Going Public im Geschäftsfeld der Banken: Marktbetrachtungen, bankbezogene Anforderungen und Erfolgswirkungen [1 ed.] 9783896447890, 9783896730138

Der Zugang von Unternehmungen zum Kapitalmarkt und die damit verbundene angemessene Versorgung der Firmen mit Risikokapi

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Going Public im Geschäftsfeld der Banken: Marktbetrachtungen, bankbezogene Anforderungen und Erfolgswirkungen [1 ed.]
 9783896447890, 9783896730138

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Going Public im Geschäftsfeld der Banken

Studienreihe der Stiftung Kreditwirtschaft an der Universität Hohenheim Herausgeber: Prof. Dr. Joh. Heinr. v. Stein

Band 18

Ulrike Müller

Going Public im Geschäftsfeld der Banken Marktbetrachtungen, bankbezogene Anforderungen und Erfolgswirkungen

Verlag Wissenschaft & Praxis

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CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Müller, Ulrike: Going Public im Geschäftsfeld der Banken. Marktbetrachtungen, bankbezogene Anforderungen und Erfolgswirkungen / Ulrike Müller. - Sternenfels ; Berlin : Verl. Wiss. und Praxis, 1997 (Studienreihe der Stiftung Kreditwirtschaft an der Universität Hohenheim ; Bd. 18) Zugl.: Hohenheim, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-89673-013-4 NE: Stiftung Kreditwirtschaft : Studienreihe der Stiftung ...

ISBN 3-89673-013-4 D 100 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 1997 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

Geleitwort Mit der Studienreihe möchte die Stiftung Kreditwirtschaft Arbeiten, die an der Universität Hohenheim zu bank- und finanzwirtschaftlichen Themengebieten entstanden sind, einem interessierten Fachpublikum zugänglich machen. Die veröffentlichten Schriften sollen den Gedankenaustausch zwischen Universität und Praxis fördern. Seitdem die historisch-ökonomische Entwicklung Deutschlands durch den 1. Weltkrieg und dann durch den Zusammenbruch des Finanzsystems Ende der 20er / Anfang der 30er Jahre fehlgeleitet wurde, wird die Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes beklagt. Für ein Land wie die Bundesrepublik ist insbesondere das außerordentlich geringe Volumen an Eigenkapitalfinanzierungen über die Aktienmärkte eine schwerwiegende Defizienz. So brachte selbst das "Rekordjahr 1995" nicht mehr als 20 Unternehmungen mit einem Emissionsvolumen von nur knapp 8,3 Mrd. D M an die Börse. Das Problem ist schon häufig unter gesamtwirtschaftlichen und Finanzmarkt-Aspekten behandelt worden. Was bisher aber völlig fehlt, ist eine fundierte Auseinandersetzung mit der Begleitung von Neuemittenten an den organisierten Kapitalmarkt als Bankgeschäft. Wie ist das Bankengagement in dem speziellen Geschäftsfeld Aktienerstemissionen zu beurteilen, welches Marktpotential für das Going Public läßt sich auf der Anbieter- und der Nachfragerseite erkennen und wie soll das idealtypische Anforderungsproiii des potentiellen Börsenkandidaten aussehen? Die Verfasserin setzt sich damit fundiert auseinander. Ebenso behandelt sie Fragen der geschäftlichen und betrieblichen Anforderungen für diese Leistungsart sowie nach deren Ziel- und insbesondere Erfolgswirkung. Damit will die Arbeit Grundlagen und Stellungnahmen zur kritischen Reflexion der Tätigkeit einer Bank im Geschäftsfeld Going Public liefern. Ich wünsche dem 18. Band der Studienreihe, daß er reges Interesse findet und nützliche Wirkung entfaltet.

Hohenheim, im Januar 1997

Prof. Dr. Joh. Heinr. von Stein

5

Vorwort der Verfasserin Die vorliegende Arbeit mit dem Titel "Going Public im Geschäftsfeld der Banken - Marktbetrachtungen, bankbezogene Anforderungen und Erfolgswirkungen entstand während und nach meiner Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kreditwirtschaft der Universität Hohenheim. Sie wurde im August 1996 von der Fakultät V Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hohenheim als Dissertation angenommen. Mein herzlicher Dank gilt meinem akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Johann Heinrich von Stein, für die Betreuung der Arbeit, die Anregungen, mit denen er den Prozeß der Erstellung der Arbeit begleitet hat, sowie für die Herstellung der Kontakte zu den Bankpraktikern, ohne die die Durchführung der empirischen Untersuchung nicht möglich gewesen wäre. Herrn Prof. Dr. Wolfgang Eisele danke ich sehr für wichtige Hinweise und für die Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gebührt den vielen Gesprächspartnern bei Banken und weiteren Institutionen, die mir durch ihre Diskussionsbereitschaft und Offenheit in den Geprächen wertvolle Informationen und Hilfen zur Bearbeitung des Themas gaben. Der Stiftung Kreditwirtschaft danke ich für die Übernahme der vorgelegten Arbeit in ihre Publikationsreihe. Besonderer Dank gebührt meinem Mann, Franz Müller, für sein Engagement und die fachliche Unterstützung bei der Erstellung der Arbeit, für seine Geduld und seinen immerwährenden Beistand während einer mitunter nicht leichten Zeit. Gewidmet ist die Arbeit meinen Eltern, die mir die Freiheit gaben, meinen eigenen Weg zu finden, und die mich in jeder Hinsicht unterstützten. Dafür möchte ich ihnen herzlich danken.

Markgröningen, im Januar 1997

Ulrike Müller

7

INHALTSVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS

17

1.

Einführung

19

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

19

1.2 Aufbau und Gang der Untersuchung

21

1.3 Methodische Vorgehensweise bei der empirischen Analyse

22

Grundlagen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

27

2.1 Geschäftspolitische Bedeutung des Neuemissionsgeschäfts für die Banken

27

2.

2.1.1

Maßstäbe zur Beurteilung des Geschäftsfeldes Going Public ..27

2.1.2

Motive der Banken für ein Engagement im Neuemissionsgeschäft

29

2.2 Die Stellung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien im bankbetrieblichen Leistungsangebot

31

2.3 Funktionen der Banken im Neuemissionsgeschäft in Aktien

33

2.3.1

Selektions- und Akquisitionsfunktion

34

2.3.2

Beratungs- und Abwicklungsfunktion

34

2.3.3

Risikoübernahmefunktion

36

2.3.4

Plazierungsfunktion

37

2.4 Probleme bei der Durchführung von Going Publics 2.4.1 2.4.2 2.4.3

38

Problemfelder bei der bankinternen Abwicklung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

39

Probleme im bankbetrieblichen Umfeld bei der Durchführung von Going Publics

42

Die Wertigkeit der Problemkomplexe in der Praxis

44

2.5 Rechtsverhältnisse im Emissionsgeschäft

44

9

Beurteilung der Anbieter- und Nachfragerstruktur des Going-Public-Marktes

47

3.1 Marktwettbewerber bei der Börseneinführung von Unternehmungen

47

3.1.1 3.1.2

3.1.3

Die Wertschöpfungskette des Aktienerstemissionsgeschäfts als Analyseinstrument

48

Potentielle Anbieter von Börseneinführungen mittelständischer Unternehmungen

52

3.1.2.1 Markteintrittsbarrieren und Markttransparenz

52

3.1.2.2 Die Anbieterstruktur des Going-Public-Marktes

56

3.1.2.3 Analytische Betrachtung des Marktverhaltens der Wettbewerber

56

Perspektiven der künftigen Wettbewerbsentwicklung im Going-Public-Anbietermarkt

65

3.1.3.1 Wettbewerbsstrategien der Nichtbanken und der ausländischen Investmentbanken im Geschäftsfeld Going Public

66

3.1.3.2 Wettbewerbsentwicklungen bei den inländischen Universalbanken

70

3.2 Das Nachfragepotential auf dem Markt für Aktienerstemissionen

72

3.2.1

Entwicklung des Geschäftsfeldes Going Public

72

3.2.2

Analytische Betrachtung des Marktes potentieller Neuemittenten

79

3.2.2.1 Beurteilung der zukünftigen Marktentwicklung anhand von Indikatoren

79

3.2.2.2 Die Mindestanforderungen der Banken an potentielle Börsenkandidaten - die Kriterien der Börsenreife

85

3.2.2.3 Abschätzung des Marktpotentials im Geschäftsfeld Going Public

90

3.2.2.3.1

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen und persönliche Einstellungen der Unternehmer als Bestimmungsfaktoren für die Marktentwicklung

91

3.2.2.3.2

Eingrenzung der Marktpotentiale anhand von Größen- und Qualitätsmerkmalen sowie nach Bedarfsstrukturen der Unternehmungen 93

3.2.2.3.3

Zahlenmäßige Abschätzung der Nachfragepotentiale durch Bankexperten des Aktienerstemissionsgeschäfts

96

3.3 Spezifizierung der Marktpotentiale anhand von Erfolgsfaktoren eine empirische Analyse

97

3.3.1

Erfolgsfaktoren mittelständischer Unternehmungen aus wissenschaftlicher Sicht

98

3.3.1.1 Ausgewählte Studien zur Erklärung des Unternehmungserfolgs

99

3.3.1.1.1

Das 7S-Modell von Peters/Waterman

3.3.1.1.2

Kritische Erfolgsfaktoren großer und mittelständischer Unternehmungen von F. Hoffmann 100

3.3.1.1.3

Konzept zur mehrdimensionalen Planung und Analyse Strategischer Erfolgssegmente (KOMPASS) von W. Krüger

102

Studie zu Erfolgsfaktoren und Wachstumsstrategien erfolgreicher mittelständischer Unternehmungen von Hahn/Gräb

103

3.3.1.1.4

99

3.3.1.1.5

Das normative Konzept zukunftsorientierter Erfolgsfaktoren von Schmidt/Freund 105

3.3.1.1.6

Das hypothetische Erfolgsfaktorenprofil innovativer Unternehmungen von Steinle/Kirschbaum/Kirschbaum

107

3.3.1.2 Strategisches Erfolgsfaktorenprofil mittelständischer Unternehmungen - Synthese der Forschungsarbeiten 109

11

3.3.2

Schlüsselfaktoren für einen erfolgreichen Gang an die Börse aus der Sicht der Praxis

112

3.3.2.1 Konzeption der Untersuchung

113

3.3.2.2 Kriterienauswahl innerhalb der einzelnen Analyse komponenten - der Beurteilungskatalog

115

3.3.2.3 Ergebnisse der Expertenbefragung - Das Anforderungsprofil der Banken

137

3.3.2.3.1

Durchführung der Befragung

138

3.3.2.3.2

Die Auswertung der Fragebögen

138

3.3.2.3.3

Darstellung und Zusammenfassung der Ergebnisse

140

Aufstellung eines Anforderungsprofils der Banken für potentielle Börsenkandidaten

149

3.3.2.3.4

3.3.2.4 Das Punktbewertungsverfahren als Instrument zur Beurteilung der Börsenreife einer Unternehmung ....153 3.4 Absatzpolitische Maßnahmen der Bank zur Erschließung der Marktpotentiale 3.4.1

3.4.2

12

159

Marktsegmentierung und Marktanalyse als Ausgangsbasis für den Einsatz absatzpolitischer Instrumente

160

3.4.1.1 Zielgruppenbildung als Voraussetzung einer sinnvollen Marktbearbeitung

160

3.4.1.2 Zielbewußte Informationsgewinnung zur Eingrenzung potentieller Börsenkandidaten im Rahmen der Marktanalyse

162

Absatzpolitische Aktionsparameter und ihre spezifische Ausgestaltung im Geschäftsfeld Going Public der Banken

163

3.4.2.1 Leistungspolitische Gestaltungsmöglichkeiten im Aktienerstemissionsgeschäft

163

3.4.2.2 Der Einsatz preispolitischer Instrumente im Geschäftsfeld Going Public

166

3.4.2.3 Distributionspolitische Gestaltungsformen für den Vertrieb des Produktes "Going Public"

168

3.4.2.4 Der Einsatz kommunikationspolitischer Maßnahmen im Erstemissionsgeschäft in Aktien

171

3.5 Weitere allgemeine Maßnahmen zur Förderung des Erstemissionsgeschäfts in Aktien

173

3.5.1

Charakterisierung der Investoren des Aktienmarktes

173

3.5.2

Zweites Finanzmarktförderungsgesetz

175

3.5.3

Ansatzpunkte der Banken zur Marktentwicklung im Geschäftsfeld Going Public

4.

178

Bankbezogene Anforderungen des Neuemissionsgeschäfts

185

4.1 Anforderungen an die Betriebsgröße

185

4.1.1

Plazierungs- und Kapitalkraft

186

4.1.2

Akquisitionspotential

191

4.2 Anforderungen an die Technologie- und Sachmittelausstattung

195

4.2.1

Räumliche Gegebenheiten und Sachmittelausstattung

195

4.2.2

Informationstechnologische Anforderungen 4.2.2.1 Entwicklungslinien computergestützter Informationssysteme im Bankbetrieb 4.2.2.2 Möglichkeiten der EDV-Unterstützung im Aktienerstemissionsgeschäft

196

198

4.2.2.3 Realisierung eines Expertensystems zur Akquisitionsunterstützung

202

4.3 Anforderungen an die Organisation 4.3.1

196

207

Organisatorische Gestaltung des Aktienerstemissionsgeschäfts

207

4.3.1.1 Grundkonzepte für die Gesamtbankorganisation von Kreditinstituten

208

13

4.3.1.2 Einordnung des Geschäftsfeldes Going Public in die Organisationsstruktur einer Bank 210 4.3.1.2.1

Zentralisierung versus Dezentralisierung

212

4.3.1.2.2

Einbindung des Aktienerstemissionsgeschäfts innerhalb eines Geschäftsbereichs/einer Abteilung einer Bank 213

4.3.1.2.3

Errichtung einer eigenständigen Spezialabteilung innerhalb eines Geschäftsbereichs

215

4.3.1.3 Interne Strukturierung des mit der Abwicklung von Aktienerstemissionen betrauten Bereichs 216 4.3.1.4 Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen/Ressorts der Bank

219

4.3.1.5 Koordinationsmaßnahmen zur Abstimmung der Leistungskomponenten

224

4.3.1.5.1

Kooperationstheoretische Grundlagen

225

4.3.1.5.2

Abstimmungsprozesse innerhalb des für Going Publics zuständigen Bereichs

228

4.3.1.5.3

Kooperation zwischen Going Public-Bereich und weiteren Abteilungen der Bank 229

4.3.1.6 Maßnahmen zur Verbesserung der Koordination zwischen den Geschäftsbereichen 4.3.1.6.1

Einrichtung von Koordinationskollegien

234

4.3.1.6.2

Etablierung abteilungsübergreifender Teams

236

Einführung von Projektstrukturen

238

4.3.1.6.3

4.3.1.7 Die Anwendung der Netzplantechnik zur Steuerung des Ablaufs von Aktienerstemissionen 4.3.1.7.1

14

234

Ablauforganisatorische Aspekte des Aktienerstemissionsgeschäfts

241 241

4.3.1.7.2 4.3.2

Anwendung der Netzplantechnik zur Optimierung der Ablauforganisation

Die Regelung der Zusammenarbeit zwischen den Konsortialbanken

244

4.3.2.1 Grundlegendes zum Konsortialgeschäft

244

4.3.2.2 Organisationsformen der Banken im nationalen Konsortialgeschäft

246

4.3.2.3 Die Anwendung internationaler Syndizierungstechnik bei nationalen Aktienerstemissionen

252

4.4 Personelle Voraussetzungen 4.4.1 4.4.2

4.4.3

4.4.4

242

Ziele personalpolitischer Gestaltungsmaßnahmen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

257 258

Planung des Personalbedarfs im Geschäftsfeld Going Public

259

4.4.2.1 Anforderungen an die Personalqualifikation

259

4.4.2.2 Ermittlung des quantitativen Personalbedarfs

264

Anforderungsgerechte Personalbeschaffung

265

4.4.3.1 Bankinterne Personalbeschaffung

266

4.4.3.2 Bankexterne Personalbeschaffung Der Einsatz von Personalentwicklungsmaßnahmen im Aktienerstemissionsgeschäft

.267

4.4.4.1 Aus- und Weiterbildung

268

4.4.4.2 Schaffung leistungsorientierter Anreizsysteme

269

268

Bankbetriebliche Beurteilung des Geschäftsfeldes Going Public

273

5.1 Auswirkungen des Neuemissionsgeschäfts auf das Streben nach angemessenem Gewinn

273

5.1.1

Erträge des Neuemissionsgeschäfts

273

5.1.2

Aufwendungen bei der Durchführung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

5.2 Sicherheitsaspekte des Geschäftsfeldes "Going Public" 5.2.1 5.2.2

Risikomindernde Wirkungen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien Risikoerhöhende Wirkungen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

5.3 Der Einfluß des Neuemissionsgeschäfts auf das Ziel der Marktanteilserweiterung 5.3.1 5.3.2

278 278 279 279

Der Aufbau neuer Geschäftsverbindungen durch Acquisition von Neukunden

280 281

5.4.1

Positive Auswirkungen auf das Standing der Bank

281

5.4.2

Negative Auswirkungen auf das Standing der Bank

282

5.5 Die Bedeutung des Geschäftsfeldes Going Public aus Sicht der Bankexperten

282

Schlußbetrachtung

285

LITERATURVERZEICHNIS

A N H A N G A:

Gesprächsleitfaden und Analysebogen zur Expertenbefragung

A N H A N G B:

Auswertung zur schriftlichen Expertenbefragung

A N H A N G C:

Rangfolge der Bedeutung der einzelnen Untersuchungsbereiche/Unternehmungsmerkmale für die Prüfung von Unternehmungen auf Börsenreife

16

277

Die Möglichkeit der Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen

5.4 Standingwirkungen des Aktienerstemissionsgeschäfts

6.

275

291

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1:

Modell einer Wertkette einer Produktionsunternehmung

49

Abb. 2: Wertkette für das Going Public

51

Abb. 3: Anzahl der Konsortialmandate der im Markt tätigen Konsortialbanken von 1983 bis 1994

63

Abb. 4: Zahl der Neuemissionen der Jahre 1983 bis 1994 sowie deren spezifische Ausgestaltungsformen

75

Abb. 5: Abb. 6:

Entwicklung der Neuemissionen bis zu einem Stichtag am Jahresende

78

Umsatzvolumen der deutschen Unternehmungen nach Rechtsformen

95

Abb. 7: Strategisches Erfolgsprofil mittelständischer Unternehmungen

111

Abb. 8: Klassifizierung der Varianzwerte der Fragebogenauswertung

139

Abb. 9: Häufigkeitsverteilung der berechneten Varianzwerte Abb. 10: Stellenwert der Untersuchungsbereiche für den Analyseprozeß zur Beurteilung der Börsenreife bei Produktionsunternehmungen

140

141

A b b . l l : Das Anforderungsprofil an potentielle Börsenkandidaten

151

Abb.12: Punktbewertungsverfahren zur Beurteilung der Börsenreife einer Unternehmung

157

Abb.13: Stellenwert der Einflußfaktoren für die Bestimmung der Plazierungskraft einer Bank

188

Abb. 14: Die Bedeutung einzelner Faktoren für das Akquisitionspotential im Aktienerstemissionsgeschäft

194

Abb. 15: Allgemeine Architektur eines Expertensystems

203

Abb. 16: Möglichkeiten der Übernahme einzelner Tätigkeitsfelder des Aktienerstemissionsgeschäfts durch andere Bereiche der Bank Abb. 17: Ablaufschema einer Börseneinführung

224 242

17

Abb. 18: Stellenwert der einzelnen Bestimmungsfaktoren für die Zusammenstellung des Konsortiums in der Praxis Abb.19

248

Anforderungsprofil eines Emissionsbankiers im Geschäftsfeld Going Public

262

Abb. 20: Relevanz des Anforderungsprofils in der Praxis

263

Abb. 21: Bedeutung des Geschäftsfeldes Going Public im Hinblick auf dessen Beitrag zu den bankbetrieblichen Zielen

283

18

1.

