnehmen ist, würden englische Gerichte aber das englische Gesellschaftsstatut für anwendbar erachten und weiterhin von einer englischen Kapitalgesellschaft sowie von einem grenzüberschreitenden Sachverhalt ausgehen. Des Weiteren dürfte zu bezweifeln sein, dass sich die Gesellschafter der englischen Kapitalgesellschaft von diesem Weg der Unternehmenszusammenführung überzeugen ließen. Schließlich wäre mit der im Vorfeld der Verschmelzung erfolgenden Einordnung als Personengesellschaft die Haftungsprivilegierung der Kapitalgesellschaft entfallen.

157

Behrens, IPrax 1999, S. 193 (203). Großerichter, DStR 2003, S. 159 (166); Kindler, NJW 2003, S. 1073 (1076); Neye, EWiR 2002, S. 1003 (1004); Wernicke, EuZW 2002, S. 758 (760). 159 BGH, ZIP 2002, S. 1763; ZIP 2003, S. 718. 160 BGH, ZIP 2002, S. 1763. 158

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b) Inspire Art In der Rechtssache Inspire Art161 hatten Niederländer eine Limited Company nach englischem Recht gegründet und in den Niederlanden die Eintragung einer Zweigniederlassung beantragt, die wiederum die Hauptniederlassung der Limited Company sein sollte. Das niederländische Recht sah in einem solchen Fall die Eintragung als „formal ausländische Gesellschaft“ vor, mit der Folge, dass die Limited Company im Rechtsverkehr die Bezeichnung „formal ausländische Gesellschaft“ führen und zur Vermeidung einer persönlichen Haftung der Gesellschafter bestimmte Mindestanforderungen im Hinblick auf Publizitätspflichten und Mindestkapital erfüllen musste. Eine uneingeschränkte Anerkennung der Gesellschaft als eine dem englischen Gesellschaftsstatut unterliegende ausländische Gesellschaft erfolgte mithin nicht. Auf die Vorlagefrage des Kantonsgerichts Amsterdam entschied der EuGH, dass die Regelungen eine unzulässige Behinderung der Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellen.162 Der EuGH hatte damit zugleich der Rechtsprechung des BGH eine Absage erteilt und entschieden, dass Mitgliedstaaten eine ausländische Gesellschaft mit ausländischem Satzungssitz in allen von dem Gesellschaftsstatut gedeckten organisationsrechtlichen Fragen nach dem Gesellschaftsrecht des Gründungsstaates zu behandeln haben, auch wenn der Verwaltungssitz in ihrem Territorium gelegen ist oder in diesen verlegt werden soll.163 In dem vorgenannten Beispiel wäre die in England gegründete Gesellschaft seitens des deutschen Kollisionsrechts somit als ausländische Gesellschaft ,vollumfänglich‘ anzuerkennen und auf sie ausschließlich das englische Recht anzuwenden. In kollisionsrechtlicher Hinsicht kann damit im Ergebnis festgehalten werden, dass bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen das jeweilige Gründungsrecht der beteiligten Rechtsträger unabhängig von der Lokalisierung des Verwaltungssitzes für alle gesellschaftsrechtlichen Fragen und damit auch für die Frage der Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung maßgeblich ist.164 Dementsprechend bestand in kollisionsrechtlicher Hinsicht auch bei einem Auseinanderfallen von Verwaltungs- und Satzungssitz kein Verschmelzungshindernis mehr, das im Wege der Harmonisierung behoben werden musste.

161

EuGH, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155 (,Inspire Art‘). EuGH, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, 10195, Rn. 101, 105 (,Inspire Art‘). 163 Schnelle/Bartosch-Schnelle, S. 60; Trüten, Die Mobilität von Gesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft, S. 5 f., Calliess-Bröhmer, Art. 54 AEUV, Rn. 9 – 13. 164 Dies entspricht auch der in Art. 10 des Referentenentwurfs des Gesetzes zum Internationalen Gesellschaftsrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vorgesehenen Regelung, abrufbar unter: www.bmj.bund.de. 162

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II. Sachrechtliche Hindernisse Als weitere Voraussetzung müsste das hier exemplarisch herangezogene deutsche und englische Sachrecht eine grenzüberschreitende Verschmelzung zugelassen haben. 1. Verschmelzungsrecht in Deutschland vor Implementierung der VRL Seit der großen Umwandlungsrechtsreform im Jahre 1995 bestand mit Einführung des Umwandlungsgesetzes (UmwG)165 in Deutschland ein umfassendes Regelungswerk, das sämtliche Regelungen für Umwandlungsmaßnahmen aller Rechtsformen enthielt. Allerdings führte weder die Implementierung der dritten Richtlinie166 (,FRL‘) im Jahr 1982167 noch die Umwandlungsrechtsreform im Jahre 1995 zu einer gesetzlichen Regelung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen. In der Literatur und Rechtsprechung war es daher umstritten, ob die Regelungen über nationale Umwandlungsmaßnahmen auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar waren. Anknüpfungspunkt der Diskussion war § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Dieser besagt, dass „Rechtsträger mit Sitz im Inland“ durch Verschmelzung umgewandelt werden können. Gleichzeitig nennt § 3 UmwG die Gesellschaftsformen, die an Verschmelzungen als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger beteiligt sein können. Verschmelzungsfähige Rechtsträger sind danach die Kapitalgesellschaften, Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, eingetragene Vereine und Genossenschaften sowie genossenschaftliche Prüfungsverbände und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die ihren Sitz im Inland haben. a) Ablehnende Auffassung Der überwiegende Teil der Literatur168 und teilweise die deutschen Registergerichte169 lehnten eine Anwendbarkeit auf grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Heranziehung des Wortlauts „mit Sitz im Inland“ vor allem mit der Begrün165 Umwandlungsgesetz v. 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3210, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes v. 19. April 2007, BGBl. I S. 542. 166 Dritte Richtlinie 78/855/EWG v. 9. 10. 1978, ABl. L 295/36 v. 20. 10. 1978. 167 Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz [VerschmelzRLG], Gesetz zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 25. 10. 1982, BGBl. I S. 1425. 168 Hoffmann, NZG 1999, S. 1077 (1078); Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (818); Großfeld, AG 1996, S. 302; Dehmer, § 1 UmwG Rn. 3; Knapp, DNotZ 2005, S. 723; Sagasser/ Bula/Brünger, Umwandlungen, Rn. B 27; MüKo-Kindler, IntGesR, 3. Auflage 1999, Rn. 681 – 683; Heckschen/Simon, S. 5; Schaumburg, GmbHR 1996, S. 501; Lutter, ZGR 1994, S. 87 (90); Lutter-Lutter, 2000, § 1 UmwG, Rn. 6; Schwarz, DStR 1994, S. 1694 (1698). 169 BayOlG, OLGE 14, S. 357; OLG Zweibrücken, NJW 1990, S. 3092; OLG Hamm, DB 1997, S. 1865; LG Koblenz, GmbHR 2003, S. 1213; OLG München, GmbHR 2006, S. 601.

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dung ab, der Gesetzgeber habe den personellen Anwendungsbereich ausdrücklich auf den gesellschaftsrechtlichen numerus clausus deutscher Rechtsformen beschränkt.170 Einer darüber hinausgehenden Auslegung des Rechtsträgerbegriffs in § 1 Abs. 1 UmwG und Erstreckung auf andere gegebenenfalls ausländische Organisationsformen stünde zudem § 1 Abs. 2 UmwG entgegen.171 Dieser besage ausdrücklich, dass Umwandlungen außer in den in diesem Gesetz geregelten Fällen nur möglich sind, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Dieser Ansicht zur Folge stelle § 1 UmwG eine ,selbstbeschränkende Sachnorm‘ dar, deren räumlich-persönlicher Anwendungsbereich nicht für grenzüberschreitende Verschmelzungen eröffnet sei und somit grenzüberschreitende Verschmelzungen verbiete.172 Eine differenzierende Meinung verstand § 1 UmwG zwar ebenfalls als eine ,selbstbeschränkende Sachnorm‘, entnahm ihr jedoch kein Verbot grenzüberschreitender Verschmelzung, sondern stufte sie lediglich als eine bloße ,Nichtregelung‘ ein.173 Danach regele § 1 UmwG grenzüberschreitende Verschmelzungen weder positiv, noch negativ, sondern klammere sie bewusst aus ihrem Anwendungsbereich aus.174 Beiden Ansichten war jedoch gemeinsam, dass § 1 UmwG die kollisionsrechtlich bestimmte Anwendbarkeit des deutschen Umwandlungsrechts voraussetzte und für diesen Fall die sachrechtlichen Grenzen bzw. die aktive und passive Verschmelzungsfähigkeit nach deutschem Recht bestimmte, die ausländische Rechtsträger nicht erfasste.175 Für diese Auffassungen sprach die Entwicklungsgeschichte des UmwG, in deren Verlauf die Streichung des Abschnitts „Sitz im Inland“ zur Diskussion stand, letztendlich aber beibehalten wurde.176 Der Gesetzgeber habe sich damit bewusst gegen eine Streichung entschieden, um dem europäischen Gesetzgeber nicht vorzugreifen und grenzüberschreitende Verschmelzungen der Harmonisierung zu 170

Ganske, Umwandlungsrecht, S. 34; Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, Rn. B 27. Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (818); Widmann/Mayer-Heckschen, § 1 UmwG, Rn. 14, 18. 172 Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1062); MüKo-Kindler, IntGesR, Rn. 866; StaudingerGroßfeld, IntGesR, Rn. 699; Dötsch, BB 1998, S. 1029; Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (161); Siems, EuZW 2006, S. 135 (137). 173 Lutter, ZGR 1994, S. 87 (90); Kronke, ZGR 1994, S. 26 (35); Behrens, JBl. 2001, S. 341 (353 f.). 174 Neye, ZIP 1994, S. 917 (920), Lutter, ZGR 1994, S. 87 (90); Lutter-Lutter, 2000, § 1 UmwG Rn. 6; Dorr/Stukenborg, DB 2003, S. 647 (647); Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1602); Kloster, GmbHR 2003, S. 1413 (1413); OLG München, Beschluss v. 2. 5. 2006, 31 Wx 9/06, abgedr. in: GmbHR 2006, S. 601 f. 175 MüKo-Kindler, IntGesR, Rn. 866. 176 Dehmer, § 1 UmwG, Rn. 3; Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, Rn. B 27. 171

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überlassen.177 Dies sei auch gerechtfertigt, da dem deutschen Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle178 und andernfalls Schutzvorschriften zugunsten von Gläubigern, Gesellschaftern und Arbeitnehmern unterlaufen werden könnten.179 b) Befürwortende Auffassung Nach der Gegenansicht sollten grenzüberschreitende Verschmelzungen hingegen zulässig sein.180 Sie ordnete § 1 Abs. 1 UmwG nicht als eine Sachnorm, sondern als Kollisionsnorm ein, die entsprechend dem deutschen Kollisionsrecht auf die Sitztheorie verweise.181 § 1 UmwG bringe somit lediglich zum Ausdruck, dass das Gesetz auf Rechtsträger mit Sitz im Ausland keine Anwendung finde, dies jedoch nicht ausschließe, dass neben inländischen Rechtsträgern auch ausländische Rechtsträger beteiligungsfähig seien.182 Der Gesetzgeber habe vielmehr klarstellen wollen, dass die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes seiner Gesetzgebungskompetenz entsprechend nur auf den inländischen Tatbestand der grenzüberschreitenden Verschmelzung Anwendung finde.183 Dies sei insofern auch sachgerecht, als dass das Erfordernis des Inlandssitzes nach dem Gesetzwortlaut lediglich für die übertragende Gesellschaft bestehe, weil nur diese umgewandelt werde. Dass auch der übernehmende Rechtsträger seinen Sitz im Inland haben müsse, verlange das Gesetz hingegen nicht.184 Die Vertreter dieser Auffassung kamen somit zu dem Schluss, dass Herausverschmelzungen unter Anwendung des UmwG zulässig sind. Wenn aber Herausverschmelzungen, die die Interessen von Gläubigern, Arbeitnehmern und Gesellschaftern ungleich stärker berühren als Hereinverschmelzungen, dann müssten Letztere erst recht zulässig sein.185 Insofern reiche es aus, wenn der inländische 177

Begr. zum Entwurf des UmwBerG, BT-Drucks. 12/6699, S. 71 (80) und BR-Drucks. 75/ 94, S. 71 (80). 178 Schwarz, DStR 1994, S. 1694 (1698); Ganske, WM 1993, S. 1117 (1120). 179 Ganske, DB 1985, S. 581. 180 Bungert, AG 1995, S. 489 (502); Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (535), Lawall, IstR 1998, S. 347 (347); Kronke, ZGR 23 (1994), S. 35; Drygala, ZEuP 2004, S. 337 (353); KallmeyerKallmeyer, § 1 UmwG (2. Auflage) Rn. 12; Lutter, ZGR 1994, S. 87 (91); Lutter-Lutter, 2000, § 1 UmwG, Rn. 9, 10; Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1602). 181 Drygala, ZEuP 2004, S. 337 (353); Kallmeyer-Kallmeyer, § 1 UmwG (2. Auflage), Rn. 12; ders., ZIP 1996, S. 535 (535), die diese Ansicht heute allerdings aufgegeben hat, Kallmeyer-Kallmeyer, § 1 UmwG, Rn. 11. 182 Bungert, AG 1995, S. 489 (502); Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (535); Lawall, IstR 1998, S. 347 (347); Kronke, ZGR 23 (1994), S. 35. 183 Kronke, ZGR 23 (1994), S. 35; Bungert, AG 1995, S. 489 (502), Drygala, ZEuP 2004, S. 337 (353); Neye, in: Lutter, Umwandlungsrechtstage, 1995, S. 7. 184 Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (535). 185 Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535.

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Rechtsträger seinen Sitz im Inland habe. Ob dieser als übertragender oder übernehmender Rechtsträger an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt sei, bliebe für die Anwendbarkeit des UmwG unbedeutend.186 Einige Registergerichte ließen sich zwar vereinzelt von der letzten Auffassung leiten und vollzogen die Eintragung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen.187 Dies entsprach jedoch nicht der gefestigten Rechtspraxis, so dass die Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen nach dem deutschen UmwG weiterhin ungeklärt blieb und dem Ermessen der Registergerichte unterlag. Nach der vom Verfasser präferierten, überwiegenden Auffassung waren grenzüberschreitende Verschmelzungen nach deutschem Recht unzulässig. 2. Verschmelzungsrecht in England vor Implementierung der VRL Im Englischen Recht existierten vor der Umsetzung der VRL folgende Umwandlungsmöglichkeiten. a) Re-registrations, sections 90 ff. CA 2006 Sections 43 ff. CA 1985 ermöglichten englischen Kapitalgesellschaften (,companies‘), sich unter einer neuen Rechtsform eintragen zu lassen. Ungeachtet der fehlenden Vergleichbarkeit zur Verschmelzung war die Möglichkeit des Formwechsels aber nur companies im Sinne der section 735 CA 1985 eröffnet. Dieser definierte companies wiederum nur als Gesellschaften, die in England gegründet und dort registriert waren. Die Regelung diente insofern dem bewussten Ausschluss von im Ausland registrierten Kapitalgesellschaften.188 Dies entspricht auch der heutigen Rechtslage nach der Gesellschaftsrechtsreform. Gemäß section 1 (1) CA 2006 sind die im Wesentlichen gleichlautenden Nachfolgevorschriften der sections 90 ff. CA 2006 ebenfalls ausdrücklich nur auf Gesellschaften anwendbar, die nach englischem 186 Kallmeyer-Kallmeyer, § 1 UmwG (2. Auflage), Rn. 12, 13; ders., ZIP 1996, S. 535; a.A. Lennerz, S. 42. 187 Rixen/Böttcher, GmbHR 1993, S. 572 ff., berichteten bereits 1993 von einer gelungenen Hineinverschmelzung einer französischen Aktiengesellschaft (S.A.) auf eine deutsche MutterGmbH. Dorr/Stukenbork, DB 2003, 647 ff., konnten ebenfalls zwei im Jahre 2002 erfolgreich durchgeführte Hineinverschmelzungen von einer italienischen (S.r.l.) und einer französischen Tochtergesellschaften (S.A.) auf deutsche Gesellschaften vermelden, deren Abschluss am 25.3. und 5. 3. 2002 durch Verfügungen des AG Düsseldorf ins Register eingetragen wurden; Wenglortz, BB 2004, S. 1061, berichtet von einer eingetragenen Herausverschmelzung einer deutschen auf eine ausländische Gesellschaft; Hirte/Mock, EwiR 2003, S. 595 berichten von einer Verschmelzung einer österreichischen GmbH auf eine deutsche GmbH; Behrens, RIW 1986, S. 590, berichtet von einer eingetragenen Hineinverschmelzung einer luxemburgischen GmbH auf eine deutsche GmbH. 188 Hannigan, Annotated Guide to the Companies Act, section 735.

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Recht gegründet und registriert sind. Gemäß section 1(3) CA 2006 finden die Vorschriften des CA 2006 auf sog. overseas companies, die nicht unter dem englischen Recht gegründet wurden, nur ausnahmsweise und nur hinsichtlich der in sections 1044 ff. CA 2006 aufgeführten Vorschriften Anwendung. Da diese keinen Verweis auf die sections 90 ff. CA enthalten, bleibt die Möglichkeit des Formwechsels auch weiterhin nur englischen Gesellschaften vorbehalten. Für eine grenzüberschreitende Verschmelzung waren diese Vorschriften daher weder dem Regelungsinhalt noch dem Anwendungsbereich nach geeignet. b) Reconstructions, sections 110, 111 Insolvency Act 1986 Sections 110, 111 Insolvency Act 1986 (,IA 1986‘) ermöglichten Gesellschaftern oder Gläubigern einer company die Gesellschaft auf der Grundlage eines Beschlusses der Gesellschafter- oder Gläubigerversammlung freiwillig zu liquidieren (voluntary winding-up) und den Geschäftsbetrieb oder das Vermögen (company’s business or property) ganz oder teilweise auf eine andere Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Gesellschaft zu übertragen. Gemäß section 110 (2)(a), (4) IA 1986 können anstelle von Anteilen auch sonstige Beteiligungen, Ansprüche, verzinsliche Wertpapiere oder auch Barzahlungen gewährt werden. Darüber hinaus kann der von Seiten der übertragenden Gesellschaft zu bestellende Liquidator auch alle sonstigen Ausgleichsvereinbarungen mit der übernehmenden Gesellschaft treffen, soweit der Beschluss ihn hierzu ermächtigt, section 110 (4) IA 1986. Diese Art der Unternehmenszusammenführung wird überwiegend als „Reconstruction“ oder als „Amalgamations“ bezeichnet189, wobei nach Morse der Unterschied lediglich darin bestehe, dass bei Reconstructions die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft mit denen der übernehmenden in der Regel identisch sind.190 Die Gestaltungsmöglichkeiten sind in beiden Fällen jedenfalls vielfältig. Es können sowohl Unternehmensteile der übertragenden Gesellschaften auf mehrere Gesellschaften aufgespalten, als auch die Unternehmen mehrerer Gesellschaften auf eine bereits bestehende oder eine neu zu gründende Gesellschaft übertragen werden.191 Diese Restrukturierungsformen können jedoch stets nur unter Abwicklung der übertragenden Gesellschaft und nur mit einer Vermögensübertragung im Wege der Singularsukzession192 erfolgen, so dass sie im Ergebnis nicht mit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vergleichbar sind, die sich gerade durch die Vermö189

Die Begriffe reconstruction, amalgamation und merger werden in der englischen Literatur unterschiedlich und teilweise synonym verwendet, siehe bspw.: Morse, Charlesworth Company Law, S. 658. 190 Morse, Charlesworth Company Law, S. 668. 191 Farrar, Company Law, S. 505. 192 Müller-Driver, S. 28.

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gensübertragung im Wege der Universalsukzession und der Liquidation ohne Abwicklung auszeichnet.193 Ungeachtet dessen sind die sections 110, 111 IA 1986 auch nicht uneingeschränkt auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar. Dem Wortlaut von section 110 (1) IA 1986 entsprechend können nämlich nur companies von der Möglichkeit der beschriebenen Unternehmenszusammenführung Gebrauch machen. Companies sind wiederum nur solche Kapitalgesellschaften, die unter dem Companies Act gegründet und registriert sind.194 Unregistered companies, denen im Ausland gegründete Gesellschaften (,overseas companies‘) vereinzelt gleichgestellt sind, wenn sie einen principle place of business in England lokalisiert haben, werden vom Anwendungsbereich der sections 110, 111 IA 1986 ausdrücklich ausgenommen.195 Dies entspricht auch der in section 117 (1) IA 1986 für die Abwicklung von companies geregelten Zuständigkeit des High Courts of England. Ausländische Gesellschaften, die nicht nach den Bestimmungen des Companies Act gegründet und registriert wurden, sind demnach grundsätzlich vom Anwendungsbereich der sections 110, 111 IA 1986 ausgeschlossen. Wie section 110 (1) (a) IA 1986 aber ausdrücklich hervorhebt, gilt diese Beschränkung nur für die übertragende, zu liquidierende Gesellschaft. Die übernehmende Gesellschaft muss nicht dem Companies Act unterliegen,196 so dass Herausverschmelzungen i.S.v. section 110 IA 1986, also die Liquidation einer englischen Gesellschaft mit singulärer Vermögensübertragung auf eine ausländische Gesellschaft nach englischem Recht bereits vor Erlass der VRL zulässig war.197 Eine Hereinverschmelzung von einer ausländischen Gesellschaft auf eine britische Gesellschaft war auf Grundlage von sections 110, 111 IA 1986 hingegen nicht möglich.198 c) Arrangements and Reconstructions, sections 425 – 427 CA 1985 In Abgrenzung zu section 110 IA 1986 boten sections 425 – 427 CA 1985 Unternehmen einen rechtlichen Rahmen, mittels dessen sich companies sowohl hinsichtlich ihrer Fremdkapitalstruktur als auch hinsichtlich ihrer Anteilsstruktur durch 193

Vgl. die Ausführungen in der Einleitung. Vgl. Section 73 (1) IA 1986 i.V.m. section 735 CA 1985, section 1 (1)(3), 1044 ff. Companies Act 2006. 195 Vgl. Section 221 (4), 225 IA 1986. 196 Section 110 (1) IA 1986: „… where the whole or part of the company’s business or property is proposed to be transferred or sold to another company („the transferee company“), whether or not the latter is a company within the meaning of the Companies Act“. 197 Re Irrigation Co. of France (1871), L.R. 6Ch. App. 176. 198 Die Regelung der section 110 (1)(a) IA 1986 entsprach im Ergebnis insoweit der deutschen Literaturauffassung, die in § 1 UmwG lediglich eine kollisionsrechtliche Regelung sah und die Inlandsbeschränkung nur auf deutsche übertragende Gesellschaften, nicht aber für ausländische Gesellschaften für anwendbar erachteten. 194

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den Abschluss sog. „schemes of arrangement“ oder „compromises“ reorganisieren konnten, ohne dafür die Gesellschaft zwingend liquidieren zu müssen. Während compromises vorrangig Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und deren Gläubigern bezeichneten, definierte section 425 (6)(b) CA 1985 arrangements allgemein als eine Vereinbarung, die die Reorganisation des Gesellschaftskapitals durch Konsolidierung von unterschiedlichen Anteilsklassen (,share classes‘) oder durch die Aufspaltung einer Anteilsklasse in mehrere erfasst. Hierzu bedurfte es lediglich eines 75 % Mehrheitsbeschlusses der auf Antrag eines Gläubigers, Gesellschafters oder der Gesellschaft durch das Gericht einberufenen Gesellschafteroder Gläubigerversammlung. Sie werden im Folgenden als „allgemeine arrangements“ bezeichnet. Für Vereinbarungen, die eine Unternehmenszusammenführung im Sinne der bereits erwähnten reconstructions und amalgamations zum Inhalt hatten, d. h. solche die eine (Teil-)Übertragung des Unternehmens oder dessen Vermögens vorsahen, bedurfte es gemäß section 427 CA 1985 zusätzlich der Genehmigung des Beschlusses durch das Gericht. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens war das Gericht gemäß section 427 (3) CA 1985 neben weiteren Anordnungen auch befugt, die Übertragung des Gesellschaftsvermögen und der Verbindlichkeiten von der übertragenden auf die übernehmenden Gesellschaft sowie die Liquidation der übertragenden Gesellschaft ohne Abwicklung anzuordnen.199 Zugleich konnte es Regelungen über die Zuteilung von Anteilen der übernehmenden Gesellschaft an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft treffen. Im Unterschied zu dem Verfahren nach section 110 IA 1986 war im Rahmen von section 427 CA 1985 damit ein Vermögensübergang im Wege der Universalsukzession und Liquidation der übertragenden Gesellschaft ohne Abwicklung möglich.200 Ein weiterer Vorteil bestand zudem in der Bindungswirkung der gerichtlichen Genehmigung des scheme of arrangement. Mit deren Erteilung waren nämlich auch alle dem scheme of arrangement widersprechende Gesellschafter und Gläubiger gebunden.201 Bei einer Verschmelzung i.S.d. section 110 IA 1986 führte der Widerspruch eines Gesellschafters hingegen dazu, dass der Liquidator gemäß section 111 (2), (3) IA 1986 entweder das Abwicklungsverfahren beenden oder den Gesellschafter abfinden musste, wobei die Höhe der Abfindung der gerichtlichen Überprüfung oblag und das Liquidationsverfahren bis zu einer gerichtlichen Entscheidung auszusetzen war. Das englische Recht ermöglichte dementsprechend schon vor Umsetzung der FRL eine Unternehmenszusammenführung in Form der Verschmelzung, wie sie heute i.S.e. universalsukzessiven Vermögensübertragung gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft ohne Abwicklung der übertragenden

199

Vgl. Section 427 (3) (a)(b)(d) CA 1985. Grier, UK Company Law, S. 548. 201 Barclays Bank plc v British & Commonwealth Holdings plc [1995] B.C.C. 19; Re Waste Recycling Group plc [2004], B.C.C. 328; Morse, Charlesworth Company Law, S. 662. 200

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Gesellschaft verstanden wird. Arrangements i.S.d. section 427 CA 1985 werden im Folgenden als „besondere arrangements“ bezeichnet. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es sich bei sections 425 – 427 CA 1985 nicht um ein verschmelzungsspezifisches Regelungswerk handelte. Sie dienten vielmehr als allgemeine gesellschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für nahezu alle gesellschaftsrechtlichen Umwandlungs- und Übertragungsakte. Hierzu zählten beispielsweise auch Unternehmensverkäufe,202 die Reorganisation von Gesellschafteranteilen in verschiedensten Formen203 sowie direkte Übernahmeangebote i.S.e. friendly takeovers.204 Die einzige Beschränkung ergab sich aus den Grundsätzen der Rechtsprechung, die als Bedingung für die Genehmigung des Gerichts verlangten, dass die Vereinbarung ein Element des Gebens und Nehmens beinhaltet.205 Im Falle einer Zusammenführung zweier Gesellschaften aufeinander oder auf eine dritte neu gegründete Gesellschaft war dies durch die Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft regelmäßig erfüllt.206 Fraglich ist aber, ob die Vorschriften der sections 425 – 427 CA 1985 auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar waren. Sections 425 und 426 CA 1985 gelten ihrem Wortlaut nach grundsätzlich für alle companies. Gemäß section 425 (6) CA 1985 bedeutet company jede company, die nach den Vorschriften des Companies Act 1985 abgewickelt werden darf. Dies sind gemäß section 73 (1) IA 1986 i.V.m. section 735 CA 1985 Gesellschaften, die unter englischem Recht gegründet und unter dem CA 1985 registriert sind sowie gemäß section 221 IA 1986 auch unregistered companies, die nicht unter dem CA 1985 registriert sind, aber ihren principle place of business in England gelegen haben. Section 225 IA 1986 stellt die sog. overseas companies, die außerhalb von Großbritannien gegründet wurden und einen priniple place of business in England haben,207 den unregistered companies gleich. Die voranstehend aufgeführte Beschränkung der section 221 (4) IA 1986 gilt in diesem Fall nicht, so dass von section 425 (6) CA 1985 auch Gesellschaften erfasst werden, die im Ausland gegründet wurden und den wirtschaftlichen Schwerpunkt in England ausüben.208

202

Farrar, Company Law, S. 508. Morse, Charlesworth Company Law, S. 658. 204 Re Savoy Hotel Ltd. [1981] Ch 351, 3 All E.R. 646; Re National Bank Ltd [1966], I All E.R. 1006, I W.L.R. 819. 205 Re NFU Development Trust Ltd [1972] 1 W.L.R. 1548. 206 Grier, UK Company Law, S. 548. 207 Vgl. Section 740 CA 1985. 208 Re Sovereign Marine and General Insurance Co. Ltd. [2007] 1 B.C.L.C. 228; Re Drax Holdings Ltd [2004] B.C.C. 334; [2004] 1 B.C.L.C. 10; Morse, Charlesworth Company Law, S. 662. 203

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Dies gilt jedoch nur für allgemeine arrangements i.S.d. section 425 CA 1985, nicht aber für die besonderen arrangements i.S.d. section 427 CA 1985. Dieser ist nämlich gemäß section 427 (6) CA 1985 ausdrücklich auf companies im Sinne von section 735 (1) CA 1985 beschränkt und entsprechend der vorstehenden Ausführungen damit nur auf Gesellschaften anwendbar, die unter dem Companies CA 1985 gegründet und registriert wurden. Höfling, die in ihren Ausführungen eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf der Grundlage von 425 (1), (6) CA 1985 befürwortet,209 kann dementsprechend in zweierlei Hinsicht nicht gefolgt werden. Zum einen findet sich die Rechtsgrundlage für Verschmelzungen nicht in section 425 CA 1985, sondern in section 427 CA 1985, die für Verschmelzungen zwingend einen Genehmigungsbeschluss mit den Anordnungen i.S.d. section 427 (3) CA 1985 vorsieht und damit als spezielle Vorschrift gegenüber section 425 CA 1985 vorrangig sein dürfte. Zum anderen wird die ausdrückliche Anwendungsbeschränkung in section 427 (6) CA 1985 verkannt. Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die sections 425, 427 CA 1985 bereits vor Umsetzung der FRL die Möglichkeit einer Verschmelzung vorsahen, diese jedoch durch section 427 (6) CA 1985 auf rein inländische Sachverhalte beschränkt waren.210 Dieses Ergebnis entspricht auch der Auffassung der englischen Behörde für Handel und Industrie – vormals the Departments of Trade and Industrie (,DTI‘). In ihrem Konsultationspapier zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen aus dem Jahr 2004 heißt es – allerdings ohne Begründung: „Currently, Part XIII of the Companies Act 1985 governs domestic mergers, dealing with Arrangements and Reconstructions (under sections 425 – 430). These provisions apply to both public and private companies incorporated under the Companies Act 1985. There are presently no specific procedures under GB law for cross-border merger …“.211

d) Mergers, section 427 A, Schedule 15 A CA 1985 Eine andere Rechtslage ergab sich auch nicht durch Einführung der besonderen Bestimmungen der section 427 A und des Schedule 15B CA 1985 im Wege der Companies (Mergers and Devisions) Regulations 1987.212 Mit ihr wurden lediglich die durch die dritte (FRL)213 und sechste Richtlinie214 festgesetzten Zusatzanforderungen, die im Falle einer nationalen Verschmelzung oder Spaltung von Aktien209

Höfling, S. 129. So im Ergebnis auch: Rickford, E.B.L.R. 2007, S. 1393 (1397); Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 29-13. 211 DTI, Consultative Document on Cross-Border Mergers, June 2004, Rn. 1.3, abrufbar unter: www.berr.gov.uk/files/file30267.pdf. 212 Companies (Mergers and Devisions) Regulations 1987, S. I. No. 1991 v. 23. 11. 1987. 213 Dritte Richtlinie 78/855/EWG v. 9. 10. 1978, ABl. L 295/36. 214 Richtlinie 82/891/EG v. 31. 12. 1982, 47; ABl. L 378. 210

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gesellschaften nach sections 425, 427 (3) (a) CA 1985 zu erfüllen sind, in das englische Recht implementiert.215 Da section 427 A CA 1985 nur zusätzliche Anforderungen an arrangements nach section 427 CA 1985 statuiert, galt dessen beschränkter Anwendungsbereich dementsprechend fort. Diese Auffassung findet auch in dem Konsultationspapier zur Umsetzung der SEVerordnung216 des DTI vom 8. Juli 2004 Bestätigung, in dem es heißt: „… in the previous implementation of the Third Council Directive of 9 October 1978 concerning mergers of public limited liability companies (78/855/EC) as set out in section 427 A of, and Schedule 15B to, the Companies Act 1985, section 427 A applied only to mergers of companies registered in GB and not to cross-border mergers …“.217

Soweit sich die englische Literatur überhaupt mit dieser Frage auseinandersetzte, kam sie ebenfalls ohne Begründung zu dem Ergebnis, dass sections 425 – 427 A CA 1985 nur die Verschmelzung von Gesellschaften mit britischem Gesellschaftsstatut regelten und es dem englischen Recht darüber hinaus an einem statutorischen Instrumentarium zur Regelung transnationaler Fusionen fehle.218 Untersuchungen zu der Frage, inwieweit diese Regelungslücke durch systemkonforme Analogie geschlossen werden könnte, kamen zu dem gleichen Ergebnis. Danach spräche der Wortlaut ausdrücklich für einen auf Gesellschaften mit britischem Personalstatut beschränkten Anwendungsbereich, der auch eine analoge Anwendung der Vorschriften schlichtweg nicht zuließe.219 Gegen die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke sprach letztendlich auch die sehr differenzierte Regelung in sections 425 und 427 CA 1985, die ausdrücklich unterschiedliche Anwendungsbereiche vorsahen. Der englische Gesetzgeber hat seinem Willen, ausländische Gesellschaften von der Beteiligungsfähigkeit bei Herausverschmelzungen auszunehmen, zudem dadurch Ausdruck verliehen, dass er von einer entsprechenden Regelung wie in section 110 (1) IA 1986 abgesehen hat. e) Keine Änderung durch CA 2006 Mit der großen Gesellschaftsrechtsreform im Jahre 2006 wurden die vorstehenden Vorschriften des CA 1985 aufgehoben und im Part 26 des Companies Act 2006 eingefügt. Die Vorgaben über die allgemeinen arrangements i.S.v. sections 425, 426 CA 1985 finden sich mit marginalen Änderungen nunmehr in den sections 895 – 898 CA 2006, die über die besonderen arrangements aus section 427 CA 1985 in den 215

Morse, Charlesworth Company Law, S. 661. Verordnung (EG) Nr. 2157/2011 des Rates v. 8. 10. 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. 294/1 v. 10. 11. 2001. 217 DTI, Results of consultative document URN 03/1279, Implementation of the European Company Statute: The European Public Limited-Liability Company Regulation 2004, 8 July 2004, S. 28/29, abrufbar unter: www.delni.gov.uk/resultsofconsultationandannexes-2.pdf. 218 Palmers’s-Morse, Rn. 12.011; Barc, Tolley’s Company Law, S. 10/13. 219 Gillessen, S. 391 – 394. 216

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sections 899 – 901 CA 2006 wieder. Die Regelungen über die zusätzlichen Voraussetzungen für Verschmelzungen von public companies i.S.d. section 427 A, Schedule 15 B Companies Act 1985 wurden ohne wesentliche Änderungen in den sections 902 ff. CA 2006 zusammengeführt. Der englische Gesetzgeber hat insbesondere auch an der für die besonderen arrangements und nationalen Verschmelzungen bestehenden Inlandsbeschränkung festgehalten. Dies folgt aus section 895 (2)(a) i.V.m. section 1 (1) CA 2006 und section 903 CA 2006. Gemäß section 895 (2)(a) CA 2006 ist das für besondere arrangements erforderliche Genehmigungsverfahren aus section 900 CA 2006 (ex. section 427 CA 1985) nur auf Gesellschaften im Sinne des Company Act anwendbar. Gemäß section 1 (1) CA 2006 (ex. 735 Ca 1985) sind dies lediglich nach englischem Recht gegründete Gesellschaften. Dass diese Beschränkung auch für nationale Verschmelzungen i.S.d. sections 902 ff. CA 2006 (ex. 427 A CA 1986) gilt, folgt aus section 903 CA 2006. Danach darf eine Genehmigung des arrangements im Sinne des Part 26 nur erfolgen, wenn die besonderen Voraussetzungen der sections 904 ff. CA 2006 vorliegen. In Part 26 sind zwar auch die sections 895 ff. CA 2006 über allgemeine arrangements enthalten, die gemäß section 895 (2)(b) CA 2006 auf alle Gesellschaften anwendbar sind, die unter dem IA 1986 abgewickelt werden können. Den vorstehenden Ausführungen entsprechend, sind dies auch ausländische Gesellschaften, die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in England lokalisiert haben.220 Da aber eine gerichtliche Genehmigung nur bei besonderen arrangements i.S.d. section 900 CA 2006 (ex. section 427 CA 1985) erforderlich ist, kann sich der – insoweit zu weit gefasste – Verweis in section 903 (1) CA 2006 nur auf section 900 CA 2006 beziehen, in dem das Genehmigungserfordernis geregelt ist. Die für section 900 CA 2006 in section 895 (2)(a) CA 2006 angeordnete Beschränkung auf inländische Gesellschaften muss dementsprechend auch für Verschmelzungen i.S.d. sections 904 ff. CA 2006 gelten. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung war somit nicht auf Grundlage des Companies Act 2006 möglich.221 Diese Auffassung wird auch durch die Einschätzungen des englischen Ministeriums für Wirtschaft, Unternehmen und regulatorische Reformen (Department of Business, Enterprise and Regulatory Reform) (,BERR‘) und des DTI bestätigt. Im Explanatory Memorandum des BERR zu den Companies (Cross-BorderMergers) Regulations 2007, mittels derer die VRL in England umgesetzt wurde, heißt es:

220 Vgl. die Ausführungen über Reconstructions nach sections 110, 111 IA 1986, Teil 1 C. II. 2. b). 221 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 29-13.

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„The present domestic legislative framework does not expressly provide for cross-border mergers between UK companies and companies elsewhere in the EEA.“222 „Part 13 of the Companies Act 1985 (and Part XIV of the Companies (Northern Ireland) Order 1986) governs domestic mergers of public and private companies in the UK. These provisions are restated in Parts 26 and 27 of the Companies Act 2006, which will come into effect in April 2008. This presents the relevant merger provisions in a more user-friendly and accessible format. Once these provisions are brought into force, they will replace the existing law. These provisions do not, however, lay down a framework for cross-border mergers involving UK companies.“223

Im Konsultationspapier des DTI zur Umsetzung der VRL heißt es: „The present domestic legislative framework does not provide for cross-border mergers between UK companies and companies elsewhere in the EEA.224 Presently, procedures for domestic company mergers are laid down by Part 13 (sections 425 to 427) of the Companies Act 1985 (Part XIV (Articles 418 to 420) of the Companies (Northern Ireland) Order 1986 (the 1986 Order) for Northern Ireland). These provisions apply to both public and private companies incorporated under this legislation. Additional requirements are laid down for mergers of public companies (under sections 427 A of, and schedule 15B to, the Companies Act 1985 (Article 420 A of, and Schedule 15B to, the 1986 Order for Northern Ireland). All of these provisions will be restated by the provisions in Parts 26 and 27 of the Companies Act 2006 which will apply throughout the UK. In common with a number of EEA countries, UK does not currently lay down a legislative procedure for UK companies to engage in cross-border mergers.“225

3. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit, Art. 49, 54 AEUV Grenzüberschreitende Verschmelzungen waren somit sowohl nach dem deutschen als auch nach dem englischen Sachrecht nicht zulässig. Infolge der Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen Überseering und Inspire Art mussten das deutsche und englische Kollisionsrecht zwar die jeweils ausländische Gesellschaft als rechtsfähige, dem ausländischen Recht unterliegende Gesellschaft anerkennen. Da aber beide Rechtsordnungen nur Gesellschaften mit inländischem Satzungssitz für verschmelzungsfähig erachteten, waren Gesellschaften sowohl der Wegzug nach ihrem eigenen Gesellschaftsstatut, als auch der Zuzug nach dem ausländischen Gesellschaftsstatut der übernehmenden Gesellschaft im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung verwehrt. Mit anderen Worten begründeten das deutsche und englische Verschmelzungsrecht jeweils ein Weg222

BERR, Explanatory Memorandum to the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. 2, Ziff. 7.3. 223 BERR, Explanatory Memorandum to the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. 8, Ziff. 8. 224 DTI, A Consultative Document March 2007, S. 5, Ziff. 1.4. 225 DTI, A Consultative Document March 2007, S. 12, Ziff. 2.11 u. 2.12.

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zugshindernis für inländische als auch ein Zuzugshindernis für ausländische Gesellschaften. Inwieweit dies mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar war, blieb lange ungeklärt. a) Beschränkungen von Hineinverschmelzungen Erst im Jahre 2005 erhielt der EuGH in der Rechtssache SEVIC erstmals die Gelegenheit, über die Vereinbarkeit von Beschränkungen der Hineinverschmelzung mit der Niederlassungsfreiheit zu entscheiden. In der Rechtssache handelte es sich um eine luxemburgische S. A.,226 welche auf die deutsche SEVIC Systems AG hineinverschmolzen werden sollte. Das Amtsgericht Neuwied hatte den Antrag auf Eintragung der Verschmelzung mit der in Deutschland vorherrschenden Auffassung227 zurückgewiesen, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur Rechtsträger mit Sitz im Inland Gegenstand einer Umwandlung durch Verschmelzung sein könnten und das Umwandlungsgesetz demzufolge nicht für Umwandlungen gelte, die das Ergebnis grenzüberschreitender Verschmelzungen seien.228 Generalanwalt Tizzano229 und der EuGH230 schlossen sich dieser Auffassung ebenfalls an, so dass der Mindermeinung, die § 1 UmwG lediglich als Kollisionsnorm einstufte,231 eine klare Absage erteilt wurde. Auf die Beschwerde der Gesellschaft legte das Landgericht Koblenz dem EuGH die Frage vor, ob die Artt. 49, 54 AEUV (ex. Artt. 43, 48 EGV) dahin auszulegen seien, dass es im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften steht, wenn einer ausländischen europäischen Gesellschaft die Eintragung ihrer angestrebten Verschmelzung mit einer deutschen Gesellschaft in das deutsche Handelsregister gemäß den §§ 16 ff. UmwG versagt wird, weil § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur eine Umwandlung von Rechtsträgern mit Sitz im Inland vorsieht.232

226

Die luxemburgische Societas Anonyme entspricht der Rechtsform einer deutschen Aktiengesellschaft. 227 Vgl. die Ausführungen über die sachrechtlichen Verschmelzungshindernisse in Deutschland, Teil 1 C. II. 1. a). 228 LG Koblenz, Beschl. v. 16/09/2003 (4 HK.T 1/03), abgedr. in: BB 2003, S. 2530 f.; EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 12. 229 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache SEVIC, abgedr. in: ZIP 2005, S. 1227. 230 EuGH, Rs .C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 20. 231 Vgl. die Ausführungen über die sachrechtlichen Verschmelzungshindernisse in Deutschland Teil 1 C. II. 1. b). 232 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 15.

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Die niederländische und deutsche Regierung233 sprachen sich mit der Begründung dagegen aus, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen bereits nicht in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fielen, weil der übertragende Rechtsträger seine Rechtspersönlichkeit im Zuge der Verschmelzung verliere, er sich somit weder mit Haupt- noch Zweitsitz in einem anderen Mitgliedstaat niederlasse und es sich daher nicht um einen niederlassungsrechtlichen Vorgang handele. Der EuGH stellte jedoch fest, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen eine für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes wichtige Modalität der Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellten und damit zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten zählten, hinsichtlich derer die Mitgliedstaaten die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV zu beachten hätten.234 Weil aber das deutsche Recht dieses Mittel zur Umwandlung von Gesellschaften nicht zur Verfügung stellt, wenn eine der Gesellschaften ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gelegen hat, begründet dieses Recht eine unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften nach Maßgabe dessen, ob es sich um eine innerstaatliche oder um eine grenzüberschreitende Verschmelzung handelt. Diese unterschiedliche Behandlung ist nach Ansicht des EuGH geeignet, Gesellschaften davon abzuhalten, von der im AEUV verankerten Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen und begründet mithin eine Beschränkung im Sinne der Artt. 49 und 54 AEUV (ex. Artt. 43, 48 EGV).235 Der EuGH hatte damit die unmittelbare Geltung des Allgemeinen Beschränkungsverbots auch für grenzüberschreitende Hineinverschmelzungen bestätigt,236 mit der Konsequenz, dass sich verschmelzungswillige Gesellschaften seither unmittelbar auf die Niederlassungsfreiheit berufen konnten und hinsichtlich nationaler Beschränkungen nicht mehr auf die Verabschiedung und Umsetzung von Harmonisierungsmaßnahmen angewiesen waren.237 Den voranstehenden Ausführungen zur Niederlassungsfreiheit entsprechend, können Hineinverschmelzungen somit nur noch durch nationales Recht beschränkt werden, soweit diese gerechtfertigt sind. Da der EuGH die Regelung des § 1 UmwG aber nicht als Diskriminierung, sondern als einen Verstoß gegen das Allgemeine Beschränkungsverbot eingeordnet hat, können beschränkende Maßnahmen nicht nur über die Rechtfertigungsgründe des Art. 52 AEUV und des Rechtsmissbrauchsverbots, sondern auch auf der Grundlage zwingender Allgemeininteressen gerechtfertigt werden.238 233 EuGH, Rn. 18 ff. des Sitzungsberichts in der Rs. C-411/01 (SEVIC): Sie machten geltend, grenzüberschreitende Verschmelzungen fielen nicht in den Anwendungsbereich, weil der übertragende Rechtsträger seine Rechtspersönlichkeit verliere und sich daher weder mit Hauptnoch Zweitsitz in einem anderen Mitgliedstaat niederlasse. 234 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 19 (SEVIC). 235 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 23 (SEVIC). 236 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 24 (SEVIC). 237 Bungert, BB 2006, S. 53 (55). 238 Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (356); Siems, EuZW 2006, S. 135 (136).

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Der EuGH stellte diesbezüglich klar, dass zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie eben der Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern zwar grundsätzlich eine Beschränkung rechtfertigen können. Dies jedoch nur dann zulässig ist, wenn sie zur Erreichung der verfolgten Ziele konkret geeignet sind und nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist. Dies – so der EuGH – sei bei einer generellen Verweigerung wie in Deutschland aber nicht der Fall.239 b) Beschränkungen von Herausverschmelzungen Das SEVIC-Urteil betraf allerdings nur die Beschränkung von Hineinverschmelzungen von Seiten des Zuzugsstaates. Eine Entscheidung über die Vereinbarkeit von Beschränkungen der Herausverschmelzung ist bisher nicht ergangen. Generalanwalt Tizzano hat sich in seinen Schlussanträgen zwar zusätzlich für einen Schutz der Herausverschmelzung ausgesprochen,240 der EuGH hat diesen Aspekt in seinem Urteil jedoch nicht aufgegriffen. Stattdessen verwendete der EuGH in seinen Entscheidungsgründen den übergreifenden Begriff der „Verschmelzung“, ohne zwischen den einzelnen Verschmelzungsrichtungen zu differenzieren. Dies kann sowohl als Argument für241 als auch gegen242 die Zulässigkeit von grenzüberschreitenden Herausverschmelzungen angeführt werden. Da die Vorlagefrage des Landgerichts Koblenz auf die Frage der Zulässigkeit von Hineinverschmelzungen begrenzt war, könnte auch angeführt werden, dass das Urteil überhaupt keine darüber hinausgehende Aussage enthalten kann.243 Eine eindeutige Schlussfolgerung kann dem Urteil daher nicht entnommen werden. Ein Teil des Schrifttums lehnt einen Schutz von Herausverschmelzungen mit dem Verweis auf den sachlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ab. Dieser erfasse die Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die selbstständig und auf der Grundlage einer festen Errichtung dauerhaft auf die Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedsstaates angelegt sei. Der übertragende Rechtsträger einer grenzüberschreitenden Verschmelzung wolle und könne aber keine dauerhafte und selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat entfalten, weil er im Zuge der Verschmelzung aufgelöst wird. Insofern 239

EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805, Rn. 29, 30 (SEVIC). Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache SEVIC, abgedr. in ZIP 2005, S. 1227. 241 Wachter, GmbHR 2006, S. 600 (602); Kieninger, EWS 2006, S. 49 (51); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 771 (771); Kallmeyer, AG 2006, S. 224 (226); Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2557). 242 Kappes, NZG 2006, S. 101 (102); Drygala, EwiR 2006 S. 25 (26); Kieninger, EWS 2006, S. 49 (51); Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (819 f.); Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (168); Schmidt/Maul, BB 2006, S. 13 (14). 243 Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (161); Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (819). 240

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handele es sich um eine reine Vermögensübertragung, nicht aber um einen niederlassungsrelevanten Vorgang.244 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Teilnahme am Wirtschaftsleben nicht nur die Aufnahme einer Tätigkeit, sondern auch deren Beendigung erfasst und die Auflösung einer Gesellschaft somit als actus contrarius ebenso schützenswert ist wie ihre Gründung. Im Übrigen führt die Verschmelzung auch nicht zur Beendigung der wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern nur zu ihrer Fortsetzung unter einem anderen Rechtsträger. Insofern stellt sie in wirtschaftlicher Hinsicht eine Alternative zum Verkauf des Unternehmens oder zur Übertragung der Anteile dar.245 Neben der Verschmelzung steht ihr aber keine ähnlich komplikationsfreie sowie Zeit und Kosten sparende Umgestaltungsform zur Verfügung, so dass die Ausführungen des EuGH zur Hineinverschmelzung auf die Herausverschmelzung übertragbar sind.246 In dogmatischer Hinsicht hat der EuGH allerdings in seinem Urteil in der Rechtssache „Cartesio“247 erneut seinen Standpunkt gefestigt, dass die Niederlassungsfreiheit einen sachlichen und einen persönlichen Anwendungsbereich248 hat und letzterer ausschließlich in den Bestimmungsbereich des nationalen Gesetzgebers falle. Auf seiner Daily Mail Doktrin aufbauend, sind Gesellschaften i.S.d. Art. 48 EGV Rechtskonstruktionen des Gründungsrechts, außerhalb dessen eine juristische Person keine Realität hat.249 Aufgrund dieses Sachnormverweises auf das Gründungsrecht250 ist danach ausschließlich das Gründungsrecht für die Frage nach der Existenz und insbesondere für deren Erlöschen maßgebend.251 Für den identitätswahrenden Wegzug einer Gesellschaft durch die Verlegung des Verwaltungssitzes hat der EuGH insoweit den niederlassungsrechtlichen Schutz versagt und dem Wegzugsstaat das Recht eingeräumt, die Verlegung des Verwaltungssitzes an einen Statutenwechsel und sachrechtlich an eine Auflösung zu knüpfen.252

244 Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (820); so i.E. auch die Stellungnahmen der deutschen und niederländischen Regierung in der Rs. C-411/01 (SEVIC), abgedr. in: ZIP 2005, S. 2311 (2312). 245 Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (356). 246 Kallmeyer, AG 2006, S. 224 (224); Bayer/Schmidt, ZIP 2006, S. 210 (212); Geyrhalter/ Weber, DStR 2006, S. 146 (147 f.); Bungert, BB 2006, S. 53 f.; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, S. 123 (126). 247 EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, I-00000 (,Cartesio‘). 248 Dieser setzt die Existenz einer in einem Mitgliedstaat wirksam gegründeten Gesellschaft voraus, Art. 48 EGV. 249 EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 34 (,Daily Mail‘). 250 Forsthoff, DB 2002, S. 2471 (2473). 251 EuGH, Rs. C-81/87, Slg. 1988, 5483, Rn. 15 f. (,Daily Mail‘). 252 Grabitz/Hilf-Randelzhofer/Forsthoff, Vor Art. 39 – 55 EGV, Rn. 57. Im Ergebnis dürfte auch die Entscheidung in der Rechtssache National Grid Indus B.V. keine abweichende Bewertung bedingen. Identitätswahrende Sitzverlegungen sind danach zwar vom Schutzbereich

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Teil 1: Harmonisierungsziele

Im Rahmen von grenzüberschreitenden Verschmelzungen wird zwar letztendlich auch der Sitz der Gesellschaft ins Ausland verlegt, es wäre jedoch verfehlt, hieraus eine vergleichbare Rechtslage für Herausverschmelzungen abzuleiten. Denn wie der EuGH in der Rechtssache Cartesio deutlich hervorhebt, ist zwischen Wegzugsbeschränkungen von Sitzverlegungen ohne Änderung des Gesellschaftsstatuts und Wegzugsbeschränkungen von Sitzverlegung mit Änderung des Gesellschaftsstatuts zu differenzieren. Entgegen ersteren klammert der EuGH letztere von der Befugnis zur Beschränkung aus. Danach kann die Befugnis zur Beschränkung des Wegzugs nicht rechtfertigen, dass der Gründungsstaat die Gesellschaft dadurch, dass er ihre Auflösung und Liquidation verlangt, daran hindert, sich in eine Gesellschaft nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates umzuwandeln, soweit dies nach diesem Recht zulässig ist.253 Die Mitgliedstaaten können also die Anknüpfung ihres Rechts bzgl. der Gründung und dem Erhalt der Eigenschaft als Gesellschaft des Gründungsstaates frei bestimmen und auch beschränken. Sie dürfen jedoch nicht die Gesellschaft daran hindern, sich unter Wechsel des Gesellschaftsstatuts einer anderen Rechtsordnung zu unterwerfen und umzuwandeln. In sachrechtlicher Hinsicht darf der Gründungsstaat daher die Auflösung und Liquidation verlangen, wenn die Gesellschaft nur den Verwaltungssitz verlegt, sie darf es jedoch nicht, wenn die Gesellschaft sich unter Aufgabe ihres Gesellschaftsstatuts in eine Gesellschaftsform eines anderen Mitgliedstaates umwandeln will. Bei der grenzüberschreitenden Herausverschmelzung strebt der übertragende Rechtsträger jedoch gerade dies an. Er will unter Auflösung, aber ohne Abwicklung, seine Existenz im Gründungsstaat aufgeben und mithin unter Aufgabe seines Gesellschaftsstatuts sich in eine (bereits existierende) Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates umwandeln.254 Für einen niederlassungsrechtlichen Schutz der Herausverschmelzung spricht im Übrigen, dass ein Verbot für inländische Gesellschaften, sich auf ausländische Gesellschaften heraus zu verschmelzen, einem Verbot für ausländische Gesellschaften, das Vermögen der übertragenden inländischen Gesellschaft hinzu zu erwerben, gleichkäme. Während also einer deutschen Gesellschaft dieser Vermögenserwerb erlaubt würde, würde er ausländischen untersagt und sie mithin benachteiligen.255 In der englischen Literatur existiert eine derartige Auseinandersetzung nicht. Dies mag vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass Unternehmenszusammenschlüsse in England nahezu ausschließlich im Wege der Anteilsübertragung vollzogen werden der Niederlassungsfreiheit umfasst, Beschränkungen durch das Gründungsrecht sind aber weiterhin auf Grund zwingender Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. 253 EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, I-00000, Rn. 112, 113 (,Cartesio‘). 254 Behrens, JBl 2001, S. 341 (352). 255 Meilicke, GmbHR 2003, S. 793 (802); Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 1 UmwG, Rn. 10; Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1063); Kloster, GmbHR 2003, S. 1413 (1416).

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und von den Möglichkeiten einer Verschmelzung nach sections 427, 427 A Schedule 15B CA 1985 bzw. der 900, 904 ff. CA 2006 kein Gebrauch gemacht wird.256 4. Zwischenergebnis In sachrechtlicher Hinsicht bestanden vor Umsetzung der VRL somit verschiedene Verschmelzungshindernisse, die dem Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AUEV unterfielen. Erstens war die unmittelbare Geltung der Niederlassungsfreiheit bisher nur für Hineinverschmelzungen anerkannt. Eine Entscheidung des EuGH hinsichtlich der Herausverschmelzung steht bis heute aus. Auch wenn nach der hier vertretenen Auffassung vieles für einen gleichwertigen Schutz von Herausverschmelzungen spricht,257 kann bis zu einer endgültigen Entscheidung des EuGH nicht ausgeschlossen werden, dass Mitgliedstaaten Herausverschmelzungen mit den Argumenten der Gegenauffassung und unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH zur identitätswahrenden Sitzverlegung verweigern. Da grenzüberschreitende Verschmelzung zwingender Weise eine Herausverschmelzung aus Sicht der übertragenden Gesellschaft begründen, bedurfte es einer umfassenden Regelung im Wege der Harmonisierung, um die Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art. 50 AEUV zu verwirklichen. Zweitens hat der EuGH mit der Annahme eines Verstoßes gegen das Allgemeine Beschränkungsverbot und der damit einhergehenden Rechtsfertigungsmöglichkeit über die „zwingenden Gründe des Allgemeinwohls“ den Mitgliedstaaten einen erheblichen Spielraum für beschränkende Maßnahmen eingeräumt,258 der zu unterschiedlichen Schutzstandards und damit verbundener Rechtsunsicherheit führen konnte.259 Dies gilt insbesondere für Herausverschmelzungen, die die Allgemeininteressen von Mitgliedstaaten naturgemäß eher beeinträchtigen und somit ein erhöhtes Rechtfertigungspotential mit sich führen. Drittens verpflichtet die Niederlassungsfreiheit nur zur Gleichbehandlung von ausländischen und inländischen Sachverhalten, d. h. nur wenn das inländische Recht für die konkret in Frage stehende Gesellschaftsform innerstaatliche Verschmelzungen zuließ, durfte sie dies einer ausländischen nicht verweigern. Dies war jedoch 256

Hannigan, Annotated Guide to the Companies Act, S. 834; BERR, Explanatory Memorandum to the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. 2, Ziff. 7.2. 257 Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (358); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 771 (771); Samson/ Flindt, NZG 2006, S. 290 (291); Decher, Der Konzern 2006, S. 806 (809); Siems, EuZW 2006, S. 135 (138); Kallmeyer, AG 2006, S. 224 (226); Kieninger, EWS 2006, S. 49 (51); Bayer/ Schmidt, ZIP 2006, S. 210 (212); Sedemund, BB 2006, S. 519 (519); Geyrhalter/Weber, DStR 2006, S:146 (147 f.); Bungert, BB 2006, S. 53 f.; Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, S. 123 (126); Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2557). 258 Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (356). 259 Kappes, NZG 2006, S. 101 (102); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 771 (772); Bungert, BB 2006, S. 53 (56).

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aufgrund der FRL lediglich für Aktiengesellschaften gewährleistet. Mitgliedstaaten, die die Richtlinie nicht über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinaus umgesetzt haben, waren somit auch weiterhin nicht verpflichtet, grenzüberschreitende Verschmelzungen für andere Gesellschaftsformen zuzulassen.260

III. Durchführungshindernisse Mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache SEVIC stand somit lediglich fest, dass grenzüberschreitende (Hinein-)Verschmelzungen von den einzelstaatlichen Rechtsordnungen zuzulassen sind, soweit sie Vorschriften für innerstaatliche Verschmelzungen zur Verfügung stellen. Entsprechend des Kompetenzgefüges des AEUV261 enthielt aber weder das SEVIC-Urteil eine verfahrensrechtliche Anleitung zur Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzung, noch war ein Rückgriff auf die Vorschriften der VRL vor deren Inkrafttreten zulässig, da diese ausschließlich gegenüber den Mitgliedsstaaten unmittelbare Rechtswirkung entfalteten.262 Als Rechtsgrundlage konnte somit nur das anzuwendende einzelstaatliche Verschmelzungsrecht dienen. Nach der sog. „Einheitslösung“ sollte entweder das Recht des übernehmenden Rechtsträgers oder das Recht des übertragenden Rechtsträgers gelten.263 Gemäß den kollisionsrechtlichen Ausführungen dürfte jedoch der sog. „Vereinigungslehre“ zu folgen sein, der zur Folge grundsätzlich das jeweilige Gesellschaftsstatut der beteiligten Rechtsträger auf die einzelnen Rechtsträger Anwendung findet.264 Die Voraussetzungen, das Verfahren und die Rechtsfolgen der Verschmelzung bestimmten sich danach zunächst für jede der beteiligten Rechtsträger nach dem jeweils für sie geltenden Gesellschaftsstatut.265 Dem Umstand, dass 260

Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (164). Danach darf der EuGH nicht die Unvereinbarkeit einer nationalen Norm mit dem Gemeinschaftsrecht überprüfen, sondern nur die Auslegung von Normen des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts festlegen, Art. 267 AEUV (ex. Art. 234 EGV). Er konnte daher nur prüfen, ob die Verweigerung der Eintragung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit Artt. 49, 54 AEUV (ex. Artt. 43, 48 EGV) unvereinbar ist. Insofern kann der EuGH auch keine Anleitung vorgeben, wie der nationale Gesetzgeber bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu verfahren hat. 262 OLG München, GmbHR 2006, S. 601 (602); Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2559); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 770 (773). 263 „Aufnahme-“ und „Übertragungstheorie“ zusammenfassend dargestellt in: MüKoKindler, IntGesR, Rn. 869 ff.; für die ausschließliche Anwendung des österreichischen Rechts auf eine Herausverschmelzung einer österreichischen Tochtergesellschaft auf ihre deutsche Muttergesellschaft sprach sich der österreichische Oberste Gerichtshof aus, ZIP 2003, S. 1086. 264 Beitzke, in: FS-Hallstein, 1966, S. 20; v. Spindler, S. 78 f.; Koppensteiner, Internationale Unternehmen, S. 255 f.; Horn, ZIP 2000, S. 473 (477), Staudinger-Großfeld, IntGesR, Rn. 683. 265 Beitzke, in: FS-Hallstein, 1966, S. 14 f.; Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (261); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 – 247; Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB 2006, S. 1 (5); Leible/Hoff261

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die zur Anwendung gelangenden Rechtsordnungen möglicherweise unterschiedliche als auch sich widersprechende Voraussetzungen an die Verschmelzung stellten, sollte durch eine kumulative Anwendung der Verschmelzungsrechte und dem kollisionsrechtlichen Mittel der Anpassung Rechnung getragen werden. Sachverhalte, die wie die Beschlussfassung nur einen Rechtsträger betrafen, sollten sich demnach ausschließlich nach dessen Gesellschaftsstatut bestimmen. Voraussetzungen, die wie beispielsweise der Verschmelzungsvertrag beide Rechtsträger berührten, sollten sich kumulativ nach allen betroffenen Gesellschaftsstatuten beurteilen, wobei sich die strengste Sachnorm durchsetzte.266 Im Wege der Anpassung, d. h. durch die Modifikation sich widersprechender Sachnormen, sollten schließlich als ultima ratio verbleibende Disharmonien beseitigt werden.267 Verlangt also beispielsweise die Rechtsordnung der übernehmenden Gesellschaft für die Eintragung der Verschmelzung in deren Handelsregister die vorherige Eintragung der Verschmelzung in das Register der übertragenden Gesellschaft und kennt dieses Recht eine solche Registereintragung nicht, so soll sich erstere damit begnügen, dass die übertragende Gesellschaft alle dem gleichen Zweck dienende Voraussetzungen erfüllt hat.268 Obwohl in den bisherigen Ausführungen lediglich auf die deutsche Literatur zurückgegriffen wurde, kann wohl heute davon ausgegangen werden, dass sich die Vereinigungslehre mit wenigen Ausnahmen269 europaweit durchgesetzt hat270 und insofern von einer europaweit geltenden, ungeschriebenen Kollisionsregelung für grenzüberschreitende Verschmelzungen in der Gemeinschaft gesprochen werden kann.271 Für ein Gelingen grenzüberschreitender Verschmelzungen war somit ein Zusammenwirken der einzelstaatlichen Rechtsordnungen und mithin vergleichbaren einzelstaatlichen Verschmelzungsregelungen entscheidend. mann, RIW 2006, S. 160 (161); Staudinger-Großfeld, IntGesR, Rn. 683; Veil, Der Konzern 2007, S. 98 (99); Hoffmann, NZG 1999, S. 1077 (1078); Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (537); ders., in: Kallmeyer, § 1 UmwG (2. Auflage), Rn. 10; Behrens, Die GmbH im internationalen und europäischen Recht, Rn. 68; MüKo-Kindler, IntGesR, 1999, Rn. 874; Picot/Land, DB 1998, S. 1601 (1606 f.), Lawall, IStR 1998, S. 345 (347); OLG München, ZIP 2006, S. 1049. 266 Eingängig Rixen/Böttcher, GmbHR 1993, S. 572 (573 f.); Spahlinger/Wegen, NZG 2006, S. 721 (722); Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB 2006, S. 1 (5); Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (536); Staudinger-Großfeld, § 1 UmwG, Rn. 683; Spahlinger/Wegen, NZG 2006, S. 721 (722); Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB 2006, S. 1 (5). 267 Behrens, ZGR 1994, S. 1 (14), Kallmeyer, AG 2006, S. 224 (230). 268 Beitzke in FS-Hallstein, 1966, S. 24. 269 Der österreichische Oberste Gerichtshof vertrat hingegen im Rahmen einer Herausverschmelzung einer österreichischen Gesellschaft auf ihre deutsche Muttergesellschaft die Auffassung, es sei ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden, OHG, ZIP 2003, S. 1086. 270 Vgl. für England: Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, S. 757; Frankreich: Cozian/Viandier/Deboissy, Droit des Societes, Rn. 1751; Menjucq, Droit international, S. 217; Italien: Ferrarar/Corsi, Gli imprenditori e le societa, S. 836. 271 Dafür spricht letztendlich auch Erwägungsgrund Nummer 3 und Artikel 4 der VRL, wonach für diejenigen Verschmelzungssachverhalte, die sachrechtlich nicht von der VRL geregelt wurden, die innerstaatlichen Vorschriften für innerstaatliche Verschmelzungen gelten.

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Da der überwiegende Teil der einzelstaatlichen Rechtsordnungen272 vor Umsetzung der VRL aber kein gesetzliches Regelungswerk für grenzüberschreitende Verschmelzungen vorsah, konnten nur die Vorschriften über nationale Verschmelzungen entweder in analoger Anwendung273 oder mittels europarechtskonformer Auslegung274 herangezogen werden. Diese waren zwar infolge der FRL teilweise harmonisiert, für die Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen waren sie jedoch aus mehreren Gründen unzureichend. Zum einen wurde im Wege der FRL lediglich für Aktiengesellschaften ein Verschmelzungsverfahren in die einzelstaatlichen Rechtsordnungen eingeführt. Aufgrund der auf den Regelungsinhalt von Richtlinien beschränkten Umsetzungsverpflichtung der Mitgliedstaaten war somit die Verschmelzungsfähigkeit anderer Gesellschaftsformen nicht gemeinschaftsweit gewährleistet.275 Diese konnten sich auch nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen, da die Mitgliedstaaten danach nur verpflichtet sind, die für Inlandsverschmelzungen bereitstehenden Vorschriften für grenzüberschreitende Verschmelzungen zur Verfügung zu stellen. Eine primärrechtliche Verpflichtung, überhaupt besondere Vorschriften in ihre Rechtsordnung aufzunehmen, folgt hieraus nicht.276 Zum anderen enthielt die FRL nur Mindestanforderungen für nationale Verschmelzungen, die den Mitgliedstaaten nicht nur verfahrensrechtliche Regelungsfreiräume beließen, sondern insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Besonderheiten von grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht berücksichtigten. Ausgehend von diesen Mindestanforderungen konnten sich verfahrenstechnische Hindernisse insbesondere in Hinsicht auf den Abschluss des Verschmelzungsvertrages, die Eintragung der Verschmelzung und den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung sowie auf den Vermögensübergang und den damit eng verknüpften Schutz von Gläubigern, Arbeitnehmern und Minderheiten ergeben. So stellten sich zum Beispiel die Fragen, in welcher Sprache der Verschmelzungsvertrag zu verfassen war, ob dieser der Beurkundung durch einen Notar be272

Nach Dorr/Stutenbork, DB 2003, 647, Fn. 5 ließen die folgenden einzelstaatlichen Rechtsordnungen Verschmelzungen mit ausländischen Gesellschaften zu, ohne aber ein eigenständiges Verfahren hierfür zu regeln: Spanien, Art. 9b Nr. 11 II Codigo Civil; Italien: Art. 25 Nr. 3 des italienischen IPR Gesetzes sowie auch in Frankreich. 273 Dorr/Stukenborg, DB 2003, S. 647 (649); Goutier/Knopf/Tulloch-Bermel, 1995, § 1 UmwG, Rn. 8, 14; Kronke, ZGR 23, 1994, S. 26 (35 f.); Kallmeyer, ZIP 1996, S. 535 (537); Roth, IPrax 2003, S. 117 (122). 274 Teichmann, ZIP 2006, S. 355 (361); Kallmeyer, AG 2006, S. 224 (244); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 771 ff.; Bayer/Schmidt, ZIP 2006, S. 210 (212); Geyrhalter/Weber, DStR 2006, S:146 (147 f.); Bungert, BB 2006, S. 53 (54); Meilicke/Rabback, GmbHR 2006, S. 123 (126); Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2559); Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (164); Veil, Der Konzern 2007, S. 98 (99); Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1603); Knapp, DNotZ 2005, S. 723 (729). 275 Wachter, GmbHR 2006, 600 (602). 276 Leible/Hoffmann, RIW 2006, S. 161 (164).

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durfte und wenn, ob diese auch durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden durfte.277 Inwiefern der Verschmelzungsvertrag an den Betriebsrat der ausländischen Gesellschaft zuzuleiten war, blieb ebenfalls ungewiss.278 Eintragungsschwierigkeiten konnten sich vor allem ergeben, wenn die beteiligten Rechtsordnungen eine gegenläufige Eintragungsreihenfolge vorsahen oder eine Eintragung nach dem Recht des ausländischen Verschmelzungspartners erst gar nicht vorgesehen oder möglich war.279 Die FRL enthielt diesbezüglich keinerlei Vorgaben. Art. 17 FRL überließ die Bestimmung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Verschmelzung vielmehr den Mitgliedstaaten.280 Da dieser Zeitpunkt aber wiederum gemäß Art. 19 Abs. 1 Ziff. c) FRL für das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft maßgebend war, konnten unterschiedliche Eintragungsreihenfolgen bzw. abweichende Wirksamkeitszeitpunkte zu einem hinkenden Rechtsverhältnis führen.281 Ebenfalls war ungeklärt, welche verfahrenstechnischen und inhaltlichen Einzelschritte die materielle Kontrolle des ausländischen und des inländischen Handelsregisters umfasste und ob von jenen eine Prüfungsbestätigung ausgestellt wird.282 Dies dürfte insbesondere für den Vermögensübergang von Relevanz gewesen sein. Gemäß Art. 19 Abs. 1 Ziff. a) FRL erfolgte dieser grundsätzlich ipso jure mit Wirksamwerden der Verschmelzung. Zugleich sah Art. 19 Abs. 3 FRL aber vor, dass Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die Wirksamkeit der Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände oder Rechte Dritte besondere Förmlichkeiten vorsahen, unberührt blieben. Verbote der Gesamtrechtsnachfolge für bestimmte Vermögensgegenstände in einem der nationalen Rechte konnten somit einer erfolgreichen Durchführbarkeit ebenfalls hinderlich sein.283 In diesem Zusammenhang konnten auch abweichende Regelungen des Gläubigerschutzes zu Hindernissen führen. Art. 13 FRL räumte den Mitgliedstaaten diesbezüglich einen weiten Regelungsspielraum ein.284 Es bedurfte insofern einer differenzierten Prüfung der betroffenen Rechtsordnungen, ob diese einen automa277

Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2561); Dorr/Stukenborg, DB 2003, S. 647 (651); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 770 (775 f.). 278 Bungert, BB 2006, 53 (55). 279 Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1064); Kindler, Der Konzern 2006, S. 819; Bungert, BB 2006, 53 (55); Koppensteiner, Der Konzern 2006, S. 40 (46). 280 Ganske, DB 1981, S. 1551 (1555). 281 Dieses Problem ergab sich bei einer deutsch-österreichischen Verschmelzung, das der österreichische Oberste Gerichtshof löste, indem er ausschließlich das österreichische Verschmelzungsrecht für anwendbar erklärt, OHG, ZIP 2003, S. 1086. Von einer ähnlichen Problematik berichten auch Dorr/Stukenborg, DB 2003, S. 647 (651 f.); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (248) zum niederländischen Recht. 282 Koppensteiner, Der Konzern 2006, S. 40 (47); Bungert, BB 2006, S. 53 (55); Gesell/ Krömker, DB 2006, S. 2557 (2562). 283 Vgl. den Praxisbericht von Dorr/Stutenborg, 647 (650); Lutter/Drygala, JZ 2006, S. 770 (775). 284 Eingängig Ganske, DB 1981, S. 1551 (1555).

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Teil 1: Harmonisierungsziele

tischen Schuldenübergang und Weiterhaftung des Vermögens der übernehmenden Gesellschaft oder eine vorbeugende Sicherung auf Seiten der übertragenden Gesellschaft, zum Beispiel durch vorherige Befriedigung der Gläubiger oder Leistung von Sicherheiten, anordneten.285 Als hinderlich konnte sich in dieser Hinsicht insbesondere die aufschiebende Wirkung von Gläubigerwidersprüchen erweisen, soweit ein nationales Recht diese ermöglichte.286 Schlussendlich enthielt die FRL keine Regelung hinsichtlich der Koordinierung der einzelstaatlichen Bestimmungen über den Schutz von Minderheitsgesellschafter. Vor dem Hintergrund des Art. 22 Abs. 1 Ziffer c) FRL, demgemäß Verschmelzungen auch nach ihrem Wirksamwerden durch eine Gerichtsentscheidung für nichtig erklärt werden konnten, waren diesbezügliche Verschmelzungsunsicherheiten nahezu vorprogrammiert. Denn Rechtsordnungen, die eine Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses aufgrund von Verfahrensfehlern zuließen, bargen aufgrund der verfahrensrechtlichen Unsicherheiten ein erhöhtes Anfechtungspotential. Für den Fall, dass nach dem einzelstaatlichen Recht mit der Anfechtungsklage keine Registersperre verbunden war, stellte sich die Frage, wie eine grenzüberschreitende Verschmelzung nach Erlöschen der übertragenden Gesellschaft rückabzuwickeln gewesen wäre. Andernfalls drohte der Verschmelzung eine bis zur Beendigung des Anfechtungsverfahrens andauernde Registerblockade.287 In diesem Zusammenhang war auch fraglich, nach welchem Bewertungsgrundsätzen das Umtauschverhältnis überhaupt zu bestimmen war. Hier kamen sowohl nationale als auch international gebräuchliche Bewertungsverfahren in Betracht.288 Last but not least ist auch der Arbeitnehmerschutz in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt und setzt mitunter unterschiedliche Voraussetzungen an eine Verschmelzung, die möglicherweise nur durch eine sehr abgestimmte Kooperation der Verschmelzungspartner erfüllt werden können. Aus deutscher Sicht wurde insbesondere bei Herausverschmelzungen eine Flucht aus der deutschen Mitbestimmung befürchtet, da mit Vollzug der Verschmelzung die residuale Anknüpfung des deutschen Mitbestimmungsrechts verloren ging.289 Eine umfassende generell-abstrakte Zusammenfassung aller möglichen verfahrensrechtlichen Hindernisse bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ist nur schwer möglich, da sie die Prüfung aller Verschmelzungskonstellationen nach allen Rechtsordnungen in der Gemeinschaft verlangen würde. Im Ergebnis lässt sich aber festhalten, dass die Divergenzen der nationalen Verschmelzungsrechte und die damit einhergehenden sachrechtlichen Hindernisse 285

Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2557 (2561). Bungert, BB 2006, S. 53 (55); Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1064 f.). 287 Bungert, BB 2006, S. 53 (55); Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (51). 288 Reuter, AG 2007, S. 880 (883 f.); Koppensteiner, Der Konzern 2006, S. 40 (45); Krause/ Kulpa, ZHR 171, S. 38 (51). 289 Kieninger, EWS 2006, S. 49 (53). 286

D. Fazit: Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag

87

mittels kumulativer Anwendung der Gesellschaftsstatute und dem Mittel der Anpassung in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich überwunden werden konnten und grenzüberschreitende Verschmelzungen im Rahmen der FRL dem Grunde nach durchführbar waren. Dies ist durch Praxisberichte auch eingehend belegt.290 Eine vergleichbare Rechtsgrundlage war jedoch nur für die der deutschen Aktiengesellschaft gleichstehenden Gesellschaften geschaffen. Anderen Gesellschaftsformen konnte der Zugang zu innerstaatlichen und damit auch zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen mangels Verschmelzungsfähigkeit weiterhin verwehrt sein. Selbst für den Fall, dass die beteiligten Gesellschaften nach den beteiligten Rechtsordnungen aktiv und passiv verschmelzungsfähig waren, waren grenzüberschreitende Verschmelzungen aufgrund der verfahrensrechtlichen Diskrepanzen zwischen den einzelstaatlichen Verschmelzungsrechten nur unter Inkaufnahme eines hohen Beratungsaufwands und mittels einer engen Abstimmung mit den Registern möglich.291 Die damit einhergehenden Transaktionskosten und -risiken nahmen der grenzüberschreitenden Verschmelzung somit letztendlich ihre Attraktivität.292 Dies galt insbesondere für grenzüberschreitende Verschmelzungen von (börsennotierten) Aktiengesellschaften mit Minderheitsgesellschaftern. Das mit der verfahrensrechtlichen Unsicherheit verbundene Anfechtungspotential dürfte zumindest aus deutscher Sicht der Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung entgegengestanden haben.293 Dafür spricht letztendlich auch, dass alle Praxisberichte ausschließlich konzerninterne Verschmelzungen ohne Minderheitsbeteiligungen betrafen.

D. Fazit: Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag Aus den vorstehenden Untersuchungen lassen sich folgende Ergebnisse ableiten.

290

Rixen/Böttcher, GmbHR 1993, S. 572 ff., berichteten bereits 1993 von einer gelungenen Hineinverschmelzung einer französischen Aktiengesellschaft auf eine deutsche Mutter-GmbH. Dorr/Stukenborg, DB 2003, 647 ff., konnten ebenfalls zwei im Jahre 2002 erfolgreich durchgeführte Hineinverschmelzungen von einer italienischen und einer französischen Tochtergesellschaft auf deutsche Gesellschaften vermelden. 291 Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1066); Kappes, NZG 2006, 101 (103); Gesell/Krömker, DB 2006, S. 2558 (2559); Schmidt/Maul, BB 2006, S. 13 (14); Bungert, BB 2006, S. 53 (55); Decher, Der Konzern 2006, S. 806 (810). 292 Decher, Der Konzern 2006, S. 806 (810); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (570); Wenglorz, BB 2004, S. 1061 (1066). 293 Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (51); Dehmer, Der Konzern 2006, S. 805 (810).

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Teil 1: Harmonisierungsziele

I. Allgemeiner Harmonisierungsauftrag, Art. 50 AEUV Harmonisierung stellt das rechtstechnische Mittel des Europäischen Gesetzgebers zur Verwirklichung der im AEUV vorgeschriebenen Gemeinschaftsziele dar und bezeichnet losgelöst von ihrer Form und Intensität das Ersetzen von zumeist unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften durch eine von den Gemeinschaftsorganen angeordnete Regelung. Ziel der Gemeinschaft ist unter anderem die Errichtung und Sicherstellung eines funktionierenden Binnenmarktes, d. h. eines Wirtschaftsraumes ohne Binnengrenzen, in dem die Grundfreiheiten und mitunter die Niederlassungsfreiheit gemäß den Bestimmungen des Vertrages gewährleistet sind. Die Artt. 114, 115 AUEV ermächtigen den Europäischen Gesetzgeber zur Angleichung von Rechtsvorschriften, die die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben oder sich hierauf unmittelbar auswirken. Für die Angleichung von Rechtsvorschriften, die der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit betreffen, enthält Art. 50 AEUV eine spezielle Ermächtigungsgrundlage, auf deren Grundlage auch die VRL erlassen wurde. Die mit Art. 50 AEUV zu verwirklichenden Harmonisierungsziele bzw. der ihm zugrunde liegende Harmonisierungsauftrag bestimmt sich daher in erster Linie nach dem Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit (Harmonisierung i.e.S.). Da die Niederlassungsfreiheit aber zugleich einen wesentlichen Bestandteil des Binnenmarkts als übergeordneten Gemeinschaftsziels darstellt, ist Art. 50 AEUV ferner im Lichte des Binnenmarktkonzeptes, d. h. nach Maßgabe der an einen Binnenmarkt zu stellenden allgemeinen Bedingungen, weit auszulegen (Harmonisierung i.w.S.). Der Gewährleistungsinhalt der Niederlassungsfreiheit wurde durch die Rechtsprechung des EuGH von einem nur mittelbar geltenden (offenen) Diskriminierungsverbot auf ein unmittelbar geltendes Allgemeines Beschränkungsverbot erweitert. Zur Verwirklichung dieses Beschränkungsverbotes bedarf es wegen dessen unmittelbarer Geltung heute grundsätzlich keiner Harmonisierungsmaßnahmen mehr. Dies gilt über Art. 54 AEUV mittlerweile auch für Gesellschaften. Die Erweiterung der Rechtfertigungsgründe auf „zwingende Gründe des Allgemeinwohls“ hat allerdings zu einem erweiterten Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten geführt, die Niederlassungsfreiheit in gerechtfertigter Weise zu beschränken. Dies gilt insbesondere für identitätswahrende Wegzugsfälle, die zwar seit der Entscheidung National Grid Indus B.V grundsätzlich dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit unterfallen, diesbezügliche Beschränkungen jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind. Zu den anerkannten Allgemeininteressen zählt auch der Schutz von Minderheitsgesellschaftern. Dieser Gestaltungsspielraum führt nicht nur zu unterschiedlich hohen Schutzstandards, sondern sorgt insbesondere auch für Rechtsunsicherheit und damit verbundene Investitionsrisiken, die eine breitenwirksame und orientierungs-

D. Fazit: Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag

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bildende legislative Gesamtregelung zur Verwirklichung des Niederlassungsrechts erforderlich machen. Dieser Harmonisierungsauftrag ist um die Ziele eines gemeinschaftsweiten Binnenmarktes zu ergänzen. Ein funktionierender Binnenmarkt ist durch die Gewährleistung von Rahmenbedingungen geprägt, die es Unternehmen ermöglichen, nicht nur ungehindert, sondern auch auf einer rechtssicheren und rechtsklaren Grundlage so frei, das heißt ausschließlich auf Grundlage ökonomischer Faktoren auf dem gemeinschaftlichen Markt zu agieren, wie es ihnen im nationalen Markt möglich ist. Wettbewerbsverzerrende oder -verhindernde Rechtsunterschiede in der Gemeinschaft müssen hierfür beseitigt werden. Für den Harmonisierungsauftrag bedeutet dies, dass auch solche materiellen Hindernisse abzubauen sind, die einer idealen Bewegungsfreiheit der Unternehmen entgegenstehen, selbst wenn sie keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit begründen. Dem Harmonisierungsauftrag nach Art. 50 AEUV kommen damit die folgenden Aufgaben zu: *

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Koordination und Erleichterung der unmittelbar gewährleisteten Niederlassungsfreiheit durch den Abbau spezifischer Schranken zur Erreichung einheitlicher Schutzstandards; Abbau von über die spezifischen Schranken hinausgehenden Initiativhindernisse mit dem Ziel, Unternehmen eine Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, die von rein ökonomischen Faktoren getrieben und nicht durch rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten behindert wird; Schaffung von soliden Rechtsstrukturen und dadurch von Rechts- und Investitionssicherheit; Vorbeugung und Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen.

II. Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen bestanden vor Erlass der VRL insbesondere sachrechtliche und verfahrenstechnische Durchführungshindernisse. Das englische und deutsche Verschmelzungsrecht ließen ursprünglich beide keine Verschmelzungen mit ausländischen Gesellschaften zu. Nachdem der EuGH Beschränkungen der Hereinverschmelzungen für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit gehalten hat, mussten Mitgliedstaaten zwar Hineinverschmelzungen zulassen, soweit ihre Rechtsordnung innerstaatliche Verschmelzungen zuließ, ob dies aber auch für Herausverschmelzungen galt oder diese von der damals noch geltenden Bereichsausnahme bzw. der heutigen Rechtfertigungsmöglichkeit von

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Teil 1: Harmonisierungsziele

Wegzugsbeschränkungen erfasst waren, blieb weiterhin ungeklärt. Darüber hinaus verpflichtete die Niederlassungsfreiheit die Mitgliedstaaten nur zur Zulassung grenzüberschreitender Verschmelzungen, soweit ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften innerstaatliche Verschmelzungen für die einzelnen Gesellschaftsformen zuließen. Dies war durch die FRL jedoch nur für Aktiengesellschaften gemeinschaftsweit harmonisiert, so dass für alle anderen Gesellschaftsformen die Verschmelzungsfähigkeit ungewiss blieb. Eine weitere Rechtsunsicherheit folgte aus dem Umstand, dass der EuGH die Verweigerung grenzüberschreitender Verschmelzungen als Verstoß gegen das Allgemeine Beschränkungsverbot gewertet hatte und somit den Mitgliedstaaten die Berufung auf zwingende Gründe des Allgemeinwohls ermöglichte. Ferner existierte kein gemeinschaftsweit abgestimmtes Verfahrenswerk für grenzüberschreitende Verschmelzungen, so dass nur ein Rückgriff auf die Vorschriften über nationale Verschmelzungen verblieb. Da diese die Besonderheiten grenzüberschreitender Sachverhalte nicht berücksichtigten, ergaben sich vielfältige Verfahrenshindernisse. Diese ließen sich zwar in der Regel durch eine kumulative Anwendung der betroffenen Rechtsordnungen überwinden. Der damit verbundene Zeit- und Kostenaufwand war jedoch ebenso erheblich wie die damit einhergehende Rechtsunsicherheit. Insbesondere für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Aktiengesellschaften mit Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern, die im Fokus dieser Arbeit stehen, begründeten die Verfahrensunsicherheiten ein nicht hinnehmbares Anfechtungsrisiko, mit der Konsequenz, dass außerhalb von konzerninternen Sachverhalten von grenzüberschreitenden Verschmelzungen abgesehen wurde. Im Ergebnis ergeben sich für den Erlass der VRL somit folgende Harmonisierungsziele: *

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Ermöglichung von Herausverschmelzungen; Gemeinschaftsweite Anpassung der verschmelzungsfähigen Gesellschaftsformen; Einführung eines auf grenzüberschreitende Sachverhalte angepasstes Verschmelzungsverfahren zur Beseitigung von Verfahrensunsicherheiten und -hindernissen; Sicherstellung einheitlicher Schutzstandards, unter anderem auch in Hinsicht auf den Minderheitenschutz.

Auf der Grundlage von Art. 50 AEUV oblag dem Europäischen Gesetzgeber der Auftrag, diese Ziele mittels einer Richtlinie zu verwirklichen, wobei deren konkrete Ausgestaltung, insbesondere deren Harmonisierungsintensität294 grundsätzlich dem Ermessen des Europäischen Gesetzgebers vorbehalten ist. 294 Siehe zum Gestaltungsermessen des Europäischen Gesetzgebers: Wagner, Das Konzept der Mindestharmonisierung, S. 117, der sich für eine Ermächtigung zur vollständigen Har-

D. Fazit: Verschmelzungsspezifischer Harmonisierungsauftrag

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Wie der Europäische Gesetzgeber sein Ermessen im Rahmen der VRL ausgeübt hat und ob die vorstehend genannten Ziele damit erreicht wurden, stellt das wesentliche Untersuchungsziel dieser Arbeit dar. In Hinsicht auf den Minderheitenschutz (Zielvorgabe (4)) seien abschließend einige, konkretisierende Ergänzungen erlaubt. Der Minderheitenschutz ist als Teil des vorstehenden Harmonisierungsauftrags ausdrücklich in Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV verankert. Danach ist der Europäische Gesetzgeber im Rahmen der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit zur Koordinierung der Schutzbestimmungen von Gesellschaftern, mithin des Minderheitenschutzes, verpflichtet, um diese gleichwertig zu halten. Der Wortlaut des Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV („koordinieren“; „gleichwertig“) verdeutlicht, dass der Maßstab der Harmonisierung nicht auf eine Rechtsvereinheitlichung, sondern lediglich auf eine Rechtsangleichung gerichtet ist.295 Es fragt sich allerdings, welcher konkreter Vergleichsmaßstab für die Gleichwertigkeit der Schutzbestimmungen zugrunde zu legen ist. Art. 49 AEUV verpflichtet die Mitgliedstaaten grundsätzlich nur zur Gleichbehandlung von ausländischen und inländischen Sachverhalten. Mit anderen Worten muss ein Mitgliedstaat seine innerstaatlichen Vorschriften auf ausländische Gesellschaften ohne zusätzliche Einschränkungen anwenden. Dementsprechend ließe sich vertreten, dass der Maßstab der Gleichwertigkeit sich darauf reduziert, dass Gesellschaftern ausländischer Gesellschaften die gleiche rechtliche Sicherheit unter der Rechtsordnung des Gastlandes geboten wird wie dortigen Gesellschaftern entsprechender Struktur.296 Dieser Ansatz würde jedoch den an den Harmonisierungsauftrag zu stellenden Anforderungen und Zielen nicht gerecht werden. Denn Ziel ist es danach, die spezifischen Schranken und damit einhergehenden unterschiedlichen Schutzstandards, wie bspw. den Minderheitenschutz, abzubauen und alle Initiativhindernisse zu beseitigen, die der Bewegungsfreiheit von Unternehmen innerhalb des gemeinsamen Binnenmarktes entgegenstehen.297 Daraus folgt, dass auch solche Initiativhindernisse abzubauen sind, die sich aus der Andersartigkeit der einzelstaatlichen Schutzbestimmungen zugunsten der Gesellschafter ergeben.298 Denn ein zu großes Schutzgefälle zwischen den Schutzmonisierung ausspricht; a.A. Hennrichs, ZGR 1997, S. 66 (73), der dem Erforderlichkeitsprinzip des Art. 50 Abs. 2 lit. g) AEUV (ex. Art. 44 Abs. lit. g) EGV) die Anordnung einer Mindestharmonisierung entnimmt. 295 Mayson/French/Ryan, Rn. 1.5.3.1; Schwarze-Jung, Art. 50 AEUV, Rn. 14. 296 von der Groeben/Scharze-Troberg/Tiedje, Art. 44 EG, Rn. 27. 297 Vgl. die Ausführungen über die Konsequenzen der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 50 AEUV, Teil 1 B. I. 3. c). 298 Im Ergebnis auch: Streinz-Müller-Graff, Art. 50 AEUV, Rn. 17.

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Teil 1: Harmonisierungsziele

standards begründet zugleich ein Initiativhindernis für grenzüberschreitende Verschmelzungen. Mit Blick auf den Minderheitenschutz galt es daher, den Minderheitenschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen in einer Weise anzupassen, dass die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft unter der Rechtsordnung der ausländischen, übernehmenden Gesellschaft einen vergleichbaren Mindestschutz erfahren, wie nach ihrem bisherigen Gesellschaftsstatut. Für den Minderheitenschutz als wesentliches Harmonisierungsziel der VRL soll dies den Maßstab für den Rechtsvergleich dieser Arbeit bilden.

Teil 2

Grundlagen des Minderheitenschutzes Bevor jedoch in die rechtsvergleichende Untersuchung des Minderheitenschutzes bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen eingestiegen wird, soll zum besseren Verständnis ein kurzer Überblick über das deutsche und englische Rechtssystem mit Schwerpunkt auf das jeweilige zur Anwendung kommende Gesellschaftsrecht vorangestellt werden. Da die deutsche und englische Aktiengesellschaft das Bezugsobjekt des Rechtsvergleiches bilden, werden darüber hinaus deren jeweiligen Organisationsstrukturen gegenübergestellt, um deren Vergleichbarkeit zu überprüfen. Daran anschließend werden die in ihnen herrschenden Interessenkonflikte betrachtet, um anhand derer den Begriff des „Minderheitenschutzes“ terminologisch zu erläutern und dessen Notwendigkeit darzulegen. Abschließend werden die verschiedenen Rechtsinstrumente des Minderheitenschutzes kurz dargestellt, um im Zuge dessen ein für die nachfolgende Untersuchung sinnvolles Einordnungssystem zu finden.

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts Das englische und deutsche Rechtssystem unterscheiden sich historisch bedingt von Grund auf.

I. Deutsches Gesellschaftsrecht 1. Rechtsquellen und Gesetzessystematik Wie das gesamte deutsche Recht findet auch das Gesellschaftsrecht seine Grundlagen überwiegend im geschriebenen Recht. Allerdings existiert keine einheitliche Gesellschaftsrechtskodifikation, in der alle Gesellschaftsformen geregelt sind. Stattdessen finden die meisten Gesellschaften ihre Rechtsquellen in jeweils für sie gesondert normierten Gesetzen, wobei insbesondere im Bereich des Handelsrechts auch gemeinsame Regelungen vorgesehen sind und sich Überschneidungen zwischen den einzelnen Gesetzen ergeben können. Da alle Gesellschaftsformen privatrechtliche Organisationen bzw. Verbände darstellen, die durch Rechtsgeschäft

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

mit einem bestimmten Zweck gegründet werden1 und auch kooperative Verträge ohne organisationsrechtliche Merkmale erfassen, kommt ferner den Regelungen des Allgemeinen Bürgerlichen Rechts grundlegende Bedeutung zu.2 Für die Aktiengesellschaft ist vorrangig das Aktiengesetz3 (AktG) maßgebend. Diese Organisationsstatute werden durch eine Vielzahl von sachbezogenen Einzelgesetzen ergänzt. Für die hier im Fokus stehende börsennotierte Aktiengesellschaft seien beispielsweise genannt die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften wie das Börsengesetz (BörsG)4, das Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG)5 oder das für diese Arbeit vorrangige Umwandlungsgesetz (UmwG)6. Die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften werden in der folgenden Untersuchung allerdings weitestgehend außer Betracht gelassen. Die Rechtsprechung nimmt im deutschen Recht hingegen nur eine ergänzende oder korrigierende Funktion ein. Rechtsfortbildung ist insoweit nur zulässig, wo es um das Zuendedenken eines systematisch angelegten Gesetzestextes, den Abbau von Wertungswidersprüchen und die Ausfüllung von Lücken im unvollkommenen Normengefüge geht.7 Das Gewohnheitsrecht als von den Verkehrskreisen geschaffenes und durch Rechtsgeltungswillen in den Rang objektiven Rechts gehobenes Recht8 stellt in Deutschland zwar eine weitere Rechtsquelle dar, spielt aber im Gesellschafsrecht eine eher geringere Rolle, da gesellschaftsrechtliche Organisations- und Schuldverhältnisse kaum an Verkehrsusance anknüpfen.9 Schließlich unterliegt das Recht der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der europäischen Union den Angleichungs- und Koordinationsvorschriften der Europäischen Union. Neben den hier im Fokus stehenden Fusions- (,FRL‘)10 und Verschmelzungsrichtlinien (,VRL‘)11 sind für die nachfolgende Untersuchung die 1

Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 1. K. Schmidt, S. 4, 31. 3 Aktiengesetz v. 6. 9. 1965, BGBl. I S. 1089, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 20. 12. 2012, BGBl. I S. 2751. 4 Börsengesetz v. 16. 07. 2007, BGBl I S. 1330, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 6. 11. 2012, BGBl. I S. 2286. 5 Wertpapierhandelsgesetz vom 9. 9. 1998, BGBl. I S. 2708, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 5. 12. 2012, BGBl. I S. 2451. 6 Umwandlungsgesetz v. 28. 10. 1994, BGBl. I S. 3210; 1995 I S. 428, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 48 des Gesetzes v. 22. 12. 2011 BGBl. I S. 3044. 7 K. Schmidt, S. 32. 8 Brie, Die Lehre vom Gewohnheitsrecht, S. 18. 9 K. Schmidt, S. 31. 10 Richtlinie 78/855/EWG v. 9. 10. 1978, ABl. L 295/36, zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/63/EG v. 13. 11. 2007, ABl. L 300/47. 11 Richtlinie 2005/56/EG v. 26. 10. 2005, ABl. L 310/1, zuletzt geändert durch Richtlinie 2012/17/EG v. 13. 6. 2012, ABl. L 156/1. 2

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts

95

Publizitäts-,12 Kapital-13 und Aktionärsrichtlinie14 sowie die SE-Verordnung15 relevant. 2. Gesellschaftsformen in Deutschland Die Gründung von Gesellschaften in Deutschland unterliegt dem Prinzip der freien Rechtsformwahl. Danach können natürliche Personen je nach Bedürfnissen und Wünschen grundsätzlich16 frei wählen, welche der im Gesetz vorgesehenen Gesellschaftsformen sie für ihre Unternehmung für vorzugswürdig erachten.17 Ist eine bestimmte Gesellschaftsform gewählt, besteht hinsichtlich des jeweils unabdingbaren Gesellschaftsvertrags grundsätzlich das Prinzip der Vertragsfreiheit, die allerdings je nach Gesellschaftsform unterschiedlich weit reicht.18 Hinsichtlich der zulässigen Gesellschaftsformen differenziert das deutsche Recht grundsätzlich zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Von Personengesellschaften werden vorrangig19 erfasst, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (,GbR‘),20 die Offene Handelsgesellschaft (,OHG‘)21 und die Kommanditgesellschaft (,KG‘).22 Bei ihnen steht weniger das eingebrachte Kapital, sondern die Person des Gesellschafters im Vordergrund.23 Kapitalgesellschaften existieren in Deutschland eher in geringer Anzahl. Hauptsächlich sind hier die 12 Richtlinie 68/151/EWG v. 9. 3. 1968, ABl. L 65/8, zuletzt geändert durch Richtlinie 2003/ 58/EG, ABl. L 221/13 v. 4. 9. 2003. 13 Richtlinie 77/91/EG v. 13. 12. 1976, ABl. L 26/1, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/ 68/EG, ABl. L 264/32 v. 25. 9. 2006. 14 Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17 v. 14. 7. 2007. 15 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 v. 8. 10. 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. L 294/1 v. 10. 11. 2001, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1791/ 2006 v. 20. 11. 2006, ABl. L 363/1. 16 Eine Pflicht zu einer bestimmten Rechtsformwahl kann sich nur ausnahmsweise zum Schutz der Gläubiger oder des Publikums ergeben, vgl. K. Schmidt, S. 1296 ff. 17 Baumbach/Hopt-Hopt, Einl. § 105 HGB, Rn. 4. 18 Bei den Personengesellschaften ist sie grundsätzlich am weitesten gefasst, während die Aktiengesellschaft einer engeren Satzungsstrenge unterliegt, vgl. § 23 Abs. 5 AktG sowie die Ausführungen über die gesellschaftsrechtliche Verfassung der AG, S. 15. 19 Die stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB), die Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 PartGG); die Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung (VO über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessensvereinigung (EWIV), Abl. L 199 v. 31. 7. 1985) sowie die Partnerreederei (§§ 489 ff. HGB) bleiben aus Gründen der Übersichtlichkeit ebenso unberücksichtigt wie Vereine (§§ 21 ff. BGB), eingetragene Genossenschaften (§§ 1 ff. GenG) und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§§ 1 ff. VAG). 20 §§ 705 ff. BGB. 21 §§ 105 ff. HGB. 22 §§ 161 ff. HGB. 23 Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 3.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (,GmbH‘),24 die Aktiengesellschaft (,AG‘)25 und die eher selten gewählte Kommanditgesellschaft auf Aktie (KG.a.A.)26 zu verzeichnen. Zum anderen differenziert das Gesetz zwischen Gesellschaften, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (sog. Handelsgesellschaften) und denen, die rein bürgerlich-rechtlicher Natur sind. Die Handelsgesellschaften unterscheiden sich von letzteren insbesondere dadurch, dass auf sie das Sonderrecht für Kaufleute, das Handelsgesetzbuch (,HGB‘), zur Anwendung kommt. Bis auf die GbR sind alle oben genannten Gesellschaftsformen Handelsgesellschaften.

II. Englisches Gesellschaftsrecht 1. Rechtsquellen und Gesetzessystematik Das englische Rechtssystem unterscheidet sich von dem deutschen und wohl von den meisten europäischen Rechtssystemen in mehrfacher Hinsicht. a) Case Law und Statutory Law Während im deutschen Rechtssystem das Parlament die Gesetze vorgibt und die Gerichte lediglich nachfolgend schon vorhandene Gesetzestexte auf den jeweiligen Streitfall bezogen interpretieren und nur ausnahmsweise Regelungslücken ergänzen dürfen, kommt den englischen Richtern seit Jahrhunderten eine gesetzgeberische Kompetenz zu. Ihre Urteile haben Gesetzeskraft und werden in der Summe als sog. case law bezeichnet.27 Die Entwicklung des case law beruht auf dem Grundsatz, dass vorherige Entscheidungen eines Gerichts grundsätzlich präjudizielle Wirkung gegenüber anderen Gerichten entfalten, so dass sich nachfolgende Entscheidungen grundsätzlich an einer vorangegangenen zu orientieren haben. An bereits Entschiedenem ist demnach solange festzuhalten, wie das damals erkennende Gericht oder ein übergeordnetes Gericht die in Frage stehende Entscheidung nicht aufhebt (sog. Overruling). Entscheidungen des höchsten Gerichts, des heutigen Supreme Courts,28 binden alle Gerichte.29

24

§§ 1 ff. GmbHG. §§ 1 ff. AktG. 26 §§ 178 ff. AktG. 27 Elliott/Quinn, S. 22. 28 Das Supreme Court hat mit dem Constitutional Reform Act 2005 das House of Lords abgelöst. 29 Cassel and Co v. Broome (1972) A.C. 1136; Bernstorff, S. 10. 25

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts

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Die vom englischen Parlament erlassenen Gesetze (,statutory law‘) dienen hingegen häufig nur der Zusammenfassung und Ergänzung von etablierten Rechtsprechungsgrundsätzen30 sowie der Korrektur der richterlichen Gesetzesentwicklung, wo eine Fortentwicklung des Rechts durch die Gerichte nicht mehr möglich ist.31 Das statutorische Recht wird insofern auch als „Rechtsquelle zweiten Ranges“ bezeichnet.32 Dies erklärt auch, weshalb die englische Literatur sich überwiegend auf eine sachbezogene Zusammenfassung der Rechtsprechung beschränkt, ohne jedoch an ein bestimmtes Gesetz anzuknüpfen. Eine ausführliche Kommentierung zum kodifizierten Recht, wie sie in Deutschland vorherrschend ist, existiert nur sehr eingeschränkt. Der Companies Act 1985 (CA 1985) und insbesondere dessen vor kurzem in Kraft getretener Nachfolger, der Companies Act 2006, stellen insoweit ein Novum des englischen Gesellschaftsrechts dar, als erstmalig33 ein umfangreiches Regelungswerk in der englischen Rechtsgeschichte erlassen wurde, in dem derart viele wesentliche Rechtsprechungsgrundsätze kodifiziert wurden.34 Die gesetzgeberische Wirkung des case law bedeutet jedoch nicht, dass damit auch in hierarchischer Hinsicht ein Rollentausch zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung einhergeht. Das Parlament ist weiterhin der alleinige Gesetzgeber. Die von ihm erlassenen Gesetze genießen insoweit Vorrang vor allen anderen Rechtsquellen und können die Grundsätze der Rechtsprechung aufheben oder ändern.35 Zum Zwecke des besseren Verständnisses der im Verlauf dieser Arbeit verwendeten Gesetzesmaterialien ist ferner auf die verschiedenen Gesetzesarten des englischen Rechts hinzuweisen. Das statutorische Recht unterscheidet zwischen parlamentarischen (Act of Parliament) und nicht-parlamentarischen Gesetzen (delegated law). Erstere werden von dem englischen Parlament bestehend aus dem House of Comments und dem House of Lords erlassen und als sog. Acts bezeichnet. Sie dienen der abstrakt-generellen Regelung einer Sachmaterie und sind überwiegend darauf angelegt, einen allgemeinen Regelungsrahmen zu schaffen, den es im Einzelnen noch weiter auszugestalten gilt.36 Der CA 1985 und der CA 2006 stellen einen derartigen Akt dar und werden im weiteren Verlauf der Arbeit von gesteigerter Bedeutung sein. 30

v. Bernstorff, S. 11. Henrich/Huber, S. 11. 32 v. Bernstorff, S. 11. 33 Die vorherigen Companies Acts waren hinsichtlich ihres Umfangs und der Kodifizierung der Rechtsprechung nicht mit denen des CA 1985 und insbesondere nicht mit dem CA 2006 zu vergleichen. 34 Hannigan, Company Law, Rn. 2 – 10. 35 Elliott/Quinn, S. 26 f., 34. 36 Kelly/Slapper, Rn. 2.2.4. 31

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Die Ausgestaltung dieser Acts erfolgt zumeist durch sog. Statutory Instruments (,S.I.‘), die häufig die Bezeichnung Regulations tragen. Sie haben zwar die gleiche bindende Rechtswirkung wie die Parlamentsgesetze,37 werden aber nicht durch das Parlament, sondern durch einen von dem Parlament dazu ermächtigten Minister erlassen (delegated law).38 Ihnen kommt insofern überwiegend eine die allgemeine Gesetzgebung des Parlaments konkretisierende Funktion zu.39 Auf sie wird insbesondere in Sachbereichen zurückgegriffen, deren technischen und wirtschaftlichen Umstände sich schnell und häufig ändern. Die Gesetzgebungsgewalt des Ministeriums ist somit zwar in sachbezogener Hinsicht begrenzt, in hierachischer Hinsicht ermächtigt sie den jeweiligen Minister jedoch auch zur Änderung von parlamentarischer Gesetzgebung.40 Neben der Konkretisierung und Aktualisierung parlamentarischer Gesetze dient die delegierte Gesetzgebung gerade im Gesellschaftsrecht auch der Umsetzung europäischer Gesetzesvorgaben. Die VRL wurde dementsprechend durch den Secretary of State auf Grundlage der Ermächtigungen in section 2 (2) European Communities Act 1972 und sections 1102 (2), 1105 (2)(d), 1106 (2) CA 2006 in den Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 200741 umgesetzt.42 b) Common Law und Equity law Ein weiterer Unterschied folgt aus dem ehemals dualen Rechtssystem des englischen Rechts. Während im deutschen Recht das geschriebene (Bundes-)Recht mit den gewohnheitsrechtlichen Ergänzungen die einzige Rechtsquelle darstellt, existieren im englischen zwei nebeneinander stehende Rechtsquellen, nämlich das sog. Common Law und das sog. Equity Law. Aufgrund der Unvergleichbarkeit dieser Rechtssystematik und der uneinheitlich verwendeten Terminologie,43 soll eine historische Herleitung dem besseren Verständnis dienen. Das englische Königshaus ließ im 12. Jahrhundert erstmalig alle durch den Adel und die Kirche in den jeweiligen Grafschaften gesprochenen Rechtssätze und 37

Kelly/Slapper, Rn. 2.2.5. Zander, Law-Making Process, S. 108. 39 Mayson/French/Ryan, Rn. 15.1.2. 40 Gower/Davies, Principles of Company Law, R.3 – 5. 41 The Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. I. 2007 No. 2974. 42 Die CR 2007 stellen kein Umsetzungsgesetz, sondern ein den Vorschriften des UmwG vergleichbares eigenständiges Gesetz dar. 43 In der Literatur wird der Begriff des „Common Law“ in vielfältiger Weise verwendet, teilweise als Abgrenzung zu den Regeln des Equity Laws (vgl. Heinrich/Huber, S. 12) oder als Zusammenfassung des case laws in Abgrenzung zum geschriebenen Recht sowie als Abgrenzung zum regionalen Recht der Bundesländern oder gar als Bezeichnung des englischen Rechts in Abgrenzung zu anderen kontinentaleuropäischen Rechtssystemen (civil laws), Smith/ Keenan, S. 8. 38

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99

Handelsbräuche zu einem einheitlichen und landesweit geltenden Recht zusammenfassen. Die durch das Königreich reisenden Richter wandten diese schließlich vor Ort unter Berücksichtigung der örtlichen Bräuche an.44 Entschied ein Richter über ein neues Problem, so wurde diese Entscheidung zu einer neuen Regel, die auch von den anderen Richtern zu befolgen war.45 Ein landesweit geltendes Recht, das common law, war somit geschaffen. Dieses Rechtsystem wurde im späteren Verlauf durch sog. writs ergänzt. Sie stellten für bestimmte Sachverhalte vorformulierte königliche Befehle dar, die der Bürger in der königlichen Kanzlei (die späteren ,common courts‘) beantragen konnte und durch die die Gerichtsherren im Falle der Stattgabe zur Vollstreckung konkret bezeichneter Maßnahmen verpflichtet wurden.46 Damit waren also nicht nur Regeln für das gesamte Land, sondern auch spezielle Gerichtsverfahren geschaffen, die der Durchsetzung von Rechten dienten.47 Dieses common law System war aber durch die entscheidenden Nachteile geprägt, dass Rechte zum einen nicht durchgesetzt werden konnten, wenn für den streitigen Sachverhalt oder das Antragsbegehren kein geeignetes writ existierte.48 Zum anderen konnten auch keine besonderen Umstände wie Arglist des Handelnden berücksichtigt werden. Insofern bekam selbst der arglistig Handelnde Recht zugesprochen, wenn die Formel des writs passte.49 Diese Unvollständigkeit des common law Systems veranlasste zunehmend mehr Bürger sich direkt an den König zu wenden, dem als „fount of justice“ die oberste Rechtsprechung oblag und der nicht an die writs gebunden war.50 Mit Zunahme der Anträge seitens der Bürger leitete der König die Bitten an seinen Kanzler weiter. Als im Namen des Königs Handelnder war dieser mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, um Ungerechtigkeit zu verhindern, Regelungslücken des common law systems zu schließen und dort Schutz zu gewährleisten, wo das common law als unfair aufgefasst wurde.51 Ende des 14. Jahrhunderts wendeten sich Bürger zunehmend direkt an den Kanzler anstatt an die Common Law Courts. Zugleich begann dieser wiederum Entscheidungen nach eigenem Gerechtigkeitsempfinden als eigenständige Autorität und nicht mehr bloß als Vertreter des Königs zu fällen. Hatte er anfangs noch im Namen des Königs entschieden, ergingen seine Entscheidungen gegen Ende des 15. Jahrhunderts als selbstständiger Richter.52

44 45 46 47 48 49 50 51 52

Kelly/Slapper, S. 4; Smith/Keenan, S. 6. Smith/Keenan, S. 8. v. Bernstorff, S. 4. Elliott/Quinn, S. 98. Smith/Keenan, S. 9, Elliott/Quinn, S. 98. Heinrich/Huber, S. 15. Walker/Walker, S. 4; Elliott/Quinn, S. 98. Worthington, Equity, S. 8. Slapper/Kelly, S. 4.

100

Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Damit waren nicht nur das Recht des Equity, sondern auch ein neues Gericht, das sog. Court of Chancery geschaffen. Im Gegensatz zu den Common Law Courts war dieses an keine Regelungen gebunden und konnte dementsprechend Anhörungen der Kläger zulassen sowie Rechte durchsetzen und Anordnungen erlassen, die der Sachverhaltskonstellation im Einzelfall nach Gerechtigkeitsgesichtspunkten am besten gerecht wurden, vor den Common Law Courts aber nicht erstritten werden konnten oder zu ungerechten Ergebnissen führten.53 Mittels des Equity Verfahrens konnten schließlich auch Verfügungen (injunctions) erlangt werden, die in Verfahren, die in der gleichen Rechtssache vor den Common Law Courts rechtshängig waren, eingriffen. Wo das common law einem Kläger ein Recht zusprach, dessen Ausübung in den gegebenen Umständen des Einzelfalls aber „unfair“ gegenüber dem Beklagten wäre, konnte das Court of Chancery sogar dem Kläger unter Androhung einer Haftstrafe aufgeben, das Recht nicht auszuüben.54 Dieses duale, teils sich widersprechende Rechtssystem bestand bis Ende des 18. Jahrhunderts. In der bis heute fortgeltenden Grundsatzentscheidung in der Rechtssache „The Earl of Oxford’s Case“55 wurde schließlich entschieden, dass im Falle eines Konflikts von equity und common law dem ersten Vorrang einzuräumen ist, wenn das common law keinen ausreichenden Rechtsbehelf bereitstellt. Mit den Judicature Acts von 1873 – 1875 wurden schließlich auch die common law courts und das court of chancery zusammengeführt und alle Gerichte verpflichtet sowohl das common law als auch die Grundsätze des equity law zu berücksichtigen. Die bis dahin voneinander losgelösten Rechtssysteme sind somit seither zu einem Rechtssystem vereint, dennoch begründen sie bis heute zwei unterschiedliche Rechtsquellen mit eigenen Rechten (rights/equitable rights) und Rechtsmitteln (remedies/equitable remedies),56 die ineinander übergreifen können.57 Während sich das common law vor allem aus dem statutory und dem hierzu ergangenen case law zusammensetzt, kann eine konkrete Definition des equity law nicht gegeben werden, da deren Regeln in nahezu alle Sachbereiche des common law durch eine unüberschaubare Vielzahl von Sonderregeln einfließen.58 Die englische Literatur definiert equity law daher als: „… the body of rules, principles, and remedies which evolved from those that were initially developed and administered in the English High Court of Chancery before 1873.“59

In sachrechtlicher Hinsicht sind dies überwiegend Sonderregelungen im Eigentums- (property), Vertrags- (contract) und Deliktsrecht (tort) sowie das Recht der 53 54 55 56 57 58 59

Elliot/Quinn, S. 98; Slapper/Kelly, S. 4. Lyall, Introduction to British Law, S. 173. The Earl of Oxford’s Case in Chancery [1615] 21 E.R. 485 (487); Smith/Keenan, S. 11 f. Sims, English Law, S. 96. Walker/Walker, S. 7. Worthington, Equity, S. 17. Worthington, Equity, S. 20.

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts

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ungerechtfertigten Bereicherung (unjust enrichment), das Handelsrecht (trade) und das sog. trust law.60 In prozessualer Hinsicht sieht das common law vorrangig Rechtsmittel vor, die ausschließlich auf Geldersatz für entstandene Schäden gerichtet sind. Die sog. equitable remedies zeichnen sich hingegen durch einen den Richtern eingeräumten Ermessensspielraum aus. Die bekanntesten equitable remedies sind die specific performance (Anordnung zur Erfüllung des Vertrages), injunctions (Verfügungen gerichtet auf die Vornahme oder Unterlassung einer Handlung), die rescission (Vertragsaufhebung, bei der der Kläger so gestellt wird, wie er stünde, wenn er den Vertrag nie eingegangen wäre), Rectification (Vertragsanpassung, wenn das Dokument den Willen beider Parteien nicht wiederspiegelt).61 Schlussendlich enthält das Equity Law übergreifende Billigkeitsgrundsätze (maxims of equity), die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem deutschen Grundsatz von Treu und Glauben aufweisen, beispielsweise seien genannt: *

*

*

„He who seeks equity must do equity: A person will only be granted an equitable remedy if he is himself prepared to act fairly towards the other party“; „He who comes to equity must come with clean hands: The claimant must not be guilty of unconscionable conduct“; „Equity looks to the intent rather than the form: it will look at the substance rather than the form of transaction or arrangement to determine the intention of the parties“.62

Auf diese Grundsätze wird im Rahmen des englischen Minderheitenschutzes noch zurückzukommen sein. c) Sonstige Rechtsquellen Weitere Rechtsquellen bilden das dem deutschen Gewohnheitsrecht äquivalente Custom Law, die Regeln der Vernunft (reason) und die Gesetzgebung der Europäischen Union. Dem englischen Gewohnheitsrecht kommt allerdings noch geringere Bedeutung als dem deutschen Gewohnheitsrecht zu, da gewohnheitsrechtliche Bräuche zumeist von der Rechtsprechung aufgegriffen wurden und damit einenTeil des case laws darstellen.63 Die Regeln der Vernunft dienen wiederum der Schließung von Regelungslücken im case und statutory law, die entweder im Wege einer analogen Anwendung anderweitiger Normen oder insbesondere anhand der in der Rechtspre-

60 61 62 63

Blumenwitz, S. 15. Sims, English Law, S. 89, 90. Ausführlich dargestellt in Sims, English Law, S. 88 ff. Blumenwitz, S. 55.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

chung entwickelten Grundsätze von Rechtssicherheit und Gerechtigkeit erfolgt.64 Hinsichtlich des europäischen Rechts sind für diese Arbeit die bereits zum deutschen Recht genannten Richtlinien von Bedeutung.65 2. Gesellschaftsformen in England Vergleichbar zum deutschen Recht differenziert auch das englische Recht zwischen Personengesellschaften (,partnerships‘) und Kapitalgesellschaften (,companies‘). a) Personengesellschaften Personengesellschaften sind die partnership, die limited partnership und die limited liability partnership (,LLP‘). Sie bestehen aus mindestens zwei Personen, die gemeinsam eine Geschäftstätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausüben.66 Auf den Betrieb eines Handelsgewerbes kommt es hingegen nicht an. Ein Sonderrecht für Kaufleute wie das deutsche Handelsrecht ist dem englischen Recht insoweit fremd. Der partnership und der limited partnership sind gemeinsam, dass sie keine eigene Rechtspersönlichkeit aufweisen und somit keine juristischen Personen darstellen.67 Allerdings unterscheiden sie sich durch die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter sowie die Register- und Publizitätspflichten. In der partnership ist die Haftung der Gesellschafter unbeschränkt,68 zugleich besteht aber auch keine Registerpflicht hinsichtlich der Gesellschafter und der finanziellen Information.69 Insofern gewährt sie vollständige Anonymität. Vorschriften zur partnership sind im Partnership Act 1890 geregelt, allerdings können die meisten Vorschriften des Acts im Gesellschaftsvertrag (partnership agreement) überschrieben werden.70 Die limited partnership wird im Partnership Act 1907 geregelt und ist – abgesehen von ihrer fehlenden Rechtspersönlichkeit – vergleichbar mit der deutschen Kommanditgesellschaft. Die general partner haften unbeschränkt, die limited partner beschränkt auf ihre Einlage.71 Letztere müssen jedoch von jeglicher Geschäftsführung ausgeschlossen werden, andernfalls haften sie persönlich.72 Im Unterschied zur 64 65 66 67 68 69 70 71 72

v. Bernstorff, S. 14. Vgl. die Ausführungen über die Rechtsquellen in Deutschland, Teil 2 A. I. 1. Section 1 Partnership Act 1980. Section 4 (2) Partnership Act 1890, section 7 Partnership Act 1907. Section 9 Partnership Act 1890. Vgl. Section 2 Partnership Act 1890. Hannigan, Company Law, Rn. 1 – 16. Section 4 Partnership Act 1907. Section 6 Partnership Act 1907.

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partnership besteht eine Registerpflicht für die Gesellschafter beim Companies House, nicht jedoch für finanzielle Informationen.73 Die limited liability partnership (,LLP‘) ist hingegen eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit, die mit Eintragung in das Register (Companies House) ihre Rechtsfähigkeit erlangt.74 Sie wird überwiegend durch die Vorschriften des Limited Liability Partnerships Act 2000 und der Limited Liability Partnerships Regulations 200175 geregelt. Die LLP ist vor allem durch die Besonderheit geprägt, dass für ihre Verbindlichkeiten nur die Gesellschaft, nicht aber ihre Gesellschafter persönlich haften,76 obwohl die LLP über kein Grundkapital (share capital) verfügt.77 b) Kapitalgesellschaften Im Gegensatz zu den partnerships sind alle Kapitalgesellschaften (companies) juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit.78 Während jedoch im deutschen Recht ihre Vielfältigkeit eher begrenzt ist, weist das englische Recht mehrfache Differenzierungen auf. Zunächst wird hinsichtlich des Gründungsverfahrens unterschieden. Eine Kapitalgesellschaft kann durch Registrierung (registered companies) beim Register (Companies House), kraft Gesetzes (statutory companies) oder kraft Konzession der englischen Krone (chartered companies) zur Entstehung gelangen.79 Die Gründung kraft königlicher Konzession wird allerdings nur noch für nonprofit Organisationen, wie Universitäten oder öffentliche Rundfunk- und Fernsehanstalten verwendet. Gründungen kraft Gesetz (incorporation by Act of Parliament) beschränken sich ausschließlich auf Gesellschaften, die zwar kommerzielle Zwecken verfolgen, aber auf besondere gesetzliche Ermächtigungen und Rechte angewiesen sind. Diese sind vorrangig Unternehmen der Bahn, Wasser-, Strom- und Gasversorgung und werden nur noch selten verwendet.80 Die bei weitem gängigste Gesellschaftsgründung ist die durch Registrierung unter dem CA 2006. Zu diesen registered companies zählen alle Kapitalgesellschaften, die nach den Vorschriften des CA 2006 oder des CA 1985 geformt und registriert wurden.81 73 74 75 76 77 78 79 80 81

Section 8 Partnership Act 1907. Section 1 (2), 3 (4) Limited Liability Partnership Act 2000. S.I. 2001/1090 v. 19. 3. 2001. Section 1 (4) Limited Liability Partnership Act 2000. Hannigan, Company Law, Rn. 1 – 19. Section 16 (3) CA 2006; Salomon v. A. Salomon & Co. Ltd, [1897], A.C. 22, HL. Sims, English Law, S. 135. Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 1 – 26. Section 1 CA 2006.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Sie werden zunächst anhand ihrer Haftungsbeschränkung unterteilt, also danach ob ihre Mitglieder beschränkt (limited companies) oder unbeschränkt (unlimited companies) haften.82 Für die limited companies stellt der englische Gesetzgeber wiederum zwei verschiedene Haftungsvarianten zur Verfügung. Bei der company limited by shares ist die Haftung der Gesellschafter auf die Höhe ihrer Gesellschaftsanteile beschränkt,83 bei der company limited by guarantee verpflichten sich die Gesellschafter (nur) im Falle der Auflösung der Gesellschaft (winding-up) bis zu einem gewissen Betrag für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen. Im Insolvenzfall müssen sie dann die in dem Gesellschaftsvertrag (company’s memorandum) vereinbarten Kapitalbeträge der Gesellschaft zuführen.84 Da für diese jedoch keine Mindestbeträge im Gesetz vorgesehen sind85 und die Gesellschaft auch über kein eigenes Stamm- bzw. Grundkapital verfügt86 wird diese Gesellschaftsform nur für Wohltätigkeits- oder nicht kommerzielle Zwecke verwendet.87 Keinerlei Haftungsbeschränkung sieht die Form der unlimited company vor.88 Ferner unterscheidet der CA 2006 zwischen öffentlichen (public companies) und privaten Kapitalgesellschaften (private companies).89 Gemäß section 4 (1) (2) CA 2006 sind private companies alle companies, die nicht öffentliche sind. Öffentliche sind solche, deren Gründungszertifikat sie als eine solche ausweist und die die im CA 2006 vorgeschriebenen Zusatzanforderungen erfüllen. Im Gegensatz zu den private companies, die einen geschlossenen Gesellschafterkreis aufweisen und ihre Anteile oder andere Anleihen nicht am öffentlichen Markt anbieten dürfen, steht den öffentlichen Gesellschaften die Finanzierung über den Kapitalmarkt offen.90 Die public companies sind allerdings auf die Haftungsbeschränkung der limited by shares begrenzt. Die Registrierung einer public company als limited by guarantee ist seit 1980 nicht mehr möglich.91 Weitere Unterschiede ergeben sich vor allem im Hinblick auf die Kapitalaufbringung und -erhaltung sowie die Publizitätspflichten und Einhaltung von Kapitalmarktvorschriften,92 die hier jedoch nicht weiter vertieft werden sollen.

82

Section 3 CA 2006. Sections 3 (2), 5 CA 2006. 84 Sections 3 (3), 5 CA 2006. 85 Insofern wird in der Praxis regelmäßig nur ein symbolischer Wert von 1 Euro festgelegt, vgl. Mayson/French/Ryan, Rn. 2.3.2.1. 86 Section 5 (1) CA 2006. 87 Mayson/French/Ryan, Rn. 2.3.2.1. 88 Section 3 (4) CA 2006. 89 Section 4 CA 2006. 90 Sections 775 ff. CA 2006. 91 Section 4 (2), 5 CA 2006; vgl. ferner Griffin, Company Law, S. 39. 92 Insbesondere der Vorschriften des Financial Service and Markets Act 2000 (,FSMA‘). 83

A. Grundlagen des deutschen und englischen Gesellschaftsrechts

105

Für die registered companies ergeben sich somit fünf mögliche Gestaltungsformen: *

unlimited company,

*

private company limited by shares (,Ltd.‘),

*

public company limited by shares (,plc‘),

*

private company limited by guarantee,

*

private company unlimited. c) Andere Personenvereinigungen

Neben den partnerships und companies existiert in England noch eine Reihe von weiteren Personenvereinigungen, die hier nur der Vollständigkeit halber genannt werden sollen. Alle stellen Vereinigungen dar, die als Sonderform einem bestimmten Zweck zu dienen bestimmt sind. Hierzu zählen zunächst die Vereinigungen von Arbeitnehmern (trade union) und Arbeitgebern (employers association).93 Sie sind beide durch eine gewisse Teilrechtsfähigkeit gekennzeichnet,94 während Vereinigungen wie z. B. die building society95 oder die insurance companies96 über keine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfügen.97 Unincorporated associations sind dem deutschen Recht vergleichbare Vereine, die überwiegend im Sportbereich verwendet werden. Abschließend ist noch auf den Trust hinzuweisen. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsschöpfung des bereits beschriebenen Equity Law, bei dem der Treuhänder (trustee) das Vermögen des Begünstigten (beneficiary) verwaltet. Auch in dieser Konstellation entsteht allerdings keine eigene Rechtspersönlichkeit.98

III. Zwischenergebnis Im Ergebnis zeigt der rechtssystematische Vergleich, dass das deutsche und englische Rechtssystem sich in mehreren Aspekten unterscheiden. Im Vordergrund dürften die unterschiedlichen Funktionen der Rechtsprechung und des kodifizierten Rechts stehen. Während im deutschen Recht die Rechtsprechung nur eine ergänzende und interpretierende Rolle einnimmt, stellt sie im englischen Rechtssystem die vorrangige und gesetzgeberische Rechtsquelle dar. Allerdings kann der Gesetzes93 Beide geregelt im: Trade Union and Labour Regulations (Consolidation) Act 1992 (1992 c 52), (,TULR‘). 94 Sections 10, 127 TULR 1992. 95 Geregelt im: Building Societies Act 1986 – 1997 (1986 c 53), zitiert als BS Act 1986. 96 Geregelt im: Insurance Companies Act 1982 (1982 c 50), zitiert als: IC Act 1982. 97 Section 125 BS Act 1986; Section 100 (1) IC Act 1982. 98 EHWR-Ringe/Otte, Kap. V, Rn. 27.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

entwicklung in England, vor allem durch den Erlass des CA 2006, eine zunehmende Tendenz zur Gesetzeskodifizierung entnommen werden, die zumindest in Teilen auf die Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zurückzuführen sein dürfte. Der Erlass von nicht-parlamentarischen Gesetzen durch einen Minister ist für das deutsche Gesellschaftsrecht hingegen nicht vorgesehen und allenfalls aus dem öffentlichen Recht bekannt. Die Besonderheiten des equity law bzw. des ehemals dualen Rechtssystems finden in dem deutschen Grundsatz von Treu und Glauben ebenfalls nur eine teilweise Vergleichbarkeit. In Hinsicht auf die verschiedenen Gesellschaftsformen finden sich im Wesentlichen vergleichbare Strukturen. Beide Rechtssysteme unterscheiden zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, für die jeweils eigene Organisationsstatute existieren. Die englischen partnerships unterscheiden sich allerdings von den deutschen Personengesellschaften insbesondere durch die teilweise fehlende eigenständige Rechtsfähigkeit sowie im Falle der LLP durch die fehlende Einlagepflicht der Gesellschafter bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der Gesellschaft. Die Rechtsformen der englischen companies als Pendant zu den deutschen Kapitalgesellschaften sind zwar etwas vielfältiger, zumal dem deutschen Recht insbesondere eine Haftungsbeschränkung wie bei der company limited by guarantee oder der unlimited company fremd sind. Die private company limited by shares und public limited company dürften hingegen mit der deutschen GmbH und der Aktiengesellschaft vergleichbar sein. Inwiefern dies auf die public limited company (,plc.‘) und die Aktiengesellschaft (,AG‘) hinsichtlich ihrer Organisationsstrukturen zutrifft, ist Gegenstand des nachfolgenden Abschnitts.

B. Organisationsstrukturen der AG und der plc. I. Organisationsstruktur der deutschen AG Die deutsche Aktiengesellschaft wird in § 1 Abs. 1 AktG als eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit definiert, für deren Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen haftet und die über ein in Aktien zerlegtes Grundkapital verfügt. 1. Gründungsverfahren Ihre Gründung kann entweder durch Umwandlung einer bereits bestehenden Gesellschaft anderer Rechtsform99 oder im Wege der formgerechten Festlegung der 99 Die Umwandlung kann erfolgen im Wege der Verschmelzung (§§ 73 ff. UmwG), der Spaltung (§§ 141 ff. UmwG), des Formwechsels (§§ 190 ff. AktG) oder der Ausgliederung

B. Organisationsstrukturen der AG und der plc.

107

Satzung (originäre Gründung) durch eine oder mehrere Personen nach den Vorschriften des AktG erfolgen.100 Die originäre Gründung vollzieht sich im Wesentlichen in neun Schritten. Zunächst muss der oder müssen die Gründer101 die als Verfassung der Gesellschaft dienende Satzung notariell feststellen,102 die Übernahme der Aktien erklären und die ersten Organe (Aufsichtsrat und Vorstand) sowie den Abschlussprüfer bestellen.103 Nach Erbringung der erforderlichen Leistung104 auf ihre Einlagen verfassen sie zudem einen schriftlichen Gründungsbericht,105 der anschließend auch als Grundlage der von Aufsichtsrat und Vorstand vorzunehmenden Gründungsprüfung106 dient. Haben die Gründer zusammen mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat die Gesellschaft nach § 36 AktG zur Eintragung beim Registergericht angemeldet, prüft dieses die Ordnungsmäßigkeit der Errichtung, insbesondere der Erbringung der Mindesteinlagen, und trägt die Gesellschaft in das Register ein.107 Erst mit der Eintragung erwächst die errichtete Gesellschaft zur vollrechtsfähigen juristischen Person.108 Für Rechtsgeschäfte, die die Handelnden vor Eintragung im Namen der Gesellschaft abschließen, haften diese gemäß § 41 Abs. 1 AktG persönlich. 2. Gesellschaftsrechtliche Verfassung: (Satzungsstrenge) Die im ersten Schritt bei einem Notar festzustellende Satzung stellt in Deutschland gemäß § 2 AktG den Gesellschaftsvertrag dar und bildet somit die Verfassung der Gesellschaft.109 Ihr kommt insofern eine Doppelfunktion zu, als dass sie zum einen die schuldrechtliche Einigung zwischen den Gesellschaftern über die Gründung der Gesellschaft darstellt, mittels derer die Gesellschaft überhaupt zur Entstehung gelangt.110 Zum anderen bildet sie nach erfolgreicher Gründung eine von den Gründern losgelöste objektive Rechtsquelle, die das Verhältnis der Gesellschafter nach außen und (§§ 152 ff., 158 ff., 161 ff. UmwG). Von einer detaillierteren Darstellung der Umwandlungsgründung soll hier aber abgesehen werden. 100 §§ 2, 23 AktG. 101 § 28 AktG: Gründer sind die Aktionäre, die die Satzung feststellen, wobei das deutsche Aktiengesetz auch eine Einmann-AG zulässt, § 2 AktG. 102 §§ 2, 23 Abs. 1 AktG. 103 §§ 2, 29; 30 AktG. 104 Bei Bareinlagen ist mindestens 1/4 des geringsten Ausgabebetrages, bei Sacheinlagen ist die vollständige Einlage zu leisten, § 36a AktG. 105 § 32 AktG. 106 §§ 33, 34 AktG. 107 §§ 38, 39 AktG. 108 § 41 Abs. 1 S. 1 AktG. 109 BGH, BGHZ 21, 370 (374). 110 MünchKommAktG-Pentz, § 23 AktG, Rn. 10.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander sowie zwischen diesen und der Gesellschaft regelt.111 Auf Grund dieser Doppelfunktion wird der Rechtsnatur der Satzung auch eine Doppelnatur zugeschrieben, bei der es sich um einen Schuld- und Organisationsvertrag handelt.112 Da die Satzung auch das Verhältnis zwischen den Anteilseignern bestimmt und somit Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern haben kann, kommt der inhaltlichen Ausgestaltung der Satzung bzw. der diesbezüglichen Gestaltungsfreiheit Bedeutung für den hier relevanten Minderheitenschutz zu. Für die Errichtung der Satzung gibt § 23 AktG den Gründern einen Katalog von Mindestangaben vor, der durch einzelne gründungsbezogene Satzungsbestimmungen113 ergänzt wird. Vom Mindestinhalt des § 23 AktG werden insbesondere die Identität der Gründer, die auf sie entfallenen Anteile und auf diese geleisteten Beträge sowie die Höhe des Grundkapitals, deren Zerlegung in Stück- und Nennbetragsaktien und, wenn mehrere Gattungen bestehen, auch die Gattung der Aktien, die die Gründer übernehmen, erfasst.114 Die Höhe des Grundkapitals darf 50.000 Euro nicht unterschreiten.115 Zusätzlich muss die Satzung Angaben über die Zahl der Vorstandsmitglieder, die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft sowie den Gegenstand des Unternehmens enthalten. Letzterem kommt aus Sicht der Anteilsinhaber besondere Bedeutung zu, da mit Eingrenzung des Unternehmensgegenstands zugleich die Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes bestimmt wird.116 Als Beispiel für die gründungsbezogenen Satzungsbestimmungen sei insbesondere auf § 26 Abs. 1 AktG verwiesen, wonach die Satzung Angaben über einzelnen Aktionären eingeräumte Sondervorteile enthalten muss. Sondervorteile sind Mitgliedschaftsrechte, die einem Mitglied durch Satzung eingeräumt werden und die ihm eine ohne seine Zustimmung unentziehbare Vorzugsstellung einräumen.117 In Betracht kommen beispielsweise Vorzugsrechte bei der Gewinnbeteiligung, über § 131 AktG hinausgehende Informationsrechte oder das Entsendungsrecht i.S.v. § 101 Abs. 2 AktG.118

111

Henn/Frodermann/Jannot-Würz, Kap. 4 Rn. 14. Hüffer, § 23 AktG, Rn. 7; MünchKommAktG-Pentz, § 23 AktG, Rn. 10, 37; KölnerKommAktG-Arnold, § 23 AktG, Rn. 9. 113 §§ 26 Abs. 1, 2, 27 Abs. 1, 202, 205 AktG. 114 § 23 Abs. 1, 2 AktG, wobei zusätzlich zu den dort festgelegten Mindestangaben in der Praxis häufig Angaben zum „korporativen Leben“ der AG ergänzt werden, Henn/Frodermann/ Jannott-Würz, Kap. 3, Rn. 7. 115 § 7 AktG. 116 MünchKommAktG-Pentz, § 23 AktG, Rn. 78. 117 K. Schmidt, S. 558. 118 MünchKommAktG-Pentz, § 26 AktG, Rn. 11 f. 112

B. Organisationsstrukturen der AG und der plc.

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Insgesamt sind diese für die Eintragung zwingend in der Satzung anzugebenden Angaben aber auf wenige Bestimmungen beschränkt, so dass die Gesellschaftsverfassung einer AG grundsätzlich sehr knapp verfasst sein kann. Dies ist wiederum auf die umfassende Regelungsdichte im Gesetz zurückzuführen, deren Vorschriften das Innen- und Außenverhältnis der Gesellschaft meist detailliert regeln und von denen aufgrund der in § 23 Abs. 5 AktG enthaltenden Satzungsstrenge grundsätzlich nicht abgewichen werden darf. Abweichungen sind danach nur zulässig, wenn das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Selbst gesetzliche Regelungen ergänzende Bestimmungen sind in der Satzung nur soweit zulässig, wie keine abschließende Regelung vorliegt.119 Dies ist wiederum nur dann der Fall, wenn das AktG den Inhalt der ergänzenden Bestimmung gar nicht regelt oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar besteht, die Satzungsbestimmung diese aber im Sinne einer Erweiterung des geregelten Grundtatbestandes ergänzt.120 Aufgrund dieser engen Bindung an die umfassende Regelungsdichte des Gesetzes bedarf es in Deutschland für die Errichtung der Gesellschaftsverfassung keiner komplexen Satzung. Im Umkehrschluss ist aber auch der Gestaltungsspielraum für eigene, möglicherweise den Bedürfnissen der individuellen AG angepasste Regelungen sehr beschränkt, wodurch wiederum ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit für Minderheitsgesellschafter besteht. Im Falle von Fehlern in der Satzung, sei es durch mangelhafte, fehlende oder nichtige Bestimmungen, die Tatsachen oder Rechtsverhältnisse betreffen, die nach § 23 Abs. 2, 4 AktG bestimmt sein oder in das Handelsregister eingetragen werden müssen, hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen, § 38 Abs. 3 Nr. 1 AktG. 3. Kapitalverfassung der AG Das Grundkapital der deutschen Aktiengesellschaft, welches gemäß § 7 AktG 50.000 Euro nicht unterschreiten darf, umfasst die Summe der Nennwerte aller (emittierten) Aktien121 und bildet das Mindesthaftkapital der Gesellschaft.122 Es ist in Aktien zu zerlegen, wobei jede Aktie gemäß § 1 Abs. 2 AktG einen nach der Gesamtzahl aller ausgegebenen Aktien berechneten Bruchteil des Grundkapitals darstellt.

119

§ 23 Abs. 5 S. 2 AktG. Hüffer, § 23 AktG, Rn. 37. 121 Das Grundkapital ist abzugrenzen vom genehmigten Kapital i.S.d. § 202 AktG, welches nicht den Wert der ausgegebenen Aktien, sondern den Wert der noch auszugebenden Aktien beschreibt. Mit Emission der Aktien verringert sich also das genehmigte Kapital und erhöht sich das Grundkapital. 122 Raiser/Veil, § 8 Rn. 29. 120

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

a) Aktie als Bruchteil des Grundkapitals Der Bruchteil bestimmt sich wiederum danach, ob die Aktien als Nennwertaktie oder Stückaktie ausgegeben werden sollen, § 8 Abs. 1 AktG. Erstere lauten auf einen in Euro ausgedrückten Bruchteil des Grundkapitals, so dass der Bruchteil auf Grundlage des Nennwertes des Grundkapitals umzurechnen ist. Die Stückaktie verkörpert hingegen den nach der Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien auf sie entfallenen Anteil am Grundkapital. Sie lauten zwar auf keinen ziffernmäßig festgelegten Euro-Betrag wie die Nennwertaktie, ihnen kann aber ein rechnerischer bzw. fiktiver Nennbetrag zugeordnet werden.123 Der Anteil ergibt sich daher nicht aus der Urkunde, sondern kann nur anhand der aus der Satzung ersichtlichen Zahl aller ausgegebenen Stückaktien ausgerechnet werden.124 Hauptsächlich unterscheidet sie sich aber nur dadurch, dass auf der Urkunde kein Nennbetrag angegeben wird.125 In beiden Fällen müssen alle Aktien gleich hoch am Grundkapital beteiligt sein.126 Die Stückaktie hat jedoch die Vorteile, dass sie zum einen auch auf nicht ganze Euro Beträge lauten darf und zum anderen, dass durch eine Änderung der Aktienzahl im Rahmen von Kapitalmaßnahmen, die bestehende Aktienurkunden nicht unrichtig werden und somit eine Anpassung des Grundkapitals, z. B. durch Ausgabe neuer Aktien, nicht notwendig ist, sondern es ausreicht, die neue Aktienzahl in der Satzung zu bestimmen.127 In dieser ist nur die Anzahl der Stückaktien festzusetzen. Die Angabe des rechnerischen Anteils ist im Gegensatz zur Nennwertaktie nicht erforderlich, § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG. Für beide gilt dennoch ein Mindestbetrag, wonach der Nennwert und der auf die einzelne Stückaktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals den Wert von 1 Euro nicht unterschreiten dürfen.128 Bei Gründung einer AG muss ferner gewährleistet sein, dass das Grundkapital mit der Summe der auf die einzelnen Aktien zu leistenden Einlagen der Gründer (Ausgabebetrag) übereinstimmt. Insofern dürfen Aktien nicht für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag oder den auf die einzelnen Stückaktien entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals ausgegeben werden.129

123

Dies unterscheidet sie von den echten nennwertlosen sog. Quotenaktien, die keine Verbindung zum Grundkapital aufweisen und denen somit auch kein fiktiver Nennbetrag zugewiesen werden kann. Aus Art. 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie ergibt sich deren Unzulässigkeit, da diese Vorschriften einen rechnerischen Betrag der Aktie als Pendant zum Nennbetrag voraussetzen, vgl. Schmidt/Lutter-Ziemons, § 8 AktG, Rn. 3; Funke, AG 1997, S. 385 (386). 124 MünchKommAktG-Heider, § 8 AktG, Rn. 20, 25. 125 Funke, AG 1997, S. 385 (386). 126 § 8 Abs. 3 AktG. 127 § 207 Abs. 2 S. 2 AktG. 128 § 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 3 AktG. 129 § 9 Abs. 1 AktG.

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b) Aktie als Mitgliedschaft – Aktiengattungen Neben der Bezifferung des Bruchteils vom Grundkapital bezeichnet die Aktie zugleich die Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Mitgliedschaft ist die Summe aller mitgliedschaftlichen Pflichten und Rechte eines Aktionärs.130 Sie entsteht durch die Übernahmeerklärung des Zeichners und der Eintragung der Aktiengesellschaft (oder der Kapitalerhöhung) im Handelsregister.131 Die mit ihr verbundenen Rechte und Pflichten können insbesondere im Hinblick auf die Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens unterschiedlich ausgestaltet sein. Aktien mit den gleichen Rechten und Pflichten werden gemäß § 11 AktG zu Aktiengattungen zusammengefasst132 und sind als solche in der Satzung zu bestimmen.133 Gattungsbegründend wirkt jedes von der AG eingeräumte Mitgliedschaftsrecht sowie jede auferlegte oder suspendierte Mitgliedschaftspflicht, wenn sie nur einen Teil der Aktionäre betreffen.134 Die Gattungen können in der Satzung frei bestimmt werden. Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit sind nur das Gesetz und Wesen der AG.135 Vordergründige Festsetzungspunkte sind neben den in § 11 S. 1 AktG ausdrücklich genannten Beteiligungen am Gewinn- und Liquiditätserlös vor allem Bestimmungen hinsichtlich der Stimmrechte und Nebenleistungen i.S.d. § 55 AktG.136 Ihre Festsetzung bestimmt mitunter den innerorganisatorischen Charakter des Unternehmens. So gewährt grundsätzlich jede Aktie dem Aktionär eine Stimme in der Hauptversammlung.137 Das Gesetz gestattet aber auch die Ausgabe von stimmrechtslosen Aktien, sofern sie zum Ausgleich mit einem Vorzug bei der Gewinnverteilung ausgestattet sind.138 Letztere wird von Aktionären bevorzugt, die die Aktie als reine Kapitalanlage betrachten und anstelle einer (mittelbaren) Einflussnahme auf die Unternehmensführung nur die Dividende fokussieren (,Anlageaktionär‘) bzw. an der Börse auf Kursgewinne spekulieren (,Spekulationsaktionäre‘). Der Unternehmensaktionär will hingegen seine Rechte ausschöpfen und durch eine möglichst hohe Stimmrechtsmacht Einfluss auf das Unternehmen nehmen. Er würde daher Mehrstimm130 131 132 133 134 135 136 137 138

KölnKommAktG-Lutter/Drygala, Anh. § 68 AktG, Rn. 14. BGH, BGHZ 122, 180 (194) = NJW 1993, S. 1983 (1987). § 11 S. 2 AktG. § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG. MünchKommAktG-Heider, § 11 AktG, Rn. 27. GroßKommAktG-Brändel, § 11 AktG, Rn. 23. Schmidt/Lutter-Ziemons, § 11 AktG, Rn. 5. §§ 12 Abs. 1, 134 Abs. 1 AktG. §§ 12 Abs. 1 S. 2, 139 ff. AktG.

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rechtsaktien bevorzugen, die mehr Stimmrechte enthalten, als das Maß der Kapitalbeteiligung ihnen üblicherweise zukommen lassen würde.139 Sie sind in Deutschland allerdings seit Inkrafttreten des KonTraG140 nicht mehr zulässig, § 12 Abs. 2 AktG. Die Festlegung der Stimmrechte ist für die Organisationsverfassung der AG insoweit von Bedeutung, als dass der Anteil der stimmrechtslosen Vorzugsaktien das Potential der Einflussnahme der Aktionäre auf die Unternehmensleitung vorgibt. Je größer deren Anteil, desto geringer ist die Möglichkeit seitens der Aktionäre, Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen.141 c) Aktie als Verbriefung der Mitgliedschaft Eine dritte Bedeutung erlangt die Aktie als Urkunde, die die Mitgliedschaft an der Gesellschaft verbrieft.142 Da die Mitgliedschaft durch die Übernahmeerklärung und Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister entsteht, ist eine Verbriefung der Mitgliedschaft zunächst nicht zwingend und nur von deklaratorischem Charakter.143 Im Falle der Verbriefung muss aber in der Satzung festgelegt werden, ob die Aktien auf den Namen (,Namensaktie‘) oder auf den Inhaber (,Inhaberaktie‘) verbrieft werden soll,144 was wiederum Auswirkungen auf die Geltendmachung der Mitgliedschaft und auf die freie Übertragbarkeit der Aktie haben kann. Beide Verbriefungsarten stellen Wertpapiere dar, d. h. die Geltendmachung der Mitgliedschaftsrechte ist, sobald Aktienurkunden ausgegeben sind, an die Innehabung der Urkunde gebunden.145 Die Namensaktie stellt allerdings ein (geborgenes) Orderpapier146 dar, bei der für die Berechtigung aus dem Papier die Inhaberschaft am verbrieften Recht im Vordergrund steht, wohingegen die Inhaberaktie zu den Inhaberpapieren147 gehört, bei denen für die Berechtigung die Inhaberschaft des Papiers maßgebend ist. Folgt also bei Namensaktien das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier, verhält es sich bei den Inhaberaktien gerade umgekehrt. Die verbrieften Rechte kann bei der Namensaktie dementsprechend nur die auf der Aktienurkunde namentlich genannte

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Vgl. § 12 Abs. 2 a.F. AktG. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (,KonTraG‘) v. 27. 4. 1998. BGBl I S. 746. 141 Raiser/Veil, § 9 Rn. 6. 142 KölnKommAktG-Dauner-Lieb, § 10 AktG, Rn. 2. 143 BGHZ 122, 180 (194); OLG Celle, NZG 2005, S. 179 (180). 144 §§ 10 Abs. 1, 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG. 145 Bürgers/Körber-Westermann, § 10 AktG, Rn. 4. 146 Schmidt/Lutter-Ziemons, § 10 AktG, Rn. 7. 147 GroßKommAktG-Brändel, § 10 AktG, Rn. 25. 140

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Person geltend machen,148 bei der Inhaberaktie hingegen jeder, der im Besitz des Papiers ist, § 793 Abs. 1 BGB.149 Der Besitz des Papiers durch den darin Benannten bzw. bei Inhaberaktien durch den bloßen Inhaber begründet also die widerlegbare Vermutung der Inhaberschaft des Rechts gegenüber Dritten.150 Für Namensaktien sieht jedoch § 67 Abs. 1 S. 1 AktG eine Pflicht zur Registrierung des Aktionärs im Aktienregister vor. Weichen der auf dem Papier Bezeichnete und der im Register Eingetragene voneinander ab, gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur der Eingetragene als Aktionär.151 Insofern begründet die ordnungsgemäße Eintragung des Aktionärs eine unwiderlegbare Vermutung der Aktionärseigenschaft im Verhältnis zur AG, aufgrund derer ausschließlich der Eingetragene zur Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte befugt und zur Erfüllung der mitgliedschaftlichen Pflichten verpflichtet ist.152 Für Inhaberaktien besteht mangels Anwendbarkeit des § 67 AktG hingegen keine Registerpflicht, so dass die widerlegliche Vermutung der materiellen Berechtigung aus der Inhaberschaft auch gegenüber der Aktiengesellschaft gilt, § 1006 Abs. 1 S. 1, 3 BGB. Im Unterschied zur Namensaktie muss sie allerdings voll einbezahlt sein, § 10 Abs. 2 AktG. Sofern die Satzung eine entsprechende Regelung enthält, können beide Aktienarten auf Verlangen des Aktionärs in die andere umgewandelt werden.153 Im Regelfall werden bei börsennotierten Aktiengesellschaften allerdings nur noch eine oder mehrere Globalurkunde(n) ausgedruckt, bei der Wertpapiersammelbank „Clearstream Banking AG Frankfurt“ (,Clearstream‘) eingeliefert und im Effektengiroverkehr übertragen.154 Diese Globalurkunde verbrieft mehrere oder auch alle Mitgliedschaftsrechte einer Gesellschaft, die jede für sich in vertretbaren Aktienurkunden verbrieft sein könnten, § 9a DepotG155. Die einzelnen Aktionäre sind entsprechend ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung Miteigentümer nach Bruchteilen an der Globalurkunde derselben Art, § 6 Abs. 2 DepotG. Im Falle der Verwahrung durch Clearstream vermittelt sie den Besitz an die Depotbanken, und diese vermitteln wiederum den Besitz weiter an die Aktionäre, die sonach mittelbarer 148

Zöllner, Wertpapierrecht, S. 9, 13. Da Inhaberpapiere im Gegensatz zu Namensaktien nicht geregelt sind, finden auf sie grundsätzlich die Vorschriften der §§ 793 ff. BGB Anwendung, OLG Oldenburg, AG 2000, S. 367 (368); Hüffer, § 10 AktG, Rn. 4. 150 MünchKommAktG-Heider, § 10 AktG, Rn. 27, 35. 151 § 67 Abs. 2 S. 1AktG. 152 OLG Celle, AG 1984, S. 266 (268); BGH, WM 1994, S. 1521 (1522). 153 Vgl. § 24 AktG. 154 Groß, Kapitalmarktrecht, § 1 – 12 BörsZulV, Rn. 16. 155 Depotgesetz v. 11. Januar 1995 (BGBl. I S. 34), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes v. 31. 7. 2009 (BGBl. I S. 2512). 149

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Mitbesitzer zweiter Stufe sind. Die Aufschlüsselung des Aktienbestandes erfolgt in dematerialisierter, elektronischer Form durch Wertpapierkonten, die Clearstream als Wertpapiersammelbank für die Depotbanken führt, bei denen die Aktionäre ihrerseits Wertpapierkonten unterhalten. Diese dematerialisierte Verbriefung ist sowohl bei Namens- als auch bei Inhaberaktien möglich.156 In Deutschland wird überwiegend die Inhaberaktie bevorzugt. Obwohl die Namensaktie eine bessere Kenntnis des Aktionärskreises und bessere Pflege des Kontakts der Gesellschaft mit ihren Aktionären ermöglicht, werden in der Regel Inhaberaktie wegen ihrer erhöhten Verkehrsfähigkeit und den mit der Namensaktie verbundenen höheren Kosten ausgegeben.157 d) Übertragung der Aktie Hinsichtlich der Übertragung der Mitgliedschaft gelten sowohl für die unverbriefte als auch für die verbriefte Mitgliedschaft die Vorschriften der Abtretung i.S.d. §§ 413, 398 ff. BGB. Das Eigentum an der Urkunde bei der verbrieften Mitgliedschaft geht mit Abtretung nach § 952 Abs. 2, 1 BGB über. Einer Übergabe der Aktienurkunde bedarf es daher nicht.158 Die Inhaberaktie kann ferner nach den Vorschriften über die Übertragung von Eigentum an beweglichen Sachen i.S.d. §§ 929 ff. BGB durch Einigung und Übergabe der Urkunde bzw. Übergabesurrogats vollzogen werden.159 Bei Namensaktien ist hingegen eine wertpapierrechtliche Übertragung durch Indossament i.S.d. §§ 12, 13 und 16 WG160 möglich, d. h. durch einen schriftlichen Übertragungsvermerk auf der Aktienurkunde, der die Namen des Indossanten und Indossatars ausweist.161 Zusätzlich bedarf es der sachenrechtlichen Übereignung der (Aktien-)Urkunde durch Einigung (Behebungsvertrag) und Übergabe bzw. Übergabesurrogat nach §§ 929 ff. BGB.162 Im Falle der Ausstellung der Aktien als Globalurkunde genügt für das Indossament die Blankoform. Nach § 13 Abs. 2 S. 1 WG muss beim Blankoindossament der Indossatar nicht benannt werden und kann sogar in der bloßen Unterschrift des Indossanten bestehen. Sie können wie Inhaberaktien durch bloße Übereignung übertragen werden. 156

Schmidt/Lutter-Bezzenberger, § 68 AktG, Rn. 9, 11. GroßKommAktG-Brändel, § 10 AktG, Rn. 14. 158 Bürgers/Körber-Wieneke, § 68 AktG, Rn. 1 – 5. 159 Spindler/Stilz-Vatter, § 10 AktG, Rn. 55. 160 Wechselgesetz v. 21. 6. 1933, BGBl. I S. 866. 161 Bürgers/Körber-Wieneke, § 68 AktG, Rn. 3. 162 Mentz/Fröhling, NZG 2002, S. 201 (202); MünchKommAktG-Bayer, § 68 AktG, Rn. 3; KölnKommAktG-Lutter/Drygala, § 68 AktG, Rn. 7; GroßKommAktG-Brändel, § 10 AktG, Rn. 31, jeweils m.w.N. 157

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Für Aktien (beider Verbriefungsarten), die in einer Globalurkunde verkörpert sind, wird die Übertragung des Miteigentumsanteils ebenfalls nach den sachenrechtlichen Übereignungsregeln der §§ 929 ff. BGB konstruiert. Wird eine Aktie an einen anderen veräußert, melden die Depotbanken, die jeweils als Kommissionare der Beteiligten agieren, den Vorgang an Clearstream. Diese verbucht die Miteigentumsanteile vom Konto der Depotbank des Veräußerers ab und verbucht sie auf das Konto der Depotbank des Erwerbers. Die Besitzübergabe wird hierbei in einer Umstellung der Besitzmittlungsverhältnisse gesehen, also darin, dass Clearstream nunmehr für die Depotbank des Erwerbers besitzt, die dann ihrerseits dem Erwerber den Besitz vermittelt.163 Die Eintragung in das Aktienregister hat indes keine Auswirkungen auf die materielle Rechtslage, sondern nur Bedeutung im Verhältnis des Eingetragenen zur Gesellschaft, § 67 Abs. 2 AktG. Ihr gegenüber gilt der Eigentumsübergang bei Namensaktien erst im Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers im Aktienregister als vollzogen. e) Verfassungsrechtlicher Schutz Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Aktie als Gesamtheit aller Rechte und Pflichten des Aktionärs in Deutschland ein verfassungsrechtlicher Schutz nach Art. 14 GG zukommt.164 Gegenstand dieses verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes ist allerdings nicht die Aktie als wertpapierrechtlich verbriefter Anteil bzw. die zum Unternehmensvermögen gehörenden Sachen und Rechte, sondern die Mitgliedschaft mit ihren Mitgliedschaftsrechten als solche.165 4. Organisationsverfassung Das hervorstehende Merkmal der AG im Vergleich zu allen anderen deutschen Gesellschaftsformen ist die dreigliedrige Führungsorganisation, bestehend aus dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung. Das Verhältnis dieser Organe zueinander ist durch ein System strikter Kompetenzverteilung gekennzeichnet.166

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Schmidt/Lutter-Bezzenberger, § 68 AktG, Rn. 13. BVerfGE 50, 290 (342) (Mitbestimmung); BVerfGE 100, 289 (301 f.) (DAT/Altana); BVerfGE 25, 371 (407) (Rheinstahl); BVerfGE 14, 263 (276) (Feldmühle). 165 Münch.Hdb.GesR.IV-Wiesner, Kap. 1, § 12, Rn. 2. 166 Veranschaulichend, § 105 und § 111 Abs. 1 – 3 AktG, wonach eine Inkompatibilität der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat sichergestellt wird und dem Aufsichtsrat die Geschäftsführungsbefugnis untersagt wird. 164

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a) Vorstand Gemäß §§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 1 AktG vertritt und leitet der Vorstand die Gesellschaft in eigener Verantwortung, das heißt unabhängig von Weisungen der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats,167 wobei ihm nach der sog. business judgement rule ein unternehmerischer Ermessenspielraum zusteht.168 Darüber hinaus sieht das Gesetz eine klare Kompetenzverteilung zwischen der Leitungsmacht des Vorstandes und der Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung vor.169 Die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder erfolgt durch den Aufsichtsrat.170 Die Zusammensetzung des Vorstandes ist in der Satzung festzulegen171 und kann durch eine oder mehrere, jedoch nur natürlichen Personen erfolgen.172 Bei Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital über drei Millionen Euro sieht § 76 Abs. 2 S. 2 AktG eine doppelköpfige Besetzung vor, soweit die Satzung nicht ausdrücklich eine einköpfige Besetzung festlegt. b) Aufsichtsrat Dem Aufsichtsrat kommt eine Doppelfunktion zu. Zum einen bildet er das Kontrollorgan der AG, das die Geschäftsführung des Vorstandes überwacht.173 Zum anderen ist er Sitz der Arbeitnehmermitbestimmung. Seine Hauptaufgaben bestehen in der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder,174 der laufenden Überwachung der Geschäftsführung175 und der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern.176 Zur Geschäftsführung selbst ist er jedoch grundsätzlich nicht befugt. Ausnahmen vom Ausschluss der Geschäftsführung sieht das Gesetz nur in Einzelfällen vor.177 Gemäß § 95 AktG setzt sich der Aufsichtsrat aus mindestens drei Mitgliedern zusammen. Eine höhere Anzahl von Mitgliedern darf durch Satzung zwar vorgesehen werden, findet aber ihre Grenzen in den Höchstmitgliederzahlen i.S.d. § 95 Abs. 1 AktG, die sich wiederum nach der Höhe des Grundkapitals bestimmen und von 9 bis 21 Mitgliedern reichen. 167

Raiser/Veil, § 13 Rn. 10. BGHZ 135, 244. 169 Siehe S. 25. 170 § 84 AktG. 171 § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG. 172 § 76 Abs. 2, 3 S. 1 AktG. 173 § 111 Abs. 1 AktG. 174 § 84 AktG. 175 § 111 Abs. 1 AktG. 176 § 112 AktG. 177 Zum Beispiel bei der Mitwirkung der Feststellung des Jahresabschlusses gem. § 172 AktG oder bei zustimmungsbedürftigen Geschäften i.S.d. § 111 Abs. 4 AktG. 168

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Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder erfolgt grundsätzlich durch Beschluss der Hauptversammlung der Aktionäre. Inhabern von Namensaktien kann ferner in der Satzung mit Zustimmung der Gesellschaft das Recht eingeräumt werden, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Die personelle Besetzung der Aufsichtsratsplätze erfährt allerdings insofern strengere Vorgaben, als dass die Mitbestimmungsregelungen i.S.d. § 96 AktG zu beachten sind und entsprechend des einschlägigen Arbeitnehmermitbestimmungsgesetzes eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmervertretern einen Sitz im Aufsichtsrat zu erhalten haben.178 Gemäß § 105 AktG gilt auch für den Aufsichtsrat eine strikte Trennung der Mitglieder vom Vorstand und vom Aufsichtsrat. Danach dürfen Mitglieder des Aufsichtsrates nicht zeitgleich Mitglied des Vorstandes sein. c) Hauptversammlung Die vom Vorstand einzuberufende Hauptversammlung stellt den Ort der Ausübung der Aktionärsrechte dar und bildet als Versammlung das dritte Organ der deutschen Aktiengesellschaft.179 Ihre Organkompetenz übt sie durch Beschlussfassung aus, wenn ihr denn eine solche kraft Gesetz oder Satzung zu Teil wird.180 Hieraus folgt aber keine Allzuständigkeit bzw. kein Überordnungsverhältnis zur Geschäftsführung. Die Hauptversammlung ist ausdrücklich von der Geschäftsführung ausgenommen. Sie darf daher nur in den enumerativ vom Gesetz vorgesehenen Fällen Entscheidungen treffen, wenn nicht der Vorstand die Hauptversammlung aus eigener Initiative konsultiert.181 Die wichtigsten der Hauptversammlung zugewiesenen Entscheidungen betreffen die Wahl der durch die Aktionäre zu stellenden Aufsichtsratsmitglieder sowie die Entlastung des Aufsichtsrates und des Vorstandes (§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 3 AktG). Darüber hinaus fallen die sog. Grundlagenentscheidungen über Satzungsänderungen, Kapitalmaßnahmen, Auflösung (§ 119 Abs. 1 Nr. 5, 6, 8 AktG) und über die, für diese Arbeit relevanten Restrukturierungsmaßnahmen, wie Umwandlungen und Formwechsel, in die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung (§§ 13, 122g; 193 UmwG). Ebenfalls von Bedeutung ist die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns, die Wahl des Abschlussprüfers sowie die Bestellung von Sonderprüfern (119 Abs. 1 Nr. 2, 4, 7 AktG) und die Entscheidung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen i.S.v. § 147 AktG. Diese enumerativen Entscheidungskompetenzen wurden durch die Rechtsprechung des BGH grundlegend in der Rechtssache „Holzmüller“ dahingehend erweitert, dass diese im Rahmen von § 119 Abs. 2 AktG eine Verpflichtung des 178 179 180 181

§ 100 Abs. 1 und 2 AktG. § 118 Abs. 1 AktG. § 119 AktG. § 119 Abs. 1 und 2 AktG.

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Vorstandes anerkannte, Geschäftsführungsmaßnahmen, die mit besonders schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte der Aktionäre verbunden sind, der Hauptversammlung zu unterbreiten sind.182 Da die hier zur Untersuchung anstehende grenzüberschreitende Verschmelzung den gesetzlich normierten Entscheidungszuständigkeiten der Hauptversammlung angehört, soll auf diese ungeschriebene Zuständigkeit jedoch nicht weiter eingegangen werden. Schließlich können in der Satzung weitere Zuständigkeiten bestimmt werden, § 119 Abs. 1 AktG. Diese Satzungsautonomie findet jedoch ihre Schranke in § 23 Abs. 5 AktG, der nicht nur Abweichungen, sondern auch gesetzesergänzende Satzungsbestimmungen verbietet, soweit das AktG abschließende Regelungen enthält. Insofern ist auch die Kompetenzverteilung der Organe zwingend und kann nicht durch die Satzung geändert werden.183

II. Organisationsstruktur der englischen public limited company (,plc.‘) Die plc. ist nach englischem Recht ebenfalls eine eigenständige, von ihren Anteilseignern (shareholders/members)184 getrennte Rechtsperson (legal personality), für deren Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen gegenüber den Gläubigern und nicht die Anteilseigner haften.185 Wie dem englischen Recht in den meisten Fällen eigen, wurde auch dieser Grundsatz zunächst nicht durch das Gesetz, sondern durch die Rechtsprechung aufgestellt.186 1. Gründungsverfahren Vergleichbar zum deutschen Recht kann die Gründung einer public limited company ebenfalls im Wege des Formwechsels (Formation by Re-registration)187 einer bereits bestehenden private company oder im Wege einer originären Gründung (Formation by Registration)188 erfolgen. 182 BGHZ 83, 122 = NJW 1982, S. 1073 ff., bestätigt und fortgeführt in seiner „Gelatine“Entscheidung, BGHZ 159, S. 31 ff. 183 K. Schmidt, S. 839. 184 Die Begriffe „shareholder“ und „member“ werden im englischen Gesellschaftsrecht häufig synonym gebraucht. Eine gesetzliche Definition ist in dem CA 2006 auch weder für den einen noch für den anderen Begriff enthalten. Nach Dignam/Lowry, Company Law, S. 25, haben shareholders und members gemeinsam, dass beide Anteile an den Mitverwaltungs- und Vermögensrechten, wie z. B. Teilnahme-, Stimm- und Gewinnbeteiligungsrechte vermitteln. Shareholders halten aber im Gegensatz zu den members kein Anteil an dem Gesellschaftseigentum. 185 Vgl. Section 3 (2), 39 CA 2006. 186 Erstmals formuliert in: Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22, HL, 31 (51). 187 Sections 89 (a), 90 – 96 CA 2006. 188 Sections 7 ff. CA 2006.

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a) Re-registration Die Gründung einer public company im Wege der re-registration einer private company nach den Vorschriften der sections 90 – 96 CA 2006 ist die am häufigsten gewählte Gründungsform in England.189 Für eine re-registration bedarf es lediglich eines Gesellschafterbeschlusses der Anteilseigner,190 der Änderung des Namens und der articles of association sowie einer Anpassung an die Anforderungen der Vorschriften über das Stammkapital (share capital) von public companies.191 Sind alle Formalia formgerecht eingehalten, stellt das Handelsregister eine Bescheinigung über die Inkorporation als public company aus und trägt sie in das Register der Gesellschaft ein.192 Im Gegensatz zu den deutschen Umwandlungsmöglichkeiten, wonach nahezu jede Form von Personenvereinigungen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden kann,193 ist eine Re-registration nur für die private company limited by shares oder limited by guarantee und auch nur als Formwechsel vorgesehen.194 b) Registration Die originäre Gründung vollzieht sich im Wesentlichen in fünf Schritten. Im ersten Schritt sind die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen – bestehend aus dem memorandum und den articles of association – abzufassen. Sie werden nachstehend noch näher dargestellt. Im zweiten Schritt ist die Gesellschaft unter Beifügung des sog. ,statement of capital and initial shareholdings‘ und des sog. ,statement of proposed officers‘ beim Register anzumelden. Im statement of capital and initial shareholdings sind die Gesamtanzahl der von den Gründern übernommen Aktien (total numbers of shares) und deren jeweiliger Gesamtnennwert (aggregate nominal value) sowie die einzelnen Aktiengattungen (class of shares) mit der jeweiligen Aktienanzahl (numbers), dem jeweiligen Gesamtnennwert (aggregate nominal value) und die mit ihnen jeweils verbundenen Rechte (rights attached to shares) anzugeben. Ferner sind die auf die Einlage zu leistenden und nicht zu leistenden Beträge zu nennen.195 Im statement of proposed officers sind die Personen zu bezeichnen, die mit Eintragung der Gesellschaft das Amt des/der director(s) und des secretaries über189 190 191 192 193 194 195

Hannigan, Company Law, Rn. 1 – 52. Section 90 (1)(a) CA 2006, mit qualifizierter Mehrheit (75 %). Section 90 (2)(3) CA 2006. Section 96 CA 2006. Siehe bspw. §§ 3 Abs. 1, 124, 214, 225a UmwG. Sections 90 (1), 4 (1), 3 CA 2006. Section 10 (2) CA 2006.

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nehmen sollen. Diese Personen sind zugleich verpflichtet, die Übernahme des Amtes zu erklären.196 Im Fall von selbstgestalteten articles of association197 (,articles‘) muss zusätzlich eine Kopie der articles beigefügt werden.198 Der Pflichtinhalt der statements entspricht damit den Mindestangaben der deutschen Satzung. Im Unterschied zum deutschen Recht wurden sie allerdings aus der gesellschaftsvertraglichen Verfassung der Gesellschaft (memorandum und artilces) herausgenommen und in diese beiden eigenständigen, dem Antrag auf Eintragung lediglich beizufügenden Dokumente ausgegliedert.199 Sind alle Voraussetzungen erfüllt, trägt das Register im dritten Schritt die Gesellschaft ein und stellt als vierten Schritt das sog. Gründungszertifikat aus (certificate of incorporation), das die Gesellschaft für gegründet erklärt und den Namen, die Registernummer, das Gründungsdatum sowie Angaben über die Haftungsbegrenzung, die Form als public company und den Registerort enthält.200 Es dient in England als Beweis für die ordnungsgemäße Einhaltung der Gründungsvorschriften des CA 2006 und dafür, dass die Gesellschaft vollständig nach dem CA 2006 errichtet und eingetragen ist.201 Mit erfolgter Eintragung erwächst die Gesellschaft somit zur rechtsfähigen, eigenständigen Rechtsperson, die Anteile an dieser gehen auf die Gesellschafter über und die im statemenmt of proposed officers genannten Personen werden als Geschäftsführer ernannt (directors und secretary).202 Im Gegensatz zum deutschen Recht, ist es der Gesellschaft allerdings bis zum Erhalt des sog. trading certificate nicht gestattet, Geschäfte abzuwickeln (business) oder Kredite (borrowings) aufzunehmen.203 Dieses Zertifikat wird als fünfter Schritt auf Antrag der Gesellschaft ausgestellt, wenn das Register zur Überzeugung gelangt, dass der Nennwert des in Aktien zerlegten Grundkapitals (nominal value of company’s alloted share capital) nicht weniger ist als das genehmigte Mindestkapital

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Section 12 (1)(a) (c) (3) CA 2006. Vgl. die Ausführungen über die Organisationsverfassung der plc, Teil 2 B. II. 2. b). 198 Vgl. Section 9 CA 2006. 199 Die Übereinstimmung der offenlegungspflichtigen Angaben beruht auf den Vorgaben der ersten und zweiten Richtlinie, die im Rahmen der bezeichneten Vorschriften in England und Deutschland umgesetzt wurden, vgl. Art. 2, 3, 4 der zweiten Richtlinie 77/91/EWG v. 13. 12. 1976, ABl. EG Nr. L 26/1 v. 31. 1. 1977 und Art. 2, 3 der ersten Richtlinie 68/151/EWG v. 9. 3. 1968, ABl. EG Nr. L 65/8 v. 143.1968. 200 In England gibt es nur ein landesweit zuständiges Register, das house of companies, in dem alle in England und Wales registrierten companies einzutragen sind. Nord Irland und Schottland haben wiederum ein eigenständiges Register, section 15 (1)-(3) CA 2006. 201 Section 15 (4) CA 2006. 202 Section 16 CA 2006. 203 Section 761 (1) CA 2006. 197

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(authorised capital). Im Unterschied zum deutschen Mindestnennbetrag204 beträgt dieses in England 50.000 £ oder das in Euro lautende Äquivalent, s. 763 (1) (a) (b) CA 2006. Neben der Zusicherung der Einhaltung des genehmigten Kapitals sind in dem Antrag die vorläufigen Kosten der Gesellschaft und die den Gründern bezahlten oder zu zahlenden Beträge oder Leistungen anzugeben sowie ein sog. statement of compliance beizufügen, in dem die Einhaltung dieser Vorgaben seitens der Gesellschaft zugesichert wird.205 Nimmt die Gesellschaft schon vor Erhalt des Zertifikats die Geschäftstätigkeit auf, begründet dies eine Straftat seitens der Gesellschaft und jedes einzelnen directors.206 Die seitens der Gesellschaft eingegangenen Geschäftsabschlüsse sind zwar nicht unwirksam, werden die darin seitens der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten jedoch nicht innerhalb von 21 Tagen erfüllt, haften die directors für die dadurch der Vertragspartei entstandenen Schäden persönlich.207 c) Rechtsvergleich Die Gründung entspricht damit im Wesentlichen dem deutschen originären Gründungsverfahren. Dies ist wiederum auf die zweite Richtlinie208 zurückzuführen, mittels derer unter anderem die mitgliedstaatlichen Vorschriften über die Gründung von Aktiengesellschaften koordiniert wurden. Im Gegensatz zum deutschen Gründungsverfahren sieht das englische Recht zwar keine Gründungsprüfung durch den Aufsichtsrat vor. Dies ist jedoch auf die unterschiedlichen, noch darzulegende organschaftlichen Verfassungen der Gesellschaften zurückzuführen, so dass es bereits an einem vergleichbaren Maßstab fehlt. Aus der Auslagerung der für die Registeranmeldung vorgesehenen Satzungsmindestangaben in eine gesonderte Erklärung der Gründer folgt ebenfalls keine wesentliche Abweichung, da nach beiden Rechtsordnungen die Register im Falle von fehlenden Angaben die Eintragung der Gesellschaft verweigern. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die unterschiedliche Anknüpfung für die Rechtsfähigkeit und die Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Nach beiden Rechtsordnungen ist die Gesellschaft mit Eintragung rechtsfähig, im Gegensatz zum deutschen Recht, das mit der Eintragung auch die Geschäftsaufnahme erlaubt, knüpft der englische Gesetzgeber Letztere an den Erhalt eines Gewerbezertifikats an, das nur erteilt werden darf, wenn die Mindesteinlagen erbracht worden sind. Da dieser 204 Gemäß § 7 AktG beträgt der Mindestnennbetrag des Grundkapitals in Deutschland 50.000 Euro. 205 Section 762 (1), (2) CA 2006. 206 Section 767 (1), (2) CA 2006. 207 Section 767 (3) CA 2006. 208 Zweite Richtlinie 77/91/EWG v. 13. 12. 1976, ABl. EG Nr. L 26/1 v. 31. 1. 1977.

