Grammatik: Akten des 10. Linguistischen Kolloquiums: Tübingen 1975, Bd.2 3484102470, 9783484102477

Die Buchreihe Linguistische Arbeiten hat mit über 500 Bänden zur linguistischen Theoriebildung der letzten Jahrzehnte in

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Grammatik: Akten des 10. Linguistischen Kolloquiums: Tübingen 1975, Bd.2
 3484102470, 9783484102477

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
1. PHONOLOGIE
2. WORTBILDUNG UND MORPHOLOGIE
3. SYNTAX UND SEMANTIK
4. MONTAGUE-GRAMMATIΚ
5. COMPUTERLINGUISTIK
6. LINGUISTIK UND DIDAKTIK
MITARBEITERVERZEICHNIS

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Linguistische Arbeiten

32

Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Grammatik Akten des 10. Linguistischen Kolloquiums Tübingen 1975 Band 2 Herausgegeben von Kurt Braunmüller und Wilfried Kürschner

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Linguistisches Kolloquium Akten des 10. [Zehnten] Linguistischen Kolloquiums : Tübingen 1975. - Tübingen : Niemeyer. (Linguistische Arbeiten ; . . . ) Bd. 2. -*• Grammatik

Grammatik / hrsg. von Kurt Braunmüller u. Wilfried Kürschner. - 1. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1976. (Akten des 10. Linguistischen Kolloquiums ; Bd. 2) (Linguistische Arbeiten ; 32) ISBN 3-484-10247-0 NE: Braunmüller, Kurt [Hrsg.]

ISBN 3-484-10247-0 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976 Alle Rechte vorbehalten. O h n e ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile d a r a u s auf photomechanischem Wege z u vervielfältigen. Printed in Germany

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort 1.

VII

PHONOLOGIE WOLF-DIETRICH BALO: Das Phonemprinzip im Bereich der Intonation .

2.

3

KLAUS-DIETER GOTTSCHALK: Phonetik, Phonologie und idiomatisches Englisch

11

VERONICA BONEBRAKE: The feature GRAVE and the loss of the velar fricative in English

23

FRITJOF HERNER: Kontrastive Phonologie und Phonetik sowie systematische Lautvariation als linguistische Grundlagen der phonetischen Korrektion im Deutschunterricht für Ausländer

35

WORTBILDUNG UND MORPHOLOGIE HARTMUT GÜNTHER: Bemerkungen zum Status von Wortbildungsregeln

.

49

ILSE KARIUS: Zur Beziehung zwischen Wortbildung und Alltagswissen

59

HERBERT E. BREKLE: Delokutive Verben: Ein sprechakttheoretisch fundierter Wortbildungstypus

69

DIETER KASTOVSKY: Zur Analyse von Nomina actionis

77

KONRAD SPRENGEL: Zur generativen Wortbildung. Englische Verben mit pre- und fore-

3.

91

HORST GECKELER: Probleme des französischen Adjektivs

103

WINFRIED BOEDER: Morphologische Kategorien

117

SYNTAX UND SEMANTIK HANS ULRICH BOAS: Argumente gegen die Annahme linear geordneter syntaktischer Tiefenstrukturen in einer universellen Gramatik

129

JOACHIM BALLWEG: Fragment einer generativen Grammatik mit λ-kategorialer Basis

139

JACQUES LEROT: Einige Vorschläge zur prälexikalischen Syntax

. .

153

WERNER v. HELD: Zur Beschreibung und Darstellung begrifflicher Komponenten von Ausdrucksbedeutungen

167

JESÚS PÉREZ-ALONSO: Personalpronomina. Tertia persona sustinendal

177

JACQUES FRANÇOIS: Zu einer generativen Intersyntagmatik. Die Stellung der Hilfsverben im deutschen, französischen und niederländischen Nebensatz

187

MAGDALENA ZOEPPRITZ: Kasus für Deutsch

199

HEINZ VATER: Wie-Sätze

209

MATTHIAS HARTIG: Zur Syntax der Konjunktionen. Oder: Das Problem der sprachlichen Kategorien

223

HANS ALTMANN: Gradpartikeln und Topikalisierung

233

VI PIERRE BOURSTIN: Zur Paraphrasierbarkeit von Kausativkonstruktionen mit totmachen/töten, totschlagen/erschlagen. Probleme bei der Beschreibung von Kausativa innerhalb der generativen Semantik 245 LUISE F. PUSCH: Zur Syntax und Semantik des Pronomens dasselbe . 253 HARALD THUN: Die Präsentation durch que im volkstümlichen Französisch 4.

265

MONTAGUE-GRAMMATIK H. JOACHIM NEUHAUS: Intensionale Prädikate

279

ALBRECHT FAUSER: Zur Behandlung von Relativsätzen in einer Montague-Grammatik

289

JEROEN GROENENDIJK / MARTIN STOKHOF: Some notes on personal pronouns, reflexives and sloppy identity in a Montague grammar . . . 30l 5.

COMPUTERLINGUISTIK ISTVÂN BÂTORI: Zur Syntax der deutschen Schrift. Beobachtungen über spiegelbildliche Unverträglichkeit der Liquidaverbindungen . 319

6.

GERHARD FISCHER: Interaktives Programmieren mit linguistischen Aufgabenstellungen

327

WALTHER V. HAHN / DIETER HENSKES / WOLFGANG HOEPPNER / WOLFGANG WAHLSTER: HAM-RPM: Ein Redepartnermodell als Simulationsprogramm

337

LINGUISTIK UND DIDAKTIK WOLFGANG SETTEKORN: Pragmatik und Praxis. Zur Konzeption linguistischer Grundkurse

361

PETER SCHEFE: Die Simulation von Grammatikmodellen und ihr Einsatz im Hochschulunterricht

371

HARTMUT POTT: Möglichkeiten der Anwendung eines modernen Grammatikmodells im fremdsprachlichen Schulunterricht