Einführung

1.1

Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Die Bundesrepublik Deutschland muß sich als exportabhängiges und rohstoffarmes Industrieland dem stetigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturwandel der Volkswirtschaften, mit denen sie Wirtschaftsbeziehungen unterhält, stellen. Dadurch werden die Unternehmungen in immer rascherer Folge mit neuen, sich verschärfenden Wettbewerbsbedingungen konfrontiert. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmungen zu gewährleisten, muß der Wirtschaftsstandort Deutschland einen ständigen Prozeß der Innovation bei Produkten, Produktionsverfahren und Dienstleistungen durchlaufen. Dies trägt dazu bei, seine bisherige Stellung auf den Weltmärkten zu erhalten, auszubauen und im immer härter werdenden internationalen Geschäft lebensfähig bleiben zu können 1 . Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmungen hängt von einem innovationsfördernden Investitionsklima ab, das charakterisiert ist durch offene Märkte, gesellschaftliche Aufgeschlossenheit gegenüber technischem Fortschritt, flexible Organisationsstrukturen, finanzielle Anreize für unternehmerisches Handeln, die Vorhersehbarkeit der Politik, verfügbares Know-How der Bevölkerung und ein hohes Potential an technischem Wissen 2 . Neben der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln von staatlicher Seite sind es vor allem einzelwirtschaftliche Initiativen, die dazu beitragen, die deutsche Wirtschaft zu stärken 3 . Die Bereitschaft und die Fähigkeit zu Innovation und Investition und damit zur Wahrnehmung von Wachstumschancen durch die Unternehmungen erfordern die Bereitstellung eines hinreichenden Kapitalstocks. Aufgrund der noch immer bestehenden Eigenkapitalschwäche deutscher Unternehmungen 4 können die benötigten Finanzressourcen jedoch von den meisten Gesellschaften nicht allein über die Inanspruchnahme von Fremdfinanzierungsmitteln beschafft werden. Zum Aufbau einer gesunden Kapitalbasis ist zusätzlich weiteres Eigenkapital zu mobilisieren 5 . Aus diesen Gründen kommt der Bereitstellung von Risikokapital und insbesondere dem Instrument "Aktie" eine wachsende Bedeutung zu. Viele Unternehmungen müssen jedoch aufgrund ihrer bisherigen Rechtsform und ihrer internen Gegebenheiten den Weg zum Kapitalmarkt erst noch beschreiten. Dabei erhalten sie vor allem Unterstützung durch Banken, die die Unternehmungen individuell in gesellschaftsrechtlichen und unternehmerischen Fragen beraten, die anstehenden, komplexen Veränderungsmaßnahmen im Vorfeld einer Aktienerstemission begleiten, Emissionskonzepte zusammen mit

1 2 3 4 5

vgl. Christians, W. F. [Risikokapital, 1988], S.527; Stedler, H. [Venture Capital, 1987], S.16 vgl. Gerke, W. [Wettbewerbsfähigkeit, 1985], S.359f. vgl. Stedler, H. [Venture Capital, 1987], S.16 vgl. von Stein, J. H. [Finanzplatz, 1991], S.28/29; Titzrath, A. [Going Public, 1995], S.136 vgl. Titzrath, A. [Going Public, 1995], S.136; Christians, W. F. [Risikokapital, 1988], S.527; Sprink, J. [Finanzierungsstruktur, 1989], S.72f.

19

der Gesellschaft ausarbeiten und für die Unterbringung der jungen Aktien am Kapitalmarkt sorgen. Mit ihren Aktivitäten bei der Begleitung von Unternehmungen an die Börse nehmen die Banken mehrere gesamtwirtschaftliche Aufgaben wahr. Die Leistungen der Banken in diesem Geschäftsfeld tragen nicht unerheblich zur Sicherung der Existenz und des Wachstums der Firmen, zur Kreativität und Dynamik des Marktes, zur Sicherung und zur Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze und damit zur Stärkung der gesamten Wirtschaft bei". Damit erfüllen die Banken ihren volkswirtschaftlichen Auftrag 7 . Durch ihren Einsatz im Geschäftsfeld Going Public leisten sie ihren Beitrag, zur Steigerung der Attraktivität des deutschen Aktienmarkts für in- und ausländische Investoren. Der Finanzplatz Deutschland nimmt bis heute im Vergleich zu den ausländischen Aktienmärkten eine untergeordnete Stellung ein. Ein gut funktionierender Kapitalmarkt stellt jedoch die Grundvoraussetzung einer florierenden Volkswirtschaft dar 8 . Zur Förderung des Aktienmarktes gehört sowohl die Erweiterung des Kurszettels der Börsen mit Aktien wachstumsstarker Firmen als auch die Steigerung der Akzeptanz und der Verankerung des Aktiensparens in der Gesellschaft. Da die deutschen Universalbanken in der Regel über einen gut ausgebauten Vertriebsapparat und hohe Qualität in der Anlageberatung verfügen, tragen sie mit der Durchführung von Going Publics zur Popularisierung der Aktienanlage und damit zum Aufbau einer Aktienkultur in Deutschland bei 9 . Der volkswirtschaftliche Auftrag, den die Banken bei der Betreuung von Aktienerstemissionen wahrnehmen, und die einzelnen Aufgaben und Funktionen, die von den Instituten bei der Projektdurchführung ausgeführt und ausgeübt werden, wurden seitens der Wissenschaft bereits hinreichend beschrieben. Aus Sicht der Banken ergeben sich bei der Betrachtung des Geschäftsfeldes Going Public jedoch noch weitere Fragestellungen. Der Wunsch nach einer Aufnahme der Produktes "Going Public" in das Leistungsangebot einer Bank oder nach dem Ausbau der bereits bestehenden Aktivitäten in diesem Geschäftsfeld setzt eine detaillierte Auseinandersetzung der Bank mit den Marktgegebenheiten und den bankbezogenen Anforderungen, die die Durchführung der Transaktionen an das Institut stellen, voraus. Vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse können die Wirkungen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien auf das Zielsystem der Bank geklärt werden. Diese Thematik fand in der Fachliteratur bisher keine Beachtung. Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist es daher, die Bedeutung des Aktienerstemissionsgeschäfts für die Geschäftspolitik und Wettbewerbsfähigkeit einer Bank zu analysieren. Sie knüpft an die bankspezifischen Fragestellungen zu den marktbezogenen und bankinternen Voraussetzungen an und liefert einen Beitrag zur kritischen Reflexion der Tätigkeit einer Bank in diesem Geschäftsfeld. 6 7 8 9

20

vgl. von Stein, J. H. [Finanzplatz, 1991], S.lf. vgl. von Stein, J. H. [Finanzplatz, 1991], S.31; Christians, W. F. [Risikokapital, 1988], S.561 vgl. Titzrath, A. [Going Public, 1995], S.137 vgl. Titzrath, A. [Going Public, 1995], S.137

1.2

Aufbau und Gang der Untersuchung

Die Forschungsarbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Nach der Einleitung in Kapitel 1 werden im zweiten Kapitel dieser Arbeit unter Bezugnahme auf die in der Einführung genannte Zielsetzung grundlegende Themenkomplexe zum Neuemissionsgeschäft in Aktien mit Blick auf bankrelevante Sachverhalte herausgearbeitet. Thematische Schwerpunkte bilden die Einordnung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien in das Leistungsprogramm der Kreditinstitute und die Systematisierung der Tätigkeitsschwerpunkte der Banken in diesem Geschäftsfeld. Die Darstellung der mit der Leistungserstellung verbundenen Problemfelder und Rechtsverhältnisse schließt die Vorüberlegungen zur bankbetrieblichen Analyse des Geschäftsfeldes Going Public ab. Die Marktbetrachtungen, die in Kapitel 3 angestellt werden, betreffen sowohl die Anbieter- als auch die Nachfragerstruktur des Going-Public-Marktes. Im Rahmen der Analyse des Anbietermarktes werden die Marktwettbewerber bei der Börseneinführung von Unternehmungen eruiert und deren Marktverhalten unter Bezugnahme auf ihre Schwerpunkttätigkeiten innerhalb der Going-PublicWertschöpfungskette beleuchtet. Auf dieser Basis können im Anschluß daran die Perspektiven der künftigen Wettbewerbsentwicklung im Going-PublicAnbietermarkt aufgezeigt werden. Die Analyse des Nachfragermarktes beinhaltet sowohl einen Rückblick auf die Entwicklung im Geschäftsfeld Going Public der Banken als auch eine Vorausschau auf die zu erwartenden Marktpotentiale. Im Vordergrund der Betrachtung steht die Abschätzung des potentiellen Marktvolumens unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und unternehmungsspezifischer Rahmenbedingungen. Die Güte der Abschätzung hängt dabei von der Bekanntheit aller zu berücksichtigenden Anforderungsmerkmale einer potentiellen Börsenunternehmung und den Möglichkeiten der Informationsgewinnung über deren spezifische Ausgestaltung ab. Da die Schlüsselfaktoren einer Unternehmung für einen erfolgreichen Gang an die Börse in der fachwissenschaftlichen Literatur bisher nur unzureichend untersucht sind, wird zunächst aufbauend auf den im wissenschaftlichen Schrifttum herausgearbeiteten kritischen Erfolgsfaktoren mittelständischer Unternehmungen mittels einer empirischen Analyse ein Anforderungsprofil der Banken an potentielle Börsenkandidaten erstellt. Anhand dieses Anforderungskatalogs können von Banken Ansatzpunkte zur Bestimmung und Erschließung von Marktpotentialen abgeleitet werden. Der Katalog besitzt ferner Signalwirkung für börsenwillige Unternehmungen am Going-Public-Markt. Da die Nutzung vorhandener Marktpotentiale in erster Linie auch von den absatzpolitischen Maßnahmen einer Bank zu deren Erschließung abhängt, werden in einem weiteren Schritt die Marktsegmentierungsprozesse und der Einsatz absatzpolitischer Instrumente für das Geschäftsfeld Going Public herausgearbeitet. Schwerpunktmäßig werden leistungs-, preis-, distributions- und kommunikationspolitische Aktionsparameter in den Vordergrund der Betrachtung gestellt. Generell muß bei der Untersuchung der Marktstruktur berücksichtigt werden, daß Marktgegebenheiten einem ständigen Wandel unterliegen, der von staatli-

21

cher Seite oder von den Banken beeinflußt werden kann. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts werden daher abschließend im Hinblick auf die in der Bundesrepublik Deutschland noch wenig verbreitete Aktienkultur Ansatzpunkte zur Förderung weiterer Marktpotentiale im Geschäftsfeld Going Public aufgezeigt. Die Analyse der bankbezogenen Anforderungen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien in Kapitel 4 dieser Arbeit zielt darauf ab, neben der Vermittlung reiner Wissenskomponenten zur Strukturierung des Geschäftsfeldes Going Public Vorschläge für dessen technische, akquisitorische und bankorganisatorische Gestaltung zu entwickeln. Das Kapitel gliedert sich in die vier unterschiedlichen Anforderungskomplexe Betriebsgröße, Technik- und Sachmittelausstattung, Organisation und Personal. Der Schwerpunkt der Analyse ist auf die organisatorische Gestaltung des Aktienerstemissionsgeschäfts gerichtet, wobei insbesondere interne Strukturierungs- und Zusammenarbeitsformen vorgestellt und Maßnahmen zur Verbesserung der Koordination der Tätigkeiten eruiert werden. Eine Untersuchung der Zusammenarbeitsformen zwischen den Konsortialbanken bei der Durchführung von Going Publics schließt die Analyse der organisatorischen Gestaltungsmaßnahmen ab. Die letzten beiden Kapitel der Arbeit sind der abschließenden Beurteilung des Geschäftsfeldes Going Public aus der Sicht der Banken gewidmet. Diese wird in Kapitel 5 anhand eines bankbetrieblichen Zielsystems vorgenommen, wobei insbesondere der Einfluß des Neuemissionsgeschäfts in Aktien auf das Streben nach angemessenem Gewinn, nach Erhöhung der Sicherheit, nach Erweiterung des Marktanteils und der Stärkung des Images untersucht wird. In der Schlußbetrachtung wird ein Resümee der gewonnenen Erkenntnisse aus der Untersuchung des Going Public im Geschäftsfeld der Banken gezogen. 13

Methodische Vorgehensweise bei der empirischen Analyse

Der in der Problemstellung bereits erwähnte Mangel in der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Themenkomplexes "Going Public im Geschäftsfeld der Banken" bedingte zur Lösung der gestellten Aufgaben die Erforschung der relevanten Wissensbereiche mittels einer empirischen Analyse. Aufgrund der Vielzahl der Erhebungssachverhalte und der Vielschichtigkeit der Zielsetzung der Forschungsarbeit wurden zur empirischen Datenerhebung zwei unterschiedliche Formen der Expertenbefragung gewählt 10 . Das Wissen über Marktstruktur und bankinterne Anforderungen des Aktienerstemissionsgeschäfts konnte am besten über nicht-standardisierte, teilstrukturierte Interviews gewonnen werden. Gegenstand dieser Interviews waren Fragen zur Wettbewerbs- und Nachfragesituation im Going Public-Markt sowie zur Plazierungs- und Kapitalkraft, zum Akquisitionspotential der Bank, zur Technik- und Personalausstattung sowie zur Organisation des Bankgeschäftsfel-

10

22

vgl. Atteslander, P./Bender, C./Cromm, J. et.al. [Sozialforschung, 1993], S.153ff.

des. Hier standen vor allem qualitative Aspekte des Untersuchungsgegenstandes im Vordergrund. Die Interviews wurden bei Experten derjenigen Kreditinstitute durchgeführt, die sich im Geschäftsfeld Going Public in den letzten Jahren vorrangig als Konsortialführer engagiert haben. Es handelte sich um Vertreter der BadenWürttembergische Bank AG, der Bayerische Vereinsbank AG, der Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank AG, der Berliner Handels- und Frankfurter Bank, der Commerzbank AG, der Deutsche Bank AG, der D G Bank Deutsche Genossenschaftsbank, der Dresdner Bank AG, sowie der Westdeutsche Landesbank Girozentrale. Die befragten Institute haben von den Börseneinführungen der Jahre 1983 bis 1994 insgesamt rund 90% als Konsortialführer betreut 1 1 . Die Studie gilt somit als weitgehend repräsentativ. Bei jedem Interview waren in der Regel ein bis drei Fachvertreter anwesend, die sich durch ihre langjährige Tätigkeit im Aktienerstemissionsgeschäft und durch ihre Beschäftigung mit spezifischen Fragestellungen als Wissensträger für den Untersuchungsgegenstand auszeichneten. Sie bekleiden innerhalb ihrer Unternehmung meist die Funktion eines Abteilungsleiters oder eines führenden Emissionsberaters. Die Wahl eines mündlichen, teilstrukturierten Interviews zur Erforschung der Marktstruktur und bankinternen Anforderungen des Aktienerstemissionsgeschäfts erleichterte die Exploration und Durchleuchtung der bisher unerforschten Wissenskomplexe. Diese Form der Befragung eröffnete dem Interviewer die Chance durch Rückfragen tiefer in einzelne Themenkomplexe vorzudringen oder flexibel auf neue Erkenntnisse aus dem Gespräch durch weitergehende Fragen zu reagieren. Die mündliche Befragung förderte zudem die Aktivität der Befragten, ihrerseits aus ihrem reichen Erfahrungsschatz zu berichten. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, bisher noch nicht angesprochene Themenkreise zu erschließen 12. Für die Durchführung der Interviews wurde vorab ein Gesprächsleitfaden konzipiert, der den Experten einige Wochen vor der Befragung zur Information über die Gesprächsinhalte zuging. Dieser Fragenkatalog bot eine inhaltliche Vorstrukturierung und Leitlinie für das Gespräch, zu der je nach Präferenz der Befragungsteilnehmer Ergänzungen und Erweiterungen möglich waren. Auf diese Weise wurden die zu erforschenden Sachgebiete umfassend im Gespräch abgedeckt und zugleich keine zu großen konzeptionellen Einengungen vorgenommen 13 . Der Gesprächsleitfaden enthielt zur Wissenserhebung vorwiegend offene Fragen. Um jedoch in der Kürze der Gesprächsdauer möglichst viele Informationen zu erhalten und gleichzeitig wichtige Punkte und komplexe Sachverhalte mit den Experten diskutieren zu können, wurde bei vielen Fragen ein Antwortraster vorgegeben. Die Experten wurden darum gebeten, die zutreffenden Antworten anzukreuzen. Dabei konnten auch Mehrfachantworten gegeben werden. Der Gesprächsleitfaden wurde aus drei Komponenten aufgebaut. In den Vorbemerkungen zum Leitfaden wurden die Ziele der Befragung offengelegt und 11 12 13

vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.1.2.3, Abb.3 vgl. Atteslander, P./Bender, C./Cromm, J. et.al. [Sozialforschung, 1993], S.159ff. vgl. Atteslander, P./Bender, C./Cromm, J. et.al. [Sozialforschung, 1993], S.158ff.

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die Vorgehensweise bei der Befragung und die Art der Fragestellung sowie der ungefähre Zeitrahmen für die Interviews zur Information der Fachvertreter angeführt. Den Experten wurde zudem in den Vorbemerkungen zugesichert, daß die Auswertung der Gesprächsinhalte ohne Angabe der befragten Personen oder Unternehmungen erfolgt. Der eigentliche Fragenteil gliederte sich in zwei Themengebiete. Im Themenkomplex A wurden 12 Fragen zur "Marktstruktur des Aktienerstemissionsgeschäfts" gestellt, der Themenbereich Β enthielt 20 Fragen zu den "bankinternen Anforderungen des Geschäftsfeldes Going Public". Die Gesprächsdauer wurde auf 60 bis 90 Minuten angesetzt. Die mündliche Expertenbefragung wurde im Zeitraum 1. März 1993 bis zum 26. März 1993 durchgeführt. Die Bandbreite der Gesprächsdauer lag zwischen 1,5 und 3 Stunden, wobei die durchschnittliche Befragungszeit 2 Stunden betrug. Die Interviews wurden von der Verfasserin der Forschungsarbeit selbst durchgeführt. Wegen der verhältnismäßig geringen Anzahl der Banken, die aufgrund ihrer Tätigkeit dazu prädestiniert schienen, aussagekräftige Angaben zum Untersuchungsgegenstand zu machen, wurde auf einen ersten Testlauf zur Überprüfung der Auswahl und der Verständlichkeit der Fragen verzichtet. Die Experten betonten jedoch im Gespräch die Güte des Gesprächsleitfadens und die Stichhaltigkeit der Fragen zur Exploration der relevanten Sachgebiete. Die Dokumentation der Antworten der Fachvertreter erfolgte während des Gesprächs durch Mitschrift und anschließende Protokollierung des Gesagten. Die Ermittlung eines idealtypischen Anforderungsprofils potentieller Kandidaten einer Aktienerstemission, bei der es um die detaillierte Einschätzung konkret vorgegebener Unternehmungsmerkmale und -Charakteristika geht, erforderte eine stark strukturierte, schriftliche Expertenbefragung mittels eines Fragebogens. Nur so konnten im Anschluß an die Befragung quantitative Aussagen zur Relevanz der Untersuchungskriterien für eine Börseneignung einer Unternehmung ausgemacht werden. Ziel der schriftlichen Befragung war es, diejenigen Unternehmungsmerkmale zu bestimmen, die aus Sicht und der Erfahrung von Bankexperten für einen erfolgreichen Gang an die Börse und eine weitere positive Entwicklung des Börsenaspiranten am Kapitalmarkt als maßgebend erachet werden und daher den Auswahlprozeß potentieller Kandidaten einer Aktienerstemission steuern sollten. Diese Zielsetzung erfordert somit eine detaillierte Vorgabe der zu berücksichtigenden Analysekriterien sowie eines Bewertungsrasters für die Experten. Nur so war es möglich, zu konkreten, quantitativen Aussagen der Fachvertreter hinsichtlich der Anforderungsmerkmale potentieller Kandidaten einer Aktienerstemission zu kommen und diese zu einem idealtypischen Anforderungsprofil zu aggregieren. Der Fragebogen für die schriftliche Expertenbefragung wurde im Gegensatz zum Gesprächsleitfaden für die mündlichen Interviews nicht an die Experten verschickt. Da der Erfolg einer schriftlichen Datenerhebung maßgeblich von der Akzeptanz des Untersuchungsziels durch die Experten abhängt, wurde der schriftliche Erhebungsbogen im Anschluß an das mündliche Interview bei den Fachvertretern zurückgelassen, mit der Bitte, diesen ausgefüllt an die Verfasserin zurückzuschicken. Damit konnten die Zielsetzung der Analyse vor

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Ort herausgestellt und eventuelle Fragen im Vorfeld geklärt werden 1 4 . Zudem war es möglich, noch weitere Experten der Banken für die Untersuchung zu gewinnen, um das breite Spektrum der Erfahrungswerte und Wissenskomponenten dieser Fachleute abzudecken. Natürlich wurde mit dieser Vorgehensweise auch der mit der mündlichen Befragung entstandene persönliche Kontakt genutzt, um die Unterstützung der Experten für die Forschungsarbeit zu gewinnen. Der Erfolg dieser Maßnahme zeigt sich in der hohen Rücksendequote von 30 Fragebogen bei insgesamt 8 angesprochenen Bankunternehmungen. Zur Überprüfung der Auswahl der einzelnen Unternehmungscharakteristika für den schriftlichen Analysebogen wurde das Angebot eines Experten angenommen, den Entwurf des Erhebungsbogens gemeinsam durchzusprechen. Für die detaillierte Darstellung der schriftlichen Befragung und der Inhalte des Fragebogens sei - mit Blick auf die Einbindung der Erhebung in ihren thematischen Kontext - auf das Kapitel 3 Absatz 3.3.2.1 verwiesen. Gesprächsleitfaden und Analysebogen der Expertenbefragung sind in Anhang A dieser Arbeit beigefügt.