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Nachweis zugleich auch Voraussetzung für die Eintragung der deutschen AG ist, ergeben sich aus den unterschiedlichen Verfahrensformalitäten keine wesentlichen Unterschiede. 2. Gesellschaftsrechtliche Verfassung Im Unterschied zur deutschen Gesellschaftsverfassung sieht das englische Recht jedoch nicht die Abfassung von nur einem einzigen Gesellschaftsvertrag, sondern vielmehr von zwei selbständigen Urkunden vor, nämlich dem memorandum of association209 (,memorandum‘) und den articles of association (,articles‘).210 a) Memorandum, section 8 CA 2006 Ursprünglich, das heißt vor Erlass des CA 2006, stellte das memorandum das Kernstück der Gesellschaftsverfassung dar, das die Haupteigenschaften der Gesellschaft beinhaltete.211 Es betraf überwiegend das Außenverhältnis der Gesellschaft,212 wohingegen die articles vornehmlich Regelungen zum Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander bzw. der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft enthielten.213 Heute ist das memorandum nur noch ein kurzes Dokument von untergeordneter Bedeutung,214 in dem die Gründer lediglich erklären, dass sie eine public company gründen, und Anteile an dieser übernehmen. Statt einer notariellen Beurkundung, genügt hier das Ausfüllen und Unterschreiben des in den Companies (Registration) Regulations 2008215 vorgegebenen Formulars. In der englischen Praxis werden heute überwiegend sog. ready made companies von Gründungsagenten gegründet, die sie 209

Section 8 CA 2006. Sections 9 (5)(b), 17 ff. CA 2006. 211 Hannigan, Company Law, Rn. 1 – 23. 212 Die besondere Bedeutung des memorandum lag in dem dort gemäß section 35 CA 1985 anzugebenen Unternehmensgegenstand. Nach der sog. „ultra virus doctrine“ hatte eine company keine unbeschränkte Rechtsfähigkeit, sondern wurde in ihrem Umfang durch den im memorandum festgelegten Gegenstand bestimmt. Ein Geschäft, das von dem Unternehmensgegenstand nicht erfasst war, also ultra virus war, war demnach für die Gesellschaft nicht binden, da eben die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und nicht wie in Deutschland die Geschäftsführungsbefugnis des Organs diesbezüglich beschränkt war, vgl. Ashbury Railway Carriage and Iron Co. v. Riche, [1875] L.R. 7 H.L. 653 (670); Bell Houses Ltd v. City Wall Properties Ltd. [1966] 2 W.L.R., 1323. Mit der Reformierung des CA 1985 wurde die ultra virus doctrine aufgegeben. Gemäß section 39 (1), 40 (1) CA 2006 ist sowohl die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als auch die Vertretungsmacht der geschäftsführenden directors unbeschränkt. 213 Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law (1998), S. 63, 93; Sims, English Law, S. 136. 214 Pettet, Company Law, S. 47 f., Fn. 132; Bourne, Company Law, S. 50; Digman/Lowry, Company Law, S. 6. 215 Companies (Registration) Regulations 2008, (S.I. 2008/3014), abrufbar unter: http:// www.opsi.gov.uk/si/si2008/uksi_20083014_en_1. 210

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anschließend als bereits vollständig korporierte Gesellschaften veräußern.216 Die Angaben im memorandum über die Identität und Anteile der Gründer sind dementsprechend von geringem Wert. b) Articles of Association, sections 18 ff. CA 2006 In rein formaler Hinsicht verlangt das Gesetz zwar immer noch zwei Gründungsdokumente, in rein faktischer Hinsicht bilden die articles of association (,articles‘) aber heute das für die Gesellschaftsverfassung einzig relevante Dokument.217 Sie formen den Kern der organisatorischen Struktur der Gesellschaft218 und enthalten Bestimmungen, die die internen Angelegenheiten der Gesellschaft und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander regeln.219 Gemäß section 33 (1) CA 2006 binden die articles die Gesellschaft und Gesellschafter in gleicher Weise als hätten die Gesellschaft und die Gesellschafter jeder individuell eine Erklärung abgegeben, die darin aufgeführten Bestimmungen zu achten. Sie begründen daher einen Vertrag sowohl zwischen den Gesellschaftern untereinander als auch zwischen ihnen und der Gesellschaft,220 der mit Ausnahme zwingender Gesetzesvorgaben der Vertragsfreiheit unterfällt.221 Es ist den Gesellschaftern auch überlassen, von einer eigenen Gestaltung der articles abzusehen und auf die vom secretary of state erlassenen sog. model articles der Companies (Model Articles) Regulations 2008222 zurückzugreifen. Sie enthalten eine Mustersatzung, die die Vereinbarung der Gesellschafter ergänzen soll. Als dispositives Recht223 dürfen sie in den articles aber auch vollständig oder teilweise abbedungen224 und sogar modifiziert werden.225 Werden keine selbstgestalteten articles eingereicht oder fehlen diesen Bestimmungen, die in den model articles enthalten sind, gelten diese im ersten Fall unabdingbar, im letzteren Fall ergänzend, wenn deren Anwendung nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.226 216

Hannigan, Company Law, Rn. 1 – 20, 1 – 23. Bourne, Company Law, S. 5. 218 Dignam/Lowry, Company Law, S. 7. 219 Sheikh, A Guide, S. 221. 220 Wood v Odessa Waterworks Co (1889) 42 ChD 636 (642); Quin & Axtens Ltd v Salmon [1909] 1 Ch 311 (318); Union Music v Watson [2003] 1 B.C.L.C. 453 (460). 221 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 5, 16, 19. 222 The Companies (Model Articles) Regulations 2008 (S.I. 2008/3229). abrufbar unter: http://www.opsi.gov.uk/si/si2008/uksi_20083229_en_1. 223 Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law (1989), S. 117. 224 Section 19 (3) CA 2006. 225 Section 20 (1) (b), CA 2006; Gaiman v. National Association for Mental Health [1971] Ch 317, Hannigan, Company Law, Rn. 4 – 3; Sheikh, A Guide, S. 222. 226 Section 20 (1) (b) CA 2006 i.V.m. regulation 2.1 Explanatory Note to Companies (Module Articles) Regulations 2008. 217

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Wie in Deutschland dürfen die Bestimmungen der Satzung jedoch nicht den Vorschriften des CA 2006 oder denen anderer englischer Gesetze (common law) widersprechen, soweit diese zwingende Vorgaben enthalten.227 Im Falle dessen sind die widersprechenden Bestimmungen, nicht aber die articles im Ganzen, unwirksam.228 Das Gesetz beschränkt insoweit auch die Satzungsautonomie in England. Der Gestaltungsspielraum ist dennoch weitreichender, da das englische Gesetz weniger zwingende Rechtssätze über das Innenverhältnis enthält als das deutsche. Aufgrund der kleineren Regelungsdichte und des größeren Gestaltungsspielraum sind die articles in England ausführlicher und auch von größerer Bedeutung.229 c) Rechtsvergleich Die gesellschaftsrechtliche Verfassung der AG und der plc. sind jeweils durch die Satzung der Gesellschaft geprägt, der nach beiden Rechtsordnungen eine vertragliche Rechtsnatur zukommt. Ihre inhaltliche Ausgestaltung unterliegt jeweils der Vertragsautonomie, so dass die Gesellschaft die darin verankerten Rechte und Pflichten der Anteilseigner frei festlegen können. Nach beiden Rechtsordnungen gilt dies jedoch nur soweit, wie das Gesetz keine zwingenden Regelungen enthält. Da das deutsche Aktienrecht im Verhältnis zum CA 2006 eine höhere Regelungsdichte aufweist und zudem auch nur dann eine Abweichung zulässt, wenn dies in der betroffenen Vorschrift ausdrücklich zugelassen ist, verfügen englische Aktiengesellschaften über einen größeren Gestaltungsspielraum. Das deutsche Recht stellt ferner keine Mustersatzung wie die model articles zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der hohen Regelungsdichte des deutschen Aktienrechts und der damit sehr begrenzten Gestaltungsmöglichkeit wäre eine solche auch weitgehend überflüssig, da sie letztendlich nur das wiedergeben würde, was bereits aus dem Gesetz folgt. Anteilseigner einer deutschen Aktiengesellschaft, die im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung Aktionär der englischen plc. werden, müssten sich dementsprechend darauf einstellen, dass die mit der deutschen Satzungsstrenge einhergehende Rechtssicherheit durch die erweiterte Gestaltungsfreiheit der englischen Satzung aufgeweicht werden könnte. 3. Kapitalverfassung der plc. Im Unterschied zum deutschen Recht finden sich im englischen Recht und allgemeinen Sprachgebrauch viele unterschiedliche Bedeutungen für den Begriff 227

Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947 (952). Sheikh, A Guide, S. 222; Millett, The Encyclopaedia of Forms and Precedents (2009), Bd. 9, Rn. 1003. 229 Pennington, ZHR (1974), 342 (343). 228

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,share‘. Eine klare Abgrenzung im juristisch-technischen Sinne wie in Deutschland der Begriff der „Aktie“ ist hingegen nicht gegeben. a) Begriffliche Abgrenzungen In rein juristischer Sicht kommt die Übersetzung „Anteilsrecht“ dem Begriff ,share‘ am nächsten. Anteilsrechte sind jedoch nicht auf die public limited company beschränkt. So kann ein share an einer Vielzahl von Rechten gehalten werden, an Grundstücksrechten ebenso wie am Gesellschaftskapital (share capital), wobei sich in Bezug auf Gesellschaften die Verwendung des Begriffs nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt, sondern auf alle Gesellschaftsformen – sowohl der partnerships als auch der companies – erstreckt. Dementsprechend wird „share“ im CA 2006 explizit für den Anwendungsbereich des CA, der für alle companies gilt, eigens definiert als ,ein Anteilsrecht am share capital‘.230 Das sog. share capital umfasst aber alle monetären Leistungen, die die Gesellschafter für den Erwerb der Anteile (shares) an die Gesellschaft geleistet haben sowie die gesetzlich vorgesehenen Rücklagen.231 Dementsprechend wird nicht – wie beim deutschen Grundkapital – nur die Summe der Nennwerte aller ausgegebenen Aktien (nominal value of company’s alloted share capital/issued capital), sondern auch das auf die Aktie (share) gezahlte Aufgeld (share premium) erfasst, welches die Differenz (Agio) zwischen dem Nennwert und dem Ausgabebetrag der Aktie bildet. Es kann somit nicht mit dem deutschen Grundkapital verglichen werden. Die vielfach synonym verwendeten Bezeichnungen des authorised capital, nominal capital und registered capital entsprechen ebenfalls nicht dem deutschen Grundkapital, da sie den nominalen Gesamtwert aller Aktien erfassen, die die Gesellschaft ausgeben darf.232 Es entspricht insofern dem genehmigten Kapital der deutschen AG.233 Dem Grundkapital der AG vergleichbar ist das sog. alloted share capital oder issued capital, dessen Mindestnennbetrag (authorised minimum) 50.000 Pfund Sterling oder ein in Euro beziffertes Äquivalent nicht unterschreiten darf.234 Aufgrund des bisher stets höheren Wechselkurses des Sterlings, wird das in Euro zu beziffernde Äquivalent damit über 50.000,– Euro liegen.

230 Section 540 CA 2006: „… ,share‘, in relation to a company, means share in the company’s share capital.“ 231 Griffin, Company Law, S. 126, 127. 232 Mayson/French/Ryan, Rn. 6.3.5. 233 Vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung der deutschen AG, Teil 2 B. I. 3. a). 234 Section 761 (1), 763 (1) CA 2006.

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b) Aktie als Bruchteil des Grundkapitals Zusätzlich zur unterschiedlichen Höhe des Mindestnennbetrages unterscheidet sich das Grundkapital auch hinsichtlich dessen Zerlegung. Zum einen sieht das englische Recht keinen Mindestbetrag für Aktien vor, so dass es möglich ist, Aktien mit einem Nennwert von nur 1 pence auszugeben, solange deren Gesamtnennbetrag 50.000 Pfund erreicht.235 Zum anderen erlaubt das englische Recht keine Stückaktien (shares of no par value),236 sondern sieht lediglich die Form der Nennwertaktie vor.237 c) Aktie als Mitgliedschaft – Aktiengattung Hinsichtlich der Bedeutung des share als Mitgliedschaft differenziert die englische Rechtssprache zwischen membership und shareholding bzw. zwischen member und shareholder. Sie werden jedoch wie in Deutschland „in der Regel“238 synonym verwendet.239 aa) Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft erwirbt bei Gründung gemäß section 112 CA 2006, wer das memorandum unterschrieben hat, und die Gesellschaft in das Register eingetragen wurde. Die einzelnen Unterzeichner sind in das Mitgliederregister (register of members) einzutragen. Außerhalb der Gründung kann jede andere Person, die nicht Unterzeichner des memorandum ist, Mitglied (member) werden, wenn sie eine darauf gerichtete Willenserklärung abgegeben hat und ebenfalls in das Mitgliederregister eingetragen wurde.240 Die Registereintragung dient dabei als prima facie Beweis für alle Angelegenheiten, die nach dem CA 2006 eintragungspflichtig oder zur Eintragung frei gegeben sind, section 127 CA 2006. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass nur derjenige Mitglied (member) der Gesellschaft ist, der auch im register of members eingetragen ist bzw. auch derjenige

235

Vgl. Sections 542 (1), (3), 765 (1) CA 2006. Mayson/French/Ryan, Rn. 6.2.7. 237 Vgl. Sections 10, 542 (1) (2) CA 2006: „Shares in a limited company having a share capital must each have a fixed nominal value. An allotment of a share that does not have a fixed nominal value is void.“ 238 Abweichungen können sich in Bezug auf Inhaberaktien ergeben, siehe Teil 2 B. II. 3. d) bb). 239 Griffin, Company Law, S. 111. 240 Vgl. Section 112 CA 2006: (1) „The subscribers of a company’s memorandum are deemed to have agreed to become members of the company, and on its registration become members and must be entered as such in its register of members. (2) Every other person who agrees to become a member of a company, and whose name is entered in its register of members, is a member of the company.“ 236

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member sein kann, der eingetragen ist, aber keine Aktien hält.241 Fallen Eingetragener und Aktieninhaber auseinander, wird erstere als member und zweiter als shareholder bezeichnet. Die Differenzierung ist insbesondere für die Geltendmachung mitgliedschaftlicher Mitverwaltungsrechte der Aktionäre entscheidend, da der Großteil an die Mitgliedschaft (membership) und nicht an den Anteilsbesitz anknüpft.242 bb) Aktiengattungen/Classes of shares Die mit Eintragung in das register of members entstehende Mitgliedschaft kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Die mit ihr verbundenen Rechte und Restriktionen können grundsätzlich in den articles oder in gesonderten Vereinbarungen frei bestimmt werden, soweit sie mit einfacher Mehrheit festgelegt werden können.243 Variationen der class rights können sich insbesondere hinsichtlich der Dividendenausschüttung, der Stimmrechte und der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen bei Kapitalreduktionen sowie am Liquiditätserlös ergeben. Aktien, die über keine anderen als die gesetzlich vorgesehenen Rechte verfügen, werden als ordinary shares bezeichnet. Aktien, die zusätzliche oder von der Gesetzeslage abweichende Rechte in Bezug auf Zahlungen von Dividenden, Kapitalrückzahlungen oder Liquiditätserlöse aufweisen, sind sog. preference shares. In der Regel werden sie vor den ordinary shares bedient,244 sind aber zugleich in ihrem Stimmrecht auf Abstimmungen beschränkt, die ausschließlich ihre Rechte oder Dividendenausschüttungen betreffen.245 Ordinary shares tragen hingegen in der Regel eine Stimme per Aktie. Im Gegensatz zu Deutschland sind aber auch Mehrstimmrechte, bei denen auf eine Aktie mehrere Stimmen kommen, zulässig.246 Aktien mit gleichen Mitgliedschaftsrechten (class rights) werden zu einer Aktiengattung (class of shares) zusammengefasst.247

241 Re Nuneaton Borough Association Footbal Club Ltd [1989] B.C.L.C. 454, 5 BCC 377, Mayson/French/Ryan, Rn. 14.2. 242 Vgl. die Ausführungen über das Teilnahmerecht auf der Hauptversammlung in Teil 3 F. III. 3. b) – d). 243 Andrews v Gas Meter Co. [1897] 1 Ch 361 (371). 244 Griffin, Company Law, S. 117. 245 Hannigan, Company Law, Rn. 14 – 21. 246 Bushell v Faith [1969] 1 All E.R. 1002; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 23 – 10. 247 Section 629 (1) CA 2006: „For the purposes of the Companies Acts shares are of one class if the rights attached to them are in all respects uniform.“

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d) Aktie als Verbriefung/Verbriefungsarten Wie in Deutschland stellt die Aktie zugleich die Verbriefung der (mitgliedschaftlichen)248 Rechte und Pflichten dar249 und kann entweder als Inhaber- (bearer share/share warrant250) oder als Namensaktie (registered share) ausgegeben werden. Letztere ist im Mitgliederverzeichnis (members register) der Gesellschaft einzutragen.251 aa) Namensaktien (registered shares) Im Falle der registered shares erlangt deren Inhaber im zweistufigen Verfahren die Mitgliedschaft, erstere bildet die Übernahme der Aktie, zweite die Eintragung in das members’ register.252 Während die Übernahme der Aktie nur einen Anspruch auf Eintragung begründet, vermittelt die Eintragung dem Eingetragenen die Rechtsstellung als member.253 Registered shares können entweder in Papierform (certificated share) oder in dematerialisierter Form (uncertificated share) ausgegeben werden. Bei zertifizierten Aktien (certificates share) wird dem Aktionär zusätzlich zur Eintragung im register of members ein Aktienzertifikat (share certificate) in Papierform ausgehändigt. Die Urkunde dient allerdings nur als prima facie Beweis der Aktieninhaberschaft254, eine rechtsbegründende (constitutive) Funktion i.S.e. Rechtstitels kommt ihr im Verhältnis zur Gesellschaft nicht zu.255 Als Nachweis der Mitgliedschaft ist insofern auch hier ausschließlich die Eintragung im register of members maßgebend.256 Die dematerialisierte Form (uncertificated shares) entspricht dem deutschen Effektengiroverkehr, bei dem für jede Aktiengattung jeweils eine Globalurkunde bei der Wertpapiersammelbank hinterlegt wird, die Einzelaktie des Aktionärs einen Bruchteil (unit) dieser Aktie darstellt257 und die einzelnen Aktienbestände ausschließlich in elektronischer Form als Buchungseintrag in den Wertpapierkonten 248 Einschränkend gilt dies für die bearer shares, da das englische Recht für den Erwerb der mitgliedschaftlichen Rechte die Eintragung in das register of members voraussetzt, vgl. die Ausführungen in Teil 2 B. II. 3. c). 249 Pennington, Company Law, S. 339; Dignam/Lowry, Company Law, S. 27 („What is being traded is not a paper representation of a percentage of the assets of the company … but a bundle of rights …“). 250 Vgl. Sections 122, 779 ff. CA 2006. 251 Vgl. Sections 122 (1), 112, 113 (2) CA 2006; Griffin, Company Law, S. 111. 252 Section 112 (2) CA 2006; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 24 – 21. 253 National Westminister Bank Plc v IRC [1995] 1 A.C. 111 Rn. 126, HL.: „Allotment confers a right to be registered. Registration confers the [legal] title.“ 254 Section 768 (1) CA 2006. 255 Pennington, Company Law, S. 329. 256 Section 112 (2) CA 2006. 257 Mayson/French/Ryan, Rn. 8 – 2.

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einer Wertpapiersammelbank aufgeschlüsselt werden. Das Pendant zur deutschen Wertpapiersammelbank Clearstream ist in England die CRESTCo.LTd (,CREST‘). Für die hier relevante börsennotierte Gesellschaft (public listed company), deren Aktien an der London Stock Exchange (,LSE‘) gehandelt und ebenfalls bei CREST registriert und übertragen werden, ist die dematerialisierte Form zwingend.258 Inhaber von certificated shares werden im sog. operator register, Inhaber von uncertificated shares im issuer register eingetragen. Beide zusammen bilden das register of members. bb) Inhaberaktien (bearer share) Die sog. bearer shares oder share warrants sind mit der deutschen Inhaberaktie vergleichbar. Die Inhaberschaft der Aktienurkunde vermittelt dem Inhaber die materielle Berechtigung an den verbrieften Rechten, die Aktie ist frei übertragbar und darf wie in Deutschland nur ausgegeben werden, wenn die Einlage vollständig geleistet wurde, section 779 (1), (2) CA 2006. Sie kann ebenso in Form von certificated oder von uncertificated shares ausgegeben werden und ist mithin dem CREST System zugänglich.259 Der Inhaber der Aktie wird hingegen nicht namensmäßig im register of members geführt.260 Section 122 (1) (a) CA 2006 verlangt lediglich die Eintragung der Ausgabe; Angaben über die mit dem warrant verbundenen Aktien sowie die Aktiennummer und den Tag der Ausgabe. Allerdings wird der Inhaber von bearer shares aufgrund der fehlenden namensmäßigen Eintragung auch nicht als member anerkannt; er ist zwar shareholder aber kein member.261 Die bearer shares unterscheiden sich insoweit von der deutschen Inhaberaktie, bei der der Inhaber ebenso berechtigtes Mitglied wie der Inhaber von Namensaktie ist. Als Aktionär der deutschen AG stehen Inhabern von Inhaberaktien grundsätzlich alle mitgliedschaftlichen Rechte zu, soweit sie nicht durch die Satzung eingeschränkt sind. In England hingegen, verkörpert die Inhaberaktie bis auf das Recht an dem Anteil am Grundkapital keine mitgliedschaftlichen Rechte. Die Zulässigkeit deren Ausgabe und der Umfang der durch sie verbrieften Rechte hängen ausschließlich von dem Regelungsinhalt der articles ab.262 Danach ist es möglich, bearer shares aus258

Rule 6.1.23 – 6.1.24, Listing Rules 2008, abrufbar unter: http://fsahandbook.info/FSA/ html/handbook/LR/6/1; Rule 15 (1) (a) Uncertificated Securities Regulations 2001 (SI 2001/ 3755). Unlisted shares sind nicht an der Börse zum Handel zugelassen sind und werden am sog. Unlisted Securities Market (,U.S.M.‘) gehandelt. Für sie besteht ein Wahlrecht zwischen der Ausgabe von uncertificated und certificated shares. 259 Smith, Law of Assignment, Rn. 19.97, Fn. 88. 260 Section 554 (2) CA 2006. 261 Smith/Keenan, Company Law, S. 195. 262 Section 122 (3) CA 2006, Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 24 – 22; Smith/Keenan, Company Law, S. 195, 196.

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zugeben, die gar keine mitgliedschaftlichen Rechte verkörpern, die einzelne Rechte wie Dividendenansprüche zuweisen, oder solche, die sogar dem Inhaber eine ,teilweise‘ oder ,vollständige‘ Mitgliedschaft und den damit verbundenen gesetzlichen und vertraglichen Mitgliedschaftsrechten einräumen.263 Der Inhaber hat aber, soweit die articles dies nicht ausschließen, das Recht, den warrant an die Gesellschaft zurückzugeben und seine Eintragung als member im Register zu verlangen und somit die mitgliedschaftlichen Rechte zu erhalten, section 780 (1) CA 2007. Nicht zu verwechseln sind die share warrants mit den reinen warrants, die lediglich Optionsscheine sind und das Recht verkörpern, zu einem bestimmten Zeitpunkt und bestimmten Preis shares zu erwerben.264 Im Gegensatz zu bearer shares werden diese häufig ausgegeben. Während in Deutschland überwiegend die Inhaberaktie am Kapitalmarkt vorherrscht, wird in England fast ausschließlich auf die Namensaktie zurückgegriffen, so dass dort in der Regel alle Aktionäre namensmäßig bekannt sind und mithin eine erhöhte Transparenz der Aktionärsstruktur gegeben ist.265 e) Übertragung der Aktie Als Teil ihres persönlichen Eigentums dürfen Aktionäre nach englischem Recht grundsätzlich frei über ihre Anteile verfügen, soweit keine entgegenstehenden Beschränkungen266 in der Satzung enthalten sind.267 Fraglich ist allerdings, auf welcher Grundlage und nach welchem Verfahren die Anteilsübertragung erfolgt. aa) Übertragungsverfahren nach section 770 CA 2006 Section 770 CA 2006 sieht für die Übertragung von Anteilen verschiedene Verfahrensregeln vor, die zwischen der Übertragung von certificated und uncertificated shares, also von Aktienurkunden und dematerialisierten Aktien unterscheiden. (1) Übertragung von certificated shares nach section 770 (1) CA Die Übertragung von Aktienurkunden kann entweder nach section 770 (1)(a) oder (1)(b)(i) CA 2006 erfolgen. 263

Section 779 (1), (2) CA 2006. Section 779 (3) CA 2006; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 24 – 22; Fn. 119. 265 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 24 – 22. 266 Bspw. Vorkaufsrechte der Mitgesellschafter (pre-emptive right), vgl. Greenhalgh v Mallard [1947] 2 All E.R. 234 (237). 267 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 26. 264

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Eine Übertragung gemäß section 770 (1)(a) CA 2006 setzt die Vorlage einer ordnungsgemäßen Übertragungsurkunde (proper instrument of transfer) gegenüber der Gesellschaft voraus, aufgrund derer die Gesellschaft die Übertragung im register of members eintragen kann. Soweit in den articles keine gegensätzlichen Bestimmungen enthalten sind, genügt die Schriftform.268 Einer notariellen Beurkundung bedarf es nicht. Entscheidend ist nur, dass das Übertragungsdokument der Stempelsteuer (stamp duty) unterliegt.269 Dieses Übertragungsverfahren wird heute überwiegend nur noch bei nicht gelisteten Gesellschaften angewendet.270 Eine Übertragung gemäß section 770 (1) (b)(i) CA 2006 i.V.m. Schedule 1 des Stock Transfer Act 1982271 erfolgt auf der Grundlage eines vereinfachten Standardformulars, welches von dem Übertragenden unter Angabe der Übertragungseinzelheiten auszufüllen und dem Erwerber zusammen mit dem share certificate zu übergeben ist. Nach Erbringung der stamp duty legt dieser das Übertragungsformular und das share certificate der Gesellschaft zur Eintragung im register of members vor. Diese überprüft die Angabe und trägt den Erwerber in das Register ein, sofern keine Übertragungsrestriktionen in der Satzung entgegenstehen. Anschließend vernichtet sie das certificate und stellt dem Erwerber ein auf seinen Namen lautendes aus.272 Erst mit Eintragung gilt das Eigentum an der Aktie als übergegangen.273 (2) Übertragung von uncertificated shares Die Übertragung von uncertificated shares ist in section 770 (1)(b)(ii) CA 2006 i.V.m. den ,Uncertificated Securities Regulations 2001 (U.S.R.)‘274 geregelt. Danach bestimmt sich die Übertragung ausschließlich nach den Regeln des CREST Systems (relevant system).275 Voraussetzung für die Durchführung einer Aktienübertragung ist danach, dass Übertragender und Übernehmender einen Zugang zum CREST System haben. Dies sind jedoch in der Regel nur am Kapitalmarkt zugelassene Institute oder Händler 268

Gower/Davies, Company Law, Rn. 27 – 5. Re Paradise Motor Co.Ltd [1968] 2 All E.R. 625; [1968] 1 W.L.R. 1125, 1140; Mayson/ French/Ryan, Rn. 8.3.2. 270 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 27 – 5. 271 Stock Transfer Act 1982 (ch. 41). 272 Section 776 CA 2006. 273 Roots v Williamson (1888), 38 ChD 485 (495); Colonial Bank v Hepworth (1887) 36 ChD 36 (54), a.A. Pennington, Company Law, S. 354/355. 274 Uncertificated Securities Regulations 2001 (SI 2001/3755) v. 26. 11. 2001, abrufbar unter: www.opsi.gov.uk/si/si2001/20013755.htm. 275 Rule 14: „Where an Operator permits title to shares of a class in relation to which regulation 15 applies to be transferred by means of a relevant system … title to shares of that class which are recorded on an Operator register of members may be transferred by means of that relevant system.“ Rule 15: „This regulation applies to a class of shares if a company’s articles of association are in all respects consistent with the holding of shares of that class in uncertificated form …“. 269

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(broker). Sie handeln treuhänderisch im Namen des Übernehmenden bzw. im Namen des Übertragenden, indem sie auf Grundlage einer vertraglichen Abrede, die Transaktion für den Kunden durchführen.276 Sie instruieren das CREST System, die Übertragung der Aktie von einem Account zum nächsten durchzuführen. Nachdem das System die Richtigkeit der Angaben überprüft und die Kaufpreiszahlung auf dem Account des Übertragenden eingegangen ist, werden die übertragenden Aktien im Account des Erwerbers verbucht. Im Unterschied zu der Übertragung von certificated shares geht das Eigentum bereits im Zeitpunkt der Buchung der Transaktion im CREST-System auf den Erwerber über.277 Wie die Überschrift der section 770 CA 2006 („Registration of transfer“) bereits zu erkennen gibt, betreffen die vorstehenden Verfahren jedoch nur das Registrierungs- bzw. Legitimierungsverfahren gegenüber der Gesellschaft. Die Notwendigkeit für eine derartige Verfahrensregel und deren Differenzierung ergibt sich aus der bereits dargelegten Besonderheit, dass gegenüber der Gesellschaft nur solche Aktionäre als mitgliedschaftlich berechtigte members gelten, die sich ihr gegenüber als solche legitimiert haben. Eine Aussage hinsichtlich der rechtsdogmatischen Übertragungsgrundlage ist hieraus jedoch nicht zu entnehmen. bb) Rechtsdogmatische Grundlagen Die Übertragung von Aktien setzt sich im englischen Recht grundsätzlich aus zwei Elementen zusammen. Zunächst einigen sich der Verkäufer und der Käufer über die Einzelheiten der Aktienübertragung in einem Kaufvertrag (sale contract). Im zweiten Schritt wird die Transaktion durchgeführt (settlement), mittels derer der Käufer das Eigentum an den Aktien erwirbt.278 In der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Registrierung hält der Übertragende die Anteile als Treuhänder für den Erwerber.279 Hinsichtlich der Eigentumsübertragung bestimmt section 541 CA 2006, dass shares dem beweglichen Vermögen (personal property) und zwar den ,immateriellen Vermögenswerten,280 den sog. choses of action, angehören.281 Choses of action unterteilen sich wiederum in echte immaterielle Vermögenswerte (pure intangibles) und dokumentarisch unterlegte immaterielle Vermögenswerte (documentary intangibles). 276

Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 27 – 12. Morse, Charlesworth Company Law, S. 217. 278 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 27 – 2. 279 Smith/Keenan, Company Law, S. 207. 280 Choses of action werden in die deutsche Sprache mit vielen verschiedenen, in juristischer Hinsicht teils widersprechenden Begriffen übersetzt. Vgl. dazu nur: Romain/Bader/Byrd, S. 133; Merz, Langenscheidt, S. 141, The English Oxford Dictionary, Vol II C, S. 385, Zitierung: 1670, 1875; Dietl/Lorenz, S. 117. 281 Colonial Bank v Whinney [1886] 11 App Cas 426. 277

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Pure intangibles beschreiben Rechte an einer Sache, die zwar dokumentarisch verkörpert sein können, bei denen das Recht aber nicht durch das Papier vermittelt wird.282 Es stellt insofern keinen begebbaren Titel (negotiable instrument) dar.283 Die Übertragung von pure intangibles erfolgt in der Regel durch Abtretung (assignment).284 Documentary intagibles sind hingegen solche, bei denen das Papier das Recht verkörpert.285 Sie sind negotiabel und können somit durch die schlichte Übergabe des Papiers übertragen werden (delivery).286 Registered shares können zwar in Form einer Aktienurkunde ausgegeben werden (certificated form), selbst dann dient das Papier jedoch nur als prima-facie Beweis. Eine titelbegründende Funktion kommt ihr nicht zu,287 so dass sie der Gruppe der pure intangibles unterfallen288 und sich ihre Übertragung mithin nach den Regeln über die Abtretung (assignment) von Forderungsrechten richten müsste. Die Rechtsprechung verweist jedoch darauf, dass letztendlich nicht die shares, sondern die Beteiligung (interest) bestehend aus Rechten und Pflichten Gegenstand der Übertragung sind289 und sehen in der Übertragung von registered shares keine Abtretung, sondern eine Schuldumwandlung (novation),290 bei der die mitgliedschaftliche Rechtsbeziehung zwischen Übertragenden und der Gesellschaft aufgelöst und durch eine neue Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem Erwerber ersetzt wird.291 Inhaberaktien (bearer shares) begründen nach vorstehender Ausführung hingegen grundsätzlich keine mitgliedschaftliche Rechtsbeziehung zur Gesellschaft, sondern vermitteln dem Inhaber unmittelbar eine materielle Berechtigung aus dem

282

Smith, Law of Assignment, Rn. 2.23. Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 27 – 5. 284 Bridge, Personal Property Law, S. 110. 285 Lawson/Rudden, Law of Property, S. 31. 286 Smith, Law of Assignment, Rn. 2.24. 287 Micheler, J.B.L. 2002, S. 358. 288 Bridge, Personal Property Law, S. 4, 111. 289 Borland’s trustee v Steel Brothers and Co.Ltd [1901] 1 Ch 279: „A share is the interest of a shareholder in the company measured by a sum of money, for the purpose of liability in the first place, and of interest in the second … A share is not as sum of money … but is an interest measured by a sum of money and made up of various rights“. Auf diese Rechtsprechung Bezug nehmend: Commissioners of Inland Revenue v Crossman [1937] A.C. 26: „… It is the interest of a person in the company, that interest being composed of rights and obligations which are defined by the Companies Act and by the memorandum and articles of association of the company“. 290 Ashby v Blackwell (1965) 28 E.R. 913 (914), 2 Eden 299 (302); Simm v Anglo-American Telegraph Company (1879) 5 Q.B.D. 188 (204), Penninton, Company Law, S. 398/399, Micheler, J.B.L. 2002, S. 358; Benjamin, Interests in Securities, Rn. 3.05. 291 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 27 – 25, Fn. 14. 283

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Papier. Sie sind somit documentary intangibles,292 so dass ihre Übertragung durch die bloße Übergabe des Papiers (delivery) erfolgt.293 Einen verfassungsrechtlichen Schutz – wie er in Deutschland gewährleistet ist – kennt das englische Recht in Ermangelung einer grundgesetzlichen Verfassung allerdings nicht. f) Rechtsvergleich Die Kapitalverfassung der englischen plc. entspricht mit wenigen – aber nicht unproblematischen – Abweichungen der der deutschen AG. Das Mindestgrundkapital der englischen plc. (issued capital) ist mit 50.000 Sterling je nach Umrechnungskurs nur unwesentlich höher als das deutsche Mindestgrundkapital i.H.v. 50.000 Euro. Die englische Aktie stellt auch nach dem englischen Recht einen Bruchteil dieses Grundkapitals dar, wobei im Gegensatz zum deutschen Recht nur Nennwertaktien und keine Stückaktien zulässig sind. Dies hat den Nachteil, dass bei Kapitalmaßnahmen das Grundkapital stets angepasst werden muss. Darüber hinaus sieht das englische Recht nicht einen Mindestnennbetrag von 1 Euro, sondern lediglich von 1 pence vor. Diese beiden Unterschiede können den bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen erforderlichen Anteilsumtausch erschweren. Nach englischer Rechtsauffassung stellt die Aktie ebenfalls die Verbriefung der mitgliedschaftlichen Rechte dar, die sich wiederum aus der Satzung bzw. aus dem Gesetz ergeben. Wie bereits festgestellt, gewährt das englische Recht allerdings eine großzügigere Satzungsautonomie und ermöglicht somit eine freie Gestaltung der mitgliedschaftlichen Rechte, wie z. B. des Stimmrechts. Von besonderer Brisanz dürfte in diesem Zusammenhang die nach englischem Recht zulässige und nach deutschem Recht verbotene Gewährung von Mehrstimmrechten sein. Denn diese ermöglichen Aktionären, einen größeren Einfluss auf das Abstimmungsergebnis zu nehmen, als ihnen nach Anteilen zusteht und somit das Stimmrechtsverhältnis im Rahmen der Beschlussfassung zulasten von Minderheitsgesellschaftern zu verschieben. Des Weiteren steigern sie aus Sicht der Aktionäre einer deutschen übertragenden Gesellschaft die Gefahr einer Stimmrechtsverwässerung. Im Falle einer englischen übertragenden Gesellschaft wird sich die Frage stellen, wie der Verlust von Mehrstimmrechten auszugleichen ist. Hinsichtlich der Verbriefungsart sehen beide Rechtsordnungen sowohl Namensals auch Inhaberpapiere vor, die jeweils in Urkundenform oder dematerialisierter Form ausgegeben werden können. 292 293

Smith, Law of Assignment, Rn. 2.24. Vgl. Section 779 (2) CA 2006.

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Inhaber von Namensaktien sind nach beiden Rechtsordnungen in ein Aktionärsregister einzutragen und auch nur dann im Verhältnis zur Gesellschaft als mitgliedschaftliche Aktionäre legitimiert. Der damit einhergehende Vorteil eines transparenten Aktionärskreises besteht im Falle der Ausgabe von Inhaberaktien hingegen nicht, da sie nicht der Registerpflicht unterliegen. Nach deutschem Recht lässt die fehlende Registereintragung die mitgliedschaftliche Berechtigung allerdings unberührt, da diese auch im Verhältnis zur Gesellschaft unmittelbar aus dem Papier folgt. Nach englischem Recht stellt die Inhaberaktie zwar ebenfalls ein Inhaberpapier dar, bei dem die Berechtigung aus der Inhaberschaft des Papieres folgt. Dies gilt nach englischem Recht aber nicht für die mitgliedschaftlichen Rechte, wie das Stimmrecht. Das englische Recht unterscheidet in diesem Fall strikt zwischen mitgliedschaftlichen members und shareholders. Nur die im Register eingetragenen Aktionäre werden als members anerkannt. Da Inhaberaktien aber nicht zur Registrierung berechtigen, kommen ihnen grundsätzlich keine mitgliedschaftlichen Rechte zu, soweit ihnen in der Satzung nicht ausdrücklich welche gewährt werden. Da aber in England überwiegend Namens- und in Deutschland fast ausschließlich Inhaberaktien ausgegebenen werden, könnte dieser Rechtsunterschied bei einer Verschmelzung von einer AG auf eine plc. in zweierlei Hinsicht zu Problemen führen. Werden im Austausch für die deutschen Inhaberaktien englische Namensaktien gewährt, setzt dies die namensmäßige Kenntnis aller deutschen Aktieninhaber voraus. Da bei Inhaberaktien aber eben gerade kein Aktionärsregister geführt wird, dürfte die Ermittlung zumindest zu einem nicht unbedeutenden Mehraufwand führen und im Falle eines großen Streubesitzes fast unmöglich sein. Möglicherweise könnten für die nicht ermittelbaren Aktionäre oder sogar für alle deutschen Inhaberaktionäre alternativ auch englische Inhaberaktien ausgegeben und diesen in der englischen Satzung die gleichen mitgliedschaftlichen Rechte wie Namensaktien eingeräumt werden. Ob dies allerdings ohne weiteres möglich bzw. welche weiteren Probleme hiermit verbunden sein könnten, entzieht sich der Kenntnis des Verfassers. Sowohl in der englischen Literatur als auch in etwaigen Praxisberichten wurde dieses Problem bisher nicht aufgenommen. Hinsichtlich der Übertragbarkeit der Aktien ergeben sich hingegen keine bemerkenswerten Unterschiede. Sowohl Inhaber- als auch Namenspapiere sind frei übertragbar, soweit in der Satzung keine Einschränkung enthalten ist. Nach beiden Rechtsordnungen werden Namenspapiere im Wege der Abtretung und Inhaberpapiere durch bloße Übergabe übertragen, wobei die englische Rechtsprechung die Übertragung von Namensaktien als Novation bewertet. Bei dematerialisierten Aktien erfolgt die Übertragung im Wege der Umbuchung auf den Konten des jeweiligen Buchungssystems. Da in diesem Fall eine Abtretungsurkunde bzw. die Übergabe der Aktienurkunde entfällt, stellt dieses Verfahren das einfachste und im Übrigen auch das in England und Deutschland verbreitetste Verfahren dar. Vorbehaltlich etwaiger Übertragungsbeschränkungen in der Satzung ist englischen

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

und deutschen Aktionären die Veräußerung ihrer Anteile somit gleichermaßen unkompliziert möglich. 4. Organisationsverfassung Die Organisationsverfassung der englischen plc. unterscheidet sich von der deutschen AG bekanntermaßen vor allem durch ihre monoistische Struktur, zusammengesetzt aus dem board of directors und der Hauptversammlung (general meeting). Ein Überwachungsorgan wie den deutschen Aufsichtsrat kennt das englische Recht nicht. Ein Vergleich der englischen mit der deutschen Organisationsverfassung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass der CA 2006 nur wenige Bestimmungen hinsichtlich der Kompetenzverteilung in der plc. enthält und sie stattdessen der Gestaltungsfreiheit der Gesellschaft in den articles überlassen ist. Eine gewisse Standardisierung erhält sie zwar durch den ,Combined Code on Corporate Governance 2006‘294 (,Combined Code 2006‘), welcher Bestandteil der Listing Rules für börsennotierte Gesellschaften ist. Dieser hat allerdings keinen verbindlichen Gesetzescharakter. Börsennotierte Gesellschaften haben lediglich in ihrem Jahresabschluss anzugeben, welchen Vorschriften aus dem Combined Code sie gefolgt sind.295 a) Board of Directors Gemäß section 154 (2) CA 2006 müssen der plc. mindestens zwei directors vorstehen, die zusammen das board of directors (,board‘) bilden und von denen mindestens eine Person eine natürliche sein muss.296 Im Umkehrschluss kann somit auch eine juristische Personn dem board of directors angehören. Sofern die articles keine andere Bestimmung vorsehen, werden sie unmittelbar durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung (general meeting) ernannt297 und abberufen.298 Hinsichtlich der directors ist wiederum zwischen executive directors und nonexecutive directors zu unterscheiden. Erstere entsprechen den deutschen Vorstandsmitgliedern, die die Befugnis zu Geschäftsführung und Vertretung der Ge-

294 Combinded Code on Corporate Governance 2006, abrufbar unter: www.frc.org.uk/docu ments/pagemanager/frc/Combined%20Code%20June%202006.pdf. 295 Hannigan, Company Law, Rn. 5 – 10. 296 Section 155 (1) CA 2006. 297 Griffin, Company Law, S. 156. 298 Section 163 (1) CA 2006.

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sellschaft nach außen innehalten. Letzteren kommt heute299 überwiegend die Funktion eines „unabhängigen Garanten des öffentlichen Interesses“300 zu. In public limited companies übernehmen sie zum einen die generelle Managementpolitik und Strategieplanung, zum anderen überwachen sie die Leistungen der executive directors.301 Dementsprechend können sie ,im Ansatz‘ mit dem deutschen Aufsichtsrat verglichen werden. Im Ansatz insofern, als dass ihre Ernennung weder gesetzlich zwingend, noch eine personelle oder fachliche Kompetenztrennung wie zwischen Aufsichtsrat und Vorstand vorgesehen ist. Zur ordnungsgemäßen Überwachung werden sie allerdings durch die Haftungsgrundsätze für directors angehalten,302 die teilweise auch auf sie Anwendung finden.303 Dem deutschen Vorstandsvorsitzenden vergleichbar ist der company chairman. Er wird in der Regel als non-executive director304 vom board ernannt und übernimmt dessen Leitung.305 In Hinsicht auf die Leitungsmacht des boards bzw. die Kompetenzverteilung zwischen diesem und der Hauptversammlung enthält das Gesetz – von wenigen Ausnahmen306 abgesehen – keine eindeutige Abgrenzung. In section 250 CA 2006 werden directors nur abstrakt definiert als: „any person occupying the position of director, by whatever name called“.

Auch im Combined Code heißt es lediglich: „Every company should be headed by an effective board, which is collectively responsible for the success of the company“.

In Abgrenzung zum deutschen Recht, das eine klare Kompetenzzuordnung und -trennung zwischen Vorstand und Hauptversammlung per Gesetz vorsieht, ist die Machtverteilung daher den Aktionären bei der Festlegung der articles überlassen. 299 Ursprünglich diente ein non-executive director als Übergangsdirektor, der für eine in den articles bestimmte Zeit, die Geschäfte der Gesellschaft vorübergehend leiten konnte und ansonsten lediglich an den board meetings auf Veranlassung des CEO teilnahm, Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 14 – 75. 300 Griffin, Company Law, S. 158. 301 Dies findet auch Ausdruck in section A.1 und A.4 (Supporting Principle) des UK Corporate Governance Code sowie in: Re Kaytech International plc, Secretary of State for Trade and Industry v Kaczer [1999] 2 B.C.L.C. 351, S. 407; Re Continental Assurance Co of London plc [2007] B.C.L.C. 287, 433 (434). 302 Vgl. Part 10 CA 2006. 303 Griffin, Company Law, S. 158. 304 Hannigan; Company Law, Rn. 5 – 18 ff. 305 Vgl. Section A.2 (Supporting Principle) des UK Corporate Governance Code. 306 Der CA 2006 sieht vereinzelt Funktionen vor, die ausschließlich von den directors auszuführen sind. Sie erstrecken sich überwiegend auf administrative Aufgaben, wie z. B. die Erstellung des Jahresabschlusses, die Berichterstattung sowie die allgemeine Verwaltung der Gesellschaft, vgl. Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 14 – 21.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Auch hier zeigt sich wieder einmal die weitreichende Satzungsautonomie des englischen Rechts. b) Company’s Secretary Eine dem deutschen Recht völlig fremde Einrichtung stellt hingegen der sog. company’s secretary dar. Gemäß section 271 CA 2006 muss jede public company einen secretary durch ihre directors bestellen und in das register of secretaries eintragen. Secretaries sind natürliche Personen, die eine juristische Ausbildung absolviert haben und einem der in section 273 (3) CA 2006 aufgelisteten Verbände angehören.307 Sie nehmen überwiegend administrative Funktionen wahr, insbesondere stellen sie die Einhaltung aller Veröffentlichungs- und Informationspflichten des CA 2006 sowie die der Verfahrensbestimmungen des board aus den articles sicher.308 Insofern kann ein Vergleich zum deutschen Aufsichtsrat gezogen werden, allerdings nur hinsichtlich einer teilweisen Vergleichbarkeit der Aufgaben, nicht jedoch hinsichtlich der Unabhängigkeit der „Organe“, da der secretary eben nicht von den shareholders, sondern von den directors selbst ernannt wird und dessen Aufgaben von diesen vorgegeben werden. c) General Meeting Ebenso wie in Deutschland bildet die Hauptversammlung (,general meeting‘) das Forum der Aktionäre. Wie bereits angedeutet, erfolgt die Kompetenzordnung zwischen dem general meeting und dem board jedoch nicht primär kraft Gesetz wie in Deutschland, sondern grundsätzlich durch die articles, die wiederum durch das general meeting festgesetzt werden. Sie stellen einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen den shareholders und dem board dar, im Rahmen dessen das Verhältnis zwischen diesen beiden von den shareholders festgelegt wird.309 Bis auf wenige gesetzliche Ausnahmen, können die Aktionäre daher den auf das board zu übertragenden Umfang der Leitungsmacht frei gestalten,310 so dass von Gesetzes wegen die Aktionäre im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen und über weitreichende Möglichkeiten verfügen, sich Zustimmungsoder Entscheidungsvorbehalte einzuräumen. Dort wo sie die Entscheidungskompetenz aber auf das board übertragen haben, bleibt ihnen ohne Satzungsänderung die Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung verwehrt.311 Handlungsanweisungen 307

Section 273 (2)(c), (3) CA 2006. Vgl. Section A 1.4. (Supporting Principle) des UK Corporate Governance Code; Mayson/French/Ryan, Rn. 17.3.1; 17.3.3. 309 Browne v La Trinidad [1883] 37 Ch.D. 1. 310 Automatic Self-Cleansing Filter Syndicate Co v Cuninghame [1906] 2 Ch 34 (38 f.). 311 Shaw & Sons (Salford) Ltd v Shaw [1935] K.B. 113 (117); Rose v McGivern [1998] 2 B.C.L.C. 593 (604); Scott v Scott [1943] 1 All E.R. 582. 308

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an das board können die shareholder einer plc. dementsprechend ebenso wenig erteilen wie im deutschen Recht. Der englische Gesetzgeber geht allerdings – ohne dies zwingend vorzugeben – grundsätzlich davon aus, dass in der Praxis die gesamte Entscheidungsbefugnis dem board übertragen wird. Diese Erkenntnis ergibt sich zum einen aus den model articles, die zur Anwendung kommen, wenn die Gesellschaft keine oder keine abschließenden eigenen articles einreichen.312 Danach sind die directors für das Management der Gesellschaft verantwortlich, im Rahmen dessen sie alle Befugnisse der Gesellschaft ausüben dürfen, soweit die articles nicht etwas anderes bestimmen.313 Zum anderen spricht auch die Formulierung des Wortlauts derjenigen Vorschriften des CA 2006 für eine solche Annahme, die entweder das general meeting oder die directors betreffen. Sie gehen grundsätzlich von der Befugnis des board of directors vertretenen Gesellschaft aus, wenn nicht die Entscheidungskompetenz ausnahmsweise durch Gesetz oder die articels auf das general meeting zurückfällt.314 Die vom CA 2006 dem general meeting zugewiesenen Entscheidungskompetenzen betreffen überwiegend den Rückerwerb von Aktien durch die Gesellschaft,315 Interessenkonflikte der directors im Rahmen von bestimmten Transaktionen,316 Satzungsänderungen,317 Kapitalveränderungen318 sowie insbesondere die Bestellung und Abberufung der Direktoren.319 Hinsichtlich der hier relevanten grenzüberschreitenden Verschmelzung verlangt regulation 13 der Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007320 ebenfalls die Zustimmung der Gesellschafter im general meeting.321

312 Section 20 (1)(b) CA 2006 i.V.m. reg. 2.1 Explanatory Note to Companies (Model Articles) Regulations 2008. 313 Art. 3, Sch 3 Companies (Module Articles) Regulations 2008: „Subject to the articles, the directors are responsible for the management of the company’s business, for which purpose they may exercise all the powers of the company.“ 314 Vgl. beispielsweise: Section 690 CA: „A limited company having a share capital may purchase its own shares … subject to … any restriction or prohibition in the company’s articles.“ Die Vorschrift spricht zwar nur von der Befugnis der Gesellschaft, da diese aber durch das board nach außen vertreten wird, ist damit zugleich dessen Befugnis indiziert. 315 Section 690 (1)(b) CA 2006 (Power of limited company to purchase own shares). 316 Zum Beispiel section 190 CA 2006 (Substantial property transactions: requirement of members’ approval). 317 Section 21 (1) CA 2006 (Amendment of articles). 318 Sections 617 – 619, 641 CA 2006 (Alterations of share capital). 319 Die Bestellung ist allerdings in den Moduel Articles geregelt, vgl. Art. 20 – 22, Sch 3 Companies (Module Articles) Regulations 2008, während die Abberufung in section 168 (1) CA geregelt ist. 320 The Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007 (SI 2007/2974), abrufbar unter: www.opsi.gov.uk/si/si2007/uksi_20072974_en_1. 321 Die Aufzählung ist nur beispielhaft.

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d) Rechtsvergleich Hinsichtlich der Organisationsverfassung der englischen plc. sind neben dem Fehlen eines gesetzlich vorgeschriebenen Überwachungsorgans wie des deutschen Aufsichtsrats somit insbesondere zwei Besonderheiten des englischen Rechts festzuhalten. Zum einen können die Aktionäre der englischen plc. direkt Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, indem sie mit deren Absetzung drohen oder sie wahrmachen, wenn sie mit der Geschäftspolitik unzufrieden sind und ausreichend Unterstützung unter den Aktionären finden. Zum anderen verfügen Aktionäre einer plc. über einen weitreichenderen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Ausformung der Machtverteilung zwischen den directors und shareholders. Mit einfacher Mehrheit können sie der Geschäftsführung Entscheidungskompetenzen entziehen und auf das general meeting übertragen. Hinsichtlich der Entscheidung über die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unterscheiden sich beide Rechtsordnungen hingegen nicht. In beiden Fällen bedarf es eines unabdingbaren Hauptversammlungsbeschlusses.

III. Zwischenergebnis: Vergleich der Organisationsstrukturen der AG und plc. Der vorstehende Vergleich hat gezeigt, dass die Organisationsstrukturen der deutschen AG und englischen plc. im Wesentlichen übereinstimmen und somit für die nachfolgende Untersuchung geeignete Vergleichsobjekte darstellen. Einige wenige Abweichungen können jedoch Auswirkungen auf das hier zu analysierende Harmonisierungsergebnis haben, die nachfolgend noch einmal zusammengefasst werden. 1. Gesellschaftsrechtliche Verfassung Die gesellschaftsrechtliche Verfassung wird in beiden Gesellschaftsformen durch die Satzung festgelegt. Sie bestimmt neben dem (vertraglichen) Verhältnis der Anteilseigner zu einander und zu der Gesellschaft auch die Kompetenzverteilung zwischen dem Leitungsorgan und der Hauptversammlung, die ihnen als Forum zur Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte dient. Ihre Ausgestaltung unterliegt grundsätzlich der Vertragsfreiheit, sie wird aber in beiden Rechtsordnungen durch zwingende gesetzliche Bestimmungen begrenzt. Diese sog. Satzungsstrenge ist im deutschen Recht wegen der dort vorherrschenden Regelungsdichte wesentlich enger gefasst als im englischen Recht. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Kapitalverfassung als auch auf die Organisationsverfassung.

B. Organisationsstrukturen der AG und der plc.

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2. Kapitalverfassung Die Kapitalverfassung der englischen plc. unterscheidet sich von der deutschen vorrangig durch drei Besonderheiten. Erstens sind keine Stückaktien, sondern nur Nennwertaktien zulässig, für die auch lediglich ein Mindestnennwert von 1 pence und nicht wie in Deutschland von 1 Euro vorgeschrieben ist. Dies kann einen erhöhten Anpassungsbedarf im Rahmen des Anteilstausches begründen. Zweitens gewährt die englische Satzungsautonomie eine freiere Gestaltung der mitgliedschaftlichen Rechte, die nach beiden Rechtsordnungen in der Aktie verbrieft sind. Dies beinhaltet insbesondere auch die Gewährung von Mehrstimmrechten, wodurch die Gefahr einer verschmelzungsbedingten Stimmrechtsverwässerung erhöht wird und sich die Frage stellt, wie mehrstimmberechtigte Aktionäre einer übertragenden englischen Gesellschaft im Rahmen des Anteilstausches abzufinden sind. Drittens erkennt das englische Recht den Inhabern von Inhaberaktien mangels Eintragung in das Aktionärsregister keine mitgliedschaftlichen Rechte im Verhältnis zur Gesellschaft zu. Sie sind insbesondere auf der Hauptversammlung nicht stimmberechtigt. Da in Deutschland vorrangig Inhaberaktien ausgegeben werden, deren Inhaber auch nach dem deutschen Recht nicht im Aktionärsregister zu erfassen und somit größtenteils namensmäßig unbekannt sind, dürfte im Falle einer Verschmelzung von einer AG auf eine plc. deren Ermittlung zumindest zu einem nicht unbedeutenden Mehraufwand führen und im Falle eines großen Streubesitzes fast unmöglich sein. Ob dieses Problem durch die Gewährung von englischen Inhaberaktien verbunden mit der Einräumung von mitgliedschaftlichen Rechten in der Satzung gelöst werden kann, die denen von Namensaktien gleichwertig sind, ist bisher nicht geklärt. Soweit die jeweilige Satzung keine Beschränkungen enthält, können sich englische und deutsche Aktionäre aber jederzeit und in vergleichbar einfacher Weise je nach Verbriefungsart durch Abtretung, Übergabe der Aktienurkunde oder durch Umbuchung im Buchungssystem von Clearstream bzw. CREST gleichermaßen unkompliziert von ihren Anteilen lösen. 3. Organisationsverfassung Die Organisationsverfassung der englischen plc. weist neben dem Fehlen eines gesetzlich vorgeschriebenen Überwachungsorgans zwei Besonderheiten auf. Zum einen obliegt den Aktionären der plc. unmittelbar die Befugnis, Mitglieder des Vorstandes (board of directors) zu benennen und abzuberufen, so dass sie im Unterschied zum deutschen Recht einen direkteren Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, indem sie mit deren Absetzung drohen. Allerdings setzt dies eine Beschlussmehrheit in der Hauptversammlung voraus, so dass die Möglichkeit

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

der Einflussnahme letztendlich nur den Mehrheitsaktionären vorbehalten ist. Dies begründet zugleich die Gefahr, dass der oder die Mehrheitsaktionäre ihren Einfluss zur Verfolgung eigener, den übrigen Aktionären oder dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufenden Interessen ausnutzen. In der deutschen AG ist diese Gefahr durch die Zwischenschaltung des Aufsichtsrats reduziert, da Mehrheitsaktionäre nur dessen Mitglieder benennen und abberufen können. Die Abberufung des Vorstands bleibt hingegen dem Aufsichtsrat als Gremium vorbehalten. Zum anderen ermöglicht die weiter gefasste Satzungsautonomie eine flexiblere Ausgestaltung des Kompetenzgefüges zwischen Vorstand und Hauptversammlung. Mit wenigen Ausnahmen können der Geschäftsführung mit Mehrheitsbeschluss Entscheidungskompetenzen entzogen und auf das general meeting übertragen werden. Mehrheitsaktionären wird insoweit auch diesbezüglich ein erhöhtes Maß an Einflussnahme gewährt. Hinsichtlich der Entscheidung über die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unterscheiden sich beide Rechtsordnungen hingegen nicht. In beiden Fällen bedarf es eines unabdingbaren Hauptversammlungsbeschlusses.

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, sind die AG und plc. durch vertikale und horizontale Organisationsstrukturen geprägt. Die vertikale Struktur bezeichnet das Verhältnis zwischen den Aktionären und den Leitungsorganen, die horizontale das Verhältnis der Aktionäre untereinander. Diese Verhältnisse werden sowohl durch gesetzliche Bestimmungen, als insbesondere auch durch die dargestellte Verfassung der Gesellschaften geregelt. Letztere begründet nach beiden Rechtsordnungen ein vertragliches Verhältnis zwischen den jeweiligen Parteien. Wie jedes Vertragsverhältnis sind auch die Beziehungen innerhalb von Gesellschaften durch unterschiedliche Interessen und damit verbundene Interessenkonflikte geprägt. Im nachfolgenden Abschnitt sollen diese hervorgehoben und entsprechende Lösungsansätze mit besonderem Bezug auf Minderheitsgesellschafter dargestellt werden.

I. Interessenkonflikte zwischen Unternehmensleitung und Anteilseigner (Vertikale Interessenverteilung) Die aufgezeigte Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft mit der sie prägenden Trennung von Eigentum und Geschäftsführung hat gerade in Aktiengesellschaften mit großen Anlegerkreisen den Vorteil, dass die Geschäftsführung durch wenige, aber professionelle Geschäftsführer ausgeübt und somit eine effizientere

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

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Nutzung der Ressourcen ermöglicht wird.322 Zugleich ist diese Fremdorganschaft aber auch Dreh- und Angelpunkt von Interessenkonflikten. 1. Interessenkonflikte Denn Vorstände halten regelmäßig eine Unternehmenspolitik für vorzugswürdig, die auf Stärkung und Expansion des Unternehmens abzielt, selbst wenn sie auf Kosten von Dividenden und Sozialpolitik geht.323 Wirtschaftliche Überlegungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie das Streben nach Macht und Prestige.324 So kann der Vorstand zu Investitionen verleitet sein, die aus wirtschaftlicher Sicht die Möglichkeiten des Unternehmens übersteigen oder zumindest ein Risiko in sich tragen, welches der Aktionär gegebenenfalls nicht zu tragen bereit ist.325 Unabhängig vom Risiko möglicher Investitionen kann es aber insbesondere dann zu Interessenkonflikten kommen, wenn die Investitionen zulasten von Dividenden oder des wirtschaftlichen Unternehmenswerts gehen und der Kapitalmarkt dies durch Kursverluste abstraft. Denn das zentrale Interesse der Aktionäre ist die Wertsteigerung ihres investierten Kapitals und mithin die Optimierung der Wertschaffung im Unternehmen (sog. „shareholder value Ansatz“).326 Maximale Kursgewinne und hohe Dividendenausschüttungen sind insofern neben der Sicherheit ihrer Kapitalanlage vorrangige Ziele der Aktionäre.327 Persönlich haben Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ein Interesse an einem hohen Einkommen, erstklassigem Reisekomfort und der Sicherung ihrer Position.328 Aktionäre hingegen bevorzugen kostensparende Vergütungen und flexible Anstellungsverträge mit den Vorstandsmitgliedern, die es im Falle einer nicht zufriedenstellenden Unternehmensführung ermöglichen, Vorstandsmitglieder kurzfristig und ohne hohe Abfindung zu entlassen. Insbesondere in monoistischen Unternehmensstrukturen können diese Interessen des Leitungsorgans durch einen Mehrheitsaktionär beeinflusst sein. Dies gilt insbesondere auch in Fällen großer Konzernverflechtungen mit Minderheitsbeteiligungen, in denen das Interesse des Konzerns dem wirtschaftlichen Erfolg der (Tochter-)Gesellschaft und/oder dem Interesse der außenstehenden Aktionäre widerspricht, der Vorstand aus Sorge vor einer Abberufung dem Interesse des Mehrheitsaktionärs aber Folge leistet. 322

Schmalen, Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft, S. 27. Raiser/Veil, § 13 Rn. 3. 324 McConnel/Brue, Economics, S. 70. 325 Schmalen, Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft, S. 27. 326 Hdb.Corp.Gov.-Neubürger, S. 186. 327 Wöhe/Döring, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, S. 69; Henn/Frodermann/ Jannot, Kap. 2, Rn. 37. 328 Hdb.Corp.Gov.-Möllers, S. 405 (415); Raiser/Veil, § 13 Rn. 3. 323

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Ungeachtet dieser wirtschaftlichen und persönlichen Interessen hat der Vorstand grundsätzlich ein Interesse an unternehmerischer Freiheit und minimaler Einflussnahme durch die Aktionäre. Der Aktionär hat ein Interesse an maximaler Information, Transparenz und viel Einflussnahme, während der Vorstand ein Minimum an Transparenz und Rechenschaft bevorzugt.329 Diese Interessenkonflikte werden durch eine sog. Informationsasymmetrie verschärft. Mit der Kompetenztrennung geht nämlich zugleich ein uneinheitlicher Wissensstand zwischen Vorstand und Anteilseignern einher. Der Vorstand als von der Gesellschaft zur Geschäftsführung Beauftragter hat grundsätzlich einen Wissensvorsprung gegenüber dem Aktionär. Soweit also Wissen Macht ist, liegt der Machtvorsprung beim Vorstand bzw. dem board of directors.330 Darüber hinaus kann der Aktionär regelmäßig nicht beobachten, welche Handlungsmöglichkeiten sich dem Vorstand bieten und somit welche er versäumt oder unzureichend wahrnimmt.331 2. Konfliktlösung Dieser Prinzipal-Agent Ansatz, bei dem der Vorstand als Beauftragter (Agent) der Gesellschaft bzw. der Anteilsinhaber (Prinzipal“) bei der Geschäftsführung den Interessen des Prinzipal zuwider laufende Eigeninteressen verfolgt und Letzterer dem Wissensmachtvorsprung des Agenten ausgesetzt ist,332 ist unter anderem Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Lehre der neuen Institutionenökonomik.333 Diese betrachtet das Verhältnis von Prinzipal und Agenten als vertragliches Auftragsverhältnis, welches durch die eben genannte Informationsasymmetrie gekennzeichnet und sich als einen unvollständigen (relationalen) Vertrag darstellt.334 Die Unvollständigkeit des Vertrages ergibt sich dabei aus der mangelnden Vorhersehbarkeit konkreter Entscheidungssituation, die eine ex-ante Festschreibung von Entscheidungen, die der Vorstand im Einzelfall zu treffen hat, unmöglich macht.335 Ziel des Ansatzes ist daher die optimale Gestaltung des Vertrages innerhalb der Auftragsbeziehung, in der die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Agenten

329

Hdb.Corp.Gov-Schmidt/Weiß, S. 107 (115). Scheider, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 26, 27. 331 Scheider, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 26, 27. 332 McConnell/Brue, Economics, S. 69. 333 Abstrakter formuliert, analysiert die „neue Institutionenökonomik“ die Güterentstehung nicht vor einem technisch-wirtschaftlichen Hintergrund, sondern vor einem rechtlich-wirtschaftlichen Hintergrund. Im Mittelpunkt steht nicht der Besitz an Produktionsfaktoren, sondern das Verfügungsrecht, das durch Vertrag auf ein anderes Wirtschaftssubjekt übertragen werden kann, vertiefend siehe: Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 68 ff. 334 Wöhe/Döring, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, S. 70. 335 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 634. 330

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

145

ebenso sichergestellt wird wie eine Auftragserfüllung des Agenten im Interesse des Prinzipals.336 a) Principal Agent Ansatz Danach besteht die Lösung des Interessenkonflikts in der Schaffung eines effizienten Überwachungs- und Informationssystems sowie der eines Anreizsystems.337 Ausführliche Informations- und Offenlegungspflichten sowie die Überwachung der Einhaltung dieser Pflichten führen zu einer Verringerung des Informationsvorsprungs und erlauben somit den Anteilseignern zugleich eine bessere Einschätzung der Entscheidungssituation. Der Wissensvorsprung des Vorstandes wird dadurch aber nur verringert, nie aber gänzlich beseitigt werden können.338 Das verbleibende Kontrolldefizit der Aktionäre und die damit verbundene Regelungslücke im Vertragsverhältnis sollen daher durch die Schaffung von Anreizen für den Vorstand ausgeglichen werden, die ihn veranlassen, eine aktionärsorientierte Geschäftspolitik zu betreiben. Ein solcher Anreiz wird zum Beispiel in einer Partizipation des Vorstandes am Eigentümererfolg im Wege der Einräumung von Aktienkaufoptionen gesehen.339 Aus diesem Prinzipal-Agenten-Ansatz ergibt sich zugleich eine Vielzahl von Schutzinstrumenten zugunsten von Aktionären. Beispielhaft sei auf die bereits beschriebene dreigliedrige Führungsorganisation der Aktiengesellschaft verwiesen. Sie ist darauf angelegt, das Gleichgewicht zwischen dem Einfluss der Anteilseigner und der notwendigen Unabhängigkeit und Flexibilität der Unternehmensleitung herzustellen.340 Ferner dienen umfassende gesetzliche Berichtspflichten341 seitens des Vorstandes an den Aufsichtsrat sowie Informations-342 und Publizitätspflichten343 gegenüber den Aktionären und dem Kapitalmarkt der Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten und dem Abbau der Informationsasymmetrie.

336

Menard/Shirley-Roe, S. 371 (372). Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 21. 338 Zur Verdeutlichung kann hier auf die Veröffentlichungspflicht des Jahresabschlusses verwiesen werden. Sie generiert zwar eine umfassende Information des Aktionärs über die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft. Dennoch verbleiben erhebliche Bewertungsspielräume des Vorstandes bei der Erstellung der Bilanzen, die es diesem ermöglichen, einen höheren oder niedrigeren Jahresgewinn auszuweisen, Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 663. 339 Wöhe/Döring, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, S. 70. 340 Raiser/Veil, § 13 Rn. 6. 341 § 90 AktG. 342 §§ 293 a, 319 Abs. 3 Nr. 3 AktG; §§ 8, 127, 192 AktG. 343 §§ 238 ff., 261 f., 264 ff. HGB. 337

146

Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Eine tragende Rolle spielt insoweit auch die Pflicht zur Publikation des Jahresabschlusses. Er reduziert nämlich nicht nur den Informationsvorsprung des Vorstandes gegenüber den Aktionären, sondern ermöglicht dem gesamten Kapitalmarkt die Werthaltigkeit der Anlage und somit die Unternehmensleitung beurteilen zu können.344 b) Selbstregulation des Marktes Das Handeln der Unternehmensleitung wird insofern auch durch den Kapitalmarkt und die diesen bewertenden Ratingagenturen kontrolliert.345 Die Qualität der Geschäftsführung spiegelt sich nämlich im Erfolg des Unternehmens als Ganzes und somit im Börsenwert wieder. Eine schlechte Performance wird in der Regel zu Aktienverkäufen und damit verbundenen Kurseinbrüchen führen. Das Unternehmen wird somit zum Übernahmekandidaten für andere Unternehmen, die durch eine wirtschaftlich erfolgreichere Unternehmensführung geprägt sind. Weil aber der Vorstand ein Interesse daran hat, dies zu vermeiden, hat er zugleich ein Interesse daran, die Aktionäre der Gesellschaft zufrieden zu stellen, sie zu informieren und durch eine aktionärsorientierte Geschäftspolitik zu überzeugen. Der Kapitalmarkt wird insofern auch als viertes Kontrollorgan bezeichnet.346 Hinzukommt eine durch die Marktkräfte angestoßene freiwillige Selbstregulierung, wie sie z. B. im Deutschen Corporate Governance Kodex347 zum Ausdruck kommt. Als Beispiel sei hier nur Ziffer 4.3.3 Satz 2 des Kodex genannt, wonach kein Mitglied des Vorstandes bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen soll. Zugleich hat er Interessenkonflikte dem Aufsichtsrat und den anderen Vorstandsmitgliedern unverzüglich anzuzeigen.348 Obwohl der Kodex nur unverbindliche Verhaltensempfehlungen enthält und es den Unternehmen offensteht, von diesen Regeln abzuweichen, müssen Vorstand und Aufsichtsrat gemäß § 161 S. 1 AktG jährlich erklären, inwieweit den Empfehlungen gefolgt bzw. nicht entsprochen wurde. Dadurch wird es den Anlegern ermöglicht, die in der Gesellschaft zu beachtenden Regeln des Kodex zu bewerten. Es ist somit auch Ziel des Kodex eine Selbstregulierung durch den Kapitalmarkt herbeizuführen.349

344 345 346 347 348 349

Wöhe/Döring, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, S. 964. Jäger, Aktiengesellschaft, § 20 Rn. 2. Jäger, Aktiengesellschaft, § 20 Rn. 2. Abgedruckt in: NZG 2002, 273 ff. Ziffer 4.3.4. S. 1 des Kodex, NZG 2002, 273, 275. Raiser/Veil, § 13 Rn. 33.

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

147

c) Informationsrechte Neben der Statuierung von Informationspflichten kann der Schutz der Aktionäre durch die Einräumung von Rechten erweitert werden. Eine weitreichende Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung verbunden mit den Stimmrechten gewährt Aktionären insofern das höchste Maß an Schutz, weil damit zugleich dem Leitungsorgan die Leitungsmacht entzogen wird. Die englische Satzungsautonomie bietet diesbezüglich einen größeren Gestaltungsspielraum als die deutsche. Die Aktionäre müssen allerdings auch in der Lage sein, auf einer umfassend informierten Grundlage über die jeweilige Maßnahme zu entscheiden, so dass auch hier ein Wissensvorsprung des Vorstands eine Einflussnahme auf die Entscheidung ermöglicht. Zusätzlich zu den Informationspflichten kann diesem durch die Einräumung von Antrags- und Fragerechten auf der Versammlung begegnet werden. Dieser vorrangig durch Informationspflichten und -rechte geprägte Lösungsansatz ist jedoch unvollständig. Solange nämlich die zur Information Verpflichteten keine Nachteile für den Fall der Pflichtverletzung zu befürchten haben, erweisen sie sich als wirkungslos. Zur Vervollständigung bedarf es deshalb zusätzlich eines Haftungssystems,350 mittels dessen das Leitungsorgan zur Einhaltung der Pflichten angehalten wird. Dieses kann sowohl auf zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionen, als auch auf der Gewährung von Rechtsinstrumenten beruhen, mittels derer die Aktionäre die Durchführung einer Maßnahme verhindern können, wenn das Leitungsorgan gegen Informationspflichten oder -rechte verstoßen hat. Eine zivilrechtliche Haftung des Leitungsorgans hat zwar den Nachteil, dass sie das Vorliegen eines Pflichtenverstoßes und eines Schaden voraussetzt, was ansich gerade verhindert werden soll. Zudem dürften bei börsennotierten Gesellschaften, deren Geschäftstätigkeiten zumeist im mehrstelligen Millionenbereich liegen, die Erfolgsaussichten auf einen vollständigen Schadensausgleich durch eine natürliche Person fraglich sein. Die eigentliche Bedeutung liegt wie bei strafrechtlichen Sanktionen vielmehr in der abschreckenden Wirkung der Haftungsandrohung als in deren Durchsetzung. 3. Zwischenergebnis Die Interessenkonflikte auf vertikaler Ebene sind vorrangig durch unterschiedliche wirtschaftliche Interessen von Leitungsorgan und Aktionären geprägt. Dieser Konflikt wird zudem durch eine Informationsasymmetrie und damit einhergehendem Machtvorsprung der Leitungsorgane verschärft. Im Falle monoistischer Gesellschaftsstrukturen besteht ferner die potentielle Gefahr, dass Mehrheitsaktionäre sich diese durch die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Leitungsorgan zu Eigen machen.

350

Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 647, 648.

148

Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Die Lösung des Konflikts besteht daher im Wesentlichen in dem Abbau des Wissensvorsprungs durch umfangreiche Informationspflichten seitens des Leitungsorgans und Informationsrechten seitens der Aktionäre. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, die Entscheidungsmöglichkeiten des Leitungsorgans oder im Falle der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung die eigene Entscheidungsmöglichkeiten auf einer informierten Grundlage zu bewerten. Kapitalmarktrechtliche Informationspflichten führen zusätzlich zu einer Überwachung durch den Kapitalmarkt. Der damit einhergehende Schutz der Aktionäre wird jedoch erst durch die Implementierung eines Sanktionssystems vervollständigt, welches die Einhaltung dieser Pflichten und Rechte gewährleistet. Als Mechanismen kommen strafrechtliche oder zivilrechtliche Sanktionen, die sich persönlich gegen das Leitungsorgans richten, oder durch Rechtsinstrumente, die die Durchführung von Maßnahmen verhindern. Da die grenzüberschreitende Verschmelzung allerdings keine Geschäftsmaßnahme des Leitungsorgans darstellt, sondern in die zwingende Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung fällt, sind die Interessenkonflikte auf der vertikalen Ebene eher zweitrangig. Dennoch sind die Aktionäre auf die Informationen des Leitungsorgans angewiesen, um auf einer informierten Grundlage eine fundierte Entscheidung zu treffen. In dieser Hinsicht lebt der Interessenskonflikt auf, wenn das Leitungsorgan den Konzern- oder Mehrheitsaktionärsinteressen Vorrang gewährt.

II. Interessenkonflikte zwischen Aktionären (Horizontale Interessenverteilung) Die börsennotierte Aktiengesellschaft wird nicht nur durch die Trennung von Eigentum und Geschäftsführung, sondern auch durch ihre Aktionärsstruktur in der Hauptversammlung geprägt. Wie bereits aufgezeigt, trifft sie in wesentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft die Entscheidung durch Beschlussfassung, wenn ihr die Entscheidungskompetenz durch Gesetz oder Satzung eingeräumt wird. Die Hauptversammlung stellt insofern das Hauptforum der Interessensausübung der Aktionäre dar.351 1. Aktionärsinteressen Gerade in großen Aktiengesellschaften, die über einen breiten Anlegerkreis verfügen, finden sich allerdings verschiedene Aktionärstypen, die mit ihrer Kapitalanlage unterschiedliche und zum Teil gegenläufige Interessen verfolgen. 351 Die Effizienz der Kontrollfunktion wegen geringer Anwesenheit und unzureichender Information der Aktionäre relativierend, Hannigan, Company Law, Rn. 5 – 43.

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

149

Sog. Spekulationsaktionäre, die sich in der Regel nur kurzfristig an der AG beteiligen möchten, hoffen auf Kursgewinne an der Börse durch häufiges Umschichten ihres Portfolios, um die gewünschte Rendite durch Gewinne bei An- und Verkauf anstatt durch langfristige Wertsteigerung der Aktien und Dividendenausschüttungen zu erzielen.352 Der typische durchschnittliche Anlageaktionär hat sein Kapital aus Anlage- und Versorgungsgründen in die Gesellschaft investiert, um eine möglichst hohe Rendite bei begrenztem Risiko zu erhalten.353 In Abgrenzung zu Spekulationsaktionären sind Anlageaktionäre überwiegend Privatanleger, die eher eine langfristige, auf Wertsteigerung und Dividendenausschüttung ausgerichtete Anlagestrategie verfolgen.354 Zwischen diesen beiden stehen die sog. institutionellen Anleger. Institutionelle Anleger sind juristische Personen, insbesondere Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen,355 die Kapital mittels eines professionellen Managements für andere oder für sich selbst anlegen.356 Sie halten meist viele Anteile an der Gesellschaft und sind somit auch einem höherem Verlustrisiko ausgesetzt als Anlageaktionäre mit kleinen Beteiligungen. Dementsprechend verfolgen sie in der Regel eine sichere Anlagepolitik mit hohen Ausschüttungen, haben aber zusätzlich auch ein gesteigertes Informations- und Einflussinteresse.357 Der von institutionellen Anlegern insgesamt gehaltene Anteil am Grundkapital stellt im Vergleich zu anderen Anlegern den größten Teil dar.358 Alle drei Aktionärstypen zeichnen sich somit durch das vorrangige Interesse aus, den Gewinn ihrer Anlage am Kapitalmarkt in Form einer hohen Anlagerendite zu realisieren, wohingegen die Einflussnahme auf das Gesellschaftsgeschehen eher sekundär ist. Eine weitere Interessendifferenzierung ist zwischen Klein- und Großaktionären vorzunehmen. Großaktionäre sind solche, deren Beteiligung an der Gesellschaft groß genug ist, um Einfluss auf das Unternehmen auszuüben und die dies auch beabsichtigen.359 Sie neigen eher zu langfristigen, unternehmerischen Überlegungen, die

352

Rn. 3. 353

Bayer, Gutachten 67. DJT, 2008, S. 101 f.; MünchKommAktG-Spindler, Vor § 76 AktG,

Groß, S. 20. DAI-Publikationen-v. Rosen, Heft 46, 2009, S. 5; abrufbar unter: http://www.dai.de. 355 Gower/Davies, Principles Company Law, Rn. 15 – 24. 356 Kübler/Assmann, § 14 II, S. 171. 357 Götz, S. 38, 39. 358 In England werden im Schnitt 60 % des Grundkapitals der am London Stock Exchange gelisteten plc. von Institutionellen Anlegern gehalten, Gower/Davies, Company Law, Rn. 15 – 24. In Deutschland werden durchschnittlich mindestens 50 % des Grundkapitals der im Dax 30 zusammengefassten Gesellschaften von institutionellen und rund 20 % von Privatanlegern gehalten, vgl. DAI, Factbook 2007, Ziff. 08.5 – 1.2007. 359 Raiser/Veil, § 13 Rn. 1; Bondi, Die Rechte der Aktionäre, S. 72. 354

150

Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Investitionen und Rücklagenbildung anstelle von Gewinnausschüttungen in den Vordergrund stellen.360 Kleinaktionäre sind hingegen überwiegend Privatpersonen (,Privatanleger‘), die nur einen geringen Bruchteil im Streubesitz befindlicher Anteile erwerben, um damit ihr privates Vermögen zu mehren. Zur Einflussnahme sind sie weder willens noch in der Lage.361 Ihr Interesse erschöpft sich regelmäßig in der Vermögenskomponente ihrer Beteiligung, die sie vorwiegend als bloße Kapitalanlage betrachten, so dass es ihnen vor allem um die Rendite ihrer Anlage in Form von Dividenden- oder Kursgewinne geht.362 Der typische Anlage- und Spekulationsaktionär gehört damit in der Regel den Kleinaktionären an. Der Konflikt dieser unterschiedlichen Interessen spitzt sich zu, wenn die AG oder plc. in einem Konzern eingegliedert ist und das herrschende Unternehmen seinen Einfluss dazu ausnutzt, ohne Rücksicht auf die Interessen der AG und derjenigen von außenstehenden Aktionären Konzernpolitik zu verfolgen. Das herrschende Unternehmen ist überwiegend darauf bedacht, das konzernpolitische Ziel insgesamt zu optimieren. Gewinnabführung, Sondervorteile und maximale Einflussnahme auf die wirtschaftliche Geschäftspolitik der Aktiengesellschaft sind nur einige der damit verbundenen Interessen, die denen der außenstehenden Anlageaktionäre zuwiderlaufen können.363 Ebenso verfolgen viele Unternehmen (,Unternehmensaktionär‘) das strategische Anlagemotiv, die Aktien anderer Unternehmen zu erwerben, um durch Ausschöpfung seiner Rechte und ausreichendem Stimmgewicht erheblichen Einfluss auf das Geschäftsfeld der AG zu erlangen, entweder weil es mit ihrem eigenen übereinstimmt oder es ergänzt.364 Auch hier steht die Einflussnahme auf das Gesellschaftsgeschehen im Sinne einer übergeordneten Unternehmenspolitik, die einen optimalen Gesamtnutzen für die verbundenen Unternehmen bringt, im Vordergrund.365 Dementsprechend halten sie in der Regel eher hohe und auf lange Sicht gehaltene Beteiligungen an der betreffenden Gesellschaft366 und unterfallen der Kategorie der Großaktionäre.

360

Ernstberger, S. 4. Funke, S. 13; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 8. 362 BGHZ 153, 47 (54); 120, 141 (151); Ernstberger, S. 2. 363 Kübler/Assmann, § 14 II, S. 184; Kirchheim, S. 4. 364 Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 6; Schiel, S. 129; Petzel, S. 3/4. 365 Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 79; Bayer, Gutachten 67. DJT, 2008, S. 101. 366 Schiel, S. 132. 361

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

151

2. Umwandlungsspezifische Interessenkonflikte Diese unterschiedlichen Anlagemotivationen können sich bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen in unterschiedlicher Weise auswirken. Aus Sicht des Aktionärs einer übertragenden Gesellschaft erlischt dessen Anlageobjekt im Wege der Verschmelzung.367 Anleger suchen sich jedoch eine bestimmte Aktiengesellschaft als Anlageobjekt aus, weil sie der Auffassung sind, mit dieser ihre individuelle Anlagestrategie optimal verwirklichen zu können. Mit Erlöschen der Gesellschaft enden daher zunächst einmal die mit ihr verbundenen Anlageerwartungen.368 Insbesondere Spekulationsaktionäre, die mit der Erwartung kurzfristiger Kursgewinne oder Dividendenausschüttungen in die übertragende Gesellschaft investiert haben, können enttäuscht werden, wenn die Verschmelzung vor Ende des Geschäftsjahres und damit vor der Beschlussfassung über die Dividendenausschüttung vollzogen wird oder der Kapitalmarkt die bekannt gewordenen Verschmelzungspläne negativ bewertet und den Aktienkurs durch Aktienverkäufe schwächt. Unabhängig von den Anlageerwartungen können Aktionäre durch die grenzüberschreitende Verflechtung der Verschmelzung auch durch den Umstand abgeschreckt sein, dass sie in Folge der Verschmelzung im Zuge des Anteilsumtausches Inhaber von Anteilen einer dem ausländischen Recht unterworfenen Gesellschaft werden. Dies bedeutet zum einen, dass sie möglicherweise gegen ihren Willen Mitglied einer Gesellschaft mit völlig anderen Strukturen und Größenordnungen werden.369 Besonders deutlich wird dies, wenn die übernehmende Gesellschaft eine nicht börsennotierte Gesellschaft ist und somit mit der Verschmelzung zugleich eine Rücknahme der Börsennotierung (,Kaltes Delisting‘)370 einhergeht. Darüber hinaus können sie der Mitgliedschaft in der übernehmenden Gesellschaft ablehnend gegenüberstehen, weil sie deren Marktchancen negativ bewerten oder deren Geschäftspolitik für zu risikofreundlich einstufen.371 Zum anderen unterliegen die aufnehmende Gesellschaft und damit auch die zukünftigen Mitgliedschaftsrechte ausländischem Recht. Aktionäre einer übertragenden Gesellschaft sehen sich damit den Risiken ausgesetzt, in eine Gesellschaftsstruktur eingebunden zu werden, die ihnen gegebenenfalls schwächere mitgliedschaftliche Rechte gewährt. Die Ausführungen über die englische Organisationsstruktur haben gezeigt, dass sich deutsche Aktionäre beispielsweise mit einer den Mehrheitsgesellschafter begünstigenden, weitreichenderen Satzungsautonomie und der Zulässigkeit von Mehrstimmrechten konfrontiert sehen können. Ungeachtet 367 368 369 370 371

Art. 2 Nr. 2 VRL; §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG; section 17 (1)(c) CR 2007. Eggert, S. 68. Möller, S. 33. Zu den Minderheitsinteressen beim kalten Delisting siehe Funke, S. 41 f. Ross, S. 34.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

eines potentiellen Schutzgefälles können zudem gerade bei Kleinaktionären mangelnde Rechts- und Sprachkenntnisse, erschwerte Teilnahmebedingungen bei der Hauptversammlung sowie die Sorge eines geringeren und komplizierteren Rechtsschutzes zu einer ablehnenden Haltung führen.372 Aus Sicht der Aktionäre einer übernehmenden Gesellschaft, können sich ebenfalls Nachteile ergeben. Hinsichtlich der ursprünglichen Anlageerwartung kann mit der Aufnahme der übertragenden Gesellschaft eine inhaltliche Neuausrichtung der Gesellschaft verbunden sein, die vom Aktionär nicht gewollt ist. Ebenso verhält es sich, wenn die übernehmende Gesellschaft gesund und deren Aktienkurs hoch ist, die übertragende Gesellschaft aber mit Verlusten oder hohen Verbindlichkeiten belastet ist. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gehen diese Belastungen mit auf die übernehmende Gesellschaft über und schmälern somit deren Jahresgewinn. Dies kann wiederum Auswirkungen auf Ausschüttungen oder sogar auf den Aktienkurs haben, so dass Anlage- und Spekulationsaktionäre mit eher kurzfristigen Anlageerwartungen enttäuscht werden. Von möglichen enttäuschten Anlageerwartungen abgesehen, besteht für alle Beteiligten die Gefahr einer Anteils- und Stimmrechtsverwässerung.373 Wegen der zu erbringenden Gegenleistung in Form von Anteilen an der übertragenden Gesellschaft erhöht sich notwendigerweise auch die Gesamtzahl der an der Zielgesellschaft gehaltenen Anteile und den damit verbundenen Stimmrechten. Die in der Regel durch eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss geschaffenen neuen Anteile der übertragenden Gesellschaft vergrößern die Gesamtanzahl der Anteile. Damit ist die von den ursprünglichen Anteilsinhabern gehaltene Stückzahl im Verhältnis zur Gesamtzahl kleiner geworden. Hielt ein Aktionär vorher noch 5 % des gezeichneten Kapitals, wird der gehaltene Anteil nach der Verschmelzung weniger sein. In bestimmten Konstellationen kann dies zur Folge haben, dass der Aktionär bestimmte Rechte, deren Ausübung einen bestimmten prozentualen Kapitalanteil voraussetzen, im Zuge der Verschmelzung verliert. Dies betrifft auch die Einflussnahme auf die Geschäftspolitik im Rahmen der Entscheidungsfindung auf der Hauptversammlung. Da das Stimmrecht im Grundsatz an die Kapitalbeteiligung gekoppelt ist, sinkt der relative Stimmrechtsanteil. Hielt ein Aktionär der übertragenden Gesellschaft vor der Verschmelzung noch einen ausreichenden Anteil, um die Abstimmung zu seinen Gunsten zu beeinflussen, kann ihm diese Möglichkeit nunmehr genommen sein. Die Gefahr der Stimmrechtsverwässerung trifft im Übrigen ebenso auf die Aktionäre einer übertragenden Gesellschaft zu, vor allem dann, wenn die übernehmende Gesellschaft über einen größeren Aktionärskreis verfügt oder deren Gesellschaftsstatut Mehrstimmrechte zulässt.

372 373

Müller, Der Konzern 2007, S. 81 (86). Riesenhuber, NZG 2004, S. 15 (19); Siems, EuZW 2006, S. 135 (137).

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

153

Verschärft wird die Situation, wenn nicht ein für alle Aktionäre, also der übernehmenden und der übertragenden Gesellschaft, faires Umtauschverhältnis gefunden wird. Ist das Verhältnis, in dem die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft mit Anteilen an der Zielgesellschaft abgefunden werden, zu niedrig bemessen, sind die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft benachteiligt. Ist es zu hoch bemessen, entsteht ein „Verschmelzungsverlust“374 seitens der übernehmenden Gesellschaft, so dass es zu einer Benachteiligung deren Aktionäre kommt. In den seltensten Fällen wird eine Verschmelzung von zwei vollständig unabhängigen Gesellschaften erfolgen. Der Regelfall wird vielmehr sein, dass die übernehmende Gesellschaft bereits eine hohe Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft im Vorhinein erworben hat und diese mit der Verschmelzung konzernoder zumindest unternehmensübergreifende Interessen verfolgt.375 Als Großaktionär der übertragenden Gesellschaft kann sie erhöhten Einfluss auf deren Entscheidungsfindung in der Hauptversammlung nehmen. Diesen wird sie dahingehend ausüben, dass die Verschmelzung zu den für die übernehmende Gesellschaft günstigsten Bedingungen durchgeführt wird. Ein niedriges Umtauschverhältnis zusammen mit der damit verbundenen niedrigen Beteiligung der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft in der übernehmenden Gesellschaft wird mithin zu den privilegierten Zielen der übernehmenden Gesellschaft als Großaktionär der übertragenden Gesellschaft gehören. 3. Konfliktlösung (Majoritätsprinzip) Diesen unterschiedlichen Interessen verleihen die Aktionäre auf der Hauptversammlung durch die Abgabe ihre Stimme im Rahmen der Beschlussfassung Ausdruck. Keine Probleme ergeben sich, wenn einstimmig eine Entscheidung gefunden werden kann, die für jede Interessensgruppe den maximalen Nutzen bringt. Dies wird jedoch gerade bei großen Anlegerkreisen mit Beteiligungen von Großaktionären und Konzernverflechtungen in der Regel nicht der Fall sein, so dass sich die Frage stellt, wie diese Interessenkonflikte zu lösen sind. Während Interessenkonflikte zwischen dem Leitungsorgan und den Aktionären vorrangig durch die Schaffung von Informations-, Überwachungs- und Haftungssystemen gelöst werden sollen, hat sich der Gesetzgeber zur Lösung von Interessenskonflikten zwischen den Aktionären grundsätzlich für das sog. „Mehrheitsprinzip“ (,majority rule‘) entschieden.376 374 Ein „Verschmelzungsverlust“ entsteht, wenn das Netto-Vermögen der übertragenden Gesellschaft niedriger ist als der Wert der im Gegenzug gewährten Anteilen an der übertragenden Gesellschaft, Lutter/Winter-Priester, § 24 UmwG, Rn. 8. 375 Lutter/Timm, NJW 1982, S. 409 (412). 376 Das Majoritätsprinzip kommt im deutschen Recht insbesondere in §§ 12 Abs. 1, 133 Abs. 1, 134 Abs. 1 AktG zum Ausdruck. In England formulierte es das Gericht in Re Kong Thai

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

a) Mehrheitsprinzip und Minderheitsbegriff Danach erfolgt die Willensbildung und Entscheidungsfindung in Aktiengesellschaften im Rahmen der der Hauptversammlung eingeräumten Zuständigkeit durch Mehrheitsbeschluss.377 Das Gesetz unterscheidet in Abhängigkeit der anstehenden Beschlussangelegenheit zwischen „einfacher Mehrheit“ (simple majority)378 und „qualifizierter Mehrheit“ (three-fourths majority)379. Erstere verlangt lediglich ein Überwiegen der zustimmenden Stimmen gegenüber den ablehnenden; im Falle der letzteren muss der zustimmenden Stimmenanteile hingegen ein in Gesetz oder Satzung festgelegtes Quorum überschreiten,380 das zumeist auf 3/4 aller Stimmen lautet. Gezählt werden grundsätzlich nur alle abgegebenen Stimmen, so dass sich die „Mehrheit“ stets nur auf die an der Abstimmung teilgenommen Stimmenabgaben bezieht.381 Im Falle einer grenzüberschreitenden Verschmelzung verlangt das Gesetz eine qualifizierte Beschlussmehrheit von 3/4 aller abgegebenen Stimmen.382 Zwecks einer Definition von „Mehrheit“ eignet sich eine prozentuale Festlegung jedoch nur begrenzt. Denn zum einen sehen Gesetz und Satzung für verschiedene Beschlussgegenstände unterschiedliche prozentuale Stimmenmehrheiten vor. Zum anderen beziehen sie sich stets auf die tatsächlich abgegebenen Stimmen. Da aber insbesondere in börsennotierten Aktiengesellschaften die Präsenz der Kleinaktionäre auf der Hauptversammlung gering ausfällt, kann in der Regel schon eine kleinere prozentuale Aktienmehrheit von nur 30 % des Grundkapitals die entscheidende Mehrheit bilden.383 „Mehrheit“ ist daher abstrakt zu formulieren als „diejenigen, die die Gesellschaft und ihre Organe kontrollieren“.384 Im Ergebnis wird also der Wille der Gesellschaft durch die Mehrheit bestimmt,385 so dass ihr die Macht verliehen ist, über das Gesellschaftsvermögen mit Wirkung für und gegen alle Aktionäre386 und damit zugleich über die von der Minderheit eingebrachten Vermögenswerte zu verfügen.387 Sawmill (1978) S. d. B.h.d. 2 M.L. 277 wie folgt: „Those who take interest in companies limited by shares must accept majority rule“. 377 Wiechers, S. 7; Campbell/Buckley-Bischoff, S. 131. 378 Section 282 (1) CA 2006. 379 Section 283 (1) CA 2006. 380 § 133 Abs. 1 AktG. 381 Bürger/Körber-Holzborn, § 133 AktG, Rn. 13 f. 382 § 13 UmwG; section 13(1) CR 2007. Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt. Siehe dazu die Ausführungen in Teil 3 F. I. 3., II. 3., III. 3. 383 Campbell/Buckley-Bischoff, S. 131. 384 v. Falkenhausen, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 21. 385 Wedell, S. 20. 386 Rübsaamen, S. 2.

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

155

Im Umkehrschluss werden als „Minderheit“ daher diejenigen Mitglieder und Interessenten einer Organisation zusammengefasst, die „selbst bei Interessengleichheit keinen entscheidenden Einfluss auf die Willens- und Entschlussbildung nehmen können, von der (wirtschaftlichen) Entwicklung der Organisation aber direkt betroffen sind“.388

b) Legitimation des Mehrheitsprinzips Weil eben die Stimmen der Minderheit ohne Einfluss auf die Entscheidungsfindung bleiben und die Minderheit dem Willen der Mehrheit unterworfen wird, ist die Frage nach der dogmatischen Legitimation des Mehrheitsprinzips aufzuwerfen. Neben seiner weit zurückreichenden historischen Entwicklung,389 beruht das Majoritätsprinzip auf der Annahme, dass in einem „normativen Zweckverband“ wie der Aktiengesellschaft, zu dem sich mehrere zusammengeschlossen haben, um einen gemeinsamen Zweck, nämlich die Führung eines Unternehmens mit Gewinnerzielungsabsicht, zu verfolgen390 und bei dem die Willensbildung durch Beschluss erfolgt, dieser entweder im Wege der Einstimmigkeit oder der Mehrstimmigkeit herbeigeführt werden kann.391 Das Einstimmigkeitsprinzip wird der Minderheit zwar am stärksten gerecht, da es jegliche Beschlussfassung gegen den Willen der Minderheit verhindert. Zugleich schränkt es die Handlungsfähigkeit des Verbandes jedoch gerade bei einer großen Mitgliederzahl erheblich ein bzw. führt bei der Aktiengesellschaft aufgrund der breiten Interessensdiskrepanz zu deren Handlungsunfähigkeit.392 Das Majoritätsprinzip ermöglicht der Aktiengesellschaft hingegen eine hohe Handlungsfähigkeit und Effektivität sowie eine flexible Anpassung der geschäftlichen Grundlage der Gesellschaft an sich ständig ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen.393 Je weiter sich eine Gesellschaft daher aufgrund seiner Größe von seinen Mitgliedern entfernt, desto mehr wird das Majoritätsprinzip zur rechtstechnischen Notwendigkeit für die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft.394 Als einzig denkbares Mittel schafft es den Ausgleich zwischen der notwendigen Gleichbehandlung395 der Mitglieder und der erforderlichen Aktionsfähigkeit des Verbands.396

387

Sockenhoff, S. 1; Semler, AnwBl 1991, S. 440 (442). Lee, E.B.L.R. 2005, S. 807; Wedell, S. 20; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 417. 389 Ausführlich dargestellt in: Baltzer, Der Beschluss als rechtstechnisches Mittel (1965). 390 Rübsaamen, S. 1. 391 K. Schmidt, S. 451. 392 Gower/Davis, Company Law, 15 – 27; Ernstberger, S. 1; Hochheuser, S. 1. 393 Lautenschleger, S. 16. 394 Wiechers, S. 17. 395 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet, Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln, vgl. die Ausführungen über das Gleichbehandlungsgebot, Teil 3 F. II. 4. a). 388

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Dieser Praktikabilitätsgedanke wird durch die Annahme gerechtfertigt, dass die Mehrheit einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt und somit zu mehr Berechtigung ermächtigt ist, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen.397 Ferner wird davon ausgegangen, dass was jemand, der einem höheren Risiko ausgesetzt ist, für richtig hält, im Zweifel auch für die übrigen richtig sein wird398 bzw. dass im Mehrheitsbeschluss die richtigste und vernünftigste Meinung zum Beschluss erwächst.399 Insofern trägt ein Mehrheitsbeschluss eine gewisse Richtigkeitsgewähr als Legitimation des Majoritätsprinzips in sich.400 Angelehnt an das Vertragsrecht wird „Richtigkeit“ als eine Abwägung zwischen ethischer Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit verstanden, die erforderlich ist, um das Gemeinschaftsleben zu verwirklichen.401 Ergänzend wird das Mehrheitsprinzip durch jeden Aktionär bei Eintritt in die Gesellschaft im Wege seiner Gründungs- oder Beitrittserklärung auf vertraglicher Grundlage402 legitimiert, indem er sich in Kenntnis dieses Mehrheitsprinzips für seine Beteiligung an der Gesellschaft entschlossen hat.403 c) Notwendigkeit des Minderheitenschutzes Aus der der Legitimation zugrunde liegenden Annahme, dass die Aktiengesellschaft einen Zweckverband darstellt, zu dem sich die Aktionäre zusammen geschlossen haben, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen, und dass sich die Aktionäre aus rechtstechnischer Notwendigkeit der Mehrheitsherrschaft unterworfen haben, ergibt sich zugleich auch, dass sich die Minderheit nur soweit der Mehrheit unterwerfen will, wie der Mehrheitswille auf die Verfolgung des gemeinsamen (Gesellschafts-)zwecks gerichtet ist404 und wie seine mitgliedschaftlichen Rechte im Hinblick auf Gesetzmäßigkeit, Satzungsmäßigkeit, Gleichberechtigung und Uneigennützigkeit bei Anteilseignerbeschlüssen und Geschäftsführungsentscheidungen gewahrt werden.405

396 Baltzer, Der Beschluss als rechtstechnisches Mittel, S. 215; Bohn, S. 39 f.; Feldmann, S. 15/16. 397 Duden, BB 1957, S. 1235 (1236); Zechlin, S. 18; Strauß, Die Rechtsstellung des Aktionärs, S. 15. 398 Ernstberger, S. 3; Hochheuser, S. 5. 399 Dagtoglou, Kollegialorgane und Kollegialakte, S. 122; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 284. 400 K. Schmidt, S. 451, 452. 401 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 103 (132); K. Schmidt, S. 451. 402 Siehe zu Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Verfassung, S. 107, 122. 403 Semler, AnwBl 1991, S. 440 (442); Wiedemann, GesR, Bd. 1, S. 357; Campbell/ Buckley-Bischoff, S. 131. 404 Rübsaamen, S. 2. 405 Semler, AnwBl 1991, S. 440 (442).

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

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Danach hat die Mehrheit nur zu entscheiden, wie dieses gemeinsame Ziel zu erreichen ist und nicht, ob andere gesellschaftsfremde Ziele verfolgt werden sollen.406 Die Legitimation der Mehrheit endet daher dort, wo ihre Entscheidungsfindung nicht mehr ausschließlich der funktionsgerechten verbandlichen Zweckerfüllung dient.407 Willkürlichen und eigensüchtigen Zielen dienende Mehrheitsentscheidungen sind daher nicht mehr durch verbandsrechtliche Zwecke und somit auch nicht mehr von der Legimitation des Mehrheitsprinzips gedeckt.408 Denn nur unter Annahme, dass alle Gesellschafter einer AG gleichgerichtete Ziele verfolgen, wird die Mehrheitsmeinung zugleich die wahrscheinlich „bestmögliche“ Realisierung des Unternehmens- und Aktionärszieles versprechen und mithin eine Richtigkeitsgewähr in sich tragen.409 Die vorab aufgezeigte Aktionärsstruktur mit den in ihr herrschenden Interessenkonflikten zeigt jedoch, dass gerade diejenigen, die über ausreichende Kapitalbeteiligung zur Einflussnahme auf das Gesellschaftsgeschehen verfügen, nicht notwendigerweise die Förderung des gemeinsamen Verbandszwecks in Form einer Steigerung der Werthaltigkeit des Unternehmens anstreben, sondern unter Umständen eine Geschäftspolitik verfolgen, die einer zweckfremden, eigennützigen Nutzenoptimierung dient und die zulasten des Wohls der Aktiengesellschaft gehen kann.410 Dies wird insbesondere unter Berücksichtigung von Unternehmensverflechtung und Konzernstrukturen deutlich. Beschlüsse werden unter Umständen in diesem Fall gefasst, weil der außerhalb der Gesellschaft liegende Erfolg den Schaden innerhalb der Gesellschaft überwiegt, den die Mehrheitsaktionäre als Aktionäre der betreffenden Aktiengesellschaft erleiden.411 Das Mehrheitsprinzip ermöglicht dementsprechend zum einen eine zweckmäßige Handlungsfähigkeit der Gesellschaft durch legitimierten Mehrheitsbeschluss, zum anderen bietet es aber auch die Möglichkeit, in die Rechte der unterlegenden Minderheitsaktionäre durch zweckfremde und damit nicht legitimierte Mehrheitsbeschlüsse einzugreifen.412

406

Ernstberger, S. 3. Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 1; Großfeld, Kleinaktionär, S. 207. 408 Schockenhoff, S. 1. 409 Wedell, S. 24. 410 Menard/Shirley-Roe, S. 374; Fischer, Minderheitenschutz bei Kapitalgesellschaften, S. 59/60; Petzel, S. 3/4; Schockenhoff, S. 1. 411 Ross, S. 34. 412 Gower/Davies, Principles of Company Law, Vor Rn. 19 – 1. 407

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Die Notwendigkeit des Minderheitenschutzes resultiert demgemäß aus der Notwendigkeit, Legitimationsdefizite der Mehrheitsherrschaft und der Leitungsherrschaft entweder zu verhindern oder auszugleichen.413 Es bildet insofern das (rechtsethisch)414 notwendige Korrektiv zum Mehrheitsprinzip.415 d) Bedeutung und Abgrenzung des Minderheitenschutzes Was genau verbirgt sich aber hinter dem Schlagwort des Minderheitenschutzes? „Minderheitenschutz“ als solcher ist kein gefestigter Rechtsbegriff, es handelt sich vielmehr nur um ein rechtspolitisches Programm416 des Verbandsrechts, das weder im Gesetz noch in der Literatur eine einheitliche, systematische Ordnung erfährt. Während in der englischen Literatur lediglich von „the protection of minority shareholders“ gesprochen und nach Kenntnis des Verfassers von der Vornahme einer rechtsdogmatischen Einordnung abgesehen wird,417 wurden in der deutschen Literatur vielseitige Versuche unternommen, dem Minderheitenschutz eine begrifflich klar abgegrenzte Systematik zuzuführen. Ein vollständiger Überblick über die einzelnen Systematisierungsversuche kann aufgrund deren Vielseitigkeit hier nicht gegeben werden und würde auch den Sinn und Zweck der Untersuchung verfehlen. Es ist dennoch für die folgende Untersuchung von grundlegender Bedeutung, dem „Minderheitenschutz“ eine gewisse Begrifflichkeit und Systematik zu verleihen, um im Zuge dessen der Arbeit einen strukturierten Aufbau und Untersuchungsrahmen zu geben. aa) Differenzierung nach Schutzsubjekt Ausgehend von der oben beschriebenen Definition der „Minderheit“ als diejenige Mitglieder eines Verbandes, die keinen Einfluss auf die Willensbildung und Entscheidungsfindung im Verband haben, aber von dessen wirtschaftlicher Entwicklung betroffen sind, kann zunächst eine begriffliche Eingrenzung hinsichtlich des Schutzsubjektes vorgenommen werden, also danach, wer im Fokus des Schutzes stehen soll. In Betracht kommt zunächst der einzelne der Minderheit angehörende Aktionär, der Schutz vor Beeinträchtigungen seiner mitgliedschaftlichen und vermögens413

K. Schmidt, S. 467. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 16 f.; ders., ZGR 1980, S. 155. 415 Müller, Der Konzern, S. 81 (81); Wiedemann, ZGR 1980, S. 147 (155 f); ders., Gesellschaftsrecht, S. 405; Wiechers, S. 7. 416 K. Schmidt, S. 466. 417 Vgl. nur Siems, Convergence in Shareholder Law, S. 198 f.; Griffin, Company Law, S. 230; Morse, Charlesworth Company Law, S. 340/341. 414

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

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rechtlichen Interessen sucht. Auf diesen gerichtete Schutzmaßnahmen werden in der Literatur überwiegend als Individualschutz bezeichnet418 und sollen den „nach Gesetz und Satzung unentziehbaren und möglicherweise unverzichtbaren Freiheitsraum des einzelnen Gesellschafters, über den die Gesellschaft als Kollektiv nicht verfügen kann“ gewährleisten.419 Im Rahmen dieses Individualschutzes steht daher nicht die Konfliktbewältigung zwischen Mehrheit und Minderheit im Vordergrund, sondern die Gewährung eines Mindestschutzes der individuellen Gesellschafterinteressen unabhängig von den Herrschaftsverhältnissen und der Rechtsform des Verbandes.420 Schutzsubjekt minderheitsschützender Maßnahmen kann aber auch die Minderheit in ihrer Verbundenheit als Minderheit gegenüber der Mehrheit sein, die vor ungerechtfertigten Eingriffen der Mehrheit in ihre schützenswerte Belange und nicht in die der einzelnen Mitgliedschaftsrechte geschützt werden soll.421 Auf diesen Schutz abzielende gesetzliche Maßnahmen werden in der Literatur auch als „eigentlicher Minderheitenschutz“, „Minderheitenschutz im engeren Sinne“ oder „kollektiver Minderheitenschutz“ bezeichnet. Ziel dieses Minderheitenschutzes ist es, die Minderheiten eines Verbandes vor den Gefahren einer ständigen Ungleichbehandlung durch die Mehrheit zu bewahren422 bzw. einen gerechten Interessensausgleich zu schaffen zwischen denjenigen, die Kontrolle ausüben und denjenigen, die von der Kontrolle ausgeschlossen sind.423 Erreicht wird dieser Schutz durch sog. Minderheitsrechte, zu deren Ausübung nicht ein Mitglied, sondern nur eine Anzahl von Gesellschaftern oder ein gewisser Kapitalbesitz ermächtigt ist.424 Unter Berücksichtigung der oben bereits dargestellten besonderen Organisationsstruktur der börsennotierten Aktiengesellschaft kann sich der Schutz der Minderheit auch auf den Aktionär als Kapitalanleger richten, der sein Vermögen als Kapitalanlage über den Kapitalmarkt dem Unternehmen zur Verfügung gestellt hat. In Abgrenzung zum Minderheiten- und Individualschutz ist Schwerpunkt dieses Kapitalanlegerschutzes nicht die unternehmerische Beteiligung mit ihren mitgliedschaftlichen Rechten, sondern die rein vermögensrechtliche Beteiligung. Geschützt werden danach Personen, die „sich durch Vermittlung des öffentlichen Kapitalmarktes mittelbar oder unmittelbar an Unternehmen zu Anlagezwecken beteiligen“. Diesen Personen soll ein über das vertriebsbezogene Kapitalmarktrecht hinausgehender zusätzlicher Interessensschutz gewährt werden,425 wobei nicht die

418 419 420 421 422 423 424 425

Wiechers, S. 20. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 357. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 418. Wiechers, S. 20. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 418. v. Falkenhausen, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 21. Brondics, S. 48. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 475.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Ordnung des Gesellschaftsverbands, sondern die Ordnung des Kapitalmarkts als Institution im Fokus steht. Für die nachfolgende Untersuchung des Minderheitenschutzes bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen bleibt der kapitalmarktrechtliche Schutz jedoch außen vor. Ebenfalls wird von einer Differenzierung zwischen Individual- und Minderheitenschutz abgesehen und Minderheitenschutz schlicht als die Gesamtheit aller Schutzinstrumente verstanden, die darauf abzielen, die (mitgliedschaftlichen oder vermögensrechtlichen) Interessen einzelner Aktionäre oder die der Minderheit in ihrer Verbundenheit vor Beeinträchtigungen durch eine grenzüberschreitende Verschmelzung zu schützen. Dies erscheint vor allem vor dem Hintergrund sinnvoll, dass eine derartige Differenzierung dem englischen Recht fremd ist und somit einer rechtsvergleichenden Betrachtung des Minderheitenschutzes eher abträglich als dienlich wäre. Dies ist auch legitim, wenn man berücksichtigt, dass sich Individualund Minderheitsrechts im Ergebnis nur graduell im Hinblick auf ihre Geltendmachung unterscheiden. Minderheitsrechte können daher auch als formell abgeschwächte Individualrechte betrachtet werden.426 Eine systematische Ordnung ist damit jedoch noch nicht erreicht. Auch hier finden sich in der deutschen Literatur unzählig viele Ansätze,427 von denen hier nur ein paar Ausgewählte kurz dargestellt werden sollen. bb) Differenzierung nach Schutzfunktion Ein funktionaler Ansatz sieht eine Einteilung in institutionellen Minderheitenschutz, subjektivrechtliche Mitgliedschaftsrechte, Minderheitsrechte und organschaftlichen Minderheitenschutz vor. Institutioneller Minderheitenschutz soll all denjenigen Schutz erfassen, der sich aus der Gestaltung der Verbandsorganisation, insbesondere durch Bestimmungen über die Legitimationsvoraussetzungen der Leitungs- und Mehrheitsherrschaft ergibt. Dazu gehören vor allem Regelungen über die Verantwortlichkeit der Organmitglieder, Berichtspflichten, Formalitätsvorschriften sowie objektivrechtliche Kontrollmechanismen.428 Subjektivrechtlicher Minderheitenschutz erfasst hingegen Informationsrechte und Klagerechte, die jedem einzelnen Aktionär zur Verfügung stehen und der sich größtenteils mit dem obigen Individualschutz deckt. Minderheitsrechte sollen hingegen den an bestimmte Anteilsquoren gebundenen Minderheitenschutz erfassen.429 Die Einsetzung von be426

Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 363. Vgl. nur Rübsaamen, S. 13 ff.; Funke, S. 40 ff.; K. Schmidt, S. 468 ff.; Raiser/Veil, § 12 Rn. 10 ff.; Eggert, S. 73 ff.; Hochheuser, S. 8 ff., 23 ff.; Brondics, S. 48 ff.; Wiechers, S. 26 ff.; Frenzel, S. 311 ff.; Lautenschleger, S. 35, Ernstberger, S. 4/5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 419 f.; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 98 ff., Behrens, S. 154, 163. 428 K. Schmidt, S. 468. 429 K. Schmidt, S. 469; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 381 f. 427

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

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sonderen, die Rechte der Minderheit schützenden Organen oder Vertretern der Minderheit in den Verbandsorganen statuiert den sog. organschaftlichen Minderheitenschutz.430 Einen solchen sieht jedoch weder das deutsche noch das englische Recht vor. Der deutsche Aufsichtsrat nimmt zwar mittelbar auch eine Kontrollfunktion hinsichtlich des Vorstandes und der Mehrheit zugunsten der Minderheit ein, seine Tätigkeit dient jedoch dem Verbandsinteresse allgemein und ist nicht des Minderheitswillens wegen geschaffen. Er ist vielmehr dem institutionellen Schutz zuzuordnen. Eben Gesagtes gilt auch in Bezug auf den non-executive director in der englischen plc. Ihm obliegt zwar eine gewisse Kontrolle der geschäftsführenden Direktoren. Eine Überwachung des Mehrheitsverhaltens wird davon jedoch nicht erfasst. cc) Weitere Differenzierungsansätze Weitere gängige Ansätze sprechen sich für Aufteilung in starren und beweglichen Minderheitenschutz,431 in aktive und passive Minderheitsrechte432 sowie die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Minderheitenschutz aus.433 Von einem mittelbaren Minderheitenschutz wird ausgegangen, wenn der Mechanismus dazu dient, festzulegen, ob überhaupt eine entsprechende Maßnahme durchgeführt werden soll. Er findet insofern im Vorfeld der Maßnahme Anwendung und ist durch Informationspflichten, Einsichtsrechte und Berichtspflichten sowie Anforderungen an den Hauptversammlungsbeschluss geprägt. Unmittelbarer Minderheitenschutz soll hingegen gewährleisten, dass die Aktionäre durch eine bereits beschlossene Maßnahme nicht schlechter gestellt werden und findet seinen Ausdruck in Ausgleichs- und Abfindungsansprüchen sowie Schadensersatzansprüchen und Bezugsrechten.434 Andere differenzieren wiederum anhand der Rechtstechnik der gesetzgeberischen Normierung von Minderheitenschutzinstrumenten. Im Vordergrund der Differenzierung steht die Flexibilität der mehrheitsmachtbegrenzenden Regelung. Unterschieden wird zwischen starren Schranken des Mehrheitsprinzips, die gesetzliche Schutzvorschriften mit genau umrissenem Anwendungsbereich erfassen, und flexiblen Bestimmungen, die flexibel anwendbar sind.435 Erstere setzen sich aus all denjenigen gesetzlichen Schutzvorschriften zusammen, deren Regelungsinhalt und

430

K. Schmidt, S. 470; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 422. Ernstberger, S. 4, 105; Wiechers, S. 32 ff.; Lautenschleger, S. 33 ff., Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 99 f. 432 Rübsaamen, S. 82, 165; Hochheuser, S. 8 ff. (positive und negative Minderheitsrechte). 433 Bujalka, S. 88 ff. 434 Bujalka, S. 88. 435 Zechlin, S. 59 ff., S. 111 ff.; Lautenschleger, S. 34 f.; Wiechers, S. 32; Ernstberger, S. 4 ff., S. 91 ff. 431

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

-ziel der Schutz von Minderheiten in Verbänden ist.436 Im Rahmen dessen verfolgen viele Untersuchungen eine Aufteilung in positive bzw. aktive und negative bzw. passive Regelungen. Während die negativen oder passiven Regelungen einen Schutz erzeugen, indem sie die Ausübung von Mehrheitsherrschaft begrenzen, eröffnen positive Minderheitsrechte den Aktionären eigene Handlungsmöglichkeiten.437 Die flexiblen Schranken beruhen hingegen auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die in ihrem Anwendungsbereich gar nicht oder nur geringfügig durch den Gesetzgeber konkretisiert wurden und einer inhaltlichen Gestaltung durch die Rechtsprechung im Einzelfall unterliegen.438 Sie erlangen insbesondere dort an Bedeutung, wo die starren Mechanismen nicht ausreichend sind, um eine materielle Gerechtigkeit sicherzustellen. Insofern wird im Rahmen der flexiblen Mechanismen auch von der Gerichtskorrektur des Gesetzesunrechts gesprochen.439 dd) Eigener Ansatz Für die vorliegende Untersuchung soll auf keine dieser systematischen Ordnungen zurückgegriffen werden. Dies ist vor allem darin begründet, dass die Regelungssystematik der Verschmelzungsrichtlinie selbst eine eigene Systematik hinsichtlich des Minderheitenschutzes vorgibt. Gemäß Art. 4 Abs. 1 (b), Abs. 2 VRL haben an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaften nämlich die Vorschriften und Formalitäten des für sie geltenden innerstaatlichen Rechts einzuhalten, zu denen insbesondere Bestimmungen über den Schutz der Anteilsinhaber zählen. Ferner sind die Mitgliedstaaten ermächtigt eigene Vorschriften zu erlassen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsgesellschafter, die die grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt haben, zu gewährleisten. Dementsprechend kann sich ein Schutz der Minderheiten zum einen aus den von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Vorschriften der VRL ergeben, sofern diese denn einen Schutz gewährleisten (,Obligatorischer Minderheitenschutz‘). Zum anderen kann sich ein Schutz der Minderheit aus dem nationalen allgemein geltenden Recht der jeweiligen Mitgliedstaaten ergeben, das, wie sich aus Art. 4 VRL ergibt, ebenso zur Anwendung kommt und der Gestaltungsfreiheit des jeweiligen Mitgliedstaat unterliegt (,Autonomer Minderheitenschutz‘).

III. Zwischenergebnis Teil 2 Aus den vorstehenden Ausführungen ergeben sich folgende Schlussfolgerungen.

436 437 438 439

Wiechers, S. 32. Hochheuser, S. 8 ff. Ernstberger, S. 109. Lautenschleger, S. 47.

C. Interessenkonflikte und Majoritätsprinzip

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Die deutsche AG und englische plc. eignen sich als Bezugsobjekt für den anstehenden Rechtsvergleich des deutschen und englischen Verschmelzungsrechts, da ihre Organisationsstrukturen im Wesentlichen gleich sind. Auf die relevanten Abweichungen hinsichtlich der Kapital- und Organisationsverfassung wird im Verlauf der Untersuchung zurückzukommen sein, an dieser Stelle soll jedoch von einer Wiederholung abgesehen und auf die jeweiligen Zwischenauswertungen verwiesen werden. Beide Organisationsstrukturen sind durch vertikale und horizontale Interessenkonflikte geprägt, im Rahmen derer Minderheitsgesellschafter, also diejenigen Aktionäre, die keinen entscheidenden Einfluss auf die Willens- und Entschlussbildung nehmen können, von der wirtschaftlichen Entwicklung der Organisation aber direkt betroffen sind, in zweifacher Hinsicht einer überwiegender Macht ausgesetzt sind. Soweit Wissen Macht bedeutet, sind Minderheitsgesellschafter aufgrund einer in Aktiengesellschaften vorherrschenden Informationsasymmetrie der Wissensmacht des Leitungsorgans und des Mehrheitsaktionärs unterlegen. Grenzüberschreitende Verschmelzungen stellen zwar keine Geschäftsführungsmaßnahme des Leitungsorgans dar, sondern unterfallen der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung. Die Aktionäre sind jedoch für ihre Entscheidungsfindung auf die Informationen des Leitungsorgans angewiesen, um eine fundierte Entscheidung über die Verschmelzung zu treffen, so dass sich die Frage des Minderheitenschutzes auch auf der vertikalen Ebene stellt. Dieser kann insbesondere durch Informations- und Überwachungsregeln bewirkt werden, zu deren Einhaltung das Leitungsorgan am effektivsten durch die Androhung von Sanktionen angehalten werden kann. Neben Informationspflichten und -rechten kommen insbesondere externe Prüfungspflichten und Überwachungsgremien wie der deutsche Aufsichtsrat in Betracht. Da die Organisationsverfassung der englischen plc. keinen Aufsichtsrat vorsieht, wohnt ihr im Vergleich zur deutschen AG strukturbedingt eine höhere Missbrauchs- und Manipulationsgefahr von Seiten des Mehrheitsgesellschafters inne, da dieser über die Abberufung des Leitungsorgans bestimmt und somit über mehr Einflussmöglichkeiten verfügt. Im Zweifel kann er sich die Informationsmacht des Leitungsorgans zu Eigen machen. Auf der horizontalen Ebene werden Minderheitsgesellschafter wiederum der Stimmrechtsmacht und damit dem Willen der Mehrheit unterworfen. Der Gesetzgeber beider Rechtsordnungen hat sich insofern für die grundsätzliche Geltung des Mehrheitsprinzips entschieden, mit der Folge, dass Minderheitsgesellschafter mit ihrer mitgliedschaftlich gewährleisteten Stimme keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung in der Hauptversammlung nehmen können. Als rechtstechnische Notwendigkeit für die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft ist das Mehrheitsprinzip zum einen durch den Gedanken legitimiert, dass Mehrheitsbeschlüsse eine gewisse Richtigkeitsgewähr in sich tragen, und zum anderen, dass jeder Aktionär bei Eintritt in die Gesellschaft sein Einverständnis erklärt hat.

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Teil 2: Grundlagen des Minderheitenschutzes

Dies gilt jedoch nur soweit, wie der Mehrheitswille auf die Verfolgung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks gerichtet ist und die mitgliedschaftlichen Rechte der Minderheit gewahrt werden. Die Legitimation der Mehrheit endet daher dort, wo ihre Entscheidungsfindung nicht mehr ausschließlich der funktionsgerechten verbandlichen Zweckerfüllung, sondern der Verfolgung eigensüchtiger Zielen dient. Da Mehrheitsgesellschafter aber nicht notwendigerweise die Förderung des gemeinsamen Verbandszwecks im Sinne einer Steigerung der Werthaltigkeit des Unternehmens, sondern eine Geschäftspolitik verfolgen, die einer zweckfremden, eigennützigen Nutzenoptimierung dient und zulasten des Wohls der Aktiengesellschaft gehen kann, ist ein Schutz der Minderheit als Korrektiv zum Mehrheitsprinzip erforderlich. Dieser kann wiederum durch eine Vielzahl von Schutzinstrumenten erfolgen. An erster Stelle steht auch hier eine umfassende Information der Minderheitsgesellschafter, die ihnen eine Überprüfung der Entscheidung ermöglicht. Dieser Schutz kann durch Berichtspflichten und Informationsrechte sowie insbesondere durch externe Prüfungen bewirkt werden. Gesetzlich zwingende Formvorschriften begründen zudem einen verfahrenstechnischen Schutz. Ein vermögensrechtlicher Schutz kann neben gesetzlichen Standards durch die Gewährung gesonderter Minderheitsrechte, wie beispielsweise von Abfindungs- und Austrittsrechten, hergestellt werden. Im Mittelpunkt des Minderheitenschutzes dürften jedoch prozessuale Klagerechte stehen, die den Minderheitsgesellschaftern einen gerichtlichen Rechtsschutz vor missbräuchlichen Mehrheitsentscheidungen gewährleisten. Welcher Minderheitenschutz nach dem hier zu Grunde gelegten Verständnis bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Seiten des Europäischen Gesetzgebers in der VRL sowie darüber hinausgehend im deutschen und englischen Recht vorgesehen ist, ist Gegenstand des nachfolgenden Rechtsvergleiches in Teil 3 und Teil 4.

Teil 3

Obligatorischer Minderheitenschutz A. Allgemeine Regelungssystematik I. Regelungssystematik der Richtlinie Die Struktur der Verschmelzungsrichtlinie (,VRL‘) beruht im Sinne des europarechtlichen Subsidiaritätsprinzips (Art. 5 AEUV) und der bereits angesprochenen kollisionsrechtlichen Vereinigungslehre auf dem ,Prinzip der subsidiären Anwendbarkeit des jeweiligen nationalen Rechts‘.1 Danach muss jede an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft die Vorschriften und Formalitäten des für sie geltenden innerstaatlichen Rechts einhalten, wenn und soweit sich aus der VRL nicht etwas anderes ergibt, Art. 4 Abs. 1 (b) S. 1 VRL. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung bedarf also stets des Zusammenspiels der – durch die VRL zumindest teilweise harmonisierten – nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten, deren Recht die beteiligten Gesellschaften unterliegen.2 Der Europäische Gesetzgeber hat allerdings keine Regelung getroffen, wie voneinander abweichende einzelstaatliche Verschmelzungsregeln miteinander in Einklang zu bringen sind. Insofern verbleibt in diesen Fällen nur ein Rückgriff auf die dargelegte Vereinigungslehre, nach der sich die strengere Regelung im Zweifel durchsetzt.3

II. Umsetzungssystematik in Deutschland Die Vorgaben der VRL (und die der SEVIC Entscheidung4) wurden in Deutschland durch das 2. UmwÄndG5 in einen gesonderten Abschnitt des bereits

1 Ugliano, E.B.L.R. 2007, S. 585 (599); Rickford, E.B.L.R. 2005, S. 1402; Grundmann, European Company Law, S. 579 f.; Frischhut, EWS 2006, S. 55 (57); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402); Lutter-Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 5. 2 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122a UmwG, Rn. 2; Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1083) Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 16. 3 Vgl. die Ausführungen über die Durchführungshindernisse, Teil 1 C. III. 4 EuGH, Rs. C-411/03, Slg. 2005, I-10805 (SEVIC). 5 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19. 4. 2007, BGBl. I, S. 542.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

bestehenden Umwandlungsgesetzes6 (,UmwG‘) eingefügt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich insofern dafür entschieden, die grenzüberschreitende Verschmelzung in Form von Sondervorschriften in das Allgemeine Umwandlungsrecht einzubetten und im Übrigen mit Hilfe einer Generalverweisung in § 122a Abs. 2 UmwG auf die bereits bestehenden Verschmelzungsvorschriften zurückzugreifen,7 die größtenteils im Wege der dritten Fusionsrichtlinie8 (,FRL‘) für Aktiengesellschaften gemeinschaftsweit angepasst wurden. Diese Generalverweisung ist allerdings in zweifacher Hinsicht beschränkt. Zum einen erstreckt sich die Verweisung nur auf diejenigen allgemeinen Umwandlungsvorschriften, die auf verschmelzungsfähige Kapitalgesellschaften i.S.d. § 122b UmwG Anwendung finden. Zum anderen kommt die Generalverweisung nur zur Anwendung, wenn und soweit sich aus den besonderen Vorschriften über die grenzüberschreitende Verschmelzung (§§ 122a – 122l UmwG) nicht etwas anderes ergibt. Dies ist der Fall, wenn die §§ 122a ff. UmwG in einem bestimmten Punkt ausdrücklich eine abweichende Sonderregelung enthalten.9 Für die hier betrachtete börsennotierte Aktiengesellschaft sind insofern die §§ 2 – 38, 60 – 76 UmwG unter dem Vorbehalt einer vorrangigen Regelung in den §§ 122a ff. UmwG stets mit zu berücksichtigen.

III. Umsetzungssystematik in England In England wurde die Umsetzung der Vorschriften der VRL durch den Erlass eines völlig neuen und eigenständigen (self-standing)10 Gesetzes – den sog. ,Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007‘11 (,CR 2007) – im Wege des delegated law12 vollzogen, die ausschließlich die grenzüberschreitende Verschmelzung englischer companies mit Kapitalgesellschaften der EWG13 regeln.14 6

Umwandlungsgesetz v. 28. 10. 1994, BGBl. I, S. 3210, zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes (3. UmwÄndG) v. 11. 07. 2011, BGBl. I, S. 1338. 7 Vetter, AG 2006, S. 613 (615); Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 14. 8 Dritte Richtlinie 78/855/EWG v. 9. 10. 1978, ABl. L 295/36, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/109/EG v. 16. 0. 2009, ABl. L 259/14. 9 Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 30; Widmann/Mayer-Heckschen, § 122a UmwG, Rn. 94. 10 Vgl. DTI, A consultative Document, März 2007, S. 6, 13. 11 Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, v. 16. 10. 2007, S. I. 2007/2974, zuletzt geändert durch Part 4 der Companies (Reporting Requirements in Mergers and Devisions) Regulations 2011, v. 1. 8. 2011, S. I. 2011/1606, S. 14. 12 Siehe die Ausführungen über die Gesetzessystematik des englischen Rechts, Teil 2 A. II. 1. 13 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, in England bezeichnet als EEA. 14 Vgl. regulations 2 und 3 CR 2007 (meaning of cross-border mergers, transferor, transferee companies und EEA companies).

A. Allgemeine Regelungssystematik

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Wie bereits festgestellt, finden sich die Vorgaben der FRL über nationale Verschmelzungen von Aktiengesellschaften in den Vorschriften des Part 26 des CA 2006. Im Ergebnis werden damit die nationale und die grenzüberschreitende Verschmelzung in zwei separaten und voneinander losgelösten Regelwerken normiert.15 Laut der Gesetzesbegründung war es zwar das ausdrückliche Ziel des englischen Gesetzgebers, die Umsetzung der VRL mittels eines „light touch“ zu vollziehen, bei dem die Regelungen über die innerstaatliche Verschmelzung soweit wie möglich für grenzüberschreitende Verschmelzungen beibehalten werden.16 Inwiefern aber ein Rückgriff auf die sections 904 ff. des Part 26 CA 2006 oder auf andere gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des CA 2006 zulässig ist, ließ der Gesetzgeber offen. Für einen abschließenden Regelungscharakter könnte zunächst die Stellungnahme der englischen Behörde für Handel und Industrie17 in ihrem Konsultationspapier18 zu den CR 2007 sprechen. Darin bezeichnet sie die CR 2007 als ein „single set of self-standing regulations covering both company law and employee participation aspects of the Directive“19, also als eine gebündelte Reihe von eigenständigen Vorschriften, die sowohl die gesellschaftsrechtlichen als auch die Aspekte der Arbeitnehmerbeteiligung der Richtlinie abdecken. Des Weiteren enthalten die regulations 3, 4, 5 (4) und 12 (6) der CR 2007 enumerative Verweise auf vereinzelte Vorschriften des CA 2006, was ebenfalls für einen abschließenden Regelungscharakter der CR 2007 und gegen einen generellen Rückgriff auf die CA 2006 spräche. Diese Argumentation ließe jedoch die Ermächtigungsgrundlage der section 2 (2) des European Communities Act 1972, auf Grundlage derer die CR 2007 erlassen wurde, außer Acht. Danach obliegt es der delegierten Gesetzgebung,20 europäische Gesetzesvorgaben in das englische Recht umzusetzen. Der berufene Minister, in diesem Fall der Secretary of State (,SoS‘) des Department of Trade and Industry (,DTI‘),21 ist im Rahmen dessen aber auf den Erlass von Statutory Instruments oder Regulations beschränkt, das heißt er kann nicht unmittelbar den Gesetzestext von parlamentarischen Gesetzen, wie den CA 2006, ändern, sondern muss stets ein gesondertes Gesetz in Form von Regulations erlassen.22

15

Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 29-14, Fn. 84. Vgl. DTI, A consultative Document, März 2007, S. 13. 17 Ehemals Department of Trade and Industrie (DTI), seit Umbenennung heißt sie: Department for Business, Enterprise and Regulatory Reform (BERR). 18 DTI, A Consultativ Document, March 2007, S. 13. 19 DTI, A Consultativ Document, March 2007, Ziff. 3.2, S. 13. 20 Siehe die Ausführungen über die Gesetzessystematik des englischen Rechts Teil 2 A. II. 1. 21 Heute umbenannt in: ,Department of Business, Enterprise and Regulatory Reform‘ (,BERR‘). 22 Zander, Law-Making Process, S. 27. 16

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Der SoS hätte allerdings eine Anbindung der Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung an den CA 2006 bewirken können, indem er die Vorschriften der CR 2007 als Änderungen des CA 2006 ausweist, so wie es im Falle der Umsetzung der Aktionärsrichtlinie23 geschehen ist.24 Gründe für das Absehen von einer derartigen Umsetzungsgestaltung sind nicht bekannt. Dem Gesetzgeber war allerdings viel daran gelegen, die Umsetzung der VRL möglichst einfach und überschaubar zu gestalten.25 Im Unterschied zu deutschen Änderungsgesetzen werden die in den Regulations angeordneten Änderungen von Parlamentsgesetzen aber solange nicht in den Originaltext des Parlamentsgesetzes aufgenommen, bis das Parlament die Anpassung vornimmt. Wie die Anpassung des CA 2006 an die Änderungen des CA 1985 zeigt, erfolgt eine Anpassung in England jedoch nur in großen zeitlichen Abständen, so dass der Rechtsanwender bis dahin die Änderungen des Parlamentsgesetzes jeweils anhand der gesonderten Regulations nachverfolgen muss.26 Eine Umsetzung der VRL in Form einer Änderung des CA 2006 hätte daher nicht notwendiger Weise zu einer vereinfachten Rechtsanwendung geführt. Mit über 66 Vorschriften stellen die CR 2007 vor allem ein recht komplexes Regelungsgefüge dar, welches teils aus gesellschaftsrechtlichen und teils aus arbeitnehmerrechtlichen Aspekten besteht. Vor dem Hintergrund, dass der CA 2006 als das umfangreichste Regelungswerk der englischen Gesetzgebungsgeschichte27 nach siebenjähriger Entwicklungszeit exakt in dem Zeitraum fertiggestellt war, als die VRL umgesetzt werden musste, wird der Gesetzgeber sich wohl aus rein redaktionellen und pragmatischen Gründen gegen eine Einfügung der Vorschriften in den CA 2006 entschieden haben. Darüber hinaus wäre es schon wegen der beschränkten Gesetzgebungskompetenz des SoS verfehlt, aus der Eigenständigkeit der CR 2007 einen abschließenden Regelungscharakter abzuleiten. Die Ermächtigung nach section 2 (2) European Communities Act 1972 ist nämlich auf die Implementierung von Rechtsfragen beschränkt, die in der Richtlinie vorgegeben sind. Der SoS ist daher nicht ermächtigt, über die Regelungsaspekte der Richtlinie hinausgehende Vorschriften zu erlassen.28 Da aber der Großteil europäischer Gesetzesvorgaben gerade im Bereich des Gesellschaftsrechts häufig nur Teilaspekte regelt, im Übrigen aber nationales (har23

Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17. The Companies (Shareholders’ Rights) Regulations 2009, S. I. 2009/1632. 25 DTI, A Consultative Document, March 2007, Ziff. 3.2, S. 13. 26 Zander, Law-Making Process, S. 27. 27 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 3-2; Mayson/French/Ryan, Rn. 1.5.1.3; Boyle & Birds’, Company Law, S. 12. 28 DTI: „The power under that Act is restricted to matters arising out of or related to implementation of European obligations (i. e. there would be limited capacity to make provision going beyond the scope of the Directive, for instance to make reforms more generally in relation to merger procedures)“, Ziff. 3.2, A Consultative Document, March 2007, S. 13. 24

B. Verschmelzungsfähige Gesellschaften

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monisiertes) Gesellschaftsrecht voraussetzt, bedeutet dies zugleich auch, dass der zuständige Minister bei Erlass der Regulations die Anwendbarkeit allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Regelungen voraussetzen muss. Aus der Beschränkung der Gesetzgebungskompetenz folgt somit im Umkehrschluss die zwingende Notwendigkeit, auf allgemeine Bestimmungen des CA 2006 zurückzugreifen und mithin die Feststellung, dass die CR 2007 nicht abschließender Regelungsnatur sind. Im Übrigen sind nach der Anleitung des Gesetzgebers29 bei der Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auch die Vorschriften des im CA 2006 verankerten30 takeover panels31 zu beachten, obwohl die CR 2007 keinen enumerativen Verweis auf diese Vorschriften enthalten. Die Vorschriften des CA 2006 kommen daher als lex generalis immer dort zur Anwendung, wo die CR 2007 als lex specialis keine Regelungen enthalten.

B. Verschmelzungsfähige Gesellschaften I. Anwendungsbereich der Richtlinie Der Anwendungsbereich der VRL ist gemäß Art. 1 VRL auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften beschränkt, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und die ihren satzungsmäßigen Sitz, Hauptverwaltungssitz oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, sofern mindestens zwei der Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Art. 2 VRL definiert Kapitalgesellschaften als solche i.S.d. Art. 1 der ersten Richtlinie32 und im Übrigen als Gesellschaften, die Rechtspersönlichkeit besitzen und über ein gesondertes Gesellschaftsvermögen verfügen, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet und die nach den für sie maßgeblichen Recht Schutzbestimmungen i.S.d. ersten Richtlinie im Interesse der Gesellschafter und Dritten einzuhalten haben. Aus deutscher Sicht werden gemäß Art. 1 der ersten Richtlinie die Aktiengesellschaft, die GmbH und die KG.a.A. von dem Anwendungsbereich der VRL erfasst. Englische Kapitalgesellschaften sind gemäß Art. 1 der ersten Richtlinie hingegen nur companies incorporated with limited liability, so dass neben den partnerships und die company limited by guarantee without a share capital von dem 29

Guidance on the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, Ziff. 3.1; abrufbar unter: http://www.berr.gov.uk/files/file41862.doc. 30 Vgl. Part 28 Companies Act 2006. 31 Abrufbar unter: http://www.thetakeoverpanel.org.uk/the-code/download-code. 32 Richtlinie 68/151/EWG v. 9. 3. 1968, ABl. L 65/8, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/ 99/EG v. 20. 11. 2006, ABl. 363/137.

170

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Anwendungsbereich der VRL ausgenommen sind. Für Letztere folgt dies aus der Einschränkung des Art. 2 Ziff. 1 lit. b) VRL, der ein gesondertes Haftungskapital der Gesellschaft vorschreibt, über das die company limited by guarantee without share capital nicht verfügt. Im Ergebnis gelten die Verschmelzungsvorgaben der VRL damit nicht für grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Gesellschaften aus Drittstaaten und auch nicht für Personengesellschaften. Eine weitere Einschränkung folgt zudem aus Art. 4 Abs. 1 lit. a) VRL, demzufolge grenzüberschreitende Verschmelzungen nur zulässig sind, soweit das jeweils betroffene einzelstaatliche Recht eine Verschmelzung derartiger Gesellschaftsformen zulässt.33

II. Personeller Anwendungsbereich der §§ 122a ff. UmwG Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der VRL nahezu identisch in §§ 122a, b UmwG übernommen, so dass auch nach dem deutschen Recht nur Kapitalgesellschaften verschmelzungsfähig sind, von denen mindestens eine dem deutschen Gesellschaftsstatut und eine weitere dem Gründungsrecht eines anderen Mitgliedstaates unterliegen muss.34 Für die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts kommt es, wie bereits festgestellt, nicht auf die Lokalisierung des Verwaltungssitzes, sondern auf das Gründungsrecht an.35 Darüber hinaus gilt aber die Sitztheorie in Deutschland fort.36 Im Falle einer Hineinverschmelzung einer englischen auf eine neu zu gründende deutsche Gesellschaft (,deutsche NewCo‘) hat dies zur Folge, dass der Verwaltungssitz der deutschen NewCo ebenfalls in Deutschland zu lokalisieren ist.

III. Personeller Anwendungsbereich der CR 2007 Der englische Gesetzgeber hat ebenfalls von einer überschießenden Umsetzung abgesehen und die grenzüberschreitende Verschmelzung nur für Kapitalgesellschaften zugelassen. Gemäß regulations 2 (2)–(4), 3 (1) CR 2007 setzt eine grenzüberschreitende Verschmelzung die Beteiligung von mindestens einer company i.S.d. section 1 CA

33

Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 3, 4. Widmann/Mayer-Heckschen, § 122a UmwG, Rn. 66, 71; Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 22. 35 Vgl. die Ausführungen über die kollisionsrechtlichen Hindernisse, Teil 1 C. I. 4.; sowie Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 23. 36 Vgl. die Ausführungen über die kollisionsrechtlichen Hindernisse und deren Korrektur durch die Niederlassungsfreiheit, Teil 1 C. I. 1. und 4. 34

B. Verschmelzungsfähige Gesellschaften

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2006 und mindestens einer weiteren Gesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt, voraus. Companies i.S.d. section 1 CA 2006 sind wiederum all solche, die nach englischem Recht gegründet und nach den Vorschriften des CA 2006 registriert sind, section 1 (1) CA 2006. Für alle weiteren Gesellschaften, einschließlich ausländischer Gesellschaften, finden die Vorschriften der CR 2007 keine Anwendung, da ein entsprechender Verweis sowohl in den CR 2007 als auch in den besonderen Vorschriften des CA 2006 auf die CR 2007 nicht existiert.37 Entsprechend der Vorgabe aus Art. 1 VRL sind gemäß regulation 3 (1) CR 2007 ferner companies limited by guarantee without share capital und companies, die sich in Abwicklung befinden, vom Anwendungsbereich der CR 2007 ausgenommen.38 Im Unterschied zum deutschen Recht ist allerdings die Verschmelzung ausländischer Gesellschaften auf eine in England neu zu gründende Gesellschaft (,englische NewCo‘) möglich, ohne dass der Verwaltungssitz der englischen NewCo in England gelegen sein muss. Die Gesellschaften können sich das Gesellschaftsstatut somit unabhängig von der Lokalisierung ihrer wirtschaftlichen Betätigung frei auswählen.

IV. Rechtsvergleich Hinsichtlich der Verschmelzungsfähigkeit ergeben sich sowohl im Verhältnis zur VRL als auch im Verhältnis der Rechtsordnungen zueinander keine Unterschiede. Insbesondere sind die deutsche AG und englische plc. nach beiden Rechtsordnungen verschmelzungsfähig, so dass sich diesbezüglich keine Verschmelzungshindernisse ergeben. Grenzüberschreitende Verschmelzungen zwischen Personengesellschaften, wie beispielsweise zwischen der LLP und OHG, sind von den Regelungen des grenzüberschreitenden Verschmelzungsverfahrens aber weiterhin ausgenommen. Auch wenn eine höchstrichterliche Entscheidung des EuGH über den niederlassungsrechtlichen Schutz von grenzüberschreitenden Verschmelzungen zwischen Personengesellschaften noch nicht ergangen ist, wäre eine Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Personengesellschaften zu begrüßen gewesen. Von einer weiteren Vertiefung wird an dieser Stelle jedoch abgesehen.

37 Vgl. auch die Ausführungen über die Anwendbarkeit der sections 809 ff. CA 2006 auf ausländische Gesellschaften, Teil 1 C. II. 2. e). 38 Palmer’s-Davies/Geoffrey, Rn. 12.409.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

C. Gemeinsamer Verschmelzungsplan Den Dreh- und Angelpunkt des Verschmelzungsverfahrens bildet der ,gemeinsame Verschmelzungsplan‘ (draft terms of merger) i.S.d. Art. 5 VRL, in dem die wesentlichen Bedingungen der Verschmelzung durch die Leitungsorgane der beteiligten Gesellschaften gemeinsam festzulegen sind und der gemäß Art. 6 VRL spätestens ein Monat vor der Gesellschafterversammlung bekanntzugeben ist. Den Aktionären der verschmelzenden Gesellschaften soll somit Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig vor der Beschlussfassung mit den Einzelheiten der Verschmelzung auseinanderzusetzen und sich ein Bild über den geplanten Vorgang zu machen.39

I. Vorgaben der Richtlinie, Artt. 5, 6 VRL 1. Begriff und Rechtsnatur Der Begriff des Verschmelzungsplans, wie er in der VRL als auch schon in der FRL40 verwendet wird, stellt einen bisher unbekannten Rechtsbegriff dar, der insbesondere in Deutschland zu vielseitigen Diskussionen über dessen Rechtsnatur geführt hat. Während sich ein Teil der deutschen Literatur für einen ,schuldrechtlichen Vertrag‘41 ausspricht, klassifiziert ihn die überwiegende Ansicht als einen rein ,gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt.42 In England hat diese Überlegung hingegen weder in die akademische Auseinandersetzung noch in die Gesetzesbegründungen zu den CR 2007 Eingang gefunden. Die einseitige Gestaltung der Umsetzungsvorschrift regulation 7 CR 200743 spricht aber eher für einen (einseitigen) Organisationsakt. Der europäische Gesetzgeber entschied sich allerdings schon bei Erlass der FRL bewusst für diesen neutralen Begriff, um so den unterschiedlichen Verschmelzungspraktiken in den Mitgliedstaaten gerecht zu werden.44 Während einige Staaten 39

Edwards, EC Company Law, S. 103. Art. 5 Abs. 1 FRL. 41 Krause/Kulpa, ZHR 71 (2007), S. 38 (56); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (251); Vetter, AG 2006, S. 613 (617); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (579); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1083). 42 Kiem, WM 2006, S. 1091 (1094); BFH, Urteil v. 22. 08. 1990, I R 27/86, Rn. 13/14; Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2006, S. 737 (740); Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 15; Schumacher, S. 11 f.; Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 3; KallmeyerMarsch-Barner, § 122c UmwG, Rn. 4; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 122c UmwG, Rn. 5; Frenzel, RIW 2008, S. 12 (15); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (837); Forsthoff, DStR 2006, S. 613 (614); Winter, Der Konzern 2007, S. 24 (33). 43 Vgl. die Ausführungen über die Umsetzung von Art. 5 VRL in das englische Recht, Teil 3 C. III. 2. 44 Kommissionsvorschlag zur Dritten Richtlinie v. 12. 6. 1970, KOM (70) 633 [1970] OJ C89/20, S. 6; abgedr. in Bulletin der Europäischen Gemeinschaft/Beilagen 5/70. 40

C. Gemeinsamer Verschmelzungsplan

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nämlich den Abschluss eines Vertrages durch die Leitungsorgane vorsahen, war in anderen lediglich die Aufstellung eines Entwurfs mit anschließender Abstimmung durch die Gesellschafterversammlung vorgesehen. Andere wiederum untersagten den Abschluss irgendeines Vertrages, bevor die Gesellschafterversammlung nicht darüber abgestimmt hat.45 Da die VRL somit selbst keine Vorgaben hinsichtlich der Rechtsnatur des Verschmelzungsplans enthält und zudem auch keine Relevanz für den Minderheitenschutz ersichtlich ist, soll an dieser Stelle nicht weiter auf die Rechtsnatur des Verschmelzungsplans eingegangen werden. 2. Einheitlichkeit und abschließender Regelungsgehalt Hervorzuheben ist aber, dass es sich – wie im Wortlaut zahlreicher Vorschriften der VRL zum Ausdruck gebracht wird46 – bei dem Verschmelzungsplan um „ein einheitliches Gestaltungswerk“ handelt, dessen Inhalt von den Organen der beteiligten Gesellschaft gemeinsam festzulegen ist und der gleich lauten muss.47 Insofern setzt Art. 5 VRL zwingend die Zusammenarbeit zwischen den Leitungsorganen der sich verschmelzenden Gesellschaften voraus48 und gewährleistet gleichzeitig eine Kongruenz der Verschmelzungsbedingungen. Zu diesem Zweck sieht Art. 5 VRL einen Katalog von Inhaltsangaben vor, die der Verschmelzungsplan mindestens zu enthalten hat. Fraglich ist, ob diesen Regelungsvorgaben eine abschließende Wirkung zukommt oder aber die Mitgliedstaaten befugt sind, über dessen Mindestangaben hinaus weitere Angaben vorzusehen. Der überwiegende Teil des deutschen Schriftums spricht sich unter Berufung auf den 4. Erwägungsgrund der VRL und der Parallelvorschrift des Art. 20 SE-VO für einen abschließenden Regelungscharakter aus.49 Ersterer besagt, dass der Verschmelzungsplan gleich lauten muss. „Es sollte daher festgelegt werden, welche Angaben der Verschmelzungsplan mindestens enthalten muss, wobei den Gesellschaften gleichzeitig die Möglichkeit zu geben ist, weitere 45

Edwards, EC Company Law, S. 103; Klein, RNotZ 2007, S. 565 (579). Vgl. den 4. Erwägungsgrund („Der gemeinsame Plan … muss … gleichlauten“) sowie die Artt. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 8 Abs. 2 VRL („Gemeinsame Prüfung des Verschmelzungsplans“), 9 Abs. 1 („gemeinsamer Plan“) in Abgrenzung zu: „für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften … ein bestimmter Bericht“ in den Artt. 8 Abs. 1, 9 Abs. 1. 47 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (455); Ugliano, E.B.L.R. 2007, S. 585 (602). 48 Edwards, EC Company Law, S. 103. 49 Maul/Teichmann/Wenz, BB 2003, S. 2633 (2637); Kallmeyer, AG 2007, S. 472 (475); Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (727); Semler/Stengel-Drinhausen, § 122c UmwG, Rn. 11; Halasz/Kloster,DStR 2004, S. 1325 (1326); wohl auch Neye/Timm, GmbHR 2007, S. 561 (562); Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB-Special 2006, S. 1 (14); Koppensteiner, Der Konzern 2006, S. 40 (54); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025), Müller, ZIP 2004, S. 1790 (1793); Frischhut, EWS 2006, S. 55 (58), Fn. 52. 46

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Angaben zu vereinbaren.“50 Der Auffassung ist zwar zuzugestehen, dass eine abschließende Festlegung des Verschmelzungsplaninhalts zu einer maximalen Kongruenz der Verschmelzungsbedingungen führt und somit abweichungsbedingte Verfahrenshindernisse ausschließt. Im Ergebnis vermag die Auffassung jedoch nicht zu überzeugen. Bereits der Wortlaut des 4. Erwägungsgrundes („mindestens“) lässt einen derartigen Rückschluss nicht eindeutig zu, sondern spricht vielmehr für die Intention des Europäischen Gesetzgebers, gemeinschaftsweit lediglich einen Mindestkatalog zu schaffen, der einer darüber hinausgehenden Ergänzung durch die Mitgliedstaaten nicht entgegensteht. Dies findet auch Ausdruck in Art. 5 VRL, nach dem der Verschmelzungsplan „mindestens“ die folgenden Angaben zu enthalten hat. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere der Parallelwertung zu Art. 20 Abs. 1 SE-VO zu widersprechen, der eine dahingehende Mindestregelung nicht enthält.51 Der Umkehrschluss aus dem 4. Erwägungsgrund, die ausdrückliche Regelung der Ersetzungsbefugnis der Gesellschaften schließe eine entsprechende Befugnis der Mitgliedstaaten aus, sowie die Parallelwertung zu Art. 20 Abs. 2 SE-VO übersieht zudem die unterschiedliche Regelungsnatur von Richtlinien und Verordnungen52 und die damit einhergehende unterschiedliche Zweckbestimmung der Regelung. Die explizite Regelung in Art. 20 Abs. 2 SE-VO ist nämlich erforderlich, weil die Verordnung gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbare Geltung gegenüber den Gesellschaften entfaltet und es den Mitgliedstaaten mangels Gesetzgebungskompetenz somit per se verwehrt ist, inhaltliche Ergänzungen vorzunehmen.53 Dementsprechend kann eine Ergänzungsbefugnis der Gesellschaften auch nur durch den Europäischen Gesetzgeber und nicht durch die Mitgliedstaaten geregelt werden. Diese ist wiederum erforderlich, um eine Anpassung der Verschmelzungsbedingung an Einzelumstände oder nationale Vorgaben zu ermöglichen. Der Zweck der Regelung besteht somit darin, den Gesellschaften überhaupt eine Ersetzungsbefugnis zu ermöglichen, nicht aber darin, die Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten zu beschränken. Richtlinien wie die VRL unterliegen hingegen gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV der Umsetzung und der damit einhergehenden Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten. Soweit diese keine verbindliche Regelungen enthalten und das Ziel der Richtlinie gewahrt bleibt, sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich zur Ergänzung des Richtlinieninhalts befugt.54 Dies findet auch in Art. 4 Abs. 1 VRL Ausdruck, nach dem das jeweilige nationale Recht Anwendung findet, soweit die VRL nicht etwas anderes vorsieht. Im Umkehrschluss muss der Europäische Gesetzgeber daher eine Erset50 51 52 53 54

Vgl. den 4. Erwägungsgrund der VRL. Vgl. Art. 20 Abs. 1 SE-VO: „Der Verschmelzungsplan enthält die folgenden Angaben“. Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402). Streinz-Schroeder, Art. 288 AEUV, Rn. 59. Streinz-Schroeder, Art. 288 AEUV, Rn. 66.

C. Gemeinsamer Verschmelzungsplan

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zungsbefugnis der Gesellschaften in der Richtlinie anordnen, um sicherzustellen, dass jedes mitgliedstaatliche Recht eine solche vorsieht. Während Art. 20 Abs. 2 SE-VO wegen dessen unmittelbaren Geltung also dem Zweck dient, überhaupt eine Ergänzungsbefugnis für Gesellschaften zu ermöglichen, dient der 4. Erwägungsgrund der VRL dem Zweck, deren gemeinschaftsweiten Implementierung durch die Mitgliedstaaten sicherzustellen. Für diese Auffassung spricht insbesondere auch die systematische Stellung der Regelung, die im Unterschied zu der SE-VO eben nicht in einem gesonderten Absatz eines verbindlichen Artikels, sondern lediglich als Halbsatz in den (unverbindlichen) Erwägungsgründen der VRL zu finden ist. Wenn aber schon eine explizite Regelung wie die in Art. 20 Abs. 2 SE-VO nicht der Beschränkung der Ergänzungskompetenz der Mitgliedstaaten zu dienen bestimmt ist, liegt es fern, eine solche Zweckbestimmung für einen Halbsatz in den Erwägungsgründen einer Richtlinie anzunehmen. Die gegenteilige Auffassung würde ferner auch zu einem Widerspruch mit Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL führen.55 Danach können die Mitgliedstaaten Schutzbestimmungen zugunsten von Minderheitsgesellschaftern erlassen, die der Verschmelzung widersprochen haben. Da in dem Verschmelzungsplan die wesentlichen Bedingungen der Verschmelzung festgelegt werden, zu denen der Minderheitenschutz wohl gehören dürfte, werden derartige Regelungen in der Regel auch eine Ergänzung des Verschmelzungsplans bedingen. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL nimmt jedoch keinerlei Bezug auf den Verschmelzungsplan. Er ermächtigt die Mitgliedstaaten somit nur zum Erlass zusätzlicher Schutzbestimmungen, nicht aber zur Ergänzung des Verschmelzungsplans. Dies widerspräche jedoch dem Sinn und Zweck des Verschmelzungsplans, der darauf abzielt, die Anteilseigner über die wesentlichen Verschmelzungsbedingungen zu informieren. Nach dem hier vertretenen Ansatz kommt den Vorschriften der VRL über den Verschmelzungsplan folglich keine abschließende Regelungswirkung zu; sie statuieren vielmehr lediglich einen Mindestinhalt, der von Seiten der Mitgliedstaaten zwar nicht unterschritten, aber ergänzt werden darf.56 Der letzte Halbsatz des 4. Erwägungsgrundes stellt insofern auch nur eine Anregung an die Mitgliedstaaten dar, eine Ergänzungsbefugnis auch für die Gesellschaften vorzusehen, um den Verschmelzungsplan an die Einzelumstände der Verschmelzung und den Besonderheiten der nationalen Vorschriften zu ermöglichen.

55 Dem Verweis von Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402) auf die ergänzende (kumulative) Anwendung des nationalen Rechts nach Art. 4 Abs. 1 VRL dürfte hingegen nicht zu folgen sein, da danach das nationale Recht nur zur Anwendung kommt, soweit die Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt. Würde dem 4. Erwägungsgrund aber eine abschließende Regelung zukommen, wäre gerade dies der Fall. 56 So im Ergebnis auch: Ugliano, E.B.L.R: 2007, S. 585 (603); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Eine Ergänzungsbefugnis der Mitgliedstaaten dürfte im Übrigen auch zu keinen nennenswerten Verfahrenshindernissen führen, da der Verschmelzungsplan nur eine Zusammenfassung der Verschmelzungsbedingungen darstellt und keine gesonderten Verfahrensschritte begründet, die es aufeinander abzustimmen gilt. 3. Inhaltskatalog, Art. 5 VRL Die Mindestangaben aus Art. 5 VRL entsprechen überwiegend denen aus Art. 5 Abs. 2 FRL über nationale Verschmelzungen, die in Deutschland bereits in § 8 UmwG und in England ursprünglich in section 2 (2) Schedule 15B CA 1985 und heute in section 905 (2) CA 2006 umgesetzt wurden. Der Verschmelzungsplan hat danach zwingend zu enthalten: *

Rechtsform, Firma, Sitz der sich verschmelzenden Gesellschaften;

*

Umtauschverhältnis der Aktien und ggf. die Höhe der baren Zuzahlungen;

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Einzelheiten der Übertragung der Aktien der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft; Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Beschäftigung; Zeitpunkt, von dem an die Aktien ihren Inhabern das Recht auf Beteiligung am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten, die eine Auswirkung auf dieses Recht haben; Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der sich verschmelzenden Gesellschaften unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorgenommen gelten; Rechte, die die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft den mit Sonderrechten ausgestatteten Gesellschaftern und den Inhabern von anderen Wertpapieren als Gesellschaftsanteilen gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen; Besondere Vorteile, die den Sachverständigen, die den Verschmelzungsplan prüfen, oder den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt werden; Satzung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft; Angaben zu dem Verfahren, nach dem gemäß Artikel 16 die Einzelheiten über die Beteiligung von Arbeitnehmern an der Festlegung ihrer Mitbestimmungsrechte in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft geregelt werden;

C. Gemeinsamer Verschmelzungsplan *

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Angaben zur Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, das auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übertragen wird; Stichtag der Jahresabschlüsse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die zur Festlegung der Bedingungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung verwendet werden.

Im Folgenden sollen diejenigen Inhaltsangaben ausführlicher betrachtet werden, die Schutzwirkung zugunsten von Minderheitsgesellschafter entfalten. a) Rechtsform und Sitz, Art. 5 lit. a) VRL Die gemäß Art. 5 lit. a) VRL anzugebene Rechtsform der sich verschmelzenden Gesellschaften ermöglicht insbesondere den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft, Rückschlüsse über die gesellschaftsrechtliche Organisationsstrukturen der übernehmenden Gesellschaft zu ziehen, denen sie sich im Zuge des Anteilstausches unterwerfen. Die vorab angeführte Gegenüberstellung der Organisationsverfassung der plc. und der AG hat gezeigt, welche Unterschiede sich zwischen den verschiedenen Gesellschaftsformen insbesondere in Bezug auf die Einflussnahme der Gesellschafter auf die Unternehmensleitung und deren Überwachung sowie in Bezug auf die Gestaltungsspielräume der Gesellschaftermehrheit im Rahmen der Satzungsbestimmung ergeben können. Aus Sicht eines Anlegeraktionärs ist die Angabe vor allem relevant, wenn mit der Verschmelzung ein sog. kaltes Delisting einhergeht, wenn also eine börsennotierte auf eine nicht-börsennotierte Gesellschaft verschmolzen wird. In diesem Fall erhält der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Anteile, die er nicht an der Börse verkaufen kann und somit in seiner Disponibilität seiner Anlage eingeschränkt ist. Die ebenfalls anzugebenen Sitze der Gesellschaften meinen den jeweiligen Satzungssitz der Gesellschaft.57 Er ist für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft insofern von Bedeutung, als dass mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung zugleich ein Statutenwechsel einhergeht und die mitgliedschaftlichen und vermögensrechtlichen Rechte der Aktionäre sich zukünftig nach ausländischem Recht bestimmen. Die Angabe des Sitzes klärt die Aktionäre insoweit über die Rechtsordnung auf, die für ihre zukünftigen Rechte und Pflichten maßgeblich ist.58 Dies setzt allerdings eine gewisse Rechtskenntnis seitens der betroffenen Aktionäre voraus, so dass es vorzugswürdiger gewesen wäre, zumindest zusätzlich die Angabe des Gesellschaftsstatuts zu verlangen.

57

Kuhlenkamp, S. 173; Halasz/Kloster, DStR 2004, S. 1324 (1326). Kommissionsbegründung zum Richtlinienentwurf, Dokument KOM (2003) 703 v. 18.11.03, S. 6; Ugliano, E.B.L.R 2007, S. 585 (603). 58

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

b) Umtauschverhältnis und Höhe der baren Zuzahlung, Art. 5 lit. b) VRL Die Angabe des Umtauschverhältnisses nach Art. 5 lit. b) VRL entspricht der Regelung in Art. 5 Abs. 2 lit. b) FRL, die ebenfalls die Angabe des Umtauschverhältnisses im Verschmelzungsplan bei nationalen Verschmelzungen vorsieht und in der Gemeinschaft bereits umgesetzt wurde.59 Das Umtauschverhältnis legt die Anzahl der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft fest, die dem Aktionär der übertragenden Gesellschaft für einen an der übertragenden Gesellschaft gehaltenen Anteil gewährt werden.60 Es bestimmt insofern die vermögenstechnische Gegenleistung, die die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft für ihre Beteiligung erhalten sollen. Zwecks Vereinfachung der Umtauschrelation werden zusätzlich zu den Anteilen auch bare Zuzahlungen gewährt. Sie stellen ebenfalls einen Teil der Gegenleistung und mithin einen ergänzenden Bestandteil des Umtauschverhältnisses im weiteren Sinne dar.61 Bei Nennaktien ist dabei auf den Nennbetrag, bei Stückaktien auf die Angabe der Stückzahl abzustellen.62 Da das englische Recht nur Nennbetragsaktien kennt,63 müssen bei einer Herausverschmelzung auf eine plc. die Stückaktien der deutschen AG in Nennbetragsaktien umgewandelt werden, wobei rechnerisch auf das Nominalkapital abzustellen ist.64 Verbleiben bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses Spitzenbeträge, auf die keine Anteile entfallen, sind Zuzahlungen in bar zu zahlen.65 Angesichts des niedrigen Mindestnennbetrages von 1 pence in England sind insbesondere dann Spitzenbeträge zu erwarten, wenn der Umtausch durch die Ausgabe von bereits bestehenden, von der übernehmenden Gesellschaft gehaltenen Anteilen erfolgt und nicht durch eine Kapitalerhöhung herbeigeführt wird, im Rahmen derer eine Anpassung der Nennbeträge bereits im Vorfeld der Verschmelzung möglich wäre.

59 In England: Ursprünglich section 2 Sch. 15 B Companies Act 1985, heute section 905 (2)(b) CA 2006; in Deutschland: § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG. 60 Ausdrücklich auch so in section 3 (1) CA 2006 definiert. 61 Bitzer, Probleme der Prüfung, S. 22. 62 Kallmeyer-Müller, § 5 UmwG, Rn. 19. 63 Vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung der plc, Teil 2 B. II. 3. a). 64 Kallmeyer-Müller, § 5 UmwG, Rn. 19. 65 Semler/Stengel-Schröer, § 5 UmwG, Rn. 24.

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Da der Anteilsumtausch unmittelbar die Aktionäre in ihren Mitgliedschaftsrechten betrifft, ist die Angabe des Umtauschverhältnisses für die Aktionäre der teilnehmenden Gesellschaften von größter Relevanz66 und bildet zugleich den brisantesten Konfliktpunkt der Verschmelzung.67 Wie bereits in Teil 1 dieser Arbeit angedeutet, kommt es für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft darauf an, dass sie an der neu gegründeten bzw. der aufnehmenden Gesellschaft eine Beteiligung erhalten, die dem Wert ihrer bisherigen Beteiligung entspricht. Die Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaft haben wiederum ein Interesse daran, dass das Umtauschverhältnis nicht zugunsten der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft überhöht ist, da andernfalls ihre eigene Beteiligung im gleichen Verhältnis an Wert verliert bzw. ein Verschmelzungsverlust entsteht.68 Der Interessenskonflikt gewinnt zusätzlich an Schärfe, wenn die übernehmende Gesellschaft zugleich Mehrheitsanteile an der übertragenden hält, da sie als Schuldnerin der Gegenleistung an einem niedrigen Umtauschverhältnis interessiert ist und dieses auch kraft Mehrheitsbeschluss durchzusetzen vermag.69 Es fragt sich daher, wie ein für alle Betroffenen angemessenes Umtauschverhältnis zu ermitteln ist. Den Ausgangspunkt der Berechnung bildet grundsätzlich die sog. ,Verschmelzungswertrelation‘, d. h. der relative Wert der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften im Verhältnis zueinander.70 Auf welcher Grundlage der Wert der Gesellschaften aber zu bewerten ist, wird in der VRL nicht vorgegeben. Dementsprechend finden gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) VRL die jeweiligen nationalen Bewertungsregeln auf die einzelne Gesellschaft Anwendung.71 Da aber eine Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über Unternehmensbewertungen bisher nicht erfolgt ist, sind diesbezügliche Abweichungen nahezu vorprogrammiert. Gemäß der kumulativen Anwendbarkeit der nationalen Rechte wird es letztendlich den Leitungsorganen der verschmelzenden Gesellschaften überlassen, sich auf einen einheitlichen Bewertungsgrundsatz zu einigen, was wiederum die Möglichkeit zur Einflussnahme seitens der Leitungsorgane erhöht. Das im Verschmelzungsplan anzugebene Umtauschverhältnis stellt allerdings nur das Ergebnis der berechneten Verschmelzungswertrelation dar, Angaben über die 66 Die besondere Bedeutung des Umtauschverhältnisses wird auch in der VRL unterstrichen, vgl. insbesondere Art. 8 Abs. 3, Art. 10 Abs. 3 VRL. 67 Veil, in: FS-Raiser, 2005, S. 453 (455) („Umtauschverhältnis ist Herzstück der Verschmelzung“); Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 5 UmwG, Rn. 19 („Festlegung des Umtauschverhältnisses ist das prinzipiell delikateste an der Verschmelzung“); Schmitt/Hörtnagel/ Startz-Stratz, § 5 UmwG, Rn. 5 („Zentralproblem“); Priester, DNotZ 1995, S. 426 (438 („Delikateste“). 68 Riesenhuber, NZG 2004, S. 15 (18 f.), vgl. auch die Ausführung über die Interessenskonflikte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Teil 2 C. II. 2. 69 Vgl. die Ausführungen über die Interessenskonflikte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen,Teil 2 C. II. 2. 70 Kiem, ZGR 2007, S542 (543). 71 Reuter, AG 2007, S. 881 (883).

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dafür herangezogenen Bewertungsmethoden oder eine Begründung des Umtauschverhältnisses sieht Art. 5 lit. b) VRL hingegen nicht vor.72 Der an dieser Stelle gegebene Informationsgehalt beschränkt sich damit auf die Angabe eines bloßen Berechnungsergebnisses, dessen Herkunft den Gesellschaftern im Verschmelzungsplan nicht offenzulegen ist. c) Einzelheiten der Anteilsübertragung, Art. 5 lit. c) VRL Nach Art. 5 lit. c) VRL muss der Verschmelzungsplan ferner Angaben zu den Einzelheiten enthalten, die die Übertragung der Aktien des übernehmenden Rechtsträgers auf die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft betreffen. Welche Einzelheiten davon erfasst werden, lässt die VRL allerdings offen. In der Regel werden dies jedoch Angaben über die Modalitäten der Übergabe der neuen Anteile, die Verteilung der mit dem Anteilstausch verbunden Kosten und Angaben darüber, ob die Anteile eigene Anteile des übernehmenden Rechtsträgers oder durch Kapitalerhöhung neu geschaffene Anteile sind.73 Für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft dürfte letzterer Gesichtspunkt von besonderer Bedeutung sein. Wird der Umtausch nämlich durch eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtausschluss ermöglicht, kommt es zu einer höheren Gesamtzahl von Anteilen, so dass die Gefahr einer Anteilsverwässerung höher ist, als wenn die Gesellschaft eigene, bereits bestehende Anteile umtauscht. d) Zeitpunkt der Gewinnberechtigung, Art. 5 lit. e) VRL Der Verschmelzungsplan muss ferner nach Art. 5 lit. e) VRL den Zeitpunkt bestimmen, von dem an die Aktien am übernehmenden Rechtsträger den Anteilsinhabern das Recht auf Beteiligung am Gewinn gewähren sowie die Besonderheiten hervorheben, die eine Auswirkungen auf dieses Recht haben. Vor dem Hintergrund, dass die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft mit Wirksamwerden der Verschmelzung Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft werden, verwundert diese Inhaltsangabe zunächst. Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung ist jedoch nicht vereinheitlicht durch die VRL vorgegeben. Vielmehr überlässt Art. 12 VRL es dem Recht desjenigen Mitgliedstaates, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, diesen Zeitpunkt zu bestimmen.

72

Kallmeyer-Müller, § 5 UmwG, Rn. 19. Unter Bezugnahme auf die deutsche Parallelvorschrift des § 122c UwmG: Lutter/WinterLutter/Drygala, § 122c UmwG, Rn. 17; § 5 UmwG, Rn. 40; Semler/Stengel-Schröer, § 5 UmwG, Rn. 35; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 5 UmwG, Rn. 24. 73

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Dementsprechend können sich nach den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen unterschiedliche Zeitpunkte ergeben.74 Es ist insofern sinnvoll, den sich verschmelzenden Gesellschaften die Festlegung des Zeitpunkts für die Gewinnberechtigung zu überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn nach dem maßgeblichen Recht das Risiko einer Verzögerung der Wirksamkeit der Verschmelzung (z. B. durch eine klagebedingte Registersperre) besteht oder der Lauf der Geschäftsjahre der Gesellschaften nicht identisch ist. In der Regel werden die Gesellschaften den Beginn des neuen Geschäftsjahres der übernehmenden Gesellschaft als Zeitpunkt der Gewinnberechtigung bestimmen, der auf den Stichtag der letzten Jahresbilanz des übertragenden Rechtsträgers folgt.75 Art. 5 lit. e) VRL erlaubt den Gesellschaften allerdings auch die Wahl eines späteren Zeitpunkt, wie z. B. das Folgejahr nach der Verschmelzung,76 oder die Festlegung eines variablen Zeitpunkts, der es den Gesellschaften ermöglicht, die Gewinnberechtigung an schwer vorhersehbare Verzögerung, wie eben beispielsweise eine klagebedingte Registersperre,77 anzupassen.78 Zugleich wird den Gesellschaften allerdings auch ermöglicht, die Gewinnanteilsberechtigung zulasten der Minderheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft bis auf das Folgejahr der Verschmelzung hinaus zu verzögern.79 Für Minderheitsgesellschafter mit einem Anteilsbesitz, der zwar zu gering ist, um auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen, aber dennoch groß genug ist, um nicht unbeachtliche Erträge aus den Dividendenzahlungen zu erhalten, könnte dies ein Argument begründen, dem Anteilstausch nicht zu folgen und die Anteile vor der Verschmelzung zu verkaufen bzw. gegen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden, sofern ihnen nach nationalem Recht denn die Möglichkeit geboten wird.

74 In Deutschland ist der Wirksamkeitszeitpunkt gemäß § 122a, 22 UmwG an den Tag der Eintragung geknüpft; in England wird er hingegen durch das Gericht festgelegt, section 17 (2)(a) CR 2007. 75 Widmann/Mayer-Mayer, § 5 UmwG, Rn. 144; Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 5 UmwG, Rn. 41. 76 Hoffmann-Becking, in: FS-Fleck, 1988, S. 105 (110); Kallmeyer-Marsch-Barner, § 5 UmwG, Rn. 28. 77 Als Beispiel für eine Verzögerung der Eintragung kann exemplarisch auf die Rechtssache Dürkopp/Kochs-Adler verwiesen werden. In diesem Fall wurde die Eintragung der Verschmelzung durch Klagen der Aktionäre verzögert. Nachdem das Anfechtungsverfahren mit BGHZ 107, 296 geendet hatte, wurde über die zutreffende Bilanzierung weiter gestritten (OLG Hamm v. 11. 12. 1991, DB 1992, S. 417). 78 Priester, DNotZ 1995, S. 426 (438 f.); Kiem, ZIP 1999, S. 173 (179). 79 Semler/Stengel-Schröer, § 5 UmwG, Rn. 46; Widmann/Mayer, § 5 UmwG, Rn. 145; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 5 UmwG, Rn. 28 f.

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e) Verschmelzungsstichtag, Art. 5 lit. f) VRL Der gemäß Art. 5 lit. f) VRL zu benennende Verschmelzungsstichtag entspricht dem Zeitpunkt, von dem an die Geschäfte der übertragenden Gesellschaft im Innenverhältnis als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft vorgenommen gelten.80 Er gibt insofern den Tag des Wechsels der Rechnungslegung vom übertragenden auf den übernehmenden Rechtsträger an.81 Der Festlegung und Angabe des Verschmelzungsstichtages kommt in Hinsicht auf die Gewinnermittlung zwar eine erhebliche handels- und steuerrechtliche Bedeutung zu,82 für den Minderheitenschutz ergeben sich hieraus jedoch keine besonderen Konsequenzen. f) Offenlegung von Sonderrechten der Gesellschafter, Art. 5 lit. g) VRL Gemäß Art. 5 lit. g) VRL hat der Verschmelzungsplan ferner Angaben zu den Rechten und Vorteilen zu enthalten, die die übernehmende Gesellschaft den mit Sonderrechten ausgestatteten Gesellschaftern und Inhabern von anderen Wertpapieren der übertragenden Gesellschaft gewährt. Da Art. 5 lit. g) VRL keinerlei Einschränkung vorsieht, werden sowohl vermögensrechtliche als auch mitgliedschaftliche Vorzüge sowie nach allen betroffenen Rechtsordnungen denkbare Wertpapiere erfasst.83 Als Sonderrechte dürften insbesondere die bereits angesprochenen Mehrfachstimmrechte,84 Vorzugs- und Entsenderechte sowie als Wertpapiere vor allem Schuldverschreibungen (debentures) und Genussrechte (participation rights) im Vordergrund stehen.85 Zu den Schuldverschreibungen zählen auch die in England häufig als Finanzierungsinstrument verwendeten Wandelanleihen (convertible bonds). Als eine spezielle Form der Schuldverschreibung enthalten sie zusätzlich das Recht, die Schuldverschreibung in Aktien der Gesellschaft umzuwandeln. Stellt nun die englische plc. den übertragenden Rechtsträger dar, ist dieses Recht nach Vollzug der Verschmelzung nicht mehr umsetzbar, da die Bezugsgesellschaft erloschen ist. Den Inhabern des Rechts ist insofern ein äquivalentes Recht an der Gesellschaft zu gewähren, die aus der Verschmelzung hervorgeht. Da convertible bonds in der Regel der Absicherung von Darlehensvaluta im mehrstelligen Millionenbereich dienen und 80

Kallmeyer-Marsch-Barner, § 5 UmwG, Rn. 31. Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 5 UmwG, Rn. 46. 82 Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 5 UmwG, Rn. 46. 83 Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 112; Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 23. 84 Dies gilt jedoch nur in Bezug auf das englische Recht, da Mehrstimmrechte nach dem deutschen Recht unzulässig sind, vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung, Teil 2 B. I. 3. c), II. 3. c). 85 Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 12; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122c UmwG, Rn. 28. 81

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mit zusätzlichen Sonderrechten ausgestattet sind, dürfte ihnen im Rahmen des Anteilstausches eine nicht unbedeutende Rolle zukommen. Art. 5 lit. g) VRL gewinnt insbesondere im Lichte der Gefahr von Anteils- und Stimmrechtsverwässerungen an Bedeutung, die bereits im Rahmen der Interessenskonflikte in Teil 2 der Arbeit hervorgehoben wurden. Aktionäre der übernehmenden Gesellschafter können nämlich aufgrund dieser Angaben erkennen, ob und in welchem Maße ihr Stimm- und Anteilsgewicht durch die den Aktionären der übertragenden Gesellschaft eingeräumten Sonderrechte verwässert wird. Dies dürfte vor allem im Falle einer Hineinverschmelzung einer plc. auf die deutsche AG relevant sein. Der Verschmelzungsplan wird die Aktionäre der deutschen AG darüber informieren, wie etwaige Mehrstimmrechte oder convertible bonds ausgeglichen werden. Zugleich werden auch die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft geschützt. Die mit Sonderrechten ausgestatteten Aktionäre können frühzeitig anhand des Verschmelzungsplans überprüfen, ob der für den Verlust der Sonderrechte gewährte Ausgleich angemessen ist oder eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung begründet.86 Dem Wortlaut entsprechend sind allerdings nur solche Rechte und Maßnahmen anzugeben, die die übernehmende Gesellschaft für bereits vor der Verschmelzung bestehende Sonderrechte gewährt. Sonderrechte, die erstmalig im Rahmen der Verschmelzung eingeräumt werden, sind hingegen nicht erfasst.87 g) Offenlegung besonderer Vorteile der Leitungsorgane, Art. 5 lit. h) VRL Eine ähnliche Inhaltsvorgabe findet sich in Art. 5 lit. h) VRL, die zur Offenlegung von besonderen Vorteilen verpflichtet, die Mitgliedern des Leitungs- oder Aufsichtsorgans der sich verschmelzenden Gesellschaften oder Sachverständigen gewährt werden. Im Unterschied zu Art. 5 lit. g) VRL, der dem Interessenkonflikt auf horizontaler Ebene zwischen den Anteilseignern entgegentritt, betrifft Art. 5 lit. h) VRL also den Interessenkonflikt auf vertikaler Ebene. Die Vorschrift zielt darauf ab, den Gesellschaftern hinreichend Transparenz bezüglich der subjektiven Vorteilsgewinnung des genannten Personenkreises zu garantieren und somit den Gesellschaftern zu ermöglichen, deren Objektivität zu bewerten. Insofern steht hier nicht der Schutz vor Beeinträchtigungen durch die Mehrheitsgesellschafter, sondern vor solchen durch die Verwaltung im Sinne des Principal-Agent Ansatzes im Vordergrund. Dabei wird der Aktionär wohl nicht die Sachverständigen, sondern vor allem die Mitglieder der Leitungsorgane, die die Verschmelzungsbedingungen untereinander aushandeln, im Blick behalten. Dies gilt insbesondere für die Organe der 86

Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 48. Semler/Stengel-Drinhausen, § 122c UmwG, Rn. 27; Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 110; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122c UmwG, Rn. 18. 87

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übertragenden Gesellschaft, die häufig im Zuge der Verschmelzung ihr Amt verlieren und dafür einen entsprechenden Ausgleich erhalten.88 Sonderzahlungen an Mitglieder der Aufsichts- oder Kontrollorgane können beim Aktionär ebenfalls Zweifel an der ordnungsgemäßen und objektiven Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgabe hervorrufen. Mit „besonderen Vorteilen“ gibt die Richtlinie zugleich einen sehr weitgefassten Begriff vor, der weder auf materielle noch auf immaterielle Vorzüge beschränkt ist. Insofern meint „Vorteil“ Vergünstigungen jeglicher Art. 89 Einschränkungen können sich nur aus dem Bezug zur grenzüberschreitenden Verschmelzung als solcher ergeben, d. h. es unterfallen nur solche Vorteile der Offenlegungspflicht, die aus Anlass der Verschmelzung gewährt werden.90 h) Beifügung der Satzung, Art. 5 lit. i) VRL Art. 5 VRL verlangt in Ziffer i) ferner die Beifügung der Satzung der aus der Verschmelzung hervorgehenden bzw. der aufnehmenden Gesellschaft. Der Vorgabe kommt vorrangig aus Sicht der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Bedeutung zu, da die Satzung gerade in Mitgliedstaaten mit einer weitgefassten Satzungsautonomie die Ausgestaltung ihrer zukünftigen Mitgliedschaft bestimmt.91 Darüber hinaus können sie der Satzung entnehmen, welche Sonderrechte – wie Mehrstimm- oder Vorzugsrechte – zugunsten der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft bereits bestehen. Art. 5 lit. i) VRL stellt insofern das Pendant zu Art. 5 lit. g) VRL dar. Während letzterer den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft die Möglichkeit eröffnet, die von den Aktionären der übertragenden Gesellschaft bzw. deren Sonderrechten ausgehende Gefahr der Anteils- und Stimmrechtsverwässerung einzuschätzen, ermöglicht die Kenntnis der Satzung nach Art. 5 lit. i) VRL den Aktionären der übertragenden Gesellschaft eine Einschätzung der Anteilsund Stimmrechtsverwässerungsgefahr, die durch Sonderrechte von Aktionären der übernehmenden Gesellschaft gefördert wird. Zugleich wird mit der Offenlegung der Satzung die dargelegte Regelungslücke aus Art. 5 lit. g) VRL geschlossen. Waren danach nur Vorteile und Rechte offenzulegen, die für bereits vor der Verschmelzung bestehende Sonderrechte gewährt werden, können der Satzung auch erstmalig im Zuge der Verschmelzung eingeräumte Sonderrechte entnommen werden, soweit es sich um satzungsbedingte Vorteile handelt.