383

MITARBEITERVERZEICHNIS

397

VORWORT

Dieser Band enthält ungefähr die Hälfte aller Vorträge, die auf dem 10. Linguistischen Kolloquium von 23. bis 27. Septarrber 1975 in Tübingen gehalten worden sind. Da mehr als 70 Referate publiziert werden sollten (eine zensierende Auswahl fand gemäß den ungeschriebenen Statuten des Linguistischen Kolloquiums nicht statt), erwies es sich als unimgänglich, die Akten auf zwei Bände verteilt herauszugeben. In dem vorliegenden zweiten Band dieser Akten haben wir nun alle die Beiträge zusairmengefaßt, die sich mit (synchroner) Linguistik im engeren Sinne ("Grairmatik") und deren Anwendung befassen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Bereiche grammatischer Forschung: Phonologie, Wortbildung und Morphologie, Syntax und Semantik, Montague-Grammatik, Corputerlinguistik sowie Linguistik und Didaktik. Wie ein Blick auf das im Anhang beigegebene Mitarbeiterverzeichnis zeigt, stammen die meisten dieser Arbeiten aus der Feder von Wissenschaftlichen Assistenten und Akademischen Räten. Aber auch Studenten, d.h. genauer Doktoranden, und einige Professoren sind vertreten. Ein ähnliches Bild ergäbe sich auch, wenn man nach dem Status der anderen Teilnehmer an diesem Kolloquium fragen würde. Dabei würde das Pendel wohl eher nach der Seite der (noch) Nicht-Arrivierten ausschlagen. Gerade dieser Zusanmensetzung ist (und war) es u.a. zu verdanken, daß das Linguistische Kolloquium in den zehn Jahren seines Bestehens zu einem Forum geworden ist, auf dam jeder, der etwas zu berichten hat, seinen Fachkollegen und damit einer breiteren Öffentlichkeit seine Forschungsergebnisse vortragen und in Diskussionen verteidigen kann. Gerade dieser Offenheit war es bisher zu verdanken, daß in manchen Referaten bereits Themen angeschlagen oder Entwicklungen aufgezeigt worden sind, die die Forschung in den nächsten Jahren entscheidend mitbestinmen sollten. Dies dürfte auch dieses Mal nicht anders sein. Um eine rasche Publikation zu gewährleisten, wurde vom Plenum des Kolloquiums beschlossen, daß alle Beiträger ihre Arbeiten (nach einer normierenden Schreibvorlage) in eigener Verantwortung druckfertig den Herausgebern einreichen. Dieses Verfahren mußte auch gewählt werden, da wir angesichts der herrschenden Finanzknappheit keine Druckkostenzuschüsse bekamen konnten. Wir haben nun als Herausgeber versucht, eine größtmögliche äußere Einheitlichkeit zu erreichen. Korrekturen wurden in Zusammenarbeit mit den Verfassern der einzelnen Beiträge

Vili - so gut es ging - vorgerottnen. Ab und zu ließen sich aber dennoch gewisse fornale Inkonsequenzen nicht mehr ganz beseitigen. In einigen Fällen maßten wir wegen der heilen Zahl an Korrekturen um eine Neufassung der Beiträge bitten. An dieser Stelle sei deshalb nochmals allen Mitarbeitern gedankt, die uns bei unserer Tätigkeit so bereitwillig unterstützt haben. Last not least möchten wir auf den ersten Band dieser Köngreßakten hinweisen, der unter dem Titel "Sprachtheorie und Pragmatik" von unseren Freunden und Kollegen Heinrich Weber (Tübingen) und Harald Weydt (Berlin) herausgegeben wird und der in derselben Reihe gleichzeitig erscheint. Wir vier ehemaligen Tübinger Kongreßorganisatoren haben auch beim Edieren der beiden Teilbände untereinander irtmer engen Kontakt gehalten. Deshalb sind beide Bände trotz unterschiedlicher Herausgeber Teile eines einheitlichen Ganzen.

Freiburg, im Januar 1976

K.B. W.K.

1,

PHONOLOGIE

DAS PHONEMPRINZIP IM BEREICH DER INTONATION Wolf-Dietrich Bald

Für die folgenden Ausführungen ist zunächst zu klären, was unter Phonemprinzip und Bereich der Intonation verstanden werden soll. Mit Phonemprinzip ist gemeint, daß bei der Analyse eines jeden Teilbereichs einer Sprache versucht wird, diejenigen Elemente zu finden, die distinktiv sind, d.h. innerhalb eines vorausgesetzten oder implizierten Teilsystems unterscheidende Punktion haben. Die Existenz solcher Elemente und ihre systematische Ordnung, in der die Relationen der Identität und Nicht-Identität grundlegend sind, läßt sich von der Rolle einer Sprache als Kommunikationsmittel ableiten; wäre Sprache kein System oder kein System von Systemen, dann wäre Kommunikation wohl kaum denkbar. Für den lautlichen Bereich der Sprache sind die unterscheidenden Elemente mit verschiedenen Namen belegt worden, die eine unterschiedliche Auffassung darüber signalisieren, welche die wirklichen unterscheidenden Elemente sind, zum Beispiel Phoneme oder distinktive Merkmale. Mit Bereich der Intonation sind diejenigen sprachlichen Phänomene gemeint, die auch suprasegmental genannt werden. Welche. Erscheinungen im einzelnen hinzuzurechnen sind, ist keineswegs allgemein geklärt. In der Literatur finden sich Darstellungen, die auf Pause, Betonung, Rhythmus und Tonhöhenbewegung konzentriert sind (PIKE 19*15, WODE 1966), ebenso wie umfassendere Erörterungen, die auch sogenannte paralinguistische Phänomene einschließen, über deren Stellung im linguistischen System bzw. seinen Randbereichen noch wenig Klarheit besteht (CRYSTAL/QUIRK 1964, CRYSTAL 1 9 6 9 ) . Wir beschränken uns hier auf die Phänomene Pause, Betonung und Tonhöhenverlauf. Mit der Frage nach dem Bereich der Intonation wird sowohl die Abgrenzung dieses Bereichs gegenüber anderen Bereichen oder auch Ebenen der Sprache angesprochen, z.B. Syntax oder Semantik, als auch eine interne Unterteilung in kleinere Abschnitte. In beiden

4

Fällen sind Kriterien aufzudecken, die eine wie immer beschaffene Abgrenzung nach außen sowie intern begründen. Ein Kriterium, das immer - wenn auch oft unausgesprochen - herangezogen wird, um verschiedene Teilbereiche der Sprache zu begründen, ist die unterschiedliche Beschaffenheit der zu analysierenden Daten, d. h. des unmittelbaren Untersuchungsgegenstands. Im Bereich der Intonation manifestiert sich das Material als Schall. Die Auffindung von distinktiven Elementen und die Konstruktion von Systemen ist damit notwendig an eine hörbare Identität bzw. Nicht-Identität

gebunden.