14

vgl. Atteslander, P./Bender, C./Cromm, J. et.al. [Sozialforschung, 1993], S.163ff.

25

2.

Grundlagen des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

Bevor die eigentlichen Hauptschwerpunkte der Arbeit - Marktanalyse und bankbezogene Anforderungen im Geschäftsfeld Going Public - einer genauen Analyse unterzogen werden, sollen in einem ersten Schritt die Grundlagen des Aktienerstemissionsgeschäfts der Banken insbesondere die geschäftspolitischen Ziele der Bankinstitute und ihre Leistungsschwerpunkte in diesem Geschäftsfeld herausgearbeitet werden. Auf diese Ausführungen wird sowohl bei der Abgrenzung der Leistungskomponenten der Mitwettbewerber im GoingPublic-Anbietermarkt in Kapitel 3 als auch bei der analytischen Betrachtung der bankbezogenen Anforderungen des Aktienerstemissionsgeschäfts in Kapitel 4 zurückgegriffen. Die Darstellung einzelner Problempunkte, die sich bei der Durchführung eines Going Public für die Banken ergeben können, runden die einführenden Betrachtungen über das Geschäftsfeld Going Public ab. Der Abschnitt "Rechtsverhältnisse im Emissionsgeschäft" gibt zusätzlich einen Überblick über die Rechtslage und -Stellung der Emissionsbank gegenüber der emissionwilligen Unternehmung und liefert die rechtliche Basis für die in Kapitel 4 durchgeführte Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen den Konsortialbanken bei Einschaltung eines Konsortiums. 2.1

Geschäftspolitische Bedeutung des Neuemissionsgeschäfts für die Banken

Maßstab für die Messung der geschäftspolitischen Bedeutung einer Bankleistung ist das jeweilige Zielsystem einer Bank. Erst die Kenntnis über die Zielkomponenten und ihre Beziehungen zueinander macht eine detaillierte Analyse und Beurteilung der Wirkungen des Geschäftsfeldes Going Public möglich. Daher soll im folgenden das Zielsystem der Banken konkretisiert werden. Ein endgültiges Resümee der Bedeutung des Aktienerstemissionsgeschäfts für die Geschäftspolitik der Banken kann jedoch erst nach Darstellung aller grundlegenden Fakten und Sachverhalte, insbesondere der Marktgegebenheiten und der bankbezogenen Anforderungen, erfolgen 1. Daher wird zusätzlich der Frage nachgegangen, welche Motive hinter dem Engagement einer Bank im Neuemissionsgeschäft in Aktien stehen. 2.1.1

Maßstäbe zur Beurteilung des Geschäftsfeldes Going Public

Unternehmungsziele stellen die Basis für den Ablauf und das Ergebnis geschäftspolitischer Entscheidungsprozesse einer Bankunternehmung dar 2 . Sie werden von den bankbetrieblichen Entscheidungsträgern festgelegt und beschreiben einen Zustand, der in der Zukunft erreicht werden soll und an dem zukünftiges Verhalten gemessen wird 3 . Sie haben somit sowohl Steuerungs- als 1 2 3

vgl. Kapitel 5 vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.25 vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.769; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.373

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auch Kontrollfunktion für die Markt- und Betriebspolitik eines Bankinstituts. Unternehmungsziele sind nicht statisch, sondern werden in einem stetigen Prozess den internen und externen Rahmenbedingungen angepaßt4. Die geordnete Gesamtheit aller von einer Bankunternehmung gleichzeitig verfolgten und angestrebten Ziele wird als das Zielsystem einer Bank bezeichnet. Die einzelnen Systemkomponenten können dabei in horizontaler bzw. vertikaler Beziehung zueinander stehen5. Im Beziehungsgeflecht zwischen horizontal gleichgestellten Zielen unterscheidet man die Zielneutralität, die Zielantinomie, die Zielkomplementarität und die Zielkonkurrenz. Besonders bei der Zielkonkurrenz - bei der die Erfüllung des einen Ziels zur Nichterfüllung eines anderen Ziels führt - müssen weitere Ordnungsprinzipien bei der Zielbildung herangezogen werden 6 . Neben den Interdependenzen zwischen hierarchisch gleichgestellten Zielen können auch Zielbeziehungen zwischen Zielen unterschiedlicher Rangordnung innerhalb einer vertikalen Zielkette eines Zielsystems bestehen. Primär- oder Oberziele werden zu ihrer besseren Handhabung auf wiederum entscheidungsrelevante Subziele (Sekundär-, Tertiärziele) heruntergebrochen, die ihrerseits als oberste Richtlinie für tiefergelagerte Ziele fungieren. Die Erfüllung der Subziele trägt entscheidend zur Zielerreichung der übergeordneten Ziele bei, wenn zwischen diesen Komplementärbeziehungen vorliegen 7 . Hinsichtlich der Zielinhalte unterscheidet das Schrifttum zwischen Formal- und Sachzielen8. Formalziele dienen der Messung des wirtschaftlichen Erfolgs unternehmerischen Handelns. Sie werden jeweils unternehmungsindividuell festgelegt. Die Auswahl von Handlungsalternativen innerhalb der Bankunternehmung erfolgt stets nach der Höhe ihrer Beiträge zu den Formalzielen. Die Formalziele finden ihre Konkretisierung in den Sachzielen, die sich auf den Unternehmungszweck insbesondere auf die zu erstellenden absatzfähigen Güter und Dienstleistungen beziehen. Sie beinhalten damit die Tätigkeiten, die zur konkreten Leistungserbringung führen. Als oberste Maxime bestimmen die jeweiligen Grundaufträge - erwerbswirtschaftlicher, gemeinwirtschaftlicher oder versorgungswirtschaftlicher Art - die Entscheidungen der Kreditinstitute. Aus ihnen lassen sich handlungsbestimmende Formalziele ableiten, die das bankbetriebliche Zielsystem prägen 9 . In der Literatur wird nach wie vor die Forderung nach einem möglichst hohen Gewinn, als Maßstab für den Erfolg wirtschaftlichen Handelns, als Zielkomponente 4 5 6 7 8 9

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vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.373 vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.770; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.374 vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.771; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.374 vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.771; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.375 vgl. Lane, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.26; vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.770/773; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.376/377 vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.25/26

herangezogen. Allerdings ist die Dominanz des Gewinnziels zugunsten einer Vielfalt bankbetrieblicher Ziele gewichen. Als nahezu gleichrangig werden z.B. die Steigerung der Eigenkapitalquote oder die Marktanteilsverbesserung angesehen, wenngleich der Einfluß des Gewinnziels auf diese Ziele unbestritten bleibt 1 0 . Als weitere Bankunternehmungsziele werden vor allem das Streben nach Erhöhung des Marktanteils, die Bildung von Unternehmungsvermögen, die Pflege von Kundenbeziehungen, das Streben nach einem bestimmten, unverwechselbaren Leistungsprofil, Verbesserung des Images, Präsenz im In- und Ausland sowie der Ausbau der Position innerhalb des Bankensystems angeführt 1 1 . Das Streben nach Liquidität und Sicherheit wird nicht mehr als eigenständige Zielsetzung aufgefaßt sondern als strenge Nebenbedingung in das Zielsystem integriert 1 2 . Generell bleibt noch festzuhalten, daß ein allgemeingültiges Zielsystem für Banken nicht existiert. Es ist die Aufgabe der jeweiligen Unternehmungsführung ein institutsspezifisches Zielsystem festzulegen und dieses in Sachzielen zu operationalisieren 13 . Die durch das Aktienerstemissionsgeschäft implizierte Leistungserbringung durch eine Bank kann den Sachzielen zugeordnet werden. Generell sollen Handlungsentscheidungen und -anweisungen aus den übergeordneten Formalzielen abgeleitet werden. Besondere Relevanz für das Geschäftsfeld Going Public haben das Streben nach möglichst hohem Gewinn, das Ziel der Marktanteilserweiterung, die Standingwirkungen des Aktienerstemissionsgeschäfts sowie das Streben nach möglichst hoher Sicherheit. Sicherheitsaspekte werden deshalb hervorgehoben, weil mit der Praxis des Competitive Bidding 1 4 - und der damit verbundenen frühzeitigen Festlegung des Emissionspreises durch die konsortialführende Bank lange vor der Emission - die Risiken im Emissionsgeschäft deutlich gestiegen sind 1 5 . 2.1.2

Motive der Banken für ein Engagement im Neuemissionsgeschäft

Nach einer Umfrage bei Bankexperten des Geschäftsfeldes Going Public führender Großbanken ist eine Einführung und langfrisige Etablierung des Erstemissionsgeschäfts in Aktien in das Leistungsangebot der Banken auf eine Reihe gewichtiger Beweggründe zurückzuführen. An erster Stelle steht dabei der Gewinn, der in diesem Geschäftsfeld bei positiv verlaufenen Emissionen in der Regel hoch ist 1 6 . Besondere Relevanz erhält die Ertragskomponente angelo 11 12 13 14

15 16

vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.771/772; Büschgen, H. E. [Organisation, 1992], Sp. 1192 vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.379f. vgl. von Stein, J. H./Gärtner U./Kerstien H. [Bankunternehmungspolitik, 1993], S.773 vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.382 Ein Competitive Bidding ist ein Verfahren, bei dem das Mandat für die Begleitung der Aktienerstemission derjenigen Bank übertragen wird, die der börsenwilligen Unternehmung die besten Konditionen für den Emissionspreis bzw. für das Emissionskonzept offeriert. Der Preis für die neuen Aktien wird somit im Rahmen einer "Auktion" festgelegt. vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.27 vgl. Büschgen, H. E. [Konsortialgeschäft, 1988], S. 434

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sichts der steigenden Wettbewerbsintensität auf den Finanzmärkten, die zu sinkenden Ertragschancen im kommerziellen Geschäft der Kreditinstitute geführt hat. Geringere Margen im Kreditgeschäft werden künftig durch verstärkte Anstrengungen im Provisionsgeschäft kompensiert, was sich letztendlich auch auf ein höheres Engagement der Banken im inländischen Aktienerstemissionsgeschäft auswirken w i r d 1 7 . Ein weiteres Motiv der Banken für die Durchführung von Börseneinführungen ergibt sich aus dem Wunsch nach Abrundung der eigenen Produktpalette oder nach deren Angleichung an das Leistungsprogramm der Konkurrenten 1 8 . Zusätzlich stellt die steigende Nachfrage nach maßgeschneiderten, komplexen Problemlösungen in Finanzierungsfragen neue Anforderungen an die Banken und zwingt unter Wettbewerbsgesichtspunkten zur Einführung neuer Geschäftsfelder im Bereich Corporate Finance^ 9 . Eine Bank, die im Wertpapiergeschäft Kompetenz zeigen will, muß sich - um ihr Standing aufrechtzuerhalten - im Erstemissionsgeschäft in Aktien bewähren 20 . Dies gilt insbesondere für Großbanken. Als weiterer Beweggrund für das Engangement im Going Public-Geschäft wurde von den Bankexperten der Wunsch nach Festigung der Kundenbeziehung und Ausbau der Hausbankfunktion angeführt. Die Betreuung einer Börsenunternehmung erlaubt ein intensives Kennenlernen der Gesellschaft und bietet Ansatzpunkte für eine dauerhafte Zusammenarbeit. Darin eingeschlossen ist die Möglichkeit, in den Jahren nach der Börseneinführung Folgegeschäfte abzuwickeln, um somit eine hohe Cross-Selling-Wirkung 21 durch die Börseneinführung zu erzielen 22 . Ferner bietet die Durchführung von Aktienerstemissionen die Chance, durch die Konstituierung von Konsortien Beziehungen zu anderen Bankunternehmungen zu pflegen. Dies ist umso wichtiger, wenn es darum geht, sich mit dem Ziel eines verbesserten Procederes im Vorfeld von Börseneinführungen über "Regeln und Grundsätze ordnungsgemäßer Aktienerstemissionen" abzustimmen 2 3 . Angesichts des stetigen Wettbewerbsdrucks in der Wirtschaft und des Zwangs der Unternehmungen zu Innovation und technischer Weiterentwicklung ist es letztlich auch eine volkswirtschaftlich dringend gebotene Aufgabe der Banken, Hilfestellung bei der Bewältigung des Strukturwandels und bei der Sicherung 17 18 19 20 21 22 23

30

vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.263; Eichhorn, F.-J. [Euronotes-Fazilitäten, 1990], S.50/52; Büschgen, H. E. [Konsortialgeschäft, 1988], S. 429 vgl. Christians, F. W.[Emissionsgeschäft, 1976], S.309 vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.265; von Schimmelmann, W. [Bankorganisation, 1993], S.944/945 vgl. Walter, H. [Börsengang, 1984], S.404 Nutzung weiterer Bankdienstleistungen durch Kunden, die bisher nur einen Teil des Leistungsprogramms der Banken in Anspruch genommen haben. vgl. Büschgen, H. E. [Konsortialgeschäft, 1988], S. 435; Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.265; Hämmerli, H. [Emissionsgeschäft, 1986], S.237 vgl. Landgraf, R. [Gütesiegel, 1993], S.14; Kollar, A. [Börsenkandidaten, 1993], S.41

der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu leisten 24 . Durch die Akquisition von Börsenkandidaten und die Heranführung von Unternehmungen an die Börse können die Banken aktiv zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland beitragen und ihren volkswirtschaftlichen Auftrag wahrnehmen 25 . Dieses Engagement sichert ihnen schließlich auch eine verbesserte Ausgangsposition im Wettbewerb um die Kapitalanleger 26 und trägt entscheidend zu einer Steigerung des Images des jeweiligen Instituts in der Gesellschaft bei 2 7 . 2.2

Die Stellung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien im bankbetrieblichen Leistungsangebot

In der Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich das Aktienerstemissionsgeschäft in das bankbetriebliche Leistungsprogramm einordnen läßt, wird zuerst auf die allgemeine Begriffsbestimmung und Charakterisierung der Bankleistung sowie auf mögliche Systematisierungsformen der Bankleistungsarten zurückgegriffen. Auf dieser Grundlage erfolgt in einem zweiten Schritt die Zuordnung des Produktes "Going Public" zu den entsprechenden Leistungsarten im Bankbetrieb. Im bankwissenschaftlichen Schrifttum findet sich keine einheitliche Abgrenzung des Bankleistungsbegriffs 28 . Die bisher anschaulichste Definition liefert Krümmel, der Bankleistungen als die absatzfähigen Ergebnisse bankbetrieblicher Tätigkeit versteht 29 . Aufgrund ihrer Vielfalt und Heterogenität können Bankleistungen nicht eindeutig und allgemeingültig charakterisiert werden. Dennoch treffen die als Hauptmerkmale in der Literatur angeführten Eigenschaften der Bankleistungen 30 'auch auf das Aktienerstemissionsgeschäft zu. Besonders hervorzuheben ist die Abstraktheit des Produktes "Going Public", das in der Öffentlichkeit im Detail nur wenig bekannt ist. Nicht umsonst werden starke Anstrengungen seitens der Banken betrieben, diese Bankleistung nach außen in Vorträgen und Symposien transparent und publik zu machen. Die Notwendigkeit einer intensiven Beratung im Vorfeld der Emission ist zudem Ausdruck für die hohe Erklärungsbedürftigkeit des Produktes. Die Messung der Beratungsqualität bringt die Güte der Leistungen eines Kreditinstituts im Geschäftsfeld Going Public zum Ausdruck. Auch die fehlende Speicherbarkeit und die Trennung der Leistungen in eine Wert- oder Betriebsleistungskompo24 25 26 27 28 29 30

vgl. Christians, F. W. [Erstemission, 1987], S.102/104 vgl. Christians, F. W. [Heranführung, 1983], S.178 vgl. Christians, F. W. [Emissionsgeschäft, 1976], S.309 vgl. Büschgen, H. E. [Konsortialgeschäft, 1988], S. 434; Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.68 vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.245; Pischulti, H. [Unternehmensberatung, 1990], S.40 vgl. Krümmel, H.-J. [Bankzinsen, 1964], S.32ff. sowie von Stein, J. H. [Bankleistung, 1993], S.357 zu den Eigenschaften der Bankleistungen gehören insbesondere die Abstraktheit, die fehlende Speicherbarkeit der Leistungen und deren Zusammensetzung aus einer Wertund Betriebsleistungskomponente; vgl. von Stein, J. H. [Bankleistung, 1993], S.357; Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.247/248

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nente treffen auf Aktienerstemissionen zu. Das Produkt kann erst mit dem Kunden - der jeweiligen Unternehmung - erstellt werden. Dabei sind sowohl Wertleistungen durch die Vermittlung von Finanzierungsleistungen als auch Betriebsleistungen insbesondere hohe Beratungs- und Verwaltungstätigkeiten durch das Back-Office 31 zu erbringen. Die für Universalbanken typischen Leistungen lassen sich je nach Untersuchungszweck - betriebsbezogene oder marktbezogene Analyse - auf wenige Grundformen eingrenzen 32 . Die folgende Untersuchung der Eingliederung des Aktienerstemissiongeschäfts der Banken in deren Leistungsprogramm erfolgt daher getrennt nach den unterschiedlichen Perspektiven bei der Systematisierung der Bankleistungsarten: Nach der betriebsbezogenen Klassifikation der Bankleistungsarten lassen sich Bankgeschäfte nach dem Prinzip der Bilanzwirksamkeit in Aktiv-, Passiv- und Dienstleistungsgeschäfte aufgliedern 33 . Da Effektengeschäfte sich bilanzmäßig nicht niederschlagen, ist das Erstemissionsgeschäft in Aktien, bei der die Bank als Vermittler zwischen Anleger und Emittent fungiert, als Dienstleistungsgeschäft anzusehen 34 . Die Vergütung erfolgt in Form von Provisionszahlungen, die als Erträge in die Erfolgsrechnung der Bank eingehen. Bei der Systematisierung der bankbetrieblichen Leistungsarten unter marktbezogenen Gesichtspunkten nach von Stein 35 wird eine Unterscheidung zwischen Marktleistungen und Eigengeschäften der Kreditinstitute vorgenommen 36 . Zu den Marktleistungen gehören die banktpyischen Kernleistungen, die bankmäßigen Nebenleistungen und die bankneutralen Leistungen. Die Kernleistungen, die auf die primäre Aufgabe der Banken - der Betrags-, Fristen- und Risikotransformation angenommener Gelder - zurückzuführen sind, beinhalten Finanzierungsleistungen, Geld- und Kapitalanlageleistungen sowie Zahlungsverkehrsleistungen. Bankmäßige Nebenleistungen wie das Depotgeschäft, die Vermögensverwaltung und der Edelmetallhandel ergänzen die banktypischen Kernleistungen. Die bankneutralen Leistungen werden zur Bereicherung des Kerngeschäfts als zusätzliche Marktleistungen aufgrund der Zunahme der Wettbewerbsintensität in das Leistungsprogramm integriert. Unter dem Begriff der bankneutralen Leistungen werden beispielsweise die Vermittlung von Versicherungen und Immobilien und die Unternehmungsberatung zusammengefaßt. Zu den Eigengeschäften gehören sowohl der Eigenhandel mit Devisen und Wertpapieren als auch die Beteiligungspolitik 37 . 31 32 33 34 35 36 37