88 89 90 91

Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 5 UmwG, Rn. 74. Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 5 UmwG, Rn. 52. Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122c UmwG, Rn. 25. Vgl. die Ausführungen über die gesellschaftsrechtliche Verfassung der plc, Teil 2 B. II. 2.

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i) Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, Art. 5 lit. k) VRL Die bisherigen Mindestangaben entsprachen fast wortgleich denen der dritten Richtlinie. Art. 5 lit. k) und l.) VRL92 sind hingegen neu. Gemäß Art. 5 lit. k) VRL muss der Verschmelzungsplan Angaben über die Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft enthalten. Der konkrete Inhalt dieser Offenlegungspflicht ist allerdings unklar. Darauf abstellend, dass das Aktiv- und Passivvermögen grundsätzlich das gesamte bilanzielle Vermögen einer Gesellschaft darstellt, ließe sich zunächst der Schluss ziehen, die Bewertungsangabe beziehe sich auf alle einzelnen aktiven und passiven Vermögensposten der Gesellschaft. Eine derart enge Auffassung widerspräche aber dem Wesen der Gesamtrechtsfolge,93 die als gesetzlicher Vermögensübergang bei Verschmelzungen vorgesehen ist und gerade den Vorteil einer Verschmelzung gegenüber anderen Strukturierungsmaßnahmen begründet. Des Weiteren wäre eine Auslegung unter Bezugnahme auf das Umtauschverhältnis und die damit verbundene Bewertung der beteiligten Unternehmen zur Ermittlung der Verschmelzungswertrelation denkbar, so dass in Ergänzung zur Angabe des Umtauschverhältnisses nach Art. 5 lit. b) VRL sämtliche Einzelheiten über die Bewertung der Gesellschaften anzugeben wären. Einer derartigen Auslegung kann jedoch sowohl aus wortlauttechnischen als auch aus gesetzessystematischen Gründen nicht gefolgt werden. Dem Wortlaut von Art. 5 lit. k) VRL entsprechend beziehen sich die Bewertungsangaben ausdrücklich nur auf das Vermögen der übertragenden Gesellschaft. Die Festlegung der Verschmelzungswertrelation erfordert jedoch eine Bewertung aller verschmelzenden Gesellschaften, deren Wertverhältnis es für die Festlegung des Umtauschverhältnisses zu ermitteln gilt.94 Darüber hinaus hat der Europäische Gesetzgeber zwar von einer Angabe der Bewertungsmethode und einer Begründung des Umtauschverhältnisses in Art. 5 lit. b) VRL abgesehen, stattdessen hat er aber die Leitungsorgane in Art. 7 VRL zur Erläuterung und Begründung der rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte verpflichtet, sowie einen Prüfungsbericht durch Sachverständige in Art. 8 VRL vorgesehen, der insbesondere die einzelnen für die Berechnung des Umtauschverhältnis verwendeten Bewertungsmethoden darzulegen hat.95 Für eine zusätzliche Angabe im Verschmelzungsplan besteht dementsprechend kein Bedürfnis.96 92 Ebenso ist auch Art. 5 lit. j) VRL über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer hinzugekommen. Aufgrund deren fehlenden Minderheitenschutzrelevanz bleibt dieser hier aber unberücksichtigt. 93 Vgl. Art. 12 Abs. 1 lit. a) VRL; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2024). 94 Reuter, AG 2007, S. 881 (884); Semler/Stengel-Drinhausen, § 122c UmwG, Rn. 34; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 122c UmwG, Rn. 29. 95 Vgl. Art. 8 Abs. 3 VRL i.V.m. Art. 10 Abs. 2 FRL. 96 Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095).

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Ferner gilt zu berücksichtigen, dass eine gemeinschaftsweite Harmonisierung der nationalen Vorschriften über Unternehmensbewertungen bislang nicht erfolgt ist. Würden die Angaben über die Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens auf die Unternehmensbewertung bezogen, würde der europäischer Gesetzgeber fälschlicher Weise97 unterstellen, dass diese gemeinschaftsweit das Ergebnis einer Gegenüberstellung der Aktiv- und Passivvermögen darstellt. Wie später auszuführen sein wird, ist dies aber gerade nicht der Fall.98 Aus dem Ursprung der Regelung99 kann vielmehr abgeleitet werden, dass nach Art. 5 lit. k) VRL lediglich anzugeben ist, zu welchem handelsrechtlichen Wert (Buchwert- oder Verkehrswert) das Vermögen der übertragenden Gesellschaft in der Rechnungslegung der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt wird.100 Die Angabe hat insofern keinen direkten Einfluss auf das Umtauschverhältnis. Der Wertansatz kann sich allerdings auf die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft auswirken. Das in der Bilanz des übertragenden Rechtsträgers ausgewiesene Netto-Vermögen stellt nämlich die Gegenleistung für die an der übernehmenden Gesellschaft gewährten Anteile dar. Entsprechen sich der Wert des Vermögens und der Wert der gewährten Anteile nicht, kommt es entweder zu einem Verschmelzungsgewinn oder -verlust seitens der aufnehmenden Gesellschaft.101 Im Falle eines Verschmelzungsverlusts, wenn also das eingebuchte Vermögen niedriger als der Ausgabewert der Anteile ist, belastet dies das Jahresergebnis der übernehmenden Gesellschaft102 und kann somit nachteilige Auswirkungen auf die Gewinnausschüttung haben. Da die Bewertung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft in Abhängigkeit des gewählten Wertansatzes unterschiedlich hoch ausfällt, beeinflusst die Wahl des Wertansatzes auch die Höhe des Verschmelzungsgewinns bzw. -verlustes. Darüber hinaus bilden die Wertansätze als Anschaffungskosten auch die Bemessungsgrundlage künftiger Abschreibungen und beeinflussen damit deren Höhe, 97 Vgl. den Überblick über die Bewertungsverfahren und -methoden bei Verschmelzungen in Deutschland, England, Frankreich, Italien in: Kiem, ZGR 2007, S. 542 (554 ff.). 98 Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (838). 99 Die Regelung wurde aufgrund der französischen Initiative in die Richtlinie aufgenommen. Nach französischem Recht ist bei nationalen Verschmelzungen die Angabe erforderlich, ob die Verschmelzung zu Buch- oder Verkehrswert erfolgt, vgl. Art. 254 Abs. 3 Décret Nr. 67236 v. 23. 3. 1976, Neye/Timm, DB 2006, S. 488 (489); Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 136. 100 Vetter, AG 2006, S. 613 (618); Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2006, S. 737 (739); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025); Tebben/Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (838); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (254); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402), Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1084). 101 Lutter/Winter-Priester, § 24 UmwG, Rn. 8, 69. 102 Lutter/Winter-Priester, § 24 UmwG, Rn. 70.

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was wiederum Einfluss auf das der Verschmelzung folgende Jahresergebnis haben kann.103 j) Stichtag der Jahresabschlüsse, Art. 5 lit. l) VRL Abschließend sieht Art. 5 lit. l) VRL die Angabe des Stichtags der Jahresabschlüsse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft vor, die zur Festlegung der Bedingungen der Verschmelzung verwendet werden. Wann dies der Fall ist, konkretisiert die Vorschrift allerdings nicht. Vor diesem Hintergrund stellt sich insbesondere die Frage, ob auch die Stichtage von Jahresabschlüssen aufzunehmen sind, die möglicherweise im Rahmen der Berechnung des Umtauschverhältnisses mittelbar herangezogen wurden. Ein Großteil der deutschen Literatur lehnt dies unter Verweis auf die deutschen Bewertungsmethoden, insbesondere der Ertragswertmethode, ab,104 da diese für die Bewertung von Unternehmen nicht auf den Bilanzwert der Vergangenheit, sondern auf Planungsrechnungen für zukünftige Perioden abstellt. Den Bilanzwerten käme insoweit nur eine die Planungsrechnung plausibilisierende Bedeutung zu.105 Ihrer Ansicht zur Folge belegt die systematische Nähe zu Art. 5 lit. k)106 VRL und deren französischer Ursprung107 vielmehr, dass sich Art. 5 lit. l) VRL ausschließlich auf die Angabe der Stichtage derjenigen Bilanzen bezieht, in der die von der übertragenden auf die übernehmende Gesellschaft übergehenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten i.S.d. Art. 5 lit. k) VRL aufgelistet sind. Dementsprechend wären nur die Stichtage der Schlussbilanzen des übertragenden Rechtsträgers anzugeben.108 Der Ansicht kann jedoch nur teilweise gefolgt werden. Zutreffend ist zunächst, dass nach Art. 5 lit. l) VRL die Stichtage der Bilanzen anzugeben sind, auf Grundlage derer das übertragende Vermögen i.S.d. Art. 5 lit. k) VRL bewertet wurde. Nicht gefolgt werden kann aber der einschränkenden Auslegung in Bezug auf das Umtauschverhältnis. Es ist zwar zutreffend, dass die ,in Deutschland‘ im Regelfall zur Anwendung kommende Ertragswertmethode nicht auf den Bilanzwert der 103

Lutter/Winter-Priester, § 24 UmwG, Rn. 9. Klein, RNotZ 2007, S. 565 (583); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (255); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Simon/Rubner, Der Konzern, S. 835 (838); Vetter, AG 2006, S. 613 (619). 105 Vetter, AG 2006, S. 613 (619); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (583). 106 Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (838); Vetter, AG 2006, S. 613 (619); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (583). 107 Tebben/Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Vetter, AG 2006, S. 613 (619). 108 Handelsrechtsausschluss DAV, NZG 2006, S. 737 (740); Klein, RNotZ 2007, S. 656 (583); Vetter AG 2006, S. 619; Winter, Der Konzern 2007, S. 24 (33); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (255); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Simon/Rubner, Der Konzern, S. 835 (838); Vetter, AG 2006, S. 613 (619); Kulenkamp, S. 200; Tebben/Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357). 104

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Vergangenheit, sondern auf Planungsrechnungen für künftige Perioden abstellt. Es erfolgt allerdings auch im Rahmen dessen zunächst eine Analyse und Bereinigung der Vergangenheitsergebnisse.109 Demgemäß werden die Jahresabschlüsse zweifelsohne „verwendet“.110 Eine Einschränkung hinsichtlich des Einflusses der verwendeten Jahresabschlüsse auf das Festlegungsergebnis lässt sich dem Wortlaut von Art. 5 lit. l) VRL hingegen nicht entnehmen. Ob die Bilanzwerte der Gesellschaften also direkt oder nur indirekt in „plausibilisierender“ Form verwendet wurden, ist unerheblich. Dafür spricht auch, dass die Argumentation der Gegenansicht sich ausschließlich auf die deutschen Bewertungsmethoden (vornehmlich der Ertragswertmethode) beschränken. Art. 5 lit. l) VRL wurde jedoch in dem Wissen erlassen, dass die Vorschriften über Unternehmensbewertungen bisher nicht harmonisiert wurden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass in anderen Mitgliedstaaten eine Unternehmensbewertung anhand einer Bewertungsmethode erfolgt, die die Bilanzergebnisse stärker gewichtet als die deutsche Ertragswertmethode. Ebenfalls gilt es zu berücksichtigen, dass der Wortlaut von Art. 5 lit. l) VRL ausdrücklich auf die Jahresabschlüsse der „an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften“ Bezug nimmt. Für eine Einschränkung des Regelungsinhalts auf die Angabe der Stichtage der Schlussbilanzen nur der übertragenden Gesellschaft besteht unter Berücksichtigung des bisher Gesagten daher kein Raum.111 Den weitgefassten Wortlaut, den gemeinschaftsweiten Bezug der Regelung des Art. 5 lit. l) VRL und die fehlende Harmonisierung von Bewertungsvorschriften berücksichtigend ist die Vorschrift daher dahingehend auszulegen, dass die Stichtage aller Jahresabschlüsse anzugeben sind, die im Rahmen der Festlegung der Verschmelzungsbedingungen in irgendeiner Weise unabhängig von ihrem Bedeutungsgrad für das Ergebnis verwendet wurden. Dies gilt für alle beteiligten Gesellschaften und für alle Bestimmungen des Verschmelzungsplans, die einen Bezug zu Jahresabschlüssen aufweisen.112 Anzugeben sind jedoch nur die Stichtage, nicht hingegen die Jahresabschlüsse als solche.113

109

Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 139 f.; Frenzel, S. 210, Behrens, S. 90. Frenzel, S. 210. 111 Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der französischen Fassung, die seitens der Gegenansicht zur Begründung herangezogen wird. Sie verweisen auf Art. 254 Abs. 5 Decret Nr. 67, 236 v. 23. 3. 1967 i. d. F. von Art. 1 Decret Nr. 88-418 v. 22. 4. 1998, vgl. nur Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095). Wörtlich übersetzt besagt aber auch diese Vorschrift: „Die Stichtage der Bilanzen der beteiligten Gesellschaften, die dazu verwendet werden, die Bedingungen der Maßnahme festzulegen“. Eine Rechtfertigung zur Einschränkung des Art. 5 lit. l) VRL auf die Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaft ist insofern nicht nachvollziehbar. 112 So im Ergebnis auch: Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 140; KallmeyerMüller, § 122c UmwG, Rn. 37 f.; Frenzel, S. 210, Behrens, S. 90. 110

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Die Angabe der Stichtage der Jahresabschlüsse erhöht zwar in gewisser Weise die Transparenz hinsichtlich der dem Verschmelzungsplan zugrunde liegenden Annahmen der Leitungsorgane und betrifft somit die Informationsasymmetrie zwischen den Anteilseignern und den Leitungsorganen. Eine für die (Minderheits-)Gesellschafter nennenswerte Bedeutung kann der Angabe jedoch nicht abgewonnen werden. Die Kenntnis der Stichtage der bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses zugrunde gelegten Jahresabschlüsse wird die Gesellschafter insbesondere nicht in die Lage versetzen, dessen Angemessenheit überprüfen zu können. Der Informationsgewinn kann jedenfalls nicht die Verfahrensunsicherheit und damit einhergehende Anfechtungsgefahr überwiegen, die durch die unbestimmte Formulierung der Vorschrift geschaffen wird. 4. Form und Sprache des Verschmelzungsplans In Hinsicht auf die Form und Sprache des Verschmelzungsplans enthält die Richtlinie keine Bestimmung. Dem Verweis in Art. 4 Abs. 1 lit. b) Abs. 2 VRL entsprechend bestimmen sich die Formvorgaben daher für jede der beteiligten Gesellschaften nach dem für sie jeweils einschlägigen nationalen Recht. Im Falle einer Kollision der betroffenen nationalen Vorschriften ist im Sinne der ,Vereinigungstheorie‘ auf das strengere Recht abzustellen.114 5. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzung, Art. 15 Abs. 1 VRL Gemäß Art. 15 Abs. 1 VRL gelten für einen sog. up-stream merger, bei dem eine 100 % Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen wird, vereinfachte Formalitäten. In Hinsicht auf den Verschmelzungsplan darf von der Angabe des Umtauschverhältnisses, der Einzelheiten über die Anteilsübertragung und dem Zeitpunkt der Gewinnbeteiligung abgesehen werden. Die Regelung ist letztendlich die notwendige Konsequenz aus Art. 14 Abs. 5 VRL wonach ein Anteilstausch nicht für Aktien stattfindet, die die übertragende und übernehmende Gesellschaft an der jeweils anderen selber hält. 113

Semler/Stengel-Drinhausen, § 122c UmwG, Rn. 37; Kallmeyer-Müller, § 122c UmwG, Rn. 36; Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 139; Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095), Vetter, AG 2006, S. 613 (619); a.A. Haritz/v. Wolff, GmbHR 2006, S. 340 (341). 114 Maul/Teichmann/Wenz, BB 2003, S. 2633 (2637); Schulte-Hillen/Hirschmann, GPR 2004, S. 89; Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 7; Kallmeyer-Müller, § 122c UmwG, Rn. 40; Klein, RNotZ 2007, S. 565 (583 f.); Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (727); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (403); Müller, NZG 2006, S. 286 (288); ders., ZIP 2004, S. 1791 (1793); Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 26; a.A. Halasz/Kloster, DStR 2004, S. 1324 (1326); Kallmeyer/Kappes, AG 2006, S. 224 (228), die sich für einen Rückgriff auf Art. 5 Abs. 2 FRL aussprechen, demzufolge gemeinschaftsweit die Schriftform gelten würde.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Da im Falle einer 100 %igen Konzernverschmelzung Minderheitsgesellschafter nicht beteiligt sind, werden die Besonderheiten des up-stream mergers nicht über deren Nennung hinausgehend vertieft. 6. Publizität des Verschmelzungsplans, Art. 6 Gemäß Art. 6 Abs. 1 VRL ist der von den Leitungsorganen aufgestellte Verschmelzungsplan mindestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die über den Plan beschließt, zusammen mit den weiteren Hinweispflichten des Art. 6 Abs. 2 VRL bekanntzugeben. a) Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, Art. 6 Abs. 1 VRL Zu diesem Zweck ist der Verschmelzungsplan zunächst beim zuständigen Register zu hinterlegen und einzutragen, wobei die Übermittlung an das Register auch in elektronischer Weise erfolgen kann.115 In Hinsicht auf die Bekanntmachung der Eintragung ist es gemäß Art. 6 Abs. 1 VRL i.V.m. Art. 3 Abs. 4 der Publizitätsrichtlinie wiederum den Mitgliedstaaten überlassen, eine vollständige (oder auszugsweisen) Wiedergabe des Verschmelzungsplans oder nur einen Hinweis auf dessen Hinterlegung und Eintragung in einem von dem jeweiligen Mitgliedstaat zu bestimmenden Amtsblatt oder auf einer zentralen elektronischen Plattform zu verlangen. Seit Erlass der ,Änderungsrichtlinie‘116 am 16. 9. 2009, die es bis zum 30. 6. 2011 in den Mitgliedstaaten umzusetzen galt, können Gesellschaften nunmehr auch von einer Bekanntmachung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 VRL absehen und statt dessen den Verschmelzungsplan mindestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung fortlaufend auf einer Internetseite, insbesondere auf der der Gesellschaft, zugänglich machen, wenn der jeweilige Mitgliedstaat nicht die Veröffentlichung auf der zentralen elektronischen Plattform i.S.d. Artt. 3, 4 der Publizitätsrichtlinie vorschreibt.117 In diesem Fall ist in dem Mitteilungsblatt oder der elektronischen Plattform lediglich ein Verweis auf die Internetseite zu veröffentlichen.118 b) Hinweispflichten nach Art. 6 Abs. 2 VRL Neben der Bekanntmachung der Eintragung des Verschmelzungsplans sind gemäß Art. 6 Abs. 2 VRL zusätzlich die Rechtsform und Firma, der Sitz, das Register 115

Vgl. Art. 6 Abs. 1 VRL i.V.m. Art. 3 Abs. 1, 2 der ersten Richtlinie 68/151/EWG, ABl. L 065/8, zuletzt geändert durch Richtlinie 2003/58/EG, ABl. Nr. L 221/13 v. 4. 9. 2003 (,Publizitätsrichtlinie‘). 116 Richtlinie 2009/109/EG, ABl. Nr. L 259/14 v. 2. 10. 2009 (,Änderungsrichtlinie‘). 117 Vgl. Art. 4 Abs. 1 der Änderungsrichtlinie. 118 Vgl. Art. 4 Abs. 3 der Änderungsrichtlinie i.V.m. Art. 3 Abs. 4 der Publizitätsrichtlinie.

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und die Registernummer von jeder der sich verschmelzenden Gesellschaft sowie ein Hinweis auf die Modalitäten zur Ausübung der Rechte von Minderheitsgesellschaftern im elektronischen Handelsregister oder auf der Internetseite der Gesellschaft bekanntzugeben. Den Mitgliedstaaten ist es darüber hinaus überlassen, weitere Angaben zu fordern. Die Pflichtangaben über die Register, Rechtsformen und Sitze der beteiligten Gesellschaften vermitteln den Minderheitsaktionären nicht nur die notwendige Information über die Struktur und das jeweilige Gesellschaftsstatut der sich verschmelzenden Gesellschaften, sondern weist die Aktionäre auch darauf hin, wo sie sich die beim Register hinterlegten Angaben und Urkunden über die ausländische Gesellschaft einholen können. Nach Art. 2 lit. a) und f) der Publizitätsrichtlinie zählen hierzu auch die Gründungsdokumente sowie die jährlichen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen, so dass sich die Aktionäre der beteiligten Gesellschaften letztendlich umfassend über die Organisationsverfassung, der in der Satzung enthaltenen Mitverwaltungsrechte und -beschränkungen sowie die wirtschaftliche Entwicklung der jeweils anderen Gesellschaft informieren können.119 Dem Minderheitenschutz wird im Rahmen der Bekanntmachung ferner Rechnung getragen, indem gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL für jede der beteiligten Gesellschaften ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Minderheitsgesellschafter sowie eine Anschrift, unter der vollständige Auskünfte über diese Modalitäten kostenlos eingeholt werden können, bekanntzugeben ist.120 Während sich die Pflichtenangaben des Art. 6 Abs. 2 lit. a)–b) VRL unstreitig jeweils auf alle der sich verschmelzenden Gesellschaften erstrecken, ist es in der deutschen Literatur umstritten, ob sich die Auskunftspflicht nach Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL nur auf die Minderheitsrechte derjenigen Gesellschaft bezieht, für die die Bekanntmachung erfolgt,121 oder ob sie sich auf alle verschmelzenden Gesellschaften erstreckt, so dass die inländische Gesellschaft auch Auskunft über die Ausübungsmodalitäten von Rechten der Minderheitsgesellschafter der ausländischen Rechtsträger erteilen muss.122 Die Formulierung des Art. 6 Abs. 2 lit. c) ist diesbezüglich recht unglücklich ausgefallen, da sie sowohl in die eine als auch in die andere Richtung interpretiert werden kann.123 Der Wortlaut von lit. c) entspricht allerdings nahezu wörtlich dem der lit. a) und b), insbesondere findet sich die für einen grenzüberschreitenden Bezug 119

Pettet, Company Law, S. 182. Vgl. Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL. 121 Kleinhenz, S. 273; Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 14. 122 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, Nr. 47/2006, S. 14 Nr. 18, ders., NZG 2006, S. 737 (740); Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Hörtnagl, § 122d UmwG, Rn. 17; Frenzel, S. 231; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122d UmwG, Rn. 18; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122d UmwG, Rn. 2; Widmann/Mayer-Mayer, § 122d UmwG, Rn. 13. 123 Vgl. nur Kallmeyer-MarschBarner, § 122d UmwG, Rn. 2; Kulenkamp, S. 214 für eine weite Auslegung; Kubaczynska, S. 154 für eine enge Auslegung. 120

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entscheidende Textpassage „für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften“ auch in lit. c) wieder. Auch die systematische Einordnung von lit. c) unter den alle Gesellschaften erfassenden Abs. 2 spricht eher für eine solche Auslegung. Dass diese Interpretation möglicherweise einen gesteigerten Aufwand für die Unternehmen bedeutet und Schwierigkeiten bei der Feststellung der Richtigkeit der Angaben für die Register hervorruft,124 vermag hingegen nicht zu überzeugen. Denn jede Gesellschaft muss die Ausübungsmodalitäten für die Rechte ihrer eigenen Gesellschafter ohnehin angeben und da die Verschmelzung kein Instrument der feindlichen Übernahme, sondern eine durch gleichlaufende Interessen gekennzeichnete Zusammenschlussmethode ist,125 ist den Gesellschaften auch ohne gesteigerten Aufwand ein Austausch der Informationen und eine Übersetzung in die jeweilige inländische Registersprache zumutbar. Dem Einwand, die Register müssen die Richtigkeit der bekannt zu machenden Angaben überprüfen, was ihnen bei fehlender Kenntnis des ausländischen Rechts schwerfallen und eine funktionierende Kooperation der Register untereinander erforderlich machen würde,126 ist entgegenzuhalten, dass sich die Überprüfungspflicht der Register nicht auf die materielle Richtigkeit der Angaben, sondern im Sinne einer beschränkten Plausibilitätskontrolle nur auf deren Vollständigkeit erstreckt.127 In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich hierbei nicht um die Eintragung der Verschmelzung, sondern lediglich um die Einreichung eines bisher unverbindlichen Verschmelzungsplans handelt, bei der ein weniger strenger Prüfungsmaßstab anzulegen sein dürfte. Eine gegenteilige Auffassung wäre auch nur schwer mit der durch die Änderungsrichtlinie eingeführte Möglichkeit der Bekanntmachung auf der eigenen Internetseite in Einklang zu bringen. In diesem Fall beschränken sich nämlich die Bekanntmachungspflicht des Registers und damit auch seine Prüfungspflicht auf die Bekanntmachung eines Verweises auf die Internetseite der Gesellschaft.128 Der Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten ist hingegen ausschließlich auf der Internetseite der Gesellschaft enthalten. Für eine weite Auslegung sprechen ferner auch teleologische Überlegungen. In erster Linie dient die Hinweispflicht i.S.d. Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL zwar dem Schutz der Minderheitsgesellschafter der bekanntmachungspflichtigen Gesellschaft.129 Unter Bezugnahme auf Art. 10 Abs. 3 S. 1 und Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL, wonach die Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen zum Schutz der Aktionäre 124

Kleinhenz, S. 271 f. Edwards, EC Company Law, S. 204. 126 Kleinhenz, S. 273. 127 Vgl. die Ausführungen über den Prüfungsmaßstab des Vorabbescheinigungsverfahrens, Teil 3 G. II. 1. b). 128 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122d UmwG, Rn. 1. 129 Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 13 f. 125

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hinsichtlich der Beschlussfassung, der Überprüfung des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung erlassen können, kommt der Hinweispflicht aber auch Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft zu. Stellt das einzelstaatliche Recht nämlich den Gesellschaftern der inländischen Gesellschaft ein Spruchverfahren zur Verfügung, mittels dessen sie die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses überprüfen und im Erfolgsfall durch eine bare Zuzahlung anpassen lassen können, gewährleistet Art. 10 Abs. 3 VRL den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaft das Recht, die Anwendbarkeit dieses Verfahrens von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Die Information, dass den Gesellschaftern der inländischen Gesellschaft ein solches Spruchverfahren grundsätzlich zur Verfügung steht, ist somit von entscheidender Bedeutung für die Ausübung des eigenen Zustimmungsrechts i.S.d. Art. 10 Abs. 3 VRL. Ungeachtet des Zustimmungserfordernisses ist die Information über die Minderheitenrechte für die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft auch bedeutsam, um die mit der Verschmelzung und den Minderheitenrechte verbundenen Risiken einzuschätzen. Denn die nachträgliche Anpassungsmöglichkeit im Rahmen eines Spruchverfahrens begründet für die aufnehmende Gesellschaft das Risiko eines gegebenenfalls nicht unerheblichen Liquiditätsabflusses. Da die Rechte von Minderheitsgesellschaftern aber nicht vom Inhaltskatalog des Art. 5 VRL erfasst werden, erhalten sie diese Informationen nicht aus dem Verschmelzungsplan,130 so dass die Hinweispflicht des Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL den geeigneten und einzigen Informationsort darstellt.

II. Umsetzung in Deutschland, § 122c UmwG Die Umsetzung von Art. 5 und Art. 6 VRL erfolgte im deutschen Umwandlungsrecht in § 122c und d UmwG. Gemäß dessen Art. 5 Abs. 1 VRL hat das Vertretungsorgan einer der beteiligten Gesellschaften zusammen mit den Vertretungsorganen der übrigen beteiligten Gesellschaften einen gemeinsamen Verschmelzungsplan aufzustellen, der mindestens die Angaben aus § 122c Abs. 2 UmwG enthält. Die deutsche Umsetzung betont insofern die Rechtsnatur des Verschmelzungsplans als „Gemeinsames Gestaltungswerk“ der beteiligten Vertretungsorgane. Vertretungsorgan der deutschen Gesellschaft ist gemäß § 78 AktG der Vorstand.

130 Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 14, der unter Hinweis auf den Informationsgehalt des Verschmelzungsplans eine Beschränkung der Hinweispflicht aus Art. 6 Abs. 2 VRL/ § 122d UmwG auf die Ausübungsmodalitäten der Rechte der Minderheitsgesellschafter der jeweiligen Gesellschaft befürwortet.

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1. Ergänzungen des Inhaltskatalogs Der Inhaltskatalog des Art. 5 VRL wurde im Wesentlichen wörtlich übernommen, so dass sich in Bezug auf diese Mindestangaben keine umsetzungsbedingten Abweichungen ergeben. Aus deutscher Sicht ist auch keine auslegungsbedingte Abweichung hinsichtlich der interpretationsfähigen Vorgaben der Art. 5 lit. k) und l) VRL zu erwarten, da die dortigen Ausführungen die unterschiedlichen Auffassungen der deutschen Literatur bereits berücksichtigen. Aus § 122i UmwG und über die Generalverweisung des § 122a UmwG ergeben sich allerdings zwei Ergänzungen des Verschmelzungsplaninhalts. Danach hat der Verschmelzungsplan zum einen bei Herausverschmelzungen ein Abfindungsangebot zugunsten widersprechender Minderheitsaktionäre zu enthalten und zum anderen die Bestellung eines Treuhänders anzugeben. a) Abfindungsangebot bei Herausverschmelzungen, § 122i UmwG Im Falle einer Herausverschmelzung, bei der die deutsche Gesellschaft auf einen ausländischen Rechtsträger verschmolzen wird, sieht § 122i Abs. 1 UmwG die Verpflichtung der deutschen Gesellschaft vor, den Anteilsinhabern, die gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, im Verschmelzungsplan den Erwerb ihrer Anteile gegen Zahlung einer angemessenen Barabfindung anzubieten. Der Mindestinhalt des Verschmelzungsplans ist insofern bei Herausverschmelzungen durch ein angemessenes Abfindungsangebot zu ergänzen. Dieses richtet zwar ausschließlich an die Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaft, da der Verschmelzungsplan aber ein einheitliches gemeinsames Gestaltungswerk mit gleichlautendem Wortlaut darstellt, ist das Angebot auch in der englischen Fassung aufzuführen.131 Der Wortlaut des 4. Erwägungsgrundes der VRL ist insofern eindeutig. Die Regelung wurde auf Grundlage des Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL erlassen, der zu Folge die Mitgliedstaaten zusätzliche Schutzbestimmungen zugunsten widersprechender Gesellschaften erlassen dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung ermächtigt diese zwar nicht zur Ergänzung der Inhaltsangaben i.S.d. Art. 5 VRL. Bedenken hinsichtlich der richtlinienkonformen Umsetzung ergeben sich dadurch jedoch nicht, da Art. 5 VRL kein abschließender Regelungscharakter zukommt.132 Nach der Gegenauffassung133 könnte die Richtlinienkonformität hingegen nur durch eine weite Auslegung des Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL in der Weise herbeigeführt werden, dass dieser auch zur Änderung des (abschließenden) Inhaltskatalogs des Art. 5 VRL 131

Im Ergebnis auch: Kallmeyer, AG 2007, S. 472 (473). Vgl. die Ausführung über den abschließenden Regelungsgehalt von Art. 5 VRL, Teil 3 C. I. 2. 133 Vgl. die Ausführung über den abschließenden Regelungsgehalt von Art. 5 VRL, Teil 3 C. I. 2., Fn. 49. 132

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ermächtigt. In rechtsdogmatischer Hinsicht erscheint dies jedoch ein wenig konstruiert. In Hinsicht auf den Minderheitenschutz erlangt der Verschmelzungsplan im Falle der Herausverschmelzung damit erheblich an Bedeutung, wird dem Anteilsinhaber schließlich neben dem Umtausch der Anteile zusätzlich das Recht eingeräumt, seine Anteile an die Gesellschaft zu einem bestimmten Preis (Barabfindung) zu verkaufen und sich somit aus dem Verschmelzungsvorgang herauszulösen (exit right). Die Regelung verfolgt insoweit den Zweck, die Gesellschafter vor einem zwingenden Wechsel in eine ausländische Gesellschaft zu schützen.134 Auf die Einzelheiten und die Bedeutung des Abfindungsangebots für den Minderheitenschutz wird an späterer Stelle im Teil des autonomen Minderheitenschutzes noch zurückzukommen sein.135 An dieser Stelle sei lediglich auf den Verweis in § 122i Abs. 1 UmwG auf § 29 Abs. 1 S. 5 UmwG hingewiesen, wonach der übernehmende Rechtsträger die Kosten der Anteilsübertragung zu tragen hat. Entsprechend der Vorgabe des Art. 5 lit. c) VRL bzw. § 122 Abs. 2 Nr. c) UmwG ist ein entsprechender Hinweis bei der Angabe über die Einzelheiten der Anteilsübertragung aufzunehmen.136 Da dem Hinweis damit nur eine die Mindestangabe des Art. 5 lit. c) VRL ausfüllende Funktion zukommt, dürfte die Ergänzung auch mit dem von der Gegenauffassung befürworteten abschließenden Regelungscharakter des Art. 5 VRL unproblematisch vereinbar sein. b) Bestellung eines Treuhänders bei Herausverschmelzungen, §§ 122a i.V.m. § 71 UmwG Im Falle einer Herausverschmelzung kommt über die Generalverweisung des § 122a UmwG ferner die Regelung des § 71 UmwG zur Anwendung.137 Danach muss die deutsche übertragende Gesellschaft einen Treuhänder bestellen, der die im Verschmelzungsplan vorgesehene Gegenleistung, d. h. die Anteile der übernehmenden und ggf. baren Zuzahlungen in Empfang nimmt und an die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft weiterleitet. Die Anteilsinhaber werden zwar materiell-rechtlich mit Eintragung der Verschmelzung im Register automatisch Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft, die Zwischenschaltung eines Treuhänders dient aber dem Zweck, die Abwicklung der Verschmelzung zum Schutz der Anteilsinhaber sicherzustellen und zu vereinfachen.138 Vor dem Hintergrund des Auslandsbezugs einer grenzüberschreitenden Herausverschmelzung verstärkt die Zwischenschaltung eines Treuhänders insofern die Rechtsposition des Anteilsin134

Begr.RefE, BT-Drucks. 16/2919, S. 16. Vgl. die Ausführung über das Abfindungsgebot, Teil 4 B. I. 1. 136 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 5 UmwG, Rn. 24. 137 Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 93; Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 17; Kallmeyer-Willemsen, § 122c UmwG, Rn. 14. 138 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 71 UmwG, Rn. 1. 135

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habers der deutschen übertragenden Gesellschaft, als der Treuhänder den Übergang der Anteile und Leistung von baren Zuzahlungen sicherstellt und überwacht.139 Diese Schutzwirkung wird insbesondere durch § 71 Abs. 1 S. 2 UmwG deutlich, wonach solange eine Registersperre der Durchführung der Verschmelzung entgegensteht, wie der Treuhänder den Erhalt der Gegenleistung nicht gegenüber dem Gericht angezeigt hat. §§ 122a Abs. 2, 71 UmwG verhindern somit, dass die übertragende Gesellschaft aufgelöst wird, bevor deren Aktionäre die Gegenleistung für den Verlust ihrer Anteile erhalten haben. Die Bestellung des Treuhänders, dessen Aufgabe jede natürliche oder juristische Person wahrnehmen kann, erfolgt durch das Vertretungsorgan der übertragenden Gesellschaft. Eine Unabhängigkeit des Treuhänders fordert das Gesetz allerdings nicht. Der Treuhänder nimmt jedoch letztendlich auch nur eine den Anteilstausch begleitende Funktion ein, so dass dessen Unabhängigkeit wohl nicht erforderlich ist.140 Da die Zwischenschaltung des Treuhänders die Anteilsübertragung im Sinne der Art. 5 lit. c) VRL bzw. des § 122c Nr. 3 UmwG betrifft, ist dessen Bestellung im Verschmelzungsplan anzugeben.141 Auch dieser Erweiterung kommt damit lediglich eine ausfüllende Funktion zu und begründet keinen Verstoß gegen das von der Gegenansicht befürwortete Ergänzungsverbot der VRL. c) Vereinbarung über die Gesamtrechtsfolge, § 122a i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG Fraglich ist schlussendlich, ob über die Generalverweisung des § 122a UmwG die Vorgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, der bei nationalen Verschmelzungen die Angabe der Vereinbarung über die Übertragung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers als Ganzen gegen Gewährung von Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträgers vorsieht, im Verschmelzungsplan bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen aufzunehmen ist. Nach der Gegenauffassung ist dies bereits aufgrund des abschließenden Regelungscharakters von Art. 5 VRL zu verneinen. Ergänzungen des Inhaltskatalogs sind danach unzulässig, so dass sich ein Rückgriff auf § 122a UmwG schon aus Gründen der Richtlinienkonformität verbietet.142 Nach der hier favorisierten Auffassung wäre eine Ergänzung des Verschmelzungsplans über die Generalverweisung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zwar zulässig, nach Auffassung des Verfassers folgt selbiges Ergebnis jedoch bereits unmittelbar aus § 122a UmwG. Denn danach kommen die Generalverweisung bzw. die Vorschriften über nationale Verschmel139 140 141 142

Kallmeyer-Marsch-Barner, § 71 UmwG, Rn. 3. Im Ergebnis auch: Kallmeyer-Marsch-Barner, § 71 UmwG, Rn. 4 f. Kallmeyer-Willemsen, § 122c UmwG, Rn. 15. Frenzel, S. 204.

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zungen nur zur Anwendung, wenn und soweit sich aus den besonderen Vorschriften über die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht etwas anderes ergibt. Letzteres ist wiederum der Fall, wenn die §§ 122a ff. UmwG in einem bestimmten Punkt ausdrücklich eine abweichende Sonderregelung enthalten.143 § 122c UmwG enthält jedoch gerade eine Sondervorschrift über den Mindestinhalt von Verschmelzungsplänen bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Andernfalls hätte der deutsche Gesetzgeber sich eines schlichten Verweises auf § 5 UmwG bedienen können und lediglich die Inhaltsvorgaben des § 122c Nr. 9 – 12 UmwG, die nicht in § 5 UmwG enthalten sind, ergänzend hinzufügen können. Dies hat der Gesetzgeber aus Klarstellungsgründen aber gerade nicht getan,144 so dass § 122c UmwG im Verhältnis zu §§ 122a Abs. 2, 5 UmwG eine abschließende Wirkung beizumessen ist. 2. Form und Sprache des Verschmelzungsplans Hinsichtlich der Form des Verschmelzungsplans hat sich der deutsche Gesetzgeber für die gleiche Regelung wie bei nationalen Verschmelzungen145 entschieden und in § 122c Abs. 4 UmwG ausdrücklich die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans vorgeschrieben. Gleiches Ergebnis hätte sich zwar auch aus Art. 4 Abs. 1 lit. b) Satz 1 VRL i.V.m. § 122a Abs. 2 i.V.m. § 6 UmwG ableiten lassen,146 da aber § 6 UmwG die notarielle Beurkundung für den Verschmelzungsvertrag und nicht für den Verschmelzungsplan vorschreibt und diese beiden sich nicht nur in terminologischer, sondern auch in dogmatischer Hinsicht unterscheiden,147 hat der Gesetzgeber durch seine Klarstellung in § 122c Abs. 4 UmwG der Gefahr einer Rechtsunsicherheit entgegen gewirkt.148 a) Bedeutung der notariellen Beurkundung für den Minderheitenschutz Mit Anordnung der notariellen Beurkundung verweist der Gesetzgeber zugleich auf die Vorgaben des BeurkG. Da der Verschmelzungsplan sich aus den Willenserklärungen der beteiligten Gesellschaften, vertreten durch ihre organschaftlichen 143 Lutter/Winter-Bayer, § 122a UmwG, Rn. 30; Widmann/Mayer-Heckschen, § 122a UmwG, Rn. 94. 144 BT-Drucks. 16/2919 v. 12. 10. 2006, S. 1 (15). Der Hinweis, die Inhaltsvorgaben seien nicht abschließend und könnten durch die Gesellschaften ergänzt werden, steht der Annahme eines Exklusivitätsverhältnisses zwischen § 122c und § 8 UmwG nicht entgegen. Der Vorgabe des 4. Ergänzungsgrundes VRL entsprechend soll er nur der Klarstellung dienen, dass den Gesellschaften eine Ergänzungsbefugnis zukommt. 145 Vgl. § 6 UmwG. 146 Begr.RegE, BT Drucks. 16/2919, S. 15. 147 Statt aller siehe nur Lutter/Winter-Bayer, § 122c UmwG, Rn. 3; Widmann/MayerMayer, § 122c UmwG, Rn. 16 m.w.N. 148 Maul/Teichmann/Wenz, BB 2003, S. 2633 (2637); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1095); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (584); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (406).

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Vertreter zusammensetzt,149 gelten die Beurkundungsvorgaben der §§ 6 ff. BeurkG über die Niederschrift von Willenserklärungen und nicht die über die Tatsachenbeurkundung i.S.d. §§ 36 ff. BeurkG.150 Zu beurkunden sind damit die auf die Errichtung des Verschmelzungsplans gerichteten Erklärungen der Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften.151 Mit Geltung der Beurkundungsvorgaben der §§ 6 ff. BeurkG ist der Notar nach § 17 BeurkG verpflichtet, die Erklärungen der Beteiligten so abzufassen, dass eine möglichst vollkommene Urkunde entsteht, die sowohl dem wahren Willen der Beteiligten als auch dem Gesetz entspricht.152 Insofern geht mit der Beurkundung nicht nur eine Willenserforschung und Belehrung der Parteien einher,153 sondern auch eine materielle Richtigkeitsgewähr.154 Im Rahmen dieser Rechtmäßigkeitsprüfung hat der Notar sicherzustellen, dass mit der Beurkundung nur erlaubte und redliche Zwecke verfolgt werden,155 die darin enthaltenen Erklärungen weder gegen ein Gesetz (§ 134 BGB), die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen und mit ihnen ein ausgewogenes und gerechtes Ergebnis für alle Beteiligten erreicht wird.156 Obwohl hinsichtlich der Ausgewogen- und Gerechtigkeit nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern die beteiligten Gesellschaften als solche die schutzwürdige Vertragspersonen darstellen und die Belehrung und Aufklärung nicht gegenüber den Minderheitsgesellschaftern, sondern gegenüber den Vertretungsorganen erfolgen, begründet diese Richtigkeitsgewähr zumindest mittelbar eine schützende Wirkung zugunsten der an der Beurkundung nicht beteiligten Minderheitsgesellschafter.157 Denn das was für beide Gesellschaften ausgewogen ist, wird regelmäßig nicht einem eigennützigen Interesse eines Mehrheitsgesellschafters dienen, sondern eher dem Gemeinschaftsinteresse aller Gesellschafter entsprechen. Darüber hinaus kommt der Beurkundung eine Beweissicherungsfunktion zu, die den Minderheitsgesellschaftern im Rahmen einer prozessualen Durchsetzung ihrer Rechte zugutekommt.158 Die Beurkundungspflicht begründet insofern einen zu149 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122c UmwG, Rn. 41; a.A. Widmann/Mayer-Mayer, § 122c UmwG, Rn. 163, 171 der den Verschmelzungsplan mit Verweis auf den Spaltungsplan in § 136 UmwG als einseitige (nicht empfangsbedürftige) Willenserklärung einordnet. 150 Klein, RNotZ 2007, S. 565 (587); a.A. Frenzel, S. 218, der eine reine Tatsachenbeurkundung i.S.d. §§ 36 ff. BeurkG befürwortet. 151 Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Hörtnagl, § 122c UmwG, Rn. 41; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122c UmwG, Rn. 41. 152 Jerschke, DNotZ 1989, S. 21 f. 153 BGH, Beschluss v. 16. 2. 1981, II ZB 8/80, WM 1981, S. 375,376. 154 BGH, BGHZ 105, 324 = DNotZ 1988, S. 102 (108). 155 § 4 BeurkG, § 14 Abs. 2 BNotO. 156 Beck’sches Notar Hdb.-Bernhard, G Rn. 56. 157 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (457). 158 Lerch, BeurkG, § 17 Rn. 8.

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sätzlichen Minderheitenschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Auf die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses oder der Barabfindung erstreckt sich die Richtigkeitsprüfung des Notars jedoch nicht. b) Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern die deutschen Beurkundungsanforderungen durch eine Beurkundung im Ausland umgangen werden können. Zum einen ist damit die Frage aufgeworfen, ob dem Beurkundungserfordernis des deutschen Rechts durch Einhaltung der – möglicherweise weniger strengeren – Formvorschriften einer ausländischen Rechtsordnung entsprochen werden kann und zum anderen, ob im Falle ausschließlicher Geltung der deutschen Beurkundungsvorgaben diese durch einen ausländischen Notar erfüllt werden können. aa) Anwendbarkeit Art. 11 Abs. 1 EGBGB Auf das ausländische Recht könnte abgestellt werden, wenn Art. 11 Abs. 1 EGBGB anwendbar ist. Ein Rechtsgeschäft ist danach formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder wenn es die Formerfordernisse des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Würde Art. 11 Abs. 1 HS. 2 EGBGB also anwendbar sein, könnte anstelle des deutschen Sachrechts auf das ausländische, am Ort des Vertragsschlusses geltende Sachrecht abgestellt werden, so dass der Verschmelzungsplan möglichweise auch durch die bloße Schriftform formwirksam zustande kommen könnte. Dies ist jedoch aus mehreren Gründen abzulehnen. Zum einen wurde Art. 11 Abs. 1 EGBGB nahezu wortgleich aus Art. 9 des EVÜ159 übernommen, welches jedoch in Art. 1 Abs. 2 lit. e) EVÜ ausdrücklich „Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht … und das Recht juristischer Personen … wie z. B. die Errichtung, … die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften …“ aus seinem Anwendungsbereich ausnimmt.160 Der europäische Gesetzgeber hat daher bewusst keine Regelung für Rechtsgeschäfte treffen wollen, die die Verfassung der Gesellschaft berühren.161

159 EG-Schuldvertragsübereinkommen (,EVÜ‘) v. 19. 06. 1980, EG-ABl. C-27/34 v. 26. 1. 1998, S. 34 (= BGBl. 1986, Teil II, S. 810). 160 Vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. e) EVÜ. 161 Widmann/Mayer-Heckschen, § 6 UmwG, Rn. 56 ff.; Klein, RNotZ 2007, S. 565 (584).

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Im Rahmen der Neuregelung des EVÜ durch ROM I162 und ROM II163 hätte er die Möglichkeit gehabt, eine Regelung über die Form gesellschaftsrechtlicher Rechtsgeschäfte mit aufzunehmen. Davon wurde jedoch ausdrücklich abgesehen und stattdessen die Regelungen des Art. 9 und Art. 1, Abs. 2 lit. g) EVÜ nahezu wortgleich beibehalten.164 Zum anderen sind auch Art. 11 Abs. 4 und 5 EGBGB zu berücksichtigen, wonach für dingliche Verfügungsgeschäfte ebenfalls nicht das Ortsrecht, sondern das lex rei sitae gilt.165 Da Verschmelzungen aber sowohl die Verfassung und Auflösung mindestens einer Gesellschaft i.S.d. Art. 1 Abs. 2 EVÜ betreffen als auch wegen der Gesamtrechtsnachfolge Verfügungsgeschäfte i.S.d. Art. 11 Abs. 4, 5 EGBGB darstellen, ist Art. 11 Abs. 1 EGBGB für die Formvorgabe des Verschmelzungsplans nicht anwendbar.166 Es gelten insofern die allgemeinen Regelungen, die für die gesetzlich nicht normierten Bereiche des internationalen Gesellschaftsrechts greifen, so dass auf das jeweilige Gesellschaftsstatut der verschmelzenden Gesellschaften abzustellen ist.167 Aus Sicht einer deutschen verschmelzungsbeteiligten Gesellschaft sind damit im Ergebnis die deutschen Beurkundungsvorgaben i.S.d. § 122c Abs. 4 UmwG i.V.m §§ 6 ff. BeurkG einzuhalten. bb) Beurkundung durch ausländische Notare Inwiefern die Beurkundung nach den deutschen Vorgaben i.S.d. § 122c Abs. 4 UmwG durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden darf, ist seitens des deutschen Gesetzgebers offen gelassen worden. In der Regierungsbegründung verweist er lediglich auf die allgemeinen Regeln.168 Gemeint ist damit die Rechtsprechung des BGH, wonach eine Auslandsbeurkundung grundsätzlich zulässig sein soll,

162

Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und Rates v. 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. 177/6 v. 4. 7. 2008. 163 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und Rates v. 11. 7. 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), Abl. 199/ 40 v. 31. 7. 2007. 164 Vgl. Art. 11 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 2 lit. e) ROM I. 165 Beck’sches Notar-HdB.-Zimmermann, H Rn. 190; Kiem, RNotZ 2007, S. 565 (584); Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 6 UmwG, Rn. 7. 166 RegBegr. zu Art. 11 EGBGB, BT-Drucks. 10/504 v. 20. 10. 1983; Beck’sches NotarHdB.-Zimmermann, H Rn. 190 f.; Widmann/Mayer-Heckschen, § 122c UmwG, Rn. 208; a.A. Palandt-Thorn, Art. 11 EGBGB Rn. 2. 167 Siehe die Ausführungen über die kollisionsrechtlichen Verschmelzungshindernisse, Teil 1 C. I. 3. 168 BR-Drucks. 548/06, S. 31.

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wenn diese der deutschen ,gleichwertig‘ ist.169 Voraussetzung dafür ist, dass die ausländische Beurkundungsperson in ihrer Ausbildung und Stellung im Rechtsleben mit einem deutschen Notar vergleichbar und das Beurkundungsverfahren den tragenden Grundsätzen des deutschen Rechts entspricht.170 Zu den tragenden Grundsätzen zählt auch die oben beschriebene Richtigkeitsgewähr und damit die Überprüfung, ob das materielle (deutsche) Recht gewahrt wurde.171 Ob diese Gleichwertigkeit bei einer Beurkundung des Verschmelzungsplans durch einen ausländischen Notar gewahrt werden kann, wird in erster Linie von dem einzelstaatlichen Beurkundungsverfahren und den Prüfungsvorgaben des jeweiligen Mitgliedstaates abhängen, in dem die Beurkundung vorgenommen werden soll. Die Gleichwertigkeit bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen per se zu verneinen, die die Verfassung der Gesellschaft betreffen,172 dürfte allerdings fragwürdig sein. Denn die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und die damit einhergehende Wahrung öffentlich-rechtlicher Verkehrsinteressen als wesentliche Funktion des deutschen Notars173 kann ebenso wenig per se die Gleichwertigkeit ausschließen, wie der Umstand, dass ausländische Notare nicht den Mitteilungspflichten, wie bspw. nach § 54 EStDV gegenüber dem Finanzamt, unterliegen oder nicht an das elektronische Registerverfahren angebunden sind.174 Der BGH hat durch die Aufstellung des Gleichwertigkeitskriteriums nämlich im Umkehrschluss klargestellt, dass die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe des deutschen Notars grundsätzlich auch durch einen ausländischen Amtsträger erfolgen darf. Der BGH geht also von der Wahrung der öffentlichen Interessen aus, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Das Kriterium der Gleichwertigkeit des BGH dürfte daher vielmehr so zu verstehen sein, dass eine ausländische Beurkundung nur dann der deutschen gleichwertig ist, wenn der ausländische Notar Vorgaben des deutschen Rechts einhält und die Register- und Mitteilungsvorschriften gewahrt werden. Lutter und Drygala ist in diesem Zusammenhang beizupflichten, dass die Frage der elektronischen Übermittlung der Dokumente nicht das Problem der Gleichwertigkeit betrifft, da sie lediglich eine registerrechtliche Formvorgabe darstellen, die das Registergericht im

169 Simon/Rubner, Der Konzern 2007, S. 835 (837) mit Verweis auf BGHZ 80, 76 7; Begr. RegE, BT-Drucks. 16/2919, S. 31. 170 BGHZ 80, 76, 78; LG Nürnberg NJW 1992, S. 633; LG Augsburg, NJW-RR 1997, S. 420; OLG München NJW-RR 1998, S. 758. 171 BGH, BGHZ 105, 324 = DNotZ 1988, S. 102 (108). 172 So bspw. Goette, DStR 1996, 712 f.; Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (252); Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (457); Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), S. 39 (59); LG Nürnberg NJW 1992, S. 633; LG Augsburg, NJW-RR 1997, S. 420; OLG München NJW-RR 1998, S. 758. 173 Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (252); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (586). 174 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (457 f.); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (252).

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Falle der Nichtbeachtung zur Zurückweisung der Unterlagen berechtigt.175 Eine ausländische Beurkundung dürfte insofern auch nicht von den Mitteilungspflichten wie der aus § 54 EStDV befreien. Der ausländische Notar mag an diese Pflicht zwar nicht gebunden sein, das Registergericht bleibt jedoch zu deren Überprüfung verpflichtet und hat im Falle einer Missachtung die Eintragung zu verweigern. Wie der ausländische Notar oder die Parteien im Ergebnis die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben sicherstellen, ist insoweit das Problem der Gesellschaften und des Notars, nicht aber eine Frage der Gleichwertigkeit. Im Ergebnis dürfte mithin nur entscheidend sein, wie im Falle einer ausländischen Beurkundung der Nachweise gegenüber dem Registergericht zu erbringen ist, dass das Beurkundungsverfahren, z. B. die Vorlese- und Belehrungspflichten, und die Überprüfung des deutschen materiellen Rechts dem deutschen Maßstab entspricht. Das ausländische Beurkundungsverfahren müsste zumindest in einer Weise dargelegt werden, die dem Registergericht ermöglicht, die Vergleichbarkeit mit dem deutschen Beurkundungsverfahren festzustellen. Ob der Nachweis der Kenntnis des deutschen Verschmelzungsrechts durch eine kooperative Zusammenarbeit mit einem deutschen Notariat im Rahmen der Beurkundung, durch anerkannte Fachseminare oder –abschlüsse (z. B. Fachanwaltschaften/Masterabschlüsse) oder schlicht durch eine notarielle Versicherung ausreichen könnte, soll an dieser Stelle als gedankliche Anregung dahinstehen. Der Nachweis dürfte im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen jedenfalls dadurch erleichtert sein, dass der zu beurkundende Verschmelzungsplaninhalt im Wesentlichen durch die VRL harmonisiert wurde. Ungeachtet etwaiger Nachweismöglichkeiten ist allerdings eine unbeschränkte Haftung des ausländischen Notars für etwaige Beurkundungsfehler als grundlegende Voraussetzung der Gleichwertigkeit zu fordern.176 Eine unbeschränkte und unabdingbare Haftung ist nämlich nicht nur eine der wesentlichen Eigenschaften des deutschen Notars, sie ist zudem auch erforderlich – und da ist den kritischen Stimmen der Literatur uneingeschränkt beizupflichten –, um die Wahrung des öffentlichen Verkehrsinteresses und den Schutz der Beteiligten, einschließlich der Minderheitsgesellschafter, zu gewährleisten. c) Sprache des Verschmelzungsplans In welcher Landessprache der Verschmelzungsplan abzufassen ist, wird in den §§ 122a ff. UmwG ebenfalls nicht geregelt.

175 Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 6 UmwG, Rn. 8; vgl auch BGH, Beschl. v. 17. 12. 2013 – II ZB 6/13, NJW 2014, S. 2026). 176 Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 6 UmwG, Rn. 8.

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Gemäß § 122d S. 1 UmwG ist der Verschmelzungsplan beim Register einzureichen. Da gemäß § 125 FGG i.V.m. § 8 FGG, § 184 GVG ,Deutsch‘ die Gerichtssprache ist, muss dem Gericht zumindest eine deutsche Fassung vorliegen.177 Zwar handelt es sich bei dem Verschmelzungsplan nicht um einen an das Register gerichteten bestimmenden Schriftsatz, dem nur in deutscher Sprache rechtserhebliche Bedeutung zukommt.178 Da der Verschmelzungsplan aber beim Register zur Einsichtnahme durch den Rechtsverkehr einzureichen ist, muss er in der Gerichtssprache im Sinne einer für den Rechtsverkehr allgemein verständlichen Sprache vorliegen.179 Da aber selbst bei fremdsprachigen bestimmenden Schriftsätzen einer bloßen nachgereichten Übersetzung Rechtswirkung zukommt,180 kann nichts anderes für nicht bestimmende Schriftsätze gelten, die nur für die Einsichtnahme durch den Rechtsverkehr bestimmt sind. Insofern ist es ausreichend, wenn lediglich eine deutsche Übersetzung des Verschmelzungsplans eingereicht wird. In welcher Sprache der Verschmelzungsplan durch den deutschen Notar beurkundet wird, ist hingegen unerheblich, solange der deutsche Notar über eine entsprechende Sprachkunde i.S.d. § 5 Abs. 2 BeurkG verfügt.181 Dementsprechend genügt es, wenn der Notar den Verschmelzungsplan in einer Fremdsprache beurkundet und dem Handelsregister neben einer notariell beglaubigten Abschrift oder Ausfertigung des beurkundeten Verschmelzungsplans eine mit der Bescheinigung nach § 50 BeurkG versehene deutsche Übersetzung vorlegt.182 § 5 Abs. 2 BeurkG gestattet es ferner, eine doppelsprachige Urkunde zu errichten, bei der die deutsche und die fremdsprachige Fassung nebeneinander stehen.183 Für eine solche Vorgehensweise spricht insbesondere, dass bei Vorlage einer doppelsprachigen Fassung die Zustimmung aller Gesellschafterversammlungen zu einem gemeinsamen und vor allem gleich lautenden Verschmelzungsplan i.S.d. §§ 122c, 122a, 13 UmwG; Art. 5 i.V.m. Erwägungsgrund (4) VRL gewährleistet ist. 3. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzungen, § 122c Abs. 3 Die vereinfachte Form im Falle der Verschmelzung einer 100 %-Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft (up-stream merger) i.S.d. Art. 15 Abs. 1 1. Spiegelstrich wurde in § 122c Abs. 3 umgesetzt, so dass die Angaben des Umtausch177

Mit weiteren Ausführung und Differenzierungen Krause/Kulpa, ZHR 2007, S. 38 (59 f.). Zu fremdsprachigen bestimmenden Schriftsätzen: BGH, NJW 1982, S. 532; Tebben/ Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357). 179 Jansen/Schuckmann-König, § 8 FGG, Rn. 4. 180 Zöller-Gummer, ZPO, § 184 GVG, Rn. 4. 181 Klein, RNotZ 2007, S. 565 (588). 182 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (458); Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (251). 183 Huhn/v. Schuckmann, § 5 BeurkG, Rn. 6. 178

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verhältnisses, der Einzelheiten über die Anteilsübertragung sowie der Zeitpunkt der Gewinnbeteiligung entbehrlich sind. 4. Publizität des Verschmelzungsplans Gemäß § 122d UmwG sind der Verschmelzungsplan und die übrigen für die Bekanntmachung erforderlichen Angaben i.S.d. Art. 6 Abs. 2 VRL spätestens einen Monat vor der Hauptversammlung beim Handelsregister elektronisch in öffentlich beglaubigter Form i.S.d. § 12 HGB184 einzureichen. Das Registergericht hat sodann unverzüglich nach § 10 HGB einen Hinweis auf die Einreichung im elektronischen Informations- und Kommunikationssystem185 bekannt zu machen, § 122d S. 2 UmwG i.V.m. § 10 HGB. Zuständiges Register ist gemäß §§ 376, 377 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 GVG i.V.m. § 14 AktG das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem sich der Satzungssitz der Aktiengesellschaft befindet, zuständig ist.186 Von der Möglichkeit, eine Bekanntmachung auf der Internetseite der verschmelzenden Gesellschaft gemäß Art. 4 Nr. 1 der Änderungsrichtlinie zuzulassen, hat der deutsche Gesetzgeber hingegen abgesehen, so dass die Bekanntgabe weiterhin nur auf der bundesweiten Internetseite „Handelsregisterbekanntmachungen.de“ möglich ist. In Hinsicht auf die einzureichenden und bekannt zu gebenden Angaben i.S.d. Art. 6 Abs. 2 VRL hat der deutsche Gesetzgeber Art. 6 VRL nahezu wortlautidentisch übernommen und von der Ergänzungsbefugnis des Art. 6 Abs. 2 VRL keinen Gebrauch gemacht. Dem Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten von Minderheitsrechten wird bei grenzüberschreitenden Herausverschmelzungen deutscher Aktiengesellschaften allerdings eine gesteigerte Bedeutung zukommen. Wie an späterer Stelle noch eingehender auszuführen sein wird,187 hat der deutsche Gesetzgeber nämlich von seinem Recht aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL, spezifische Schutzbestimmung zugunsten widersprechender Aktionäre einzuführen, durch Einführung der §§ 122i, 122h UmwG Gebrauch gemacht. Im Falle von Herausverschmelzungen können Minderheitsgesellschafter danach gegen eine angemessene Barabfindung aus der Gesellschaft austreten oder einen Anspruch auf bare Zuzahlung geltend machen, falls das Umtauschverhältnis unangemessen ist. Zur Überprüfung der Angemessenheit der je184 Semler/Stengel-Drinhausen, § 122d UmwG, Rn. 7, 21, Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122d UmwG, Rn. 1; a.A. Klein, RNotZ 2007, S. 565 (589). 185 Für die Bundesrepublik Deutschland wurde die Internetplattform www.handelsregister bekanntmachungen.de geschaffen, auf der die Register der Länder ihre Bekanntmachung nach § 10 HGB veröffentlichen. 186 Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 3. 187 Siehe die Ausführung über den deutschen autonomen Minderheitenschutz, Teil 4 B. I., II.

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weiligen Kompensationsleistung wird ihnen zudem mit Zustimmung der Gesellschafter der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft das Spruchverfahren zur Verfügung gestellt. Diese Rechte sind gemäß § 122d S. 2 Nr. 4 UmwG über die bloße Wiedergabe der einschlägigen Normen hinausgehend kurz zu erläutern.188 Eine wörtliche Wiedergabe des bereits im Verschmelzungsplan aufgeführten Abfindungsangebots bedarf es hingegen nicht.189 Hinsichtlich der Frage, ob auch die Modalitäten für die Ausübung der Minderheitenrechte der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft anzugeben sind, spricht der Wortlaut des § 122d UmwG für die im Rahmen von Art. 6 VRL vertretene befürwortende Auffassung. Gemäß § 122d Nr. 4 UmwG ist nämlich ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Minderheitsgesellschafter „der an der Verschmelzungen beteiligten Gesellschaften“ bekannt zu geben. Der Wortlaut des § 122d UmwG ist insoweit eindeutiger als der des Art. 6 VRL. In Hinsicht auf den Bekanntmachungszeitpunkt fragt sich allerdings, ob die deutsche Umsetzung in richtlinienkonformer Weise ergangen ist. Denn gemäß Art. 6 Abs. 2 VRL hat die Bekanntmachung und nicht erst die Einreichung des Verschmelzungsplans einen Monat vor der Hauptversammlung zu erfolgen, wie es in § 122d UmwG vorgesehen ist. Auch wenn die Bekanntgabe der Einreichung vom Register gemäß § 122d S. 2 UmwG „unverzüglich“ vorzunehmen hat, kommt es notwendigerweise zu einer Verkürzung der 1 Monatsfrist, wenn die Bekanntgabe nicht am selbigen Tag wie die Einreichung des Verschmelzungsplans erfolgt.190 Eine rechtzeitige Bekanntmachung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 VRL und damit die Wahrung des dem Schutz von Gläubigern und Gesellschaftern dienenden einmonatigen Informationszeitraums ist durch § 122d UmwG mithin nicht gewährleistet, so dass die Richtlinienkonformität des § 122d UmwG zu verneinen ist.191 In der Verschmelzungspraxis sollte der Verschmelzungsplan daher so frühzeitig beim Register eingereicht werden, dass eine Bekanntmachung vor Beginn der 1-Monatsfrist gewährleistet ist, um hierauf gestützte Anfechtungsklagen zu vermeiden. 188 Widmann/Mayer-Mayer, § 122d UmwG, Rn. 17; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122d UmwG, Rn. 18; Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 15. 189 Die Bekanntmachungspflicht aus § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 S. 4 UmwG bezieht sich nämlich nicht auf die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans i.S.v. § 122d UmwG, sondern auf die Bekanntmachung der Tagesordnung bei Einberufung der Hauptversammlung i.S.d. § 124 Abs. 2 S. 2 AktG; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122i UmwG, Rn. 9. 190 Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025). 191 Widmann/Mayer-Heckschen, Vor §§ 122a UmwG, Rn. 105; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (838); Müller, ZIP 2009, S. 1081 (1084); Frenzel, S. 232; Lutter/Winter-Bayer, § 122d UmwG, Rn. 7; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122d UmwG, Rn. 16.

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III. Ergänzungen in England, regulation 7 CR 2007 In England erfolgte die Umsetzung von Art. 5 VRL in regulation 7 CR 2007. Danach haben die Direktoren (directors) der englischen verschmelzenden Gesellschaft einen Entwurf (draft) über die vorgeschlagenen Bedingungen (propoesed terms) der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu erstellen und zu billigen.192 Die Aufstellung des Verschmelzungsplans erfolgt insofern zwar auch durch das Leitungsorgan der englischen Gesellschaft, sie weicht allerdings in zweierlei Hinsicht von den Vorgaben der VRL ab. 1. Billigung des Entwurfes durch die Direktoren Zum einen verlangt regulation 7 CR 2007 zusätzlich die Billigung des Verschmelzungsplans durch die Direktoren der Gesellschaft und mithin einen Genehmigungsbeschluss (board resolution) des board of directors. Dieser begründet jedoch keine Rechtsverbindlichkeit und steht einer richtlinienkonformen Umsetzung von Art. 5 VRL somit nicht entgegen. Dies folgt bereits aus den regulations 13 und 16 CR 2007, die die Genehmigung der draft terms durch die Hauptversammlung (general meeting) und durch das Gericht vorsehen sowie aus dem Wortlaut der regulation 7 CR 2007, dem zur Folge nur die „vorgeschlagenen Verschmelzungsbedingungen“ zu genehmigen sind. Die gesetzesflankierenden Gesetzmaterialen betonen dies eingängig, in dem sie den Verschmelzungsplan in dieser Hinsicht lediglich als einen Vorschlag deklarieren (,proposal‘).193 Die Bedeutung des Genehmigungsbeschlusses beschränkt sich daher darauf, dass sich die Direktoren gegenüber der Gesellschafterversammlung gemeinschaftlich für die vorgeschlagenen Verschmelzungsbedingungen aussprechen.194 2. Einseitiger Gestaltungsakt Zum anderen besagt regulation 7 CR 2007, dass der Verschmelzungsplan nur (einseitig) durch die Direktoren der (englischen) Gesellschaft, nicht aber in Zusammenwirken mit den Leitungsorganen der übrigen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften aufzustellen ist. Ein Hinweis auf einen „gemeinsamen und gleichlautenden Verschmelzungsplan“, wie er in der VRL oder der deutschen Umsetzung enthalten ist, findet sich in regulation CR 2007 hingegen nicht. 192 Vgl. regulation 7 (1) CR 2007: „The directors of the UK merging company must draw up and adopt a draft of the proposed terms of the cross-border merger“. 193 Vgl. Explanatory Memorandum to the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. I.2007/2947, S. 7: „… each of the companies involved is required to circulate the merger proposal …“; DTI, A Consultative Document, März 2007, S. 17, Ziff. 4.6.4 (i): „… draft terms of merger proposal …“; Ziff. 4.6.4 (ii): … „details of merger proposal must be published“. 194 Im Ergebnis auch: Eggert, S. 162.

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Dies verwundert vor allem vor dem Hintergrund, dass sich der englische Gesetzgeber bei Umsetzung des Art. 5 Abs. 1 FRL, der im Verhältnis zur VRL die Rechtsnatur des Verschmelzungsplan als „gemeinsames Gestaltungswerk“ weitaus schwächer betont,195 die gemeinschaftliche Aufstellung in den englischen Gesetzestext aufgenommen hat.196 Eine Erklärung findet sich hierfür weder in den Gesetzesbegründungen noch in der englischen Literatur.197 Die Abweichung von regulation 7 (1) CR 2007 zu Art. 5 VRL und section 905 (1) CA 2006 kann unter Berücksichtigung einer richtlinienkonformen Auslegung aber nur so gedeutet werden, dass sich der englische Gesetzgeber entsprechend seiner Gesetzgebungskompetenz ausschließlich auf die Regelung des Verschmelzungsplans für die englischen Gesellschaft beschränkt und eine gemeinsame Zusammenarbeit der Organe der beteiligten Gesellschaft als zwingende Voraussetzung für einen gleichlautenden Verschmelzungsplan unterstellt hat.198 Dafür spricht auch regulation 16 (1)(e) CR 2007, wonach das Gericht die Rechtmäßigkeitsbescheinigung i.S.d. Art. 11 VRL nur erteilen darf, wenn die Verschmelzungspläne der verschmelzenden Gesellschaften die gleichen (,the same‘) sind. Der Richtlinienvorgabe eines „gleichlautenden Verschmelzungsplans“ wird die englische Umsetzung insofern gerecht. Unter Berücksichtigung des Wortlauts von regulation 7 (1) und regulation 16 (1)(e) CR 2007 scheint der englische Gesetzgeber allerdings im Gegensatz zur deutschen Umsetzung nicht von einem einheitlichen, sondern von zwei getrennten Dokumenten auszugehen, die sich lediglich inhaltlich entsprechen müssen. 3. Ergänzungen des Inhaltskatalogs In Hinsicht auf den Inhaltskatalog des Art. 5 VRL hat der englische Gesetzgeber dessen Vorgaben mit wenigen Abweichungen weitestgehend wörtlich übernommen und ebenfalls ausdrücklich betont, dass es sich lediglich um einen Mindestinhalt handelt.199

195 Vgl. Art. 5 FRL: „Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften erstellen einen schriftlichen Verschmelzungsplan“; Art. 5 VRL: „Die Verwaltungs- oder Leitungsorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften erstellen einen gemeinsamen Verschmelzungsplan für die grenzüberschreitende Verschmelzung … auf“. 196 Vgl. Section 905 (1) CA 2006: „A draft of the proposed terms of the scheme must be drawn up and adopted by the directors of the merging companies“. 197 Weder im Explanatory Memorandum oder im Consultative Document, noch in dem durch die englische Regierung 0veröffentlichten ,Guidance‘ (abrufbar unter: www.berr.gov.uk/ files/file41862.doc) finden sich diesbezüglich Anhaltspunkte. 198 So i.E. auch Thomson/Whitaker, P.L.C. 2007, S. 9, die ebenfalls von einer gemeinsamen Aufstellung des Verschmelzungsplans ausgehen, ohne dies jedoch zu begründen. 199 Regulation 7 (2) CR 2007: „The draft must give particulars of at least the following matters“.

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a) Satzungssitz und Gesellschaftsstatut Entsprechend der Vorgabe aus Art. 5 lit. a) VRL sieht auch regulation 7 (1)(a) CR 2007 die Angabe der Rechtsform (legal form), Firma (name), und des Sitzes der sich verschmelzenden Gesellschaften vor. Im Unterschied zur VRL und deutschen Umsetzung stellt der englische Gesetzgeber aber ausdrücklich klar, dass es sich bei dem ,Sitz‘ um den ,Satzungssitz‘ (registered office) handelt, regulation 7 (1)(a)(ii) CR 2007. Aus diesem lässt sich zwar grundsätzlich auch das jeweilige Gesellschaftsstatut ableiten,200 der englische Gesetzgeber scheint es jedoch für notwendig erachten zu haben, dieses explizit anzugeben und verlangt daher in regulation 7 (1)(a)(iii) CR 2007 die Angabe der Rechtsordnungen, denen die einzelnen verschmelzenden Gesellschaften unterliegen. Vor dem Hintergrund, dass gerade Kleinaktionäre über unzureichende Rechtskenntnisse verfügen, ist diese Ergänzung zu begrüßen. b) Anteilsbeschränkungen, regulation 7 (2)(g) CR 2007 Des Weiteren sieht regulation 7 (2)(g) CR 2007 nicht nur die Offenlegung von Sonderrechten vor, die Aktionären der übertragenden Gesellschaft im Rahmen des Anteilstausches gewährt werden, sondern verlangt darüber hinaus auch die Angabe von Beschränkungen, die mit den gewährten Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft verbunden sind.201 Wie dessen Wortlaut verdeutlicht, erstreckt sich die Angabe aber ebenfalls nur auf solche Vorteile und Beschränkungen, die im Austausch zu solchen Aktien der übertragenden Gesellschaft gewährt werden, die bereits vor der Verschmelzung mit Sonderrechten oder Beschränkungen ausgestattet waren. Letztere dürften vorrangig Stimmrechtsbeschränkungen von Vorzugsaktien erfassen. c) Begründungspflicht für besondere Vorteile, regulation 7 (2)(h) CR 2007 Eine weitere Abweichung zur VRL und zur deutschen Umsetzung ergibt sich im Rahmen der Offenlegung besonderer Vorteile, die Sachverständigen oder Mitgliedern der Verwaltungs- und Leitungsorganen gewährt werden (Art. 5 lit. h). Gemäß regulation 7 (1)(h) CR 2007 sind diese nicht nur anzugeben, sondern darüber hinaus auch zu erläutern. Der englische Gesetzgeber hat zudem klarge-

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Siehe die Ausführungen über die kollisionsrechtlichen Verschmelzungshindernisse, Teil 1 C. I. 2. 201 Regulation 7 (2)(h) CR 2007: „any rights or restrictions attaching to the shares or other securities in the transferee company to be allotted under the cross border merger to the holders of shares or other securities in a transferor company to which any special rights or restrictions attach …“.

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stellt, dass nicht nur zu gewährende, sondern auch bereits geleistete Vorteile offenzulegen sind.202 d) Anteilsverbot für gegenseitig gehaltene Anteile, regulation 7 (4)(a) CR 2007 Ferner hat der englische Gesetzgeber das Anteilsverbot aus Art. 14 Abs. 5 VRL in die Inhaltsvorgaben des Verschmelzungsplans mit aufgenommen. In wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 14 Abs. 5 VRL dürfen gemäß regulation 7 (4)(a) CR 2007 im Verschmelzungsplan für eigene oder an der jeweils anderen verschmelzenden Gesellschaft keine Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden.203 Die Regelung entspricht insoweit zwar den inhaltlichen Vorgaben der VRL. In ihrer Ausgestaltung entspricht die Regelung allerdings eher einem Inhaltsverbot als einem Umtauschverbot. e) Drittschutz bei Herausverschmelzungen, regulation 7 (4)(b) CR 2007 Eine letzte Abweichung von der VRL und der deutschen Umsetzung sieht schließlich regulation 7 (4)(b) CR 2007 im Falle von Herausverschmelzungen vor. Danach muss der Verschmelzungsplan sicherstellen, dass denjenigen, die nicht members der übertragenden englischen Gesellschaft sind, aber Wertpapiere (securities) an dieser halten, die mit Sonderrechten ausgestattet sind, jedoch keine Aktien sind, Rechte an der übernehmenden Gesellschaft erhalten, die mindestens denen gleichwertig sind, die sie in der übertragenden Gesellschaft hatten. Von der Gewährung gleichwertiger Rechte kann abgesehen werden, wenn die Inhaber der Änderung ihrer Rechte zugestimmt haben oder sie einen Anspruch auf Rückkauf ihrer Wertpapiere durch die übernehmende Gesellschaft zu Bedingungen erhalten, die das Gericht für angemessen (reasonable) hält.204

202 Vgl. regulation 7 (2)(h) CR 2007: „any amount or benefit given or paid or intended to be paid or given to the independent expert … or any director of a merging company, and the consideration for the payment or benefit.“ 203 Vgl. regulation 7 (4)(a) CR 2007: „The draft may not provide for any shares in the transferee company to be allotted to – a transferor company in respect of shares in the transferor company held by the transferor company itself; or (to) the transferee company in respect of shares in the transferor company held be the transferee company“. 204 Vgl. regulation 7 (4)(b) CR 2007: „The draft must provide that where any securities of a UK transferor company (other than shares) to which special rights are attached are held by a person other than as a member or creditor of the company, that person is to receive rights in the transferee company of equivalent value, unless (i) the holder has agreed otherwise; or (ii) the holder is, or under the draft is to be, entitled to have the securities purchased by the transferee company on terms which the court considers reasonable“.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Welche Wertpapiere von der Vorschrift im Einzelnen erfasst werden, gibt der englische Gesetzgeber hingegen weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung vor. Die Bestimmung entspricht allerdings nahezu wörtlich der section 8 (1), (2) Sch 15B des Companies Act 1985, mittels derer wiederum Art. 15 der FRL in das englische Recht umgesetzt wurde205 und heute in section 913 (1), (2) CA 2006 enthalten. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch regulation 7 (4)(b) CR 2007 dem gleichen Schutz zu dienen bestimmt ist wie Art. 15 FRL, der insbesondere auf den Schutz der Inhaber von Wandelanleihen und Genussschuldverschreibungen abstellte.206 Entsprechend den Ausführungen in Teil 2 über die Verbriefungsarten von Schuldverschreibungen in England dürfte die Vorschrift daher insbesondere mit Blick auf die sog. convertible bonds, die als häufiges Finanzierungsinstrument in England dienen, relevant sein. Für den Minderheitenschutz kommt ihr hingegen keine Bedeutung zu, da Gesellschafter (members) ausdrücklich von der Vorschrift ausgenommen sind. Dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend dürfte dies auch dann gelten, wenn sie neben Namensaktien Schuldverschreibungen i.S.d. Vorschrift halten. Von einer weiterführenden Vertiefung wird dementsprechend an dieser Stelle abgesehen. f) Richtlinienkonformität Der englische Gesetzgeber hat somit mehrere Ergänzungen zum Inhaltskatalog des Art. 5 VRL aufgenommen, deren Bedeutung über eine nur konkretisierende Funktion hinausgeht. Dies dürfte vorrangig für die Begründungspflicht bzgl. der Sondervorteile der Leitungsorgane, für die Angabe von Beschränkungen anteilsverbundener Rechte sowie vor allem für die Einräumung gleichwertiger Rechte bzw. eines Abfindungsanspruchs zugunsten der Inhaber von Wandelanleihen gelten. Aus Sicht der Auffassung, die sich für einen abschließenden Regelungscharakter von Art. 5 VRL ausspricht, dürfte die richtlinienkonforme Umsetzung damit zu bezweifeln sein. Selbst wenn der Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL eine Befugnis zur Ergänzung des Verschmelzungsplaninhalts eingeräumt würde, könnte diese nur Ergänzungen zum Schutze von Minderheitsgesellschafter rechtfertigen. Dies trifft jedoch auf keine der Ergänzungen, insbesondere nicht auf die Ergänzung

205

Eine entsprechende Regelung ist im deutschen Recht in § 23 UmwG enthalten, der jedoch keine Verpflichtung zur Aufnahme der gewährten Rechte in den Verschmelzungsvertrag bzw. über § 122a UmwG in den Verschmelzungsplan vorsieht. Dies dürfte auch nicht erforderlich sein, da eine entsprechende Regelung bereits von § 122c lit. g) UmwG erfasst sein dürfte. 206 Lutter/Winter-Grunewald, § 23 UmwG, Rn. 2.

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in regulation 7 (4)(b) CR 2007 zu, da diese nicht dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern, sondern dem von Dritten zu dienen bestimmt ist. Die Umsetzung von Art. 5 VRL in das englische Recht spricht allerdings dafür, dass auch der englische Gesetzgeber von der hier vertretenen Auffassung ausgeht, der zur Folge Art. 5 VRL kein abschließender Regelungscharakter zukommt und somit auch keine Bedenken hinsichtlich der Richtlinienkonformität von regulation 7 CR 2007 bestehen. 4. Form und Sprache des Verschmelzungsplans In Hinsicht auf die Form des Verschmelzungsplans sehen die CR 2007 keine besonderen Vorgaben vor. Der Wortlaut der regulation 7 (1) CR 2007 („draw up“) spricht jedoch für eine Anfertigung des Verschmelzungsplans in einfacher Schriftform. Dieselbe Formulierung ist nämlich auch in section 2 (2)(a) Schedule 15B für den Verschmelzungsplan bei nationalen Verschmelzungen enthalten, mittels derer Art. 5 Abs. 1 FRL wortlautidentisch umgesetzt wurde. Dieser sah wiederum ausdrücklich die einfache Schriftform vor. Dafür sprechen im Übrigen auch die regulations 10 (1)-(3)(a) und 12 (1)(b) CR 2007, wonach die englische Gesellschaft verpflichtet ist, den Gesellschaftern eine Kopie des Verschmelzungsplans durch Auslage am Satzungssitz oder durch Zusendung zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen und beim Register einzureichen. Letzteres darf gemäß regulation 12 (6)(e) CR 2007 i.V.m. section 1068 (1), (6) CA 2006 i.V.m. Registrar’s Rules Vol. 1 und Vol. 2207 aber nur in schriftlicher oder elektronischer Form erfolgen. In sprachlicher Hinsicht ist der Verschmelzungsplan dem Register nach regulation 4 (1)(b) CR 2007 i.V.m. section 1103(1) CA 2006 in englischer Sprache vorzulegen. Sollte der Verschmelzungsplan in einer anderen Sprache erstellt worden sein, muss dieser zusammen mit einer bestätigten Übersetzung (certified translation) in englischer Sprache beim registrar of companies eingereicht werden, regulation 4 (3) CR 2007 i.V.m. section 1105 Abs. 1 CA 2006. Eine certified translation ist wiederum eine Übersetzung, deren Richtigkeit durch eine in regulation 109 Registrar’s Rules Vol. 2 genannte autorisierte Person208 bestätigt worden ist. Wurde der Verschmelzungsplan also in deutscher Sprache beurkundet, muss er zusammen mit einer bestätigten Übersetzung in die englische Sprache beim registrar of companies eingereicht werden. 207

Registrar’s Rules 2009 v. 29. 09. 2009, Volume1 (Requirements applicable to documents delivered to the registrar in electronic form), Volume 2 (Requirements applicable to documents delivered to the registrar in paper form); abrufbar unter: http://www.companieshouse.gov.uk/ about/policyDocuments/registrarsRules.pdf. 208 Darin genannt werden beispielsweise die Direktoren, Verwaltungsmitglieder, Insolvenzverwalter oder Juristen.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

5. Vereinfachte Form bei Konzernverschmelzungen Die vereinfachten Formvorgaben des Art. 15 Abs. 1 1. Spiegelstrich für die Verschmelzung durch Aufnahme einer 100 %-Tochtergesellschaft (wholly-owned subsidiary) wurden wie in Deutschland wortgleich in regulation 7(3) CR 2007 übernommen. 6. Publizität des Verschmelzungsplans Die Vorgaben des Art. 6 VRL über die Einreichung und Bekanntmachung des Verschmelzungsplans wurden in England in regulation 12 CR 2007 umgesetzt. Sie unterscheidet sich von den europäischen Vorgaben und der deutschen Umsetzung in mehrfacher Hinsicht. Erstens enthält sie eine umfangreiche Differenzierung zwischen den beim Register einzureichenden Dokumenten und den im Bundesanzeiger bekannt zu machenden Angaben, wobei sie für die Einreichung und die Bekanntmachung zwei unterschiedliche Zeitpunkte bestimmt. Zweitens hat der englische Gesetzgeber von seiner Ermächtigung nach Art. 6 Abs. 2 VRL Gebrauch gemacht und die bekanntmachungspflichtigen Angaben erweitert, wobei er drittens von einem Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten von Minderheitsrechten abgesehen hat. a) Anmeldung beim Register Gemäß regulation 12 (1) CR 2007 sind die Direktoren der englischen Gesellschaft verpflichtet, die dort aufgeführten Unterlagen nicht später als zwei Monate vor der (ersten)209 Gesellschafterversammlung beim sog. registrar of companies210 einzureichen. Das für England zuständige Register ist das bundesweit zuständige Companies House in Cardiff.211 Bei diesem sind zusätzlich zu den in Art. 6 VRL genannten Angaben die folgenden Dokumente in elektronischer Form einzureichen. (1) Datum, Zeit und Ort des oder der vom Gericht nach regulation 11 CR 2007 einberufenen Gesellschafterversammlung(en).212 (2) Kopie des Einberufungsbeschlusses des Gerichts. 209 Das englische Recht sieht für jede Aktiengattung jeweils die Abhaltung einer Gesellschaftersammlung, sog. class meetings, vor. Aus diesem Grund wird für das Ende der Einreichungsfrist auf den Zeitpunkt von zwei Monaten vor der ersten Gesellschafterversammlung abgestellt. Vgl. hierzu die Ausführungen über die Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 2. a) aa) (1). 210 Section 12 (1), 1060 CA 2006, Explanatory Note to the Companies Act 2006, Rn. 1365. 211 www.companieshouse.gov.uk. 212 Die Einberufung der Hauptversammlung, die über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließen, erfolgt bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch das zuständige Gericht, vgl. die Ausführungen über das Einberufungsverfahren in England, Teil 3 F. III. 2. a) aa) (1).

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(3) Angaben über die jeweiligen Gesellschaftsstatute, denen die verschmelzenden Gesellschaften unterliegen. Die zusätzlichen Angaben (1) und (2) resultieren aus dem zum deutschen Recht unterschiedlichen Prozess der Einberufung der Gesellschafterversammlung. Während diese nach deutschem Recht durch die Gesellschaft bzw. deren Vorstand unmittelbar erfolgt,213 wird die Gesellschafterversammlung (ggf. auch mehrere) ausschließlich auf Antrag durch Beschluss des zuständigen Gerichts einberufen.214 Die Angabe über die jeweils einschlägigen Gesellschaftsstatute geht mit deren zusätzlichen Aufnahme in den Verschmelzungsplan nach regulation 7 (2)(a)(iii) CR 2007 einher. Wie auch dort, ist die Angabe an sich überflüssig, da sie sich bereits aus dem anzugebenen Satzungssitz herleiten ließe. Vor dem Hintergrund der gemeinschaftsweit unterschiedlichen kollisionsrechtlichen Anknüpfung und dem Schutz von Aktionären, die über keine juristische Fachkenntnis verfügen, ist die Aufklärung über die betroffenen Rechtsordnungen jedoch zu begrüßen. Im Gegensatz zum deutschen Recht hat der englische Gesetzgeber allerdings von Art. 4 der Änderungsrichtlinie Gebrauch gemacht und die Möglichkeit einer Bekanntgabe auf der Internetseite der Gesellschaft in regulation 12 A CR 2007215 geschaffen. In diesem Fall ist anstelle des Verschmelzungsplans eine Notiz mit den wesentlichen Details über die Internetseite zusammen mit den übrigen Unterlagen der regulation 12 (1) einzureichen, regulation 12 A (1)(a)(4) CR 2007. Die Befreiung gilt insofern ausschließlich nur für den Verschmelzungsplan und nicht für die übrigen Angaben. b) Bekanntmachung Nach Erhalt sämtlicher Unterlagen, jedoch spätestens einen Monat vor der (ersten) Gesellschafterversammlung, hat das Company House gemäß regulation 12 (3)(4) CR 2007 einen Hinweis auf den Erhalt der Unterlagen in den elektronischen Gesetzesblättern – der London Gazette216 – zu veröffentlichen. Neben dem allgemeinen Hinweis auf den Erhalt des Verschmelzungsplans und den nach Art. 6 Abs. 2 VRL bekanntmachungspflichtigen Angaben hat diese Bekanntmachung gemäß regulation 12 (5) CR 2007 die folgenden weiteren Hinweise enthalten: (1) Eingangsdatum der Dokumente. (2) Jeweiliges Gesellschaftsstatut aller verschmelzenden Gesellschaften. 213 214

(1). 215

Vgl.§ 121 Abs. 1, 2 AktG. Vgl. die Ausführungen über das Einberufungsverfahren in England, Teil 3 F. III. 2. a) aa)

Regulation 12 A wurde in die CR 2007 im Wege der Companies (Reporting Requirements in Mergers and Devisions) Regulations 2011, S. I. 2011/1606 eingeführt, die die Änderungsrichtlinie in England umsetzt. 216 Abrufbar unter: www.london-gazette.co.uk.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

(3) Hinweis, dass Informationen über die englische Gesellschaft im englischen Register vorliegen. (4) Hinweis auf die Publizitätspflicht nach regulation 10, wonach die englische Gesellschaft Kopien des Verschmelzungsplans, des Verschmelzungsberichts und des Prüfungsberichts zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen haben. (5) Datum, Zeit und Ort der vom Gericht einberufenen Gesellschafterversammlung (en). Im Falle einer Bekanntmachung auf der Internetseite sind mit Ausnahme des Erhalts des Verschmelzungsplans alle oben genannten Angaben weiterhin bekanntzugeben. Anstelle des Verschmelzungsplans hat das Register die von der Gesellschaft eingereichte Notiz über die Details der Internetseite spätestens einen Monat vor der ersten Gesellschafterversammlung bekanntzugeben, regulation 12 A (1)(b)(5) CR 2007. Aus Sicht des Minderheitenschutzes sind die zusätzlichen Angaben (3), (4) und (5) hervorzuheben. Der ausdrückliche Hinweis auf die beim Register hinterlegten und einsehbaren Verschmelzungs- und Unternehmensunterlagen führt wie die Angabe der Gesellschaftsstatute zu einer verbesserten Aufklärung der juristisch nicht bewanderten Aktionäre, denen vorrangig die Minderheitsgesellschafter angehören werden. Sie erhalten somit nicht nur von der anstehenden Einberufung der Hauptversammlung, sondern auch von den Publizitätspflichten der Gesellschaft bzgl. der Verschmelzungsunterlagen rechtzeitig Kenntnis. Eine vergleichbare Regelung findet sich im deutschen Recht allerdings in den Vorschriften der §§ 121 ff. AktG über die Einberufung der Hauptversammlung. Diese ist nämlich ebenfalls in den Geschäftsblättern bekanntzugeben und hat gemäß § 124 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 4 AktG einen Hinweis auf die Internetseite der Gesellschaft zu enthalten, auf der wiederum gemäß § 124a Nr. 3 AktG i.V.m. §§ 122a Abs. 2, 63 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5, Abs. 4 UmwG die Daten über die Hauptversammlung sowie die Verschmelzungsunterlagen einzustellen sind. Die zusätzlichen Bekanntmachungspflichten der regulation 12 CR 2007 stellen somit mit Ausnahme der Angabe der Gesellschaftsstatute und des Hinweises auf die beim Register hinterlegten Unternehmensunterlagen keine Erweiterung dar, sondern sind lediglich Ausfluss einer abweichenden Regelungsstruktur der CR 2007 und des UmwG. c) Fehlender Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten von Minderheitsrechte Unterschiede ergeben sich jedoch in Hinsicht auf den in Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL vorgegebenen und in Deutschland in § 122d Nr. 4 UmwG umgesetzten Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten von Minderheitsrechten. Regulation 12 CR 2007 sieht nämlich weder hinsichtlich der einzureichenden noch hinsichtlich der bekannt zu

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machenden Angaben einen solchen Hinweis vor, so dass Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL schlicht nicht umgesetzt wurde. Aus diesem Umstand lassen sich mehrere Schlussfolgerungen ableiten. Zum einen deutet die fehlende Hinweispflicht darauf hin, dass der englische Gesetzgeber von seiner Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL keinen Gebrauch gemacht hat und keine verschmelzungsspezifischen Minderheitsrechte für grenzüberschreitende Verschmelzungen implementiert hat. Dies wiederum bestätigt zugleich die deutsche Interpretation, dass von Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL nur die verschmelzungsspezifischen Rechte i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL und nicht auch die allgemeine Gesellschafterrechte erfasst werden. Zum anderen lässt der vollständige Verzicht auf die Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL vermuten, dass der englische Gesetzgeber – entgegen der hier vertretenen Auffassung – die Vorschrift nur in Bezug auf die bekanntmachungspflichtige Gesellschaft ausgelegt hat und danach nur die Ausübungsmodalitäten für die Minderheitenrechte der Gesellschafter der bekanntmachungspflichtigen Gesellschaft, nicht aber auch der der ausländischen Gesellschaft anzugeben sind. Nach Kenntnis des Verfassers hat die Frage nach der Reichweite von Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL weder bei Erlass der CR 2007 seitens des englischen Gesetzgebers noch im Rahmen der akademischen Auseinandersetzung seitens der englischen Literatur Berücksichtigung gefunden. Da aber auch keine Stellungnahme seitens des europäischen Gesetzgebers existiert, kann auch nicht abschließend entschieden werden, ob die englische Umsetzung nicht richtlinienkonform oder ob die hier vertretene und in Deutschland bisher überwiegende Auffassung fehlerhaft ist. Die Mehrdeutigkeit der Vorschrift begründet jedenfalls eine nicht unbeachtliche Verfahrensunsicherheit, die bis zu einer rechtssicheren Entscheidung dazu anhält, die Ausübungsmodalitäten der Minderheitsrechte aller beteiligten Gesellschaften in die Bekanntmachung mit aufzunehmen, um etwaige Anfechtungsrisiken auszuschließen.

IV. Zwischenergebnis Verschmelzungsplan Mit der Vorgabe eines gemeinsamen, gleichlautenden Verschmelzungsplans, der die wesentlichen Bedingungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung zusammenfasst und der spätestens einen Monat durch das Register der jeweiligen Gesellschaft öffentlich bekannt zu geben ist, hat der europäische Gesetzgeber den (Minderheits-)Gesellschaftern der verschmelzenden Gesellschaften ein umfangreiches Informationsinstrument an die Hand gegeben, um sich im Vorfeld mit den Bedingungen der Verschmelzung auseinanderzusetzen.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

1. Schutzrelevanz für Minderheitsgesellschafter Die Inhaltsvorgaben entfalten dabei in mehrfacher Weise Schutzwirkungen zugunsten der Minderheitsgesellschafter, die keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung haben, aber von ihr unmittelbar in ihren mitgliedschaftlichen Rechten betroffen sind. Die Angabe der Rechtsform, des Satzungssitzes und die Beifügung der Satzung der aufnehmenden Gesellschaft verschafft insbesondere den Aktionären der übertragenden Gesellschaft Einblick in die Organisationsstruktur und -verfassung der aufnehmenden Gesellschaft, die ihre zukünftige Mitgliedschaft bestimmen wird. Zugleich begegnet der Verschmelzungsplan den Interessenskonflikten auf der vertikalen Ebene, z. B. durch die Angabe der den Leitungsorganen eingeräumten Sondervorteile, und auch auf der horizontalen Ebene zwischen den Aktionären. Letzteren wird insbesondere durch die Angabe der den Aktionären der aufnehmenden Gesellschaft bisher in der Satzung gewährten als auch der den Aktionären der übertragenden Gesellschaft im Austausch zu vorherig oder erstmalig im Zuge der Verschmelzung gewährten Sonderrechte sowie durch die Angabe des Umtauschverhältnisses Rechnung getragen. Die Aktionäre beider Gesellschaften können auf dieser Grundlage das Risiko einer Anteils- und Stimmrechtsverwässerung bzw. eines Verschmelzungsverlustes einschätzen. Die dadurch geschaffene Transparenz und Wissensgrundlage ermöglichen den Minderheitsgesellschaftern zum einen, eine Entscheidung über ihren Austritt oder Verbleib in der Gesellschaft zu treffen und zum anderen werden sie in die Lage versetzt, das Handeln der Leitungsorgane und Mehrheitsgesellschafter auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. 2. Verfahrenshindernisse Durch das Erfordernis eines gleichlautenden Verschmelzungsplans und der Vorgabe eines Mindestinhalts hat der Europäische Gesetzgeber ferner ein einheitliches Regelwerk zur Verfügung gestellt, das die Verschmelzung insgesamt auf einen rechtssicheren Boden stellt. Andererseits ermöglicht der nicht abschließende Regelungscharakter den Mitgliedstaaten einzelstaatliche und den Gesellschaften einzelfallspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Der deutsche und englische Gesetzgeber haben sich aber überwiegend auf die Umsetzung dieser Mindestangaben beschränkt und nur marginale Ergänzungen eingeführt. Nach dem vorstehenden Rechtsvergleich hat der Verschmelzungsplan im Falle einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zwischen einer AG und plc. den nachfolgenden Mindestinhalt zu enthalten, wobei die zur VRL bestehenden Abweichungen kursiv hervorgehoben sind. *

Rechtsform, Firma, statutorischer Sitz und Gesellschaftsstatut jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften;

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das Umtauschverhältnis der Aktien und ggf. die Höhe der baren Zuzahlungen; Einzelheiten der Übertragung der Aktien der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft, insbesondere die Bestellung eines Treuhänders sowie den Hinweis auf die Kostenlast des übernehmenden Rechtsträgers bzgl. des Anteilsumtausches; Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Beschäftigung; Zeitpunkt, von dem an die Aktien ihren Inhabern das Recht auf Beteiligung am Gewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten, die eine Auswirkung auf dieses Recht haben; Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der sich verschmelzenden Gesellschaften unter dem Gesichtspunkt der Rechnungslegung als für Rechnung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft vorgenommen gelten; Rechte oder Restriktionen, die die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft den mit Sonderrechten oder Restriktionen ausgestatteten Gesellschaftern und den Inhabern von anderen Wertpapieren als Gesellschaftsanteilen gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen; besondere Vorteile, die den Sachverständigen, die den Verschmelzungsplan prüfen, oder den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der sich verschmelzenden Gesellschaften gewährt werden. Diese sind von den Leitungsorganen zu erläutern; die Satzung der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft; Angaben zu dem Verfahren, nach dem gemäß Artikel 16 die Einzelheiten über die Beteiligung von Arbeitnehmern an der Festlegung ihrer Mitbestimmungsrechte in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft geregelt werden; Angaben zur Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens, das auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft übertragen wird, das heißt die Angabe zu welchem Wert (Buch- oder Verkehrswert) das Vermögen der übertragenden Gesellschaft in den Büchern der aufnehmenden Gesellschaft fortgesetzt wird;217 Stichtag aller Jahresabschlüsse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die im Rahmen der Festlegung der Bedingungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung in irgendeiner Weise218 verwendet wurden;

217 Die Angabe entspricht der hier befürworteten Auslegung und weist auf die Möglichkeit auslegungsbedingter Abweichungen in den Mitgliedstaaten hin. 218 Vgl. vorstehende Fußnote.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Abfindungsangebot im Falle einer (Heraus-)Verschmelzung der AG auf die plc.; Angaben über gleichwertige Rechte, die den Inhabern von Wertpapieren im Falle einer Herausverschmelzung der plc. auf die AG zu gewähren sind, die keine Aktien darstellen und deren Inhaber nicht als member der plc. legitimiert sind oder die Andienung eines angemessenen Barabfindungsangebots.

Die Abweichungen sind dementsprechend geringfügig und lassen vor allem unter Berücksichtigung des gemeinsamen Zusammenwirkens der Leitungsorgane der verschmelzenden Gesellschaften keine Verfahrenshindernisse erwarten. Der Umtausch der Anteile kann zwar unter Umständen aufgrund der unterschiedlichen Stückelungs- und Verbriefungsarten219 der Aktien in England und Deutschland zu einem gesteigerten Anpassungsaufwand führen. Dies ist jedoch nicht auf die Gestaltung des Verschmelzungsplans, sondern auf die unterschiedlichen Kapitalverfassungen der AG und plc. zurückzuführen. Auslegungsbedingte Abweichungen könnten sich allerdings in Bezug auf die Angabe der Stichtage der verwendeten Jahresabschlüsse und der Angabe des Aktiv und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft i.S.d. Art. 5 lit. k) und l) VRL ergeben, wenn die Auslegung seitens der englischen Rechtspraxis von der deutschen Auslegung abweicht. Die abweichenden Formvorgaben des englischen und deutschen Rechts begründen hingegen keine Hindernisse, da sich nach der Vereinigungslehre die strengere deutsche Beurkundungsform gegenüber der einfachen Schriftform durchsetzt und zugleich beide Rechtsordnungen eine Übersetzung des Verschmelzungsplans in die jeweilige Landessprache ausreichen lassen. Verfahrenshindernisse können sich allerdings im Rahmen der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans i.S.d. Art. 6 VRL ergeben. Da das englische Recht die Einreichung des Verschmelzungsplans bereits zwei Monate und nicht nur einen Monat vor der Hauptversammlung verlangt, müssen sich die Leitungsorgane der verschmelzenden Gesellschaften bei der Aufstellung des Verschmelzungsplans an der zweimonatigen Frist orientieren, um eine Zurückweisung seitens des englischen Registers zu verhindern. Die deutsche Umsetzung dürfte hingegen nicht richtlinienkonform sein, da sie eine Wahrung des von der VRL vorgegebenen einmonatigen Informationszeitraums nicht gewährleistet. Die von dem englischen Recht geforderte frühzeitige Einreichung der Verschmelzungsunterlagen hat somit zugleich den Vorteil, das Risiko 219 Das englische Recht kennt keine Stückaktien, sondern nur Nennbetragsaktien, wobei der diesbezügliche Mindestnennbetrag nicht 1 Euro wie in Deutschland, sondern lediglich 1 pence beträgt. Des Weiteren sind in Deutschland Inhaberaktien und in England Namensaktien üblich, so dass gerade im Falle einer Verschmelzung der AG auf die plc. Probleme bei der namensmäßigen Ermittlung der Aktieninhaber auftreten können, um die Inhaberaktien in Namensaktien umzutauschen.

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einer verspäteten Bekanntmachung und darauf gestützten Anfechtungsklage zu unterbinden. Des Weiteren ist Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL nach der überwiegenden deutschen Auffassung so auszulegen, dass die Ausübungsmodalitäten für die spezifischen Minderheitsrechte aller verschmelzenden Gesellschaften anzugeben sind. Auch wenn das englische Recht keine verschmelzungsspezifischen Minderheitenrechte vorsieht, sollte daher im Rahmen der deutschen Bekanntmachung ein diesbezüglicher Hinweis aufgenommen werden. Die zusätzlichen Ergänzungen des Bekanntmachungsinhalts von Seiten des englischen Gesetzgebers sind hingegen bedeutungslos, da die Bekanntmachung kein Zusammenwirken der Gesellschaften voraussetzt und dessen Vorgaben sich für jede Gesellschaft nach ihrem nationalen Recht gesondert bestimmen. 3. Vergleich der Schutzstandards In Hinsicht auf den Minderheitenschutz ergeben sich aus der englischen und deutschen Umsetzung der Richtlinienvorgabe keine überragenden Unterschiede. Ein gesteigerter Minderheitenschutz des Verschmelzungsplans ließe sich allenfalls aus den deutschen Vorgaben über die Angabe und Bekanntgabe des Barabfindungsangebots und aus dem notariellen Formerfordernisses ableiten. Die im Verschmelzungsplan anzubietende und in der Bekanntmachung hinzuweisende Barabfindung steht jedoch nicht im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinienvorgaben des Art. 5 VRL, sondern ist auf die autonome Gesetzgebung des deutschen Gesetzgebers i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL zurückzuführen, so dass dessen Schutzwirkung nicht dem harmonisierten Verschmelzungsrechts des europäischen Gesetzgebers zuzurechnen ist. Ein gesteigerter mittelbarer Minderheitenschutz kann hingegen der Richtigkeitsgewähr und Beweisfunktion des Beurkundungserfordernisses entnommen werden. Auch wenn der Notar keine Feststellungen hinsichtlich der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses oder der übrigen Verschmelzungsbedingungen zu treffen hat, so hat er den Verschmelzungsplan dennoch auf seine Ausgewogenheit im Verhältnis zu den verschmelzenden Gesellschaften i.S.d. §§ 138, 242 BGB zu überprüfen. Dadurch wird dem Gesellschaftszweck als Grenze der Legitimation des Mehrheitsprinzips und somit zugleich mittelbar auch dem Minderheitenschutz als dessen Korrektiv Rechnung getragen. Diese Richtigkeitsgewähr dürfte jedoch nur in extrem unausgewogenen Fällen zum Tragen kommen, so dass sich die Richtigkeitsgewähr vorrangig auf die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben erstrecken dürfte. Eine Rechtmäßigkeitskontrolle kommt der Beurkundung jedenfalls nicht zu, so dass die Schutzwirkung der Beurkundung nicht überzubewerten ist. Abschließend ist festzuhalten, dass der bekanntzugebende Verschmelzungsplan zwar die wesentlichen Bedingungen der Verschmelzung zusammenfasst, diese

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

stellen jedoch nur die von den Leitungsorganen (subjektiv) anhand vorangegangener Berechnungen ermittelten Ergebnisse dar. Erklärende Ausführungen sind in dem Verschmelzungsplan hingegen nicht enthalten. Dies gilt insbesondere für den entscheidenden Konfliktpunkt des Umtauschverhältnisses. Die diesem zugrundeliegenden Berechnungen sind nicht im Verschmelzungsplan darzulegen. Darüber hinaus ist den Minderheitsgesellschaftern oftmals eine objektive Überprüfung der Informationen aufgrund mangelnder eigener Fachkenntnis oder aufgrund unverhältnismäßiger Kosten für eine externe Prüfung nicht möglich. Zudem wird der Verschmelzungsplan im Rahmen der Bekanntmachung auch nicht seinem Inhalt nach, sondern lediglich in Form eines Hinweises auf dessen Hinterlegung bei dem Register veröffentlicht, so dass die Minderheitsaktionäre erst noch Einsicht beim Register nehmen müssen. Die Möglichkeit einer Veröffentlichung des vollständigen Inhalts auf der Internetseite der Gesellschaft wie sie der englische Gesetzgeber eingeführt hat, ist insoweit zu begrüßen.220

D. Verschmelzungsbericht I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 7 VRL Gemäß Art. 7 VRL hat das Leitungsorgan jede der sich verschmelzenden Gesellschaften einen für die Gesellschafter bestimmten Bericht zu erstellen, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer erläutert werden. Im Grundsatz entspricht Art. 7 VRL damit der Regelung des Art. 9 FRL über die Erstellung eines Verschmelzungsberichts bei nationalen Verschmelzungen. In Abweichung zu Art. 9 FRL hat der Europäische Gesetzgeber allerdings die Gesellschafter als Adressaten des Berichts ausdrücklich hervorgehoben. Der Verschmelzungsbericht ist insofern darauf ausgelegt, die im Verschmelzungsplan niedergelegten Verhandlungsergebnisse durch entsprechende Hintergrundinformation für die Gesellschafter nachvollziehbar zu machen und somit eine effektivere Vorbereitung auf die Beschlussfassung über die geplante Verschmelzung zu ermögli220

Wie noch im Folgenden auszuführen sein wird, hat der deutsche Gesetzgeber auch im Rahmen der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung gemäß §§ 122a, 61 UmwG von dieser Möglichkeit abgesehen. Gemäß §§ 122a, 63 Abs. 1 und 4 UmwG kann die deutsche AG allerdings anstelle der Auslegung des Verschmelzungsplans in den Geschäftsräumen diesen auch ab der Einberufung der Hauptversammlung auf ihrer Internetseite zur Verfügung stellen. Die Einberufung der Hauptversammlung hat gemäß § 123 Abs. 1 AktG spätestens 30 Tage vor der Versammlung zu erfolgen, so dass die Veröffentlichung des Verschmelzungsplans auf der Internetseite i. d. R. zeitgleich mit der Bekanntmachung der Einreichung des Verschmelzungsplans beim Register erfolgen dürfte. Von der Einreichung des Verschmelzungsplans beim Register wird die Gesellschaft dadurch freilich nicht befreit.

D. Verschmelzungsbericht

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chen.221 Als Ergänzung zum Verschmelzungsplan erweist sich der Verschmelzungsbericht damit als ein Kernstück des Minderheitenschutzes bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen.222 Da in dem Verschmelzungsbericht nach Art. 7 VRL auch die Auswirkungen auf die Gläubiger und Arbeitnehmer zu erläutern sind, stellt er zugleich ein umfassendes Informationsinstrument für die Gläubiger und Arbeitnehmer dar.223 1. Berichtsinhalt Eine weitere Novellierung besteht in Abweichung zu Art. 9 FRL in dem Bezugspunkt des Verschmelzungsberichts, der sich nicht mehr nur auf den Verschmelzungsplan, sondern auf die grenzüberschreitende Verschmelzung insgesamt erstreckt und damit weiter gefasst wurde. Obwohl der Verschmelzungsplan grundsätzlich alle wesentlichen Regelungspunkte der Verschmelzung enthält, hat der europäische Gesetzgeber damit klargestellt, dass auch solche Aspekte in dem Bericht zu berücksichtigen sind, die nicht explizit im Verschmelzungsplan geregelt sind. Dies gilt insbesondere für schuldrechtliche Vereinbarungen (,Business Combination Agreement‘), die zusätzlich zum Verschmelzungsplan zwischen den Gesellschaften geschlossen wurden.224 Von einer weiterführenden Konkretisierung des Berichtsinhalts, insbesondere von der noch in Art. 9 FRL enthaltenen Hervorhebung des Umtauschverhältnisses und etwaiger Bewertungsschwierigkeiten wurde in Art. 7 VRL zwar abgesehen. Der weitgefasste Wortlaut, die Bezugnahme auf die Verschmelzung als solche sowie die Erweiterung auf die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Arbeitnehmer und Gläubiger verdeutlichen jedoch, dass der Berichtsumfang nicht hinter dem des Art. 9 FRL zurückfällt, sondern eine umfassende und verständliche Information über alle Aspekte der Verschmelzung erfordert.225 Der Europäische Gesetzgeber hat allerdings auf die Vorgabe eines Maßstabs für die Ausführlichkeit der Berichterstattung verzichtet, indem er die Formulierung eines „ausführlichen“ Verschmelzungsberichts aus Art. 9 FRL nicht übernommen hat. Unter Bezugnahme auf Art. 4 Abs. 1 lit. b.) VRL bestimmt sich dieser somit nach dem jeweiligen Gesellschaftsstatut der sich verschmelzenden Gesellschaften.

221

Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 4. Ganske, Umwandlungsrecht, S. 44. 223 Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (403); Simon/Hinrichs, NZA 2008, S. 391 (393); einschränkend: Vetter, AG 2006, S. 613 (620); Behrens, S. 101; ablehnend: Semler/StengelDrinhausen, § 122e UmwG, Rn. 1. 224 Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 26. 225 Behrens, S. 104. 222

222

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

2. Gemeinsame Berichterstattung Im Gegensatz zu den Vorschriften über nationale Verschmelzungen enthält Art. 7 VRL keine Regelung hinsichtlich eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts der Gesellschaften, so dass sich die Frage stellt, ob eine solche bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zulässig ist. Der Wortlaut von Art. 7 VRL („das Leitungs- oder Verwaltungsorgan jeder der verschmelzenden Gesellschaften erstellt einen Bericht“) sowie der Umstand, dass der Europäische Gesetzgeber erst kürzlich die Möglichkeit einer gemeinsamen Berichterstattung im Wege der Änderungsrichtlinie226 für nationale, nicht aber für grenzüberschreitende Verschmelzungen eingeführt hat, spricht zunächst gegen die Zulässigkeit eines gemeinsamen Verschmelzungsberichts. Ein entsprechender Rückschluss ließe sich auch aus Art. 8 Abs. 2 VRL über die gemeinsame Verschmelzungsprüfung herleiten, demzufolge der Europäische Gesetzgeber ein gemeinsames Zusammenwirken der Leitungsorgane nur dort zulassen wollte, wo er diese ausdrücklich normiert hat.227 Dafür spräche letztendlich auch, dass gemäß Art. 7 VRL der Verschmelzungsbericht für die Gesellschafter bestimmt ist. Da jede Gesellschaft aber über einen eigenen Gesellschafter- bzw. Interessenskreis verfügt, wäre dementsprechend auch ein auf jeden Gesellschafterkreis abgestimmter, gesonderter Bericht zu erstellen.228 Dieser Auffassung ist jedoch aus mehreren Gründen nicht zu folgen. Die bloße Nichtregelung in Art. 7 VRL begründet zunächst nicht den zwingenden Rückschluss auf ein Verbot der gemeinsamen Berichterstattung. Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL gelten im Falle einer Nichtregelung nämlich grundsätzlich die Vorgaben des einzelstaatlichen Rechts, soweit der Regelung keine abschließende Wirkung zukommt.229 Der weit gefasste Wortlaut sowie die Beschränkung des Art. 7 VRL auf lediglich abstrakte Berichtsvorgaben, die durch die Mitgliedstaaten konkretisiert werden dürfen,230 sprechen vielmehr gegen einen abschließenden Regelungscharakter. Dem steht auch nicht die ausdrückliche Regelung des Art. 8 Abs. 2 VRL entgegen.231 Denn im Unterschied zu einer gemeinsamen Berichterstattung der Leitungsorgane bedurfte es im Falle einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung der Einführung von gemeinschaftsweit vereinheitlichten Verfahrensvorgaben, wie beispielsweise über die Bestellung der Verschmelzungsprüfer. Für das Zusammen226 227 228 229 230 231

Richtlinie 2009/109/EG, v. 16. 8. 2009, ABl. L 259/16. Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (728). Grundmann, European Company Law, S. 558 (579). Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (62). Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 6. Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (62); Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 3.

D. Verschmelzungsbericht

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wirken der Leitungsorgane ist eine solche Regelung hingegen nicht erforderlich. Dies belegt bereits Art. 5 VRL, der ohne konkrete Verfahrensvorgaben zu bestimmen, ein Zusammenwirken der Leitungsorgane voraussetzt. Ferner ergibt sich aus Art. 7 VRL, dass alle Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu erläutern sind. Da der überwiegende Teil der Verschmelzungsaspekte jedoch im Verschmelzungsplan in gemeinsamer Zusammenarbeit der Leitungsorgane für alle Gesellschaften identisch festgelegt ist, wird zwangsläufig auch der auf den Verschmelzungsplan bezogene Berichtsumfang im Wesentlichen übereinstimmen. Mit der Bezugnahme auf die grenzüberschreitende Verschmelzung insgesamt hat der Gesetzgeber zugleich sichergestellt, dass auch alle über die im Verschmelzungsplan festgelegten Bestimmungen hinausgehenden Aspekte der Verschmelzung zu erläutern sind – also unabhängig von der Frage, welche Gesellschaften oder Gesellschafterkreise von dem Aspekt betroffen sind bzw. für welche der Gesellschaften der Bericht erstellt wird. Der Berichtsumfang wird daher mit Ausnahme von den Auswirkungen auf die Gesellschafter im Wesentlichen identisch sein. Der einzig verbleibende Einwand, der einer gemeinsamen Berichterstattung entgegenstehen und für eine abschließende Regelung des Art. 7 VRL sprechen könnte, wäre die Gefahr, dass andernfalls gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL die Vorschriften der beteiligten Rechtsordnungen Anwendung finden und diese möglicherweise unterschiedliche Maßstäbe hinsichtlich der Ausführlichkeit der Berichterstattung vorsehen. Dies könnte den Gesellschaften wiederum eine Flucht in die weniger strengen Berichtspflichten ermöglichen. Eben dieser Gefahr wird jedoch letztendlich durch eine Nichtregelung der gemeinsamen Berichterstattung begegnet. Denn zum einen obliegt es in diesem Fall dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten, in ihrem nationalen Recht eine gemeinsame Berichterstattung zuzulassen. Zum anderen beruht die Regelungssystematik des Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL auf der kumulativen Anwendung der beteiligten Rechtsordnung, bei der sich die jeweils strengste Regelung durchsetzt. Dies bedeutet wiederum, dass im Falle einer gemeinsamen Berichterstattung alle nationalen Berichtvorgaben hinsichtlich des Umfangs – also auch der Auswirkungen auf die Gesellschafter – und hinsichtlich der Ausführlichkeit zu beachten sind, wobei sich der strengste Berichtsmaßstab durchsetzt. Aus Sicht der Schutzadressaten des Verschmelzungsberichts ist dies nur vorteilhaft,232 zumal bei einer gemeinsamen Berichterstattung die Informationen für die einzelnen Gesellschafterkreise umfassender sein dürften als bei einer getrennten Berichterstattung und ausgeschlossen ist, dass die Gesellschafter der einen Gesellschaft weniger ausführliche Informationen erhalten als die der anderen. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass eine gemeinschaftsweite Regelung wie in Art. 8 Abs. 2 VRL nicht erforderlich war und der Europäische Gesetzgeber es

232 Mertens, AG 1990, S. 20 f. (zur Rechtslage in Deutschland vor Einführung des § 8 Abs. 1 S. 1. 2.HS); Tebben/Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357).

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aufgrund der Regelungssystematik des Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL233 und des Art. 7 VRL bewusst den Mitgliedstaaten überlassen wollte, eine gemeinsame Berichterstattung zuzulassen. Mit der Einführung der Möglichkeit einer gemeinsamen Berichterstattung bei nationalen Verschmelzungen durch die Änderungsrichtlinie ist gewährleistet, dass eine entsprechende Regelung in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen grundsätzlich existiert, die die Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen für anwendbar erklären können. Eine Angleichungsmaßnahme für grenzüberschreitende Verschmelzungen bedurfte es daher nicht, so dass die Nichteinführung der gemeinsamen Berichterstattung für grenzüberschreitende Verschmelzungen durch die Änderungsrichtlinie nicht als Argument für einen abschließenden Regelungscharakter des Art. 7 VRL herangezogen werden kann. Eine gemeinsame Berichterstattung ist somit möglich, wenn alle betroffenen Rechtsordnungen eine solche zulassen.234 Die wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte, insbesondere die Auswirkungen auf die Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer sind aber weiterhin auf die jeweilige Gesellschaft bezogen darzulegen.235 3. Verzicht auf Berichterstattung Art. 7 VRL enthält ferner keine Regelung hinsichtlich eines Verzichts auf den Verschmelzungsberichts seitens der Anteilsinhaber. Auch hier stellt sich die Frage, inwiefern von einem Verbot oder einer bloßen Nichtregelung i.S.d Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL auszugehen ist. Für ein Verbot spricht zum einen, dass der Verschmelzungsbericht nicht nur dem Schutz der Anteilsinhaber, sondern vor allem auch dem der Arbeitnehmer und Gläubiger dient. Ein Verzicht durch die Gesellschafter würde diesen Schutz aufheben.236 Vor diesem Hintergrund ist selbst dann ein Bericht zu verlangen, wenn eine 100 %ige Tochtergesellschaft, die über keine Arbeitnehmer verfügt, auf den Mutterkonzern verschmolzen wird. Denn der Schutz der Gläubiger wird explizit in Art. 5 lit. g) VRL (Inhaber von Wertpapiere, die keine Aktien sind) gefordert. Das Schutzinteresse der Gläubiger dürfte ferner auch für alle anderen Gläubiger, die nicht Inhaber von Sicherheiten i.S.d. Art. 5 VRL sind, dem Interesse der Gesellschaft an einem kostensparenden Verzicht überwiegen. 233 Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (62); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (592); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1085), Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402); Frenzel, S. 239; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 3. 234 Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 4; Vetter, AG 2006, S. 613 (621); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1085), Limmer, ZNotP 2007, S. 282; Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (402); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (592); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026); Frenzel, S. 239; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 3; Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 3; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2006, S. 737 (741). 235 Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 3; Klein, RNotZ 2007, S. 565 (592); Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 3; Tebben/Tebben, DB 2007, S. 2355 (2357). 236 Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (728); Müller, NZG 2006, S. 286 (288); Louven, ZIP 2006, S. 1021 (2026); Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 37; Klein, RNotZ 2007, S. 565 (592); a.A. Frenzel, RIW 12 (18); Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 14.

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Des Weiteren ist auch der Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 lit. b) VRL nicht eröffnet, da danach das einzelstaatliche Recht nur soweit zur Anwendung kommt, wie die Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt. Hier bestimmt die VRL aber ausdrücklich, dass ein Bericht (stets) zu erstellen ist. Insofern unterscheidet sich die Ausgangssituation zu der Nichtregelung einer gemeinsamen Berichterstattung, als dass durch letztere nicht wie beim Verzicht die Vorgaben aufgehoben, sondern nur in der Art und Weise anders umgesetzt werden. Im Gegensatz zur gemeinsamen Berichterstattung ist es dementsprechend auch gerechtfertigt, aus dem Umstand, dass im Wege der Änderungsrichtlinie237 eine Verzichtsmöglichkeit nur für nationale, nicht aber für grenzüberschreitende Verschmelzungen eingeführt wurde, auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen, einen Verzicht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht zuzulassen.238 Letztendlich kommt dieser Wille auch in Artt. 15, 8 Abs. 4 VRL zur Geltung, im Rahmen dessen der Gesetzgeber die Möglichkeiten, auf gewisse Formalien zu verzichten, ausdrücklich geregelt hat.239 Aus dem erweiterten Schutzkreis des Art. 7 VRL, der unterschiedlichen Ausgangssituation zwischen dem gemeinsamen Bericht und dem Verzicht sowie der ausdrücklichen Regelungen von Verfahrenserleichterungen in Art. 15 VRL folgt damit im Ergebnis die Unzulässigkeit eines Verzichts.240 4. Form In Hinsicht auf die Form des Verschmelzungsberichts ist in Abweichung zu Art. 9 FRL, der noch ausdrücklich die einfache Schriftform vorgab, keine Regelung in Art. 7 VRL enthalten, so dass sich auch diese nach dem jeweiligen Gesellschaftsstatut richtet. 5. Publizität Nach Art. 7 S. 2 VRL ist der Bericht schließlich den Gesellschaftern und den Arbeitnehmervertretern einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die nach 237

Richtlinie 2009/109/EG v. 16. 9. 2009, ABl. L 259/14. Im Ergebnis auch RegBegr. BT-Drucks. 16/2919, S. 15 zur VRL; a.A. Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1084); Klein, RNotZ 2009, S. 565 (593). 239 A.A. Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 14, der die Nichtregelung eines Verzichts als Redaktionsfehler einordnet. 240 Im Ergebnis: Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 37; Neye/Timm, GmbHR 2007, S. 561 (563); Kallmeyer/Kappes, AG 2006, S. 224 (232); a.A. Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 14; Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 841 (842); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026); Vetter, AG 2006, S. 613 (620), die sich für eine teleologische Reduktion der deutschen Umsetzungsregelung § 122e S. 3 UmwG bei Zustimmung des Betriebsrats bzw. fehlenden Arbeitnehmern aussprechen. 238

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Art. 9 VRL über die Verschmelzung zu beschließen hat, zugänglich zu machen. Eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter ist dem Bericht gegebenenfalls beizufügen, Art. 7 S. 3 VRL. Wie die Zugänglichmachung im Einzelnen zu erfolgen hat, bestimmt sich in Ermangelung einer Vorgabe der VRL nach dem einzelstaatlichen Recht.

II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122e, 122a Abs. 1, 8 UmwG In Deutschland wurde Art. 7 VRL in § 122e UmwG und im Wege der Generalverweisung in § 122a Abs. 2 auf die Vorschrift des § 8 UmwG über den Verschmelzungsbericht bei nationalen Vorschriften umgesetzt. Die Vorgaben in § 122e UmwG enthalten insofern nur diejenigen Zusatzanforderungen des Art. 7 S. 1 VRL, die in § 8 UmwG nicht enthalten sind und sind insofern als Ergänzung zu § 8 UmwG gedacht.241 Entsprechend dieser Ergänzungen ist der Verschmelzungsbericht für die Gesellschafter zu erstellen, wobei auch die Auswirkungen auf die Gläubiger und Arbeitnehmern zu erläutern sind. 1. Berichtsinhalt Gemäß §§ 122a Abs. 1, 8 Abs. 1 UmwG sind in einem ,ausführlichen‘ Verschmelzungsbericht die Verschmelzung, der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf im Einzelnen und insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile sowie die Höhe einer anzubietenden Barabfindung rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen. Ferner ist auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung der Rechtsträger sowie auf die Folgen für die Anteilsinhaber hinzuweisen, § 8 Abs. 1 S. 2 UmwG. a) Berichtsumfang Während Art. 7 VRL lediglich die Erläuterung und Begründung der wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte der Verschmelzung verlangt, differenziert § 8 UmwG also nicht nur zwischen denen der Verschmelzung und denen des Verschmelzungsvertrags,242 sondern hebt darüber hinaus i.S.d. Art. 9 FRL das Umtauschverhältnis, die Barabfindung sowie mögliche Bewertungsschwierigkeiten explizit hervor.

241

Vgl. BegrRegE, BR-Drucks. 548/06, S. 32. Der in § 8 Abs. 1 S. 1 UmwG verwendete Begriff ,Verschmelzungsvertrag‘ ist bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen als ,Verschmelzungsplan‘ zu lesen, Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2006, S. 737 (741). 242

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Wie bereits im Rahmen von Art. 7 VRL ausgeführt, ergeben sich hieraus jedoch keine Abweichungen hinsichtlich des Berichtsumfangs, da der weitgefasste Wortlaut des Art. 7 VRL diese Aspekte ebenfalls mit einschließt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf etwaige Bewertungsschwierigkeiten, da eine Begründung des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung ohne Erläuterung der zugrunde gelegten Bewertungen nicht möglich ist. aa) Wesentliche Angelegenheiten verbundener Unternehmen, § 8 Abs. 1 S. 3 UmwG Eine Erweiterung des Berichtsumfangs ergibt sich allerdings aus §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 1 S. 3 UmwG, wonach der Bericht auch Angaben zu wesentlichen Angelegenheiten von verbundenen Unternehmen zu enthalten hat, falls einer der verschmelzenden Gesellschaften ein verbundenes Unternehmen i.S.d. § 15 AktG ist. Auf Grund der ausdrücklichen Einbeziehung aller an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger sind auch die verbundenen Unternehmen des ausländischen Rechtsträgers von der Erweiterung erfasst. bb) Sonderbefreiung, § 8 Abs. 2 UmwG Eine Beschränkung der Berichtspflicht ist wiederum in §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 2 UmwG enthalten. Abweichend von Art. 7 VRL sind danach Tatsachen von der Berichtspflicht ausgenommen, deren Bekanntgabe geeignet ist, einem der beteiligten Rechtsträger nicht unerhebliche Nachteile zuzufügen. Unter Nachteilen werden wiederum nicht nur Schäden i.S.d. §§ 249 ff. BGB, sondern jede einigermaßen gewichtige Beeinträchtigung der Interessen eines beteiligten Rechtsträgers verstanden.243 Im Verhältnis zu den Vorgaben der VRL entstehen hierdurch jedoch keine Schutzdefizite zu Lasten der Minderheitsgesellschafter, da gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 UmwG die Gründe für die Nichtoffenlegung im Verschmelzungsbericht darzulegen sind, die in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen.244 b) Berichtsmaßstab In Hinsicht auf den Maßstab der Ausführlichkeit der Berichterstattung ergeben sich durch den Verweis auf § 8 UmwG, der entsprechend der Vorgabe des Art. 9 FRL und entgegen der Vorgabe des Art. 7 VRL die Erstellung eines „ausführlichen Berichts“ vorsieht, gesteigerte Anforderungen.

243

MünchKommAktG-Kubis, § 131 AktG, Rn. 99; Widmann/Mayer-Mayer, § 8 UmwG, Rn. 50. 244 Semler/Stengel-Gehling, § 8 UmwG, Rn. 66; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 8 UmwG, Rn. 25, 37; Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 8 UmwG, Rn. 48.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Der deutschen Literatur245 und Rechtsprechung246 zufolge handelt es sich dabei nämlich nicht um eine schlichte Wortlautdiskrepanz, sondern statuiert eine gesteigerte Auskunftspflicht des Vorstandes. Gestützt auf diesen Wortlaut und auf den Zweck der FRL, den Schutz der außenstehenden Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft durch eine frühzeitige Offenlegung des Verschmelzungsvorhabens zu gewährleisten, hat der BGH eine Darlegung von Grundsätzen als nicht ausreichend erachtet.247 Die Funktion des Verschmelzungsberichts erfordere vielmehr, dass der Verschmelzungsvorgang und seine Hintergründe für die außenstehenden Aktionäre derart transparent gemacht werden, dass sie sich ein Bild darüber machen können, ob die Verschmelzung wirtschaftlich zweckmäßig ist und den gesetzlichen Anforderungen genügt.248 Für die Erstellung eines ausführlichen Berichts ist es daher notwendig, einen über den Inhalt des Verschmelzungsvertrages und des Prüfungsberichts hinausgehenden, für die Aktionäre erheblichen Informations- und Erklärungswert zu schaffen.249 Wann dieser in Bezug auf die einzelnen Verschmelzungsaspekte als erfüllt erachtet wird, ist wiederum anhand einer Abwägung der Gesellschafter- und Gesellschaftsinteressen zu bestimmen.250 Wie der Vielzahl von verschmelzungsrelevanten Klageverfahren entnommen werden kann, machen Anteilsinhaber häufig die unzureichende Ausführlichkeit des Verschmelzungsberichts geltend, so dass diese einen der delikatesten Streitpunkte in Klageverfahren von Minderheitsgesellschafter darstellt, die gegen die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsbeschlusses gerichtet sind.251 Dementsprechend hat der deutsche Gesetzgeber durch seinen Verweis auf § 8 UmwG eine im Verhältnis zu Art. 7 VRL gesteigerte Auskunftspflicht des Vorstandes hinsichtlich der Erläuterung der Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung statuiert. Wie der Wortlaut von § 122e UmwG eigens differenziert, gilt dies jedoch nicht für Ausführungen über die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Gläubiger und Arbeitnehmer. Für sie genügt der aus der VRL vorgegebene Maßstab einer schlichten 245

Vgl. nur Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 7 f.; Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 24. 246 BGH, Urt. v. 22. 5. 1989, II ZR 206/88, DB 1989, S. 1664; Urt. v. 18. 12. 1989, II ZR 254/ 88, AG 1990, S. 259 (260); Urt. v. 29. 10. 1990, ZR II 146/89, AG 1991, S. 102 f. 247 BGH, Urt. v. 18. 12. 1989, II ZR 254/88, AG 1990, S. 259 (260). 248 BGH, Urt. v. 22. 5. 1989, II ZR 206/88, DB 1989, S. 1664. 249 BGH, Urt. v. 18. 12. 1989, II ZR 254/88, AG 1990, S. 259 (260). 250 Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 24. 251 Beispielhaft: BGH, Urt. v. 22. 5. 1989, II ZR 206/88, DB 1989, S. 1664; Urt. v. 18. 12. 1989, II ZR 254/88, AG 1990, S. 259 (260); Urt. v. 29. 10. 1990, ZR II 146/89, AG 1991, S. 102 f.; Urt. v. 21. 5. 2007, II ZR266/04, AG 2007, S. 625 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22. 8. 2000, 14 W 23/00, ZIP 2000, S. 1928 f.; OLG Thüringen, Beschl. v. 5. 11. 2008, 6 W 288/08, AG 2009, S. 582 f.; OLG Hamm, Beschl. v. 4. 3. 1999, 8 W 11/99, AG 1999, S. 422 f.; LG München, Urt. v. 31. 8. 1999 5HKO 8188/99, AG 2000, S. 86 f.; LG Essen, Urt. v. 8. 2. 1999, 44 O 249/98, AG 1999, S. 329 f.; KG Berlin, Urt. v. 25. 10. 2004, 23 U234/03, Der Konzern 2005, S. 53 f.

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„Erläuterung“, so dass diese Ausführungen in ihrem Umfang auf ein vernünftiges Maß begrenzt sein können.252 2. Gemeinsamer Bericht, Verzicht und Form Die Frage nach der Möglichkeit einer gemeinsamen Berichterstattung und der eines Verzichts sind wie die Form des Verschmelzungsberichts im deutschen Recht ausdrücklich vorgegeben. a) Gemeinsame Berichterstattung Gemäß §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 1 HS. 2 UmwG ist die gemeinsame Berichterstellung ausdrücklich zugelassen. Unter Berücksichtigung der Vereinigungslehre kann dies jedoch nur gelten, wenn die übrigen von der Verschmelzung berührten Rechtsordnungen eine solche ebenfalls zulassen.253 Die Erweiterung der Berichtspflicht auf die verbundenen Unternehmen ist ebenso zu beachten wie der strenge deutsche Berichtsmaßstab, wenn nicht das ausländische Recht darüber hinausgehende Anforderungen an die Ausführlichkeit stellt. b) Verzicht auf Berichterstattung Ein Verzicht auf den Verschmelzungsbericht von Seiten der Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger ist aufgrund der vorstehenden Richtlinienvorgabe des Art. 7 ausdrücklich vom deutschen Gesetzgeber für die grenzüberschreitende Verschmelzung ausgeschlossen worden. Dies gilt auch für die Fälle interner Konzernverschmelzungen von 100 %igen Tochtergesellschaften, § 122e S. 3 UmwG. c) Form Der Bericht ist nach §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 1 UmwG in einfacher Schriftform zu erstellen. Einer Unterzeichnung des Verschmelzungsberichts durch die Vorstandsmitglieder bedarf es aber nicht, so dass eine schriftliche Abfassung insoweit ausreicht.254

252

Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2006, S. 737 (741); Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 8; Widmann/Mayer-Mayer, § 122e UmwG, Rn. 24. 253 Vgl. die Ausführungen über den Gemeinsamen Bericht im Rahmen von Art. 7 VRL, Teil 3 D. I. 2. 222. 254 KG Berlin, Urt. v. 25. 10. 2004, 23 U 234/03, Der Konzern 2005, S. 53 f.

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3. Publizität Nach §§ 122e S. 2, 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG ist der Bericht spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung, die über die Verschmelzung abstimmt, durch Auslegung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft dem Betriebsrat und den Gesellschaftern zugänglich zu machen. Dem Wortlaut des § 122e S. 2 UmwG entsprechend („der Verschmelzungsbericht“ und „beteiligte Gesellschaft“) erstreckt sich die Publizitätspflicht des § 122e UmwG nur auf den Verschmelzungsbericht der deutschen Gesellschaft,255 der auch nur den Anteilsinhabern und Arbeitnehmern der deutschen Gesellschaft zugänglich zu machen ist, nicht jedoch denen der ausländischen Gesellschaften.256 Gemäß §§ 122a Abs. 2, 63 Abs. 4 UmwG ist den Gesellschaften aber nunmehr auch eine Veröffentlichung des Verschmelzungsberichts auf der Internetseite der Gesellschaft gestattet, so dass es auf den Adressatenkreis nicht mehr ankommt. Ungeachtet der Veröffentlichungsweise ist dem Verschmelzungsbericht eine Stellungnahme des Betriebsrates i.S.d. Art. 7 S. 3 VRL nicht beizufügen, da das deutsche Recht eine solche Stellungnahme bei Umwandlungsmaßnahmen nicht vorsieht.

III. Umsetzung in England, regulations 8, 10 CR 2007 In England erfolgte die Umsetzung von Art. 7 VRL in regulations 8 und 10 (1)(3)(b) CR 2007. Nach regulation 8 (1)(2) CR 2007 müssen die directors der englischen verschmelzenden Gesellschaft einen Bericht (directors’ report) erstellen und billigen (draw up and adopt), der die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzungen auf die Mitglieder (members), Gläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft erklärt und die rechtlichen und wirtschaftlichen Gründe (grounds) für die Bestimmungen des Verschmelzungsplans (draft terms) darlegt (state). Der englische Gesetzgeber hat zwar die in Art. 7 VRL enthaltene Bezugsklausel „einen für die Gesellschafter bestimmten Bericht“ nicht übernommen, die die CR 2007 flankierenden Gesetzesmaterialien heben den Aktionärsschutz jedoch ausdrücklich hervor, so dass auch nach der englischen Sichtweise der Verschmel-

255

Lutter/Winter-Bayer, § 122e UmwG, Rn. 16. Vgl. ferner die Ausführungen über die Publizitätspflicht nach §§ 122a, 63 UmwG im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. II. 1. a) bb) (1). 256 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122e UmwG, Rn. 4.

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zungsbericht ein dem Schutz der Gesellschafter dienendes Informationsinstrument darstellt.257 1. Berichtsinhalt Im Grundsatz entspricht die Regelung damit nahezu wörtlich der Vorgabe aus Art. 7 S. 1 VRL. In Hinsicht auf den Umfang und Maßstab der Ausführlichkeit der Berichterstattung ergeben sich jedoch auf den ersten Blick Abweichungen. a) Berichtsumfang Zum einen nimmt regulation 8 CR 2007 nur Bezug auf die Bestimmungen des Verschmelzungsplans, nicht aber wie in der VRL vorgesehen auf die grenzüberschreitende Verschmelzung insgesamt. Dem Wortlaut nach unterliegen damit sonstige Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung sowie insbesondere zusätzliche getroffene schuldrechtliche Vereinbarungen (,Business Combination Agreement‘), die nicht im Verschmelzungsplan enthalten sind, nicht der Begründungspflicht. b) Berichtsmaßstab Zum anderen enthält regulation 8 CR 2007 entsprechend der Vorgabe des Art. 7 VRL keinen Hinweis hinsichtlich der Ausführlichkeit der Berichterstattung wie er in Deutschland abstrakt durch die Vorgabe eines „ausführlichen Berichts“ statuiert und durch die deutsche Rechtsprechung konkretisiert wurde. Weder in den CR 2007258 und den dazu veröffentlichten Gesetzesmaterialien noch in der englischen Literatur sind Anhaltspunkte zu finden, die Aufschluss über die an den Berichtsinhalt zu stellenden Anforderungen geben könnten. c) Herleitung des Berichtsumfangs und -maßstabs Ein director’s report war für Unternehmenszusammenschlüsse allerdings schon im CA 1948 in section 207 (1) vorgesehen,259 der im Zuge der Umsetzung der FRL in

257 Guidance on the Companies (Cross-Border Mergers) regulations 2007, Ziff. 5.5: „… intended for the members“, abrufbar unter: www.berr.gov.uk/files/file41862.doc; DTI, A Consultative Document, März 2007, S. 17, Ziff. 4.6.4. 258 Die Definition des directors’ report in regulation 3(1) CR 2007 verweist insoweit nur auf die Vorgaben in regulation 8 CR 2007. 259 Wie den nachfolgenden Urteilen zu entnehmen ist, bestand diese Verpflichtung nach den Grundsätzen des case law auch schon vor CA 1948, vgl. Fn. 246.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

section 426 i.V.m. section 4 (2) Sch 15 B CA 1985 nahezu wortgleich übernommen wurde und heute in section 908 CA 2006 enthalten ist. Gemäß section 908 (1)(a) CA müssen die Direktoren der Gesellschaft einen Bericht im Sinne einer Stellungnahme (statement) nach section 897 CA 2006 erstellen, der die Auswirkungen eines compromise oder arrangement erläutert. Zusätzlich müssen im Falle einer (nationalen) Verschmelzung die Gründe für den Verschmelzungsplan, insbesondere für das Umtauschverhältnisses, angegeben und besondere Bewertungsschwierigkeiten benannt werden, section 908 (1)(b) CA 2006. Wie regulation 8 CR 2007 beschränkt sich die Berichtspflicht nach section 908 CA 2006 daher ebenfalls auf die im Verschmelzungsplan enthaltenen Einzelheiten und enthält –wie auch deren Vorgängervorschriften – darüber hinaus keinen Hinweis auf die Erstattung eines „ausführlichen Berichts“ oder anderweitige Maßstäbe für den Umfang und Ausführlichkeit des Berichts. Vor diesem Hintergrund dürfte davon auszugehen sein, dass englische Gerichte die für diese Vorschriften entwickelten Maßstäbe auch im Falle des Verschmelzungsberichts bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anlegen werden. Dafür dürfte insbesondere auch die eingangs dargelegte ergänzende Anwendbarkeit des CA 2006 sowie der identische Schutzzweck der Vorschriften sprechen. Der englische Gesetzgeber hat zudem in seiner Gesetzesbegründung und Beratungspapieren ausdrücklich seinen Willen eines „light touch“ bekundet, nach dem die Regelungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung soweit wie möglich denen der nationalen Verschmelzungsregeln angepasst sein sollen.260 Nach der Rechtsprechung der englischen Gerichte hat das statement den Inhalt des scheme of arrangement und dessen Zwecke so adäquat und akkurat darzulegen, dass die stimmberechtigten Personen in vernünftig informierter Weise abstimmen können.261 Der Bericht darf insofern nicht missverständlich sein und muss die tatsächliche Bedeutung aller Vertragsklauseln hinreichend erklären.262 Eine bloße Wiederholung der einzelnen Bestimmungen des scheme ist dafür nicht ausreichend. Es bedarf vielmehr einer ausreichenden Erklärung, die es jeder stimmberechtigten Person erlaubt, die einzelnen Aspekte mit den eigenen Interessen abzuwägen.263 Hinsichtlich der Darlegung der Folgen des scheme of arrangements sind Ausführungen erforderlich, die einer stimmberechtigten Person erlauben, sich ein vernünftiges Urteil über die Folgen zu bilden, die der scheme of arrangement für sie in wirtschaftlicher Hinsicht haben wird.264 260

Vgl. DTI, A consultative Document, März 2007, S. 13. Re English and Australian Chartered Bank [1893] 3 CH 385 (409); Tiessen v Henderson [1899] 1 CH 861 (867); Re Dorman Long & Co [1934] CH 635 (657 f.); Re Ratners Group plc. [1988] B.C.L.C. 685 (687) Re Allied Domescq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (146). 262 Re Dorman Long & Co Limited (1934) 1 CH 635 (657). 263 Re Rankin & Blackmore [1950] S. C. 218 (223). 264 Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667. 261

D. Verschmelzungsbericht

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Darüber hinaus sind alle Umstände zu erläutern, die aus Sicht eines vernünftigen Aktionärs für die Beurteilung des Umwandlungsvorhabens von wesentlicher Bedeutung sein können (,which are material to a reasonable shareholder‘).265 Für die Frage, ob die Informationen in dem Bericht hinreichend ausführlich sind, ist entscheidend, ob bei Kenntnis einer nicht enthaltenen Tatsache, ein vernünftig denkender Aktionär auf der Gesellschafterversammlung eine andere Entscheidung getroffen hätte.266 Im Ergebnis dürften damit zum einen auch solche Umstände zu erläutern sein, die nicht im Verschmelzungsplan erfasst sind, aber für den Durchschnittsaktionär von wesentlicher Bedeutung sind.267 Von einer über den Verschmelzungsplan hinausgehenden, auf die Verschmelzung als Ganzes bezogenen Berichtspflicht geht wohl auch die englische Behörde für Handel und Industrie aus.268 Zum anderen müssen die Erläuterungen so ausführlich und vollständig sein, dass die Aktionäre die Einzelaspekte der Verschmelzung mit ihrem eigenen Interesse abwägen und in wohl informierter Weise über diese abstimmen können. Diese Anforderungen sind nicht gewahrt, wenn der Bericht so missverständlich oder unvollständig war, dass ein vernünftiger Aktionär bei Kenntnis anders abgestimmt hätte. Wie aus der Entscheidung in re Allied Domecq plc. zu entnehmen ist, gilt dieser Grundsatz offenbar allgemein für alle Berichtspflichten und somit auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung.269 Wie auch im deutschen Recht wird es dennoch stets eine Frage des Einzelfalls bleiben, ob im konkreten Fall die Ausführungen im Verschmelzungsbericht den Anforderungen genügen.270

265 Re Minster Assets plc [1985] B.C.L.C. 200 (201 f.); Re MB Group plc. [1989] B.C.L.C. 672 (680). 266 Re Allied Domescq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (146); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (308 f.), Residues Treatment & Trading Ltd v Southern Resources Ltd [1988] 14 A.C.L.R. 375. 267 Buckley, Companies Act 1948, section 207, S. 482: „The circular should explain, not only the particular information required by this section, but also such a statement of all the main facts as will enable the recipients to exercise their judgement on the proposed scheme.“ 268 DTI, A Consultative Document, März 2007, S. 17, Ziff. 4.6.4: „… should explain the legal and economic aspects of the merger …“. 269 Re Allied Domescq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (146): „… it is essential that explanatory statements a n d t h e l i k e … should set out the scheme and its purpose adequately and accurately …“. 270 Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667; Re National Bank Ltd. [1966] 1 All E.R. 1006 (1012).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

d) Ergänzungen des Berichtinhalts, regulation 8 (2)(b) CR 2007 Darüber hinaus hat der englische Gesetzgeber in regulation 8 (2)(b)(ii)-(4), (7), (8) CR 2007 weitere Inhaltsangaben eingeführt, die nicht in Art. 7 VRL vorgegeben sind. aa) Wesentliche Interessen der Direktoren Nach regulation 8 (2)(b)(i)(ii) CR 2007 sind die Direktoren der englischen Gesellschaft verpflichtet, alle wesentlichen Interessen (material interests), die sie in ihrer Eigenschaft als Direktor, Gläubiger, Aktionär oder in sonstiger Weise haben, anzugeben und die Folgen der Verschmelzung für diese Interessen darzulegen, soweit sie sich von denen für gleichgelagerte Interessen anderer Personen unterscheiden. ,Wesentliche Interessen‘ umfassen ,jede Art von Interesse‘, die im Geschäftssinne die Urteilsfähigkeit des Direktors beeinflussen könnten.271 Davon werden auch Anteilsinhaberschaften erfasst, die keinen finanziellen Vorteil begründen.272 Der Wortlaut lässt zwar zunächst nicht erkennen, woran das Interesse bestehen muss, erfasst werden aber sinngemäß nur die Interessen an der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme,273 hier also an der Verschmelzung. Diese Interessen sind stets zu erläutern, wohingegen die Folgen der Verschmelzung für die Interessen nur anzugeben sind, wenn sie sich von den gleichgelagerten Interessen anderer Personen unterscheiden.274 Ob alle wesentlichen Interessen ausreichend dargelegt wurden, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalls und der Art der vorgeschlagenen Maßnahme ab.275 Diese Berichtspflicht geht damit über die Offenlegungspflicht aus regulation 7 (2)(h) CR 2007 hinaus, die lediglich zur Angabe der den Direktoren im Zuge der Verschmelzung gewährten Vorteile verpflichtet. Die Vorschrift verfolgt insofern das Ziel, den Entscheidungsträgern (Aktionäre/Gläubiger) zu einer Entscheidungsposition zu verhelfen, in der sie in Kenntnis der wahren Beweggründe der Direktoren über die vorgeschlagene Maßnahme abstimmen, anstatt den Vorschlag der Direktoren mehr oder wenig blind zu billigen.276 271

Re Coltness Iron Co Ltd., [1951] S. C. 476 (480). Re Second Scottish Investment Trust Co Ltd. [1962] S. L.T. 392 (393) zur wortlautidentischen Parallelvorschrift section 207 (1) CA 1948. 273 Re Second Scottish Investment Trust Co Ltd. [1962] S. L.T. 392; Re Coltness Iron Co Ltd. [1951] S. C. 476. 274 Re Coltness Iron Co Ltd. [1951] S. C. 476 (480). 275 Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667; Re National Bank Ltd. [1966] 1 All E.R. 1006 (1012); Re Coltness Iron Co Ltd. [1951] S. C. 476 (480). 276 Re Coltness Iron Co Ltd. [1951] S. C. 476 (480) zur wortlautidentischen Parallelvorschrift section 207 (1) CA 1948. 272

D. Verschmelzungsbericht

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Vor dem Hintergrund, dass die Verletzung der Berichtspflicht gemäß regulation 8 (7)(8) CR 2007 i.V.m. section 17 Criminal Justice Act 1991277 mit einer Strafe von bis zu 1000,– Sterling geahndet wird, stellt die Erweiterung eine sinnvolle Maßnahme zur Lösung der Interessenkonflikte auf vertikaler Ebene dar. Im Sinne des PrincipalAgent Ansatzes reduziert sie die Informationsasymmetrie zwischen den Gesellschaftern und dem Leitungsorgan und damit der Gefahr eines Machtmissbrauches zulasten der Minderheitsgesellschafter. Die Aufnahme einer gleichgelagerten Vorschrift ins deutsche Verschmelzungsrecht wäre daher zu begrüßen. bb) Interessen der Inhaber von Schuldverschreibungen Die gleiche Verpflichtung ergibt sich aus regulation 8 (3) CR 2007 für Treuhänder (trustee), die Schuldverschreibungen (debentures) für Dritte (debenture holders) halten, wenn die Verschmelzung die Rechte der Inhaber berührt. In diesem Fall hat der trustee ebenfalls seine Interessen an der Verschmelzung sowie die Folgen für diese anzugeben, wenn sie von den Folgen für ähnliche Interessen anderer Personen abweichen. 2. Gemeinsamer Bericht, Verzicht, Form a) Gemeinsame Berichterstattung Eine gemeinsame Berichterstattung sehen die CR 2007 nicht vor. Der englischen Literatur und der Rechtsprechung zu regulation 8 CR 2007 sind diesbezügliche Stellungnahmen ebenfalls nicht zu entnehmen. Der Wortlaut der regulation 8 CR 2007 („the directors of the UK merging company must draw up and adopt a report“) spricht wie im Falle des Art. 7 VRL zunächst gegen die Zulässigkeit einer gemeinsamen Berichterstattung. In Re Second Scottish Investment Trust Co Ltd. machten Gesellschafter allerdings geltend, dass der im Rahmen eines arrangement and amalgamation nach sections 206, 207 (1) CA 1948278 erstellte gemeinsame Bericht (explanatory statement) der Gesellschaften, die Interessen der Direktoren nicht ausreichend darlegte. Das Gericht nahm die gemeinsame Berichterstattung, die ebenfalls nicht ausdrücklich in sections 206, 206 CA 1948 geregelt war, aber ansonsten ohne weitere Kommentierung hin,279 so dass für grenzüberschreitende Verschmelzungen von einer entsprechenden Rechtslage auszugehen ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich die englischen Register und Gerichte dieser Auffassung in Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anschließen. 277 Criminal Justice Act 1991, (c.53) v. 25. 7. 1991, zuletzt geändert durch Criminal Justice Act 2003 (c.44) v. 20. 11. 2003. 278 Die Vorschriften finden sich heute in section 897 (2) CA 2006. 279 Re Second Scottish Investment Trust Co Ltd [1962] S. L.T. 392.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

b) Verzicht auf Berichterstattung In Hinsicht auf die Möglichkeit, auf den Bericht gänzlich zu verzichten, haben sich die englischen Gerichte allerdings bereits bei nationalen Verschmelzungen und anderen schemes of arrangements ausdrücklich geäußert. Ein Verzicht ist danach aufgrund des eindeutigen Wortlauts und wegen der Strafandrohung bei Unterlassen der Angabe von Interessen seitens der trustee (und Direktoren) stets unzulässig.280 Aus den bereits o.g. Gründen wird dies auch für den Bericht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anzunehmen sein. Die Auffassung des Verfassers wurde nunmehr auch in Re Oceanrose Investments Ltd281 bestätigt. Ein Verzicht auf den Verschmelzungsbericht ist danach selbst dann nicht zulässig, wenn es sich um eine single member company282 handelt und die Gesellschaft über keine Arbeitnehmer verfügt.283 c) Form Eine ausdrückliche Formvorgabe findet sich in den CR 2007 wie beim Verschmelzungsplan auch nicht in Bezug auf den Verschmelzungsbericht. Aus dort genannten Gründen wird der Verschmelzungsbericht daher in einfacher Schriftform in englischer Sprache anzufertigen und im Wege einer board resolution durch die Direktoren zu genehmigen sein. 3. Publizität Gemäß regulation 8 (5) CR 2007 ist der Bericht den Arbeitnehmern bzw. deren Vertretern nicht später als zwei Monate vor der ersten Gesellschafterversammlung zu übermitteln. Eine Stellungnahme seitens der Arbeitnehmerschaft, die nicht später als einen Monat vor der ersten Gesellschafterversammlung am Satzungssitz eingeht, ist dem Bericht gemäß regulation 8 (6) CR 2007 beizufügen. Den Gesellschaftern ist der Verschmelzungsbericht zusammen mit dem Verschmelzungsplan gemäß reg. 10 (1)-(3)(b) CR 2007 spätestens einen Monat vor der ersten Gesellschafterversammlung durch Auslegung am Satzungssitz der englischen Gesellschaft zugänglich zu machen und auf Antrag kostenfrei zuzusenden. 280

Peter Scott & Co Ltd. [1950] S. L.T. 310 (311 f.); Rankin & Blackmore Ltd. [1950] S. C. 218 (223 f.). 281 [2009] Bus LR 947. 282 In diesem Fall handelte es sich um eine in England niedergelassene Ltd., deren alleiniger Gesellschafter eine (dritte) italienische Gesellschaft war, die der grenzüberschreitenden Verschmelzung der englischen Ltd auf eine andere italienische Gesellschaft nur im Wege einer written resolution ohne Abhaltung einer Versammlung zugestimmt hatte und nunmehr bei dem High Court die Ausfertigung einer Vorabbescheinigung beantragte. 283 [2009] Bus LR 947 (950).

D. Verschmelzungsbericht

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In seinem Hinweis auf den Erhalt des Verschmelzungsplans weist das Register ausdrücklich auf dieses Einsichtnahmerecht hin, regulation 12 (5)(d) CR 2007, wobei die Möglichkeit einer Veröffentlichung des Verschmelzungsberichts auf der Internetseite der Gesellschaft im Gegensatz zu der des Verschmelzungsplans erstaunlicher Weise nicht eingeführt wurde.

IV. Zwischenergebnis des Rechtsvergleichs Nach dem vorstehenden Rechtsvergleich erfolgte die Umsetzung des Art. 7 VRL in England und Deutschland trotz unterschiedlicher Regelungssystematik im Wesentlich identisch. Obwohl die englische Umsetzung hinsichtlich des Berichtsumfangs nur auf den Verschmelzungsplan und nicht auf die Verschmelzung insgesamt Bezug nimmt und im Unterschied zur deutschen Umsetzung keinen Ausführlichkeitsmaßstab festlegt, ergibt sich jedoch aus dem case law ein dem deutschen Recht dem Umfang und der Ausführlichkeit nach vergleichbarer, wenn nicht sogar höherer Berichtsstandard. Es entspricht dabei der Rechtsauffassung beider Rechtsordnungen, dass der Verschmelzungsbericht ein wesentliches Informationsinstrument zugunsten der (Minderheits-)Gesellschafter darstellt, welches ihnen eine umfassende Information über alle wesentlichen Aspekte der Verschmelzung zur Verfügung stellen muss, um ihnen eine Abwägung mit den eigenen Interessen und damit eine Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Der Schutz der Minderheitsgesellschafter erfährt im Verhältnis zur Informationsmacht des Leitungsorgans im englischen Recht allerdings eine Steigerung, indem dessen Mitglieder ihre Interessen an der Verschmelzung unter Strafandrohung ausführlich darzulegen haben. Eine vergleichbare Regelung wäre für das deutsche Recht zu begrüßen. Eine entsprechende Verpflichtung besteht nach dem englischen Recht auch hinsichtlich der Interessen des Treuhänders von Wertpapierinhabern. Auf den hier im Fokus stehenden Minderheitenschutz hat diese Regelung jedoch keine Auswirkungen. Der deutsche Verschmelzungsbericht sieht hingegen durch die Pflicht zur Angabe der wesentlichen Angelegenheiten verbundener Unternehmen, einschließlich der der ausländischen Gesellschaft, eine Erweiterung und zugleich eine Erleichterung durch die Befreiung der Angabe nachteilhafter Tatsache, vor. Diese Ergänzungen des englischen und deutschen Rechts begründen allerdings keine Verfahrenshindernisse, zumal grundsätzlich jede Gesellschaft einen eigenen Bericht nach den Vorgaben ihres Verschmelzungsrechts zu erstellen hat. Ob eine gemeinsame Berichterstattung der Gesellschaften unter Wahrung der einzelstaatlichen Besonderheiten zulässig ist, regelt Art. 7 VRL nicht. Nach der

238

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

überwiegenden deutschen Literaturauffassung und aufgrund vereinzelter Rechtsprechung der englischen Gerichte zu den Vorgängervorschriften des heutigen nationalen Verschmelzungsrechts dürfte dies zwar zu bejahen sein. Eine rechtssichere Gewissheit besteht in Ermangelung einer klaren Vorgabe des europäischen Gesetzgebers jedoch nicht und begründet eine nicht unbeachtliche Verfahrensunsicherheit. Vor dem Hintergrund der elementaren Bedeutung des Verschmelzungsberichts für die Gesellschafter und des darin angelegten Anfechtungsrisikos führt diese Rechtsunsicherheit zwar nicht zu einem Verfahrenshindernis, sie stellt aber eine unnötige Erschwerung des Verfahrens dar, obwohl aus Sicht der durch ihn geschützten Gesellschafter eine gemeinsame Berichterstattung zu einem höheren Maß an Information führen und zu begrüßen wäre. Sollten die Register einer gemeinsamen Berichterstattung zustimmen, wären folgende Ergänzungen aufzunehmen: *

*

*

Erläuterung der Interessen der Direktoren der englischen plc. an der Verschmelzung und deren Auswirkung auf diese Interessen;284 Erläuterung der Interessen der Treuhänder von Wertpapieren an der Verschmelzung; Erläuterung der wesentlichen Angelegenheiten von verbundenen Unternehmen der sich verschmelzenden Gesellschaften.285

Inwiefern die Vorschrift des § 8 Abs. 2 UmwG über die Befreiung von der Berichtspflicht für nachteilhafte Tatsachen Anwendung findet, wird nur in enger Absprache mit dem englischen Registergericht entschieden werden können. Mit der Vereinigungslehre lässt sich diese Frage jedenfalls nicht eindeutig beantworten, da sich danach nur das strengste Recht durchsetzt. Die Befreiung nach § 8 Abs. 2 UmwG stellt aber eine Erleichterung von der Berichtspflicht dar, so dass sich grundsätzlich das englische Recht durchsetzen dürfte, das eine solche Befreiungsregel nicht vorsieht. Ein Verzicht auf die Berichterstattung ist nach beiden Rechtsordnungen nicht zulässig. Der danach stets zu erstellende Bericht ist in beiden Fällen einen Monat vor der Hauptversammlung durch Auslegung am Satzungssitz der Gesellschaft den Gesellschaftern zugänglich zu machen, wobei das deutsche Recht auch eine Veröffentlichung auf der gesellschaftseigenen Internetseite zulässt.

284

Unter Bezugnahme auf die vorstehend aufgeführte Rechtsprechung der englischen Gerichte ist zu empfehlen, diesen Aspekt auch für die Mitglieder des Vorstandes der deutschen AG aufzunehmen. 285 Dies gilt auch für die verbundenen Unternehmen der englischen plc.

E. Verschmelzungsprüfung

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E. Verschmelzungsprüfung I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 8 VRL Gemäß Art. 8 VRL sind die verschmelzenden Gesellschaften ferner verpflichtet, einen für die Gesellschafter bestimmten Bericht durch unabhängige Sachverständige erstellen zu lassen, der ein Monat vor der Gesellschafterversammlung den Gesellschaftern vorzulegen ist. Eine Pflicht zur Prüfung des Verschmelzungsplans, wie sie noch in Art. 10 Abs. 1 FRL ausdrücklich normiert wurde, ist in Art. 8 VRL zwar nicht mehr ausdrücklich hervorgehoben. Aus Art. 8 Abs. 4 VRL, nach dem bei einem allseitigen Verzicht der Gesellschafter weder eine Prüfung des Verschmelzungsplans noch die Erstellung des Berichts erforderlich ist, folgt jedoch im Umkehrschluss, dass der Europäische Gesetzgeber auch weiterhin an dieser ausdrücklichen Verpflichtung festhält. Mit Statuierung dieser bereits aus der FRL über nationale Verschmelzungen bekannten286 Prüfungs- und Berichtspflicht ergänzt der europäische Gesetzgeber das Konzept einer umfassenden Vorabinformation der Gesellschafter um ein weiteres wesentliches Informationselement,287 welches zugleich als Überwachungssystem im Sinne des Principal-Agent Ansatzes dient. Denn bisher wurden die Gesellschafter durch die Veröffentlichung des Verschmelzungsplans nur mit den Fakten des Verschmelzungsvorgangs versorgt, die die Leitungsorgane der beteiligten Gesellschaften unter Ausschluss der Gesellschafter untereinander ausgehandelt haben. Diese Verhandlungsergebnisse wurden von demselben Personenkreis im Verschmelzungsbericht erläutert und mit entsprechender Hintergrundinformation begründet. Wie bereits im Rahmen des PrinzipalAgent-Ansatzes ausgeführt, besteht in gesellschaftsrechtlichen Organisationen aber die Gefahr, dass die Leitungsorgane (Agent) über mehr Information als die Aktionäre (Principal) verfügen und sie diese Wissensherrschaft zur Verfolgung eigener Interessen oder der des Mehrheitsgesellschafters ausnutzen.288 Vor diesem Hintergrund kann der bisher durch den Verschmelzungsplan und -bericht bereitgestellten Information die Gefahr einer subjektiven, an den Interessen der Leitungsorgane orientierten Informationsverwässerung nicht abgesprochen werden. Dieser Gefahr und dem damit einhergehenden Vertrauensverlust seitens der Aktionäre wirkt die Verschmelzungsprüfung durch unabhängige Sachverständige entgegen.289 Aufgrund seines objektiveren Informationswerts wird der Prüfungsbericht ebenfalls als eines der „Kernstücke“ des Minderheitenschutzes durch Vorabinformation bezeichnet.290 286

Vgl. Art. l0 FRL. Widmann/Mayer-Mayer, § 9 UmwG, Rn. 15. 288 Vgl. die Ausführungen über die in Aktiengesellschaften vorherrschenden Interessenskonflikte in Teil 2 C. I. 1. 289 Im Ergebnis auch: Grundmann, European Company Law, S. 559. 290 Ganske, DB 1981, S. 1551 (1553); Bayer, AG 1988, S. 323 (324) zu Art. 10 der FRL. 287

240

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Wie der Verschmelzungsplan und der Verschmelzungsbericht soll der Prüfungsbericht die Gesellschafter in die Lage versetzen, die Vor- und Nachteile der Verschmelzung abzuwägen und auf Grundlage eines umfassenden Wissens der Verschmelzungsbedingungen eine sachlich fundierte Entscheidung über die Verschmelzung zu treffen.291 Diesem Schutzzweck entsprechend, dient der Prüfungsbericht anders als der Verschmelzungsbericht ausschließlich dem Schutz der Gesellschafter. Der Gesetzgeber hat dies in Art. 8 Abs. 1 VRL ausdrücklich hervorgehoben.292 1. Prüfungs- und Berichtsinhalt a) Prüfungsinhalt In Hinsicht auf den Prüfungsinhalt folgt aus Art. 8 Abs. 4 VRL e contrario, dass sich die Prüfung dem Wortlaut nach nur auf den gemeinsamen Verschmelzungsplan erstreckt, so dass dort nicht enthaltene Verschmelzungsaspekte, insbesondere zwischen den Gesellschaften getroffene schuldrechtliche Zusatzvereinbarungen, nicht der Prüfung unterfallen. Der Schutzzweck der Verschmelzungsprüfung im Sinne einer umfassenden objektivierten Vorabinformation der Gesellschafter würde jedoch verfehlt, wenn Regelungen, die nicht von den Mindestangaben des Verschmelzungsplan erfasst werden, aber die Interessen der Gesellschafter berühren, in Zusatzvereinbarungen ausgelagert und auf diesem Weg einer Verschmelzungsprüfung entzogen werden könnten. Der Begriff des Verschmelzungsplans i.S.d. Art. 8 VRL ist aus Sicht des Verfassers daher weit auszulegen, so dass vom Anwendungsbereich auch sämtliche Zusatzvereinbarung von der Verschmelzungsprüfung erfasst werden, die die Interessen der Gesellschafter berühren. Worauf die Prüfung im Einzelnen jedoch gerichtet ist (z. B. Vollständigkeit, Richtigkeit, Zweckmäßigkeit) bzw. welchen Prüfungsmaßstab die Sachverständigen zu wahren haben, ist nur teilweise aus den in Art. 8 Abs. 3 VRL genannten Inhaltsvorgaben abzuleiten und letztendlich den einzelstaatlichen Vorgaben i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL überlassen. b) Berichtsinhalt Gemäß Art. 8 Abs. 3 VRL hat der Verschmelzungsbericht „zumindest“ die Angaben nach Art. 10 Abs. 2 VRL zu enthalten.

291

Ugliano, E.B.L.R. 2007, S. 585 (603). Vgl. Art. 8 Abs. 1 VRL: „… ein für die Gesellschafter bestimmter Bericht …“; Rickford, E.B.L.R. 2005, S. 1393 (1408). 292

E. Verschmelzungsprüfung

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Danach müssen die Sachverständigen in jedem Fall erklären, ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach angemessen ist, nach welcher oder welchen Methoden das vorgeschlagene Umtauschverhältnis bestimmt worden ist, ob diese Methoden im vorliegenden Fall angemessen sind und welche Werte sich bei jeder dieser Methoden ergeben haben. Zugleich ist eine Stellungnahme über die relative Bedeutung dieser Methoden bei der Bestimmung des zugrunde gelegten Wertes abzugeben und auf Bewertungsschwierigkeiten hinzuweisen. Die damit vermittelte Information entspricht dem besonderen vermögensrechtlichen Schutzinteresse der Minderheitsaktionäre. Mit Vollzug der Verschmelzung werden sie ihrer mitgliedschaftlichen und vermögensrechtlichen Stellung als Inhaber von Aktien mit einem bestimmten Vermögenswert zunächst enthoben und durch eine neue Vermögensposition, entweder in Form einer Barabfindung oder durch die Gewährung von Anteilen an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ausgeglichen. Die Angemessenheit der Gegenleistung hat insofern höchste Schutzpriorität aus Sicht der Minderheitsaktionäre, die die Verschmelzung ablehnen. Wie bereits eingangs ausgeführt,293 bestehen hinsichtlich der Höhe des Umtauschverhältnisse vor allem bei gegenseitigen Beteiligungen der verschmelzenden Gesellschaften (Konzernverschmelzung) erhebliche Interessenskonflikte. Die Überprüfung und detaillierte Darlegung der einzelnen Bewertungsmethoden und der damit verbundenen Ergebnisse für das Umtauschverhältnis durch unabhängige Sachverständige gewährleisten insofern, dass diese Interessen nicht ungesehen zulasten der Minderheit durchgesetzt werden können. Art. 8 VRL gibt damit jedoch nur einen Mindestinhalt des Prüfungsberichts294 vor, der hinter dem, sich auf den gesamten Verschmelzungsplan erstreckenden Prüfungsumfang zurückfällt. Eine Bezugnahme auf den Verschmelzungsplan ist Art. 8 Abs. 3 VRL nicht zu entnehmen. Eine Erstreckung der Berichtspflicht auf den gesamten Verschmelzungsplan oder gar auf Zusatzvereinbarungen im Wege der Auslegung – wie vom Verfasser für die Prüfungsinhalte befürwortet – scheidet mithin aus. Über die restlichen Prüfungsergebnisse, insbesondere über die Bewertung des Aktiv- und Passivvermögens i.S.d. Art. 5 lit. k) VRL oder die in Zusatzvereinbarungen enthaltenen Aspekte ist gegenüber Gesellschaftern nach Maßgabe der VRL somit nicht zu berichten, wenn nicht das einzelstaatliche Recht i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL einen weitergehenden Berichtsinhalt vorsieht.

293

II. 2.

Vgl. die Ausführungen über die Interessenskonflikte in Aktiengesellschaften in Teil 2 C.

294 Ausweislich der Begründung des Rechtsausschusses des europäischen Parlaments und dem Wortlaut entsprechend handelt es sich bei Art. 8 Abs. 3 nicht um eine bloße Hervorhebung der Angaben über das Umtauschverhältnis, sondern um „Mindestangaben“, deren Erweiterung den Mitgliedstaaten i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL überlassen ist, vgl. Bericht des Rechtsausschusses über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, Plenarsitzungsdokument, A6-0089/2005, v. 25. 4. 2005, Änderungsantrag 21, S. 23.

242

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer In Hinsicht auf die Person des Verschmelzungsprüfers gibt Art. 8 VRL lediglich vor, dass es sich um einen unabhängigen Sachverständigen handeln muss, der sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein kann. a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer Welche Anforderungen an die Qualifikation einer Person als ,Sachverständiger‘ und an seine Unabhängigkeit zu stellen sind, ist der VRL hingegen nicht zu entnehmen und dementsprechend ebenfalls gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL den einzelstaatlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten überlassen. Da Angleichungsmaßnamen der Gemeinschaft über unabhängige Sachverständige bisher nicht erlassen wurden, lässt dies Raum für unterschiedlich hohe Unabhängigkeits- und Qualifikationsstandards. Allerdings wurden auf der Grundlage von Art. 22 der Richtlinie 43/2006/EG über die Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen295 die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Unabhängigkeit von Abschlussprüfern sicherzustellen und eine Person von der Prüfung auszuschließen, wenn eine direkte oder indirekte finanzielle, geschäftliche, angestellte oder sonstige Verbindung zwischen dem Prüfer und der zu prüfenden Gesellschaft besteht. Soweit die Mitgliedstaaten also für die Bestimmung der unabhängigen Sachverständigen auf die entsprechenden nationalen Umsetzungsvorschriften zurückgreifen, wäre eine gewisse Übereinstimmung gegeben. Der Unabhängigkeit des Sachverständigen kommt in Hinsicht des Minderheitenschutzes insbesondere vor dem Hintergrund des Verfahrens über die Bestellung des Sachverständigen Bedeutung zu. Denn Art. 8 VRL bestimmt nur für den Fall einer gemeinsamen Prüfung, dass die Bestellung der Sachverständigen durch das Gericht oder eine Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaates zu erfolgen hat. Im Umkehrschluss ist daher bei einer getrennten Prüfung eine unmittelbare Bestellung durch die Leitungsorgane der Gesellschaften zulässig, was wiederum die Gefahr einer Beeinflussung der Sachverständigen durch das Leitungsorgan zulasten des Minderheitenschutzes begründet. Eine Bestellung durch das Gericht oder eine Behörde würde somit einen höheren Grad an Objektivität und Unabhängigkeit der Prüfer gewährleisten.296 Dies zu entscheiden, bleibt gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL den Mitgliedstaaten überlassen. b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer Damit die Sachverständigen ihre Prüfungsaufgabe erfüllen können, räumt Art. 8 Abs. 3 S. 2 VRL ihnen das Recht ein, von jeder der sich verschmelzenden Gesell295 296

Richtlinie 43/2006/EG v. 17. 05. 2006, ABl. L 157/87. Zimmermann, in: FS-Brandner (1996), S. 167 (180).

E. Verschmelzungsprüfung

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schaften alle Auskünfte zu verlangen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe für erforderlich halten. Davon miterfasst ist auch das Recht, Unterlagen anzufordern und Nachprüfungen anzustellen.297 c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer Im Unterschied zur FRL sind in der VRL allerdings keine Vorgaben über die Haftung der Verschmelzungsprüfer vorgesehen. Während in Art. 21 FRL den Mitgliedstaaten die Pflicht auferlegt wurde, zumindest eine zivilrechtliche Haftung der Prüfer gegenüber den Aktionären der Gesellschaft für schuldhaftes Verhalten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu regeln, fehlt eine solche in der VRL gänzlich. Zwar wird in jedem Mitgliedstaat eine solche Haftungsregelung aufgrund des Umsetzungszwangs existieren. Dies besagt jedoch nicht, dass sie diese auch für grenzüberschreitende Verschmelzung für anwendbar erklären. Im Ergebnis resultiert damit aus Art. 8 VRL ein relativ niedriges Mindestmaß zur Gewährleistung der Unabhängigkeit, fachlichen Eignung und Objektivität der Sachverständigen, wenn die Mitgliedstaaten nicht auf die Bestimmungen über die Abschlussprüfer zurückgreifen, die Bestellung durch das Leitungsorgan zulassen und die Haftungsregeln i.S.d. Art. 21 VRL nicht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen für anwendbar erklären. Dies gilt auch in Bezug auf die Prüfungs- und Berichtsvorgaben. Nach den Vorgaben der VRL müssen die Prüfer zwar alle Aspekte des Verschmelzungsplans überprüfen, worauf diese Prüfung jedoch im Konkreten bezogen ist und in welcher Intensität diese zu erfolgen hat, ist allenfalls in Bezug auf die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses vereinheitlicht. Soweit die Mitgliedstaaten Art. 8 VRL nicht überschießend umsetzen, hätten die Prüfer auch nur in diesem Umfang zu berichten, so dass der darüber hinausgehende Prüfungsumfang rein theoretischer Natur bleibt und eine unsachgemäße Verschmelzungsprüfung sanktionslos bliebe. 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung Vor diesem Hintergrund ist auch die in Art. 8 Abs. 2 VRL ausdrücklich zugelassene gemeinsame Verschmelzungsprüfung zu betrachten. Gemäß Art. 8 Abs. 2 VRL können ein oder mehrere unabhängige Sachverständige, die auf gemeinsamen Antrag der sich verschmelzenden Gesellschaften von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaates, dessen Recht einer der sich verschmelzenden Gesellschaften oder die aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft unterliegt, dazu bestellt bzw. von einer solchen Be-

297 Zur gleichlautenden Vorschrift des Art. 22 Abs. 2 SE-VO: Teichmann, ZGR 2002, S. 383 (424); Schwarz, SE-VO, Art. 22, Rn. 32.

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hörde zugelassen wurden, den gemeinsamen Verschmelzungsplan prüfen und einen einzigen für alle Gesellschafter bestimmten Bericht erstellen. Das Antrags- und Bestellungsverfahren richtet sich dementsprechend nach dem Recht eines der von der Verschmelzung berührten Gesellschaftsstatute, so dass die Gesellschaften hinsichtlich der Bestellung des Sachverständigen frei wählen können.298 Die Gefahr einer Einflussnahme auf die Auswahl des Sachverständigen durch die Leitungsorgane ist zwar durch die Vorgabe einer behördlichen oder gerichtlichen Bestellung vermindert, dadurch dass die VRL jedoch keine Bestimmung hinsichtlich der Anforderungen an die Unabhängigkeit und an das gerichtliche Bestellverfahren vorsieht, verbleibt auch hier ein gewisser Spielraum für unterschiedlich strenge Maßstäbe. Schließlich stellt sich die Frage, ob mit der Wahl des Prüfungsstaates zugleich auch eine Rechtswahl in Bezug auf die inhaltlichen Vorgaben über die Prüfung und Berichterstattung einhergeht oder aber eine kumulative Anwendung der Verschmelzungsrechte aller Gesellschaften erforderlich ist, bei der sich der strengste Prüfungs- und Berichtsmaßstab durchsetzt. Die Frage stellt sich vor allem in Bezug auf die Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung. Diese werden grundsätzlich auf der Grundlage der eingangs dargelegten Verschmelzungswertrelation festgelegt, die auf der Bewertung der verschmelzenden Unternehmen beruht. Eine gemeinschaftsweite Anpassung der Bewertungsverfahren ist bisher aber noch nicht erfolgt, so dass den Leitungsorganen und Prüfern je nach Mitgliedgliedstaat unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Verfügung stehen. Insbesondere das im angelsächsischen Raum vorherrschende Discounted-Cash-Flow Bewertungsverfahren und die in Deutschland bisher vorrangig verwendete Ertragswertmethode stehen sich hierbei gegenüber und können zu unterschiedlichen Unternehmenswerten und damit zu unterschiedlichen Umtauschverhältnissen bzw. Abfindungen führen.299 Wenn also mit der Wahl des Prüfungsstaates zugleich auch eine Rechtswahl des Prüfungsrechts einhergeht, würde dies nicht unbeachtliche Missbrauchsmöglichkeiten zugunsten der Leitungsorgane und – je nach der Organisationsstruktur der verschmelzenden Gesellschaft – mittelbar auch für die Mehrheitsgesellschafter schaffen.300

298 Semler/Stengel-Drinhausen, § 122f UmwG, Rn. 5; Bayer/Schmidt, NZG 2006, S. 841 (842); Lutter/Winter-Bayer, § 122f UmwG, Rn. 3; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 11. 299 Eingängig Großfeld, NZG 2002, 353 ff.; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 11. 300 Semler/Stengl-Drinhausen, § 122f UmwG, Rn. 5; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 11.