Dadurch daß die unterscheidenden Elemente in unserem Bereich hörbar unterschiedlich sein müssen, kommt ein gewisser Unsicherheitsfaktor in die linguistische Analyse hinein, denn es ist hinlänglich nachgewiesen worden, daß Höreindrücke von zahlreichen Faktoren abhängen und keineswegs einen direkten und unzweideutigen Zugriff zu den gesuchten Elementen erlauben

(LIEBERMAN

1967:125 f.., FRY 1970). 1 Wir können uns mit den Fragen der Erstellung gesicherter Daten hier nicht befassen, sondern müssen davon ausgehen, daß zumindest einiges abgesichertes Material existiert, in dem die Grundfrage gleicher oder unterschiedener Elemente entsprechend dem Höreindruck beantwortet ist. Angesichts der gerade erwähnten Schwierigkeit bezüglich der Daten im Bereich der Intonation ist übrigens anzumerken, daß dennoch von einem vorhandenen System in diesem Bereich auszugehen ist, wie sich aus unseren einleitenden Bemerkungen ergibt. Das Kriterium der hörbaren Gleichheit oder Ungleichheit ist nicht hinreichend zur Feststellung distinktiver Elemente, sondern bei der Entscheidung über die Distinktivität wird vermittels Oppositionen oder minimal pairs als wesentliches Kriterium Bedeutung eingeführt. Alle möglichen Definitionen von Phonem oder distinktivem Merkmal nehmen auf Bedeutung, Funktion oder dergleichen Bezug. Dieses Kriterium soll näher untersucht werden, da es Uber die Klassifikation der Elemente in distinktive oder nicht-distinktive entscheidet. Zunächst soll jedoch noch eine generelle Beobachtung über die Art der Oppositionen

5

im Bereich der Intonation vorweggenommen werden, so daß sie nicht in jedem zu besprechenden Einzelfall erneut berücksichtigt werden muß. PILCH (1968:101 f.) bemerkt folgendes: In den bekannteren europäischen Sprachen bilden die verschiedenen Akzentphoneme keine Minimaloppositionen im gleichen Sinne wie die übrigen Phoneme ... Niemals können wir nämlich verschiedene Äußerungen ineinander transformieren, indem wir einen stärkeren durch einen schwächeren Akzent ersetzen und sonst nichts ändern ... Trubeckoj und Martinet kennzeichnen diesen Sachverhalt mit dem Ausdruck gipfelbildend (culminatif). Der Akzent wirke nicht wie die übrigen Phoneme (einschließlich der Toneme) distinktiv, sondern kulminativ. Distinktiv sei lediglich die Stellung des starken Akzentes auf einer bestimmten Wortsilbe. Auch für die Pause scheint zuzutreffen, daß die Stellung distinktiv ist; für ein abschließendes Urteil fehlen jedoch noch Untersuchungen, die sich unter dieser Fragestellung den verschiedenen Arten von Pausen widmen (vgl. GOLDMAN-EISLER 1968, PÜRSCHEL 1975:37 ff.). Bei den üblichen Minimalpaaren aus dem Bereich der segmentalen Elemente, die Oppositionen belegen sollen, wie beispielsweise zwischen /pit/ und /bit/ oder /pil/ und /pul/, kann das entscheidende Kriterium lexikalische Bedeutung genannt werden. Eine genauere Eingrenzung, zum Beispiel auf Unterschiede zwischen bestimmten (Klassen von) semantischen Merkmalen scheint nicht möglich zu sein. Beispiele für die distinktive Stellung der Pause zeigen dagegen eine andere Bedeutung als Kriterium: (1)

I fed her dog / biscuits I fed her / dog biscuits

(2)

I'll move / on Saturday I'll move on / Saturday

In diesen Beispielen ändert sich die syntaktische Struktur und die lexikalische Bedeutung bei einer Änderung der Pausenstellung. Die Frage, wie in solchen Fällen eine Pause signalisiert wird, wie Betonung, Tonhöhenverlauf und andere Faktoren mitspielen, kann hier nicht diskutiert werden.

6

Minimalpaare, die die Stellung der Hauptbetonung als distinktiv erweisen, machen ebenfalls von verschiedenen Bedeutungen als Kriterium Gebrauch: (3) (JO

'differ 'import

- de'fer - im'port

(5) 'Spanish student - Spanish 'student In den Beispielen (3) und ( Ό liegen unterschiedliche Fälle von lexikalischer Bedeutung vor, und zwar handelt es sich in (3) um zwei Lexeme derselben Wortklasse, in (4) um zwei Lexeme verschiedener Wortklassen. Beispiel (5) zeigt einen syntaktisch-semantischen Unterschied, nämlich Wortzusammensetzung gegenüber 2 Attribut • substantivischem Kern. Noch ein anderer Unterschied manifestiert sich in folgendem Beispiel: (6) 'That is West 'minster 'That is 'Westminster 'Abbey Diese kontextbedingte Änderung der Stellung der Hauptbetonung ergibt keine Minimalpaare im strengen Sinn, da immer mehr als nur die Position der Betonung geändert ist; ein festlegbarer Bedeutungsunterschied scheint mit einer Änderung wie in (6) nicht einherzugehen, wenn man von der sehr vagen Verschiebung des Schwerpunkts, der auch eine Änderung des Tonhöhenverlaufs bewirken kann, absieht. Als letzte Gruppe sind Minimalpaare zu besprechen, in denen eine Änderung des Tonhöhenverlaufs mit einer Bedeutungsänderung korreliert. Zu den am häufigsten zitierten Beispielen gehört das nachstehende: Jack went N home Jack went ^home Fallender Tonhöhenverlauf gegenüber steigendem korreliert hier mit einem Unterschied der Satztypen, Aussage gegenüber Frage. Anders verhält es sich mit folgendem Beispiel: (8) I saw you in the N pub last night I saw you in the v pub last night Hier kontrastiert ein fallender mit einem fallenden-steigenden Tonhöhenverlauf. Ein "Bedeutungsunterschied" könnte in der Haltung des Sprechers liegen, der mit fallendem-steigendem Tonhöhenverlauf 'complaint' ausdrücken könnte. Noch eine weitere (7)

7 "Bedeutung" wird in den Beispielen (9) und (10) deutlich: (9) A: John drank N tea B: 'Wine (10)

A: Β:

John drank N tea v Wine

Die Äußerung von Β in Beispiel (9) könnte man als Verständnisfrage (Did you say 'wine'?) verstehen, während Β in (10) dem ersten Sprecher widerspricht.' Nicht nur eine Änderung des Tonhöhenverlaufs wie in den Beispielen (7) - (10) korreliert mit einer gewissen Bedeutungsänderung; auch die Änderung der Position des durch Betonung plus Tonhöhenbewegung definierten Intonationsnukleus ist zu erwähnen: (11) Jack has a red v car Jack has a xred car Jack N has a red car N Jack has a red car (12)

I s thought it was raining I thought it was v raining

Die Erscheinung in Beispiel (11) wird oft als Verlagerung des Informationsschwerpunkts bezeichnet. In (12) hingegen wird ein Unterschied in den Annahmen oder Voraussetzungen des Sprechers deutlich; im ersten Satz findet der Sprecher seine Vermutung bestätigt, es regnet; im zweiten Satz dagegen stellt sich seine Vermutung als falsch heraus, es regnet nicht. Die Zahl der Beispiele, in denen immer noch weitere Arten von Bedeutung zum wesentlichen Kriterium für die Entscheidung herangezogen werden, ob ein distinktives Element aus dem Bereich der Intonation vorliegt, könnte noch erheblich vergrößert werden. Die Beispiele für Pause, Betonung und Tonhöhenverlauf demonstrieren, daß the state of the art äußerst unbefriedigend ist, weil das wesentliche Kriterium, das nach der Entscheidung über hörbare Identität oder Nicht-Identität von Elementen im Bereich der Intonation zur Etablierung von distinktiven Elementen benutzt wird, nämlich ein mit dem hörbaren Unterschied korrelierender Bedeutungsunterschied, nicht selbst der genauen Analyse unterzogen worden ist. Eine Beschäftigung mit dieser Präge könnte

8 unter anderem mehr Klarheit bei der Abgrenzung

linguistischer

und paralinguistischer Phänomene und mehr Ordnung in den Wust von Bedeutungen bringen, der mit der Intonation verknüpft ist.