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Abteilungen der Bank, die sich vorwiegend mit der internen Abwicklung von Leistungskomponenten bei der Leistungserstellung befassen, werden auch als BackOffice bezeichnet. vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989], S.255 vgl. Büschgen, H. E. [Bankbetriebslehre, 1989 , S.255; Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.23 vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.23 vgl. von Stein, J. H. [Bankleistung, 1993], S.357 vgl. Stedler, H. [Venture Capital, 1987], S.133 vgl. Stedler, H. [Venture Capital, 1987], S.134

Das Erstemissionsgeschäft in Aktien ist ein Leistungsbündel, das sich aus verschiedenen Leistungskomponenten zusammensetzt. Die Zuordnung des Produktes "Going Public" zu den marktbezogenen Bankleistungsarten ist daher differenziert vorzunehmen. Die einzelnen Leistungsbestandteile sind herauszufiltern und anhand ihrer Eigenschaftsmerkmale in die Klassifikationsklassen einzugruppieren. Bei der Einführung von Unternehmungen an der Börse werden einerseits Finanzierungsleistungen über den Kapitalmarkt vermittelt. Es handelt sich hierbei um Emissions- bzw. Effektengeschäfte. Andererseits wird von Bankenseite die Plazierung der betreffenden Titel bei Marktteilnehmern übernommen, die eine Anlage suchen. Diese Tätigkeit wird den Geld- und Kapitalanlageleistungen zugerechnet. Sowohl Emissionsgeschäfte als auch Kapitalanlageleistungen sind Bestandteil der banktypischen Kernleistungen. Da die angesprochenen Anleger ihre neuerworbenen Aktien in ihre Wertpapierdepots einstellen, wird gleichzeitig das Depotgeschäft der Banken, das zu den bankmäßigen Nebenleistungen gehört, tangiert. Zusätzlich werden bei Ersteinführungen von Aktien die jeweiligen Börsenunternehmungen im Gegensatz zu standardisierten Emissionsgeschäften im Fremdkapitalbereich - im Vorfeld der eigentlichen Emission auf den Börsengang vorbereitet. Die Vorbereitung kann in manchen Fällen bis zu einigen Jahren dauern und beinhaltet Beratungsleistungen der Banken in allen Unternehmungsfragen sowie die Konzeption der Emission. Diese spezifische Unternehmungsberatung ist Bestandteil fast jeder Transaktion und gehört somit untrennbar zu den banktypischen Kernleistungen. Sonderberatungen, die über das Leistungsspektrum der Emissionsberatung hinausgehen, werden den bankneutralen Leistungen zugerechnet. Im Falle negativer Entwicklungen an der Börse zum Zeitpunkt einer Börseneinführung ist es möglich, daß die von der Bank festübernommenen Aktien einer Erstemission am Kapitalmarkt ganz oder teilweise nicht abzusetzen sind. Diese Aktien müssen daher in die eigenen Bücher eingestellt werden. Ihr Kauf gilt als Eigengeschäft der Banken mit Wertpapieren? 8. Diese Eigengeschäfte werden im Aktienerstemissionsgeschäft auch dann vorgenommen, wenn aufgrund negativer Börsentendenzen nach der Kapitalmarktöffnung kursstützende Maßnahmen im Rahmen der Sekundärmarktpflege notwendig werden. 23

Funktionen der Banken im Neuemissionsgeschäft in Aktien

Banken betätigen sich im Emissionsgeschäft als Mittler zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer, mit dem Ziel die Interessen beider Parteien zum Ausgleich zu bringen 3 9 . Speziell im Aktienerstemissionsgeschäft sind differenzierte Vorbereitungsschritte und Handlungen der Banken notwendig, um eine erfolgreiche Börseneinführung zu realisieren. Aus den vielfältigen Aufgaben, die Banken bei der Durchführung der Transaktionen wahrnehmen, lassen sich vier

38 39

vgl. Otto, W. [Eigengeschäfte, 1993], S.742 vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.4

33

Funktionsbereiche der Bankunternehmungen ableiten 40 . Sie erfüllen die Selektions- und Akquisitionsfunktion, die Beratungs- und Abwicklungsfunktion, die Risikoübernahmefunktion und die Plazierungsfunktion. 23.1

Selektions- und Akquisitionsfunktion

Die Wahrnehmung der Selektions- und Akquisitionsfunktion beinhaltet sowohl die aktive Suche der Banken nach potentiellen Börsenkandidaten als auch die Einleitung von Schritten zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden, um diese für eine zukünftige Kapitalmarktöffnung zu gewinnen 41 . Die Emissionsexperten der Banken grenzen in einem ersten Schritt die Zielgruppe der geeigneten Börsenunternehmungen anhand der Kriterien der Börsenreife ein. Anschließend wird in einem zweiten Schritt auf dieser Basis eine Vorauswahl der für einen Börsengang als interessant geltenden Unternehmungen getroffen. Dabei werden sowohl Unternehmungen berücksichtigt, die in kurzer Zeit an die Börse gebracht werden könnten, als auch Gesellschaften eruiert, die erst nach mehrjähriger Vorbereitungszeit für das Geschäftsfeld Going Public relevant werden könnten. Diese Vorselektion setzt die Informationsgewinnung in Form von Datenbankauswertungen, Presseanalysen und internen Datenermittlungen voraus. Erst anhand dieser Vorlagen kann eine detaillierte Prüfung der Unternehmungen und eine Einordnung nach ihrem individuellen Grad der Börseneignung erfolgen. Bei der Akquisition der Kunden kann auf mehrere absatzpolitische Maßnahmen (Direktansprache des Kunden, Organisation von Fachveranstaltungen etc.) zurückgegriffen werden. Die direkte Kontaktaufnahme mit den Entscheidungsträgern der Firmen bedarf jedoch einer überlegten und vorsichtigen Vorgehensweise der Bankexperten. Die ersten Gespräche dienen dazu, die Unternehmer mit den Vorteilen eines solchen Schrittes vertraut zu machen. Dabei wird der Sensibilität, die dem Going Public zukommt, Rechnung getragen. 4 2 . Eine ausführliche Analyse der absatzpolitischen Aktivitäten der Banken im Geschäftsfeld Going Public findet sich in Kapitel 3, Abschnitt 3.4 dieser Arbeit. 23.2

Beratungs- und Abwicklungsfunktion

Bei der Vorbereitung der Unternehmungen auf den Börsengang und der Durchführung der Transaktionen konzentrieren sich die Anstrengungen der Banken sowohl auf die Beratungstätigkeit und die Entwicklung einer ganzheitlichen Finanzierungsstrategie als auch auf die Koordination und Abwicklung der verwal-

40 41 42

34

vgl. Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.532f.; Christians, F. W. [Emissionsgeschäft, 1976], Sp.300; Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.73f.; Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.4f. vgl. Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.532; Christians, F. W. [Heranführung, 1983], S. 178/182; Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.254 vgl. Christians, F. W. [Heranführung, 1983], S.182

tungstechnischen Vorgänge der Emission durch das Back-Office 43 . Charakteristisch für das Geschäftsfeld Going Public ist eine hohe Betreuungsintensität im Vorfeld der Emission insbesondere, wenn die Unternehmungen erst in Kürze das Ziel der Börsenreife erreichen. Üblich sind Beratungsgespräche hinsichtlich rechtlicher, steuerlicher und organisatorischer Gestaltungsalternativen. Hier werden unter Einbeziehung interner oder externer Experten beispielsweise Fragen nach dem Rechtsformwechsel, den steuerlichen Aspekten einer Umwandlung, geeigneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des unternehmerischen Einflusses sowohl in rechtlicher als auch organisatorischer Hinsicht oder dem Erfordernis einer neuen Unternehmungsstruktur für ein besseres Agieren der Unternehmung in der Zukunft geklärt. Darüber hinaus kann auch eine intensive Managementberatung und das Aufzeigen relevanter Finanzierungsalternativen Teil der Vorbereitungsaktivitäten eines Kreditinstitutes sein. Die Emissionsverhandlungen und die Aufstellung des Emissionskonzeptes in Zusammenarbeit mit dem Kunden sind jedoch die Hauptbestandteile der Beratungs- und Abwicklungsfunktion einer Bank. Sie beinhalten die Wahl des Emissions- und Plazierungsverfahrens und die Festlegung der Modalitäten der Emission. Dazu gehören die Bestimmung der Zielgruppe der Emission, die Wahl des Marktsegments und des Börsenplatzes, die marktgerechte Ausstattung der Emission hinsichtlich Finanzierungsinstrument (Vorzugsaktie, Stammaktie, Anleihen) und Festsetzung des Emissionskurses, die Bestimmung des Emissionsvolumens und des Timings der Emission sowie die Abstimmung der Publizitätsmaßnahmen. Hinzu kommen die rechtliche Ausgestaltung der Emission durch Abschluß der erforderlichen Verträge und die Abwicklung der Börseneinführung sowie die Koordination des Ablaufs der Emission. Auf Wunsch der Börsenunternehmung schließen sich nach gelungener Börseneinführung Maßnahmen der Bank zur Sekundärmarktpflege (kursstützende Aktivitäten, Pflege der Beziehungen zum Investor) an. Für die detaillierte Beschreibung der einzelnen Vorbereitungsschritte und Handlungen der Banken bei der Konzeption der Emission sei auf das umfangreiche Schrifttum verwiesen, das den Ablauf einer Erstemission in Aktien im einzelnen aus Unternehmungs- und teilweise aus Bankensicht untersucht 44 . Ist die Emissionsbank nicht gewillt, das mit der Emission verbundene Risiko allein zu tragen, oder verfügt sie nicht über genug Plazierungskraft, um das gesamte Emissionsvolumen am Kapitalmarkt unterzubringen, so wird sie sich nach

43 44

vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.7; Christians, F. W. [Emissionsgeschäft, 1976], Sp.300; Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.255; Rudolph, B. [Konditionen, 1981], S.63 vgl. z.B. Bill, M. [Emissionspreisfestsetzung, 1991]; Christians, F. W. [Risikokapital, 1988]; Claussen, C. P. [Going Public, 1990]; Küffer, Κ [Gang an die Börse, 1989; Kunz, R. [Going Public, 1990]; Mettler, A [Going Public, 1990]; Schalek, E. [Eigenkapitalbeschaffung, 1988]; Schürmann, W./Körfgen, K. [Weg zur Börse, 1987]; von Oeningen, M. [Planung, 1990]; Zehnder, H.-P. [Umgestaltung, 1081]; Walter, H. [Börsengang, 1984]; Hahn, O. [Emission, 1976]; Zinken, R. [Emissionspolitik, 1976]; Schürmann, W. [Unternehmensfinanzierung (3),(5),(6),(8),(9),(11), 1995]

35

der Vergabe des Mandats 4 5 durch die emissionswillige Unternehmung noch zusätzlich um die Zusammenstellung eines Konsortiums bemühen 46 . Im Konsortium wird die Emissionsbank die Führung des Konsortiums übernehmen und dabei die Aufgaben der Beratung des Emittenten, der Koordination und Abwicklung der Emission durchführen. 233

Risikoübernahmefunktion

Banken übernehmen im Emissionsgeschäft in Aktien - je nachdem wie stark sie in den Emissionsprozeß eingebunden sind - einen Teil oder das gesamte Risiko der Unterbringung der Wertpapiere 47 . Dies bedeutet, daß sie bei Nichtabsetzbarkeit der Aktien den übernommenen und nicht piazierten Teil der Wertpapieremission in die Bücher des Emissionshauses einstellen und das Kursänderungsrisiko dieser Aktien tragen müssen. Die Plazierung der Aktien durch die Banken ist dann in Gefahr, wenn das Timing der Emission schlecht bestimmt (waiting risk), der Preis mangelhaft festgesetzt (pricing risk) oder trotz richtiger Konditionenbestimmung der Markt falsch eingeschätzt sowie wichtige Investorengruppen unzureichend identifiziert und angesprochen (marketing risk) wurden 4®. Diese Risikoaspekte lassen sich zu zwei Komponenten des Absatzrisikos - dem Mengen- und Preisrisiko - verdichten. Inwieweit diese Risiken von den Emissionsbanken zu tragen sind, hängt von den Vereinbarungen zwischen Emittent und Kreditinstitut hinsichtlich der Höhe des zu übernehmenden Emissonsvolumens und dem Zeitpunkt der Festlegung des Emissionspreises ab. Diese Vereinbarungen können zur Steuerung der Mengenkomponente so gelagert sein, daß die Emissionsbank entweder die Übernahme des gesamten Aktienvolumens garantiert (Firm Commitment), nur Teile des gesamten Emissonsbetrages festschreibt dabei jedoch die Möglichkeit besitzt, auf Wunsch weitere Anteile der Emission abzurufen (partielle Garantievereinbarung mit Option) oder keine Zusage für den Kauf der Emission vergibt (Best-Efforts-Vereinbarung). Die Steuerung der Preiskomponente erfolgt durch Fixierung des Emissionspreises unmittelbar vor Verkaufsbeginn (Open Pricing) oder durch feste Konditionenbestimmung bei der Mandatierung (Advanced Pricing). In der Praxis haben sich zwei gebräuchliche Kombinationen der Preis-/Mengen-Vereinbarung herausgebildet. Bei der verbindlichen Offerte wird die Übernahme des gesamten Emissionsbetrages garantiert und der Emissionspreis kurz vor dem anvisierten Emissionszeitpunkt festgelegt. Der Bought Deal beinhaltet die Garantie für den Kauf des gesamten Emissionsvolumens zu einem bei der Mandatierung zugesagten Festpreis. Gebräuchliche Form der Haftungsübernahme im 45 46 47 48

36

Auftrag der emissionswillieen Unternehmung an eine Bank, die Kapitalmarktöffnung der Unternehmung zu begleiten und die neuen Aktien an der Börse einzuführen. Zur Regelung der Zusammenarbeit zwischen den Konsortialbanken siehe Kapitel 4, Abschnitt 4.3.2 vgl. Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.4/5; Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.542/543; Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.187f.; Keutner, M. [Euro-Aktien, 1989], S.167f.; Rudolph, B. [Konditionen, 1981], S.61 zu den Risikoarten im Emissionsgeschäft vgl. Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.542/543; Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.190f.

Aktienerstemissionsgeschäft war in der Vergangenheit aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität unter den Kreditinstituten der Bought D e a l 4 9 . Im Zuge einer sorgfältigeren Vorgehensweise bei der Einführung neuer Unternehmungen an der Börse nach einer von negativen Entwicklungen ehemaliger Börsenunternehmungen geprägten Emissionsflaute der Jahre 1991 bis 1993 werden die Banken vermutlich zur Vereinbarung einer verbindlichen Offerte zurückkehren. Wie schon erwähnt, kann das Absatzrisiko auch durch den Zusammenschluß mehrerer Kreditinsitute zu einem Konsortium auf mehrere Konsorten verlagert werden 5 0 . 23.4

Plazierungsfunktion

Eine weitere Aufgabe der Banken im Emissionsgeschäft ist die Organisation und technische Durchführung des Absatzes der Wertpapiere 51 . Dazu gehören vorbereitende Maßnahmen des Finanzmarketing 52 (Presseinformationen, gezielte Werbeanzeigen, Präsentationen vor Finanzanalysten), die Ansprache und Beratung potentieller Aktionäre durch die Vermögensberater sowie die letztendliche Plazierung der Aktien inklusive der technischen Abwicklung des Vertriebs. Die Banken sind ferner dazu angehalten im Rahmen ihrer Plazierungsfunktion einen funktionsfähigen Sekundärmarkt zu schaffen, indem sie das Börsenzulassungsverfahren vorbereiten, die Börseneinführung durchführen und wenn nötig im Anschluß an die Emission entsprechende Kurspflegemaßnahmen einleiten 5 ^. Für die Unterbringung der Aktien stellen die Führungsbanken den Börsenneulingen ihre weitreichende Vertriebsorganisation zur Verfügung, die durch die Konstituierung eines Konsortiums zudem erweitert werden kann. Die Absatzorganisation umfaßt das in- und ausländische Filialnetz der Banken und stützt sich auf die Zahl der vom Emissionshaus betreuten privaten Anlagekunden und auf die Kontakte zu den institutionellen Investoren 54 . Die Plazierung der Aktien durch das Emissionshaus ist abhängig von der angestrebten Plazierungsmethode. Alternativ stehen als Plazierungsverfahren die Privatplazierung und die öffentliche Plazierung zur Verfügung 5 5 . Von einer 49 50 51

52 53 54 55

vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.258 vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.258; Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.5/6 zur Plazierungsfunktion vgl. Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.546/547; Pöhler, A [Konsortialgeschäft, 1988], S.229f.; Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.259; Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.6/7; Christians, F. W.[Emissionsgeschäft, 1976], Sp.301; Rudolph, B. [Konditionen, 1981], S.62 vgl. Süchtine, Joachim [Finanzmarketing Π, 1986], S.654f.; Link, Rainer [Finanzmarketing, 1986], S.12f.; Kunz, R. [Going Public, 1990], S.434/35; Schmidt, H. [Unternehmensstrategie, 1989], S.29f. vgl. Christians, F. W.[Emissionsgeschäft, 1976], Sp.301; Kunz, R. [Going Public, 1990], S.42; Diel, R. [Emission, 1976], Sp. 297; Delorme, H./Hoessrich H.-J. [Konsortialgeschäft, 1971], S.99-104; Küffer, Κ [Gang an die Börse, 1989], S.70 vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.259; Lang, R. [Emissionsgeschäft, 1993], S.6 vgl. Breuer, R.-E. [Effektengeschäft, 1993], S.546/547; Pöhler, A [Konsortialgeschäft, 1988], S.234f.; Küffer, K. [Gang an die Börse, 1989], S.61; Mettler, A. [Going Public, 1990], S.247f.; von Oettingen, M. [Planung, 1990], S.281f.