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Die Richtlinie und die Begründung der Kommission zu Art. 8 VRL301 enthalten diesbezüglich keine genauen Angaben. Die Kommission betont allerdings mehrfach, dass das Ziel der VRL nicht nur in der Ermöglichung der grenzüberschreitenden Verschmelzung besteht, sondern es vielmehr auch darum gehe, die Kosten einer grenzüberschreitenden Verschmelzung bei Gewährleistung der nötigen Rechtssicherheit zu senken.302 Auch nach dem 6. Erwägungsgrundes der VRL soll die gemeinsame Berichterstattung dem Zweck dienen, die Prüfung und Berichterstattung zu vereinfachen und die Sachverständigenkosten zu begrenzen.303 Die Erreichung dieses Zwecks würde aber möglicherweise gefährdet werden, wenn die inländischen Sachverständigen sich mit ausländischen Prüfungs- und Berichtsvorgaben vertraut machen und diese zusätzlich anwenden müssten, was für eine Rechtswahl des Prüfungsrechts spräche.304 Wie Art. 8 Abs. 1 VRL aber ebenfalls ausdrücklich hervorhebt, dient die Verschmelzungsprüfung ausschließlich dem Schutz der Gesellschafter. Entsprechend den vorstehenden Erwägungen würde dieser Schutzzweck wiederum verfehlt, wenn die Auswahl eines anderen Prüfungsstaates zu einer Unterwanderung des strengeren Prüfungsrechts führen würde.305 Auch die Kommission betont insofern, dass eine Kostensenkung zwar angestrebt ist, diese aber nicht zu Lasten der Rechtssicherheit gehen dürfe.306 Im Falle einer Diskrepanz der einzelstaatlichen Prüfungsvorgaben307 wäre aber gerade diese nicht gewährleistet und würde im Ergebnis einen Wettlauf der Prüfungsrechte ermöglichen. Dies würde wiederum nicht nur dem übergeordneten Ziel der Richtlinie, die Schutzbestimmung für die Gesellschafter gleichwertig zu halten, sondern auch der Funktion der externen Verschmelzungsprüfung als Überwachungssystems i.S.d. Pricipal Agent Prinzips zu widerlaufen. Gegen eine freie Rechtswahl des Prüfungsrechts spricht ferner auch die Regelungssystematik des Art. 8 VRL. Dessen Absätze 1, 3 und 4 regeln die Mindestvorgaben für die Prüfung und die Berichterstattung, wobei der konkrete Prüfungsund Berichtsmaßstab darüber hinausgehend gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL für jede Gesellschaft dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Recht überlassen ist. Die Ermächtigung aus Art. 8 Abs. 2 VRL, eine gemeinsame Verschmelzungsprüfung 301 Vgl. den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, v. 18. 11. 2003, KOM (2003) 703, S. 6 (dort noch Art. 5). 302 Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, v. 18. 11. 2003, KOM (2003) 703, S. 2. 303 So ausdrücklich in dem 6. Erwägungsgrund der VRL formuliert. 304 Lutter/Winter-Bayer, § 122f UmwG. 305 Semler/Stengl-Drinhausen, § 122f UmwG, Rn. 5; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 11. 306 Siehe Fn. 302. 307 Lutter/Winter-Bayer, § 122f UmwG, Rn. 3; J. Schmidt, S. 197 halten eine solche angesichts der Mindeststandards in Art. 8 Abs. 3 VRL für fraglich.

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vorzunehmen, hat auf diese Regelungssystematik keinen Einfluss. Denn dieser besagt nur, dass und wie statt mehrerer ein gemeinsamer Sachverständiger bestellt werden darf. Der Regelungsinhalt des Art. 8 Abs. 2 VRL beschränkt sich daher ausschließlich auf das Bestellverfahren, so dass die Vorgaben hinsichtlich der Prüfung und Berichterstattung den übrigen Absätzen vorbehalten bleiben. Es dürfte schließlich auch zweifelhaft sein, das Argument der Kostenersparnis als Rechtfertigung für eine Durchbrechung der allgemeinen Regelungssystematik der Richtlinie über gemeinsame Berichterstattungen anzuerkennen. Denn der Aufstellung des gemeinsamen Verschmelzungsplans, des gemeinsamen Verschmelzungsberichts und des gemeinsamen Prüfungsbericht ist gemeinsam, dass der Europäische Gesetzgeber durch die Vorgabe von Mindestinhalten eine einheitliche Regelungsplattform geschaffen hat und darüber hinaus die Besonderheiten der nationalen Verschmelzungsrechte zu berücksichtigen sind. Demzufolge bestimmen sich der Prüfungs- und Berichtsinhalt sowie der Prüfungs- und Berichtsmaßstab wie im Falle des Verschmelzungsberichts nicht nach dem Recht des ausgewählten Mitgliedstaates,308 sondern entsprechend der allgemeinen Regelungssystematik des Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL i.V.m. der Vereinigungslehre anhand einer kumulativen Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen, wobei sich das strengste Prüfungsrecht durchsetzt.309 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung Wie bereits im Rahmen des Verschmelzungsberichts angedeutet, hat der Europäische Gesetzgeber in Art. 8 Abs. 4 und Art. 15 Abs. 1 und 2 VRL die Möglichkeiten eines Verzichts bzw. die Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung statuiert. Eine Prüfung und Berichterstattung ist danach stets entbehrlich, wenn alle Gesellschafter aller Gesellschaften auf diese verzichten, Art. 8 Abs. 4 VRL, oder eine 100 %ige Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird, Art. 15 Abs. 1 VRL. Die Möglichkeit auf die Prüfung zu verzichten, ist die konsequente Folge des Schutzzwecks von Art. 8 VRL, der ausschließlich dem Schutz der Gesellschafter zu dienen bestimmt ist und es diesen somit freigestellt ist, über diesen Schutz zu disponieren.310 Die Entbehrlichkeit der Prüfung bei konzerninternen Verschmelzungen von 100 %igen Tochtergesellschaften ist ebenso einleuchtend. Da eine Anteilsge-

308 Grundmann, European Company Law, S. 580; Bayer/Schmidt, NZG 2006, S. 841 (842); Lutter/Winter-Bayer, § 122f UmwG, Rn. 3; Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1085); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (593). 309 Semler/Stengel-Drinhausen, § 122f UmwG, Rn. 6; Münch.HdB.GesR.VI-Hoffmann, § 53 Rn. 71; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 10 f. 310 Behrens, S. 108.

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währung in diesen Fällen unterbleibt311 und keine Minderheitsgesellschafter existieren, entfällt auch zugleich die Hauptschutzfunktion des Prüfungsberichts, das Umtauschverhältnis auf seine Angemessenheit hin zu überprüfen. Da sich in beiden Fällen keine Relevanz für den Minderheitenschutz ergibt, werden diese Vorschriften in der folgenden Untersuchung nicht weiter berücksichtigt. Anders verhält es sich jedoch im Falle der dritten Entbehrlichkeitsregelung des Art. 15 Abs. 2 VRL.312 Danach sind im Falle einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, bei der die aufnehmende Gesellschaft mindestens 90 %, aber nicht 100 % der in der Gesellschafterversammlung Stimmrecht gewährenden Aktien und sonstigen Anteile der übertragenden Gesellschaft hält, der Bericht und die zur Kontrolle einzureichenden Unterlagen insoweit entbehrlich, wie das jeweilige mitgliedstaatliche Recht der verschmelzenden Gesellschaften keinen Verschmelzungsbericht erfordert. Die Regelung ist aus Sicht des Minderheitenschutzes in zweierlei Hinsicht brisant. Zum einen fallen gerade in der Konstellation konzerninterner Verschmelzungen die Interessen von Mehrheits- und Minderheitsaktionären auseinander,313 so dass insbesondere dort seitens der Minderheitsgesellschafter ein Bedürfnis nach einer unabhängigen Überprüfung des Umtauschverhältnisses besteht. Zum anderen knüpft Art. 15 Abs. 2 VRL die Befugnis der Mitgliedstaaten, auf eine Prüfung zu verzichten, nicht wie in Art. 28 FRL an die Bedingung, dass den Minderheitsgesellschaftern gleichzeitig ein Anspruch eingeräumt wird, ihre Anteile zu einem angemessenen Verkehrswert an die Gesellschaft verkaufen zu dürfen. Da gemäß Art. 4 Abs. 2 VRL der Schutz der widersprechenden Gesellschafter ausschließlich dem Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten obliegt, sind diese auch nicht verpflichtet, die nationale Umsetzungsvorschrift des Art. 28 FRL bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen für anwendbar zu erklären. Im Ergebnis kann die Regelung des Art. 15 Abs. 2 VRL somit dazu führen, dass Minderheitsgesellschafter einem unfairen Umtauschverhältnis ausgesetzt sind, dessen Angemessenheit nicht durch Sachverständige überprüft wird, eine Alternative in Form eines Ausscheidens aus der Gesellschaft gegen Gewährung einer angemessen Barabfindung nicht zur Verfügung gestellt wird und die Gesellschafter sich mangels ausreichender Stimmrechtsmacht nicht gegen die Verschmelzung in der Gesellschafterversammlung zur Wehr setzen können. Folglich müssen sie sich dem Schicksal eines aus ihrer Sicht möglicherweise zu niedrig bemessenen Umtauschverhältnisses fügen. Für den Minderheitenschutz wird es dann darauf ankommen, 311

Vgl. Artt. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1, 5 lit. b) u. c) VRL. Zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/109/EG v. 16. 09. 2009, ABl. L 259/14. 313 Vgl. die Ausführungen über die Interessenskonflikte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Teil 2 C. II. 2. 312

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welche gerichtlichen Möglichkeiten zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses das jeweilige Gesellschaftsstatut zur Verfügung stellt, um eine vermögensrechtliche Benachteiligung durch ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis abzuwehren. 5. Publizität des Prüfungsberichts Gemäß Art. 8 VRL Abs. 1 muss der Bericht schließlich einen Monat vor der Gesellschafterversammlung nach Art. 9 VRL vorliegen. Ob damit eine bloße Auslegungs- oder Zusendungspflicht oder lediglich ein Einsichtsrecht der Gesellschafter gemeint ist, regelt die VRL hingegen nicht, so dass auch hier die Anforderungen der betroffenen einzelstaatlichen Regelungen i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. b) einschlägig sind.

II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122f, 9 – 12 UmwG Die Umsetzung von Art. 8 VRL erfolgte in Deutschland in § 122f UmwG, der ähnlich zum Verschmelzungsbericht auf die Prüfungsvorschriften §§ 9 – 12 UmwG für nationale Verschmelzungen verweist.314 Bis auf die 1 Monatsfrist zu der der Prüfungsbericht i.S.d. Art. 8 Abs. 1 VRL spätestens den Anteilsinhabern vorliegen muss,315 entspricht die Verschmelzungsprüfung damit der bei nationalen Verschmelzungen. 1. Prüfungs- und Berichtsinhalt Im Unterschied zu Art. 8 VRL und in Übereinstimmung mit Art. 9 FRL differenziert der deutsche Gesetzgeber dementsprechend ausdrücklich zwischen der Prüfung gemäß § 9 UmwG und der Berichterstattung nach § 12 UmwG.

314 Im Unterschied zu § 122e UmwG (Verschmelzungsbericht) wird in § 122f UmwG jedoch unmittelbar auf die §§ 9 – 12 UmwG Regelungen verwiesen, so dass nicht auf die Generalverweisung nach § 122a Abs. 2 UmwG zurückzugreifen ist. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut, wonach in § 122f UmwG ausdrücklich angeordnet wird, dass der Verschmelzungsplan „… nach §§ 9 – 12 zu prüfen ist“, wohingegen der Wortlaut des § 122e UmwG eine Anwendung des § 8 UmwG bereits voraussetzt („Der Verschmelzungsbericht nach § 8 …“). Zum anderen würde ein Verweis über § 122a Abs. 2 UmwG auch ins Leere laufen, da die Anwendbarkeit von § 9 UmwG eine Verpflichtung zur Prüfung nach den Vorschriften des UmwG voraussetzt („soweit eine solche in diesem Gesetz vorgeschrieben ist“). Im Ergebnis auch: Kulenkamp, S. 236; Frenzel, S. 257; a.A. Neye/Timm, DB 2006, S. 488 (491); Kubaczynska, S. 178. 315 Die Vorgabe, dass bei der GmbH nur auf Verlangen eines Gesellschafters die Prüfung durchzuführen ist, hat für die vorliegende Untersuchung keine Relevanz.

E. Verschmelzungsprüfung

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a) Prüfungsinhalt Ergab sich die Pflicht zur Prüfung des Verschmelzungsplans nur aus dem Umkehrschluss des Art. 8 Abs. 2, 4, wird die Prüfung des Verschmelzungsvertrages316 in den §§ 122f S. 1, 9 UmwG ausdrücklich angeordnet und erstreckt sich dementsprechend auf den gesamten Verschmelzungsplan. Aus der Bezugnahme auf den Verschmelzungsplan und aus der Verpflichtung nach § 122i Abs. 1 UmwG im Falle einer Hinausverschmelzung den widersprechenden Gesellschaftern eine angemessene Barabfindung im Verschmelzungsplan anzubieten, folgt konsequenter Weise, dass sich die Prüfungspflicht bei deutschen Gesellschaften auch auf die Barabfindung erstreckt. Wie in § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 30 Abs. 2 UmwG ausdrücklich klargestellt, ist daher zusätzlich zur Angemessenheit des Umtauschverhältnisses auch die der Barabfindung durch die Sachverständigen zu überprüfen.317 Nach der hier vertretenen Auffassung dürften über die Angaben im Verschmelzungsplan hinausgehend auch Zusatzvereinbarungen vom Prüfungsumfang erfasst sein.318 Der Verschmelzungsbericht unterfällt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 UmwG hingegen nicht der Prüfung.319 b) Berichtsinhalt Die Pflicht zur Erstellung eines Prüfungsberichts i.S.d. Art. 8 Abs. 1 VRL folgt aus § 12 UmwG. Danach sind die Prüfer verpflichtet, über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten und den Bericht mit einer Erklärung darüber abzuschließen, ob das vorgeschlagene Umtauschverhältnis einschließlich etwaiger baren Zuzahlungen und das Barabfindungsangebot als Gegenwert angemessen sind, § 12 Abs. 1, 2 UmwG. Im Rahmen dessen haben sie auch die den Mindestangaben aus Art. 8 Abs. 3 VRL i.V.m. Art. 10 Abs. 2 FRL entsprechenden Bewertungsangaben anzugeben. Im Ergebnis hat der deutsche Gesetzgeber damit die vorab betonten Schwächen der europäischen Vorgaben beseitigt. Neben der ausdrücklichen Statuierung der Prüfungspflicht hat er insbesondere die Berichtspflicht nicht auf die Mindestangaben des Art. 8 Abs. 2 VRL beschränkt, sondern auf alle Prüfungsergebnisse erstreckt. Die Gesellschafter der deutschen verschmelzenden Gesellschaft erhalten somit einen 316

Entsprechend dem Verweis in § 122f UmwG ist der Verschmelzungsvertrag in den §§ 9 – 12 UmwG als Verschmelzungsplan zu lesen. 317 Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 16. 318 Vgl. die Ausführungen über die Prüfungspflicht im Rahmen von Art. 8 VRL, Teil 3 E. I. 1. a). 319 Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 9 UmwG, Rn. 4; Zimmermann, in: FS-Brandner (1996), S. 167 (181); Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 18, 23, a.A. Lutter/WinterBayer, § 122f UmwG, Rn. 10, der sich aus Gründen des Minderheitenschutzes für eine Einbeziehung ausspricht.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

vollständigen Bericht über die Prüfung aller im Verschmelzungsplan und – nach der hier vertretenen Auffassung – auch in Zusatzvereinbarungen enthaltenen Verschmelzungsaspekte. c) Sonderbefreiung von der Berichtspflicht Ebenfalls von der VRL abweichend ist die Befreiung von der Berichtspflicht für benachteiligende Tatsachen in §§ 122f, 12 Abs. 3, 8 Abs. 2 UmwG. Kongruent zu der Befreiung des Vorstandes bei der Erstellung des Verschmelzungsberichts nach § 122e UmwG sind auch die Verschmelzungsprüfer danach ermächtig, Tatsachen nicht in den Bericht aufzunehmen, deren Bekanntwerden geeignet ist, einem der beteiligten Rechtsträger einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Die Befreiung ist die konsequente Folge der Befreiung der Leitungsorgane von der Berichtspflicht i.S.d. §§ 122a Abs. 2, 8 Abs. 2 UmwG, da letztere andernfalls sinnlos wäre. Der Minderheitenschutz wird dadurch auch nicht reduziert. Denn die Prüfer sind nicht an die Entscheidung der Leitungsorgane über die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Tatsachen gebunden.320 Sie haben vielmehr nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob die Einstufung aus Ihrer Sicht zutrifft.321 Obwohl der Verschmelzungsbericht nicht der Prüfung unterliegt, wird der Prüfer ohne Rückgriff auf diesen seine Pflicht nicht hinreichend erfüllen können. §§ 122f, 12 Abs. 3, 8 Abs. 3 UmwG stellt mitunter keine Reduzierung, sondern eher eine Stärkung des Minderheitenschutzes dar, da die Ermessensausübung der Leitungsorgane in Hinsicht auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Tatsachen eine indirekte Prüfung erfährt. d) Prüfungs- und Berichtsmaßstab Wie die VRL enthalten die §§ 9 – 12 UmwG aber nur abstrakte Prüfungs- und Berichtsvorgaben, eine Konkretisierung des Prüfungsmaßstabes erfolgt hingegen nicht. Der Begründung des deutschen Gesetzgebers322 zum VerschmelzungsrichtlinieGesetz323 kann allerdings entnommen werden, dass die Prüfung die Vollständigkeit des Verschmelzungsvertrags, die Richtigkeit der in ihm enthaltenen Angaben und als

320

Widmann/Mayer-Mayer, § 12 UmwG, Rn. 28. Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 12 UmwG, Rn. 10. 322 Begr.RegE, BT-Drucks. 9/1065, S. 16 f. 323 Gesetz zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) vom 25. 10. 1982, BGBl. I, S. 1425. 321

E. Verschmelzungsprüfung

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Hauptaufgabe die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bzw. der Barabfindung beinhalten muss.324 Nicht von dem Prüfungsauftrag erfasst sind hingegen die Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Verschmelzung325 und die der Wahrung von wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Anteilsinhaber.326 Nach deutschem Verständnis haben die Sachverständigen insoweit nur die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsvorgangs nach den Vorgaben des Verschmelzungsplans zu prüfen327 und zu beurteilen, ob die darin enthaltenen Angaben sachlich zutreffend und in sich widerspruchsfrei sind.328 In Hinsicht auf die Prüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses haben die Prüfer zu ermitteln, nach welchen Methoden das Umtauschverhältnis und ggf. die Barabfindung berechnet wurden und aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen ist. Diese sind aber nur auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen, das heißt, ob die so angewandten Bewertungsmethoden den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung entsprechen.329 Eine eigene Bewertung und Festlegung eines Umtauschverhältnisses obliegt dem Prüfer hingegen nicht.330 Nicht ausreichend ist allerdings ein bloßes Testat über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses. Es bedarf vielmehr der Ausführung, aufgrund welcher tatsächlich festgestellten Tatsachen und Zahlen die Prüfer zu der Überzeugung gelangt sind, dass das Umtauschverhältnis angemessen ist.331 2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer Die Verschmelzungsprüfer werden gemäß §§ 122f, 10 Abs. 1, 2 UmwG auf Antrag des Vertretungsorgans durch das Landgericht ausgewählt und bestellt, in dessen Bezirk die übertragende Gesellschaft ihren Sitz hat. 324

Begr.RegE, BT-Drucks. 9/1065, S. 16 f.; Kallmeyer-Müller, § 9 UmwG, Rn. 16 mit Verweis auf BGH, ZIP 1989, S. 980 (982). 325 Hommelhoff, ZGR 1993, S. 452 (465); Zimmermann, in: FS-Brandner (1996), S. 167 (182) zu § 340b AktG; Widmann/Mayer-Mayer, § 9 UmwG, Rn. 22. 326 Sagasser/Bula/Brünger-Bula/Schlösser, J Rn. 107; Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 9 UmwG, Rn. 12. 327 Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 9 UmwG, Rn. 5; Widmann/Mayer-Mayer, § 9 UmwG, Rn. 22; Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 9 UmwG, Rn. 12; Semler/Stengel-Zeidler, § 9 UmwG, Rn. 16. 328 Sagasser/Bula/Brünger-Bula/Schlösser, J Rn. 107. 329 Hoffmann-Becking, in: FS-Fleck, ZGR Sonderheft 7 (1988), S. 105 (121). 330 Zu § 340b AktG: Priester, NJW 1983, S. 1462; Bitzer, Probleme der Prüfung, S. 34; Becker, AG 1988, S. 223 (224); zu § 9 UmwG: Kallmeyer-Müller, § 9 UmwG, Rn. 22; Widmann/Mayer-Mayer, § 9 UmwG, Rn. 27. 331 OLG Karlsruhe, Urt. v. 30. 6. 1989, 15 U 76/88, DB 1989, S. 1616 (1617); OLG Frankfurt, Beschl. v. 22. 08. 2000, 14 W 23/00, ZIP 2000, S. 1928 (1930).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer Dieses gerichtliche Auswahl- und Bestellungsverfahren gilt im Unterschied zur VRL nicht nur für die gemeinsame Prüfung, sondern auch bei einer getrennten Prüfung, so dass in Deutschland ein erhöhter Grad an Objektivität der Prüfer gewährleistet wird. Verschmelzungsprüfer können nach §§ 122f, 11 Abs. 1 UmwG i.V.m. § 319 Abs. 1 HGB Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sein. Letztere dürfen jedoch nur für mittelgroße GmbHs und Personengesellschaften bestellt werden, so dass im Falle der hier relevanten Aktiengesellschaft nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Betracht kommen, die das Kriterium der „Unabhängigkeit“ erfüllen. Sachverständige sind danach unabhängig, wenn auf sie die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 1 bis 4 HGB nicht zutreffen. Ausgeschlossen sind danach insbesondere Prüfer, die zugleich Anteile an oder eine Position im Vorstand, Aufsichtsrat oder Betriebsrat der zu prüfenden Gesellschaft halten. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf alle verbundene Unternehmen der zu prüfenden Gesellschaft und an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaften. Ferner dürfen insbesondere keine Wirtschaftsprüfer die Verschmelzung prüfen, die bereits im Vorfeld an der Aufstellung des Verschmelzungsplans über ihre Prüfungstätigkeit hinaus tätig waren, §§ 122f, 11 Abs. 1 i.V.m. § 319 Abs. 3 Nr. 3 HGB. Die Vorgaben entsprechen überwiegend Art. 22 der Richtlinie 43/2006/EG über die Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen. b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer Das Auskunftsrecht der Prüfer i.S.d. Art. 8 Abs. 3 S. 2 VRL bestimmt sich in Deutschland gemäß §§ 122 f, 11 Abs. 1 UmwG nach § 320 Abs. 1, 2 HGB. Danach ist es den Prüfern gestattet, Einsicht in die Bücher und Schriften zu nehmen sowie die Vermögensgegenstände und Schulden zu prüfen. Ferner können die Prüfer von den gesetzlichen Vertretern alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, § 320 Abs. 2 S. 1 HGB. Während sich dieses Auskunftsrecht nach den sekundär-rechtlichen Vorgaben nur auf die Rechtsträger bezieht, die an der Verschmelzung beteiligt sind, erfasst § 11 Abs. 1 S. 4 UmwG auch Konzernunternehmen sowie abhängige und herrschende Unternehmen. c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer Obwohl nach der VRL nicht dazu verpflichtet, hat der deutsche Gesetzgeber durch seinen Verweis in § 122f UmwG auf die §§ 9 – 12 UmwG die Haftungsvorgaben der Verschmelzungsprüfer aus § 11 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 323 HGB für anwendbar erklärt.

E. Verschmelzungsprüfung

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Demgemäß sind die Prüfer, ihre Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Prüfung erfolgt gewissenhaft, wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen so durchgeführt wird, dass ihr Ziel, die Abgabe eines unparteilichen Prüfungsurteils, erreicht wird.332 Eine inhaltliche Konkretisierung der ,gewissenhaften Prüfung‘ erfährt die Regelung dabei zum einen durch die gesetzlichen Vorgaben der §§ 122f, 9 – 12 UmwG und zum anderen durch den objektiven Sorgfaltsmaßstab des Bürgerlichen Rechts, das heisst nach dem Maßstab, der nach der allgemeinen Auffassung von Berufsangehörigen üblich und notwendig ist.333 Die von dem Institut für Wirtschaftsprüfer e.V. (,IDW‘) verabschiedeten Prüfungsstandards zur Rechnungslegung sowie die konkretisierenden Bestimmungen der Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer fließen dort mit ein.334 Verletzen die Prüfer ihre Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig, sind sie gem. § 323 Abs. 1 S. 3 HGB zum Schadensersatz verpflichtet. Gemäß § 122a Abs. 2 UmwG i.V.m. § 314 HGB droht Prüfern zusätzlich zu dieser zivilrechtlichen Haftung bis zu drei Jahren Haftstrafe, wenn sie über das Ergebnis der Verschmelzungsprüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Prüfungsbericht verschweigen. Durch diese Haftungsregulierung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen hat der deutsche Gesetzgeber eine weitere minderheitenschützende Regelung getroffen, die in zweifacher Hinsicht beachtlich ist. Zum ist der Haftungstatbestand schon im Falle von fahrlässig begangenen Pflichtverletzungen erfüllt, zum anderen gilt die Verantwortlichkeit nach § 323 HGB nicht nur gegenüber allen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern, sondern auch gegenüber deren Anteilsinhabern, § 11 Abs. 2 S. 2 UmwG. Den Anteilsinhabern wird insofern ein direkter Ersatzanspruch gegen die Prüfer eingeräumt.335 Letzterer wird insbesondere für die Frage nach der richtigen Feststellung des Umtauschverhältnisses von Bedeutung sein. Im Falle einer gemeinsamen Prüfung und eines durch ein deutsches Gericht bestellten Prüfers erstreckt sich die Haftung zudem auch auf die ausländische Gesellschaft und deren Anteilsinhaber.336 Da die Haftung gemäß § 323 Abs. 4 HGB auch nicht vertraglich abdingbar ist, begründet §§ 122f, 11 Abs. 2 UmwG einen gesteigerten Minderheitenschutz. Hinsichtlich der mit Art. 8 VRL angestrebten objektiven Aufklärung der Gesellschafter ist im Ergebnis damit festzuhalten, dass die deutsche Umsetzung diese nicht nur durch die stets obligatorische Auswahl der Prüfer durch das Gericht und

332 333 334 335 336

Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB, Rn. 9. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 323 HGB, Rn. 5. MünchKomm-Ebke, § 323 HGB, Rn. 26. Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 11 UmwG, Rn. 7, Fn. 2. Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 28.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

klaren Unabhängigkeitskriterien sicherstellt, sondern die Prüfer zusätzlich durch ein weitreichendes Haftungsregime zur ordnungsgemäßen Prüfung anhält. 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung Eine gemeinsame Verschmelzungsprüfung i.S.d. Art. 8 Abs. 2 VRL darf von den sich verschmelzenden Gesellschaften gemäß §§ 122f, 10 Abs. 1 UmwG vorgenommen werden. Durch den schlichten Verweis in § 122f UmwG auf § 10 Abs. 1 UmwG über die gemeinsame Berichterstattung bei nationalen Verschmelzungen ist es dem deutschen Gesetzgeber allerdings entgangen, dem grenzüberschreitenden Bezug der gemeinsamen Verschmelzungsprüfung gerecht zu werden. Die §§ 10 – 12 UmwG sind nämlich entsprechend der Vorgaben aus der FRL, deren Umsetzung sie dienten, auf rein nationale Sachverhalte zugeschnitten. Dementsprechend sieht § 10 Abs. 2 UmwG die Bestellung der Prüfer durch das Landgericht vor, in dessen Bezirk die übertragende Gesellschaft ihren Sitz hat. Soll nun das deutsche Gericht die gemeinsame Prüfung bei einer Hineinverschmelzung anordnen, fehlt es an einer deutschen übertragenden Gesellschaft, so dass es zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Zuständigkeit des Gerichts kommen könnte.337 Ferner enthalten die Vorschriften keine Regelung, nach der eine Bestellung der Prüfer durch ausländische Gerichte oder Verwaltungsstellen i.S.d. Art. 8 Abs. 2 VRL anerkannt wird. Eine ausdrückliche Regelung über die Bestellungsmöglichkeit im Ausland ist zwar nicht per se erforderlich, da sich die Lücke auch im Wege des international-privatrechtlichen Instituts der Anpassung überbrücken ließe.338 Bedenken ergeben sich jedoch dadurch, dass nach Art. 8 Abs. 2 VRL nicht notwendigerweise ein Gericht, sondern auch eine Verwaltungsbehörde die Prüfer bestellen kann, wohingegen §§ 122f, 10 Abs. 2 UmwG explizit nur das Landgericht als zuständige Stelle anerkennt. Aufgrund der eindeutigen Vorgaben der VRL dürften sich diese Umsetzungsdefizite allerdings im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung überwinden lassen339 und keine Verfahrenshindernisse in der Verschmelzungspraxis begründen. 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung Eine Verschmelzungsprüfung ist nach den Vorgaben der Artt. 8 Abs. 4, 15 Abs. 1 VRL gemäß §§ 122f, 12 Abs. 3, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 UmwG gänzlich entbehrlich, 337

Klein, RNotZ 2007, S. 565 (593); Müller, NZG 2006, S. 286 (288); Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 729. 338 Frenzel, S. 269. 339 Münch.HdB.GesR.VI-Hoffmann, § 53 Rn. 71; Widmann/Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 12.

E. Verschmelzungsprüfung

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wenn entweder alle Gesellschafter aller verschmelzenden Gesellschaften auf diese verzichten oder eine 100 %ige Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird. Die Verzichtserklärungen der Gesellschafter der deutschen Gesellschaft bedürfen allerdings der notariellen Beurkundung.340 Entsprechend der Regelung in Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL gilt dies aber nur für die Verzichtserklärung der Gesellschafter der dem deutschen Recht unterliegenden Gesellschaft. Für die der ausländischen Gesellschaften gelten die Formerfordernisse des Gesellschaftsstatuts, dem die jeweilige Gesellschaft unterliegt.341 Die bedenkliche342 Gestaltungsmöglichkeit der Mitgliedstaaten aus Art. 15 Abs. 2 VRL, von dem Erfordernis einer Verschmelzungsprüfung auch im Falle der Konzernverschmelzung von 90 %igen Tochtergesellschaften abzusehen, wurde seitens des deutschen Gesetzgebers allerdings nicht aufgenommen. Im Gegensatz zur VRL hat eine Verschmelzungsprüfung daher stets zu erfolgen, sobald eine noch so kleine Prozentzahl an Minderheitsgesellschaftern existiert und diese nicht bereit sind, auf die Prüfung zu verzichten. 5. Publizität des Prüfungsberichts Abschließend ist der Bericht gemäß §§ 122a Abs. 2, 63 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 UmwG spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung für die Anteilsinhabern zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen oder auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen.

III. Umsetzung in England, regulation 9 CR 2007 In England wurde Art. 8 VRL in regulation 9 CR 2007 implementiert. Nach deren Absatz 1 und 5 muss ein Bericht (report) durch unabhängige Sachverständige (independent expert) erstellt werden, der lediglich die entsprechenden Mindestangaben über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und die angewendeten Bewertungsmethoden i.S.d. Art. 8 Abs. 3 VRL i.V.m. Art. 10 Abs. 2 FRL zu enthalten hat.343 340

Vgl. § 8 Abs. 3 UmwG. Klein, RNotZ 2007, S. 565 (594); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1085); ders., Der Konzern 2007, S. 81 (83); Frenzel, S. 261 ff.; Lutter/Winter-Bayer, § 122f UmwG, Rn. 17; Widmann/ Mayer-Mayer, § 122f UmwG, Rn. 25; a.A.: Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (284); Drinhausen/ Keinath, BB 2006, S. 725 (72)). 342 Vgl. die Ausführungen über die Richtlinienvorgaben zu Art. 15 VRL, Teil 3 E. I. 4. 343 Regulation 9 (1)(5) CR 2007: „A report must be drawn in accordance with this regulation, unless … In the report the independent expert must indicate …“, worauf hin die Angaben aus Art. 10 FRL nahezu wortlautidentisch aufgelistet werden. Das englische Synonym für „Prüfung“ findet sich in der gesamten Vorschrift jedoch nicht. 341

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

1. Prüfungs- und Berichtsinhalt Entgegen der Richtlinienvorgabe und der deutschen Umsetzung, die die Prüfung des Verschmelzungsplans in Art. 8 Abs. 4 VRL e contrario344 und in § 9 UmwG expressis verbis statuieren,345 findet sich in regulation 9 CR 2007 jedoch keinerlei Bezugnahme auf eine etwaige Prüfungspflicht. a) Prüfungsinhalt Es liegt zwar auf der Hand, dass eine Berichterstattung stets auch eine Prüfung voraussetzt, die VRL enthält jedoch eine klare Differenzierung, nach der der Verschmelzungsplan vollumfänglich zu prüfen ist und somit über die auf die Mindestangaben in Art. 8 Abs. 3 VRL begrenzte Berichtspflicht hinausgeht. Die Richtlinienkonformität der regulation 9 CR 2007 ist dementsprechend äußerst fraglich und wirft die Frage auf, ob das englische Recht eine Lückenschließung im Wege der Auslegung zulässt. Da für die Auslegung von gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen in den englischen Gesetzen keine Auslegungsregeln vorgesehen sind, kann hierfür nur auf die Auslegungsmethoden der Rechtsprechung (case law) zurückgegriffen werden. aa) Auslegung nach dem ursprünglichen Rechtsprechungsansatz Die Rechtsprechung ging ursprünglich von einer strikten Wortlautbindung des Gesetzestexts aus, der zur Folge der Richter selbst dann an den Buchstaben des Gesetzes gebunden war, wenn er das damit verbundene Ergebnis für nicht mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbar hielt. Richtern war es aufgrund der strikten Trennung von Legislative und Judikative somit verwehrt, den Gesetzgeber im Rahmen des statutory law zu korrigieren, indem er den Sinn und Zweck der Vorschrift über den Wortlaut stellt.346 Da der Wortlaut von regulation 9 CR 2007 ausschließlich von „report“ spricht und dieser in regulation 3 (1) CR 2007 lediglich definiert wird als: „ein Bericht, der nach den Vorgaben der regulation 9 CR 2007 zu erstellen ist“347, wäre nach buchstabengetreuer Auslegung eine Prüfung des Verschmelzungsplans nicht vorgesehen.

344

Vgl. Art. 8 Abs. 2 und 4 VRL. Vgl. §§ 9 und 12 UmwG. 346 Heinrich/Huber, Einführung in das englische Privatrecht, S. 30; Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England, Bd. II, S. 669 ff. 347 Vgl. regulation 3 (1): „independent expert’s report means a report prepared in accordance with regulation 9“. 345

E. Verschmelzungsprüfung

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bb) Moderner zweckorientierter Auslegungsansatz Nach dem heute vorherrschenden „zweckorientierten Ansatz“ (,purposive approach‘) stellt das Gericht allerdings nicht mehr nur auf den buchstabengetreuen Wortlaut ab, sondern lässt auch die Berücksichtigung des hypothetischen Willens des Gesetzgebers (,deemed intention of Parliament‘) zu.348 Dieser ist zu ermitteln, indem der Interpret sich an die Stelle des Parliamentary Counsel versetzt, der für die betreffende Gesetzesvorlage verantwortlich war, und im Lichte aller ihm bekannten Informationen die Absicht des Gesetzgebers ermittelt.349 Ohne eine feststehende Systematik aufzuweisen, greifen die Gerichte zwecks Ermittlung des hypothetischen Willens auf die aus dem deutschen Recht bekannten vier Kriterien zurück, die sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem Regelungszusammenhang der Norm und dem Zweck der Vorschrift zusammensetzen.350 (1) Wortlautauslegung Entgegen der früher vorherrschenden Wortlautauslegung lässt der zunehmend durchgreifende moderne Auslegungsansatz eine Wortlautauslegung zu, die sich nicht an der buchstabengetreuen, sondern an der Bedeutung des Begriffs im allgemeinen Sprachgebrauch (ordinary natural meaning) orientiert.351 Gemeint ist damit die allgemeine Bedeutung, die einem Begriff von einer einigermaßen intelligenten Person, die auf gewöhnliche Art und Weise mit der englischen Sprache vertraut ist, berechtigterweise beigelegt werden kann.352 In dem Bericht müssen die unabhängigen Sachverständigen gemäß regulation 9 (5) CR 2007 die für die Bewertung des Umtauschverhältnisses herangezogenen Methoden und die daraus resultierenden Werte angeben sowie aufgetretene Bewertungsschwierigkeiten beschreiben. Diese Berichtsinhalte sind überwiegend deskriptiver Natur, da sie die seitens des Leitungsorgans durchgeführte Bewertung nur beschreiben. Dies ist zwar nur möglich, indem die Prüfer die dazu erstellten Unterlagen sichten. Ob sich daraus jedoch eine indizierte Prüfung erschließen lässt, ist fraglich. Die Prüfer haben in dem Bericht aber auch dazu Stellung zu beziehen, ob die Anwendung der einzelnen Methoden angemessen ist, welche relative Bedeutung sich aus den einzelnen Methodenwerten zueinander für das Umtauschverhältnis ergeben und ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach angemessen ist. Ferner dürfen 348

Gubay v Kingston (Inspector of Taxes) [1983] 1 W.L.R. 709 (720). Ealing L.B.C. v. Race Relations Board [1972] A.C. 342 (360). 350 Bennion, Statutroy Interpretation, S. 451 f. 351 Race Relations Board v Applin, [1975] A.C. 66 (126). 352 Lord Oliver, (1993) 14 S. L.R., S. 1 (3): … the meaning … which can fairly be drawn by a person of reasonable intelligence ordinarily conversant with the English language. 349

258

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

gemäß regulation 9 (5)(d) CR 2007 Bewertungen (,valuations‘) an andere Personen übertragen werden. Unter Zugrundelegung eines allgemeinen Sprachgebrauchs setzen diese Berichtsinhalte eine gewisse Prüfung voraus, so dass der Wortlaut der Vorschrift grundsätzlich den Rückschluss zuließe, dass der Gesetzgeber mit regulation 9 CR 2007 eine Pflicht zur Erstellung eines ,Prüfungsberichts‘ normieren wollte, der die Prüfung zwar nicht explizit erwähnt, jedoch begrifflich mit einschließt. (2) Historische Auslegung Unter historischen Auslegungsgesichtspunkten wird diese Annahme weder bestätigt noch negiert. Im Rahmen der historischen Interpretation berücksichtigen die Gerichte alle Erkenntnisquellen, anhand derer sich die Entstehungsgeschichte der englischen Norm darlegen lässt. Berücksichtigt werden dabei Materialien aus dem parlamentarischen Verfahren sowie solche, die diesem vorausgehen.353 Im Konsultationspapier heißt es zu regulation 9 CR 2007 lediglich: „Draft terms of merger must be drawn up by administrative/management bodies of each of the companies involved and reported upon by experts.“354

Die Ausführungen legen zwar den Schluss nahe, dass sich die Berichtspflicht möglicher Weise über die Mindestangaben i.S.d. Art. 8 Abs. 2 VRL hinausgehend auf den gesamten Verschmelzungsplan erstrecken, ein Indiz auf eine Verpflichtung zur Prüfung des Verschmelzungsplans ist ihnen jedoch nicht zu entnehmen. Im ,Explanatory Memorandum‘ wird auf den Prüfungsbericht nur im Rahmen der Kostenprognose eingegangen, indem darauf hingewiesen wird, dass die durch den Bericht entstehenden Kosten nicht exakt vorhergesehen werden können, da Berichte, die Bewertungen erfordern, variieren können. Dies gelte vor allem für so bezeichnete ,fair value reports‘.355 Da Bewertungen die Prüfung von Tatsachen oder Zahlen bedingen, könnte hieraus eine gewisse Prüfungspflicht seitens der englischen Gerichte abgeleitet werden. Die von der englischen Regierung veröffentlichte Anwendungsanleitung zu den CR 2007 enthält hierzu allerdings wiederum keinerlei Anhaltspunkte.356

353

Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England, Bd. II, S. 967. DTI, A Consultative Document, June 2004, S. 6, 355 Explanatory Memorandum to the Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007, S. I. 2007 No. 2947, S. 32 Rn. 72. 356 ,Guidance‘, S. 6, Rn. 5.7: „Regulation 9 requires an independent expert’s report. This should be prepared by a qualified auditor. The independent expert’s report is not required in cases of merger by absorption of wholly owned subsidiaries and merger by absorption of substantially owned subsidiaries“, abrufbar unter: www.berr.gov.uk/files/file41862.doc. 354

E. Verschmelzungsprüfung

259

(3) Teleologische Auslegung Erkenntnisreicher dürfte daher die teleologische Betrachtung ausfallen. Bei der Auslegung nach dem Gesetzeszweck (,purpose interpretation‘) berücksichtigen die Gerichte nämlich auch den Sinn und Zweck, dem die auszulegenden Vorschriften zu dienen bestimmt sind. Die dem Gesetz zugrunde liegenden Interessen sind dabei gegeneinander abzuwägen.357 Gemäß Ziffer 2.2. des ,Explanatory Memorandum‘ dienen die CR 2007 dem Zweck, die VRL in das englische Recht umzusetzen, wobei 7.3. explizit hervorhebt, dass die darin vorgesehenen Verfahrensvorgaben dem Schutz der Anteilsinhaber und der Gläubiger zu dienen bestimmt sind. Unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Zweckbestimmungen ist anzunehmen, dass der englische Gesetzgeber diese Ziele auch in Bezug auf regulation 9 CR 2007 bei Umsetzung von Art. 8 VRL erreichen wollte. Da dieser eine Prüfung vorsieht, entspräche es dessen hypothetischen Willen, diese Prüfungspflicht ebenfalls umzusetzen. (4) Systematische/Richtlinienkonforme Auslegung Das gleiche Ergebnis folgt auch nach der systematischen Auslegung, bei der der engere Regelungszusammenhang, wie z. B. andere Absätze derselben Norm, andere Vorschriften und Überschriften, als auch der weitere Regelungszusammenhang Berücksichtigung finden. Letzterer reicht von der Betrachtung des gesamten Gesetzeswerks über allgemeine Prinzipien bis hin zum primären und sekundären Gemeinschaftsrecht.358 Die englischen Gerichte haben sich insofern zur richtlinienkonformen Auslegung i.S.d. Art. 288 Abs. 3 AEUV bekannt, wonach sie Gesetze, die erlassen worden sind, um eine gemeinschaftsrechtliche Richtlinie umzusetzen, derart versuchen auszulegen, dass die nationalen Gesetzbestimmungen im Einklang mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts sowie insbesondere den Zielvorgaben der Richtlinie stehen.359 Unter Bezugnahme auf die in Art. 8 Abs. 2, 4 VRL statuierte Prüfungspflicht wäre regulation 9 CR 2007 also dahingehend auszulegen, dass der englische Gesetzgeber mit der Statuierung der Berichtspflicht zugleich eine Prüfungspflicht impliziert hat, die den in regulation 9 (5) CR 2007 vorgegebenen Berichtsinhalt umfasst, um so seiner Umsetzungsverpflichtung ordnungsgerecht nachzukommen. 357

Asher v Seaford Court Estates Ltd. [1950] A.C. 508 (515 f.). Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England, Bd. II, S. 974 – 986. 359 Institute of Chartered Accountants in England and Wales v C.E.C. [1998] 1 W.L.R. 315 (323); R. v. Secretary of State for the Home Department, ex p.Sandhu [1982] 2 C.M.L.R. 553 (555); UFD Ltd. v C.C.E. [1982] 1 C.M.L.R. 193 (200) (VAT Tribunal London); International Sales and Agencies Ltd. v. Marcus [1982] 3 All E.R. 551 (559 f.); Apple and Pear Development Council v C.C.E. [1987] 2 C.M.L.R. 634 (654); Schemepanel Trading Ltd. [1996] S. T.C. 871 (878). 358

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

(5) Problem: Prüfungsumfang – Wortlaut als Grenze richtlinienkonformer Auslegung Problematisch ist allerdings, dass die Berichtspflicht des Art. 8 VRL Abs. 1, 3 sich nicht auf den Verschmelzungsplan erstreckt, sondern inhaltlich auf die Mindestangaben aus Art. 10 Abs. 2 FRL beschränkt ist. Wenn aber die Prüfungspflicht durch die Berichtspflicht indiziert wird, kann die Prüfungspflicht sinngemäß auch nur soweit reichen wie die Verpflichtung, einen Bericht zu erstellen. Die Prüfung würde sich demnach nur auf die Angaben über das Umtauschverhältnis, nicht aber auf den gesamten Verschmelzungsplan erstrecken, wie es Art. 8 Abs. 2, 4 VRL vorsieht. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass auch die Angemessenheit der nach deutschem Recht obligatorischen Barabfindung nicht der Prüfungspflicht unterfiele, da sie in den Mindestangaben des Art. 8 Abs. 3 VRL i.V.m. Art. 10 Abs. 2 FRL nicht genannt wird. Es stellt sich mithin die Frage, ob im Wege der richtlinienkonformen Auslegung aus regulation 9 CR 2007 auch eine Pflicht zur Prüfung des gesamten Verschmelzungsplans abgeleitet werden kann. Selbst bei extensiver Wortlautauslegung können der Vorschrift aber keine diesbezüglichen Anhaltspunkte entnommen werden. Vielmehr hat der englische Gesetzgeber sogar die Formulierungen „in jedem Fall“ aus Art. 10 Abs. 2 VRL und „zumindest“ aus Art. 8 Abs. 3 VRL, die die Inhaltsangaben des Berichts als nicht abschließend charakterisieren, nicht in regulation 9 CR 2007 übernommen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung, dass regulation 9 (5) CR 2007 ansonsten nahezu360 wörtlich aus Art. 10 Abs. 2 FRL übernommen wurde, besteht für eine über die obige Auslegung im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs hinausgehende Wortlautauslegung kein Raum. Eine richtlinienkonforme Auslegung im Sinne einer den Verschmelzungsplan umfassenden Prüfungspflicht wäre dementsprechend nur möglich, wenn die englischen Gerichte eine solche auch entgegen oder über den Wortlaut der nationalen Vorschrift hinausgehend zulassen. Inwieweit der Wortlaut nationaler Vorschriften als absolute Grenze richtlinienkonformer Auslegung in der englischen Rechtsprechung angesehen wird, ist nicht (mehr) eindeutig. Die frühere englische Rechtsprechung hielt bis vor kurzem eine richtlinienkonforme Auslegung im Falle eines eindeutigen Wortlauts durchgängig für unzulässig.361 360

Einzige Abweichung: Anstelle von „whether the exchange ratio is fair and reasonable“, Art. 10 Abs. 2 VRL, wird in regulation 9 CR 2007 nur „reasonable“ verwendet. Inhaltliche Abweichungen sollten damit aber nicht einhergehen. 361 Finnegan v Clowney Youth Training Programme Ltd. [1990] 2 A.C. 407 (416); Haughton v Olau Line (U.K.) Ltd. [1986] 1 W.L.R. 504 (508 f.); Macarthy Ltd v Smith [1979] 3 All E.R. 325 (332 f.); Pickstone v Freemans plc. [1989] A.C. 66 (96).

E. Verschmelzungsprüfung

261

Lord Diplock führte in der Rechtssache Garland v British Rail Engineering Ltd362 erstmals aus, dass eine richtlinienkonforme Auslegung unter Umständen soweit zulässig sein kann, wie dem Wortlaut der nationalen Vorschrift eine solche Bedeutung noch beigelegt werden kann. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn die Auslegung nicht zu einer unzulässigen Verformung der Bedeutung führt, die der Gesetzeswortlaut im allgemeinen Sprachgebrauch hat.363 Der Wortlaut durfte somit weiter ausgelegt werden, er bildete aber auch weiterhin die absolute Auslegungsgrenze. In den Verfahren Re Haug v Registrar of Patent Agent und Litster v Forth Dry Dock Co. Ltd wurde eine gemeinschaftskonforme Interpretation schließlich gegen den eindeutigen Wortlaut mit der Begründung zugelassen, dies sei ausnahmsweise notwendig, um ein gerechtes Ergebnis zu erzielen364 bzw. eine gemeinschaftsrechtlich ordnungsgemäße Umsetzung zu gewährleisten.365 In dem nachfolgend ergangenen Urteil in Webb v EMO Air Cargo (UK) Ltd. lehnten die Richter wiederum eine richtlinienkonforme Auslegung aufgrund des eindeutigen Wortlauts ab.366 Das House of Lords367 legte die Frage jedoch dem EuGH zur Vorabentscheidung vor, das die Interpretation des Gerichts als einen Verstoß gegen die Richtlinie ansah und den Fall an das House of Lords zurückwies,368 welches die nationale Vorschrift dann schließlich trotz eindeutigen Wortlauts richtlinienkonform auslegte.369 Vor diesem Hintergrund dürfte der Wortlaut der regulation 9 CR 2007 einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entgegenstehen. Ob ein englisches Gericht jedoch Art. 8 VRL bzw. regulation 9 CR 2007 im Sinne einer den Verschmelzungsplan und etwaige Zusatzvereinbarungen umfassenden Prüfungspflicht auslegen wird, kann auch unter Berücksichtigung dieser Entscheidung nicht abschließend geklärt werden. Für die weitere Untersuchung soll jedoch – in Kenntnisnahme der damit verbundenen Rechtsunsicherheit – davon ausgegangen werden, dass die Verschmelzungsprüfer auch nach englischem Recht zur Prüfung des Verschmelzungsplans verpflichtet sind.

362

Garland v British Rail Engineering Ltd [1983] 2 A.C. 751 (771). Garland v British Rail Engineering Ltd [1983] 2 A.C. 751 (771); Duke v G.E.C. Reliance Systems Ltd. [1988] A.C. 618 (639 f.). 364 Haug v Registrar of Patent Agents [1976] 1 C.M.L.R. 491 (493). 365 Litster v Forth Dry Dock Co. Ltd [1990] 1 A.C. 546 (554 f.). 366 Webb v EMO Air Cargo (UK) Ltd. [1992] 2 All E.R. 43 (57). 367 Webb v EMO Air Cargo (UK) Ltd. [1993] 1 W.L.R. 49 (55). 368 EuGH, Rs. C-32/93, Slg. 1994, I-3576 (3588). 369 Webb v EMO Air Cargo (UK) Ltd. (No. 2) [1995] 1 W.L.R. 1454 (1460). 363

262

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

b) Ermächtigung zur externen Bewertung Im Rahmen dieser Prüfungspflicht sieht regulation 9 (4) CR 2007 eine von den Vorgaben der VRL abweichende zusätzliche Ermächtigung der Verschmelzungsprüfer vor, einzelne Bewertungsfragen (,valuation‘) an andere Personen zu übertragen. Danach dürfen die Prüfer eine andere Person mit Bewertungen beauftragen, wenn sie diese für ihren Bericht als notwendig und deren Durchführung durch eine andere Person als sinnvoll erachten. Andere Personen sind solche, die aus Sicht der Prüfer über das erforderliche Wissen und die Erfahrung für die Bewertung verfügen und ebenfalls unabhängig sind, regulation 9 (4)(a)(b) CR 2007. Unter diesen Voraussetzungen dürfen sie die Bewertung durch die bezeichneten Personen durchführen und einen Bericht erstellen lassen, der es den Prüfern ermöglicht, ihren eigenen Bericht zu erstellen. Diese Vorschrift ist insbesondere mit Blick auf eine gemeinsame Verschmelzungsprüfung durch englische Verschmelzungsprüfer zu begrüßen, da sie den Prüfern ermöglicht, Prüfungsfragen zum deutschen Recht an deutsche Sachverständige zu übertragen. Sie bietet somit eine praxisnahe Lösung, um dem Problem der hier befürworteten kumulativen Anwendung der Prüfungsrechte gerecht zu werden. Aus Sicht des Minderheitenschutzes ist allerdings der letzte Halbsatz der Vorschrift kritisch zu betrachten, da diese dem Prüfer nicht nur ermöglicht, eine Bewertung durch andere Person durchführen zu lassen, sondern auch auf bereits angefertigte Bewertungen und Berichte zurückgreifen. Davon eingeschlossen sind dem Wortlaut zufolge auch solche, die im Rahmen des Entwurfs des Verschmelzungsplans von den directors in Auftrag und demnach unter Umständen unter deren Einflussnahme zur Festlegung des Umtauschverhältnisses durchgeführt wurden. Die Anforderungen, die das englische Recht an das Kriterium der Unabhängigkeit stellt, werden hier entscheidend sein, da gemäß regulation 9 (4) CR 2007 auch die andere Person, die die Bewertung im Auftrag der directors durchgeführt hat, dieses Kriterium erfüllen muss. c) Berichtsinhalt In Hinsicht auf den Inhalt des Berichts hat der englische Gesetzgeber die Angaben aus Art. 8 Abs. 3 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 FRL über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und die Bewertungsmethoden nahezu wortlautidentisch in regulation 9 (5) CR 2007 übernommen und sich somit auf den Mindestinhalt der VRL beschränkt. Inwiefern ein englisches Gericht einen über den Wortlaut hinausgehenden Berichtsumfang im Interesse der Gesellschafter für erforderlich halten könnte, lässt sich mangels weiterführender Erkenntnisquellen in der englischen Literatur und der englischen Rechtsprechung nicht beantworten. Dagegen spräche jedenfalls, dass der

E. Verschmelzungsprüfung

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englische Gesetzgeber die Formulierung aus Art. 8 Abs. 3 VRL „zumindest die Angaben“ nicht übernommen hat und mit Blick auf die Mindestangaben in Art. 8 Abs. 3 VRL auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht hierzu keine Veranlassung besteht. Dafür spräche allenfalls die Umschreibung in dem Konsultationspapier der englischen Behörde für Handel und Industrie, in der es heißt: „Draft terms of merger must be drawn up by administrative/management bodies of each of the companies involved and reported upon by experts.“370

Eine rechtssichere Schlussfolgerung lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten, so dass für diese Arbeit von einem auf die Mindestangaben des Art. Abs. 3 VRL beschränkten Berichtsumfang auszugehen ist. Eine Erweiterung dieses Mindestinhalts ergibt sich damit lediglich in Bezug auf externe Bewertungen i.S.d. regulation 9 (4) CR 2007. In diesem Fall sind die Mindestangaben gemäß regulation 9 (5)(d) CR 2007 um die folgenden Angaben zu ergänzen, nämlich: *

*

*

*

die Tatsache und das Datum der externen Bewertung, regulation 9 (5)(i) CR 2007; der Name der prüfenden Person sowie das Wissen und die Erfahrung, die für die Bewertung erforderlich sind, regulation 9 (5)(ii) CR 2007; eine Beschreibung des Vermögens und der Verbindlichkeiten, die durch die andere Person bewertet wurden, sowie die dafür herangezogenen Methoden, regulation 9 (5)(iii) CR 2007; eine Erklärung des unabhängigen Sachverständigen, dass es aus seiner Sicht vernünftig war, die Bewertung so durchführen zu lassen oder im Falle einer bereits vorliegenden, auf diese zurückzugreifen, regulation 9 (5)(iv) CR 2007.

Eine Befreiung von der Berichtspflicht für nachteilhafte Tatsachen wie in §§ 122f, 12 Abs. 3, 8 Abs. 2 UmwG sieht das englische Recht hingegen nicht vor. d) Prüfungs- und Berichtsmaßstab In Hinsicht auf den Maßstab der Prüfung und Berichterstattung lassen sich mangels weiterführender Erkenntnisquellen in den Gesetzesbegründungen, der englischen Literatur und der englischen Rechtsprechung keine konkretisierenden Feststellungen treffen.371

370

DTI, A Consultative Document, June 2004, S. 6. Auch in Bezug auf den Prüfungsbericht bei nationalen Verschmelzungen i.S.d. section 908 CA 2006 und deren Vorgängervorschriften konnten seitens des Verfassers keinerlei Erkenntnisquellen aufgetan werden. Hinsichtlich des Sorgfaltsmaßstabes siehe allerdings die Ausführung über die Haftung der Verschmelzungsprüfer, Teil 3 E. III. 2. c). 371

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

2. Unabhängige Verschmelzungsprüfer In Hinsicht auf die Bestellung und Qualifikation der Sachverständigen sowie deren Eigenschaft als „unabhängig“ finden sich wiederum ausdrückliche Vorgaben in regulation 9 (2)(7) und (8) CR 2007. a) Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer Im Rahmen des Bestellverfahrens differenziert der englische Gesetzgeber zwischen der getrennten und gemeinsamen Verschmelzungsprüfung sowie im Falle der letzteren zwischen der Bestellung der Sachverständigen durch ausländische und durch englische Behörden. aa) Bei getrennter Berichterstattung Im Falle der getrennten Berichterstattung erfolgt die Bestellung der Sachverständigen für die englische Gesellschaft unmittelbar durch die directors der Gesellschaft, regulation 9 (2)(a) CR 2007, so dass der Unternehmensleitung die Auswahl der Sachverständigen überlassen wird. Aus Sicht des Minderheitsschutzes ist dies wenig zu begrüßen. Denn wie bereits angemerkt, geht damit zugleich die Gefahr einher, dass die Unternehmensleitung Einfluss auf die Sachverständigen und damit auf die Berichterstattung nimmt. Die Anforderungen, die das englische Recht an die Unabhängigkeit und Haftung des Sachverständigen stellt, werden hier zwar mitentscheidend sein. Selbst im Falle strenger Anforderungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein unabhängiger Prüfer aufgrund des Auswahlermessens der Unternehmensleitung und seiner eigenen Akquisitionsinteressen von den Vorstellungen der directors hinsichtlich der Bewertung des Umtauschverhältnisses beeinflussen lässt.372 Dies gilt insbesondere dann, wenn die Sachverständigen außerhalb ihrer Prüfungstätigkeiten Dienste für die Gesellschaften erbringen, die keine Prüfungsaufgaben erfassen.373 bb) Bei gemeinsamer Berichterstattung Bei einer gemeinsamen Berichterstattung sieht regulation 9 (2)(b)(3) CR 2007 eine Bestellung durch das englische Gericht (,the court‘) vor, wenn die verschmelzenden Gesellschaften gemeinsamen einen darauf gerichteten Antrag stellen. ,Gericht‘ bedeutet in diesem Fall das High Court, regulation 3 (1) CR 2007. Eine Bestellung des gemeinsamen Verschmelzungsprüfers durch eine ausländische Stelle (,competent authority‘) wird ausdrücklich in regulation 9 (2)(c) CR 2007 372 373

Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 22-9. Boyle/Birds, Company Law, S. 397.

E. Verschmelzungsprüfung

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anerkannt. Im Gegensatz zur deutschen Umsetzung sorgt die englische Umsetzung insofern für mehr Rechtsklarheit. Eine Differenzierung zwischen Prüfung und Berichterstattung findet zwar auch hier nicht statt. Regulation 9 (2) CR 2007 spricht insofern ebenfalls lediglich vom ,report‘. Die Annahme, der englische Gesetzgeber habe damit nur die gemeinsame Berichterstattung, nicht aber eine gemeinschaftliche Prüfung vorsehen wollen, wäre aufgrund der obigen Auslegung jedoch verfehlt. Regulation 9 (2) CR 2007 ist daher so zu lesen, dass eine gemeinsame Prüfung und eine gemeinsame Berichterstattung auf Antrag beim englischen Gericht oder bei einer ausländischen zuständigen Stelle durch einen Sachverständigen erfolgen dürfen. cc) Qualifikation der Verschmelzungsprüfer Verschmelzungsprüfer kann nach regulation 9 (7) jede Person sein, die befähigt ist, als Abschlussprüfer oder Wirtschaftsprüfer i.S.d. section 1212 CA 2006 bestellt zu werden und die unabhängig ist. Abschlussprüfer können danach grundsätzlich natürliche oder juristische Personen sein, die Mitglied einer anerkannten Kammer oder eines anerkannten Verbands (,recognised supervisory body‘)374 sind und nach deren Vorschriften zur Prüfung befähigt sind. Die konkreten Bestimmungen über die Befähigung zum Abschlussprüfer finden sich wiederum in den entsprechenden Richtlinien der Kammern, denen die diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz vom Secretary of State übertragen wurde.375 Von einer vertiefenden Darstellung wird jedoch an dieser Stelle abgesehen. Abschlussprüfer gelten gemäß regulation 9 (8) CR 2007 als unabhängig, wenn sie im Sinne von section 1214 CA 2006 befähigt wären, bei „allen“ verschmelzenden Gesellschaften als Abschlussprüfer zu fungieren. Nach section 1214 CA 2006 sind Sachverständige unabhängig, wenn sie nicht Vertreter (,officers‘) oder Angestellter der zu prüfenden Gesellschaft oder einer deren Mutter- oder Tochtergesellschaft sind. Von den Vertretern werden Direktoren, Manager oder company’s secretary als auch Gesellschafter erfasst.376 Darüber hinaus wird Personen die Unabhängigkeit abgesprochen, die mit einer der verschmelzenden Gesellschaften in einer Form verbunden sind, wie sie vom Secretary of State näher beschrieben werden, section 1214 (4) CA 2006. Regularien wurden seitens des Secretary of State allerdings nicht erlassen. Paragraph 9 (1) Schedule 10 CA 2006 verlangt jedoch, dass die Kammern 374 Dies sind zum Beispiel: ,Institute of Chartered Accountants in England and Wales‘; ,Association of Chartered Certified Accountants‘; ,Association of International Accountants‘. 375 Vgl. dazu insbesondere: The Statutory Auditors (Delegation of Functions) Order 2008/ 496; The Statutory Auditors and Third Country Auditors Regulations 2007, S. I. 2007/3494), zuletzt geändert durch S. I. 2008/499. 376 Mutual Reinsurance Co Ltd v Peat Marwick Mitchell & Co [1998] 1 B.C.L.C. 1 CA; London & General Bank (No. 1), Re [1985] 2 Ch 166, CA.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

und Verbände adäquate Regelungen und Praxisvorgaben fertigen, die sicherstellen, dass eine Person nicht als Prüfer bestellt wird, bei der Interessenskonflikte zur ordnungsgemäßen Prüfungserfüllung bestehen. Das Auditing Practice Board (,APB‘) hat ferner 5 Ethical Standards377 festgelegt, die von allen Abschlussprüfern zu beachten sind. Ethical Standard 2378 besagt, dass eine Prüfungstätigkeit auch dann ausgeschlossen ist, wenn eine finanzielle, geschäftliche, beschäftigte oder persönliche Beziehung zwischen Prüfer und der zu prüfenden Gesellschaft bestehen. Ein Rückgriff auf die für die Festlegung des Umtauschverhältnis von den Direktoren in Auftrag gegebene Bewertung i.S.d. regulation 9 (4) CR 2007 dürfte damit zwar ausgeschlossen sein und auch im Übrigen entsprechen die Anforderungen an die Unabhängigkeit denen des deutschen Rechts. Aufgrund der unmittelbaren Bestellung der Sachverständigen durch die Direktoren bleibt aber im Verhältnis zu den deutschen Bestellvorgaben ein erhöhtes Maß an Einflussmöglichkeiten seitens der Direktoren zulasten der Minderheitsgesellschafter bestehen. Im Ergebnis verweist der englische Gesetzgeber damit wie das deutsche Verschmelzungsrecht auf die Regelungen über die Abschlussprüfer, die im Wege des Art. 22 der Richtlinie 43/2006/EG über die Abschlussprüfung des Jahresabschlusses gemeinschaftsweit harmonisiert wurden, so dass hinsichtlich der Qualifikation und Unabhängigkeit der Prüfer in beiden Rechtsordnungen vergleichbare Standards gegeben sind. b) Auskunftsrechte der Verschmelzungsprüfer Gemäß regulation 9 (6) CR 2007 wird dem Sachverständigen das Recht eingeräumt, alle Dokumente von jeder verschmelzenden Gesellschaft zu erhalten und alle Informationen von den Vertretern (,officers‘) der Gesellschaften zu verlangen, die nach seiner Ansicht für die Berichterstattung erforderlich sind. Die Regelung deckt sich insofern mit der Vorgabe aus Art. 8 Abs. 3 S. 2 VRL. Im Gegensatz zur deutschen Regelung bleiben die Auskunftsrechte jedoch auf die verschmelzenden Gesellschaften begrenzt und erstrecken sich nicht auf deren Tochter- und Muttergesellschaften. c) Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer In Hinsicht auf die Haftung der englischen Verschmelzungsprüfer enthalten die CR 2007 wiederum keine Regelungen und auch keinen ausdrücklichen Verweis auf andere Haftungsregeln außerhalb der CR 2007.

377 378

Abrufbar unter: http://www.frc.org.uk/apb/publications/ethical.cfm. Abrufbar unter: http://www.frc.org.uk/apb/publications/pub1566.html.

E. Verschmelzungsprüfung

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Wie bereits eingangs festgestellt, finden die Vorschriften des CA 2006 jedoch auch ohne einen ausdrücklichen Verweis sukzessiv neben den CR 2007 Anwendung, so dass eine Haftung der Verschmelzungsprüfer sich grundsätzlich aus der allgemeinen Haftungsgrundlage für Abschlussprüfer herleiten ließe. Diese sehen jedoch lediglich eine strafrechtliche Haftung in section 507 (1) CA 2006 für vorsätzliche oder fahrlässige fehlerhafte oder irreführende Berichterstattung vor. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit ist wiederum gegeben, wenn ein offensichtliches Risiko für eine fehlerhafte Tatsache oder für das Fehlen einer erforderlichen Auskunft bestand und dieses entweder nicht offengelegt oder bewusst ignoriert wurde.379 Die Haftung ist allerdings gemäß section 507 (4) CA 2006 auf Geldstrafen beschränkt. Eine zivilrechtliche Haftung ist in den CA 2006 hingegen nicht ausdrücklich normiert. Sections 532 ff. CA 2006 enthalten allerdings Regelungen über die Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen und setzen somit die Haftung des Abschlussprüfers voraus. Diese folgt letztendlich ausschließlich aus dem case law. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung kann sich eine Haftung des Prüfers grundsätzlich sowohl aus dem Vertragsrecht380 als auch aus dem allgemeinen Deliktsrecht381 (tort law) wegen der Verletzung der Sorgfaltspflicht (duty of care) ergeben. Aktionäre können diese jedoch nur geltend machen, wenn der Bericht des Abschlussprüfers ihnen gegenüber eine Sorgfaltspflicht begründet.382 Da die (Jahresabschluss-)Prüfung aber durch die Gesellschaft in Auftrag gegeben wird, besteht eine vertragliche Sorgfaltspflicht ausschließlich gegenüber dieser und nicht gegenüber den Aktionären,383 so dass diese keine vertraglichen Haftungsansprüche geltend machen können.384 Eine Haftung für einen fahrlässigen fehlerhaften Bericht (liability for negligent misstatement) kommt insoweit auch nach dem Deliktsrecht nur dann in Betracht, wenn eine Fürsorgepflicht gegenüber einer bestimmten Person oder einem konkret individualisierten Personenkreis besteht, diese vor einem Schaden zu bewahren.385 In Bezug auf Aktionäre, die sich beim Erwerb von Anteilen auf einen fehlerhaften Jahresabschluss verlassen und im Ergebnis einen zu hohen Preis bezahlten haben, erkennt die Rechtsprechung eine gegenüber den Aktionären bestehende Fürsorgepflicht in Ausnahmefällen an, wenn ein verantwortungsbewusster Prüfer davon 379 Re Commissioner of Police of the Metropolis v Caldwell [1982] A.C. 341 (354); R v Reid [1992] 1 W.L.R. 793 (805). 380 Re Equitable Life Assurance Society v Ernst and Young [2003] 2 B.C.L.C. 603 (108). 381 Re Caparo Industries plc v Dickmann [1990] 2 A.C. 605 (617 – 621). 382 Mayson/French/Ryan, Rn. 17.5.2. 383 Re Stone and Rolls Ltd. v Moore Stephens [2009] A.C. 1391 (1392). 384 Re Caparo Industries plc v Dickmann [1990] 2 A.C. 605 (626). 385 Mayson/French/Ryan, Rn. 17.5.2.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

ausgehen musste, dass sein Bericht gegenüber diesen in Verbindung mit einer konkreten Transaktion offengelegt wird und sich die Aktionäre im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung über die Transaktion sehr wahrscheinlich auf diesen Bericht stützen werden.386 Ob dieser Haftungsgrundsatz auch im Falle eines fehlerhaften Verschmelzungsberichts zur Anwendung kommt, kann mangels entsprechender Rechtsprechung oder Besprechungen seitens der englischen Literatur nicht abschließend beantwortet werden. Dafür spräche jedenfalls, dass der Prüfungsbericht nach regulation 9 CR 2007 ausschließlich für die Gesellschafter erstellt wird, um ihnen eine informierte Entscheidungsgrundlage für die grenzüberschreitende Verschmelzung an die Hand zu geben. Ungeachtet der Haftungsfrage dürften aber in jedem Fall die von der Rechtsprechung für Abschlussprüfer aufgestellten Sorgfaltsmaßstäbe gelten. Diese bestimmen sich zwar grundsätzlich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und den Richtlinien ihres Verbandes,387 insgesamt haben die Prüfer aber diejenige Sorgfalt zu beachten, die ein verhältnismäßig kompetenter (reasonably competent), aufmerksamer (caution) und umsichtiger (careful) Prüfer beachten würde. Er hat dabei zwar nicht die Entdeckung jeglicher Unwahrheiten zu gewährleisten, aber die Vorlagen mit einem prüfenden Verständnis (inquiring mind) und dem Bewusstsein, dass Fehler gemacht worden sein können, zu untersuchen, so dass ihm wesentliche Unregelmäßigkeiten auffallen.388 3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung Die Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 VRL über die Möglichkeit einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung der verschmelzenden Gesellschaften erfolgte in regulation 9 (2)(b)(c)(3) CR 2007. Wie bereits ausgeführt,389 enthält regulation 9 (2) CR 2007 eine klare Regelung hinsichtlich der Bestellung der Sachverständigen durch ein englisches Gericht und deren Anerkennung im Falle einer Bestellung durch eine ausländische Stelle. Vor dem Hintergrund der unter der Richtlinienvorgabe aufgeworfenen Frage, welches Prüfungsrecht im Falle einer gemeinsamen Prüfung zur Anwendung kommt, 386

Re Caparo Industries plc v Dickmann [1990] 2 A.C. 605 (621); Re Royal Bank of Scotland plc v Bannerman Johnstone Maclay [2005] S. L.T. 579 (638). 387 Lloyd Cheyham and Co. Ltd. v Littlejohn and Co. [1987] B.C.L.C. 303, Macquarie Internationale Investments Ltd. v Glencore UK Ltd.[2011] 1 B.C.L.C. 561 (562 f.). 388 Vgl. Re Kingston Cotton Mill Co. (No. 2) [1898] 2 Ch 279 (288 f.); Fomento (sterling Area) Ltd. v Selsdon Fountain Pen Co Ltd [1985] 1 W.L.R. 45 (61); Barings plc v Coopers and Lybrand [1997] 1 B.C.L.C. 427 (435). 389 Vgl. die Ausführung über die Bestellung der Sachverständigen bei gemeinsamer Berichterstattung, Teil 3 E. III. 2. a) bb).

E. Verschmelzungsprüfung

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verdient regulation 9 (3) CR 2007 eine eingehendere Betrachtung. Diese besagt wörtlich: „The court may, on the joint application of all merging companies, order the appointment of an independent expert to prepare a report for those companies in accordance with this regulation.“

Der englische Gesetzgeber scheint im Falle der Bestellung englischer Verschmelzungsprüfer insofern von der ausschließlichen Anwendbarkeit des dargestellten englischen Prüfungsrechts i.S.d. regulation 9 (1)(5) CR 2007 auszugehen. Der Hinweis „in accordance with this regulation“ spricht dem Wortlaut nach auch gegen die Annahme einer sinngemäßen Bezugnahme auf den Prüfungsbericht. In diesem Fall wäre die Wortwahl „in the meaning of“ oder „for the purposes of“ gängiger. „In accordance“ entspricht aber vielmehr der deutschen Bezeichnung „nach der Maßgabe“ und nimmt Bezug auf bestimmte Gesetzesvorgaben. Im Übrigen spricht auch regulation 9 (2)(b)(c) CR 2007 dafür, dass der englische Gesetzgeber eine sinngemäße Bezugnahme durch einen Verweis auf die Vorgaben des Art. 8 VRL zum Ausdruck gebracht hätte. Eben dies hat er nämlich im Rahmen der regulation 9 (2)(c) CR 2007 für den Fall einer Bestellung der Prüfer durch eine ausländische Stelle getan. Dort heißt es: „The report must be prepared by … an independent expert who has been appointed for all merging companies by the court in accordance with paragraph (3) [regulation 9 (2)(b)]; or a person who has been appointed for all merging companies for the purposes of Article 8 of the Directive by a competent authority of another EEA State [regulation 9 (2)(c)]“ Der englische Gesetzgeber hätte sich daher für den identischen Wortlaut in Ziffer (b) und (c) von regulation 9 (2) CR 2007 entscheiden können, wenn er eine sinngemäße Bezugnahme auf den Prüfungsbericht i.S.d. Art. 8 VRL zum Ausdruck bringen wollte. Die klare Differenzierung in regulation 9 (2)(3) CR 2007 spricht dementsprechend dafür, dass der englische Gesetzgeber im Falle englischer Verschmelzungsprüfer das englische Prüfungsrecht und im Falle einer ausländischen Bestellung das jeweilige ausländische Prüfungsrecht für anwendbar hält. Dies widerspricht der hier befürworteten Auffassung, dass bei einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung die betroffenen Prüfungsrechte kumulativ anzuwenden sind.390 In Ermangelung einer höchstrichterlichen Entscheidung oder einer eindeutigen Aussage des Europäischen Gesetzgebers lässt sich nicht abschließend klären, welcher Standpunkt der zutreffende ist. Für die hier untersuchte Ausgangsfrage des Harmonisierungserfolges der VRL ist jedenfalls festzuhalten, dass die Vorgaben über

390 Vgl. die Ausführungen über die gemeinsame Verschmelzungsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 VRL, Teil 3 E. I. 3.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

die gemeinsame Verschmelzungsprüfung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt und damit ein Verfahrenshindernis begründet.391 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung In Einklang mit der VRL ist ein Verschmelzungsbericht nach regulation 9 (1)(a)(c) CR 2007 entbehrlich, wenn alle Gesellschafter aller verschmelzenden Gesellschaften auf diesen verzichten, eine 100 %ige Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen oder eine Gesellschaft übertragen wird, an der die übernehmende Gesellschaft 90 % oder mehr Anteile hält. Dem Wortlaut von regulation 9 (1) CR 2007 ist in diesen Fällen zwar nur der Bericht, nicht aber die Prüfung entbehrlich. Da nach den vorstehenden Ausführungen aber eine ausdrückliche Prüfungspflicht in der englischen Regelung nicht statuiert, sondern lediglich durch die Berichtspflicht indiziert wird, folgt aus deren Entbehrlichkeit im Umkehrschluss auch die Entbehrlichkeit der Prüfungspflicht. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zu Art. 15 Abs. 2 VRL erfährt der Minderheitenschutz im Falle von Konzernverschmelzungen 90 %iger Tochtergesellschaften im Verhältnis zum deutschen Verschmelzungsrecht allerdings eine Rückstufung. Da nach dem englischen Recht ein Prüfungsbericht entbehrlich ist, wenn eine 90 %ige Tochtergesellschaft auf einen deutschen Mutterkonzern übertragen wird, erhalten die englischen Minderheitsgesellschafter keine objektiven Informationen über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses durch unabhängige Sachverständige. Im umgekehrten Fall wird der Schutz der Minderheitsgesellschafter einer deutschen Tochtergesellschaft hingegen nicht geschmälert, da eine Verschmelzungsprüfung mangels Umsetzung des Art. 15 Abs. 2 VRL weiterhin erforderlich bleibt. Verfahrenshindernisse ergeben sich aus der unterschiedlichen Umsetzung hingegen nicht. Allerdings dürfte auch die mit Art. 15 Abs. 2 VRL verfolgte Verfahrensvereinfachung fraglich sein, wenn für eine der verschmelzenden Gesellschaften weiterhin eine Prüfung erforderlich bleibt. 5. Publizität des Prüfungsberichts Soweit ein Prüfungsbericht nicht entbehrlich ist, ist dieser gemäß regulation 10 (3)(a)(b) CR 2007 einen Monat vor der (ersten) Gesellschafterversammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen und auf Antrag unentgeltlich an die Gesellschafter zuzusenden. Eine Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft unter Befreiung von der Auslegungspflicht ist hingegen nicht vorgesehen.

391 Dies dürfte insbesondere unter Berücksichtigung etwaiger Anfechtungsrisiken anzunehmen sein.

E. Verschmelzungsprüfung

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IV. Zwischenergebnis des Rechtsvergleichs Aus dem vorstehenden Rechtsvergleich lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen. 1. Prüfungs- und Berichtspflicht Art. 8 VRL statuiert für die verschmelzenden Gesellschaften die Pflicht den Verschmelzungsplan umfassend durch unabhängige Sachverständige prüfen und einen auf die Mindestangaben des Art. 10 Abs. 3 FRL reduzierten Prüfungsbericht für die Gesellschafter erstellen zu lassen. Ob die Prüfungspflicht sich auch auf Zusatzvereinbarungen erstreckt, wird zwar von dem Verfasser aufgrund des bezweckten Gesellschafterschutzes befürwortet, Art. 8 VRL enthält diesbezüglich aber keine Regelungen und begründet insofern ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit. Ferner führt die beschränkte Berichtsvorgabe zu dem Ergebnis, dass die darüber hinausgehende Prüfungspflicht aus Sicht des Minderheitenschutzes nur noch rein theoretischer Natur ist, da die Minderheit von diesen Prüfungsergebnissen keine Kenntnis erlangt. Des Weiteren enthält die VRL auch keine Vorgaben hinsichtlich des Prüfungs- und Berichtsmaßstabs. Die deutsche Umsetzung geht insoweit über die Richtlinienvorgaben hinaus, als sie die Berichtspflicht auf alle Ergebnisse der Prüfung erstreckt und der umfassenden Prüfung des Verschmelzungsplans somit einen Sinn verleiht. Aus deutscher Sicht existieren auch eindeutige Prüfungs- und Berichtsmaßstäbe für Verschmelzungsprüfungen, wonach die Prüfer die in dem Verschmelzungsplan enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen haben. Die Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung hat im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung zu erfolgen, die sich jedoch nicht auf deren Zweckmäßigkeit oder die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschafter erstreckt. Wie die Leitungsorgane bei der Erstellung des Verschmelzungsplans sind auch die Prüfer berechtigt, für die Gesellschaft nachteilhafte Tatsachen nicht in dem Bericht mit aufzunehmen. Die englische Umsetzung verlangt hingegen nur die Erstellung eines Berichts mit den Mindestangaben des Art. 10 Abs. 3 FRL. Entgegen der Richtlinienvorgabe enthält sie zudem keine Pflicht zur Prüfung des Verschmelzungsplans und ist damit nicht richtlinienkonform. Nach den neueren Grundsätzen der englischen Rechtsprechung dürfte aber auch gegen den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend zulässig sein, dass die Berichtspflicht die Prüfungspflicht nicht nur indiziert, sondern sich letztere über den Mindestinhalt des Berichts hinaus auf den gesamten Verschmelzungsplan erstreckt. Ob englische Gerichte sich dieser Auffassung anschließen werden, ist allerdings bisher ungeklärt

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

und begründet somit eine Verfahrensunsicherheit. Entsprechendes gilt auch für die Frage, ob die Prüfungspflicht sich auf Zusatzvereinbarungen erstreckt. Zu begrüßen ist hingegen die Sonderregelung über die Auslagerungen von einzelnen Prüfungsfragen an Dritte und die Möglichkeit auf bereits bestehende Bewertungsgutachten zurückzugreifen. Sie ermöglichen den Prüfern insbesondere im Falle einer gemeinsamen Berichterstattung, Prüfungsvorgaben des ausländischen Rechts durch ausländische Prüfer bewerten zu lassen. Die Verwendung bereits erstellter Gutachten bietet zugleich die Möglichkeit, die Kosten der Prüfung und unnötige Doppelbewertungen zu reduzieren. Der Minderheitenschutz bleibt hierdurch unbeeinträchtigt, da auch diese Bewertungen von unabhängigen Prüfern vorgenommen worden sein müssen. In Hinsicht auf den Berichtsumfang fällt der englische Schutzstandard allerdings hinter dem deutschen insoweit zurück, als dass der Bericht nur die Angaben über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und die Bewertungsmethoden i.S.d. Art. 10 Abs. 3 FRL zu enthalten hat. Da dieser die Angemessenheit einer Barabfindung nicht beinhaltet, müssten englische Prüfer neben den restlichen Angaben im Verschmelzungsplan hierzu keine Stellungnahme abgegeben. Vorgaben hinsichtlich des Prüfungs- und Berichtsmaßstabs sind im englischen Recht ebenfalls nicht enthalten. Aus den Grundsätzen der englischen Rechtsprechung über die Haftung von Abschlussprüfern lässt sich jedoch folgern, dass sie diejenige Sorgfalt zu beachten haben, die ein kompetenter, aufmerksamer und umsichtiger Prüfer beachten und die Prüfungsvorlagen auf Fehler seitens der Leitungsorgane prüfen würde. Insofern vermittelt die englische Verschmelzungsprüfung wie das deutsche Recht eine Richtigkeitsgewähr bezüglich der Angaben im Verschmelzungsplan. 2. Qualifikation und Bestellung der Verschmelzungsprüfer Die VRL überlässt das Bestellverfahren und die an die Qualifikation der Prüfer zu stellenden Anforderungen dem Recht der Mitgliedstaaten. In Deutschland sind sowohl bei einer getrennten als auch bei einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung die Prüfer stets durch das Gericht, in England nur im Falle einer gemeinsamen Prüfung zu bestellen. Bei einer getrennten Prüfung erfolgt die Bestellung hingegen durch die directors. Beide Rechtsordnungen verweisen zwar hinsichtlich der Qualifikation und Unabhängigkeit der Prüfer auf die harmonisierten Vorgaben über die Abschlussprüfer; deren Bestellung durch das Leitungsorgan bleibt aber dennoch eine gewisse Gefahr der Einflussnahme anhaften. Da das englische wie das deutsche Recht eine Haftung der Prüfer gegenüber den Anteilsinhabern für fahrlässig fehlerhafte oder irreführende Berichte vorsieht, dürfte sich diese Gefahr jedoch nur geringfügig auf den Minderheitenschutz auswirken.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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3. Gemeinsame Verschmelzungsprüfung Die VRL sieht die Möglichkeit einer gemeinsamen Verschmelzungsprüfung vor, wobei sich die diesbezüglichen Vorgaben auf das Bestellverfahren beschränken und insbesondere keine ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich des anzuwendenden Prüfungsrechts enthalten sind. Aus der Regelungssystematik des Art. 8 VRL und des Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL, dem Schutzzweck des Art. 8 VRL und dem Richtlinienziel, die Schutzbestimmungen gleichwertig zu halten, folgt zwar, dass ein Wettrennen der Prüfungsrechte durch eine kumulative Anwendung der Rechts zu verhindern ist und somit die jeweiligen Prüfungsrechte der Mitgliedstaaten auch bei der gemeinsamen Prüfung zu berücksichtigen sind. Dies entspricht der Auffassung des Verfassers, die in der deutschen Literatur überwiegend Bestätigung findet. Der englische Gesetzgeber hat jedoch wiederum ausdrücklich das Prüfungsrecht des Staates ausschließlich für anwendbar erklärt, dessen Gericht den gemeinsamen Prüfer bestellt. Dementsprechend begründet die Richtlinienvorgabe eine nicht unbeachtliche Rechtsunsicherheit, die einem etwaigen Anfechtungsrisiko Vorschub leistet und somit ein Verfahrenshindernis darstellt. Während es der deutschen Umsetzung zudem an einer Regelung zur Zuständigkeit des Gerichts im Falle einer Hineinverschmelzung und zur Anerkennung der Bestellung des Prüfers durch eine ausländische Stelle mangelt, hat der englische Gesetzgeber ausdrückliche Regelungen aufgestellt und somit für mehr Rechtsklarheit Sorge getragen. 4. Entbehrlichkeit der Verschmelzungsprüfung Die deutsche und englische Umsetzung unterscheiden sich schließlich durch die Regelungen über die Entbehrlichkeit einer Prüfung im Falle der Konzernverschmelzung von 90 %iger Tochtergesellschaften. Der englische Gesetzgeber hat Art. 15 Abs. 2 VRL umgesetzt, so dass Minderheitsgesellschafter der englischen Gesellschaft in diesem Fall keine Überprüfung des Verschmelzungsplans durch ein unabhängiges Überwachungsorgan erfahren. Dies entspricht zwar der Richtlinienvorgabe, im Verhältnis zum deutschen Recht erfährt der Minderheitenschutz in dieser Verschmelzungskonstellation allerdings in einen erheblich niedrigen Schutzstandard.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung I. Vorgaben der Richtlinie, Art. 9 VRL Gemäß Art. 9 Abs. 1 VRL hat die Gesellschafterversammlung jeder der verschmelzenden Gesellschaften nach Kenntnisnahme der in Artt. 7 und 8 VRL ge-

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

nannten Verschmelzungs- und Prüfungsberichte über die Zustimmung zum gemeinsamen Verschmelzungsplan zu beschließen. Art. 9 Abs. 1 VRL enthält somit zwei Vorgaben. Erstens bedarf es im Vorfeld der Gesellschafterversammlung der ordnungsgemäßen Vorabinformation der Gesellschafter. Zum anderen ist die darauf nachfolgende Zustimmung der Gesellschafter zwingende Voraussetzung zur Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Der europäische Gesetzgeber hat damit die abschließende Entscheidungskompetenz über die Verschmelzung nicht der Unternehmensleitung übertragen, die den Verschmelzungsplan entwirft, sondern sie in die Hände der Anteilsinhaber gelegt. Im sog. Principal-Agent Verhältnis, also im Verhältnis zwischen Unternehmensleitung und Unternehmenseignern, werden die Anteilsinhaber damit in ihren Rechten und bei der Durchsetzung ihrer Interessen gestärkt. In Verbindung mit der Vorabinformation der Anteilsinhaber bildet die Entscheidungskompetenz insofern ein bedeutsames Kernelement des Überwachungssystems zur Lösung der zwischen Principal und Agent bestehenden Interessenskonflikte. In Hinsicht auf den Minderheitenschutz auf horizontaler Ebene, also im Verhältnis zum Mehrheitsgesellschafter, kommt der Zuweisung der Entscheidungskompetenz zwar eher geringe Bedeutung zu. Zeichnet sich die Minderheit doch gerade durch die Einflusslosigkeit ihrer Stimmrechtsausübung bei der Beschlussfassung aus. Dennoch verbleibt ein nicht unbeachtlicher Schutzaspekt. Zum einen treffen die Minderheitsgesellschafter erst auf der Gesellschafterversammlung die endgültige Entscheidung, ob sie der Verschmelzung widersprechen oder sich trotz anfänglicher Vorbehalte für einen Anteilsumtausch entscheiden. Die Gewähr umfassender Information und Transparenz im Vorfeld sowie auf der Gesellschafterversammlung sind hierfür von grundlegender Bedeutung und begründen insofern trotz der Einflusslosigkeit der Minderheitsgesellschafter eine minderheitenschützende Wirkung.392 Zum anderen bietet die Gesellschafterversammlung den Minderheitsgesellschaftern ein Kontrollforum, im Rahmen dessen sie die Rechtmäßigkeit der Mehrheitsentscheidung überprüfen können.393 Zur Verdeutlichung sei daran erinnert, dass die Legitimation des Mehrheitsbeschlusses dort endet, wo der Mehrheitswille nicht mehr auf die Verfolgung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks gerichtet ist und die mitgliedschaftlichen Rechte des einzelnen Gesellschafters im Hinblick auf Gesetzmäßigkeit, Satzungsmäßigkeit, Gleichberechtigung sowie Uneigennützigkeit bei Gesellschafterbeschlüssen nicht mehr gewahrt werden.394 Die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung sowie die in Art. 9 Abs. 1 VRL vorausgesetzte Vorab392 KölnKommAktG-Zöllner, § 131 AktG, Rn. 2; Henze, BB 2002, S. 893 (901); Baums, Gutachten F zum 63. DJT, F S. 132. 393 GroßkommAktG-Decher, § 131 AktG, Rn. 11 ff. 394 Vgl. die Ausführungen über die Legitimation des Mehrheitsprinzips, Teil 2 C. II. 3. b).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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information über die Einzelheiten der Verschmelzung ermöglicht den Minderheitsgesellschaftern eben dies zu überprüfen und gegebenenfalls als Grundlage zur Verteidigung ihrer Rechte auf dem Gerichtsweg heranzuziehen. 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Gemäß Art. 9 Abs. 1 VRL beschließt die Gesellschafterversammlung nach Kenntnisnahme der in Artt. 7 und 8 VRL genannten Berichte über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan. Eine eigenständige Offenlegungspflicht, die über eine bloße Bezugnahme auf die in Artt. 7 und 8 VRL enthaltenen und auf die Berichte der jeweils inländischen Gesellschaft beschränkten Publizitätspflichten hinausgeht, wird dieser Vorgabe jedoch nicht zu entnehmen sein. Der weitgefasste Wortlaut ließe zwar grundsätzlich eine Auslegung zu, wonach Art. 9 Abs. 1 VRL die Gesellschaften über die Vorgaben der Artt. 8 und 9 VRL hinausgehend zur Offenlegung aller Berichte – also auch der Berichte der ausländischen Gesellschaft – verpflichtet. Der europäische Gesetzgeber hat aber in den Artt. 8 und 9 VRL die Offenlegung dieser Berichte bereits konkret geregelt, so dass für eine zusätzliche Publizitätspflicht kein Anlass bestand. Andernfalls wäre es auch naheliegender gewesen, die dort enthaltenen Regelungen auf die Berichte aller Gesellschaften zu erstrecken, anstatt eine Erweiterung dieser Publizitätspflicht in Art. 9 Abs. 1 VRL einzuführen. Dagegen spricht ferner auch die Unbestimmtheit der Regelung in Art. 9 Abs. 1 VRL, die letztendlich nicht über eine bloße Bezugnahme auf die in Artt. 7 und 8 VRL enthaltenen Offenlegungspflichten hinausgeht. Eine weitergehende Interpretation des Art. 9 VRL lässt sich im Übrigen auch nicht aus der Parallelvorschrift des Art. 11 FRL für nationale Verschmelzungen herleiten, die neben weiteren Unterlagen für jede Gesellschaft die Offenlegung der Berichte aller Gesellschaften vorsieht. Sie ist schon in systematischer Hinsicht nicht mit den Regelungen der Artt. 6 – 9 VRL vergleichbar. Während die VRL nämlich die Offenlegung für jedes Verschmelzungsdokument in einzelnen Vorschriften regelt,395 enthält die FRL mit Art. 11 FRL eine einzige, die Offenlegung aller Verschmelzungsunterlagen umfassende Regelung. Ferner geht letztere auch in inhaltlicher Hinsicht über die Vorgaben der VRL hinaus, da sie zusätzlich zur Offenlegung des Verschmelzungsplans und der Berichte die Zugänglichmachung der Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse verlangt. Schlussendlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der verschmelzenden Gesellschaften aufgrund der harmonisierten Mindestangaben der Artt. 7 und 8 VRL und dem inhaltsidentischen Verschmel395 Für den Verschmelzungsplan in Art. 6 VRL, für den Verschmelzungsbericht in Art. 7 VRL und für den Prüfungsbericht in Art. 8 VRL.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

zungsplan als einheitlicher Bezugspunkt der Berichterstattung im Wesentlichen gleichen dürften, so dass der mit einer Offenlegung der ausländischen Berichte geschaffene informative Mehrwert im Verhältnis zu dem damit einhergehenden Kosten- und Zeitaufwand gering sein dürfte.396 Der Zweck der Bezugnahme in Art. 9 Abs. 1 VRL dürfte demnach darauf beschränkt sein, die einmonatige Vorabinformation der Gesellschafter im Sinne der Artt. 7 und 8 VRL vor der Beschlussfassung sicherzustellen. 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung In Hinsicht auf die Herbei- und Durchführung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung enthält die VRL keine Vorgaben. a) Keine Vorgaben für bestimmte Beschlussmehrheiten oder Aktionärsrechte Sie äußert sich insbesondere nicht zu einem qualifizierten Mehrheitserfordernis.397 Stattdessen verweist Art. 4 Abs. 2 VRL ausdrücklich auf die Vorschriften der einzelnen Gesellschaftsstatute, so dass sich die Einberufungs- und Durchführungsmodalitäten der Gesellschafterversammlung ebenfalls nach dem jeweiligen nationalen Recht der Gesellschaften richten.398 Besondere Informationsrechte und -pflichten zugunsten der Aktionäre sind ebenfalls nicht vorgesehen. b) Genehmigungsvorbehalte, Artt. 9 Abs. 2, 10 Abs. 3 VRL Zusätzlich zur Zustimmung zum Verschmelzungsplan müssen die Gesellschafter aber unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Art. 9 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 VRL gesondert ihre Zustimmung zu Vereinbarungen über die Arbeitnehmermitbestimmung sowie zu der Anwendbarkeit von einzelstaatlichen Verfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses erteilen. aa) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung, Art. 9 Abs. 2 VRL Art. 9 Abs. 2 VRL ermöglicht der Gesellschafterversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften ihre Zustimmung zur Verschmelzung davon ab396

Frenzel, S. 271. A.A. Müller, ZIP 2004, S. 1790 (1794); Behrens, S. 135, die sich unter Bezugnahme auf das Gleichbehandlungsgebot der Artt. 49, 50 AEUV für eine (analoge) Anwendung des Art. 7 FRL aussprechen, um einen gleichwertigen Minderheitenschutz bei nationalen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu gewährleisten. 398 Ugliano, E.B.L.R 2007, S. 587 (605); Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (728). 397

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hängig zu machen, dass die Modalitäten für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ausdrücklich von ihr bestätigt werden. Hintergrund dieses Genehmigungsvorbehalts ist, dass gemäß Art. 16 VRL für die Verhandlungen über ein Mitbestimmungsmodell nicht die Versammlung der Anteilsinhaber, sondern das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Gesellschaft einerseits und das besondere Verhandlungsgremium der Arbeitnehmerseite andererseits zuständig sind. Auf die Gestaltung der Mitbestimmungen der Arbeitnehmer in der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft haben die Anteilsinhaber daher keinen Einfluss. Wie im Falle der Zustimmung zum Verschmelzungsplan soll den Anteilsinhabern aber auch hier das Letztentscheidungsrecht zukommen.399 Das Verhandlungsverfahren zur Mitbestimmung beginnt jedoch gemäß Art. 16 Abs. 3 lit. a) VRL i.V.m. Art. 3 Abs. 1 SE-RL400 erst nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, so dass das Verhandlungsergebnis zum Zeitpunkt der Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglicherweise noch nicht feststeht.401 Art. 9 Abs. 2 VRL begegnet diesem Problem, indem er den Anteilseigner ermöglicht, ihre Zustimmung zum Verschmelzungsplan ausnahmsweise unter der (aufschiebenden) Bedingung einer expliziten Genehmigung der Vereinbarung zu erklären. Art. 9 Abs. 2 VRL gibt allerdings weder ein Mehrheitserfordernis für die Erklärung des Genehmigungsvorbehalts oder den späteren Genehmigungsbeschluss vor, noch enthält sie eine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Versammlung ihre Genehmigungskompetenz auf die Leitungsorgane übertragen kann.402 Da der Genehmigungsvorbehalt des Art. 9 Abs. 2 VRL aber keine minderheitenschützende Wirkung entfaltet, soll an dieser Stelle von einer Vertiefung dieser Problemstellung abgesehen werden. bb) Zustimmungsvorbehalt bzgl. Kontrollverfahren, Art. 10 Abs. 3 VRL Von entscheidender Bedeutung für den Minderheitenschutz erweist sich hingegen die Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL. Danach haben die Gesellschafter von Rechtsträgern aus Mitgliedstaaten, deren Rechtsordnung kein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhält399

Maul/Teichmann/Wenz, BB 2003, S. 2633 (2639); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (404); Drinhausen/Keinath, RIW 2006, S. 81 (84). 400 Richtlinie 2001/86/EG des Rates v. 8. 10. 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (SE-Richtlinie). 401 Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 2. 402 Zu diesen in Deutschland diskutierten Fragen siehe unter anderem: Limmer, RNotZ 2007, S. 282 (285); Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (839); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1085); Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (463); Beutel, S. 195 ff.; Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 30 – 34; zur Parallelproblematik bei der SE: Teichmann, ZGR 2002, S. 383 (430); Drinhausen/Hulle/Maul-Teichmann, HdB-SE, 4.Abschn. § 2 Rn. 64; Lutter-Bayer, Die Europäische Gesellschaft, S. 25, 41.

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nisses der Aktien oder der Abfindung von Minderheitsgesellschaftern vorsieht, zusätzlich zum Verschmelzungsbeschluss auch darüber zu befinden, ob die Gesellschafter der anderen Gesellschaften, deren Recht ein solches Verfahren vorsieht, dieses Kontrollverfahren bei dem zuständigen nationalen Gericht beantragen können. Gemeint ist das überwiegend in Deutschland vorherrschende Spruchverfahren, das den widersprechenden Minderheitsgesellschaftern bei Herausverschmelzungen die Möglichkeit einräumt, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses oder der Barabfindung von einem Gericht überprüfen zu lassen, ohne dabei aber die Eintragung und mithin den Vollzug der Verschmelzung zu blockieren. (1) Zweck des Zustimmungsvorbehalts Der Anwendungsvorbehalt in Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL verwundert zunächst. Denn gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL ist es einem Mitgliedstaat, dessen Recht die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligte Gesellschaft unterliegt, überlassen, Schutzvorschriften für Minderheitsgesellschafter zu erlassen, die die grenzüberschreitende Verschmelzung ablehnen. Dementsprechend obliegt es der Gesetzgebungshoheit des einzelnen Mitgliedstaats, für die Minderheitsgesellschafter, deren Gesellschaft seinem Recht unterliegen, die Voraussetzungen und Formen eines Spruchverfahrens zur Überprüfung und Änderung des Umtauschverhältnisses festzulegen. Warum nunmehr ein Mitgliedstaat, dessem Recht die in Frage stehende Gesellschaft nicht unterliegt, über die Anwendung eines ausländischen Schutzverfahrens bestimmen kann, erscheint daher auf den ersten Blick fraglich. Wie Art. 10 Abs. 3 S. 2 und 4 VRL aber hervorheben, besteht die Haupteigenschaft des Spruchverfahrens darin, der Durchführung der Verschmelzung nicht entgegenzustehen und zugleich alle an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften an die im Spruchverfahren ergangene Entscheidung zu binden. Die Minderheitsgesellschafter der Gesellschaft, deren Gesellschaftsstatut ein Spruchverfahren vorsieht, können demzufolge eine Überprüfung und im Erfolgsfall eine nach dem Vollzug der Verschmelzung zu vollziehende Änderung des Umtauschverhältnisses oder der Barabfindung bewirken. Mit Vollzug der Verschmelzung gehen die Aktiva und Passiva der übertragenden Gesellschaft aber auf die übernehmende Gesellschaft gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. a) VRL über und damit zugleich auch die Verpflichtung, die seitens der Gerichte möglicherweise festgelegte bare Zuzahlung als Differenz zwischen dem ursprünglich im Verschmelzungsplan beschlossenen und dem seitens des Gerichts neu festgesetzten Umtauschverhältnis zu zahlen. Diese Bindung der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft an die in dem Spruchverfahren ergehende Gerichtsentscheidung wird in Art. 10 Abs. 3 S. 4 VRL ausdrücklich betont.

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Zum Zeitpunkt der Zustimmung zur Verschmelzung steht die Entscheidung des Gerichts aber in der Regel noch nicht fest, so dass die Gesellschafter der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft das geänderte Umtauschverhältnis nicht in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen können. Des Weiteren kann im Falle einer Korrektur des Umtauschverhältnisses der Ausgleich ausschließlich in Form von Barzahlung erfolgen, so dass die Durchführung des Spruchverfahrens die Gefahr eines möglicherweise erheblichen Liquiditätsabflusses birgt und somit die Gefahr eines Verschmelzungsverlustes auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft begründet. Dementsprechend schafft die Implementierung eines Spruchverfahrens durch einen Mitgliedstaat im Ergebnis den Schutz zugunsten der seinem Recht unterfallenden Minderheitsgesellschafter zulasten der Gesellschafter der ausländischen übernehmenden Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund und nach dem Vorbild der Parallelvorschrift des Art. 25 Abs. 3 S. 3 SE-VO wurde Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL in die Richtlinie mit aufgenommen. Da die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft die Rechtsfolgen des inländischen Schutzverfahrens zu tragen haben, sollen sie entscheiden, ob sie sich freiwillig dem ausländischen Gerichtsverfahren und dessen Entscheidung unterwerfen wollen. (2) Beschränkung auf die Anwendbarkeit des Kontrollverfahrens Dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL zur Folge wird den Aktionären der Gesellschaft, deren Gesellschaftsstatut ein Kontrollverfahren nicht kennt, aber lediglich das Recht eingeräumt, der Anwendbarkeit des Kontrollverfahrens zuzustimmen. Sie sind nicht befugt, die Zustimmung zum Verschmelzungsplan von dem Ergebnis eines durchgeführten Gerichtsverfahrens oder einer Genehmigung des geänderten Umtauschverhältnisses abhängig zu machen.403 Der Genehmigungsvorbehalt des Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL unterscheidet sich insofern von dem über die Arbeitnehmermitbestimmung in Art. 9 Abs. 2 VRL. (3) Kopplung des Mehrheitserfordernisses an Beschlussmehrheit Der europäische Gesetzgeber hat allerdings auch hier offen gelassen, in welcher Form und mit welcher Mehrheit die Zustimmung zur Anwendung des Spruchverfahrens zu erteilen ist. Mangels ausdrücklicher Regelung in der Richtlinie würden sich daher gemäß Art. 4 Abs. 2 VRL die Zustimmungsvoraussetzungen nach dem jeweiligen nationalen Recht bestimmen, dem die verschmelzenden Gesellschaften unterliegen. 403

Der Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 VRL ist insofern eindeutig, als er die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens und nicht das Ergebnis eines bereits durchgeführten Spruchverfahrens an die Zustimmung der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft anknüpft. Ferner ist die gerichtliche Entscheidung ausdrücklich nach Art. 10 Abs. 3 S. 3 VRL für alle Gesellschaften bindend und steht somit nicht zur Disposition der Gesellschafter.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

In Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL heißt es jedoch, dass bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gemäß Art. 9 Abs. 1 VRL die Gesellschafter ausdrücklich akzeptieren müssen, dass die Gesellschafter bei dem zuständigen Gericht das Verfahren beantragen können. Mit diesem Verweis hat der europäische Gesetzgeber die Zustimmung zur Durchführung des ausländischen Spruchverfahrens nicht nur in zeitlicher Hinsicht an die Zustimmung zur Verschmelzung gekoppelt, sondern auch an das für den Verschmelzungsbeschluss nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts geltende Mehrheitserfordernis.404 Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL, sondern erweist sich vielmehr als systematische Notwendigkeit. Denn wie bereits dargelegt, führt ein erfolgreiches Spruchverfahren zu einer nachträglichen Änderung des Umtauschverhältnisses. Dieses ist aber im Verschmelzungsplan festgelegt und mit einer bestimmten Mehrheit durch die Gesellschafterversammlung nach Art. 9 Abs. l VRL beschlossen worden. Eine nachträgliche Änderung des Umtauschverhältnisses durch das Gericht kommt insofern einer nachträglichen Änderung des Verschmelzungsplans gleich. Für eine Änderung des Verschmelzungsplans bedarf es aber ebenfalls derselben Beschlussmehrheit. Nichts anderes kann dann aber für eine der Änderung vorgelagerten Entscheidung gelten, in der die Befugnis zur Änderung des Verschmelzungsplans einem ausländischen Gericht übertragen werden soll, wie es in Art. 10 Abs. 3 S. 1 VRL vorgesehen ist. Im Übrigen ist es auch sachgerecht, für die Entscheidung über die Übertragung der Änderungsbefugnis das gleiche Mehrheitserfordernis wie für den Beschluss zur Festlegung des Umtauschverhältnisses zu fordern, da andernfalls eine einfache Mehrheit in die Lage versetzt werden würde, das finanzielle Risiko einer Abänderung des Umtauschverhältnisses zu akzeptieren.405 3. Entbehrlichkeit des Zustimmungsbeschlusses a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen, Art. 15 Abs. 1 VRL Ein Zustimmungsbeschluss seitens einer übertragenden Gesellschaft ist gemäß Art. 15 Abs. 1 VRL gänzlich entbehrlich, wenn es sich bei ihr um eine 100 %ige Tochtergesellschaft der übernehmenden Gesellschaft handelt.

404

Im Ergebnis auch: Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 12; KölnKommUmwGSimon/Rubner, § 122h UmwG, Rn. 8; zur Parallelproblematik i.R.d. Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO: MünchKommAktG-Schäfer, Art. 25 SE-VO, Rn. 12; Lutter-Bayer, Art. 25 SE-VO, Rn. 2; a.A. Schwarz, SE-VO, Art. 25 Rn. 29; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft, S. 220. 405 Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 12.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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b) Entbehrlichkeit bei Aufnahme 90 %iger Tochtergesellschaften, Art. 9 Abs. 3 VRL Während der europäische Gesetzgeber bei der Regelung der nationalen Verschmelzungen in Art. 27 FRL noch eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten vorsah, auf einen Zustimmungsbeschluss der übernehmenden Gesellschaft zu verzichten, wenn sie mindestens 90 % der Anteile an der übertragenden Gesellschaft hält, hat er im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung von einer expliziten Ermächtigung abgesehen. Die die Konzernverschmelzung von 90 %igen Tochtergesellschaften betreffende Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 VRL gewährt insofern nur eine Befreiung von der Prüfungspflicht i.S.d. Art. 8 VRL, nicht jedoch von dem Zustimmungserfordernis. Dementsprechend läge der Schluss nahe, den Mitgliedstaaten sei es in diesen Fällen verwehrt, von dem Erfordernis eines Zustimmungsbeschlusses abzusehen.406 Ohne an eine bestimmte gegenseitige Beteiligungsquote der verschmelzenden Gesellschaften anzuknüpfen, ist es den Mitgliedstaaten aber nach Art. 9 Abs. 3 VRL gestattet, von einem Zustimmungsbeschluss der übernehmenden Gesellschaft abzusehen, wenn die Bedingungen des Art. 8 FRL erfüllt sind. Diese Bedingungen liegen vor, wenn nach den mitgliedstaatlichen Vorschriften der übernehmenden Gesellschaft die Offenlegung des Verschmelzungsplans mindestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung der übertragenden Gesellschaft zu bewirken ist, jedem Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers seit diesem Zeitpunkt die Möglichkeit eingeräumt wird, am Sitz der Gesellschaft Kenntnis von den Unterlagen im Sinne des Art. 11 FRL zu nehmen, und eine Mehrheit von maximal 5 % des gezeichneten Kapitals einen Antrag auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung stellen kann. Bis auf den Unterschied, dass Art. 9 Abs. 3 VRL die Entbehrlichkeit des Zustimmungsbeschlusses nicht an eine Mindestbeteiligung der übernehmenden an der übertragenden Gesellschaft knüpft, entsprechen die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 3 VRL somit exakt denen des Art. 27 FRL. Der damit weiter gefasste Art. 9 Abs. 3 VRL beinhaltet insofern die Ausnahmeregelung des Art. 27 FRL, so dass es einer entsprechenden Regelung in Art. 15 Abs. 2 VRL nicht bedurfte. Art. 9 Abs. 3 VRL führt im Ergebnis zu einer Umkehrung des Zustimmungserfordernisses bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Sind bei nationalen Verschmelzungen der Zustimmungsbeschluss bei der übernehmenden Gesellschaft der Grundsatz und dessen Entbehrlichkeit die Ausnahme, kann ein Mitgliedstaat bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen vorsehen, dass es unter Wahrung der Offenlegungspflichten des Art. 8 FRL grundsätzlich keiner Zustimmung der übernehmenden Gesellschaft bedarf, es sei denn eine Minderheit von mindestens 5 % des Stammkapitals verlangt einen Zustimmungsbeschluss. 406 So im Ergebnis: Müller, ZIP 2004, S. 1790 (1794); Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 36.

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Dies bedeutet für den Minderheitenschutz im Ergebnis, dass bei einer Minderheit kleiner als 5 % des gezeichneten Kapitals ein Schutz durch das Mehrheitserfordernis und der Hauptversammlung als Kontrollforum nicht von der Richtlinie vorgesehen ist.

II. Umsetzung in Deutschland, §§ 122g Abs. 1, 13 UmwG Die Umsetzung von Art. 9 VRL wurde in Deutschland zum einen durch Einführung der Sonderbestimmung des § 122g UmwG und zum anderen mittels der Verweisungsvorschrift § 122a Abs. 2 UmwG auf die allgemeinen Umwandlungsvorschriften über nationale Verschmelzungen vorgenommen. Auf Grundlage dieses Verweises bedarf es für die Wirksamkeit des Verschmelzungsplans gemäß § 13 UmwG der Zustimmung der Gesellschafter auf einer Versammlung der Anteilsinhaber. Vorgaben über die Einberufung und Durchführung der Versammlung der Anteilsinhaber sowie diesen im Rahmen der Versammlung gewährten Rechte enthalten die umwandlungsrechtlichen Vorschriften jedoch nur wenige, so dass zusätzlich die allgemeinen, für Aktiengesellschaften geltenden Regeln der §§ 121 ff. AktG zur Anwendung kommen.407 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Die Hauptversammlung deutscher Aktiengesellschaften ist gemäß §§ 121 Abs. 2 S. 1, 123 Abs. 1 AktG mindestens 30 Tage vor dem Tag der Versammlung durch den Vorstand einzuberufen. Im Rahmen dessen werden den Aktionären über verschiedene Kanäle Informationen über die Hauptversammlung und die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Verfügung gestellt. a) Publizitätspflichten im Rahmen der Einberufung Die erste Informationsquelle bildet die Bekanntmachung der Einberufung nach §§ 121 ff. AktG, die zweite die Pflicht zur Auslegung der Verschmelzungsunterlagen nach §§ 122a, 63 UmwG und die dritte die Pflicht zur Veröffentlichung der Einberufungs- und Verschmelzungsunterlagen auf der Internetseite der Gesellschaft gemäß § 124a AktG.

407

(65).

Widmann/Mayer-Heckschen, § 122g UmwG, Rn. 61, Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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aa) Einberufung der Hauptversammlung (1) Einberufungsverfahren und Bekanntmachungsform Die Einberufung der Hauptversammlung erfolgt durch die Gesellschaft und kann gemäß § 121 Abs. 4 AktG entweder durch Veröffentlichung in den Geschäftsblättern408 – also dem elektronischen Bundesanzeiger409 – oder durch eingeschriebenen Brief erfolgen, wenn die Namen und Adressen aller Aktionäre bekannt sind. Für letztere genügt auch die E-Mail Form.410 Im Falle einer Bekanntmachung im Bundesanzeiger bedarf es zusätzlich der Bekanntmachung im Wege der Zuleitung an europaweit veröffentlichende Medien, § 121 Abs. 4a AktG.411 Inwiefern eine Veröffentlichung im deutschen elektronischen Bundesanzeiger diese Voraussetzung erfüllt, wird in der Literatur uneinheitlich beurteilt,412 soll aber an dieser Stelle dahinstehen. Unabhängig von der Bekanntmachungsform ist die Einberufung zusätzlich auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen, § 124a Nr. 1 AktG, wobei diese nicht die Bekanntmachung im Bundesanzeiger bzw. im Einladungsbrief ersetzt, sondern lediglich ergänzt.413 Als dritte Informationsquelle wird auf sie im Folgenden noch zurück zu kommen sein. Im Übrigen ist die Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 125 Abs. 1 AktG mindestens 21 Tage vor der Hauptversammlung den Kreditinstituten und Aktionärsvereinigung, die bereits auf der letzten Hauptversammlung Stimmrechte für Aktionäre ausgeübt haben oder die die Mitteilung verlangt haben, mitzuteilen. Erstere haben die Mitteilung nach § 128 AktG unverzüglich an die Aktionäre weiterzuleiten, deren Inhaberanteile sie für diese verwahren bzw. für die sie im Aktionärsregister eingetragen sind. (2) Inhalt der Einberufung Inhaltlich hat die Einberufung gemäß § 121 Abs. 3 AktG Angaben über den Ort und die Zeit der Hauptversammlung sowie die Tagesordnung mit den jeweiligen Beschlussgegenständen zu enthalten. Die Bedeutung der Tagesordnung erschöpft sich dabei nicht nur in der Ermöglichung einer frühzeitigen Vorbereitung auf die 408 § 121 Abs. 4 S. 1 AktG. Die Satzung kann eine Bekanntmachung in weiteren Gesellschaftsblättern vorsehen, § 25 AktG. 409 Abrufbar unter: www.ebundesanzeiger.de. 410 Schmidt/Lutter-Ziemons, § 121 AktG, Rn. 47. 411 Der mit dem ARUG (Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie v. 30. 7. 2009, BGBl. I, S. 2479 f.) eingeführte § 121 Abs. 4a AktG setzt Art. 5 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 06. 2007, ABl. L 184/17 (,Aktionärsrichtlinie) um. 412 Dafür: Zetzsche, Der Konzern 2008, S. 321 (323); Noack, NZG 2008, S. 441 (442); dagegen: Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, Rn. 61. 413 Michels, Recht der Aktionärsversammlung, S. 98; Mimberg, ZGR 2003, S. 21 (26).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Beschlussgegenstände seitens der Aktionäre, sondern ist vielmehr Voraussetzung dafür, dass über sie überhaupt Beschluss gefasst werden darf.414 Darüber hinaus sind bei börsennotierten Aktiengesellschaften die Voraussetzungen und das Verfahren für die Teilnahme und Stimmrechtsausübung auf der Hauptversammlung415 darzulegen, der Nachweisstichtag i.S.d. § 123 Abs. 3 S. 3 AktG zu benennen sowie Hinweise auf die Aktionärsrechte i.S.d. §§ 122 Abs. 2, 126 Abs. 1, 127, 131 Abs. 1 AktG und die Internetseite der Gesellschaft zu geben, §§ 121 Abs. 3, 124 Abs. 1 AktG. Soll die Hauptversammlung wie im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung über einen Vertrag beschließen, der nur mit der Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, ist gemäß § 124 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 AktG ferner der wesentliche Inhalt des Vertrages – mithin des Verschmelzungsplans – bekanntzumachen. Die Vorgabe geht somit über die Bekanntmachungspflicht des § 122d UmwG hinaus, die lediglich zur Veröffentlichung eines Hinweises auf die Einreichung des Verschmelzungsplans beim Register verpflichtet. Aus der Beschränkung des Wortlauts von § 124 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 AktG auf den ,wesentlichen Inhalt‘ und der Verpflichtung nach § 122a Abs. 2, 63 UmwG, die Verschmelzungsunterlagen in den Geschäftsräumen auszulegen, folgt jedoch, dass für § 124 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 AktG vom Gesetzgeber keine vollständige Wiedergabe des Verschmelzungsplans gewollt sein kann.416 Der Veröffentlichungspflicht ist daher Genüge getan, wenn die Bekanntmachung den Aktionären ermöglicht, ihre Rechte sinnvoll auszuüben417 bzw. sich ein durchschnittlicher Aktionär der Bedeutung des Vertragswerks bewusst wird und entscheiden kann, ob er sich über den genauen Inhalt näher informieren will.418 Vor dem Hintergrund, dass die Einberufung gemäß § 121 Abs. 3 Nr. 4 AktG auch einen Hinweis auf die Internetseite der Gesellschaft enthalten muss, auf der gemäß § 124a S. 1 Nr. 3 AktG i.V.m. § 64 Abs. 1 UmwG der Verschmelzungsplan voll-

414 Gemäß § 124 Abs. 4 S. 1 AktG dürfen über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht sind, keine Beschlüsse gefasst werden. Ein Verstoß gegen diese Bekanntmachungspflicht begründet die Anfechtbarkeit des betroffenen Beschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG, soweit er für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre relevant ist, vgl. BGHZ 153, 32 (37); 149, 158 (164 f.); OLG Frankfurt, ZIP 2007, S. 232 (233); Bürgers/ Körber-Reger, § 124 AktG, Rn. 28; Schmidt/Lutter-Ziemons, § 124 AktG, Rn. 30; Spindler/ Stilz-Rieckers, § 124 AktG, Rn. 43. 415 Hinsichtlich der Stimmrechtsausübung muss die Einberufung gemäß § 121 Abs. 3 Ziff. 2 AktG insbesondere das Verfahren zur Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten, zur Briefwahl oder elektronischen Kommunikation i.S.d. § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG erläutern, soweit die Satzung eine entsprechende Form der Stimmrechtsausübung vorsieht. 416 BGH, NJW 1992, S. 2760; Marsch-Barner/Schäfer-Marsch-Barner, § 32 Rn. 53. 417 OLG Stuttgart, AG 1997, S. 138 (139); LG Köln, AG 1999, S. 333 (334 f.). 418 Hüffer, § 124 AktG, Rn. 10.

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ständig zugänglich zu machen ist,419 kann die Notwendigkeit einer zusätzlichen Darlegung des wesentlichen Inhalts in der Einberufungsmitteilung zwar in Frage gestellt werden. Da der Gesetzgeber aber für die Bekanntmachungspflicht nach § 121, 124a AktG von einer Regelung wie in § 63 Abs. 4 UmwG, der gemäß im Falle der Internetveröffentlichung die Pflicht zur Auslegung des Verschmelzungsplans entfällt,420 abgesehen hat,421 bleibt trotz Veröffentlichung des Verschmelzungsplans auf der Internetseite die zusätzliche Darlegung des wesentlichen Inhalts in der Einberufungsmitteilung erforderlich. (3) Einberufungsfrist In zeitlicher Hinsicht bestimmen §§ 121 Abs. 2 S. 1, 123 Abs. 1 AktG seit ihrer Änderung durch das UMAG 2005,422 dass die Einberufung nicht mehr mindestens einen Monat, sondern nur noch mindestens 30 Tage vor dem Tag der Versammlung zu erfolgen hat.423 Diese Fristverkürzung verträgt sich jedoch nicht mit der in Art. 9 VRL vorausgesetzten und in den Artt. 7 und 8 VRL statuierten einmonatigen Vorabinformation der Gesellschafter. Denn im Unterschied zur englischen Umsetzung424 enthält die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans i.S.d. Art. 6 VRL keinen Hinweis auf die Publizitätspflichten der Artt. 7 und 8 VRL, so dass die Aktionäre der deutschen Aktiengesellschaft erst mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung von diesen Informationsmöglichkeiten erfahren. Eine 30-tägige Einberufungsfrist würde somit faktisch die einmonatige Publizitätspflicht und das damit einhergehende Auskunftsrecht der Aktionäre verkürzen, so dass in richtlinienkonformer Auslegung eine einmonatige Einberufungsfrist zu fordern ist.425

419

Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die Internetveröffentlichungspflicht gemäß § 124 A AktG, Teil 3 F. II. 1. a) cc). 420 Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die Auslegungspflicht gemäß § 63 UmwG, Teil 3 F. II. 1. a) bb) (5). 421 A.A. wohl Marsch-Barner/Schäfer-Marsch-Barner, § 32 Rn. 53 Fn. 3, der eine Bekanntgabe der Einberufung auf der Internetseite der Gesellschaft auf Grundlage von § 62 Abs. 3 S. 7 UmwG für zulässig erachtet. 422 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22. 9. 2005, BGBl. I, S. 2802. 423 Der deutsche Gesetzgeber ist damit nicht der durch Art. 5 Abs. 1 der Aktionärsrichtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L184/17 eingeführten Mindesteinberufungsfrist von 21 Tagen gefolgt. 424 Vgl. die Ausführungen über die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, Teil 3 C. III. 6. b). 425 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung: Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 5; J. Schmidt, DB 2006, S. 375; für die nationale Verschmelzung: Koller, S. 132 f.; Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, S. 36, Fn. 118.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

bb) Auslegungspflicht Als zweite Informationsquelle dient die Auslegungspflicht gemäß §§ 122a Abs. 2, 63 UmwG. Danach sind ab der Einberufung der Hauptversammlung der Verschmelzungsplan, die Jahresabschlüsse, die Lageberichte der sich verschmelzenden Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre und ggf. die Zwischenbilanzen sowie die Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der verschmelzenden Gesellschaften in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsichtnahme auszulegen. (1) Umfang der Auslegungspflicht Dem Wortlaut des § 63 Abs. 1 UmwG zur Folge hat der deutsche Gesetzgeber die Auslegungspflicht ausdrücklich auf die Unterlagen aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften erstreckt, so dass aufgrund des Verweises in § 122a UmwG auch die Berichte der ausländischen an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaft auszulegen sind. Die Regelung geht damit nicht nur über die Offenlegungspflichten der Artt. 7 und 8 VRL hinaus, sondern setzt sich auch in Widerspruch mit deren Umsetzungsvorschriften §§ 122e, f UmwG, die ebenfalls nur die Offenlegung der Berichte der inländischen Gesellschaft verlangen.426 Der eindeutige Wortlaut des § 63 UmwG lässt jedoch keine anderweitige Auslegung zu und da den Regelungen in §§ 122e, f UmwG wegen der dort enthaltenen Bezugnahme auf die allgemeinen Vorschriften keine einschränkende Aussage hinsichtlich der Verweisung in § 122a Abs. 2 UmwG entnommen werden kann, werden deutsche Aktiengesellschaften die umfassende Auslegungspflicht des § 63 UmwG zu befolgen haben und auch die ausländischen Verschmelzungsunterlagen auslegen müssen.427 (2) Auslegungsfrist Gemäß § 63 Abs. 1 UmwG hat die Auslegung ab der Einberufung der Hauptversammlung zu erfolgen. Wie bereits dargestellt, beträgt die Einberufungsfrist aber nur noch 30 Tage. Die dem § 63 Abs. 1 UmwG zugrunde liegende europäische Vorgabe in Art. 11 Abs. 1 FRL sowie die Publizitätspflichten in Artt. 7 und 8 VRL sehen aber eine Offenlegung mindestens einen Monat vor dem Tag der Gesellschafterversammlung vor.

426

Vgl. die Ausführungen über den Verschmelzungsbericht und den Prüfungsbericht, Teil 3 D. II. 3., E. II. 5. 427 Im Ergebnis auch: Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 8; Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (726); Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), S. 38 (64); Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122g UmwG, Rn. 4; Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 7; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026); Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (284).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Bei Einführung der neuen aktienrechtlichen Einberufungsfrist in § 123 Abs. 1 AktG hat der deutsche Gesetzgeber insofern die Notwendigkeit einer Anpassung des § 63 Abs. 1 UmwG übersehen, die nunmehr wie im Falle der Einberufungsfrist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung herbeizuführen ist.428 Im Ergebnis sind damit die Berichte aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften einen Monat vor der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen auszulegen.429 (3) Sprache ausländischer Berichte Vor dem Hintergrund, dass gemäß § 63 Abs. 1 UmwG auch die ausländischen Berichte auszulegen sind, stellt sich die Frage, in welcher Sprache die Auslegung zu erfolgen hat. Diesbezügliche Vorgaben sind weder in der VRL, noch in den Umwandlungsvorschriften enthalten. Gegen eine zwingende Übersetzung der englisch sprachigen Berichte spricht zusätzlich zur fehlenden Regelung und dem gesteigerten Zeit- und Kostenaufwand der Umstand,430 dass § 63 UmwG auf Art. 11 FRL zurückgeht und somit ausschließlich die Auslegungspflicht bei nationalen Verschmelzungen regelt. Da sich in diesem Fall aber keine Sprachbarrieren ergeben, kann auch aus § 63 UmwG keine Sprachregelung abgeleitet werden. Dem ist jedoch der Schutzzweck des § 63 UmwG entgegenzuhalten. Wie bereits dargelegt, dienen die Verschmelzungs- und Prüfungsberichte dem Schutz der Gesellschafter. Sie sollen auf Grundlage der Berichte in die Lage versetzt werden, eine umfassend informierte Entscheidung zu treffen, bei der sie die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen können.431 Einem Gesellschafter, der der ausländischen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, bleibt bei fehlender Übersetzung jedoch der Zugang zu dieser Information verwehrt. Letztendlich steht daher ein fremdsprachiger Bericht einem nicht ausgelegten Bericht gleich, so dass eine Übersetzung der ausländischen Berichte unumgänglich ist.432

428

J. Schmidt, DB 2006, S. 375 f.; Lutter/Winter, § 122g UmwG, Rn. 9. Im Ergebnis auch: Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (64); Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (284); Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (729); Widmann/Mayer-Heckschen, § 122a UmwG, Rn. 151; § 122g UmwG, Rn. 62; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2022); Lutter/WinterBayer, § 122g UmwG, Rn. 8 f.; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122g UmwG, Rn. 6. 430 Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026). 431 Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen, Teil 3 D. I., E. I. 432 Klein, RNotZ 2007, S. 565 (595); KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122g UmwG, Rn. 4; Frenzel, S. 275; Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (729); Widmann/Mayer-Heckschen, § 122g UmwG, Rn. 58, 63; Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 8 f. 429

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

(4) Anspruch auf kostenlose Zusendung Zusätzlich zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen gewährt § 63 Abs. 3 UmwG dem Aktionär das Recht, auf Verlangen die in § 63 Abs. 1 UmwG genannten Unterlagen kostenlos zugesendet zu bekommen. Den Aktionären wird somit eine ruhige und ungestörte Prüfung, gegebenenfalls unter Zuziehung von Beratern, ermöglicht.433 Aktionäre, die nicht in der näheren Umgebung der Hauptverwaltung oder sogar im Ausland leben, erhalten dadurch überhaupt erst die Möglichkeit der Einsichtnahme, da eine Anreise nur zur Einsichtnahme der Unterlagen kosten- und zeittechnisch unverhältnismäßig wäre. (5) Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht durch Internetveröffentlichung Eine sowohl aus Sicht der Gesellschaft als auch der Aktionäre begrüßenswerte Vereinfachung stellt die im Zuge der Umsetzung der Änderungsrichtlinie434 eingeführte Möglichkeit der Zugänglichmachung der in § 63 Abs. 1 UmwG genannten Unterlagen auf der Internetseite der Gesellschaft dar. Gemäß § 63 Abs. 4 UmwG bedarf es danach weder der Auslegung in den Geschäftsräumen noch der Zusendung der Unterlagen, wenn sie von der Gesellschaft für den gleichen Zeitraum auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden. Die Informationsbereitstellung durch die Gesellschaft und der Informationszugang durch die Aktionäre werden damit erheblich vereinfacht und kostengünstiger ausgestaltet. In Hinsicht auf die Veröffentlichungsfrist und die Sprache ausländischer Berichte gelten dieselben Vorgaben wie im Falle der herkömmlichen Auslegung und Zusendung der Unterlagen nach § 63 Abs. 1 und 3 UmwG.435 cc) Internetveröffentlichungspflicht Mit Ausnahme der befreienden Wirkung des § 63 Abs. 4 UmwG ergäbe sich die Möglichkeit zur Internetveröffentlichung auch aus § 124a AktG.436 Danach hat die Gesellschaft alsbald nach der Einberufung der Hauptversammlung auf ihrer Internetseite den Inhalt der Einberufung, die der Versammlung zugänglich zu machenden Unterlagen sowie Erläuterungen zu den Tagesordnungsgegenständen zu veröffentlichen, zu denen kein Beschluss gefasst werden soll. Ferner sind die Gesamtzahl der Aktien und der Stimmrechte im Zeitpunkt der 433

Riesenhuber, NZG 2004, S. 15 (21). Art. 2 Nr. 5 c) der Richtlinie 2009/209/EG v. 17. 09. 2009 (,Änderungsrichtlinie‘), ABl. L 259/14, umgesetzt in das deutsche Umwandlungsrecht durch Art. 4 Nr. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v. 30. 07. 2009, BGBl. I, S. 2479 (2489). 435 Bezüglich der Dauer der Bereitstellung der Unterlagen auf der Internetseite der Gesellschaft schreibt Art. 2 Nr. 5 c) ausdrücklich eine Frist von einem Monat vor. 436 Die Vorgabe setzt Art. 5 Abs. 4 der Aktionärsrichtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17. 434

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Einberufung anzugeben und ggf. die Formulare, die bei Stimmabgabe durch Vertretung oder bei Stimmabgabe mittels Briefwahl zu verwenden sind, einzustellen. Die Veröffentlichungspflicht nach § 124a AktG erfasst insofern den Einberufungsinhalt der Bekanntmachungspflicht nach §§ 121 ff. AktG sowie alle Unterlagen der Auslegungspflicht nach §§ 122a Abs. 2, 63 UmwG. Eine befreiende Wirkung kommt der Internetveröffentlichung aber wiederum nur gemäß § 63 Abs. 4 UmwG hinsichtlich der Auslegungspflicht zu,437 so dass die Pflicht zur Bekanntmachung der Einberufung im elektronischen Bundesanzeiger oder im Wege des eingeschriebenen Briefes daneben bestehen bleibt. Verzichtet eine börsennotierte Aktiengesellschaft auf die physische Auslegung in den Geschäftsräumen, gilt es zu beachten, dass § 124a AktG lediglich eine Internetveröffentlichung alsbald nach der Einberufung vorsieht, während § 63 Abs. 1 UmwG in richtlinienkonformer Auslegung eine Auslegungsfrist von einem Monat enthält. Eine Internetveröffentlichung kann daher nur den Anforderungen des § 63 UmwG genügen, wenn sie ebenfalls einen Monat vor dem Tag der Hauptversammlung erfolgt. b) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Zusätzlich zu diesen Informationspflichten der Gesellschaft stehen den Aktionären die Antragsrechte aus §§ 122, 126 AktG zur Verfügung, mittels derer sie Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Hauptversammlung nehmen können. aa) Änderung der Tagesordnung, § 122 Abs. 2 AktG Entsprechend der Vorgabe des Art. 6 der Aktionärsrichtlinie438 sind Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000,– Euro erreichen, nach § 122 Abs. 2 AktG berechtigt, die Aufnahme von Beschlussgegenständen auf die Tagesordnung und deren Bekanntmachung zu verlangen. Hintergrund dieses Antragsrechts ist der bereits erwähnte Umstand, dass in der Hauptversammlung nur über solche Gegenstände Beschluss gefasst werden kann, für die eine Beschlussfassung in der Tagesordnung vorgesehen und ordnungsgemäß bekanntgegeben worden ist.439 Da aber die Verwaltung bei der Erstellung der Tagesordnung nicht verpflichtet ist, bestimmte Beschlussgegenstände, wie z. B. die Billigung der Vorstandsvergütung i.S.d. § 120 Abs. 4 AktG,440 aufzunehmen, könnte der Vorstand eine Beschlussfassung über ihm nicht genehme Beschlussgegenstände 437 438 439 440

Im Ergebnis auch: Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, Rn. 116. Aktionärsrichtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17. Vgl. § 124 Abs. 4 S. 1 AktG. Fleischer/Bedkowski, AG 2009, S. 677 (680).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

durch schlichte Nichtberücksichtigung in der Tagesordnung verhindern.441 § 122 Abs. 2 AktG trägt somit zur Lösung des Principal-Agent-Konflikts in der Aktiengesellschaft bei. Der Antrag muss der börsennotierten Gesellschaft mindestens 30 Tage vor der Hauptversammlung schriftlich zugehen und eine Begründung oder Vorlage zu jedem neuen Tagesordnungspunkt enthalten.442 Inhaltlich findet das Antragsrecht seine Grenze in der Zuständigkeit der Hauptversammlung und den allgemeinen Rechtmäßigkeitsanforderungen von Hauptversammlungsbeschlüssen.443 Der Vorstand hat insofern neben den formellen Anforderungen auch die materielle Zulässigkeit des Beschlussantrags zu überprüfen.444 Kommt der Vorstand zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des Minderheitsverlangen erfüllt sind, so hat er die Ergänzung der Tagesordnung nach den Regeln über die Bekanntmachung der Einberufung bekanntzugeben, §§ 124 Abs. 1, 121 Abs. 4, 4a AktG, und auf der Internetseite der Gesellschaft nach § 124a S. 2 AktG zugänglich zu machen. Dies kann entweder zeitgleich mit der Einberufung der Hauptversammlung oder im Falle einer bereits einberufenen Hauptversammlung unverzüglich nach Zugang des Verlangens, d. h. ohne schuldhaftes Verzögern, § 121 Abs. 1 BGB, erfolgen. Von der Möglichkeit, die Geltendmachung des Antragsrechts nach § 122 Abs. 2 AktG auf die Jahreshauptversammlung zu beschränken, hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht,445 so dass das Antragsrecht auch im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung zwecks Abstimmung über die grenzüberschreitende Verschmelzung zur Anwendung gelangt. Das Antragsrecht nach § 122 Abs. 2 AktG stellt jedoch im Hinblick auf den Minderheitenschutz ein zweischneidiges Schwert dar. Auf der einen Seite ermöglicht es Minderheitsaktionären, andere Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung auf ihr Begehren aufmerksam zu machen und für ihren Beschlussgegenstand bzw. Strategie zu gewinnen.446 Diese werden wiederum durch die frühzeitige Bekanntgabe der Änderung der Tagesordnung in die Lage versetzt werden, ihre Stimmabgabe im Hinblick auf die geänderte Tagesordnung zu überdenken.447 Zugleich wird aber auch das Tor zu gesellschaftspolitischen, nicht unternehmensbezogenen Missbrauchsanträgen geöffnet, denen somit gerade in medienbegleiteten Hauptversammlungen ein pressewirksames Forum bereit gestellt wird.448 441

Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, S. 58. Vgl. § 122 Abs. 2 S. 2 AktG. 443 Zu den materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelnen siehe: Mertens, AG 1997, S. 481 (487 ff.). 444 Obermüller/Werner/Winden-Butzke, (2001), S. 52. 445 Vgl. Art. 6 Abs. 1 der Aktionärsrichtlinie. 446 Noack, NZG 2006, S. 321 (323 f.) zu Art. 6 der Änderungsrichtlinie. 447 BegrRegE ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 29. 448 Mertens, AG 1997, S. 481 ff. mit eingängiger Darstellung von Beispielen. 442

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Mit der Änderung des § 122 Abs. 2 AktG durch das ARUG, dass das Ergänzungsverlangen nunmehr449 auch auf beschlusslose, das heißt von der Hauptversammlung lediglich zu beratende Tagesordnungspunkte gerichtet sein kann, wurde dieses Missbrauchspotential noch erhöht. bb) Gegenantragsrecht, § 126 AktG Während sich das Antragsrecht nach § 122 Abs. 2 AktG auf die Aufnahme neuer Beschlussgegenstände bezieht, räumt § 126 AktG den Aktionären das Recht ein, Gegenanträge zu Beschlussvorschlägen des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zu stellen und deren Zugänglichmachung zu verlangen. Ein Gegenantrag liegt vor, wenn ein Aktionär der Gesellschaft schriftlich gegenüber anzeigt, dass er zu einem in der Tagesordnung angekündigten Beschlussgegenstand einen entgegengesetzten oder inhaltlich abweichenden Beschluss herbeiführen oder sich der Beschlussfassung zumindest entgegenstellen will.450 Die bloße Ankündigung, auf der Versammlung gegen den Vorschlag der Verwaltung zu stimmen, genügt zwar nicht, ausreichend ist jedoch, wenn der Aktionär anzeigt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Beschlussfassung verhindern zu wollen.451 Der Antrag ist zusammen mit der erforderlichen Antragsbegründung den in § 125 Abs. 1 – 3 AktG genannten Berechtigten zugänglich zu machen, wenn der Antrag spätestens 14 Tage vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft eingegangen ist, § 126 Abs. 1 AktG. Zu den Berechtigten gehören nach § 125 Abs. 1 AktG insbesondere die Kreditinstitute und die Aktionärsvereinigungen, die in der letzten Hauptversammlung bereits Stimmrechte für andere Aktionäre ausgeübt haben oder die die Mitteilung verlangt haben. Darüber hinaus sind auch die einzelnen Aktionäre Adressat der Mitteilungspflicht, die die Mitteilung verlangt haben oder aber im Aktionärsregister eingetragen sind.452 Von der Möglichkeit, eine Mindestbeteiligung für die Antragsberechtigung vorzusehen, hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.453 Gemäß § 126 Abs. 1 S. 3 AktG hat die Zugänglichmachung bei börsennotierten Gesellschaften durch die unverzügliche Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft zu erfolgen,454 so dass eine Bekanntgabe in den Gesellschaftsblättern unzulässig ist.455 Ebenso wie das Antragsrecht nach § 122 Abs. 2 AktG es den Aktionären in Bezug auf gänzlich neue Beschlussgegenstände ermöglicht, verschafft das Antragsrecht 449 Nach bisherigem Recht konnte die Behandlung solcher beschlusslosen Gegenstände nicht verlangt werden, vgl. MünchKommAktG-Kubis, § 122 AktG, Rn. 16, 31. 450 Marsch-Barner/Schäfer-Marsch-Barner, § 32 Rn. 69. 451 Hüffer, § 126 AktG, Rn. 2; Obermüller/Werner/Winden-Butzke, S. 75. 452 Vgl. § 125 Abs. 2 AktG. 453 Vgl. Art. 6 Abs. 2 der Aktionärsrichtlinie. 454 MünchKommAktG-Kubis, § 126 AktG, Rn. 21. 455 Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, Rn. 134.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

i.S.d. § 126 AktG in Bezug auf bereits bestehende Beschlussvorschläge – wie den Verschmelzungsbeschluss – den Aktionären die Möglichkeit, andere Anteilsinhaber für ihre Strategie zu gewinnen. Minderheitsaktionäre, die von Anfang an gegen die grenzüberschreitende Verschmelzung gestimmt sind, können auf diesem Wege versuchen, weitere Aktionäre von ihrer Ansicht und Argumenten zu überzeugen und für deren Stimmen im Vorfeld der Hauptversammlung zu werben. cc) Aktionärsforum, § 127a AktG Die Ausübung dieser Rechte wird zusätzlich durch das Aktionärsforum im elektronischen Bundesanzeiger erleichtert, in dem Aktionäre oder deren Vereinigungen andere Aktionäre auffordern können, gemeinsam einen Antrag oder ein Verlangen zu stellen oder in der Hauptversammlung das Stimmrecht in einer bestimmten Weise auszuüben, § 127a Abs. 1 AktG. Dies ist insbesondere dort relevant, wo das Gesetz bestimmte Mindestquoten wie im Falle des § 122 Abs. 2 AktG für die Ausübung eines Rechts vorsieht. Allerdings ist die Gesellschaft weder verpflichtet, auf ihrer Internetseite auf das Forum hinzuweisen, noch ist es den Aktionären erlaubt, eine Begründung der Aufforderung im Forum einzustellen. Diese ist vielmehr auf externen Internetseiten darzulegen, so dass andere Aktionäre nur über den Hinweis auf diese Seite Zugriff auf die Begründung erhalten. Ob ein Privatanleger über entsprechende Kenntnisse verfügt, um auf das Forum zurückzugreifen, ist vor diesen Hintergründen zumindest zu bezweifeln.456 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung Die anschließende Hauptversammlung stellt schließlich den Ort dar, an dem die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft ausüben, § 118 Abs. 1 AktG. Dies betrifft im Wesentlichen die Ausübung ihrer Stimmrechte im Rahmen der Beschlussfassung. Als notwendige Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Beschlussfassung dient sie aber auch der Information und dem Gedankenaustausch der Aktionäre.457 a) Verfahren Soweit die Satzung keine anderweitige Bestimmung vorsieht, wird sie gemäß § 121 Abs. 5 S. 1 AktG grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft abgehalten458 und 456

Raiser/Veil, § 16 Rn. 29. Obermüller/Werner/Winden-Butzke, S. 230. 458 Bei der börsennotierten Aktiengesellschaft kommt zusätzlich auch der Sitz der Börse in Betracht, § 121 Abs. 5 S. 2 AktG. 457

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gemäß § 130 Abs. 2 AktG durch den Vorsitzenden geleitet. Eine gesetzliche Vorgabe zur Person des Vorsitzenden existiert zwar nicht, üblicherweise sieht aber die Satzung der Gesellschaft den Aufsichtsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter vor.459 Eine Bestellung des Versammlungsleiters durch das Gericht ist hingegen nur für die Einberufung der Hauptversammlung oder der Stellung eines Erweiterungsantrags für die Tagesordnung durch eine Minderheit vorgesehen.460 Mitglieder des Vorstandes sind grundsätzlich von der Leitung ausgeschlossen.461 Die Versammlung beginnt mit Eröffnung durch den Versammlungsleiter, indem dieser die ordnungsgemäße Einberufung der Hauptversammlung zunächst feststellt und anschließend sicherstellt, dass ein Teilnehmerverzeichnis aller anwesenden Aktionäre i.S.d. § 129 Abs. 1 S. 2 AktG erstellt und während der Versammlung stets aktualisiert wird.462 Es dient neben der Feststellung der Beschlussfähigkeit und des Beschlussergebnisses vor allem der nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des von der Hauptversammlung gefassten Beschlusses463 und kommt insofern dem Minderheitenschutz zu Gute. Im Anschluss erteilt der Vorsitzende üblicherweise dem Vorstand das Wort zur Berichterstattung, um im Anschluss daran die Aussprache zumeist in Form einer Generaldebatte zu eröffnen. In ihr üben die Aktionäre die meisten ihre Mitverwaltungsrechte aus, die im Folgenden erörtert werden. Liegen keine Wortmeldungen mehr vor, schließt der Vorsitzende die Aussprache und leitet zur Abstimmungen über, indem er das Abstimmungsverfahren erläutert und daran anknüpfend die Abstimmung und Auszählung durchführt. Durch die Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses stellt der Vorsitzende den Beschluss gemäß § 130 Abs. 2 AktG fest und verschafft ihm dadurch rechtliche Geltungskraft.464 Mangels konkreter Regelung über die Durchführung der Hauptversammlung obliegt es ansonsten grundsätzlich der Satzung einschlägige Bestimmungen zu erlassen und den Ablauf der Hauptversammlung von Anfang bis Ende zu regeln. Gemäß § 129 Abs. 1 S. 1 AktG kann sich die Gesellschaft zu diesem Zweck auch im Wege der Beschlussfassung mit einer dreiviertel Mehrheit eine Geschäftsordnung geben. b) Teilnahmerecht Grundvoraussetzung für die Ausübung von Aktionärsrechten ist zunächst die Teilnahme an der Versammlung, die als unmittelbarer Ausfluss des Mitglied459 460 461 462 463 464

Raiser/Veil, § 16 Rn. 32. Vgl. § 122 Abs. 3 S. 2 AktG. Hüffer, § 129 AktG, Rn. 18. Hüffer, § 129 AktG, Rn. 19. Münch.Anw.HdB.-Bohnet, § 27 Rn. 43. Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 467 ff.

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schaftsrechts jedem Aktionär als unentziehbares Mitverwaltungsrecht im deutschen Recht gewährleistet wird. Es entsteht mit Erwerb der Gesellschafterstellung465 und besteht grundsätzlich unabhängig von der Stimmberechtigung des Aktionärs,466 so dass Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien ebenso teilnahmeberechtigt467 sind wie Aktionäre, die einem Abstimmungsverbot i.S.d. § 136 AktG unterliegen. Das Teilnahmerecht besteht im Übrigen für Inhaber- und Namensaktien gleichermaßen. Inhaltlich umfasst das Teilnahmerecht das Recht auf Anwesenheit und das Recht auf Mitberatung,468 aus dem sich wiederum weitere Rechte wie z. B. das Rede- und Fragerecht oder Antragsrecht ableiten.469 Seit Umsetzung der Aktionärsrichtlinie470 durch das ARUG471 im Jahre 2009 können Aktionäre an der Hauptversammlung nunmehr472 auch ohne körperliche Anwesenheit teilnehmen sowie ihre Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben, soweit dies in der Satzung vorgesehen ist.473 Auf eine physische Präsenz des Aktionärs am Ort der Versammlung kommt es zur Wahrnehmung des Teilnahmerechts mithin nicht mehr an.474 Einschränkungen des Teilnahmerechts sind wiederum nur in engen Grenzen zulässig. Bestimmungen in der Satzung, die die Teilnahme an bestimmte organisatorische Bedingungen, wie bspw. eine Anmeldepflicht i.S.d. § 123 Abs. 2 AktG knüpfen, sind aber unproblematisch möglich.475 Schwieriger gestalten sich Einschränkungen, die 465 Bei Inhabern von Namensaktien ist dafür jedoch im Unterschied zu Inhaberaktien nicht das materiell-rechtliche Eigentum an der Aktie, sondern die Eintragung im Aktienregister maßgeblich, § 67 Abs. 2 S. 1 AktG. 466 Münch.Anw.HdB.-Bohnet, § 27 Rn. 3. 467 Vgl. § 140 Abs. 1 AktG. 468 Marsch-Barner/Schäfer-Marsch-Barner, § 33 Rn. 1. 469 Hüffer, § 118 AktG, Rn. 9. 470 Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17. 471 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie v. 30. 7. 2009, BGBl. I, S. 2479. 472 Bisher war zwar eine Übertragung der Hauptversammlung in Ton und Bild kraft Satzung zulässig, damit war jedoch lediglich eine Verfolgung der Hauptversammlung durch nicht anwesende Aktionäre, nicht aber eine aktive Teilnahme ohne körperliche Anwesenheit der Anteilsinhaber möglich, vgl. Hüffer, § 118 AktG, Rn. 12; MünchKommAktG-Kubis, § 118 AktG Rn. 24. 473 Vgl. § 118 Abs. 1 S. 2, 2 AktG. 474 Die Übertragung der Versammlung i.S.d. § 118 Abs. 4 AktG stellt hingegen keine Teilnahme des Aktionärs dar, da für eine Teilnahme nicht nur die körperliche Anwesenheit, sondern auch die Mitberatung in Form von Reden, Fragen und Anträgen, mithin eine wechselseitige Kommunikation Voraussetzung ist, die bei einer bloßen Übertragung i.S.d. § 118 Abs. 4 nicht gegeben ist, MünchKommAktG-Kubis, § 118 AktG, Rn. 24; Marsch-Barner/ Schäfer-Marsch-Barner, § 33 Rn. 29; Mimberg, ZGR 2003, S. 21 (46). Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung, Rn. 186. 475 Über die satzungsbedingten Teilnahmevoraussetzung wird der Aktionär gemäß § 121 Abs. 3 Ziff. 1 AktG in der Einberufung aufgeklärt.

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auf der Ordnungsgewalt476 des Versammlungsleiters beruhen.477 Zur Sicherstellung des störungsfreien Verlaufs der Hauptversammlung ist dieser nämlich befugt, Ordnungsmaßnahmen – wie bspw. einen Saalverweis bei missbräuchlicher Störung – gegen einzelne Aktionäre zu erlassen. Dabei hat er jedoch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung zu wahren,478 die naturgemäß keine klaren Vorgaben enthalten und dementsprechend mit einem gesteigerten Anfechtungspotential einhergehen. c) Auskunfts- und Beteiligungsrechte Die für eine verantwortungsbewusste Beschlussfassung erforderliche Information der Aktionäre wird auf der Hauptversammlung vorrangig durch die Auskunfts- und Beteiligungsrechte der Aktionäre gewährleistet. aa) Allgemeiner Auskunftsanspruch, § 131 Abs. 1 S. 1 AktG Das Kernelement der Auskunftsrechte bildet der allgemeine aktienrechtliche Auskunftsanspruchs nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG. Danach ist jedem Aktionär auf Verlangen vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu erteilen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. ,Angelegenheiten der Gesellschaft‘ sind alle Umstände von einigem Gewicht, die die Gesellschaft betreffen.479 Hierzu zählen insbesondere alle Tatsachen und Umstände, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft, ihre rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, ihre Geschäftspolitik, die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit und ihre Beziehung zu Dritten, vor allem zu den Vertragspartnern betreffen.480 Eine grenzüberschreitende Verschmelzung des Unternehmens wäre insofern unproblematisch erfasst. Zur sachgemäßen Beurteilung ist eine Auskunft dann erforderlich, wenn aus Sicht eines durchschnittlichen Aktionärs, der objektiv denkt und die Verhältnisse der Gesellschaft lediglich aufgrund der allgemein bekannten Tatsachen kennt, die Auskunft für seine Urteilsfindung hinsichtlich eines Tagesordnungspunkts wesentlich ist.481 Grundsätzlich wird die Erforderlichkeit aber weit ausgelegt.482 476 Die Aufgabe des Versammlungsleiters besteht grundsätzlich darin, für sachgerechte Erledigung der Versammlungsgegenstände Sorge zu tragen. Ihm obliegt insoweit die Ordnungsgewalt, BGH, NJW 1966, S. 43. 477 Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 451. 478 Hüffer, § 129 AktG, Rn. 23. 479 Henn/Frodermann/Jannott-Göhmann, Kap. 9 Rn. 199, Hüffer, § 131 AktG, Rn. 11. 480 Ek, Praxisleitfaden, Rn. 304. 481 BGHZ 119, 1 (14); BayOLG, NZG 1999, S. 1218 (1219), LG Frankfurt, ZIP 2008, S. 1180.

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Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung, dass jeder an der Hauptversammlung teilnehmende Aktionär – unabhängig von seiner Stimmberechtigung und der Höhe seiner Beteiligung – auskunftsberechtigt ist,483 begründet das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG ein sehr weitreichendes Informationsrecht der Aktionäre deutscher Aktiengesellschaften. Eine Begrenzung des Auskunftsanspruchs erfolgt lediglich durch die Verweigerungsgründe in § 131 Abs. 2 AktG484 und durch den Einwand des Rechtsmissbrauchs. Ein Missbrauch liegt beispielsweise bei übermäßigen Rechtsausübung mit langen Fragekatalogen vor, mittels derer ein Aktionär die Hauptversammlung monopolarisieren könnte.485 In diesem wie auch in den Fällen des § 131 Abs. 2 AktG darf der Vorstand als Auskunftsverpflichteter486 gemäß § 131 Abs. 2 AktG die Auskunft verweigern. Wann ein Auskunftsersuchen aber konkret missbräuchlich ist, bleibt eine Frage des Einzelfalls und bedarf der sorgsamen Prüfung durch den Vorsitzenden. Der Vorstand ist nämlich grundsätzlich gehalten, die Fragen der Aktionäre so ausreichend zu beantworten, dass die Auskunft den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft entspricht, § 131 Abs. 2 S. 1 AktG. Wird einem Aktionär die Auskunft verweigert oder nicht zufriedenstellend beantwortet,487 kann er gemäß § 131 Abs. 4 AktG verlangen, dass seine Frage und der Grund der Verweigerung der Antwort in die Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen werden. Das Recht auf Protokollierung dient insofern dem Zweck der Beweisführung für eine spätere gerichtliche Anfechtung des Beschlusses.488 bb) Auskunftsanspruch, § 64 Abs. 2 UmwG Im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung wird dieser ohnehin schon weitreichende Informationsanspruch aus § 131 Abs. 1 AktG in zweifacher Hinsicht erweitert.

482 Münch.Anw.HdB.-Bohnet, § 27 Rn. 94, Hüffer, § 131 AktG, Rn. 12, vgl. zur Auslegung des Auskunftsanspruch im Lichte der Aktionärsrichtlinie, Teichmann, NZG 2014, S. 401. 483 Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 498. 484 Zu den einzelnen Gründen, ausführlich: GroßkommAktG-Decher, § 131 AktG, Rn. 296 ff. 485 BVerfG, NJW 2000, S. 349 (351). 486 Vgl. § 131 Abs. 1 S. 1 AktG. 487 Entgegen dem Wortlaut des § 131 Abs. 5 AktG, obliegt es dem Ermessen des protokollierenden Notars, ob er die unzureichende Antwort mit ins Protokoll aufnimmt, Münch. Anw.HdB.-Bohnet, § 27 Rn. 97. 488 MünchKommAktG-Kubis, § 131 AktG, Rn. 146.

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Zum einen erstrecken §§ 122a Abs. 2, 64 Abs. 2 UmwG den Auskunftsanspruch aus § 131 Abs. 1 AktG auf alle übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger.489 Der deutsche Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass eine sachgerechte Entscheidung nur auf der Grundlage einer umfassenden Information der Aktionäre nicht nur über die eigene, sondern auch bezüglich der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft getroffen werden kann.490 Dabei erlangt § 64 Abs. 2 UmwG im Verhältnis zu § 131 AktG insbesondere im Fall gegenseitiger Beteiligungen der Verschmelzungspartner Bedeutung. Denn während sich der Auskunftsanspruch nach § 131 Abs. 1 S. 2 AktG nur auf die Angelegenheiten der Gesellschaft und deren Beziehung zu den verbundenen Unternehmen erstreckt, umfasst § 64 Abs. 2 UmwG ausdrücklich auch die Angelegenheiten des Verschmelzungspartners.491 Ist der Verschmelzungspartner ein konzernverbundenes Unternehmen, so erstreckt sich der Auskunftsanspruch auch auf die für die Verschmelzung wesentlichen Angelegenheiten der weiteren verbundenen Unternehmen.492 Im Ergebnis muss damit der Vorstand nicht nur über die wesentlichen Angelegenheiten des eigenen Unternehmens, sondern auch über die der ausländischen verschmelzenden Gesellschaft sowie deren verbundenen Unternehmen Auskunft erteilen. cc) Pflicht zur Erläuterung des Verschmelzungsplans, § 64 Abs. 1 S. 1 UmwG Zum anderen hat der deutsche Gesetzgeber in §§ 122a Abs. 2, 64 Abs. 1 S. 2 UmwG explizit die Pflicht des Vorstandes zur Erläuterung des Verschmelzungsplans zu Beginn der Hauptversammlung statuiert. Fraglich ist, in welchem Umfang der Verschmelzungsplan zu erläutern ist. Eine Erläuterung des Verschmelzungsplans erfolgt bereits umfassend in dem nach §§ 122e, 8 UmwG zu erstellenden Verschmelzungsbericht.493 Eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans wurde den Aktionären zusätzlich mit der Einberufung nach § 124 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 AktG bekanntgegeben.494 Der Plan und der Verschmelzungsbericht sind zudem auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich 489 Zum Verhältnis § 131 Abs. 1 S. 1 AktG und § 64 Abs. 2 UmwG siehe Schumacher, S. 192 ff. 490 Siehe Begr.RegE zu § 340 Abs. 4 AktG a.F.; abgedr. bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 457. 491 Lutter/Winter-Grunewald, § 64 UmwG, Rn. 6. 492 Vgl. § 8 Abs. 1 S. 3 und 4 UmwG. 493 Vgl. die Ausführungen über den Umfang des Verschmelzungsberichts, Teil 3 D. II. 1. a). 494 Vgl. die Ausführungen über den Einberufungsinhalt, Teil 3 F. II. 1. a) aa) (2).

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zu machen495 und in der Hauptversammlung auszulegen,496 so dass mit der Erläuterungspflicht nach § 64 Abs. 1 S. 2 UmwG nicht das Verlesen der Dokumenteninhalte gemeint sein kann.497 Dies ließe sich auch wegen des Umfangs der erwähnten Dokumente aus zeitlichen Gründen nicht sinnvoll realisieren und wäre für die zuhörenden Aktionäre nur ermüdend. Zielsetzung der Erläuterung nach § 64 Abs. 1 S. 2 UmwG ist es daher vielmehr, die wesentlichen Aspekte der Verschmelzung in einfacher Sprache ein letztes Mal für die Aktionäre darzulegen.498 Der Umfang der Erläuterungspflicht kann sich dabei nur anhand aller anderen Informationspflichten ergeben. Zusätzlich zum wesentlichen Planinhalt i.S.d. § 124 Abs. 2 S. 2 AktG bedarf es daher einer Zusammenfassung der Gründe für die Verschmelzung sowie ihrer wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen i.S.d. §§ 122e, 8 UmwG für die Gesellschaft.499 Wie in dem Verschmelzungsbericht steht auch dabei die Erläuterung und Begründung des Umtauschverhältnisses mit im Vordergrund. Es genügt allerdings, wenn der Vorstand die relativen Wertverhältnisse und deren grundlegenden Tatsachen darlegt. Eine Darstellung aller im Bericht erläuterten Berechnungen unter Angaben des Zahlenmaterials bedarf es hingegen nicht.500 Die wesentliche Bedeutung der Erläuterungspflicht liegt ferner in ihrem zeitlichen Moment. Der Verschmelzungsplan und der diesen erläuternde Verschmelzungsbericht werden in der Regel mehrere Monate vor der Hauptversammlung erstellt und können mitunter auf Zahlen und Fakten beruhen, die möglicherweise am Tag der Hauptversammlung nicht mehr aktuell sind. Diese zu aktualisieren und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Verschmelzungsplan und Bericht aufzuzeigen, ist ebenfalls wesentlicher Bestandteil der Erläuterungspflicht des § 64 Abs. 1 S. 2 UmwG.501 dd) Auslegung der Unterlagen, § 64 Abs. 1 S. 1 UmwG Schließlich sind die bereits im Vorfeld der Hauptversammlung auszulegenden Unterlagen nach § 64 Abs. 1 UmwG auch während der gesamten Dauer der Versammlung auszulegen. Entsprechend den Ausführungen zu § 63 UmwG sind hiervon auch die ausländischen Unterlagen in deutscher Übersetzung erfasst. Den Aktio-

495 Vgl. die Ausführungen über die Internetveröffentlichungspflicht nach § 124a AktG, Teil 3 F. II. 1. a) cc). 496 Vgl. § 64 Abs. 1 S. 1 UmwG. 497 Widmann/Mayer-Rieger, § 64 UmwG, Rn. 6. 498 Schumacher, S. 177. 499 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 64 UmwG, Rn. 3. 500 Widmann/Mayer-Rieger, § 64 UmwG, Rn. 6; Lutter/Winter-Grunewald, § 64 UmwG, Rn. 3. 501 Schmitt/Hörtnagel/Stratz-Stratz, § 64 UmwG, Rn. 3.

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nären wird somit ermöglicht, sich auch noch während der Hauptversammlung über die Einzelheiten der Verschmelzung zu informieren bzw. nochmals nachzulesen. ee) Rederecht Diese passiv ausgestalteten Auskunftsrechte werden zusätzlich durch das Rederecht und das Antragsrecht nach § 124 Abs. 4 S. 1 AktG flankiert. Als unmittelbarer Ausfluss des Teilnahmerechts steht jedem Aktionär unbeachtlich seiner Stimmberechtigung ein Rederecht zu. Eine gesetzliche Regelung zum Bestehen und zum Umfang des Rederechts enthält das Aktiengesetz zwar nicht. Einigkeit besteht aber darin, dass es inhaltlich das Recht umfasst, sich zu Tagesordnungspunkten zu äußern, soweit die Ausführungen die Angelegenheiten der Gesellschaften betreffen.502 Seit Einführung des § 118 Abs. 1 S. 2 AktG bedarf es wie für das Teilnahmerecht auch für die Ausübung des Rederechts keiner körperlichen Anwesenheit des Aktionärs. Vorbehaltlich einer entsprechenden Regelung in der Satzung kann das Rederecht somit auch von außerhalb der Hauptversammlung im Wege der elektronischen Kommunikation ausgeübt werden. Im Übrigen ist das Rederecht weder durch Satzung noch durch Beschluss dem Aktionär entziehbar.503 Vor dem Hintergrund, dass die Dauer einer Hauptversammlung zeitlich begrenzt ist, kann der Versammlungsleiter aber das Rederecht durch allgemeine oder individuelle Redezeitbeschränkungen begrenzen,504 so dass auch hier die Ordnungsgewalt des Versammlungsleiters die Grenze des Rechts darstellt. Die Ausübung der Ordnungsgewalt hat sich aber auch diesbezüglich an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung zu orientieren.505 ff) Antragsrecht, § 124 Abs. 4 S. 2 AktG Das Antragsrecht nach § 124 Abs. 4 S. 2 AktG berechtigt jeden Aktionär während der Hauptversammlung, formlos Anträge zu stellen,506 die grundsätzlich zur Abstimmung durch die Hauptversammlung zu stellen sind, sofern die geforderte Maßnahme der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung unterfällt.507

502 Hüffer, § 118 AktG, Rn. 6; Bürgers/Körber-Reger, § 118 AktG, Rn. 3; Henn/Froderman/Jannot-Göhmann, Kap. 9 Rn. 158; MünchKommAktG-Kubis, § 118 AktG, Rn. 38. 503 Marsch-Barner/Schäfer-Marsch-Barner, § 34 Rn. 1. 504 Zu den Voraussetzungen von Redezeitbeschränkungen im Einzelnen siehe: MünchKommAktG-Kubis, § 118 AktG, Rn. 39; § 119 AktG, Rn. 151 ff.; Marsch/Barner/SchäferMarsch-Barner, § 34 Rn. 6 ff.; Obermüller/Werner/Winden-Butzke, S. 143 ff. 505 Obermüller/Werner/Winden-Butzke, S. 142. 506 Siehe im Einzelnen: MünchKommAktG-Kubis, § 124 AktG, Rn. 70 ff. 507 Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 480.

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Das Antragsrecht wird allerdings durch den Bekanntmachungszwang in § 124 Abs. 4 AktG begrenzt. Denn danach darf nur über solche Gegenstände Beschluss gefasst werden, die ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sind, es sei denn sie unterfallen den Ausnahmetatbeständen des § 124 Abs. 4 S. 2 AktG, die nicht der Bekanntmachungspflicht unterfallen. Zwar begründet § 124 Abs. 4 S. 1 AktG kein Beschlussverbot,508 ein Verstoß kann jedoch die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründen.509 Es obliegt daher dem Versammlungsleiter, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung des Interesses der Gesellschaft an der Beschlussfassung gegen die Wahrscheinlichkeit und Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage zu entscheiden, ob er den Antrag trotz Verstoßes gegen § 124 AktG zur Abstimmung stellt.510 Im Rahmen der bekanntmachungsfreien Antragstatbestände des § 124 Abs. 4 S. 2 AktG, wie bspw. Anträge zu Gegenständen der Tagesordnung, Sach- oder Geschäftsordnungsanträge greift diese Beschränkung wiederum nicht. Einschränkungen ergeben sich diesbezüglich nur durch die Reichweite des Bekanntmachungsinhalts. Die Anträge müssen insofern inhaltlich von dem bekanntgemachten Tagesordnungspunkt gedeckt sein, wenn sie sich auf dessen Inhalt erstrecken und nicht bloß dessen Ablehnung oder redaktionelle Änderung betreffen.511 Für die Frage ihrer Zulässigkeit ist entscheidend, ob sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit der Ankündigung vergleichbar sind und der Aktionär bei unbefangener Betrachtung mit einer entsprechenden Beschlussfassung rechnen musste.512 Das Antragsrecht versetzt den Minderheitsaktionär in eine nicht unbeachtliche Rechtsposition. Zum einen hat der Versammlungsleiter zu entscheiden, ob der Antrag zulässig und zur Abstimmung zu stellen ist oder nicht. Lässt der Versammlungsleiter einen zulässigen Antrag irrtümlicherweise nicht zu, so begründet dies einen Verfahrensverstoß, der den Aktionär möglicherweise zur Anfechtung des Beschluss ermächtigen kann.513 Ebenso verhält es sich, wenn über einen unzulässigen Antrag Beschluss gefasst wurde. Vor diesem Hintergrund werden insbesondere sog. ,Berufskläger‘ in die Lage versetzt, eine Vielzahl von Anträgen mit dem Ziel zu stellen, die Hauptversammlung zu stören und das Risiko einer Beschlussanfechtung zu erhöhen.

508

Hüffer, § 124 AktG, Rn. 18; MünchKommAktG-Kubis, § 124 AktG, Rn. 61; Bürgers/ Körber-Reger, § 124 AktG, Rn. 29; Schmidt/Lutter-Ziemons, § 124 AktG, Rn. 58. 509 Vgl. BGHZ 153, 32 (37); BGHZ 149, 158 (164 f.); BGH, DStR 2007, S. 1493; OLG Frankfurt, ZIP 2007, S. 232 (233); Bürgers/Körber-Reger, § 124 AktG Rn. 28; Schmidt/LutterZiemons, § 124 AktG, Rn. 30; Spindler/Stilz-Rieckers, § 124 AktG, Rn. 43. 510 Schmidt/Lutter-Ziemons, § 124 AktG, Rn. 58; Spindler/Stilz-Rieckers, § 124 AktG, Rn. 49. 511 Spindler/Stilz-Rieckers, § 124 AktG, Rn. 51 ff. 512 RGZ 87, 155 (156); Semler/Volhard-Schlitt, Rn. 150; MünchKommAktG-Kubis, § 124 AktG, Rn. 74; Spindler/Stilz-Rieckers, § 124 AktG, Rn. 54 f. 513 Münch.HdB.GesR.IV-Semler, § 39 Rn. 9.

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d) Stimmrecht und Beschlussfassung Im Anschluss an die Aussprache, in der die vorstehenden Rechte zum Tragen kommen können, leitet der Versammlungsleiter in die Beschlussfassung über, im Rahmen derer die Aktionäre schließlich ihr Stimmrecht ausüben. aa) Beschlussfassung Die Notwendigkeit zur Beschlussfassung folgt bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen aus §§ 122a, 13 Abs. 1 UmwG, die zugleich Art. 9 Abs. 1 VRL umsetzen. Während Art. 9 Abs. 1 VRL lediglich besagt, dass die Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan zu beschließen hat, ohne aber Angaben zur rechtlichen Wirkung der Zustimmung zu machen, heißt es in §§ 122a Abs. 2, 13 Abs. 1 UmwG, dass der Verschmelzungsplan nur wirksam wird, wenn die Anteilsinhaber ihm durch Beschluss in der Versammlung der Anteilsinhaber zustimmen. Nach deutschem Recht bewirkt der Verschmelzungsbeschluss insofern die Rechtswirksamkeit des Verschmelzungsplans. Bis zur Zustimmung der Anteilsinhaber ist der Verschmelzungsplan schwebend unwirksam.514 (1) Beschlussmehrheit Gemäß § 65 Abs. 1 UmwG bedarf es für den Verschmelzungsbeschluss einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, wobei es der Satzung überlassen ist, größere Kapitalmehrheiten oder weitere Erfordernisse festzusetzen. Das Mehrheitserfordernis entspricht insofern der europäischen Vorgabe bei nationalen Verschmelzungen i.S.d. Art. 7 FRL. (2) Abstimmungsverfahren Die Beschlussfassung an sich folgt grundsätzlich im Wege der Annahme oder Ablehnung eines in der Hauptversammlung gestellten Antrags,515 der so formuliert sein muss, dass mit Bejahung oder Verneinung eine klare Rechtslage geschaffen wird.516 Als mitgeteilter Verwaltungsvorschlag i.S.d. § 124 Abs. 3 AktG bedarf es für die Abstimmung über den Verschmelzungsplan allerdings keinen eigens für die Zustimmung formulierten Antrag. Es genügt somit, wenn der Verschmelzungsplan durch den Versammlungsleiter zur Abstimmung gestellt wird.517 514

Rn. 2. 515 516 517

Semler/Stengel-Gehling, § 13 UmwG, Rn. 12; Kallmeyer-Zimmermann, § 13 UmwG, Münch.Hbd.GesR.IV-Semler, § 39, Rn. 4. MünchKommAktG-Schröer, § 133 AktG, Rn. 13. Münch.HdB.GesR.IV-Semler, § 39; Rn. 7.

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Die Art und Weise der Abstimmung ist zwar nicht im Gesetz vorgegeben und gemäß § 134 Abs. 4 AktG grundsätzlich der Satzung oder der Geschäftsordnung der Gesellschaft überlassen. Für die Abstimmung bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist aber die Abgabe von Stimmkarten üblich, auf denen die Zahl der Stimmen jedes Teilnehmers so eingetragen ist, dass sie maschinell ausgezählt werden können.518 Die Auszählung der Stimmen obliegt wiederum dem Versammlungsleiter, der das Abstimmungsergebnis entweder anhand des Additions- oder des Subtraktionsverfahrens ermittelt519 und anschließend nach den Vorgaben des § 130 Abs. 2 AktG verkündet. bb) Stimmrecht Vorbehaltlich der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht i.S.d. §§ 12 Abs. 1 S. 2, 139 ff. AktG und den Stimmverboten nach § 136 Abs. 1 AktG steht nach deutschem Recht grundsätzlich jedem Aktionär ein unentziehbares, nicht von der Mitgliedschaft trennbares Stimmrecht zu.520 Dies gilt auch für Aktien, die an der beschließenden Gesellschaft von einer anderen, an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft gehalten werden.521 Für die Stimmrechtsausübung gewährt grundsätzlich eine Aktie eine Stimme in der Hauptversammlung.522 Wie bereits ausgeführt, sind in Deutschland auch keine Mehrstimmrechtsaktien, die mehr Stimmen als ihre Kapitalbeteiligung gewähren, zulässig,523 so dass grundsätzlich alle stimmberechtigten Aktionäre gleichbehandelt werden. Eine Beschränkung des Stimmrechts im Sinne von Höchststimmrechten ist hingegen statthaft. Für den Minderheitenschutz sind sie jedoch von untergeordneter Bedeutung.

518

Raiser/Veil, § 16 Rn. 68. Beim Additionsverfahren werden die abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen jeweils getrennt ausgezählt und die Gesamtzahl aller abgegeben Stimmen durch deren Addition ermittelt, wobei Stimmenthaltungen nicht erfasst werden. Beim Subtraktionsverfahren werden hingegen nur die Stimmen der Gruppe (z. B. Nein-Stimmen) ausgewählt, die voraussichtlich am kleinsten sind und den geringsten Zählaufwand erfordern. Durch Subtraktion aller enthaltenen Stimmen und der ausgezählten Gruppenstimmen (Nein-Stimmen) von der Gesamtzahl aller Stimmen aus dem Teilnehmerverzeichnis wird die Zahl aller Ja-Stimmen ermittelt, vgl. eingängig: KölnKommAktG-Zöllner, § 133 AktG (1985), Rn. 54 ff. 520 Sog. Abspaltungsgebot, vgl. BGH, NJW 1987, S. 780. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einlage vollständig erbracht ist, § 134 Abs. 2 S. 1 AktG. 521 Widmann/Mayer-Rieger, § 65 UmwG, Rn. 12; Kallmeyer-Zimmermann, § 65 UmwG, Rn. 13; KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 15. 522 §§ 12 Abs. 1, 134 Abs. 1 AktG. 523 Vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung der Aktiengesellschaft, Teil 2 B. I. 3. b). 519

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Wie das Teilnahmerecht ist auch das Stimmrecht weder an eine persönliche Ausübung durch den Anteilsinhaber noch an dessen körperliche Anwesenheit gebunden. Gemäß §§ 134 Abs. 3, S. 1, 135 AktG kann die Stimmrechtsausübung durch einen Bevollmächtigten – insbesondere ein Kreditinstitut – erfolgen. Eine Stimmrechtsausübung im Wege der elektronischen Kommunikation ist gemäß § 118 Abs. 2 AktG möglich, wenn die Satzung der Gesellschaft eine solche vorsieht. e) Widerspruchsrecht Die der Verschmelzung widersprechenden Aktionäre, die beabsichtigen, sich gerichtlich gegen den Verschmelzungsbeschluss zur Wehr zu setzen, müssen gemäß §§ 29 Abs. 2 UmwG, 245 Abs. 1 Ziff. 1 AktG in der Versammlung Widerspruch gegen den Beschluss zur Niederschrift erklären. Da die Widerspruchserklärung damit wiederum notwendige Voraussetzungen für die gerichtliche Geltendmachung eines Rechtsmittels ist, begründet § 245 Abs. 1 Ziff. 1 AktG zugleich auch ein Widerspruchsrecht der Aktionäre.524 f) Beurkundungspflicht und Anspruch auf Abschrift Der Verschmelzungsbeschluss sowie die einzelnen Zustimmungserklärungen sind gemäß §§ 122a Abs. 2, 13 Abs. 3 UmwG notariell zu beurkunden. Im Falle des Verschmelzungsbeschlusses erfolgt die Beurkundung in Protokollform i.S.d. § 130 AktG i.V.m. §§ 36, 37 BeurkG.525 In das Beschlussprotokoll sind neben dem Verschmelzungsbeschluss auch alle für die Beurteilung der Wirksamkeit des Beschlusses oder zur Wirkung von Rechten von Anteilsinhabern maßgebliche Umstände aufzunehmen. Dazu zählen insbesondere der Widerspruch zur Niederschrift, Rügen von Verletzungen von Verfahrensvorschriften und Rechten sowie alle weiteren Beschlüsse.526 Der Beurkundung kommt dementsprechend eine materielle Richtigkeitsgewähr zu,527 die gewährleistet, dass alle Verfahrens- und Formerfordernisse eingehalten wurden528 und die Versammlung ordnungsgemäß abgewickelt wurde.529 Zusätzlich zu dieser materiellen Richtigkeitsgewähr dient sie der Beweissicherung.530 524

Münch.Anw.HdB-Bohnet, § 27 Rn. 109. Zustimmungserklärungen einzelner Aktionäre i.S.d. § 13 Abs. 2 UmwG sind hingegen nach den Bestimmungen der §§ 8 ff. BeurkG über Willenserklärungen gesondert zu beurkunden, da es sich bei Ihnen um einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen handelt, auf die die §§ 36 f. BeurkG keine Anwendung finden, Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 223. 526 Kallmeyer-Zimmermann, § 13 UmwG, Rn. 38. 527 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 221. 528 Kallmeyer-Zimmermann, § 13 UmwG, Rn. 41. 529 Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 13 UmwG, Rn. 12. 525

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Mit Blick auf den Minderheitenschutz hält das deutsche Recht damit ein externes Überwachungssystem bereit, welches bereits ex-ante zur Einhaltung der Verfahrensvorschriften und somit zumindest mittelbar auch zur Wahrung der Mitverwaltungsrechte der Aktionäre anhält. Ferner erleichtert die Beurkundung durch die Aufnahme von Verfahrensrügen und Widersprüchen die Beweisführung im Rahmen einer gerichtlichen Geltendmachung von Rechtsverletzungen bzw. der auf Verfahrensfehlern gestützten Beschlussanfechtung. Der Zugang der Aktionäre zu dem Beweismittel wird in §§ 122 Abs. 2, 13 Abs. 3 S. 3 UmwG sichergestellt, indem dieser einen Anspruch auf Erhalt einer Abschrift der Niederschrift statuiert. g) Sonderbeschlüsse und Genehmigungsvorbehalte aa) Sonderbeschlüsse für Aktiengattungen Existieren mehrere Aktiengattungen, bedarf es zusätzlich zum Verschmelzungsbeschluss für jede Gattung eines Sonderbeschlusses, in dem die Aktionäre der jeweiligen Gattung ihre Zustimmung erklären.531 Für diese Sonderbeschlüsse gilt ebenfalls eine dreiviertel Beschlussmehrheit des anwesenden Grundkapitals, § 65 Abs. 2 S. 2 UmwG, wobei es dem Vorstand überlassen ist, die Sonderbeschlüsse in einer gesonderten Versammlung oder durch gesonderte Abstimmung unter gesonderten Tagesordnungspunkten in derselben Hauptversammlung, die mit der Verschmelzung befasst ist, beschließen zu lassen, § 138 Abs. 1 AktG. bb) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung Die Regelung des Genehmigungsvorbehalts aus Art. 9 Abs. 2 VRL über die Bestätigung der Vereinbarung über die Art und Weise der Arbeitnehmermitbestimmung wurde in § 122g Abs. 1 UmwG umgesetzt. Entsprechend der Richtlinienvorgabe können die Anteilsinhaber ihre Zustimmung nach § 13 UmwG davon abhängig machen, dass die Art und Weise der Mitbestimmung der Arbeitnehmer der übernehmenden oder neuen Gesellschaft ausdrücklich von ihnen bestätigt wird. Der Eintritt der Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses steht damit unter der aufschiebenden Bedingung der Bestätigung und ist bis dahin schwebend unwirksam.532 Wird ein derartiger Bestätigungsvorbehalt in den Verschmelzungsbeschluss 530

Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 221. §§ 122a Abs. 2, 65 Abs. 2 S. 1 UmwG. Die Regelung der §§ 122a Abs. 2, 13 Abs. 2 UmwG, die die Zustimmung von Inhabern vinkulierter Anteile i.S.d. § 13 Abs. 2 verlangen, findet bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften hingegen keine Anwendung, da das Aktienrecht die Zustimmung einzelner Aktionäre zur Aktienübertragung nicht vorsieht, vgl. § 68 Abs. 2 UmwG sowie Kallmeyer-Zimmermann, § 13 UmwG, Rn. 23. 532 Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (285); Kallmeyer-Zimmermann, § 122g UmwG, Rn. 17; Münch.HdB.GesR.VI-Hoffmann, § 53 Rn. 75. 531

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mit aufgenommen, bedarf es insofern eines weiteren Bestätigungsbeschlusses, der grundsätzlich in einer erneuten Anteilsinhaberversammlung zu fassen ist.533 Umstritten ist, ob es für den Bestätigungsbeschluss ebenfalls einer qualifizierten Mehrheit bedarf534 und, ob die aufschiebende Bedingung des Vorbehalts zu einer Sperre für die Erteilung der Vorabbescheinigung i.S.d. § 122k Abs. 2 UmwG führt.535 Mangels Relevanz für den Minderheitenschutz sollen diese Frage jedoch nicht weiter vertieft werden. Verzichten die Aktionäre hingegen auf die Aufnahme eines Bestätigungsvorbehalts, fällt die Mitbestimmungsvereinbarung wieder in die Hand der Unternehmensleitung zurück.536 cc) Kein Zustimmungsvorbehalt bzgl. Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren Eine Umsetzung des Anwendungsvorbehalts des Art. 10 Abs. 3 VRL über die ausdrückliche Zustimmung zur Durchführung ausländischer Spruchverfahrenen bedurfte es für das deutsche Umwandlungsrecht hingegen nicht. Denn die Einführung eines Zustimmungserfordernisses in das nationale Recht ist nur dann erforderlich, wenn das eigene nationale Recht ein Spruchverfahren für seine Aktionäre nicht vorsieht. In Deutschland wurde es für die grenzüberschreitende Verschmelzung in § 122h Abs. 1 und § 122i Abs. 2 UmwG für anwendbar erklärt. 3. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses In Hinsicht auf die Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses ergeben sich im deutschen Umwandlungsrecht nur geringfügige Abweichungen zu den Richtlinienvorgaben. a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen 100 %iger Tochtergesellschaften In Umsetzung der Vorgabe des Art. 15 Abs. 1 VRL Spiegelstrich 2 ist gemäß § 122g Abs. 2 UmwG bei Konzernverschmelzungen ein Zustimmungsbeschluss auf 533

KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122g UmwG, Rn. 19. Widmann/Mayer-Heckschen, § 122g UmwG, Rn. 137; Kallmeyer-Zimmermann, § 122g UmwG, Rn. 20; Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (285), Klein, RNotZ 2007, S. 565 (597); a.A. Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 33; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122g UmwG, Rn. 11. 535 Semler/Stengel-Drinhausen, § 122g UmwG, Rn. 12; Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 27; Kallmeyer-Zimmermann, § 122g UmwG, Rn. 17; a.A. Widmann/MayerHeckschen, § 122g UmwG, Rn. 124, der eine Erteilung der Vorabbescheinigung ohne Vorliegen eines Bestätigungsbeschlusses auf der Grundlage für möglich erachtet, dass die zuständige Stelle des übernehmenden Rechtsträgers ohnehin das Vorliegen einer Beteiligungsvereinbarung zu prüft hat. 536 Münch.HdB.GesR.VI-Hoffmann, § 53 Rn. 75; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122g UmwG, Rn. 115. 534

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Seiten einer übertragenden Gesellschaft entbehrlich, wenn diese eine 100 %ige Tochtergesellschaft der aufnehmenden Gesellschaft ist. b) Beschränkte Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 VRL In Hinsicht auf die Ermächtigung in Art. 9 Abs. 3 VRL, von einer Zustimmung zum Verschmelzungsplan seitens der Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft unter Wahrung der Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 3 FRL abzusehen, wenn nicht eine Minderheit von mindestens 5 % des Grundkapitals dies verlangt, hat der deutsche Gesetzgeber keine ausdrückliche Umsetzungsvorschrift in den Sondervorschriften der §§ 122a ff. UmwG erlassen. Dies war jedoch auch nicht notwendig, da eine entsprechende Regelung bereits in § 62 Abs. 1 UmwG enthalten ist, die über die Generalverweisung des § 122a Abs. 2 UmwG auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zur Anwendung gelangt. Eine Zustimmung der übernehmenden Gesellschaft ist danach entbehrlich, wenn die übernehmende Gesellschaft mindestens 90 % der Anteile der übertragenden Gesellschaft besitzt, die Offenlegungs- und Bekanntmachungspflichten des § 62 Abs. 3 UmwG gewahrt sind und eine Zustimmung durch die Hauptversammlung nicht von einer Minderheit von mindestens 5 % des Grundkapitals der übernehmenden Gesellschaft verlangt wird. Dies entspricht den Vorgaben des Art. 27 FRL, der mit Ausnahme der Anwendungsbeschränkung auf 90 %ige Tochtergesellschaften den Vorgaben des Art. 9 Abs. 3 VRL entspricht. Da die deutsche Entbehrlichkeitsregelung der §§ 122a Abs. 2, 62 Abs. 1 UmwG damit lediglich enger gefasst ist als die Richtlinienvorgabe, dürften sich hinsichtlich der Richtlinienkonformität keine Bedenken ergeben.537 4. Schranken der Rechtsausübung Im Ergebnis sieht das deutsche Recht für den Fall eines erforderlichen Zustimmungsbeschlusses eine umfangreiche Verflechtung von Rechten und Pflichten sowohl im Vorfeld als auch bei der Durchführung des Beschlusses vor. Diese sind jedoch vorwiegend auf die Gewährleistung der Teilnahme und Information der Aktionäre gerichtet und verpflichten zunächst auch nur die Gesellschaft. Des Weiteren handelt es sich vorrangig nur um verfahrensrechtliche Schutzbestimmungen, nicht aber um solche, die der Minderheit Schutz vor inhaltlich nachteilhaften Beschlüssen gewähren. Bis auf die im Gesetz und gegebenenfalls in der 537 Im Ergebnis auch: Widmann/Mayer-Heckschen, § 122g UmwG, Rn. 166; Kleinhenz, S. 282; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122g UmwG, Rn. 26, dies. in: Der Konzern 2006, S. 835 (839); Frenzel, S. 278; Kallmeyer-Zimmermann, § 122g UmwG, Rn. 29; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz-Hörtnagl, § 122g UmwG, Rn. 11; Ugliano, E.B.L.R. 2007, S. 587 (605), der alle Entbehrlichkeitsregelungen der dritten Richtlinie im Rahmen der grenzüberschreitenden Verschmelzung für anwendbar erachtet; a.A. Lutter/Winter-Bayer, § 122g UmwG, Rn. 36.