Anmerkungen 1

Der Ausweg so mancher Linguisten aus dieser Unsicherheit, indem verschiedene Höreindrücke oder Ansichten darüber einfach als individuelle, regionale usw. Verschiedenheit des zur Debatte stehenden Sprachsystems interpretiert wurden, umgeht das Kernproblem der Erstellung sprachlicher Daten und ist insofern nicht akzeptabel; vgl. z.B. HILL (1958: 13f.)·

2

Vgl. bes. WODE (1966), der die Korrelationen zwischen bestimmten syntaktischen Konstruktionen und Pause, Betonung sowie Tonhöhenverlauf untersucht hat.

3

Vgl. GUNTER (1972), von dem dieser Beispieltyp stammt.

Literatur CRYSTAL, David (I969): Prosodie systems and intonation in English. London: Cambridge University Press. / QUIRK, Randolph ( Ι 9 6 Ό : Systems of prosodie and paralinguistic features in English. The Hague etc.: Mouton. PRY, Dennis B. (1970): "Speech reception and perception". LYONS, John (ed.): New horizons in linguistics. Harmondsworth: Penguin: 29-52. GOLDMAN-EISLER, Frieda (1968): Psycholinguistics. London: Academic Press. GUNTER, Richard (1972): "Intonation and relevance". BOLINGER, Dwight (ed.): Intonation. Selected readings. Harmondsworth: Penguin: 19^-215. HILL, Archibald A. (1958): Introduction to linguistic structures. Prom sound to sentence in English. New York etc.: Harcourt, Brace & World. LIEBERMAN, Philip (1967): Intonation, perception and language. Cambridge, Mass.: M.I.T. Press. PIKE, Kenneth L. (19^5): The intonation of American English. Ann Arbor: University of Michigan Press. PILCH, Herbert (1964): Phonemtheorie. I. Teil. Basel etc.: Karger, 2.A. 1968. (Die 3.A. 1975 stand mir nicht zur Verfügung.)

9

PÜRSCHEL, Heiner (1975): Pause und Kadenz. Interferenzerscheinungen bei der englischen Intonation deutscher Sprecher. Tübingen: Niemeyer. WODE, Henning ( 1 9 6 6 ) : 129-218.

"Englische Satzintonation". Phonetica 15:

PHONETIK, PHONOLOGIE UND IDIOMATISCHES ENGLISCH Klaus-Dieter Gottschalk

1. Wer eine Fremdsprache verstehen und. sprechen möchte, bildet kontrastiv zu bekannten Sprachen sein phonologisches, morphologisches, lexikalisches und syntaktisches Sprachbewußtsein für die fremden Laute aus (vgl. KOCH 1970: 30). Wenn er die unterscheidenden Laute in der Fremdsprache erkennt, werden Hörhilfen und Lauterwartungen u. U. stärker von den übergeordneten Schichten des Sprachbewußtseins gesteuert als vom phonologischen Bewußtsein. Auch hier gilt die epistemologische Frage, wie jemand aus unvollständigen Wahrnehmungen etwas Bestimmtes erkennt. Um das gleiche Lautbild als amerikanisch ausgesprochenes petal oder Edinburgher pearl zu entschlüsseln, stellt er sich auf die charakteristische Artikulationsbasis ein, die sich ζ. B. im Eöntgen— bild sprachverschieden an der charakteristischen Zungenstellung für /I/ in film zeigt. Bei Phonemgleichheit stellt er sich um so bewußter auf phonetische Dialekt— und Sprachunterschiede ein, je mehr ihm sogar die nicht-distinktiven Unterschiede bei /r/ usw. auffallen. Ihm reicht dann nicht, nur phonemisch und nicht auch phonetisch richtig zu sprechen (s. 3.1. ). Er erwartet des weiteren ein spezifisches Lautsystem. Deshalb weist er einen mit der Zunge engl, zwischen /t/ und /k/ artikulierten stimmlosen Verschlußlaut einem der beiden Phoneme zu. Andererseits bemerkt ein Deutscher oder Franzose, der das engl. Lautsystem gut beherrscht, zwar den phonetischen Unterschied zwischen [ V J und £y] in der amerikanischen und schottischen Aussprache von who, two - da aber die Laute engl, nicht in Opposition zueinander stehen, kann sich der Hörer auf das Gemeinsame beschränken: Beide Vokale sind hoch und rund; demgegenüber ist engl, der Kontrast zwischen Vorderund Hinterartikulation nebensächlich (LADEFOGED 1975: 237)

2. In einer bekannten Sprache segmentiert der Hörer nicht-eindeutige physikalische Daten eindeutig zu Lauten. Phonetiker erkennen die ihnen universal bekannte Menge von Lauten und sprachverschieden gebündelten phonetischen Merkmalen auch in unbekann-

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ten Sprachen, d. h., nicht-distinktiv. Akustische Messtingen bestätigen einigermaßen ihre Lautbeschreibungen nach dem Gehör. Allerdings maß Ladefoged, daß angeblich stimmhafte Frikative in lemons, apples stimmlos |s] entsprechen. Auch physikalische M e s sungen ergeben keine Invarianz zu Lautsegmenten im Redefluß; die Segmente bleiben Einheiten der Sprachkompetenz. 2.1. Sichtbar artikuliertes /Θ/ ist wohl leichter lernbar als /x/. Das entspricht dem Bedürfnis des Hörers nach optimaler Unterscheidung zwischen seinen Sinneswahrnehmungen für Lautsegmente. Dem wirkt der Hang des Sprechers zur bequemen Koartikulation entgegen. Das Englische folgt durch antizipierende Koartikulation diesen universalen Prinzipien typisch anders als das Französische oder Italienische: have—»ffI in I should have thought« Qi3ji] für is she. Deshalb lassen sich auch rap, rat, rack unterscheiden, wenn die Verschlußlaute ohne eigene Vollartikulation die Vokalenden beeinflussen. Da es dem Hörer vor allem um bedeutungsunterscheidende Lautvarianz geht, eignet er sich mit der Sprache die allophonischen Regeln an, wonach er den Knacklaut mit /p, t, k/ verbindet und ihn in the cat sat on the mat so entschlüsselt wie das Allophon [t] in the cat is.... Wie sehr die Spracherwartung, daß es sich um Englisch handele, und wie sehr Kinästhetik das Erkennen der Laute beeinflussen, zeigte ein Versuch mit Phonetikern, die klare synthetische Äußerungen völlig verschieden verstanden und hörten. 2.2. Welchem Phonem m a n Laute wie helles und dunkles JL in leaf: feel sprachspezifisch zuordnet, ist zwar ebenso eine linguistische Frage wie die Zuordnung des auslautenden 1 zu den Konsonanten trotz seiner Vokalqualitäten (LADEFOGED 1975: 55). Doch der Hörer stellt feel -und feeling morphologisch zusammen. 2.3· Obwohl schon wegen der über Wortgrenzen hinwegwirkenden K o artikulation kein Lautsegment invariant mit akustischen Reizen zu identifizieren ist, vermitteln akustische Hinweise dem Sprachkundigen ein Lautbild. Er erkennt an Phonemgrenzen Veränderungen im sonst nicht eindeutigen Hinweismuster (FRY 1974·: 2232). Mit einer Sprache erlernen wir also die Fähigkeit, akustische Varianz als phonetische Invarianz wahrzunehmen und allophonische Va-