37

Privatplazierung wird gesprochen, wenn die Wertpapiere an eine im voraus bestimmte, eingeschränkte Zahl von Investoren verkauft werden. Meist ist eine Börseneinführung wegen der damit verbundenen Kosten nicht vorgesehen, was jedoch die Fungibilität der Papiere sowie die Publizitätswirkung und -erfordernisse der Emission einschränkt. Daher wird diese Maßnahme nur bei kleineren Emissionen angewendet. Die öffentliche Plazierung richtet sich an einen möglichst breiten Investorenkreis und ermöglicht so eine starke Streuung der Aktien sowie Unabhängigkeit von einzelnen Investorengruppen. Damit verbunden sind jedoch erhöhte Anstrengungen hinsichtlich der Werbemaßnahmen und der Erfüllung von Dokumentations- und Publizitätserfordernissen. Eine Börseneinführung ist vorgesehen. Bei der öffentlichen Plazierung werden drei Formen - öffentliche Zeichnung, freihändiger Verkauf und Tenderverfahren - unterschieden. Bei Aktienerstemissionen wird üblicherweise die öffentliche Zeichnung der Papiere offeriert. Bei dieser wird ein Angebot an die Investoren abgegeben, auf dessen Grundlage die Anleger innerhalb einer bestimmten Frist die Papiere zeichnen können. Die Zuteilung der Aktien erfolgt nach Beendigung der Zeichnungsfrist nach einem von der Bank festgelegten Verfahren. Der freihändige Verkauf ist der öffentlichen Zeichnung oft nachgelagert. Er ermöglicht ab einem fixierten Verkaufstermin einen fortlaufenden Verkauf der Aktien bei variabler Gestaltung des Aktienkurses je nach Nachfrage der Investoren. Beim Tenderverfahren wird der Emissionspreis durch ein Auktionsverfahren festgelegt und die Zuteilung nach dem Einheitspreis oder nach der Höhe der eingehenden Gebote vorgenommen. Übernimmt das Kreditinstitut den Vertrieb der Aktien ohne Einbeziehung weiterer Banken, so handelt es sich um einen direkten Absatz von Wertpapieren. Dieser besitzt einerseits den Vorteil eines hohen Einflusses des Emissionshauses auf die Investorenwahl und verhindert andererseits konsortialinternen Wettbewerb um Quoten sowie Koordinations- und Kontrollprobleme innerhalb des Konsortiums. Er setzt eine hohe Plazierungskraft des Kreditinstituts voraus. Ist diese nicht in ausreichendem Maße gegeben, so werden zur Vergrößerung der Plazierungskraft indirekte Absatzwege - durch die Bildung eines Konsortiums 56 - beschritten. Damit wird eine höhere Streuung der Aktien und ein größerer Investorenkreis erreicht 5 7 . Dabei bestimmen die Gestaltung und die Zusammensetzung des Syndikats die Ausrichtung der Emission. 2.4

Probleme bei der Durchführung von Going Publics

Mit einem Engagement der Banken im Geschäftsfeld Going Public können unterschiedliche Probleme bei der Durchführung von Aktienerstemissionen und der Bewältigung der sich daraus ergebenden vielschichtigen Aufgabenbereiche verbunden sein^ 8 . Diese Problemfelder betreffen sowohl den bankinternen Be-

56 57 58

38

im folgenden werden die Begriffe Konsortium und Syndikat synonym verwendet. vgl. Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.230f. vgl. Ohmstedt, H. [Abwicklung, 1978], S.634/635

reich als auch das bankbetriebliche Umfeld 5 9 . Zu den mit dem Bankbetrieb verbundenen Problembereichen gehören die Preisfindung und -strukturierung, die Prospekthaftung und daraus resultierend die Auswahl und Eingrenzung des Prospektinhalts, die Imageprobleme der Bank sowie die Kooperationsschwierigkeiten zwischen einzelnen Abteilungen der Bank. Problemlagen des bankbetrieblichen Umfeldes stellen sich sowohl im Mikroumfeld 6 0 - bei der Gewinnung von Emittenten oder der Syndizierung - als auch im Makroumfeld 6 1 bei der Bewältigung von Marktentwicklungsbrüchen am Aktienprimärmarkt. 2.4.1

Problemfelder bei der bankinternen Abwicklung des Neuemissionsgeschäfts in Aktien

Der Plazierungserfolg einer Aktienerstemission hängt stark von einer marktgerechten Konditionenbestimmung für die Wertpapiere ab. Damit stellt sich das Problem der Einschätzung der Bonität und der konkreten Bewertung der Börsenunternehmung hauptsächlich hinsichtlich ihres Ertragswerts. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Situation, der Wettbewerbs- und Marktstellung, der finanzwirtschaftlichen Lage und der Entwicklungsaussichten der Unternehmung in der Zukunft. Zusätzlich fließt die aktuelle Verfassung der Kapitalmärkte in die Emissionspreisfindung e i n 6 2 . Für das konkrete Pricing der Aktien bedienen sich die Finanzanalysten der Banken seit langem dem Verfahren der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V. (DVFA), nach dem das Ergebnis je Aktie ermittelt w i r d 6 3 . Dieses DVFA-Ergebnis wird anschließend mit einem auf dem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) vergleichbarer Börsenunternehmungen basierenden Gewinnmultiplikator multipliziert. Dieses Resultat stellt die rechnerische Kalkulationsgrundlage für die Emissionspreisfestsetzung dar. Sowohl die Bestimmung des DVFA-Ergebnisses als auch die Festlegung des unternehmungsspezifischen Kurs/Gewinn-Verhältnisses ist jedoch problematisch. Das DVFA-Ergebnis stellt zwar einen objektiv feststellbaren Wert dar, dennoch verbleiben der Unternehmung bei der Offenlegung der dispositiven, außerordentlichen und periodenfremden Einflüsse auf den Jahresüberschuß, die im D V F A Ergebnis berücksichtigt werden, Spielräume 64 . Bei der Ermittlung des K G V 59 60 61 62

63

64

zur bankbetrieblichen System- und Umsystembetrachtung vgl. Popp, S. [Absatzwege, 1990], S. 113-120 Zum Mikroumfeld des Geschäftsfeldes Going Public gehören alle Marktteilnehmer, die bei der Durchführung des Aktienerstemissionsgeschäfts in enger Wechselbeziehung zu der Emissionsbank stehen. Das gesamtwirtschaftliche Marktumfeld wird als Makroumfeld bezeichnet. vgl. Ohmstedt, H. [Abwicklung, 1978], S.634; Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.260/261; Hämmerli, H. [Emissionsgeschäft, 1986], S.372; Haase, H. [Kursfindung, 1988], S.40f.; Zapp, H. [Preisfindung, 1986], S.858f.; Schalek, E. [Eigenkapitalbeschaffung, 1988], S. 150/151 zum Inhalt und Aussagekraft der Ergebnisermittlung nach DVFA vgl. Büschgen, H. E. [DVFA, 1982], S.7-26; Jonas, H. [DVFA, 1975], S.2285-2289; Zapp, H. [Preisfindung, 1986], S.865f.; Schalek, E. [Eigenkapitalbeschaffung, 1988], S.151; Busse v. Cölbe, W./ Becker, W./ Berndt, H. et. al. [DVFA/SG, 1996], S.3ff./S.73ff. vgl. Büschgen, Hans E. [DVFA, 1982], S.l Iff.

39

fehlen oft Vergleichswerte branchengleicher Unternehmungen, so daß auf verwandte Branchen oder ausländische Börsen ausgewichen werden muß. Zusätzlich stellt sich die Frage, in welcher Höhe qualitative Unternehmungsmerkmale und zukünftige Entwicklungsperspektiven zur Berechnung des unternehmungsspezifischen KGV berücksichtigt werden müssen 65 . Problematisch ist auch, daß qualitative Unternehmungsfaktoren kaum quantifizierbar und Entwicklungsperspektiven auf der Basis von Unternehmungsstrategien nur schwer prognostizierbar sind. Generell bemühen sich die Banken darum, bei der Festsetzung des Emissionskurses auf Basis des oben geschilderten Preisbildungsverfahrens im Erstemissionsgeschäft in Aktien die divergierenden Interessen von Kapitalgeber und Kapitalnehmer zum Ausgleich zu bringen 66 . Deshalb wird meist als Bonus für das höhere Risiko der Anleger im Aktienprimärmarkt und zur besseren Absetzbarkeit der Aktien ein angemessener Abschlag in der Emissionspreisfestsetzung als Kurssteigerungsperspektive für die Investoren berücksichtigt 67 . Fällt dieser zu hoch aus, ist zwar der Absatz der Wertpapiere gewährleistet, die Börsenunternehmungen haben jedoch höhere Finanzierungskosten durch Einbußen in der Emissionspreishöhe und damit im Emissionserlös zu verzeichnen. Dies führt zu Mißstimmungen in der Emittentensphäre, besonders wenn die Unternehmer zudem falsche Erwartungen hinsichtlich der Wertigkeit ihrer Gesellschaft hegen 6 8 . Wird die Preisspanne nach oben ausgereizt, so wird zwar den Vorstellungen der Unternehmer nach einem hohen Emissionserlös Rechnung getragen, das Risiko der Nichtabsetzbarkeit der Aktien steigt jedoch. Besonders kritisch sind diejenigen Aktienerstemissionen zu weiten, bei denen der Emissionspreis deutlich unter (Underpricing) oder über (Overpricing) dem mittelfristigen Kursniveau der Aktien nach der Emission festgesetzt wurde. Diese Tendenzen können zu einem Anzweifeln der Kompetenz der jeweiligen Emissionbank bei der Emissionspreisfindung und damit zu einem Reputations- und Imageverlust im Emissionsgeschäft führen. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, wurden in der Vergangenheit zahlreiche Untersuchungen zum Preisverhalten der Aktien von Börsengesellschaften nach der Börseneinführung veröffentlicht und Erklärungen für Underpricing/Overpricing-Phänomene gesucht 69 . Ein weiteres Problem des Aktienerstemissionsgeschäfts stellt die Prospekthaftung dar, die sich an den Zwang zur Erstellung eines Prospektes bei der Börseneinführung im amtlichen Handel (§§ 36 Abs.3 Nr.2, 38 BörsG) und den 65 66 67 68 69

40

vgl. Reimnitz, J. [Primärgeschäft, 1989], S.261; Haase, H. [Kursfindung, 1988], S.41/42; Zapp, H. [Preisfindung, 1986], S.874, Schürmann, Walter [Unternehmensfinanzierung (7), 1995], S.16 vgl. Hämmerli, H. [Emissionsgeschäft, 1986], S.372; Hopt, K. J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.31/32 vgl. Haase, H. [Kursfindung, 1988], S.46; Zapp, H. [Preisfindung, 1986], S.862; Schürmann, W. [Unternehmensfinanzierung (7), 1995], S.16 nach Aussage einiger Emissionsexperten der Banken vgl. Wittleder, C. [Going Public, 1989], S.77f.; Kunz, R. [Going Public, 1990], S.66f.; Mettler, A. [Going Public, 1990], S.236-244; Bill, M. [Emissionspreisfestsetzung, 1991], S.35f.; Uhlir, Helmut [Underoricing, 1989], S.2-16; Göppl, Hermann/Sauer Andreas [Bewertung, 1990], 158-178; Döhrmann, Andreas [Underpricing, 1990]

Zwang zur Erstellung eines Unternehmensberichtes für die Einführung von Unternehmungen in den geregelten Markt (§73 Abs.l Nr.2 BörsG) anschließt 70 . Die Prospekthaftung ist das bedeutendste Anlegerschutzinstrument bei der erstmaligen Ausgabe neuer Aktien. Ziel des Börseneinführungsprospektes ist es, den Investoren Informationen zu liefern, mit denen sie sich ohne besondere Sachkenntnis der Lage der Börsenunternehmung eine eigene Meinung über die Bonität der Gesellschaft und der Aktie verschaffen können 7 1 . Die rechtliche Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen wird in §§45-49 BörsG (amtlicher Handel) sowie § 77 BörsG (geregelter Markt) geregelt 72 . Die Haftung der Banken setzt dann ein, wenn der Prospekt ein zu optimistisches Bild der Börsenunternehmung zeigt, unrichtige oder unvollständige Berichterstattung vorliegt oder schwere Mängel bzw. Verdachtsmomente bei der Unternehmung übersehen wurden. Für die Unvollständigkeit des Prospektes gilt, daß eine Haftungspflicht erst dann einsetzt, wenn deutlich wird, daß es sich um ein böswilliges Einbehalten wichtiger Informationen handelt 7 3 . Da die Rechtsprechung zugrundelegt, daß der Kauf der Aktien durch den Investor von der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektinhalts beeinflußt war, müssen die Prospektverantwortlichen 74 - der Emittent und die Konsortialbanken - bei Zuwiderhandlungen gegen die Informationspflicht die Aufwendungen der Anleger für den Erwerb der Aktien gegen Rücknahme der Wertpapiere erstatten 75 . Die Tatsache, daß es sich bei der "Richtigkeit des Prospektes" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, macht die Prospekterstellung und die daran gebundene Haftungsfunktion für die Emissionsbanken so problematisch 76 . Dies bedeutet, daß letztlich eine vergangenheitsbezogene Betrachtung und Darstellung der Börsenunternehmung in den Vordergrund rückt und die Zukunftsperspektiven einer Unternehmung nur eingeschränkt aufgezeigt werden. Bei der Anbahnung und Durchführung eines Going Public können Interessenkonflikte und Kooperationsschwierigkeiten zwischen einzelnen Abteilungen der Bank auftreten. Die stärksten Konfliktpotentiale existieren zwischen der Kreditund der Emissionsabteilung des Kreditinstituts, da sie in direkter Konkurrenz um die Akquisition der Firmenkunden stehen 77 . Wird eine Unternehmung für den Schritt an die Börse gewonnen, so ist deren Bonität in der Regel hoch und die Kapitalbasis noch ausreichend für die Inanspruchnahme weiterer Kredite, die vom Firmenkundenbetreuer aufgrund der Kapitalmarktöffnung der Unternehmung zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr vergeben werden können. 70 71 72 73 74 75 76 77

vgl. Hopt, K. J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.41/44 vgl. Claussen, C. P. [Going Public, 1990], S.224/225; Brawenz, Christian [Prospekthaftung, 1990], S.166 vgl. Claussen, C. P. [Going Public, 1990], S.224/225 vgl. Claussen, C. P. [Going Public, 1990], S.225; Hopt, Κ J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.75f.; o.V. [Prospekthaftung, 1993], S.5; Brawenz, Christian [Prospekthaftung, 1990], S.166-168 vgl. Hopt, Κ J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.68/69 vgl. o.V. [Prospekthaftung, 1993], S.5 vgl. Claussen, C. P. [Going Public, 1990], S.225 vgl. Kilgus, E. [Strukturgestaltung, 1991], S.92; Hämmerli, H. [Emissionsgeschäft, 1986], S.238

41

Zusätzlich bietet die detaillierte Auseinandersetzung der Emissionsexperten mit der Unternehmung die Möglichkeit, die bisherige Betreuung der Firma durch den Kreditexperten zu überprüfen. Um eine umfassende Betreuung der Unternehmungen durch die Bank zu realisieren, muß ein Zusammenspiel der Interessen beider Parteien erreicht werden. Dies gilt auch für weitere Kooperationsfelder einzelner Abteilungen der Bank im Rahmen des Aktienerstemissionsgeschäfts. Eine effiziente Zusammenarbeit der Spezialisten der Bereiche Research, Vertrieb der Aktien, der bankinternen Unternehmungsberatung und der Emissionsabteilung ist anzustreben. Der Erfolg dieser Maßnahmen hängt von der organisatorischen Gestaltung des Aktienerstemissiongeschäftes innerhalb des Emissionshauses ab. Diese wird im Rahmen dieser Arbeit einer detaillierten Analyse unterzogen 78 . 2.4.2

Probleme im bankbetrieblichen Umfeld bei der Durchführung von Going Publics

Ein Problembereich des Erstemissionsgeschäfts in Aktien im bankbetrieblichen Umfeld stellen die Kooperationsschwierigkeiten der Banken bei der Zusammenstellung und -arbeit der Konsortien dar. Hier geht es in erster Linie um die Vergabe und die Höhe der Konsortialquoten, um die Einflußnahme einzelner Konsortialmitglieder auf die Gestaltung des Emissionskonzeptes und die Preisfindung sowie um die Abgrenzung der Aufgaben innerhalb der Führungsgruppe 7 9 . Insbesondere durch den Wandel des nationalen Konsortialgeschäfts hin zur verstärkten Anwendung internationaler Syndizierungsregeln 8 ^ werden ehemals klar gegliederte Aufgabenbereiche ebenfalls einer Veränderung unterzogen. Eine Untersuchung dieses Problembereichs erfolgt in Kapitel 4, Abschnitt 4.3.2 dieser Arbeit. Die Problembereiche, die sich auf die Gewinnung von und die Zusammenarbeit mit Emittenten beziehen, betreffen einerseits die Akzeptanz des Going Public bei den Unternehmern oder Führungskräften der börsenfähigen Unternehmungen und andererseits deren Befürchtungen, daß sich die Machtposition der Bank gegenüber ihrer Gesellschaft bei der Begleitung zur Börse verstärken könnte. Wurde Anfang der 80er Jahre einer Kapitalmarktöffnung von den Unternehmungseignern noch mit großer Skepsis begegnet, so hat sich die Akzeptanz eines solchen Schrittes heute weitaus verbessert. Besonders jüngere Unternehmer stehen im Vergleich zur älteren Unternehmergeneration der Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zur Eigenkapitalaufnahme derzeit wesentlich aufgeschlossener gegenüber 81 . Trotzdem müssen von Seiten der Banken verstärkt Anstrengungen unternommen werden, um das Interesse der Unternehmer am Gang an die

78 79 80 81

42

vgl. Abschnitt 4.3.1 dieser Arbeit vgl. Büschgen, Hans E. [Zusammenarbeit, 1989], S.60; vgl. Landgraf, Robert [Emissionsgeschäft, 1994], S.25; o.V. [Volksfürsorge, 1991], S.23 vgl. Küffer, Klaus [Gang an die Börse, 1989], S.13

Börse wach zu halten und die Nachfragesituation im Geschäftsfeld Going Public zu fördern 8 2 . Die Furcht der Unternehmer vor einer zu starken Einflußnahme der Banken liegt in der Rundumbetreuung des Konsortialführers im Vorfeld der Aktienerstemission begründet, bei der die Unternehmungseigner vertrauliche und unternehmungsinterne Informationen an die Emissionberater preisgeben müssen. Nur so ist es den Banken möglich, eine fundierte Beratung der Unternehmung durchzuführen, ein schlüssiges Emissionskonzept zu erstellen und eine marktgerechte Konditionenbestimmung zu erzielen. Diese Offenlegungspflicht kann jedoch in Managementkreisen börsenreifer Unternehmungen dazu führen, daß eine Kapitalmarktöffnung von vornherein abgelehnt wird, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Nachfragesituation der Bank in diesem Geschäftsfeld 8 3 . Dieses Problem kann nur durch eine sensible Vorgehensweise der Banken bei der Beratung der Emittenten und der genauen Aufklärung über die anstehenden Schritte bei einem Going Public entschärft werden. Wesentlich für den Erfolg oder Mißerfolg eines Going Publics ist die Kapitalmarktsituation zum Zeitpunkt der Wertpapieremission und darauf abgestimmt das Konzept und die Konditionierung der Emission 84 . Weitgehend außerhalb des Einflußbereiches der Banken liegen jedoch nicht vorhersehbare Veränderungen am Kapitalmarkt, die kurz vor einer Aktienerstemission eintreten. Sie werden auch als Marktentwicklungsbrüche bezeichnet. Dazu gehören zum Beispiel ein starker Kursverfall oder -anstieg am Aktienmarkt sowie Nachrichten über Neuregulierungen des Aktienmarktes oder Änderungen steuerlicher Bemessungsgrundlagen für Kapitalanlagen, die die Nachfrage der Investoren nach Aktien deutlich beeinflussen. Diese Marktentwicklungsbrüche stellen ein großes Problem für die Banken dar, da eine Emission kurz vor dem angekündigten Begebungstermin nicht mehr gestoppt werden kann. Die Folgen, die aus diesen unvorhersehbaren Marktereignissen für die Banken resultieren, reichen von einer Verärgerung der Investoren und der emissionswilligen Unternehmungen bis hin zu Verlusten aus diesem Geschäftsfeld, wenn nicht abgesetzte Aktien unter Verlusten in das eigene Portefeuille aufgenommen werden müssen. Damit verbunden sind auch negative Auswirkungen auf das Emissionsstanding der Bank und des Emittenten, mit entsprechenden Imagewirkungen für das Aktienerstemissionsgeschäft der konsortialführenden Bank. Die Nachfragepotentiale im Geschäftsfeld Going Public können sich dadurch deutlich verringern, so daß letztlich infolge mangelnder Kapazitätsauslastung der organisatorischen Einheit des Aktienerstemissionsgeschäfts unter Kostengesichtspunkten Änderungen in der Personalausstattung vorgenommen werden müssen.