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Satzung vorgesehenen Stimmrechtsverbote begründen sie insbesondere keine Verpflichtung des Mehrheitsgesellschafters, seine überlegende Stimmrechtsmacht nicht zur Durchsetzung eigennütziger Beschlüsse zu missbrauchen. Wie eingangs dargelegt, stellt aber gerade dies den Kern des Minderheitenschutzes als notwendiges Korrelat zum Mehrheitsprinzip dar. Andererseits werden den Minderheitsgesellschaftern umfangreiche Mitwirkungsrechte, wie z. B. die Auskunftsrechte auf der Hauptversammlung, eingeräumt, die ebenfalls nur geringfügig begrenzt sind und nicht unbeachtliche Spielräume für deren missbräuchliche Ausübung eröffnen. Vor dem Hintergrund dieser Schutzlücken stellt sich die Frage, welche weiteren (ungeschriebenen) Schranken der Rechtsausübung im deutschen Recht existieren und ob diese im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen zur Anwendung gelangen. Anknüpfungspunkte hierfür sind das Gleichbehandlungsgebot nach § 53a AktG und die nicht kodifizierte gesellschaftsrechtliche Treupflicht. a) Gleichbehandlungsgebot, § 53a AktG Gemäß § 53a AktG538 sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt vor, wenn Aktionäre ungleich behandelt werden und die in der ungleichen Behandlung liegende Differenzierung nicht durch die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gerechtfertigt ist.539 Den Maßstab einer Ungleichbehandlung bildet in vermögensrechtlicher Hinsicht die Kapitalbeteiligung der Aktionäre.540 In Bezug auf die nichtvermögensrechtlichen Mitgliedschaftsrechte, wie den Auskunftsrechten, ist wiederum die Anzahl nach Köpfen maßgebend.541 Das somit kodifizierte Gleichbehandlungsgebot542 richtet sich jedoch nur an die Gesellschaft, nicht aber an die Aktionäre untereinander543 und begründet auch kein 538 Eingeführt durch das DurchfG v. 19. 12. 1978 (BGBl. I, S. 1959) zur Umsetzung des Art. 42 der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie 77/91/EWG des Rates v. 13.12. 1976, zuvor von der Rechtsprechung seither anerkannt: § 53a AktG; RGZ 41, 97 (99); 52, 287 (294); 119, 220 (228); 120, 177 (180); BGHZ 20, 263 (269), 33, 175 (186); 44, 245 (256); 120, 141 (150 f.). 539 BGH, BGHZ 120, 141 (150); OLG Celle, AG 2003, S. 505 (507); OLG Köln, ZIP 2001, S. 2049 (2051); GroßKommAktG-Henze/Notz,§ 53a AktG, Rn. 68 ff.; Münch.HdB.GesR.IVWiesner, § 17 Rn. 11. 540 BGH, BGHZ 70, 117 (121); MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a AktG, Rn. 11 ff. 541 Münch.HdB.GesR.IV-Wiesner, § 17 Rn. 12; KölnKommAktG-Drygala, § 53a AktG, Rn. 24. 542 Zur Entwicklungsgeschichte des Gleichbehandlungsgebots vor Umsetzung der Richtlinie, siehe GroßKommAktG-Henze/Notz, § 53a AktG, Rn. 1 ff.

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subjektives Recht der Aktionäre.544 Mit dem Gleichbehandlungsgebot wird vielmehr ein Maßstab statuiert, nach dem sich die Gesellschaft bei der Gestaltung aller das Gesellschaftsverhältnis betreffender Beziehungen zu ihren Aktionären zu richten hat.545 Da bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen das Umtauschverhältnis und eine etwaige Barabfindung für alle Aktionäre der Gesellschaft gleichermaßen gilt und somit alle Anteilsinhaber vermögensrechtlich grundsätzlich gleichbehandelt werden, kommt ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nur in Betracht, wenn einzelnen (Mehrheits-)Gesellschaftern im Zuge der Verschmelzung unterschiedliche Verwaltungsrechte oder eine zusätzliche Beteiligung eingeräumt werden.546 Im Übrigen ist das Gleichbehandlungsgebot – wie bereits erwähnt – bei der Ausübung der Ordnungsmacht durch den Versammlungsleiter im Rahmen der Beschränkung von Verwaltungsrechten auf der Hauptversammlung zu wahren. b) Allgemeine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht Inwiefern der Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter in einem Zweckverband wie der Aktiengesellschaft eine gegenseitige Treupflicht begründet, war hingegen lange Zeit umstritten. Im Unterschied zu Personengesellschaften und zur GmbH,547 die sich durch einen kleinen Gesellschafterkreis und engerer Verbundenheit auszeichnen, wurde das Bestehen einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zwischen den Aktionären untereinander als auch zwischen ihnen und der Gesellschaft bei Aktiengesellschaften von der Rechtsprechung für lange Zeit abgelehnt.548 Als Begründung wurde vorrangig die kapitalistische Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft angeführt, die im Gegensatz zu Personengesellschaft nicht auf ein persönliches Zusammenwirken angelegt sei. Diese sei nämlich im Gesetz umfassend und von der jeweiligen Gesellschafterperson unabhängig ausgeprägt und wegen der Satzungsstrenge auch kaum veränderbar. Für personalistische Elemente im Sinne eines von gegenseitigem Vertrauen geprägten Gemeinschaftsverhältnisses bestünde bei der Aktiengesellschaft daher kein Raum.549 543 OLG Düsseldorf, AG 1973, S. 282 (284); MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a AktG, Rn. 4; GroßKommAktG-Henze/Notz, § 53a AktG, Rn. 30; Hüffer, § 53a AktG, Rn. 4. 544 KölnKommAktG-Drygala, § 53a AktG, Rn. 9; GroßKommAktG-Henze/Notz, § 53a AktG, Rn. 21. 545 MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a AktG, Rn. 4. 546 KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 99. 547 Henze, BB 1994, S. 489. 548 RGZ 158, 248 (254); BGHZ 14, 25 (38); 18, 350 (365); MünchKommAktG-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 22 f. m.w.N. 549 BGH, BGHZ 18, 350 (365); BGH, AG 1976, S. 218 (219); MünchKommAktGBungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 22.

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Seit seiner Linotype-Entscheidung im Jahre 1988550 und der Girmes-Entscheidung im Jahre 1995551 haben sich der BGH und der weit überwiegende Teil der Literatur aber für die Anerkennung einer wechselseitigen, alle Rechte und Pflichten der Aktionäre umfassenden Treuepflicht der Aktionäre untereinander als auch im Verhältnis zur Gesellschaft ausgesprochen.552 Dies gilt nicht nur für den Mehrheitsgesellschafter, sondern für alle Aktionäre, also auch für die Minderheitsgesellschafter.553 In inhaltlicher Hinsicht begründet die Treuepflicht die Verpflichtung der Aktionäre, in allen gesellschaftlichen Belangen auf das Unternehmensinteresse der Gesellschaft sowie auf die gesellschaftsbezogenen Belange der Mitgesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen.554 Für die Gesellschaft folgt daraus zugleich die Verpflichtung, ihren Aktionären die sachgemäße Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Rechte zu ermöglichen und deren willkürliche Beeinträchtigung zu unterlassen.555 Auf dieser Grundlage können sich für die Aktionäre zum einen Beschränkungen ihrer Rechte im Sinne einer Rücksichtnahmepflicht ergeben,556 zum anderen können ihnen aber auch Förderpflichten zukommen, die sie zum aktiven Tun zwecks Erreichung der gesellschaftlichen Zwecksetzung verpflichten.557 Letztere können insbesondere die positive Pflicht begründen, das Stimmrecht in einer bestimmten Weise auszuüben, wie etwa dann, wenn ein Hauptversammlungsbeschluss im überwiegenden Interesse der Gesellschaft oder Mitgesellschafters dringend geboten und das Abstimmungsermessen aus Rechtsgründen auf Null reduziert ist.558 Die Pflicht zur Rücksichtnahme betrifft vorrangig die Mitverwaltungsrechte, d. h. in Bezug auf den Mehrheitsgesellschafter vor allem die Stimmrechtsausübung und in Bezug auf Minderheitsaktionäre die Ausübung ihrer Auskunftsrechte auf der 550

BGH, BGHZ 103, 184 (,Linotype‘). BGH, BGHZ 129, 136 (,Girmes‘). 552 BGH, BGHZ 103, 184 (194 f.); BGHZ 129, 136 (145 ff.); BGHZ 142, 167 (169) (,Hilgers‘); OLG Stuttgart, AG 2000, S. 229 (,Breuninger‘); LG München, AG 2007, S. 255 (257 f.); MünchKommAktG-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 19; Bayer/Habersack-Ulmer, Kap. 3 Rn. 140 ff.; Hüffer, § 53a AktG, Rn. 14; K. Schmidt, S. 591 f.; GroßKommAktG-Henze/ Notz, Anh § 53a AktG, Rn. 7, jeweils m.w.N. 553 BGH, BGHZ 129, 136 (142 ff.). 554 BGH, BGHZ 103, 184 (195) (,Linotype‘); BGHZ 129, 136 (143 f.) (,Girmes‘); BGHZ 142, 167 (170) (,Hilgers‘); Schmidt/Lutter-Fleischer, § 53a AktG, Rn. 54; Spindler/StilzCalm/v. Spannenberg, § 53a AktG, Rn. 48. 555 BGH, BGHZ 127, 107 (111). 556 GroßkommAktG-Henze/Notz, Anh § 53a Rn. 57; Hüffer, § 53 AktG, Rn. 16; MünchKommAktG-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 25; Schmidt/Lutter-Fleischer, § 53 AktG, Rn. 54. 557 GroßkommAktG-Henze/Notz, Anh. § 53a AktG, Rn. 81 ff.; Schmidt/Lutter-Fleischer, § 53a AktG, Rn. 54; MünchKommAktG-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 28. 558 BGH, BGHZ 129, 136 (142 f.); OLG Stuttgart, AG 2003, S. 588 (590). 551

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Hauptversammlung. Sie dürfen nicht zum Schaden der Gesellschaft oder der Mitaktionäre ausgeübt werden.559 Der Maßstab, anhand dessen die Treuwidrigkeit eines Verhaltens von Aktionären zu beurteilen ist, richtet sich wiederum nach der Art des auszuübenden Rechts. Überwiegend wird diesbezüglich eine Differenzierung nach eigennützigen und uneigennützigen mitgliedschaftlichen Befugnissen vorgenommen.560 Uneigennützige Rechte umfassen solche mitgliedschaftlichen Positionen, die dem Aktionär nicht primär zum eigenen Nutzen, sondern dem Gesellschaftszweck zu dienen bestimmt sind. Bei der Geltendmachung dieser Rechte hat sich der Gesellschafter daher an dem Gesellschaftsinteresse auszurichten, so dass diesem Vorrang vor dem Individualinteresse des Aktionärs zu gewähren ist und eine Verfolgung des Eigeninteresses treuwidrig ist, wenn dieses im Widerspruch zum Gesellschaftsinteresse steht.561 Den Aktionären obliegt insofern die Pflicht, in Ausübung ihrer im Gesellschaftsinteresse begründeten mitgliedschaftlichen Befugnisse diejenigen Handlungen vorzunehmen, die den Gesellschaftszweck fördern, und diesem zuwiderlaufende Maßnahmen zu unterlassen.562 Eigennützige Rechte, wie bspw. die Auskunfts-, Rede- und Teilnahmerechte, müssen sich hingegen nicht dem Gesellschaftsinteresse unterordnen. Eine Beschränkung folgt hier nur durch die Interessen der Mitaktionäre. Die Ausübung des Rechts darf danach nicht in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise zum Nachteil der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter ausgeübt werden.563 Für die Stimmrechtsausübung bedeutet dies, dass Aktionäre weder befugt sind, Beschlüsse herbeizuführen, die ihnen eigene Vorteile zulasten der Aktiengesellschaft oder der Mitgesellschafter verschaffen564 oder in anderer Weise die Interessen der Mitgesellschafter unangemessen beeinträchtigen.565 Zugleich dürfen Aktionäre ihre Rechte auch nicht ausüben, um Beschlüsse zu verhindern, die im Interesse der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter stehen.566 Die Treuepflicht stellt somit das Gegengewicht zu der Eingriffsmöglichkeit eines Gesellschafters dar. Je nach Einflussmöglichkeit kann diese sowohl bei dem Mehrheits- als auch bei dem Minderheitsgesellschafter (Sperrminorität) liegen. Die Treuepflicht greift allerdings in allen 559

MünchKomm-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 25. Münch.HdB.GesR.IV-Wiesner, § 17 Rn. 5; GroßKomm-Henze/Notz, Vor § 53a AktG, Rn. 53; Hüffer, § 53a AktG, Rn. 16; Raiser/Veil, § 11 Rn. 62; Spindler/Stilz-Cahn/Senger, § 53a AktG, Rn. 51; Hölters-Solveen, § 53a AktG, Rn. 17; kritisch MünchKommAktGBungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 25. 561 GroßKomm-Henze/Notz, Anh. § 53a AktG, Rn. 53. 562 Hüffer, § 53a AktG, Rn. 16; Hölters-Englisch, § 243 AktG, Rn. 36. 563 Spindler/Stilz-Cahn/Senger, § 53a AktG, Rn. 51; Hüffer, § 53a AktG, Rn. 16; GroßKomm-Henze/Notz, Anh. § 53a AktG, Rn. 53. 564 BGH, BGHZ 103, 184. 565 BGH, BGHZ 142, 167 (170). 566 BGH, BGHZ 129, 136 (144 f). 560

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Fällen erst dann ein, wenn das Verhalten eines Aktionärs mitgliedschaftliche Interessen anderer Aktionäre oder Gesellschaftsinteresse im erheblichen Maße zu beeinträchtigen droht und schützenswerte mitgliedschaftliche Interessen des durch die Treuepflicht gebundenen Aktionärs nicht gefährdet sind.567 c) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bei Verschmelzungen Mit Blick auf den Minderheitenschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen fragt sich, welche Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht im Rahmen des Verschmelzungsbeschlusses zukommt. Mit Einführung der grenzüberschreitenden Verschmelzungsvorschrift hat der Gesetzgeber die verschmelzungsbedingte Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung der Aktionäre grundsätzlich für zulässig erklärt. Zusätzlich enthalten die §§ 122h, i UmwG, die im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingängig dargestellt werden, umfangreiche Vorgaben zum Schutz der Vermögensstellung der Aktionäre nach dem Grundsatz der Wertäquivalenz.568 Ein darüber hinausgehender Schutz, der den Anteilsinhabern auch nach der Verschmelzung eine art- und funktionsgleiche Beteiligung zusichert, ist im deutschen Verschmelzungsrecht nicht vorgesehen.569 Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht vermag diese gesetzliche Wertung grundsätzlich auch nicht zu entkräften. Die Mehrheit kann daher grundsätzlich frei über ihre Beteiligung disponieren und ihre Ziele auch entgegen der Vermögensinteressen der Minderheit im Wege der Verschmelzung durchsetzen. Die verschmelzungsbedingte Veränderung der Rechtsstellung ist von der Minderheit insofern hinzunehmen.570 aa) Treuepflichtverstöße des Mehrheitsgesellschafters Dies kann jedoch nur soweit gelten, wie die Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung im natürlichen Maße verschmelzungstypisch ist. Als treuwidrig wird eine Verschmelzung hingegen zu bewerten sein, wenn sie zu einer nicht-verschmelzungsbedingten Verschlechterung der Rechtsstellung der Minderheit führt und die Mehrheit die Verschmelzung in art- und funktionswidriger Weise einsetzt, um sich selbst eine verbesserte Position zu verschaffen.571 Ein treuwidriger Missbrauch der Mehrheitsherrschaft kommt somit vor allem dann in Betracht, wenn 567

Spindler/Stilz-Cahn/v. Spannenberg, § 53a AktG, Rn. 53. Vgl. KölnKommUmwG-Simon, § 2 UmwG, Rn. 80 ff. 569 KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 100. 570 BGH, Der Konzern 2005, S. 650 (653); OLG Frankfurt, ZIP 2006, S. 370 (373); KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 101. 571 OLG Frankfurt, ZIP 2006, S. 370 (373); ähnlich: BGH, Der Konzern 2005, S. 652 (653); Decher, Der Konzern 2005, S. 621 (624); KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 101; Semler/Stengel-Gehling, § 13 UmwG, Rn. 24. 568

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die Verschmelzung art- und funktionswidrig dafür eingesetzt wird, die Rechtsstellung von Anteilsinhabern, z. B. durch eine Kapital- oder Stimmrechtsverwässerung außenstehender Aktionäre, zu schmälern.572 Wird die Verschmelzung bspw. zielgerichtet eingesetzt, um die Beteiligung von Minderheitsaktionären unter bestimmten Beteiligungsschwellen zu drücken, um somit ein Squeeze-Out Verfahren zu ermöglichen, so kann dies unter Umständen treuwidrig sein.573 Darüber hinaus kann eine nicht optimale Stückelung der Umtauschaktien einen Treueverstoß des Mehrheitsgesellschafters begründen, wenn dieser Einfluss auf die Festsetzung des Nennbetrages der bei der übernehmenden Gesellschaft zu schaffenden Umtauschaktien hätte nehmen können.574 Die Zustimmung des Mehrheitsgesellschafters zu einer Verschmelzung, die keinen wertäquivalenten Ausgleich für das übertragende Gesellschaftsvermögen vorsieht, begründet ebenfalls einen Treuepflichtverstoß.575 bb) Treuepflichtverstöße des Minderheitsgesellschafters In Hinsicht auf den Minderheitsaktionär erlangt die Rücksichtnahmepflicht vor allem Bedeutung, wenn dieser durch eine ihm zustehende Sperrminorität Blockadepolitik betreiben kann.576 Minderheitsaktionären obliegt insofern die Treupflicht, von ihren Mitverwaltungsrechten (Teilnahme-, Rede-, Auskunfts- und Stimmrechte) in der Hauptversammlung nicht in illoyaler Weise Gebrauch zu machen oder ihr Anfechtungsrecht – auf das im Verlauf der Untersuchung noch näher einzugehen sein wird – missbräuchlich auszuüben.577 So kann es die Treuepflicht gebieten, das Rede- oder Antragsrecht in der Hauptversammlung nicht so lange in Anspruch zu nehmen, dass eine Durchführung der Hauptversammlung in angemessener Zeit ausgeschlossen ist.578 Schlussendlich kann ein treuwidriger Missbrauch des Anfechtungsrechts anzunehmen sein, wenn die Anfechtungsklage nur zu dem Zweck erhoben wird, sich das Klagerecht von der Gesellschaft abkaufen zu lassen.579

572 Semler/Stengel-Gehling, § 14 UmwG, Rn. 14; KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 102, Lutter/Winter-Drygala, § 13 UmwG, Rn. 40. 573 Hans. OLG, DB 2008, S. 2199 ff. zur Ermöglichung eines Squeeze-Outs durch vorherige Verschmelzung, in der Sache allerdings unbegründet. 574 GroßKommAktG-Henze/Notz, Anh § 53a AktG, Rn. 66, Vetter, AG 2000, S. 193 (198 f., 202 f.). 575 OLG Stuttgart, DB 2004, S. 749 (751) (zur Ausgliederung). 576 Raiser/Veil, § 12 Rn. 50; GroßkommAktG-Henze/Notz, Anh § 53a AktG, Rn. 72. 577 BGH, BGHZ 129, 136 (144); GroßkommAktG-Henze/Notz, Anh § 53 AktG, Rn. 75 ff.; MünchKommAktG-Bungeroth, Vor § 53a AktG, Rn. 22; Schmidt/Lutter-Fleischer, § 53a AktG, Rn. 57. 578 BGH, BGHZ 129, 136 (144) Raiser/Veil, § 11 Rn. 64 (für das Rederecht); Henze, BB 1996, S. 489 (495) (für das Fragerecht). 579 BGH, BGHZ 107, 296.

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Liegt ein Treuepflichtverstoß seitens der Mehrheits- oder der Minderheitsgesellschafter vor, so sind deren Stimmabgaben nichtig und bei der Stimmauszählung auf der Hauptversammlung nicht zu berücksichtigen.580 Werden treuewidrige Stimmen bei der Feststellung des Beschlussergebnisses dennoch mitgezählt, so ist ein auf diesen Stimmen beruhender Beschluss anfechtbar.581 d) Sachliche Rechtfertigung von Verschmelzungsbeschlüssen? Zusätzlich zu diesem so umschriebenen treuepflichtigen Missbrauchs- und Willkürverbot verlangte der BGH in seiner Entscheidung „Kali und Salz“582 für einen Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung eine sachliche Begründung des Bezugsrechtsausschlusses. aa) Lehre vom sachlichen Grund (,Materielle Beschlusskontrolle‘) Obwohl für einen Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 AktG außer einer qualifizierten Mehrheit keine weiteren materiellen Anforderungen im Gesetz vorgesehen sind, sah es das Gericht für erforderlich an, dass der Ausschluss des Bezugsrechts im Zeitpunkt der Beschlussfassung bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist.583 Die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung ergebe sich insbesondere aus dem durch den Bezugsrechtsausschluss verursachten schweren Eingriff in die Mitgliedschaft. Diesen sah das Gericht darin gegeben, dass der Bezugsrechtsausschluss zu einem relativen Absinken der Anteile der betroffenen Aktionäre am Gesellschaftsvermögen mit dem entsprechenden Gewinnanteil und Liquidationsanteil führe und sich zugleich die Stimmrechtsquoten zu Lasten der ausgeschlossenen Aktionäre verschieben würde, was wiederum zum Verlust von Sperrminorität oder Minderheitsrechten führen könne.584 Aufgrund dieser Gesichtspunkte sah es das Gericht als notwendig an, für den Bezugsrechtsausschluss eine sachliche Begründung zu fordern, an die umso strengere Anforderungen zu stellen sind, je schwerer der Eingriff in die mitgliedschaftsrechtliche und vermögensrechtliche Stellung der ausgeschlossenen Aktionäre wiegt.585

580 BGH, BGHZ 102, 172 (176); Hüffer, § 53a AktG, Rn. 22; Spindler/Stilz-Cahn/Senger, § 53a AktG, Rn. 56. 581 BGH, BGHZ 103, 183 (193); BGHZ 142, 167 (169 f.). 582 BGH, BGHZ 71, 40 (44 ff.). 583 BGH, BGHZ 71, 40 (46). 584 BGH, BGHZ 71, 40 (44/45). 585 BGH, BGHZ 71, 40 (45).

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Dafür sei erforderlich, dass das mit der Kapitalerhöhung verfolgte Ziel nicht ohne den Bezugsrechtsausschluss erreichbar ist.586 Ob dies der Fall ist, sei wiederum unter Abwägung der Interessen sowie der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck der Maßnahme positiv festzustellen.587 Im Unterschied zur allgemeinen Treuepflichtkontrolle ist die in der Rechtsprechung nunmehr verfestigte588 und sog. „materielle Beschlusskontrolle“ also nicht auf die Frage beschränkt, ob die Rechte missbräuchlich oder willkürlich ausgeübt wurden, sondern vielmehr auf eine positive Rechtfertigungskontrolle gerichtet.589 Während erstere grundsätzlich von der Rechtmäßigkeit des Beschlusses ausgeht und die Frage erhebt, ob der Beschluss aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise missbräuchlich sein könnte, bedarf es im Falle der materiellen Beschlusskontrolle der positiven Feststellung eines sachlichen Rechtfertigungsgrund für den Beschluss, den darzulegen, Aufgabe der Gesellschaft ist.590 Ausführungen zur rechtsdogmatischen Begründung der materiellen Beschlusskontrolle sind in der Kali + Salz Entscheidung des BGH zwar nicht enthalten, nach überwiegender Meinung handelt es sich bei dieser sog. „materiellen Beschlusskontrolle“ oder „Lehre vom sachlichen Grund“ aber um einen besonderen Unterfall oder Erweiterung der Treuepflicht.591 Dafür spricht auch der Verweis des BGH auf die Entscheidung des Senats vom 6. 10. 1960,592 der die Ausgabe von neuen Aktien an Aktionäre unter gleichzeitigem Ausschluss der anderen Aktionäre daran gebunden hat, dass die Maßnahme „sachlich gerechtfertigt ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt“.593 In Hinblick auf die Rechtsausübung von Mehrheitsaktionären kommt ein Treuepflichtverstoß also auch dann in Betracht, wenn die durch Beschluss getroffene Regelung in die Mitgliedschaftsrechte der Minderheit eingreift und dieser Eingriff nicht durch das Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt oder zwar gerechtfertigt, aber nach Abwägung des Gesellschaftsinteresse mit den Interessen der Minderheit unverhältnismäßig ist.594 In diesem Fall bildet die Treuepflicht die

586

BGH, BGHZ 71, 40 (44). BGH, BGHZ 71, 40 (46). 588 Vgl. BGH, BGHZ 80, 69; BGHZ 83, 319; BGHZ 125, 239; BGHZ 136, 133. 589 Butzke, S. 517. 590 Bayer/Habersack-Verse, Kap. 13 Rn. 25; GroßKommAktG-Schmidt, § 243 AktG, Rn. 47. 591 Raiser/Veil, § 16 Rn. 149; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 53; HöltersEnglisch, § 243 AktG, Rn. 39; GroßKommAkt-Schmidt, Anh. § 53a AktG, Rn. 23. 592 BGH, BGHZ 33, 175. 593 BGH, BGHZ 33, 175 (186). 594 Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 13.2.1; GroßKommAktG-Schmidt, § 243 AktG, Rn. 45. 587

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Grundlage für eine materielle Beschlusskontrolle durch die Gerichte,595 welche nach dem Maßstab der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfolgt.596 bb) Materielle Beschlusskontrolle bei Verschmelzungsbeschlüssen? Fraglich ist allerdings, ob die materielle Beschlusskontrolle auch auf Grundlagenbeschlüsse wie den Verschmelzungsbeschluss Anwendung findet. Dafür spräche zwar, dass gerade auch bei der Verschmelzung die Gefahr einer Kapital- oder Stimmrechtsverwässerung besteht, an die der BGH beim Bezugsrechtsausschluss angeknüpft hat. Dagegen lässt sich aber anführen, dass der BGH auch auf das Fehlen materieller Gesetzesvorgaben zum Schutz der Minderheitsaktionäre vor unzweckmäßigen und nachteilhaften Bezugsrechtsausschlüssen abgestellt hat. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sieht das Gesetz aber eben diese in Form der Vorgabe eines angemessenen Umtauschverhältnisses oder einer angemessenen Barabfindung vor. Der BGH hat sich zur Anwendbarkeit der materiellen Beschlusskontrolle auf Grundlagenbeschlüsse bisher nicht festgelegt. Anstelle einer allgemein gültigen Festlegung, stellt er darauf ab, ob die für den jeweiligen Beschlussinhalt vorhandene gesetzliche Regelung für eine Inhaltskontrolle Raum lässt. In den Fällen der Einführung von Höchststimmrechten,597 von Auflösungsbeschlüssen598 und von Beschlüssen über eine vereinfachte Kapitalherabsetzung599 hat er dies jedoch verneint, mit der Begründung, dass die sachliche Rechtfertigung bereits aus der gesetzlichen Regelung folge, die auf einer Abwägung der Aktionärsbelange und des Interesses der Gesellschaft an der Maßnahme beruhe.600 Für Beschlüsse, die eine faktische Abhängigkeit des Rechtsträgers zur Folge haben, hat sich der BGH wiederum für eine materielle Beschlusskontrolle entschieden, der zur Folge der Verlust der Einflussmöglichkeit durch überragende Gesellschaftsinteressen gerechtfertigt sein muss.601 In der Literatur und in der übrigen Rechtsprechung bestehen ebenfalls unterschiedliche Auffassungen. Während sich ein Teil für eine Anwendung der materiellen Beschlusskontrolle auf sämtliche Gesellschafterbeschlüsse ausspricht,602 erachten andere wiederum die allgemeine Missbrauchskontrolle für ausreichend und lehnen eine materielle Beschlusskontrolle ab.603 Eine dritte Auffassung differenziert 595 Zur Frage der rechtsdogmatischen Grundlage der materiellen Beschlusskontrolle, siehe MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 53 ff. m.w.N. 596 MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 57. 597 BGH, BGHZ 70, 117 (121 ff.). 598 BGH, BGHZ 76, 352 (353); 103, 184 (189 ff.). 599 BGH, BGHZ 138, 71. 600 BGH, BGHZ 70, 117 (121 ff.); 71, 40 (45); 183, 71 (72 f.). 601 BGH, BGHZ 80, 69 (74 f.). 602 Wiedemann, ZGR 1980, S. 147 (156 f.). 603 Lutter, ZHR 153 (1989), S. 446 ff.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

wiederum. Sie geht wie die erste Auffassung von dem Grundsatz aus, dass jeder Mehrheitsbeschluss, der in Rechte der Minderheit eingreift, der materiellen Beschlusskontrolle unterliegt. Im zweiten Schritt wirft sie jedoch die Frage auf, ob das Gesetz bereits eine Interessensabwägung vorgenommen bzw. anderweitige Bestimmungen zum Schutz der Minderheit getroffen hat, so dass im Sinne der Rechtsprechung des BGH kein Raum für eine gerichtliche materielle Beschlusskontrolle verbleibt.604 Da die meisten Strukturmaßnahmen allerdings eine umfassende gesetzliche Regelung einschließlich von Bestimmung zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern erfahren, wird auch diese Ansicht bei den meisten Strukturmaßnahmen ebenfalls zu einer Verneinung einer materiellen Beschlusskontrolle kommen. Mit Blick auf die Anwendung der materiellen Beschlusskontrolle bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen kann letztendlich auch nur dieses Ergebnis überzeugen.605 Denn auch hier hat der Gesetzgeber den Eingriff in die mitgliedschaftliche Rechtsstellung der Minderheitsaktionäre durch Mehrheitsbeschluss für zulässig erkannt. Zugleich hat der Gesetzgeber den Ausgleich typischer Konfliktsituationen in den Verschmelzungsvorschriften abstrakt vorweggenommen und unter Abwägung der Interessen der Minderheitsaktionäre gegenüber den Interessen der Mehrheitsaktionäre differenzierte Maßnahmen zum Minderheitenschutz erlassen. Dazu zählen insbesondere das Mehrheitserfordernis, der Verschmelzungsbericht, die Verschmelzungsprüfung durch gerichtlich bestellte Prüfer sowie das im weiteren Verlauf der Untersuchung noch darzulegende Austritts- bzw. Abfindungsrecht und das Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses. Diese Interessenabwägung wird auch nicht durch den Zustimmungsvorbehalt über die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens geschmälert. Denn wird die Zustimmung verweigert, lebt das strengere Anfechtungsrecht wieder auf und ermöglicht den Minderheitsgesellschaftern, ihre durch ein unangemessenes Umtauschverhältnis oder unangemessenes Barabfindungsangebot hervorgerufene Vermögensbeeinträchtigung im Wege der Anfechtungsklage bei gleichzeitiger Registersperre geltend zu machen.606 Diese Auffassung steht letztendlich auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zu Auflösungsbeschlüssen. Denn wenn es schon bei der Auflösung einer 604 OLG Stuttgart, AG 2000, S. 229 (230 f.); OLG Düsseldorf, AG 2003, S. 578 (579); Spindler/Stilz-Würthwein, § 243 AktG, Rn. 167; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 26 f.; Bayer/Habersack-Ulmer, Kap. 3 Rn. 45; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 63; GroßKommAktG-Schmidt, § 243 AktG, Rn. 46; Münch.HdB.GesR.IV-Semler, § 41 Rn. 35 f.; HöltersEnglisch, § 243 AktG, Rn. 45. 605 Dies entspricht der einhelligen Auffassung der Literatur, vgl. nur Kallmeyer-Zimmermann, § 13 UmwG, Rn. 12; Lutter/Winter-Lutter/Drygala, § 13 UmwG, Rn. 31 ff.; Widmann/ Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.11 ff.; KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 96; Semler/Stengel-Gehling, § 13 UmwG, Rn. 23; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 13 UmwG, Rn. 21. 606 Vgl. die Ausführungen zum Spruchverfahren und der Anfechtungsklage, Teil 4 B. II. 1. a) aa) (2), 3. a), 3. c).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Gesellschaft keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf, kann erst Recht kein anderer Maßstab für die Verschmelzung gelten, die im Vergleich zur Auflösung das geringere Übel darstellt.607 Seit der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 8. 2. 2006, in der das Gericht ausdrücklich feststellte, dass der Verschmelzungsbeschluss bei nationalen Verschmelzungen keiner Inhaltskontrolle auf seine sachliche Rechtfertigung hin unterfällt,608 dürfte die Frage der materiellen Beschlusskontrolle bei Verschmelzungen nunmehr entschieden sein und auch entsprechend für den Beschluss bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gelten.

III. Umsetzung in England, sections 10 – 15 CR 2007 In England wurden die Vorgaben des Art. 9 VRL über den in der Gesellschafterversammlung zu fassenden Verschmelzungsbeschluss und den damit einhergehenden Vorabinformationen in den regulations 10 – 15 CR 2007 umgesetzt. Gemäß regulation 13 (1) CR 2007 muss der Verschmelzungsplan in einer Versammlung der Aktionäre gebilligt werden. 1. Begrifflichkeiten Wie im deutschen Recht existieren auch im englischen Recht unterschiedliche Formen von Aktionärsversammlungen von public limited companies. Da die englischen Einberufungs- und Durchführungsvorschriften609 zwischen den einzelnen Versammlungsformen differenzieren, sollen diese zum besseren Verständnis kurz dargelegt werden. Versammlungen, an denen alle Aktionäre der Gesellschaft zur Teilnahme berechtigt sind, wird allgemein als „general meeting“ bezeichnet. Zur Teilnahme an sog. class meetings sind hingegen nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die einer bestimmten ,Aktionärsgattung‘610 (class members)611 zugeordnet werden können. Die Unterscheidung zwischen dem ,annual general meeting‘ und dem ,extraordinary general meeting‘ entspricht der deutschen Differenzierung zwischen der Jahres607

Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.24. OLG Frankfurt a.M. v. 8. 2. 2006, 12 W 185/05, NJW 2006, S. 1008. 609 Dies sind vorrangig die Vorschriften des Companies Act 2006 Parts 9 und 13, die Vorgaben der Mustersatzung der Schedule 3 Part. 3 der Companies (Model Articles) Regulations 2008 (S.I. 2008/3229), abrufbar unter: http://www.opsi.gov.uk/si/si2008/uksi_20083229_ en_1, die Vorschriften des „Financial Reporting Council’s Combined Code on Corporate Governance“ sowie die Grundsätze des case law. 610 Diese sind nicht mit den deutschen Aktiengattungen gleichzusetzen, wie den folgenden Ausführungen noch zu entnehmen sein wird. 611 Zu den einzelnen Zuordnungskriterien einer „Aktionärsgattung“ siehe Teil 2 B. II. 3. c) bb). 608

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

hauptversammlung bzw. ordentlichen Hauptversammlung und der außerordentlichen Hauptversammlung. Im Folgenden wird von einer Beschlussfassung außerhalb der Jahreshauptversammlung ausgegangen, so dass deren Besonderheiten keine Berücksichtigung finden. Im Übrigen wird an den englischen Begriffen des general meeting und des class meeting festgehalten. 2. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung a) Publizitätspflichten im Rahmen der Einberufung Im Gegensatz zu den allgemeinen Einberufungsregeln des CA 2006612 und zum deutschen Recht613 kann die Einberufung der Gesellschafterversammlung (general meeting), die über die Zustimmung zum Verschmelzungsplan beschließen soll, nicht wie üblich unmittelbar durch die directors der englischen verschmelzenden Gesellschaft erfolgen. Gemäß regulations 11 (1), 13 (1) CR 2007 bedarf es vielmehr eines auf Antrag der Gesellschaft ergehenden Anordnungsbeschlusses des Gerichts,614 in dem die Einberufung einer gemeinsamen Versammlung (general meeting) oder die Einberufung von mehreren, für jede Aktionärsgattungen gesondert abzuhaltenden class meetings angeordnet werden. aa) Einberufung der Hauptversammlung Das englische Recht sieht insofern ein eigenes gerichtliches Einberufungsverfahren vor, das insbesondere mit Blick auf den Minderheitenschutz eine eingehendere Betrachtung verdient. (1) Einberufungsverfahren Auf das dem Anordnungsbeschluss vorgeschaltete Antragsverfahren finden die allgemeinen Civil Procedure Rules (,CPR‘) and Civil Procedure Directions (CPR PD)615 Anwendung.616 Gemäß CPR 49 (b)(c) gilt damit dasselbe Antragsverfahren 612

Vgl. Sections 302, 306 CA 2006, nach denen grundsätzlich die Direktoren der Gesellschaft zur Einberufung ermächtigt sind und eine Einberufung ausnahmsweise nur dann durch das Gericht erfolgt, wenn sie andernfalls „impractical“ wäre. 613 Vgl. die Ausführungen über die Einberufung der Hauptversammlung nach deutschem Recht, Teil 3 F. II. 1. a) aa) (1). 614 Gemäß regulation 3 (1)(a) CR 2007 ist dies das ,High Court‘. 615 ,Civil Procedure Rules 1998‘, S. I. 1998/3132 (Stand Oktober 2010), abgedruckt in: Atkin’s Court Forms (2010), abrufbar oline unter: http://www.justice.gov.uk/civil/procrules_fin/ menus/rules.htm.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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für grenzüberschreitende Verschmelzungen wie für nationale Restrukturierungen im Sinne von schemes of arrangements oder national mergers.617 Danach hat die Gesellschaft einen Antrag (,application‘) auf Erlass einer Einberufungsverfügung (court order) im Sinne der CPR 8 (,Claim form‘) an das Registeramt des High Court (Registrar of the Companies Court) zu stellen618 und diesem einen Entwurf der begehrten Verfügung beizufügen.619 Der Registerbeamte stellt die begehrte Einberufungsverfügung aus, wenn nach seinem Dafürhalten keine weiteren Unterlagen oder eine Anhörung der Gesellschaft (hearing) erforderlich sind.620 Andernfalls ist den Gesellschaftern ein Anhörungstermin mitzuteilen und die Möglichkeit zu geben, bereits vor Einberufung der Versammlung einberufungsbezogene Einwände gegen die Beschlussvorlage und Einberufung der Versammlung vorzutragen.621 Hält der Registerbeamte die Einwände für schwerwiegend oder wird von Seiten der Gesellschaft oder der Gesellschafter ein entsprechender Antrag gestellt, ist der Registerbeamte nach eigenem Ermessen befugt, das Antragsverfahren an einen zuständigen Richter des High Courts622 abzugeben.623 Einer Abweichung von dem regulären Registerverfahren wird jedoch nur dann stattgegeben, wenn besondere Rechtsfragen die Einbindung eines Richters rechtfertigen.624 Andernfalls bleibt es 616

CPR 49 (c), CPR PD 49 A para. 1. Die Notwendigkeit einer Einberufungsverfügung folgt für allgemeine schemes of arrangements aus section 986, für national mergers aus sections 903, 986 CA 2006. 618 CPR PD 49 A para. 5, CPR 8, para. 1 (6), 2 ff. 619 CPR PD 49 A para. 5, CPR 8, para. 2 A (3)(b), 620 Siehe zum Beispiel: Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 650 (666, 679, 686). 621 Vgl. Re Telewest Communciations Plc (No. 1) [2004] B.C.C. 342 (343 f.); [2005] B.C.C. 29 (30). 622 Zuständig ist insoweit die Chancery Devision. 623 Court Guide Chancery Division, Rn. 19.4, 20.7, S. 130, abrufbar unter: http://www. hmcourts-service.gov.uk/cms/files/Chanceryguidefinaltext30september.pdf. 624 In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzung existiert bisher ein einziges Gerichtsverfahren. In Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947 (949) wurde einem Antrag auf Erlass einer Verfügung durch den Richter stattgegeben, mit dem die Gesellschaft die Befreiung von der Einberufung eines meeting beantragte. Die Antragsstellung an das Gericht wurde für zulässig befunden, soweit es um die Frage ging, ob die Zustimmung zum Verschmelzungsplan i.S.d. regulation 13 CR 2007 ausnahmsweise in schriftlicher Form ohne Abhaltung eines meeting zulässig ist, wenn die Gesellschaft nur einen einzigen Gesellschafter hat. Judge David Richards führt aus: „First a point of principle arises on the Regulations as to whether the requirement for approval of the draft terms of merger by members at a meeting summoned under regulation 11 is necessary in a case, such as present, where the company has only one member, who has formally signified its consent. Secondly there is an urgency to complete the merger … and it is thought that this can better be achieved if the … applications are heard by a judge [instead of the registrar]. The first of these grounds, in my view, justifies the course taken. Where a point of principle or general practice arises for decision the matter is 617

320

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

bei der Zuständigkeit des Registers, den Antrag zu prüfen und die Verfügung nach seinem eigenen Ermessen zu erteilen. Die Ermessensausübung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Stattgabe des Antrags und die örtliche und zeitliche Festsetzung der Versammlung. Regulation 11 (1) CR 2007 stellt es vielmehr insgesamt in das Ermessen des Registergerichts, die Einberufungsmodalitäten zu bestimmen.625 Die Grenze der Ermessensausübung bildet lediglich das Gesetz.626 Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention, das Verfahren der grenzüberschreitenden Verschmelzung möglichst an dem Verfahren nationaler Verschmelzung anzupassen (light touch),627 ist davon auszugehen, dass die Gerichte sich in Bezug auf ihre Ermessensausübung an die allgemein gängigen Anweisungen und Vorgehensweisen halten werden. Danach folgen die Gerichte in der Regel den Anträgen der Gesellschaft und geben lediglich Anweisungen hinsichtlich der Länge der Einberufungsnotiz (notice), der Bekanntmachungsform und der Form der Stimmrechtsvertretung (,proxy‘).628 Für eine entsprechende Handhabung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung spricht letztendlich auch, dass sich das Antragsverfahren bei den schemes of arrangements i.S.d. Parts 26 und 27 CA 2006 und das bei grenzüberschreitenden Verschmelzung nach den gleichen prozessualen Vorgaben der Parts 8 und 49 der Civil Procedure Rules and Practice Directions richten.629 properly brought before a judge. I do not consider that the second ground would itself justify a departure from the usual practice.“ Siehe ferner: Court Guide Chancery Devision, Rn. 20.16, S. 133: „The application will usually be heard by a Registrar, unless it is thought that issues of difficulty may arise, in which case it can be heard by a judge.“ Für weitere prozessuale Einzelheiten siehe auch: Practice Statement, [2000] 1 WLR 1345. 625 Vgl. regulation 11(1) CR 2007: „The court may order …. a meeting to be summoned in such manners as the court directs“; zu den Parallelvorschriften sections 897, 937 CA 2006: Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch. 385 (395); Eggert, S. 170. 626 Vgl. zum Ermessensspielraum des Gerichts in Bezug auf Einberufungsverfügungen: Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947 (951); Re Altitude Scaffholding Ltd [2007] 1 B.C.C. 904 (908 ff.); Re RMCA Reinsurance Ltd [1994] B.C.C. 378. 627 Vgl. BERR, A Consultative Document, March 2007, Ziff. 3.4, S. 13: „Implementation of the Directive on a „light touch“ basis: Our aim is to retain consistency between domestic and cross-border merger procedures as far as possible. The provisions of the Directive are broadly in line with UK legislation on domestic mergers of public companies. We intend, therefore, to attempt to replicate the existing blueprint for domestic mergers, making only necessary adjustments to reflect additional or different regulatory requirements in the Directive model“ 628 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 29-6. Die Form eines Einberufungsantrags und die einer entsprechenden Einberufungsverfügung sind abgedruckt in: Atkin’s Court Forms, Bd. 9(1) (2004), Rn. 328 und Rn. 330. Ein Praxisbeispiel für eine Einberufungsverfügung i.S.d. 425 CA 1985 (heute section 896 CA 2006) findet sich in: Equitable Life Assurance Society [2002] B.C.C 319 sowie in Re British Aviation Insurance Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (674). 629 CPR 49 (b)(c).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Die registergerichtliche Einberufungsverfügung befreit die Gesellschaft allerdings nicht von ihrer Verantwortlichkeit, für eine ordnungsgemäße Einberufung der Versammlung Sorge zu tragen. Die Einberufung bleibt insofern einer nachträglichen richterlichen Überprüfung in vollem Umfang zugänglich.630 Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Zustimmung zum Verschmelzungsplan von den Gesellschaftern im Rahmen eines einzigen general meetings oder aber im Wege von einzelnen nach Aktionärsgattungen aufgeteilten class meetings einzuholen ist.631 Sie stellt im Rahmen der Einberufung den mitunter konfliktreichsten632 Aspekt des Einberufungsbeschlusses dar, der immer wieder von widersprechenden Minderheitsaktionären als Hauptangriffsmittel gegen den Hauptversammlungsbeschluss aufgegriffen wird.633 Während es im deutschen Recht immer eines Zustimmungsbeschlusses der gesamten Hauptversammlung bedarf und im Falle des Bestehens von Aktiengattung nur zusätzlich die Zustimmung der einzelnen Gattungen in der Form von Sonderbeschlüssen erforderlich sind,634 untersagt das englische Recht nämlich bereits die Beschlussfassung im Rahmen einer gemeinsamen Hauptversammlung, wenn unterschiedliche Aktionärsgattungen (nicht Aktiengattungen) bestehen.635 In diesem Fall muss die Gesellschaft zwingend getrennte Versammlungen für die einzelnen Aktionärsgattungen einberufen. Unterlässt die Gesellschaft dies oder nimmt sie die Einteilung der Gesellschafter in einzelne Aktionärsgattungen fehlerhaft vor, ist die Einberufung der Hauptversammlung bereits rechtswidrig, so dass die Gerichte die spätere Genehmigung des Verschmelzungsbeschlusses bzw. der Eintragung der Verschmelzung verweigern.636 Sind mehrere class meetings einzuberufen, erstreckt sich das für die Beschlussfassung maßgebliche Mehrheitsquorum jedoch nicht auf die Gesamtzahl der Beschlüsse (z. B. 75 % von 10 class meetings), sondern auf jedes einzelne class

630

Re Hellenic and General Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (125); Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740; Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (681). 631 Scott/Lewis, PLC 1992, S. 26. 632 Hannigan, Company Law, Rn. 26-104. 633 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19 f.); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682); Re Hellenic Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (125 f.); Re United Provident Assurance Company Ltd [1910] 2 Ch 477 (481). 634 Vgl. die Ausführungen über Sonderbeschlüsse auf deutschen Hauptversammlungen, Teil 3 F. II. 2. g). 635 BERR, A Consultative Document, March 2007, S. 17; Hannigan, Company Law, 26104. 636 In Bezug auf die Parallelvorschriften sections 896, 899, 903 CA 2006: Re Equitable Life Assurance Society (No. 1) [2002] B.C.C. 319 (320); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665; Re Cape plc [2007] 2 B.C.L.C. 546 (562); Re N & T Ltd (No3) [2007] 1 B.C.L.C. 563 (599).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

meeting.637 Wird nur in einem class meeting nicht die erforderliche Mehrheit erreicht, fehlt es bereits an einer Zustimmung zum Beschlussgegenstand, so dass eine Genehmigung des schemes of arrangements638 bzw. der Verschmelzung durch das Gericht nach regulation 6 CR 2007 nicht erteilt wird. Der Entscheidung, ob und wie ein gemeinsames oder mehrere gesonderte meetings einzuberufen sind, kommt damit erhebliche Bedeutung zu. Denn je nach den Einteilungskriterien wird möglicherweise mit der Einberufung gesonderter class meetings einer Minderheitsgruppe ein Vetorecht eingeräumt, mit dem diese die gesamte Beschlussfassung verhindern kann639 und somit das Mehrheitsprinzip entkräftet.640 Vor diesem Hintergrund könnte eine Minderheit den Verschmelzungsvorgang unproblematisch durch Verweigerung ihrer Zustimmung blockieren, wenn für die Einteilung in die einzelnen class meetings die verschiedenen Interessen der Aktionäre in Bezug auf den Beschlussgegenstand maßgebend wären. Obwohl dieser Ansatz immer wieder seitens von Minderheitsaktionären (oder Gläubigern)641 geltend gemacht wird, hat sich in der englischen Rechtsprechung eine klare Linie herausgebildet, nach der die Einteilung vorzunehmen ist.642 637 Regulation 13 (1) CR 2007; Boyle/Birds, Company Law, Rn. 20.20; zur Parallelvorschrift bei nationalen Verschmelzungen, vgl. Sections 899, 896, 907 CA 2006. 638 Hannigan, Company Law, Rn. 26-102. 639 So in MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (687): Für die Übertragung der Gesellschaft auf eine französische Gesellschaft bedurfte es neben der Zustimmung der ordinary shareholders u. a. auch die der holders of warrants (Optionsscheinen). Für sie musste ein gesondertes class meeting einberufen werden. Obwohl Elders Investments Ltd Knur 5,5 % der ordinary shares und 25,06 % der ausgegebenen Optionsscheine hielt, seine Beteiligung an den ordinary shares also bei Weitem nicht für eine Blockade des Mehrheitsbeschlusses im general meeting ausgereicht hätte, konnte Elders Investment den Mehrheitsbeschluss von 75 % in dem class meeting und somit die gesamte Transaktion blockieren. 640 Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (680) unter Bezugnahme auf Re BTR plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682): „Lest by ordering separate meetings the court gives a veto to a minority group.“; Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (517): „To break creditors up into classes, however, will give each class an opportunity to veto the scheme, a process which undermines the basic approach of decision by a large majority, and one which should only be permitted if there are dissimilar interests related to the company and its scheme to be protected. The fact, that two views may be expressed at a meeting because one group may for extraneous reasons prefer one course, while another group prefers another is not a reason for calling two separate meetings“. 641 Alternativ oder zusätzlich zum members meeting kann das Gericht die Genehmigung von schemes of arrangements oder cross-border mergers von der Zustimmung der Gläubiger der englischen Gesellschaft abhängig machen, regulation 11 (1) CR 2007. In Hinsicht auf die Gläubigerversammlung gelten aber im Wesentlichen die gleichen Grundsätze, so dass auf diesbezügliche Rechtsprechung Bezug genommen werden kann, vgl. nur Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947. 642 Re Hawk Insurance plc [2001] 2 B.C.L.C. 480; Re Anglo American Insurance Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 755 (763); Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C. 182 (188); Re BTR plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (683); 740; Die einzige dem Verfasser bekannte, von der Rechtsprechung

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Danach setzt sich ein class meeting durch diejenigen Aktionäre (oder Gläubiger) zusammen, deren Rechte nicht so unterschiedlich sind, dass ihnen eine gemeinsame Beratung mit Blick auf ihr gemeinsames Interesse nicht möglich ist.643 Die Interessen der Aktionäre am Beschlussgegenstand sind jedoch nicht entscheidend und werden nur noch im Rahmen der nachgelagerten gerichtlichen Genehmigung des Strukturplans (,scheme‘) berücksichtigt.644 Insofern ist eine Zuteilung zu einem class meeting oder zu einem gemeinsamen general meeting auch dann ordnungsgemäß, wenn die class members entgegengesetzte Interessen an der zu beschließenden Maßnahme verfolgen.645 Dementsprechend kann auch bei Unternehmensverflechtungen nicht der Einwand geltend gemacht werden, die übernehmende Gesellschaft habe als Mehrheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft andere Interessen als diejenigen Aktionäre, die nur Aktien an der übertragenden Gesellschaft halten.646 Der Schutz der Interessen der Minderheitsgesellschafter vor einer Unterdrückung (,oppression‘) durch die Mehrheitsgesellschafter bleibt daher den Grundsätzen des Common Laws im Wege des Genehmigungsverfahrens vorbehalten.647 Für die grenzüberschreitende Verschmelzung würde dies bedeuten, dass die unterschiedlichen Interessen der Aktionäre zwar nicht im Rahmen des Einberufungsverfahrens, aber im Rahmen der Vorabbescheinigung oder Rechtmäßigkeitsprüfung gemäß Artt. 10 und 11 VRL von den Gerichten berücksichtigt wür-

abweichende Entscheidung ist Re Hellenic Trust Ltd [1976] W.L.R. 123 (126 f.), in der das Gericht die Genehmigung eines scheme of arrangements versagte, weil trotz entgegengesetzter Interessen von Mehrheits- und Minderheitsaktionären keine getrennten class meetings einberufen wurden. Die Entscheidung wurde von allen bereits zitierten, dieser Entscheidung nachfolgenden Gerichtsentscheidungen verworfen, siehe statt aller: Re BTR Plc [1999] B.C.L.C. 740 (675, 683). 643 Die Gerichte stützen sich insofern auf die Grundsatzentscheidung Sovereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 QB 573 (583). Darin heißt es: „… and that it (class) must be confined to those persons whose rights are not to dissimilar as to make it impossible for them to consult together with a view to their common interest“, vgl. nur Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (745); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (680, 683, 740) Re Hawk Insurance plc [2001] 2 B.C.L.C 480; Re Anglo American Insurance Ltd [2001] 1 B.C.L.C 755 (763); Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C 182 (188). 644 Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614 (625): „It is determination by reference to rights of shareholders that meets such difficulties (identifying shareholders with the same interests), while leaving any conflict of interest which may result in a minority being overborne or coerced to be dealt with by the courts when their sanctioning is sought.“Siehe ferner: Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614 (625); Re Hellenic & General Trust Ltd [1975] 3 All E.R. 382; Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19). 645 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 2008 17 (19). 646 Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (680 ff.). 647 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (747); Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (517); Re British Aviation Insurance Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (680).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

den. Dies wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch ausführlich betrachtet werden.648 Ungeachtet dessen darf aus der Anknüpfung an die Rechte der Aktionäre nicht gefolgert werden, dass die Aktiengattung maßgeblich sei649 oder, dass nicht trotz identischer Rechte verschiedene Versammlungen650 bzw. trotz unterschiedlicher Rechte nicht eine gemeinsame Versammlung651 zweckmäßig sein können. Dies kann bei identischen Rechten zum Beispiel der Fall sein, wenn der Strukturplan (scheme) für die Aktionäre unterschiedliche Regelungen vorsieht.652 Da das Umtauschverhältnis oder eine etwaige Barabfindung aber für alle Aktionäre gleichermaßen gilt, dürfte sich im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen eine derartige Konstellation nur in Ausnahmefällen ergeben. Gesonderte class meetings werden daher wohl nur in Betracht kommen, wenn die englische Gesellschaft Vorzugsaktien oder convertible bonds ausgegeben hat.653 Inwiefern Mehrstimmrechte zur Einberufung getrennter Versammlung Anlass geben, wird eine Frage des Einzelfalls sein. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass der englische Gesetzgeber das Verschmelzungsverfahren schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Aufsicht des Gerichts unterstellt hat, indem das Einberufungsverfahren einer ex-ante Kontrolle des (Register-)Gerichts unterliegt. Eine erhöhte Rechtmäßigkeitsgewähr für die Beschlussfassung oder für den Inhalt des Verschmelzungsplans geht damit jedoch nicht einher. Das Gericht berücksichtigt insbesondere nicht die Hintergründe oder Fairness des Verschmelzungsplans.654 648

Vgl. die Ausführungen über die Vorabbescheinigung Teil 3 G. III. 1. b) aa) (1) (b). Auf die Aktiengattungen i.S.d. section 926 (1) CA 2006 (classes of shares) kommt es nicht an: Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (683); Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614. 650 Re Cape Plc [2007] 2 B.C.L.C. 546 (555); Re United Provident Assurance Company Ltd [1910] 2 Ch. 477 (481); Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Rly Co [1891] 1 Ch. 213, CA. 651 Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675; Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614, 652 Re Waste Recycling Group Plc [2004] B.C.C. 328 (330): „The determination of the class of members, … depends primarily on considering first of all the rights of the members in question, and secondly, the way in which the scheme proposes to deal with those members. It is possible that you have five members with all essentially the same rights, but who are to be dealt with by the scheme in different ways, in which case there will be different classes according to how they are to be dealt with. (in the present case there is really only one class of members in terms of rights and all members are to be treated the same under the scheme by having their shares cancelled in return for the cash payment“. 653 Vgl. MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (687). 654 Re Telewest Communications Plc [2004] B.C.C. 342 (343 f.), [2005] B.C.C. 29 (30): „… the function of the court at this stage: this was an application by the companies for leave to convene meetings to consider the schemes. It was emphatically not a hearing to consider the merits and fairness of the schemes: those aspects were among the principal matters for decision 649

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Der Zweck des gerichtlichen Einberufungsverfahrens ist vielmehr darauf beschränkt, sicherzustellen, dass die von der Verschmelzung betroffenen Aktionäre ausreichend Gelegenheit zur Teilnahme an der Versammlung haben,655 alle Fragen in Bezug auf die ordnungsgemäße Zusammensetzung der einzelnen Klassen im Vorfeld geklärt werden656 sowie im Rahmen einer prima facie Sichtung die groben, auf den ersten Blick erkennbaren Fehler vermieden werden.657 Davon losgelöst ist die Regelung der regulation 11 CR 2007 dennoch von mehreren Vorteilen geprägt. Erstens ermöglicht sie im Rahmen des zwingenden Gesetzes, die Einberufung der Hauptversammlung und ggf. deren Durchführung auf den Einzelfall anzupassen. Zweitens wird eine enge Abstimmung mit dem Registergericht vor allem im Rahmen des Anhörungstermins erreicht. Drittens und letztens besteht für englische Gesellschaften – wenn auch begrenzt – die Möglichkeit, rechtliche Unklarheiten bereits im Vorfeld durch eine Vorabentscheidung des Gerichts zu beseitigen. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Gesellschafter gegen den Einberufungsbeschluss Berufung einlegen können, die allerdings ebenfalls auf den dargelegten Prüfungsumfang des Registergerichts begrenzt ist.658 (2) Bekanntmachungsformen Hinsichtlich der Bekanntmachung der Einberufung enthalten die CR 2007 keine detaillierteren Vorgaben. Der im Rahmen der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nach regulation 12 (1) CR 2007 in den öffentlichen Mitteilungsblättern (London Gazette) von dem Register zu veröffentliche Hinweis auf die Einreichung des Verschmelzungsplans umfasst zwar auch die gerichtliche Einberufungsverfügung, regulation 12 (1)(a) CR 2007.659 Die Bekanntmachung der Einberufungsverfügung in den Mitteilungsblättern genügt zur Einberufung jedoch nicht. Dies erschließt sich bereits aus regulation 15 (1) CR 2007, die die Versendung einer Einberufungsnotiz (notice of meeting)660 at the later hearing to sanction the schemes, if they were approved by the statutory majorities of creditors. The matters for consideration at this stage concerned the jurisdiction of the court to sanction the scheme if it proceeded. There was no point in the court convening meetings to consider the scheme if it could be seen now that it would lack the jurisdiction to sanction it later. This was principally a matter of the composition of classes“; Re British Aviation Insurance Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (679); Re UDL Holding Ltd [2002] 1 H.K.C. 172. 655 Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C . 665 (678). 656 Re Telewest Communications Plc [2005] B.C.C. 29 (31); Re Hawk Insurance Co Ltd [2002] B.C.C. 300. 657 Re Equitable Life Assurance Society (No. 1) [2002] B.C.C. 319 (320). 658 Re Telewest Communications Plc [2004] B.C.C. 29 (30 f.). 659 Vgl. die Ausführungen über die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, Teil 3 C. III. 6. 660 Ein Vordruck ist abgebildet in: Millett, Encyclopaedia of Forms and Precedents, Bd. 10 (1) (Aufl. 2008), Rn. 2581.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

voraussetzt. Im Umkehrschluss verweist regulation 15 (1) CR 2007 somit auf die allgemeinen Bekanntmachungsregeln des CA 2006.661 Gemäß section 310 (1) CA 2006 ist die Einberufungsnotiz an jeden Anteilsinhaber (,member‘) und jeden director zu versenden. Wie bereits eingangs dargelegt, sind nach section 113 (1) CA 2006 aber nur diejenigen Aktionäre members, die in das register of members eingetragen sind. Da Inhaber von Inhaberaktien (,bearer shares‘) nicht in das Aktionärsregister eingetragen werden können,662 sind diese von der Einberufung und Teilnahme an der Aktionärsversammlung ausgenommen.663 Die Versendung der Einberufungsnotiz kann nach section 308 CA 2006 in postalischer (hard copy)664 oder in elektronischer (electronical means)665 Form erfolgen. Ferner ist eine Bekanntgabe der Einberufung in den allgemeinen Tageszeitungen (advertisment) gemäß regulation 15 (1)(b) CR 2007 zulässig. Eine Veröffentlichung der Einberufungsnotiz auf einer Internetseite ist ebenfalls zulässig.666 Wie bei der elektronischen Versendung bedarf es aber auch in diesem Fall vorab der Zustimmung der Gesellschafter, dass die Gesellschaft ihnen im Einzelfall oder generell Informationen auf diesem Weg übermitteln darf. In beiden Fällen genügt eine Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, die durch Aufnahme in die Satzung auch für zukünftige Gesellschafter Geltungskraft erlangen kann.667 Wird die Zustimmung der Aktionäre nicht auf der Versammlung durch Beschluss, sondern durch individuelle Anfrage eingeholt, so wird die individuelle Zustimmung der einzelnen Aktionäre fingiert, wenn der Gesellschaft nicht innerhalb von 28 Tagen ein Widerspruch zugeht.668 Die Veröffentlichung der Einberufungsnotiz auf einer Internetseite befreit jedoch auch die englische Gesellschaft nicht gänzlich von der Pflicht, den Aktionären die Einberufung auf postalischem oder elektronischem Wege bekanntzugeben.669 In 661 Die Kommunikation zwischen Gesellschaften und ihren Aktionären wurde zum 20. 1. 2007 im CA 2006 durch den Companies Act 2006 (Commencement No1, Transitional Provisions and Savings) Order 2006 (S.I. 2006/3428) umfassend neu geregelt und durch die ,The Companies (Shareholders’ Rights) Regulations 2009‘ (S.I. 2009/1632) im Rahmen der Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (Richtlinie 2007/36/EC v. 11. 07. 2007, ABl. L 184/17) ergänzt. Die Vorschriften finden sich überwiegend in den sections 1143 – 1148, 1168, den Sch 4 und 5 sowie in sections 307 ff., 333 CA 2006. 662 Vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung der plc, Teil 2 B. II. 3. d) bb). 663 Steering Group, Modern Company Law For a Competitive Economy – Final Report (2001), S. 138 f. 664 Sections 308 (a), 1143 (1), Sch 5 paras. 2, 3 CA 2006; zur Begrifflichkeit ,hard copy‘: section 1168 CA 2006. 665 Sections 308 (b), 1143 (1), Sch 5 paras. 5 – 7 CA 2006; zur Begrifflichkeit: ,by electronical means‘ section 1168 CA 2006. 666 Sections 308 (c), 309, 1143 (1), Sch 5 paras. 8 – 14 CA 2006. 667 Sections 308 (c), 309, 1143 (1), Sch 5 para. 10 (2) CA 2006. 668 Sections 309, 1141 (1) Sch 5 para 9(3) CA 2006. 669 Hannigan/Prentice, Rn. 6.6.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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diesem Fall genügt allerdings eine verkürzte Einberufungsmitteilung (notification), die neben einem Hinweis auf die Veröffentlichung der Einberufungsnotiz auf der Internetseite, die Adresse und Zugangsbedingungen der Internetseite sowie Zeit und Ort der Versammlung enthalten.670 Eine entsprechende Satzungsregelung oder die Zustimmung der Aktionäre vorausgesetzt, kann diese verkürzte Mitteilung auch per E-Mail versendet werden.671 Die Bekanntmachungsvorgaben entsprechen insofern denen des deutschen Rechts. Welche Bekanntmachungsform schlussendlich zur Anwendung kommt, obliegt allerdings der Entscheidung des Gerichts,672 wobei dieses auch eine Kombination der einzelnen Bekanntmachungsformen anordnen kann.673 Eine Bekanntgabe der Einberufung an Finanzintermediäre, die Aktien für Aktionäre halten, ist im englischen Recht hingegen nicht vorgesehen. Der englische Gesetzgeber scheint insoweit die Auffassung zu vertreten, eine Weiterleitung der Einberufungsnotiz durch Finanzintermediäre leite eher zu Verzögerungen und sei daher nicht erforderlich.674 Unter Berücksichtigung der divergierenden Aktienstruktur in England, die zum überwiegenden Teil durch Namensaktien und nicht durch Inhaberaktien wie in Deutschland geprägt ist, und alle (stimmberechtigten) Aktionäre im Aktionärsregister eingetragen und namensmäßig bekannt sind, dürften sich daraus auch keine Benachteiligungen für den Minderheitenschutz ergeben. Schließlich ist festzustellen, dass der ordnungsgemäßen Zusendung der Einberufungsnotiz im englischen Recht nur eine begrenzte Bedeutung zukommt, wenn ein gemeinsames general meeting einberufen wird. Denn gemäß section 313 (1) CA 2006 führt ein unbeabsichtigtes Ausbleiben der Ladung einzelner Aktionäre nicht zur Unwirksamkeit der Einberufung der Versammlung. Dies gilt jedoch nur soweit, wie es sich nicht um eine beabsichtigte Auslassung handelt. Andernfalls sind alle auf der Versammlung gefassten Beschlüsse unwirksam.675 (3) Inhalt der Einberufung Was den Inhalt der Einberufungsnotiz betrifft, sehen die CR 2007 ebenfalls keine weiteren Vorgaben vor, so dass auch diesbezüglich an den allgemeinen Regelungen der sections 307 ff. CA 2006 anzuknüpfen ist.

670

Sections 309, 1141 (1), Sch 5 para. 13 CA 2006. Hannigan/Prentice, Rn. 6.6, 6.7. 672 Alock/Birds/Gale, Rn. 9.37. 673 Vgl. Section 308 CA 2006. 674 Cahn/Donald, S. 563. 675 Young v Ladies Imperial Club [1920] 2 K.B. 523 (536); Re West Canadian Collieries Ltd [1962] Ch 370 (375); Musselwhite v C H Musselwhite & Sons Ltd [1962] Ch 964; Royal Mutual Benefit Building Society v Sharmann [1963] 1 W.L.R. 581 (587). 671

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Diese differenzieren bei börsennotierten Aktiengesellschaften (traded companies)676 zwischen der Einberufung eines gemeinsamen general meetings und der Einberufung getrennter class meetings, sections 311, 334 CA 2006. (a) Mindestinhalt Für beide Versammlungsformen gelten zunächst die Mindestinhaltsangaben der sections 311 (1) CA 2006.677 Danach hat die Einberufungsnotiz grundsätzlich Ort, Zeit und Datum der Versammlung sowie die allgemeinen Eigenschaften (general nature) der Beschlussgegenstände anzugeben. Letztere Angaben entsprechen der Tagesordnung im deutschen Recht insoweit, als Beschlüsse nur über solche Vorschläge gefasst werden können, die in der Einberufungsnotiz angezeigt wurden.678 In Hinsicht auf den Versammlungsort enthält der CA 2006 keine Vorgabe, so dass die Aktionärsversammlung grundsätzlich auch im Ausland abgehalten werden darf, sofern die Satzung der Gesellschaft keine anderweitigen Bestimmungen vorsieht.679 (b) Zusätzliche Pflichtangaben für general meetings Im Falle der Einberufung eines general meeting börsennotierter Aktiengesellschaften (,traded companies‘) ist die Einberufungsnotiz um die zusätzlichen Angaben aus section 311 (3) CA 2006 zu ergänzen, die im Wesentlichen den Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 der Aktionärsrichtlinie680 entsprechen. Demnach muss die Einberufungsnotiz zusätzlich eine Erklärung enthalten, dass das Stimmrecht auf der Versammlung unter Bezugnahme auf das Aktionärsregister bestimmt wird, den dafür maßgeblichen Nachweisstichtag benennen, die Voraussetzungen und Formulare für die Teilnahme und Stimmrechtsausübung auf der Versammlung sowie die für deren Wahrnehmung durch bevollmächtigte Dritte darlegen und das Verfahren für eine Brief- oder elektronische Wahl erläutern, wenn die Gesellschaft solche Abstimmungsmöglichkeiten bereitstellt. Schlussendlich muss die Einberufungsnotiz auch Angaben über das Fragerecht der Aktionäre auf der Versammlung i.S.d. section 319 A CA 2006 sowie einen Hinweis auf die Adresse der Internetseite enthalten, auf der die traded company die nach section 311 A CA 2006 zu veröffentlichen Informationen bereitstellt. Ein Verstoß gegen diese Informationspflicht begründet allerdings nicht die Unwirksamkeit des Beschlusses, sondern lediglich eine mit Bußgeld geahndete Ordnungswidrigkeit der directors.681 676 Vgl. Sections 360 C, 1173 CA 2006, wonach traded companies Gesellschaften sind, deren Anteile Stimmrechte tragen und an einem geregelten Markt der EEA zugelassen sind. 677 Vgl. für die Einberufung von class meetings, section 334 (1)(2)(c) CA 2006. 678 Tolley-Parkinson, G 2032. 679 Mayson/French/Ryan, Rn. 14.6.1. 680 Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 07. 2007, ABl. L 184/17. 681 Vgl. Section 325 (2)-(4) CA 2006; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 1568, Fn. 264.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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(c) Circular Unabhängig von der Art der einzuberufenden Versammlung stellen die Inhaltsvorgaben aber nur Mindestangaben dar und sind nicht abschließend. Für eine ordnungsgemäße Einberufung ist nach der Rechtsprechung vielmehr entscheidend, ob die darin zur Verfügung gestellten Informationen so klar und umfassend sind, dass sie den Aktionären eine Entscheidungsfindung über ihre Teilnahme an der Versammlung ermöglichen.682 Es ist daher üblich, dass Gesellschaften zusätzlich zu der (kurzen) Einberufungsnotiz ein sog. circular mitversenden, in dem die Hintergründe und Tragweite der Beschlussgegenstände erläutert werden.683 Für börsennotierte Aktiengesellschaften sieht die Listing Rule (,L.R‘) 13.3.1.684 die Pflicht zur Versendung von Circulars bei allen Angelegenheiten außerhalb der Ordinary Business nunmehr explizit vor. Neben weiteren Angaben hat dieses insbesondere zu enthalten: *

*

*

eine klare und adäquate Erklärung der Beschlussgegenstände, alle Informationen, die notwendig sind, um den Aktionären eine vernünftig informierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen, eine Abstimmungsempfehlung der Direktoren sowie eine Erklärung darüber, ob die Beschlussvorlage im Interesse der Aktionäre ist.

Die circulars sind der UK Listing Authority in zweifacher Ausfertigung vor ihrer Versendung zu übermitteln und in gewissen Fällen von dieser zu genehmigen.685 Inwiefern die Verpflichtung zur Erstellung eines circulars bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung mit Blick auf den Verschmelzungsberichts (directors report) auf Grundlage von L.R. 13.1.5686 entfallen kann, wird in Abstimmung mit dem Gericht zu entscheiden sein. (4) Zusendung der Verschmelzungsunterlagen Gemäß regulation 15 (1) CR 2007 sind zusammen mit der Einberufungsmitteilung zusätzlich alle Verschmelzungsunterlagen den Gesellschaftern zuzusenden. 682

Tiessen v Henderson [1899] 1 Ch 861 (866 f.); Re Moorgate Mercantile Holdings Ltd [1980] 1 W.L.R. 227 (242); Rackham v Peek Foods Ltd [1990] B.C.L.C 895 (899); Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667 (672), Residues Treatment & Trading Co Ltd v Southern Ressources Ltd [1998] 14 A.C.L.R. 375 (394) Re Allied Domecq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134, Re RAC Motoring Service Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 15. 683 Mayson/French/Ryan, Rn. 14.8.7. 684 Listing Rules der Financial Service Authority (,FSA‘) (Stand 2010) abrufbar unter: http://www.fsa.gov.uk/pubs/hb-releases/rel100/rel100lr.pdf. 685 Listing Rules L.R. 9.6.1 und 13.2.5. i.V.m. L.R. 13.2.1, 13.2.2. 686 Danach müssen Informationen nicht im circular angegeben werden, die bereits in anderen Dokumenten enthalten sind. Dem Wortlaut nach ist aber nur die Information, nicht aber das circular insgesamt entbehrlich.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Erfolgt die Bekanntgabe der Einberufung in den Tagesblättern, genügt die Aufnahme eines Hinweises, wo die Unterlagen zu erhalten sind, regulation 15 (1)(b) CR 2007. Eine entsprechende Regelung wurde allerdings nicht für den Fall der Bekanntmachung der Einberufung im Wege der Internetveröffentlichung in den CR 2007 aufgenommen. Inwiefern die Dokumente mit der verkürzten Einberufungsnotiz mit zu versenden sind, oder ob ein Hinweis auf die Veröffentlichung auf der Internetseite ausreicht, wird die Gesellschaft daher mit dem Registergericht im Rahmen des Antragsverfahrens abzustimmen haben. Da gemäß section 8 Schedule 5 CA 2006 unter der Prämisse der Zustimmung der Gesellschafter ein Dokument als wirksam versendet gilt, wenn es auf der Internetseite zur Verfügung gestellt wird, dürften einem Verzicht auf die Zusendung der Unterlagen jedenfalls keine rechtlichen Bedenken entgegenstehen. (5) Aktualisierungspflicht Schlussendlich ist darauf hinzuweisen, dass nach den Grundsätzen des case law die Gesellschaft bis zur Abhaltung der Hauptversammlung einer Aktualisierungspflicht unterliegt, der zur Folge sie wesentliche Änderungen (material alteration) beschlussbezogener Umstände, die nach der Versendung der Einberufungsnotiz auftreten, gegenüber den Aktionären rechtzeitig zu kommunizieren hat. Andernfalls wird das Gericht die Verschmelzung nicht genehmigen,687 wenn ein vernünftiger Gesellschafter seine Entscheidung bei Kenntnis der veränderten Umstände anders getroffen hätte.688 (6) Einberufungsfrist Eine Frist zur Bekanntmachung der Einberufungsnotiz ist wie in der VRL auch in den CR 2007 nicht vorgegeben. Aus der Vorgabe der regulation 12 (1)(3)(5)(e) CR 2007, wonach die Einberufungsverfügung des Gerichts zwei Monate vor der Versammlung beim zuständigen Register einzureichen und von diesem ein Hinweis auf deren Einreichung einen Monat vor der Versammlung in der London Gazette bekanntzugeben ist, lässt sich ebenfalls kein Rückschluss auf eine Einberufungsfrist entnehmen. Denn wie soeben dargestellt, genügt entgegen der deutschen Rechtslage für die Einberufung der Hauptversammlung eben nicht die Bekanntmachung in den öffentlichen Mitteilungsblättern, sondern bedarf stets einer gesonderten Mitteilung nach den Vorgaben der sections 308 f. CA 2006. Regulation 12 CR 2007 regelt daher nicht die Einberufung der Hauptversammlung und kann somit auch keine Einberufungsfrist indizieren.689 687

Re Jessel Trust Ltd [1985] B.C.L.C. 119. Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667, Re Allied Domecq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134, Re Abbey National Plc [2005] 1 B.C.L.C. 15. (18). 689 A.A. Siepe, S. 226. 688

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Dementsprechend bleibt die Festlegung einer Einberufungsfrist nach den Vorgaben der regulation 11 CR 2007 dem Gericht überlassen. Nach seinem Ermessen kann es eine längere oder kürzere Einberufungsfrist vorsehen, wobei die Mindestfristen der CA 2006 als Grenzen der Ermessensausübung nicht unterschritten werden dürfen. Seit Umsetzung der Aktionärsrichtlinie690 durch die ,The Companies Shareholders’ Rights Regulations 2009‘691 gilt für general meetings von börsennotierten Gesellschaften gemäß section 307 A CA 2006 eine Mindestfrist von 21 Tage. Eine verkürzte Einberufung von 14 Tagen ist nur noch möglich, wenn die Gesellschaft dies auf der vorangehenden Hauptversammlung beschlossen hat, es sich bei der anstehenden Hauptversammlung nicht um eine Jahreshauptversammlung handelt und die Ausübung der Stimmrechte durch die Aktionäre im Wege elektronischer Kommunikation möglich ist, section 307 A (1)(a) – (4) CA 2006. Im Übrigen ist es der Satzung der Gesellschaft vorbehalten, eine längere Frist vorzusehen, section 307 (6) CA 2006. Sind getrennte class meetings einzuberufen, verbleibt es gemäß section 334 A CA 2006 bei den für nicht börsennotierten Gesellschaften geltenden Vorgabe der section 307 (2)(b) CA 2006, der gemäß eine Einberufungsfrist von 14 Tagen ausreicht, sofern die Satzung der Gesellschaft keine längere Frist bestimmt. Bei der Berechnung der Fristen werden gemäß section 360 (1)(2) CA 2006 der Tag der Versammlung und der der Einberufungsbekanntgabe nicht berücksichtigt. Für den Tag der Bekanntgabe gilt nach section 1147 (2)(3) CA 2006 eine Zugangsfiktion, der gemäß eine elektronisch oder postalisch versendete Einberufungsmitteilung 48 Stunden nach der Versendung als zugegangen gilt. Es genügt insoweit der Nachweis der Absendung an die richtige Adresse. Im Falle einer Bekanntgabe auf der Internetseite ist auf den Tag der Freischaltung der Seite oder, falls diese später erfolgt, der nach section 1447 (2)(3) CA 2006 fingierte Zugang der verkürzten Einberufungsmitteilung abzustellen, section 1147 (4)(a)(b) CA 2006. Entgegen vereinzelt vertretener Ansicht692 stehen beide Fristen auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben und bedürfen im Unterschied zur deutschen Einberufungsfrist keiner richtlinienkonformen Auslegung. Denn erstens gibt die VRL selber nur eine Publizitätspflicht von einem Monat (Artt. 7 und 8 VRL), nicht aber eine Einberufungsfrist vor. Zweitens ergab sich die Notwendigkeit der richtlinienkonformen Auslegung im deutschen Recht ausschließlich vor dem Hintergrund, dass zum einen die Publizitätspflichten i.S.d. Artt. 7 und 8 VRL an die Einberufung der Hauptversammlung mit 690

Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11. 7. 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, ABl. L 184/17 (Aktionärsrichtlinie). 691 S.I. 2009/1632. 692 J. Schmidt, S. 206; Koller, S. 132 f.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

einer verkürzten 30 Tagefrist geknüpft sind und zum anderen, dass eine anderweitige Information der Aktionäre über die Publizitätspflichten und die anstehende Hauptversammlung außerhalb der Einberufung nicht erfolgt und damit eine rechtzeitige Ausübung der Informationsrechte nach dem deutschen Recht nicht gewährleistet ist. Beides trifft auf die englische Regelungssystematik nicht zu. Denn im Unterschied zur deutschen Regelung ist nach der englischen Regelungssystematik der Beginn der Publizitätspflichten im Sinne der Artt. 6, 7 und 8 VRL (1 Monatsfrist) nicht an den Beginn der Einberufungsfrist (21/14 Tage) gekoppelt. Nach regulation 10 CR 2007 sind Verschmelzungsunterlagen unabhängig von der Einberufung zwingend einen Monat vor der Versammlung am Sitz der Gesellschaft auszulegen, so dass die einmonatige Publizitätsfrist gewahrt ist. Auf die Auslegungspflicht wird nachstehend noch näher eingegangen werden. Das Argument, ohne eine zeitlich gleichlaufende Einberufung von einem Monat würden die Aktionäre mangels Kenntnis von der Hauptversammlung und den Publizitätspflichten von ihrem Informationsrecht nicht Gebrauch machen können, übersieht hingegen regulation 12 CR 2007. Denn danach hat das Register einen Monat vor der Versammlung nicht nur einen Hinweis auf die Einreichung des Verschmelzungsplans i.S.d Art. 6 VRL, sondern auch einen auf die Publizitätspflicht der Gesellschaft nach regulation 10 CR 2007 i.S.d. Artt. 7 und 8 VRL sowie auf den Termin der Hauptversammlung in der London Gazette zu veröffentlichen. Im Übrigen entspricht die Einberufungsfrist den allgemeinen Vorgaben aus Art. 5 der Aktionärsrichtlinie. bb) Auslegungspflicht Die in Art. 9 VRL implizierte und in Art. 7 und 8 VRL ausdrücklich statuierte Pflicht zur Offenlegung des Verschmelzungs- und Prüfungsberichts wurde in vergleichbarer Weise zum deutschen Korrelat (§§ 122a Abs. 2, 63 UmwG) in regulation 10 CR 2007 implementiert. Danach ist die englische Gesellschaft verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Aktionäre einen Monat vor der Aktionärsversammlung den Verschmelzungsplan sowie den Verschmelzungs- und Prüfungsbericht am Sitz der Gesellschaft einsehen und Kopien von diesen auf Anfrage unentgeltlich erhalten können. (1) Umfang der Auslegungspflicht Der Umfang der Auslegungspflicht nach regulation 10 CR 2007 weicht allerdings in zweifacher Hinsicht von der deutschen Offenlegungspflicht ab. Zum einen sind lediglich der Verschmelzungsplan und die Berichte offenzulegen, regulation 10 (3) CR 2007, so dass die Jahresabschlüsse und Lageberichte der sich verschmelzenden Gesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre entgegen der deutschen Vorgabe nicht erfasst sind. Diese Abweichung ist auf die deutsche Ver-

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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weisungstechnik in § 122a Abs. 2 UmwG auf die Vorschriften über die nationale Verschmelzung zurückzuführen, für die Art. 11 FRL eine solche umfassende Offenlegungspflicht vorgab. Zum anderen beschränkt regulation 10 CR 2007 die Offenlegungspflicht auf den inländischen Verschmelzungs- und Prüfungsbericht, so dass die Berichte der ausländischen Gesellschaft nicht offenzulegen sind. Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der regulation 10 (3) CR 2007, der ausdrücklich nur auf jeweils einen Bericht Bezug nimmt: „The documents referred to above are the draft terms of merger, the directors’ report, the independent expert’s report …“.

Vor dem Hintergrund der strengen Wortlautauslegung des englischen Rechts693 wird auch eine darüber hinausgehende Auslegung nicht gefordert werden können. Dagegen sprächen im Übrigen auch systematische Überlegungen. Denn aus dem Vergleich der Regelung mit der Auslegungspflicht bei nationalen Verschmelzungen nach section 911 CA 2006 folgt, dass es sich nicht bloß um eine sprachliche Ungenauigkeit handelt, sondern der englische Gesetzgeber bewusst eine Beschränkung auf die Berichte der nationalen Gesellschaft bezweckte. Diese enthält nämlich in Absatz (3) die gleiche singuläre Auflistung der Berichte wie regulation 10 CR 2007. In section 911 (1) CA 2006 hat der englische Gesetzgeber aber ausdrücklich klargestellt, dass sich diese Dokumente auf alle Gesellschaften erstrecken: „The members of each of the merging companies must be able, during the period specified below – to inspect at the registered office of that company copies of the documents listed below relating to that company and every other merging company“.

Dies entspricht im Übrigen auch den Richtlinienvorgaben in Art. 7 – 9 VRL,694 so dass auch für eine richtlinienkonforme Auslegung keine Notwendigkeit besteht. Dem deutschen Recht wiederum entsprechend, besteht die Auslegungspflicht nur gegenüber den Gesellschaftern der englischen Gesellschaft.695 (2) Auslegungsfrist Gemäß regulation 10 (2) CR 2007 beträgt die Auslegungsfrist entsprechend der Richtlinienvorgabe einen Monat vor der (ersten) Gesellschafterversammlung.

693

Vgl. die Ausführungen über die Verschmelzungsprüfung in Teil 3 E. III. 1. a) bb) (1). Vgl. 275 ff. 695 Vgl. regulation 10 (1) CR 2007: „The members of the UK merging company … must be able … to inspect … copies of the documents listed in para. (3).“ 694

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

(3) Sprache ausländischer Berichte Die Frage nach der Sprache, in der die Berichte der ausländischen Gesellschaft auszulegen sind, stellt sich aufgrund der Beschränkung auf die inländischen Berichte nicht. Sollte die englische Gesellschaft auf freiwilliger Basis deren Auslegung anstreben, dürfte aber wie im Falle des Verschmelzungsplans eine englische Übersetzung nach den sections 1103, 1105, 1107 CA 2006 i.V.m. regulation 7 der Registrar of Companies Regulations 2009696 erforderlich sein. (4) Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht durch Internetveröffentlichung Im Gegensatz zum deutschen Offenlegungsverfahren sieht regulation 10 CR 2007 allerdings kein vereinfachtes Publizitätsverfahren wie in § 63 Abs. 4 UmwG vor, wonach die Auslegung und Zusendung der Unterlagen entbehrlich ist, wenn die Unterlagen auf der Internetseite der Gesellschaft einen Monat vor der Hauptversammlung veröffentlicht werden. Eine entsprechende Regelung wurde im Zuge der Umsetzung der Änderungsrichtlinie nur für nationale Verschmelzungen in section 911 A CA 2006 eingeführt. Da die CR 2007 jedoch keinen Verweis wie in § 122a Abs. 2 auf die Vorschriften über nationale Verschmelzungen enthalten, kommt die Entbehrlichkeitsregelung des section 911 A CA 2006 nicht zur Anwendung. Ob eine analoge Anwendung der Vorschrift von den Gerichten anerkannt würde, kann allerdings dahinstehen, da das gleiche Ergebnis auch über section 8 Schedule 5 CA 2006 erreicht werden kann. Denn wie bereits im Rahmen der Versendung der Einberufungsmitteilung ausgeführt, gelten danach Dokumente als wirksam versendet, wenn sie auf der Internetseite ordnungsgemäß veröffentlicht werden. Regulation 10 CR 2007 sieht zwar nicht nur die Versendung, sondern auch eine Auslegung der Unterlagen vor. Dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend gilt die Vorgabe aber auch für Dokumente, die die Gesellschaft zur Verfügung (supplied by the company) zu stellen hat, so dass auch die Auslegung der Unterlagen erfasst sein dürfte. cc) Internetveröffentlichungspflicht Mit dem deutschen Recht übereinstimmend ist wiederum die Pflicht börsennotierter Aktiengesellschaften (traded companies), im Falle der Einberufung eines general meeting eine Internetseite einzurichten, auf der die für die Hauptversammlung relevanten Informationen im Vorfeld zu veröffentlichen sind, section

696 S.I. 2009/1803 v. 8. 7. 2009, The Registrar of Companies and Applications for StrikingOff Regulations 2009.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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311 A CA 2006. Da auch diese Vorgabe auf der Aktionärsrichtlinie697 beruht, entspricht diese Publizitätspflicht inhaltlich weitestgehend der deutschen Vorgabe in § 124a AktG. Entgegen der Vorgabe des Art. 5 Abs. 4 lit. 2) VRL der Aktionärsrichtlinie und des deutschen Äquivalents in § 124a AktG enthält section 311 A CA 2006 jedoch keine Pflicht, die der Hauptversammlung vorzulegenden Unterlagen auf der Internetseite zur Verfügung zu stellen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass das englische Recht nur die dargelegte Auslegungspflicht im Vorfeld der Hauptversammlung, nicht aber während der Hauptversammlung vorsieht.698 Nachteile ergeben sich für die Gesellschafter dadurch jedoch nicht, da die Verschmelzungsunterlagen nach den vorstehenden Ausführungen aufgrund der Einberufungs- und Auslegungspflichten entweder zuzusenden oder im Falle einer Bekanntmachung der Einberufung im Internet einzustellen sind. Die Pflicht zur Einrichtung einer Internetseite entfällt vollständig, wenn nicht ein gemeinsames, sondern getrennte class meetings einzuberufen sind, 334 (2)(c) CA 2006. Auch in diesem Fall sind die Unterlagen jedoch zuzusenden und in den Geschäftsräumen auszulegen, so dass die Aktionäre über die gleichen Vorabinformationen verfügen, wie im Falle eines general meetings. b) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Wie in den deutschen Sondervorschriften der §§ 122a ff UmwG sind auch in den CR 2007 keine weiteren Auskunftsrechte der Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung enthalten. Zusätzliche Aktionärsrechte können sich daher nur aus den allgemeinen Vorschriften des CA 2006 ergeben, soweit sie auf die hier betrachteten ordinary meetings außerhalb der Jahreshauptversammlung anwendbar sind. aa) Kein Antragsrecht zur Ergänzung der Tagesordnung, section 338 A CA 2006 Das in Art. 6 Abs. 1 lit. a) der Aktionärsrichtlinie699 statuierte und in Deutschland in § 122 Abs. 2 AktG umgesetzte Recht der Aktionäre, Punkte auf die Tagesordnung zu setzen und durch die Gesellschaft vor der Hauptversammlung bekanntgeben zu lassen, hat der englische Gesetzgeber in section 338 A (1), 340 A CA 2006 umgesetzt.700 Zugleich hat er aber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Ausübung 697 Vgl. Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 2007/36/EG, ABl. L 184/20 sowie Regulation 11 der ,The Companies (Shareholders’ Rights) Regulations 2009‘. 698 Vgl. die nachstehenden Ausführungen über die Auskunftsrechte auf der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 3. c) aa). 699 Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17. 700 Das englische Recht sah ein solches Antragsrecht bereits vor der Reformierung durch die Aktionärsrichtlinie in sections 376, 377 CA 1985 vor.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

des Antragsrechts auf die Jahreshauptversammlung zu beschränken, so dass für die hier gegenständlichen ordinary meetings das Antragsrecht nicht besteht. bb) Kein Gegenantragsrecht, section 338 CA 2006 Entsprechendes gilt auch für das Gegenantragsrecht i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. b) der Aktionärsrichtlinie bzw. von § 126 AktG, das den Aktionären das Recht einräumt, Gegenanträge zu Beschlussvorschläge der Unternehmensleitung zu stellen. Dieses wurde in section 338 (1) CA 2006 implementiert, aber ebenfalls auf Jahreshauptversammlungen beschränkt. cc) Anspruch auf Bekanntgabe von Stellungnahmen zu Beschlusslagen, section 314 CA 2006 Von der Einschränkung ist hingegen nicht das in section 314 CA 2006 verankerte Recht der Aktionäre betroffen, von der Gesellschaft die Verbreitung sog. „statements“ zu verlangen. Danach sind Aktionäre, die zusammen mindestens 5 % aller Stimmrechte halten oder die nach Kopfteilen 100 stimmberechtigte Aktionäre umfassen und im Durchschnitt jeweils mindestens 100 Sterling eingezahlt haben, berechtigt, von der Gesellschaft die Weiterleitung einer Stellungnahme an die übrigen teilnahmeberechtigten Aktionäre zu verlangen. Die Stellungnahme darf dabei nicht mehr als 1000 Wörter umfassen und muss entweder einen Beschlussgegenstand der Tagesordnung oder eine andere Angelegenheit (business) der Tagesordnung betreffen, section 314 (1)(a)(b) CA 2006. Der Antrag muss in Papier- oder elektronischer Form der Gesellschaft spätestens eine Woche vor der Versammlung zugegangen sein und ist von der Gesellschaft in der gleichen Weise wie die Versendung der Einberufungsnotiz an die teilnahmeberechtigten Aktionäre weiterzuleiten. Wurde die Versammlung bereits einberufen, so hat die Weiterleitung sobald wie vernünftigerweise umsetzbar (reasonably practicable) zu erfolgen. Unbeachtlich der Form der Einberufungsbekanntmachung sind die Anträge zeitgleich auf der Internetseite einzustellen, section 311 A (1)(d)(2)(b) CA 2006. Die Kosten der Gesellschaft für die Weiterleitung trägt allerdings der initiierende Aktionär, wenn nicht die Gesellschaft die Übernahme der Kosten freiwillig übernimmt oder das statement eine Angelegenheit der Jahreshauptversammlung betrifft.701 Von einer Weiterleitung der Anträge kann die Gesellschaft nach section 317 (1) CA 2006 ausnahmsweise absehen, wenn entweder ein ausreichender Kostenvor701

Vgl. Section 316 CA 2006.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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schuss für die Weiterleitung nicht an die Gesellschaft gezahlt wurde702 oder die Gesellschaft einen gerichtlichen Beschluss erwirkt hat, der den Antrag als missbräuchlich ansieht und die Gesellschaft von der Weiterleitungspflicht befreit.703 Eine Verletzung der Weiterleitungspflicht seitens der directors kann mit einer Geldstrafe bis zu £ 5.000704 geahndet werden, sofern diesen nachzuweisen ist, dass sie nicht alle möglichen Maßnahmen unternommen haben, um die Pflichtverletzung zu verhindern.705 Der englische Gesetzgeber hat somit Regelungen geschaffen, die einerseits der Gefahr einer missbräuchlichen Ausübung des Minderheitsrechts begegnen und andererseits eine Unterwanderung des Rechts durch die Unternehmensleitung entgegenwirken. Aus der Sicht von Minderheitsgesellschaftern sind allerdings die Kostenlast und die Wortbegrenzung zu bemängeln. Zwar werden die Ausgaben bei elektronischen Kommunikationsformen gering ausfallen, solange sie aber nicht flächendeckend zum Einsatz kommen, verbleiben erhebliche Kosten, die bei börsennotierten Aktiengesellschaften im Durchschnitt ungefähr £ 50.000 und bei großen Gesellschaften etwa £ 100.000 betragen.706 Vor diesem Hintergrund könnte sich eine selbstorganisierte Verbreitung der Stellungnahme als günstiger und vorteilhafter erweisen, da dann keine Beschränkung auf 1.000 Worte besteht und zugleich vermieden wird, dass die directors der Gesellschaft allzu früh von den gegen ihre Beschlussvorschläge eingeleiteten Maßnahmen erfahren. Zuletzt würde auch die Mindestbeteiligung so umgangen. Da der Großteil englischer Aktionäre in dem Aktienregister verzeichnet ist und diese zur Nutzung des Registers berechtigt sind,707 ist eine solche Kommunikation untereinander auch durchführbar. dd) Kein Aktionärsforum Der vorstehenden Ausführung kommt insbesondere vor dem Hintergrund der fehlenden gesetzlichen Gewährleistung eines Aktionärsforums im Internet Bedeutung zu. Das englische Recht enthält nämlich keine Regelung wie § 127a Abs. 1 AktG, die es den Aktionären ermöglicht, kostenlos andere Aktionäre aufzufordern, gemeinsam einen Antrag oder ein Verlangen zu stellen oder in der Hauptversammlung das Stimmrecht in einer bestimmten Weise auszuüben.

702 703 704 705 706 707

Mayson/French/Ryan, Rn. 14.8.11. Vgl. Section 317 CA 2006. Vgl. Millet, The Encyclopaedia of Forms and Precedents, Bd. 10 (1), Rn. 564. Vgl. Sections 315 (3) i.V.m. 1121 (3) CA 2006. Michels, Recht der Aktionärsversammlung, S. 120 f. Vgl. Sections 116 ff. CA 2006.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

3. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung In Hinsicht auf die Durchführung der Gesellschafterversammlung enthält das englische Recht nur wenige Vorschriften und überlässt den Großteil der Regelungen den articles of association der Gesellschaften.708 a) Verfahren Dementsprechend existieren auch nur wenige Gesetzesvorgaben über das Hauptversammlungsverfahren. Am erkenntnisreichsten erweisen sich insofern die Grundsätze des case laws, auf die im Folgenden vereinzelnd Bezug genommen wird. Im Übrigen findet sich auch hier die Differenzierung zwischen der Abhaltung von general meetings und class meetings wieder. Wie auch in Deutschland wird das general meeting von einem Versammlungsleiter, dem chairman of meeting, geleitet. Sollte die Satzung der Gesellschaft keinen chairman benennen, kann gemäß section 319 CA 2006 jeder Gesellschafter von der Versammlung zum Versammlungsleiter durch Beschluss ernannt werden. In der Regel sehen die articles of association aber den Vorsitzenden des board of directors als Versammlungsleiter vor.709 Während nach dem deutschen Recht, Mitglieder des Vorstands von der Versammlungsleitung ausgenommen sind,710 lässt das englische Recht sogar auch dann die Leitung durch ein Mitglied des board of directors zu, wenn die Abwahl des boards den Beschlussgegenstand bildet; eine Neutralitätspflicht (prohibition of conflict of interest) besteht mithin nicht.711 Dies reicht sogar soweit, dass der zum Versammlungsleiter bestellte director befugt ist, das Stimmrecht für (Mehrheits-) Aktionäre als deren Bevollmächtigte auszuüben.712 Vor dem Hintergrund, dass die directors letztendlich unmittelbar von den Mehrheitsaktionären gewählt werden und damit die Gefahr einer zumindest beruflichen Abhängigkeit von diesen besteht,713 lässt diese Regelung befürchten, dass der versammlungsleitende director seine Organisationsgewalt im Interesse der Mehrheitsaktionäre und zulasten der Minderheitsaktionäre ausüben könnte. 708 Die eingangs dargelegte weichere Satzungsstrenge des englischen Rechts tritt somit auch hier in Erscheinung. 709 Vgl. Regulation 31 Companies (Module Articles) Regulations 2008, S. I. 2008/3229; Tolley-Parkinson,G 2031; Hannigan, Company Law, Rn. 15-63, Mayson/French/Ryan, Rn. 14.9.3. 710 Vgl. die Ausführungen über das deutsche Hauptversammlungsverfahren, Teil 3 F. II. 2. a) 292. 711 Might SA v Redbus Interhouse plc [2004] 2 B.C.L.C. 400. 712 Re BTR Plc [1999] B.C.L.C. 675. 713 Vgl. die Ausführungen über die Organisationsstrukturen der plc. Teil 2 B. II. 4. a).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Dem Versammlungsleiter obliegt jedoch die Pflicht, aufrichtig und unparteiisch gegenüber den verschiedenen Interessen der Teilnehmer sowie – zum Schutz der Abwesenden – im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft sein Amt auszuüben.714 Verstöße gegen diese Pflicht können zur Unwirksamkeit einzelner Beschlüsse oder des gesamten meetings führen.715 Unter Wahrung dieses Grundsatzes hat der Versammlungsleiter die Organisationsgewalt auszuüben. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Versammlung ordnungsgemäß durchgeführt wird und hat über alle auf der Versammlung anfallenden Fragen zu entscheiden, die die Durchführung der Versammlung betreffen und einer umgehenden Entscheidung bedürfen.716 Wie auch in Deutschland leitet er insbesondere die Debatte und die Abstimmung.717 Der Versammlungsleiter kann danach die Redezeit festlegen oder beschränken, das Wort gänzlich entziehen oder auch Störer der Versammlung verweisen.718 Mit Zustimmung der Mehrheit kann der Versammlungsleiter die Debatte auch beenden und die zugrunde liegende Frage zur Abstimmung stellen. Dabei hat er allerdings sicherzustellen, dass die Auffassung der Minderheit ausreichend zum Ausdruck gekommen ist und die Minderheit im Einzelfall nicht unterdrückt wird.719 Nach der Rechtsprechung tragen die Entscheidungen des Versammlungsleiters dabei grundsätzlich den Anschein der Richtigkeit in sich, für deren Widerlegung die Person die Beweislast trägt, die sich gegen die Entscheidung vor Gericht wendet.720 Handelt der Versammlungsleiter nicht missbräuchlich oder bösgläubig, wird das Gericht seine Entscheidung allerdings selbst dann nicht revidieren, wenn sie fehlerhaft war.721

714 Blair v Consolidated Enfield Corp. [1995] 128 DRL 73 (87); John v Rees [1969] 2 W.L.R. 1294; Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707 (767). 715 Michels, Recht der Aktionärsversammlung, S. 186. 716 National Dwellings Society v Sykes [1894] 3 Ch 159 (162): „Unquestionably it is the duty of the chairman, and his function, to preserve order, and to take care that the proceedings are conducted in a proper manner, and that the sense of the meeting is properly ascertained with regard to any question which is properly before the meeting.“ 717 Vgl. die Ausführungen über das deutsche Hauptversammlungsverfahren, Teil 3 F. II. 2. a). 718 Wheeler, PLC 2003, S. 29 (34). 719 Wall v London and Northern Assets Corp. [1899] 2 Ch 469 (480 f.); Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707 (767). 720 Re Indian Zoedone Co [1884] 26 ChD 70 (77): Die Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiters wurde seitens des Klägers in dem Verfahren als fehlerhaft gerügt. Das Gericht stellte in seinem Urteil auf eine vermutete Richtigkeit der Entscheidung des Versammlungsleiters ab und erklärte den Kläger hinsichtlich deren Widerlegung als beweispflichtig. 721 Wall v Exchange Investment Corporation Ltd [1926] 1 Ch 143 (146); Marx v Estates and General Investments Ltd [1976] 1 W.L.R. 380 (389).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

b) Teilnahmerecht In Hinsicht auf die Berechtigung zur Teilnahme an der Versammlung ist zwischen general meetings und class meetings zu differenzieren. Wie bereits erwähnt, sind bei ersteren grundsätzlich alle Aktionäre zur Teilnahme berechtigt, bei class meetings hingegen nur die nach den bereits dargelegten Grundsätzen zugeordneten class members. Eine ausdrückliche gesetzliche Verankerung des Teilnahmerechts existiert im englischen Recht zwar für beide Versammlungsformen nicht, es wird aber in vielen Vorschriften des CA 2006 als uneingeschränktes Recht vorausgesetzt722 und ist im Übrigen auch seit jeher im case law als unantastbares Recht anerkannt.723 Beschränkungen des Teilnahmerechts sind daher nur in sehr engen Grenzen zulässig. Im Falle von sog. class meetings folgt die Zulässigkeit der Einschränkung aus der Natur der Sache bzw. auf Grundlage der gerichtlichen Anordnung. Mittlerweile ist wohl seitens der Gerichte zwar anerkannt, dass die Anwesenheit eines Nichtberechtigten die Rechtmäßigkeit der Versammlung unberührt lässt, wenn die Gesellschafter Kenntnis von dessen Anwesenheit hatten und keinen Einwand auf der Versammlung erhoben haben. Ein Anspruch auf Teilnahme besteht seitens der Aktionäre, die nicht der class of members angehören, aber nicht.724 Im Unterschied zum deutschen Recht scheinen ferner Inhaber von stimmrechtslosen Aktien nach den Grundsätzen des case laws von der Teilnahmeberechtigung ausgenommen zu sein, wenn die Beschlussgegenstände ihre Rechte nicht berühren.725 Nach der Rechtsprechung in Re Mackenzie & Co. Limited726 ist der von 722 Dies folgt bspw. aus sections 112, 310 CA 2006, wonach die Anteilsinhaber (members) anhand ihrer namensmäßigen Eintragung im register of members bestimmt werden und auf dieser Grundlage uneingeschränkt zur Versammlung zu laden sind. Eine gesetzliche Bestimmung darüber, wer an der Versammlung teilnehmen darf, erübrigt sich insofern, Cahn/Donald, S. 565. Ferner dürfen Beschlüsse von public companies gemäß section 281 (2) CA 2006 ausschließlich in meetings gefasst werden, so dass auch hier der Gesetzgeber die Teilnahme an der Versammlung voraussetzt. Im Übrigen benennt section 324 (1) CA 2006 im Rahmen der Ermächtigung der Aktionäre, ihre Rechte durch einen Bevollmächtigten auszuüben, explizit das Recht auf Teilnahme. Im Zuge der Umsetzung der Aktionärsrichtlinie wurde nunmehr section 360 B CA 2006 eingeführt, demzufolge Bestimmungen in der Satzung, die das Teilnahmerecht beschränken, unwirksam sind. 723 Eine Verletzung des Teilnahmerechts hat danach die Unwirksamkeit der Versammlung und aller darin gefassten Beschlüsse zur Folge, Harben v Philips [1883] 23 ChD 14; Re Mackenzie & Co. Limited [1916] 2 Ch 450 (455, 458); John v Rees [1969] 2 W.L.R. 1294; Byng v London Life Association [1990] Ch 170 (175 f.); Blair v Consolidated Enfield Corp. [1995] 128 D.R.L. 73 (87); Dignam/Lowry, Company Law, S. 25. 724 Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707. 725 Tolley-Parkinson, G 2008.

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ordinary shareholders in einer Versammlung gefasste Beschluss zumindest nicht unwirksam, wenn den preference shareholders keine Möglichkeit zur Teilnahme an der Versammlung gegeben wurde.727 In Hinsicht auf die Form der Teilnahme verlangten die englischen Gerichte stets eine körperliche Anwesenheit aller Gesellschafter in einem Raum, so dass sie untereinander einen Blickkontakt (face to face) herstellen konnten.728 Seit der Entscheidung in Re Byng v London Life Association729 ist im Common Law die Abhaltung der Versammlung in getrennten Räumen als zulässig anerkannt, wenn eine audio-visuellen Verbindung zwischen den Mitgliedern hergestellt wird, die es allen Mitgliedern ermöglicht, vollumfänglich an der Diskussion und Beratung teilzunehmen.730 Mit Erlass des Companies Act 1985 (Electronic Communications) Order 2000, S. I. 2000/3373 wurden erstmalig gesetzliche Bestimmungen über elektronische Kommunikationsmöglichkeiten eingeführt. Diese betrafen allerdings vorrangig den Informationsaustausch im Vorfeld der Hauptversammlung. Auf Grundlage der Aktionärsrichtlinie schreibt section 360 A CA 2006 nunmehr731 ausdrücklich vor, dass Versammlungen auch dann ordnungsgemäß abgehalten werden, wenn Aktionäre ohne körperlich anwesend zu sein, in elektronischer Form teilnehmen und ihr Stimmrecht ausüben. Stellt eine börsennotierte Aktiengesellschaft (traded company) die Mittel für eine solche elektronische Teilnahme zur Verfügung, sind jegliche Beschränkungen untersagt, die über die Identifizierung der Teilnehmer und die Sicherheit der elektronischen Kommunikation hinausgehen.732 Dies stellt insoweit ein Novum im englischen Recht dar.

726

[1916] 2 Ch 450. Re Mackenzie & Co. Limited [1916] 2 Ch 450 (455, 458); Re John Smith’s Tadcaster Brewery Co Ltd [1952] 2 All E.R. 751; House of Fraser Plc v ACGE Investments Ltd. [1987] 3 B.C.C. 33. 728 Re Associated Color Laboratories Ltd [1970] 12 D.L.R. (3d) 338; Higgins v Nicol [1971] 18 F.L.R. 343 (357); Magnacrete Ltd v Douglas-Hill (1988) 48 S. A.S.R. 567. 729 [1990] Ch 170. 730 Byng v London Life Association [1990] Ch 170 (175 f.): In der Entscheidung wurde eine Aktionärsversammlung für ordnungsgemäß befunden, bei der ein Teil der Mitglieder in einem Konferenzsaal saßen, während andere nur audio-visuell zugeschaltet waren. Allerdings wurden die Beschlussfassungen als unwirksam erachtet, weil die audio-visuelle Zuschaltung es den Mitgliedern in diesem Fall nicht ermöglichte, vollumfänglich an der Beratung teilzunehmen. 731 Einzige gesetzliche Regelung, die eine elektronische Teilnahme vorher ermöglichte, war Art. 27 der Companies (Module Articles) Regulations 2008, S. I. 2008/3229. 732 Vgl. Section 360 A (2) CA 2006. 727

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

c) Auskunfts- und Beteiligungsrechte aa) Keine Auslegungspflicht Hinsichtlich der auf der Hauptversammlung gewährten Auskunftsrechte unterscheidet sich das englische vom deutschen Recht zunächst durch das bereits erwähnte Fehlen einer Pflicht zur Auslegung der Verschmelzungsunterlagen. Weder in den CR 2007 noch in den Vorschriften des CA 2006 oder der Listings Rules ist eine Pflicht zur Auslegung während des general meeting enthalten. Dies traf bisher auch auf alle weiteren Auskunftsrechte von Aktionären in Hauptversammlungen zu. bb) Allgemeiner Auskunftsanspruch, section 319 A CA 2006 Für börsennotierte Aktiengesellschaften (traded companies) sieht section 319 A CA 2006 nunmehr ein Recht der teilnehmenden Aktionäre vor, auf der Versammlung Fragen zu Punkten der Tagesordnung zu stellen. Zugleich statuiert section 319 A (1) CA 2006 eine dazu kongruierende Pflicht der Gesellschaft, diese Fragen zu beantworten, wenn nicht eine der Ausnahmetatbestände der section 319 A (2) CA 2006 greift. Eine Frage muss danach insbesondere nicht beantwortet werden, wenn die Beantwortung vertrauliche Informationen veröffentlichen würde, die Antwort schon auf der Internetseite der Gesellschaft gegeben wurde oder aber die Nichtbeantwortung im vorrangigen Interesse der Gesellschaft oder für die Ordnung der Versammlung unerlässlich ist. Section 319 A CA 2006 stellt insofern eine nahezu wortlautidentische Umsetzung des Art. 9 der Aktionärsrichtlinie dar, die mit regulation 12 The Companies (Shareholders’ Rights) Regulations 2009 in den CA 2006 eingeführt wurde. Was aus deutscher Sicht selbstverständlich erscheint, stellt aus englischer Sicht ein Novum dar, dessen Folgen für die Aktionärsversammlung noch nicht einschätzbar sind. Denn vor Umsetzung der Aktionärsrichtlinie existierte ein rechtlich durchsetzbares Fragerecht der Aktionäre weder im kodifizierten Gesellschaftsrecht noch nach Maßgabe des Case Laws.733 Weder der Companies Act 1985 und der Companies Act 733

BERR, Consultation Document, Implementation of the Directive on the Exercise of Certain Rights of Shareholders in Listed Companies, Oktober 2008, S. 7, 17; Cahn/Donald, Company Law, S. 566; a.A. Koller, S. 230, der unter Verweis auf die Pflicht des chairman in National Dwellings Society v Sykes [1894] 3 Ch 159 (162) „… to preserve order, and to take care that the proceedings are conducted in a proper manner, and that the sense of the meeting is properly ascertained with regard to any question which is properly before the meeting“ ein umfassendes Auskunftsrecht der Aktionäre bei nationalen Verschmelzungen bejaht; ebenso Michels, Recht der Aktionärsversammlung, S. 197, der zur Begründung auf dieselbe Textpassage in Const v Harris [1824] 1 Turn&R 496 (525) Bezug nimmt. Nach Auffassung des Verfassers können diese Urteile die Auffassung aber schon in sprachlicher Hinsicht nicht

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2006 noch die Listing Rules und die Mustersatzungen 2008734 sahen ein solches Recht vor. Die einzigen Anhaltspunkte, die auf ein Fragerecht in der englischen Versammlungspraxis hinwiesen, fanden sich für börsennotierte Gesellschaften im Combined Code.735 Im Code of Best Praxis des Combined Codes heißt es, der chairman des board of directors solle für die Anwesenheit der chairmen des audit, remuneration und nomination committee in der Hauptversammlung sorgen, damit Aktionäre sich mit ihren Fragen in der Hauptversammlung sowohl an ihn als auch an die Vorsitzenden der genannten Ausschüsse wenden können.736 Tatsächlich entspricht es auch der Best Practice englischer Hauptversammlungen, Fragen seitens der Aktionäre zuzulassen.737 Da aber die Vorgaben des Combined Code keine rechtsverbindliche Wirkung für die Gesellschaften und deren Organe entfalten, begründete dies keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch der Aktionäre.738 In der englischen Literatur wurde dies zum Teil bemängelt739 und festgestellt, dass Aktionäre neben der Erörterung der einzelnen Beschlussvorschlägen auch die Möglichkeit haben müssten, Fragen an die Direktoren zu stellen, soweit diese mit dem Beschlussgegenstand in Zusammenhang stehen.740 Der englische Gesetzgeber hatte sich aber bisher bewusst gegen die Einführung eines gesetzlichen Fragerechts entschieden und sich dabei unter anderem auf die Ausführungen des Department of Business, Enterprise and Regulatory Reform (,BERR‘)741 in seinem Konsultati-

rechtfertigen. „Any question“ ist dem Kontext nach nicht als Fragerecht, sondern als (Tagesordnungs)-Aspekt zu verstehen. Im Übrigen lässt sich die Annahme nur schwer mit der eindeutigen Stellungnahme des englischen Gesetzgebers und des BERR vereinbaren. 734 Companies (Module Articles) Regulations 2008, S. I. 2008/3229. 735 Financial Reporting Council, Combined Code on Corporate Governance 2003, abrufbar unter: www.ecgi.org oder www.frc.org.uk/Our-Work/Codes-Standards/Corporate-governance. aspx. 736 Combined Code on Corporate Governance 2003, section D 3.2, S. 19. 737 BERR, Consultation Document, Shareholder Communications at the Annual General Meetings, April, Ziff. 3.3, Explanatory Memorandum zur ,The Companies (Shareholders’ Rights) Resolution 2009, S. 12. 738 Re Astec (BSR) plc [1999] B.C.C. 59 (61, 79). In der Entscheidung stellte das Gericht ausdrücklich fest, dass eine gegen die Vorgaben des Combined Code verstoßende Rechtsausübung des Mehrheitsaktionärs auf der Hauptversammlung nicht zur Klageerhebung wegen unfairer Benachteiligung (unfair prejudice) berechtigt, da die darin enthaltenen Vorgaben nicht rechtsverbindlich sind. Siehe auch: Re BSB Holdings Ltd (No 2) [1996] 1 B.C.L.C. 155 (157), Re Macro (Ipswich) Ltd [1994] 2 B.C.L.C. 354. 739 Gower/Davies, Principles of Company Law (2003), S. 583. 740 Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law (1998), S. 310. 741 Damals noch DTI, Department of Trade and Industry.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

onspapier zur Aktionärskommunikation gestützt.742 Darin verwies das BERR insbesondere auf die Gefahr unzählig vieler Fragen und die damit verbundene Gefahr langwidriger und schwer durchsetzbarer Hauptversammlungsprozesse. Es betonte dabei vor allem auch die Problematik, wie die directors im Falle einer Einführung eines Auskunftsrechts unpassende Fragen ablehnen können, ohne dass dies durch die Aktionäre verhindert oder einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden kann.743 Entsprach es vor Einführung der section 319 A CA 2006 nur der best practice Fragen der Aktionäre zu beantworten und hatte der chairman keine rechtlichen Konsequenzen im Falle einer abgewiesenen oder unzureichenden Beantwortung zu befürchten, sehen sich englische Gesellschaften nunmehr mit eben diesen Problemen konfrontiert.744 Die rechtliche Position des Minderheitsaktionärs wurde insofern in Hinsicht auf eine informierte Entscheidungsfindung gestärkt. Dennoch bleibt es erstmals nur bei einer weiteren Informationsmöglichkeit, die ihm in der Praxis in der Regel schon ohne gesetzliche Grundlage freiwillig von den Gesellschaften eröffnet wurde. Von entscheidender Bedeutung für den Minderheitenschutz werden daher die Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung sowie die tatsächliche Handhabung unzureichender Beantwortungen einerseits und missbräuchlicher Fragekataloge andererseits durch die Gerichte sein. Ausgangspunkt hierfür wird wiederum die Beweislastregelung des Common Laws sein, nach der Entscheidungen des Versammlungsleiters den Anschein der Richtigkeit in sich tragen745 und die Person, die sich gegen die Entscheidung wendet, die Beweislast für deren Widerlegung trägt.746 Eine Gefahr des Missbrauchs des Fragerechts und ein damit möglicherweise einhergehendes Anfechtungsrisiko bestehen im Falle getrennter class meetings hingegen nicht. Denn gemäß section 334 (2)(c) CA 2006 ist section 319 A CA 2006 bei class meetings nicht anwendbar. Inwiefern das Fragerecht bei general meetings sich auch auf Angelegenheiten der ausländischen verschmelzenden Gesellschaft – wie im deutschen Recht – erstreckt, kann nicht abschließend beurteilt werden. Dafür spricht allerdings, dass section 319 A CA 2006 bis auf die enumerativen Verweigerungsgründe das Fragerecht uneingeschränkt gewährleistet, soweit die Frage einen Punkt der Tagesordnung und 742

Company Law Steering Group, Consultation Document, Developing the Framework, März 2000, Ziff. 4.10. 743 BERR, Consultation Document, Shareholders’ Communiations at the Annual General Meeting, April 1998, Ziff. 3.11. 744 Hannigan/Prentice, Rn. 7.23. 745 Vgl. die Ausführungen über das englische Hauptversammlungsverfahren, Teil 3 F. III. 3. a). 746 Re Indian Zoedone Co [1884] 26 ChD 70 (77): Die Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter wurde seitens des Klägers in dem Verfahren als fehlerhaft gerügt. Das Gericht stellte in seinem Urteil auf eine vermutete Richtigkeit der Entscheidung des Versammlungsleiters ab und erklärte den Kläger hinsichtlich deren Widerlegung als beweispflichtig.

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mithin die grenzüberschreitenden Verschmelzung betrifft. Zu dieser gehört unweigerlich aber auch die ausländische Gesellschaft. cc) Keine Pflicht zur Erläuterung des Verschmelzungsplans Darüber hinaus ergeben sich im englischen Recht keine weiteren Auskunftsansprüche der Aktionäre. Insbesondere sieht das englische Recht keine Verpflichtung der Direktoren wie im deutschen Recht vor, den Verschmelzungsplan zu erläutern. Vor dem Hintergrund der umfassenden Vorabinformation wird diesem Umstand jedoch nicht zu viel Gewicht in Hinsicht auf den Minderheitenschutz beizumessen sein. Zu berücksichtigen gilt es auch, dass die Erläuterungspflicht nach dem deutschen Recht vor allem der Aktualisierung der Verschmelzungsumstände zu dienen bestimmt ist. Wie bereits dargelegt, trifft diese Aktualisierungspflicht auch die englische Gesellschaft.747 dd) Rederecht Ein Rederecht der Aktionäre ist zwar ebenfalls nicht im kodifizierten Gesellschaftsrecht ausdrücklich festgelegt, es wird jedoch im CA 2006 vielfach als unbeschränktes Recht vorausgesetzt748 und seitens des richterlich geprägten Case Law seither anerkannt.749 Wie die übrigen Auskunftsrechte erfährt allerdings auch das Rederecht seine Beschränkung durch die eingangs dargelegte Ordnungsmacht des Versammlungsleiters. Er darf die Redezeit beschränken, einzelnen Aktionären das Wort gänzlich entziehen750 und mit Zustimmung der Mehrheit die Debatte beenden. Im Rahmen dessen hat er allerdings sicherzustellen, dass die Auffassung der Minderheit ausreichend zum Ausdruck gekommen ist und die Minderheit im Einzelfall nicht unterdrückt wird.751 Die Entscheidungen des Versammlungsleiters tragen auch in dieser

747 Vgl. die Ausführungen zur Aktualisierungspflicht der Gesellschaft im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 3. a). 748 Vgl. Sections 324 (1); 360 A (1) CA 2006, in denen das Rederecht explizit erwähnt wird. Letztere Vorschrift gestattet die elektronische Ausübung des Rederechts, ohne dass es einer physischen Anwesenheit des Aktionärs bedarf. 749 Byng v London Life Association Ltd [1990] Ch 170 (175 f.); Re N.F.U. Development Trust [1972] 1 W.L.R. 1548 (1554); Abbatt v Treasury Solicitor [1969] 3 All E.R. 1175 (1177); Re Dorman Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (648); Wall v London and Northern Assets Corporation [1899] 2 Ch 469 (480); Harben v Phillips [1882] 23 ChD 14 (32, 35); Const v Harris [1824] All E.R. 311 (315). 750 Wheeler, PLC 2003, S. 29 (34). 751 Wall v London and Northern Assets Corp. [1899] 2 Ch 469 (480 f.); Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707 (767).

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Hinsicht den Anschein der Richtigkeit in sich, für deren Widerlegung die Person die Beweislast trägt, die sich gegen die Entscheidung vor Gericht wendet.752 ee) Antragsrecht Hinsichtlich der Möglichkeit der Aktionäre, noch während der Versammlung Einfluss auf die Beschlussvorlage im Wege eines Antragsrechts zu nehmen, existiert keine kodifizierte Vorgabe im englischen Recht. Bereits in dem Verfahren Henderson v Bank of Australasia753 entschied das Gericht allerdings, dass es ein individuelles Recht der Aktionäre darstellt, in der Versammlung Änderungsvorschläge zur Beschlussvorlage einzubringen und diese vom Versammlungsleiter zur Abstimmung stellen zu lassen, soweit der Antrag zulässig ist.754 Ausgehend von dem Grundsatz, dass Aktionäre durch die Information in der Einberufungsnotiz in die Lage versetzt werden sollen, über ihre Teilnahme an der Versammlung zu entscheiden und Beschlüsse bei nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung der Beschlussvorlage unwirksam sind,755 differenziert die englische Rechtsprechung hinsichtlich der Zulässigkeit von Änderungsanträgen bzw. der Änderung bekanntgegebener Beschlussvorlagen. Bei außerordentlichen Beschlüssen, die einer qualifizierten Beschlussmehrheit von 75 % bedürfen (special resolutions),756 ist der exakte Wortlaut in der Einberufungsnotiz bekanntzugeben ist,757 so dass in der Versammlung nur noch redaktionelle Berichtigungen zulässig sind, soweit diese die Substanz der Vorlage nicht berühren.758 Im Falle von Beschlüssen, die der einfachen Mehrheit bedürfen (,ordinary resolution‘), sind Änderungen und Ergänzungen solange zulässig, wie ein Aktionär, der auf Grundlage der Beschlussvorlage in der Einberufungsnotiz eine Teilnahme für nicht notwendig erachtete, bei Kenntnis von deren Veränderung keine andere Entscheidung getroffen hätte.759 Je weiter der betroffene Tagesordnungspunkt in der Einberufung gefasst war, desto größer ist diesbezüglich der Spielraum, Änderungen

752

Re Indian Zoedone Co [1884] 26 ChD 70 (77). [1890] 45 ChD 330. 754 Henderson v Bank of Australasia [1890] 45 ChD 330 (336; 339). 755 Tiessen v Henderson [1899] 1 Ch 866 (867), vgl. ferner die Ausführungen über den Einberufungsinhalt Teil 3 III. 1. a) aa) (3). 756 Section 283 (1) CA 2006. 757 Section 283 (6) CA 2006; Re Swindon Town Football Co. Ltd [1990] B.C.L.C. 467 (468). 758 Moorgate Mercantile Holdings Ltd. [1980] 1 W.L.R. 227 (231, 242); Annotated Companies Acts, Rn. 13.283.03. 759 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 15-47. 753

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noch in der Versammlung herbeizuführen.760 Beschlussgegenstände, die nicht der Bekanntmachungspflicht unterliegen761 oder für die sich in der Einberufung eine Änderung vorbehalten wurde, können grundsätzlich geändert werden.762 Darüber hinaus kann die Satzung eine weitere Beschränkung dahingehend statuieren, dass bei Abdruck des vollständigen Beschlusstextes in der Einberufung Änderungsanträge nur berücksichtigt werden, wenn sie bis zu 48 Stunden vor der Versammlung schriftlich bei der Gesellschaft eingegangen sind.763 Ein Antragsrecht in der Versammlung wäre dann gänzlich versagt. Im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen dürften die Antragsmöglichkeiten damit sehr beschränkt sein, soweit der Verschmelzungsplan als Beschlussgegenstand betroffen ist. Denn wie dem nachfolgenden Abschnitt zu entnehmen ist, bedarf es für den Verschmelzungsbeschluss ebenfalls einer special resolution.764 d) Stimmrecht und Beschlussfassung In Hinsicht auf die Beschlussfassung besagt regulation 13 (1) CR 2007: „Except as provided in paragraphs (3) and (4), the draft terms of merger must be approved by a majority in number, representing 75 % in value, of each class of members of the UK merging company, present and voting either in person or by proxy at a meeting summoned under regulation 11.“

aa) Beschlussfassung Das Gesetz geht dementsprechend grundsätzlich von der Abhaltung mehrerer class meetings aus, soweit denn mehrere ,Aktionärsgattungen‘ existieren.765 (1) Beschlussmehrheit Ferner hat der englische Gesetzgeber ein doppeltes Mehrheitserfordernis766 statuiert, welches dem bei nationalen Verschmelzungen entspricht,767 dem deutschen Recht jedoch fremd ist.

760

Palmer’s-Morse, Rn. 7.416; Morse, Charlesworth’s Company Law, S. 261. Vgl. Re Trench Tubeless Tyre Co [1900] 1 Ch 408. 762 Palmer’s-Morse, Rn. 7.415. 763 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 15-47. 764 Vgl. die Ausführungen über das Mehrheitserfordernis bei der Beschlussfassung, Teil 3 F. III. 3. d) aa) (1). 765 Zu den Zuordnungskriterien siehe die Ausführungen über das Einberufungsverfahren, Teil 3 F. III. 2. a) aa) (1). 766 Ein Berechnungsbeispiel findet sich in: Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (679). 767 Vgl. Section 907 CA 2006. 761

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Demnach bedarf es zunächst einer einfachen Mehrheit der teilnehmenden und abstimmenden Mitglieder einer jeden Klasse nach Köpfen („majority in number“). Diese Mehrheit muss wiederum 75 % des in der Versammlung bzw. des jeweiligen class meetings vertretenen und abstimmenden Kapitals repräsentieren („majority in value“).768 Im englischen Recht genügt es insofern nicht, wenn die der Verschmelzung zustimmenden Mehrheitsaktionäre zwar 75 % des vertretenen Kapitals halten, aber nach Köpfen weniger als 50 % der anwesenden Aktionäre repräsentieren. Das doppelte Mehrheitserfordernis verhindert insofern, dass ein oder ein paar wenige Großaktionäre, die zusammen 75 % des vertretenen Kapitals halten, eine grenzüberschreitende Verschmelzung ohne die Mitwirkung weiterer Kleinaktionäre durchsetzen können. Das doppelte Mehrheitserfordernis wird aus englischer Sicht daher auch als das Kernstück des Minderheitenschutzes bei Strukturmaßnahmen gewertet.769 (2) Abstimmungsverfahren Die Abstimmung kann dabei in zwei verschiedenen Verfahren durchgeführt werden. Vorbehaltlich abweichender Satzungsvorgaben770 wird in englischen Gesellschafterversammlungen üblicherweise auf das sog. show of hands Verfahren zurückgegriffen.771 Wie der Name vermuten lässt, erfolgt die Abstimmung durch Handhebung, wobei jeder anwesende und stimmberechtigte Aktionär oder dessen bevollmächtigter Stimmrechtsvertreter (proxy) unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung nur eine einzige Stimme repräsentiert. Die Anzahl seiner gehaltenen Anteile ist dabei ebenso wenig maßgeblich, wie die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte.772 Enthaltungen werden nicht berücksichtigt.773 Erfolgt die Abstimmung also im Weg eines show of hands, liegen die Chancen der Minderheitsaktionäre, eine Mehrheit zu verhindern, erheblich höher, da Großaktionäre, Inhaber von Mehrstimmrechten und bevollmächtigte Finanzintermediäre dem einzelnen Kleinaktionär mit nur einer Aktie gleichgestellt werden.

768

Palmers’s-Morse, Rn. 12.065 (Stand April 2008). Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819 (829 f.); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (684); Re Linton Park plc [2008] B.C.C. 17 (19); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451). 770 Vgl. Section 284 (4) CA 2006. 771 Myners, Review of the impediments to voting UK shares, S. 8, berichtet, dass im Jahre 2004 nur 36 % der FTSE 200 Gesellschaften und lediglich 11 % der FTSE 250 zu jeder Beschlussfassung einen Poll durchführen, so dass sich die überwiegende Zahl der Gesellschaften, ausschließlich des „show of hands“-Verfahrens bedient. Dies sieht Art. 34 The Companies (Module Articles) Regulations 2008, S. I. 2008/3229, im Übrigen auch vor. 772 Vgl. Section 284 (2) CA 2006. 773 Re Bessemer Steel and Ordnance Co [1875] 1 Ch D 251 I, Columbia Steamship Co 1985 2 S. L.T. 536; Palmer’s-Morse, Rn. 12.065. 769

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Eine Blockademöglichkeit resultiert hieraus jedoch nicht. Denn in dieser Situation wird jeder Mehrheitsaktionär von seinem Recht774 aus section 321 (2) CA 2006 Gebrauch machen, einen sog. poll zu verlangen. Bei einem poll werden die dem jeweiligen Aktienanteil entsprechenden tatsächlichen Stimmen aller stimmberechtigten und anwesenden Aktionäre ausgewertet, so dass sich die Stimmkraft – wie im deutschen Recht – nach der Höhe seiner Anteilsbeteiligung richtet.775 Eine Aktie gewährt insofern grundsätzlich eine Stimme, wobei sich insbesondere durch die nach englischem Recht zulässigen Mehrstimmrechten Stimmrechtsverwässerungen ergeben können. Antragsberechtigt ist gemäß section 321 (2) CA 2006 eine Anzahl von 5 stimmberechtigten Aktionären oder ein einzelner Aktionär, der 10 % aller anwesenden Stimmrechte hält. In Hinsicht auf die Durchführung der Beschlussfassung hat der Versammlungsleiter wie auch im deutschen Recht die Stimmenauszählung und Feststellung der ordnungsgemäßen Beschlussfassung zu verkünden. Erfolgt die Abstimmung im Rahmen eines sog. show of hands, kommt der Feststellung des Versammlungsleiters allerdings materielle Beweiskraft zu (conclusive evidence) zu, ohne dass es eines Nachweises der konkreten Stimmenabgaben bedarf, section 320 (1) CA 2006. Bei einer Abstimmung im Wege eines polls ist hingegen die exakte Anzahl und der konkrete nominale Kapitalwert der Stimmen aller einzelnen Aktionäre festzustellen, so dass die Beweisregelung dort keine Anwendung findet. bb) Stimmrecht Ungeachtet des Abstimmungsverfahrens ist grundsätzlich jeder im register of members eingetragene Aktionär stimmberechtigt,776 sofern die Satzung der Gesellschaft keine Beschränkungen des Stimmrechts vorsieht.777 Wie eingangs bereits angedeutet, vermitteln Inhaberaktien daher kein Stimmrecht. Im Übrigen ist das Stimmrecht aber wie im deutschen Recht als Eigentumsrecht anerkannt.778 Gemäß section 324 (1) CA 2006 und regulation 13 (1) CR 2007 ist jeder stimmberechtigte Aktionär auch explizit berechtigt, sein Stimmrecht durch einen

774

Das Recht einen poll zu verlangen, ist dem Case Law entlehnt und wurde erstmals in Re v Wimbledon Local Board, E.8 Q.B.D. 459 (1882) anerkannt. 775 Vgl. Section 284 (3)(a) CA 2006. 776 Vgl. Section 360 B CA 2006. 777 Campbell/Buckley, Protecting Minority shareholders, S. 144; Millet, The Encyclopaedia of Forms and Precedents, Bd. 10(1), Rn. 585. Vorzugsaktien werden in der Satzung regelmäßig vom Stimmrecht ausgeschlossen oder auf einzelne Beschlussgegenstände begrenzt. 778 Pender v Lushington [1877] 6 ChD 70; Osborne v Amalgamated Society of Railway Servants [1911] 1 Ch 540 (567); Peters’ American Delicacy Co Ltd v Heath [1939] 61 C.L.R. 457 (504).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

oder mehrere779 Vertreter (proxy) auszuüben780. Die Bevollmächtigung ist der Gesellschaft in schriftlicher Form mitzuteilen, wobei die börsennotierte Aktiengesellschaft (traded company) verpflichtet ist, eine elektronische Adresse für deren elektronische Zusendung bereitzustellen, section 327 A(1), 333 A(1) CA 2006. Entsprechende Vollmachtsformulare sind beispielhaft in Art. 38 der Mustersatzung781 enthalten, die gemäß den dargestellten Einberufungsvorschriften auf der Internetseite der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen sind. Dies gilt wiederum nicht im Falle von gesonderten class meetings, bei denen sowohl die schriftliche Anzeigepflicht des Aktionärs als auch die Pflicht der Gesellschaft zur Bereitstellung einer elektronischen Empfangsadresse gemäß section 334 (2)(c) CA 2006 entfallen. War vor Umsetzung der Aktionärsrichtlinie lediglich eine elektronische Vorabinformation sowie eine elektronische Bevollmächtigung zur Stimmrechtsvertretung im englischen Recht zulässig,782 sieht section 360 A CA 2006 nunmehr ausdrücklich vor, dass die Abhaltung von Versammlungen – einschließlich der Teilnahme, der Rede und der Stimmrechtsausübung – auf elektronischem Wege zulässig sind. Dementsprechend ist Minderheitsaktionären, die nicht am Versammlungsort oder sogar im Ausland ansässig sind, nunmehr auch nach dem englischen Recht die Möglichkeit eingeräumt, ihr Stimmrecht ohne Anwesenheit in der Versammlung auszuüben. Vor dem Hintergrund des 50 % Anwesenheitsquorums783 des Mehrheitserfordernisses haben sie somit ein gesteigertes Einflusspotential gewonnen, die Zustimmung zur Verschmelzung abzuwenden. Im Vergleich zur deutschen Regelung bedarf es dafür zumindest eine geringere Anzahl an Minderheitsaktionären. e) Widerspruchsrecht Vorgaben hinsichtlich eines etwaigen Widerspruchrechts oder einer Pflicht der Minderheitsgesellschafter, auf der Versammlung ihren Widerspruch zum Verschmelzungsbeschluss zu protokollieren, sind im kodifizierten Recht nicht enthalten. Wie den nachfolgenden Ausführungen über das Vorabbescheinigungsverfahren aber zu entnehmen sein wird,784 ist die Erhebung des Widerspruchs nach den 779

Sofern der Aktionär zu mehr als einer Stimme berechtigt ist, section 324 (2) CA 2006. Bereits 1933 in Re Dorman, Long Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (661) zu section 153 CA 1929 anerkannt: „I do not find that there is anything to preclude a member of the class from making use of such proper proxy, general or special, … In my opinion s. 153 gives a general right of voting by proxy“. 781 Schedule 3 The Companies (Model Articles) Regulations 2008, S. I. 2008/3229. 782 Siehe die umfassende Untersuchung von Michels, Recht der Aktionärsversammlung, S. 234 ff. m.w.N. 783 Anwesenheit muss seit Einführung der section 360 B CA 2006 im Sinne einer physischen und elektronischen Teilnahme verstanden werden. 784 Vgl. die Ausführung über das Vorabbescheinigungsverfahren, Teil 3 G. III. 1. c). 780

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Grundsätzen des case law zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung von Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses. Wie im deutschen Recht obliegt englischen Aktionären daher ebenfalls eine Widerspruchspflicht und im Umkehrschluss auch ein dadurch indiziertes Widerspruchsrecht. f) Protokollpflicht Eine notarielle Protokollierung wie im deutschen Recht sieht das englische Gesetz nicht vor. aa) Minutes of meeting Gemäß section 355 (1) CA 2006 ist die Gesellschaft aber verpflichtet, ein Protokoll über die Hauptversammlung zu erstellen (,minutes of meeting‘), in dem alle Beschlüsse und Verfahrensabläufe der Versammlung aufgeführt sind und das im Anschluss an die Versammlung den Aktionären zur Verfügung zu stellen ist.785 Dem Protokoll kommt wie im deutschen Recht ebenfalls gemäß section 365 (1)(5) CA 2006 eine Beweisfunktion zu. Während allerdings im deutschen Recht die Protokollierung unter anderem dem Minderheitenschutz dadurch dient, dass in dem Protokoll alle Umstände, die für die Wirksamkeit des Beschlusses oder eben auch für dessen Unwirksamkeit relevant sind, dokumentiert werden, indiziert das Protokoll gemäß section 356 (5) CA 2006 die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung und der Beschlussfassung, wenn nicht das Gegenteil nachgewiesen wird. Diese Beweiskraft des Protokolls wird in den Satzungen englischer Gesellschaften in der Regel auch noch verschärft, indem sie dem Protokoll die Bedeutung einer sog. ,conclusive evidence‘ zuweisen. Diese Beweiskraft lässt eine Widerlegung der Ordnungsgemäßheit dann nur noch durch den Nachweis einer bewussten Manipulation (fraud) oder eines aus dem Protokoll selbst hervorgehenden Fehlers zu.786 Dementsprechend würde die Protokollpflicht nicht den Minderheits-, sondern den Mehrheitsgesellschaftern zu Gute kommen, wenn diese Beweiskraft nicht durch einen Widerspruch der Minderheitsgesellschafter aufgehoben würde. Dafür spräche allerdings, dass nach den vorstehenden Ausführungen den Minderheitsgesellschaftern eine Widerspruchspflicht obliegt, mit der im Umkehrschluss logischer Weise auch ein Anspruch auf Protokollierung des Widerspruchs einhergehen und der beschriebenen Beweiskraft entgegenstehen müsste. Weiterführende Erkenntnisquellen sind dem Verfasser jedoch nicht bekannt.

785

Palmer’s-Morse, Rn. 7.801 ff. Kerr v Mottram [1940] 1 Ch 430; Re Caratal (New Mines) Ltd [1902] 498; Palmer’sMorse, Rn. 7.813. 786

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bb) Unabhängiger Berichterstatter auf Verlangen von 5 % Quorum Einem 5 %igen Minderheitsquorum börsennotierter Gesellschaften steht ferner das Recht zu, die Anfertigung eines Beschlussprotokolls durch einen unabhängigen Berichterstatter zu verlangen, wenn die Abstimmung im Wege eines polls auf einem general meetings erfolgt, section 342 CA 2006, oder eine Abstimmung in class meetings die Änderung oder Aufhebung von class rights zum Gegenstand hat, section 352 CA 2006. In diesem Bericht ist gemäß section 347 (1) CA 2006 insbesondere anzugeben, ob das Abstimmungsverfahren adäquat durchgeführt wurde, die abgegebenen Stimmen fair und akkurat aufgezeichnet und gezählt wurden und, ob die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung von Stimmrechtsvertretern fair beurteilt wurde. Der Bericht und die Beschlussergebnisse sind anschließend auf der Internetseite der Gesellschaft bekanntzumachen, sections 341 (6), 353 (4) CA 2006. Inwieweit der unabhängige Berichterstatter auch Verfahrensfehler oder Widersprüche der Minderheitsgesellschafter aufzunehmen hat, kann in Ermangelung diesbezüglicher Erkenntnisquellen allerdings nicht entschieden werden. g) Sonderbeschlüsse und Genehmigungsvorbehalte Im Rahmen des vorstehenden Beschlussverfahrens haben die Gesellschafter der englischen Gesellschafter in Umsetzung der Richtlinienvorgaben des Art. 9 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 VRL gemäß regulation 13 (2) CR 2007 ferner über die Genehmigung von Arbeitnehmermitbestimmungsvereinbarungen und die Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses zu beschließen. aa) Keine Zusatzbeschlüsse von Sonderrechtsinhabern Eine Regelung wie in § 65 Abs. 2 S. 2 UmwG, der gemäß bei mehreren Aktiengattungen zusätzlich zum Verschmelzungsbeschluss für jede Gattung ein gesonderter Zustimmungsbeschluss erforderlich ist, ist in den CR 2007 hingegen nicht vorgesehen. Die Regelung der regulation 7 (4)(b) CR 2007 beschränkt sich insofern auf die Vorgabe, dass den Inhabern von Sonderrechten einer übertragenden englischen Gesellschaft im Verschmelzungsplan gleichwertige Rechte an der übernehmenden Gesellschaft oder ein Rückkaufanspruch gegen die übernehmende Gesellschaft zu gewähren sind. Einer gesonderten Zustimmung der Sonderrechtsinhaber bedarf es jedoch nicht. Für eine derartige Regelung dürfte im englischen Recht auch keine Notwendigkeit bestehen, da in diesen Fällen regelmäßig class meetings einzuberufen sein werden.

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bb) Genehmigungsvorbehalt bzgl. Arbeitnehmermitbestimmung In wortlautidentischer Umsetzung der Richtlinienvorgabe des Art. 9 Abs. 2 VRL können die Anteilsinhaber ihre Zustimmung zum Verschmelzungsplan gemäß regulation 13 (2)(a) CR 2007 von einer Bestätigung der Mitbestimmungsvereinbarung abhängig machen.787 Wie bereits im Rahmen der deutschen Umsetzung bemängelt, enthält aber auch die englische Umsetzungsvorschrift keine weiteren Vorgaben, so dass insbesondere unklar ist, ob es zur Ratifizierung eines formellen Bestätigungsbeschlusses unter erneuter Einberufung eines general oder class meetings bedarf, welche Beschlussmehrheit erforderlich ist, und ob eine Übertragung der Genehmigungskompetenz auf das Leitungsorgan zulässig ist. Dem Wortlaut der Vorschrift „the approval may be made subject to a ratification“ sind diesbezüglich keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Für einen formellen Bestätigungsbeschluss spricht allerdings, dass es börsennotierten Gesellschaften grundsätzlich gemäß section 281 (2) CA 2006 versagt ist, Beschlüsse in Form einer written resolution zu fassen und somit stets im Rahmen eines meetings Beschluss zu fassen ist. Für die Möglichkeit, die Genehmigungskompetenz auf die directors zu übertragen, spricht die nach dem englischen Recht zulässige Stimmrechtsvertretung und Versammlungsleitung durch die directors. Von einer weiterführenden Betrachtung soll aber auch an dieser Stelle mangels Relevanz für den Minderheitenschutz Abstand genommen werden. cc) Zustimmungsvorbehalt bzgl. Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren Die Regelung des Art. 10 Abs. 3 VRL über die Zustimmung der Gesellschafter zur Durchführung von Kontrollverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses durch ausländische Gerichte wurde in regulation 13 (2) (b) CR 2007 umgesetzt, die wie folgt lautet: „The approval of the members may be made subject to an order of a competent authority of another EEA State which amends the share exchange ratio in accordance with Article 10.3 of the Directive (national procedure for amendment of share exchange ratio).“

Die Vorschrift ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Zum einen wirft die Regelung viele Fragen auf, für die sich weder im Gesetz oder der Gesetzbegründungen noch in der Rechtsprechung oder der Literatur Antworten finden lassen. Unklar ist insbesondere, ob es sich bei der Bedingung („approval …

787 Regulation 13 (2)(a) CR 2007: „The approval of the members may be made subject to (a) ratification of any arrangements adopted for employee participation in the transferee company in accordance with Part 4 of these Regulations (employee participation)“.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

made subject to“) um eine aufschiebende oder auflösende Bedingung handelt und ob es dementsprechend eines gesonderten Bestätigungsbeschlusses bedarf. Der Hauptkritikpunkt dürfte allerdings darin zu finden sein, dass den Gesellschaftern der englischen Gesellschaft das Recht eingeräumt wird, ihre Zustimmung zur Verschmelzung von dem Ergebnis eines andauernden Spruchverfahrens abhängig zu machen und dementsprechend die rechtswirksame Bindung des Verschmelzungsbeschlusses der englischen Gesellschaft an den Ausgang des Spruchverfahrens bzw. gegebenenfalls an einen darauf folgenden Bestätigungsbeschluss geknüpft ist. Dies widerspricht in mehrfacher Hinsicht den Richtlinienvorgaben und begründet darüber hinaus ein erhebliches Verfahrenshindernis. Erstens besagt Art. 10 Abs. 3 VRL ausdrücklich, dass das (Spruch-)Verfahren nur zur Anwendung kommt, wenn die anderen sich verschmelzenden Gesellschaften in Mitgliedstaaten, die ein solches Verfahren nicht vorsehen, bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gemäß Artikel 9 Absatz 1 ausdrücklich akzeptieren, dass die Gesellschafter ein solches Verfahren bei dem zuständigen Gericht beantragen können. Der europäische Gesetzgeber hat damit explizit hervorgehoben, dass sich die Zustimmungsermächtigung nur auf die Frage der Anwendbarkeit des ausländischen Verfahrens bzw. der Antragsberechtigung erstreckt, nicht jedoch auf das Ergebnis eines durchgeführten Verfahrens bzw. die Anerkennung einer gerichtlichen Entscheidung. Letzteres widerspricht auch dem bereits dargelegten Sinn und Zweck der Regelung des Art. 10 Abs. 3. VRL.788 Zweitens führt die Anknüpfung des Zustimmungsbeschlusses an die Entscheidung des Gerichts im Ergebnis dazu, dass die Gesellschafter der englischen Gesellschaft über die Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung entscheiden, indem sie je nach Ausgang des Verfahrens die Zustimmung zur Verschmelzung verweigern können. Dies ist mit der Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 S. 3 VRL jedoch nicht ansatzweise in Einklang zu bringen, der nämlich ausdrücklich besagt, dass die in dem Verfahren ergehende Entscheidung für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft und alle ihre Gesellschafter bindend ist, wenn sie der Anwendung des Verfahrens zugestimmt haben. Drittens betont die Richtlinie mehrfach die Haupteigenschaft des Spruchverfahrens, dass dessen Durchführung der Eintragung der Verschmelzung bzw. der Erteilung der Vorabbescheinigung nicht entgegensteht, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten – also auch die endgültige Zustimmung der Gesellschafter zum Verschmelzungsplan – ordnungsgemäß vollzogen wurden.789 Da für die Erteilung der Vorab788 Vgl. die Ausführungen über den Zustimmungsvorbehalt nach Art. 10 Abs. 3 VRL, Teil 3 F. I. 2. b) bb). 789 Vgl. Art. 10 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 VRL.

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bescheinigung und Eintragung der Verschmelzung aber gemäß Artt. 12 S. 2, 11 Abs. 2 VRL das Vorliegen der Zustimmungsbeschlüsse der jeweiligen verschmelzenden Gesellschaften zwingende Voraussetzung790 ist, führt der Zustimmungsvorbehalt letztendlich zu einem unüberwindbaren Eintragungshindernis bis die endgültige Bestätigung der englischen Gesellschafter erteilt wird. Denn die unter einer Bedingung – insbesondere einer auflösenden Bedingung – erteilte Zustimmung kann schon allein vor dem Hintergrund des Art. 19 VRL diesen Anforderungen nicht genügen. Dies widerspräche der Vorgabe der Art. 17 VRL, nach der eine gültig gewordene Verschmelzung nicht mehr für ungültig erklärt werden kann. Dementsprechend führt die Ausgestaltung des Genehmigungsvorbehalts in regulation 13 (2)(b) CR 2007 solange zu einem Eintragungshindernis, wie das ausländische Kontrollverfahren nicht abschließend in Form eines Urteils – einschließlich eines etwaigen Berufungsverfahrens – beendet ist. Im Ergebnis ist der Umsetzungsvorschrift damit die Richtlinienkonformität abzusprechen. Inwiefern die englischen Gerichte eine Anpassung im Wege der richtlinienkonformen Auslegung herbeiführen, kann mangels entsprechender Rechtsprechung nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls begründet die Vorschrift ein erhebliches Verfahrenshindernis, welches jedoch mit Blick auf die Ausgangsfrage des Harmonisierungsergebnisses nicht der Richtlinie, sondern der mangelhaften Umsetzung seitens des englischen Gesetzgebers anzulasten ist. 4. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses In Hinsicht auf die Entbehrlichkeit eines Verschmelzungsbeschlusses wurden sämtliche Vorgaben der VRL übernommen. a) Entbehrlichkeit bei Konzernverschmelzungen 100 %iger Tochtergesellschaften Der Vorgabe des Art. 15 Abs. 1 VRL entsprechend, ist gemäß regulation 13 (3) CR 2007 ein Verschmelzungsbeschluss im Falle der Herausverschmelzung einer englischen 100 %igen Tochtergesellschaft entbehrlich. b) Uneingeschränkte Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 VRL Für den Fall einer Hereinverschmelzung einer ausländischen Gesellschaft auf eine englische Gesellschaft bedarf es gemäß regulation 13 (4) CR 2007 grundsätzlich keines Zustimmungsbeschlusses auf Seiten der aufnehmenden englischen Gesellschaft, wenn die Publizitätspflichten i.S.d. Art. 8 der Fusionsrichtlinie gewahrt wurden und nicht ein oder mehrere Aktionäre, deren Anteile zusammen mindestens 5 % des eingezahlten Kapitals ergeben, die Einberufung der Versammlung verlangen. 790

Vgl. Artt. 12 S. 2, 11 Abs. 2 VRL.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Der englische Gesetzgeber hat insofern von der Ermächtigung in Art. 9 Abs. 3 VRL Gebrauch gemacht und im Unterschied zur deutschen Umsetzung – unabhängig von einer gegenseitigen Beteiligung der verschmelzenden Gesellschaften – einen Verschmelzungsbeschluss nur auf Verlangen einer Minderheit vorgeschrieben. Von diesem Einberufungsrecht sind allerdings ausschließlich stimmberechtigte Anteilsinhaber erfasst, so dass Inhabern von stimmrechtslosen Vorzugsaktien (preference shares) und Inhabern, die nicht im register of members eingetragen sind, unabhängig von der Höhe ihrer Kapitalbeteiligung das Recht verwehrt bleibt.791 Im Ergebnis sind letztere sowie Minderheitsaktionäre, die weniger als 5 % des eingezahlten Kapitals (paid-up capital) halten, nach englischem Recht insoweit schutzlos gestellt, als dass sie weder die Anteilsversammlung als Kontrollforum nutzen können, noch ein Zustimmungsbeschluss besteht, der einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich wäre. Weitere Entbehrlichkeitsregelungen sind in den CR 2007 entsprechend der Richtlinienvorgabe nicht vorgesehen. Darüber hinausgehende Satzungsbestimmungen sind im Übrigen unwirksam.792 Werden allerdings class meetings einberufen und setzt sich eines davon nur aus einem Gesellschafter zusammen, so genügt es im Falle des letzteren, wenn dieser Gesellschafter ausnahmsweise schriftlich seine Zustimmung im Vorfeld erteilt.793 Da jedoch nur die Abhaltung dieses einen class meetings, nicht jedoch die Zustimmung als solche entbehrlich ist, dürften sich in Hinsicht auf die Richtlinienvorgaben keine Probleme ergeben. Aus demselben Grund sind auch keine negativen Auswirkungen auf den Minderheitenschutz erkennbar. 5. Schranken der Rechtsausübung In Hinsicht auf die inhaltliche Beschränkung der Aktionärsrechte existiert auch im englischen Recht das Gebot der Gleichbehandlung sowie unter besonderen Einzelfallumständen eine Treuepflicht der Gesellschafter.

791

Vgl. regulation 13 (4)(c) CR 2007. Re Oceanrose Investment Ltd, [2009] Bus LR 947 (952 f.). 793 Re Oceanrose Investment Ltd, [2009] Bus LR 947 (951); Re Altitude Scaffholding Ltd, [2007] 1 B.C.L.C. 199 (200); Re RMCA Reinsurance Ltd [1004] 1 B.C.C. 378; Re Hastings Deering Pty Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 474 (476). 792

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a) Gleichbehandlungsgebot In Anlehnung an das richterlich geprägte case law sind ungerechtfertigte794 Ungleichbehandlungen zwischen Gesellschaftern (einer Aktionärsgattung) untersagt,795 es sei denn sie gehören unterschiedlichen Aktionärsklassen an, die ordnungsgemäß zugeteilt wurden.796 Wie aber bereits zum deutschen Recht ausgeführt, wird dem Gleichbehandlungsgebot bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen wegen der einheitlichen Geltung des Umtauschverhältnisses auch im englischen Recht nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Dies wird selbst dann anzunehmen sein, wenn für die vereinzelten Aktionärsklassen unterschiedliche Umtauschquoten vorgesehen sind. Ob die englischen Gerichte zu demselben Ergebnis kommen, wenn einer Aktionärsklasse ein Ausscheiden gegen Barabfindung, den übrigen Aktionärsklassen aber nur ein Anteilsumtausch ermöglicht wird, kann in Ermangelung vergleichbarer Sachverhalte und entsprechender Rechtsprechung nicht beantwortet werden. b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht In Hinsicht auf eine Beschränkung der Aktionärsrechte im Wege der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht besteht im englischen Recht ein entscheidender Unterschied zwischen partnerships und companies, der dem Grunde nach mit der früher in Deutschland vorherrschenden Diskussion vergleichbar ist. aa) Grundsatz: Keine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bei companies Partnerships sind nach der Rechtsprechung durch eine vertragliche Beziehung nach Treu und Glauben (contract of good faith) gekennzeichnet, aus der für die Gesellschafter gegenseitige Treuepflichten erwachsen, die bei der Ausübung von Rechten zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Mitgesellschafter und der Gesellschaft verpflichten.797 Bei companies werden Gesellschaftsanteile hingegen als ein Eigentumsrecht des Gesellschafters verstanden, mit dem der Gesellschafter beliebig verfahren kann798 und nur soweit Beschränkungen unterliegt, wie sie in der Satzung oder im Gesetz

794 Auf die Rechtfertigungsmöglichkeiten von Ungleichbehandlungen von Aktionären der gleichen Aktionärsklasse wird im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens noch zurückzukommen sein, Teil 3 G. III. 1. b) aa) (3) (b). 795 Re Rac Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (324). 796 Re Telewest Communications Plc [2005] B.C.C. 29 (33). 797 O’Neil v Phillips [1999] 2 All E.R. 961 (967). 798 North-West Transportation Company Ltd v. Beatty, [1887] 12 A.C. 589 (593); Peters’ American Delicacy Co Ltd v Health [1939] 61 C.L.R. 457 (504).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

enthalten sind.799 Eine Bindung der Gesellschafter im Wege eines vertraglichen Treueverhältnisses besteht daher grundsätzlich nicht. Nach den Grundsätzen des case law sind Gesellschafter daher nur ihren eigenen Interessen verpflichtet und müssen keine Rücksicht auf die Interessen der Gesellschaft oder die der Mitgesellschafter nehmen.800 Dies gilt insbesondere für das Stimmrecht. Im Unterschied zu den directors unterliegen Gesellschafter bei Ausübung ihres Stimmrechts keiner Treuepflicht (fiduciary duty) weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber den anderen Gesellschaftern.801 Während den Direktoren bei Ausübung ihrer Geschäftsführertätigkeit unter anderem die Pflicht zukommt, im Interesse der Gesellschaft zu handeln, sind die Gesellschafter nicht an deren Interessen gebunden und dürfen sogar auch dann ihre eigenen Interessen verfolgen, wenn diese den Gesellschaftsinteressen oder denen anderer Gesellschaftern zu wider laufen.802 bb) Ausnahme: Stimmrechtsbeschränkung durch Equity-Grundsätze Abgesehen von den im Gesetz und gegebenenfalls in der Satzung enthaltenen Stimmrechtsverboten803 gilt dies zwar grundsätzlich auch für Mehrheitsgesellschafter. Für sie können sich jedoch bei bestimmten Beschlüssen ausnahmsweise Einschränkungen aus dem Equity Law auf Grundlage der sog. bona fide- und fraud on the minority-Grundsätze ergeben. Unter welchen Umständen und in welchem Umfang Beschränkungen bestehen, ist jedoch bisher nur durch die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Einzelfällen entschieden worden, wobei weder der Literatur noch der Rechtsprechung eine eindeutige Systematisierung dieser Grundsätze zu entnehmen ist.804 Dies zeigt bereits die uneinheitliche Verwendung der Begriffe fraud on the minority und bona fide. Teilweise wird fraud on the minority nur in Bezug auf die Ratifizierung von missbräuchlichen Maßnahmen der Direktoren,805 zum Teil aber auch in Bezug auf andere 799

Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch 656 (671 f.). Northern Counties Securities Ltd v Jackson & Steeple Ltd, All E.R 1974 (2), 625 (635). Re Swindon Town Football Co Ltd, [1990] B.C.L.C. 467 (469). 801 Pender v Lushington (1877) 6 ChD 70 (75 f.); North-West Transportation Co Ltd v Beatty [1887] 12 A.C 589 (593); Peters American Delicacy Co Ltd v Heath (1938 – 1939) 61 C.L.R. 457 (504); Northern Counties Securities Ltd v Jackson & Steeple Ltd, 2 All E.R 1974, 625 (635); Re Ringtower Holdings Plc [1989] 5 B.C.C. 82 (101); Brant Investment Ltd v KeepRite Inc [1991] 80 D.L.R. 161, Re Unisoft Group Ltd (No. 3) [1994] 1 B.C.L.C. 609 (622); Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (584 f.). Citco Banking v Pusser’s Ltd [2007] B.C.C. 205 (209). 802 Pender v Lushington [1877] 6 ChD 70 (75); Burland v Earle [1902] A.C. 83 (94); Phillips v Manufacturers Securities Ltd (1917) 116 LT 290 (297); Carruth v Chemical Imperial Industries Ltd [1937] A.C. 707 (765). 803 Vgl. Sections 239 (3)(4)(6), 695, 698, 700(5); 717(2)(3) CA 2006. 804 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 94; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 16-195. 805 Hannigan, J.B.L. 2007, S. 471 (475). 800

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Mehrheitsbeschlüsse auf Hauptversammlung verwendet.806 Andere Autoren begreifen bona fide hingegen als einen all umfassenden Obergriff, von dem auch die fraud on minority Konstellation erfasst wird.807 (1) Voting bona fide for the benefit of the company Nach dem Grundsatz „voting bona fide for the benefit of the company“ müssen sich Mehrheitsgesellschafter im Rahmen ihrer Stimmrechtsausübung am Wohl der Gesellschaft (benefit of the company) orientieren und dürfen ihre Mehrheitsmacht nicht dazu missbrauchen, eigene, dem Gesellschaftswohl widersprechende Interessen durchzusetzen.808 Ob sich das Wohl der Gesellschaft auf die Gesamtheit aller hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter oder auf die Gesellschaft als eigene Rechtspersönlichkeit bezieht, ist in der englischen Rechtsprechung entsprechend der fehlenden Systematisierung wiederum nicht eindeutig geklärt.809 Einstimmigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass das Wohl der Gesellschaft nicht durch die Gerichte, sondern durch die Gesellschafter festzulegen ist.810 Die Gerichte haben danach nur zu prüfen, ob ein vernünftiger Gesellschafter auf der Grundlage der vorgebrachten Gründe zu derselben Entscheidung hätte kommen bzw. den Beschluss als im Interesse der Gesellschaft hätte erachten können.811 Das Gegenteil zu beweisen, das heißt die Verfolgung eigener persönlicher Interessen seitens des Mehrheitsgesellschafters, die nicht mit dem Wohl der Gesellschaft im Einklang stehen, obliegt demjenigen, der die Wirksamkeit des Beschluss anfechtet.812 Wurde der Beschluss von einer großen Mehrheit angenommen, die sich auch aus Gesellschaftern zusammensetzt, die kein eigenes Interesse an dem Beschlussgegenstand haben, ist ein Beweis des Grundsatzverstoßes aber nahezu ausgeschlossen.813 Darüber hinaus ist ein Verstoß gegen den Grundsatz nur dann für die Wirksamkeit des Beschlusses von Bedeutung, wenn dem Mehrheitsgesellschafter nachgewiesen werden kann, dass er nicht gutgläubig (bona fide) gehandelt hat. Entscheidend ist insofern nicht, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten Gründe tatsächlich im 806

Hollington, Shareholders’ Rights, S. 107. Tuffnel, Comp. Law 1993, S. 90 (91 f.). 808 Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] All E.R. 746 (749): „It [the power] must be exercised, not only in a manner required by law, but also bona fide for the benefit of the company as a whole“. 809 Vgl. Re Citco Banking Corp NV v Pusser’s Ltd [2007] 2 B.C.L.C. 483 (491); Greenhalgh v Arderne Cinemas Ltd [1951] Ch. 286 (291). 810 Shuttleworth v Cox Brothers and Co (Maidenhead) Ltd [1927] 2 K.B. 9 (18, 23); Rights & Issues Investment Trust Ltd v Stylo Shoes Ltd [1964] 3 All E.R. 628 (631) = [1965] Ch 250 (256). 811 Shuttleworth v Cox Brothers and Co (Maidenhead) Ltd [1927] 2 K.B. 9 (18, 23). 812 Peters’ American Co Ltd v Health [1939] 61 C.L.R. 457 (482); Citco Banking Corp NV v Putter’s Ltd [2007] 2 B.C.L.C. 483 (491). 813 Rights & Issues Investment Trust Ltd v Stylo Shoes Ltd [1964] 3 All E.R. 628 (631). 807

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Interesse der Gesellschaft standen, sondern ob ein vernünftiger gutgläubiger Gesellschafter diese für solche im Interesse der Gesellschaft erachten konnte.814 Der Schutz der Minderheitsgesellschafter wird ferner dadurch erschwert, dass sie von dem Grundsatz nur soweit geschützt werden, wie ihre Interessen mit denen der Gesellschaft übereinstimmen. Denn der bona fide Grundsatz verpflichtet nur, auf die Interessen der Gesellschaft als Ganzes, nicht aber auf gesonderte oder private Interessen einzelner Gesellschafter Rücksicht zu nehmen.815 (2) Doctrine of fraud on the minority Letztere zu schützen ist hingegen Sinn und Zweck des „fraud on the minority“ Prinzips. Im Falle dessen Anwendbarkeit sind Beschlüsse, im Rahmen derer die Mehrheit ihre Mehrheitsmacht missbräuchlich ausübt, um Vorteile zulasten der Minderheit zu erlangen, unwirksam.816 In Abgrenzung zum bona fide Grundsatz stehen hier also Gesellschafterbeschlüsse im Vordergrund, die nicht die Interessen der Gesellschaft, sondern die einzelner oder einer Gruppe von Gesellschaftern in veruntreuender817 (fraudulent) oder unterdrückender (oppressive) Weise benachteiligen.818 Ein Beschluss des Mehrheitsgesellschafters kann insofern – unabhängig von dessen Gutgläubigkeit – auch dann rechtswidrig sein, wenn er zum Wohl der Gesellschaft erfolgt.819 Eine eindeutige Abgrenzung dieser Grundsätze ist – wie eingangs erwähnt – auch der englischen Literatur und Rechtsprechung nicht zu entnehmen.820 Teilweise werden sie daher auch zu einem gemeinsamen Grundsatz zusammengefasst, demzufolge Mehrheitsgesellschafter nicht befugt sind, ihre Mehrheitsmacht zu missbrauchen, um sich Vorteile zum Nachteil der Gesellschaft oder zum Nachteil der Minderheitsgesellschafter anzueignen.821

814 Shuttleworth v Cox Brothers and Co Maidenhead Ltd [1927] 2 K.B. 9 (23); Citco Banking Corp NV v Pusser’s Ltd [2007] 2 B.C.L.C. 483 (484). 815 Allen v Gold Reefs of West Africa [1900] 1 Ch 656 (682). 816 Arrow Nominees Inc v Blackledge [2000] 2 B.C.L.C. 167 (197). 817 Eine eindeutige Definition ist dem englischen Recht nicht zu entnehmen. Eine wörtliche Übersetzung im Sinne von „betrügerisch“ ist aber zu eng. In Burland v Earle [1902] A.C. 83 (93) umschrieb das Gericht fraud wie folgt: „when the majority are endeavouring directly or indirectly to appropriate to themselves money, property or advantages which belong to the company or in which the other shareholders are entitled to participate“. 818 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 109; Mayson/French/Ryan, Rn. 14.10.4. 819 Cook v Deeks [1916] 1 A.C. 554 (563). 820 Vgl. nur Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 19-9 ff., 19-22. Hollington, Shareholders’ Rights, S. 105 ff.; Boyle/Birds, Company Law, S. 675 f.; Morse, Charlesworth’s Company Law, S. 338 ff.; Mayson/French/Ryan, Rn. 14.10.4, 14.10.5. 821 Pussers Ltd [2007] B.C.C. 205 (208 f.); Constable v Exercutive Connections Ltd [2005] 2 B.C.L.C. 638; Morse, Charlesworth’s Company Law, S. 338 f.; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 109.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Abgesehen von den unterschiedlichen Interessen besteht der wesentliche Unterschied dieser beiden Grundsätze letztendlich darin, dass bei der Benachteiligung von Minderheitsinteressen die Gutgläubigkeit der Mehrheit im Gegensatz zur Beeinträchtigung von Gesellschaftsinteressen unbeachtlich ist. (3) Vergleichbarkeit der Anwendungsfälle der Equity-Grundsätze zur grenzüberschreitenden Verschmelzung? Fraglich ist allerdings, inwiefern sich aus diesen Grundsätzen eine materielle Stimmrechtsbeschränkung bei Verschmelzungsbeschlüssen zugunsten des Minderheitenschutzes, insbesondere in Hinsicht auf ein unangemessenes Umtauschverhältnis, ableiten lässt. Bisher sind sie nämlich nicht als allgemein gültige Grundsätze anerkannt, sondern lediglich als Ausnahmetatbestände in bestimmten Sachverhaltskonstellationen in unterschiedlicher Ausprägung von der englischen Rechtsprechung angewandt worden.822 Dazu zählen im Wesentlichen bestimmte Satzungsänderungen, die Ratifizierung von Pflichtverletzungen der directors sowie in modifizierter Weise schemes of arrangements. (a) Satzungsänderungen Im Rahmen von Satzungsänderungen wurden die Grundsätze auf Beschlüsse über Satzungsänderungen angewandt, die eine Anteilsenteignung der Minderheitsaktionäre im Wege der Einführung einer obligatorischen Verpflichtung zum Anteilsverkauf der Minderheitsgesellschafter an die Mehrheitsgesellschaftern vorsehen oder in anderer Weise den Ausbau der Mehrheitskontrolle zu Lasten der Gesellschaft oder der Minderheitsaktionäre bezwecken.823 In diesem Zusammenhang wurde allerdings die Einführung einer Satzungsbestimmung zum obligatorischen Anteilstransfer unter den Voraussetzungen als zulässig anerkannt, dass der Abfindungspreis angemessen (fair) ist, der Transfer einen signifikanten Vorteil für die Gesellschaft und damit auch für die verbleibenden Aktionäre begründet und der Beschluss im guten Glauben der Mehrheit verabschiedet wurde.824 Für eine entsprechende Anwendung dieser Rechtsprechung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen spräche zunächst die vergleichbare Interessenslage 822

Hollington, Shareholders’ Rights, S. 120. Citco Banking Corp NV v Pusser’s Ltd and another [2007] 2 B.C.L.C. 483 (488 – 493); Peters American Delicacy Co Ltd v Heath (1938 – 1939) 61 C.L.R. 457 (502 f.); Brown v British Abrasive Wheel & Co [1919] 1 Ch 290; Dafen Tinplate v Llanelly Steel [1920] 2 Ch 124; Sidebottom v Kershaw, Leese and Company Ltd, [1920] 1 Ch 154 (165 f.); Shuttleworth v Cox Brothers and Co (Maidenhead) Ltd [1927] 2 K.B. 9 (18, 23); Rights & Issues Investment Trust Ltd v Stylo Shoes Ltd [1964] 3 All E.R. 628 (631); Greenhalgh v Arderne Cinemas Ltd [1951] 2 Ch 286 (290 f.). 824 Dashfield v Davidson (No 2) [2008] B.C.C. 662 (681 f.); Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 19-18 Hannigan, J.B.L. 2007, S. 471 (499). 823

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

der Minderheitsgesellschafter. Zumindest bei Herausverschmelzungen werden sie letztendlich durch den Mehrheitsbeschluss zum Umtausch und damit zur Aufgabe ihrer Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft gezwungen. Ein unangemessenes Umtauschverhältnis käme insoweit einer unzulässigen Anteilsenteignung gleich. Zum anderen erkannte das englische Gericht in Clemens v Clemens825 die Anwendung des Grundsatzes erstmalig auch in Bezug auf eine Kapitalerhöhung an. Da das Gericht dessen Anwendbarkeit aber nicht begründet hat, bleibt offen, ob dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls oder aufgrund der Annahme einer Allgemeingültigkeit des Grundsatzes erfolgte. In der englischen Literatur hat die Frage des Anwendungsbereichs der Grundsätze bisher nur wenig Aufmerksamkeit gefunden. Hollington826 argumentiert jedoch, dass zumindest bei vergleichbaren Sachverhalten, das heißt bei solchen, in denen die Mehrheit versucht, ihre Mehrheitsbeteiligung zum Nachteil der Minderheit auszubauen oder sich Vermögen der Gesellschaft zuzueignen, die Prinzipien anwendbar sein sollten. Dafür spräche im Übrigen auch die Formulierung in Allen v Gold Reefs827 in Bezug auf Satzungsänderungen: „The power conferred by it must, like all other powers, be exercised subject to those general principles of law and equity which are applicable to all powers conferred on majorities and enabling them to bind minorities.“

(b) Ratifizierung von Pflichtverstößen der directors Einen weiteren anerkannten Anwendungsfall stellen Beschlüsse zur nachträglichen Ratifizierung von Treuepflichtverletzungen seitens der directors dar. Die ursprünglich ebenfalls im Equity Law entwickelten Treuepflichten der directors (fiduciary duties) wurden nunmehr in den sections 171 ff. CA 2006 kodifiziert. Dazu zählen insbesondere die Pflichten, den Erfolg der Gesellschaft zu fördern und Interessenskonflikte zu vermeiden, sections 172, 175 CA 2006. Verletzen die directors diese Treuepflichten, steht nach der Entscheidung in Foss v Harbottle828 grundsätzlich der Gesellschaft bzw. der Gesellschaftermehrheit das Recht zu, diese gerichtlich geltend zu machen. In gleicher Weise unterfällt es dementsprechend auch der Mehrheitsmacht, die unter Verletzung der Pflicht ausgeführte Maßnahme der Direktoren mittels einfachen Mehrheitsbeschlusses nach825

Clemens v Clemens Bros Ltd [1976] 2 All E.R. 268 (279, 282 f.). Hollington, Shareholders’ Rights, S. 120 f., a.A. Sealy/Worthington, S. 203 f. 827 Allen v Gold Reefs of West Africa [1900] 1 Ch 656 (671), siehe ferner Burland v Earle [1902] A.C. 83 (93): „A fraud on the minority covers all cases where the majority try directly or indirectly, to appropriate to themselves money, property or advantages which belong to the Company, or in which the other shareholders are entitled to participate“. 828 (1843) 2 Hare 461 (492 f.). 826

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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träglich zu genehmigen und von einer Klageerhebung gegen die Direktoren abzusehen, soweit es sich um einen genehmigungsfähigen Verstoß handelt.829 Die Mehrheitsmacht wird insofern durch die Genehmigungsfähigkeit von Pflichtverletzung der Direktoren beschränkt. An letzteres ließe sich gegebenenfalls für eine Beschränkung der Mehrheitsmacht bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anknüpfen, sofern eine tatbestandliche Anknüpfung, d. h. eine nicht genehmigungsfähige Treuepflichtverletzung der directors in Betracht kommt. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Förderung des Unternehmenserfolgs aus section 172 (1) CA 2006 wäre allenfalls denkbar, wenn die directors eine für die Gesellschaft oder Gesellschafter nachteilige Verschmelzung im Wege eines unzutreffenden Verschmelzungsberichts propagieren oder einen nachteilhaften Verschmelzungsplan aufstellen. Section 172 CA 2006 stellt insofern klar, dass von dem Unternehmenserfolg auch die Interessen der Gesellschafter umfasst werden, soweit diese nicht dem Gesellschaftsinteresse abweichen.830 Die Anforderungen an einen Treupflichtverstoß sind jedoch grundsätzlich als hoch einzustufen, da gerade in Hinsicht auf die langfristige finanzielle Stabilität der Gesellschaft und der Sicherung eines hohen Anteilswerts den Entscheidungen der directors ein Ermessensspielraum im Sinne der business judgmenet rule zukommt.831 Section 175 CA 2006 verpflichtet Direktoren, Situation zu vermeiden, in denen seine persönlichen Interessen mit denen der Gesellschaft kollidieren, wobei es auf eine persönliche Vorteilserlangung nicht ankommt. Dies betrifft insbesondere Situationen, in denen Vermögen, Informationen oder Möglichkeiten der Gesellschaft verwertet werden.832 Im Rahmen von grenzüberschreitenden Herausverschmelzungen wird zwar auch das Gesamtvermögen der englischen Gesellschaft im Wege des Anteilstausches verwertet, als einzig denkbarer Anknüpfungspunkt für ein Handeln der directors käme aber auch hier nur die Empfehlung einer nachteilhaften Verschmelzung durch einen manipulierten Verschmelzungsbericht oder durch die Vorlage eines ungünstigen Verschmelzungsplans in Betracht. Schließlich obliegt den directors gemäß section 177 CA 2006 die Pflicht, ihr Interesse an einer Transaktion oder einem Vertrag der Gesellschaft zu erklären. Sie entspricht insofern der Pflicht aus regulation 8 (2)(b)(ii) CR 2007, materielle Interessen an der Verschmelzung im Verschmelzungsbericht anzuzeigen. Auch in dieser Hinsicht wäre ein Treuepflichtverstoß allenfalls im Zusammenhang mit einer bewusst fehlerhaften Angabe zu konstruieren.