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riazLZ in. phonologische Invarianz umzusetzen, obwohl die phonetische Ähnlichkeit von Allophonen nicht linguistisch nachgewiesen ist, sondern eine Frage des einzelsprachlichen Bewußtseins bleibt (s. 2.1.,

KOCH 1970: 98). Oberhalb der Wahrnehmungs-

schwelle überhören wir sonst wegen vermeintlicher Irrelevanz Unterschiede wie backed: bagged: begged im Vergleich zu dt. bäckt. Dabei lösen wir uns von dem Zwang, die Fremdsprache nach den phonetischen und phonologisehen Kategorien der Muttersprache zu hören. Diesen Zwang übt auch das Lautsystem eines Dialektes aus: Von den synthetisierten Wörtern bit, bet, bat, but entsprach die vierte Lautfolge eindeutig but für Engländer mit Received Pronunciation und bat für 21% der Standard English sprechenden Schotten sowie für 43% der Schottisch Sprechenden (CATFORD 1974: 2500)o Sprachbeherrschung beinhaltet, daß wir gemäß unseren sprachlich begründeten Erwartungen hören und uns verhören lernen und u. a 0 die akustischen Signale für *tlip zu clip berichtigen können. Diktate prüfen diesen Teil der Sprachbeherrschung. 3o Für die passende Deutung der akustischen Hinweise liefern Sprachsysteme phonetische Hörhilfen. Das sprachunterschiedliche Lautinventar bietet allerdings auch Lernklippen: engl. überlagert allophonisch nur teilweise die Bereiche der dt. Endphoneme in bitte und bitter (MOULTON 1962: 95), und produktiv palatalisiert Englisch über Wortgrenzen did you /dj/ als Sandhiform. 3.1. Man berücksichtigt die genauen Lautqualitäten nicht nur für Lautoppositionen, sondern auch für das Ausmaß an Homophonie wie in tail: tale oder [kiep} camp: cap» wo die Funktionslast der Nasalierung sich engl, nur phonetisch und nicht wie frz. phonemisch auswirkt. Länge kontrastiert nach MALECOT (1974: 2522) dt. Vokalphoneme mehr als engl. Im Englischen ist Länge so zweitrangig, daß Ladefoged hierfür nur allophonische Variation ansetzt» Die Länge der Vokale vor stimmhaften Konsonanten ist eine ebenso redundante Hörhilfe wie Aspirierung von Q?^ in Opposition zu [b] t [p^in, bin]. Länge linterscheidet bid: bit wesentlicher als der Stimmkontrast /d/: /t/; für bead/beat transkribiert er ein eigenes Phonem. Gleich ausgesprochen ergeben /d, t/ zwischen betonter und unbetonter Silbe noch keine Homophone writer: rider, sofern

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der Vokal vor /t/ nicht gelängt wurde,[rayDr] :[ra.yDr] . Ein Hörer kann ggfo aus der Reihenfolge der Regeln, nach denen diese Laute (außer vor silbischem £g[J ) realisiert wurden, auf die M o r phologie schließen e 3.2.

Zu RedundanzregeIn abstrahierte Koartikulationsbeschrän-

kungen leisten Hörhilfen: 3 Konsonanten im Anlaut ergeben englo /s/ + stimmlosen Verschlußlaut + Gleitlaut/Liquid, da bei neutralisierter Opposition der Zeitpunkt für den Stimmeinsatz nicht den Wahrnehmungsabstand v o n £: b, t: d, k: £ wahren muß. Die Reklame für Monk's Bread klingt daraufhin wie Monk Spread. Insofern ähnelt auch gälisches /b/ engl, unaspiriertem /p/ (LADEFOGED 1975: 125): spit, apt, act usv, verzichten auf die redundante Aspiration in der Konsonantengruppe. - Ein Hörer kann sich an die Lautkombinationsregeln so binden, daß er bei zwei gemeinsam vorgespielten Lautfolgen trotz des Vorsprungs v o n led vor pay nur die Mischform played hört statt *lp.... Wirkliche und phonologisch mögliche Wörter überlagern sich leicht im Anlaut, aber wegen der vorwegnehmenden Koartikulation kaum im Auslaut - das entspricht der engl. Wortbildung durch blending (CUTTING/DAY 1975: 107). 3·3ο

Junkturen werden sprachspezifisch realisiert: Anders als

bei ito Geminaten signalisiert englo Konsonantenlänge allophonisch morphologische Grenzen in /ainnou/ für I don't know, in unknown, white tie. Dagegen unterscheidet why tie: white eye, daß ohne Konsonantengruppe stimmlose Verschlußlaute vor Vollvokalen aspiriert werden, also kaum im Wortauslaut; zudem ist der Vokal in white wegen dem stimmlosen Konsonanten kürzer. In white shoes: why choose unterscheiden sich die Artikulationen von

/tj/

auch zeitlich (LADEFOGED 1975: 26, 45). Witch: which kann wegen der nur anlautenden Kombination /hw/ ein Minimalpaar bilden. Dagegen signalisiert engl. Knacklaut als Silbenauslautallophon zu /t/ das Gegenteil vom dt. Junkturmerkmal, da [?] dt e ein Wort im Anlaut abgrenzt und engl» allenfalls noch zwischenvokalisch nach Halbwörtern wie the, extra auftritt«, 3cA. Besonders eindeutige Fälle von statistischer Wahrscheinlichkeit für Lautvorkommen sind die Distribution v o n Einzelseg-