82 83 84

vgl. Absatzpolitische Maßnahmen der Banken zur Förderung der Marktpotentiale in Kapitel 3, Abschnitt 3.4 dieser Arbeit vgl. Christians, Wilhelm F. [Heranführung, 1983], S.182 vgl. Ohmstedt, H. [Abwicklung, 1978], S.634

43

2.4.3

Die Wertigkeit der Problemkomplexe in der Praxis

Die angesprochenen Problemfelder wurden im Rahmen der Expertenbefragung bei den im Geschäftsfeld Going Public führenden Emissionshäusern mit Emissionsspezialisten diskutiert. Nach deren Aussage besitzen die Problemkomplexe unterschiedliche Wertigkeit für den Abwicklungsprozess im Aktienerstemissionsgeschäft. Generell berücksichtigen die Experten die möglicherweise auftretenden Problemfelder schon im Vorfeld bei der Vorbereitung der Emission. Damit wird der Versuch unternommen, ihnen frühzeitig entgegenzuwirken. Problemkreise mit im Durchschnitt großer bis mittlerer Bedeutung für das Geschäftsfeld Going Public sind die Imageprobleme der Bank, die Entwicklungsbrüche am Markt, die Preisfindung und die Prospekthaftung. Die Preisbestimmung und die Haftungsproblematik werden dabei von den einzelnen Experten differenziert eingeschätzt. Es liegt eine hohe Varianz in den Aussagewerten vor. Geringe bis mittlere Bedeutung wird den Kooperationsschwierigkeiten der Banken bei der Syndizierung und den Problemen der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen der Bank sowie den Befürchtungen der Emittenten, in größere Abhängigkeit vom Kreditinstitut zu geraten, zugemessen. Generell zeigt die Auseinandersetzung mit den Aufgabenbereichen und den Problemkomplexen bei der Durchführung von Aktienerstemissionen, daß der Erfolg einer Emission entscheidend von der Effizienz der Planung und der Organisation der Banken in diesem Geschäftsfeld abhängt 85 . 2.5

Rechtsverhältnisse im Emissionsgeschäft

Die Rechtsgrundlagen des Erstemissionsgeschäfts in Aktien lehnen sich an die rechtlichen Gegebenheiten des allgemeinen Emissionsgeschäfts an. Grundsätzlich ist das Rechtsverhältnis zwischen Emissionsbank und Emittent von dem der Emissionskonsortialbanken untereinander und nach außen - sofern ein Konsortium gebildet wird - abzugrenzen 86 . Die Rechtslage des Emissionsgeschäftes beruht dabei auf zwei Verträgen: der Emissionsvertrag bzw. Außenvertrag regelt das Verhältnis zwischen dem Konsortium und der Börsenunternehmung, der Konsortialvertrag das Innenverhältnis der Konsorten 87 . Die Mitglieder des Konsortiums gehen im Emissionsvertrag 88 die Verpflichtung ein, dem Emittenten den Gegenwert der Aktienerstemission zu einem bestimmten Termin zur Verfügung zu stellen und die Wertpapiere am Primärmarkt unterzubringen. Ausschlaggebend für die Verantwortlichkeit der Emissionsbank gegenüber dem Emittenten sind - neben dem jeweiligen Vertragstyp - in erster Linie die vereinbarten Bedingungen, die in der Praxis detailliert festgeschrieben 85 86 87 88

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vgl. Ohmstedt, H. [Abwicklung, 1978], S.635 vgl. Hopt, K. J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.18 vgl. Deforme, H./Hoessrich H.-J. [Konsortialgeschäft, 1971], S.12/14; Biber, R. [Konsortialgeschäft, 1980], S.38/49 zu den folgenden Ausführungen vgl. Hopt, K. J. [Verantwortlichkeit, 1991], S. 18f.; Biber, R. [Konsortialgeschäft, 1980], S.49f.; Delorme, H./Hoessrich H.-J. [Konsortialgeschäft, 1971], S.14

werden und gewissen Standards genügen. Gegenstand des Vertrages sind insbesondere die Übernahmebedingungen, der Emissionsbetrag, die Emissionsvergütung und die Bedingungen der Emission. Der Vertragsabschluß erfolgt in der Regel durch Briefwechsel. Die rechtliche Typisierung des Vertrages richtet sich nach dem gewählten Plazierungsverfahren. Bei der komissionsweisen Plazierung durch die Banken liegt vertragstechnisch eine Verkaufskommission nach §§ 383 ff HGB vor. Die Festübernahme einer Aktienemission durch die Banken wird als Verpflichtung zum Abschluß eines korporationsrechtlichen Vertrages auf Zeichnung bzw. Beitritt mit der Aktiengesellschaft selbst verstanden. Der in der Folge abzuschließende Zeichnungs- und Übernahmevertrag enthält mischvertragliche Elemente des Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsrechts nach §§ 675, 611 BGB. Emissionskonsortien sind Gelegenheitsgesellschaften, die in der Regel in der Rechtsform der Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (§§ 705ff. BGB) als Außengesellschaften firmieren. Die Gesellschaft konstituiert sich erst mit AbÖQ schluß des Konsortialvertrages 0 *, der sowohl durch Unterzeichnung einer Urkunde oder durch Schriftwechsel zustande kommen kann. Ziel des Zusammenschlusses der Banken ist die Übernahme und Plazierung der Aktien der Erstemission, die im Konsortialvertrag detailliert geregelt wird. Zu den wesentlichen Vertragsvereinbarungen gehören der Zweck der Konsortialbildung, die Zusammensetzung des Konsortiums, die Konsortialführung, die Eigentumsverhältnisse im Konsortium, die Rechte und Pflichten und die Haftung der Konsorten sowie die zeitliche Dauer des Konsortiums. Aufgrund der Erfahrungswerte der Banken im Konsortialgeschäft ist eine umfassende schriftliche Fixierung der Vertragsbedingungen nicht erforderlich. Dem Vertragsabschluß liegt das Gebot von Treu und Glauben zugrunde. Grundsätzlich können sowohl individuelle Einzelverträge insbesondere bei der Vergabe von Unterbeteiligungen innerhalb eines Konsortiums als auch Einheitsverträge, die vorrangig bei der Bildung von Hauptkonsortien Anwendung finden, mit den Konsorten vereinbart werden. Letztere unterscheiden sich nur in der Höhe der Quote voneinander, verpflichten die Konsorten im Verhältnis zueinander und knüpfen somit eine vertragliche Bindung zwischen den Konsortialmitgliedern. Die Beitragspflicht der Konsorten bezieht sich auf die Übernahme der vereinbarten Emissionstranche und der Leistung des Übernahmepreises. Dabei besteht abweichend von den rechtlichen Grundsätzen der BGB-Gesellschaft Alleineigentum der jeweiligen Emissionsbank an ihrer Quote. Bei den Haftungsverhältnissen wird die Gesamthaft des Konsortiums für den absoluten Emissionsbetrag zugunsten einer anteilsmäßigen Verantwortlichkeit der Konsorten für die jeweilige Emissionsquote ausgeschlossen. Die Geschäftsführung und die Vertretung des Konsortiums nach außen wird in der Regel der konsortialführenden Emissionsbank übertragen. Die Mitglieder des Konsortiums behalten jedoch das individuelle Kontrollrecht sowie das Weisungsrecht nach Maßgabe eines Gesellschafterbeschlusses. Eine klare Regelung der Führungstätigkeit wird sowohl im Außen- als auch im 89

vgl. dazu auch Hopt, K. J. [Verantwortlichkeit, 1991], S.24f.; Delorme, H./Hoessrich H J. [Konsortialgeschäft, 1971], S.llf.; Biber, R. [Konsortialgeschäft, 1980], S.35f.

45

Konsortialvertrag vorgenommen. Das Aufgabenspektrum des Konsortialführers reicht dabei von der Beratung des Emittenten, der Führung der erforderlichen mündlichen Verhandlungen, des Schriftwechsels und der Konten (Konsortialkonto, Konsortialanteilskonten) über die Erstellung der Endabrechnung und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs bis zu der Erstellung des Börsenprospektes und der technische Abwicklung der Börsenzulassung. Die Auflösung des Konsortiums erfolgt mit der vollständigen Plazierung der Emission und der Börseneinführung und damit mit der Erreichung des jeweiligen Konsortialzwecks.

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Beurteilung der Anbieter- und Nachfragerstruktur des Going-PubTic-Marktes

Die Entscheidung eines Kreditinstituts für oder gegen die Betätigung in einem speziellen Geschäftsfeld bzw. für oder gegen die Ausweitung bestehender Aktivitäten innerhalb eines Leistungssegments wird stets - unter Berücksichtigung weiterer entscheidungsrelevanter Faktoren - auf der Grundlage marktspezifischer Gegebenheiten getroffen. Dabei finden sowohl die Marktwettbewerber auf der Anbieterseite als auch Marktpotentiale auf der Nachfragerseite Berücksichtigung. Die strategische Ausrichtung des Geschäftsfeldes Going Public wird auf der Basis einer grundlegenden Analyse dieser Parameter vorgenommen. Durch den speziellen Einsatz absatzpolitischer Maßnahmen ist es möglich, vorhandene Nachfragepotentiale für das Aktienerstemissionsgeschäft zu erschließen sowie Wettbewerbsvorteile gegenüber Marktwettbewerbern zu gewinnen. Im folgenden Kapitel werden daher Untersuchungen zur Marktsituation vorgenommen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf der Durchleuchtung der Marktpotentiale auf der Nachfragerseite sowie auf der Eruierung von Aktivitäten zu deren Erschließung im Rahmen der Absatzpolitik. Anschließend sollen gezielte Maßnahmen zur Förderung des Geschäftsfeldes Going Public durch die Banken vorgestellt und auf ihre Anwendbarkeit in der Praxis untersucht werden. 3.1

Marktwettbewerber bei der Börseneinführung von Unternehmungen

Seit Beginn der Neuemissionswelle im Jahre 1983 hat sich die Einführung von Unternehmungen an der Börse zu einem - bezogen auf die Zahl, das Emissionsvolumen und den Ertrag der Transaktionen - attraktiven Geschäftsfeld für Kreditinstiute entwickelt*. Auch von Nichtbankenseite wurde der Versuch unternommen, in diesem Marktsegment Fuß zu fassen 2. Die restriktive Gesetzgebung im Wertpapiergeschäft sowie die hohen Anforderungen, die das komplexe Produkt "Going Public" an die Marktwettbewerber stellt, haben jedoch in der Vergangenheit dazu geführt, daß die Zahl der Anbieter der speziellen Finanzdienstleistung bisher begrenzt ist. Veränderungstendenzen in der Anbieterstruktur des Marktes können sich dennoch ergeben, wenn der zunehmende Wettbewerbsdruck innerhalb der Kreditwirtschaft viele Institute dazu zwingt, in neue Tätigkeitsfelder vorzudringen und sich im Aktienerstemissionsgeschäft zu engagieren. Der Trend zur Securitization zeigt, daß bereits eine Verschiebung des Schwerpunktes in der Geschäftstätigkeit der Banken vom zinsorientierten Kreditgeschäft hin zum provisionsorientierten Dienstleistungsgeschäft stattgefunden hat, die sich in der Zukunft weiterhin verstärkten kann·*.

1 2 3

vgl. Entwicklung des Geschäftsfeldes Abschnitt 3.2.1.1. sowie Kapitel 5, Abschnitt 5.1; Wiebe, F. [Börsenneulinge, 1989], S.61; Claussen, C. [Going Public, 1990], S.207/208; Koch, U./Jensen, W./Steinhoff, S. [Going Public, 1991], S.l o.V. [Aktienemissionen, 1984], S. 208; o.V.[Aktienemission, 1985], S. 158f.; vgl. Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.69/70

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Im folgenden Abschnitt wird in einem ersten Schritt die derzeitig vorherrschende Marktstruktur auf der Anbieterseite des Erstemissionsgeschäfts in Aktien untersucht. Berücksichtigung finden dabei Faktoren des Marktzugangs und der Markttransparenz sowie die derzeitigen Anbietergruppen, deren Leistungspotentiale und die Verteilung der Marktanteile. Die Analyse der Frage, wie sich der Wettbewerb zwischen den Anbietern in der Zukunft entwickeln wird, schließt sich in einem zweiten Schritt an. 3.1.1

Die Wertschöpfungskette des Aktienerstemissionsgeschäfts als Analyseinstrument

Das Konzept der Wertkette 4 , das von Michael Porter für Produktionsunternehmungen entwickelt wurde, liefert - durch Übertragung derselben auf die Bankunternehmung - einen Ansatz zur Analyse und zum Vergleich der unterschiedlichen Leistungen der einzelnen Anbieter im Aktienerstemissionsgeschäfts. Die Wertkette untergliedert eine Unternehmung in strategisch relevante Wertschöpfungsstufen. Das bedeutet, daß sich die Leistungen, die ein Anbieter erbringt, jeweils in einzelne Teilleistungen oder Wertaktivitäten unterteilen lassen"! Der Wertschöpfungsprozeß bei der Herstellung eines Produkts setzt sich dabei zusammen aus den abstrakten Prozeßsegmenten Eingangslogistik, Produktion/Operation, Ausgangslogistik, Marketing und Kundendienst. Alle Tätigkeiten, die sich mit der Leistungserstellung als solcher sowie dem Vertrieb an die Abnehmer und dem Kundendienst befassen, werden auch als Primäraktivitäten bezeichnet7. Maßnahmen, die der Unterstützung der Primäraktivitäten dienen, werden den Zusatzaktivitäten zugerechnet 8. Hierzu gehören die Technologieentwicklung, Personalmaßnahmen, der Kauf von Inputs für den Produktionsprozeß sowie verschiedene Funktionen wie Gesamtgeschäftsführung, Planung, Finanzen, Rechnungswesen, Rechtsfragen und Kontakte zu Behörden und staatlichen Stellen, die der gesamten Unternehmung dienen und unter dem Begriff Unternehmungsinfrastruktur 9 zusammengefaßt werden. Zusatzaktivitäten sind für den Produktionsprozeß von elementarer Wichtigkeit, werden aber nach außen nicht unmittelbar ersichtlich 10 . Als analytisches Instrument dient das Konzept der Wertkette der Untersuchung von Möglichkeiten zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen im Wirkungsbereich der Unternehmung. Es dient dabei, neben der Identifikation von Kostensenkungsmaßnahmen, zur Differenzierung bzw. Abgrenzung gegenüber Wettbewerbern 11 . Zusätzlich kann mit Hilfe der Wertkette auch die Gestaltung der

vgl. Porter, M. vgl. Walter, B. vgl. Porter, M. vgl. Porter, M. vgl. Porter, M. vgl. Porter, M. vgl. Walter, B. vgl. Porter, M.

48

Wettbewerbsvorteile, 1989], S.59f. Marktwettbewerber, 1991], S.70 Wettbewerbsvorteile, 1989 , S.59f. sowie S.63 Wettbewerbsvorteile, 1989 , S.65/66 Wettbewerbsvorteile, 1989 , S.65 Wettbewerbsvorteile, 1989 S.70 Marktwettbewerber, 1991]," S.70 Wettbewerbsvorteile, 1989], S.59f.

Organisationsstruktur in effizienter Form vorgenommen werden 1 2 . Bei Vorhandensein einer differenzierten Produktpalette innerhalb einer Unternehmung werden für die einzelnen Produkte bzw. Produktgruppen aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit separate Wertketten aufgestellt 1·*. In vielen Fällen ist es möglich, Wertaktivitäten gemeinsam durchzuführen. Generell sind Verflechtungen innerhalb der Wertschöpfungsprozesse einer Gesellschaft möglich und können durch Optimierung oder Koordination zu Wettbewerbsvorteilen führen 1 4 .

GesamtgeschêHsfOhrung.

Planung.

Rechungswesen. Rechtsfragen

Finan*en\

etc

R e k r u t i e r u n g . Einstellung. Aus- und Fortbildung V e r g ü t u n g von P e r s o n a l

B e m ü h u n g um P r o d u k t und V e r f a h r e n s entwicklung

E i n k a u f der R o h - , H i l f s - und B e t r i e b s s t o f f e

Elngangeloglatlk T ä t i g k e i t e n Im Zusammenhang mit E m p f a n g . L a g e r u n g und D i s t r i b u t i o n von Betriebsmitteln für d a s P r o d u k t

Abb. 1:

Operationen T ä t i g k e i t e n im Zusammenhang m i t der

Produkt-

erstellung

M a r k e t i n g u. Vertriefe T ä t i g k e i t e n zur B e r e i t s t e l l u n g von M i t t e i n durch die die Abnehmer das Produkt kaufen oder zu d e s s e n Kauf v e r l e i t e t werden

T ä t i g k e i t e n im Zusammenhang m i t der S a m m l u n g Lagerung und Distribution des Produkts an Abnehmer

T ä t i g k e i t e n im Zusammenhang mit D i e n s t l e i s t u n g e n zur Förderung oder w e r t erhaitung / des P r o - / dukts _

Modell einer Wertkette einer Produktionsunternehmung ^

Durch die Übertragung des Wertschöpfungsansatzes auf den Leistungserstellungsprozeß im Aktienerstemissionsgeschäft wird eine detaillierte Analyse der Wettbewerberstruktur in diesem Geschäftsfeld ermöglicht. Die Transformation der Wertkette einer Produktionsunternehmung auf eine Dienstleistungsunternehmung ist jedoch nicht ohne Einschränkungen vornehmbar. Die funktionale Trennung der Bereiche Beschaffung, Produktion und Absatz, die in der realwirtschaftlichen Sphäre einer Unternehmung sinnvoll ist und angewendet wird, ist in einem Bankbetrieb in dieser Weise nicht möglich 1 6 . Bei der Produktion von Bankprodukten ist als Beschaffungsfaktor die Bereitstellung von Kapital zu nennen. Der Vertrieb der Bankprodukte ist deren Produktion teilweise vorgelagert, teilweise finden Überschneidungen zwischen diesen beiden Wertschöpfungskomponenten statt. Die Erstellung der Bankleistungen setzt voraus, daß vor der 12 13 14 15 16

vgl. Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.92 vgl. Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.83f. vgl. Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.76f. Quelle: Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.62 sowie S.66f. vgl. Büschgen, H. [Organisation, 1991], S.29

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Erzeugung des Produktes für die Leistung geworben wird. Das Produkt ist bei Einsatz der Marketing- und Vertriebsmaßnahmen schon in Vorbereitung, was bedeutet, daß Know-How vorhanden ist und Maßnahmen ergriffen werden, die eine Durchführung der Dienstleistung im Falle einer Nachfrage nach dem Produkt ermöglichen. Das eigentliche Produkt kann erst mit dem jeweiligen Kunden zusammen erstellt werden. Der zum Einsatz kommende monetäre Faktor wird während des "Produktionsprozesses" nicht verbraucht, er kann aber hinsichtlich seiner Merkmale verändert werden 17 . Tätigkeiten im Zusammenhang mit Empfang, Lagerung und Distribution von Betriebsmitteln (Eingangslogistik) sowie Aktivitäten im Zusammenhang mit der Sammlung, Lagerung und physischen Distribution des Produktes an die Abnehmer (Ausgangslogistik), wie man sie von Produktionsunternehmungen her kennt, gestalten sich im Bankbetrieb änderst und beziehen sich vorwiegend auf den Faktor Kapital und das Know How. Insbesondere bei Beratungsdienstleistungen, wie sie im Falle des Going Public vorherrschend sind, ist die menschliche Arbeitsleistung für die Produkterstellung von entscheidender Dominanz. Spezialfinanzierungen für mittelständische Unternehmungen, zu denen auch das Going Public gerechnet wird, zeichnen sich aus durch den individuellen Zuschnitt aller Leistungen, die in direktem Zusammenhang mit dem offerierten Produkt stehen, auf die jeweils betreute Firma. Obwohl die einzelnen Teilleistungen nicht standardisierbar sind, lassen sie sich unterschiedlichen Bearbeitungsschritten zurechnen, die für jede Transaktion durchgeführt werden müssen 18 . Die Gesamtleistung kann somit in einzelne abstrakte Prozeßsegmente untergliedert werden: Initiierung/Akquisition Beratung, Ausgestaltung der Emission Übernahme des Plazierungsrisikos Absatz der Aktien Sekundärmarktpflege und Anschlußberatung Bei der Übertragung der Leistungskomponenten auf das Wertkettenkonzept von Porter wird die Initiierung der Börseneinführung und die Acquisition von potentiellen Neuemittenten dem Marketing/Vertrieb des Produktes "Going Public" zugerechnet. Beratung, Ausgestaltung der Emission, Risikoübernahme sowie Absatz der Aktien sind Teil der Produkterstellung. Kursstützungsmaßnahmen sowie Anschlußberatungen zählen zum Service der Banken. Die Zusatzaktivitäten bei der Durchführung eines Going Public, wie auch generell bei allen Aktivitäten des Bankbetriebs, bestehen im Aufbau einer guten Unternehmungsund informationstechnologischen Infrastruktur und in der Entwicklung geeigneten Personals. Werden zudem Finanzierungsleistungen in Gestalt der Übernahme von Aktien zu festen Konditionen erbracht, so werden zusätzlich

17 18

50

vgl. Büschgen, H. [Organisation, 1991], S.29 vgl. Walter, B. [Marktwettbewerber, 1991], S.69

Refinanzierungsmaßnahmen notwendig 19 . Eine effektive Organisationsstruktur kann dazu beitragen, Wettbewerbsvorteile in diesem Wettbewerbsfeld zu erzielen. Die folgende Darstellung zeigt die Wertkette für das Produkt "Going Public" unter Berücksichtigung der bankspezifischen Charakteristika bei der Produktherstellung. Aufgrund der besseren Praktikabilität bei der Analyse wird vom vorgegebenen Grundschema Porter's abgegangen. Die einzelnen Prozeßsegmente werden in ihrer zeitlichen Abfolge dargestellt. Eine Unterteilung in weitere kleinere Wertschöpfungsstufen wird vorgenommen.