829

Foss v Harbottle (1843) 2 Hare 461 (492 f.); Burland v Earle [1902] A.C. 83 (93); Edwards v Halliwell [1950] 2 All E.R. 1064; Pavlides v Jensen [1956] 1 Ch 565 (575). 830 Mutual Lilfe Assurance Co of New York v Rank Organisation Ltd [1985] 1 B.C.L.C. 11 (21); BSB Holding Ltd [1996] 1 B.C.L.C 155 (251). 831 Palmers-Worthington, Rn. 8.2606. 832 Vgl. Section 175 (2) CA 2006.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Diese Treuepflichtverstöße sind jedoch nur dann nicht genehmigungsfähig, wenn sie eine Verletzung des „fraud on the minority“-Grundsatzes darstellen, d. h. einen Sachverhalt betreffen, in denen die Direktoren Transaktionen zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Gesellschaft oder der Gesellschafter unter Verletzung ihrer Treuepflichten durchführen und ihre Mehrheitsbeteiligung anschließend zur Ratifizierung der Transaktion und des Pflichtverstoßes auf der Gesellschafterversammlung missbrauchen.833 Die üblichen Fallkonstellationen betreffen dementsprechend sog. Insichgeschäfte (self-dealing) kontrollierender Direktoren, die mit sich im Namen der Gesellschaft Transaktionen abschließen, im Wege derer der Gesellschaft Vermögenswerte entzogen werden und die sie im Nachhinein als Mehrheitsgesellschafter genehmigen.834 Vor diesem Hintergrund wird eine Anwendbarkeit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen börsennotierter Gesellschaften zu verneinen sein. Zum einen beruht die grenzüberschreitende Verschmelzung nicht unmittelbar auf einem Handeln der directors, sondern auf einem Mehrheitsbeschluss. Mit diesem wird aber eben nicht eine Pflichtverletzung genehmigt, sondern der Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung zugestimmt. Eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation ließe sich daher allenfalls konstruieren, wenn die directors zugleich den Mehrheitsgesellschafter der verschmelzenden Gesellschaft darstellen, so dass dem Verschmelzungsbeschluss mittelbar eine Ratifizierung der im Rahmen der Vorabinformation begründeten Treuepflichtverstößen innewohnt. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften dürften die directors aber in den seltensten Fällen zugleich deren Mehrheitsgesellschafter sein. Eine Beschränkung der Mehrheitsmacht im Wege des fraud on the minority Grundsatzes wird bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen dementsprechend ausscheiden. (c) Modifizierte Anwendung bei schemes of arrangements (,Buckely Test‘) Schlussendlich ist eine Beschränkung der Mehrheitsmacht bei Zustimmungsbeschlüssen zu schemes of arrangements in class meetings anerkannt. Auf der Grundlage des noch näher zu erörternden835 Tests von Buckley kann das Gericht die Genehmigung eines schemes of arrangements zum einen aus dem Grund verweigern, dass die Mehrheit nicht bona fide, sondern zur Verfolgung eigener, denen der Aktionärsklasse gegenläufiger Interessen gehandelt hat. In anderen 833 Barret v Duckett [1995] 1 B.C.L.C 243 (249 f.); Smith v Croft (No2) [1988] Ch 114 (186); Taylor v National Union of Mineworkers [1985] B.C.L.C. 237 (255); Estmanco (Kilner House) Ltd v Greater London Council [1982] 1 WLR 2 (16 ff.); Prudential v Newman Industries (No. 2) [1982] Ch. 204 (210 f.); Peters American Delicacy Co Ltd v Health (1938 – 1939) 61 C.L.R. 457 (505); Menier v Hooper’s Telegraph Works [1874] LR 9 Ch App 350 (353). 834 Vgl. Hollington, Shareholders’ Rights, S. 121 f. sowie die vorstehenden Gerichtsentscheidungen. 835 Vgl. die Ausführungen über die Vorabbescheinigung, Teil 3 G. III. 1. b) aa).

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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Worten muss die Macht der Mehrheit, die Minderheit zu binden, auch hier so ausgeübt werden, dass sie zum Wohl der gesamten Aktionärsklasse und nicht nur zum Wohl einzelner Gesellschafter erfolgt.836 Der bona fide-Grundsatz bezieht sich hier also nicht auf die Interessen der Gesellschaft als Ganzes, sondern nur auf die der jeweiligen Aktionärsklasse. Zum anderen unterliegt die Mehrheit der Beschränkung, mit ihrer Mehrheitsmacht keinem scheme of arrangements zur Durchsetzung zu verhelfen, der insgesamt unfair ist und die Minderheit unangemessen benachteiligt.837 Entscheidend ist in dieser Hinsicht, ob ein intelligenter und ehrlicher Gesellschafter der betreffenden Aktionärsklasse, der auf seine eigenen Interessen bedacht ist, dem scheme vernünftigerweise zustimmen würde.838 Während die fraud on the minority Doktrin an die Durchsetzung von Unternehmenstransaktionen zum Nachteil der Gesellschafter durch die Directors anknüpfte, betrifft letzterer Aspekt also die Durchsetzung nachteilhafter Unternehmenstransaktionen durch die Mehrheitsgesellschafter und ist insoweit im Ansatz vergleichbar mit ersterer. Dementsprechend werden die dargestellten Equity Grundsätze zumindest in modifizierter Weise auch bei schemes of arrangements angewendet.839 Eine weiterführende Darlegung der einzelnen Voraussetzungen des Buckley Tests und die Beantwortung der Frage nach dessen Anwendbarkeit bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sollen allerdings aus Gründen der Übersichtlichkeit den nachfolgenden Ausführungen über das Vorabbescheinigungsverfahren vorbehalten bleiben. An dieser Stelle soll lediglich festgehalten werden, dass auch das englische Recht grundsätzlich eine Beschränkung der Stimmrechtsausübung des Mehrheitsgesellschafters im Rahmen der Beschlussfassung von Unternehmenstransaktionen (schemes of arrangements) unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht. cc) Keine Treuepflicht für Minderheitsgesellschafter Nach Kenntnis des Verfassers existiert allerdings keine Entscheidung der englischen Rechtsprechung, die sich mit einer Treuepflicht der Minderheitsgesellschafter im Rahmen des Missbrauchs von Minderheitsrechten befasst hat. Dies könnte wiederum dem Umstand geschuldet sein, dass die Möglichkeiten einer miss836

Re Holders Investment Trust Ltd [1971] 1 W.L.R. 583 (584). Buckley, Companies Act (1957), S. 409; Sovereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 QB 573 (582 f.); MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (688); Re Telewest Communications Plc (No 1) [2005] B.C.C. 29 (33 f.). 838 Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Railway Co [1891] 1 Ch 213 (244); Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (396); Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819; Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C. 182; Re BTR Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 675. 839 Hannigan, J.B.L. 2007, S. 471 (495 ff.). 837

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bräuchlichen Ausübung der Mitverwaltungsrechte – insbesondere des bisher nicht existierenden Frage- und Auskunftsrechts und den nur sehr beschränkt geltenden Antragsrechten – sehr begrenzt waren und in der englischen Versammlungspraxis auch keine entscheidende Rolle gespielt haben.

IV. Zwischenergebnis Der vorstehende Rechtsvergleich lässt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Vorabinformation und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Art. 9 Abs. 1 VRL statuiert zwar keine eigenständige Offenlegungspflicht im Vorfeld der Hauptversammlung, setzt diese jedoch auf Grund der Bezugnahme auf die Artt. 7 und 8 VRL voraus. Sowohl das deutsche Recht als auch das englische Recht gewährleisten diese Vorabinformation, indem sie den Aktionären drei, sich teilweise überschneidende Publizitätspflichten als Informationsquellen zur Verfügung stellen, nämlich die Bekanntmachung der Einberufung, die Auslegungs- und Zusendung der Verschmelzungsunterlagen sowie die Pflicht zur Internetveröffentlichung der für die Hauptversammlung relevanten Informationen. a) Einberufung der Hauptversammlung In Hinsicht auf die Einberufung der Hauptversammlung ergeben sich allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen. aa) Deutsches Recht Nach deutschem Recht wird eine gemeinsame Hauptversammlung unmittelbar durch den Vorstand in Form der Bekanntmachung in den Geschäftsblättern (Bundesanzeiger) oder durch Versendung der Einberufungsmitteilung auf elektronischem Wege einen Monat vor der Versammlung einberufen. Die deutschen Einberufungsvorschriften §§ 121 Abs. 2 S. 1, 123 Abs. 1 AktG sehen zwar eine 30-tägige Einberufungsfrist vor, da die Bekanntmachung der Einberufung aber die erstmalige Möglichkeit der Aktionäre darstellt, von den Publizitätspflichten i.S.d. Artt. 7 und 8 VRL Kenntnis zu nehmen, ist diese mittels richtlinienkonformer Auslegung an die 1 Monatsfrist anzupassen. Neben der Tagesordnung, den Hinweisen auf die Ausübung der Aktionärsrechte auf der Versammlung und die Internetseite der Gesellschaft hat die Einberufungsmitteilung den wesentlichen Inhalt des Verschmelzungsplans darzulegen.

F. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung

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bb) Englisches Recht Nach englischem Recht bedarf es hingegen der Einberufung eines gemeinsamen general meetings oder mehrerer für jede Aktionärsgattung gesonderter class meetings durch das Registergericht, welches nach eigenem Ermessen die Modalitäten der Einberufung und der Versammlung auf Antrag der Gesellschaft anordnet. Dieses Einberufungsverfahren wird in England auch als einer der Kernstücke des Minderheitenschutzes verstanden, da es den Minderheitsgesellschaftern noch vor der Einberufung die Möglichkeit einräumt, einberufungsbezogene Einwände gegen die Beschlussvorlage und Einberufung der Versammlung geltend zu machen. Bei schwierigen Rechtsfragen entscheidet der zuständige Richter anstelle des Registerbeamten, wobei diese Entscheidung der Berufung zugänglich ist. Der Haupteinwand der Minderheitsaktionäre richtet sich regelmäßig gegen die Zuordnung der Aktionärsklassen bzw. gegen die Einberufung eines gemeinsamen general meetings anstelle mehrerer class meetings. Hintergrund dessen ist der Umstand, dass nach englischem Recht im Falle von class meetings das gesetzliche Mehrheitsquorum in allen class meetings erreicht werden muss und der Beschluss andernfalls insgesamt gescheitert ist. Minderheitsaktionäre erhalten hierdurch jedoch keine Blockademöglichkeit, denn für die Zuordnung in unterschiedliche Aktionärsgattungen sind nicht die Interessen der Aktionäre an der Beschlussvorlage, sondern im Wesentlichen deren bestehende oder zukünftige Rechte in der Gesellschaft maßgebend. Dieses ex-ante Kontrollverfahren dient zwar auch dem Zweck, im Rahmen einer prima facie Sichtung die auf ersten Blick erkennbaren Fehler zu vermeiden, die Kontrollfunktion beschränkt sich aber ansonsten auf die Sicherstellung einer ausgewogenen Teilnahme und der ordnungsgemäßen Einberufung der Hauptversammlung. Das Gericht berücksichtigt im Rahmen des Anhörungsverfahrens insbesondere keine Einwände, die die inhaltliche Fairness der Beschlussvorlage betreffen. Eine inhaltliche Richtigkeitsgewähr kommt dem Einberufungsverfahren somit nicht zu. Das Verfahren bietet jedoch die Möglichkeit, einberufungsbezogene Unstimmigkeiten zwischen der Gesellschaft bzw. den Mehrheitsgesellschaftern und den Minderheitsgesellschaftern bereits vor der Hauptversammlung einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Dies führt einerseits zu mehr Rechtssicherheit und einer Reduzierung des Risikos auf Einberufungsfehler gestützter Anfechtungsklagen. Andererseits wird den Minderheitsgesellschaftern frühzeitig rechtliches Gehör verschafft und das Einberufungsverfahren einer externen, unabhängigen Vorabkontrolle unterstellt. In Hinsicht auf die Bekanntmachungsformen und den Inhalt der Einberufungsmitteilungen ergeben sich aufgrund der gemeinschaftsweit angepassten Vorgaben keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen. Das englische Gericht sieht zwar nicht die Angabe des wesentlichen Inhalts des Verschmel-

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zungsplans ausdrücklich vor, als börsennotierte Aktiengesellschaft ist sie jedoch verpflichtet, die general nature der Beschlussgegenstände anzugeben und ein gesondertes circular an die Aktionäre zu versenden, in dem die directors die Beschlussgegenstände so adäquat erläutern, dass die Aktionäre eine wohl informierte Entscheidung treffen können. Ob dies auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gilt, wird unter Berücksichtigung des Verschmelzungsberichts der directors in Absprache mit dem Registergericht zu entscheiden sein. Mit der Bekanntmachung der Einberufung hat die Gesellschaft die Verschmelzungsunterlagen von sich aus den Gesellschaftern zuzusenden, wenn sie nicht auf einer Internetseite veröffentlicht werden. Die Verschmelzungsunterlagen der ausländischen Gesellschaft werden im Gegensatz zum deutschen Recht hiervon jedoch nicht erfasst. Die Einberufungsfrist beträgt nach englischem Recht nur 21 Tage. Diese ist jedoch richtlinienkonform, da die Bekanntmachung über die Einreichung des Verschmelzungsplans i.S.d. Art. 6 VRL einen Monat vor der Versammlung erfolgt und – im Gegensatz zum deutschen Recht – einen Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme und Zusendung der in Artt. 7 und 8 VRL genannten Berichte enthält, so dass eine rechtzeitige Vorabinformation i.S.d. Art. 9 VRL gewährleistet ist. b) Auslegungspflicht Nach beiden Rechtsordnungen sind die Verschmelzungsunterlagen einen Monat vor der Versammlung in den Geschäftsräumen zur Einsichtnahme auszulegen und auf Antrag den Aktionären zuzusenden. Das deutsche Recht geht allerdings insoweit über die Richtlinienvorgaben hinaus, als dass dieses auch die Auslegung der Verschmelzungs- und Prüfungsberichte der ausländischen Gesellschaft in deutscher Übersetzung sowie der Jahresberichte aller Gesellschaften aus den letzten drei Geschäftsjahren verlangt. Dies ist nicht nur in Hinblick auf den gesteigerten Organisations- und Kostenaufwand zu bemängeln, sondern dürfte auch hinsichtlich des geringen informativen Mehrwerts in Frage zu stellen sein. Der deutschen Umsetzung ist ferner die nicht richtlinienkonforme Umsetzung der einmonatigen Auslegungsfrist entgegenzuhalten. Aufgrund der Anknüpfung der Auslegungspflicht an die (30-tägige) Einberufungsfrist in § 63 UmwG, ist diese Vorschrift ebenfalls im Wege der richtlinienkonformen Auslegung an die einmonatige Informationsfrist der Artt. 7 und 8 VRL anzupassen. Zu begrüßen ist hingegen die in beiden Rechtsordnungen vorgesehene Möglichkeit, die Verschmelzungsunterlagen auf einer Internetseite unter Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht einzustellen. Sie reduziert nicht nur den Verwaltungs- und Kostenaufwand auf Seiten der Gesellschaften, sondern ermöglicht zeitgleich einen schnellen und einfacheren Zugriff auf die Dokumente seitens der Aktionäre aller Gesellschaften.

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c) Internetveröffentlichungspflicht Dies gilt auch mit Blick auf die in beiden Rechtsordnungen seit Umsetzung der Aktionärsrichtlinie840 vorgesehene Verpflichtung, den Inhalt der Einberufung auf einer Internetseite zu veröffentlichen. Das deutsche und englische Recht unterscheiden sich allerdings dahingehend, dass das englische Recht nicht die Internetveröffentlichung der Verschmelzungsunterlagen verlangt, sondern dies lediglich gestattet. Da die englische Gesellschaft aber ohnehin zur Freischaltung einer Internetseite verpflichtet ist und die Verschmelzungsunterlagen andernfalls den Aktionären zuzusenden sind, ergeben sich für den Minderheitenschutz daraus keine Nachteile. Im Fall der Einberufung von class meetings entfällt die Internetveröffentlichungspflicht hingegen gänzlich. d) Sonstige Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Das deutsche und englische Recht sehen ferner ein Recht der Aktionäre vor, die Aufnahme eigener Beschlussvorschläge oder die von Gegenanträgen zu Beschlussvorschlägen auf die Tagesordnung zu verlangen. Während der deutsche Gesetzgeber diese Rechte unabhängig von der Art der Versammlung gewährt, ist deren Anwendbarkeit im englischen Recht allerdings auf Jahreshauptversammlungen beschränkt. Eine Regelung hinsichtlich eines Aktionärsforums sieht hingegen nur das deutsche Recht vor. Aktionäre der englischen Gesellschaft können zwar die Bekanntmachung einer Stellungnahme zu Beschlussvorschlägen verlangen und somit in vergleichbarer Weise andere Gesellschafter für ihre Strategie gewinnen. Der verfassende Aktionär hat allerdings die Kosten der Bekanntmachung zu tragen, die gerade bei börsennotierten Aktiengesellschaften unverhältnismäßig hoch sind. 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung In Hinsicht auf die Durchführung der Hauptversammlungen und die dort gewährten Aktionärsrechte bestehen zwar auf Grund der Angleichung durch die Aktionärsrichtlinie viele Übereinstimmungen. Im Einzelnen sind jedoch auch wesentliche Unterschiede erkennbar, die sich teilweise auf den Minderheitenschutz auswirken. a) Verfahren Während das deutsche Recht grundsätzlich nur eine gemeinsame Hauptversammlung für alle Aktionäre vorsieht und nur ausnahmsweise die gesonderte Zu840

Richtlinie 2007/36/EG v. 11. 7. 2007, ABl. L 184/17.

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stimmung der Inhaber von Sonderrechten in Sonderbeschlüssen verlangt, bedarf es nach englischem Recht zwingend getrennter class meetings, wenn mehrere Aktionärsgattungen existieren. Wie vorstehend dargestellt, sind diese nicht mit den deutschen Aktiengattungen gleichzustellen, da unter Umständen auch Aktionäre mit den gleichen Rechten unterschiedlichen Aktionärsgattungen zuzuordnen sein können. Maßgeblich ist nur, ob die Rechte der Aktionäre nicht so unterschiedlich sind, dass ihnen mit Blick auf ihre Interessen eine gemeinsame Beschlussfassung nicht möglich ist. Sind getrennte class meeting abzuhalten, kann dies zwar Auswirkungen auf die Rechte der Aktionäre und die Beschlussfassung haben. In Hinsicht auf das Hauptversammlungsverfahren ergeben sich jedoch keine Unterschiede. Wie im deutschen Recht leitet der Versammlungsleiter die Versammlung und übt die Organisationsmacht aus. Während allerdings Vorstandsmitgliedern der deutschen Aktiengesellschaft der Vorsitz verwehrt ist, obliegt dem Versammlungsleiter nach englischem Recht keine Neutralitätspflicht, so dass auch die directors der plc. den Vorsitz übernehmen und sogar als Bevollmächtigte das Stimmrecht für andere Aktionäre ausüben dürfen. Die Nähe des Leitungsorgans zum Mehrheitsgesellschafter birgt insofern zwar eine gewisse Gefahr der Bevorteilung des Mehrheitsgesellschafters. Da der Versammlungsleiter sein Amt aber aufrichtig und unparteiisch gegenüber den verschiedenen Interessen der Teilnehmer auszuüben hat und Verstöße gegen diese Pflicht zur Unwirksamkeit einzelner Beschlüsse oder des gesamten meetings führen, dürften sich für Minderheitsgesellschafter keine bemerkenswerten Nachteile ergeben. Ein weiterer Unterschied zum deutschen Recht ergibt sich allerdings hinsichtlich der Ausübung der Organisationsgewalt, die nach beiden Rechtsordnungen grundsätzlich zur Beschränkung der Aktionärsrechte, insbesondere des Rede-, Frage- und Teilnahmerechts, ermächtigen. Nach den Grundsätzen der englischen Rechtsprechung hat der Versammlungsleiter sicherzustellen, dass die Auffassung der Minderheit ausreichend zum Ausdruck kommt und die Minderheit im Einzelfall nicht unterdrückt wird. Die Entscheidungen des Versammlungsleiters tragen allerdings grundsätzlich den Anschein der Richtigkeit in sich, für deren Widerlegung die Person die Beweislast trägt, die sich gegen die Entscheidung wendet. Diese Beweislast wird zusätzlich durch die Beweiskraft des Versammlungsprotokolls erschwert, welche die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung und der Beschlussfassung indiziert. Diese Vermutung von Gesetzes wegen kann nur durch den Nachweis der vorsätzlichen Manipulation oder eines aus dem Protokoll selbst hervorgehenden Fehlers widerlegt werden. Eine Anfechtung des Beschlusses auf der Grundlage einer fehlerhaften Ausübung der Organisationsmacht wird ferner dadurch erschwert, dass die Gerichte diese solange nicht revidieren, wie der Versammlungsleiter nicht missbräuchlich oder bösgläubig gehandelt hat.

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Die Entscheidungen des deutschen Versammlungsleiters haben sich hingegen an den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit und des Gleichbehandlungsgebots zu orientieren, die keine eindeutige Abgrenzung aufweisen und stets auf eine Abwägung im Einzelfall hinauslaufen. Das damit gesteigerte Anfechtungspotential wird ferner dadurch erhöht, dass nach deutschem Recht weder den Entscheidungen der Anschein der Richtigkeit innewohnt, noch das notariell beurkundete Versammlungsprotokoll eine derartige Richtigkeitsvermutung begründet. Die notarielle Beurkundung dient zwar ebenfalls der Richtigkeitsgewähr des ordnungsgemäßen Ablaufs, die Beweiskraft des Protokolls wirkt jedoch sowohl für als auch gegen Minderheitsgesellschafter, da es als Tatsachenprotokoll auch die Verfahrensfehler erfasst. Nach beiden Rechtsordnungen sind Widersprüche der Minderheitsaktionäre aber im Protokoll aufzunehmen, die auch nach englischem Recht die Richtigkeitsvermutung entkräften dürften. b) Aktionärsrechte In Hinsicht auf die Aktionärsrechte während der Versammlung steht den Aktionären der deutschen und englischen Gesellschaft grundsätzlich ein unbeschränktes Teilnahme-, Auskunfts- und Rederecht sowie Stimm- und Antragsrecht zu. aa) Teilnahmerecht Während das deutsche Teilnahmerecht allerdings nur durch die Ordnungsmacht des Versammlungsleiters beschränkt ist und auch Inhabern von stimmrechtslosen Aktien zusteht, räumt das englische Recht letzteren grundsätzlich und im Falle von class meetings nur denjenigen Aktionären ein solches ein, die einer anderen Aktionärsgattung angehören. bb) Auskunftsrechte und -pflichten Hinsichtlich der Auskunftsrechte und -pflichten statuiert das deutsche Recht nicht nur einen umfassenden Auskunftsanspruch über alle wesentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft, der lediglich durch wenige Ausnahmegründe und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs begrenzt wird. Dieser erstreckt sich darüber hinaus auch noch zum einen auf die Angelegenheiten der ausländischen Gesellschaft und deren verbundenen Unternehmen, zum anderen hat der Versammlungsleiter zusätzlich den Verschmelzungsplan zu erläutern. Das deutsche Recht eröffnet damit jedem Aktionär unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung die Möglichkeit, beliebig viele Fragen zu einem breit angelegten Themenkreis zu stellen. Einschränkungen können sich wiederum nur durch die Ordnungsmacht des Versammlungsleiters ergeben, der nach Maßgabe der Verhält-

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nismäßigkeit und Gleichbehandlung das Fragerecht beschränken oder im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung versagen darf. Wie bereits festgestellt, trägt diese Entscheidung aber nicht den Anschein der Richtigkeit in sich und ist grundsätzlich anfechtbar, so dass mit dem erweiterten Auskunftsrecht ein nicht unbeachtliches Anfechtungsrisiko einhergeht. Des Weiteren sind alle Verschmelzungsunterlagen – einschließlich derjenigen der ausländischen Gesellschaft – während der Versammlung auszulegen, auch wenn diese im Internet veröffentlicht wurden. Dem englischen Recht war hingegen ein rechtlich durchsetzbares Fragerecht bisher gänzlich fremd. Der englische Gesetzgeber hatte sich eben wegen dieser, dem deutschen Recht innewohnenden Missbrauchsgefahr bewusst gegen ein Fragerecht entschieden und sich auf eine unverbindliche Empfehlung im Corporate Governance Code beschränkt. Aufgrund der Aktionärsrichtlinie musste der englische Gesetzgeber aber nunmehr ein unbeschränktes Fragerecht im Gesetz aufnehmen. Als Novum des englischen Rechts ist daher noch nicht abschätzbar, in welchem Maße die Aktionäre von ihrem Recht Gebrauch machen werden. Im Vergleich zum deutschen Recht ist das Fragerecht allerdings bereits wegen des Anscheins der Richtigkeit einschränkender Ordnungsentscheidungen des Versammlungsleiters schwächer ausgeprägt. Des Weiteren erstreckt sich die Erläuterungspflicht nur auf die Aspekte der Tagesordnung, es sieht aber keine explizite Erläuterung des Verschmelzungsplans vor und erfasst auch nicht die wesentlichen Angelegenheiten aller verschmelzenden Gesellschaften. Eine Pflicht zur Auslegung der Verschmelzungsunterlagen besteht ebenfalls nicht. Da der Gesellschaft bis zum Beginn der Versammlung eine Aktualisierungspflicht obliegt, die auch dem wesentlichen Zweck der deutschen Auslegungspflicht entspricht, dürften sich für die Minderheitsgesellschafter durch die fehlende Erläuterungspflicht und Auslegungspflicht keine wesentlichen Nachteile ergeben. Im Fall der Einberufung von class meetings steht den Aktionären hingegen kein Auskunftsrecht zu. cc) Rederecht Beide Rechtsordnungen gewähren den (stimmberechtigten) Aktionären ein nicht kodifiziertes, aber in der jeweiligen Rechtsprechung seither anerkanntes, unbeschränktes Rederecht. Unterschiede können sich allenfalls mit Blick auf die bereits dargelegte unterschiedliche Ausprägung der Ordnungsmacht des Versammlungsleiters ergeben. In dieser Hinsicht geht dementsprechend mit dem deutschen Recht ebenfalls ein gesteigertes Anfechtungsrisiko einher.

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dd) Antragsrecht Das im deutschen Recht kodifizierte Recht, auf der Versammlung Anträge zu Tagesordnungspunkten zu stellen, ist auch im englischen Recht als individuelles, nicht kodifiziertes Recht anerkannt. Wie in Deutschland ist es durch die Bekanntmachungspflicht von Beschlussvorlagen begrenzt, wobei die englische Rechtsprechung nicht zwischen bekanntmachungspflichtigen und bekanntmachungsfreien Aspekten, sondern zwischen solchen, die einer qualifizierten und einer einfachen Beschlussmehrheit bedürfen, unterscheidet. Bei ersteren sind grundsätzlich nur redaktionelle Änderungen, die den Inhalt der Vorlage nicht berühren, zulässig. Dies gilt auch nach dem deutschen Recht, da die Änderung bekanntmachungspflichtiger Beschlussvorlagen die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründet. Eine Änderung des Verschmelzungsplans, der der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit bedarf, ist dementsprechend nach beiden Rechtsordnungen unzulässig. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags obliegt jeweils dem Versammlungsleiter, wobei auch hier die Richtigkeitsvermutung des englischen Rechts zum Tragen kommt und einem Missbrauch des Antragsrechts entgegenwirken dürfte. c) Beschlussfassung und Stimmrecht In Hinsicht auf das Stimmrecht der Aktionäre und die Beschlussfassung ergeben sich insbesondere mit Blick auf das Mehrheitserfordernis und die Stimmberechtigung Unterschiede. Das deutsche Recht verlangt eine dreiviertel Mehrheit des auf der Versammlung vertretenen Grundkapitals, wobei jeder Aktie – also Namens- und Inhaberaktien – jeweils eine Stimme zukommt. Mehrstimmrechte sind unzulässig. Das englische Recht statuiert hingegen ein doppeltes Mehrheitserfordernis, das nur dann gegeben ist, wenn erstens dreiviertel der Anwesenden nach Köpfen der Verschmelzung zustimmen und zweitens diese Mehrheit dreiviertel der vertretenen Kapitalbeteiligung vertritt. Dementsprechend können Mehrheitsaktionäre nicht allein aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung die Verschmelzung zulasten der Minderheitsgesellschafter durchsetzen, sondern bedürfen unabhängig von der Kapitalbeteiligung zusätzlich einer Mehrheit nach Köpfen. Dementsprechend stellt das Mehrheitserfordernis nach englischer Auffassung auch das Kernstück des Minderheitenschutzes dar. Sind mehrere class meetings einzuberufen, wird dieser zusätzlich gestärkt, indem der Verschmelzungsbeschluss bereits dann gescheitert ist, wenn dieses doppelte Mehrheitserfordernis in nur einem class meeting nicht erreicht wird. Dies erklärt auch die Bestrebung von Minderheitsgesellschaftern, im Rahmen des Einberufungsverfahrens getrennte Versammlungen zu erwirken.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Schlussendlich ist anzumerken, dass alle Rechte seit Umsetzung der Aktionärsrichtlinie nach beiden Rechtsordnungen auch ohne körperliche Anwesenheit auf elektronischen Kommunikationswegen ausgeübt werden können, soweit dies in der Satzung der jeweiligen Gesellschaft vorgesehen ist. d) Notarielle Beurkundung Das deutsche Recht verlangt im Unterschied zum englischen formfreien Versammlungsprotokoll (minutes of meeting) ein notarielles Protokoll, in dem alle für die Wirksamkeit des Beschlusses wesentlichen Umstände und Verfahrensabläufe sowie der Widerspruch von Minderheitsaktionären zu protokollieren sind. Der deutsche Gesetzgeber hat somit ein unabhängiges Überwachungssystem eingeführt, dass die ordnungsgemäße Abhaltung der Versammlung gewährleisten soll. Als Tatsachenprotokoll kommt dem Protokoll auch eine Beweisfunktion zu, die allerdings hinter der konstitutiven Beweiskraft des englischen Rechts zurückfällt. Englischen Minderheitsaktionären, die über eine 5 %ige Kapitalbeteiligung verfügen, steht allerdings ebenfalls das Recht zu, die Erstattung eines Versammlungsberichts durch einen unabhängigen Berichterstatter zu verlangen. Schließlich haben widersprechende Aktionäre nach beiden Rechtsordnungen ihren Widerspruch als Voraussetzungen für eine spätere gerichtliche Geltendmachung von Beschlussmängeln zu Protokoll zu geben. 3. Zustimmungsvorbehalte Da die Gesellschafterversammlungen und die dort zu fassenden Verschmelzungsbeschlüsse jeweils unabhängig von der anderen verschmelzenden Gesellschaft erfolgen und ausschließlich dem jeweiligen einzelstaatlichen Recht unterliegen, können die dargelegten Unterschiede keine Durchführungshindernisse begründen, die auf die Unterschiedlichkeit der nationalen Rechtsordnungen zurückzuführen sind. Die Hauptversammlungen sind insoweit vollständig autark. Dies gilt jedoch nicht für die Zustimmung nach Art. 10 Abs. 3 VRL über die Anwendbarkeit ausländischer Kontrollverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses. Die Richtlinienvorgaben sind insoweit eindeutig, dass die Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft, deren Gesellschaftsstatut kein Kontrollverfahren vorsieht, im Rahmen der Beschlussfassung der Anwendbarkeit des ausländischen Verfahrens zuzustimmen haben, die Beantragung des Kontrollverfahrens nicht der Durchführung der Verschmelzung entgegensteht und die ggf. nach Vollzug der Verschmelzung ergehende Entscheidung des ausländischen Gerichts auch die aufnehmende Gesellschaft bindet. Gemäß Art. 17 VRL hat eine einmal wirksam gewordene Verschmelzung unwiderrufliche Bestandskraft.

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Die englische Umsetzung von Art. 10 Abs. 3 VRL missachtet alle diese Vorgaben und ist nicht nur nicht richtlinienkonform, sondern begründet zudem ein schwerwiegendes Durchführungshindernis. Denn gemäß regulation 13 (2)(b) CR 2007 können die Gesellschafter der englischen Gesellschafter ihre Zustimmung zum Verschmelzungsplan von der Entscheidung eines ausländischen Gerichts abhängig machen. Dies bedeutet wiederum, dass eine unbedingte Zustimmung, die Voraussetzung für die weitere Durchführung bzw. der Eintragung der Verschmelzung ist, solange nicht vorliegt, wie eine Entscheidung im Spruchverfahren nicht ergangen ist. Im Ergebnis steht die Beantragung eines Spruchverfahrens damit der Eintragung der Verschmelzung entgegen und führt ungeachtet der Frage, wie die englische Regelung rechtsdogmatisch einzuordnen ist, dazu, dass die Gesellschafter über die Bindungswirkung der richterlichen Entscheidung entgegen der Richtlinienvorgabe entscheiden. 4. Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses Im Unterschied zum deutschen Recht, nach dessen Vorgaben ein Beschluss der aufnehmenden Gesellschaft bei Konzernverschmelzung von 100 %igen Tochtergesellschaften stets und bei Konzernverschmelzungen von 90 %igen Tochtergesellschaften soweit entbehrlich ist, wie eine 5 %ige Minderheit keinen Beschluss verlangt, hat der englische Gesetzgeber Art. 9 Abs. 3 VRL uneingeschränkt umgesetzt. Unabhängig von einer bestimmten Beteiligung der aufnehmenden Gesellschaft an der übertragenden ausländischen Gesellschaft, bedarf es eines Verschmelzungsbeschlusses bei Hereinverschmelzungen nur, wenn ein 5 %iges Minderheitsquorum dies verlangt, so dass eine Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung bei Hereinverschmelzungen im Regelfall entbehrlich ist. Minderheitsgesellschafter mit einer kleineren Beteiligung erfahren in diesem Fall weder einen Schutz durch Vorabinformation, noch durch die Teilnahme an der Hauptversammlung als Kontrollforum und sind letztendlich schutzlos gestellt. 5. Schranken der Rechtsausübung a) Gleichbehandlungsgebot In Hinsicht auf die Schranken der Rechtsausübung folgt aus beiden Rechtsordnungen eine Beschränkung durch das gleichermaßen anerkannte Gleichbehandlungsgebot. Diesem dürfte unter Berücksichtigung des für alle Gesellschafter geltenden Umtauschverhältnisses bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen aber nur in Bezug auf die Mitverwaltungsrechte oder bei ungerechtfertigten Sondervorteilen einzelner Gesellschafter Bedeutung zukommen.

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b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht Eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht wird im deutschen Recht mittlerweile auch bei Aktiengesellschaften anerkannt, und zwar sowohl unter allen Aktionären untereinander als auch im Verhältnis zur Gesellschaft. Aus ihr resultiert für die Aktionäre die Pflicht, auf die Interessen der Gesellschaft und die der Mitaktionäre angemessen Rücksicht zu nehmen, wobei diese Pflicht für Minderheits- und Mehrheitsgesellschafter gleichermaßen gilt. Für die Gesellschaft begründet sie eine Pflicht, die sachgemäße Wahrnehmung der Aktionärsrechte zu ermöglichen und willkürliche Beeinträchtigungen zu unterlassen. Für alle Beteiligten kann sie daher sowohl eine Rücksichtnahme- als auch eine Förderungspflicht begründen. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht stellt somit das Gegengewicht für die jeweilige Eingriffsmöglichkeit in die Interessen der jeweils anderen dar. Für den Mehrheitsgesellschafter kann diese eine Beschränkung seiner Stimmrechtsmacht, für die Minderheitsgesellschafter vorrangig eine Beschränkung der (missbräuchlichen) Ausübung der Mitverwaltungsrechte begründen. In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen hat der Gesetzgeber jedoch durch die §§ 122 ff. UmwG, insbesondere über die Vorgabe des qualifizierten Mehrheitserfordernisses, der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses sowie des Austrittsrechts und des Spruchverfahrens, eine Wertung vorgenommen, die verschmelzungsbedingte Interessensbeeinträchtigung im Lichte der Wertäquivalenz und des Mehrheitsprinzips für zulässig erachtet. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht kann diese Wertung grundsätzlich nicht entkräften und daher nur eine Beschränkung der Mehrheitsmacht für nicht-rechtsformbedingte Beeinträchtigung begründen. Dies ist der Fall, wenn der Mehrheitsgesellschafter die grenzüberschreitende Verschmelzung funktionswidrig ausnutzt, um sich unter Missachtung des Prinzips der Wertäquivalenz eine bessere Position zu verschaffen. Einer sachlichen Rechtfertigung der Verschmelzung im Sinne einer materiellen Beschlusskontrolle bedarf es hingegen nicht, so dass ein Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich rechtmäßig ist, wenn kein Verstoß der Treuepflicht gegeben ist. Das englische Recht geht davon aus, dass in Publikumsgesellschaften grundsätzlich keine Treuepflicht weder zwischen den Aktionären, noch im Verhältnis zur Gesellschaft besteht. Aus den Equity Grundsätzen „bona fide“ und „fraud on the minority“ hat die englische Rechtsprechung allerdings für bestimmte Sachverhaltskonstellationen eine Treuepflicht (nur) des Mehrheitsgesellschafters aufgrund seiner Einwirkungsmöglichkeiten in die Interessen der Minderheit anerkannt. Dies sind Satzungsänderungen, die die Minderheit zur Übertragung ihrer Anteile an den Mehrheitsgesellschafter verpflichten, ohne einen angemessenen Ausgleich

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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dafür vorzusehen, Beschlüsse des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters, der seine eigenen Treuepflichtverstöße als director nachträglich ratifiziert sowie in abgewandelter Art Beschlüsse des Mehrheitsgesellschafters zur Billigung von schemes of arrangements, die eine unangemessene Benachteiligung der Minderheitsgesellschafter zum Vorteil des Mehrheitsgesellschafters vorsehen. Für den letzteren Fall sind für das Vorliegen eines Treuepflichtverstoßes die Vorgaben des sog. Buckley Test maßgebend, auf die im Rahmen der Vorabbescheinigung noch näher einzugehen sein wird. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass das englische Recht unter engeren Voraussetzungen als das deutsche Recht nur in sehr eingeschränkten Ausnahmen eine Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters, die zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Minderheit verpflichtet, bejaht. Die Vergleichbarkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu den beschriebenen Satzungsänderungen und zu den schemes of arrangements spricht zwar für eine entsprechende Anwendung der Equity Grundsätze bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Ob und unter welchen Voraussetzungen dies zutrifft und eine Beschränkung der Stimmrechtsmacht des Mehrheitsgesellschafters begründet, bleibt aber aus Gründen der Übersichtlichkeit den nachfolgenden Ausführungen vorbehalten. In Hinsicht auf eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht auf Seiten der Minderheitsgesellschafter sind dem Verfasser hingegen keine weiterführenden Erkenntnisquellen bekannt. Insbesondere finden sich in der englischen Rechtsprechung keine Entscheidungen, die sich mit einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung seitens der Minderheit und einer zulässigen Beschränkung der Rechten auf Grundlage einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht auseinandersetzen.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung I. Vorgaben der Richtlinie Haben die verschmelzenden Gesellschaften alle vorgenannten Rechtshandlungen und Formalitäten erfüllt, so sind diese gemäß Artt. 10 und 11 VRL einer abschließenden Rechtmäßigkeitsprüfung durch die zuständigen öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten zu unterziehen, bevor die grenzüberschreitende Verschmelzung der Eintragung zugeführt werden kann. In Anlehnung an die Artt. 25 und 26 der SE-VO unterteilt sich die Rechtmäßigkeitsprüfung in zwei Prüfungsphasen, die aufeinander aufbauen und nicht zwischen der Verschmelzungsrichtung unterscheiden.

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1. Vorabbescheinigung, Art. 10 VRL a) Verfahren Zunächst hat jeder Mitgliedstaat die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung für die Verfahrensabschnitte zu kontrollieren, welche die seinem innerstaatlichen Recht unterliegende Gesellschaft betreffen, Art. 10 Abs. 1 VRL. Im Falle eines positiven Prüfungsergebnisses841 stellt jeder Mitgliedstaat gemäß Art. 10 Abs. 2 VRL unverzüglich eine ,Vorabbescheinigung‘ aus, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß seitens der seinem innerstaatlichen Recht unterfallenden Gesellschaft vollzogen wurden. Art. 10 Abs. 3 S. 2 VRL stellt diesbezüglich ausdrücklich klar, dass ein anhängiges Kontrollverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Erteilung der Vorabbescheinigung nicht entgegensteht. In diesem Fall bedarf es lediglich eines Vermerks in der Bescheinigung, dass ein solches Verfahren anhängig ist. Als zuständige nationale Stelle können die Mitgliedstaaten ein Gericht, einen Notar oder eine sonstige zuständige Stelle benennen. Eine gerichtliche Rechtmäßigkeitsprüfung ist insofern nicht zwingend. Wie in Erwägungspunkt (7) VRL ausdrücklich betont wird, erstreckt sich die einzelstaatliche Vorabkontrolle nach Art. 10 Abs. 1 und 2 VRL vorrangig auf den Abschluss und die Rechtmäßigkeit des Beschlussverfahrens und soll der Vereinfachung der grenzüberschreitenden Verschmelzung dienen. Vor dem Hintergrund des Art. 4 Abs. 1 lit. b) VRL, demgemäß jede an der Verschmelzung beteiligte Gesellschaft die Vorschriften und Formalitäten des für sie geltenden innerstaatlichen Rechts einzuhalten hat, ist dies auch zweckmäßig, da nur der jeweilige Mitgliedstaat eine sachgemäße Prüfung vornehmen können wird. b) Prüfungsmaßstab Die Richtlinie enthält allerdings keine konkreten Vorgaben über den Inhalt und Umfang der Rechtmäßigkeitsprüfung. Mit Blick auf den Minderheitenschutz fragt sich insofern, ob die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der einzelnen Verfahrensabschnitte nur die formelle Einhaltung der Verfahrensschritte oder darüber hinaus auch deren inhaltliche Richtigkeit umfasst. Im Falle einer materiellen Rechtmäßigkeitskontrolle wären insbesondere auch die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses von der zuständigen nationalen Stelle zu überprüfen. Minderheitsaktionären würde somit ein ex-ante Schutz vor unrechtmäßigen Verschmelzungen zukommen. 841 Die Bedingung einer positiven Rechtmäßigkeitsprüfung ist für die Vorabbescheinigung zwar nicht explizit in Art. 10 Abs. 2 VRL formuliert. Sie ergibt sich aber aus dessen Kontext, wonach aus der Vorabbescheinigung zweifelsfrei hervorgehen muss, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen wurden.

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Für eine umfassende Prüfungspflicht ließe sich zwar der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 VRL anführen, der von einer uneingeschränkten Kontrolle der Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung ausgeht und somit grundsätzlich auch die materielle Rechtmäßigkeit mit einschließt. Vor dem Hintergrund des Art. 10 Abs. 2 VRL und der Regelungssystematik der Richtlinie ist eine derart weite Auslegung von Art. 10 VRL jedoch abzulehnen. Die Vorabbescheinigung, die letztendlich das Ergebnis der Rechtmäßigkeitskontrolle beinhaltet, hat nämlich gemäß Art. 10 Abs. 2 VRL nur zu bescheinigen, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen wurden. Die Richtlinienvorgabe nimmt insofern nur auf formelle Rechtmäßigkeitsbedingungen Bezug. Des Weiteren hat der europäische Gesetzgeber die Überprüfung des Umtauschverhältnisses und der diesem zugrundeliegenden Bewertungen gemäß Art. 8 VRL grundsätzlich den Verschmelzungsprüfern übertragen und es insbesondere gemäß Art. 10 Abs. 3 VRL ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlassen, eine materielle Rechtmäßigkeitsprüfung des Umtauschverhältnisses im Rahmen eines gesonderten gerichtlichen Kontrollverfahrens zu ermöglichen. Diese Regelung wäre insofern bereits überflüssig, wenn der europäische Gesetzgeber mit Art. 10 VRL eine materielle Rechtmäßigkeitsprüfung indiziert hätte. Dafür spricht letztendlich auch die Regelung des Art. 10 Abs. 3 S. 2 VRL, dergemäß die Durchführung des Kontrollverfahrens der Erteilung der Vorabbescheinigung nicht entgegensteht. Die Rechtmäßigkeitsprüfung nach Art. 10 VRL beschränkt sich daher auf die ordnungsgemäße Einhaltung der formellen Verfahrensvorgaben seitens der dem innerstaatlichen Recht unterliegenden Gesellschaft.842 Diese umfasst neben der Verschmelzungsfähigkeit der Gesellschaft insbesondere das Vorliegen und die ordnungsgemäße Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, der Verschmelzungsund der Prüfungsberichte mit den jeweils erforderlichen Mindestangaben i.S.d. Artt. 5, 7 und 8 VRL sowie das Vorliegen eines formell ordnungsgemäßen Verschmelzungsbeschlusses bzw. dessen Entbehrlichkeitsvoraussetzungen. Dabei dürfte es sich jedoch nur um Mindestanforderungen handeln. Anhaltspunkte, die einer darüber hinausgehenden – gegebenenfalls auch materiellen – Rechtmäßigkeitsprüfung entgegenstehen, sind nicht ersichtlich, so dass es den Mitgliedstaaten unbenommen sein dürfte, einen darüber hinausgehenden Prüfungsumfang auf Grundlage des Art. 4 Abs. 1 lit. b), Abs. 2 VRL vorzugeben.

842 Im Ergebnis auch: Behrens, S. 136 f.; Kulenkamp, S. 267, in Bezug auf die deutsche Umsetzungsvorschrift des § 122k UmwG: Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 19; Widmann/Mayer-Vossius, § 122k UmwG, Rn. 49, die zwischen Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Verschmelzung unterscheiden.

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2. Rechtmäßigkeitsprüfung, Art. 11 VRL Im zweiten Schritt prüft derjenige Mitgliedstaat, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt, die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabschnitte, die die Durchführung der Verschmelzung und gegebenenfalls die Gründung einer neuen, aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft843 betreffen. Die Aufsicht über das Verschmelzungsverfahren wird somit nunmehr ausschließlich dem Mitgliedstaat der aufnehmenden Gesellschaft übertragen. Auch hier steht es den Mitgliedstaaten frei, eine gerichtliche, notarielle oder sonstige Aufsichtsstelle zu benennen. Unter Außerachtlassung einer Rechtmäßigkeitsprüfung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen durch Neugründung einer Gesellschaft beschränkt sich die Prüfungspflicht des aufnehmenden Mitgliedstaates auf die reine Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Davon umfasst ist gemäß Art. 11 Abs. 1 S. 2 VRL insbesondere, ob die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gemeinsamen gleichlautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben und gegebenenfalls, ob eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemäß Art. 16 VRL geschlossen wurde. Hierzu hat jede der sich verschmelzenden Gesellschaften der zuständigen Aufsichtsstelle die Vorabbescheinigung i.S.v. Art. 10 Abs. 2 VRL spätestens sechs Monate nach ihrer Erteilung sowie den von der Gesellschafterversammlung nach Art. 9 VRL genehmigten Verschmelzungsplan vorzulegen. Die Rechtmäßigkeit und Vollständigkeit des Verschmelzungsplans wird von der Rechtmäßigkeitsprüfung nach Art. 11 VRL jedoch ebenso wenig erfasst, wie die Einhaltung der sonstigen Verfahrensschritte der ausländischen Gesellschaft. Sie obliegt allein der Vorabprüfung der jeweiligen Mitgliedstaaten nach Art. 10 VRL. Die Vorabbescheinigung erzeugt insoweit eine Bindungswirkung für die nach Art. 11 VRL zuständige Stelle.844 Andernfalls wäre auch der Sinn und Zweck der zweistufigen Rechtmäßigkeitsprüfung, eine aufwändige administrative Doppelprüfung zu vermeiden, verfehlt.845 Mit Blick auf die Überprüfung des gleichlautenden Verschmelzungsplans ist allerdings zu empfehlen, von Anbeginn der Verschmelzungsvorbereitung einen zweisprachigen Entwurf des Verschmelzungsplans anzufertigen, um umfangreiche Übersetzungsarbeiten der Aufsichtsstelle und damit eine Verzögerung der Rechtmäßigkeitsprüfung zu verhindern.

843 Da sich die Arbeit auf die grenzüberschreitende Verschmelzung zwei bereits existierenden Gesellschaften durch Aufnahme beschränkt, bleibt dieser Aspekt auch hier unberücksichtigt. 844 Zur Parallelvorschrift des Art. 25 SE-VO: MünchKommAktG-Schäfer, Art. 25 SE-VO, Rn. 6; Jannott/Frodermann-Jannott, Kap. 3, Rn. 101. 845 Neye/Timm, GmbHR 2007, S. 561 (565).

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3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der Verschmelzung, Artt. 12 – 14, 17 VRL a) Wirksamwerden Nach Abschluss der Rechtmäßigkeitskontrolle i.S.d. Art. 11 VRL bestimmt sich das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß Art. 12 VRL nach dem Recht des Mitgliedstaates, welches die Rechtmäßigkeitsprüfung durchzuführen hatte. Die Mitgliedstaaten können insofern den Zeitpunkt als auch den Anknüpfungspunkt des Wirksamwerdens für Hereinverschmelzungen frei bestimmen, solange er zeitlich der Rechtmäßigkeitsprüfung nachfolgt.846 b) Rechtsfolgen Die an diesen Zeitpunkt anknüpfenden Rechtswirkungen sind wiederum für alle an der Verschmelzung beteiligten Rechtsordnungen einheitlich festgelegt. Gemäß Art. 14 VRL geht mit Wirksamwerden der Verschmelzung das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft im Wege der Universalsukzession über, die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft werden Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft und die übertragende Gesellschaft erlischt ohne vorher abgewickelt zu werden. Bedarf es nach dem Recht des Mitgliedstaates der übertragenden Gesellschaft für die Übertragung einzelner Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten der Einhaltung besonderer Formalitäten, sind diese von der übernehmenden Gesellschaft zu erfüllen.847 In Hinsicht auf den Aktientausch schließt Art. 14 Abs. 5 VRL allerdings den Erwerb eigener Aktien durch die übernehmende Gesellschaft aus. Anteile, die die übernehmende an der übertragenden Gesellschaft hält, werden daher nicht in eigene Anteile umgetauscht. Dies gilt auch dann, wenn nicht die übernehmende Gesellschaft selbst, sondern ein Dritter für sie die Anteile an der übertragenden Gesellschaft hält. Aus praktischer Sicht begrüßenswert ist im Rahmen der Rechtsfolgenregelung insbesondere auch Art. 17 VRL, der einen absoluten Bestandschutz der grenzüberschreitenden Verschmelzung gewährleistet und eine Rückabwicklung der Verschmelzung im Wege einer „Entschmelzung“ für unzulässig erklärt.848 Dies betont zugleich die Bedeutung des Minderheitenschutzes vor Eintragung der Verschmelzung, da eine einmal eingetragene Verschmelzung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die mitgliedschaftlichen Rechte nicht mehr rückgängig zu machen sind und Minderheitsaktionäre in ihrem Rechtsschutz vor unrechtmä846 847 848

Vgl. Art. 12 S. 2 VRL. Vgl. Art. 14 Abs. 3 VRL. Ugliano, E.B.L.R. 2007, S. 585 (607).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

ßigen Verschmelzungen auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beschränkt sind, soweit ihre Rechtsordnung entsprechende Regelungen dafür vorsieht. Art. 17 VRL statuiert somit zugleich eine Begrenzung der einzelstaatlichen Gestaltungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL über die Ausgestaltung minderheitsschützender Regelungen, soweit diese auf die nachträgliche Beseitigung des Verschmelzungsbeschlusses bzw. der Rückabwicklung der Verschmelzung abzielen. c) Eintragung Die abschließende Eintragung der Verschmelzung in das jeweilige Register der verschmelzenden Gesellschaften bestimmt sich gemäß Art. 13 Abs. 1 VRL wiederum nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht, dem die jeweilige verschmelzende Gesellschaft unterliegt. Die Löschung der übertragenden Gesellschaft darf jedoch erst erfolgen, wenn das Register der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft dem Register der übertragenden Gesellschaft das Wirksamwerden der Verschmelzung angezeigt hat, Art. 13 Abs. 2 VRL. Die Regelung beugt insofern der Gefahr vor, dass die übertragende Gesellschaft infolge vorzeitiger Löschung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht mehr fortexistiert, mit dem Ergebnis, dass die Verschmelzung unwirksam wäre.

II. Umsetzung in Deutschland Die Umsetzung der Richtlinienvorgaben aus Artt. 10 und 11 VRL erfolgte in Deutschland überwiegend in § 122k und § 122l UmwG. Entgegen der europäischen Vorgabe hat der deutsche Gesetzgeber allerdings formal von einer Aufspaltung der beiden Rechtmäßigkeitskontrollen abgesehen und differenziert stattdessen zwischen der Rechtmäßigkeitsprüfung bei Herausverschmelzungen, § 122k UmwG, und der bei Hereinverschmelzungen, § 122l UmwG. Erstere entspricht der Vorabbescheinigung i.S.d. Art. 10 VRL, letztere der Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL. Im Ergebnis sieht der deutsche Gesetzgeber damit von einer Vorabbescheinigung bei Hereinverschmelzung ab.849 1. Vorabbescheinigung, § 122k UmwG Im Falle einer Herausverschmelzung hat gemäß § 122k Abs. 1 UmwG das Vertretungsorgan der (deutschen) übertragenden Gesellschaft das Vorliegen der sie betreffenden Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Verschmelzung bei dem 849 Zur Richtlinienkonformität der Regelung siehe die Ausführung über die Rechtmäßigkeitsprüfung nach § 122l UmwG, Teil 3 F. II. 2.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

383

Registergericht am Sitz der Gesellschaft in elektronischer Form gemäß § 12 HGB anzumelden. a) Verfahren Der Anmeldung sind gemäß § 122k Abs. 1, § 16 Abs. 2, 17 UmwG die folgenden Unterlagen beizufügen: *

*

Verschmelzungsplan; Niederschrift der Verschmelzungsbeschlüsse und Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber bzw. Sonderrechtsinhaber;

*

Verschmelzungsbericht;

*

Prüfungsbericht oder die entsprechenden Verzichtserklärungen;

*

*

*

*

Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsplans an den zuständigen Betriebsrat, falls erforderlich; Bilanz (Schlussbilanz), die auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt wurde; Versicherung des Vertretungsorgans i.S.d. § 122k Abs. 1 S. 3 UmwG, dass allen Gläubigern, die einen Anspruch nach § 122j UmwG angemeldet haben, eine angemessene Sicherheitsleistung eingeräumt wurde; Negativerklärung des Vertretungsorgan i.S.d. §§ 122k Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 2, 3, dass eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss nicht anhängig ist.

Ferner bedarf es der Anzeige des Treuhänders i.S.d § 71 Abs. 1 UmwG über den Erhalt der Anteile der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft und einer etwaigen baren Zuzahlung sowie der Anzeige der Vertretungsorgane über ein anhängiges Spruchverfahren, da andernfalls eine Eintragung und somit auch eine Vorabbescheinigung unzulässig bzw. dem Gericht ein Vermerk über das anhängige Verfahren i.S.d Art. 10 Abs. 3 S. 2 VRL nicht möglich wäre. Da die registergerichtliche Kontrolle gemäß § 122k UmwG auf die Verfahrensabschnitte beschränkt ist, die die deutsche Gesellschaft betreffen, sind von dieser Beibringungspflicht jedoch nur die diesbezüglichen Unterlagen erfasst. Unterlagen der ausländischen Gesellschaft sind der Anmeldung daher nicht beizufügen.850 Besondere Aufmerksamkeit ist allerdings der Negativerklärung zu widmen, mit der die Vertretungsorgane gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 UmwG versichern, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nicht oder nicht fristgerecht erhoben oder eine solche rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen wurde. Denn liegen die Voraussetzungen für die Negativerklärung nicht vor, darf die Verschmelzungsbescheinigung erst mit Beendigung des Anfechtungsverfahrens erteilt 850 BegrRegE, BR-Drucks. 548/06, S. 37; Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (730); Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (285).

384

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

werden, wenn nicht die klageberechtigten Anteilsinhaber gemäß § 122k Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 UmwG durch notariell beurkundete Erklärung auf die Klage verzichten oder ein Freigabeverfahren nach § 122k Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 UmwG erfolgreich durchgeführt wurde.851 Da § 122k Abs. 1 UmwG nicht auf die Eintragung der Verschmelzung, sondern auf die Erteilung einer Verschmelzungsbescheinigung gerichtet ist, bewirkt die entsprechende Anwendung von § 16 Abs. 2 S. 2 UmwG zwar keine direkte Registersperre, aber eine „Bescheinigungssperre“.852 Da diese wiederum Voraussetzung für die Eintragung der Verschmelzung im Register der ausländischen übernehmenden Gesellschaft im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL ist, wird durch sie jedoch mittelbar auch eine Registersperre beim ausländischen Register begründet. Vor dem Hintergrund des absoluten Bestandschutzes eingetragener Verschmelzungen i.S.d. Art. 17 VRL erhalten Minderheitsaktionäre somit einen absoluten Schutz vor rechtswidrigen Verschmelzungen, der ihnen – in Abhängigkeit von den Klagevoraussetzungen und denen des Freigabeverfahrens – ermöglicht, die Durchführung der Verschmelzung bis zur abschließenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses im Vorfeld zu verhindern. Die einzelnen Voraussetzungen und die damit einhergehende konkrete Blockademöglichkeit der Minderheitsaktionäre werden im weiteren Verlauf der Arbeit noch einer vertiefenden Betrachtung zugeführt werden.853 An dieser Stelle sei aber bereits auf die mit dieser Blockademöglichkeit einhergehende Verzögerungsmöglichkeit auf Seiten deutscher Minderheitsaktionäre hingewiesen. b) Prüfungsmaßstab In Hinsicht auf den Prüfungsmaßstab enthält allerdings auch die deutsche Umsetzung keine konkreten Vorgaben. § 122k Abs. 2 UmwG besagt lediglich, dass das Gericht prüft, ob für die (deutsche) Gesellschaft die „Voraussetzungen“ einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vorliegen. Mit ,Voraussetzungen‘ sind nach der Regierungsbegründung die die deutsche Gesellschaft betreffenden Verfahrensabschnitte der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemeint. Durch seine ausdrückliche Bezugnahme auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit nach Art. 10 Abs. 1 und 2 VRL hat der deutsche Gesetzgeber ferner klargestellt, dass es sich bei der Prüfung nach § 122k Abs. 2 UmwG ebenfalls um

851

Die einzelnen Voraussetzungen des Freigabeverfahrens werden in Teil 4 vertiefend dargestellt, Teil 4 B. II. 3. e) cc). 852 Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 14. 853 Vgl. die Ausführungen über die Anfechtungsklage und des Unbedenklichkeitsverfahrens, Teil 4 B. II. 3.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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eine Rechtmäßigkeitsprüfung handelt.854 Damit ist jedoch noch keine Antwort auf die Frage gefunden, ob das Registergericht nur die formelle Einhaltung der Verfahrensschritte im Sinne eines dem Wortlaut entsprechenden „Vorliegens“ der Unterlagen oder darüber hinaus auch die materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen hat. Obwohl der Wortlaut des § 122k Abs. 2 UmwG zunächst für eine rein formale Prüfung spricht, wird man unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundzüge des Registerrechts eine darüber hinausgehende Prüfung verlangen müssen.855 Denn unbeachtlich des mit der Anmeldung beim Register verfolgten Eintragungsziels, obliegt dem Registergericht grundsätzlich eine formelle und materielle Prüfungspflicht,856 die unabhängig von der Frage besteht, ob es sich um deklaratorische oder konstitutive Eintragungen handelt.857 Diese Prüfungspflicht umfasst alle Eintragungsvoraussetzungen und bestimmt sich dementsprechend danach, welche formellen und materiellen Voraussetzungen für eine bestimmte Eintragung erfüllt sein müssen.858 In Bezug auf die Prüfungspflicht nach § 122k UmwG sind demgemäß alle Verschmelzungsvoraussetzungen des nationalen Rechts zu prüfen, die wiederum durch die nach § 122k Abs. 1 S. 2 UmwG beizufügenden Unterlagen konkretisiert werden. Dies wird auch seitens des Gesetzgebers bestätigt, indem dieser in seiner Gesetzbegründung explizit die Notwendigkeit der beizufügenden Unterlagen für die Prüfung der Verschmelzungsvoraussetzungen durch das Registergericht hervorhebt.859 In Hinsicht auf die Prüfungsintensität erachtet die Rechtsprechung allerdings grundsätzlich eine ,Plausibilitätskontrolle‘860 für ausreichend, soweit nicht im konkreten Einzelfall anhand der vorliegenden Unterlagen begründete Zweifel oder Bedenken dagegen bestehen, dass die zur Eintragung angemeldete Tatsache richtig oder die Rechtsgeschäfte gültig sind.861 Die Eintragungsvoraussetzungen sind daher 854 Vgl. BegrRegE zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 12. 10. 2006, BT-Drucks. 16/2919, S. 17. 855 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 19 UmwG, Rn. 13. 856 BGH, NJW 1977, S. 1879 (1880); NJW 1983, S. 222 f.; BayOLG, NZG 2002, S. 583, (584); Fleischhauer/Preuß-Preuß, S. 99. MünchKommAktG-Hüffer, § 241 AktG, Rn. 95. 857 OLG Hamm, DNotZ 2001, S. 959 (961); MünchKommHGB-Krafka, § 8 HGB, Rn. 8, 59. 858 OLG Hamm, DNotZ 2001, 959 (960); MünchKommHGB-Krafka, § 8 HGB Rn. 11. 859 Vgl. BegrRegE zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 12. 10. 2006, BT-Drucks. 16/2919, S. 17. 860 Kallmeyer-Zimmermann, § 122k UmwG, Rn. 13; § 19 UmwG, Rn. 3; Fleischhauer/ Preuß-Preuß, S. 101. 861 BGHZ 113, 335 (352 f.); BayOLG, DNotZ 1994, S. 652 (653); DNotZ 1999, S. 439 (440); OLG Düsseldorf, GmbHR 1995, S. 592; OLG Karlsruhe, DB 2002, S. 1341 (1342), die Urteile beziehen sich zwar auf die Prüfungspflicht des Registers bei der Anmeldung zur Eintragung nationaler Verschmelzungen nach § 19 UmwG, der Gesetzgeber nimmt jedoch selbst in seiner Gesetzesbegründung zu § 122k UmwG stets Bezug auf § 19 UmwG, vgl. BegrRegE, BR-Drucks. 548/06, S. 38.

386

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

zunächst auf ihre Schlüssigkeit und Glaubhaftigkeit hin zu untersuchen.862 Nur wenn sich hiernach Zweifel an dem Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen ergeben, ist das Registergericht zur genaueren Prüfung und Sachverhaltskontrolle angehalten.863 In Bezug auf den Verschmelzungsplan, den Verschmelzungsbericht und den Prüfungsbericht wird das Registergericht seine Prüfung dementsprechend darauf beschränken, dass diese formgerecht und mit dem erforderlichen Mindestinhalt aufgestellt wurden sowie im Falle des Verzichts, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorlagen und die an sie gestellte Formvorgabe gewahrt wurde.864 Eine Überprüfung der Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben sowie deren Zweckmäßigkeit ist aber nicht Prüfungsinhalt.865 Dementsprechend sollten sich auch im Falle einer gemeinsamen Berichterstattung unter Berücksichtigung des ausländischen Rechts866 keine weiteren Hindernisse seitens des Registergerichts ergeben.867 Der Verschmelzungsbeschluss sowie etwaige zusätzliche Zustimmungserklärungen sind zunächst nur daraufhin zu prüfen, ob die jeweiligen Anteilsinhaber mit der erforderlichen Mehrheit und in der gesetzlichen Form dem Verschmelzungsplan zugestimmt haben. Inwieweit das Registergericht auch eine Überprüfung der Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses vorzunehmen hat, ist allerdings umstritten. Während sich ein Teil für eine Beschränkung der materiellen Prüfungspflicht auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen i.S.d. § 241 AktG ausspricht,868 verlangt die Gegenauffassung darüber hinaus eine Berücksichtigung derjenigen Anfechtungsgründe, die auf der Verletzung von zwingenden Gesetzesvorschriften beruhen, die nicht nur die Individualinteressen der Anteilsinhaber, sondern das der Öffentlichkeit und der Gläubiger schützen. Von der Prüfungspflicht ausgenommen sind daher auch nach dieser Auffassung solche Anfechtungsgründe, die lediglich das interne Verhältnis der Anteilsinhaber betreffen und ausschließlich im Rahmen der Anfechtungsklage und der damit einhergehenden Registersperre i.S.d. § 16 Abs. 2, 3 UmwG oder im Wege des Spruchverfahrens zu berücksichtigen sind.869 Dementsprechend 862 863

Rn. 3.

OLG Düsseldorf, GmbHR 1995, S. 592 f. MünchKommHGB-Krafka, § 8 HGB, Rn. 64; Kallmeyer-Zimmermann, § 19 UmwG,

864 Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 19 UmwG, Rn. 14; Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 19 UmwG, Rn. 16; Widmann/Mayer-Vossius, § 122k UmwG, Rn. 14-17; Sagasser/Bula/BrüngerSagasser/Bula, G Rn. 103. 865 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 19 UmwG, Rn. 26, Widmann/Mayer-Vossius, § 122k UmwG, Rn. 49; Krafka/Willer, Registerrecht, Rn. 162; Limmer, Unternehmensumwandlung, Teil 2, Rn. 576. 866 Vgl. die Ausführungen über die gemeinsame Verschmelzungsprüfung, Teil 3 E. II. 3. 867 Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2027). 868 Sagasser/Bula/Brünger-Sagasser/Bula, G Rn. 103; Baums, Eintragung und Löschung, S. 163; wohl auch MünchKommAktG-Hüffer, § 241 AktG, Rn. 95. 869 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 19 UmwG, Rn. 17; KölnKommUmwG-Simon, § 20 UmwG, Rn. 8, 11 ff., wohl auch Kallmeyer-Zimmermann, § 19 UmwG, Rn. 5.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

387

sind auch nach dieser Auffassung inhaltliche Verstöße gegen Berichts-, Prüfungsund Informationspflichten sowie die Verletzung weiterer Individualrechte der Aktionäre bei der Beschlussfassung von der Prüfungspflicht ausgenommen.870 Mit Blick auf den mit der Rechtmäßigkeitsprüfung einhergehenden Schutz der Minderheitsaktionäre kommen beide Ansichten demnach zu dem identischen Ergebnis. Denn die für den Minderheitsaktionär im Vordergrund seiner Verteidigung stehende Verletzung seiner Individualrechte sowie die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung werden nach beiden Auffassung nicht im Wege der Registerprüfung berücksichtigt, sofern der Aktionär sie nicht auf dem Klageweg i.S.d. § 16 Abs. 2 geltend macht.871 Des Weiteren hat das Registergericht die materiell-rechtliche Zulässigkeit der Verschmelzung, das heißt insbesondere die Verschmelzungsfähigkeit der Gesellschaft sowie die formellen Anmeldevoraussetzungen zu prüfen. Davon umfasst sind die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Registergerichts, das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Eintragungsantrags und die Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Anmeldung mit Blick auf die beizufügenden Unterlagen und Erklärungen.872 Im Falle eines positiven Prüfungsergebnisses stellt das Registergericht umgehend eine Verschmelzungsbescheinigung aus und trägt die Verschmelzung in das Register mit dem Vermerk ein, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung (erst) unter den Voraussetzungen des Rechts des Mitgliedstaates, dem die übernehmende Gesellschaft unterliegt, wirksam wird, § 122k Abs. 2 UmwG. Als Verschmelzungsbescheinigung gilt allerdings gemäß § 122k Abs. 2 S. 2 UmwG die Nachricht über die Eintragung in das Register. Inwiefern diese Nachricht eine Bescheinigung i.S.v. Art. 10 Abs. 2 VRL darstellt, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß vollzogen wurden bzw. als solche von ausländischen Registern ohne Weiteres anerkannt wird, ist zu bezweifeln.873 Die Richtlinienkonformität der Regelung soll hier aber mangels Relevanz für den Minderheitenschutz dahinstehen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Regelung jedenfalls die Gefahr der Verunsicherung ausländischer Register anhaftet und dies unter Umständen zur Verfahrensverzögerung führen kann.

870

KölnKommUmwG-Simon, § 19 UmwG, Rn. 14. Sagasser/Bula/Brünger-Sagasser/Bula, G 103; Baums, Eintragung und Löschung, S. 163; Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 19, MünchKommAktG-Hüffer, § 241 AktG, Rn. 95; Widmann/Mayer-Vossius, § 122k UmwG, Rn. 49; KölnKommUmwG-Simon, § 19 UmwG, Rn. 14. 872 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 19 UmwG, Rn. 13. 873 Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 21; Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (296); Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (67); Haritz/v. Wolff, GmbHR 2006, S. 341 (343); Widmann/ Mayer-Vossius, § 122k UmwG, Rn. 52 ff. 871

388

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Die Bescheinigung ist schließlich der zuständigen Stelle des Staates der übernehmenden ausländischen Gesellschaft binnen 6 Monaten vorzulegen, § 122k Abs. 3 UmwG. Hat diese ihre Rechtmäßigkeitsprüfung im Sinne des Art. 11 VRL abgeschlossen und die Verschmelzung nach ihrem Recht als wirksam erklärt, hat das deutsche Registergericht mit Erhalt einer diesbezüglichen Mitteilung der ausländischen Stelle den Tag des Wirksamwerdens im inländischen Register zu vermerken und die bei ihm aufbewahrten elektronischen Dokumente dem ausländischen Register zu übermitteln, § 122k Abs. 4 UmwG. Dies entspricht dem Eintragungsvorbehalt des Art. 13 Abs. 2 S. 2 VRL.

2. Rechtmäßigkeitsprüfung § 122l UmwG Im Falle der Hereinverschmelzung obliegt dem deutschen Registergericht gemäß § 122l UmwG die Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL. Danach haben die Vertretungsorgane der deutschen übernehmenden Gesellschaft die Verschmelzung beim Register ihres Satzungssitzes zur Eintragung unter Beifügung der Verschmelzungsbescheinigungen aller übertragenden ausländischen Gesellschaften, des gemeinsamen Verschmelzungsplans und gegebenenfalls der Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung anzumelden.874 Ferner sind die bereits aus § 122k UmwG bekannten Unterlagen und Erklärungen – insbesondere die Negativerklärung – gemäß §§ 122a Abs. 2, 16 Abs. 2 und 3, 17 UmwG einzureichen. Dies gilt gemäß § 122l Abs. 1 S. 3 HS. 2 UmwG jedoch nur in Bezug auf die deutsche übernehmende Gesellschaft. Wie bereits erwähnt,875 verzichtet der deutsche Gesetzgeber entgegen dem Wortlaut der Richtlinie im Falle einer Hereinverschmelzung auf die Ausstellung einer Vorabbescheinigung über das Vorliegen der die deutsche übernehmende Gesellschaft betreffenden Verschmelzungsvoraussetzungen i.S.d. Art. 10 VRL. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Verschmelzungsprüfung i.S.d. § 122k UmwG bzw. Art. 10 VRL seitens des deutschen Registergerichts unterbleibt. Der deutsche Gesetzgeber hat lediglich von einer Aufspaltung der Rechtmäßigkeitsprüfung in zwei separate Prüfungsverfahren i.S.d. Artt. 10 und 11 VRL abgesehen und sie stattdessen in einem einheitlichen (einstufigen) Prüfungsverfahren i.S.d. § 122l UmwG zusammengeführt. Das deutsche Recht verzichtet insofern nicht auf eine Prüfung des Vorliegens der Verschmelzungsvoraussetzungen i.S.d. Art. 10 VRL, sondern lediglich auf die Ausstellung einer gesonderten Bescheinigung über die Prüfung.876 Da die Vorabprüfung i.S.d. Art. 10 VRL und die Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL gemäß § 122l Abs. 1 S. 1 UmwG durch dieselbe Stelle – nämlich das Regis874

Die für Verschmelzungen durch Neugründung geltenden Besonderheiten bleiben auch hier unberücksichtigt. 875 Siehe S. 382. 876 Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (67); Haritz/v. Wolff, GmbHR 2006, S. 341 (343); Lutter/ Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 6.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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tergericht am Sitz der deutschen Gesellschaft – in einem einheitlichen Verfahren erfolgt, wäre die Ausstellung einer Vorabbescheinigung auch eine sinnlose Förmlichkeit, da sie diese letztendlich nur für sich selbst ausstellen würde.877 Der Regelung steht auch nicht die Richtlinienvorgabe der Artt. 10, 11 VRL entgegen. Die darin enthaltene Aufspaltung der Rechtmäßigkeitskontrolle auf die Kontrollstellen in den verschiedenen Mitgliedstaaten liegt nämlich der Gedanke zu Grunde, dass jede Kontrollstelle nur für diejenigen Verfahrensabschnitte verantwortlich sein soll, welche die der jeweiligen Rechtsordnung unterliegende Gesellschaft betreffen.878 Dem Erwägungsgrund (7) VRL zufolge dient dies lediglich dem Zweck der Verfahrenserleichterung, indem somit verhindert wird, dass sich die einzelstaatlichen Kontrollstellen mit Details ausländischer Rechtsordnungen zu befassen haben. Für eine solche Regelung besteht jedoch kein Bedarf, wenn auf beiden Stufen der Rechtmäßigkeitsprüfung dasselbe nationale Recht anwendbar ist und dies von derselben Kontrollstelle überprüft wird, wie es bei Hereinverschmelzung im deutschen Recht der Fall ist.879 Vor diesem Hintergrund bestehen hinsichtlich der Richtlinienkonformität der §§ 122k, 122l UmwG keine Bedenken.880 In Hinsicht auf den Prüfungsumfang des deutschen Registergerichts besteht daher zum einen eine vollumfängliche Prüfungspflicht der Verschmelzungsvoraussetzungen für die deutsche übernehmende Gesellschaft. Sie entspricht der Prüfung i.S.d. § 122k UmwG, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Hervorzuheben ist lediglich, dass auch hier die Regelungen über die Negativerklärung nach §§ 122a Abs. 2, 16 Abs. 2, 3 UmwG die Minderheitsaktionäre vor dem Wirksamwerden einer unrechtmäßigen Verschmelzung schützen, sofern sie die Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses auf dem Gerichtweg geltend machen. In diesem Fall führt die Erhebung der Anfechtungsklage allerdings unmittelbar zu einer Registersperre, wenn die Durchführung eines Freigabeverfahrens erfolglos bleibt. Zum anderen hat das Registergericht entsprechend der Vorgabe des Art. 11 Abs. 2 VRL zu prüfen, ob für alle übertragenden Gesellschaften jeweils eine Vorabbescheinigung vorliegt, die Anteilsinhaber einem gemeinsamen, gleichlautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben und gegebenenfalls eine Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung vorliegt. In Hinsicht auf die Prüfungsintensität gelten dieselben Vorgaben wie im Falle der Rechtmäßigkeitsprüfung nach § 122k Abs. 2 UmwG. Allerdings folgt aus der Bindungswirkung der Vorabbescheinigungen eine eingeschränkte Prüfungspflicht in 877

Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 6; Louven, ZIP 2007, S. 2021 (2027). Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 6. 879 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (464); Krause/Kulpa, ZHR 171, S. 38 (67); Lutter/ Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 6; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2027). 880 Heckschen, DNotZ 2007, S. 444 (464); Limmer, ZNotP 2007, S. 282 (296); Krause/ Kulpa, ZHR 171, S. 38 (67); Lutter/Winter-Bayer, § 122k UmwG, Rn. 6; Widmann/MayerVossius, § 122k UmwG, Rn. 52 ff.; a.A. Haritz/v. Wolff, GmbHR 2006, S. 341 (343). 878

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Bezug auf den Verschmelzungsplan. Diesbezüglich hat das Registergericht den Verschmelzungsplan nur formal auf seinen gleichlautenden Inhalt zu überprüfen.881 Eine Überprüfung der Formwahrung und der Mindestinhalte erfolgt in diesem Prüfungsteil hingegen nicht.882 Ebenso sind auch die Verfahrensabschnitte, die ausschließlich die ausländische übertragende Gesellschaft betreffen, nicht Gegenstand der Prüfung nach § 122l UmwG. Eine nochmalige Überprüfung durch das deutsche Registergericht widerspräche auch der Konzeption der Artt. 10, 11 VRL.883 Mit erfolgreichem Abschluss der Prüfung trägt das Registergericht die Verschmelzung in das Handelsregister ein und teilt von Amts wegen dem ausländischen Register, bei dem die übertragende ausländische Gesellschaft ihre Unterlagen zu hinterlegen hatte, den Tag der Eintragung mit, § 122l Abs. 2, 3 UmwG. 3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung unterscheidet sich entsprechend der Richtlinienvorgabe des Art. 13 VRL nach der Verschmelzungsrichtung. Im Falle der Hereinverschmelzung bestimmt gemäß §§ 122a, 20 Abs. 1 UmwG der Tag der Eintragung den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung. Der deutsche Gesetzgeber hat sich in Umsetzung von Art. 13 VRL insofern für denselben Anknüpfungspunkt des Wirksamwerdens wie bei nationalen Verschmelzungen i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwG entschieden. Die Eintragung ist daran anschließend gemäß §§ 122a Abs. 2, 19 Abs. 3 UmwG in der Form des § 10 HGB bekanntzugeben und der Tag der Eintragung gemäß § 122l Abs. 3 UmwG dem ausländischen Register der übertragenden Gesellschaft mitzuteilen. Letztere Regelung dürfte allerdings hinsichtlich ihrer Richtlinienkonformität in Frage zu stellen sein. Denn im Gegensatz zur Richtlinienvorgabe des Art. 13 Abs. 2 S. 1 VRL, der ausdrücklich die Mitteilung des „Wirksamwerdens“ vorsieht, wird dem ausländischen Register lediglich der Tag der Eintragung der Verschmelzung mitgeteilt. Ob dieser aber zugleich den Zeitpunkt des Wirksamwerdens nach inländischem Recht darstellt, ist für ausländische Register vor dem Hintergrund des Art. 13 VRL nicht erkennbar. Deutsche Registergerichte sollten die Mitteilung der Eintragung daher zwingend mit einem Hinweis auf die Wirksamkeitsfolge der Eintragung versehen. Im Falle der Herausverschmelzung hat sich der deutsche Gesetzgeber wiederum wortgetreu an die Richtlinienvorgaben gehalten. Denn gemäß § 122k Abs. 4 UmwG hat das deutsche Registergericht mit Erhalt der Mitteilung des ausländischen Re881

Widmann/Mayer-Vossius, § 122l UmwG, Rn. 30; Lutter/Winter-Bayer, § 122l UmwG, Rn. 14. 882 Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs des Vorabbescheinigungsverfahrens vgl. die diesbezüglichen Ausführungen, Teil 3 G. II. 1. b). 883 Für die Parallelvorschrift des Art. 26 SE-VO bei der SE: J. Schmidt, S. 257.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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gisters über das Wirksamwerden der Verschmelzung den Tag des Wirksamwerdens im Register zu vermerken und die elektronischen Dokumente an das ausländische Register der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft zu übersenden. Die Eintragung ist abschließend gemäß §§ 122a Abs. 2, 19 Abs. 3 in der Form des § 10 HGB bekanntzumachen. Die Vorgaben des Art. 14 VRL über die Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzungen wurden schließlich in §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 UmwG ebenso richtliniengetreu umgesetzt wie die der Bestandsschutzregelung des Art. 17 VRL in §§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 3 UmwG, der eine Entschmelzung nach Wirksamwerden der Verschmelzung generell ausschließt.884

III. Umsetzung in England Der englische Gesetzgeber hat sich bei Umsetzung der Artt. 10 und 11 VRL an der darin angelegten zweistufigen Rechtmäßigkeitsprüfung orientiert. Gemäß regulation 6 CR 2007 ist unabhängig von der Verschmelzungsrichtung stets eine Vorabbescheinigung für die englische Gesellschaft auszustellen885 und gemäß regulation 16 CR 2007 eine Rechtmäßigkeitsprüfung im Sinne des Art. 11 VRL nur vorzunehmen, wenn es sich bei der englischen Gesellschaft um die aufnehmende Gesellschaft der grenzüberschreitenden Verschmelzung handelt. 1. Vorabbescheinigung, regulation 6 CR 2007 Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, unterscheidet sich das Vorabbescheinigungsverfahren des englischen Rechts sowohl in verfahrenstechnischer Hinsicht als auch mit Blick auf den Prüfungsmaßstab der Rechtmäßigkeitskontrolle wesentlich von der deutschen Umsetzung. a) Verfahren Gemäß regulation 6 (1) CR 2007 hat die englische Gesellschaft zunächst einen Antrag (,petition‘) an das High Court auf Erlass eines Beschlusses zu stellen, der bescheinigt, dass die Gesellschaft alle Handlungen (,pre-merger acts‘) und Formalitäten (,formalities‘) der grenzüberschreitenden Verschmelzung ordnungsgemäß (,properly‘) erfüllt hat. Der Antrag hat gemäß paragraph 23 (3) CPR Pt. 49 A Practice Directions alle die englische Gesellschaft betreffenden pre-merger acts und formalities der regulatios 7 – 10 und 12 – 15 CR 2007 darzulegen und die entsprechenden

884 DAV, NZG 2004, S. 737 (743); Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (404); Lutter/WinterBayer, Anh. 1 § 122l UmwG, Rn. 26. 885 Palmer’s-Morse, Rn. 12.411.

392

Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Nachweise (,evidence‘) zu beinhalten. Die Gesellschaft hat danach insbesondere nachzuweisen: *

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Ordnungsgemäße Aufstellung des Verschmelzungsplans nach Vorgabe der regulation 7 CR 2007 sowie dessen ordnungsgemäße Bekanntmachung nach regulation 12 (1)(b) CR 2007; ordnungsgemäße Erstellung des Verschmelzungsberichts (,directors’ report‘), einschließlich der Zuleitung an die Arbeitnehmer, regulation 8 CR 2007; ordnungsgemäße Erstellung des Prüfungsberichts (,independent expert’s report‘) nach regulation 9 CR 2007 oder das Vorliegen dessen Entbehrlichkeitsvoraussetzungen; ordnungsgemäße Anmeldung der Verschmelzung und der Aktionärsversammlung beim Register sowie deren ordnungsgemäße Bekanntgabe im Bundeanzeiger, einschließlich des Hinweises auf das Recht der Aktionäre nach regulation 10 CR 2007, die Verschmelzungsunterlagen am Sitz der Gesellschaft einzusehen, regulation 12 CR 2007; ordnungsgemäße Einhaltung der Pflicht zur Auslegung der Verschmelzungsunterlagen in den Geschäftsräumen nach regulation 10 CR 2007; ordnungsgemäße Bekanntmachung der Einberufung der Aktionärsversammlung (en) nach regulation 15 CR 2007 sowie die ordnungsgemäße Zustimmung(en) der Aktionäre zum Verschmelzungsplan und Genehmigungen nach Vorgabe der regulation 13 CR 2007, sofern sie nicht entbehrlich sind.

Wie aus paragraph 24 (2) CPR Pt. 49 A Practice Directions im Umkehrschluss zu folgern ist, darf die Gesellschaft den Antrag gleichzeitig mit dem Antrag nach regulation 11 CR 2007 auf Einberufung der Gesellschafterversammlung stellen. Die Ausstellung der Vorabbescheinigung kann zwar erst nach ergangener Beschlussfassung erfolgen, regulation 6 (2) CR 2007. Die Regelung ermöglicht jedoch eine frühzeitige Einbindung des Registers und schafft damit die Möglichkeit einer engen Abstimmung zwischen dem Register und der Gesellschaft, durch die Durchführungshindernisse frühzeitig behoben und eine zeitnahe Abwicklung der Verschmelzung gefördert werden können. Für die Entgegennahme und Bearbeitung des Antrags ist grundsätzlich das Register des High Courts zuständig.886 Wie aber bereits im Rahmen der Einberufungsverfügung i.S.d. regulation 11 CR 2007 dargelegt wurde,887 ist das Register auch im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens ermächtigt, entweder aufgrund eigenen Dafürhaltens, auf Antrag der Gesellschaft oder auf Antrag eines Gesellschafters den Antrag an einen Richter des High Courts weiterzuleiten, wenn mit ihm komplizierte Probleme oder besondere Rechtsfragen verbunden sind. 886

Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947 (949). Vgl. die Ausführungen über die Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 2. a) aa) (1). 887

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

393

Darüber hinausgehende verfahrenstechnische Vorgaben sind dem statutorischen Recht zwar nicht zu entnehmen. Aus den allgemeinen Grundsätzen des Common Laws zu den Vorschriften des Part 26 CA 2006 über die allgemeinen schemes of arrangements und reconstructions888 lässt sich jedoch entnehmen, dass das Registergericht bei Vorliegen eines ordnungsgemäßen und zulässigen Antrags nach eigenem Ermessen einen Anhörungstermin (,hearing‘) und die Art und Weise dessen Bekanntmachung bestimmen kann. Hinsichtlich des Umfangs der Bekanntmachung des Anhörungstermins orientiert sich das Gericht wiederum an der Komplexität der genehmigungsbedürftigen Transaktion und dem Umfang der zu erwartenden Widersprüche von Aktionären.889 Denn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens i.S.d. section 899 CA 2006 ist es grundsätzlich jedem Aktionär der Gesellschaft gestattet, jeden Einwand gegen den scheme of arrangement schriftlich oder mündlich im Vorfeld oder im Rahmen des gerichtlichen Anhörungstermins vorzutragen.890 Das Gericht entscheidet wiederum nach freiem Ermessen, wessen und welche Einwände es im Genehmigungsverfahren berücksichtigt und ob es einen Anhörungstermin anberaumt.891 Unsubstantiierte und offensichtlich unbegründete Einwände wird das Gericht jedoch in der Regel nicht würdigen.892 b) Prüfungsmaßstab Unabhängig von etwaigen Einwänden der Aktionäre hat das Gericht im Rahmen der Vorabbescheinigung grundsätzlich zu prüfen, ob die Vorgaben der regulations 7 – 10 und 12 – 15 CR 2007 nachweislich erfüllt wurden. Andernfalls darf das Gericht eine Vorabbescheinigung (,court approval of pre-merger requirements‘) nicht ausstellen, regulation 6 CR 2007. Die CR 2007 enthalten darüber hinaus allerdings keine konkretisierenden Vorgaben hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes und lassen insbesondere eine vergleichbare Regelung wie § 16 Abs. 2 und 3 UmwG in Bezug auf gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses gerichtete Klagen vermissen. Vor dem Hintergrund des absoluten Bestandsschutzes i.S.d. Art. 17 VRL stellt sich daher die Frage, mit welcher Intensität das Gericht die einzelnen Verschmelzungsvoraussetzungen zu prüfen hat und vor allem, ob eine etwaige materielle Rechtmäßigkeitskontrolle auch eine inhaltliche Beschlusskontrolle in Bezug auf den Verschmelzungsbeschluss beinhaltet. 888 Zur Anwendbarkeit der Grundsätze auf das Vorabbescheinigungsverfahren bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen siehe Teil 3 G. III. 1. b) cc). 889 Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (19). 890 Re British Aviation Insurance Co [2006] 1 B.C.L.C. 650 (676 f.) mit übersichtlicher Darstellung möglicher Einwände. 891 Re BAT Industries Plc v. 3. 9. 1998, unreported, Palmer’s-Morse, Rn. 12.073. 892 Re Dorman, Long & Co Ltd. [1934] 1 Ch 635 (677): „… it was a reasonable one, and that its statements are substantially correct and, therefore, very proper to be considered.“

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Die Civil Procedure Rules, die Court Guides und die practice statements enthalten ebenso wenig konkretisierende Vorgaben wie die zu den CR 2007 veröffentlichten Gesetzesmaterialien. Die englische Literatur hat sich diesem Thema ebenfalls noch nicht angenommen und nach Kenntnis des Verfassers existieren bisher auch keine Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Frage des konkreten Prüfungsmaßstabs im Rahmen von regulation 6 CR 2007 oder der Parallelvorschrift des Art. 25 SE-VO bei der SE auseinandersetzen. Dementsprechend verbleibt auch diesbezüglich nur ein Rückgriff auf die Grundsätze des Common Laws zu der Genehmigung von allgemeinen schemes of arrangements i.S.d. section 899 CA 2006 bzw. deren Vorgängervorschriften sections 425 CA 1985 und 206 CA 1948, für die die englischen Gerichte umfangreiche Prüfungsmaßstäbe entwickelt haben. Der Eigenheit des englischen case law entsprechend lässt sich zwar eine unbegrenzte Vielzahl von Entscheidungen, aber nur eine sehr begrenzte Systematisierung in der englischen Kommentierung finden, die eine Vergleichbarkeit zum Vorabbescheinigungsverfahren bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen erkennen ließe. Dementsprechend soll zunächst der Versuch unternommen werden, die Prüfungsgrundsätze i.S.d. section 899 CA 2006 unter Heranziehung von vergleichbaren Gerichtsentscheidungen systematisch darzustellen und daran anschließend, deren Anwendbarkeit im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens zu beleuchten. aa) Prüfungsmaßstab i.S.d. section 899 CA 2006 Eine erstmalig umfassende Darlegung der richterlichen Überprüfung von schemes of arrangements erfolgte in der Entscheidung Re Dorman, Long & Co, Ltd893. Richter Maugham J. führte darin aus, die Aufgabe des Gerichts sei zweifältig. Einerseits müsse die Wahrung der gesetzlichen Vorgaben überprüft werden, andererseits bedürfe es der Feststellung, ob die zugrunde liegende Beschlussvorlage so fair und angemessen ist, dass ihr eine intelligente und ehrliche Person, die Mitglied der abstimmenden Aktionärsgattung (,class of members‘) ist und die in ihrem eigenen Interesse agiert, in vernünftiger Weise zustimmen würde.894 Auf Grundlage dieser Entscheidungen formulierte Buckley erstmals in seiner Ausgabe von 1949 den Prüfungsauftrag des Gerichts wie folgt: „In exercising its power of sanction the Court will see, first, that the provisions of the statute have been complied with (1. Prüfungsebene), secondly, that the class was fairly represented by those who attended the meeting and that the statutory majority are acting bona fide and 893

Re Dorman Long and Co Ltd [1934] Ch 635. Re Dorman Long and Co Ltd [1934] Ch 635 (654 f.) unter Bezugnahme auf Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Ry. Co [1891] 1 Ch 213 (239, 243) und Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (408 f.): „[The Court] … must be satisfied that the proposal was at least so far fair and reasonable, as that an intelligent and honest man, who is member of that class, and acting alone in respect of his interest as such a member, might approve it“. 894

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are not coercing the minority in order to promote interests adverse to those of the class whom they purport to represent (2. Prüfungsebene), and thirdly, that the arrangement is such as an intelligent and honest man, a member of the class concerned and acting in respect of his interest, might reasonably approve (3. Prüfungsebene). The Court does not sit merely to see that the majority are acting bona fide and thereupon to register the decision of the meeting, but at the same time, the Court will be slow to differ from the meeting, unless either the class has not been properly consulted, or the meeting has not considered the matter with a view to the interests of the class which it is empowered to bind, or some blot is found in the scheme.“895

Demnach obliegt dem Gericht nicht nur eine formell-materielle, sondern auch eine inhaltliche Prüfungspflicht, im Rahmen derer das Gericht die Interessen und Ansichten der widersprechenden Aktionäre objektiv zu berücksichtigen hat.896 Diesem so formulierten Prüfungsauftrag haben sich die englischen Gerichte angenommen und halten bis heute an ihm fest.897 (1) Erste Prüfungsebene: Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben Die erste Prüfungsebene – die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben – entspricht zunächst der Vorgabe in regulation 6 (2) CR 2007. Allerdings ist nach Auffassung der englischen Gerichte der scheme zusätzlich auch auf seine Satzungskonformität hin zu überprüfen.898 Dementsprechend müssten die articles of association die grenzüberschreitende Verschmelzung dem Grunde und dem gewählten Verfahren nach sowie eine gegebenenfalls notwendige Kapitalerhöhung oder -reduzierung ebenfalls zulassen. (a) Informationsbezogene Einwände Im Vordergrund gerichtlicher Entscheidungen zu section 899 CA 2006 steht zunächst das dem Verschmelzungsbericht bei nationalen Verschmelzungen entsprechende899 und dem Verschmelzungsbericht bei grenzüberschreitenden Ver895 Buckley, on the Companies Act (13. Auflage, 1957), S. 409 mit Verweis auf: Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (409); Re London Chartered Bank of Australia [1893] 3 Ch 540 (545). 896 Der Schutz der Interessen von widersprechenden Aktionären wurde explizit betont in: Re Altitude Scaffolding Ltd [2006] B.C.C. 904 (908); Re Hawk Insurance Co Ltd [2002] B.C.C. 300 (304). 897 Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R 819 (829); Re BTR plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (680); Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C. 182 (188); Re Allied Domecq plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (142); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (321); Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (320 f.); Re Telewest Communications Plc (No 1) [2005] B.C.C. 29 (34); Re Cape Plc [2006] E.W.H.C. 1446; Re T&N Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 563; Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20); Re Scottish Lion Insurance Co Ltd [2010] S. L.T. 459 (461). 898 Re Oceanic Steam Naviagtion Co Ltd [1939] 1 Ch 41; Re Waste Recycling Group plc [2004] B.C.C. 328 (330). 899 Palmer’s-Morse, Rn. 12.099.9.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

schmelzungen vergleichbare sog. explanatory statement, in dem die Direktoren gemäß section 897 (2) CA 2006 die Auswirkungen des scheme of arrangements und ihre Interessen an diesem darzulegen haben, sowie die Einberufungsnotiz. Prüfungsmaßstab der Gerichte ist diesbezüglich, ob der Bericht den Inhalt und Zweck des schemes of arrangement ausreichend adäquat und akkurat in einer Weise darlegt, die es dem Empfänger ermöglicht, in wohl informierter Weise über ihn abzustimmen.900 Dies hat das Gericht zum Schutz der Gesellschafter sehr sorgfältig zu prüfen.901 Es hat sicherzustellen, dass die Informationen vollständig, klar und verständlich, nicht irreführend902 und fehlerfrei sind.903 Im Rahmen dessen berücksichtigt das Gericht alle Einwände widersprechender Gesellschafter, die die Adäquanz der Berichterstattung betreffen. Einwände gegen bewertungsbezogene Informationen sind davon nicht ausgenommen.904 Die in den vorliegenden Entscheidungen gerügten Informationsdefizite sind vielfältig und umfassen nicht selten eine seitenlange Auflistung von Fehlern. In Re Equitable Life Assurance Society (No 2)905 hatten die widersprechenden Aktionäre sogar eigens einen Gutachter mit der Darlegung der Informationsdefizite beauftragt. Die nichtbewertungsbezogenen Einwände reichen von nicht offengelegten Ermittlungsverfahren gegen die Direktoren der übernehmenden Gesellschaft906, der unzureichenden Darlegung der Auswirkungen des schemes auf die Mitgliedschaftsrechte907 und der fehlenden Erörterung von Alternativen zum scheme908 bis hin zu einer fehlenden Offenlegung von Sondervorteilen und Eigeninteressen anteilsbesitzender Banken am scheme, die als trustee den scheme empfahlen.909 In bewertungsbezogener Hinsicht hatten sich die Gerichte unter anderem mit den Einwänden auseinanderzusetzen, die Berichterstattung führe nicht die einzelnen Werte des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Gesellschaft910 bzw. nicht die 900

Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (409); Tiessen v Henderson [1899] 1 Ch 861 (867); Re Dorman Long & Co Ltd [1934] Ch 534 (657 f.); Re Ratners Group Plc [1988] B.C.L.C. 685 (687); Residues Treatment &Trading Co Ltd v Southern Resources Ltd [1998] 14 A.C.L.R. 275 (394); Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (143); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (326 f.). 901 Re Dorman Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (637/657); Re Altitude Scaffolding Ltd [2006] 904 (907). 902 Re Dorman Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (670). 903 Palmer’s-Morse, Rn. 12063. 904 Re Dorman Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (670); Re National Bank [1966] 1 W.L.R. 819 (824, 828); Re Equitabel Life Assurance Society (No. 2) [2002] B.C.C. 319 (344 ff.). 905 [2002] B.C.C. 319 (344). 906 Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 17 (19). 907 RAC Motoring Services [2000] 1 B.C.L.C. 307 (325). 908 Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (345). 909 Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (670 f.). 910 Re National Bank [1966] 1 W.L.R. 819 (824).

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einzelnen Ergebnisse deren Bewertung auf,911 sie enthalte nur unzureichende Informationen, um die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des schemes und die Angemessenheit der Kompensation beurteilen zu können912 sowie mit dem Einwand, die Berichterstattung habe angegeben, dass das Umtauschverhältnis anhand zukünftiger Ertragswerte errechnet worden wäre und diese von Wirtschaftsprüfern bestätigt worden seien, obwohl eine Überprüfung der einzelnen Bewertungsergebnisse nicht stattgefunden habe.913 Die Auswertung einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen hat gezeigt, dass der Einwand inadäquater Information in nahezu jedem Verfahren eines der Hauptangriffsmittel gegen schemes of arrangements bildet.914 Die englischen Gerichte scheinen den Einwand auch durchaus sehr ernst zu nehmen und scheuen sich nicht, einzelne gerügte Textstellen des explanatory statements über mehrere Seiten daraufhin auszulegen, wie die dargelegte Information ihrer wörtlichen Fassung nach seitens des Empfängers zu verstehen ist und ob sie in dieser Form ausreichend und verständlich war.915 Entscheidend war dabei jedoch stets, ob die jeweilige Information für die Entscheidungsfindung der Gesellschafter erforderlich ist. Das Gericht wird eine Genehmigung daher nur dann verweigern, wenn eine ordnungsgemäße Information die Entscheidung der Gesellschafter beeinflusst hätte.916 Dazu gehören jedenfalls auch Ausführungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen des schemes auf die Ge-

911

Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (670). Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (345). 913 Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (671 f.). 914 Vgl. nur: Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (409); Re Kaye v Crydon Tramways Co [1898] 1 Ch 358 (369/370); Tiessen v Henderson [1899] 1 Ch 861 (867); Re Dorman Long & Co [1934] Ch 534 (657 f.); Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819 (829); Re Moorgate Mercantile Holdings Ltd [1980] 1 All ER 40 (54); Re Jessel Trust Limited [1985] 1 B.C.L.C. 119; Re Minster Assets Plc [1985] B.C.L.C. 200; Re Ratners Group Plc [1988] B.C.L.C. 685 (687); Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667 (672); Residues Treatment &Trading Co Ltd v Southern Resources Ltd [1998] 14 A.C.L.R. 275 (394); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675; [2000] 1 B.C.L.C. 740; Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (143); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307; Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (345); Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (19 f.); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445. 915 Re Kaye v Crydon Tramways Co [1898] 1 Ch 358 (369/370); Re Tiessen v Henderson [1899] 1 Ch 861 (866 f/870 f.); Re Moorgate Mercantile Holdings Ltd [1980] 1 All E.R. 40 (54); Residues Treatment & Trading Co Ltd v Southern Resources Ltd [1988] 14 A.C.L.R. 375 (377 f.); Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (136 – 146); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (325 ff.); Re Equitable Life Assurance Society (No. 2) [2002] B.C.C. 319 (344 f.); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (691 ff.). 916 Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667 (672), Re Jessel Trust Limited [1985] 1 B.C.L.C. 119; Re MB Group [1989] 5 B.C.C. 672 (684); Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (143); Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (20); Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Court, 3.3.6, S. 65. 912

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

sellschafter917 sowie über Umstandsveränderungen, die sich nach der Versendung des explanatory statements ergeben haben.918 Andererseits ist es nicht notwendig, jeden denkbaren Aspekt anzugeben, der möglicherweise die Entscheidung des Aktionärs beeinflussen könnte. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Direktoren vollständig und fair all diejenigen Aspekte offenlegen, von denen sie Kenntnis haben und die die Aktionäre in die Lage versetzen, eine wohl informierte Entscheidung über die ihnen vorgelegten Angelegenheiten treffen zu können.919 In Hinsicht auf den Informationsgehalt des Verschmelzungsberichts bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sind die Inhaltsvorgaben des Gesetzes allerdings ausführlicher als bei dem explanatory statement bei schemes of arrangements i.S.d. section 899 CA 2006, so dass davon auszugehen ist, dass die darin vorgegebenen Ausführungen ausreichen, sofern diese adäquat und vollständig sind. Dafür spricht auch die Entscheidung in Re National Bank Ltd920, in der der Einwand unzureichender Angaben über Vermögenswerte und deren Bewertung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass das Gesetz diesbezüglich keine Offenlegung vorsehe. (b) Versammlungsbezogene Einwände Im Rahmen der Überprüfung der ordnungsgemäßen Einberufung und Abhaltung der Gesellschafterversammlung(en) hat das Gericht sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorgaben bzw. die der Einberufungsverfügung ordnungsgemäß eingehalten wurden.921 Im Falle von prozessualen Unregelmäßigkeiten – insbesondere der ordnungsgemäßen Bekanntmachung – sind die Gesellschafter zwar ebenfalls berechtigt, den scheme im Rahmen des Genehmigungsverfahrens anzufechten (,challange the scheme‘),922 allerdings führt nicht jeder Verfahrensfehler zwingender Weise zur Verweigerung der Genehmigung.923 Das Gericht ist vielmehr auch diesbezüglich ermächtigt, Abweichungen von den Einberufungsvorgaben zu ignorieren (,waive‘), wenn sie für die Entscheidungsfähigkeit oder das Abstimmungsergebnis unerheblich waren.924 Dies gilt insbesondere, wenn ,aus Versehen‘ (,accidentially‘) Gesellschafter nicht zur Versammlung geladen wurden.925 Wenig Zurückhaltung ist 917 Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667 (672); Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (143). 918 Re Minster Assets Plc [1985] B.C.L.C. 200 (201 f.); Re MB Group Plc [1989] B.C.L.C. 672 (680). 919 Residues Treatment &Trading Co Ltd v Southern Resources Ltd [1998] 14 A.C.L.R. 275 (394). 920 Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819 (829). 921 Re Equitable Life Assurance Society (No. 2) [2002] B.C.C. 319 (320). 922 Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15. 923 United Provident Assurance Co [1911] W.N. 40 f. 924 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17. 925 Young v Ladies Imperial Club [1920] 2 K.B. 523 (536); Re West Canadian Collieries Ltd [1962] Ch 370 (375); Musselwhite v C H Musselwhite & Sons Ltd [1962] Ch 964; Royal Mutual

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von dem Gericht jedoch zu erwarten, wenn die Einberufungsnotiz eine sog. ,tricky notice‘ darstellt, die den eigentlichen Zweck der Versammlung verschleiert. Das Gericht prüft hier sehr genau, ob der Inhalt der Einberufungsnotiz verständlich und zweifelsfrei zutreffend war.926 Den Schwerpunkt gerichtlicher Auseinandersetzungen bildet in versammlungsbezogener Hinsicht allerdings die bereits mehrfach erwähnte Zusammensetzung der jeweiligen class meetings. Obwohl immer wieder von Minderheitsaktionären aufgegriffen, berücksichtigen die Gerichte aber auch an dieser Stelle nicht die individuellen Gesellschafterinteressen am Beschlussgegenstand. Sie prüfen lediglich, ob diejenigen Gesellschafter zu einem class meeting einberufen wurden, deren Rechte nicht so unterschiedlich sind, dass ihnen eine gemeinsame Beratung mit Blick auf ein gemeinsames Interesse nicht möglich ist.927 In Re BTR Plc machten die widersprechenden Aktionäre beispielsweise geltend, die übernehmende Gesellschaft, die zugleich Mehrheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft war, würde andere Interessen als die übrigen Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft verfolgen, die keine Anteile an der übernehmenden Gesellschaft hielten, so dass die Einberufung getrennter class meetings erforderlich gewesen wäre.928 Entsprechendes trugen auch die widersprechenden Aktionäre in Re Hellenic & General Trust vor, bei der die übernehmende über 50 % der Anteile an der übertragenden Gesellschaft durch eine 100 %ige Tochtergesellschaft hielt. Im Gegensatz zu Re BTR Plc und allen anderen Gerichtsentscheidungen vertrat das Gericht in Re Hellenic & Genral Trust zwar die Auffassung, in diesem Fall seien getrennte class meetings einzuberufen.929 Die Entscheidung wurde jedoch von allen anderen Gerichten seither abgelehnt, so dass heute Einigkeit darin bestehen dürfte, dass derart behauptete Interessenskonflikte nicht eine Frage der Klasseneinteilung, sondern Gegenstand der nachfolgenden zweiten Prüfungsebene sind.930 Benefit Building Society v Sharmann [1963] 1 W.L.R. 581 (587); Re Equitable Life Assurance Society (No. 2) [2002] B.C.C. 319 (320/336). 926 Kaye v Croydon Tramways Co [1989] 1 Ch 358 (369 f.): Die Einberufungsnotiz hatte zwar auf die Beschlussfassung zum Verkauf eines Unternehmensteils hingewiesen, die Formulierungen kaschierten aber, dass der Verkaufserlös zu großen Teilen nicht der Gesellschaft zufließen würde; Re British Aviation Insurance Co [2006] 1 B.C.L.C. 665 (685 ff.). 927 Sovereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 Q.B. 573 (583); Re Hellenic Trust Ltd [1976] W.L.R. 123 (125 f.); Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C 182 (188); Re BTR plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (683) Re Hawk Insurance plc [2001] 2 B.C.L.C 480; Re Anglo American Insurance Ltd [2001] 1 B.C.L.C 755 (763); Re Equitable Life Assurance Society (No2) [2002] B.C.C. 319 (320); Re Linton Park plc [2008] B.C.C. 17 (19 f.). 928 Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682 f.). 929 Re Hellenic & General Trust [1976] 1 W.L.R. 123 (127). 930 Sovereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 Q.B. 573 (583); Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614 (624 f.); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682 f.), [2000] 1 B.C.L.C. 740 (747); Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (517); Re Waste Recycling Group Plc [2004] B.C.C. 328 (330/332 f.); Re British Aviation Insurance Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (680); Re Cape plc [2007] 2 B.C.L.C. 546 (562), Re T & N Ltd (No3) [2007] 1

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

In Hinsicht auf die ordnungsgemäße Abhaltung der Versammlung berücksichtigen die Gerichte ferner Einwände von Aktionären, die sich gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung richten. Die Gerichte hatten zum Beispiel den Einwand der unzulässigen Stimmrechtsvertretung durch den chairman bei Abstimmung über den Antrag auf Vertagung der Versammlung,931 den Einwand der unzulässigen Rückweisung von Stimmrechtsvollmachten durch den chairman, die nach Ablauf der Anzeigefrist oder in anderer Form der Gesellschaft eingereicht wurden,932 über Einwendungen gegen das seitens des chairman bestimmte Abstimmungsverfahren (poll statt show of hands)933 sowie Einwendungen gegen die ordnungsgemäße Stimmenauszählungen934 zu prüfen. Die Beweislast tragen allerdings auch hier die widersprechenden Gesellschafter. Im Falle von Abstimmungsfehlern obliegt ihnen die Pflicht, die Beweiskraft des chairman report’s, in dem die einzelnen Abstimmungen festgehalten werden, zu entkräften,935 was nach Kenntnis des Verfassers bisher noch nie gelungen ist. Gerichtsentscheidungen, die sich mit Verletzungen des Frage-, Rede und Antragsrecht auseinander zu setzen hatten, sind dem Verfasser ebenfalls nicht bekannt. Möglicherweise liegt dies darin begründet, dass diese Rechte zwar in England grundsätzlich anerkannt,936 aber nicht in dem Maße ausgeübt werden, wie es auf deutschen Hauptversammlungen üblich ist, und sie darüber hinaus auch in der Satzung beschränkt werden können.937 (c) Materielle Einwände Teilweise berücksichtigen die Gerichte auf der ersten Prüfungsebene auch materiell-rechtliche Einwände gegen das Beschlussverfahren.938 Hervorzuheben sei an dieser Stelle der in Bezug auf schemes of arrangements, die eine vollständige Anteilsübernahme durch die übernehmende Gesellschaft zum Gegenstand hatten, in mehreren Genehmigungsverfahren erhobene Einwand des fehlerhaften BeschlussB.C.L.C. 563 (599); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451). 931 Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (19); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (683 f.), [2000] 1 B.C.L.C. 740 (744 f.); Re Waxed Papers Ltd [1937] 2 All E.R. 481 (483 f.). 932 Re Equitable Life Assurance Society (No2) [2002] B.C.C. 319 (337); Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (661 ff.). 933 Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (19). 934 Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (661 ff.); Re Equitable Life Assurance Society (No2) [2002] B.C.C. 319 (337); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19). 935 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19). 936 Re Dorman Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (648). 937 Vgl. die vergleichenden Ausführungen über die gesellschaftsrechtlichen Verfassungen von AG und plc, Teil 2 B. II. 2. c). 938 In Hinsicht auf die Vereinbarkeit des Entzugs der Mitgliedschaftsrechte mit Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrecht und Grundfreiheiten, Sev Nr. 009 v. 20. 03. 1952, siehe: Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (349 f.); Re Waste Recycling Group Plc [2004] B.C.C.328.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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verfahrens. Minderheitsaktionäre machten darin geltend, es müsse nicht das Verfahren nach Part 26 CA 2006, sondern das Übernahmeverfahren (,takeover panel‘) nach Part 28 CA 2006 angewandt werden, da andernfalls der durch das 90 %ige Mehrheitsquorum statuierte Minderheitenschutz der Übernahmevorschriften unterlaufen werde. Die englischen Gerichte lehnen dies jedoch mit der Begründung ab, dass der Gesetzgeber keine dahingehende Einschränkung vorgesehen habe, die Verfahren von Grund auf unterschiedlich seien und der Schutz der Minderheitsgesellschafter in beiden Verfahren in gleicher Maße gewahrt werde. Im Rahmen des Part 26 CA 2006 Verfahrens erfolge dieser zum einen durch das doppelte Mehrheitserfordernis939 und zum anderen durch die Rechtmäßigkeitsprüfung der zweiten und dritten Prüfungsebene, die im Übernahmeverfahren wiederum nicht vorgesehen sei.940 Die Rechtmäßigkeitsprüfung diene insofern als Ausgleich für die niedrigere Beschlussmehrheit bei schemes of arrangements,941 die der bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen entspricht. (d) Entscheidungsermessen der Gerichte Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Gesetzesvorgaben nicht ordnungsgemäß eingehalten wurden und es sich bei dem Verstoß nicht um einen unbedeutenden Verfahrensfehler handelt, den es ausnahmsweise ignorieren kann,942 darf es den scheme of arrangement nicht genehmigen. Dem Gericht fehlt in diesem Fall bereits die notwendige Genehmigungsbefugnis (,jurisdiction‘), so dass es auf eine Abwägung der Gesamtumstände mangels Ermessensspielraums des Gerichts nicht mehr ankommt.943 (2) Zweite Prüfungsebene: Fair representation und Voting bona fide Andernfalls obliegt es dem Gericht, auf den daran anschließenden zweiten und dritten Prüfungsebenen sicherzustellen, dass die Meinungen (,views‘) und Interessen 939 Vgl. die Ausführung über die Beschlussfassung nach englischem Recht in Teil 3 F. III. 3. d) aa) (1). 940 Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819 (829 f.); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (684); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451); a.A. Re Hellenic & General Trust [1976] 1 W.L.R. 123 (127). 941 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 ( 747); Re Altitude Scaffolding Ltd [2006] 1 B.C.C. 904 (907). 942 Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Court, 3.3.6, S. 65: „Unlike ordinary company meetings which will generally be invalidated by a failure to comply with the requirements of the articles of association in giving notice, a failure to comply with the court’s directions for convening a meeting will not ipso facto invalidate the proceeding at the meeting, as the court may waive non-compliance with its discretion“, vgl. ferner: Re Anglo Spanish Tartar Refineries Ltd [1924] WN 222. 943 Souvereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 QB 573 (582 f.); Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (406,409); Re Hellenic Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (125), Re Hawk Insurance Co Ltd. [2001] 2 B.C.L.C. 480 (509); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (657).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

(,interests‘) derjenigen Gesellschafter, die dem Beschluss auf der Gesellschafterversammlung nicht zugestimmt haben, eine unabhängige Betrachtung (,consideration‘) erfahren.944 Die bei der Einteilung und Einberufung von class meetings unberücksichtigt gebliebenen Interessen der Aktionäre stehen insofern nunmehr im Vordergrund der richterlichen Würdigung.945 Im Rahmen dessen kommt den Gerichten ein unbeschränkter Ermessensspielraum (,unfettered discretion‘) zu, der ihnen die Möglichkeit einräumt, unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls frei über die Genehmigung des Vorhabens zu entscheiden.946 Das Gericht ist dementsprechend auch nicht an die Mehrheitsentscheidung der Gesellschafterversammlung gebunden, selbst dann nicht, wenn alle Gesetzesvorgaben gewahrt wurden.947 Wie bereits im Rahmen der Klasseneinteilung und der Abgrenzung zum Übernahmeverfahren nach Part 28 CA 2006 angeführt, wird in dieser Entscheidungskompetenz des Gerichts das Kernelement des Minderheitenschutzes gesehen.948 Entsprechend der Prüfungsvorgabe von Buckley hat das Gericht auf der zweiten Prüfungsebene zu überprüfen, ob die jeweilige Aktionärsklasse durch die am class meeting Anwesenden fair repräsentiert wurde, die Mehrheit bona fide gehandelt und die Minderheit nicht unterdrückt hat, indem sie Interessen verfolgte, die im Widerspruch zu denen der Aktionärsklasse stehen, der sie angehört. (a) Fair representation Gegenstand des fair representation Tests ist die Frage, ob die bei Beschlussfassung anwesenden Stimmberechtigten die Aktionäre der gesamten Aktionärsklasse verhältnismäßig repräsentiert haben. Die Verweigerung der Genehmigung wäre daher denkbar, wenn nur ein sehr niedriger Prozentsatz der teilnahmeberechtigten Aktionäre an der Versammlung teilgenommen hätte. Abzustellen ist jedoch nicht auf die Anzahl der Aktionäre, sondern auf die Anzahl der gehaltenen Anteile, d. h. auf das prozentuale Verhältnis der auf der Versammlung vertretenen und der insgesamt an der Gesellschaft gehaltenen Anteile der relevanten Aktionärsklasse.949 Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der regelmäßigen Präsenz von Mehrheitsgesellschaftern auf Gesellschafterversammlungen, die einen Großteil der aus944 Re Hawk Insurance Co Ltd. [2001] 2 B.C.L.C. 480 (509); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (657). 945 Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614 (625); Re Hellenic & General Trust Ltd [1975] 3 All E.R. 382; Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (682); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (19). 946 Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (676, 680); [2000] 1 B.C.L.C. 740 (747); RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (319 f.). 947 Buckley, on the Companies Act (13. Auflage, 1957), S. 409; Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (680). 948 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (749); Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (519). 949 Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451).

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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gegebenen Anteile halten, ist ein Scheitern der Genehmigung auf dieser Grundlage daher eher unwahrscheinlich. Dies bestätigt auch die Entscheidung in Re British Aviation Insurance Co Ltd950 zu der Frage der fairen Repräsentation einer Gläubigerversammlung, auf die grundsätzlich der gleiche Prüfungsmaßstab Anwendung findet. Widersprechende Gläubiger hatten eingewandt, der Anteil der anwesenden Gläubiger habe nur 0,44 % aller Gläubiger der Gesellschaft betragen. Das Gericht korrigierte die Berechnungsgrundlage zunächst um die nichtstimmberechtigten Gläubiger, so dass die Anwesenden 15 % aller stimmberechtigten Gläubiger ausmachten. Im Anschluss daran stellte das Gericht fest, dass diese insgesamt 50 % des Wertes aller Ansprüche gegen die Gesellschaft präsentierten und führte darüber hinaus aus, dass eine geringe Beteiligung – selbst unter Zugrundelegung des zahlenmäßigen Prozentsatzes von 15 % – für sich genommen kein Grund darstelle, um eine Genehmigung zu verweigern.951 Tatsächlich ist dem Verfasser auch keine Entscheidung bekannt, in der die Genehmigung eines schemes an diesem Prüfungskriterium je gescheitert ist. Die Gerichte begnügen sich in der Regel vielmehr mit der bloßen Feststellung, dass keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine faire Repräsentation in Frage stellen könnten.952 Aus Sicht des Verfassers kommt diesem Prüfungskriterium daher keine eigenständige Bedeutung mehr zu, sondern es führt lediglich zu einer intensiveren Prüfung der Interessenswahrung bzw. der Fairness des schemes. Diese Annahme findet auch Bestätigung in der englischen Rechtsprechung: „However, the size of the turnout is relevant in considering whether the result of the vote could have been affected by collateral factors affecting some members of the class. Consequently, the size of the turnout must be viewed in the context of the submissions about special interests [of the majority voting in favour of the scheme].“953

(b) Voting bona fides Daran anknüpfend kann das Gericht die Genehmigung verweigern, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass die Mehrheit nicht bona fide, sondern zur Verfolgung eigener, denen der Aktionärsklasse gegenläufigen Interessen gehandelt hat. Wie der Definition von Buckley bereits zu entnehmen ist, endet die Prüfungskompetenz des Gerichts allerdings nicht bei der bloßen Feststellung, dass die Mehrheit ihre Stimmrechtsmacht bona fide ausgeübt hat. Denn wie bereits im

950

[2006] 1 B.C.L.C. 665. Re British Aviation Insurance Co [2006] 1 B.C.L.C. 665 (695 f.). 952 Re Waste Recycling Group Plc [2004] B.C.C. 328 (333); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451). 953 Re British Aviation Insurance Co [2006] 1 B.C.L.C. 665 (696); siehe auch: Re Dorman, Long and Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (669). 951

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Rahmen der Stimmrechtsbegrenzung dargelegt wurde,954 ist damit grundsätzlich nur die Verpflichtung der Mehrheit gemeint, ihre Macht nicht zur Durchsetzung von Interessen zu missbrauchen, die dem Wohl der Gesellschaft widersprechen. Im Rahmen der Genehmigung von schemes of arrangements haben die Gerichte aber darüber hinausgehend sicherzustellen, dass die Mehrheitsmacht nicht zur Verfolgung von Interessen ausgenutzt wurde, die den Interessen ihrer Aktionärsklasse widersprechen bzw. sie zulasten der Interessen der Minderheit missbraucht wurde.955 In anderen Worten muss die Macht der Mehrheit, die Minderheit zu binden, so ausgeübt werden, dass sie zum Wohl der gesamten Aktionärsklasse und nicht nur zum Wohl einzelner Gesellschafter erfolgt.956 Der bona fide-Grundsatz wird insofern auf die speziellen Interessen der jeweiligen Aktionärsklasse957 bzw. auf die dargelegten958 Grundsätze des fraud on the minority ausgeweitet.959 Ein so definierter Stimmrechtsmissbrauch ist allerdings nicht bereits dann zu bejahen, wenn die widersprechende Minderheit lediglich eine andere Meinung über den scheme vertritt oder der Beschluss dem Interesse einzelner Aktionäre zuwiderläuft. In diesem Fall gilt weiterhin uneingeschränkt das Mehrheitsprinzip, so dass der Minderheit kein Vetorecht eingeräumt wird.960 Die Mehrheit darf insofern auch eigene Interessen bei der Ausübung ihres Stimmrechts verfolgen. Sie ist lediglich gehalten, ihre eigenen Interessen als Aktionär der Aktionärsklasse bzw. der Gesellschaft und keine außerhalb dieser liegenden (,collateral interests‘) mit ihrer Stimmrechtsmacht durchzusetzen. Letzteres wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Gesellschafter, der über einen ausschlaggebenden Aktienbesitz verfügt, für seine Zustimmung nicht offengelegte Geldzahlungen erhält.961 Ob die Ausübung der Stimmrechtsmacht die Grenzen des Mehrheitsprinzips überschreitet, bleibt somit eine Frage des Einzelfalls, die anhand eines Vergleiches zwischen den von der Mehrheit verfolgten Interessen und denen eines durchschnittlich unabhängigen und objektiven Gesellschafters der entsprechenden Aktionärsklasse zu beurteilen ist.962 Weichen diese voneinander ab, kann das Gericht die 954 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkung durch die Grundsätze des Equity Law, Teil 3 F. III. 5. b) bb) (1). 955 Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd, 1900] All E.R. 746 (749); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675; [2000] 1 B.C.L.C. 740 (748); Re Allied Domecq Plc [2000] 1 B.C.L.C. 134 (142). 956 Re Holders Investment Trust Ltd [1971] 1 W.L.R. 583 f. 957 Re Hellenic & General Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (130). 958 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkung durch die Grundsätze des Equity Law, Teil 3 F. III. 5. b) bb) (2). 959 Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch 656 (671); Palmer’s-Morse, Rn. 12068. 960 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (18 f.); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451). 961 Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Railway Co [1891] 1 Ch 213 (244); British American Nickel Corporation Ltd v M J O’Brien Ltd [1927] A.C. 369 f. 962 Re BTR Plc [2000] 2 B.C.L.C. 740 (747); Re Hawk Insurance [2002] B.C.C.300 (304); [2001] 2 B.C.L.C. 480; Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (683).

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Stimmen der betroffenen Gesellschafter unberücksichtigt lassen und im Falle einer dann fehlenden Beschlussmehrheit die Genehmigung verweigern, wenn es dies unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Einzelfalls für angemessen erachtet.963 Folglich ist es Aufgabe des Gerichts im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf der einen Seite die Minderheit vor einer Unterdrückung (,oppression‘) durch die Mehrheit zu schützen.964 Auf der anderen Seite darf das Gericht seine Prüfungskompetenz aber nicht soweit ausüben, dass es zu einem Instrument der Minderheit wird, mittels dessen diese die Wünsche der Mehrheit frustrieren können.965 Diesen Interessensausgleich zu wahren, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Genehmigung von schemes of arrangements.966 In Re BTR Plc967 vertraten die widersprechenden Aktionäre die Ansicht, der chairman hätte die ihm von Aktionären eingeräumten Stimmrechtsvollmachten nicht ausüben dürfen, da dieser als vorsitzender Direktor von BTR Plc ein Interesse an der Genehmigung des schemes gehabt habe und insofern bei der Abstimmung einem Interessenskonflikt ausgesetzt gewesen sei. Das Gericht verwarf den Einwand jedoch mit der Begründung, dass keine konkreten Anhaltspunkte bestünden, die einen derartigen Rückschluss zuließen. In Re Linton Park Plc968 machten widersprechende Aktionäre der im Wege eines Anteilstausches zu übertragenden Gesellschaft geltend, deren Großaktionär „Alcatel“ würde außerhalb seiner Aktionärsstellung liegende Interessen verfolgen, da Alcatel zugleich eine noch größere Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft halte. Das Gericht erkannte dies zwar als schwerwiegenden Einwand (,serious allegation‘) an, verlangte jedoch einen stichhaltigen Nachweis (,cogent and strong evidence‘). Die Behauptung des widersprechenden Aktionärs, der vorsitzende Direktor von Alcatel habe ihm gesagt, er befürworte zwar die Übernahme, befände sich aber aufgrund der größeren Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft in einem Interessenskonflikt, genügte dem Gericht nicht.969 In Re Hellenic & General Trust Ltd erkannte das Gericht es als erwiesen an, dass der Großaktionär der übertragenden Gesellschaft als 100 %ige Tochtergesellschaft der übernehmenden Gesellschaft zwar eine eigenständige Rechtspersönlichkeit innehabe, jedoch dem Willen der übernehmenden Gesellschaft unterliege und diese

963

Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20). Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (748). 965 Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (509/519); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (680). 966 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (748). 967 [1999] 2 B.C.L.C. 675 (684). 968 [2008] B.C.C. 17. 969 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (18). 964

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

somit vorrangig die Interessen des Käufers, nicht aber die der Aktionäre der verkaufenden Gesellschaft verfolgte.970 In Re British Aviation Insurance971 wurde in der gemeinsamen Gläubigerversammlung mit der erforderlichen Mehrheit Beschluss über einen scheme zur Schuldenumstrukturierung der Versicherungsgesellschaft gefasst, demzufolge alle Versicherungsnehmer gegen Zahlung einer Abfindung auf die Geltendmachung zukünftiger Ansprüche gegen die Gesellschaft als Versicherer verzichten sollten. Das Gericht erkannte den Einwand an, dass die Rückversicherer der Gesellschaft, die zugleich auch Gläubiger der Gesellschaft waren, andere Interessen verfolgten als die reinen Versicherungsnehmer, da erstere mit Aufhebung der Ansprüche gegen die Gesellschaft zugleich von ihren eigenen Haftungsrisiken als Rückversicherer befreit wurden. In der weit überwiegenden Mehrzahl von Genehmigungsverfahren beschränken sich die Gerichte jedoch auf die bloße Feststellung, dass keine substantiierten Einwände oder Bedenken diesbezüglich vorliegen.972 Aus Sicht des Verfassers liegt dies in der gängigen Gerichtspraxis begründet, wonach eindeutige Mehrheitsbeschlüsse eine Indizwirkung für eine faire Interessenswahrnehmung in sich tragen973 und es den widersprechenden Aktionären obliegt, diese durch eine stichhaltige Beweisführung zu entkräften. Da es sich aber bei Interessenskonflikten vorrangig um subjektive Motive der Gesellschafter handelt, die nur schwer objektivierbar sind, wird ein „stichhaltiger“ Nachweis in der Regel nur schwer beizubringen sein. Die Entscheidung in Re Helenic & General Trust stellt insofern eine einmalige Ausnahme dar.974 Abstellend auf die viel zitierte Entscheidung in Re BTR Plc dürfte eine bloße Mehrheitsbeteiligung der aufnehmenden Gesellschaft an der übertragenden oder anderweitige gegenseitige Beteiligungsverhältnisse ohne Hinzutreten weiterer Umstände jedenfalls nicht als Nachweis einer unzulässigen Interessensverfolgen ausreichen, um eine Genehmigung der Verschmelzung zu verhindern. (3) Dritte Prüfungsebene: Fairness of the scheme Während auf der zweiten Prüfungsebene die Wahrung der Interessen aller Beteiligten mit Blick auf die Beteiligtenstrukturen den Prüfungsgegenstand bildet, steht auf der dritten Prüfungsebene die Interessenswahrung im Lichte der inhaltlichen 970 Re Hellenic & General Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (125 f.), allerdings nahm das Gericht diesen Interessenskonflikt zum Anlass, zwei gesonderte class meetings zu verlangen, was wiederum von allen nachfolgenden Entscheidungen ausdrücklich abgelehnt wurde, vgl. die Ausführungen übr die Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 2. a) aa) (1). 971 Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (696 f.). 972 MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (686 f.); Re Waste Recycling Group Plc [2004] B.C.C.328 (329/333); Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (21); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (451). 973 Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (333); Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (337). 974 Hannigan, Company Law, S. 776.

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Regelung des schemes im Vordergrund. Gemäß der Vorgabe von Buckley hat das Gericht danach sicherzustellen, dass die vorgesehenen Regelungen insgesamt angemessen (,fair‘) sind und die Minderheit nicht unangemessen benachteiligt wird.975 Im Rahmen der Überprüfung ist jedoch nicht auf die individuellen Interessen aller Beteiligten abzustellen,976 sondern darauf, ob ein intelligenter und ehrlicher Gesellschafter der betreffenden Aktionärsklasse, der auf seine eigenen Interessen bedacht ist, dem scheme vernünftigerweise zustimmen würde.977 Das Gericht berücksichtigt dabei den gesamten kommerziellen und faktischen Inhalt der Beschlussvorlage sowie dessen Auswirkungen auf die Beteiligten,978 wobei der kommerziellen Beurteilung der Direktoren und Beratern ein gesteigertes Maß an Glaubwürdigkeit (,credence‘) eingeräumt wird.979 Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, ein von widersprechenden Aktionären oder Dritten980 geltend gemachter Einwand könnte einen vernünftigen Gesellschafter veranlassen, der Beschlussvorlage nicht zuzustimmen,981 kann das Gericht selbst dann die Genehmigung verweigern, wenn alle übrigen Anforderungen erfüllt sind.982 Ein festumschriebener Begriff der Unfairness existiert im Common Law allerdings nicht. Es obliegt den Gerichten vielmehr, im Rahmen ihrer richterlichen Würdigung der inhaltlichen Regelungen und der Gesamtumständen des Einzelfalls eine Interessensabwägung vorzunehmen. In Re Sussex Brick983 betonte das Gericht allerdings, dass grundsätzlich hohe Anforderungen an den Einwand der Unfairness zu stellen sind. Darin heißt es wörtlich: „A scheme must be obviously unfair, patently unfair, unfair to the meanest intelligence. It must be affirmatively established that, notwithstanding the view of the majority, the scheme is unfair, and that is a different thing from saying that it must be established that the scheme is 975 Buckley, on the Companies Act (13. Aufl. 1957), S. 409; Sovereign Life Assurance Co v Dodd [1892] 2 Q.B. 573 (582 f.); MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (688); Re Telewest Communications Plc (No 1) [2005] B.C.C. 29 (33 f.). 976 Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (37). 977 Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Railway Co [1891] 1 Ch 213 (244); Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (396); Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819; Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C. 182; Re BTR Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 675. 978 Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307. Re Telewest Communications Plc [2005] B.C.C. 29 (32). 979 Re AXA Equity and Law Life Assurance Society Plc [2001] 2 B.C.L.C. 447; Re Allied Domecq Plc [200] B.C.C. 582 (588). 980 Palmer’s-Morse, Rn. 12.028. 981 Re Alabama, New Orleans, Texas and Pacific Junction Railway Co [1891] 1 Ch 213 (244); Re English, Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (396); Re National Bank Ltd [1966] 1 W.L.R. 819; Re Osiris Insurance Ltd [1999] 1 B.C.L.C. 182; Re BTR Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 675. 982 Re N.F.U. Development Trust Ltd [1972] 1 W.L.R. 1548 (1554). 983 Re Sussex Brick [1961] Ch 289 (293).

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not very fair: A scheme has to be shown affirmatively, patently, obviously and convincingly to be unfair.“

Es genügt dementsprechend nicht, wenn der scheme Regelungen beinhaltet, die aus Sicht des Gerichts fragwürdig oder kritisierbar sind.984 Die Gerichte stellen vielmehr darauf ab, dass es wie im alltäglichen Leben immer unterschiedliche Auffassungen geben wird und es gerade dem Grundgedanken des Mehrheitsprinzips entspricht, die Ansicht der Mehrheit als die zutreffende anzuerkennen.985 Insbesondere im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit des schemes zeigen sich die Gerichte daher sehr zurückhaltend, in die Mehrheitsentscheidung einzugreifen.986 Ihrer Auffassung zufolge besteht die den Vorschriften des Part 26 Companies Act zugrundeliegende Philosophie gerade darin, dass die Gesellschafter besser als die Gerichte entscheiden können, was in ihrem besten finanziellen Interesse liegt,987 und dass die Vorschriften im Übrigen auch ausreichend Sicherheit für Minderheiten bereitstellen, indem sie ein doppeltes Mehrheitserfordernis verlangen.988 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Gerichte auch diesbezüglich eine hohe Beschlussmehrheit als Indiz für die Gerechtigkeit des zu genehmigenden scheme werten,989 sofern die Gesellschafter auf der Grundlage ausreichender Information und Zeit zur Entscheidungsfindung ehrlich – d. h. aus Sicht eines Gesellschafters der betroffenen Aktionärsklasse – handelten und kein sog. ,blot‘ im scheme feststellbar ist.990 Mit blot wird allgemein ein Fehler oder Irrtum in der Beschlussvorlage bezeichnet, der erst nach der Beschlussfassung aufgedeckt wurde.991 Andernfalls bedarf es sehr gewichtiger Gründe (,very strong grounds‘), um ein Einschreiten der Gerichte gegen den Mehrheitsentscheid zu rechtfertigen.992 984

(33).

Re Sussex Brick [1961] Ch 289 (291); Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17

985 Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (31); Re Equitable Life Assurance [2002] B.C.C. 319 (351); Re Scottish Lion Insurance Ltd (No 2) [2010] S. L.T. 459 (462); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (18/20 f.). 986 Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (684), Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (21). 987 Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 ( 409). 988 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20 f.). 989 Re Hiare & Co Ltd [1933] 150 L.T. 374 (375); Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (31); Re MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (686 f.); RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (330); Re Equitable Life Assurance (No 1) [2002] B.C.C. 319 (320 f.), (No 2) [2002] B.C.C. 319 (353); Re Waste Recycling Plc [2004] B.C.C. 329 (333). 990 Re Empire Mining Co [1890] 44 ChD 402 (411); Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (409); Carruth v Imperial Chemical Industries (ICI) [1937] A.C. 707 (769); Re Holders Investment Trust Ltd [1971 1 W.L.R. 583; Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (344); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] B.C.L.C. 665 (684 f.). 991 Re Equitable Life Assurance Society (No 2) [2002] B.C.C. 319 (350). 992 Re Hiare & Co Ltd [1933] 150 L.T. 374 (375); Re Grison, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (31).

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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Die diesbezüglichen Argumente widersprechender Aktionäre (oder Gläubiger) beziehen sich in der Regel auf die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bzw. der Barabfindung sowie auf die diesen zugrundeliegenden Bewertungen. Zur Veranschaulichung der richterlichen Handhabung werden im Folgenden einzelne Gerichtsentscheidungen kurz dargestellt. (a) Bewertungsbezogene Einwände – Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses In Re Linton Park Plc993 waren Minderheitsaktionäre der Ansicht, dass das Umtauschangebot unterhalb des Buchwerts (,net asset value‘) läge, ihre Anteile somit unterbewertet seien und das Umtauschverhältnis damit unangemessen wäre. Unter Bezugnahme auf die im Urteil nicht näher dargelegten Nachweise lehnte das Gericht den Einwand mit der Begründung ab, die Berater der Gesellschaften (,adviser‘) hätten entgegen der Behauptungen sehr wohl die Buchwerte beider Gesellschaften berücksichtigt und wären nach nochmaliger Überprüfung erneut zu dem Ergebnis gekommen, dass der jeweilige Aktienwert (,share price‘) der beiden Gesellschaften in ungefähr gleichem Maße unterhalb des Buchwerts angesetzt war („traded at a roughly equal discount to net asset value“). Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen vertretbar seien, die Frage, ob der Preis für die Anteile angemessen sei, aber letztendlich von den Aktionären besser beurteilt werden könne. In Re Hellenic & General Trust994 wurden zum einen die Unangemessenheit der Barabfindung und zum anderen der persönliche Steuernachteil angeführt, der im Falle des mit Mehrheitsbeschluss durchgesetzten Verkaufs der Anteile beim widersprechenden Aktionär entstehen würde. Im Unterschied zu Linton Park Plc erklärte das Gericht ausdrücklich, warum es das Abfindungsangebot für extrem fair hielt. Danach würden Aktien von Investment Trust Gesellschaften wie der übertragenden Gesellschaft grundsätzlich 20 – 25 % unterhalb des Buchwerts an der Börse gehandelt. Der angebotene Abfindungspreis läge daher, wenn er denn tatsächlich dem wahren Buchwert entspreche, 20 – 25 % über dem, was die Gesellschafter andernfalls auf dem Markt erhalten könnten.995 Der Einwand der Aktionäre, das Angebot erfolge zu einem Zeitpunkt, zu dem die Vermögenswerte (,assets value‘) und der Wert des Sterlings drastisch gefallen seien und nicht davon auszugehen sei, dass sich beide in naher Zukunft wieder erholen würden, verwarf das Gericht ebenso wie den Einwand, der wahre Wert der Investitionen der Aktionäre könne nur durch das Halten der Aktien der Investment Trust Gesellschaft gewahrt werden, da diese über ein substanzielles Portfolio an Auslandsbeteiligungen verfüge. Das Gericht führte zur Begründung an, die Gesellschaft habe überwiegend in Geld- und Börsenwerte investiert, so dass jeder Aktionär, der derzeit Anteile an der 993 994 995

Re Linton Park Plc [2005] B.C.C. 17 (20 f.). Re Hellenic & Genral Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123. Re Hellenic & Genral Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (129).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Gesellschaft halte, – unbeachtlich von Börsen- und Währungskursen – auf deren aktuelles Management vertraue. Kein Aktionär habe aber vorgetragen, dass er dieses andere Management bevorzuge und dementsprechend könne jeder Aktionär mit seiner Barabfindung nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung seiner eigenen Einschätzungen von jeglichen Kurs- und Wertentwicklungen sein Geld anlegen. Das Argument, die Investition in diese bestimmte Gesellschaft sei gerade wegen deren ausländischen Portfolioanteils so vorteilhaft, lehnte das Gericht wegen des tatsächlich geringen ausländischen Investitionsanteils von nur 9 % ab. Entgegen der nachfolgend dargestellten Entscheidungen in Re Holders Investment Trust Ltd und Grierson, Oldham & Adam Ltd erkannte das Gericht aber für Recht an, dass die erhebliche steuerrechtliche Benachteiligung des Minderheitsaktionärs durch die bei Veräußerung der Anteile anfallende Kapitalertragssteuer eine ungerechtfertigte Benachteiligung darstelle und bei der Fairnessprüfung zu berücksichtigen sei. Auch in dieser Hinsicht ist die Entscheidung allerdings einmalig, da individuelle Aktionärsinteressen ansonsten grundsätzlich unberücksichtigt bleiben.996 In Re Grierson, Oldham & Adams Ltd997 war den Aktionären der übertragenden Gesellschaft im Rahmen einer Übernahme (,takeover‘)998 eine Barabfindung angeboten worden, die dem durchschnittlichen Börsenwert am 14. und 23. September 1965 entsprach. Das Angebot wurde am 24. September 1965 veröffentlicht. Die widersprechenden Aktionäre wandten ein, der Preis sei unangemessen, da der Börsenwert in den letzten Jahren stets darüber gelegen habe, der Markt aber derzeit insgesamt unterbewertet sei und zudem die am selben Tag der Angebotsveröffentlichung bekanntgegebenen guten Quartalszahlen der Gesellschaft nicht mehr in den Börsenpreis einfließen konnten, diese aber eine höhere Bewertung der Gesellschaft und Anteile rechtfertigen würden. Ferner wären auch die Vorteile der vollständigen Unternehmenskontrolle nicht eingepreist worden. Einwände wurden auch in Bezug auf einzelne Bewertungsaspekte, wie zum Beispiel die Nichtberücksichtigung der hohen stillen Reserven des Unternehmens, eingelegt. Die Minderheitsaktionäre machten ferner geltend, sie hätten die Aktien ursprünglich zu einem höheren Preis erworben und würden nunmehr einen nicht unbeachtlichen Verlust davontragen. Das Gericht ließ alle Einwände im Anhörungstermin zu, lehnte sie jedoch im Ergebnis mit teils umfassenden Ausführungen als unbegründet ab. Es führte aus, der Börsenwert stelle bei share deals anders als bei assets deals einen widerlegbaren Beweis für den wahren Wert der Gesellschaftsanteile da.999 Als Referenzzeitraum sei nur der Zeitraum maßgebend, in dem das Angebot gemacht werde, dies sei hier der Monat 996

Re Hellenic & Genral Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (130 f.). Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17. 998 Die Entscheidung betraf zwar die Fairness eines Übernahmeangebots i.S.d. Part 28 CA 2006 (,takeover panel‘), im Common Law ist aber anerkannt, dass der Fairnesstest mit Ausnahme der Beweislastverteilung auch bei schemes of arrangements nach Part 26 CA 2006 derselbe ist, vgl. Re Hellenic & General Trust [1976] 1 W.L.R. 123 (131). 999 Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (32), so auch: Re Press Caps Ltd [1949] Ch 434 (447). 997

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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September gewesen. Auf den Börsenkurs vor diesem Zeitraum, insbesondere auf den der Vorjahre, käme es hingegen nicht an. Der Börsenkurs sei auch trotz der zeitgleichen Veröffentlichung der guten Quartalszahlen repräsentativ, da der Markt in der anschließenden Annahmefrist von drei Wochen die Möglichkeit hatte, auf die neuen Zahlen zu reagieren, was er aber nicht getan habe. Die übrigen Bewertungseinwände wies das Gericht allerdings ohne detaillierte Begründung als unbegründet zurück.1000 Interessant ist ferner die ablehnende Begründung hinsichtlich des Einwands der fehlenden Einpreisung der erhaltenen Unternehmenskontrolle. Aus Sicht des Gerichts begründet der Erhalt der Unternehmenskontrolle nur einen Grund für den vormals kontrollierenden Mehrheitsgesellschafter eine höhere Abfindung zu erhalten, nicht jedoch für die Minderheitsgesellschafter, die keine Kontrollaktien halten. Denn nach den Ausführungen des Gerichts ist jedem Aktionär nur der Wert der von ihm gehaltenen Anteile zu zahlen. Dieser sei aber auch nur anhand dieses Anteils und nicht anhand einer Bewertungsmethode zu bestimmen, auf Grundlage derer der gesamte Unternehmenswert auf alle Anteile gleichermaßen aufgeteilt wird.1001 Entgegen der Entscheidung in Re Hellenic General Trust lehnte das Gericht ferner eine Berücksichtigung der steuerrechtlichen Nachteile des Aktionärs mit der Begründung ab, die Frage der Fairness sei ohne Bezugnahme auf die spezifischen Umstände des einzelnen Aktionärs zu beantworten.1002 In der häufig von den Gerichten zitierten Entscheidung Re Dorman Long & Co Ltd bezog sich die Bewertungsrüge auf eine Unternehmensübertragung, die im Wege eines asset deals vollzogen werden sollte, im Rahmen dessen die Unternehmensbewertung auf der Grundlage zukünftig zu erwartender Ertragswerte vorgenommen wurde. Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft machten zum einen geltend, die Vermögenswerte der übernehmenden Gesellschaft seien zu hoch angesetzt, da die Bewertung auf die außergewöhnlich guten Ertragswerte von 1929 abstellte und eine Wiederholung im Jahre 1934 nicht zu erwarten sei. Das Gericht sprach sich zwar aufgrund der knappen Mehrheitsentscheidung für eine sorgfältige Prüfung aus,1003 mit Verweis auf die schlechten Jahre in 1931/1932 hielt das Gericht die Annahme steigender Erträge aber für nicht unrealistisch und betonte, dass Geschäftsleute (,ordinary businessman‘) auch hoffnungsvolle Erwartungen verfolgen dürften.1004

1000

Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (34 f.). Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (34 f.), so auch Short v Treasury Commissioners [1948] K.B. 116 f. 1002 Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (37). 1003 Re Dorman, Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (669). 1004 Re Dorman, Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (679). 1001

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Schlussendlich verweigerte das Gericht in Re N.F.U. Development Trust Ltd1005 die Genehmigung aufgrund des Einwands der Minderheitsaktionäre, der scheme sähe einen Verlust der Mitgliedschaft und aller damit verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte vor, ohne aber zugleich eine Kompensation für den Verlust bereitzustellen. (b) Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot Die Gerichte lassen grundsätzlich auch Einwände zu, die einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot rügen. Wie bereits im Rahmen der Stimmrechtsbeschränkung ausgeführt, können ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen nur zwischen Gesellschaftern derselben Aktionärsklasse begründet sein, soweit die Aktionärsklassen ordnungsgemäß zugeteilt wurden.1006 Dies betonte das Gericht insbesondere in Re Grierson, Oldham & Adams Ltd hinsichtlich des Einwands der ungleichen Höhe der Abfindung von ordinary und prefererance shareholders. Bei der Fairnesskontrolle ginge es demnach nicht darum, ob eine Aktionärsklasse großzügiger als die andere, sondern darum, ob die jeweilige Klasse für sich genommen angemessen behandelt wird. Eine großzügigere Behandlung der einen begründet daher nicht notwendiger Weise eine unfaire der anderen.1007 Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes bzw. der Rechtfertigungsmöglichkeiten vertreten die Gerichte zudem die Auffassung, dass die Einräumung von Sondervorteilen an Aktionäre an sich nicht Gegenstand der richterlichen Würdigung sei, solange die Vorteile nicht solche sind, die einen gewöhnlichen Geschäftsmann (,ordinary businessman‘) von der Zustimmung zum scheme abhalten würden.1008 Dementsprechend befand das Gericht in Re Dorman Long & Co. Ltd1009, dass die den Banken anstelle ihrer ordinary shares an der übertragenden Gesellschaft eingeräumten Vorzugsaktien an der übernehmenden Gesellschaft gerechtfertigt seien, da diese zugleich als Hauptgläubiger der übertragenden zahlungsunfähigen Gesellschaft es in der Hand hielten, die Insolvenz der Gesellschaft durch Einforderung der nicht bedienten Kredite herbeizuführen. Da die Insolvenz die einzige – für alle anderen Aktionäre jedoch nachteilhaftere – Alternative zum scheme gewesen wäre, hätte ein gewöhnlicher Aktionär dem scheme trotz der Sondervorteile für Banken zugestimmt.

1005

[1972] 1 W.L.R. 1548 (1554 f.). Vgl. Die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkungen im Rahmen der Beschlussfassung auf der Gesellschafterversammlung, Teil 3 F. III. 5. a). 1007 Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] 1 Ch 17 (38). 1008 Re Dorman, Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (673); Re RAC Motoring Services [2000] 1 B.C.L.C. 307 (320/324); Re Allied Domecq Plc [2002] B.C.C. 582 (589); Re Telewest Communications Plc [2005] B.C.C. 29 (33 f.). 1009 Re Dorman, Long & Co Ltd [1934] 1 Ch 635 (673). 1006

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bb) Entscheidungspraxis und Entscheidungsermessen der Gerichte Die Auswertung von Gerichtsentscheidungen hat insoweit gezeigt, dass die Gerichte eine Vielzahl von Einwänden zwar im Genehmigungsverfahren zulassen, in den überwiegenden Genehmigungsverfahren beschränken sich die Gerichte jedoch auf die Feststellung, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten, die Zustimmung der Gesellschafter (oder Gläubigern) mit eindeutiger Mehrheit erfolgt ist und keine oder keine substantiierten Einwände gegen die Angemessenheit des schemes bestehen.1010 Die dargestellten Entscheidungen stellen daher hinsichtlich der Ausführlichkeit der Beschlussbegründung eher die Ausnahme dar. Dabei hat sich gezeigt, dass das doppelte Mehrheitserfordernis, die Indizwirkung der Mehrheitsentscheidung für eine angemessene Beschlussvorlage und die Beweislast der widersprechenden Aktionäre in der Regel einem erfolgreichen Ablehnungsgesuch entgegenstehen. Im Gegensatz zur ersten Prüfungsebene obliegt es im Übrigen dem freien Ermessen des Gerichts, ob es die auf der zweiten und dritten Prüfungsebene vorgetragenen Einwände für ausreichend erachtet, um die Genehmigung zu verweigern.1011 Nach den Grundsätzen des Common Laws steht es dem Gericht daher frei, zu entscheiden, ob es einzelne Stimmabgaben nur unberücksichtigt lässt,1012 Auflagen bestimmt1013 oder die Genehmigung abschließend verweigert.1014 Im letzteren Fall müsste der gesamte Informations-, Einberufungs- und Abstimmungsprozess wiederholt werden. Um den damit einhergehenden Kosten- und Zeitaufwand zu verhindern, kann das Gericht je nach Art und Schwere der Fehler – z. B. auch nur die Auflage erlassen, die Versammlung(en) ohne oder nur mit eingeschränkter Vorabinformation zu wiederholen. In diesem Fall bedarf es jedoch eines darauf gerichteten Antrags der Gesellschaft.1015 Die Grenze des Entscheidungsermessens bildet jedoch der Inhalt der Beschlussvorlage. Dem Gericht steht es daher nicht zu, die inhaltlichen

1010 Re Empire Mining Co [1890] 44 ChD 402 (411); Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385 (409); Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707 (769); Re Holders Investment Trust Ltd [1971] 1 W.L.R. 583; Re MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684 (688 f.); Re Heron International NV [1994] 1 B.C.LC. 667; Re Allied Domecq Plc [2000] B.C.C.582 (591); Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675 (684); [2000] 740 (741); Re RAC Motoring Services [2000] 1 B.C.L.C. 307 (320); Re Equitable Life Assurance (No 2) [2002] B.C.C. 319 (353 f.); Re Waste Recycling Plc [2004] B.C.C. 329 (333); Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 17 (21); Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445 (452). 1011 Re BTR [2000] 1 B.C.L.C. 740 (745); Re RAC Motoring Services Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 307 (319 f.); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20). 1012 Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20). 1013 Re Dorman Long and Co Ltd [1934] Ch 635. 1014 Re N.F.U.Development Trust Ltd.[1972] 1W.L.R. 1548 (1555); Re Hellenic & General Trust Ltd [1976] 1 W.L.R. 123 (131). 1015 Re Dorman Long and Co Ltd [1934] Ch 635 (675/678 f.).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Regelungen des schemes ohne erneute Zustimmung der Gesellschafter zu korrigieren.1016 cc) Anwendbarkeit der Prüfungsmaßstäbe auf das Vorabbescheinigungsverfahren Nachdem die Prüfungsgrundsätze des Common Laws zu dem Genehmigungsverfahren bei allgemeinen schemes of arrangements i.S.d. section 899 CA 2006 dargestellt wurden, stellt sich nunmehr die Frage, ob diese auch auf das Vorabbescheinigungsverfahren bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anwendbar sind. Für die Genehmigung nationaler Verschmelzungen i.S.d. sections 904 ff. CA 2006 ist dies allgemein anerkannt.1017 Allerdings hat der Gesetzgeber in section 903 (1) CA 2006 die Vorschrift section 899 CA 2006 auch explizit für anwendbar erklärt, so dass die von der Rechtsprechung für section 899 CA 2006 entwickelten Prüfungsgrundsätze notwendiger Weise auch bei nationalen Verschmelzungen gelten müssen. Ob die englischen Gerichte trotz der fehlenden Verweisung in den CR 2007 auf dieselben Prüfungsmaßstäbe zurückgreifen werden, ist damit also nicht gesagt. Einen Anhaltspunkt dafür bietet allerdings die Entscheidung des High Courts in der Rechtssache Re Oceanrose Investments,1018 die bisher die einzige gerichtliche Entscheidung zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen darstellt. In diesem Fall hatte das Gericht auf Antrag des einzigen Gesellschafters der englischen Gesellschaft über die Erteilung einer Vorabbescheinigung auf Grundlage von regulation 6 CR 2007 zu entscheiden. Richter D. Richards bestätigte das Vorliegen einer besonderen Rechtsfrage, die eine richterliche Entscheidung anstelle des Registers rechtfertigte und lehnte eine Bescheinigung des Vorliegens aller Verschmelzungsbescheinigungen ab. Hintergrund dessen war der gleichzeitige Antrag des Gesellschafters nach regulation 11 CR 2007, die Gesellschaft von der Abhaltung eines class meetings zu befreien. Zur Antragsbegründung führte dieser an, dass er als einziger Gesellschafter der Gesellschaft schriftlich der Verschmelzung zugestimmt habe und die Einberufung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung entbehrlich sei. Dabei stützte sich der Antragssteller auf Gerichtsentscheidungen, in denen schemes of arrangements nach section 899 CA 2006 bzw. section 425 CA 1985 genehmigt wurden, obwohl eine Aktionärsklasse kein class meeting abgehalten hatte. Die zitierten Entscheidungen unterschieden sich von der Ausgangslage in Re Oceanrose Investments allerdings dadurch, dass in ihrem Fall mehrere Gesellschafter existierten, die übrigen class meetings ordnungsgemäß durchgeführt wurden und die Abhaltung des meetings nur bei der einen class of members entbehrlich war, weil diese 1016

Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (527). Millet, The Encyclopaedia of Forms and Precedents, Bd. 11, Rn. 1832; Palmer’sMorse, Rn. 12096; 12099.9, 12099.43. 1018 Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947 (949 f.). 1017

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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nur aus einem member bestand. Auf diesen Unterschied und sowie insbesondere auf die abschließende Aufzählung der Entbehrlichkeitsgründe in regulation 13 CR 2007 stütze sich die ablehnende Entscheidung des Gerichts. Obwohl die Entscheidung keinen expliziten Bezug auf die Prüfungsintensität des Gerichts bei der Erteilung einer Vorabbescheinigung nimmt, kann ihr diesbezüglich dennoch zweierlei entnommen werden. Zum einen erstreckt sich die Prüfung nicht nur auf formelle, sondern auch auf materielle Rechtmäßigkeitsfragen, so dass die englischen Gerichte grundsätzlich auch im Rahmen von regulation 6 CR 2007 von einer formellen und materiellen Prüfungspflicht ausgehen. Zum anderen und für die Beantwortung der Frage nach dem konkreten Prüfungsmaßstab am entscheidensten, berücksichtigte das Gericht Gerichtsentscheidungen, die die Genehmigung von schemes of arrangements nach section 899 CA 2006 bzw. deren Vorgängervorschriften section 425 CA 1985 betrafen. Probleme, diese Rechtsprechung auch bei der Prüfung nach regulation 6 CR 2007 zu berücksichtigen, hat das Gericht offensichtlich nicht gesehen, was für eine Anwendbarkeit der Grundsätze spricht. Für eine entsprechende Anwendbarkeit sprechen ferner auch folgende Überlegungen. Regulation 13 CR 2007 sieht grundsätzlich eine Beschlussfassung in Form gesonderter class meetings vor. Da die CR 2007 keine weiteren Vorgaben über die Zusammensetzung und Einberufung der class meetings vorgeben, gelten – wie bereits ausgeführt1019 – die diesbezüglichen Regelungen des CA 2006. Wie die Einteilung in class meeting vorzunehmen ist, lassen diese offen. Die Rechtsprechung der englischen Gerichte hat aber entschieden, dass diesbezüglich ausschließlich die mit den Anteilen verbundenen Rechte maßgeblich sind und die einzelnen Interessen der Gesellschafter an dem Beschlussgegenstand unbeachtlich sind.1020 Für die Stimmrechtsausübung kann dies jedoch die Konsequenz haben, dass Mehrheitsgesellschafter ihre Stimme zur Verfolgung eigener, denen der Gesellschaft und den übrigen Gesellschaftern entgegenlaufenden Interessen ausüben. Dies gilt insbesondere im Falle einer Mehrheitsbeteiligung der aufnehmenden Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft.1021 Was aus deutscher Sicht nichts Ungewöhnliches darstellt, hat in der englischen Rechtsprechung zu section 899 CA 2006 eine erhebliche Bedeutung für die Begründung der Klasseneinteilung und der Prüfungsaufgabe des Gerichts. Denn die Außerachtlassung der Gesellschafterinteressen bei der Einteilung in class meetings wird gerade damit gerechtfertigt, dass diese im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung nach section 899 CA 2006 berücksichtigt

1019 1020

aa) (1). 1021

Vgl. die Ausführungen über die englische Regelungssystematik, Teil 3 A. III. Vgl. die Ausführungen über die Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 2. a) Re BTR [2000] 1 B.C.L.C. 740 (745 f.).

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

werden und somit ein Stimmrechtsmissbrauch des Mehrheitsgesellschafters zulasten der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter ausgeschlossen wird.1022 Wenn der englische Gesetzgeber bei der Konzeption der CR 2007 aber die Anwendung der allgemeinen Grundsätze über die Einteilung der class meetings bei der Einberufung der Gesellschafterversammlungen voraussetzt, muss damit notwendigerweise auch die Anwendung der Grundsätze der Rechtmäßigkeitsprüfung des Common Laws zu section 899 CA 2006 einhergehen. Andernfalls wäre die Außerachtlassung der Interessen der Gesellschafter bei der Klasseneinteilung nicht mehr gerechtfertigt. Da der Gesetzgeber aber keine entsprechende Prüfungsvorgabe in regulation 6 CR 2007 eingeführt hat, ist davon auszugehen, dass er die Grundsätze der Rechtmäßigkeitsprüfung des Common Laws vorausgesetzt hat. Im Übrigen spricht für eine Anwendung der gleichen Prüfungsmaßstäbe bei nationalen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen die vergleichbare Interessenslage. Denn in beiden Fällen wird mit Wirksamwerden der Verschmelzung – zumindest in Bezug auf die übertragende Gesellschaft – die unwiderrufliche Auflösung der Gesellschaft herbeigeführt und die Gesellschaft somit dem Rechtsverkehr entzogen. Gläubigern steht die Gesellschaft nicht mehr als (liquider) Schuldner zur Verfügung und die Gesellschafter verlieren ihr Investitionsobjekt sowie ihre Mitgliedschaftsrechte. Die Rechtmäßigkeitsprüfung des Gerichts dient daher in beiden Fällen als die dem Eintritt dieser Rechtsfolge vorgeschaltete letzte Kontrollinstanz und somit dem Schutz von Gesellschaftern und Gläubigern.1023 Während zum Schutz der Gläubiger aber eine explizite Sonderbestimmung mit para. 23 (4) CPR Pt. 49 A Practice Direction eingeführt wurde, fehlt es hingegen an einer Schutzbestimmung zugunsten von Gesellschaftern, wie sie zum Beispiel im deutschen Recht in § 16 Abs. 2 und 3 UmwG vorgesehen ist. Dies hat zur Konsequenz, dass im Falle einer bloßen Plausibilitätskontrolle der Einhaltung der Verfahrensvoraussetzungen kein Schutz der Aktionäre gegen Verschmelzungsbeschlüsse bestünde, die wegen gröbsten Stimmrechtsmissbräuchen des Mehrheitsgesellschafters, fehlleitenden Berichtsinformationen oder unfairen Verschmelzungsbedingungen im Verschmelzungsplan oder sonstigen Verletzungen der Aktionärsrechte unwirksam sind. Die betroffenen Aktionäre könnten das unwiderrufliche Wirksamwerden der Verschmelzung selbst dann nicht verhindern, wenn ihnen rechtlich die Möglichkeit zustünde, die auf den genannten Gründen beruhende Unwirksamkeit des Beschlusses auf dem Gerichtsweg geltend zu machen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des seitens des englischen Gesetzgebers angestrebten „light touch“ wäre es nur schwer nachvollziehbar, wenn 1022 Re Industrial Equity (Pacific) Ltd [1991] 2 H.K.L.R. 614: „The question of voting was determined by reference to rights of shareholders, „while leaving any conflict of interest which may result in a minority being over-awed or coerced to be dealt with by the courts when their sanction is sought.“; Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (747 f.); Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17 (20). 1023 Zur Schutzfunktion der Genehmigung des scheme of arrangements: Re Dorman Long & Co Ltd [1934] Ch 635 (657); Re Altitude Scaffolding Ltd [2006] 904 (907).

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bei einer nationalen Verschmelzung intensivere Prüfungsmaßstäbe gelten würden als bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen. Das Fehlen einer der § 16 Abs. 2 und 3 UmwG entsprechenden Regelung spricht daher vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Common Laws vorausgesetzt hat. Obwohl vieles für eine entsprechende Anwendbarkeit des Prüfungsmaßstabs von section 899 CA 2006 spricht, blieb aber letztendlich eine Entscheidung des Gerichts abzuwarten, um eine konkrete Aussage hinsichtlich des Minderheitenschutzes treffen zu können. Das High Court hat sich nun kürzlich in dem Verfahren Wood Diy Ltd1024 für eine entsprechende Anwendung des Prüfungsmaßstabes im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach regulation 16 (1) CR 2007 bei einer grenzüberschreitenden Hereinverschmelzungen ausgesprochen. In der sehr kurzen Beschlussbegründung betonte das Gericht zwar, dass es bisher keine Entscheidung hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes gab, eine Begründung für die entsprechende Anwendbarkeit des Buckley Tests fügte es allerdings selbst ebenfalls nicht an.1025 c) Berufungsverfahren Ungeachtet deren Anwendbarkeit ist mit der Entscheidung des Gerichts der Rechtsweg im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens allerdings noch nicht erschöpft. Unbeachtlich der Tenorierung des Genehmigungsbeschlusses können nämlich sowohl die Aktionäre als auch die Gesellschaft Berufung (,Appeal‘) gegen die Entscheidung des Gerichts gemäß den allgemeingültigen Vorgaben der Civil Procedure Rules Part 52 (,CPR‘)1026 einlegen.1027 Voraussetzung dafür ist zunächst die erfolgreiche Zulassung zur Berufung (,leave to appeal‘). Sie kann entweder bei dem Ausgangsgericht des Genehmigungsverfahrens (,petition for leave to appeal‘) oder direkt beim Berufungsgericht (,application for permission to appeal‘) beantragt werden, CPR 52.3 (2). Ein Antrag an das Berufungsgericht (,Court of Appeal‘) kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Ausgangsgericht einer Zulassung zur Berufung nicht zugestimmt hat, CPR 52.3 (3).1028 1024

Wood Diy Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957. Wood Diy Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957, Rn. 3: „There is, under regulation 16 (1), a residual discretion in the court as to whether to grant approval. There is no clear authority as tot he basic on which that discretion should be exercised, but it is generally considered that it is appropriate to apply the test adopted for a scheme of arrangement, as expressed in re National Bank [1966] 1 W.L.R. 819 (829) (approving a statement in Buckley on the Companies Acts)“. 1026 Abrufbar unter: http://www.justice.gov.uk/civil/procrules_fin/contents/parts/part52.htm. 1027 CPR 52.3 (1). 1028 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (741 f.) (ablehnend); Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 480 (508) (zulassend). 1025

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Antragsberechtigt ist neben der Gesellschaft jeder Aktionär, der von dem scheme betroffen und zum Widerspruch berechtigt ist.1029 Nicht mehr widerspruchsberechtigt sind allerdings Aktionäre, die es versäumt haben, ihren Widerspruch auf der Aktionärsversammlung oder im Rahmen der Anhörung im Genehmigungsverfahren zu Protokoll zu geben. Das Court of Appeal wird in diesem Fall nur bei Vorliegen besonderer Gründe eine Berufung gegen den Genehmigungsbeschluss zulassen.1030 Der Zulassungsantrag (,appellant’s notice‘) ist schriftlich binnen einer Frist von 21 Tagen nach Beschlusserlass vor dem Gericht einzureichen und zu begründen, soweit nicht das Ausgangsgericht eine abweichende Berufungsfrist festgelegt hat, CPR 52.4. In Hinsicht auf die Begründetheit des Antrags hat der Antragssteller darzulegen, dass er entweder eine realistische Aussicht auf Erfolg (,real prospect of success‘) vor dem Berufungsgericht hat oder andere zwingende Gründe dafür sprechen. Erfolgsaussichten hat eine Berufung, wenn der Antragssteller überzeugend darlegt, dass das Ausgangsgericht im Rahmen der Genehmigungserteilung bzw. deren Verweigerung sein Entscheidungsermessen fehlerhaft ausgeübt,1031 das Gesetz fehlerhaft interpretiert oder gegen Gesetze und allgemeine Grundsätze des Common Laws verstoßen hat.1032 Dementsprechend unterliegen alle drei Prüfungsebenen des Genehmigungsverfahrens der berufungsrechtlichen Überprüfbarkeit.1033 Nach Bekanntmachung des Zulassungsantrags haben sog. respondents, die an der Entscheidung des Gerichts festzuhalten wünschen, 14 Tage Zeit, um ihre Ansicht darzulegen, soweit das Gericht keine abweichende Frist festgelegt hat.1034 Im Falle einer Berufungszulassung stehen dem Court of Appeal grundsätzlich alle Rechte des Ausgangsgerichts zu. Es kann insbesondere die Ausgangsentscheidung bestätigen, verwerfen oder auch ändern, die Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückverweisen, ein vollständig neues Verfahren oder eine neue Anhörung anordnen sowie nur einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen. Alle Ermächtigungen erstrecken sich dabei auf einzelne Teile oder das gesamte Urteil des Ausgangsgerichts.1035

1029

Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (741). Re Securities Insurance Company [1894] 2 Ch 410 (419); Tolley’s-Berner/Cremer, Rn. 2019 f. 1031 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (749). 1032 Re Telewest Communications Plc [2005] B.C.C. 29. 1033 Vgl z. B. Re Carruth v ICI Ltd [1937] A.C. 707 ff.; Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 ff.; Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 508 ff.; Re Telewest Communications Plc (No 1) [2005] B.C.C. 29 (Berufung gegen Einberufungsbeschluss). 1034 CPR 52.5 (4) (5). 1035 CPR 52.10 (1)(2). 1030

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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d) Kostenverteilung In Hinblick auf die Kosten des erstinstanzlichen Genehmigungsverfahrens trägt grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Kosten.1036 Das Gericht sieht daher in der Regel von einer Kostenentscheidung ab.1037 Der Beschlusstenor enthält dann keine Ausführungen bzgl. der Kosten des Verfahrens.1038 Die Parteien können jedoch den Erlass eines Kostenbeschlusses (,order to costs‘) beantragen. In diesem Fall obliegt es dem Gericht, die Kostenverteilung nach eigenem Ermessen1039 unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls1040 vorzunehmen. Gemäß CPR 44.3 (2) gilt dabei der Grundsatz, dass die unterliegende Partei die Kosten der obsiegenden zu tragen hat.1041 Das Gericht ist jedoch nicht daran gebunden und kann auch gegen die siegende Partei einen negativen Kostenbeschluss erlassen. Im Rahmen von Genehmigungsverfahren i.S.d. section 899 CA 2006 entspricht es allerdings der gängigen Gerichtspraxis, die Kosten der widersprechenden Aktionäre auch im Falle der Genehmigung des schemes der Gesellschaft aufzuerlegen, wenn ein expliziter Antrag seitens der Aktionäre dem Gericht vorliegt1042 und die Einwände der Aktionäre gegen den scheme nicht schikanös (,frivolous‘) und für das Gericht bei seiner Urteilsfindung hilfreich waren.1043 Minderheitsaktionäre, die es auf eine bloße Blockade der Durchführung des schemes angelegt haben, ohne substantiierte und gerechtfertigte Einwände vorbringen zu können, müssen daher im Falle ihres Unterliegens damit rechnen, ihre Kosten sowie die der Gesellschaft auferlegt zu bekommen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt jedoch stets der Antragssteller, wenn die Berufung bereits vom Ausgangsgericht nicht zugelassen und vom Court of Appeal abgelehnt wurde.1044 e) Dauer des Genehmigungsverfahrens Hinsichtlich der Dauer des Genehmigungsverfahrens existieren nach Kenntnis des Verfassers keine statistischen Untersuchungen. Die Auswertung gerichtlicher 1036

Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] Ch 17 (39). Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Court, Rn. 3.6.8, S. 66. 1038 CPR 44.13 (1); bspw. Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 15 (21); TDG Plc [2009] 445 (452). 1039 CPR 44.3 (1); Re Carruth v ICI Ltd [1937] A.C. 707 (771). 1040 CPR 44 3 (4). 1041 Re N.F.U. Development Trust [1972] 1 W.L.R. 1548 (1555), Re Hellenic & General Trust Ltd [1975] 1 W.L.R. 123 (131); Re British Aviation Insurance Co Ltd [2006] 1 B.C.L.C. 665 (702). 1042 Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (749). 1043 Re National Bank [1966] 1 W.L.R. 819 (830), Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (749). 1044 Re Telewest Communications Plc (No 1) [2005] B.C.C. 29 (30/34). 1037

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Genehmigungsverfahren1045 hat jedoch ergeben, dass die Genehmigungsverfahren trotz zum Teil umfangreicher Einwände von widersprechenden Aktionären und mehreren Anhörungsterminen grundsätzlich von kurzer Verfahrensdauer geprägt sind. So betrug der längste Zeitraum zwischen dem Tag der Aktionärsversammlung und dem Tag der Beschlussverkündung über die Nichtzulassung zur Berufung maximal 4 Monate. Trotz Beantragung einer Berufungszulassung sind die meisten Verfahren jedoch im Durchschnitt nach 1 12 bis 2 Monaten beendet. 2. Rechtmäßigkeitsbescheinigung Die für Hineinverschmelzungen in Art. 11 VRL vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle wurde in regulation 16 CR 2007 implementiert. Danach haben alle an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften gemeinsam einen Antrag an das High Court auf Erlass eines Beschlusses (,order‘) zu stellen, in dem das Gericht den Abschluss (,completion‘) der grenzüberschreitenden Verschmelzung genehmigt. Dem Antrag (Claim Form 8) sind die Vorabbescheinigungen aller Gesellschaften, die Verschmelzungspläne sowie gegebenenfalls die Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung beizufügen,1046 wobei die jeweiligen Vorabbescheinigungen der ausländischen und englischen Gesellschaft nicht älter als 6 Monate seit ihrem Erlass sein dürfen, regulation 16 (1) CR 2007. Gemäß regulation 16 (1) CR 2007 hat das Gericht entsprechend der Richtlinienvorgabe nur zu prüfen, ob die Vorabbescheinigungen für jede der verschmelzenden Gesellschaften erteilt wurden und die Verschmelzungspläne die gleichen sind (,the same‘). Das Gericht hat ferner festzustellen, dass – soweit erforderlich – eine Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung nach den Vorgaben des Part 4 der CR 2007 geschlossen worden ist. Eine darüber hinausgehende Rechtmäßigkeitsprüfung ist in den Gesetzesvorgaben nicht vorgesehen.

1045

Re Empire Mining Co [1890] 44 ChD 402; Re English Scottish and Australian Chartered Bank [1893] 3 Ch 385; Re Securities Insurance Company [1894] 2 Ch 410; Re Dorman Long and Co Ltd [1934] Ch 635; Carruth v Imperial Chemical Industries [1937] A.C. 707; Re Press Caps Ltd [1949] Ch 434; Re National Bank [1966] 1 W.L.R. 819; Re Grierson, Oldham & Adams Ltd [1968] Ch 17; Re Holders Investment Trust Ltd [1971] 1 W.L.R. 583; Re N.F.U. Development Trust [1972] 1 W.L.R. 1548, Re Hellenic & General Trust Ltd [1975] 1 W.L.R. 123; Re MB Group Plc [1989] 5 B.C.C. 684; Re Heron International NV [1994] 1 B.C.L.C. 667; Re Allied Domecq Plc [2000] B.C.C.582; Re BTR Plc [1999] 2 B.C.L.C. 675; [2000] 740; Re RAC Motoring Services [2000] 1 B.C.L.C. 307; Re Hawk Insurance Co Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 508; Re Equitable Life Assurance (No 2) [2002] B.C.C. 319; Re Waste Recycling Plc [2004] B.C.C. 329; Re Abbey National Plc [2005] 2 B.C.L.C. 17; Re Telewest Communications Plc No1 [2005] B.C.C.29 Re British Aviation Insurance [2006] 1 B.C.L.C. 665; Re Linton Park Plc [2008] B.C.C. 17; Re TDG Plc [2009] 1 B.C.L.C. 445; Re BTR Plc [2000] 1 B.C.L.C. 740 (749). 1046 Paragraph 25 (4) PD CPR Part 49.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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Bisher existierten zwar keine Gerichtsentscheidungen1047 zu regulation 16 CR 2007, die Aufschluss über die Handhabung der Rechtmäßigkeitsprüfung in der Gerichtspraxis gaben. Dafür spricht jedoch, dass die Gesellschaften keine weiteren Nachweise – insbesondere nicht den Verschmelzungsbeschluss und die Verschmelzungsberichte – beim Gericht einzureichen haben. Da ohne diese eine weitergehende Prüfung jedoch nicht möglich ist und auch die Richtlinie keine weitergehenden Prüfungsvorgaben enthält, ist entsprechend des Gesetzeswortlauts von einer rein formellen, auf das Vorliegen der Vorabbescheinigungen und die Übereinstimmung der Verschmelzungspläne beschränkten Rechtmäßigkeitsprüfung auszugehen. Der kürzlich i.S.d. regulation 16 CR 2007 ergangene Beschluss des High Court in der Sache Wood Diy Ltd wirft vor diesem Hintergrund in mehrfacher Hinsicht Fragen auf. Denn die danach vorgesehene Anwendung des Buckley Tests würde wie im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle auslösen, die insbesondere inhaltliche Einwände gegen die Informationen in den Verschmelzungsberichten, Verfahrensfehler auf der Gesellschafterversammlung und die Unfairness des Beschlussvorlage berücksichtigen müsste. Die dafür erforderlichen Verschmelzungsunterlagen sind jedoch dem Antrag nicht beizufügen. Der Rückschluss, das Gericht habe – wie im deutschen Recht – das Vorabbescheinigungsverfahren mit der Rechtmäßigkeitsprüfung verbunden, greift als Erklärung ebenfalls nicht, da nach englischem Recht auch im Falle einer Hereinverschmelzung eine Vorabbescheinigung stets auszustellen ist, was das Gericht im Beschluss auch ausdrücklich festgestellt hat. Schließlich könnte dem Beschluss die Annahme zugrunde liegen, dass der Buckley Test nicht im Vorabbescheinigungsverfahren, sondern nur im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung und somit ausschließlich bei Herausverschmelzungen Anwendung finden würde. Dies erscheint vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Vorabbescheinigungsverfahrens und den vorstehenden Ausführungen jedoch sehr zweifelhaft. Schließlich besteht gerade bei Heraus- und nicht bei Hereinverschmelzung ein gesteigertes Schutzbedürfnis der Aktionäre. Schlussendlich könnte das Gericht im Falle von Hereinverschmelzungen von einer doppelten Anwendung des Buckley-Prüfungsmaßstabs ausgegangen sein, so dass dieser sowohl auf das Vorabbescheinigungsverfahren als auch auf die Rechtmäßigkeitsprüfung anzuwenden wäre. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen 1047

Die einzige bisher veröffentlichte Entscheidung zu den CR 2007 ist die bereits erörterte Entscheidung in Re Oceanrose Investments Ltd [2009] Bus LR 947, in der die Erteilung der Vorabbescheinigung mangels Einberufung und Abhaltung der Aktionärsversammlung abgelehnt wurde. Ob die grenzüberschreitende Verschmelzung in dieser Sache letztendlich weiter verfolgt wurde, ist nicht bekannt bzw. zumindest nicht veröffentlicht worden.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Vorgaben über die dem Antrag beizufügenden Unterlagen erscheint aber auch diese Annahme zweifelhaft. Vor dem Hintergrund der fehlenden dogmatischen Begründung des Beschlusses wird an dieser Stelle allerdings keine abschließende Antwort gegeben werden können. Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass die Annahme des Gerichts möglicherweise irrtümlich erfolgte. Denn wie das Gericht selbst ausführte, verfügte es über geringe Kenntnisse hinsichtlich der Voraussetzungen von regulation 16 CR 2007.1048 Jedenfalls erlässt das Gericht, wenn es zu dem Ergebnis kommt, dass alle Vorgaben erfüllt wurden, einen Beschluss, in dem zum einen der Abschluss der grenzüberschreitenden Verschmelzung (,approve the completion‘) bescheinigt und zum anderen ein Zeitpunkt i.S.d. Art. 12 VRL bestimmt wird, an dem die Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung in Kraft treten.1049 3. Wirksamwerden der Verschmelzung Im Unterschied zum deutschen Recht wird die Hineinverschmelzung also nicht mit der Eintragung in das Register, sondern an einem von dem Gericht festgelegten Zeitpunkt wirksam,1050 der gemäß regulation 16 (2) CR 2007 nicht später als 21 Tage ab Erlass des Rechtmäßigkeitsbeschlusses gelegen sein darf. Mit Ablauf des vom Gericht festgelegten Tages kommt dem Rechtmäßigkeitsbeschluss gemäß regulation 16 (3) CR 2007 eine unwiderlegbare Beweiskraft (,conclusive evidence‘) zu, dass die Rechtmäßigkeitskontrolle durchgeführt und alle Verschmelzungsvoraussetzungen i.S.d. regulations 7 – 10 und 12 – 15 CR 2007 ordnungsgemäß erfüllt wurden. Mit dieser Beweisregelung hat der englische Gesetzgeber die Vorgabe des Art. 17 VRL über den absoluten Bestandsschutz der grenzüberschreitenden Verschmelzung umgesetzt. Sie entspricht zwar nicht der Anordnung der Richtlinie, dass eine Verschmelzung nach Wirksamwerden nicht mehr für nichtig erklärt werden darf, im Ergebnis erzielt sie aber dieselbe Rechtswirkung. Eine Beschlussanfechtung durch Minderheitsaktionäre ist aufgrund der unwiderlegbaren Rechtmäßigkeitsvermutung nicht mehr möglich.1051 Der Rechtmäßigkeitsbeschluss des Gerichts ist sodann von der englischen übernehmenden Gesellschaft spätestens 7 Tagen nach dessen Erlass zusammen mit den Angaben über die zuständigen Register der ausländischen Gesellschaften beim Register einzureichen.1052 Sieht der Beschluss eine Satzungsänderung der über1048

Wood Diy Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957, Rn. 2: „Mr. Barden of counsel, appearing for the joint applicants, has helpfully taken me through the requirements of regulation 16 CR 2007, …“. 1049 Regulation 16 (2)(a) CR 2007 i.V.m. para. 25 (5) CPR PD Part 49. 1050 Regulation 17 (2) CR 2007. 1051 Palmer’s-Morse, 12.449, Fn. 3. 1052 Regulation 19 (1)(2) CR 2007.