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menten wie hellem: dunklem und */i)—, 3 - , -ui)/, der aufgehobene Vokalkontrast £±strafjfJ vor /n, J , r/ und Kollokationsbeschränkungen wie */sph-, ld-/. Sie dienen als Hörhilfen beim Entschlüsseln morphologischer Grenzen. Die Koartikulation wird zudem mit proportional zunehmender Wahrscheinlichkeit schwächer über Wortgrenzen hinweg, trotz dem engl» Hang zur Wortgruppenbildung. Bei engl. Endkonsonanten wird Stimmverlust wegen der erhaltenen Le— nis kaum wahrgenommen und signalisiert deshalb keine Junktur; dagegen sind dt. Auslautverhärtungen wie Bad: Rat als Neutralisierung am Wortende auch noch in Komposita und vor konsonantischen Suffixen hörbar und werden morphologisch entschlüsselt. Wortentiehnungen und Tests mit synthetischen Äußerungen verdeutlichen, daß sprachtypische Silbenstrukturen (vgl. 5·1.) vorhersagbaren phonetischen Merkmalen und Segmenten zur Wahrnehmungsrealität verhelfen (einsilbiges dt. Spar wird frz. zweisilbig mit prothetischem /e/ gehört; store, box, milk werden zu Hausa sitor, bokis, miliki). Umgekehrt können selbst Englischsprachige bei derselben Aussprache hire ein- und higher zweisilbig hören hier steuert sie wohl im Kontext das morphologische oder gar orthographische Bewußtsein wie bei flour: flower. Leute mit gleicher Aussprache segmentieren selbst hire unterschiedlich einoder zweisilbig (LADEFOGED 1975: 219). Manche hören realistic /rialístik/ als Dreisilber, andere als Viersilber entsprechend reality /riveliti/. 4.1o Anders als das Deutsche, Französische und Spanische artikuliert das Englische betonte und abgeschwächte Vokale sehr unterschiedlich. Viele Vokaloppositionen werden in unbetonter Silbe als nebensächlich neutralisiert und stärken den Phonembereich / a / . Da sehr allgemeine Regeln eine Vielzahl der Fälle erklären, fragt es sich, ob der Sprachschüler nicht ein zugrundeliegendes systematisches Phonem als psychische Realität erkennt und dessen Variation für die gleich geschriebenen Wortstämme annimmt: harmony - harmonic - harmonious. Ebenfalls hängen psychisch und orthographisch zusammen sign - signal - signature, serene - serenity. Phonologische Regeln zweiteilen also das engl. Lexikon und entsprechen Beschränkungen bei Affixableitungen und Komposita.

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Dieser gehobene Wortschatz der romanischen "hard words" weist auch regelmäßige Konsonantenvariationen auf wie electric - electricity - electrician, s&cial - society, relate - relation^. In idiomatischer Wortwahl werden n a c h Zipfs Trägheitsgesetz die opaken "hard words" gerne synonym durch kürzere, oft einsilbige Wörter (meist germanischer Herkunft) und durch Wortgruppen ersetzt: insane/insanity: mad/madness; construct/construction: build/building; dine/dinner: have dinner; disclose/disclosure : spill the beans/give away/a give-away. Ggf. steuert m a n also lexikalisch den phonologischen Schwierigkeiten; dem dienen auch die Kurzformen wie pram, prep, lab, exam. Kinderbücher und Lesebücher für Anfänger nutzen die vielseitige Verwendbarkeit der Einsilber im Englischen. Dabei kommen nur 6% der möglichen $566 dreiphonemigen engl. Wörter, also 307 Wörter, häufig vor (ROBERTS 1965: 50). Den Hang zu Kurzwörtern unterstreicht die Umdeutung von richesse zu riches mit Plural-/z/ statt /s/ wie duchess. Die sehr allgemeinen Regeln für die Realisierung v o n /z/ im Plural, Genitiv u n d in der 3· P· Sg. sprechen auch für die psychische Realität des zugrundeliegenden Phonems; der Regel, daß Konsonantengruppen einheitlich jjtStimmeQ aufweisen (vgl. 3·2. spit, apt. act), geht die Einführungsregel für /j/ voraus bei /z/ und der Präteritabildung auf -ed; sie entspricht der Kontraktionsregel zu John's here: Rose's here/Rose is here. 4.2. So wie Wahrnehmungsunterschiede in der Sibenstruktur nicht physikalischen Realitäten entsprechen müssen, können Versuchspersonen Suprasegmente nach syntaktischen und semantischen Regeln hören, z. B 0 Fallintonation als steigend und umgekehrt, je nachdem ob sie Äußerungen für Fragen oder Aussagen halten. Gewiß grammatikalisiert engl, do häufig den Fragecharakter einer Äußerung oder paßt (wie auch really) das unmarkierte Akzentmuster der emphatischen Intonation an; jedoch ist die illokutionäre Funktionslast der engl. Intonation größer als im Deutschen mit seinen Partikelsignalen. Sie verdeutlichen ja Einstellung u n d Gefühle des dt. Sprechers, während das Englische hierfür die Intonationsmittel feiner entwickelt hat« Wo die dt. Wortstellung und Flexion keine Mehrdeutigkeit aufkommen lassen, behilft sich Englisch mit Intonation und entsprechenden Pausen: John left Bob

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(,) as fast as he could; Typically (,) German philosophers followed a different path. Einen Bedeutungsunterschied enthält I don't lend my books to anybody mit "low fall"-Intonation für niemandem, mit "fall-rise" für nicht .jedem. Unkorrekte Intonation verwischt also Bedeutungsunterschiede für den Hörer. Sie kann stärker als falsch realisierte Lautsegmente stören, weil Intonation die kontextuelle Relevanz einer lußerung verschlüsselt (GUNTER 1972)o Die charakteristische Intonation einer Sprache bildet hierzu den Hintergrund; im Englischen (bes. Schottischen) überwiegt im Vergleich zu anderen Sprachen die Fallintonation^. 4.3.

Catford wirft den sprachspezifischen Betonungsregeln von

Chomsky/Halle vor, daß sie ohne akustische Realität nicht Teil der Sprache, sondern der Beschreibung sind. Phonetiker sollen ohne Sprachkenntnis, d. h. ohne syntaktisch-semantische Analyse, Betonung hören und beschreiben können; fürs Englische schlägt er eine Tonanalyse vor. LADEFOGED (1975: 101) erläutert durch phonetische Fakten die Wahrnehmungsrealität abgestufter Betonungen: a) Ein Wort kann auf einer Silbe betont werden; b) zum Ende einer Tongruppe fällt die Tonsilbe oft auf die letzte betonte Wortsilbe, aber einzeln gesprochene längere Wörter können als selbständige Tongruppe sowohl Wort- wie Tonakzent aufweisen: mültiplicStion. In einer umfangreicheren Tongruppe gehört der Tonakzent ggf. auch anderswohin, je nach Tonsilbe: I'm going h6me tomorrow; I have to go hòme - Ich fahre morgen nach Hftuse; Ich muß nach H&use fahren, c) Vollvokale sind länger als abgeschwächte, deshalb unterscheidet sich der Rhythmus von multiply: multiple durch Vokallänge und nicht Nebenbetonung - zwischen ihnen stellt der Hörer u. U. einen scheinbaren Zusammenhang her, weil er ja in betonten Silben häufig längere Vokale hört. Diese drei Vorgänge von Betonung als stärkerem Atem, von Intonation und Vokalabschwächung vermitteln zusammen den Eindruck abgestufter Betonungen im Englischen« 4.4.