Abb. 2:

Wertkette für das Going Public

Wie noch gezeigt werden wird, ist es den im Markt tätigen Wettbewerbern möglich, sowohl einzelne Teilleistungen losgelöst vom Gesamtkonzept als separates Produkt anzubieten, als auch mehrere Prozeßsegmente zu einem speziellen Leistungspaket zusammenzufassen. Die Gesamtleistung umfaßt schließlich alle Segmente von der Initiierung der Transaktion bis zur Anschlußbetreuung.

19

vgl. Walter, B. [Marktwettbewerber, 1991], S.69

51

3.1.2

Potentielle Anbieter von Börseneinfuhrungen mittelständischer Unternehmungen

3.1.2.1 Markteintrittsbarrieren und Markttransparenz Kennzeichnend für das Neuemissionsgeschäft in Aktien sind hohe Markteintrittsbarrieren, die zum einen auf gesetzlichen Regulierungen und damit der starken wettbewerbsrelevanten Einflußnahme des Staates beruhen und die zum anderen aus den vielfältigen Anforderungen, die die Durchführung dieses Geschäfts an die Anbieter stellt, resultieren. Das Erstemissionsgeschäft in Aktien umfaßt die Schaffung, Übernahme und Unterbringung von Effekten sowie - wenn gewünscht - die Einführung von Wertpapieren an der Börse. Im wesentlichen wird der marktwirtschaftliche Wettbewerb in diesem Geschäftsfeld in der Bundesrepublik Deutschland durch die gesetzlichen Bestimmungen des Bank- und Börsenwesens auf die zugelassenen Kreditinstitute beschränkt. Nach §1 Abs.l KWG sind Wertpapiergeschäfte gesetzlich definierte Bankgeschäfte, deren Betrieb nach §32 Abs.l KWG der schriftlichen Genehmigung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bedarf. Unter den Wertpapiergeschäften werden das Effektengeschäft d.h. "die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere" (§1 Abs.l Nr.4), das Depotgeschäft - " die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren für andere" (§1 Abs.l Nr.5) - sowie das Investmentgeschäft - " die in §1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften bezeichneten Geschäfte" (§1 Abs.l Nr.6) - subsumiert 20. Auch die Börseneinführune von Unternehmungen ist in der Regel an die Mitwirkung der Banken geknüpft 21. Beim amtlichen Handel ist nach §36 Abs.2 BörsG. die Zulassung zum Börsenhandel vom Emittenten der Wertpapiere zusammen mit einem Kreditinstitut zu beantragen, das an einer inländischen Börse mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen ist. Für die erstmalige Einführung eines Papiers muß das Kreditinstitut gemäß §42 BörsG. sogar an derjenigen Börse, an der das Papier zugelassen werden soll, zur Teilnahme am Handel berechtigt sein. Gleichermaßen gilt für den Freiverkehr, daß die Antragstellung für die Aufnahme von Wertpapieren zum Handel durch die Richtlinien der Börsen auf die Kreditinstitute beschränkt ist 22 . Der außerbörsliche Handel (Vor- und Nachbörse) wird durch die Banken getragen 23. Bei der Neueinführung des geregelten Marktes am 4.5.1987 wurden die gesetzlichen Bestimmungen dahingehend verändert, daß grundsätzlich auch für Nichtbanken die Möglichkeit besteht, Antrag auf Zulassung zum Geregelten Markt zu stellen (§71 Abs.2 Satz 3 BörsG.). Dabei wird der Börsenvorstand ermächtigt, über die Mitantragsteilung der Nichtbank zu entscheiden24. Die Grundvoraussetzungen dafür sind nach Ansicht des Gesetzgebers die fachliche Eignung und Zu20 21 22 23 24

52

vgl. Stammer, Κ [Konkurrenz, 1987], S. 127 vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.130/131 vgl. Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.183 vgl. Schürmann, W./Körfgen, K. [Weg zur Börse, 1987], S.33 vgl. Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.180; Schierenbeck, H. [Geregelter Markt, 1988], S.435

verlässigkeit, die bei der Beurteilung des Emittenten und bei der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels notwendig sind, sowie das Vorhandensein ausreichender Mittel. Gemäß §45 und §77 BörsG. muß der Mitantragsteller die Haftung für unrichtige Angaben des Börsenprospekts bzw. des Unternehmensberichts übernehmen. Im Bereich des Erstemissionsgeschäfts in Aktien mit anschließender Börseneinführung verbleiben trotz der geschilderten gesetzlichen Vorschriften noch viele Betätigungsfelder, die auch von Nichtbanken übernommen werden dürfen. Dazu gehören sämtliche Maßnahmen der Planung und Durchführung der Erstemission insbesondere die Akquisition potentieller Emittenten, deren Beratung in rechtlichen und steuerlichen Unternehmungsfragen, die Ausgestaltung des Emissionskonzepts, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Stellung des Antrags auf Zulassung von Wertpapieren im Geregelten Markt 25 . In der Praxis ist der Erfolg eines Anbieters von Going Publics bei der Durchführung der Emission an das Vorhandensein eines größeren Vertriebsapparates geknüpft und damit an das regelmäßige Betreiben des Effekten- und Depotgeschäfts 26. Diese Geschäfte sind laut Gesetz nur Kreditinstituten vorbehalten. Die Anerkennung als Kreditinstitut durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ist an den Nachweis von ausreichendem, haftendem Eigenkapital geknüpft. Grundvoraussetzung für ein Engagement im Aktienerstemissionsgeschäft stellt damit eine hohe Finanzkraft des börsenbegleitenden Institutes dar, die auch bei der Übernahme der Prospekthaftung im Rahmen der Börseneinführung benötigt wird. Das Vertriebssystem der Banken ist umso effizienter, je höher der bereits im Emissionsgeschäft erworbene Emissionskredit eines Kreditinstituts, gemessen an dessen Reputation in diesem Geschäftsfeld, ist. Dieser wird an die Emittenten weitergegeben, um durch das Standing der Bank im Markt positive Signale für den Verkauf der Wertpapiere der Börsenneuglinge zu setzten. Weitere Vorteile gegenüber Marktwettbewerbern ergeben sich für die Banken im Geschäftsfeld Going Public auch bei der Erschließung von Marktpotentialen infolge ihrer Universalbankfunktion über bereits vorhandene Kontakte zu Firmenkunden im Rahmen des Commercial Banking27. Obwohl die Zulassungsvorschriften zum Geregelten Markt theoretisch die Antragstellung einer Nichtbank zur Einführung neuer Aktien eines Börsenneulings vorsehen, zeigt die Praxis, daß von diesem Recht bisher kaum Gebrauch gemacht wurde. Dies ist auf den Sachverhalt zurückzuführen, daß im Gesetzestext keine genauen Vorgaben existieren, welche Voraussetzungen ein bankfremdes Institut bei der Antragstellung zur Zulassung einer Unternehmung zur Börse tatsächlich vorweisen müßte. Pauschale Angaben - wie sie bei der derzeitigen Regelung bestehen - beeinträchtigen das Vertrauen der Anleger in die Expertise der Nichtbanken in diesem Geschäftsfeld. Nichtbanken werden daher sowohl bei der Akquisition börsenfähiger Unternehmungen als auch beim Absatz der 25 26 27

vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.128 vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.226, Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.134 vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.132

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Aktien mit Vorbehalten des Marktes zu kämpfen haben28. Dennoch ist es den Nichtbanken - ungeachtet der überlegenen Wettbewerbsposition der Kreditinstitute - möglich, Teilleistungen im Neuemissionsgeschäft in Aktien zu erbringen 29 . Die Markteintrittsbarrieren sind dann vergleichsweise gering und auf das Vorhandensein von Expertise sowie auf unterstützende Infrastruktur beschränkt. Die Anforderungen, die das Neuemissionsgeschäft in Aktien an die Banken und sonstige Marktwettbewerber stellt, sind hoch. Von besonderer Wichtigkeit für die erfolgreiche Durchführung eines Going Publics sind - neben einer hohen Kapitalkraft und einem leistungsfähigen Vertriebssystem für die Unterbringung der neuen Aktien - die Fähigkeit zur Erschließung von Marktpotentialen sowie spezielles Know-How für die Abwicklung der Emission. Informationstechnologische, personelle und organisatorische Maßnahmen und Gegebenheiten der transaktionsdurchführenden Institution tragen als Zusatzaktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public" einen erheblichen Teil zur Steigerung der Effizienz in der Leistungserbringung bei. Damit erhöht sich die Wettbewerbsfähigkeit eines Anbieters im Geschäftsfeld Going Public. Die Ausführungen zeigen, daß sich die Anforderungen an die Marktwettbewerber und somit die Eintrittsbarrieren im Aktienerstemissionsgeschäft mit der Breite des jeweiligen Leistungsbereiches innerhalb der Wertkette erhöhen. Die Transparenz des Marktes ist ein Maß dafür, inwieweit Informationen über die Anbieterstruktur und die jeweiligen Leistungen der Marktwettbewerber in der Öffentlichkeit bekannt sind. Im Aktienerstemissionsgeschäft variiert die Höhe der Marktdurchsichtigkeit je nach betrachteter Wettbewerbergruppe und deren spezifischem Leistungssegment innerhalb der Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public". Für Anbieter, die reine Beratertätigkeiten offerieren, herrscht in der Regel eine hohe Marktintransparenz vor. Emissionsberater, die vielfältige Leistungen im Geschäftsfeld Going Public anbieten, benötigen für die Ausübung ihrer Tätigkeit die Offenlegung von internen und für die Entscheidungsträg.er der Firmen oft hochsensiblen Informationen über die Börsenunternehmung^0. Einen Einblick in die interne Unternehmungssphäre wird nur vertrauenswürdigen Spezialisten gewährt, die sich durch gute Referenzen und eine hohe Reputation in diesem Bereich auszeichnen31. Werbungsmaßnahmen, die den Markt transparenter gestalten würden, wären daher nicht angebracht. Bei Spezialberatern für Steuer- und Rechtsfragen sowie für Probleme der Unternehmungsbewertung bei der Kapitalmarktöffnung trägt das Werbungsverbot für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Steuerberater zudem zur Marktintransparenz bei 32 . Lediglich die sporadische Veröffentlichung von Fachpublikationen in Wirtschafts- und Fachzeitungen geben vereinzelt einen Überblick über die am Markt tätigen Berater. 28 29 30 31 32

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vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.133 vgl. Analyse des Leistungsangebots in Abschnitt 3.1.2.3 vgl. Christians, F. W. [Heranführung, 1983], S.182 vgl. Wiebe, F. [Börsenneulinge, 1989], S.61 vgl. Walter, B. [Marktwettbewerber, 1991], S.69

Im Gegensatz dazu ist bei den Emissionsbanken, die das gesamte Leistungsspektrum im Rahmen einer Aktienerstemission anbieten, eine außerordentlich hohe Markttransparenz zu verzeichnen, die durchaus gewollt ist. Zum einen bewirkt die Prospekterstellung und die damit verbundene Haftungsfunktion der Kreditinstitute eine Nennung aller an der Börseneinführung beteiligten und haftenden Banken im Börseneinführungsprospekt bzw. Unternehmensbericht. Diese sind jeweils für die breite Öffentlichkeit einsehbar. Zum anderen wird die Teilnahme an einer Emission durch die Veröffentlichung von Finanzpublikationen, im internationalen Bereich durch sogenannte League tables und Tombestones, in den gängigen Wirtschaftszeitungen von den Emissionsbanken angezeigt. Diese Publikationen sind ein gängiges Mittel zur Stärkung des Images einer Emissionsbank im Neuemissionsgeschäft in Aktien, denn die Mandatierung zur Konsortialführerbank hängt neben der konditioneilen Ausgestaltung der Emission und der Höhe der Konditionen für die Leistungserstellung insbesondere von den Erfahrungen und Erfolgen eines Instituts bei früheren Emissionen ab 33 . Das Standing der Konsortialführerbank wirkt für die bis zur Kapitalmarktöffnung noch relativ unbekannte Unternehmung als Emissionskredit, d.h. die Bank bürgt für die Bonität des Emittenten. Ein Vergleich der Konsortialbanken mittels der veröffentlichten Anzeigen ist zwar nur durch Hinzuziehung weiterer Informationen und selbst da nur eingeschränkt34 möglich, bietet aber für öffnungswillige Unternehmungen Ansatzpunkte zur Auswahl der Führungsbank. Die Häufigkeit bei der Übernahme von Mandaten, die piazierten Emissionsvolumina bzw. die tatsächliche Plazierungsquote, das Verhältnis von Emissonskurs und erstem Börsenkurs sowie die weitere Entwicklung der Sekundärmarktkurse im Vergleich zur allgemeinen Marktentwicklung am Aktienmarkt können Maßstäbe für die Erfahrung und den Erfolg der Konsoritalführungsbanken darstellen 35. Den bisher noch nicht im Neuemissionsgeschäft in Aktien als Konsortialführer tätigen Konsortialmitgliedsbanken dienen die Finanzpublikationen und Prospektveröffentlichungen ebenfalls als geeignetes Instrument, um die Aufmerksamkeit potentieller Neuemittenten auf sich zu lenken. Mit zunehmender Geschäftstätigkeit in Emissionskonsortien können später Konsortialmitführerschaften bzw. Konsortialführungen bei Going Publics angestrebt werden. Die Markttransparenz ist entsprechend hoch. Lediglich bei der in der Vergangenheit häufig praktizierten Bildung von Unterbeteiligungen innerhalb der Konsortien zur weiteren Risikoaufteilung beim Absatz der AJctien werden keine Informationen nach außen veröffentlicht. Die Markttransparenz für die als Beteiligungsbanken an einer Aktienerstemission beteiligten Banken ist gering. In der Gegenwart ist die Vergabe von Unterbeteiligungen nicht mehr üblich, da von den Konsortialteilnehmern in der Regel eine Öffentlichkeitswirkung durch ihre Geschäftstätigkeit im Konsortialgeschäft angestrebt wird 36 . 33 34 35 36

vgl. Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.31; Keutner, M. [Euro-Aktien, 1989], S.129 vgl. Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.36f. in Anlehnung an Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.33 vgl. Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.55

55

3.1.2.2 Die Anbieterstruktur des Going-Public-Marktes Zur Konkretisierung der Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Wettbewerbern im Going-Public-Markt kann die Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public" herangezogen werden. Die Leistungspotentiale der Anbieter differieren sowohl in der Anzahl der übergreifend angebotenen Leistungssegmente der Wertkette als auch im Umfang des Leistungsspektrums innerhalb eines Prozeßsegments. Die Wettbewerber unterscheiden sich somit hinsichtlich ihres vertikalen Integrationsgrades (Höhe des prozeßsegmentsübergreifenden Leistungsspektrums) sowie hinsichtlich ihres horizontalen Integrationsgrades (Angebotsbreite im jeweiligen Leistungssegment) innerhalb der Wertkette des Aktienerstemissionsgeschäfts 37. Die Zahl der Anbieter im Going-Public-Markt ist begrenzt und auch aufgrund der Marktintransparenz bei den Beratern nicht immer klar erfaßbar. Eine Einteilung der Marktwettbewerber in einige wenige Anbietergruppen ist dennoch auf der Basis übereinstimmender Leistungspotentiale möglich38. Folgende Wettbewerbergruppen werden unterschieden: Spezialdienste Berater und Beratungsunternehmungen banknahe Finanzinstitute

Vertriebs- und risikoübernehmende Konsortialbanken

Konsortialführerbanken

Anhand dieser Klassifizierung kann die analytische Betrachtung des Marktverhaltens der einzelnen Wettbewerber vorgenommen werden. 3.1.23 Analytische Betrachtung des Marktverhaltens der Wettbewerber Ausgangspunkt der Analyse des Marktverhaltens der Wettbewerber ist die eingangs beschriebene Wertschöpfungskette von Porter, anhand derer die Leistungspotentiale der Anbieter gegeneinander abgegrenzt werden. Wenn möglich, wird zusätzlich für die einzelnen Wettbewerbsgruppen ein Stärken- und Schwächenprofil erstellt. Unter den Spezialdiensten werden all diejenigen Unternehmungen zusammengefaßt, deren Hauptaufgabe nicht in der Betreuung und Beratung von Börsenunternehmungen im Vorfeld einer Aktienerstemission liegt, die aber bei Bedarf gegen Auftragserteilung eine Teilleistung in einem speziellen Prozeßsegment der Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public" übernehmen. Beispielhaft seien hier die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Werbeagenturen herausgegriffen. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erstellen auf Wunsch der Banken unabhänige Gutachten über die Bonität und die Zukunftsperspektiven der betreuten Unternehmungen. Diese Gutachten werden neben den eigenen 37 38

56

vgl. Walter, B. [Marktwettbewerber, 1991], S.73 in Anlehnung an Walter B. [Marktwettbewerber, 1991], S.70

Beurteilungen der Banken als Grundlage für die Ausgestaltung der Emission herangezogen und dienen dazu, Emittenten von der Richtigkeit der Konditionengestaltung zu überzeugen und im Falle von Haftungsforderungen seitens der Anleger Regreßansprüche abzuwehren. Für die Erstellung der Gutachten kann die Wirtschaftsprüfungsunternehmung auf ihre ohnehin vorhandenen technischen Hilfsmittel wie Wirtschaftsdatenbanken und PC-gestützte Analysemodelle sowie auf ihre Personalkapazitäten und den bereits bestehenden organisatorischen Apparat zurückgreifen. Es gibt daher keine, speziell auf die zu erstellende Teilleistung innerhalb der Wertkette des Going Public zugeschnittenen Zusatzaktivitäten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Werbeagenturen werden mit der Aufgabe betraut, ein Konzept für die Steigerung des Bekanntheitsgrades des Börsenneulings sowie für den Absatz der Aktien zu entwerfen. Sie arbeiten im Rahmen des Vertriebs mit den Banken Hand in Hand, da diese ihrerseits Maßnahmen in die Wege leiten, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Börseneinführung der Unternehmung zu lenken. Die Zusatzaktivitäten, die bei den Werbeagenturen im Hinblick auf ihre Leistungserstellung bei einer Aktienerstemission notwendig werden, sind eingebettet in die ohnehin vorhandenen, auch für andere Leistungen erforderlichen strukturellen Gegebenheiten der Agentur. Da die Spezialdienste der besseren Durchführung der gesamten Transaktion dienen, stellen sie im eigentlichen Sinne keine Wettbewerber für die Banken im Geschäftsfeld Going Public dar. Bei der Anbietergruppe der Berater und Beratungsunternehmungen kann man zwischen Spezialberatern und Emissionsberatern unterscheiden. Das Tätigkeitsfeld der Spezialberater konzentriert sich in der Regel auf Beratungsleistungen im Vorfeld der Emission und der Festlegung des Emissionskonzeptes. Es handelt sich hierbei vielfach um Rechts- oder Steuerberatungen für die börsenwilligen Gesellschaften bei einer anstehenden Rechtsformänderung. Aber auch Management-, Organisations- und Finanzberatungen zur Neustrukturierung und strategischen Neuorientierung der Börsenunternehmung werden als Beratungsleistungen offeriert. Wie schon erwähnt, ist die Markttransparenz in diesem Leistungsfeld gering. Unternehmungsberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfer, auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Anwaltskanzleien und Steuerberatungsfirmen sowie spezialisierte Einzelberater sind als Anbieter denkbar. Die Organisationsstruktur der Beratungsfirmen differiert je nach Größe der Firma und Zahl der Mitarbeiter. Das Personal ist speziell für die zu betreuenden Fachbereiche ausgebildet. Technische Hilfsmittel in Form von PC-gestützten Beratungs- und Simulationsmodellen bieten Wettbewerbsvorteile gegenüber schlechter ausgerüsteten Beratungsfirmen. Die Stärke der Beratungsexperten liegt jedoch in ihren detaillierten Fachkenntnissen und ihrem hohen Spezialisierungsgrad auf Regelungsnotwendigkeiten im Vorfeld der Erstemission von Aktien begründet. Die sachgerechte Umsetzung ihrer Teilkonzepte übt einen großen Einfluß auf das zukünftige Geschick der Unternehmung aus. Von Nachteil für die Wettbewerbsposition der Spezialberater im Geschäftsfeld Going Public wird sich die Tatsache auswirken, daß ihre Beratung und das daraus resultierende Unternehmungskonzept auf die Komponenten des Emissionskonzeptes abge-