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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nehmenden englischen Gesellschaft vor, so ist dieser zwingend dem Beschluss beizufügen, regulation 20 (1)(2) CR 2007. Das Register hat daraufhin unverzüglich die Einreichung des Rechtmäßigkeitsbeschlusses bekanntzugeben1053 und die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Angabe des Tages der Vollendung und dem Hinweis auf den Vermögensübergang auf die englische übernehmende Gesellschaft im Register einzutragen.1054 Des Weiteren ist der Rechtmäßigkeitsbeschluss, der unter Angabe des Tages des Wirksamwerdens die Vollendung der grenzüberschreitenden Verschmelzung bescheinigt, unverzüglich (,without undue delay‘) an das Register der ausländischen übertragenden Gesellschaft weiterzuleiten. Der englische Gesetzgeber hat sich somit im Gegensatz zum deutschen Gesetzgeber wortgetreu an die Vorgaben des Art. 17 VRL über die Mitteilung des Wirksamwerdens der Verschmelzung gehalten. Im Falle der Herausverschmelzung bestimmt sich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens gemäß der Vorgabe des Art. 12 VRL hingegen nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Recht die übernehmende ausländische Gesellschaft unterliegt, regulation 17 (2)(b) CR 2007. Die übertragende englische Gesellschaft hat die ausländische Rechtmäßigkeitsbescheinigung ihrem Register innerhalb von 14 Tagen nach deren Erlass einzureichen,1055 woraufhin das Register die Einreichung der Bescheinigung gemäß regulation 19 (4) CR 2007 i.V.m. section 1077 (1) CA 2006 unverzüglich in der London Gazette bekanntzugeben hat. Ab dem in der ausländischen Bescheinigung bestimmten Tag des Wirksamwerdens ist die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Angabe dieses Tages und dem Hinweis auf den Vermögensübergang im Register einzutragen und die übertragende englische Gesellschaft im Register zu löschen.1056 Der Eintragungsvorbehalt des Art. 13 (2) VRL wurde dementsprechend ebenfalls richtlinienkonform umgesetzt. Die in Art. 14 vorgegebenen Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung sind ohne Abweichungen in regulation 17 (1) CR 2007 implementiert worden.

IV. Zwischenergebnis Aus den vorstehenden Ausführungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ableiten.

1053 1054 1055 1056

Regulation 19 (4)(c) CR 2007 i.V.m. section 1077 CA 2006. Regulation 21 (1)(c)(3)(b) CR 2007. Regulation 19 (3) CR 2007. Regulation 21 (2)(3) CR 2007.

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

Die europäischen Vorgaben sehen grundsätzlich eine zweistufige Rechtmäßigkeitsprüfung, unterteilt in die Vorabbescheinigung und die Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Artt. 10, 11 VRL, vor, ohne zwischen den Verschmelzungsrichtungen zu unterscheiden. Während die Vorabbescheinigung für jede der verschmelzenden Gesellschaften von der öffentlichen Stelle des jeweiligen Mitgliedstaates zu erteilen ist, dessen Recht die jeweilige Gesellschaft unterliegt, erfolgt die Rechtmäßigkeitsprüfung nur durch die öffentliche Stelle des Mitgliedstaates der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft. 1. Vorabbescheinigungsverfahren a) Europäische Vorgaben Für die Vorabbescheinigung sieht Art. 10 VRL nur eine formelle Rechtmäßigkeitsprüfung der einzelstaatlichen Verfahrens- und Formvorgaben vor. Den Mitgliedstaaten wird darüber hinausgehend ein Gestaltungsspielraum eingeräumt. Die Vorabbescheinigung, die anschließend der öffentlichen Stelle des aufnehmenden Mitgliedstaates zu übermitteln ist, muss aber eindeutig erkennen lassen, dass alle Formalitäten und Verfahrensvorgaben erfüllt wurden. b) Deutsche Umsetzung Der deutsche Gesetzgeber hat zwar von einer Erteilung der Vorabbescheinigung im Falle von Hereinverschmelzungen abgesehen, jedoch nicht von der Vorabprüfung i.S.d. Art. 10 VRL, so dass die Richtlinienkonformität gewahrt sein dürfte. In verfahrenstechnischer Sicht hat das Leitungsorgan einen Antrag zusammen mit den Verschmelzungsunterlagen bei Gericht einzureichen. Von diesen Unterlagen ist insbesondere die Negativerklärung i.S.d. § 16 UmwG hervorzuheben, in der der Vorstand erklären muss, dass eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss nicht anhängig ist. Solange dies der Fall ist, kann er diese nicht abgeben und die Vorabbescheinigung bei Herausverschmelzungen nicht erteilt oder die Eintragung bei Hereinverschmelzung nicht vorgenommen werden. Diese Bescheinigungs- oder Registersperre schützt die Minderheitsgesellschafter vor einem unwiderruflichen Wirksamwerden unrechtmäßiger Verschmelzungen i.S.d. Art. 17 VRL. Liegen hingegen alle Verschmelzungsunterlagen vor, hat das Register die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung zu prüfen. Der aus dem deutschen Registerrecht abgeleitete Prüfungsmaßstab geht zwar über die von der Richtlinie vorgegebene rein formale Rechtmäßigkeitsprüfung hinaus, er beschränkt sich jedoch zugleich auf eine bloße Plausibilitätsprüfung. Die Verschmelzungsunterlagen sind danach auf die Einhaltung der Mindestangaben und ihre Vollständigkeit und der Verschmelzungsbeschluss materiell-rechtlich auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen zu über-

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prüfen. Eine darüber hinausgehende materielle Rechtmäßigkeitsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Verletzung von Individualrechten der Minderheitsgesellschafter, der Angemessenheit der angebotenen Kompensationsleistungen oder eine Überprüfung der Verschmelzungsunterlagen auf ihre inhaltliche Richtigkeit erfolgt jedoch nicht. Ferner können Minderheitsgesellschafter im registerrechtlichen Verfahren Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung geltend machen. Die deutsche Umsetzung ist allerdings hinsichtlich der Form der Vorabbescheinigung zu kritisieren, da sie nicht richtliniengetreu die Mitteilung über die Einhaltung der deutschen Verfahrens- und Formvorschriften, sondern lediglich die vorbehaltliche Eintragung der Verschmelzung enthält. Dies könnte auf ausländischer Seite zu Missverständnissen führen. c) Englische Umsetzung Der englische Gesetzgeber hat an der zweistufigen Prüfungssystematik der VRL festgehalten und ungeachtet der Verschmelzungsrichtung stets die Erteilung einer Vorabbescheinigung angeordnet. In verfahrenstechnischer Hinsicht hat die Gesellschaft einen Antrag mit allen Verschmelzungsunterlagen an das zuständige Register zu stellen, wobei eine Regelung wie die über die deutsche Negativerklärung nicht besteht. Eine durch Klageerhebung bedingte Bescheinigungssperre ist dem englischen Recht daher fremd. Der Antrag kann bereits mit dem Antrag auf Einberufung der Gesellschafterversammlung gestellt werden, wodurch das Register frühzeitig eingebunden wird, was der Beschleunigung der Durchführung der Verschmelzung dient. Obwohl der Gesetzestext nur die Prüfung der Einhaltung der Verschmelzungsvorgaben vorsieht, verbirgt sich hinter dem englischen Vorabbescheinigungsverfahren ein umfassendes Rechtsschutzverfahren. In Anlehnung an die Grundsätze des case law und des equity law zum Genehmigungsverfahren bei allgemeinen schemes of arrangements ist jeder Aktionär unabhängig von seiner Beteiligungshöhe berechtigt, jeglichen Einwand gegen die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung vorzutragen. Auf Antrag des Aktionärs oder aufgrund eigenen Dafürhaltens gibt das Register das Verfahren an einen Richter des High Court ab, sofern die Einwände schwierige Rechtsfragen betreffen. Der Maßstab der Rechtmäßigkeitsprüfung hat sich nach der Auffassung des Verfassers an dem des Genehmigungsverfahrens für schemes of arrangements – dem sog. Buckley Test – zu orientieren. Das Gericht überprüft danach auf erster Stufe, ob die gesetzlichen Vorgaben gewahrt wurden. In Hinsicht auf den Einwand der Verletzung von Informationspflichten verlangt die Rechtsprechung eine adäquate und akkurate Berichterstattung, die vollständig, fehlerfrei und nicht irreführend ist, soweit sie für die Entschei-

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

dungsfindung eines objektiven Aktionärs erforderlich ist. Diesbezüglich sind insbesondere auch bewertungsrelevante Informationsrügen zulässig. In Hinsicht auf verfahrensrechtliche Fehler betreffend der Einberufung und Durchführung der Aktionärsversammlung können zwar ebenfalls alle Verfahrensverstöße gerügt werden, eine Verweigerung der Genehmigung vermögen sie aber nur zu begründen, wenn sie für das Abstimmungsergebnis und die Entscheidungsfähigkeit erheblich sind. Dies zu begründen und nachzuweisen, obliegt dem widersprechenden Aktionär. Die Nachweisbarkeit wird ihm ferner durch die Beweiskraft des Sitzungsprotokolls und dem Grundsatz, dass Entscheidungen des Versammlungsleiters den Anschein der Richtigkeit in sich tragen, erschwert. Einberufungsfehler werden teilweise auch durch das registergerichtliche Einberufungsverfahren reduziert. Auf zweiter Stufe hat das Gericht zu prüfen, ob die auf der Versammlung vertretenen Anteile im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Anteile fair vertreten waren. Die Gerichte lassen jedoch auch eine niedrige Anwesenheitsquote bereits genügen, so dass dem Aspekt keine bedeutsame Schutzwirkung beizumessen ist. Auf der Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht können Aktionäre aber vor allem auch den Einwand des Stimmrechtsmissbrauchs erheben. Auf Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht prüft das Gericht, ob die Mehrheit ihre Stimmrechtsmacht missbräuchlich eingesetzt hat, um eigennützige, außerhalb der Interessen der jeweiligen Aktionärsklasse liegende Interessen zu verfolgen, die nicht mehr vom Verbandszweck gedeckt sind. Abzustellen ist diesbezüglich darauf, ob ein durchschnittlicher, unabhängiger, objektiver Gesellschafter der jeweiligen Klassen dem Beschluss zugestimmt hätte. Die Anforderungen an eine derartige Rüge sind jedoch hoch, da dem Mehrheitsquorum grundsätzlich eine Indizwirkung für eine faire Interessenswahrung zukommt und dem Aktionär die Beweislast für einen Stimmrechtsmissbrauch obliegt. Auf der dritten Stufe hat das Gericht die inhaltlichen Regelungen der Beschlussvorlage im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung auf seine Fairness hin zu überprüfen. Dem Gericht obliegt im Rahmen dessen die Aufgabe, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Mehrheit und denen der Minderheit zu finden. Maßstab ist diesbezüglich, ob ein intelligenter und ehrlicher Gesellschafter der betreffenden Aktionärsklasse, der auf seine eigenen Interessen bedacht ist, dem Beschluss zugestimmt hätte. Die an den Einwand der unfairen Benachteiligung gestellten Anforderungen sind jedoch hoch, da der Mehrheit grundsätzlich eine bessere Befähigung zur Beurteilung der Fairness und Zweckmäßigkeit des Beschlusses unterstellt wird, dem doppelten Mehrheitserfordernis ein hinreichender Minderheitenschutz beigemessen wird und die englischen Gerichte vor diesem Hintergrund nur aufgrund sehr gewichtiger Vorwürfe (very strong grounds) in die Mehrheitsentscheidung eingreifen. Bewertungseinwände gegen die Angemessenheit der Kompensationsleistung wie dem Umtauschverhältnis werden von den Gerichten im Falle eines substantiierten

G. Rechtmäßigkeitsprüfung und Wirksamwerden der Verschmelzung

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Vortrags aber vollumfassend berücksichtigt und gegebenenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen geprüft. Insgesamt beläuft sich die Dauer von Genehmigungsverfahren in der Regel auf 112 bis 2 Monate. Gegen die Entscheidung des Gerichts können sich die Beteiligten im Rahmen des Berufungsverfahrens wenden. Die Kosten des Verfahrens trägt grundsätzlich jede Partei selbst, wobei jede Partei den Antrag auf Erlass eines Kostenbescheids stellen kann, in dem die Kosten der anderen Partei übertragen werden. Bei Genehmigungsverfahren geht dieser in der Regel zu Lasten der Gesellschaft, wenn die Einwände der Minderheit nicht schikanös und für das Gericht hilfreich waren. Andernfalls können die Kosten der Minderheit gänzlich auferlegt werden. 2. Rechtmäßigkeitsprüfung Im Rahmen der anschließenden Rechtmäßigkeitsprüfung entfaltet die Vorabbescheinigung eine Bindungswirkung, so dass nur noch die Verschmelzungspläne auf den gleichlautenden Inhalt und das Vorliegen der Bescheinigungen zu prüfen sind. Dementsprechend sieht weder der deutsche noch der englische Gesetzestext eine über diese Verschmelzungsunterlagen hinausgehende Beibringungspflicht oder Prüfungspflicht vor. Das Urteil des High Court in dem Verfahren Wood Diy Ltd., in dem der Buckley Test und damit eine umfassende materielle Rechtmäßigkeitskontrolle für anwendbar erklärt wurde, erscheint aufgrund der bereits dargelegten Gründe nur wenig nachvollziehbar. Diesbezüglich bleibt abzuwarten, ob die englischen Gerichte tatsächlich im Rahmen der Vorabbescheinigung und der Rechtmäßigkeitsprüfung eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung befürworten werden. Hinsichtlich der deutschen Rechtmäßigkeitsprüfung, die sowohl die Vorabprüfung i.S.d. Art. 10 VRL als auch die Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL erfasst, ist abschließend auf die durch die abzugebende Negativerklärung erzeugte Möglichkeit einer Registersperre hinzuweisen. 3. Rechtsfolgen In Hinsicht auf den Zeitpunkt und den Anknüpfungspunkt für das Wirksamwerden ist grundsätzlich das Recht des Mitgliedstaates maßgebend, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt. Die Mitgliedstaaten können diesen also frei bestimmen, solange er der Rechtmäßigkeitsprüfung zeitlich nachgelagert ist. Mit Wirksamwerden greifen die in der Richtlinie abschließend vorgegebenen Rechtsfolgen, von denen insbesondere der universale Vermögensübergang und die Auflösung der übertragenden Gesellschaft ohne Abwicklung für die grenzüberschreitende Verschmelzung bezeichnend sind. Im Übrigen greift ab dem Zeitpunkt

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Teil 3: Obligatorischer Minderheitenschutz

des Wirksamwerdens ein absoluter Bestandsschutz, so dass eine nachträgliche Entschmelzung auch für den Fall unrechtmäßiger Verschmelzungen ausgeschlossen ist. Für den Minderheitenschutz bildet dies somit die Grenze des Gestaltungsspielraums der Mitgliedstaaten i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL. Die Löschung der übertragenden Gesellschaft durch das zuständige Register der übertragenden Gesellschaft darf schließlich erst mit Erhalt der Mitteilung über das Wirksamwerden der Verschmelzung erfolgen. Die deutsche und englische Umsetzung haben diese Vorgaben weitestgehend identisch übernommen. Das englische Recht knüpft das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung allerdings an einen vom Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt an, wohingegen nach deutschem Recht die Verschmelzung mit dem Tag der Eintragung wirksam wird. In richtlinienkonformer Umsetzung ist nach englischem Recht dem ausländischen Register der Tag des „Wirksamwerdens“ mitzuteilen. Die Richtlinienkonformität der deutschen Umsetzung dürfte hingegen zu bezweifeln sein, da danach nur der Tag der Eintragung mitzuteilen ist. Wie dem englischen Recht zu entnehmen ist, bestimmt sich das Wirksamwerden von Verschmelzungen aber nicht in allen Mitgliedstaaten nach dem Tag der Eintragung. Ein absoluter Bestandsschutz greift aber nach beiden Rechtsordnungen mit dem Tag des Wirksamwerdens.

Teil 4

Autonomer Minderheitenschutz A. Vorgaben der Richtlinie, Art. 4 Abs. 2 VRL Die Ausführungen im vorherigen Teil haben gezeigt, dass sich der durch die VRL vorgegebene und somit harmonisierte Minderheitenschutz primär auf die Gewährleistung umfassender Information und Mitwirkung am Verschmelzungsverfahren konzentriert.

I. Systematik und Rechtschutzlücken des Minderheitenschutzes der Richtlinie Ein vermögensrechtlicher Schutz der Gesellschafter kann hingegen allenfalls in der Verschmelzungsprüfung gesehen werden. Einen unmittelbaren Anspruch auf Erhalt eines „angemessenen“ Umtauschverhältnisses oder ein Recht, gegen Erhalt einer angemessenen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden, sieht die VRL hingegen ebenso wenig vor, wie ein Recht, die Angemessenheit der Kompensationsleistung auf dem Gerichtsweg überprüfen zu lassen. Lässt man die überschießende Umsetzung der Artt. 10, 11 VRL in Deutschland und England außer Betracht, vermitteln auch die Vorabbescheinigungs- und Rechtmäßigkeitskontrollverfahren nur einen begrenzten Minderheitenschutz. Denn die Prüfungspflicht erstreckt sich nach den Vorgaben der VRL nur auf die Einhaltung der formellen Verfahrensvorgaben, sie gibt jedoch keine Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung verbindlich vor. Die öffentlichen Kontrollstellen haben insbesondere nicht die inhaltliche Richtigkeit der veröffentlichten Informationen oder die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsbeschlusses zu prüfen. Verletzungen der mitgliedschaftlichen Individualrechte der Aktionäre bleiben nach den Vorgaben der VRL ebenfalls ungesühnt. Zugleich statuiert Art. 17 VRL einen unwiderruflichen Bestandsschutz der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Mit Wirksamwerden der Verschmelzung können Minderheitsgesellschafter die Vollziehung der Verschmelzung somit nicht mehr rückgängig machen. Diese Rechtsschutzlücke zu schließen, hat der europäische Gesetzgeber in den Grenzen des Art. 17 VRL der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten überlassen und zwar entweder durch eine über die Richtlinienvorgabe hinausgehende Ausgestaltung

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

der Vorabprüfung i.S.d. Artt. 10, 11 VRL1 oder durch gesonderte Schutzregelungen auf Grundlage von Art. 4 Abs. 2 VRL. Art. 4 Abs. 2 S. 1 und S. 2 VRL ermächtigen die Mitgliedstaaten, den Schutz der Gesellschafter (S. 1) und den der Minderheitsgesellschafter im Speziellen (S. 2) zu regeln. Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL ordnet die grundsätzliche Geltung der jeweiligen innerstaatlichen Bestimmungen über das Beschlussverfahren und den Schutz der Anteilsinhaber an, soweit die Verschmelzungsrichtlinie keine weitergehenden Bestimmungen vorsieht. Dementsprechend finden neben den obligatorischen Schutzbestimmungen der VRL zusätzlich die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen des jeweiligen einzelstaatlichen Rechts Anwendung. Dazu zählen insbesondere die bereits dargelegten Individualrechte der Aktionäre auf der Gesellschafterversammlung2 sowie die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Klagerechte, auf die im Folgenden noch einzugehen sein wird.3 Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL ermächtigt die Mitgliedstaaten darüber hinausgehend, verschmelzungsspezifische Schutzbestimmungen für Minderheitsgesellschafter zu erlassen, die die grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt haben. Die VRL differenziert insofern zwischen nationalen Vorschriften, die dem Schutz von Anteilsinhabern allgemein und solchen, die speziell dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu dienen bestimmt sind. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass sich der europäische Gesetzgeber durch die Vorgabe des Mehrheitsbeschlusses in Art. 9 Abs. 1 VRL und den Verzicht auf die Einführung von Schutzvorschriften zugunsten der Minderheit auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene zu einer umfassenden Geltung des Mehrheitsprinzips entschieden hat. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL ermöglicht es den Mitgliedstaaten insoweit, durch den Erlass von Schutzbestimmungen zugunsten der Minderheit ein Korrektiv des sekundär-rechtlichen uneingeschränkten Mehrheitsprinzips einzuführen.

II. Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL Die Ermächtigungsgrundlage ist allerdings etwas unglücklich gefasst, da deren Wortlaut („abgelehnt“) vermuten lassen könnte, die Mitgliedstaaten dürften nur Schutzvorschriften für Gesellschafter erlassen, die auf der Gesellschafterver-

1 2 3

Vgl. die Ausführungen über die Vorabbescheinigung in England, Teil 3 G. III. 1. Vgl. die Ausführungen über die Hauptversammlung, Teil 3 F. II. 2., II. 3. Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die prozessualen Rechte, Teil 4 B. II., C. II.

A. Vorgaben der Richtlinie, Art. 4 Abs. 2 VRL

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sammlung ausdrücklich gegen die Verschmelzung gestimmt haben.4 Ferner verwendet sie abstrakte Begriffsbestimmungen, wie „angemessene Schutzbestimmungen“ und „Minderheitsgesellschafter“, denen per se keine konkrete gemeinschaftsgültige Bedeutung zukommt und die in der Verschmelzungsrichtlinie auch nicht weiter konkretisiert werden. Würde Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL jedoch so verstanden werden, dass die Anteilsinhaber tatsächlich gegen die grenzüberschreitende Verschmelzung gestimmt haben müssen, so hätte dies zur Folge, dass Gesellschafter, die lediglich mit dem Umtauschverhältnis unzufrieden, aber an sich mit der Maßnahme einverstanden sind, allein deshalb gegen die Verschmelzung stimmen müssten, um sich ihre Minderheitsrechte i.S.v. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL zu wahren.5 Eine an sich befürwortete Verschmelzung würde damit unnötiger Weise blockiert, was wiederum dem Zweck der VRL, die Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen zu erleichtern, widerspräche.6 Dagegen spricht ferner auch die Regelung des Art. 10 Abs. 3 VRL. Kontrollverfahren des einzelstaatlichen Rechts zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses oder der Abfindung von Minderheitsgesellschafter sind danach anwendbar, wenn die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft diesem zugestimmt haben. Ein Widerspruch der Gesellschafter der inländischen Gesellschaft ist danach jedoch nicht Anwendungsvoraussetzung, obwohl die Kontrollverfahren ebenfalls minderheitsschützende Bestimmungen i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL darstellen. Im Übrigen gilt es zu bedenken, dass die Abstimmungsverfahren auf Gesellschafterversammlungen und deren Protokollierung von Seiten des europäischen Gesetzgebers bisher nicht harmonisiert wurden. Wenn aber für die Anwendbarkeit minderheitsschützender Schutzbestimmung i.S.v. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL der Widerspruch auf der Gesellschafterversammlung zwingend wäre, so bedürfte es gleichzeitig auch einer entsprechenden Regelung zur Protokollierung der Gegenstimmen. „Ablehnung“ i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL ist daher nicht materiell-rechtlich als Gegenstimme i.S.d. Art. 9 Abs. 1 VRL, sondern untechnisch zu verstehen.7 Es genügt, wenn der Gesellschafter sich mit der Verschmelzung nicht einverstanden er-

4 Zur Parallelproblematik bei Art. 24 SE-VO: Manz/Mayer/Schröder-Schröder, Art. 24 SEVO Rn. 50. 5 Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 18; zur Parallelproblematik bei Art. 24 SE-VO: MünchKommAktG-Schäfer, Art. 24 SE-VO, Rn. 5; Lutter/Hommelhoff-Bayer, Art. 24 SEVO, Rn. 26. 6 Siehe Erwägungsgrund (1) der VRL. 7 Für eine teleologische Reduktion, Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 18.

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klärt hat.8 Der Wortlaut der Vorschrift steht dieser Auffassung auch nicht entgegen, da dieser lediglich von „ablehnen“, nicht aber von „dagegen stimmen“ spricht. Daraus folgt zugleich, dass „Minderheitsgesellschafter“ i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL nicht anhand eines bestimmten Quorums i.S.d. Art. 9 Abs. 1 VRL zu definieren sind, sondern schlicht all diejenigen Gesellschafter erfasst, die die grenzüberschreitende Verschmelzung im oben genannten Sinne ablehnen.9 Der dieser Arbeit zugrundegelegte Minderheitsbegriff10 steht insofern auch im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL.

B. Autonomer Minderheitenschutz in Deutschland In Deutschland kommt Minderheitsgesellschaftern grundsätzlich ein umfassender, durch die Verfassung gewährleisteter Eigentumsschutz i.S.d. Art. 14 GG zu, dessen Umfang in Bezug auf Umwandlungen insbesondere in der Feldmühle-Entscheidung des BVerfG11 näher bestimmt wurde. Die Entziehung der Mitgliedschaft im Wege einer übertragenden Umwandlung ist danach nur mit dem Eigentumsschutz der Minderheitsaktionäre vereinbar, wenn die berechtigten Interessen der zum Ausscheiden gezwungenen Minderheit vollständig gewahrt bleiben. Dazu ist erforderlich, dass zum einen der Minderheit wirksame Rechtsbehelfe gegen einen Missbrauch der wirtschaftlichen Macht der Mehrheit zur Verfügung stehen und zum anderen Vorsorge getroffen ist, dass sie für den Verlust ihrer Rechtsposition wirtschaftlich voll entschädigt wird.12 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der deutsche Gesetzgeber von seiner Regelungskompetenz aus Art. 4 Abs. 2 VRL umfassend Gebrauch gemacht, indem er die bei nationalen Verschmelzungen geltenden Bestimmungen zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern unter Berücksichtigung des Anwendungsvorbehalts aus Art. 10 Abs. 3 VRL bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen umfassend für anwendbar erklärt13 bzw. diesen entsprechende Schutzbestimmungen eingeführt hat.14 8 Bayer/Schmidt, NJW 2006, S. 401 (405) (Fn. 42); Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 18; Kulenkamp, S. 334; Zur Parallelproblematik bei Art. 24 SE-VO: Teichmann, ZGR 2003, S. 367 (384); MünchKommAktG-Schäfer, Art. 24 SE-VO, Rn. 5; Lutter/HommelhoffBayer, Art. 24 SE-VO, Rn. 26. 9 Im Ergebnis auch: Kulenkamp, S. 334; a.A. Kubaczynska, S. 248. 10 Als „Minderheit“ sind diejenigen Mitglieder und Interessenten einer Organisation zusammengefasst, die selbst bei Interessensgleichheit keinen entscheidenden Einfluss auf die Willens- und Entschlussbildung nehmen können, von der (wirtschaftlichen) Entwicklung der Organisation aber direkt betroffen sind, Teil 2 C. II. 3. a). 11 BVerfGE 14, 263. 12 BVerfGE 14, 263 (283 f). 13 Vgl. §§ 122a Abs. 2, 122h UmwG.

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Minderheitsaktionären einer deutschen übertragenden Gesellschaft werden danach ein Austrittsrecht gegen Erhalt einer angemessenen Barabfindung sowie ein Ausgleichsanspruch in Form einer baren Zuzahlung im Falle eines zu niedrig bemessenen Umtauschverhältnisses eingeräumt.15 Des Weiteren sieht die deutsche Richtlinienumsetzung ein individuelles Klagerecht für Minderheitsgesellschafter vor, das die prozessuale Durchsetzung dieser Rechte im Rahmen des Spruchverfahrens gewährleistet.16 Gemäß der Vorgabe des Art. 10 Abs. 3 VRL ist das Spruchverfahren jedoch nur unter dem Vorbehalt anwendbar, dass entweder die ausländische Rechtsordnung, der die übernehmende Gesellschaft unterliegt, ebenfalls ein vergleichbares Kontrollverfahren kennt oder andernfalls die Gesellschafter der ausländischen übernehmenden Gesellschaft der Durchführung des deutschen Verfahrens zustimmen.17 Diese Schutzbestimmungen finden allerdings nur im Falle von Herausverschmelzungen Anwendung.18 Zusätzlich zu diesen spezifischen Minderheitsrechten stehen den Minderheitsaktionären die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Rechtsbehelfe der Nichtigkeitsund der Anfechtungsklage i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 S. 1 zur Verfügung, mittels derer sie die Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses unabhängig von der Verschmelzungsrichtung auf dem Gerichtswege geltend machen können.19 Für Einwände, die die Unangemessenheit der Kompensationsleistung betreffen, ist das Anfechtungsrecht allerdings ausgeschlossen, soweit das Spruchverfahren Anwendung findet.20 Die Bedeutung des Anfechtungsausschluss für eine erfolgreiche Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung liegt insbesondere in der Bescheinigungssperre nach § 122k Abs. 1 UmwG begründet. Denn im Gegensatz zur Erhebung der Anfechtungsklage steht die Durchführung eines Spruchverfahrens der Erteilung der Vorabbescheinigung nicht entgegen.21 Der Zustimmungserklärung der Gesellschafter der ausländischen übernehmenden Gesellschaft i.S.d. Art. 10 Abs. 3 VRL kommt damit entscheidende Bedeutung für eine zeitnahe Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu. Das deutsche Verschmelzungsrecht enthält folglich einen verschmelzungsspezifischen Minderheitenschutz i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL, der auf die Geltendmachung vermögensrechtlicher Benachteiligungen abzielt und der Durchführung der Verschmelzung nicht entgegensteht, sowie einen allgemeinen Gesellschafter14

Vgl. § 122i UmwG. §§ 122i Abs. 1, 122h Abs. 1, 15 Abs. 1. S. 1 UmwG. 16 §§ 122i Abs. 2, 122h Abs. 1, 15 Abs. 1 S. 2 UmwG. 17 §§ 122h Abs. 1, § 122i Abs. 1 UmwG. 18 Vgl. §§ 122h, 122i UmwG. 19 Vgl. §§ 122a Abs. 2, 14 Abs. 1 UmwG i.V.m. §§ 241, 243 ff. AktG. 20 Vgl. §§ 122h Abs. 1, 14 Abs. 2 und §§ 122i Abs. 2 S. 1, 32 UmwG i.V.m. § 243 Abs. 4 S. 2 AktG. 21 Vgl. §§ 122k Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 2 UmwG. 15

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schutz i.S.v. Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL, der entweder im Falle der Zustimmungsverweigerung i.S.v. Art. 10 Abs. 3 VRL oder bei Verschmelzungseinwänden zur Anwendung kommt, die sich nicht auf die Angemessenheit der Kompensationsleistung beziehen. Im Unterschied zum verschmelzungsspezifischen Minderheitenschutz geht mit ihr jedoch eine Bescheinigungs- und damit mittelbar eine Eintragungssperre einher, die einzelnen Minderheitsgesellschaftern unter Umständen die Verfolgung einer Blockadepolitik ermöglicht.22 Da die einzelnen Schutzmechanismen in der Literatur bereits ausführlich besprochen worden sind, soll an dieser Stelle nur zu Vergleichszwecken eine kurze Übersicht der Schutzmechanismen bei Herausverschmelzungen gegeben werden, die sich in materielle und prozessuale Aktionärsrechte unterteilt.

I. Materieller Rechtsschutz 1. Austrittsrecht, § 122i UmwG In Anlehnung an das Austrittsrecht bei nationalen Verschmelzungen nach §§ 29 ff. UmwG gewährt die auf Grundlage von Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL23 ergangene Vorschrift des § 122i UmwG den Anteilsinhabern einer deutschen übertragenden Gesellschaft das Recht, gegen Erhalt einer angemessenen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden.24 Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass der mit der Herausverschmelzung einhergehende Wechsel in eine ausländische Rechtsform und die damit verbundene Änderung der Gesellschafterrechte und -pflichten den betroffenen Anteilsinhabern nicht aufgezwungen werden soll.25 a) Voraussetzungen Abfindungsberechtigt sind gemäß § 122i Abs. 1 S. 1 u. S. 3 UmwG aber nur diejenigen Anteilsinhaber, die entweder auf der Gesellschafterversammlung gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben oder aufgrund eines formellen Verstoßes im Sinne des § 29 Abs. 2 UmwG nicht an der Gesellschafterversammlung teilnehmen konnten. aa) Abfindungsberechtigung – Widerspruchserfordernis Das Widerspruchserfordernis soll insoweit verhindern, dass eine Verschmelzung erst mehrheitlich beschlossen wird und anschließend ein Großteil von Anteilsin22 23 24 25

Müller, Der Konzern 2007, S. 81 (84). Vgl. Begr.RegE, BR-Drucks. 548/06, S. 34 f. Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (731); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1098). Vgl. Begr.RegE, BR-Drucks. 548/06, S. 35.

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habern trotz ihrer Zustimmung eine – möglicherweise noch erhöhte – Barabfindung einfordert, so dass die Verschmelzung aus wirtschaftlichen Gründen, bedingt durch den damit einhergehenden hohen Liquiditätsabfluss nicht mehr durchsetzbar ist.26 Dementsprechend ist entgegen des Wortlauts von § 122i Abs. 1 UmwG nicht nur die Erklärung des Widerspruchs, sondern auch ein ablehnendes Abstimmungsverhalten bei der Beschlussfassung erforderlich.27 Der Widerspruch ist mit der zusätzlichen Bekundung, sich die Geltendmachung des Austritts vorzubehalten,28 in der Niederschrift des Notars festzuhalten.29 Gemäß §§ 122i Abs. 1 S. 3, 29 Abs. 2 UmwG ist ein Widerspruch allerdings entbehrlich, wenn der Anteilsinhaber zu Unrecht nicht zur Gesellschafterversammlung zugelassen, die Gesellschafterversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist. Eine unberechtigte Nichtzulassung liegt vor, wenn dem Anteilsinhaber oder dessen Vertreter der Zutritt zum Versammlungsraum verwehrt wird, obwohl er alle Teilnahmevoraussetzungen erfüllt und kein Verweisungsgrund vorliegt.30 Verstöße gegen die dargelegten Einberufungs- und Bekanntmachungsvorgaben31 wirken sich insofern auf die Abfindungsberechtigung von Minderheitsgesellschaftern aus. Dies gilt jedoch nur soweit, wie sich der Verstoß auf ihr Nichterscheinen auf der Versammlung ausgewirkt hat. Haben sie dennoch an der Versammlung teilgenommen, besteht das Widerspruchserfordernis fort.32 bb) Schuldner des Abfindungsanspruchs Schuldner des Abfindungsrechts ist im Gegensatz zur nationalen Verschmelzung33 nicht die übernehmende, sondern (zunächst) die übertragende deutsche Gesellschaft.34 Für eine Verpflichtung der übernehmenden ausländischen Gesellschaft würde es dem deutschen Gesetzgeber insoweit auch an der notwendigen Gesetzgebungskompetenz fehlen.35 Mit Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Ver26

Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 9. Widmann/Mayer-Wälzholz, § 29 UmwG, Rn. 30; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 29 UmwG, Rn. 15; Lutter/Winter-Grunewald, § 29 UmwG, Rn. 10; a.A. Kallmeyer-MarschBarner, § 29 UmwG, Rn. 13, v Aerssen, AG 1999, S. 249 (255); Wittgens, S. 76, nach deren Ansicht es auf das Abstimmungsverhalten nicht ankommt. 28 BGH, NJW 1989, S. 2693; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 29 UmwG, Rn. 11, Schmitt/ Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 29 UmwG, Rn. 16. 29 Lutter/Winter-Grunewald, § 29 UmwG, Rn. 12 (Fn. 8). 30 KölnKommUmwG-Simon, § 29 UmwG, Rn. 28. 31 Vgl. die Ausführungen über die Einberufung der Hauptversammlung, Teil 3 F. II. 1. 32 Widmann/Mayer-Wälzholz; § 29 UmwG, Rn. 32. 33 Vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG. 34 Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (256); Semler/Stengel-Drinhausen, § 122i UmwG, Rn. 7; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122i UmwG, Rn. 6. 35 Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1086). 27

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schmelzung geht die Verpflichtung zur Barabfindung jedoch im Wege der Universalsukzession nach den jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften des Rechts der übernehmenden Gesellschaft zu Art. 14 Abs. 1 lit. a) VRL auf die übernehmende ausländische Gesellschaft über.36 Mit der Einführung von § 122i Abs. 1 S. 1 UmwG hat der deutsche Gesetzgeber somit seine fehlende Gesetzgebungskompetenz umschifft und durch die Vorverlagerung des Anspruchs den bei innerstaatlichen Verschmelzung gewährten Minderheitenschutz auf die grenzüberschreitende Verschmelzung erstreckt.37 cc) Anforderungen an das Abfindungsangebot Inhaltlich muss das Angebot auf den Erwerb der Anteile durch die Gesellschaft gegen Zahlung einer angemessenen, genau zu bestimmenden Barabfindung gerichtet sein und klar erkennen lassen, wer zur Annahme berechtigt ist.38 Hinsichtlich der Bemessung des Angebots sind gem. § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 30 Abs. 1 S. 1 UmwG die Verhältnisse der Gesellschaften im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verschmelzung zu berücksichtigen. Danach ist das Angebot angemessen, wenn dem Anteilsinhaber der tatsächliche Verkehrswert seiner Beteiligung im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Anteilsinhaber des übertragenden deutschen Rechtsträgers (Stichtag) angeboten wird.39 Wie bereits ausgeführt,40 wird das Abfindungsangebot auch von der Verschmelzungsprüfung umfasst und ist gemäß § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 30 Abs. 2 S. 1 UmwG auf seine Angemessenheit hin zu überprüfen. Allerdings können die Berechtigten gemäß § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 30 Abs. 2 S. 2 UmwG auf die Überprüfung verzichten, wenn sie in notariell beurkundeter Form den Verzicht erklären. Im Gegensatz zum Prüfungsverzicht nach §§ 122f S. 1, 9 Abs. 3, 8 Abs. 3 UmwG richtet sich die Verzichtsmöglichkeit des § 30 Abs. 2 S. 2 UmwG allerdings nur an die abfindungsberechtigten Minderheitsgesellschafter.41 Da diese aber erst nach der Beschlussfassung bzw. der Widerspruchserklärung feststehen, eine Prüfung zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits durchgeführt wurde, würde die Regelung ins Leere laufen, wenn die abfindungsberechtigten Aktionäre nicht auch vor der Beschluss-

36 Vgl. Begr. RegE, BR-Drucks. 548/06, S. 35; Limmer, ZNotP 2007, S. 242 (256); Lutter/ Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 15; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (840); Krause/ Kulpa, ZHR 171 (2007), S. 38 (75). 37 Klein, RNotZ 2007, S. 565 (600); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1086). 38 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 29 UmwG, Rn. 14; Lutter/Winter-Grunewald, § 29 UmwG, Rn. 23; Semler/Stengel-Kalss, § 29 UmwG, Rn. 23. 39 Lutter/Winter-Grunewald, § 30 UmwG, Rn. 2; zur Angemessenheit ausführlich: KölnKommUmwG-Simon, § 30 UmwG, Rn. 4 ff. 40 Vgl. die Ausführungen über die Verschmelzungsprüfung, Teil 3 E. II. 1. d). 41 RegBegr., BR-Drucks. 75/94, S. 95.

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fassung ihren Verzicht erklären könnten.42 Dem Problem der Identifizierung abfindungsberechtigter Minderheitsaktionäre kann in der Praxis abgeholfen werden, indem alle Anteilsinhaber eine Verzichtserklärung abgeben. Denn die Erklärungen abfindungs- und verzichtsberechtigter Minderheitsgesellschafter werden in jedem Fall wirksam sein. Dass im Ergebnis auch Personen auf ein Recht verzichtet haben, welches ihnen letztendlich nicht zugestanden hat und deren Verzicht unwirksam ist, kann auf die Wirksamkeit des Verzichts der berechtigten Minderheitsaktionäre hingegen keinen Einfluss haben.43 Gemäß § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 S. 4 UmwG muss der Wortlaut des Abfindungsangebots anschließend in der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans bekanntgegeben werden. Gemeint ist damit allerdings nicht die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans durch das Handelsregister i.S.v. § 122d UmwG, sondern vielmehr die Bekanntmachung der Tagesordnung der Hauptversammlung, die über den Verschmelzungsplan beschließen soll.44 § 122i Abs. 1 S. 3 UmwG erweitert insofern die Pflicht aus § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, den wesentlichen Inhalt des Verschmelzungsplans bekanntzugeben. Im Rahmen der Bekanntmachung des Verschmelzungsplans durch das Handelsregister nach § 122d UmwG ist hingegen nur ein Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten des Abfindungsrechts einzufügen.45 Dies dürften vorrangig die Widerspruchs- und negative Abstimmungspflicht auf der Gesellschafterversammlung sein. b) Durchführung der Angebotsannahme Wurde das Angebot ordnungsgemäß unterbreitet und liegen die Voraussetzungen der Abfindungsberechtigung vor, ist das Angebot innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag der Bekanntmachung der Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung in dem Register der aufnehmenden ausländischen Gesellschaft anzunehmen.46 Wurde die Barabfindung im Wege des Spruchverfahrens durch das Gericht festgesetzt,47 gilt selbige Frist ab dem Tag nach der Bekanntmachung der Entscheidung im elektronischen Bundesanzeiger.48 Eine Vorgabe zur Form der Annahme enthält § 122i UmwG allerdings nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass 42

Schmitt/Hörnagl/Stratz-Stratz, § 30 UmwG, Rn. 14; Lutter/Winter-Grunewald, § 30 UmwG, Rn. 8 f.; Kallmeyer-Müller, § 30 UmwG, Rn. 20; KölnKommUmwG-Simon, § 30 UmwG, Rn. 26 ff. 43 KölnKommUmwG-Simon, § 31 UmwG, Rn. 30. 44 KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122i UmwG, Rn. 9; Widmann/Mayer-Vossius, § 122i UmwG, Rn. 22. 45 Vgl. die Ausführungen über die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nach § 122d UmwG, Teil 3 C. II. 4. 46 §§ 122i Abs. 1 S. 3, 31 S. 1 UmwG; Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 17, a.A. Semler/Stengel-Drinhausen, § 122i UmwG, Rn. 9; Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2026). 47 Vgl. die Ausführungen über das Spruchverfahren, Teil 4 II. 1. c). 48 §§ 122i Abs. 1 S. 3, 31 S. 2 UmwG.

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

die Annahme durch eine ausdrückliche oder schlüssige Erklärung, die den Willen zur Annahme des Angebots oder den Willen zum Austritt hinreichend deutlich erkennen lässt, erfolgen kann.49 aa) Problem: Kollidierende Kapitalerhaltungsregeln In Hinsicht auf die Abwicklung der Barabfindung können sich allerdings Schwierigkeiten ergeben. Denn mit ihr geht notwendiger Weise die Übernahme der Anteile der widersprechenden Gesellschafter durch die übernehmende ausländische Gesellschaft einher. Materiell-rechtlich stellt die Übernahme bei Aktiengesellschaften aber einen Erwerb eigener Aktien dar50 und unterfällt somit den Beschränkungen der Kapitalerhaltungsregeln. Im deutschen Recht51 ist diesbezüglich vor allem § 71 Abs. 2 AktG zu beachten. Danach dürfen zum einen die von der Gesellschaft gehaltenen Aktien 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen und zum anderen muss die Gesellschaft in der Lage sein, die entsprechenden Rücklagen52 für eigene Aktien gem. § 272 Abs. 4 HGB zu bilden, ohne das Grundkapital oder eine regulär zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht für Zahlungen an die Aktionäre verwendet werden darf, § 71 Abs. 2 S. 2 AktG. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Rücklagenbildung aus dem ausschüttungsfähigen Eigenkapital53 erfolgt. Überschreitet die Anzahl der seitens der widersprechenden Minderheitsgesellschafter gehaltenen Anteile zusammen mit den im Vorfeld der Verschmelzung von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Anteile die 10 % Grenze oder verfügt die Gesellschaft nicht über ausreichendes ausschüttungsfähiges Eigenkapital, ist gemäß § 71 Abs. 4 S. 2 AktG zwar nicht das dingliche Übertragungsgeschäft, wohl aber das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft 49 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 31 UmwG, Rn. 4; KölnKommUmwG-Simon, § 31 UmwG, Rn. 3; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 31 UmwG, Rn. 4; Lutter/Winter-Grunewald, § 31 UmwG, Rn. 3. 50 Klein, RNotZ 2007, S. 565 (600). 51 In England sind die Kapitalerhaltungsvorschriften für den Erwerb eigener Anteile in den sections 690 ff. CA 2006 geregelt. Gemäß sections 692, 694 CA 2006 ist ein Rückerwerb nur mit außerordentlichem Hauptversammlungsbeschluss und nur soweit zulässig, wie er aus ausschüttungsfreien Mitteln finanziert werden kann. Eine prozentuale Limitierung existiert hingegen nicht. 52 Da eigene Aktien gem. §§ 266 Abs. 2 B III 2, 265 Abs. 3 S. 2 HGB in der Bilanz zu Anschaffungskosten aufzunehmen sind, ist als Gegengewicht der somit in das Gesellschaftsvermögen einfließenden Scheinwerte auf der Passivseite der Bilanz eine besondere Rücklage zu bilden, § 272 Abs. 5 HGB. Die Rücklage bewirkt eine Ausschüttungssperre zum Schutz der Gläubiger, die eine Ausschüttung nur noch zulässt, wenn das verbleibende bilanzielle Reinvermögen sowohl das Grundkapital, die regulären Rücklagen als auch die besondere Rücklage für eigene Anteile abdeckt, vgl. hierzu: Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 AktG, Rn. 79. 53 Ausschüttungsfähiges Eigenkapital umfasst Jahresüberschüsse, Gewinnvorträge oder ausschüttungsfähige Gewinnrücklagen, vgl. Schmidt/Lutter-T. Bezzenberger, § 71 AktG, Rn. 80.

B. Autonomer Minderheitenschutz in Deutschland

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nichtig. Anteilsinhaber haben somit keinen Erfüllungsanspruch und können mithin nicht die Auszahlung der Barabfindung einfordern. Diese Problematik hat der deutsche Gesetzgeber zwar erkannt und die Nichtigkeitssanktion des § 71 Abs. 4 S. 2 AktG in § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen für nicht anwendbar erklärt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gemäß §§ 122i Abs. 1 S. 3, 31 S. 1 UmwG die Annahme des Angebots und mithin auch deren Abwicklung erst nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung erfolgen kann. Zu diesem Zeitpunkt ist die übertragende deutsche Gesellschaft als Adressat des § 122i UmwG aber bereits erloschen und die Abfindungsverpflichtung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende ausländische Gesellschaft übergegangen. Die zum Erwerb der Anteile verpflichtete Gesellschaft ist somit nicht die deutsche, sondern die ausländische übernehmende Gesellschaft. Letztere unterliegt aber grundsätzlich nicht den deutschen, sondern den Kapitalerhaltungsregeln des eigenen Gesellschaftsstatuts,54 welches möglicherweise keine der § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG entsprechende Ausnahmeregelung oder strengere Regelungen für den Erwerb eigener Aktien vorsieht. Vor diesem Hintergrund erscheint die in § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG enthaltene Anordnung der Geltung der deutschen Kapitalerhaltungsregeln bedenklich. In der deutschen Literatur werden zwar vereinzelt die Ansichten vertreten, die Regelung sei von der Gesetzgebungskompetenz aus Art. 4 Abs. 255 bzw. Art. 10 Abs. 356 VRL gedeckt. Die Ansichten überzeugen jedoch nicht und es ist zu bezweifeln, dass ausländische Gerichte dieser Auffassung folgen werden. (1) Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL Denn erstens ermächtigt Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL die Mitgliedstaaten nur zum Erlass von ,minderheitsschützenden‘ Vorschriften. Auch wenn die Regelung in § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG die Durchsetzbarkeit des Barabfindungsanspruchs sicherstellen soll57 und ihr somit ein gewisser Minderheitenschutz nicht abgesprochen werden kann, so ist dennoch zu berücksichtigen, dass in § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG i.V.m. § 71 AktG zunächst eine Kapitalerhaltungsregelung beim Erwerb eigener Anteile im Vordergrund steht. Kapitalerhaltungsregeln dienen jedoch nicht dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern, sondern vorrangig dem von Gesellschaftsgläubigern.58 Insoweit stellt sich schon die Frage, ob der Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 2 S. 2 UmwG hierfür überhaupt eröffnet ist. 54

Vetter, AG 2006, S. 613 (623). Kulenkamp, S. 361; zur vergleichbaren Problematik bei der SE: Teichmann, ZGR 2003, S. 367 (378); MünchKommAktG-Schäfer, Art. 20 SE-VO, Rn. 24. 56 Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 18. 57 Müller, Der Konzern 2007, S. 81 (87). 58 Boyle/Birds, Company Law, S. 228; Schmidt/Lutter-Bezzenberger, § 71 AktG, Rn. 7, Erwägungsgrund (4) der zweiten Richtlinie des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der 55

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Ferner verpflichtet Artt. 4 Abs. 1 lit. b, 2 S. 1 explizit jede Gesellschaft zur Wahrung der jeweiligen nationalen Vorschriften über den Schutz von Gläubigern. Eine Aufhebung nationaler kapitalerhaltener Vorgaben durch ausländisches Recht, wie in § 122i S. 2 UmwG i.V.m. § 71 Abs. 4 s. 2 AktG letztendlich vorgesehen, ist damit nur schwer in Einklang zu bringen. Eine Befürwortung der Gesetzgebungskompetenz i.S.v. § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG würde vielmehr bedeuten, dass unter Außerachtlassung des sekundär-rechtlichen Gläubigerschutzes aus Artt. 4 Abs. 1 lit. b, 2 S. 1 Mitgliedstaaten ermächtigt würden, zugunsten der ihrem Recht unterliegenden Minderheitsgesellschaftern einen Schutz zulasten der Gläubiger der ausländischen Gesellschaft zu statuieren. Der Minderheitenschutz würde insoweit über den Gläubigerschutz gestellt. Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL nennt jedoch den Gläubiger- und Minderheitenschutz im gleichen Satz, ohne ein abgestuftes Verhältnis erkennen zu lassen. Im Übrigen ermächtigt Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL die Mitgliedstaaten auch nur zum Erlass von Schutzbestimmungen für Minderheitsgesellschafter von Gesellschaften, die der Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaates unterliegen. Eine Bindungswirkung für ausländische Gesellschaften oder gar eine Kompetenz zum Eingriff in ausländisches Recht sieht Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL im Gegensatz zu Art. 10 Abs. 3 VRL aber nicht vor. (2) Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers nach Art. 10 Abs. 3 VRL Dementsprechend wird vereinzelt59 auf Art. 10 Abs. 3 VRL als Ermächtigungsgrundlage abgestellt, wonach innerstaatliche Verfahren zur Abfindung von Minderheitsaktionären mit Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen Anwendung finden. Art. 10 Abs. 3 VRL sieht insofern die Anwendung innerstaatlichen Rechts auf ausländische Gesellschaften vor. Dagegen spricht jedoch, dass § 122i Abs. 1 UmwG im Gegensatz zu § 122i Abs. 2 UmwG keine Verfahrensregelung enthält, sondern lediglich die materiell-rechtliche Begründung und Erfüllung eines schuldrechtlichen Anspruchs betrifft. Dass diese nicht von der Bindungswirkung des Art. 10 Abs. 3 UmwG erfasst wird, folgt aus dem Zustimmungsbedürfnis. In Art. 10 Abs. 3 S. 2 UmwG heißt es nämlich, die Gesellschafter der (ausländischen) Gesellschaft müssen akzeptieren, dass die Gesellschafter der inländischen Gesellschaft „ein solches Verfahren bei Gericht beantragen können“. Die BegrünSchutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikel 58 Abs. 2 des [damaligen EWG-]Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung von Aktiengesellschaften sowie Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um die Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, 77/91/EWG, ABl.EG Nr. L 26. 3. 1977, S. 1. 59 Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 18.

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dung und Erfüllung des Abfindungsanspruchs, der § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG zu dienen bestimmt ist, ist aber weder an die Zustimmung ausländischer Gesellschafter noch an ein Gerichtsverfahren angeknüpft. Art. 10 Abs. 3 S. 4 VRL ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Art. 10 Abs. 3 VRL statuierte Bindungswirkung sich nur auf die Entscheidung eines ausländischen Gerichts, nicht aber auf ausländisches materielles Recht im Sinne einer Ausnahmeregelung zur Kapitalerhaltung gemäß § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG erstreckt. Mit „Verfahren zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern“ ist insofern ausschließlich das Kontrollverfahren zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung im Sinne des deutschen Spruchverfahrens gemeint. Vor diesem Hintergrund erscheint es insbesondere im Falle eines strengeren ausländischen Kapitalerhaltungsrechts äußerst zweifelhaft, dass ausländische Gerichte den Anordnungsbefehl aus § 122i Abs. 1 S. 2 UmwG anerkennen und die deutschen Kapitalerhaltungsregeln statt des eigenen nationalen Recht anwenden werden.60 Da auch die englischen Kapitalerhaltungsregeln in den sections 293, 394 CA 2006 einen Erwerb eigener Anteile von Gesellschaftern nur soweit zulassen, wie die Finanzierung des Erwerbs durch ausschüttungsfähiges Eigenkapital erfolgen kann, wird diesem Aspekt bei der Vorbereitung grenzüberschreitender Herausverschmelzungen nach England besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein. bb) Problem: Gefahr des Liquiditätsabflusses Dem Barabfindungsangebot haftet ferner der Nachteil an, dass bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Anzahl der widersprechenden Aktionäre nicht feststeht. Insbesondere bei Aktiengesellschaft mit großen Streubesitz ist es der ausländischen übernehmenden Gesellschaft damit nur bedingt möglich, die Gesamthöhe aller auszuzahlenden Barabfindungen und somit die Höhe des zu erwartenden Liquiditätsabflusses abzuschätzen. Dieser erhöht sich zudem durch die Verzinsungs- und Kostenlast nach § 122i Abs. 1 S. 3 i.V.m. §§ 30 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 2, S. 1; 29 Abs. 1 S. 5 UmwG. 2. Veräußerungsrecht Neben dem Austrittsrecht nach § 122i UmwG haben Gesellschafter einer übertragenden deutschen Gesellschaft ferner das Recht, ihre Anteile auf dem Kapitalmarkt frei zu veräußern, auch wenn sie Verfügungsbeschränkungen unterliegen, §§ 122a Abs. 2, 33 UmwG. Vinkulierte Gesellschaftsanteile und Namensaktien 60

So auch im Ergebnis: Semler/Stengel-Drinhausen. § 122i UmwG, Rn. 8; KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122i UmwG, Rn. 7; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122i UmwG, Rn. 2; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Hörtnagl, § 122i UmwG, Rn. 9; Vetter, AG 2006, S. 613 (624); Müller, ZIP 2007, S. 1081 (1087); ders., Der Konzern 2007, S. 81 (87); Louven, ZIP 2006, S. 2021 (2025); Klein, RNotZ 2007, S. 565 (600).

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werden somit von etwaigen Bindungen befreit.61 Voraussetzung ist auch hier, dass die Gesellschafter gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben.62 Die freie Veräußerung auf dem Kapitalmarkt wird für Minderheitsgesellschafter allerdings vorrangig nur in Betracht kommen, wenn der Aktienwert infolge einer positiven Bewertung der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch die Märkte steigt. Im Falle einer negativen Bewertung müssten Aktionäre mit Veräußerungsverlusten rechnen, da ihnen im Gegensatz zum Abfindungsanspruch keine Wertsicherung bezogen auf den Beschlusszeitpunkt63 zugute kommt. 3. Anspruch auf bare Zuzahlung, §§ 122h Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 UmwG Für Gesellschafter, die einem Wechsel in die ausländische Gesellschaft grundsätzlich offen gegenüber stehen, mithin also nicht von ihren Austrittsrechten Gebrauch machen wollen, aber mit der Höhe des Umtauschverhältnisses unzufrieden sind, gewähren die §§ 122h Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 1 UmwG den Gesellschaftern der deutschen übertragenden Gesellschaft einen materiell-rechtlichen64 Ausgleichsanspruch gegen die übernehmende ausländische Gesellschaft, soweit dessen Voraussetzungen gegeben sind. a) Anwendbarkeit Der Anspruch beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des Art. 10 Abs. 3 VRL und geht auf die Regelung des § 14 Abs. 2 UmwG zurück, wonach für Gesellschafter einer übertragenden deutschen Gesellschaft eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses wegen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses ausgeschlossen ist. Als Korrektiv zum Ausschluss des Anfechtungsrechts65 soll § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG im Sinne der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG sicherstellen, dass die Gesellschafter durch die Verschmelzung nicht schlechter gestellt werden.66 Im Unterschied zum materiell-rechtlichen Austrittsrecht ist der Ausgleichsanspruch also an den Anfechtungsausschluss nach § 14 Abs. 2 UmwG gekoppelt67 und besteht gemäß § 122h Abs. 1 UmwG nur soweit, wie dieser auch zur Anwendung kommt. 61

Raiser/Veil, § 46 Rn. 60. Vgl. Lutter/Winter-Grunewald, § 33 UmwG, Rn. 5; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 33 UmwG, Rn. 5. 63 Vgl. die Ausführungen über die Anforderungen an das Barabfindungsangebot, Teil 4 B. I. 1. a) cc). 64 Müller, Der Konzern 2007, S. 81 (84). 65 KölnKommUmwG-Simon, § 15 UmwG, Rn. 1. 66 OLG Düsseldorf, AG 2006, S. 287 (288). 67 Lutter/Winter-Bork, § 15 UmwG, Rn. 2. 62

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Anwendungsvoraussetzung ist gemäß § 122h Abs. 1 UmwG, dass entweder die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft der Anwendbarkeit des Spruchverfahrens i.S.d. Art. 10 Abs. 3 VRL zugestimmt haben oder das ausländische Recht ein entsprechendes Kontrollverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit vorsieht. Ist keine der Voraussetzungen gegeben, lebt das Anfechtungsrecht wieder auf, so dass es eines Ausgleichsanspruchs nicht bedarf. Zusätzlich zur Anwendbarkeit der Vorschrift bedarf es der Anspruchsberechtigung der Anteilsinhaber sowie des Vorliegens eines unangemessenen Umtauschverhältnisses. b) Anspruchsberechtigung Anspruchsberechtigt ist zunächst jede Person, die im Moment der Beschlussfassung Anteilsinhaber der übertragenden deutschen Gesellschaft war. Da es sich bei dem Ausgleichsanspruch um einen von der Mitgliedschaft losgelösten eigenständigen und somit frei übertragbaren Anspruch handelt,68 können ferner auch Gesamtund Einzelrechtsnachfolger des Ausgleichsanspruchs anspruchsberechtigt sein.69 Im Gegensatz zum Austrittsrecht nach § 122i UmwG handelt es sich bei § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG aber nicht um ein Gestaltungsrecht,70 so dass es weder einer negativen Abstimmung noch eines Widerspruchs zur Niederschrift auf der Gesellschafterversammlung bedarf.71 Der Anspruch entsteht vielmehr mit Wirksamwerden der Verschmelzung,72 ohne dass es auf die Ausübung eines Gestaltungswillens durch die Gesellschafter ankommt.73 Für das Entstehen des Anspruchs ist insofern nur maßgeblich, ob das Umtauschverhältnis zu niedrig oder angemessen ist. Ersteres ist der Fall, wenn die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nach der Verschmelzung vermögensmäßig schlechter stehen als vor der Verschmelzung, weil sie Anteile am übernehmenden Rechtsträger erhalten, die weniger wert sind als die am übertragenden Rechtsträger.74 Da der Anteilstausch und damit die anspruchsbegründende Wertinäquivalenz erst im Zeitpunkt des Wirksamwerdens eintreten, kann der Ausgleichs68

Semler/Stengel-Gehling, § 15 UmwG, Rn. 14; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 15 UmwG, Rn. 3; a.A. Schulenberg, AG 1998, S. 74 (78); v. Aerssen, AG 1999, S. 249 (256), zur Medege, BB 2007, S. 337 (338 f), die sich für eine unlösbare Verknüpfung mit der Mitgliedschaft aussprechen. 69 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 15 UmwG, Rn. 2; Semler/Stengel-Gehling, § 15 UmwG, Rn. 14; Lutter/Winter-Bork, § 15 UmwG, Rn. 2; Megede, BB 2007, S. 337 (339). 70 KölnKommUmwG-Simon, § 15 UmwG, Rn. 20. 71 Lutter/Winter-Bork, § 15 UmwG, Rn. 2; Semler/Stengel-Gehling, § 15 UmwG, Rn. 9; Teichmann, ZGR 2003, S. 367 (384). 72 Semler/Stengel-Gehling, § 15 UmwG, Rn. 14. 73 KölnKommUmwG-Simon, § 15 UmwG, Rn. 20. 74 KölnKommUmwG-Simon, § 15 UmwG, Rn. 5.

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anspruch auch erst zu diesem Zeitpunkt entstehen. Im Falle der Herausverschmelzung bestimmt sich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß Art. 12 VRL nach dem Recht der übernehmenden ausländischen Gesellschaft, also bei einer Herausverschmelzung nach England nach dem vom Gericht benannten Tag.75 c) Durchführung Inhaltlich ist der Ausgleichsanspruch nach §§ 122h Abs. 1, 15 Abs. 1 S. 1 UmwG gegen die übernehmende Gesellschaft auf den Erhalt einer baren Zuzahlung in Höhe der Wertdifferenz gerichtet, welche gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 UmwG auf Antrag durch das Gericht im Zuge des Spruchverfahrens zu bestimmen ist. Allerdings gewährt der Ausgleichsanspruch ausschließlich einen Ausgleich in Barzahlung. Andere Formen des wirtschaftlichen Ausgleichs, wie beispielsweise eine Aufstockung der Anteile, sind nicht zulässig.76 Die übernehmende Gesellschaft ist dementsprechend auch in dieser Hinsicht der Gefahr eines nicht unbedeutenden Liquiditätsabflusses ausgesetzt, die sie im Vorfeld nur schwer kalkulieren kann. Während die möglichen Barabfindungsansprüche aber durch die Kopplung an das Widerspruchs- und Abstimmungserfordernis noch begrenzt werden, verschärft sich das finanzielle Risiko der übernehmenden ausländischen Gesellschaft bei § 122h UmwG dadurch, dass dort sämtliche Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft anspruchsberechtigt sind, auch wenn sie zuvor der Verschmelzung zugestimmt haben. Die ausländische Gesellschaft kann somit die Höhe etwaiger Barzahlungsansprüche nicht prognostizieren und wird unter Umständen zur Sicherheit mehr Liquidität zur Verfügung bereithalten, als letztendlich in Anspruch genommen wird. Der tatsächliche Liquiditätsabfluss – einschließlich der auch hier geltenden Verzinsung –77 wird somit nochmals um die Kosten dieses Sicherheitspuffers erhöht, welcher wiederum proportional zur Größe des Streubesitzanteils wachsen dürfte. Ob sich die übernehmende Gesellschaft auf dieses Risiko einlassen will, wird sie im Rahmen ihrer Zustimmungserteilung zur Anwendbarkeit des § 122h UmwG zu entscheiden haben.

II. Prozessualer Rechtsschutz Nicht nur in Bezug auf die verschmelzungsspezifischen Abfindungsrechte, sondern auch in Bezug auf alle materiellen Informations-, Mitverwaltungs- und 75

Vgl. die Ausführung über das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach englischem Recht, Teil 3 G. III. 3. 76 Widmann/Mayer-Heckschen, § 15 UmwG, Rn. 48; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 15 UmwG, Rn. 6; Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 16. 77 Vgl. §§ 122h Abs. 1, 15 Abs. 2 UmwG.

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Vermögensrechte von Gesellschaftern wird der Grad des Minderheitenschutzes vor allem durch deren prozessuale Durchsetzbarkeit bestimmt. Dem Minderheitsgesellschafter ist mit der Einräumung materieller Rechte nicht geholfen, wenn deren Verletzung sanktionslos bliebe oder Ansprüche nicht oder nur unter schweren Bedingungen geltend gemacht werden können. Dem prozessualen Rechtschutz kommt somit eine für den Minderheitenschutz erhebliche Bedeutung zu, der im deutschen Recht vorrangig durch die Anfechtungsklage und das Spruchverfahren gewährleistet wird. Wie bereits eingangs erwähnt, unterscheiden sie sich insbesondere durch die Bescheinigungssperre, welche nur im ersteren Fall ausgelöst wird. Ist das Spruchverfahren anwendbar, kann die Anfechtungsklage gemäß §§ 14 Abs. 2, 32 UmwG nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis oder die Barabfindung zu niedrig bemessen oder die Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. Das Anfechtungsrecht mit seiner Blockadewirkung ist dann ausgeschlossen. Für die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens und damit für den Anfechtungsausschluss ist die Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft i.S.d. Art. 10 Abs. 3 VRL erforderlich. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Spruchverfahrens besteht das Anfechtungsrecht und somit die Gefahr einer Bescheinigungssperre jedoch weiterhin fort. Für die Untersuchung des deutschen prozessualen Rechtsschutzes ist daher danach zu differenzieren, ob die Zustimmung erteilt worden und das Spruchverfahren anwendbar ist. In diesem Fall stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen den vom Spruchverfahren gedeckten und somit vom Anfechtungsausschluss nach §§ 14 Abs. 2, 32 UmwG erfassten Einwänden der Gesellschafter zu solchen, die weiterhin zur Erhebung der Anfechtungsklage berechtigen. 1. Spruchverfahren Gemäß §§ 122i Abs. 2 S. 1, 34 und §§ 122h Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 1 S. 3 UmwG können Gesellschafter zwecks Geltendmachung ihres Abfindungs- und Ausgleichsanspruchs die Bestimmung einer angemessenen Barabfindung oder Festlegung einer baren Zuzahlung durch das Gericht im Wege des Spruchverfahrens beantragen.78 Im Unterschied zum Vorabbescheinigungsverfahren unterliegen Barabfindung und Umtauschverhältnis somit nicht nur einer bloßen gerichtlichen Plausibilitätskontrolle, sondern einer vollumfänglichen Ergebnisprüfung,79 von der automatisch auch die Verzinsungsansprüche erfasst werden, §§ 122h Abs. 1, 15 Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 1 S. 2. UmwG.80

78 Vgl. §§ 122h Abs. 1, 15 Abs. 1 S. 3 UmwG; § 122i Abs. 1, § 34 UmwG i.V.m. § 1 Nr. 4 SpruchG. 79 Schumacher, S. 216. 80 Lutter/Winter-Krieger/Mennicke, § 1 SpruchG, Rn. 17.

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Die einzelnen Voraussetzungen des Spruchverfahrens bestimmen sich nach den Vorgaben des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG).81 a) Zulässigkeit des Spruchverfahrens Im Hinblick auf die Zulässigkeit des Verfahrens haben die anspruchsberechtigten Anteilsinhaber eines statthaften Spruchverfahrens binnen einer Frist von 3 Monaten ab Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung im Register der deutschen übertragenden Gesellschaft82 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim zuständigen Landgericht83 einzureichen und zu begründen. aa) Statthaftigkeit des Spruchverfahrens Wie bereits angesprochen, ist ein Spruchverfahren bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nur unter den Voraussetzungen statthaft, dass entweder die ausländische Rechtsordnung, der die übernehmenden Gesellschaft unterliegt, ebenfalls ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses bzw. zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern vorsieht oder andernfalls die Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft der Durchführung des deutschen Spruchverfahrens zugestimmt haben, §§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 1 UmwG. (1) Vergleichbarkeit ausländischer Kontrollverfahren Eine konkretisierende Definition, wann ein ausländisches Verfahren ein Kontrollverfahren i.S.d. Art. 10 Abs. 3 bzw. der §§ 122h, 122i UmwG darstellt, findet sich weder in der gemeinschaftsrechtlichen noch in der deutschen Gesetzgebung. Nach Auffassung der deutschen Literatur genügt jedoch ein bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anwendbares84 und dem deutschen Spruchverfahren ,vergleichbares‘ Verfahren85, soweit es sich dabei um ein gesetzlich kodifiziertes und nicht lediglich um ein schuldrechtlich vereinbartes Verfahren handelt.86 Darüber hinausgehende Vergleichskriterien finden sich hingegen keine. Offen bleibt insbesondere, ob nicht auch die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Klageverfahren ausreichen können, wenn mittels derer die Angemessenheit der Kompensationsleistung gerügt werden kann. Das englische Genehmigungsverfahren vor dem

81 Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (Spruchverfahrensgesetz – SpruchG), v. 12. 6. 2003, BGBl. I, S. 838, zuletzt geändert am 17. 12. 2008, BGBl. I, S. 2586. 82 Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 5 SpruchG. 83 Vgl. § 2 SpruchG. 84 Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 10; Simon/Rubner, Der Konzern 2006, S. 835 (840). 85 KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122h UmwG, Rn. 7, 12. 86 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 122h UmwG, Rn. 2.

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Richter des High Court i.S.d. regulation 6 CR 200787 würde diese Bedingung dann beispielsweise erfüllen. Maßgeblich dürften jedoch die in Art. 10 Abs. 3 VRL niedergeschriebenen Besonderheiten des Spruchverfahrens sein, wonach das Verfahren zum einen der Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht entgegenstehen darf und zum anderen eine Überprüfung und Korrektur der Kompensationsleistung durch die Gerichte zulässt. Letzteres wird wiederum nur dann zu bejahen sein, wenn die Rüge der Unangemessenheit als Antrags- oder Klagebegründung für sich genommen bereits ausreicht, ohne dass weitere benachteiligende Umstände oder Rechtsverstöße hinzutreten müssen. Wie sich im späteren Verlauf der Untersuchung zeigen wird, erfüllen die Klageverfahren des englischen Rechts diese Voraussetzungen nicht,88 so dass die dort in Betracht kommenden Klageverfahren nicht als vergleichbar zum deutschen Spruchverfahren erachtet werden können. Wird eine deutsche Gesellschaft also auf eine englische Gesellschaft verschmolzen, können sich Anteilsinhaber der deutschen Gesellschaft daher nur auf das Spruchverfahren stützen, wenn die Gesellschafter der englischen Gesellschaft diesem zustimmen. (2) Zustimmung Erforderlich ist hierzu die ausdrückliche Zustimmung seitens der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft im Verschmelzungsbeschluss. Entgegen des Wortlauts der §§ 122h Abs. 1, 122i Abs. 2 UmwG muss die Zustimmung aber nicht notwendiger Weise in demselben Beschluss enthalten sein, sondern kann auch in einem separaten Zustimmungsbeschluss erfolgen, sofern dieser in derselben Versammlung und mit derselben Beschlussmehrheit wie der Verschmelzungsbeschluss gefasst wird.89 Würde ein einheitlicher Beschluss gefordert, wären Anteilsinhaber der ausländischen Gesellschaft andernfalls gezwungen, ihre Zustimmung zur Verschmelzung nur aufgrund ihres Einwands gegen das Spruchverfahrens zu verweigern, obwohl sie die Verschmelzung im Übrigen befürworten.90 Auch wenn die §§ 122h, 122i UmwG keinen konkreten Bezugspunkt und keine näheren Vorgaben für die Zustimmungserklärung benennen, so folgt jedoch aus dem absoluten Bestandsschutz der grenzüberschreitenden Verschmelzung91 und dem Anfechtungsausschluss,92 dass es einer bedingungslosen Zustimmung zur Durch87 Vgl. die Ausführungen über die englische Umsetzung des Vorabbescheinigungsverfahrens, Teil 3 G. III. 1. 88 Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die englischen Klageverfahren, Teil 4 C. II. 89 Widmann/Mayer-Heckschen, § 122h UmwG, Rn. 47; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Hörtnagl, § 122h UmwG, Rn. 7; Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 12; KölnKommUmwGSimon/Rubner, § 122h UmwG, Rn. 8. 90 Semler/Stengel-Drinhausen, § 122h UmwG, Rn. 6. 91 Vgl. die Ausführungen über das Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Teil 3 G. III. 3. 92 §§ 122h Abs. 1, 14 Abs. 2; §§ 122i Abs. 2, 32 UmwG.

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führung des Spruchverfahrens bedarf. Eine an die Entscheidung des Gerichts geknüpfte Zustimmung, wie sie im englischen Recht vorgesehen ist,93 wird vor diesem Hintergrund nicht ausreichen. Denn wie § 4 Abs. 1 Nr. 5 SpruchG zu entnehmen ist, kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst ab dem Tag der Eintragung und mithin nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung gestellt werden. Würde die Zustimmung nun vom Ausgang des Spruchverfahrens abhängig gemacht und im Ergebnis gegebenenfalls verweigert, stünden die Anteilsinhaber der nunmehr erloschenen deutschen Gesellschaft schutzlos dar, da auch eine Anfechtungsklage dann nicht mehr zulässig ist. In der Praxis wird diesem Aspekt bei der Vorbereitung der Beschlüsse auch deshalb besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein, weil sich der Anfechtungsausschluss nach den §§ 122h Abs. 1 14 Abs. 2; §§ 122i Abs. 1, 30 UmwG wohl nicht auf den Einwand einer fehlerhaften Zustimmungserklärung erstrecken wird. Anteilsinhabern der deutschen übertragenden Gesellschaft werden daher zur Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses auf Grundlage einer fehlerhaften Zustimmungserklärung berechtigt sein und den Verschmelzungsbeschluss dann auch mit der Begründung anfechten können, die Kompensationsleistung sei nicht angemessen.94 bb) Antragsbefugnis, § 3 S. 1 Nr. 4, S. 2 SpruchG Wurde die Zustimmung allerdings ordnungsgemäß erteilt, können die anspruchsberechtigten Gesellschafter im Falle eines unangemessenen Umtauschverhältnisses einen Antrag auf Festsetzung eines Ausgleichs durch bare Zuzahlung und im Falle einer unangemessenen Barabfindung einen Antrag auf Festsetzung der angemessenen Barabfindung an das Gericht stellen. Die Anträge unterscheiden sich insofern, als dass die Gerichte nur bezüglich der Barabfindung eine Anpassung des im Verschmelzungsplan Vereinbarten vornehmen können. Eine Anpassung des Umtauschverhältnisses ist hingegen nicht zulässig, so dass sich Minderheitsgesellschafter der deutschen übertragenden Gesellschaft mit einer Zuzahlung in bar abfinden müssen.95 Antragsbefugt ist gemäß § 3 S. 1 Nr. 4 SpruchG jeder in den Umwandlungsvorschriften bezeichnete Anteilsinhaber. Das SpruchG verweist somit auf die Vor-

93 Vgl. die Ausführungen über die Beschlussfassung auf der Hauptversammlung, Teil 3 F. III. 2. g) cc). 94 Begr. RegE, BR Drucks. 548/06, S. 33; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122h UmwG, Rn. 5; Drinhausen/Keinath, BB 2006, S. 725 (731); dies., RIW 2006, S. 81 (85); Lutter/WinterBayer, § 122h UmwG, Rn. 8; Widmann/Mayer-Heckschen, § 122h UmwG, Rn. 59; KallmeyerMarsch-Barner, § 122h UmwG, Rn. 3; Neye/Timm, DB 2006, S. 488 (492); Müller, Der Konzern 2007, S. 81 (84); Haritz/v. Wolf, GmbHR 2006, S. 340 (342 f.). 95 Vetter, AG 2006, S. 613 (622).

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gaben der §§ 122h Abs. 1, 15; §§ 122i Abs. 1, 34 UmwG,96 so dass deren materiellrechtlichen Voraussetzungen auch für die prozessuale Antragsbefugnis gelten.97 Da hinsichtlich des Barabfindungsanspruchs i.S.d. § 122i UmwG nur diejenigen anspruchsberechtigt sind, die auf der Gesellschafterversammlung Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, wohingegen hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs nach § 122h UmwG alle Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft anspruchsberechtigt sind, sind im Rahmen von § 122i UmwG nur die widersprechenden Aktionäre,98 im Rahmen von § 122h UmwG hingegen alle Anteilsinhaber antragsbefugt, ohne dass es auf deren Widerspruch und Abstimmungsverhalten bei Beschlussfassung ankommt.99 Für die Beurteilung der Anteilsinhaberschaft ist allerdings nicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern gemäß § 3 S. 2 SpruchG der der Antragsstellung maßgeblich. Da zu diesem Zeitpunkt die grenzüberschreitende Verschmelzung bereits wirksam geworden und die übertragende Gesellschaft erloschen ist, sind mit Anteilen die der übernehmenden ausländischen Gesellschaft gemeint, die an die Stelle der ursprünglichen Anteile getreten sind.100 Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Verweis auf die Anteilsinhaberschaft an der übertragenden Gesellschaft nach § 3 S. 1 Nr. 4 SpruchG i.V.m. §§ 122h, 122i UmwG folgt, dass aber im Ergebnis nur diejenigen Anteilsinhaber antragsbefugt sind, die unter Einhaltung der anspruchsbegründenden Vorgaben bereits vor der Verschmelzung Anteile an der übertragenden und nach Wirksamwerden der Verschmelzung statt derer Anteile am übernehmenden Rechtsträger im Zeitpunkt der Antragsstellung halten müssen.101 Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft, die bereits vor der Verschmelzung Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gehalten und keine zusätzlichen Anteile im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung erhalten haben, sind dementsprechend nicht antragsberechtigt.

96

Lutter/Winter-Krieger/Mennicke, § 3 SpruchG, Rn. 6. Vgl. Semler/Stengel-Gehling, § 15 UmwG, Rn. 2 zum Verhältnis zwischen § 15 UmwG und § 3 Nr. 4 SpruchG; KölnKommUmwG-Simon, § 34 UmwG, Rn. 4 zum Verhältnis zwischen § 34 und § 3 Nr. 4 SpruchG, allgemein: Fritzsche/Dreier/Verfürth, § 3 SpruchG, Rn. 41. 98 OLG Stuttgart, NZG 2004, S. 1162 (1163); MünchKommAktG-Kubis, § 3 SpruchG, Rn. 14; KölnKommSpruchG-Wasmann, § 3 SpruchG, Rn. 14; Lutter/Winter-Krieger/Mennicke, § 3 SpruchG, Rn. 6 m.w.N. 99 Semler/Stengel-Volhard, § 3 SpruchG, Rn. 4. 100 OLG Stuttgart, NZG 2004, S. 1162 (1163); Simon-Leuering, § 3 SpruchG, Rn. 34; mit Einschränkung, dass für die Antragsbefugnis im Spruchverfahren nur der Widerspruch, nicht aber die negative Zustimmung erforderlich ist: KölnKommSpruchG-Wasmann, § 3 SpruchG, Rn. 14; Fritzsche/Dreier/Verfürth, § 3 SpruchG, Rn. 36. 101 Emmerich/Habersack-Emmerich, § 3 SpruchG, Rn. 12; Bungert/Mennicke, BB 2003, S. 2021 (2025); Wasmann WM 2004, S. 819 ( 822). 97

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cc) Antragsbegründung Gemäß § 4 Abs. 2 SpruchG ist der Antrag innerhalb der 3-Monatsfrist mit dem dort genannten Mindestinhalt zu begründen. In formaler Hinsicht hat der Antragssteller den Anspruchsgegner i.S.d. § 5 SpruchG102 zu benennen und seine Antragsberechtigung i.S.d. § 3 SpruchG darzulegen sowie die konkrete Strukturmaßnahme und die vom Gericht zu bestimmende Art der Kompensation zu beschreiben.103 Auf die vorliegende Untersuchung bezogen muss für das Gericht also erkennbar sein, dass es sich um eine grenzüberschreitende Herausverschmelzung handelt, und auf welche Kompensationsart – bare Zuzahlung oder Erhöhung der Barabfindung – sein Begehren gerichtet ist.104 Kernelement der Antragsbegründung ist jedoch die Begründungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG, welche dem Zweck dient, das Spruchverfahren wesentlich zu beschleunigen und zugleich zu vermeiden, dass mit pauschalen und unspezifischen Rügen missbräuchlich ein aufwendiges und kostspieliges Spruchverfahren in Gang gesetzt werden kann.105 Im Unterschied zur Rechtslage vor Einführung dieses Beibringungsgrundsatzes, nach der die bloße Antragsstellung unter Umständen106 ausreichte und die Gerichte aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes zur umfassenden Prüfung der Angemessenheit der Kompensationsleistung verpflichtet waren107, obliegt es den Antragsstellern nunmehr, konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation oder gegen den ihr zugrundegelegten Unternehmenswert vorzutragen, soweit die in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten Unterlagen diesbezüglich Angaben enthalten. Im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung sind dies der Verschmelzungs- und der Prüfungsbericht. Bloße Pauschaleinwendungen gegen die Berichtsinhalte genügen dementsprechend nicht.108 Es bedarf vielmehr einer konkreten Bewertungsrüge, deren Konkretisierungsgrad sich nach dem Umfang der in den Berichten enthaltenen Angaben109 bestimmt.110 Der Antragssteller hat sich folglich 102 Im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung ist dies die übernehmende ausländische Gesellschaft. 103 Vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1 – 3 SpruchG. 104 Simon-Leuering, § 4 SpruchG, Rn. 43. 105 BegrRegE SpruchG, BT-Drucks. 15/371, S. 13. 106 Vgl. OLG Hamburg, Der Konzern 2005, S. 105 f.; LG Köln, AG 2003, S. 279 (DAT/ Altana). Die Gerichte konnten von einer Aufnahme der Ermittlung und Nachprüfung der Begründetheit absehen, wenn der Sachverhalt infolge nicht erfolgten Vorbringens seitens des Antragsstellers unbestritten blieb, Wittgens, S. 143. 107 Vgl. zur Rechtslage vor Einführung des SpruchG, bspw. Fuhrmann/Linnerz, Der Konzern 2004, S. 265 (269); Pentz, DB 1993, S. 621 (622); Bilda, NZG 2000, S. 296 (298), LG Köln, AG 2003, S. 279 (DAT/Altana). 108 KG Berlin, ZIP 2009, S. 1014 (1015); OLG Frankfurt, NZG 2006, S. 674 (676). 109 Vgl. die Ausführungen über den Verschmelzungsbericht und den Prüfungsbericht, Teil 3 D. II. 1., E. II. 1.

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mit den in den Unterlagen zur Verfügung gestellten Informationen zur Kompensation und zum Unternehmenswert konkret auseinanderzusetzen.111 Je qualitativer und umfangreicher die darin bereitgestellten Informationen, desto höhere Anforderungen werden an die Begründung des Einwands zu stellen sein.112 Im Umkehrschluss sind dementsprechend geringere Anforderungen maßgebend, wenn die Berichte keine oder nur bruchstückhafte Informationen zu den entscheidungserheblichen Aspekten enthalten. Sind die Berichte selbst mangelhaft, so genügt es, wenn die Mängel aufgezeigt und ihre Bedeutung für die Bemessung der Kompensationsleistung erläutert wird.113 Vor dem Hintergrund, dass der Anfechtungsausschluss auch für bewertungsbezogene Informationsmängel greift,114 wird vereinzelt sogar ein Wiederaufleben des Amtsermittlungsgrundsatzes unter Verzicht auf konkrete Bewertungsrügen befürwortet, wenn die Berichte nicht so detailliert gestaltet sind, dass ohne unzumutbaren Aufwand allein aufgrund der darin enthaltenen Information Bewertungsrügen vorgebracht werden können.115 Letztendlich bleibt es aber den Gerichten überlassen, den erforderlichen Konkretisierungsgrad im Einzelfall zu bestimmen.116 Erachtet das Gericht die Begründung als unzureichend, lehnt es den Antrag als unzulässig ab.117 Die Vorabinformation erhält hierdurch eine hervorgehobene Bedeutung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen, die jedoch nicht ganz unproblematisch ist. Denn einerseits steigert zwar eine vollumfängliche und detaillierte Berichterstattung die Anforderungen an die Antragsbegründung und reduziert somit gegebenenfalls die Angriffsmöglichkeiten der Kompensationsleistung. Abgesehen von dem damit einhergehenden gesteigerten Verwaltungs- und Kostenaufwand wird es andererseits nie einen perfekten Informationsbericht geben. Zumal gerade in Bezug auf Bewertungsansätze immer mehrere Alternativen, aber nie eine einzig richtige existieren. Ein Maximum an Transparenz schafft insofern auch gleichzeitig mehr Angriffsfläche. Die Begründungspflicht nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG und die Vorabinformationen nach den §§ 122e, 122f UmwG als deren Korrelat bilden insofern ein zweiseitiges Schwert, dessen Handhabung zur Wahrung der Interessen aller Beteiligten in die Hände der Gerichte gelegt wurde. Zur Vermeidung von Missbräuchen des Verfahrens bleibt zu hoffen, dass die Gerichte im Falle einer umfas110

Land/Hennings, AG 2005, S. 380 (382); Emmerich/Habersack, § 4 SpruchG, Rn. 7. Wittgens, NZG 2007, S. 853 (856); Lutter/Winter-Krieger/Mennicke, § 4 SpruchG, Rn. 19. 112 Vgl. Fuhrmann/Linnerz, Der Konzern 2004, S. 265 (269). 113 Simon-Leuering, § 4 SpruchG, Rn. 47. 114 Vgl. § 243 Abs. 4 S. 2 AktG. 115 Vgl. OLG Frankfurt, AG 2006, S. 293 f.; Meilicke/Heidel, DB 2003, S. 2267 (2269 f.); Emmerich/Habersack, § 4 SpruchG, Rn. 9. 116 BegrReg. SpruchG, BT-Drucks. 15/371, S. 13. 117 Vgl. OLG München, AG 2009, S. 337 (338); OLG Frankfurt, AG 2007, S. 448 (449); OLG Stuttgart, ZIP 2004, S. 1907 (1908); Bungert/Mennicke, BB 2003, S. 2021 (2026); Wasmann, WM 2004, S. 819 (822); Simon-Leuering, § 4 SpruchG, Rn. 17. 111

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senden und detaillierten Berichterstattung strenge Maßstäbe an die Antragsbegründung stellen. Im Falle undurchsichtiger oder oberflächiger Berichterstattung sollte hingegen dem Minderheitenschutz Vorrang gewährt und die Begründungspflicht auf die Anzeige dieser Mängel beschränkt werden. b) Weiterer Verfahrensgang Hält das Gericht die Antragsbegründung für ausreichend, bestellt es auf Antrag der Anteilsinhaber der ausländischen Gesellschaft zu deren Interessenswahrnehmung einen gemeinsamen Vertreter und stellt diesem sowie der ausländischen Gesellschaft als Antragsgegner den Antrag unverzüglich zu, §§ 6 c, 7 Abs. 1 SpruchG. Zugleich wird die übernehmende Gesellschaft aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem bis zu drei Monaten auf die Antragsschrift zu erwidern und die Berichte i.S.d. § 7 Abs. 3 SpruchG bei Gericht einzureichen. Die Stellungnahme wird anschließend dem Antragssteller zugeleitet, woraufhin dieser erneut Gelegenheit erhält, sich auf die Erwiderung des Antragsgegners zu erklären.118 Gemäß § 7 Abs. 6 SpruchG kann das Gericht auch bereits im schriftlichen Vorverfahren einen Sachverständigen zur Klärung von Vorfragen bestellen. Für die daran anschließende mündliche Verhandlung sieht § 8 Abs. 1 SpruchG zusätzlich das persönliche Erscheinen des Sachverständigen vor, welcher im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung den Prüfungsbericht erstellt hat, um Sachverhaltsfragen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu klären und somit eine zeitnahe Entscheidungsfindung seitens des Gerichts zu ermöglichen.119 Den Beteiligten obliegt zusätzlich zur Beibringungspflicht nach § 4 Abs. 2 SpruchG in allen Verfahrensabschnitten eine Verfahrensförderungspflicht, wonach jeder Beteiligte sein Vorbringen so zeitig vorzubringen hat, wie es nach der Verfahrenslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Verfahrensführung entspricht, § 9 Abs. 1 SpruchG. Eine Verletzung der Förderungspflicht durch verspätetes Vorbringen kann gemäß § 10 SpruchG zur Präklusion führen. Ziel dieser Verfahrensregelungen, insbesondere der Einführung der Begründungs- und Förderungspflicht unter gleichzeitiger Rücknahme des Amtsermittlungsgrundsatzes sowie der Einführung einer mündlichen Verhandlung und Fristenregelungen ist es, die überlange Verfahrensdauer120 zu verkürzen und nach Möglichkeit das Verfahren in einer frühen mündlichen Verhandlung zu erledigen.121

118

Vgl. § 7 Abs. 2 – 4 SpruchG. Vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 15/371 S. 15; Emmerich/Habersack, § 8 SpruchG, Rn. 1. 120 KölnKommSpruchG-Riegger, Einl. SpruchG, Rn. 41 Fn. 49; Lutter/Winter-Krieger/ Mennicke, Einl. SpruchG, Rn. 1. 121 Fritzsche/Dreier/Verfürth, Vor §§ 7 – 10 SpruchG, Rn. 3. 119

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c) Rechtsfolgen Aufgrund der mündlichen Verhandlung hat das Gericht anschließend durch einen mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, wobei es wie in allen Verfahrensabschnitten auf eine gütliche Einigung bedacht sein soll.122 Nach den § 11 Abs. 2 und 4 SpruchG ist es dementsprechend auch zulässig, das Verfahren im Wege eines Vergleichs zu beenden. Kommt ein solcher nicht zustande, richtet sich der Beschlussinhalt nach dem Antragsgegenstand, also danach, ob der Antragssteller die Bestimmung einer angemessenen Barabfindung oder die Kontrolle der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses mit Festsetzung einer baren Zuzahlung begehrt. Hält das Gericht die angebotene und beschlossene Kompensation ihrer Art und Höhe nach für angemessen oder sogar für zu hoch, wird der Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Eine Verschlechterung der Kompensationsleistung ist allerdings nicht möglich, so dass das finanzielle Risiko für Minderheitsgesellschafter begrenzt ist und damit zugleich ein gesteigerter Anreiz zur gerichtlichen Überprüfung der Kompensationsleistungen geschaffen wird. Erachtet das Gericht den Antrag für begründet, hat es sowohl die Art als auch die Höhe der Kompensationsleistung genau zu bestimmen.123 Die so neu festgelegte Kompensationshöhe wirkt gemäß § 13 S. 2 SpruchG jedoch nicht nur für die Antragssteller, sondern für alle beteiligten Anteilsinhaber, einschließlich derer, die bereits gegen Barabfindung ausgeschieden sind. Dem Spruchverfahren kommt damit eine besondere Gestaltungswirkung zu, die darin besteht, den der Strukturmaßnahme zugrundeliegenden Entscheidungsakt ex tunc mit Wirkung für alle Beteiligten umzugestalten.124 Auf das damit einhergehende Problem der nicht im Vorfeld kalkulierbaren Liquiditätsgefahr wurde bereits hingewiesen. d) Kosten des Verfahrens Als weitere Besonderheit des Spruchverfahrens ist abschließend die Kostenregelung des § 15 SpruchG hervorzuheben. Kostenschuldner der Gerichtskosten ist danach regelmäßig die übernehmende Gesellschaft, wenn nicht Billigkeitsgründe ausnahmsweise eine teilweise oder gänzliche Kostentragung durch den Antragssteller rechtfertigen, § 15 Abs. 2 SpruchG. Die außergerichtlichen Kosten sind hingegen grundsätzlich von jeder Partei selbst zu tragen, wenn nicht Billigkeitsgründe eine Kostenübernahme durch den Antragsgegner verlangen, § 15 Abs. 4 SpruchG. Auf diesem Weg soll einerseits sichergestellt werden, dass Minderheitsgesellschafter nicht aufgrund der Kostenlast an der Einleitung des Verfahrens ge-

122

Vgl. §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1, 2 SpruchG. Simon-Winter, § 11 SpruchG, Rn. 4. 124 Simon-Simon, § 13 SpruchG, Rn. 6, OLG Hamburg, BB 2002, S. 747 in Bezug auf Unternehmensverträge. 123

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hindert sind, andererseits sollen die außergerichtlichen Kosten verhindern, dass Minderheitsgesellschaften vorschnell und auf Geratewohl Anträge stellen.125 2. Nichtigkeitsklage Unbeachtlich des Spruchverfahrens und dem damit einhergehenden Anfechtungsausschluss können Minderheitsgesellschafter die Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses im Wege der Nichtigkeitsklage nach §§ 241, 249 AktG auf Grundlage der darin angeführten Gründe durch das Gericht feststellen lassen. Klageberechtigt ist jeder Aktionär, ohne ein besonderes Feststellungsinteresse dartun126 und ohne eine Mindestbeteiligung aufweisen zu müssen. Jeder einzelne Aktionär mit nur einer Aktie kann demnach die Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses bis zum Ablauf eines Monats seit Beschlussfassung127 begehren.128 Abgesehen von den speziellen Nichtigkeitsgründen für Beschlüsse über die Veränderung des Grundkapitals nach § 241 Abs. 1 HS. 1 AktG, die hier nicht weiter betrachtet werden sollen, kann sich der Kläger gemäß § 241 AktG insbesondere auf Einberufungsmängel (Nr. 1) und Beurkundungsfehler (Nr. 2) sowie darauf berufen, dass der Verschmelzungsbeschluss nicht mit dem Wesen der Aktiengesellschaft vereinbar ist oder sein Inhalt gegen gläubigerschützende Vorschriften oder die guten Sitten verstößt. Verstöße gegen die in Teil 3 dargelegten Einberufungsvorgaben sind damit nicht nur einer Prüfung durch die Gerichte zugänglich, sondern können insbesondere ein Scheitern der Verschmelzung begründen. Allerdings führt nicht jeder Einberufungs- oder Beurkundungsfehler zur Nichtigkeit des Beschlusses. Wie § 241 Nr. 1 und Nr. 2 AktG abschließend festlegen, ist der Beschluss nur nichtig, wenn die Hauptversammlung gar nicht oder durch einen Unbefugten einberufen wurde, keine oder nur eine unvollständige Bekanntmachung der Einberufung in den Geschäftsblättern i.S.d. § 121 Abs. 3 S. 1 AktG erfolgt ist oder im Falle der Bekanntmachung durch eingeschriebenen Brief einzelne Aktionäre übergangen wurden sowie, wenn das Erfordernis der Beschlussbeurkundung oder dessen Mindestangaben nach § 130 Abs. 2 S. 1 AktG missachtet wurden. Alle weiteren Verfahrensfehler begründen keine Nichtigkeit, sondern die Anfechtbarkeit des Beschlusses.

125

BegrRegE, BT-Drucks. 15/371, S. 17. Münch.HdB.GesR IV-Semler, § 41 Rn. 98. 127 Vgl. § 249 Abs. 1 S. 3 AktG i.V.m. § 14 Abs. 1 UmwG. 128 Wird ein Unbedenklichkeitsverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG seitens der Gesellschaft beantragt, besteht allerdings die Gefahr einer Aufhebung der Bescheinigungssperre durch Freigabebeschluss, wenn der Kläger nicht gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG über einen Anteilsbesitz in Höhe von 1000,– Euro verfügt. 126

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Da sich allerdings die Rechtmäßigkeitsprüfung im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens bereits auf alle Nichtigkeitsgründe erstreckt, dürfte der Nichtigkeitsklage bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen keine bedeutende Rolle zukommen und soll hier keine vertiefende Betrachtung erfahren. 3. Anfechtungsklage Das Kernstück des deutschen Minderheitenschutzes bildet neben dem Spruchverfahren vielmehr die Anfechtungsklage nach §§ 243 ff. AktG, die es Aktionären ermöglicht, gegen die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen gerichtlich vorzugehen. a) Zulässigkeit Aktionären wird danach das Recht eingeräumt, innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung gegen die Gesellschaft Klage beim dem am Sitz der Gesellschaft gelegenen Landgericht zu erheben.129 Gegenstand der Klage ist gemäß § 243 Abs. 1 AktG der Beschluss der Hauptversammlung mit dem in der Niederschrift nach § 130 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AktG festgestellten Inhalt.130 Im Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung bestimmt sich dieser wiederum nach dem Inhalt des Verschmelzungsplans. Zulässigkeitsvoraussetzung ist zunächst, dass die klagebefugten Aktionäre binnen einer Frist von einem Monat ab Beschlussfassung einen hinreichend bestimmten Antrag bei Gericht einreichen, in dem neben weiteren Angaben der angefochtene Beschluss zu bezeichnen ist und insbesondere die Klagegründe darzulegen sind.131 Wie beim Spruchverfahren sind gemäß § 245 Nr. 1 – 2 AktG Aktionäre klagebefugt, die vor Bekanntgabe der Tagesordnung Inhaber von Aktien waren und während der Hauptversammlung Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben. Das Widerspruchserfordernis entfällt, wenn sie an der Versammlung nicht teilnehmen konnten, weil sie zu Unrecht ausgeschlossen wurden oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen wurde. Ein Widerspruch ist ferner gemäß § 243 Abs. 2 AktG entbehrlich, wenn die Anfechtbarkeit des Beschlusses wegen Strebens der Mehrheit nach Sondervorteilen geltend gemacht wird. In allen Fällen ist jedoch erforderlich, dass der Kläger sowohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung als auch bei Eintritt der Rechtshängigkeit Aktionär der Gesellschaft gewesen ist.132 Eine Mindestbeteiligung ist hingegen nicht vorgesehen.133 Die

129 130 131 132

Vgl. §§ 243, 246 AktG. BGHZ 104, 66, 69; BGHZ 76, 191, 197; MünchAnwHdB-Meller, § 38 Rn. 20. § 246 Abs. 1 AktG i.V.m. § 253 ZPO. OLG Düsseldorf, DB 1994, S. 419; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 AktG, Rn. 24.

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Inhaberschaft einer einzigen Aktie mit Nennbetrag von einem Euro genügt bereits,134 wobei auch stimmrechtslose Aktien zur Anfechtung berechtigen.135 Schließlich ist hervorzuheben, dass anfechtende Aktionäre weder eine Verletzung ihrer persönlichen Mitgliedschaftsrechte noch einen sonstigen Nachteil darlegen müssen.136 Das allgemeine Interesse an der Rechtmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen reicht insofern aus. Dementsprechend wird der Anfechtungsklage auch die Funktion einer über die Wahrung der individuellen Aktionärsinteressen hinausgehenden allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle zugesprochen.137 b) Begründetheit Die Klage ist begründet, wenn dem Kläger der Nachweis gelingt, dass der Beschluss auf Grundlage der in § 243 AktG genannten Gründe unwirksam ist. Dazu zählen gemäß der Generalklausel in § 243 Abs. 1 AktG zum einen Gesetzes- oder Satzungsverstöße sowie zum anderen die unzulässige Stimmrechtsausübung zur Verfolgung von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft oder anderer Aktionäre i.S.d. § 243 Abs. 2 AktG. aa) Verletzung von Gesetz oder Satzung, § 243 Abs. 1 AktG Im Hinblick auf die Verletzung von Gesetzen werden im Sinne des § 2 EGBGB alle formellen Gesetze und Rechtsverordnungen sowie ungeschriebene Normen des Gewohnheitsrechts umfasst.138 Letzteres umfasst insbesondere die bereits dargelegte gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.139 Zur Begründung eines Gesetzes- bzw. Satzungsverstoßes kann entweder an das Beschlussverfahren (Verfahrensmängel) oder an den Beschlussinhalt (Inhaltsmängel) angeknüpft werden. Ein Verfahrensfehler liegt vor, wenn die Art und Weise des Zustandekommens des Beschlusses gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Davon umfasst werden sowohl die Vorbereitung und Einberufung der Hauptversammlung als auch deren Durchführung, 133

Siehe aber die im Wege des ARUG eingefügte Einschränkung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG. 134 Raiser/Veil, § 16 Rn. 122; Butzke, S. 512; Hüffer, § 245 AktG, Rn. 5; MünchHdBGesR IV-Semler, § 41 Rn. 47. 135 GroßKommAktG-Schmidt, § 245 AktG, Rn. 13. 136 BGHZ 70, 117 (118); Lutter, AcP 180 (1980), S. 84 (130). 137 BGHZ 107, 296 (308); 70, 117 (118); Schmidt, AG 2009, S. 248 (254); A. Teichmann, JuS 1990, S. 269 (271); GroßKommAktG-Schmidt, § 245 AktG, Rn. 2 f.; Hüffer, § 245 AktG Rn. 3; Lutter, ZGR 1978, S. 347 (349). 138 GroßKommAktG-Schmidt, § 243 AktG, Rn. 9; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 16; KölnKommAktG-Zöllner, § 243 AktG, Rn. 66; MünchAnwHdB-Meller, § 38 Rn. 54. 139 Hüffer, § 243 AktG, Rn. 5.

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einschließlich aller Informationspflichten, der Beschlussfeststellung und deren Protokollierung.140 Dementsprechend können im Rahmen der Anfechtungsklage grundsätzliche alle in Teil 3 dargelegten Verfahrensvorgaben einer richterlichen Überprüfung zugeführt werden und im Zweifel zu einer Aufhebung des Beschlusses führen. Von einem Inhaltsfehler ist hingegen auszugehen, wenn sich der Mangel des Beschlusses nicht auf dessen Zustandekommen, sondern auf die inhaltliche Regelung als Ergebnis der Beschlussfassung bezieht.141 Dementsprechend erfolgt in gewissen Grenzen auch eine inhaltliche Beschlusskontrolle. Da sich je nach Anknüpfungspunkt unterschiedliche Anforderungen an die Qualität des Rechtsverstoßes ergeben, empfiehlt sich eine nach Verfahrens- und Inhaltsfehlern differenzierte Betrachtung. bb) Anfechtbarkeit wegen Verfahrensfehler Die verfahrensrechtlichen Vorgaben zur Beschlussfassung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen sind wie bereits dargelegt142 zahlreich und begründen daher insbesondere mit Blick auf die umfangreichen Informationspflichten ein nicht unbeachtliches Fehlerpotential. Beispielhaft seien an dieser Stelle nur die Prüfungsund Verschmelzungsberichte sowie die Auskunftsrechte und sonstigen Publizitätspflichten vor und während der Hauptversammlung genannt. Vor diesem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, ob tatsächlich jeder kleinste Verfahrensfehler zur Anfechtbarkeit des Beschlusses berechtigt oder entgegen des unbeschränkten Wortlauts des § 243 Abs. 1 AktG zusätzliche Anforderungen an Verfahrensfehler zu stellen sind. Für einige Verfahrensfehler kann bereits den gesetzlichen Vorschriften der § 243 Abs. 3 u. 4 S. 2 AktG sowie den §§ 14 Abs. 2, 32 UmwG Einschränkungen des Anfechtungsrechts entnommen werden.143 (1) Ausschluss elektronischer Übermittlungsfehler gemäß § 243 Abs. 3 AktG Gemäß § 243 Abs. 3 AktG können Anfechtungsklagen nicht auf eine durch technische Störung bedingte Verletzung der Teilnahme- und Stimmrechte gestützt werden, wenn diese auf elektronischem Wege wahrgenommen werden. Der Gesetzgeber begegnet somit den mit der modernen elektronischen Kommunikation 140

Butzke, S. 515. Hüffer, § 243 AktG, Rn. 21. 142 Vgl. die Ausführungen über die Hauptversammlung und den Publizitätspflichten in Teil 3 F. II. 2. 143 Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die Begrenzung des Anfechtungsrechts bei informationsbezogenen Verfahrensfehlern, Teil 4 B. II. 3. b) bb). 141

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verbundenen technischen Übertragungsrisiken. Ein entsprechender Ausschluss gilt insofern auch für Bekanntmachungsfehler im Rahmen der Veröffentlichung der Einberufung in europaweit verbreiteten Medien und der Veröffentlichungspflichten auf der Internetseite der Gesellschaft i.S.d. §§ 121 Abs. 4a, 124a AktG. (2) Ausschluss bewertungsbezogener Informationsfehler gemäß § 243 Abs. 4 S. 2 AktG Darüber hinaus sind gemäß § 243 Abs. 4 S. 2 AktG all diejenigen Beschlussrügen von der Anfechtbarkeit ausgenommen, die sich auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen in der Hauptversammlung über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit der Abfindung oder des Umtauschverhältnisses stützen, vorausgesetzt das Spruchverfahren findet mit Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft Anwendung. Unrichtige Angaben zum Umtauschverhältnis und zu dessen Bemessung, die im Rahmen der Auskunftspflicht nach § 131 AktG oder der Erläuterungspflicht des Vorstandes nach §§ 122a Abs. 2, 64 Abs. 1 S. 2 UmwG zu erfüllen sind, sind dann ausschließlich im Spruchverfahren geltend zu machen. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für fehlerhafte Bewertungsangaben in den Prüfungs- und Verschmelzungsberichten, da diese in der Hauptversammlung gemäß §§ 122a, 64 Abs. 1 UmwG auszulegen sind. Dies ist auch sinnvoll, da die bewertungsbezogenen Informationsrechte wie die Kompensationsansprüche selbst dem vermögensrechtlichen Schutz zu dienen bestimmt sind, zu dessen Wahrung wiederum das Spruchverfahren explizit vorgesehen ist. Der Ausschlussgrund des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG gilt allerdings nur für die in der Hauptversammlung erteilten Informationen. Bewertungsbezogene Informationsmängel, die im Vorfeld der Hauptversammlung begründet liegen, werden von dem Ausschlussgrund somit nicht erfasst.144 Der Großteil der bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu veröffentlichenden Informationen ist jedoch auch vor der Hauptversammlung den Aktionären bereitzustellen.145 Dies gilt insbesondere für die Verschmelzungs- und Prüfungsberichte, die vor der Versammlung in den Geschäftsräumen auszulegen bzw. zu veröffentlichen sind.146 Da die vor und in der Hauptversammlung zu veröffentlichenden Berichte aber in der Regel inhaltsidentisch sind, kann im Ergebnis das gesamte Berichtswesen zur Klagebegründung herangezogen werden kann,147 so dass sich der Ausschlussgrund 144

Begr.RegE, BR-Drucks. 3/05, S. 54; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 47b. Vgl. die Ausführungen über die Publizitätspflichten im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung sowie die Bekanntmachung von Verschmelzungsplan, Verschmelzungsund Prüfungsbericht, Teil 3 F. II. 1., C. II. 4., D. II. 3., E. II. 5. 146 Vgl. die Ausführung über die Auslegungspflicht im Vorfeld der Hauptversammlung, Teil 3 F. II. 2. c) dd). 147 BegrRegE, BR-Drucks. 3/05, S. 54; Schmidt/Lutter-Schwab, § 243 AktG, Rn. 33, ders. NZG 2007, S. 521 (522); Hüffer, § 243 AktG, Rn. 47c, Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 145

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des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG letztendlich überwiegend als wirkungslos erweist. Für die grenzüberschreitende Verschmelzung hat dies zur Folge, dass nach § 243 Abs. 1, 4 S. 2 AktG sowohl nicht bewertungsbezogene als auch bewertungsbezogene in den Verschmelzungs- und Prüfungsberichten enthaltene Informationsfehler grundsätzlich die Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses begründen können.148 Ausgenommen bleiben nur die ausschließlich in der Hauptversammlung erteilten, bewertungsbezogenen Auskünfte. (3) Ausschluss bewertungsbezogener Informationsfehler gemäß §§ 14 Abs. 2, 32 UmwG Fraglich ist, inwiefern sich eine über § 243 Abs. 4 S. 2 AktG hinausgehende Beschränkung aus den §§ 14 Abs. 2 u. 32 UmwG ableiten lässt. Wie bereits mehrfach erwähnt, kann gemäß § 14 Abs. 2 UmwG eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen ist. Eine entsprechende Beschränkung gilt nach § 32 UmwG auch für eine zu niedrig bemessene Barabfindung. § 14 Abs. 2 und § 32 UmwG unterscheiden sich allerdings dadurch, dass sich § 32 UmwG im Gegensatz zu § 14 Abs. 2 UmwG auch auf die nicht ordnungsgemäße Anbietung der Barabfindung im Verschmelzungsplan erstreckt.149 Eine Beschränkung des Anfechtungsrechts in Bezug auf bewertungsbezogene Informationsfehler vor oder in der Hauptversammlung ist allerdings in beiden Vorschriften nicht ausdrücklich vorgesehen. Der BGH hat jedoch in Bezug auf die wortlautidentische Parallelvorschrift § 210 UmwG des § 32 UmwG entschieden, dass abfindungsbezogene Informationsfehler einem nicht ordnungsgemäß unterbreiteten Barabfindungsangebot i.S.d. dritten Tatbestandsvariante des § 210 UmwG entsprechen. Zur Begründung stützt sich das Gericht auf das Argument, dass ein gänzlich nicht angebotenes Abfindungsangebot i.S.d. zweiten Tatbestandsvariante des § 210 UmwG letztendlich das größte Informationsdefizit darstelle, von dem alle weiteren Vorabinformationsrechte tangiert seien. Wenn aber schon bei gänzlichem Fehlen des Abfindungsangebots die Erhebung der Anfechtungsklage ausgeschlossen sein soll, dann muss Entsprechendes erst Recht für das geringere Übel der abfindungsbezogenen Informationsmängel gelten.150 Aufgrund der Wortlautidentität und des identischen Sinns und Zweck der Vorschriften § 32 UmwG und § 210 UmwG ist ein Ausschluss des Anfechtungsrechts 2005, S. 388 (392); Hölters-Englisch, § 243 AktG, Rn. 90; Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG. Rn. 158.11. 148 Raiser/Veil, § 16 Rn. 143 (zu Umwandlungsberichten im Allgemeinen). 149 Im Folgenden als zweite und dritte Tatbestandsvariante bezeichnet. 150 BGHZ 146, 179 =BGH; NJW 2001, S. 1425 (1426 f.); BGH, NJW 2001, S. 1428 (1429 f.).

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bei abfindungsbezogenen Informationsfehlern daher auch bei Verschmelzungen zu befürworten.151 Im Unterschied zu § 243 Abs. 4 S. 2 AktG besteht diesbezüglich auch keine zeitliche Eingrenzung des Anfechtungssauschlusses auf Informationen, die in der Hauptversammlung fehlerhaft erteilt wurden, so dass sowohl vor als auch in der Hauptversammlung fehlerhaft erteilte Informationen von dem Ausschluss nach § 32 UmwG erfasst werden. Folglich sind über § 32 UmwG alle die Barabfindung betreffenden bewertungsbezogenen Informationsfehler unabhängig vom Zeitpunkt der Informationserteilung von der Anfechtung ausgeschlossen und ausschließlich im Wege des Spruchverfahrens geltend zu machen, wenn die ausländische Gesellschaft dessen Durchführung zugestimmt hat.152 Für die Anfechtung verblieben dann nur nicht bewertungsbezogene Informationsmängel. Eine entsprechende extensive Auslegung des § 14 Abs. 2 UmwG ist hingegen nicht möglich, da es der Vorschrift an einer der zweiten und dritten Tatbestandsvariante der §§ 32, 210 UmwG vergleichbaren Erweiterung fehlt.153 In Hinsicht auf das Umtauschverhältnis können somit weiterhin auch bewertungsbezogene Informationsmängel, die vor der Hauptversammlung fehlerhaft erteilt wurden, im Rahmen der Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Dies stärkt zwar den Schutz von Minderheitsgesellschaftern, aus Sicht der Unternehmen ist diese mankobehaftete Regelung jedoch verhängnisvoll. Denn wie die Praxiserfahrung lehrt, stützen sich diejenigen, die sich gegen ein unangemessenes Umtauschverhältnis wenden, in der Regel nicht auf das dafür vorgesehene Spruchverfahren, sondern rügen vielmehr die Verletzung von bewertungsbezogenen Berichts- und Auskunftspflichten im Wege der Anfechtungsklage.154 Eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Leistung einer baren Zuzahlung ist auf diesem Weg zwar nicht möglich, die mit der Erhebung der Anfechtungsklage einhergehende Bescheinigungssperre nötigt die Gesellschaft jedoch unter Umständen, eine anderweite Art der Streitbeilegung zu suchen. Wird die Zustimmung zur Anwendbarkeit des Spruchverfahrens verweigert, greift keiner der Ausschlussgründe, so dass alle Informationsfehler unbeachtlich ihres Erteilungszeitpunkts und ihres Bezugspunkts zur Beschlussanfechtung berechtigen.

151

Kallmeyer-Marsch-Barner, § 32 UmwG, Rn. 2; Semler/Stengel-Gehling, § 32 UmwG, Rn. 5; Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 32 UmwG, Rn. 3; Widmann/Mayer-Wälzholz, § 32 UmwG, Rn. 5; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 18, 47b. 152 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 32 UmwG, Rn. 2; Widmann/Mayer-Wälzholz, § 32 UmwG, Rn. 5. 153 Schmitt/Hörtnagl/Stratz-Stratz, § 14 UmwG, Rn. 30; Widmann/Mayer-Heckschen, § 14 UmwG, Rn. 5; Semler/Stengel-Gehling, 14 UmwG, Rn. 33. 154 Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 53 ff.; Widmann/MayerHeckschen, § 14 UmwG, Rn. 4.

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(4) Einschränkungen nach dem Grundsatz der Fehlerrelevanz gemäß § 243 Abs. 4 S. 1 AktG Dass dies bei der Fülle an Verfahrens- und Informationsfehlern zu keinem vernünftigen Interessensausgleich führt, haben seither auch die Literatur und die Rechtsprechung erkannt. Denn gerade in Fällen, in denen die Ausschlussgründe der § 243 Abs. 4 S. 2 AktG und §§ 32, 14 Abs. 2 UmwG nicht greifen, würden auch solche Normverstöße zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, die erwiesenermaßen keinen Einfluss auf den Beschluss gehabt haben. Seither bestand daher in der Literatur und in der Rechtsprechung des BGH Einigkeit, dass der Wortlaut des § 243 Abs. 1 AktG einschränkend auszulegen ist. Verfahrensfehler, die nicht bereits auf Grundlage des § 241 AktG zur Nichtigkeit des Beschlusses führen oder auf Grundlage des § 243 Abs. 3, 4 S. 2 AktG von der Anfechtbarkeit ausgeschlossen sind, sollen danach nur zur Anfechtung berechtigen, wenn sie einen Einfluss auf das Beschlussergebnis gehabt haben.155 Die Kriterien, nach denen die Einflussnahme zu bestimmen ist, waren hingegen über lange Zeit umstritten. Nach der früheren Rechtsprechung führten Verfahrensfehler nur dann zu Anfechtbarkeit, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen dem gerügten Verstoß und dem angefochtenen Beschlussergebnis nachgewiesen werden konnte. Beweispflichtig war jedoch nicht der Anfechtungskläger, sondern die Gesellschaft. Ihr oblag die Pflicht, die Umstände darzutun und zu beweisen, aus denen sich ergab, dass der Verfahrensfehler keine Auswirkungen auf das Beschlussergebnis hatte.156 Dementsprechend wurde auch von dem Erfordernis einer „potentiellen Kausalität“ des Verstoßes gesprochen.157 Diese Kausalitätslehre führte aber zu dem Ergebnis, dass Verfahrensfehler bereits dann vom Anfechtungsrecht ausgenommen waren, wenn der Beschluss auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Beschlussfassung zustande gekommen wäre. Die Mehrheit konnte somit letztendlich Verfahrensstöße legitimieren,158 so dass selbst bei offensichtlich gesetzwidrigen Vorstandsberichten und Auskunftsverweigerungen die Aktionäre schutzlos gestellt waren.159 Die Rechtsprechung versuchte zunächst diesem Schutzdefizit zu begegnen, indem sie – zumindest bei Informationsmängeln – das Kausalitätserfordernis einer wertenden Betrachtung unterstellte. Entscheidend war danach nicht mehr, ob die an der Gültigkeit des Beschlusses interessierte Aktionärsmehrheit den Beschluss in jedem Fall gefasst hätte, sondern ob ein objektiv urteilender Aktionär ohne den Verfahrensverstoß bzw. in Kenntnis der ihm zu offenbarenden Umstände anders

155

Vgl. KölnKommAktG-Zöllner, § 243 AktG, Rn. 80 ff.; MünchAnwHdB-Meller, § 38 Rn. 58 f.; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 12; Raiser/Veil, § 16 Rn. 137 jeweils m.w.N. 156 BGHZ 49, 209 (211); 36, 121 (139); 14, 264 (269) allerdings zur GmbH, RGZ 167, 151 (165). 157 KölnKommAktG-Zöllner, § 243 AktG. Rn. 80. 158 MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG. Rn. 30. 159 MünchAnwHdB-Meller, § 38 Rn. 58c.

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abgestimmt hätte, als dies in der Hauptversammlung tatsächlich geschehen ist.160 Die Ursächlichkeit des Fehlers für das Beschlussergebnis bestimmte sich insofern nicht mehr nach dem Mehrheitswillen, sondern nach der Bedeutung des Fehlers für die Willensbildung eines objektiven Aktionärs. Die Literatur sprach sich hingegen für eine vollständige Loslösung vom Kausalitätserfordernis aus und befürwortete stattdessen eine wertende Betrachtung, wonach nicht die Kausalität des Verfahrensfehlers für das Beschlussergebnis, sondern die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitgliedschafts- und Mitwirkungsrechte nach dem Maßstab eines objektiven urteilenden Aktionärs ausschlaggebend sein soll. Dem Beschluss muss insofern ein Legitimationsdefizit anhaften, das bei wertender, am Schutzzweck der Norm orientierter Betrachtung die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit rechtfertigt.161 Die Rechtsprechung hat sich dieser Auffassung heute angeschlossen162 und mittlerweile auch für nicht-informationsbezogene Verfahrensfehler anerkannt,163 so dass Verfahrensverstöße nur noch von der Anfechtbarkeit ausgeschlossen sind, wenn ihnen die erforderliche Relevanz für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre abzusprechen ist.164 Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Gedanken im Rahmen des UMAG165 aufgegriffen und zumindest für Informationsfehler in § 243 Abs. 4 S. 1 AktG kodifiziert. Unvollständige, unrichtige oder verweigerte Informationen berechtigen danach nur zur Anfechtung, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Für die Frage, welche Verfahrens- und Informationsfehler im Rahmen von Verschmelzungen konkret zur Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses führen können, wird auf die umfassende Darstellung von Heckschen und die aufschlussreiche Studie von Baums, Drinhausen und Keinath verwiesen.166

160

BGHZ 122, 211 (238); 119, 1 (18 f.); 107, 296 (307); 36, 121 (139 f.). KölnKommAktG-Zöllner, § 243 AktG, Rn. 81; GroßKommAktG-Schmidt, § 243 AktG, Rn. 21 ff.; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 29; MünchHdBGesR IV-Semler, § 41 Rn. 29; Hölters-Englisch, § 243 AktG, Rn. 18; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 12 ff.; Happ-Tielmann, Kap. 18.01 Rn. 12b; Raiser/Veil, Rn. 137; Bayer/Habersack-Raiser, Kap. 14 Rn. 32 f.; Henssler/Strohn-Drescher, § 243 AktG, Rn. 7. 162 BGHZ, 153, 32 (36 f.); 149, 158 (163 ff.); BGHZ 160, 385 (392). 163 BGHZ, 160, 253 (255). 164 BGHZ 153, 32, MünchHdBGesR IV-Semler, § 41 Rn. 29. 165 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22. 09. 2005, BGBl. 2005, 2802, hier Art. 1 Nr. 20 UMAG. 166 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.6; Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 53 – 57. 161

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cc) Anfechtbarkeit von Inhaltsfehlern (Inhaltliche Beschlusskontrolle) Ein Inhaltsfehler liegt vor, wenn die von der Hauptversammlung im Beschluss getroffene Regelung nicht dem Gesetz oder der Satzung entspricht, ohne von vornherein nach § 241 AktG nichtig zu sein.167 Ein Verstoß gegen konkrete Einzelvorschriften ist allerdings eher selten, da der Großteil der in Betracht kommenden Verstöße bereits durch die Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe des § 241 Nr. 3 AktG und der §§ 251, 254, 255 AktG erfasst werden.168 Als Verstoß gegen Einzelvorschriften kommt daher vorwiegend nur ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 122c UmwG in Betracht. Da der Verschmelzungsplan Gegenstand und somit Inhalt des Verschmelzungsbeschlusses ist, begründet ein unvollständiger Verschmelzungsplan, der die gesetzlichen Mindestangaben nicht oder nicht vollständig enthält, ein Anfechtungsrecht.169 Im Vordergrund inhaltlicher Fehler stehen jedoch Verstöße gegen die gesellschaftsrechtlichen Generalklauseln, namentlich die bereits dargelegte mitgliedschaftliche Treuepflicht und das Gleichbehandlungsgebot aus § 53a AktG.170 Die im Beschluss niedergelegte Regelung muss sich danach nicht nur dem erforderlichen Mehrheitsquorum, sondern auch einer inhaltlichen Überprüfung durch das Gericht stellen, deren Anforderungen sich aus eben diesen Generalklauseln ergeben.171 Die Inhaltskontrolle dient insofern dem Zweck, die Einhaltung der bereits dargelegten Schranken der Mehrheitsmacht sicherzustellen und stellt somit das Korrelat zum Mehrheitsprinzip dar. Wie eingangs ausgeführt,172 liegt ihr die Annahme zugrunde, dass Aktiengesellschaften einen Zweckverband darstellen, zu dem sich die Aktionäre zusammengeschlossen haben, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen, und dass sich die Aktionäre aus rechtstechnischer Notwendigkeit der Mehrheitsherrschaft unterworfen haben. Daraus folgt zugleich auch, dass sich die Minderheit nur soweit der Mehrheit unterwerfen will, wie der Mehrheitswille auf die Verfolgung des gemeinsamen (Gesellschafts-)Zwecks gerichtet ist173 und wie ihre mitgliedschaftlichen Rechte im Hinblick auf Gesetzmäßigkeit, Satzungsmäßigkeit, Gleichberechtigung und Uneigennützigkeit gewahrt werden. Die Legitimation der Mehrheit endet daher dort, wo die Mehrheitsentscheidung nicht mehr ausschließlich der funktionsgerechten verbandlichen Zweckerfüllung dient, sondern willkürliche oder eigensüchtige Ziele verfolgt. Die Inhaltskontrolle knüpft hieran an und er-

167

MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 42. MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 43. 169 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.7.4. 170 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsschranken der Mehrheit, Teil 3 F. II. 4. 171 MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 47. 172 Vgl. die Ausführungen über die Legitimation des Mehrheitsprinzips und den Minderheitsbegriff, Teil 2 C. II. 3. a). 173 Rübsaamen, S. 2. 168

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möglicht eine gerichtliche Mehrheitskontrolle zum Schutz der Minderheit vor nicht legitimierten Mehrheitsentscheidungen. Mit Blick auf den Minderheitenschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen hat der Gesetzgeber die verschmelzungsbedingte Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung der Aktionäre sowie die Geltung des Mehrheitsprinzips ausdrücklich für zulässig befunden. Die Gesellschafter sind daher nur hinsichtlich ihrer Vermögensstellung nach dem Grundsatz der Wertäquivalenz174 vor Vermögenseinbußen zu schützen.175 Dieser Vermögensschutz wird allerdings bereits durch die §§ 122h, 122i UmwG gewährleistet, soweit sie anwendbar sind. Ansonsten gibt es im Verschmelzungsrecht keinen Grundsatz, dass den Anteilsinhabern auch nach der Verschmelzung eine art- und funktionsgleiche Beteiligung zusteht.176 Die verschmelzungsbedingte Veränderung der Rechtsstellung ist insofern von der Minderheit hinzunehmen.177 Dies gilt im Lichte der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht jedoch nur soweit, wie die Beeinträchtigung der Mitgliedschaft nicht missbräuchlich oder willkürlich ist. Verschmelzungen, die zu einer nicht verschmelzungsbedingten Verschlechterung der Rechtsstellung der Minderheit führen und die die Mehrheit in art- und funktionswidriger Weise einsetzt, um sich selbst eine verbesserte Position zu verschaffen, stellen hingegen einen treuwidrigen Missbrauch der Mehrheitsherrschaft dar, der nicht mehr der gemeinsamen Zweckerfüllung dient und als nicht mehr legitimierter Mehrheitsbeschluss anfechtbar ist.178 Ein Anfechtungsrecht kommt demnach insbesondere in Betracht, wenn die Verschmelzung art- und funktionswidrig dafür eingesetzt wird, die Rechtsstellung von Anteilsinhabern durch eine Kapital- oder Stimmrechtsverwässerung außenstehender Aktionäre zu schmälern,179 zum Beispiel um die Beteiligung von Minderheitsaktionären unter bestimmte Beteiligungsschwellen zu drücken und somit ein Squeeze-Out Verfahren zu ermöglichen.180 Wird die Zustimmung zur Durchführung des Spruchverfahrens allerdings nicht erteilt, lebt der vermögensrechtliche Schutz der Anfechtungsklage vollumfänglich wieder auf und berechtigt die Aktionäre des Weiteren, den Verschmelzungsbeschluss

174

Vgl. KölnKommUmwG-Simon, § 2 UmwG, Rn. 80 ff. BVerfGE 14, 263 (284). 176 KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 100. 177 BGH, Der Konzern 2005, S. 650 (653); OLG Frankfurt, ZIP 2006, S. 370 (373); KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 101. 178 OLG Frankfurt, ZIP 2006, S. 370 (373); ähnlich: BGH, Der Konzern 2005, S. 652 (653); Decher, Der Konzern 2005, S. 621 (624); KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 101; Semler/Stengel-Gehling, § 13 UmwG, Rn. 24. 179 Semler/Stengel-Gehling, § 14 UmwG, Rn. 14; KölnKommUmwG-Simon, § 13 UmwG, Rn. 102, Lutter/Winter-Drygala, § 13 UmwG, Rn. 40. 180 Hanseatisches OLG, DB 2008, S. 2199 ff. (zur Ermöglichung eines Squeeze-Outs durch vorherige Verschmelzung; in der Sache allerdings abgelehnt). 175

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auch wegen der Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses181 oder der Barabfindung182 anzufechten. Dies folgt bereits aus dem Umkehrschluss zu §§ 122h, 14 Abs. 2, 122 i, 32 UmwG, da ein Anfechtungsausschluss andernfalls überflüssig wäre. Nach der Rechtsprechung des OLG Stuttgarts183 zur Ausgliederung können sich Minderheitsgesellschafter aber auch auf eine Verletzung der Treuepflicht seitens des Mehrheitsgesellschafters berufen. Auf Grundlage des treuepflichtigen Gebots zur Rücksichtnahme entschied das Gericht, dass dem Mehrheitsgesellschafter im Rahmen der Beschlussfassung über die Ausgliederung der Gesellschaft die Pflicht obliegt, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu wahren und eine Schädigung der in der Gesellschaft verkörperten wirtschaftlichen Interessen zu verhindern. Der Mehrheitsgesellschafter hat danach Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Unternehmensbewertungen zutreffen und ein angemessener Ausgleich für die übertragenen Vermögenswerte der Gesellschaft gewährt wird, so dass ein Treuepflichtverstoß gegeben ist, wenn die gewährten Anteile gemessen am übertragenen Vermögen zu niedrig bemessen sind.184 Ferner können Minderheitsgesellschafter Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz i.S.d. § 53a AktG185 rügen, wobei diese bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen eher selten gegeben sein dürften. Minderheitsaktionäre können hingegen nicht geltend machen, dem Verschmelzungsbeschluss fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung oder er würde in unverhältnismäßiger Weise in ihre Gesellschafterinteressen eingreifen. Eine materielle Beschlusskontrolle findet insofern auf Verschmelzungsbeschlüsse keine Anwendung.186 Eine Einschränkung des Anfechtungsrechts wie bei Verfahrensfehlern besteht bei Inhaltsfehlern wiederum nicht. Ein Kausalitäts- oder Relevanzerfordernis ist diesbezüglich auch nicht sinnvoll, da sich die Rechtswidrigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht wie bei Verfahrensfehlern in Ursache und Wirkung zerlegen lässt.187

181 BegrRegE., BT-Drucks. 16/2919, S. 14/16; Widmann/Mayer-Heckschen, § 122h UmwG, Rn. 59; Neye/Timm, DB 2006, S. 488 (492); Kiem, WM 2006, S. 1091 (1097 f.); KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122h UmwG, Rn. 13; Henssler/Strohn-Polley, § 122h UmwG, Rn. 9; Semler/Stengel-Drinhausen, § 122h UmwG, Rn. 5; Lutter/Winter-Bayer, § 122h UmwG, Rn. 9 m.w.N. 182 Kiem, WM 2006, S. 1091 (1097); KölnKommUmwG-Simon/Rubner, § 122i UmwG, Rn. 14; Lutter/Winter-Bayer, § 122i UmwG, Rn. 22 m.w.N. 183 OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 1. 2004 – 20 U 3/03, DB 2004, S. 749. 184 Vgl. OLG Stuttgart, DB 2004, S. 749 (751). 185 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkung im Wege des Gleichbehandlungsgebots, Teil 3 F. II. 4. a). 186 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkung im Wege der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, Teil 3 F. II. 4. b). 187 MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 31.

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dd) Anfechtbarkeit wegen Verfolgung von Sondervorteilen Schlussendlich kann ein Anfechtungsgrund nach § 243 Abs. 2 AktG gegeben sein, wenn Aktionäre versuchen, mit der Ausübung ihres Stimmrechts Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder anderer Aktionäre zu erlangen, ohne dass diesen durch den Beschluss ein angemessener Ausgleich gewährt wird. Unter Sondervorteilen werden solche Vorteile zusammengefasst, die bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige und mit den Interessen der Gesellschaft oder denen der Aktionäre unvereinbare Bevorzugung erscheinen.188 Von einer sachwidrigen Bevorzugung ist auszugehen, wenn der Vorteil nicht all denjenigen Beteiligten zufließt, die sich gegenüber der Aktiengesellschaft in vergleichbarer Lage befinden, es an einer wirtschaftlichen Rechtfertigung fehlt oder die Vorteilsgewährung vom Gewöhnlichen abweicht.189 Der Vorschrift ist allerdings geringe Bedeutung beizumessen, da sie sich im Wesentlichen mit dem Gedanken des treuerechtlichen Missbrauchs- und Willkürverbots deckt, im Vergleich hierzu aber strengere Anforderungen an einen anfechtungsbegründenden Verstoß stellt.190 Dies folgt bereits daraus, dass der betreffende Aktionär den Sondervorteil vorsätzlich erstrebt haben und der Beschluss zur Schadensbegründung geeignet sein muss.191 Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, entfallen die Rechtswidrigkeit des Sondervorteils und damit die Anfechtbarkeit des Beschlusses, wenn der geschädigten Gesellschaft oder den geschädigten Aktionären ein Nachteilsausgleich zufließt.192 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass auch die Rechtsprechung nur selten ein Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 243 Abs. 2 AktG bejaht.193 c) Rechtsfolgen: Bescheinigungssperre Wie im Zuge des Vorabbescheinigungsverfahrens dargelegt,194 begründet bereits die fristgerechte Erhebung einer zulässigen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage eine Bescheinigungssperre, die einer zeitnahen Vollendung der grenzüberschreitenden Verschmelzung bis zur Beendigung des Anfechtungsverfahrens entgegensteht. Minderheitsgesellschafter werden somit vor einem unwiderruflichen Wirksamwerden unrechtmäßiger Verschmelzungen umfassend geschützt.

188

BGH, NJW 1998, S. 2054. MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 78. 190 Spindler/Stilz-Würthwein, § 243 AktG, Rn. 180; Raiser/Veil, § 16 Rn. 154; Hüffer, § 243 AktG, Rn. 31; Hölters-Drescher, § 243 AktG, Rn. 28, Butzke, S. 518; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 AktG, Rn. 72. 191 MünchHdBGesR IV-Semler, § 41 Rn. 31. 192 Hüffer, § 243 AktG, Rn. 31; Hölters-Drescher, § 243 AktG, Rn. 30. 193 Vgl. Raiser/Veil, § 16 Rn. 154. 194 Vgl. die Ausführungen über die Vorabbescheinigung in Deutschland, Teil 3 G. II. 1. a). 189

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Die damit einhergehende Verzögerung kann allerdings erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Nachteile für die beteiligten Gesellschaften begründen.195 So führt eine Verzögerung zwangsläufig zu einer Veränderung der wirtschaftlichen Daten, auf deren Grundlage die grenzüberschreitende Verschmelzung geplant wurde, so dass die mit ihr verfolgten Synergieeffekte möglicherweise gefährdet sind. Darüber hinaus steigt mit der Dauer des Klageverfahrens die Gefahr, dass das im Verschmelzungsplan festgesetzte Umtauschverhältnis unrichtig wird und somit spätere Spruchverfahren provoziert werden, die wiederum die potenzielle Gefahr eines nachträglichen Liquidationsabflusses bei der übernehmenden Gesellschaft begründen.196 Da die Dauer von Klageverfahren sowie die die Wirtschaftslage der verschmelzenden Gesellschaften bestimmenden Marktbedingungen nur schwer vorhersehbar sind, führt bereits allein die Möglichkeit einer Bescheinigungssperre zu einem nicht unbeachtlichen Kalkulationsrisiko der beteiligten Gesellschaften. Des Weiteren besteht die Gefahr der Verfristung der ausländischen Vorabbescheinigung. Denn unabhängig von der Verschmelzungsrichtung dürfen die Vorabbescheinigungen im Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL nicht älter als sechs Monate nach ihrer Erteilung sein, Art. 11 Abs. 2 VRL. Solange eine Anfechtungsklage anhängig ist, kann jedoch die Negativerklärung der deutschen Gesellschaft und damit eine Vorabbescheinigung seitens des deutschen Registers nicht erteilt werden. Im Falle einer Hereinverschmelzung kann ebenfalls eine Eintragung bis zur Beendigung des Rechtsstreits nicht vorgenommen werden. Überschreitet nun die Dauer des Anfechtungsverfahrens die 6-monatige Bescheinigungsfrist,197 bedarf es folglich einer erneuten Erteilung der Vorabbescheinigung seitens der ausländischen Behörde. Wie bereits im Rahmen des englischen Genehmigungsverfahrens aufgezeigt wurde, kann dies unter Umständen einen erneuten Anfechtungsprozess seitens der englischen Aktionäre auslösen, der aufgrund der aufgezeigten Umstandsveränderungen dann wiederum möglicherweise Erfolg haben könnte. Den Minderheitsgesellschaftern wird dementsprechend mit der Anfechtungsklage ein sehr mächtiges Schutzinstrument an die Hand gegeben, mit dem sie die erfolgreiche Durchführung der Verschmelzung selbst dann gefährden können, wenn sich die Klage letztendlich als unbegründet erweist. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen gilt dies insbesondere dann, wenn die Aktionäre der ausländischen Gesellschaft die Zustimmung zur Durchführung eines Spruchverfahrens verweigern und damit alle bewertungsbezogenen Informationsfehler und die Unangemessenheit der Kompensationsleistungen zur Anfechtung berechtigen. 195

Ausführlich hierzu: Rettmann, S. 132 ff. Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 99. 197 Der von Baums/Drinhausen/Keinath für den Zeitraum 2008 – 2011 ermittelte Mittelwert beläuft sich auf 108 Tage, wobei nicht selten Anfechtungsklagen auch von 150 bis zu 300 Tagen dauern können, ebendort, S. 68 f. 196

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d) Missbrauchsgefahr Für Minderheitsgesellschafter wird somit einerseits ein umfangreicher Schutz vor unrechtmäßigen Verschmelzungsbeschlüssen eingeräumt, andererseits begründet das Anfechtungsregime die Gefahr, dass sog. ,Berufskläger‘ die Gesellschaft mit der Erhebung einer Klage unter Druck setzen, um sich den ,Lästigkeitswert‘ der Klage von einer der beteiligten Gesellschaften abkaufen zu lassen. Dies verdeutlicht die empirische Auswertung von Anfechtungsklagen aus dem Zeitraum 2008 – 2011 von Baums, Drinhausen und Keinath. An 78 % aller erfassten Anfechtungsklagen waren sog. ,Berufskläger‘ beteiligt,198 wobei der überwiegende Teil gegen Beschlüsse mit ,Hebelwirkung‘ i.S.d. Bescheinigungs- oder Registersperre gerichtet war199 und dementsprechend auch Verschmelzungsbeschlüsse betraf.200 Zugleich wurden 72 % der von Berufsklägern betriebenen Anfechtungsklagen durch einen Vergleich beendet,201 wobei der Vergleichswert in der Regel weit über dem gerichtlich festgelegten Streitwert bzw. der Obergrenze von 500.000,– Euro i.S.d. § 247 AktG lag,202 obwohl die Berufskläger in der Regel nur über eine sehr geringe Beteiligungshöhe verfügten.203 e) Verteidigungsinstrumente der Gesellschaft gegen Anfechtungsklagen Zugunsten der betroffenen Gesellschaft bzw. der Mehrheitsgesellschafter sehen die Rechtsprechung und das Gesetz vereinzelte Abwehrinstrumente vor, um sich gegen missbräuchlich oder ungerechtfertigt erhobene Anfechtungsklagen zu wehren. Dies sind vorrangig der Einwand der missbräuchlichen Rechtsausübung, der Bestätigungsbeschlusses nach § 244 AktG und das Unbedenklichkeitsverfahrens nach §§ 122k Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 3 UmwG. aa) Einwand des Rechtsmissbrauchs Gegen missbräuchlich erhobene Anfechtungsklagen, kann sich die Gesellschaft grundsätzlich auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht berufen. Da der Anfechtungskläger in diesem Fall die beklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung versucht zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hat und billi198

Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 33 f. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 36, 49. 200 Von insgesamt 30 der im Zeitraum 2008 bis 2011 untersuchten Umwandlungsbeschlüsse wurden 12 im Wege der Anfechtungsklage angefochten, vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 52 f. 201 Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 72 f., 87. 202 Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 86. 203 Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 89 f. 199

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gerweise auch nicht erheben kann,204 kann eine missbräuchlich erhobene Anfechtungsklage grundsätzlich einen gesellschaftsrechtlichen Treuepflichtverstoß seitens des Minderheitsgesellschafters begründen.205 Dies nachzuweisen, dürfte der beweisbelasteten Gesellschaft aber eher nur in Ausnahmefällen gelingen, da die sog. ,Berufskläger‘ ihre Absicht selten kundtun dürften.206 Gleichzeitig ist es für einen Nachweis unzureichend, wenn sich die Gesellschaft auf hierauf hinweisende Umstände, wie z. B. ein vergleichbares früheres Verhalten der Berufskläger, eine besonders niedrige Beteiligung oder versteckte Andeutungen der Käuflichkeit, berufen.207 Aufgrund der strengen Maßstäbe der Rechtsprechung erweist sich die treuerechtliche Beschränkung der Eingriffsmacht von Minderheitsgesellschaftern daher als überwiegend wirkungsloses Verteidigungsinstrument der Gesellschaft. bb) Bestätigungsbeschluss, § 244 AktG § 244 AktG sieht für anfechtbare Hauptversammlungsbeschlüsse ferner die Möglichkeit vor, den angefochtenen Ausgangsbeschluss durch Mehrheitsbeschluss zu bestätigen und somit der Anfechtungsklage ihre Grundlage zu entziehen. In Abgrenzung zu einer Neuvornahme liegt eine Bestätigung vor, wenn die Hauptversammlung in einem neuen Beschluss erklärt, dass sie den anfechtbaren Ausgangsbeschluss trotz seiner Mängel anerkennen will.208 Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Ausgangs- und der Bestätigungsbeschluss inhaltlich übereinstimmen. Wenn aber eine Inhaltskorrektur ausgeschlossen ist, erstrecken sich Inhaltsfehler des Ausgangsbeschlusses zwangsläufig auch immer auf den bestätigenden Zweitbeschluss, so dass dieser ebenfalls anfechtbar ist.209 Im Ergebnis werden Inhaltsfehler damit nicht von dem Anwendungsbereich des § 244 AktG erfasst. Eine nachträgliche Heilung anfechtbarer Beschlüsse ist daher nur soweit möglich, wie die Anfechtbarkeit auf Verfahrensfehlern beruht.210 § 244 AktG erlaubt der Gesellschaft somit insbesondere, Verletzungen der Informations- und Einsichtsrechte wie auch Fehler bei der Beschlussfeststellung auf vereinfachten Wege zu heilen.211 Im Unterschied zu einer Neuvornahme bedarf es insbesondere keiner 204

Bayer/Habersack-Raiser, S. 645 f. BGHZ 107, 296 (311); 112, 9 (24); ZIP 1990, S. 168. 206 OLG Frankfurt, NZG 2009, S. 222 als seltenes Beispiel für einen gelungenen Nachweis; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 41. 207 Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 65; Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 100. 208 Manz/Mayer/Schröder-Mayer, Rn. 687. 209 Hüffer, § 244 AktG, Rn. 2a; Hölters-Englisch, § 244 AktG, Rn. 6. 210 BGH, AG 2006, S. 156, BGHZ 104, 66 (69); OLG Dresden, AG 2001, S. 489 (491); OLG Stuttgart, NZG 2004, S. 822 (823). 211 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.10.9. 205

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Aktualisierung des Verschmelzungs- und des Prüfungsberichts.212 Dies gilt allerdings nur soweit, wie die Unterlagen bei der Hauptversammlung des Ausgangsbeschlusses auch fehlerfrei waren, d. h. inhaltlich richtig und vollständig zugänglich gemacht wurden. Andernfalls sind die Informationsfehler zu beheben.213 Folgt man der Ansicht von Heckschen,214 dürfte sich die besondere Bedeutung des § 244 AktG auch daraus ergeben, dass es für den Bestätigungsbeschluss selbst dann nur der einfachen Mehrheit bedarf, wenn es für den Ausgangsbeschluss einer qualifizierten Mehrheit bedurfte, wie es bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung der Fall ist. Wird jedoch die Zustimmung zur Durchführung des Spruchverfahrens versagt, wird der Heilungsmöglichkeit nach § 244 AktG nur noch geringe Bedeutung zukommen, weil dann ein anfechtbarer Inhaltsmangel in Form der Unangemessenheit der Kompensationsleistung gerügt werden kann, welcher nicht nach § 244 AktG geheilt werden kann. Ansonsten wird der Bestätigungsbeschluss mit Ablauf der Anfechtungsfrist wirksam, so dass der anfechtbare Ausgangsbeschluss mit ex-nunc Wirkung materiell-rechtliche Heilung erlangt.215 Mit Heilung des Beschlusses tritt zugleich Erledigung der gegen den Ausgangsbeschluss erhobenen Anfechtungsklage ein.216 Den Anfechtungsklägern bleibt zwar vorbehalten, ihren Klageantrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Ausgangsbeschlusses für den Zeitraum zwischen dem Erlass des ursprünglichen und dem Bestätigungsbeschluss zu ändern, wenn sie ein rechtliches Interesse daran darlegen können.217 Die Eintragungs- bzw. Bescheinigungssperre entfällt jedoch, so dass der Weg zur Durchführung der Verschmelzung wieder offen ist. Dies gilt jedoch nur soweit der Bestätigungsbeschluss selbst nicht angefochten wird. Darüber hinaus sind auch im Rahmen des Bestätigungsbeschlusses die Einberufungs- und Bekanntmachungsfristen zu wahren, was wiederum eine gewisse Zeit und Kosten in Anspruch nimmt. Diese wird zwar stets kürzer ausfallen als die Dauer einer zu Ende geführten Anfechtungsklage. Selbst wenn die Gesellschaft aber diese Verzögerung hinnimmt, erhält sie damit immer noch nicht die Gewähr einer anschließenden ungehinderten Durchführung der Verschmelzung, da Minderheitsgesellschafter eben auch gegen den Bestätigungsbeschluss Anfechtungsklage erheben können. Des Weiteren werden im Rahmen von Anfechtungsklagen vor allem 212 OLG Karlsruhe, NZG 1999, S. 604; Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.10.10. 213 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.10.10. 214 Widmann/Mayer-Heckschen, § 13 UmwG, Rn. 163.10.12. 215 GroßKommAktG-Schmidt, § 244 AktG, Rn. 12 f.; MünchKommAktG-Hüffer, § 244 AktG, Rn. 11; Spindler/Stilz-Würthwein, § 244 AktG, Rn. 4; Hölters-Englisch, § 244 AktG, Rn. 8. 216 BGH, BGHZ 157, 260 (210 f.); Hüffer, § 243 AktG, Rn. 6 f. 217 Spindler/Stilz-Würthwein, § 243 AktG, Rn. 54.

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auch Informationsfehler in den Berichten gerügt.218 Da diese aber nicht durch einen Bestätigungsbeschluss behoben werden können, sondern der inhaltlichen Ausbesserung bedürfen, ist ein Bestätigungsbeschluss bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen insbesondere dann wenig erfolgversprechend, wenn die Zustimmung zum Spruchverfahren nicht erteilt wurde. Denn dann können die Minderheitsgesellschafter sowohl bewertungsbezogene Informationsfehler als auch die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses im Wege der Anfechtungsklage rügen, die nicht nach § 244 AktG geheilt werden können. cc) Unbedenklichkeitsverfahren, §§ 122k Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 3 UmwG Erfolgversprechender erscheint daher eine Abwendung der Anfechtungsklage und der Bescheinigungssperre im Wege des Freigabeverfahrens nach §§ 122k Abs. 1 S. 2, 16 Abs. 3 UmwG. Danach kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft und auf Grundlage der näheren Angaben des § 16 Abs. 3 UmwG durch einen Freigabebeschluss feststellen, dass die Klageerhebung nicht der Eintragung der Verschmelzung entgegensteht. Während für das Vorabbescheinigungsverfahren und die Verweigerung der Bescheinigung zunächst das Registergericht zuständig ist, sind Unbedenklichkeitsverfahren nach § 16 Abs. 3 S. 7 UmwG ausschließlich den Oberlandesgerichten zugewiesen, welche gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 UmwG in der Regel binnen drei Monaten über den Antrag zu entscheiden haben. Eine Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen.219 Die so bewirkte Rechtswegverkürzung soll der Beschleunigung des Verfahrens dienen,220 an dessen Entscheidung das Registergericht wiederum gebunden ist.221 Ein die Bescheinigungssperre aufhebender Beschluss kann jedoch nur unter den in § 16 Abs. 3 UmwG genannten Voraussetzungen ergehen, die durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG)222 mit dem Ziel geändert wurden, missbräuchlichen Klagen entgegenzutreten.223 Danach hat das Oberlandesgericht den Beschluss nur zu erlassen, wenn die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, der Kläger im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung keine Mindestbeteiligung in Höhe von 1.000,– Euro hielt oder das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die 218 Vgl. die Ausführungen über den Anfechtungsausschluss nach § 32 UmwG, Teil 4 B. II. 3. b) bb) (3). 219 Vgl. § 16 Abs. 3 S. 7 UmwG. 220 Rechtsausschuss, BT-Drucks. 16/13098, S. 59. 221 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 34. 222 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v. 30. 07. 2009, BGBl. I, S. 2479 (2489). 223 Seibert, ZIP 2008, S. 2145 (2153); Rechtsausschuss, BT-Drucks. 16/13098, S. 59.

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mit der Bescheinigungssperre verbundenen wesentlichen Nachteile der Gesellschaft die Nachteile des Anfechtungskläger bei Wirksamwerden der Verschmelzung überwiegen. (1) Offensichtliche Unbegründetheit der Klage Von einer offensichtlichen Unbegründetheit gingen die Gerichte vormals nur aus, wenn die Klage „zweifelsfrei ohne Erfolgsaussichten“ war.224 In den letzten Jahren wurde dieses restriktive Verständnis jedoch zunehmend aufgegeben und darauf abgestellt, ob sich unter den Bedingungen des Eilverfahrens die Unbegründetheit mit hoher Sicherheit vorhersagen lässt, ohne dass es hierfür eines erheblichen Prüfungsaufwands bedarf.225 Bedarf es jedoch einer umfangreichen Beweisaufnahme oder der Klärung einer Vielzahl von schwierigen Rechtsfragen, ist eine Offensichtlichkeit zu verneinen.226 Zwar können auch missbräuchlich erhobene Klagen eine offensichtliche Unbegründetheit rechtfertigen. Dafür müsste jedoch die beklagte Gesellschaft den Nachweis erbringen, dass die Klage ausschließlich mit dem Ziel erhoben wurde, die Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die der klagende Aktionär keinen Anspruch hat.227 Wie bereits dargelegt,228 kann dieser Nachweis in der Praxis nur selten erbracht werden. Insgesamt haben die stattgebenden, auf die Unbegründetheit gestützten Freigabebeschlüsse aber in den letzten Jahren zugenommen.229 (2) Bagatellquorum Eine Freigabe wird hingegen einfach zu erzielen sein, wenn die vom Anfechtungskläger an der Gesellschaft gehaltenen Anteile nicht über das sog. ,Bagatellquorum‘ von einem Nominalwert in Höhe von 1.000,– Euro hinauskommen. Die Anfechtungsbefugnis aus § 245 AktG wird insoweit mittelbar eingeschränkt, wenn die Gesellschaft ein Unbedenklichkeitsverfahren beantragt. Allerdings dürfte die Schwelle von 1.000,– Euro von Berufsklägern ohne Mühe zu erreichen sein, so dass eine Abwendung missbräuchlicher Anfechtungsklagen im Wege des Bagatellquorums wenig erfolgversprechend erscheint.230

224 OLG Frankfurt, ZIP 2000, S. 1928 (1930); ZIP 1997, S. 1291; OLG Düsseldorf, ZIP 1999, S. 793; BGH, WM 1990, S. 1372 (1377); OLG Stuttgart, ZIP 1997, S. 75. 225 OLG Frankfurt, AG 2006, S. 249 (250); OLG Düsseldorf, DB 2006, S. 2223 (2224). 226 Begr.RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 29; OLG Düsseldorf, ZIP 1999, S. 359; OLG Frankfurt, AG 2006, S. 249 (250); ZIP 2003, S. 1654 (1655). 227 BGH, BGHZ 107, 296 (311); 112, 9 (24); ZIP 1990, S. 168; OLG Köln, ZIP 2004, S. 760 (761); OLG Frankfurt, NZG 2009, S. 222. 228 Vgl. die vorstehenden Ausführungen über den Bestätigungsbeschluss nach § 244 AktG, Teil 4 B. II. 3. e) bb). 229 Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 97. 230 Raiser/Veil, § 46 Rn. 74.

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(3) Interessenabwägung Schließlich kann das Gericht einen Freigabebeschluss aufgrund eines vorrangigen Vollzugsinteresses der Gesellschaft nach § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 UmwG erlassen, der es dem Gericht ermöglicht, trotz bestehender Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage die Bescheinigungssperre aufzuheben und die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Beschluss freizugeben.231 Ein solcher Beschluss ergeht, wenn das alsbaldige Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach freier Überzeugung des Gerichts vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile der Registersperre bzw. der Bescheinigungssperre für die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und deren Anteilsinhaber die Nachteile des Antragsgegners überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor.232 Hatte das Gericht vormals noch eine Interessensabwägung zwischen der Schwere der mit der Anfechtungsklage geltend gemachten Rechtsverletzung seitens des Anfechtungsklägers und der wirtschaftlichen Bedeutung der Verschmelzung für die Gesellschaft und deren Anteilsinhabern vorzunehmen,233 sind nunmehr auf der ersten Stufe die wesentlichen Nachteile, die die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger bzw. ihre Anteilsinhaber infolge der Nichteintragung der Verschmelzung erleiden, mit den Nachteilen abzuwiegen, die der Antragsgegner durch die vorzeitige Eintragung der Verschmelzung erleidet. Nur wenn nach der Abwägung das so definierte Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse überwiegt, ist die Schwere des gerügten Rechtsverstoßes auf zweiter Stufe zu berücksichtigen.234 (a) Abwägung In Hinsicht auf das Vollzugsinteresse hat der Antragssteller die wesentlichen Nachteile darzulegen und glaubhaft zu machen,235 wobei sich diese sowohl auf die Gesellschaft, als auch auf deren Anteilsinhaber erstrecken können.236 Wesentlich sind Nachteile, denen im Hinblick auf die Folgen der Verschmelzung einiges Gewicht zukommt.237 Wann dies der Fall ist, bestimmt sich wiederum nach den Umständen des Einzelfalls,238 insbesondere aber nach dem Unternehmenswert, den 231

Begr.RegE zu § 246a Abs. 2 AktG, BT-Drucks. 15/5092, S. 29. Widmann/Mayer-Frohnhöfer, § 16 UmwG, Rn. 157. 233 OLG Düsseldorf, ZIP 2001, S. 1212 (1720). 234 KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 83. 235 Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 24; Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 169. 236 OLG Düsseldorf, ZIP 2001, S. 1717 (1720). 237 OLG Frankfurt, ZIP 1997, S. 1291 (1292); LG Frankfurt, DB 2003, S. 1726 (1727); Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 25. 238 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 43. 232

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Umsatz- und Gewinngrößen der beteiligten Rechtsträger.239 Nicht entscheidend ist hingegen, ob die Nachteile auch tatsächlich eintreten. Es genügt vielmehr, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass deren Eintritt überwiegend wahrscheinlich ist.240 Mögliche wesentliche Nachteile sind beispielsweise der drohende Verlust von Synergieeffekten oder Einsparmöglichkeiten241 sowie eine ausreichend wahrscheinliche Vereitelung von irreversiblen Geschäftschancen242 und steuerrechtlichen Vorteilen.243 Irrelevant ist hingegen, ob die gefährdeten Verschmelzungsvorteile auch auf anderem Wege erreichbar wären.244 Eine materielle Beschlusskontrolle findet aber nicht statt, so dass die unternehmerische Grundsatzentscheidung der Aktionärsmehrheit über die Durchführung der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch an dieser Stelle außen vor bleibt.245 Auf Seiten des Anfechtungsklägers und Antragsgegners sind hingegen alle, d. h. nicht nur die wesentlichen Nachteile zu berücksichtigen.246 Davon umfasst werden alle rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen des Antragsgegners und damit auch die nicht bezifferbaren Nachteile, wie z. B. der Verlust von Einflussmöglichkeiten.247 Allerdings ist auch die Höhe der Beteiligung des Anfechtungsklägers in die Abwägung mit einzubeziehen,248 so dass bei Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären mit geringer Anteilsbeteiligung ein Überwiegen des Vollzugsinteresses wahrscheinlicher ist.249 Entsprechendes gilt für die Höhe des Beschlussquorums,250 mit der Folge, dass bei eindeutigen Abstimmungsergebnissen, die nicht nur auf der Stimme einiger weniger Mehrheitsaktionäre, sondern auch auf denen anderer Minderheitsaktionäre beruhen, bessere Erfolgsaussichten für einen Freigabebeschluss bestehen.

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Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 165. Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 22a, KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 84. 241 OLG Frankfurt, Der Konzern 2006, S. 276 (285); OLG Hamm, Der Konzern 2005, S. 374 (379). 242 OLG Frankfurt, DB 2003, S. 872 (874). 243 OLG Düsseldorf, ZIP 2001, S. 1717 (1720). 244 OLG Hamm, Der Konzern 2005, S. 374 (379); OLG Düsseldorf, ZIP 2001, S. 1717 (1720). 245 KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 86. 246 KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 90. 247 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 169.1. 248 Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 44. 249 Rechtsausschuss, BT-Drucks. 16/13098, S. 61 (allerdings zur Parallelvorschrift § 246a AktG). 250 LG Frankfurt, DB 1999, S. 2304 f.; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 45. 240

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(b) Besonders schwerer Rechtsverstoß Kommt das Gericht nach freier Überzeugung zu dem Ergebnis, dass das Interesse am Vollzug der Verschmelzung überwiegt, hat es im Sinne einer Rückausnahme zu untersuchen, ob nicht trotz des positiven Abwägungsergebnisses von einer Freigabe aufgrund der besonderen Schwere des im Anfechtungsverfahren gerügten Rechtsverstoßes abzusehen ist. Obwohl die gerügten Rechtsverstöße im Unbedenklichkeitsverfahren grundsätzlich als gegeben unterstellt werden251 und nach überwiegender Ansicht auch keine Prüfung der Erfolgsaussichten des Anfechtungsverfahrens erfolgt,252 obliegt es an dieser Stelle dennoch dem Anfechtungskläger, die Rechtsverstöße darzulegen und glaubhaft zu machen.253 Laut der vielfach zitierten Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses müssen sich diese als so gravierend erweisen, dass es für die Rechtsordnung unerträglich wäre, den Beschluss ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren eintragen und umsetzen zu lassen. Dafür genüge nicht schon jeder Nichtigkeitsgrund. In Betracht kämen vielmehr Verletzungen von elementaren Aktionärsrechten, die durch Schadensersatzansprüche nicht ausreichend kompensiert werden können.254 Zur Feststellung der besonderen Schwere sind im Übrigen der Schutzzweck der verletzten Norm, Art und Umfang der Rechtsverletzung sowie deren Heilungsmöglichkeit und die Schwere der Verletzungsfolgen maßgebend.255 Während Verletzungen von Rechtsnormen, die die Nichtigkeit des Beschlusses begründen oder dem Schutz öffentlicher Interessen zu dienen bestimmt sind, grundsätzlich ein Indiz für die Schwere des Rechtsverstoßes darstellen, wird es bei Verletzungen von Normen, die vorrangig auf den Schutz von Individualinteressen gerichtet sind und der Anfechtung unterliegen, verstärkt auf die genannten Kriterien und die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommen.256 Eine festumschriebene Auflistung von ausreichend schweren Rechtsverstößen scheidet insofern aus. Unter Berücksichtigung der Ausführungen über die Heilungsmöglichkeiten von Beschlussmängeln nach § 244 AktG werden aber Verfahrensfehler in der Regel nur bei tatsächlich gravierenden Mängeln, wie zum Beispiel einem vollständigen Fehlen des Verschmelzungsberichts257 oder einer ausgebliebenen Beurkundung des Hauptver251

Semler/Stengel-Schwanna, § 16 UmwG, Rn. 32. Vgl. zum Meinungsstand zusammenfassend Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 160 ff. 253 KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 92; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 46a; Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 171. 254 Rechtsausschuss, BT-Drucks. 16/13098, S. 61. 255 Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 26 ff.; Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG. Rn. 172; KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG. Rn. 96 ff., jeweils m.w.N. 256 Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG. Rn. 174; Semler/Stengel-Schwanna, § 16 UmwG, Rn. 36; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 46b; a.A. Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 26, der für alle Nichtigkeitsgründe stets einen Freigabebeschluss für unzulässig hält. 257 Semler/Stengel-Schwanna, § 16 UmwG, Rn. 36. 252

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sammlungsbeschlusses258 die Annahme eines besonders schweren Rechtsverstoßes rechtfertigen. Verfahrensfehler, die im Sinne der Relevanztheorie keinen Einfluss auf das Beschlussergebnis gehabt haben, scheiden allerdings stets aus.259 Nicht heilbare Inhaltsfehler, wie zum Beispiel missbräuchliche Treuepflichtverstöße, sind wiederum schwerer zu gewichten und können einem Freigabebeschluss trotz vorrangigen Vollzugsinteresses eher entgegenstehen.260 Letztere dürften im Rahmen grenzüberschreitender Herausverschmelzungen insbesondere vor dem Hintergrund des Zustimmungserfordernisses der Gesellschafter der ausländischen übernehmenden Gesellschaft Bedeutung erlangen. Da im Falle deren Nichterteilung die schwerwiegenderen bewertungsbezogenen Informationsmängel sowie die Unangemessenheit des Umtauschverhältnis als Inhaltsmangel wieder vom Anfechtungsrecht erfasst werden, sind diese dementsprechend auch im Rahmen des Freigabeverfahrens zu berücksichtigen und können einer Freigabe nach § 16 Abs. 3 UmwG gegebenenfalls entgegenstehen. Dies ist zwar nicht zwingend, da sich ein nachträglicher Interessensausgleich durch die Gewährung eines Schadensersatzes i.S.d. § 16 Abs. 3 S. 10 UmwG gerade bei einem unangemessenen Umtauschverhältnis anbietet. In Bezug auf bewertungsbezogene Informationsmängel können Minderheitsaktionäre aber möglicherweise geltend machen, sie wären in ihrer eigenverantwortlichen und unbeeinflussten Entscheidungsfreiheit beschnitten worden, was wiederum eine besonders schwere Rechtsverletzung begründen vermag.261 Eine bloß unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses genügt allerdings nicht.262 Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass eine Zweckmäßigkeitsprüfung der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch im Unbedenklichkeitsverfahren nicht stattfindet.263 (4) Rechtsfolgen des Freigabebeschlusses Gibt das Gericht dem Freigabeantrag statt, ist das Registergericht grundsätzlich an dessen Entscheidung gebunden und darf die Erteilung der Vorabbescheinigung nicht mehr aus Gründen ablehnen, über die im Zuge des Unbedenklichkeitsverfahrens bereits entschieden wurde.264 In Hinsicht auf das Hauptsacheverfahren hat der Freigabebeschluss hingegen keinerlei Einfluss. Eine anhängige Anfechtungsklage wird weder unzulässig noch unbegründet, so dass die Klage weiterhin fortgesetzt

258

Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 172. Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 178. 260 KölnKommUmwG-Simon, § 16 UmwG, Rn. 98. 261 OLG Frankfurt, DB 2003, S. 872 (874); Semler/Stengel-Schwanna, § 16 UmwG, Rn. 36. 262 OLG Düsseldorf, ZIP 1999, S. 793 (797 f.). 263 OLG Düsseldorf, ZIP 2001, S. 1717 (1720). 264 Lutter/Winter-Bork, § 16 UmwG, Rn. 37; Kallmeyer-Marsch-Barner, § 16 UmwG, Rn. 34. 259

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werden kann.265 Die Erteilung der Vorabbescheinigung bewirkt jedoch, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung nach abgeschlossener Rechtmäßigkeitsprüfung nach dem Recht der übernehmenden Gesellschaft wirksam wird und dementsprechend in den Genuss des absoluten Bestandschutzes i.S.d. Art. 17 VRL kommen kann. Selbst im Falle einer dann begründeten Anfechtungsklage kann die Verschmelzung nicht mehr rückgängig gemacht werden, so dass die Anfechtungskläger ihre Klage nur noch auf die Geltendmachung eines Schadensersatzes nach § 16 Abs. 3 S. 10 UmwG umstellen können. In zeitlicher Hinsicht enthält § 16 Abs. 3 S. 4 UmwG eine Sollvorgabe, nach der die Gerichte angehalten sind, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu treffen. Diese Frist wird in der Regel von den Gerichten auch eingehalten.266 Kann der mangelbehaftete Verschmelzungsbeschluss aber weder geheilt, noch im Wege des Unbedenklichkeitsverfahrens überwunden werden, bleibt die mit der Erhebung der Anfechtungsklage einhergehende Bescheinigungssperre bestehen, bis ein abweisendes rechtskräftiges Anfechtungsurteil ergangen ist. Gibt das Gericht der Klage hingegen statt, wird der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss für nichtig erklärt,267 so dass die grenzüberschreitende Verschmelzung ohne eine ordnungsgemäße Neuvornahme des Verschmelzungsbeschlusses nicht mehr durchführbar ist. f) Kosten In Hinsicht auf die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bestimmt sich die Kostenpflicht nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO. Die unterlegene Partei trägt daher grundsätzlich die Kosten des Verfahrens. Für den einzelnen Anfechtungskläger wird insofern ein nicht unbeachtliches Prozessrisiko geschaffen, welches ihn gegebenenfalls von der Erhebung der Anfechtungsklage abhalten könnte. Der deutsche Gesetzgeber hat dies erkannt und mit § 247 AktG Abs. 1 und Abs. 2 AktG angeordnet, dass bei der Berechnung des kostenbestimmenden Streitwerts zum einen die Bedeutung der Sache für beide Parteien zu würdigen ist und zum anderen, der Streitwert grundsätzlich auf 1/10 des Grundkapitals oder falls dieses höher ausfällt, auf 500.000,– Euro begrenzt ist. Ein darüber hinausgehender Streitwert darf nur angenommen werden, wenn die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist. Der Schutz der wirtschaftlich schwächeren Prozesspartei – welche regelmäßig der Anfechtungskläger sein dürfte – soll aber insbesondere durch die Regelung des § 247

265 266 267

Widmann/Mayer-Fronhöfer, § 16 UmwG, Rn. 209 f. Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 95. MünchHdBGesR IV-Semler, § 41 Rn. 83.

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Abs. 2 AktG erzielt werden.268 Danach kann das Gericht auf Antrag einer Partei eine Streitwertspaltung anordnen, wenn der Antragssteller darlegen kann, dass die aus dem Regelstreitwert folgenden Prozesskosten seine wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würden. Ausreichend ist dafür, dass ein vernünftiger Aktionär ohne die Streitwertspaltung eine Prozessführung nicht wagen würde, weil die Beeinträchtigung seines Einkommens und Vermögens aus seiner Sicht in keinem vertretbaren Verhältnis zum angestrebten Prozessergebnis steht.269 Liegen die antragsbegründenden Voraussetzungen vor, hat die Anordnung der Streitwertspaltung gem. § 247 Abs. 2 S. 1 AktG zur Folge, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung der Gerichtskosten nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Regelstreitwerts bestimmt. Entsprechendes gilt nach § 247 Abs. 2 S. 2 AktG auch für den Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei, so dass diese ihre Kosten nicht vollständig auf den unterliegenden Prozessbeteiligten abwälzen kann. Der unterliegende Anfechtungskläger wird insofern vor finanziell überlastenden Prozesskosten geschützt. Die Kostenregelung bietet dementsprechend grundsätzlich einen angemessenen Schutz von Minderheitsgesellschaftern. Allerdings ist sie zugleich auch anfällig für missbräuchliche Anfechtungsklagen, da die Streitwertbegrenzung eben nicht für Vergleiche gilt, so dass Berufskläger hier häufig einen weit über der Obergrenze von 500.000 Euro liegenden Vergleichswert durchsetzen können.270

C. Autonomer Minderheitenschutz in England Der englische Gesetzgeber hat von der Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL keinen Gebrauch gemacht und von der Einführung spezifischer minderheitsschützender Schutzbestimmungen abgesehen. Dementsprechend finden sich in den CR 2007 weder Regelungen über ein Austrittsrecht i.S.d. § 122i UmwG oder einen Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses noch Regelungen über ein Kontrollverfahren zur Überprüfung dessen Angemessenheit. Ein über die Vorgaben der Verschmelzungsrichtlinie hinausgehender Minderheitenschutz kann sich dementsprechend ausschließlich aus den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben i.S.d. Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL des englischen Rechts ergeben. Die darauf gerichtete nachfolgende Untersuchung unterteilt sich auch hier in materielle und prozessuale Aktionärsrechte.

268 269 270

BVerfGE 14, S. 263 (284). Hüffer, § 247 AktG, Rn. 13. Vgl. Baums/Drinhausen/Keinath, Empirische Studie 2011, S. 65, 86.

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I. Materieller Rechtsschutz 1. Austrittsrecht Wie im deutschen Recht stellt sich zunächst die Frage, ob für Minderheitsgesellschafter, die nicht nur das Umtauschverhältnis für unangemessen halten, sondern den mitgliedschaftlichen Wechsel in die übernehmende ausländische Gesellschaft per se ablehnen, neben der Möglichkeit eines Verkaufs ihrer Anteile an der Börse ein Austrittsrecht gegen Zahlung einer angemessenen Barabfindung gegen die Gesellschaft zusteht. Ein darauf gerichteter Anspruch hätte im Vergleich zur Veräußerung der Anteile an der Börse den Vorteil, dass mit der gesetzlichen Verpflichtung der Gesellschaft zur Zahlung einer ,angemessenen‘ Barabfindung eine von den (negativen) Bewertungen der Verschmelzung durch die Märkte losgelöste Werthaltigkeit der Anteile gewährleistet wäre. a) Kein Anspruch aus den model articles of association In Ermangelung einer diesbezüglichen Regelung in den CR 2007 käme zunächst ein aus der Satzung der Gesellschaft abgeleiteter Anspruch in Betracht, wenn ein solcher in den articles of association vorgesehen ist. Die Standardsatzungen (model arcticles) enthalten jedoch keine entsprechende Regelung. b) Keine Anwendung der section 900 (2)(e) CA 2006 Eine Anwendung der section 900 (2)(e) CA 2006, der gemäß das Gericht grundsätzlich zur Anordnung von Regelungen zum Schutz dissentierender Gesellschafter – einschließlich der Anordnung eines Austrittsrechts gegen Barabfindung271 – ermächtigt wird, ist ebenfalls abzulehnen. Ein Verweis auf die Vorschrift ist in den CR 2007 nicht enthalten und eine analoge Anwendung der Vorschrift wird wohl unzulässig sein. Dies folgt insbesondere aus dem eigenständigen Regelungscharakter der CR 2007 und dem konzeptionellen Unterschied beider Verfahren. Denn während dem Gericht im Rahmen von regulation 6 CR 2007 nur ein Ermessen in Hinsicht auf die Genehmigung oder Verweigerung des Verschmelzungsplans zukommt, wird dem Gericht im Verfahren nach section 900 CA 2006 ein Entscheidungsermessen bezüglich sämtlicher Rechtsfolgen des schemes of arrangement eingeräumt. Dass der englische Gesetzgeber eine Anwendung der section 900 (2)(e)CA 2006 nicht gewollt hat, folgt im Übrigen auch aus der Vorschrift der regulation 12 CR 2007 über die Bekanntmachung der Einreichung des Verschmelzungsplans beim Register. Entsprechend der Richtlinienvorgabe in Art. 6 lit. c) VRL muss die Bekanntmachung nämlich einen Hinweis auf besondere Schutzbestimmungen für Minderheitsgesell271

Buckley, Companies Act 2006, section 900, Rn. 288.

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schafter vorsehen. Eine derartige Hinweispflicht besteht nach regulation 12 CR 2007 jedoch nicht. c) Unfair prejudice petition, section 996 (2)(e) CA 2006 Gemäß section 996 (2)(e) CA 2006 können Gesellschafter aber auf Grundlage einer sog. „unfair prejudice petition“ den Erlass eines Beschlusses einklagen, der die Gesellschaft oder Gesellschafter zum Kauf der Anteile des Klägers zu einem fairen Preis verpflichtet. Ob das Gericht jedoch den Kauf der Anteile anordnet, hängt nicht nur von der Begründetheit der Klage, sondern auch davon ab, ob das Gericht nach eigenem Ermessen diese Rechtsfolge den Umständen des Einzelfalls nach für geeignet hält. Da die unfair prejudice petition ein prozessuales Klagerecht der Aktionäre darstellt, wird auf sie im nachfolgenden Abschnitt vertiefend eingegangen werden.272 2. Kein Veräußerungs- oder Abfindungsrecht Darüber hinaus sind den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen des CA 2006 keine minderheitsschützenden materiellen Rechte zu entnehmen, insbesondere kein von Veräußerungsbeschränkungen unabhängiges Veräußerungsrecht und kein materieller Anspruch auf Erhalt einer angemessen Barabfindung oder baren Zuzahlung im Falle eines unangemessenen Umtauschverhältnisses.

II. Prozessualer Rechtsschutz In Hinsicht auf den prozessualen Rechtsschutz, also die Frage, wie sich Minderheitsgesellschafter gegen unrechtmäßige Verschmelzungsbeschlüsse auf dem Gerichtsweg zur Wehr setzen können, unterscheidet das englische Gesellschaftsrecht grundsätzlich zwischen den hier als ,spezifischen‘ und ,allgemeinen‘ bezeichneten Rechtsbehelfen bzw. Rechtsschutzverfahren.273 1. Spezifische Rechtsbehelfe Erstere umfassen Rechte und Verfahren, die einzelnen oder einem bestimmten Quorum von Minderheitsgesellschaftern bei spezifischen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen von Gesetzes wegen eingeräumt werden und auf eine eindeutige Rechtsfolge ausgerichtet sind. 272

Vgl. die nachstehenden Ausführungen über die unfair prejudice petition, Teil 4 C. II. 3.

273

Eine derartige Differenzierung findet sich auch in: Campbell/Buckely, S. 133, 138, 144,

b). 165.

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a) Vorabbescheinigungsverfahren als spezifischer Rechtsbehelf Im englischen Recht sind für nahezu alle gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die mitgliedschaftlichen Anteilsrechte von Gesellschaftern haben, spezifische Rechtsschutzverfahren vorgesehen. Zu diesen zählt insbesondere das bereits im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens dargestellte Genehmigungsverfahren bei schemes of arrangements nach section 899 CA 2006. Neben weiteren Vorschriften274 ist ein entsprechendes Verfahren auch für Kapitalreduzierungen nach section 645 CA 2006 vorgesehen. Im Falle eines Beschlusses zur Reregistrierung einer public company in eine private limited company i.S.d. section 97 CA 2006 wird den widersprechenden Gesellschaftern, die zusammen mindestens 5 % des Nominalwerts der ausgegebene Gesellschaftsanteile halten, wiederum ein direktes Anfechtungsrecht gemäß section 98 CA 2006 eingeräumt. Ein dazu vergleichbares Anfechtungsverfahren findet sich ferner auch in section 633 (2) CA 2006, der zufolge eine widersprechende Minderheit von mindestens 15 % aller ausgegebenen Anteile einer Aktionärsgattung (issued shares of the class) die Auflösung eines Beschlusses zur Änderung der Aktionärsrechte einer Aktionärsgattung bei Gericht beantragen können. Ohne Anknüpfung an ein bestimmtes Mindestquorum kann nach section 721 CA 2006 jeder Minderheitsgesellschafter einen Beschluss zum Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft anfechten. Für die Überprüfung der Angemessenheit des Abfindungsangebots im Rahmen von Squeeze-out Verfahren bei öffentlichen Übernahmen (,takeovers‘) wurde sogar ein eigenständiges Klageverfahren in den sections 986, 979 CA 2006 eingeführt, im Wege dessen sich Minderheitsgesellschafter sowohl gegen unzureichende Vorabinformation als auch gegen unangemessene und rechtswidrige Abfindungsangebote zur Wehr setzen können.275 Obwohl alle Verfahren gesellschaftsrechtliche Maßnahmen betreffen, die Auswirkungen auf die Anteilsrechte von Gesellschaftern haben, hat der englische Gesetzgeber davon abgesehen, ein entsprechendes Anfechtungs- oder Kontrollverfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsbeschlusses bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen einzuführen. Insbesondere wurde in den CR 2007 kein Verweis auf das für Übernahmen geltende Kontrollverfahren oder das Genehmigungsverfahren nach section 899 CA 2006 aufgenommen. Dies spricht jedoch letztendlich dafür, dass der englische Gesetzgeber das Vorabbescheinigungsverfahren dem Genehmigungsverfahren nach section 899 CA 2006 gleichstellen wollte und entsprechend der hier vertretenen Auffassung276 die An274 Ein vollständiger Überblick über alle spezifischen und allgemeinen Klagerechte (allerdings zum alten Recht) enthält: Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Courts (1997). 275 Fiske Nominees Ltd v Dwyka Diamonds Ltd [2002] 2 B.C.L.C. 123 (124). 276 Vgl. die Ausführungen über die Anwendbarkeit des Prüfungsmaßstabes i.S.d. section 899 CA 2006 auf das Vorabbescheinigungsverfahren nach regulation 6 CR 2007, Teil 3 G. III. 1. b) cc).