Wortbetonung ergibt sprachverschieden Minimalpaare: span.

mato: mató; engl, torment (V): tSrment (Ν). Den syntaktischen Zusammenhang des engl. Wortpaars unterstreicht die Vokalidentität /e/ im Vergleich zu tSrrent (N) mit /$/. Das Englische unter-

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scheidet durch Wortakzent Komposita von Wortgruppen: a wêlkout: to wâlk 6ut; a blâckbird: a blâck bird. Das Deutsche flektiert und setzt den Akzent anders: im J&hr Hûndert: im Jahrhûndert. 5. Den engl. Satzrhythmus bestimmen u. a. die Einsilber. Sie nahmen zu, als Flexion und auslautendes /d/ wegfielen. Unzureichende Vokalkontraste wurden durch schwache statt starker Konjugation ausgeglichen; Phonästhetik stützte Doubletten mit kontextuell realisierbaren Aspektunterschieden wie bei den Präterita knitted/knit; kurzer Vokal unterstrich punktuelle/perfektive Handlung wie in leapt, swept, shot statt Durativem/Iterativem in drove, rode, wrote (SAMUELS 1972: 162). Quirk testet ähnlich die Präteritawahl -ed: -t wie dreamed: dreamt, leaped: leapt» 5.1ο Isochrone Satzbetonung variiert Wortakzente (finknown/unknSwn), gleicht über Vokallängen Akzentabstände aus (mfelody mel6dic - mel6dious mit /d,3, ou/ für _o; divine - divinity, fool - folly). Sie schafft selbst in sorgfältiger Rede Schwachformen, die ein Ausländer verstehen und auch gebrauchen soll, um nicht geschraubt zu klingen: have—» /f/, and—» /n/, is—» /s/ in it ' s (LADESOGED 1975: 35, 93, 102, 184-). Periphrasen und Wortgruppen ebnen markierte Formen ein: I'11; bread 'η butter; a cuppa aus a cup o' (tea); to /ta/ wird vom Adprep der Verbalgruppe zur Präposition für die Nominalgruppe reanalysiert: ae. he cwaej> j>aem moimum to/to j* aem monnum, the man I spoke to - we spoke to the man (SAMUELS 1972: 59)· Wortgruppen schalten Homonyme aus (für mehrdeutiges lie: tell a lie/be a liar) und fördern das intrusive r (law and order /la:randa:da/) in bevorzugter Silbenstruktur wie father*^arrived, arT^aim: a name. (Vgl. 3·> 3·4-., 4.4·^) 6. Trotz ihrer Wahrnehmungsrealität erscheinen keine kleineren akustisch-physiologischen Einheiten segmentierbar als die Atemgruppe . Diese kann sich ähnlich wie die Tongruppe nach der Informationseinheit richten wie im Syntagma the caretaker who looks after this block's new car is blue mit dem idiomatischen Gruppengenitiv (MATTINGLY 1974: 2461 ; HALLIDAY 1967: 207). 7.

Phonästhetik läßt die Beziehung zwischen Laut und Bedeutung

19

als nicht ganz willkürlich erscheinen. Sollte es hierzu Universalien geben, erleichtern sie nur teilweise diesen Bereich der fortgeschrittenen Sprachbeherrschung, da sich jedes Sprachsystem ihrer unterschiedlich bedienen wird. Phonästhetische Wirkungen sind kontextgebunden und werden von Fall zu Fall realisiert; für die Verständigung sind sie nicht unbedingt nötig. Oft entstehen phonästhetische Beziehungen zwischen Wörtern unetymologisch, wie die zufälligen Steigerungsformen tip: top entsprechend drip: drop, chip: chop. Andererseits brauchen die mit /6r-/ und /gr-/ verbundenen Konnotationen nicht auf alle so b e ginnenden Wörter zuzutreffen; manche Phonästheme haben homonym gar unterschiedliche Bedeutungen e Und selbst wenn ein Deutscher erkennt, daß sich dt. /J1-/ und engl, /sl-/ etymologisch und phonästhetisch entsprechen, gibt das noch keinen Aufschluß über die Bedeutungen v o n schlimm: slim. 7.1. Auf die Phonästhetik wirken sich die allgemeine Artikulationsbasis für eine Sprache u n d im besonderen die phonetischen Realisierungen von /r, 1/ sprachverschieden aus» Unterschiede bei den akustischen Reiz- und Hinweismustern für Laute ermöglichen sprachspezifische phonästhetische Wirkungen. 7.2. In der engl« Wortbildung begünstigt Phonästhetik das beliebte "blending": slimy + lithe — * slithy; Phonästhem /fi-/ + (h)urry — ^ flurry. 7.3.

Spracheigentümlich, da ad hoc entstanden, trägt Phonästhe-

tik bei zur grammatischen Parallele these: those, freeze: froze. Die Vokale vermitteln die (zeitliche und räumliche) Bedeutung [±Entfernung] (SAMUELS 1972: 171f.). Die o-Präterita lösten ja do-Periphrasen ab, welche einmal unveränderliche Verben wie put. cast, set (kontextuell realisierbar mit phonästhetischer perfektiver AspektWirkung, s. 5·) u n d unhandliche "hard words" wie ρ imitate, illuminate markiert haben . Beim Funktionswechsel des do von der Verbalgruppenmarkierung zur sprachspezifischen Satzfolgemarkierung wirkten phonologische und syntaktische Änderungen zusammen. In imperfektiver Nebenbedeutung konkurrierten do + put usw. anscheinend noch eine Zeitlang mit be + - i n g (SAMUELS 1972: 175f.).

Anmerkungen 1

MOULTON (1962: 1) erörtert die gewohnheitsmäßige Festlegung der· Sprechmuskeln auf die einzelsprachliche Lautproduktion»

2

Die "hard words" romanischer Herkunft wirkten auf die germanischen Wörter ein; fusion, measure usw. machen /j/ in /±j,(i/ eigentlich erst zum Phonem» Es liegt is she nicht als systematisches Phonem zugrunde und ließe sich als Variante deuten; immerhin gilt /g/ ja auch nicht als zugrundeliegendes systematisches Phonem, schon wegen des morphologischen Zusammenhangs von long, strong, young : longer usw., während ?wronger kein /g/ hat (BOLINGER 1975: 81) - aber bei einer fraglichen Form wie ?wronger läßt sich das ja wohl kaum nachprüfenc "Hard words" fixierten allophonisches /v/ zum Phonem, das dann in Minimalpaaren wie strife : strive. half halve dieselbe grammatische Funktion übernahm wie teeth : teethe und die anderen stimmlosen : stimmhaften SubstantivVerb-Paare house. use usw., denen man immer noch eine gemein same phonemische Form systematisch zugrundelegen kann, um einerseits to race : a race, to kick : a kick und andererseits wife : wives', house : houses C/s/ : /z/) usw. anzuglei chen. Wie die germanischen tragen auch die romanischen Wörter zur Beliebtheit der suffixlosen Ableitungen im Englischen bei: Animate, dScument mit Vollvokal als Verb und mit Schwachform als Adjektiv bzw. Substantiv.

5

Vgle HALL (1953)« Diese Unterschiede reichen weiter in die Analyse von Objekt- und Adverbialsätzen: (1) She saw / him falling over the edge. (.Sie sah.,wie er..,) (2a) She saw him / falling over the edge. (Sie sah ihn, als er...) (2b) He was seen / falling over the edge. Die Äußerung (3a) He has ^>lans to leave, bedeutet mit steigender Intonation etwa (3b) He intends to leave, mit fallender Intonation etwa (3c) He has documents to leave.

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21 CHOMSKY, Noam / HALLE, Morris (1968): The sound pattern of English. New York etc.; Harper and Row. CUTTING, JoE. / DAY, R.S. (1975): "The perception of stop-liquid clusters in phonological fusion". Journal of Phonetics 3: 99-113. PRY, Dennis Β. (1974): "Phonetics in the twentieth century". SEBEOK (ed.): 2201-39. GOTTSCHALK, Klaus-Dieter (1973a): Idiomatik im Englischunterricht auf der Grundlage von Langenscheidts Handwörterbuch«, München: Langenscheidt. (1973h): "Modelle zur Beschreibung der Idiomatik des Englischen". Linguistische Berichte 23: 54—61. GUNTER, Richard (1972): "Intonation and relevance"„ BOLINGER, Dwight (ed.): Intonation. Harmondsworth: Penguin: 194-215. HALL, Robert Α.. Jr. (1953): "Elgar and the intonation of British English". Gramophone 31: 6 0 HALLIDAY, Michael A.K. (1967): "Notes on transitivity and theme in English. Part 2". Journal of Linguistics 3: 199-244. KOCH, Walter A. (1970): Zur Theorie des Lautwandels. Hildesheim. LADEFOGED, Peter (1975): A course in phonetics. New York etc.: Harcourt« MALECOT, André (1974): "Cross-language phonetics". SEBEOK (ed.): 2507-36. MATTINGLY, Ignatius G. (1974): "Speech synthesis for phonetic and phonological models". SEBEOK (ed.): 2451-8?. MOULTON, William G. (1962): The sounds of English and German. Chicago etc.: University of Chicago Press. QUIRK, Randolph (1970): "Aspect and variant inflection in English verbs". Language 46: 300-11. ROBERTS, A . Hood (1965): A statistical linguistic analysis of American English. Den Haag etc.: Mouton. SAMUELS, MoLo (1972): Linguistic evolution with special reference to English. London: Cambridge University Press. SOHUBIGERj Maria (1965) "English intonation and German modal particles: a comparative study". Phonetica 12: 65-84. SEBEOK, Thomas A. (ed.) (1974): Current trends in linguistics. XIIc Phonetics. Den Haag etc.: Mouton.

THE FEATURE GRAVE AND THE LOSS OF THE VELAR FRICATIVE IN ENGLISH Veronica Bonebrake

0.

Introduction

The goals of this paper are to describe the loss of the velar fricative [x] in English and to evaluate phonological feature systems (Jakobson/Halle 1956, Chomsky/Halle 1968 and Ladefoged 1971) in the framework of historical and dialectal data. Such evidence of the loss of [x] or [ç] gives us a more empirical basis for testing the effectiveness of feature systems than do notational arguments for simplicity and generalization as found in classical generative phonology. Two types of loss of these fricatives are discussed, as well as the abrupt or gradual nature of the loss; the acoustic or articulatory nature of the loss; and the transition stages of [x] to \ [f] with concomitant vowel changes. 1.

Synchronic-Comparative Aspects of Germanic Velars

A characteristic of the English sound system as compared to those of other West-Germanic languages is the lack of the velar and pal2 atal fricatives [x] and [y]. German Dutch English Swedish

1. Tochter 1. dochter 1. daughter [do:ta] 1. dotter

2. lachen 2. lachen 2. laugh [las f] 2. le (Table 1)

3. leicht 3. licht 3. light [lait] 3. lätt

Table 1 shows that modern West Germanic languages, with the exception of English, have retained the velar (or palatal) segment in the three examples given. On the other hand, North Germanic, represented here by Swedish, lost the velar before /-t/ at an early Proto-Scandinavian stage, before the Viking invasions of England. Speculations about the possible effects of Scandinavian or Norman French on the initiation of the loss of the velar in English lies, however, outside the scope of the present study.

24

1.1.

Two Types of Velar Fricative Loss in Standard English

I have selected three representative examples of the Velar and Palatal Fricative Loss in English from a number of words which have lost [x] or [j].

The example [dautar] daughter

illustrates

the first type of loss of the fricative, where [x] is assimilated into the preceding diphthong [au](cf. Table 5:4a).

The second

example [la:f] laugh is taken from a group of 11 words in which the [x] has become [f] word-finally, a Velar-to-Labial (cf. Table 5:4b).

Change

The palatal fricative allophone [j] was also

lost before [t] and word-finally e.g. [lait] light and [hai] high (cf. Table 5:2).

The loss of these fricatives began before 1400,

b u t historical evidence shows that the loss was socially and geographically gradual in the English dialects (cf. sections 1.2. and 1.3.) .

Furthermore, the two mergers or assimilations are not

categorial rules.

There are exceptions to the loss of [x] before

derivational suffixes with /-t/ as found in Standard English [la:ft·]

laughter and [dra:ft] draught,^ as well as in numerous

dialectal and historical variants of other words. stance Tables 2 and 3.)

(Cf. for in-

Exceptions to the change [x] to [f] are

even more numerous, e.g. [dou] dough and [klau] clough 4 where the final fricative merged into a diphthong. 1.2.

'ravine',

Dialectal Aspects of Velars in English

That there exists a spectrum of variants from the development of /x/ in English dialects is illustrated by Table 2.

The types of

velar fricatives which still exist are a Scots velar-fricative [χ] as in (1a) and

(2a), a labialized velar-fricative [x]

as in

(2b), and a Northern English velar-labial fricative [xf] as in (2c)

(in Lancashire).

Also the palatal fricative [