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wendung des Buckley-Tests im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens bei Erlass der CR 2007 unterstellt hat.277 b) Keine Anwendbarkeit von section 33 CA 2006 Als spezifischer Rechtsbehelf käme schließlich das Klagerecht nach section 33 CA 2006 in Betracht. Danach können Verstöße gegen Bestimmungen der articles of association unabhängig davon gerichtlich geltend gemacht werden, ob der Verstoß auf einem Verhalten der Gesellschaft, eines Gesellschafters oder eines directors beruht. Der Rechtsbehelf unterliegt allerdings der Beschränkung, dass der Kläger zum einen in seiner Eigenschaft als Gesellschafter berührt ist278 und zum anderen der Verstoß nicht durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss zu beheben ist.279 Kann der Verstoß also im Wege einer erneuten Gesellschafterversammlung mit einfachem Mehrheitsbeschluss geheilt werden, scheidet ein Klageanspruch aus. Ist der Satzungsverstoß hingegen im Wege eines dreiviertel Mehrheitsbeschlusses bzw. einer Satzungsänderung heilbar, steht der Klageweg nach section 33 CA 2006 jedem einzelnen Gesellschafter zur Verfügung. Da jedoch der überwiegende Teil der verfahrensrechtlichen und vermögensrechtlichen Bestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen nicht in der Satzung, sondern in den CA 2006 und CR 2007 geregelt sind, scheidet ein Klagerecht nach section 33 CA 2006 wohl grundsätzlich aus. Ein Verfahren nach section 33 CA 2006 wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn die articles of association Regelungen enthalten, die einer grenzüberschreiten Verschmelzung entgegenstehen oder ausnahmsweise eine Barabfindung bei Strukturmaßnahmen vorsehen. 2. Allgemeiner Rechtsbehelf der Derivative Claims Die allgemeinen Klagerechte sind hingegen an keine spezifischen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen angeknüpft und setzen sich vorwiegend aus der derivative action und der unfair prejudice petition zusammen. Im Unterschied zur deutschen Anfechtungsklage oder dem Spruchverfahren sehen sie allerdings keine explizite Rechtsfolgenregelung vor und überlassen es stattdessen den Gerichten, eine für die Umstände des Einzelfalls geeignete Rechtsfolge im Urteilstenor festzusetzen. In Hinsicht auf nationale oder grenzüberschreitende Verschmelzungen existiert nach Kenntnis des Verfassers allerdings bisher keine diesbezügliche Rechtsprechung und auch die englische Literatur lässt eine dahingehende Diskussion vermissen. 277 Aufgrund des Rechtmäßigkeitsbeschlusses in der Rechtssache Wood Diy Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957, Rn. 3 wird vom englischen High Court eine Anwendung des Buckley Tests auch im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung befürwortet. 278 Bratton Seymour v Oxborough [1992] 1 B.C.L.C. 693 (698). 279 MacDougall v Gardiner (1875) 1 Ch 13 (25); Bamford v Bamford [1970] 1 Ch 212 (237 f.); Bentley-Stevens v Jones [1974] 1 W.L.R. 638.

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Dementsprechend kann nur der Versuch unternommen werden, aus den allgemeinen Vorgaben der Klagerechte mögliche Anknüpfungspunkte für den Fall einer grenzüberschreitenden Verschmelzung abzuleiten. Die Derivative Claim gewährt dem einzelnen Gesellschafter ein von der Gesellschaft abgeleitetes Klagerecht,280 mittels dessen er Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen zugunsten der Gesellschaft geltend machen kann, die aus einem Fehlverhalten der Direktoren gegenüber der Gesellschaft herrühren, section 260 CA 2006. Die Derivative Claim ist insofern vergleichbar zu der deutschen actio pro socio. Gegenstand der Klage kann allerdings gemäß section 260 (3) CA 2006 nur ein Fehlverhalten der Direktoren gegenüber der Gesellschaft, nicht aber ein Fehlverhalten von Gesellschaftern gegenüber der Gesellschaft, von Gesellschaftern untereinander oder von den Direktoren gegenüber dem einzelnen Gesellschafter sein. a) Vorgaben des früheren Case Law Bis zur gesetzlichen Kodifizierung in den sections 260 ff. CA 2006 beruhte das Klagerecht ausschließlich auf dem Case Law und umfasste die Ausnahmetatbestände zu der bereits angesprochenen Foss v Harbottle Regel des Common Laws.281 Danach ist grundsätzlich nur die Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt befugt, ihr zustehende Ansprüche gerichtlich geltend zu machen (,proper plaintiff principle‘), wobei die Entscheidung darüber dem board of directors als gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft obliegt.282 Liegt dem Anspruch bzw. der Schädigung der Gesellschaft aber ein Fehlverhalten der Direktoren zugrunde, unterfällt die Entscheidung ausnahmsweise der Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung. Im Rahmen eines einfachen Mehrheitsbeschlusses haben sie darüber zu befinden, ob das Fehlverhalten nachträglich genehmigt oder auf dem Gerichtsweg weiter verfolgt werden soll. Im Sinne des Mehrheitsprinzips (,majority rule‘) entspricht der Wille der Gesellschaft daher dem Mehrheitswillen. Dementsprechend steht Minderheitsaktionären grundsätzlich kein Recht zu, seitens der Direktoren zu Lasten der Gesellschaft begangene Fehlverhalten im Namen der Gesellschaft gerichtlich geltend zu machen, soweit diese durch einfachen Mehrheitsbeschluss ratifizierbar sind.283 Zu den nicht ratifizierbaren Fehlverhalten und damit zu den als derivative claims zusammengefassten Ausnahmen von der Foss v Harbottle Regel zählten Maßnah280

Palmer’s-Davies, Rn. 8.3704. Vgl. die Ausführungen über Stimmrechtsbeschränkungen im englischen Recht, Teil 3 F. III. 5. b) bb) (3) (b). 282 John Shaw & Sons (Salford) Ltd v Shaw [1935] 2 K.B. 113, Joffe, Minority Shareholders, S. 2. 283 Foss v Harbottle (1843) 2 Hare 461; Edwards v Halliwell [1950] 2 All E.R. 1064 (CA); Sheikh, A Guide, S. 1042; Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 17; Dignam/Lowry, Company Law, S. 174 f. 281

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men, die nicht mit dem Gesetz (illegal)284 oder dem in der Satzung niedergelegten Gesellschaftszweck (ultra virus)285 vereinbar waren, Maßnahmen die eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses bedurften286 und solche Pflichtverletzungen der Direktoren, die sich auf Grundlage des fraud on the minority Grundsatzes des Equity Laws der Ratifizierbarkeit entzogen.287 Wie bereits im Rahmen der Stimmrechtsbeschränkung dargelegt,288 wurden von der letzten Ausnahme insbesondere treuwidrige Vermögensverschiebungen zu Lasten der Gesellschaft durch die sie kontrollierenden Direktoren erfasst, die sich einen eigenen Vorteil einräumten und den Pflichtverstoß in der Gesellschafterversammlung nachträglich mittels ihrer Mehrheitsmacht genehmigten. a) Vorgaben des neuen kodifizierten Rechts, sections 260 ff. CA 2006 Mit der Neuregelung in den sections 260 ff. CA 2006 wurden die Regeln der Foss v Harbottle Regel – soweit sie die Derivative Claim betreffen – nunmehr abgelöst, so dass sich das Klagerecht von Gesellschaftern ausschließlich nach den Vorgaben des Gesetzes bestimmt.289 Diese sehen zunächst ein zweitstufiges Verfahren in Form eines Zulassungs- und eines Klageverfahrens vor. Gemäß section 261(1) CA 2006 284 Z. B. Auszahlungen von Dividenden unter Verletzung der Kapitalerhaltungsregeln, Filtcroft’s Case (1882) 21 Ch. 519 (CA). 285 Die ultra virus doctrine besagte, dass für eine Gesellschaft keine Rechtsbindung für Verpflichtungsgeschäfte entsteht, die nicht von dem in der Satzung niedergelegten Gesellschaftszweck umfasst waren. Eine nachträgliche Genehmigung durch Mehrheitsbeschluss war nicht möglich. Seit der Gesellschaftsrechtsreform in CA 2006 findet die ultra virus doctrine keine Anwendung mehr. Stattdessen wird der Gesellschaftszweck als Beschränkung der Handlungsvollmacht der Direktoren im Innenverhältnis gesehen, deren Überschreitung aber genehmigungsfähig ist. vgl.: Boyle/Birds, Company Law, S. 159 ff. sowie section 40 (4) CA 2006. 286 Edwards v Halliwell [1950] 2 All E.R. 1064 (CA). 287 Menier v Hooper’s Telegraph Works [1874] LR 9 Ch App 350 (353); Hope v International Financial Society (1877) 4 ChD 327; Simpson v Westminister Palace Hotel (1860) 8 H.L.C. 712; Clinch v Financial Corp (1868) 4 Ch App 117; North-West Transportation Co v Beatty (1877) 12 App Cas 589 (PC); Alexander v Automatic Telephone Co [1900] 2 Ch (CA); Burland v Earle [1902] A.C. 83 (93); Cooks v Deeks [1916] 1 A.C. 554 (PC); Peters American Delicacy Co Ltd v Health (1938 – 1939) 61 C.L.R. 457 (505); Baird v Baird & Co (Falkirk) 1949 S. L.T. 368; Northern Securities v Jackson and Steeple [1974] 1 W.L.R. 1133; Clemens v Clemens Bros Ltd [1976] 2 All E.R. 268; Daniels v Daniels [1978] Ch 406 (414); Estmanco (Kilner House) Ltd v Greater London Council [1982] 1 W.L.R. 2 (16 ff.); Prudential v Newman Industries (No. 2) [1982] Ch. 204 (210 f.); Taylor v National Union of Mineworkers [1985] B.C.L.C. 237 (255); Smith v Croft (No2) [1988] Ch 114 (186); Barret v Duckett [1995] 1 B.C.L.C. 243 (249 f.); Boyle/Birds, Company Law, S. 678. 288 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkungen im englischen Recht, Teil 3 F. III. 5. b) bb) (3) (b). 289 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 17-6; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 40, 124.

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muss der Klage erhebende Gesellschafter zunächst einen Antrag auf Zulassung der Klage an das Gericht stellen, in dem er glaubhaft zu machen hat, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Derivative Claim vorliegen (,prima facie case‘). Die Einführung des Zulassungsverfahrens dient dem Zweck, unbegründete Klagen zu einem frühst möglichen Zeitpunkt durch das Gericht abzuweisen, ohne die Gesellschaft zu beteiligen.290 Gibt das Gericht einem Antrag auf Fortsetzung der Klage als Derivative Claim nach section 262 CA 2006 statt, kann der Kläger zugleich beantragen, von der Kostentragung befreit zu werden und die Gesellschaft zur Tragung aller Kosten zu verpflichten.291 Im Unterschied zum bisherigen Recht kann die Klage gemäß section 260 (3) CA 2006 nunmehr auf jede erfolgte oder bevorstehende Handlung oder Unterlassung der Direktoren gestützt werden, die einen Fahrlässigkeitsvorwurf, eine Schlechtleistung oder eine Verletzung von Pflichten beinhaltet. Auf eine eigene Vorteilsgewinnung und eine kontrollierende Gesellschafterstellung i.S.d. fraud on the minorityGrundsatzes kommt es nunmehr ebenso wenig an wie auf die Ratifizierbarkeit des Verhaltens.292 Gemäß section 263 (2) CA 2006 hat das Gericht allerdings den Zulassungsantrag abzulehnen, wenn es zu der Ansicht gelangt, dass eine unter Achtung der Treuepflicht nach section 172 CA 2006 handelnde Person keine Klage erheben würde oder der noch ausstehende oder der bereits erfolgte Verstoß entweder vorab oder nachträglich von der Gesellschafterversammlung genehmigt wurde. Im Rahmen seiner Ermessensausübung hat das Gericht gemäß section 263 (3) CA 2006 ferner zu berücksichtigen, ob der Kläger im guten Glauben handelt; welche Bedeutung der Klage aus Sicht einer nach section 172 CA 2006 handelnden Person zukommt; ob die Gesellschaft sich gegen die gerichtliche Geltendmachung ausgesprochen hat; ob der Klagegrund auch im Wege einer Klage im eigenen Namen des Gesellschafters durchsetzbar wäre sowie insbesondere, wie wahrscheinlich eine Genehmigung des Verhaltens durch die Gesellschafterversammlung ist. Der Gesetzgeber hat insofern den Grundsatz der Ratifizierbarkeit i.S.d. Foss v Harbottle Regel als Kriterium für die Ermessensentscheidung indirekt mit aufgenommen.293 Ratifizierbare Fehlverhalten sind damit zwar nicht mehr per se ein Klagehindernis, werden jedoch nur unter besonderen Umständen die Zulassung der Klage begründen können.294 b) Keine Erfolgsaussichten bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen Trotz des Verzichts auf eine eigene Vorteilserlangung und eine kontrollierende Gesellschafterstellung ist die Derivative Claim im Falle der grenzüberschreitenden 290 291 292 293 294

Reisberg, S. 9. CPR 19.9 E. Dignam/Lowry, Company Law, S. 187. Boyle/Birds, Company Law, S. 677. Joffe, Minority Shareholders, S. 19.

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Verschmelzung zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern ungeeignet. Denn entscheidend bleibt, dass zur Klagebegründung nur ein Fehlverhalten der Direktoren gegenüber der Gesellschaft in Betracht kommt. Es ließe sich zwar möglicherweise anführen, dass die Direktoren gegen ihre Pflichten aus sections 172 (1)(f),295 175 (2)296 CA 2006 verstoßen, wenn sie eine Unterbewertung der eigenen Gesellschaft bzw. ein zu deren Lasten gehendes unangemessenes Umtauschverhältnis zum Vorteil der übernehmenden Gesellschaft in Kauf nehmen oder bewusst anstreben, weil sie selber an der letzteren beteiligt sind oder faktisch von dieser profitieren. aa) Verletzung der Neutralitätspflicht, section 175 CA 2006 Ein Verstoß gegen die „no conflict“ Regel i.S.d. section 175 CA 2006 scheidet jedoch bereits auf Grund der Ausnahmeregelung in section 175 (3) CA 2006 aus, da danach die Pflicht aus section 175 (1) CA 2006 auf Verträge (arrangements) und Transaktionen (transactions) mit der Gesellschaft keine Anwendung findet. Hiervon umfasst werden alle Verträge, die die Übertragung der Gesellschaft als solche beinhalten.297 Bei grenzüberschreitenden Herausverschmelzungen ist dies der Fall. Für eine Anwendbarkeit des Ausschlussgrunds bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen spricht ferner die Pflicht der Direktoren nach regulation 8 (2)(b)(ii) CR 2007, ihr Interesse an der Verschmelzung im Verschmelzungsbericht offenzulegen. bb) Verletzung der Treuepflicht, section 172 CA 20076 Die Treuepflicht nach section 172 CA 2006, für die die Ausnahmeregelung nicht greift, verpflichtet die Direktoren bei Ausübung ihrer Managementtätigkeit, den Erfolg der Gesellschaft zugunsten der Gesellschafter nach bestem Gewissen (bona fide) zu fördern. Die Treuepflicht erstreckt sich insofern nicht nur auf die Interessen der Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt, sondern auch auf die aller Gesellschafter.298 Danach ist es insbesondere unzulässig, den Interessen einzelner

295

Section 172 (1)(f) CA 2006: „A director of a company must act in the way he considers, in good faith, would be most likely to promote the success of the company for the benefit of its members as a whole, and in doing so have regard (amongst other matters) to – (f) the need to act fairly as between members of the company“. 296 Section 175 (1)(2) CA 2006: „A director of a company must avoid a situation in which he has, or can have, a direct or indirect interest that conflicts, or possibly may conflict, with the interests of the company. This applies in particular to the exploitation of any property, information or opportunity (and it is immaterial whether the company could take advantage of the property, information or opportunity)“. 297 Sealy/Worthington, S. 308. 298 Boyle/Birds, Company Law, S. 615.

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Gesellschafter gegenüber denen anderer Gesellschafter einen Vorzug zu verschaffen.299 In Re Olympian Each-Ways 300 bejahte das Gericht einen Treuepflichtverstoß auf der Grundlage, dass die Direktoren den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft an eine andere Gesellschaft (NewCo) zu einem um zwei Million Sterling unterbewerteten Preis verkauft hatten, an deren Muttergesellschaft sie selber Anteile hielten. Die NewCo wurde im Folgenden zu einem hohen Preis an einen Dritten verkauft, so dass die verkaufende Muttergesellschaft einen erheblichen Gewinn und somit auch die Direktoren über ihre Anteilsbeteiligung Vorteile mitnahmen.301 Dementsprechend ließe sich argumentieren, dass in dem Fall, in dem ein in beiden verschmelzenden Gesellschaften involvierter Direktor bewusst ein zum Nachteil der übertragenden Gesellschaft gehendes Umtauschverhältnis im Verschmelzungsplan festlegt, zum einen der Werterhaltung der Gesellschaft zuwider handelt und zum anderen der übernehmenden Gesellschaft – als Mehrheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft – Vorteile zulasten der übrigen Gesellschafter verschafft. Ob die englischen Gerichte einer derartigen Argumentation folgen würden, ist jedoch äußerst fraglich. Denn im Unterschied zur Betriebsveräußerung in Re Olympian Each-Ways handelt es sich bei der Herausverschmelzung nicht um eine Entscheidung des board of directors, sondern um eine der Gesellschafterversammlung. Der Aufstellung des Verschmelzungsplans kommt daher lediglich ein vorbereitender Charakter zu. Ob und zu welchen Bedingungen die grenzüberschreitende Verschmelzung letztendlich durchgeführt wird, unterfällt dementsprechend allein der Entscheidungskompetenz der Gesellschafter. Da sich die Treuepflichten der Direktoren aber ausschließlich auf Maßnahmen der Geschäftsführung erstrecken, wird ein Treuepflichtverstoß bei Herausverschmelzungen seitens der Direktoren nicht in Betracht kommen. Sollten die englischen Gerichte wider Erwarten eine Pflicht der Direktoren zur Sicherstellung eines wertgerechten Umtauschverhältnisses befürworten, dürften die Direktoren diese auch bereits durch die Beauftragung eines unabhängigen Verschmelzungsprüfers erfüllt haben. cc) Irreführende Berichterstattung, regulation 8 CR 2007 Vor diesem Hintergrund verbliebe nur noch die Anknüpfung an eine irreführende Information im Verschmelzungsbericht, wenn die Direktoren tatsächlich bewusst eine (erhebliche) Unterbewertung der Gesellschaft in Kauf nehmen und dies nicht ausreichend in ihrem Verschmelzungsbericht offenlegen. Wie aber bereits festge299

Sealy/Worthington, S. 294. [1995] 1 B.C.L.C. 636. 301 Re Little Olympian Each-Ways Ltd (No 3) [1995] 1 B.C.L.C. 636 (675, 684), der Treuepflichtverstoß wurde allerdings im Wege einer Unfair Prejudice Petition geltend gemacht. 300

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stellt,302 besteht die Informationspflicht nach regulation 8 CR 2007 nicht gegenüber der Gesellschaft, sondern gegenüber den Gesellschaftern, so dass auch auf dieser Grundlage ein Klagerecht nach section 260 CA 2006 ausscheidet. Im Ergebnis wird eine Derivative Claim als Instrument des Minderheitenschutzes bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen daher nicht in Betracht kommen. 3. Allgemeiner Rechtsbehelf der Unfair Prejudice Claims Das Kernelement des allgemeinen prozessualen Minderheitenschutzes bildet auch vielmehr der Rechtsbehelf der Unfair Prejudice Petition i.S.d. sections 994 ff. CA 2006. In Verbindung mit den Vorschriften der Companies (Unfair Prejudice Applications) Proceedings Rules 2009303 (,Proceedings Rules‘) gewähren sie jedem einzelnen Aktionär das Recht, bei den Gerichten Rechtsschutz zu ersuchen, wenn Angelegenheiten der Gesellschaft (company’s affairs) in einer Weise gehandhabt wurden (being conducted), die eine unbillige Benachteiligung (unfair prejudice) seiner Gesellschafterinteressen begründet. Wörtlich heißt es in section 994 (1) CA 2006: „A member of a company may apply to the court by petition for an order under this Part on the ground – (a) that the company’s affairs are being or have been conducted in a manner that is unfairly prejudicial to the interests of members generally or of some part of its members (including at least himself), or (b) that an actual or proposed act or omission of the company (including an act or omission on its behalf) is or would be so prejudicial.“

Der Rechtsbehelf verfolgt den Zweck, die Machtausübung seitens der die Gesellschaft kontrollierenden Personen, seien es die geschäftsführenden Direktoren oder die Mehrheitsgesellschafter, einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen.304 Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten von Machtmissbräuchen hat sich der englische Gesetzgeber bewusst für einen derart unbestimmten und weitgefassten Wortlaut entschieden.305 Zusätzlich wird der Anwendungsbereich der Klage von Seiten der englischen Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen durch die Anwendung der Grundsätze des Billigkeitsrechts (,Equity Law‘) noch erweitert.306

302

III. 1. 303

Vgl. die Ausführungen über den Verschmelzungsbericht im englischen Recht, Teil 3 D.

S.I. 2009/2469, in denen zugleich auf die Proceedings Rules von 1986 (S.I. 1986/2000) verwiesen wird, soweit sie nicht im Widerspruch zu denen aus 2009 stehen. 304 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 20-2 f. 305 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 160. 306 Vgl. die nachfolgenden Ausführungen über die Voraussetzung ,conduct of the company’s affairs‘ and ,prejudice‘, Teil 4 C. II. 3. b) aa), dd).

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Die besondere Bedeutung des Verfahrens ergibt sich aber vor allem aus dem Entscheidungsermessen des Gerichts. Im Unterschied zur deutschen Anfechtungsklage oder zum Spruchverfahren ist eine Unfair Prejudice Klage nicht auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtet. Es liegt vielmehr im freien Ermessen des Gerichts, eine aus seiner Sicht geeignete Rechtsfolge zu bestimmen, um dem Klagebeschweren bzw. der unbilligen Benachteiligung des Gesellschafters Abhilfe zu verschaffen.307 Der nicht abschließende Beispielskatalog von Entscheidungsmöglichkeiten in section 996 (2) CA 2006 ist dementsprechend vielfältig. Das Gericht kann danach die klagebegründende Gesellschaftsangelegenheit für die Zukunft regeln, eine Unterlassungsverfügung für andauernde oder bevorstehende Handlungen aussprechen, einer Klage im Namen der Gesellschaft im Sinne einer Derivative Claim stattgeben, eine Satzungsänderung ohne Freigabe durch das Gericht untersagen oder insbesondere den Kauf der Gesellschaftsanteile des Klägers durch die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft anordnen. Wie eingangs erwähnt, können Aktionäre daher im Wege des unfair prejudice Rechtsbehelfs ein Austrittsrecht gegen Erhalt einer angemessenen Barabfindung erwirken, selbst wenn die Satzung, das Gesetz oder vertragliche Vereinbarungen ein solches nicht vorsehen. Wird die Klage vor der Beschlussfassung erhoben, können Minderheitsgesellschafter diesen zudem im Wege einer Unterlassungsverfügung verhindern, sofern das Gericht dies für geeignet erachtet. a) Zulässigkeitsvoraussetzungen Gemäß section 994 (2) CA 2006 sind neben den im register of members eingetragenen Gesellschaftern (,members‘) auch solche Personen klagebefugt (,standing‘), denen Gesellschaftsanteile vertraglich308 oder von Gesetzes wegen übertragen wurden, die aber nicht im Register eingetragen sind. Ein Mindestquorum besteht wie im deutschen Recht nicht, so dass bereits das Halten von nur einer Aktie zur Klageerhebung berechtigt.309 Im Unterschied zum deutschen Recht ist jedoch weder erforderlich, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Gesellschafter war – maßgebend ist insofern ausschließlich der Zeitpunkt der Klageerhebung – noch bedarf es eines Widerspruchs zur Niederschrift in der Hauptversammlung. Da eine Klagefrist ebenfalls nicht vorgesehen ist, kann ein Gesellschafter dementsprechend noch mehrere Jahre nach dem schädigenden Ereignis Klage erheben, obwohl er zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal Anteile an der Gesellschaft 307 Section 996 (1) CA 2006: „… it may make such order as it thinks fit for giving relief in respect of the matters complained of.“ Zu der Vorgängervorschrift section 459 Companies Act 1985 siehe Re Bird Precision Bellows Ltd [1986] Ch 658 (669). 308 Gemeint ist eine dingliche Übertragung. Das Vorliegen einer vertraglichen Einigung als solche genügt nicht, Re Quickdome Ltd [1988] B.C.L.C. 370 f. 309 Re Garage Door Associates Ltd [1983] 1 B.C.C. 98; Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Court, S. 138.

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hielt.310 Die Gerichte können allerdings eine Klage aufgrund eines zu großen zeitlichen Abstands ablehnen.311 In Re Grandactual Ltd312 lehnte das Gericht beispielsweise eine nach neun Jahren erhobene Klage mit der Begründung ab, dass unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der jahrelangen Untätigkeit des Klägers, nicht mehr von einer erheblichen Benachteiligung der Gesellschafterinteressen ausgegangen werden könne. Klagegegner ist zunächst grundsätzlich die Gesellschaft. Zusätzlich kann sich die Klage aber auch gegen andere Gesellschafter oder Dritte richten, etwa weil sich der Klagevorwurf auf sie erstreckt oder aber weil ihre Interessen durch den begehrten Rechtsschutz berührt werden.313 Weitere Einzelheiten zu den prozessualen Voraussetzungen sind detailliert in den Proceedings Rules314 niedergelegt, die hier aber nicht weiter vertieft werden sollen. b) Begründetheit In Hinsicht auf die Begründetheit der Klage hat der Kläger darzulegen, dass er durch die Handhabung von Gesellschaftsangelegenheiten oder einen Akt der Gesellschaft in seinen Interessen als Gesellschafter in unbilliger Weise beeinträchtigt wurde. aa) Conduct of Company’s Affairs Wie section 994 (1)(a)(b) CA 2006 zu entnehmen ist, kommen als klagebegründende Anknüpfungshandlung sowohl Maßnahmen zur Handhabung von Gesellschaftsangelegenheiten durch die die Gesellschaft kontrollierenden Personen als auch ein Akt oder Unterlassen der Gesellschaft in Betracht. Anknüpfungspunkt können somit alle Verhaltensweisen von Gesellschaftern, Direktoren und der Gesellschaft selbst sein, soweit sie dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zuzuordnen sind.315 Auf die Rechtsnatur der Anknüpfungshandlung im Sinne eines faktischen Tuns oder eines Rechtsaktes wie Gesellschafterbeschlüsse316 kommt es ebenso wenig an317 wie auf dessen zeitlichen Moment. Eine Klage kann sich gemäß section 994 (1) CA 2006 auf ein bereits abgeschlossenes, andauerndes oder noch bevorstehendes 310

Lloyd v Casey [2002] 1 B.C.L.C. 454. Mayson/French/Ryan, Rn. 18.6.2.3. 312 [2006] B.C.C. 73 (79). 313 Joffe, Minority Shareholders, S. 299. 314 Companies (Unfair Prejudice Applications) Proceedings Rules 2009 (S.I. 2009/2469) und 1986 (S.I. 1986/2000). 315 Gower/Davies, Principles of Company Law (2008), S. 682. 316 Bspw. Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556; Re Ringtower Holings Plc [1989] 5 B.C.C. 82 (103). 317 Charlesworth’s, Company Law, S. 361; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 184. 311

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zukünftiges Ereignis beziehen.318 Einschränkungen können sich insofern nur im Rahmen der Ermessensausübung des Gerichts mit Blick auf den Klagezweck ergeben. Da der Rechtsbehelf darauf gerichtet ist, unfaire Benachteiligungen zu berichtigen und für die Zukunft zu beheben319, können nur solche Missstände eine Klage begründen, gegen die das Gericht auch Abhilfe verschaffen kann. Wurde dem jedoch bereits in der Zwischenzeit abgeholfen oder besteht keine realistische Wiederholungsgefahr, kann dies im Einzelfall zu einer Klageablehnung führen.320 „Conduct of company’s affairs“ wird seitens der Gerichte grundsätzlich weit ausgelegt und soll letztendlich nur der Abgrenzung zwischen benachteiligenden Verhaltensweisen, die in Angelegenheit der Gesellschaft und solchen, die in eigener (persönlicher) Angelegenheit der handelnden Gesellschafter oder Direktoren außerhalb des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft erfolgen, dienen.321 Als Anknüpfungspunkt unbilliger Benachteiligung kann insofern nur auf Angelegenheiten, Handlungen und Unterlassungen zurückgegriffen werden, die dem Geschäftsbetrieb (business) der Gesellschaft zuzurechnen sind.322 Handlungen der Gesellschafter oder Direktoren, die zwar die Gesellschaft möglicherweise schädigen, aber keine Ausführung des Geschäftsbetriebs (action in the course of the company’s business) der Gesellschaft darstellen, scheiden somit aus.323 In Hinsicht auf das Verhalten von Gesellschaftern kann eine Klage beispielsweise nicht auf ein missbräuchliches Einberufungsverlangen, eine exzessive Ausübung des Fragerechts324 oder die Stimmrechtsausübung auf der Hauptversammlung gestützt werden.325 Sie stellen ebenso eine persönliche Angelegenheit des Gesellschafters dar wie die Veröffentlichung von gesellschaftsbezogenen Pressemitteilungen durch den Mehrheitsgesellschafter.326 Entsprechendes gilt für Anteilsveräußerungen durch einen Gesellschafter327 und den Erwerb von gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen.328 318

Vgl. Section 994 (1) CA 2006. Re Bird Precision Bellows Ltd [1986] Ch 658 (669). 320 Re Legal Costs Negotiators Ltd [1999] B.C.C. 547 (551); Re Estate Acquisition & Development Ltd [1995] B.C.C. 338 (352); Re Kenyon Swansea Ltd [1987] 2 B.C.C. 259 (265). 321 Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1958] 3 All E.R. 66 (71 f.); Re A Company [1987] B.C.L.C. 141. 322 Re A Company [1987] B.C.L.C. 141; Re Unisoft Ltd (No 2) [1994] B.C.C. 766 (777); Re Leeds United Holdings Plc [1996] 2 B.C.L.C. 545; Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (568); Re Legal Costs Negotiators Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 171; Arrow Nominees Inc v Blackledge [2000] 2 B.C.L.C. 167 (179 f.). 323 Re A Company [1987] B.C.L.C. 141 (144, 148). 324 Re Legal Costs Negotiators Ltd [1999] B.C.C. 547 (551) = [1999] 2 B.C.L.C. 171 (196). 325 Re Unisoft Group Ltd (No3) [1994] B.C.L.C. 609 (611). 326 Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (557). 327 Re Leeds United Holdings [1996] 2 B.C.L.C. 545 (559 f.); a.A. Blackmore v Richardson [2006] B.C.C. 276 (277). 328 Re A Company [1987] 1 B.C.L.C. 141 (147 f.). 319

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In Hinsicht auf das Verhalten von Direktoren der Gesellschaft wurde beispielsweise der Diebstahl von Gesellschaftsgeldern trotz der damit einhergehenden Verletzung der Treuepflicht nicht als Angelegenheit der Gesellschaft gewertet,329 während das Unterlassen von Maßnahmen zur Eintreibung von Geldern, die durch ein (anderes) Mitglied des board of directors gestohlen wurden, wiederum eine solche begründet.330 Entscheidend ist insofern, dass das Verhalten des Direktors eine Ausführung des Geschäftsbetriebs (business) der Gesellschaft darstellt.331 Mit Blick auf grenzüberschreitende Verschmelzungen werden Gesellschafterbeschlüsse stets als eine Angelegenheit der Gesellschaft bewertet.332 Sie werden allerdings nicht als eine Handlung der (Mehrheits-)Gesellschafter i.S.d. section 994 (1)(a) CA 2006, sondern als eine Handlung der Gesellschaft i.S.d. section 994 (1)(b) CA 2006 behandelt.333 Wie das Gericht in Re Unisoft Group Ltd334 explizit ausführte, ist es nicht der Akt der Stimmrechtsausübung, sondern deren Ergebnis, durch den die Gesellschaft zu einem Handeln veranlasst wird. Eine Klage nach section 994 CA 2006 kann daher nur auf den Beschluss als Ergebnis der Stimmrechtsausübung, nicht aber auf die Stimmrechtsausübung des Gesellschafters als solche gestützt werden.335 Für das Vorliegen einer unfairen Benachteiligung (unfair prejudice) ist insofern das inhaltliche Ergebnis des Beschlusses maßgebend.336 bb) Interest as a member Das klagebegründende Ereignis muss ferner den Kläger in seinen Gesellschafterinteressen betreffen. Vergleichbar zu den company’s affairs soll damit sichergestellt werden, dass das beschwerende Ereignis den Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und nicht in einer anderen, wie z. B. in seiner Position als Direktor oder Gläubiger der Gesellschaft, betrifft.337 Dies folgt bereits aus dem Zweck der

329

Lloyd v Casey [2002] 1 B.C.L.C. 454 (471). Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324; Joffe, Minority Shareholders, S. 198. 331 Vgl nur: Re D Chemicals Ltd [1989] 5 B.C.C. 39; Re Saul D Harrison [1995] B.C.L.C. 14; Re BSB Holding (No. 2) [1996] 1 B.C.L.C. 155; CAS (Nominees Ltd v Nottingham Forrest Plc [2002] B.C.C. 145; Tolley’s-Hitchens, S 4052. 332 Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (575). 333 Re Unisoft Group Ltd (No3) [1994] 1 B.C.L.C. 609 (611). 334 (No3) [1994] 1 B.C.L.C. 609. 335 Re Unisoft Group Ltd (No3) [1994] 1 B.C.L.C. 609 (623). 336 Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324 (366); Re Unisoft Group Ltd (No3) [1994] 1 B.C.L.C 609 (611); Re Astec (BSR) plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (575). 337 Re Estate Acquisition and Development Ltd [1991] B.C.L.C. 145 (160 f.); J.E.Cade & Son Ltd [1992] B.C.L.C. 213 (228); O’Neil v Philipps [1999] 2 B.C.L.C. 1 (14 f.); Larvin v Phonix Office Supplies [2003] 1 B.C.L.C. 76 (83). 330

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section 994 CA 2006, der lediglich auf den Schutz von Gesellschaftern, nicht aber auf den von Gläubigern oder Arbeitnehmern abzielt.338 Mit Interessen sind grundsätzlich alle Rechte gemeint, die dem Einzelnen als Gesellschafter in den Gesetzen, der Satzung oder sonstigen Vereinbarung gewährt werden.339 Da der Wortlaut der section 994 CA 2006 aber nicht auf Rechte beschränkt ist, sondern den weitergehenden Begriff der ,Interessen‘ verwendet,340 besteht in der englischen Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass der Fairness-Begriff in Ausnahmefällen eine über die starren Gesellschafterrechte hinausgehende Auslegung zulässt.341 cc) Keine Erweiterung des Schutzgehalts auf nicht kodifizierte Gesellschafterinteressen Unter Heranziehung des grundsätzlich nur für partnerships geltenden Treu und Glauben Grundsatzes (good faith) berücksichtigen die Gerichte daher unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Interessen von Gesellschaftern, die zwar nicht schriftlich kodifiziert, aber nach Treu und Glauben schutzwürdig sind. Eine einheitliche Abgrenzung herrscht diesbezüglich in der Rechtsprechung allerdings nicht vor. Von sog. legitimen Erwartungen (,legitimate expectations‘)342 über Billigkeitserwägungen (,equitable considerations‘)343 bis hin zu korrelativen Rechten (,correlative rights‘)344 finden sich unterschiedlichste Bezeichnungen in den Ausführungen der Gerichte. Gemeint sind letztendlich Erwartungen des Gesellschafters in Bezug auf eine bestimmte Handhabung der Gesellschaftsangelegenheiten, die zwar nicht in der Satzung oder im Gesetz kodifiziert, aber dennoch aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise zu berücksichtigen sind.345 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass gerade in kleinen Gesellschaften die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter nicht erschöpfend in den gesellschaftsrechtlichen Dokumenten niedergeschrieben sind und stattdessen die Angelegenheiten der Gesellschaft auf einer gesteigerten Vertrauensbasis geregelt werden. In diesen Fällen kann die Ausübung von kodifizierten Rechten unbillig sein und dem betroffenen Ge338 339

(372). 340

Larvin v Phoenix Office Supplies [2003] 1 B.C.L.C. 76 Rn. 27. O’Neil v Philipps [1999] 2 B.C.L.C. 1 (14); Re Sunrise Radio Ltd [2010] 1 B.C.L.C. 367

Re Sam Weller & Sons Ltd [1990] B.C.L.C. 80 (85 f.). Re A Company [1986] B.C.L.C. 376; Gamblestaden Fastigheter AB v Baltic Partners Ltd [2007] B.C.C. 280; Palmer’s-Davies, Rn. 8.3807, 8.3814; Dignam/Lowry, Company Law, S. 210. 342 Re Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19). 343 Re A Company [1986] 1 B.C.L.C. 376 (378 f.). 344 O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (11). 345 Ebrahimi v Westbourne Galleries LTd [1972] 2 All E.R. 492 (493); Re Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19); O’Neil v Philipps [1999] 2 B.C.L.C. 1 (14 ff.); Groly v Good (2010) WL 19942 para. 7 ff. 341

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sellschafter ein korrespondierendes Schutzrecht (correlative right)346 zustehen, obwohl in der Satzung der Gesellschaft keine diesbezüglichen Rechte enthalten sind.347 Einer der häufigsten Gründe für eine Klageerhebung nach section 994 CA 2006 ist der Ausschluss eines Gesellschafters von der Geschäftsführung.348 Obwohl der Gesellschafter dadurch nicht in seiner Position als Gesellschafter, sondern in der des directors betroffen ist, erkannten die Gerichte in mehreren Entscheidungen das Interesse an der Aufrechterhaltung der geschäftsführenden Position als schutzwürdiges Gesellschafterinteresse an und erachteten die Ausübung der Mehrheitsmacht in Form der Abberufung des Direktors als unbillig.349 Die auf legitime Erwartungen gestützte Anwendung des Treu und Glauben Grundsatzes ist jedoch nur unter den Voraussetzungen anwendbar, dass es sich erstens bei der betroffenen Gesellschaft um eine Gesellschaft handelt, die auf Grundlage einer persönlichen Vertrauensbeziehung gegründet oder fortgeführt wurde, zweitens, dass alle oder einige der Gesellschafter an der Geschäftsführung partizipieren sollen und drittens, Beschränkungen für die Übertragung der Anteile existieren, die dem Gesellschafter einen Austritt aus der Gesellschaft erschweren. Gesellschaften, auf die diese Vorgaben zutreffen, werden auch als sog. „quasi partnership companies“ bezeichnet.350 Da diese Voraussetzungen aber nicht auf die hier gegenständliche börsennotierte public limited company zutreffen, ist der Billigkeitsgrundsatz auf dieser Grundlage hier nicht anwendbar.351 Der in section 994 CA 2006 gewährte Rechtsschutz ist bei börsennotierten Aktiengesellschaften daher ausschließlich auf diejenigen Rechte beschränken, die den Gesellschaftern aus der Satzung oder dem Gesetz zustehen.352 Auf den Minderheitenschutz bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen dürfte sich diese Beschränkung jedoch nicht sonderlich auswirken. Denn unbeachtlich des Anknüpfungspunktes – sei es der Verschmelzungsbeschluss, Verfahrensfehler oder Informationsmängel – sind die Minderheitsgesellschafter in ihren kodifizierten 346

O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (11). Ebrahimi v Westbourne Galleries LTd [1972] 2 All E.R. 492 (493); Re Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19); O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (14 ff.); Groly v Good (2010) WL 19942 para. 7 ff. 348 Gower/Davies, Principles of Company Law, Rn. 20-11. 349 Bspw. in: Re A Company [1986] B.C.L.C. 376; Re Haden Bill Electrical Ltd [1995] 2 B.C.L.C. 280. 350 Ebrahimi v Westbourne Galleries Ltd [1973] A.C. 360 (379 f.); O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (12). 351 Re Blue Arrow Plc [1987] B.C.L.C. 585; Re Tottenham Hotspur Plc [1994] 1 B.C.L.C. 655; Re Saul D Harrison& Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19); Re Astec (BSR) Plc [1998] B.C.L.C. 556 (588 f.); Irvine v Irvine (No 1) [2007] 1 B.C.L.C. 349 (417). 352 Re Saul D Harrison& Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19); Re Estate Acquisition & Development Ltd [1995] B.C.C. 338; (CAS) Nominees Ltd v Nottingham Forest FC Plc [2001] All E.R. 49; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 191; Birds, Annotated Companies Legislation, Rn. 30994.21; Hannigan, Annotated Guide to the Companies Act, S. 922. 347

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mitgliedschaftlichen Rechten als Gesellschafter betroffen. Am eindeutigsten verhält es sich, wenn sich die Klage unmittelbar gegen den Verschmelzungsbeschluss bei Herausverschmelzungen richtet, da im Zuge von dessen Durchführung die Minderheitsgesellschafter ihre mitgliedschaftlichen Rechte verlieren und somit im Kern ihrer Gesellschafterinteressen betroffen sind. Werden darüber hinaus Verfahrensoder Informationsfehler geltend gemacht, könnten sie sich ferner auf ihre Beteiligungs- und Informationsrechte berufen. dd) Unfair Prejudice Im Mittelpunkt des Verfahrens steht schließlich die Frage, ob das klagebegründende Ereignis zu einer unbilligen Benachteiligung (unfair prejudice) aller Gesellschafter oder zumindest des klagenden Gesellschafters geführt hat. Der Kläger hat diesbezüglich zweierlei nachzuweisen. Zum einen muss das Anknüpfungsverhalten seine oder die Interessen aller Gesellschafter tatsächlich benachteiligt haben und zum anderen muss es unbillig sein. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und sind von den Gerichten positiv festzustellen.353 (1) Nachteil (Prejudice) In Hinsicht auf die Benachteiligung hat der Kläger darzulegen, dass er infolge des Ereignisses in seiner Position als Gesellschafter wesentlich (materially) schlechter gestellt ist. Triviale oder rein theoretische (academic) Interessensbeeinträchtigungen reichen zur Klagebegründung daher nicht aus.354 (a) Erforderlichkeit eines kommerziellen Nachteils und Kausalzusammenhangs Es bedarf vielmehr eines durch die Anknüpfungshandlung verursachten kommerziellen Nachteils,355 der sich zum einen in einer ernsthaften Minderung oder ernsthaften Gefährdung des Anteilswerts widerspiegelt356 und zum anderen im

353 Re R A Noble & Sons (Clothing) Ltd [1983] 1 B.C.L.C. 273 (291); Jesner v Jarrad Properties Ltd [1992] B.C.C. 807; Re Saul D Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (31); Re Baumler (UK) Ltd [2005] 1 B.C.L.C. 92 (132); Re Metropolis Motorcycles Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 520 (553). 354 Greenhalgh v Ardene Cinemas [1951] Ch 286; Re Saul D Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (18); Re BSB Holdings Ltd (No 2) [1996] 1 B.C.L.C. 155 (156); Irvine v Irvine (No 1) [2007] B.C.L.C. 349 (417). 355 Re R.A. Noble & Sons (Clothing) Ltd [1983] 1 B.C.L.C. 273 (290); Re Unisoft Group Ltd (No 3) [1994] 1 B.C.L.C. 609 (611); Re Brenfield Squash Racquets Ltd [1996] 2 B.C.L.C. 184; Rock Nominees v RCO (Holdings) [2003] 2 B.C.L.C. 493 (511 ff.); Re Sunrise Radio Ltd [2010] 1 B.C.L.C. 367 (371). 356 Bovey Hotel Ventures Ltd (31. 7. 1981) unreported aber zitiert in: Re R.A. Noble & Sons (Clothing) Ltd [1983] 1 B.C.L.C. 273 (290): „… if he can show that the value of his shareholding

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Kausalzusammenhang mit dem Anknüpfungsverhalten steht357. Ob ein kommerzieller Schaden vorliegt, wird seitens der Gerichte in der Regel anhand eines Vergleichs der Vermögenslage des Gesellschafters mit und ohne das schädigende Ereignis ermittelt.358 Zur Begründung der Anteilswertminderung kann sich der Kläger grundsätzlich auch auf einen finanziellen Schaden der Gesellschaft berufen, da die Gerichte davon ausgehen, dass Maßnahmen, die für die Gesellschaft finanziell nachteilhaft sind, sich auch im Anteilswert niederschlagen können.359 So sah es das Gericht beispielsweise in dem Rechtsstreit Scottish Wholesale Society v Meyer360 als erwiesen an, dass der Gesellschafter einen eigenen Schaden dadurch erlitten hatte, dass der geschäftsführende Mehrheitsaktionär den Betrieb der Gesellschaft bewusst herunterwirtschaftete, um so Vorteile zugunsten seiner eigenen konkurrierenden Gesellschaft zu erlangen. In Bezug auf börsennotierte Aktiengesellschaften gilt dies jedoch nicht ohne weiteres. Denn im Unterschied zu kleinen Gesellschaften, in denen sich der Anteilswert anhand der materiellen Vermögenswerten der Gesellschaft bestimmt, werden bei der Anteilsbewertung von public companies auch deren zukünftig zu erwartende Ertragswerte herangezogen.361 Die Minderung des Anteilswerts mit einem Vermögensverlust der Gesellschaft zu begründen, wird daher im Falle der börsennotierten Aktiengesellschaft wenn überhaupt nur gelingen, wenn das Gesellschaftsvermögen so schwerwiegend belastet wird, dass es sich auch langfristig auf die zukünftigen Ertragswerte auswirkt. Unter Anwendung des Billigkeitsgrundsatzes des Equity Law lässt die Rechtsprechung in Ausnahmefällen auch nicht-kommerzielle Nachteile, wie z. B. den bereits erwähnten Verlust einer Geschäftsführerposition362 oder den der Vertrauensbasis unter den Gesellschaftern363 als Nachteil ausreichen. Dies gilt jedoch auch in dieser Hinsicht nur für die beschriebene Fallgruppe der quasi-partnership companies, die hier nicht anwendbar ist.

in the company has been seriously diminished or at least seriously jeopardized by reason of a course of conduct on the part of those persons who have de facto control of the company, …“. 357 Re JE Cade & Son Ltd [1992] B.C.L.C. 213; R & H Electric Ltd v Haden Bill Electrical Ltd [1995] 2 B.C.L.C. 280 (292); Re Blackwood Hodge Plc [1997] 2 B.C.L.C. 650 (673). 358 CAS (Nominees) Ltd v Nottingham Forest FC Plc [2002] B.C.C. 145 (146/172). 359 Re Marco (Ipswich) Ltd [1994] 2 B.C.L.C. 354 (404). 360 Scottish Co-operation Wholesale Society v Meyer [1959] A.C. 324 (366 f.). 361 Griffin, J.B.L. 2010, S. 461 (462). 362 Mc Guinness v Bremner Plc [1988] S. L.T. 891; Re RA Noble & Sons (Clothing) Ltd [1983] B.C.L.C. 273 (290); Re Elgindata (No. 1)[1991] 1 B.C.L.C. 959 (1004 f.); Quinlan v Essex Hinge Co Ltd [1996] 2 B.C.L.C. 417. 363 Re Metropolis Motorcycles Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 520.

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(b) Unangemessenes Umtauschverhältnis als kommerzieller Nachteil Mit Blick auf die Darlegung eines kommerziellen Nachteils bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen wird man nach dem jeweils geltend gemachten Anknüpfungsverhalten differenzieren müssen. Richtet sich die Klage gegen ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis, so besteht ein kommerzieller Nachteil unmittelbar in der damit einhergehenden Anteilsverringerung. Der Gesellschafter der englischen übertragenden Gesellschaft hält nach Durchführung der Verschmelzung Anteile an der übernehmenden Gesellschaft, die im Verhältnis zu seinen Anteilen an der übertragenen Gesellschaft insgesamt einen geringen Wert aufweisen. Sieht der Verschmelzungsplan entgegen der gesetzlichen Vorgabe eine Barabfindung vor, ist der nunmehr gehaltene Barwert im Verhältnis zu seinem Anteilswert ebenfalls geschmälert. Die wertmäßige Differenz zwischen dem ursprünglichen Anteilswert und der erhaltenen Kompensation beziffert insoweit unmittelbar den persönlichen Schaden des Gesellschafters. Entsprechendes gilt, wenn dem Gesellschafter die an der übertragenden Gesellschaft gehaltenen Sonderrechte nicht an der übernehmenden Gesellschaft eingeräumt werden bzw. nicht in angemessener Weise kompensiert werden. (c) Verfahrens- und Informationsfehler als kommerzieller Nachteil In Hinsicht auf bloße Verfahrens- und Informationsfehler bestehen hingegen erhebliche Bedenken. Denn wie unter anderem364 in der Entscheidung Re Irvine v Irvine365 explizit ausgeführt, genügt eine bloße Rechts- oder Pflichtverletzung grundsätzlich nicht zur Begründung eines Nachteils i.S.d. section 994 CA 2006. Die Klägerin hatte in diesem Fall mitunter geltend gemacht, der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter habe entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung kein general meeting zwecks Genehmigung der Jahresabschlüsse und der Erhöhung seines Direktorengehalts einberufen. Das Gericht verwarf den Einwand mit der Begründung, der Kläger habe keinen kommerziellen Nachteil erlitten, da im Falle einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung der Mehrheitsgesellschafter seinen Willen ohnehin hätte durchsetzen können.366 Auch wenn der Regel aus Foss v Harbottle kein unmittelbarer Geltungsanspruch mehr zukommt,367 zeigt die Entscheidung dennoch, dass sie weiterhin in die Erwägungen des Gerichts einfließt. Bloße Verfahrensfehler oder Pflichtverletzungen der Direktoren, die durch eine einfache Mehrheit ratifiziert bzw. durch eine ordnungsgemäß einberufene und durchgeführte Gesellschafterversammlung geheilt 364

Vgl. Re Carrington Viyella Plc [1983] 1 B.C.C. 98, 951. [2007] 1 B.C.L.C. 349. 366 Irvine v Irvine (No 1) [2007] 1 B.C.L.C. 349 (441). 367 Vgl. die Ausführungen über die Vorgaben des früheren Rechts zur Derivative Claim, Teil 4 C. II. 2. a). 365

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werden könnten, werden daher in der Regel nicht zur Klagebegründung ausreichen.368 Selbst im Falle von nicht-ratifizierbaren Verfahrens- und Pflichtverstößen, wie z. B. solchen, die eine Rechtsverletzung der Gesellschafter begründen, werden Minderheitsaktionäre es schwer haben, einen kommerziellen Nachteil darzulegen, wenn sich der Verstoß nicht auf das Beschlussergebnis auswirkt. In Re A Company erkannte es das Gericht zwar als benachteiligend (,prejudicial‘) an, dass Gesellschafter durch eine irreführende Berichterstattung der Direktoren gehindert waren, ihre Anteile zum besten Preis zu verkaufen, indem die Direktoren das niedrigere von zwei Übernahmeangeboten (takeover bid) mit der unzutreffenden Begründung empfahlen, dass das höhere nicht erfolgreich durchzusetzen wäre.369 Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Gerichte im Falle eines irreführenden Verschmelzungsberichts zu derselben Annahme kommen. Denn im Unterschied zur Empfehlung eines Übernahmeangebots bedarf es dort zusätzlich der Beschlussfassung durch die Gesellschafter, so dass ein Kausalzusammenhang zwischen einer irreführenden Berichterstattung und dem Verlust des Anteilswerts des Aktionärs nur gegeben ist, wenn der Beschluss bei ordnungsgemäßer Berichterstattung nicht zustande gekommen wäre. Der Kläger hat dementsprechend nachzuweisen, dass die Fehlerhaftigkeit des Berichts das Abstimmungsverhalten der Mehrheit beeinflusst hat.370 Andernfalls fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Fehlinformation und der unbilligen Benachteiligung.371 Im Übrigen dürfte der kommerzielle Nachteil auch vorrangig durch die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses und nicht durch die fehlerhafte Berichterstattung verursacht sein. Vor diesem Hintergrund dürften bloße Verfahrens- und Informationsmängel im Vorfeld und bei Durchführung der Gesellschafterversammlung nur unter besonderen Umständen ausreichen, um eine unfair prejudice Klage zu begründen. Wird hingegen auf den Verschmelzungsbeschluss als Anknüpfungshandlung abgestellt und ein unangemessenes Umtauschverhältnis als Benachteiligung im Sinne einer unzureichenden Kompensation für den Verlust der mitgliedschaftlichen Rechte in der übertragenden Gesellschaft geltend gemacht, sollten sich nach dem Vorstehenden keine Probleme bezüglich der Benachteiligung i.S.d. 994 CA 2006 ergeben. Der Klage steht es jedenfalls nicht entgegen, dass von dem Umtauschverhältnis alle Gesellschafter sowie die Gesellschaft in gleicher Weise betroffen sind,

368

Hollington, Shareholders’ Rights, S. 200. [1986] 1 B.C.L.C. 382 (388). 370 CAS (Nominees) Ltd v Nottingham Forest FC Plc [2002] B.C.C 145 (146/169): „It was arguable that the claimants would have been entitled to complain of unfair prejudice if they had been able to prove that the extraordinary general meeting vote was invalidated by the misleading nature of the circular, even if the board had otherwise acted properly“. 371 Re Blackwood Hodge Plc [1997] 2 B.C.L.C. 650 (673). 369

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da eine Ungleichbehandlung für das Vorliegen einer Benachteiligung nicht (mehr)372 entscheidend ist.373 (2) Unfairness Wie bereits angesprochen, wird die Unbilligkeit (Unfairness) des Anknüpfungsverhaltens nicht schon durch das Vorliegen einer Benachteiligung (prejudice) impliziert,374 sondern ist vielmehr seitens der Gerichte anhand einer Abwägung der konkreten Umstände für jeden Einzelfall zu beurteilen.375 Eine klar umschriebene Regel, wann ein benachteiligendes Verhalten unbillig ist, existiert dementsprechend nicht, was auch eine schematische Darstellung – im Unterschied zur deutschen Anfechtungsklage – erheblich erschwert. (a) Herleitung des Fairness-Maßstabs Der Rechtsprechung376 zu section 994 CA 2006 bzw. zu deren Vorgängervorschriften377 können jedoch abstrakte Leitfäden entnommen werden, die insbesondere durch die Entscheidungen in O’Neil v Phillips378 und Re Saul D Harrison & Sons Plc379 geprägt und aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift hergeleitet wurden. Nach den Ausführungen des Gerichts dient die Einführung des Fairness-Tests dem Zweck, die Gerichte von einer ausschließlichen Betrachtung der Rechte und Pflichten zu befreien und sie stattdessen zu ermächtigen, das zu tun, was sie für gerecht und billig (just & equitable) erachten. Entsprechend ihrer abstrakten Formulierung soll „unfair prejudice“ daher flexibel angewandt werden, um den besonderen Umständen des Einzelfalls gerecht zu werden. Aus Rechtssicherheits372

Die Vorgängervorschrift setzte noch eine Diskriminierung der Gesellschafter voraus, vgl section 459(1) CA 1985: „A member of a company may apply to the court … for an order … on the ground that the application of company’s affairs are being or have been conducted in a manner which is unfairly prejudicial to the interests of some part of the members (…)“. 373 Boyle/Marshall, Practice and Procedure of the Companies Court, S. 198. 374 Re A Company [1986] B.C.L.C. 382 (387); Jesner v Jarrad Properties Ltd [1992] B.C.C. 807 (808); Nicholas v Soundcraft Electronics [1993] B.C.L.C. 360 (366, 372); Re Baltic Real Estate Ltd (No. 2) [1993] 1 B.C.L.C. 503 (507); Re Legal Cost Negotiators Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 171 (197). 375 Re Saul D Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (17). 376 Vgl. bspw: Arrow Nominee v Blackledge [2000] 2 B.C.L.C. 167 (176); Re Guidezone Ltd [2000] 2 B.C.L.C. 321 (352), Profiance Trust SA v Gladstone [2000] 2 B.C.L.C. 516 (525); Brownlow v G H Marshall Ltd [2000] 2 B.C.L.C. 655 (672); Re Phoenix Office Supplies [2003] 1 B.C.L.C. 76 (83 f.); Irvine v Irvine [2007] 1 B.C.L.C. 349 (417); Re Metropolis Motorcycles Ltd Hale v Waldock [2007] 1 B.C.L.C. 520 (544 f.); Re Sunrise Radio Ltd [2010] 1 B.C.L.C 367 (371). 377 Section 459 Companies Act 1985 und section 75 Companies Act 1980. 378 [1999] 2 B.C.L.C. 1 (7 f.) = [1999] 1 W.L.R. 1092 (1098 ff.) unter Heranziehung der Entscheidung in: Re Saul D Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (19 ff.), Ebrahimi v Westbourne Galleries LTd [1972] 2 All E.R. 492 (493). 379 [1995] 1 B.C.L.C. 14.

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gründen dürfen die Gerichte jedoch nicht nach eigenem Empfinden richten, sondern müssten sich an rationalen Prinzipien orientieren, die sich aus dem Zusammenhang und den Hintergründen des Anknüpfungspunktes ableiten.380 Bei section 994 CA 2006 bestehe der Anknüpfungspunkt in dem Verständnis einer Gesellschaft als einer Vereinigung von Personen, die sich zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben. Die dieser Vereinigung zugrunde liegenden Bedingungen seien grundsätzlich in der Satzung der Gesellschaft, in zusätzlichen Übereinkommen zwischen den Beteiligten und im Gesetz381 niedergelegt. Zusammen formten sie die Standards, nach denen die Angelegenheiten der Gesellschaft zu handhaben sind und denen sich jeder Gesellschafter bei Eintritt in die Gesellschaft freiwillig unterworfen habe.382 Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter ergäben sich damit allein aus diesen Vorgaben.383 Dementsprechend sei aber im Umkehrschluss auch jeder Gesellschafter berechtigt, auf der Einhaltung dieser Fairness-Standards zu bestehen.384 Daraus folgt, dass ein Verhalten in Gesellschaftsangelegenheiten nur dann unbillig i.S.d. section 994 CA 2006 sein kann, wenn es gegen einen der in der Satzung der Gesellschaft oder im Gesetz angelegten Standards verstößt (breach of terms).385 Wie bereits im Rahmen der Nachteilserlangung (prejudice) angeführt, begründet jedoch nicht bereits jeder Verstoß einen Anspruch nach section 994 CA 2006. Triviale oder rein technische Verstöße, insbesondere Verfahrensfehler, die keine Konsequenzen mit sich bringen386 bzw. die durch die Mehrheit i.S.d. Foss v Harbottle Regel heilbar sind,387 werden in der Regel nicht zur Überzeugung des Gerichts ausreichen.388 Schwerwiegende und absichtliche Verfahrensverstöße seitens der Direktoren oder der kontrollierenden Gesellschaftermehrheit werden hingegen stets ein unbilliges Verhalten i.S.d. CA 2006 darstellen.389 Dies gilt vor allem, wenn persönliche Gesellschafterrechte verletzt werden.390

380

Re Saul D Harrison & Sons Plc [1995] 1 B.C.L.C. 14 (30). In den Urteilen wird überwiegend nur die Satzung erwähnt. Das damit auch die Gesetze gemeint sind, wird aber ausdrücklich in: Re Blue Arrow Plc [1987] 1 B.C.L.C. 585 (590) sowie in Re Sunrise Radio Ltd [2010] 1 B.C.L.C. 367 (371) betont. 382 O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (7). 383 Joffe, Minority Shareholders, S. 219. 384 Re Sunrise Radio [2010] 1 B.C.L.C. 367 (374). 385 O’Neil v Phillips [1999] 2 B.C.L.C. 1 (7); Re Sunrise Radio [2010] 1 B.C.L.C. 367 (371). 386 Irvine v Irvine [2007] 1 B.C.L.C. 349 (417); Re Baumler (UK) [2005] 1 B.C.L.C. 430. 387 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 200. 388 Joffe, Minority Shareholders, S. 217, 262. 389 Hollington, Shareholders’ Rights, S. 200. 390 Re Saul D Harrison & Sons plc [1995] B.C.L.C. 14 (18); Vgl. Wilkinson v West Coast Capital [2005] E.W.H.C. 3009 (Ch); Grace v Biagioli [2006] 2 B.C.L.C. 70; Re Metropolis Motorcycles Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 520 (546). 381

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Im ersten Schritt des Fairness-Tests gilt es daher zu fragen, ob durch das Anknüpfungsverhalten persönliche Gesellschafterrechte des Klägers aus der Satzung oder dem Gesetz verletzt wurden.391 Im zweiten Schritt kann das Anknüpfungsverhalten unter besonderen Umständen einer Billigkeitskontrolle nach den allgemeinen Grundsätzen des Equity Law unterzogen werden, wobei im Falle der börsennotierten Aktiengesellschaft eine Anwendung des Treu und Glauben Grundsatzes auf Grundlage eines besonderen Vertrauensverhältnisses – wie gesagt – nicht in Betracht kommt. Dementsprechend bestimmt sich der Maßstab der Unbilligkeit bei der hier betrachteten börsennotierten plc ausschließlich nach der Verletzung individueller Gesellschafterrechte. (b) Unangemessenes Umtauschverhältnis In Hinsicht auf ein unangemessenes Umtauschverhältnis sehen die CR 2007 kein Individualrecht auf Erhalt einer angemessenen Kompensation vor. Eine entsprechende Vorgabe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Gemäß regulation 7 (2)(b) CR 2007 ist im Verschmelzungsplan nur ein Umtauschverhältnis, nicht aber ein „angemessenes“ Umtauschverhältnis anzugeben. Auch die Direktoren sind nicht verpflichtet, in dem Verschmelzungsbericht Angaben zur Angemessenheit des Umtauschverhältnisses zu machen.392 Den einzigen Anhaltspunkt dafür, dass das Umtauschverhältnis i.S.e. Fairness-Standards angemessen sein muss, stellt regulation 9 (5)(c) CR 2007 dar, der gemäß die Verschmelzungsprüfer eine Stellungnahme abzugeben haben, ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach angemessen ist (,reasonable‘). Da regulation 9 CR 2007 aber nicht das Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander, sondern eine Verpflichtung außenstehender Dritte betrifft, ist zu bezweifeln, dass englische Gerichte daraus ein rechtlich durchsetzbares Individualrecht der Gesellschafter auf Erhalt einer angemessenen Kompensation ableiten. Im Zuge der Herausverschmelzung werden Minderheitsgesellschafter allerdings gegen ihren Willen zur Anteilsübertragung verpflichtet (compulsory transfer of shares). Da die Mitgliedschaft und die an sie anknüpfenden Mitgliedschaftsrechte nach dem Common Law als Eigentumsrecht anerkannt sind,393 begründet eine grenzüberschreitende Verschmelzung daher regelmäßig einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Minderheitsaktionäre. Vor diesem Hintergrund ließe sich argumentieren, dass die Entziehung des Eigentumsrechts in Form eines Anteilstausches zwar nach den CR 2007 grundsätzlich zulässig ist, dies jedoch nur soweit geltend kann, wie der Eigentümer einen wertmäßigen Ausgleich für den Verlust seiner Rechte erhält. Dem Eigentumsrecht käme insofern nicht nur ein Schutz vor der

391 Vgl. Wilkinson v West Coast Capital [2005] E.W.H.C. 3009 (Ch); Grace v Biagioli [2006] 2 B.C.L.C. 70; Re Metropolis Motorcycles Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 520 (546). 392 Vgl. regulation 8 CR 2007. 393 Vgl. die Ausführungen über die Kapitalverfassung der plc, Teil 2 B. II. 3. e).

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vollständigen Entziehung zu, sondern es würde ihm zugleich auch ein positiver Anspruch auf angemessene Kompensation im Falle der Entziehung innewohnen. Ob sich die englischen Gerichte dieser eigentumsrechtlichen Argumentation anschließen, kann in Ermangelung einschlägiger Rechtsprechung nicht abschließend beurteilt werden. Rechtsdogmatische Ausführungen sind den Gerichtsentscheidungen in verschmelzungsverwandten Sachverhalten jedenfalls nicht zu entnehmen. Dagegen könnte sprechen, dass das Umtauschverhältnis im Verschmelzungsplan festgelegt und damit Gegenstand der Beschlussfassung ist. Die Entscheidung darüber, ob das Umtauschverhältnis eine angemessene Kompensation darstellt, wurde somit nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich der Entscheidungskompetenz der Mehrheit und der Verschmelzungsprüfung überlassen. Wie bereits in der Entscheidung Re Astec BSR394 ausdrücklich hervorgehoben wurde, stellt aber auch das Stimmrecht ein Eigentumsrecht der Gesellschafter dar, welches er frei nach seinen eigenen Interessen ohne Rücksicht auf die Interessen anderer Gesellschafter ausüben darf.395 Da in diesen Fällen die Gerichte grundsätzlich nicht zur Intervention in die Entscheidungen der Mehrheitsgesellschafter berechtigt sind,396 würde demnach auch eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses ausscheiden. Dem lassen sich aber wiederum die bereits dargelegten397 Grundsätze des Equity Law über die Beschränkung der Stimmrechtsmacht entgegenhalten, die eine Intervention des Gerichts in die Entscheidungsfindung der Mehrheit grundsätzlich rechtfertigen können. Zum einen sind dies die eingangs dargestellten Grundsätze über persönliche Vertrauensbeziehungen i.S.d. sog. quasi-partnership companies (good faith), die bei public companies jedoch nicht zur Anwendung kommen. Zum anderen haben sich die englischen Gerichte für eine Beschränkung der Mehrheitsmacht bei bestimmten Satzungsänderungen und in modifizierter Weise bei schemes of arrangments ausgesprochen. Insofern wird auf die Ausführungen in Teil 3 verwiesen. Satzungsänderungen, die eine Anteilsenteignung der Minderheitsaktionäre im Wege der Einführung einer obligatorischen Verpflichtung zum Anteilsverkauf der Minderheitsgesellschafter gegenüber den Mehrheitsgesellschaftern vorsehen oder in anderer Weise den Ausbau der Mehrheitskontrolle zu Lasten der Gesellschaft oder

394

[1998] 2 B.C.L.C. 556. Re Astec (BSR) [1998] 2 B.C.L.C. 556 (584 f.); vgl. ferner die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkungen, Teil 3 F. III. 5. b) aa). 396 Scottish Insurance Corp v Wilsons & Clyde Coal Co (1948) S. C. 376; Gower/Davies, Principles of Company Law (2008), S. 683. 397 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkungen, Teil 3 F. III. 5. b) bb). 395

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der Minderheitsaktionäre bezwecken, unterliegen danach der gerichtlichen Kontrolle.398 Unter Heranziehung des bona fide bzw. fraud on the minority Grundsatzes sind Beschlüsse über die Einführung einer Satzungsbestimmung zum obligatorischen Anteilstransfer (compulsory transfer of shares) danach nur zulässig, wenn sie nicht nur zum Vorteil des Mehrheitsgesellschafters, sondern auch dem Wohl der Gesellschaft insgesamt zu dienen bestimmt sind und den zur Übertragung verpflichteten Minderheitsgesellschaftern eine angemessene Kompensation gewährleistet wird.399 Den diesbezüglichen Entscheidungen der Rechtsprechung ist insofern zu entnehmen, dass selbst in den Fällen, in denen eine obligatorische Anteilsübertragung dem Grunde nach dem Wohl der Gesellschaft insgesamt entspricht, sich die betroffenen Gesellschafter mit dem Argument einer unangemessenen Abfindung auf Grundlage der section 994 CA 2006 an das Gericht wenden können. In Dashfield v Davidson400 sah die Satzung bspw. eine obligatorische Anteilsübertragung im Todesfall eines Gesellschafters vor, wonach die Anteile auf die übrigen Gesellschafter gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zu übertragen waren. Das Gericht erachtete die Bestimmung als solche zwar als zweck- und rechtmäßig, gab jedoch dem Einwand des Klägers statt, die Berechnung der Abfindung sei auf einer fehlerhaften Berechnungsgrundlage erfolgt und daher zu niedrig.401 Im Gegensatz zu der Anwendung von Billigkeitsgrundsätzen auf besondere Vertrauensverhältnisse (quasi-partnership companies) ist die Anwendung der Billigkeitsgrundsätze auf Satzungsänderungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften auch nicht ausgeschlossen und finden im Rahmen von section 994 CA 2006 Berücksichtigung.402 Eine entsprechende gerichtliche Kontrolle findet sich auch bei der Genehmigung von gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen (,schemes of arrangements‘) i.S.d. 897 ff. CA 2006 wieder. Wie im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens dargelegt,403 wird auch hier die Wahrung des bona fide Grundsatzes sowie unter dem Aspekt der fairness die Gewährleistung einer angemessenen Kompensation für den 398 Peters American Delicacy Co Ltd v Heath (1938 – 1939) 61 C.L.R. 457 (502 f.); Brown v British Abrasive Wheel & Co [1919] 1 Ch 290; Dafen Tinplate v Llanelly Steel [1920] 2 Ch 124; Sidebottom v Kershaw, Leese and Company Ltd, [1920] 1 Ch 154 (165 f.); Greenhalgh v Arderne Cinemas Ltd [1951] 2 Ch 286 (290 ff.); Citco Banking Corp NV v Pusser’s Ltd and another [2007] 2 B.C.L.C. 483 (488 – 493). 399 Vgl. die Ausführungen über die Stimmrechtsbeschränkungen, Teil 3 F. II. 5. b) bb) (1), (2). 400 (No. 2) [2008] B.C.C. 662. 401 Dashfield v Davidson (No. 2) [2008] B.C.C. 662 (681 f.). 402 Vgl. Citco Banking Corp NV v Pusser’s Ltd and another [2007] 2 B.C.L.C. 483; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 199; Rock Nominees v RCO (Holdings) [2003] 2 B.C.L.C. 493 (510). 403 Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen über das Vorabbescheinigungsverfahren, Teil 3 G. III. 1. b) aa) (2) (b), (3).

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Verlust von Anteilen überprüft, obwohl das Gesetz oder die Satzung auch hier keinen expliziten Anspruch auf Erhalt einer angemessenen Kompensation vorsehen.404 Dennoch überprüfen die Gerichte im Rahmen des Buckley Tests, ob die Minderheitsgesellschafter für ihren Anteilsverlust eine angemessene Kompensation erhalten haben, sofern die diesbezüglichen Einwände substantiiert dargelegt werden.405 Zwar sind dem Verfasser keine Gerichtsverfahren bekannt, in denen Minderheitsgesellschafter Rechtsschutz gegen einen dem Genehmigungsverfahren nach section 899 CA 2006 unterfallenden scheme of arrangement im Wege einer Unfair Prejudice Petition suchten. Da aber sowohl im Genehmigungsverfahren als auch bei section 994 CA 2006 die allgemeinen Billigkeitsgrundsätze berücksichtigt werden, ist davon auszugehen, dass sich Minderheitsgesellschafter unter Berufung auf den bona fide bzw. fraud on the minority Grundsatz auch im Rahmen von section 994 CA 2006 gegen schemes of arrangements wenden könnten, die eine obligatorische Anteilsübertragung ohne angemessene Kompensation vorsehen.406 Ob die Gerichte bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen einen Anspruch auf Erhalt einer angemessenen Kompensation aus dem Eigentumsrecht unmittelbar ableiten oder eine Beschränkung der Mehrheitsmacht nach den für schemes of arrangements und Satzungsänderung geltenden Billigkeitsgrundsätzen annehmen werden, kann an dieser Stelle mangels einschlägiger Rechtsprechung nicht beantwortet werden. Für eine Überprüfbarkeit der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses sprechen aber neben den bereits genannten Gründen407 deren Struktur- und Interessensverwandtschaft. In allen Konstellationen geht es nämlich um die Entziehung des Eigentums in Form von Gesellschaftsanteilen. Darüber hinaus sprechen insbesondere der Sinn und Zweck des Unfair Prejudice Verfahrens im Sinne einer gerichtlichen Kontrolle unzulässiger Machtausübung der die Gesellschaft kontrollierenden Personen sowie der flexible Ansatz des Verfahrens für einen entsprechenden Rechtsschutz.408 Wie das Gericht in Re BSB Holings Ltd (No. 2) auch explizit betonte, sind die Kategorien von unfair prejudice nicht abschließend. Die in Gesetz und Satzung festgelegten Vorgaben begründen zwar Standards für gesellschaftsrechtliches Verhalten, deren Verletzung eine Klage nach section 994 CA 2006 begründen kann, sie schließen aber zugleich weitere Gründe nicht aus.409

404

Vgl. Sections 895 ff. CA 2006. Vgl. die Ausführungen über dne Prüfungsmaßstab des Vorabbescheinigungsverfahrens, Teil 3 G. III. 1. b) aa) (3). 406 Zum Verhältnis des Genehmigungsverfahrens zur Unfair Prejudice Claim siehe nachstehend, Teil 4 C. II. 3. d). 407 Vgl. die Ausführungen über bewertungsbezogene Einwände im Vorabbescheinigungsverfahrens, Teil 3 G. III. 1. b) aa) (3) (a). 408 Vgl. die Ausführungen über die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Unfair Prejudice Claim, Teil 4 C. II. 3. 409 Re BSB Holdings Lt (No 2) [1996] 1 B.C.L.C. 155 (243). 405

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Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass section 994 CA 2006 weder ein unilaterales Austrittsrecht noch ein Recht auf Überprüfung der Angemessenheit der Kompensation per se begründet. Auf Grundlage des Eigentumsrechts und der Grundsätze über die Stimmrechtsbeschränkung bei Satzungsänderungen und schemes of arrangements könnte eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss wegen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses aber erfolgversprechend sein. (c) Verfahrens- und Informationsfehler In Hinsicht auf Verfahrens- und Informationsfehler werden die Erfolgsaussichten einer Klage nach section 994 CA 2006 hingegen als gering einzuschätzen sein. Zwar können sich Minderheitsgesellschafter auf die dargelegten Gesetzesvorgaben des CA 2006 und der CR 2007 zur Begründung eines Verstoßes gegen die Fairness-Standards berufen. Wie bereits im Rahmen des kommerziellen Nachteils (prejudice) ausgeführt,410 werden triviale oder rein technische Verstöße, insbesondere Verfahrensfehler, die keine Konsequenzen mit sich bringen411 oder die durch die Mehrheit im Wege einer erneuten Gesellschafterversammlung beseitigt werden könnten, in der Regel jedoch nicht ausreichen. Verfahrensfehler werden daher nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie entweder eine Verletzung individueller Rechte des Klägers beinhalten oder es sich um schwerwiegende, absichtliche Verfahrensverstöße handelt. Eine feststehende Regel, wann ein Verstoß als schwerwiegend zu beurteilen ist, existiert allerdings nicht. Auch diesbezüglich kommt es auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an.412 Wie der Rechtsprechung zu entnehmen ist, kann beispielsweise die Nichteinberufung der Gesellschafterversammlung einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begründen, muss es aber nicht zwingender Weise.413 Ein Verletzung der Pflicht von Direktoren nach section 182 CA 2006, persönliche Interessen an einer Übertragung der Gesellschaft offenzulegen, wurde in Re BSB Holdings Ltd (No 2)414 als nicht ausreichend gesehen. In Re RA Noble & Sons (Clothing) Ltd415 hatte der Kläger wiederum erfolgreich die Missachtung seines Rechts auf Information geltend gemacht. In diesem Fall stand dem Kläger allerdings laut vertraglicher Absprache ein besonderes Informations- und Konsultationsrecht zu, welches gänzlich und mehr410

Vgl. die vorstehenden Ausführung über den kommerziellen Nachteil (Prejudice), Teil 4 C. II. 3. b) dd) (1). Die Frage nach der Schwere des Verstoßes wird in der Rechtsprechung und Literatur teilweise im Rahmen des Nachteils und teilweise unter dem Gesichtspunkt der Fairness besprochen. Häufig wird auf eine systematische Differenzierung auch gänzlich verzichtet. 411 Irvine v Irvine [2007] 1 B.C.L.C. 349 (417); Re Baumler (UK) [2005] 1 B.C.L.C. 430. 412 Joffe, Minority Shareholders, S. 262. 413 Bejahend: Re A Company [1990] 1 B.C.L.C. 382; Fisher v Cadman [2006] 1 B.C.L.C. 499 (530); ablehnend: Irvine v Irvine (No 1) [2007] 1 B.C.L.C. 349 (440). 414 [1996] 1 B.C.L.C. 155 (258). 415 [1983] 1 B.C.L.C. 273 (289).

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fach absichtlich missachtet wurde. Zudem handelt es sich bei der Gesellschaft um eine quasi-partnership company mit nur wenigen Gesellschaftern. Wegweisender dürfte daher die Aussage des Gerichts in der Entscheidung Re Elgindata Ltd416 sein, der zur Folge Informationspflichtverletzungen und Missachtungen von Beteiligungsrechten, obwohl sie eine Eigentumsverletzung begründen, eher eine dünne Grundlage für Klagen nach section 994 CA 2006 darstellen. Dies entspricht auch den Ausführungen in Re Sunrise Radio Ltd,417 der gemäß einfache Verfahrensverstöße, die keinen Einfluss auf den Anteilswert haben, dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Stützt sich die Klage ausschließlich auf Informationspflichtverletzung, so wäre nach der Entscheidung Bennet v Bennet418 im Übrigen auch nur ein Beschluss nach section 996 CA 2006 mit dem Inhalt, die Information bereitzustellen, zu erlassen. c) Rechtsfolge Gelingt Minderheitsaktionären aber der Nachweis einer unbilligen Benachteiligung, so kommt in Hinsicht auf grenzüberschreitende Verschmelzungen insbesondere die Beantragung einer einstweiligen Unterlassungsverfügung in Betracht. aa) Unterlassungsverfügung (Injunction to preserve the status quo) Gemäß der in American Cyanamid Co v Ethicon Ltd419 entwickelten Prinzipien hat das Gericht dafür zu prüfen, ob prima facie ein geeigneter Klagegrund vorgebracht wurde und ob eine Unterlassungsverfügung im Lichte der Rechtsbehelfe, die dem Gericht im Falle eines erfolgreichen Klageverfahrens zur Verfügung stehen, section 996 CA 20006, erforderlich ist.420 Unter Berücksichtigung, dass regulation 6 CR 2007 keine Vorschrift wie § 16 UmwG im deutschen Recht enthält und mithin die Klageerhebung nach section 994 keine Sperrwirkung für die Erteilung der Vorabbescheinigung entfaltet, dürfte die Erforderlichkeit vor allem vor dem Hintergrund der Auflösung der übertragenden Gesellschaft und des absoluten Bestandsschutzes der grenzüberschreitenden Verschmelzung begründet werden können. Da ein Spruchverfahren, welches mit Zu416

[1991] 1 B.C.L.C. 959 (986, 989). [2009] WL 3643970, Rn. 7: „It is with such considerations in mind that the principle has evolved that in judging the issue of unfair prejudice, isolated trivial complaints, even when in breach of some legal requirement, having no impact on the value of the petitioner’s shares, or upon any realistic objective assessment of the integrity and competence of the board, will not be visited by the threat of an unfair prejudice petition, but should be left to be dealt with by the regime of sanctions and other remedies the law provides.“ 418 Bennett v Bennett [2002] WL 820106, Rn. 142. 419 [1975] A.C. 396 H.L.; Palmer’s-Morse, Rn. 8.3819. 420 Pringle v Callard [2008] 2 B.C.L.C. 505 CA. 417

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stimmung der Gesellschafter Rechtswirkung für die übernehmende Gesellschaft entfaltet, im englischen Recht nicht vorgesehen ist, kann das Gericht den Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auch nicht auf die Möglichkeit eines auf den Austritt gegen Barabfindung gerichteten Beschlusses nach Durchführung des Verfahrens verweisen. Der Erforderlichkeit wird allerdings der Rechtsschutz des Vorabbescheinigungsverfahrens entgegenstehen, wenn – wie der Beschluss in der Rechtssache Wood Diy Ltd421 vermuten lässt – der Buckley-Prüfungsmaßstab und damit eine umfassend materiell-rechtliche Rechtmäßigkeitsprüfung dort Anwendung findet. bb) Barabfindung, section 996 (2)(e) CA 2006 Erweist sich der Klagegrund auch im anschließenden Hauptverfahren als begründet, können Minderheitsgesellschafter anstelle eines Beschlusses zur Festsetzung eines angemessenen Umtauschverhältnisses auch den Erlass eines Beschlusses nach section 996 (2)(e) CA 2006 beantragen, in dem die Gesellschaft oder andere Gesellschafter zum Kauf ihrer Anteile gegen Zahlung eines durch das Gericht festgesetzten Abfindungspreises verpflichtet werden. Wie bereits anfangs erwähnt, obliegt die Entscheidung über die Rechtsfolgenanordnung dem freien Ermessen des Gerichts. „The whole framework of the section … is to confer on the court a very wide discretion to do what is considered fair and equitable in all circumstances of the cases, in order to put right and cure for the future the unfair prejudice which the petitioner has suffered at the hands of the other shareholders of the company.“422

Trotz des weiten Ermessensspielraums haben sich die Gerichte aber an die allgemeinen Prinzipien der Rationalität und Proportionalität zu halten. Die Rechtsfolge muss danach im Verhältnis zur unfairen Benachteiligung stehen und das am wenigsten intrusive Mittel darstellen.423 Im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigen die Gerichte alle Umstände des Einzelfalls, einschließlich des Verhaltens des Klägers, wie z. B. eine verzögerte Klageerhebung, alternative Rechtsbehelfe und mögliche Angebote des Beklagten zur Streitschlichtung.424 Unter Berücksichtigung, dass die Gesellschaft im Falle einer Verpflichtung zum Anteilserwerb möglicherweise mit einem erheblichen Liquiditätsabfluss belastet wird, ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte vor diesem Hintergrund eine Anpassung des Umtauschverhältnisses auch für ausreichend erachten.425 Eine abstrakte 421

Wood Dyi Limited v Olivero Franco SARL [2011] WL 2039957, Rn. 3. Re Bird Precision Bellows [1986] Ch. 658 (669). 423 Re JE Cade & Son Ltd [1992] 1 B.C.L.C. 213 (223); Profinance Trust SA v Gladstone [2002] 1 B.C.L.C. 141 Rn. 19; Re Phoenix Office Supplies Ltd [2003] 1 B.C.L.C. 76 Rn. 51. 424 Vgl. die Ausführungen über die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Unfair Prejudice Claim, Teil 4 C. II. 3. a). 425 Vgl. Re Phoenix Office Supplies Ltd [2003] 1 B.C.L.C. 76 (88). 422

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

Aussage lässt sich diesbezüglich jedoch nicht treffen, da es auf die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalls ankommen wird und diesbezügliche Entscheidungen der Rechtsprechung nicht existieren. d) Missbrauchsgefahr Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Gerichte auch trotz Vorliegens einer unbilligen Benachteiligung von einer Stattgabe der Klage absehen und dem Kläger sämtlichen Rechtsschutz verweigern, wenn sie dies für angemessen halten.426 Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beklagte bereits zu Beginn des Konflikts Verhandlungsbereitschaft signalisiert hat, jedoch von der Minderheit in unangemessener Weise abgeblockt wurde.427 In dieser Hinsicht werden auch die Missbrauchsregeln des Common Laws zu berücksichtigen sein. Danach können die Gerichte die Klage auf Kosten des Klägers abweisen, wenn sich herausstellt, dass die Klage nicht im guten Glauben mit dem Ziel erhoben wurde, Rechtsschutz vor einer unfairen Benachteiligung zu erhalten, sondern der Kläger andere unsachgemäße oder kollaterale Zwecke oder die Absicht verfolgt, unzulässigen Druck auf den Beklagten auszuüben.428 Als missbräuchlich wurden bisher vor allem Klagen erachtet, deren Klagegegenstand auch im Wege eines einfacheren und kostengünstigeren Rechtsmittels hätte geltend gemacht werden können429 oder aber dem Kläger offensichtlich ein angemessenes Abfindungsangebot gemacht wurde und dieser es unbegründet abgelehnt hat.430 Ein Angebot gilt nach der Rechtsprechung als fair, wenn: *

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es den Kauf von Anteilen zu einem fairen Wert anbietet, der in der Regel den Umstand der Minderheitsbeteiligung nicht diskontiert, der Wert anhand eines Bewertungsexperten ermittelt wurde, Kläger und Beklagte gleichen Zugang zu Informationen über die Gesellschaft erhalten haben, die Verfahrenskosten des Klägers im Abfindungspreis mit enthalten sind, vorausgesetzt der Kläger hat der Gesellschaft ausreichend Zeit zur Andienung eines Angebots eingeräumt.431

426 Re Full Cup International Ltd [1995] B.C.C. 682; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 275. 427 Re Metropolis Motocycles Ltd [2007] 1 B.C.L.C. 520. 428 Re Bellandor Smith Ltd [1965] 1 All E.R. 667; Re Astec (BSR) Plc [1998] 2 B.C.L.C. 556 (591 f.); Hollington, Shareholders’ Rights, S. 266 f.; Joffe, Minority Shareholders, S. 319. 429 Charles Forte Investment v Amanda [1964] 2 Ch 240 (241). 430 Re A Company [1983] B.C.L.C. 151; Re A Company [1987] B.C.L.C. 597; Re A Company [1996] 2 B.C.L.C. 192; Fuller v Cyracuse Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 187 (192). 431 O’Neil v Phillips [1999] 1 W.L.R. 1098 (1106 f.).

C. Autonomer Minderheitenschutz in England

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Eine Ablehnung des Angebots ist allerdings nur dann missbräuchlich, wenn das Angebot offensichtlich angemessen ist und die Angemessenheit nicht zweifelhaft ist.432 Begründet der Kläger seine Ablehnung beispielsweise mit der fehlenden Unabhängigkeit des Prüfers433 oder einer fehlerhaften Bewertung,434 liegt kein Missbrauch vor, wenn der Vortrag substantiiert ist.435 Unter Berücksichtigung der umfassenden Berichtspflichten, der Überprüfung des Umtauschverhältnisses durch die Verschmelzungsprüfer und der umfassenden Rechtmäßigkeitsprüfung des Vorabbescheinigungsverfahrens dürften an Bewertungsrügen dementsprechend hohe Anforderungen zu stellen sein. e) Kosten Der Gefahr eines Klagemissbrauchs wird darüber hinaus im Wege der Prozesskostenverteilung begegnet. Die Kostenfestsetzung obliegt wie beim Vorabbescheinigungsverfahren und der Derivative Claim dem Ermessen des Gerichts.436 Im Unterschied zum Vorabbescheinigungsverfahren trägt hier aber gemäß CPR437 44.3 (2)(b) grundsätzlich die unterliegende Partei alle Kosten, d. h. sowohl die Kosten des Verfahrens als auch die der obsiegenden Partei. Eine Partei, die in allen Klagepunkten obsiegt und sich im Verfahren ordnungsgemäß verhalten hat, kann daher davon ausgehen, dass das Gericht der unterliegenden Partei in Anwendung der CPR 44.3(2)(b) alle Kosten auferlegt. Dies gilt auch, wenn die obsiegende Partei in einzelnen Aspekten unterliegt, es sei denn die Geltendmachung der Aspekte hat zu einer erheblichen Steigerung der Kosten oder Dauer des Verfahrens beigetragen. Unzweckmäßige oder unangemessene Einwände gehen hingegen stets zulasten der jeweils vortragenden Partei und können unter Umständen auch zu einer vollständigen Umkehrung der Kostenlast führen.438 In jüngeren Entscheidungen wurde teilweise Abstand von diesem „issue based“Ansatz genommen und eine prozentuale Kostenverteilung gemessen an der Zeit und 432

Opportunities Equity Partners Ltd v Demarco Almeida [2002] 2 B.C.L.C. 108, (117). Re Boswell & Co (Steels) Ltd (1988) 5 B.C.C. 145; Apcar v Aftab [2003] B.C.C. 510; Benfield Greig Group Plc [2002] 1 B.C.L.C. AC; Re Belfield Furnishing Ltd [2006] 2 B.C.L.C. 705. 434 Virdi v Abbey Leisure Ltd [1990] 1 B.C.L.C. 342; Re A Company, ex p Holden [1991] B.C.L.C. 597 (602); Opportunities Equity Partners Ltd Demarco Almeida [2002] 2 B.C.L.C. 108 (117). 435 Re Legal Cost Negotiators Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 171 (196); Guinness Peat Group plc v British Land Co Plc [1999] B.C.C. 536 (540); Re Hately v Morris [2004] 2 B.C.L.C. 582 (584). 436 Regulation 44.3 (1) CPR. 437 Civil Procedure Rules. 438 Re Elgindata (No 2) [1993] B.C.L.C. 119 (124 f.). Photographic Performance Ltd v AEI Rediffusion Music Ltd [1999] 2 All E.R. 299. 433

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

dem Beitrag zur Urteilsfindung, den der jeweilige Aspekt für sich in Anspruch genommen hat, bevorzugt. Unbeachtlich dessen bleibt es aber grundsätzlich bei der Kostenlast der unterliegenden Partei.439 Im Unterschied zur Derivative Claim kann der Kläger insbesondere keinen Antrag auf Kostentragung durch die Gesellschaft stellen. Denn obwohl die Gesellschaft stets als Beklagte mit aufzuführen ist, handelt es sich bei der Unfair Prejudice Klage nicht um die Geltendmachung eines Schadens im Namen der Gesellschaft, sondern regelmäßig um einen Konflikt zwischen den Gesellschaftern.440

D. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen.

I. Europäische Vorgaben Die Verschmelzungsrichtlinie sieht vorwiegend einen durch umfassende Informationspflichten und Mitwirkungsrechte geprägten Minderheitenschutz vor. Ein vermögensrechtlicher Schutz geht jedoch ebenso wenig mit ihr einher wie ein Schutz der Individualrechte der Aktionäre. Insbesondere enthält die vorab geschilderte Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Artt. 10, 11 VRL keine materielle Rechtmäßigkeitsprüfung und gewährt im Übrigen auch keinen Anspruch auf Erhalt einer angemessenen Kompensationsleistung als Ausgleich für den Verlust der Mitgliedschaft in der übertragenden Gesellschaft. Die Ausgestaltung dieser Rechtsschutzlücke hat der europäische Gesetzgeber vielmehr der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten überlassen, die entweder nach Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL auf ihre allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen zurückgreifen oder nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL spezifische minderheitsschützende Schutzbestimmungen erlassen können. Für letztere ist nach den europäischen Vorgaben ein ablehnendes Abstimmungsverhalten nicht erforderlich.

II. Deutsche Umsetzung Der deutsche Gesetzgeber hat entsprechend der in Deutschland vorherrschenden Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG von seiner Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 439 English v Emery Rumbold & Strick Ltd [2002] E.W.C.A. Civ 605; Budgen v Andrew Gardner Partnership [2002] E.W.C.A. Civ 1125; Hackney LBC v Campbel [2005] E.W.C.A. Civ 613; Hollington, Shareholders’ Rights, S. 353. 440 Re Sherbone Park Residents Co Ltd [1987] 1 B.C.L.C. 82 (84); Jones v Jones [2003] B.C.C. 226 (238).

D. Zwischenergebnis

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VRL umfassend Gebrauch gemacht, indem er Minderheitsgesellschaftern einen umfassenden materiell-rechtlichen Vermögensschutz und mit dem Spruchverfahren und der Anfechtungsklage einen schlagkräftigen prozessualen Schutz gegen Verletzung der vermögensrechtlichen und mitgliedschaftlichen Rechte an Hand gestellt hat. Der materielle Rechtsschutz besteht aus dem Recht gegen eine angemessene Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden, dem Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses bzw. einer baren Zuzahlung im Falle dessen Unangemessenheit sowie der Befreiung von Verfügungsbeschränkungen im Falle der Veräußerung der Anteile. Durch die Barabfindung wird der tatsächliche Verkehrswert der gehaltenen Anteile im Zeitpunkt der Beschlussfassung und somit unabhängig von negativen Kursbewertungen der Märkte geschützt. Anspruchsberechtigt ist jeder, der bei Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Die Angemessenheit des Abfindungsangebots kann jeder widersprechende Aktionär im Wege des Spruchverfahrens oder – bei fehlender Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft – im Wege der Anfechtungsklage überprüfen lassen. Die Barabfindung ist allerdings von der Gefahr eines hohen Liquiditätsabflusses und kapitalerhaltungsrechtlichen Problemen geprägt. Denn Anspruchsgegner ist die ausländische übernehmende Gesellschaft. Sollte das ausländische Recht den im Rahmen der Barabfindung erfolgenden Rückkauf der Anteile als Rückerwerb eigener Anteile bewerten, müsste die Abfindung aus dem ausschüttungsfähigen Eigenkapital erfolgen. Der deutsche Gesetzgeber hat zwar diesbezüglich einen Ausnahmetatbestand erlassen, dieser wird jedoch auf die ausländische Gesellschaft nicht anwendbar sein. Denn für sie gelten die Kapitalerhaltungsregeln ihres eigenen Gesellschaftsstatuts, das in der Regel einen solchen Ausnahmetatbestand nicht vorsehen wird. Des Weiteren ist für die ausländische Gesellschaft im Vorfeld der Verschmelzung nur bedingt durch das Widerspruchserfordernis einzuschätzen, wie viel Liquidität sie vorhalten muss, was unter Umständen zusätzliche Kosten verursachen kann. Durch den Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses bzw. einer baren Zuzahlung wird den Minderheitsgesellschaftern ebenfalls eine wertäquivalente Kompensation für ihren Anteilsverlust gewährleistet. Anspruchsberechtigt sind aber im Gegensatz zur Barabfindung grundsätzlich alle Aktionäre, ohne dass sie der Verschmelzung widersprochen haben müssen. Da der Anspruch aber als Korrektiv zum Anfechtungsausschluss zu dienen bestimmt ist, ist der Anspruch an die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens und somit mittelbar an die Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft gebunden. Schuldner des Anspruchs ist auch hier die übernehmende ausländische Gesellschaft. Wie im Falle der Barabfindung geht mit dem Anspruch allerdings die Gefahr eines hohen Liquiditätsabflusses einher, die in diesem Fall allerdings noch dadurch erhöht wird, dass nicht nur die widersprechenden Aktionäre, sondern alle Aktionäre der

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

übertragenden Gesellschaft anspruchsberechtigt sind. Eine Anpassung des Umtauschverhältnisses ist insofern nicht zulässig. Die Überprüfung der Angemessenheit und Festsetzung der Höhe der baren Zuzahlung erfolgt auch hier im Rahmen des Spruchverfahrens, wobei eine Verschlechterung des Umtauschverhältnisses nicht möglich ist. In prozessualer Hinsicht gewährt das Spruchverfahren einen rein vermögensrechtlichen Schutz im Rahmen dessen eine vollumfängliche Ergebnisprüfung hinsichtlich der Angemessenheit der Barabfindung oder des Umtauschverhältnisses erfolgt. Anwendungsvoraussetzung ist allerdings die Zustimmung der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft. Diese muss bedingungslos gerichtet auf die Durchführung des Verfahrens erteilt werden. Obwohl die Richtlinienvorgabe diesbezüglich hinreichend eindeutig formuliert ist, hat der englische Gesetzgeber die Zustimmung an die Entscheidung des Gerichts angeknüpft und diese somit zur Disposition der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft gestellt. Dies genügt den Anforderungen des deutschen Gesetzes nicht, so dass die Zustimmung und der damit einhergehende Ausschluss des Anfechtungsrechts nicht zum Tragen kämen. Wird die Zustimmung ordnungsgemäß erteilt, bestimmt sich die den Antragsstellern obliegende Begründungspflicht nach dem Konkretisierungsgrad der von der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Informationen, wobei bewertungsbezogene Informationsmängel ebenfalls im Spruchverfahren geltend zu machen sind. Je adäquater und akkurater die im Vorfeld der Hauptversammlung erteilten Informationen, desto höhere Anforderungen werden an die Begründung der Bewertungs- und Informationsrügen gestellt. Mit der Anfechtungsklage können sich Minderheitsgesellschafter binnen eines Monats gegen alle im Rahmen der Beschlussfassung erfolgten verfahrens- und vermögensrechtlichen Gesetzesverstöße wehren, mit dem Ziel, den Verschmelzungsbeschluss für unwirksam erklären zu lassen. Klagebefugt ist jeder Aktionär, der Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, ohne dass es auf eine Mindestbeteiligung oder die Geltendmachung einer Verletzung von Individualrechten oder eines kommerziellen Nachteils ankommt. Jeder Aktionär kann sich somit zum Hüter des Gesetzes aufschwingen und die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsbeschlusses überprüfen lassen. In Hinsicht auf verfahrensrechtliche Vorgaben kann grundsätzlich jeder kleinste Verstoß die Anfechtungsklage begründen. Wurde die Zustimmung zur Durchführung des Spruchverfahrens allerdings erteilt, sind bewertungsbezogene Informationsmängel in der Hauptversammlung bzgl. des Umtauschverhältnisses und bewertungsbezogene Informationsmängel in und vor der Hauptversammlung bzgl. des Barabfindungsgebots ausgeschlossen. Da die meistens Informationsquellen, insbesondere der Verschmelzungsplan, Verschmelzungsbericht und der Prüfungsbericht im Vorfeld der Hauptversammlung den Aktionären zugänglich gemacht werden müssen, läuft der Ausschlussgrund hinsichtlich des Umtauschverhältnisses zum überwiegenden Teil ins Leere.

D. Zwischenergebnis

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Alle anfechtbaren Verfahrensfehler werden nach der Rechtsprechung aber nur dann eine Klage begründen, wenn sie für eine sachgerechte Meinungsbildung aus Sicht eines objektiv denkenden Aktionärs relevant sind. Der strengere Prüfungsmaßstab des Kausalzusammenhangs wurde insofern aufgegeben. Im Hinblick auf Inhaltsfehler hat das Gericht eine materiell-rechtliche Prüfung vorzunehmen, ob die inhaltlichen Regelungen des Beschlusses mit dem Gesetz im Einklang stehen. Im Vordergrund stehen wie im englischen Genehmigungsverfahren der Missbrauch der Stimmrechtsmacht der Mehrheit und – falls die Zustimmung zum Spruchverfahren nicht erteilt wurde – der vermögensrechtliche Eigentumsschutz vor unangemessenen Kompensationsleistungen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Mehrheit außerhalb des Verbandszwecks liegende, eigensüchtige Ziele verfolgt, die nicht dem Wohl der Gesellschaft dienen. Dies ist vor allem der Fall, wenn die grenzüberschreitende Verschmelzung art- und funktionswidrig eingesetzt wird, um Vorteile zulasten der Minderheit zu erzielen. Sowohl der Schutz vor Stimmrechtsmissbräuchen als auch der Vermögensschutz leitet sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht her. Die Anfechtungsklage begründet somit einen umfassenden Minderheitenschutz. Allerdings führen die unbeschränkte Klagebefugnis und die Vielzahl an potentiellen Verfahrensfehlern bei dem relativ weichen Ausschlusskriterium der Relevanz zu einem erhöhten Missbrauch. Dieser wird insbesondere durch die Hebelwirkung der Bescheinigungssperre gefördert und wird, wie die statistischen Auswertungen gezeigt haben, in der deutschen Anfechtungspraxis im hohen Maße auch betrieben. Der aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abgeleitete Einwand des Rechtsmissbrauchs ist aufgrund der strengen Beweismaßstäbe der deutschen Rechtsprechung in der Regel dagegen wirkungslos. Ein Bestätigungsbeschluss zur Heilung der Verfahrensfehler und gleichzeitigen Herbeiführung der Unbegründetheit der Anfechtungsklage hat nur Erfolg, wenn der Bestätigungsbeschluss nicht anfechtbar ist. Insbesondere die Verschmelzungsberichte dürften dafür nicht der Ausbesserung bedürfen, da eine unanfechtbare Bestätigung dann nicht möglich ist. Das Freigabeverfahren ermöglicht der Gesellschaft jedoch, die mit der Anfechtungsklage einhergehende Bescheinigungssperre aufzuheben, wenn sie das Gericht von deren offensichtlichen Unbegründetheit oder einem vorrangigen Vollzugsinteresse überzeugen kann. Letzteres ist jedoch nur möglich, wenn die Klage nicht auf schwere Rechtsverstöße gestützt ist. Die Dauer von Freigabeverfahren beträgt in der Regel nicht mehr als drei Monate. Gelingt eine frühzeitige Freigabe des Rechtsstreits nicht, so besteht die Sperre bis zu dessen Beendigung fort. Da sich die Dauer von Anfechtungsklagen im Durchschnitt auf 108 Tage, unter Umständen aber eben auch auf wesentlich länger belaufen kann, sehen sich viele Aktiengesellschaften bei der Beteiligung von Berufsklägern zu kostspieligen Vergleichsabschlüssen veranlasst, deren Vergleichswert in der Regel weit über den gesetzlichen Höchstmaßen liegt. Der somit abgekaufte Lästigkeitswert von Anfechtungsklagen dürfte bei grenzüberschreitenden Verschmel-

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

zungen unter Umständen noch steigen, wenn nämlich die Gesellschaften Gefahr laufen, dass die ausländische Vorabbescheinigung vor über 6 Monaten erteilt wurde und sich die wirtschaftlichen Daten verändert haben. Im Falle des englischen Vorabbescheinigungsverfahren droht dann ein neues, möglicherweise begründetes Anfechtungsverfahren in England.

III. Englische Umsetzung Der englische Gesetzgeber hat von der Ermächtigung aus Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL hingegen keinen Gebrauch gemacht. Dementsprechend kommt englischen Minderheitsgesellschaftern kein über die Richtlinie hinausgehender materieller Rechtsschutz zu, insbesondere erhalten sie kein Austrittsrecht gegen Barabfindung und keinen Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses bzw. einer baren Zuzahlung. Allerdings geht auch das englische Recht von einem umfassenden Eigentumsschutz der Mitgliedschaft aus, so dass deren Entzug ohne eine wertäquivalente Kompensation unrechtmäßig ist und im Wege des spezifischen Rechtsbehelfs des Genehmigungs- bzw. des Vorabbescheinigungsverfahrens oder gegebenenfalls auch mittels des allgemeinen Rechtsbehelfs der Unfair prejudice claim geltend gemacht werden kann. Zur Abwehr unbilliger Benachteiligungen ist jeder Aktionär unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung befugt, Klage gegen Maßnahmen der Gesellschafter, der Gesellschafter oder der Direktoren zu erheben, soweit diese in Angelegenheiten der Gesellschaft erfolgten bzw. derem Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind. Verschmelzungsbeschlüsse stellen insoweit eine Maßnahme der Gesellschaft und damit eine zulässige Anknüpfungshandlung dar. Im Unterschied zum deutschen Recht muss der Kläger allerdings durch die Maßnahme einen eigenen kommerziellen Nachteil erlitten haben und einen Kausalzusammenhang zwischen diesem und der angegriffenen Maßnahme nachweisen können. Triviale Interessensbeeinträchtigungen genügen diesen Anforderungen nicht. Es bedarf vielmehr einer ernsthaften Minderung oder Gefährdung seines Anteilswerts. Ein unangemessenes Umtauschverhältnis wird dieses Kriterium stets erfüllen. Bloße Verfahrens- oder Informationsfehler genügen hingegen nicht. Dazu zählen grundsätzlich auch alle durch einfachen Mehrheitsbeschluss ratifizierbaren Verfahrensfehler. Selbst nicht-ratifizierbare Verfahrensfehler werden in der Regel am Kausalzusammenhang scheitern. Ein irreführender Verschmelzungsbericht würde dementsprechend nur zur Klagebegründung genügen, wenn der Kläger stichhaltig belegen kann, dass der fehlerhafte Bericht ursächlich für den Mehrheitsbeschluss gewesen ist.

D. Zwischenergebnis

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Das Ausschlusskriterium des Kausalzusammenhangs begründet insoweit einen strengeren Maßstab, als das deutsche Relevanzkriterium. Zusätzlich zum Kausalzusammenhang muss der Nachteil unbillig sein. Dies hat das Gericht anhand einer umfassenden Abwägung der Mehrheits- und Minderheitsinteressen zu beurteilen, wobei es sich an rationalen Prinzipien zu orientieren hat. Diese beschränken sich bei börsennotierten Aktiengesellschaften wiederum auf die im Gesetz und der Satzung festgelegten Standards, die das Verhalten in Gesellschaftsangelegenheiten bestimmen. Diesbezüglich erkennen englische Gerichte aber nur schwere Gesetzesverstöße und Verletzungen von Individualrechten der Gesellschafter an, die im höchsten Maß nicht hinnehmbar sind. Allgemeine Verfahrensverstöße scheiden somit spätestens an dieser Stelle aus. Schwere Verfahrensverstöße bedürfen stets der gleichzeitigen Verletzung von Individualrechten. Dementsprechend ließen sich Verletzungen des Frage-, Auskunfts- und Rederechts auf der Hauptversammlung grundsätzlich rügen, allerdings dürfte eine Klage bereits an dem fehlenden Kausalzusammenhang und dem kommerziellen Nachteil scheitern. Im Übrigen wird es der Kläger schwer haben, den Anschein der Richtigkeit der Entscheidung des Versammlungsleiters zu widerlegen. Ein unangemessenes Umtauschverhältnis kann diesen Maßstab jedoch erfüllen. Obwohl ein diesbezügliches kodifiziertes Individualrecht nicht besteht, wird der Kläger eine Verletzung des Eigentumsrechts geltend machen können. Zudem wird er sich auf die für allgemeine schemes of arrangements auf Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht entwickelten Grundsätze des equity laws (bona fide und fraud on the minority) berufen können, wenn das unangemessene Umtauschverhältnis zugleich einen Missbrauch der Stimmrechtsmacht begründet. Hält das Gericht die Klage für begründet, steht die Auswahl der Rechtsfolge im Gegensatz zum deutschen Recht im freien Ermessen des Gerichts. Im Rahmen dessen kann es insbesondere den Kauf der Anteile durch die Gesellschaft zu einem von dem Gericht festgelegten Kaufpreis anordnen. Einem Missbrauch des Klagerechts wird zum einen durch die hohen Klageanforderungen des Nachteils, des Kausalzusammenhangs und des Unbilligkeitsmaßstabes begegnet. Zum anderen führt eine unsachgemäße, zu kollateralen Zwecken oder zur unzulässigen Druckausübung erhobene Klage zur vollständigen Kostentragung des Klägers. Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Kläger einen kostengünstigeren Rechtsbehelf nicht in Anspruch genommen hat, die Kompensationsleistung offensichtlich angemessen ist, diese durch einen externen Prüfer bestätigt wurde und alle Parteien den gleichen Zugang zu Informationen hatten. Bis auf die offensichtliche Angemessenheit treffen alle Vorgaben auf die grenzüberschreitende Verschmelzung zu, so dass der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bei pauschal erhobenen, auf bloße Verfahrensfehler gestützten Klagen leichter als im deutschen Recht gegeben ist. Außerdem kommt der Klage keine Bescheinigungssperre wie im deutschen Recht zu.

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Teil 4: Autonomer Minderheitenschutz

Die Kosten des Verfahrens trägt im Übrigen immer die unterliegende Partei, ohne dass die Möglichkeit besteht, auf Antrag einen negativen Kostenbescheid aus Billigkeitsgründen wie im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens zu erwirken.

Teil 5

Schlusswort Im Ergebnis lassen sich hinsichtlich der Frage des Harmonisierungserfolges der Verschmelzungsrichtlinie folgende Schlussfolgerungen zusammenfassen.

A. Harmonisierungsauftrag des Europäischen Gesetzgebers Harmonisierung bedeutet losgelöst von der Form und Intensität das Ersetzen von zumeist unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften durch eine gemeinschaftsweite Regelung und dient dem europäischen Gesetzgeber als rechtstechnisches Mittel zur Verwirklichung der Gemeinschaftsziele. Zu diesen Gemeinschaftszielen zählt insbesondere die Errichtung und Sicherstellung eines funktionierenden Binnenmarktes, in dem die Grundfreiheiten und damit auch die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Aufgrund dieses Funktionszusammenhangs zwischen der Niederlassungsfreiheit und dem Binnenmarkt, ist der in Art. 50 AEUV niedergelegte Harmonisierungsauftrag zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit sowohl im Lichte des Gewährleistungsinhalts der Niederlassungsfreiheit als auch im Lichte der Binnenmarktziele zu bestimmen. Im Allgemeinen obliegt dem Europäischen Gesetzgeber danach der folgende Harmonisierungsauftrag: *

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Koordination und Erleichterung der unmittelbar gewährleisteten Niederlassungsfreiheit durch den Abbau spezifischer Schranken zur Erreichung einheitlicher Schutzstandards; Abbau von über die spezifischen Schranken hinausgehenden Initiativhindernissen mit dem Ziel, Unternehmen eine Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, die von rein ökonomischen Faktoren getrieben und nicht durch rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten behindert wird; Schaffung von soliden Rechtsstrukturen und dadurch von Rechts- und Investitionssicherheit; Vorbeugung und Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen.

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Teil 5: Schlusswort

Mit Blick auf grenzüberschreitende Verschmelzungen ließ sich dieser allgemeine Harmonisierungsauftrag anhand der Auswertung der vor Erlass der Verschmelzungsrichtlinie bestehenden niederlassungs- und verfahrensrechtlichen Hindernissen auf die nachfolgenden Zielvorgaben konkretisieren: *

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Herbeiführung der niederlassungsrechtlichen Zulässigkeit von Herausverschmelzungen; Gemeinschaftsweite Anpassung der verschmelzungsfähigen Gesellschaftsformen; Einführung eines auf grenzüberschreitende Sachverhalte angepassten Verschmelzungsverfahrens zur Beseitigung sowohl von Verfahrenshindernissen und -unsicherheiten als auch von Initiativhindernissen; Sicherstellung vergleichbarer Schutzstandards des Minderheitenschutzes und zugleich Abbau von Initiativhindernissen, die durch unterschiedlich hohe einzelstaatliche Schutzstandards hervorgerufen werden.

Diese Ziele galt es mittels der Verschmelzungsrichtlinie zu verwirklichen, wobei die konkrete Ausgestaltung, insbesondere die Harmonisierungsintensität, dem Ermessen des europäischen Gesetzgebers vorbehalten ist.

B. Notwendigkeit und Bedeutung des Minderheitenschutzes Ob diese Ziele schließlich erreicht worden sind, wurde im Rahmen dieser Arbeit unter der Einschränkung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von börsennotierten Aktiengesellschaften mit dem Fokus auf den Schutz von Minderheitsaktionären untersucht. Die deutsche Aktiengesellschaft und die englische public limited company eignen sich grundsätzlich als Bezugsobjekt des Rechtsvergleiches, da sie insbesondere vergleichbare Organisationstrukturen aufweisen. Als wesentliche Unterschiede sind allerdings das Fehlen eines organschaftlichen Überwachungsorgans wie dem deutschen Aufsichtsrat bei der plc und die unterschiedlichen Verbriefungsarten der Anteile hervorzuheben, die in England in der Regel durch Namensaktien mit einem Mindestnennbetrag von einem pence und in Deutschland durch Inhaberaktien mit einem Mindestnennbetrag von einem Euro ausgestaltet sind. Im Übrigen herrschen in beiden Organisationsstrukturen die gleichen vertikalen und horizontalen Interessenkonflikte zwischen der Minderheit und den Leitungsorganen sowie zwischen der Minderheit und den Mehrheitsgesellschaftern. Minderheit meint dabei all diejenigen Aktionäre, die keinen entscheidenden Einfluss auf die Willens- und Entschlussbildung nehmen können, von der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft aber unmittelbar betroffen sind.

C. Obligatorischer Minderheitenschutz

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Auf vertikaler Ebene sind sie aufgrund einer in beiden Gesellschaftsformen vorherrschenden Informationsasymmetrie der Wissensmacht der Leitungsorgane ausgesetzt. Auch wenn grenzüberschreitende Verschmelzungen keine Geschäftsführungsmaßnahme der Leitungsorgane darstellen, sind Minderheitsgesellschafter jedoch für eine sachgerechte Entscheidungsfindung auf eine möglichst umfassende und akkurate Information durch das Leitungsorgan angewiesen, welches in der Regel dem Lager des Mehrheitsgesellschafter zugewandt sein dürfte. In der englischen plc wird letzterer Aspekt durch die zweistufige Organisationsstruktur der plc. gefördert, die im Gegensatz zur deutschen Aktiengesellschaft über keinen Aufsichtsrat verfügt und in der nicht der Aufsichtsrat, sondern die Hauptversammlung – also mithin der Mehrheitsgesellschafter – über die Wahl und Abberufung des Leitungsorgans bestimmt. Auf horizontaler Ebene ist die Minderheit der Stimmrechtsmacht der Mehrheit unterlegen. Dies ist auf das in beiden Rechtsordnungen vorherrschende Mehrheitsprinzip zurückzuführen, welches als rechtstechnische Notwendigkeit für die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft erforderlich und aufgrund der Richtigkeitsgewähr von Mehrheitsbeschlüssen gerechtfertigt ist. Dieser Legitimation wird insbesondere in England ein hoher Stellwert eingeräumt. Beiden Rechtsordnungen ist aber gemeinsam, dass die Legitimation des Mehrheitsprinzips dort endet, wo die Entscheidung der Mehrheit nicht mehr ausschließlich der funktionsgerechten verbandlichen Zweckerfüllung, sondern der Verfolgung eigensüchtiger Zielen der Mehrheit dient. Diese dogmatische Begründung für die Notwendigkeit eines Minderheitenschutzes als Korrektiv des Mehrheitsprinzips findet sich in beiden Rechtsordnungen insbesondere im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und einzelnen Grundsätzen der Rechtsprechung wieder. Ein Schutz der Minderheit und eine Lösung der vorstehenden Interessenskonflikte können insbesondere durch die gesetzliche Implementierung von Informationsrechten und -pflichten, externen Überwachungs- und Prüfungssystemen sowie von verfahrensrechtlichen Vorgaben herbeigeführt werden. Neben gesetzlichen Standards kann zudem ein vermögensrechtlicher Schutz durch die Gewährung materieller Minderheitenrechte, wie beispielsweise von Abfindungs- und Austrittsrechten, sowie durch prozessuale Klagerechte bewirkt werden.

C. Obligatorischer Minderheitenschutz Diese Schutzmechanismen finden sich teilweise in der Verschmelzungsrichtlinie wieder. Im Rahmen seines Gestaltungsermessens hat sich der europäische Gesetzgeber für ein Verschmelzungsverfahren entschieden, welches dem nationaler Verschmel-

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Teil 5: Schlusswort

zungen angelehnt ist und bzgl. der einzelnen Verfahrensvorgaben Mindestvorgaben für die Mitgliedstaaten vorschreibt. In subsidiärer Anwendung sollen darüber hinaus die jeweiligen einzelstaatlichen gesellschafts- und verschmelzungsrechtlichen Vorschriften zur Anwendungen gelangen. Der durch die Richtlinie unmittelbar vorgegebene Minderheitenschutz ist vorwiegend durch umfangreiche Informations- und Publizitätspflichten der Gesellschaft sowie durch externe Überwachungssysteme zur Überprüfung der Einhaltung der Verschmelzungsvorgaben geprägt. Ein vermögensrechtlicher und individualrechtlicher Schutz der Minderheitsgesellschafter ist hingegen nur sehr eingeschränkt vorgesehen und nach Art. 4 Abs. 2 VRL im Wesentlichen der Gestaltungsfreiheit der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen worden. Entsprechend dieser Regelungssystematik wurde die Untersuchung des Minderheitenschutzes in den durch die Richtlinienvorgaben vorgegebenen obligatorischen Minderheitenschutz und den ausschließlich durch die Mitgliedstaaten frei gestalteten autonomen Minderheitenschutz unterteilt. In beiden Teilen wurden jedoch auch die einzelnen Verfahrensvorgaben losgelöst vom Minderheitenschutz begutachtet. Ausgehend von der Ausgangsfrage nach der Erreichung der Harmonisierungsziele hat die Untersuchung des obligatorischen Minderheitenschutzes zu folgendem Harmonisierungserfolg geführt. Das Verschmelzungsverfahren ermöglicht sowohl Herein- als auch Herausverschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften der Mitgliedstaaten. Personengesellschaften sind jedoch von der Verschmelzungsfähigkeit weiterhin ausgenommen. Durch das Verschmelzungsverfahren wurde insgesamt ein sicherer Rechtsboden geschaffen, der den grenzüberschreitenden Besonderheiten insbesondere durch den gleichlautenden Verschmelzungsplan und die Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensvorschriften durch die jeweilige nationale Stelle im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens Rechnung trägt. Wesentliche, der Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen entgegenstehende Verfahrenshindernisse konnten hinsichtlich der Richtlinienvorgaben nicht ausgemacht werden. Im Detail haben sich allerdings auch vereinzelte Schwachstellen der Verschmelzungsrichtlinie gezeigt. Im Einzelnen lässt sich festhalten:

I. Verschmelzungsplan Der durch die Richtlinie vorgegebene Mindestinhalt eines gemeinsamen gleichlautenden Verschmelzungsplans gewährleistet die Identität der Verschmelzungsbedingungen und damit ein gesteigertes Maß an Rechtssicherheit.

C. Obligatorischer Minderheitenschutz

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Durch die frühzeitige Bekanntmachungspflicht wird den Minderheitsaktionären zugleich die Gelegenheit gegeben, sich mit den Verschmelzungsbedingungen im Vorfeld auseinanderzusetzen und diese auf etwaige Nachteile zu überprüfen. Hervorzuheben sind insbesondere die Angabe über die Höhe des Umtauschverhältnisses, die Angabe der den Leitungsorganen und Aktionären im Zuge der Verschmelzung eingeräumten Sonderrechten sowie die Rechtsform und Beifügung der Satzung der aufnehmenden Gesellschaft, die für die zukünftige Mitgliedschaft der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft maßgeblich ist. Durch die Angabe der gewährten Sonderrechte wird vor allem den vertikalen und horizontalen Interessenskonflikten Rechnung getragen. Entgegen der teilweise in Deutschland vertretenen Auffassung kommt den Inhaltsangaben allerdings kein abschließender Charakter zu, diese dürfen vielmehr durch die Mitgliedstaaten ergänzt werden. Wie der Rechtsvergleich aufgezeigt hat, dürfte allerdings nicht mit einer Vielzahl einzelstaatlicher Ergänzungen zu rechnen sein, was sicherlich auch dem umfangreichen Mindestkatalog geschuldet sein dürfte. Durch die Ergänzungsbefugnis der Mitgliedstaaten dürften daher keine Verfahrenshindernisse zu erwarten sein, allerdings führt sie zu einem erhöhten Aufwand bei der Vorbereitung der Verschmelzungsunterlagen, da es stets eines detaillierten Abgleichs der jeweiligen einzelstaatlichen Inhaltsvorgaben bedarf. Dieser dürfte jedoch zum Bedürfnis der Mitgliedstaaten nach einer Anpassungsmöglichkeit der Inhaltsvorgaben an einzelstaatliche Besonderheiten im Verhältnis stehen. Nachbesserungsbedürftig sind allerdings die Vorgaben über die Angabe der Stichtage der verwendeten Jahresabschlüsse und über die Angabe des Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft nach Art. 5 lit. k) und l) VRL. Deren unbestimmter Wortlaut erfordert eine intensive Auslegung, die in den einzelnen Mitgliedstaaten naturgemäß zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann und somit eine verfahrensrechtliche Unsicherheit begründet. Eine klarstellende Formulierung wäre dementsprechend wünschenswert. Der Vergleich der deutschen und englischen Umsetzung hat jedoch nur wenige Abweichungen der einzelstaatlichen Umsetzung ergeben und einen im Wesentlichen identischen Schutzstandard belegt. Ein höherer Minderheitenschutz ließe sich allenfalls aus dem deutschen Beurkundungserfordernis und der damit einhergehenden Beweisfunktion und Richtigkeitsgewähr ableiten. Da der letzteren aber nur eine sehr eingeschränkte materielle Rechtmäßigkeitsprüfung zukommt, die insbesondere vermögensrechtliche Aspekte außen vor lässt, und zudem die Minderheitsaktionäre an der Beurkundung nicht beteiligt sind, dürfte ihr nur eine geringfügige Schutzwirkung beizumessen sein.

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Teil 5: Schlusswort

II. Bekanntmachung des Verschmelzungsplans Die Pflicht zur Bekanntmachung des Verschmelzungsplans einen Monat vor der Gesellschafterversammlung gewährleistet dessen frühzeitige Kenntniserlangung seitens der Gesellschafter. Während die englische Umsetzung eine zweimonatige Bekanntmachungspflicht vorsieht, unterschreitet die deutsche Vorgabe die einmonatige Bekanntmachungsfrist und ist somit nicht richtlinienkonform. Die unterschiedlichen Bekanntmachungsfristen machen zudem eine sorgfältige zeitliche Koordinierung des grenzüberschreitenden Verschmelzungsverfahrens erforderlich. Ferner ist hinsichtlich der Vorgabe des Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL über den Hinweis auf die Ausübungsmodalitäten der spezifischen Minderheitenrechte zu bemängeln, dass sie nicht eindeutig erkennen lässt, ob sich die Hinweispflicht nur auf die Rechte der Gesellschafter der jeweiligen inländischen oder auch auf die der ausländischen Gesellschaft erstreckt. Der Rechtsvergleich hat gezeigt, dass dieser zu unbestimmte Wortlaut Raum für unterschiedliche Vorgaben in den Mitgliedstaaten eröffnet. Während der deutsche Gesetzgeber offensichtlich von einer umfassenden Hinweispflicht ausgeht, hat der englische Gesetzgeber von einer Hinweispflicht abgesehen hat, da im englischen Recht keine spezifischen Minderheitsrechte vorgesehen sind. Dementsprechend hat er Art. 6 Abs. 2 lit. c) VRL als eine auf die inländische Gesellschaft beschränkte Hinweispflicht interpretiert. Eine Klarstellung wäre auch diesbezüglich wünschenswert, wobei sich aus Praktikabilitätsgründen eine Beschränkung auf die jeweils einzelstaatlichen Rechte empfehlen würde.

III. Verschmelzungsbericht Der Verschmelzungsplan enthält allerdings nur die Ergebnisse der von den Leitungsorganen ausgehandelten Verschmelzungsbedingungen. Erklärende Ausführungen, insbesondere zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses, sind nicht enthalten. Diesem Umstand trägt der von den Leitungsorganen jeweils zu erstellende Verschmelzungsbericht Rechnung, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu erläutern und zu begründen und die Auswirkungen auf die Gesellschafter zu erläutern sind. Indem sich die Berichtspflicht ausdrücklich auf die Verschmelzung insgesamt bezieht und nicht auf den Verschmelzungsplan begrenzt ist, werden auch sonstige schuldrechtlichen Zusatzvereinbarungen erfasst. Zusätzliche, möglicherweise zu Lasten der Minderheit gehende Verschmelzungsbedingungen können somit nicht ungesehen ausgelagert werden. Eine Vorgabe hinsichtlich der Ausführlichkeit der Berichterstattung enthält

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die Richtlinie allerdings nicht, so dass die einzelstaatlichen Maßstäbe voneinander abweichen können. Die englische Umsetzung knüpft die Berichtspflicht zwar nur an den Verschmelzungsplan an und sieht im Unterschied zum deutschen Recht auch keinen Ausführlichkeitsmaßstab für die Berichterstattung vor. In rechtstechnischer Hinsicht kann dies zwar beanstandet werden, aufgrund der Grundsätze des case laws werden an die Berichterstattung des Leitungsorgans aber grundsätzlich strenge Anforderungen gestellt, die denen der Richtlinie und der deutschen Umsetzung wenigstens gleich, wenn nicht sogar überlegen sind. Denn nach der englischen Rechtsprechung wird der Bericht den Inhalt und Zweck des Verschmelzungsplans so adäquat und akkurat darlegen müssen, dass die stimmberechtigten Personen in vernünftig informierter Weise abstimmen können. Der Bericht darf insofern nicht missverständlich sein und muss die tatsächliche Bedeutung aller Vertragsklauseln hinreichend erklären. Darüber hinaus sind alle Umstände zu erläutern, die aus Sicht eines vernünftigen Aktionärs für die Beurteilung des Umwandlungsvorhabens von wesentlicher Bedeutung sein können, also auch diejenigen, die nicht im Verschmelzungsplan enthalten sind. Verstöße gegen diese Vorgaben werden im englischen Recht zudem mit strafrechtlichen Sanktionen belegt. Die deutsche Berichtspflicht erstreckt sich zusätzlich auf alle wesentlichen Angelegenheiten von verbundenen Unternehmen, was bei börsennotierten Aktiengesellschaften keine unbedeutende Erweiterung und Mehraufwand begründen dürfte, zumal sich die Vorgabe auch auf die ausländische Gesellschaft erstreckt. Im Verhältnis zum damit einhergehenden Aufwand dürfte der informatorische Mehrwert indes zu bezweifeln sein. Im Unterschied zum englischen Recht enthält das deutsche Recht ferner eine Befreiung für nachteilhafte Tatsachen. Dieser Aspekt dürfte allerdings im Falle einer gemeinsamen Berichterstattung zu Problem führen. Ob eine gemeinsame Berichterstattung unter Wahrung der einzelstaatlichen Besonderheiten überhaupt zulässig ist, regeln die Richtlinie und die jeweiligen Umsetzungsvorschriften jedoch nicht. Nach der vom Verfasser befürworteten, überwiegenden Auffassung der deutschen Literatur, die auch durch die englische Rechtsprechung zum nationalen Verschmelzungsrecht Unterstützung erfährt, dürfte dies zwar der Fall sein. Der informatorische Mehrwert eines gemeinsamen Berichts wirkt sich schließlich auch zugunsten der Gesellschafter aus, deren Schutz der Bericht zu dienen bestimmt ist. Solange jedoch keine eindeutige Regelung besteht, wird einer gemeinsamen Berichterstattung aber stets das damit einhergehende Anfechtungsrisiko entgegenstehen. Eine europäische Klarstellung wäre insofern zweckmäßig. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den deutschen Ausnahmetatbestand für nachteilige Tatsachen. Da das englische Recht einen solchen nicht vorsieht und im Falle eines gemeinsamen Berichts sich bei kumulativer Anwendung

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Teil 5: Schlusswort

der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften das strengere Recht durchsetzt, würde der Befreiungstatbestand nicht anwendbar sein. Ein Verzicht auf die Berichterstattung ist nach der Richtlinie und beiden Rechtsordnungen unter keinen Umständen, auch nicht im Falle der Konzernverschmelzung 100 %iger Tochtergesellschaften, zulässig. Dies ist zwar unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Berichts, der auch den Gläubigern und Arbeitnehmern zu dienen bestimmt ist, begründet. Der Attraktivität des grenzüberschreitenden Verschmelzungsverfahrens ist es jedoch nicht dienlich.

IV. Verschmelzungsprüfung Mit der in Art. 8 VRL angeordneten Verschmelzungsprüfung durch externe Sachverständige hat der europäische Gesetzgeber ein externes Überwachungssystem eingeführt, das der Gefahr missbräuchlicher Zweckverfolgung durch den Mehrheitsgesellschafter oder die Leitungsorgane entgegenwirkt und den Minderheitsgesellschaftern eine Überprüfung des Verschmelzungsplans und des Verschmelzungsberichts ermöglicht. Die Vorgaben der Richtlinie sind allerdings dahingehend zu kritisieren, dass sie zwar die Prüfungspflicht umfassend auf den Verschmelzungsplan erstrecken, die Berichtspflicht jedoch auf die in Art. 8 Abs. 3 VRL enthaltenen Berichtsangaben beschränken. Die über die Mindestangaben des Art. 8 Abs. 3 VRL hinausgehende Prüfungspflicht ist für Minderheitsgesellschafter somit nur noch von rein theoretischer Natur, da sie im Zweifel von diesen Prüfungsergebnissen keine Kenntnis erlangen. Des Weiteren enthält die Richtlinie keine Vorgaben hinsichtlich des Prüfungs- und Berichtsmaßstabs. Nach deutschem Recht erstrecken sich sowohl die Prüfungs- als auch die Berichtspflicht auf alle im Verschmelzungsplan enthaltenen Angaben, die auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen sind. Die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung ist im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung zu prüfen, die sich jedoch nicht auf die Zweckmäßigkeit oder die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschafter erstreckt. Für die Gesellschaft nachteilhafte Tatsachen sind hiervon ausgenommen. Die englische Umsetzung dürfte hingegen nicht richtlinienkonform sein, da sie nur eine auf die Mindestangaben des Art. 8 Abs. 3 VRL beschränkte Berichtspflicht, jedoch keine Prüfungspflicht vorsieht. Nach den englischen Auslegungsgrundsätzen dürfte eine richtlinienkonforme Auslegung jedoch dahingehend zulässig sein, dass die Berichtspflicht die Prüfungspflicht indiziert. Diese wäre jedoch entgegen der Richtlinienvorgabe ebenfalls auf den beschränkten Berichtsinhalt des Art. 8 Abs. 3 VRL begrenzt. Ob eine darüber hinausgehende richtlinienkonforme Auslegung hin zu einer umfassenden Prüfungspflicht von den englischen Gerichten befürwortet

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würde, kann unter Berücksichtigung des grundsätzlich strengen Vorrangs des Wortlauts als Auslegungsgrenze nicht abschließend beantwortet werden. Zu begrüßen ist hingegen die englische Regelung, die eine Auslagerung von einzelnen Prüfungsfragen an qualifizierte Dritte und den Rückgriff auf bereits bestehende Bewertungsgutachten ermöglicht. Diese ermöglicht nicht nur eine Kosten und Zeit sparende Prüfung, sondern ermöglicht insbesondere im Falle eines gemeinsamen Prüfungsberichts, Fragen zum ausländischen Recht an ausländische Prüfer zu übertragen. Eine entsprechende Regelung ist für das deutsche Recht anzuregen.

V. Beschlussfassung auf der Hauptversammlung 1. Informationspflichten und Aktionärsrechte im Vorfeld der Hauptversammlung Die vorstehenden Berichte und der Verschmelzungsplan sind schließlich im Rahmen der Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung den Aktionären offenzulegen. Die Verschmelzungsrichtlinie gewährt insofern auch diesbezüglich einen informatorischen Minderheitenschutz. Das deutsche und englische Recht haben diese Schutzvorgabe übereinstimmend im nationalen Recht implementiert, indem den Aktionären drei, sich teilweise überschneidende Publizitätspflichten als Informationsquellen zur Verfügung gestellt werden, nämlich die Bekanntmachung der Einberufung, die Auslegungs- und Zusendung der Verschmelzungsunterlagen sowie die Pflicht zur Internetveröffentlichung der für die Hauptversammlung relevanten Informationen. Diese sind allerdings im Wesentlichen auf die Harmonisierung durch die Aktionärsrichtlinie zurückzuführen. In Hinsicht auf die Einberufung der Hauptversammlung ergeben sich allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen. Nach deutschem Recht wird eine gemeinsame Hauptversammlung unmittelbar durch den Vorstand in Form der Bekanntmachung in den Geschäftsblättern (Bundesanzeiger) oder durch Versendung der Einberufungsmitteilung auf elektronischem Wege einen Monat vor der Versammlung einberufen. Diesbezüglich sind die Einberufungsvorschriften der §§ 121 Abs. 2 S. 1, 123 Abs. 1 AktG mit einer 30-tägige Einberufungsfrist wegen der 1 monatigen Publizitätspflicht nach Artt. 7 und 8 VRL mittels richtlinienkonformer Auslegung an die 1 Monatsfrist anzupassen. Im Unterschied zum englischen Recht werden die Aktionäre zudem über die Ausübungsmodalitäten ihrer Aktionärsrechte auf der Versammlung und über den wesentlichen Inhalt des Verschmelzungsplans informiert.

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Das englische Recht sieht hingegen ein gesondertes registergerichtliches Einberufungsverfahren vor, im Rahmen dessen das Gericht nach eigenem Ermessen die Einberufungs- und Versammlungsmodalitäten – insbesondere die Abhaltung einer gemeinsamen oder einzelner Gesellschafterversammlungen – bestimmt. Zugleich eröffnet das englische Einberufungsverfahren Minderheitsgesellschaftern noch vor Einberufung der Versammlung die Möglichkeiten, einberufungsbezogene Einwände gegen die Beschlussvorlage und Einberufung der Versammlung geltend zu machen, die zudem einer richterlichen Entscheidung und einer hiergegen gerichteten Berufung zugänglich sind. Dieses ex-ante Kontrollverfahren hat gegenüber dem deutschen Recht den Vorteil, dass einberufungs- und versammlungsbezogene Verfahrensfehler frühzeitig erkannt und vor Durchführung der Versammlung behoben werden können, ohne der Wirksamkeit des später folgenden Verschmelzungsbeschlusses entgegen zu stehen. Dies führt einerseits zu mehr Verfahrenssicherheit und einer Reduzierung des Risikos einberufungsbezogener Anfechtungsklagen. Andererseits wird den Minderheitsgesellschaftern frühzeitig rechtliches Gehör verschafft und das Einberufungsverfahren einer externen, unabhängigen Vorabkontrolle unterstellt. Der damit einhergehende Minderheitenschutz darf jedoch nicht überbewertet werden, da sich die Kontrollfunktion überwiegend auf die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einberufung und ausgewogenen Teilnahme an der Hauptversammlung beschränkt. Das Gericht berücksichtigt im Rahmen des Anhörungsverfahrens insbesondere keine Einwände, die die inhaltliche Fairness der Beschlussvorlage betreffen. Eine inhaltliche Richtigkeitsgewähr kommt dem Einberufungsverfahren somit nicht zu. Im Übrigen ist auch im Rahmen der Einberufung eine sorgfältige zeitliche Koordination des Verfahrens erforderlich, da der Antrag auf Einberufung der Versammlung unter Beifügung des Verschmelzungsplans bereits zwei Monate vor der Versammlung spätestens bei Gericht einzureichen ist. Wie im deutschen Recht ist im Rahmen der Bekanntmachung der Einberufung ebenfalls der wesentliche Inhalt des Verschmelzungsplans darzulegen. Dies folgt zwar nicht aus den verschmelzungsrechtlichen Vorgaben. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften besteht aber grundsätzlich die Pflicht, die general nature der Beschlussgegenstände anzugeben und ein gesondertes circular an die Aktionäre zu versenden, in dem die directors die Beschlussgegenstände adäquat zu erläutern haben. Mit Blick auf die Auslegungspflicht ist schließlich anzumerken, dass sich die deutsche Auslegungspflicht auch auf die ausländischen Unterlagen erstreckt. Dies ist in zweierlei Hinsicht zu bemängeln. Zum einen besteht eine Verfahrensunsicherheit hinsichtlich der Sprache, in der die ausländischen Dokumente auszulegen sind. Fordert man eine deutschsprachige Übersetzung würde hiermit zudem ein erheblicher Mehraufwand einhergehen. Zum anderen verstößt die 30-tägige Auslegungsfrist

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auch hier gegen die Richtlinienvorgaben und bedarf der richtlinienkonformen Anpassung. Zu begrüßen ist hingegen die in beiden Rechtsordnungen vorgesehene Möglichkeit, die Verschmelzungsunterlagen auf einer Internetseite unter Befreiung von der Auslegungs- und Zusendungspflicht einzustellen. Sie reduziert nicht nur den Verwaltungs- und Kostenaufwand auf Seiten der Gesellschaften, sondern ermöglicht zeitgleich einen schnellen und einfacheren Zugriff auf die Dokumente seitens der Aktionäre aller Gesellschaften. Im Übrigen ergeben sich in Hinsicht auf die im Vorfeld der Hauptversammlung gewährten Aktionärsrechte keine wesentlichen Unterschiede. 2. Informationsvermittlung und Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung In Bezug auf die Durchführung der Hauptversammlung existieren hingegen in mehrfacher Hinsicht Abweichungen zwischen dem deutschen und englischen Recht. Zunächst sind in England unter Umständen für einzelne Aktionärsgattungen getrennte class meetings abzuhalten. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das vom deutschen Recht und der Verschmelzungsrichtlinie abweichende doppelte Mehrheitserfordernis. Nach deutschem Recht genügt eine dreiviertel Mehrheit des auf der Versammlung vertretenen Grundkapitals, wobei jeder Aktie – also Namens- und Inhaberaktien – jeweils eine Stimme zukommt und Mehrstimmrechte unzulässig sind. Nach englischem Recht bedarf es hingegen einer dreiviertel Mehrheit der Anwesenden nach Köpfen, die darüber hinaus dreiviertel des vertretenen Kapitals halten muss. Mehrheitsaktionäre können dementsprechend nicht allein aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung die Verschmelzung zulasten der Minderheitsgesellschafter durchsetzen, sondern bedürfen unabhängig von ihrer Kapitalbeteiligung zusätzlich einer Mehrheit nach Köpfen. Sind mehrere class meetings einzuberufen, wird dieser ,Kern des englischen Minderheitenschutzes‘ zusätzlich verstärkt, indem das doppelte Mehrheitserfordernis in jedem class meeting erreicht werden muss und andernfalls der Verschmelzungsbeschluss insgesamt gescheitert ist. Im Übrigen ist festzuhalten, dass Inhaberaktien grundsätzlich keine Stimmrechte zukommen und Mehrstimmrechte zulässig sind. In Hinsicht auf die Leitung der Versammlung ist im Gegensatz zum deutschen Recht nach englischem Recht auch das Leitungsorgan zur Versammlungsleitung zugelassen, welches sich zugleich als Stimmrechtsbevollmächtigter an der Beschlussfassung beteiligen darf. Mit Blick auf die zweistufige Organisationsstruktur der plc. und der damit bedingten Nähe zum Mehrheitsgesellschafter werden die vertikalen und horizontalen Interessenskonflikte zulasten des Minderheitenschutzes zwar verschärft, dies führt jedoch nicht zugleich zu einer Schwächung des Min-

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derheitenschutzes, da der Versammlungsleiter sein Amt aufrichtig und unparteiisch auszuüben hat und eine Verletzung dieser Pflicht die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge hat. Ein wesentlicher und gegenüber dem deutschen Recht vorteilhafter Unterschied besteht jedoch hinsichtlich der Organisationsgewalt des Versammlungsleiters, die nach beiden Rechtsordnungen grundsätzlich zur Beschränkung der Aktionärsrechte, insbesondere des Rede-, Frage- und Teilnahmerechts, ermächtigt. Nach englischem Recht ist die Organisationsgewalt zwar auch so auszuüben, dass die Auffassung der Minderheit ausreichend zum Ausdruck kommt, die Entscheidungen des Versammlungsleiters tragen jedoch den Anschein der Richtigkeit in sich, für deren Widerlegung die Person die Beweislast trägt, die sich gegen die Entscheidung wendet. Diese Beweislast wird zusätzlich durch die Beweiskraft des Versammlungsprotokolls erschwert, welche die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung und der Beschlussfassung indiziert. Diese Vermutung von Gesetzes wegen kann nur durch den Nachweis der vorsätzlichen Manipulation oder eines aus dem Protokoll selbst hervorgehenden Fehlers widerlegt werden. Eine Anfechtung des Beschlusses auf der Grundlage einer fehlerhaften Ausübung der Organisationsmacht wird ferner dadurch erschwert, dass die Gerichte diese solange nicht revidieren, wie der Versammlungsleiter nicht missbräuchlich oder bösgläubig gehandelt hat. Im deutschen Recht existiert hingegen eine derartige Richtigkeitsvermutung nicht. Der Versammlungsleiter hat vielmehr stets eine Abwägung nach den Geboten der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung vorzunehmen, die wiederum keine klaren Grenzen aufweisen. Das hiermit einhergehende Anfechtungspotential wird ferner durch die in Deutschland sehr ausgeprägten Auskunfts- und Antragsrechte verschärft. Der englische Auskunftsanspruch ist auf die Beschlusspunkte der Tagesordnung beschränkt, wohingegen der deutsche Auskunftsanspruch sich umfassend auf alle wesentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft, einschließlich derer der ausländischen Gesellschaft und deren verbundenen Unternehmen erstreckt. Das damit verbundene Frage- und Rederecht auf deutschen Hauptversammlungen eröffnet insbesondere den sog. Berufsklägern Raum, fehlerbehaftete Ordnungsentscheidungen des Versammlungsleiters zu provozieren und somit die Erfolgschancen einer Anfechtungsklage zu erhöhen. Die fehlende Richtigkeitsvermutung, das Abwägungsgebot im Einzelfall und das über die Tagesordnung hinausgehende, nahezu unbeschränkt gewährleistete Auskunftsrecht begründen somit nicht nur einen gesteigerten Minderheitenschutz, sondern auch ein gleichermaßen erhöhtes Missbrauchspotential, welches dem englischen Recht insoweit fremd ist. Da das Fragerecht in England bisher nur auf einer unverbindlichen Empfehlung des Corporate Governance Codes beruhte und erst seit Umsetzung der Aktionärs-

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richtlinie Bestandteil des statutorischen Rechts ist, bleibt zwar abzuwarten, ob dieses auf englischen Hauptversammlung zukünftig extensiver ausgeübt werden wird. Aufgrund der vorgenannten Beschränkungen dürfte ein Missbrauch durch Berufskläger jedoch nicht zu befürchten sein. Dies gilt schließlich auch für das in beiden Rechtsordnungen gewährleistete Antragsrecht. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der jeweiligen Anträge obliegt in beiden Fällen ebenfalls dem Versammlungsleiter, wodurch in Deutschland ebenfalls mangels Richtigkeitsvermutung ein gesteigertes Anfechtungspotential geschaffen wird. Ein gesteigerter Minderheitenschutz folgt in beiden Rechtsordnungen zudem aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die eine funktionswidrige Ausnutzung der Stimmrechtsmacht verbietet, um sich als Mehrheitsgesellschafter eine bessere Position zulasten der Minderheiten anzueignen. Die Geltung dieses Grundsatzes ist mittlerweile in beiden Rechtsordnungen auch bei Publikumsgesellschaften anerkannt. In England gilt dies jedoch nur unter engen Voraussetzungen, die sich im sog. Buckley-Test niedergeschlagen haben. Ein wesentlicher Unterschied folgt hinsichtlich des Minderheitenschutzes allerdings in Hinsicht auf die Regelungen über die Entbehrlichkeit des Verschmelzungsbeschlusses. In England ist ein Mehrheitsbeschluss faktisch stets entbehrlich, wenn nicht eine Minderheit von 5 % des gehaltenen Grundkapitals einen solchen verlangt. In Deutschland gilt dies hingegen nur im Falle von 90 %igen Tochtergesellschaften. Da die vorstehenden Unterschiede grundsätzlich nur die jeweilige verschmelzende Gesellschaft betreffen, dürften sich hieraus grundsätzlich keine Verfahrenshindernisse ergeben. Dies gilt jedoch nicht für die englische Umsetzung der Zustimmung zur Durchführung eines ausländischen Kontrollverfahrens. Sie ist nicht nur richtlinienwidrig, sondern begründet insbesondere ein faktisches Durchführungshindernis, indem der Zustimmungsvorbehalt in der Gestalt eines auf die gerichtliche Entscheidung des Spruchgerichts aufschiebend bedingten Verschmelzungsbeschlusses eine Bescheinigungs- und damit einhergehende Registersperre im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens begründet.

VI. Vorabbescheinigungsverfahren Die Ausgestaltung des Vorabbescheinigungsverfahrens stellt zugleich eine der hervorhebungswürdigsten Unterschiede der beiden Rechtsordnungen dar. Die Richtlinienvorgabe ist auf eine rein formale Prüfung der Einhaltung aller Form- und Verfahrensvorgaben beschränkt. Die deutsche Umsetzung geht hierüber leicht hinaus, da das deutsche Register die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung

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insgesamt zu prüfen hat. Auf Grundlage des deutschen Registerrechts hat das deutsche Register die Verschmelzungsunterlagen im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung nicht nur auf die Einhaltung der Mindestangaben und ihre Vollständigkeit, sondern auch den Verschmelzungsbeschluss materiell-rechtlich auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen hin zu überprüfen. Eine darüber hinausgehende materielle Rechtmäßigkeitsprüfung, insbesondere der Verletzung von Individualrechten der Minderheitsgesellschafter oder der Angemessenheit der angebotenen Kompensationsleistungen, erfolgt jedoch nicht. Allerdings hat das Leitungsorgan eine Negativerklärung abzugeben, dass keine Anfechtungsklagen anhängig sind, so dass mit dem vorbezeichneten Anfechtungspotential eine Bescheinigungs- und damit verbundene Registersperre einhergeht. Die englische Umsetzung statuiert hingegen einen umfassenden a-priori Schutz der Minderheitsgesellschafter, indem es ein umfassendes registergerichtliches Rechtsschutzverfahren vorsieht. In Anlehnung an die Grundsätze des case law und des equity law zum Genehmigungsverfahren bei allgemeinen schemes of arrangements ist danach jeder Aktionär unabhängig von seiner Beteiligungshöhe berechtigt, jeglichen Einwand gegen die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung vorzutragen. Unter Bezugnahme auf die Prüfungsmaßstäbe des Genehmigungsverfahrens für schemes of arrangements – dem sog. Buckley Test – können Minderheitsgesellschafter sämtliche Verfahrensfehler, einschließlich bewertungsbezogener Informationsmängel, die Verletzung von Aktionärsrechten, die missbräuchliche Ausübung der Stimmrechtsmacht sowie die Unangemessenheit des Verschmelzungsplans geltend machen. Verfahrensfehler stehen der Genehmigung jedoch nur entgegen, wenn sie für das Abstimmungsergebnis und die Entscheidungsfindung erheblich sind, wofür der Aktionär die Beweislast trägt. Dies gilt insbesondere für informationsbezogene Einwände. Einberufungsbezogene Mängel werden zudem durch das registergerichtliche Einberufungsverfahren reduziert. Hinsichtlich der Verletzungen von Aktionärsrechten, wie dem Auskunftsrecht, haben die Aktionäre den bereits erwähnten Anschein der Richtigkeit durch den Nachweis des missbräuchlichen oder bösgläubigen Handelns des Versammlungsleiters zu entkräften. Hinsichtlich der missbräuchlichen Stimmrechtsausübung und Unangemessenheit erfolgt eine umfassende Recht- und Zweckmäßigkeitsprüfung, wobei eine hohe Beschlussmehrheit grundsätzlich als Indiz für einen gerecht und billigen Beschluss gewertet wird. Dies ist wiederum auf das doppelte Mehrheitserfordernis zurückzuführen. Im Übrigen wird auf den durchschnittlichen, unabhängigen, objektiven Gesellschafter der jeweiligen Aktionärsklasse abgestellt. Das englische Genehmigungsverfahren begründet somit einen umfassenden Rechtschutz gegen formell oder materiell rechtswidrige Verschmelzungen, wobei

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das Gericht der Minderheit nur im Falle von erheblichen Einwendungen den beantragten Rechtsschutz durch Versagung der Genehmigung gewähren wird. Dieser a priori Schutz schafft zum einen frühzeitig Rechtsklarheit über den Bestand des Verschmelzungsbeschlusses und die Durchführbarkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Zum anderen beeindruckt es durch seine kurze Verfahrensdauer, die in seltenen Fällen über 1 12 Monate hinausgeht. Eine missbräuchliche Ausnutzung des Verfahrens wird im Übrigen durch die Kostenregelung unterbunden, da eine Kostentragung der Gesellschaft nur ausnahmsweise auf Antrag bei Geltendmachung nachvollziehbarer Einwände ausgesprochen wird. Der an die Vorabbescheinigung anknüpfenden Rechtmäßigkeitsprüfung seitens des aufnehmenden Mitgliedstaates kommt in Hinsicht auf den Minderheitenschutz hingegen keine bedeutsame Rolle zu, da der Vorabbescheinigung eine Bindungswirkung zukommt und sich die Prüfung somit nur auf den gleichlautenden Wortlaut des Verschmelzungsplans erstreckt. Hinsichtlich der deutschen Rechtmäßigkeitsprüfung, die sowohl die Vorabprüfung i.S.d. Art. 10 VRL als auch die Rechtmäßigkeitsprüfung i.S.d. Art. 11 VRL erfasst, ist abschließend auf die durch die abzugebende Negativerklärung erzeugte Möglichkeit einer Registersperre hinzuweisen.

D. Autonomer Minderheitenschutz Der Untersuchung des über die Verschmelzungsrichtlinie hinausgehenden autonomen Minderheitenschutzes wurde die Feststellung zugrundegelegt, dass die Richtlinie keinen vermögensrechtlichen und keinen verfahrensrechtlichen Schutz gegen Verletzungen von Individualrechten der Aktionäre bereithält. Die Ausgestaltung dieser Rechtsschutzlücke hat der europäische Gesetzgeber vielmehr der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten überlassen, die entweder nach Art. 4 Abs. 2 S. 1 VRL auf ihre allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen zurückgreifen oder nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 VRL spezifische minderheitsschützende Schutzbestimmungen erlassen können.

I. Autonomer Minderheitenschutz in Deutschland Dieser autonome Minderheitenschutz ist in Deutschland zum einen durch einen materiell-rechtlichen Vermögensschutz in der Form des Austrittsrechts gegen Erhalt einer angemessenen Barabfindung und des Anspruchs auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses sowie zum anderen durch einen umfangreichen prozessual-rechtlichen Schutz in Gestalt des Spruchverfahrens und der Anfechtungsklage geprägt.

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Die Barabfindung sichert jedem Aktionär, der gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, den tatsächlichen Verkehrswert der gehaltenen Anteile unabhängig von etwaigen negativen Kursbewertungen der Märkte. Mit der Barabfindung sind allerdings zugleich die Gefahr eines hohen Liquiditätsabflusses sowie kapitalerhaltungsrechtliche Problemen verbunden, die letztendlich die ausländische übernehmende Gesellschaft als Anspruchsgegner treffen. Entgegen der Intention des deutschen Gesetzgebers sind nämlich die Kapitalerhaltungsvorschriften des Gesellschaftsstatuts der ausländischen Gesellschaft für die Frage maßgebend, ob der im Rahmen der Barabfindung erfolgende Anteilsrückkauf als Rückerwerb eigener Anteile bewertet wird und die Abfindung aus dem ausschüttungsfähigen Eigenkapital zu erfolgen hat. In diesem Fall dürfte die ausländische Rechtsordnung in der Regel keinen für grenzüberschreitende Verschmelzungen geltenden Ausnahmetatbestand wie im deutschen Recht vorsehen, so dass je nach dem betroffenen einzelstaatlichen Recht ein Verfahrenshindernis entstehen kann. Die Gefahr eines hohen Liquidationsabflusses wird zudem durch den Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses bzw. einer baren Zuzahlung potenziert, da im Gegensatz zur Barabfindung alle Aktionäre anspruchsberechtigt sind, ohne dass sie der Verschmelzung widersprochen haben müssen. Vor diesem Hintergrund sollte der Vorschlag des Deutschen Anwaltsverein in seiner Stellungnahme zur Ergänzung des Entwurfs des Aktienrechtsnovelle 2012 vom Juni 2013, einen Ausgleich durch zusätzliche Aktien zuzulassen,1 in das deutsche Recht aufgenommen werden. Die prozessuale Durchsetzung dieser Ansprüche bzw. die Überprüfung der Angemessenheit wird wiederum durch das Spruchverfahren gewährleistet, welches einem Vollzug der Verschmelzung nicht entgegensteht. Hiervon werden grundsätzlich alle bewertungsbezogenen Informationsrügen erfasst, was zu begrüßen ist. Dieses Regelungsregime ist allerdings auch von mehreren Schwächen geprägt. Die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens ist zunächst an die Zustimmung der Aktionäre der ausländischen Gesellschaft gekoppelt, die wegen der im Vorfeld schwer abschätzbaren Höhe des Liquiditätsabflusses und dem Umstand, sich einer Entscheidung eines ausländischen Gericht zu unterwerfen, möglicherweise schwierig einzuholen sein kann. Selbst wenn die Zustimmung der Aktionäre der englischen Gesellschaft nach dem derzeitigen englischen Recht erteilt würde, wäre sie wohl nach deutschem Recht unwirksam, so dass der damit einhergehende Ausschluss des Anfechtungsrechts nicht zum Tragen käme. Das Anfechtungsrecht ist wiederum an keine Mindestbeteiligung und vor allem nicht an eine Verletzung des eigenen Individualrechts gekoppelt, so dass sich jeder Aktionär ungeachtet eines etwaigen Verschmelzungsnachteils zum Hüter des Ge-

1 DAV, Stellungnahme Juni 2013, Rn. 32 ff., abrufbar unter: www.anwaltsverein.de/down loads/stellungnahme/DAV-SN35 - 13.pdf.

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setzes aufschwingen und den Verschmelzungsbeschluss vor Gericht überprüfen lassen kann. Im Rahmen dessen kann bereits jeder verfahrensrechtliche Verstoß die Anfechtungsklage begründen. Selbst wenn die Zustimmung zur Durchführung des Spruchverfahrens erteilt wurde und somit bewertungsbezogene Informationsmängel grundsätzlich nicht gerügt werden können, erweist sich dieser Ausschlusstatbestand bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen als wenig effektiv. Dieser erstreckt sich in Bezug auf die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses nämlich nur auf Informationen, die in der Hauptversammlung erteilt werden. Die meisten Informationsquellen, insbesondere der Verschmelzungsplan, der Verschmelzungsbericht und der Prüfungsbericht sind aber auch im Vorfeld der Hauptversammlung den Aktionären zugänglich zu machen, so dass der Ausschlussgrund hinsichtlich des Umtauschverhältnisses überwiegend ins Leere geht. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf das hohe Anfechtungspotential zu verweisen, welches durch die fehlende Richtigkeitsvermutung von Organisationsentscheidungen des Versammlungsleiters und die extensive Gewährung von Auskunftsrechten begründet ist. Vor diesem Hintergrund vermag auch der für Verfahrensfehler geltende Prüfungsmaßstab der Rechtsprechung, nach dem nur solche Verfahrensfehler sich klagebegründend auswirken, die für eine sachgerechte Meinungsbildung aus Sicht eines objektiv denkenden Aktionärs relevant sind, die Anfälligkeit des deutschen Verschmelzungsverfahrens für Anfechtungsklagen nicht beseitigen. Neben diesem hohen Minderheitsschutzstandard werden Minderheitsaktionäre im Rahmen der Anfechtungsklage auch vor einem Missbrauch der Stimmrechtsmacht durch die Mehrheit und – falls die Zustimmung zum Spruchverfahren nicht erteilt wurde – auch vor unangemessenen Kompensationsleistungen geschützt. Ein Missbrauch ist vor allem dann gegeben, wenn die grenzüberschreitende Verschmelzung art- und funktionswidrig eingesetzt wird, um Vorteile zulasten der Minderheit zu erzielen. Sowohl der Schutz vor Stimmrechtsmissbräuchen als auch der Vermögensschutz leitet sich dabei aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht her. Die Anfechtungsklage begründet somit einen umfassenden Minderheitenschutz. Allerdings führen die unbeschränkte Klagebefugnis und die Vielzahl an potentiellen Verfahrensfehlern bei dem relativen weichen Ausschlusskriterium der Relevanz zu einem erhöhten Missbrauch. Dieser wird insbesondere durch die Hebelwirkung der Bescheinigungssperre gefördert und wie die statistischen Auswertungen gezeigt haben, in der deutschen Anfechtungspraxis im hohen Maße auch betrieben. Der aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abgeleitete Einwand des Rechtsmissbrauchs ist aufgrund der strengen Beweismaßstäbe der deutschen Rechtsprechung in der Regel dagegen wirkungslos.

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Ein Bestätigungsbeschluss zur Heilung der Verfahrensfehler und gleichzeitigen Herbeiführung der Unbegründetheit der Anfechtungsklage hat sich ebenfalls als stumpfes Abwehrmittel erwiesen. Das einzig verbleibende Regelungsinstrument stellt somit das Freigabeverfahren dar, um die Notwendigkeit eines effektiven Minderheitenschutzes mit dem in Deutschland vorherrschenden hohen Anfechtungspotential ins Gleichgewicht zu stellen. Es liegt dementsprechend in den Händen der Gerichte, an eine Aufhebung der Bescheinigungssperre aufgrund der Annahme einer offensichtlichen Unbegründetheit oder vor allem eines vorrangigen Vollzugsinteresses der Gesellschaft keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Mit der Vorgabe eines für dessen Ablehnung erforderlichen schweren Rechtsverstoßes hat der deutsche Gesetzgeber insofern auch ein geeignetes Abgrenzungskriterium gefunden.

II. Autonomer Minderheitenschutz in England Der englische autonome Minderheitenschutz ist neben der frühzeitig und umfassend im Genehmigungsverfahren erfolgenden Rechtmäßigkeitsprüfung einerseits geprägt durch das Fehlen expliziter materiell-rechtlicher Vermögensrechte sowie andererseits durch einen der Durchführung der Verschmelzung nicht entgegenstehenden prozessualen Rechtsschutz. Englischen Minderheitsgesellschaftern steht zwar kein kodifiziertes Austrittsrecht gegen Barabfindung oder Anspruch auf Erhalt eines angemessenen Umtauschverhältnisses bzw. einer baren Zuzahlung zu. Das prozessuale, vorrangig durch Rechtsprechungsgrundsätze geprägte Regelungsregime gewährleistet aber dennoch einen umfassenden Eigentums- und Vermögensschutz der Mitgliedschaft, indem ein gegen den Willen der Minderheit vollzogener Mitgliedschaftsentzug ohne eine wertäquivalente Kompensation als unrechtmäßig erachtet und im Wege der unfair prejudice claim durch Zusprechen einer angemessenen Barabfindung entschädigt wird. Wie im deutschen Recht können auch im englischen Recht Aktionäre unbillige Benachteiligungen unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung klageweise geltend machen. Im Unterschied zum deutschen Recht muss der Kläger allerdings durch die Maßnahme einen eigenen kommerziellen Nachteil erlitten haben und einen Kausalzusammenhang zwischen diesem und der angegriffenen Maßnahme nachweisen können. Triviale Interessensbeeinträchtigungen genügen diesen Anforderungen nicht. Es bedarf vielmehr einer ernsthaften Minderung oder Gefährdung seines Anteilswerts. Ein unangemessenes Umtauschverhältnis wird dieses Kriterium stets erfüllen. Verfahrens- oder Informationsfehler werden in der Regel hingegen selbst dann nicht den Anforderungen genügen, wenn sie nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss

D. Autonomer Minderheitenschutz

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ratifizierbar sind, da es ihnen regelmäßig am erforderlichen Kausalzusammenhang fehlen wird. Dies entspricht insofern den vormals von der deutschen Rechtsprechung verlangten Klagevoraussetzungen. Selbst im Falle eines von den Minderheitsgesellschaftern bewiesenen Kausalzusammenhangs wird die Klage nur Erfolg haben, wenn der Nachteil unbillig ist. Dies hat das Gericht anhand einer umfassenden Abwägung der Mehrheits- und Minderheitsinteressen zu beurteilen, wobei ähnlich zum deutschen Freigabeverfahren nur schwere Gesetzesverstöße und im höchsten Maß nicht hinnehmbare Verletzungen von Individualrechten ein Überwiegen der Minderheitsinteressen begründen. Vor diesem Hintergrund werden die im Rahmen deutscher Anfechtungsklagen überwiegend gerügten Verletzungen des Auskunfts-, Rede- und Antragsrechts geringe Erfolgsaussichten versprechen. Die bereits dargelegte, für Entscheidungen des Versammlungsleiters geltende Richtigkeitsvermutung tritt insoweit noch hinzu. Ein unangemessenes Umtauschverhältnis wird hingegen als eine, einen kommerziellen Nachteil begründende Eigentumsverletzung den Anforderungen genügen, soweit die Minderheitsgesellschafter diese substantiiert belegen können. Da Minderheitsgesellschafter aber mit diesem Einwand bereits im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens Gehör finden, wird es selten zu einem gerichtlichen Verfahren kommen. Selbst dann würde die Klage der Durchführung der Verschmelzung aber nicht entgegenstehen. Die Gefahr eines Klagemissbrauchs gerichtet auf den Abkauf des Lästigkeitswerts der Klage besteht insoweit nicht und wird im Übrigen neben den dargelegten Klagevoraussetzungen des kommerziellen Nachteils, des Kausalzusammenhangs und des Unbilligkeitsmaßstabes zusätzlich durch die englische Kostenregelung abgewendet. Eine unsachgemäße, zu kollateralen Zwecken oder zur unzulässigen Druckausübung erhobene Klage führt nämlich zur vollständigen Kostentragung des Klägers. Gerade im Falle von grenzüberschreitenden Verschmelzungen ist dieses Kostenrisiko für Berufskläger besonders hoch. Denn eine unsachgemäße Klage wird bereits dann angenommen, wenn der Kläger einen kostengünstigeren Rechtsbehelf nicht in Anspruch genommen hat, die Kompensationsleistung angemessen ist und diese durch einen externen Prüfer bestätigt wurde. Wegen des vorgeschalteten Genehmigungsverfahrens und der Verschmelzungsprüfung ist die Wahrscheinlichkeit dementsprechend hoch, mit einem unzureichend substantiierten Einwand gegen die Angemessenheit vor Gericht zu scheitern und die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen. Diese trägt nämlich stets die unterliegende Partei, ohne dass die Möglichkeit besteht, auf Antrag einen negativen Kostenbescheid aus Billigkeitsgründen wie im Rahmen des Vorabbescheinigungsverfahrens zu erwirken.

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Teil 5: Schlusswort

E. Fazit Insgesamt wird man die Verschmelzungsrichtlinie als ein gelungenes Regelwerk bezeichnen können, welches zwar in einigen Punkten noch Verbesserungsbedarf aufweist, dem aber insgesamt ein Harmonisierungserfolg zu bescheinigen ist. Die eingangs hergeleiteten Harmonisierungsziele wurden überwiegend erreicht. Sowohl Herein- als auch Herausverschmelzungen sind in niederlassungsrechtlicher Hinsicht möglich und auf der Grundlage eines auf den grenzüberschreitenden Sachverhalt angepassten Verschmelzungsverfahrens durchführbar. Alle gemeinschaftsweit existierenden Kapitalgesellschaften können ungeachtet ihrer einzelstaatlichen Ausprägungen auch hierauf zurückgreifen. Die Erweiterung auf Personengesellschaften sollte allerdings weiter vorangetrieben werden. Mit Ausnahme der wenigen, nachbesserungsbedürftigen Verfahrensunsicherheiten konnten auch nahezu keine wesentlichen Verfahrenshindernisse festgestellt werden. Auch wenn die Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen weiterhin einer engen Abstimmung der einzelstaatlichen Verschmelzungsvorgaben bedarf, dürfte sich der Zustimmungsvorbehalt bezüglich der Durchführung eines Kontrollverfahrens zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses als einziges schwerwiegendes Verfahrenshindernis zwischen dem deutschen und englischen Recht erweisen. Die bedeutsamste Erkenntnis des Rechtsvergleichs dürfte schließlich in der Erkenntnis liegen, dass das deutsche und englische Recht trotz ihrer unterschiedlichen Rechtssystematik einen vergleichbaren Schutzstandard des Minderheitenschutzes gewährleisten. Nach beiden Rechtsordnungen werden Minderheitsgesellschafter umfassend gegen einen Stimmrechtsmissbrauch des Mehrheitsgesellschafters sowie in ihren Vermögens- und Individualrechten geschützt. Zugleich sieht sich die deutsche, stark kodifizierte Rechtsschutzsystematik mit einem überwiegend durch Rechtsprechung und zugleich von vielen Vorteilen geprägten Alternativansatz zur Lösung des bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Aktiengesellschaften vorherrschenden Interessenskonflikts konfrontiert. Dem englischen Minderheitenschutz wird man zwar eine gewisse Strenge nicht absprechen können, da er letztendlich nur im Falle von schwerwiegenden Rechtsverletzungen zum Tragen kommt. Dem wesentlichen Bedürfnis von Minderheitsgesellschaftern, Rechtsschutz gegen eine unangemessene Vermögensbenachteiligung zu erfahren, wird jedoch hinreichend Rechnung getragen. Die wesentlichen Vorteile dürften hingegen in dem vorgeschalteten Einberufungsverfahren, der Richtigkeitsvermutung von Organisationsentscheidungen, der vorgeschalteten, umfassenden Rechtmäßigkeitsprüfung im Vorabbescheinigungsverfahren und den darauf gegründeten strengeren Klagevoraussetzungen zu sehen sein. Das englische Recht ist insofern auch durch ein höheres Maß an Rechtssicherheit gekennzeichnet, indem es frühzeitig und innerhalb einer kurzen Dauer über die unwiderrufliche

E. Fazit

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Bestandskraft der Verschmelzung entscheidet und eine hiergegen erhobene Klage diese nicht mehr zu gefährden vermag. Der deutsche Minderheitenschutz ist wiederum aufgrund seiner Kodifizierung durch mehr Rechtsklarheit und niedrigere Klageanforderungen geprägt. Letztere führen jedoch zu einem nicht tragfähigen Anfechtungsrisiko, welches einer wirtschaftlichen Durchführung grenzüberschreitender Verschmelzungen von Aktiengesellschaften im Ergebnis unnötiger Weise entgegensteht. Vor dem Hintergrund der unkalkulierbaren Gefahr eines hohen Liquiditätsabflusses und dem Umstand, dass sich Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft einer Entscheidung eines ausländischen Gerichts unterwerfen müssen, dessen Entscheidungsgrundsätze ihnen unbekannt und deren wirtschaftlichen Folgen im Sinne eines Verschmelzungsverlustes und der Gefahr einer Stimmrechtsverwässerung nicht vorhersehbar sind, dürfte eine Zustimmung zum Spruchverfahren möglicherweise schwer einholbar sein. Selbst wenn, würde dennoch die Gefahr einer Anfechtungsklage mit der damit einhergehenden Registersperre nicht abgewendet sein. Das Freigabeverfahren stellt zwar grundsätzlich ein geeignetes Ausgleichsmittel dar. Es ist allerdings von zweierlei Nachteilen geprägt. Zum einen ist es dem Genehmigungsverfahren als richterliche, nicht einschätzbare Gerichtsentscheidung nachgelagert und ist somit der Rechtsklarheit nicht dienlich. Zum anderen ist die bisherige Rechtsprechung derzeit bei der Stattgabe des Vollzugsinteresses noch relativ zurückhaltend. In der Anpassung richterlicher Maßstäbe dürfte zugleich aber auch zumindest teilweise eine Lösung zu sehen sein. Es wäre im Übrigen zu überlegen, ob nicht im Rahmen der Anfechtungsklage ein kommerzieller Nachteil oder zumindest ein schwerwiegender Verstoß gegen Berichtspflichten zu fordern sein sollte, um die unüberschaubaren, informationsbezogenen Rügen, die keinen wirtschaftlichen Nachteil der Minderheitsaktionäre begründen, auf ein verhältnismäßiges Maß zu reduzieren. Der auf bewertungsbezogene Informationsfehler gerichtete Ausschlusstatbestand sollte jedenfalls auch in Bezug auf das Umtauschverhältnis angepasst und ein Ausgleich durch Anteile anstelle einer baren Zuzahlung sowie ein Widerspruchserfordernis eingeführt werden. Eine Verlagerung der Prüfungsmaßstäbe des Freigabeverfahrens in das Vorabbescheinigungsverfahrens nach dem Vorbild des englischen Rechts könnte schließlich ebenfalls angedacht werden. Ungeachtet des Lösungsansatzes besteht von deutscher Seite jedenfalls Handlungsbedarf. Denn solange das deutsche Verschmelzungsrecht weiterhin von diesem hohen Anfechtungsrisiko geprägt ist, wird man grenzüberschreitende Verschmelzungen für börsennotierte Aktiengesellschaften nicht empfehlen können. Der deutsche Minderheitenschutz begründet somit ein erhebliches Initiativhindernis.

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Stichwortverzeichnis Abfindung siehe Barabfindung Aktie 109 ff., 124 ff., 141 Aktiengattungen 111, 126, 141 Aktionärsinteressen 142 – 163, 410 Aktionärsrechte 117, 275 ff., 282 ff., 292 ff., 318 ff., 335 ff., 366 ff., 525 ff. Allgemeines Beschränkungsverbot 41 ff., 88 Anfechtung 86 ff., 189, 205, 215, 238, 273, 295 – 316, 369 ff., 384 f., 433 ff., 442 ff. Anfechtungsklage 455 – 511 ff., 522 ff. siehe auch Anfechtung Anfechtungsrisiken siehe Anfechtung Arrangements and Reconstructions 69 ff., 232 ff., 319 ff., 364 ff., 393 – 415, 481, 503 ff. Articles of Association 118 ff., 338, 395, 479 ff. Aufsichtsrat 107, 115 ff., 121, 136 f., 140, 143 – 146, 161, 163, 518 ff. Auskunftsrechte 242, 252, 266, 271, 285, 296 ff., 342 ff., 371 f., 457, 528 ff. Ausländisches Kontrollverfahren 277 ff., 304, 353 ff., 367, 374, 378 f., 431 ff., 441 ff., 478, 481, 526, 529, 536 Auslandsbeurkundung 199 ff. Auslegung siehe Gesetzesauslegung Austrittsrecht 164, 434 – 443, 478 ff., 514 f. Autonomer Minderheitenschutz 34, 162, 429 ff., 531 ff. siehe auch Minderheitenschutz Barabfindung 193, 199 ff., 215, 219, 226, 241 – 251, 271 ff., 315 ff., 357, 387, 409 f., 433 ff., 445 ff., 479 ff., 511 ff., 531 ff. Bare Zuzahlung 179, 193, 204, 278, 442 ff. Bearer share 128 ff., 326 (siehe auch Inhaberaktie)

Bescheinigungssperre 384, 425, 433, 445, 460, 466 – 477, 513, 533 f. Beschlussmehrheit 141, 154, 276, 279 f., 301 ff., 346 ff., 353, 373, 401 – 408, 447, 530 f. Bestätigungsbeschluss 469 ff., 305, 353 f., 468 ff., 513 f., 534 Binnenmarktkonzept 51 ff., 84 Board of Directors 136 ff., 206, 338, 343 f., 482 f., 487, 492 Buckley Test 365, 377, 417, 421 ff., 482 ff., 504 Case Law 96 ff., 483 Classes of shares 127 ff. siehe auch Aktiengattungen Common Law 98 ff. Company’s Secretary 138 Conduct of Company‘s Affairs

490 f.

Derivative Claim 482 – 490, 509 f. Deutsche Aktiengesellschaft 106 ff. Directors 121 ff., 230 ff., 362 ff., 272, 318, 328 f., 337, 353, 358, 361 ff., 526 siehe auch Board of Directors Diskriminierungsverbote S. 39 – 49, 51, 88 Doctrine of fraud 360 ff. Einberufung der Hauptversammlung 213, 282 ff., 318 ff., 366 ff. Eintragung der Verschmelzung 382, 422 Entscheidungsermessen engl. Gerichte 401 – 418, 479, 489 Equity Law 98 ff. Fair representation und voting bona fide 401 ff. Fairness of the scheme 324, 367, 403, 406 ff., 499 ff. Fehlerrelevanz siehe Grundsatz der Fehlerrelevanz

Stichwortverzeichnis

567

Fraud on the minority 358, 360 – 365, 404, 484 f., 503 f., 515 Freigabebeschluss 471 ff.

Konzernverschmelzung 189, 203, 212, 280, 305, 355, 189 ff., 203, 212, 229, 241,255, 270, 273, 280 f., 305, 355, 375, 524

Gemeinsame Verschmelzungsprüfung 243 ff., 254, 268 ff. siehe auch Verschmelzungsprüfung Genehmigungsvorbehalte 276 ff., 304 f., 352 f General Meeting 136, 138 ff., 206, 316 ff. siehe auch Hauptversammlung Gesellschaftsform 93 – 96, 106 ff., 125, 140 ff. Gesellschaftskapital 109 ff., 126 ff., 141 Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht siehe Treuepflicht Gesellschaftsstatut 57 ff., 208 Gesetzesauslegung 256 – 261 Gleichbehandlungsgebot 307 f., 357, 371, 375, 412, 463 Grundsatz der Fehlerrelevanz 459 ff. Gründungsverfahren 106 f., 118 ff., 140

Majoritätsprinzip 142 f., 153 ff. Materielle Beschlusskontrolle 314 ff., 393, 457, 463 ff., 474 Mehrstimmrechte siehe Stimmrecht Memorandum 118 – 123 Mergers 72 ff. Minderheit 154 f., 365 Minderheitenrechte 158 ff. Minderheitenschutz 93, 156 ff., 165 ff., 197, 214, 216, 312, 425 ff., 432 ff., 478 ff., 518 ff. Minderheitsgesellschafter siehe Minderheit Minutes of meeting 352

Harmonisierung 35 ff. Harmonisierungsauftrag 38 ff., 46, 49 ff., 53 ff., 87 ff., 517 Harmonisierungsziele 34 – 92,520, 536 Hauptversammlung 115 ff., 136 ff., 273 ff., 282 ff., 317 ff., 366 ff., 525 ff. Herausverschmelzungen 66 ff., 73, 78 – 86, 89 f., 178, 194 f., 204, 209, 278, 355, 362 f., 382 ff., 421 ff., 433 f., 441 f., 486 f., 495, 501, 518 ff., 536 Hineinverschmelzungen 76 – 81, 89, 170, 183, 254, 273, 420, 422 Informationsrechte 147 – 160, 164, 332, 458 f., 519 siehe auch Aktionärsrechte Inhaberaktien 112 ff., 129 ff., 141, 326 f., 349, 373, 518, 527 Inhaltliche Beschlusskontrolle 393, 457, 463 ff. Interessenkonflikte 142 – 163, 235, 518 Kapitalerhaltung 438 ff. siehe auch Gesellschaftskapital Kausalität 461 – 465

Namensaktien 112 – 118, 128 – 135, 141, 210, 294, 327, 441, 518 Nichtigkeitsklage 454 f., 466, 477 Niederlassungsfreiheit 38 – 89, 517 Obligatorischer Minderheitenschutz 165 ff., 519 ff.

34,

Principal Agent Ansatz 145, 183, 235, 239, 274, 290, 429 Prozessualer Rechtsschutz 444 ff., 480 ff. Public limited company (,plc.‘) 73, 106, 118 ff. Publizitätspflichten 63, 95, 102, 145, 190 f., 204, 212, 225, 230, 236, 248, 255, 270, 275, 282 ff., 318 ff., 331 ff., 366, 457, 520, 525 Rechtfertigungsgründe 47 ff., 77, 86, Rechtmäßigkeitsprüfung 198, 323, 377 ff., 388 ff., 391 – 427 ff., 467, 477, 507 ff., 521, 530 ff. Rechtsmissbrauch 296, 371 f., 377, 404, 416, 426, 468 ff., 513 f., 533, 536, Rechtsmissbrauchsverbot 48, 77 Rederecht 299, 345, 371 f., 515, Registered shares 128, 133 siehe auch Namensaktie Re-registrations 67, 118 f.

568

Stichwortverzeichnis

Satzungsautonomie 118, 124, 134, 138, 141 f., 147 ff., 184 Schranken der Rechtsausübung 306 ff., 356 ff., 375 ff. Spruchverfahren 193, 205, 278 ff., 305, 316, 354, 375 f., 383, 386, 433, 437, 445 – 453, 457 ff., 489, 506, 511 ff., 531 ff. Statutory Law 96 ff. Stimmrecht/ -beschränkung 112 f., 127, 134 f., 141, 147, 151 f., 163, 182 ff., 208, 216, 247, 274, 283, 291 ff., 301 ff., 336, 340, 347 ff., 358 ff., 373 ff., 492, 502 ff., 527 ff. Subsidiaritätsprinzip 53 ff., 165 Teilnahmerecht 293 ff., 310, 340 f., 370 f., 528 siehe auch Aktionärsrechte Treuepflicht 308 ff., 357 – 377, 426, 456, 463 – 469, 476, 485 ff., 513, 515, 519, 529, 533 Umtauschverhältnis 86, 153, 178 ff., 185 – 189, 193, 199, 214 ff., 226 ff., 241 – 280, 316, 324, 352 ff., 357, 361, 374 ff., 397, 409, 431 ff., 442 ff., 465 ff., 478 ff., 497 ff., 510 ff., 536 ff.

Unbedenklichkeitsverfahren 471 ff., 540 Unfair Prejudice 480, 488 – 510, 514, 534 Verschmelzungsbericht 220 ff., 226 ff., 230 ff., 237, 522 Verschmelzungsfähigkeit 62, 65, 84, 87, 90, 169 ff., 379, 387, 520 Verschmelzungsplan 520, 172 ff., 193 ff., 206 ff., 215 ff. Verschmelzungsprüfung 239 ff., 248 ff., 255 ff., 271 ff., 524 siehe auch gemeinsame Verschmelzungsprüfung Verschmelzungsstichtag 182, 215 f., Vorabbescheinigung S.378 ff., 382 ff., 391 ff., 413 ff., 424 ff., 481 ff., 529 ff. Vorabbescheinigungsverfahren siehe Vorabbescheinigung Vorstand 116, 136 f., 141, 142 ff., 292 ff., 338 ff., 347, 517 ff. Wirksamwerden der Verschmelzung 422, 427 Zustimmungsvorbehalte 374, 529, 536

381,

277 ff., 304, 353,