57

stimmt werden sollten. Eine Zusammenarbeit mit den emissionsbegleitenden Banken erscheint unumgänglich. Da konsortialführende Kreditinstitute in der Regel über eigene Berater oder sogar über eine eigene Untenehmungsberatungstochtergesellschaft verfügen, wird im Falle der Inanspruchnahme von Spezialberatungen von Seiten der Börsenunternehmung der Einfachheit halber gerne auf das Beratungspotential der Banken zurückgegriffen. Die Emissionsberater verstehen sich als Experten für die Planung und Durchführung eines Going Public und bieten ihren Klienten eine umfassende Betreuung über die gesamte Periode der Kapitalmarktöffnung. Ihre Primäraktivitäten innerhalb der Wertkette des Going Public reichen von der Akquisition der Emittenten über die Beratung in Spezialfragen im Vorfeld der Börseneinführung, die Erstellung des Emissionskonzeptes inklusive Festlegung des Ausgabekurses der Aktien bis hin zur Auswahl der Emissionsbanken und anschließender Verhandlungsführung mit den zuständigen Emissionsexperten39. Öffentlichkeitsarbeit, Vorbereitung von Analystentreffen sowie verwaltungstechnische Aufgaben gehören ebenfalls zu ihrem Repertoire 40. Sie decken somit bis auf die Risikoübernahme, den Vertrieb, die Börseneinführung und die Kurspflege alle Prozeßsegmente der Going-Public-Wertschöpfungskette ab. Die Wettbewerberdichte im Bereich der Emissionsberater ist gering. Zwar existieren eine Reihe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltskanzleien, die sich im Geschäftsfeld Going Public betätigen, unabhänige - in erster Linie auf das Emissionsgeschäft ausgerichtete - Spezialisten gibt es jedoch in der Bundesrepublik Deutschland nur einige wenige41. Es ist anzunehmen, daß aus Kostengründen und je nach Zahl der betreuten Unternehmungen die Mitarbeiterzahl der Beratungsfirmen gering ist 42 . Die Anforderungen an die Expertise des Personals sind hoch. Die Einstellung und Ausbildung von hochmotivierten, spezialisierten Mitarbeitern, die in der Lage sind, die gesamte Vorbereitung und Durchführung der Emission mitzutragen sowie den Kontakt zu den Unternehmungen zu pflegen, stehen daher bei den Personalmaßnahmen an erster Stelle. Flache Hierarchien, die Flexibilität garantieren, dürften die Regel sein 43 . Informationstechnologie in Form von Analyse- und Simulationsprogrammen zur Beratungsunterstützung tragen zum Erfolg der Geschäftstätigkeit der Emissionsberater bei. Trotz der geringen Markttransparenz und -dichte bei den Beratungsunternehmungen stellen Emissionsberater eine ernstzunehmende Konkurrenz zu den Banken im Bereich der Betreuung des Emittenten dar. Sie haben gegenüber Banken den Wettbewerbsvorteil, daß sie als unabhängige Experten 39 40 41

42 43

58

vgl. Wiehe, F. [Börsenneulinge, 1989], S.61f. vgl. Wiehe, F. [Börsenneulinge, 1989], S.62 bei Wiebe, F. [Börsenneulinge, 1989] wird unter anderem benannt: Wolfgang Blättchen, Leonberg; Hans Robert Dissmann, München; Brun-Hagen Hennerkes, Stuttgart; Walter Schürmann, Frankfurt; Dietrich Waither, Iserlohn; Ulrich, Sigrid [Marktführer, 1990], S.153 geht von rund einem halben Dutzend spezialisierter Emissionsberater aus, darunter: Kurt Körfgen, Frankfurt bei Wiebe, F. [Börsenneulinge, 1989]: Angaben über Büro Dietrich Waither: 1 Mitarbeiterin (Sekretärin) vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.224f.

sofern sie über ein gutes Image im Markt verfügen - eine Vertrauenstellung bei den Entscheidungsträgern der börsenwilligen Unternehmungen innehaben44. Diese bezieht sich vor allem auf die Bewertung der Börsenunternehmungen und die Festlegung des Emissionspreises für die Aktien. Befürchtungen der Unternehmer bei einer Kapitalmarktöffnung in zu große Abhängigkeit von den emissionsbegleitenden Banken zu geraten, werden durch die Einschaltung eines Emissionsberaters umgangen. Dies führt unter anderem dazu, daß die Emissionsberater in den Verhandlungen mit den Banken fertige Emissionkonzepte sowie Kursvorstellungen für die neuen Aktien vorlegen, die sie so gut als möglich durchzusetzen versuchen45. Die Emissionsberater sind jedoch in Ermangelung eines ausgebauten Vertriebssystems nicht in der Lage, die Emission ohne Mitwirkung der Banken durchzuführen 46 und das Machtpotential der Emissionshäuser im Neuemissionsgeschäft zu verringern. Banknahe Finanzinstitute sind keine Kreditinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes, ihre Geschäftstätigkeit liegt jedoch nahe bei den traditionellen Tätigkeitsbereichen der Banken. Oft besteht sogar eine enge Zusammenarbeit zwischen Banken und Near-Banks. Zu den banknahen Finanzinstituten gehören beispielsweise Vermögensanlagegesellschaften, Unternehmens- und Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Venture-Capital-Gesellschaften und Versicherungen. Mit Ausnahme der meisten Versicherungen sowie einiger unabhängiger Gesellschaften firmieren banknahe Finanzinstitute in der Regel als Tochtergesellschaften von Banken47. Ein Versuch eines banknahen Finanzinstituts, das allerdings nicht als Banktochter firmiert, sich im Neuemissionsgeschäft zu betätigen, wurde von der PM Portfolio Management GmbH, einer Vermögensanlagegesellschaft aus München, unternommen 48. Zwischen 1981 und 1984 hat das Emissionshaus ohne Banklizenz allein 10 Unternehmungen, vorwiegend junge und risikoreiche Firmen, an die Börse gebracht. Ihre Geschäftstätigkeit im Neuesmissionsgeschäft mußte die PM Portfolio Management GmbH jedoch einstellen, als mehrere ihrer Börsenkandidaten Konkurs anmelden mußten49. Das Vertrauen der Anleger in die Expertise des Hauses wurde enttäuscht. Von einer weiteren Emissionstätigkeit wurde bisher abgesehen. Die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft umfaßte die Prozeßsegmente Akquisition, Beratung im Vorfeld der Emission, Ausgestaltung des Emissionskonzeptes sowie Werbemaßnahmen für den Absatz der Aktien. Bei der Plazierung, Börseneinführung und anschließender 44 45 46

47 48 49

vgl. Christians, F. W. [Heranführung, 1983], S.182, Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.183 vgl. Wiehe, F. [Börsenneulinge, 1989], S.61 Eine Sonderstellung bei den Emissionsberatern nimmt in dieser Hinsicht jedoch der Börsenmakler Uto Baader ein, der im März 1993 den Börsengang der DB-Soft ohne Einschaltung einer Konsortialbank begleitete, vgl. Landgraf, R. [Neuemission, 1993], S.35; o.V. [Unmut, 1994], S.24; o.V. [DB-Soft, 1993], S.22 vgl. Büschgen, H. [Bankbetriebslehre, 1989], S.73f. vgl. Koch, U./Jensen, W./Steinhoff, S. [Going Public, 1991], S.8 vgl. o.V.[Aktienemission, 1985], S.158f.; o.V. [Aktienemissionen, 1984], S.209; o.V. [Interview, 1984], S. 95

59

Kurspflege war die PM Portfolio Management GmbH auf die Kooperationsbereitschaft der Banken angewiesen50. Das Risiko der Emissionen wurde vertraglich von der PM Portfolio Management GmbH übernommen. Im Gegensatz zu der Tätigkeit der Emissionsberater wurde das Emissionsgeschäft des weiteren unter der alleinigen Regie der PM Portfolio Management GmbH durchgeführt. Das Agieren der Nichtbank im Aktienerstemissionsgeschäft zeigt, daß eine Durchführung aller Leistungssegmente der Going Public-Wertschöpfungskette ohne einen leistungsfähigen Vertriebsapparat, der neben dem Verkauf der Aktien auch das anschließende Effekten- und Depotgeschäft beinhaltet, bisher nicht gelungen ist. Der PM Portfolio Management GmbH wurde zur Last gelegt, daß es den betreuten Unternehmungen an Beratung und Managementhilfe, zwei wichtigen Faktoren für das Gelingen einer Emission, gefehlt habe51. Voraussetzung für den Erfolg einer Aktienerstemission, betreut durch ein banknahes Finanzinstitut, ist demnach das Vorhandensein von gut ausgebildetem Personal, von Rückgriffsmöglichkeiten auf Analysekapazitäten des Hauses, von informationstechnologischen Hilfsmitteln sowie von guten Kontakten zu Kreditinstituten, die die Plazierung der Aktien letztendlich übernehmen. Aber auch bei Vorliegen dieser Anforderungen haben banknahe Finanzinstitute aufgrund des hohen Konkurrenzpotentials der Banken einen weiteren entscheidenden Wettbewerbsnachteil im Aktienerstemissionsgeschäft. Sie werden in der Regel in eine risikoreiche Nische des Neuemissionsgeschäfts, in die Betreuung von jungen, innovativen Unternehmungen, abgedrängt52. Infolge des hohen Renommees der Banken im Aktienerstemissionsgeschäft kommt es zu einer adversen Selektion. Unternehmungen mit guter Bonität, die die Anforderungen der Banken in Punkto Börsenreife erfüllen, lassen sich von erfahrenen Emissionshäusern an die Börse führen. Alle anderen börsenwilligen Gesellschaften wenden sich, falls eine Gesamtbetreuung bei einem Going Public gewünscht wird, an die banknahen Finanzinstitute. Ein weiteres Engagement von banknahen Finanzinstituten im Neuemissionsmarkt in Aktien geht vorwiegend von Unternehmungsbeteiligungs-, Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Venture-Capital-Gesellschaften aus. Da die meisten dieser Unternehmungen Tochtergesellschaften von Großbanken sind, wird ihr Name in der Öffentlichkeit in Zusammenhang mit Aktienerstemissionen nur selten benannt. Die jeweilige Muttergesellschaft fungiert in der Regel als Konsortialführer bei der Emission. Die Geschäftstätigkeit der Beteiligungsgesellschaften beinhaltet die Vergabe von Eigenkapital in Form von Minderheitsbeteiligungen an nichtemissionsfähige Unternehmungen 53. Die Überlassung des Kapitals erfolgt dabei nur für einen begrenzten Zeitraum. Danach wird die Beteiligung in der sogenannten Desinvestitionsphase entweder von der betreuten Unternehmung zurückgekauft, von Dritten erworben oder in 50 51 52 53

60

vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S. 138/139 vgl. o.V.[Aktienemission, 1985], S.160 vgl. Stammer, K. [Konkurrenz, 1987], S.136-138 vgl. Büschgen, H. [Bankbetriebslehre, 1989], S.77f.

Verbindung mit einer Börseneinführung der Unternehmung über den Kapitalmarkt veräußert. Der Wettbewerbsvorteil der Beteiligungsunternehmungen liegt somit in einem hohen Akquisitionspotential, das aus ihrer Geschäftstätigkeit resultiert. Zusätzlich können alle Leistungen der Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public", bis auf den Vertrieb und die Börseneinführung der Aktien, von der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft erbracht werden. Dafür spricht, daß die Gesellschaft über eine breite Informationsbasis über die von ihr betreuten Unternehmungen verfügt und deren Berater mit den internen Gegebenheiten der Börsengesellschaft vertraut sind. Es ist aber auch möglich, daß die Börseneinführung und alle damit verbundenen Funktionen von der Muttergesellschaft, also einer Bankunternehmung, durchgeführt werden. Die Verbindung zur Muttergesellschaft stellt ein eindeutiges Plus für die banknahen Finanzinstitute dar, da Know-How ausgetauscht sowie Beratung und Vertrieb in idealer Weise ineinandergreifen können. Diese banknahen Institutionen stehen daher, sofern sie als Tochtergesellschaften von Banken firmieren, im Geschäftsfeld Going Public in keinem Wettbewerbsverhältnis zu den Kreditinstituten. Unter den Vertriebs- und risikoübernehmenden Konsortialbanken werden diejenigen Banken zusammengefaßt, die als Konsortialbanken bei der Börsenneueinführung mittelständischer Unternehmungen mitwirken. Ihre Primäraktivitäten im Rahmen der Wertekette des Aktienerstemissionsgeschäfts konzentrieren sich auf die Mitwirkung bei der Ausgestaltung der Emission, auf den Vertrieb bzw. die Plazierung der Aktien sowie auf die Übernahme des Emissionsrisikos in Höhe ihrer übernommenen Quote und damit auf die Finanzierung eines Teils der Emission. Für den Fall der Nichtabsetzbarkeit des übernommenen Anteils an Aktien sollte ausreichend Kapital bereitgestellt werden. Ein genügend großer Vertriebsapparat, der abhängig ist von der Zahl der Verbindungen zu institutionellen Investoren, vom Umfang des Depotkundenstammes und von der Größe des Zweigstellennetzes54, sowie qualifizierte Anlageberater sind Grundvoraussetzungen für die Teilnahme an einem Konsortium. PC-gestützte Analyseprogramme werden im Rahmen der Vertriebsfunktion der Konsortialbanken nur begrenzt Anwendung finden, der Einsatz von Datenverarbeitungsprogrammen zur Unterstützung und besseren Abwicklung der öffentlichen Zeichnung der Papiere wäre für eine raschere und schnellere Geschäftsdurchführung jedoch sinnvoll. Ein Bankenkonsortium für die Durchführung einer Aktienerstemission setzt sich aus einer bunten Mischung verschiedenster Bankengruppen55 - meist Großbanken, die in anderen Konsortien auch als Konsortialführer tätig sind, Privatbanken, den ehemaligen Hauptakteuren im Konsortialgeschäft 5^ sowie kleineren Kreditinstituten und neuerdings auch ausländischen Emissionshäusern57 - zusammen. Ihre Zahl variiert je nach Höhe des zu piazierenden Emissionsvolumens. Bei der Zusammensetzung des Konsortiums spielen die verschiedensten 54 55 56 57

vgl. Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.34 vgl. Walther, D., [Handbuch, 1988], S.83f.; Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.56 Pohl, M. [Blütezeit, 1989], S.28 vgl. o.V. [Volksfürsorge, 1991], S.23

61

Faktoren, insbesondere die Präferenzen der emittierenden Unternehmung und der betreuenden Konsortialführerbank sowie regionale Aspekte eine Rolle 58 . Innerhalb der Kreditwirtschaft herrscht großer Wettbewerb um die Teilnahme an Konsortien 59, da dies ein erster Schritt ist, um im provisionsträchtigen Emissionsgeschäft Fuß zu fassen oder bereits vorhandene Marktpotentiale ausbauen zu können. Öffentliche Aufmerksamkeit, Imagesteigerung im Aktienerstemissionsgeschäft und der Aufbau von Emission-Know-How sind die Voraussetzungen für die Übernahme einer späteren Konsortialführerschaft. Die Teilnahme der Großbanken an den Konsortien, insbesondere auch an denen der ernstzunehmenden Konkurrenten um die Konsortialführung im Neuemissionsgeschäft, ist auf deren hohe Kapital- und Plazierungskraft sowie auf Reziprozitätsbeziehungen im Rahmen der Syndizierung zurückzuführen. Es gilt das ungeschriebene Gesetz, daß eine Konsortialführerbank bei Einbeziehung ihrer Marktkonkurrenten bei der Konsortialbildung im Falle einer Konsortialführung einer Konkurrenzbank auch Mitglied in deren Konsortium wird und somit an den Erträgen dieses Aktienerstemissionsgeschäfts profitiert. Es findet somit eine Wettbewerbsbeschränkung innerhalb der Kreditwirtschaft auf wenige Emissionsbanken durch die Konsortialführungsbanken statt 60 . Die letzte Anbietergruppe im Wettbewerbermarkt des Aktienerstemissionsgeschäfts, die Konsortialführerbanken, stellen die Hauptakteure in diesem Geschäftsfeld dar. Von ihnen werden sämtliche Prozeßsegmente der Wertschöpfungskette des Produktes "Going Public" abgedeckt. Hierin liegt auch die Stärke dieser Banken, die alle Leistungen aus einer Hand und damit eine umfassende Betreuung ihrer Kunden anbieten. Die Anforderungen an die unterstützenden Aktivitäten in diesem Geschäftsfeld der Banken sind - wie bereits im Rahmen der Markteintrittsbarrieren ausgeführt - hoch. Als Stichworte seien nochmals eine hohe Kapital- und Plazierungskraft, spezialisiertes Personal sowie informationstechnologische Hilfsmittel genannt, die entscheidend zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen beitragen können. Aktivitäten, die die sonstigen Bereiche der Unternehmungsinfrastruktur betreffen, weichen in aller Regel nicht, wie auch bei den anderen Anbietergruppen, von den für andere Leistungsarten der Banken durchzuführenden Tätigkeiten ab. Eine genaue Untersuchung der Grundvoraussetzungen für die Teilnahme am Aktienerstemissionsgeschäft als Konsortialführerbank wird in Kapitel 4 dieser Arbeit vorgenommen und diskutiert. Aufgrund des breiten Leistungsspektrums und der hohen Anforderungen im Geschäftfeld Going Public kommen als Konsortialführerbanken hauptsächlich große Universal-, Privat- und Regionalbanken in Betracht 61. In regional begrenzten Gebieten ist es allerdings denkbar, daß auch kleinere Kreditinstitute in 58 59 60 61

62

vgl. Abschnitt 4.3.2.1 vgl. Pohl, H. (Hrsg.) [Zusammenarbeit, 1989], Diskussion, S.92; Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.56 vgl. Pohl, H. (Hrsg.) [Zusammenarbeit, 1989], Diskussion, S.80; Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.55/63 vgl. Büschgen, H. [Zusammenarbeit, 1989], S.56

diesem speziellen Geschäftssegment Fuß fassen insbesondere, wenn Unternehmungen mit kleinen Emissionsvolumina an die Börse begleitet werden sollen. Eine Analyse der Wettbewerbsentwicklung ab 1983 ergab, daß sich die Hauptaktivitäten im Erstemissionsgeschäft in Aktien derzeit auf nur wenige Marktteilnehmer konzentrieren. Das folgende Schaubild gibt die Marktsituation und den Marktanteil der einzelnen Konsortialführungsbanken detailliert wieder 62: Jahr Konsortialführer

19831985

19861988

19891991

19921994

Gesamt

Deutsche Bank A G

24

22

24

5

75

Commerzbank A G

5

5

10

1

21

Dresdner Bank A G

1

9

9

-

19

Bayerische Vereinsbank A G

1

8

6

2

17

BHF-Bank

2

3

4

5

14

D G Bank

1

3

4

3

11

PM GmbH

7

-

-

-

7

West LB

-

-

5

2

Bayer. Hypo.- und Wechsel-Bank

-

1

2

2

Berliner Bank A G

-

1

1

-

Landesbank Schleswig Holstein

1

-

-

-

1

Hamburg LB/M.M.Warburg

1

-

-

-

1

M.M.Warburg

-

1

-

-

1

Citibank A G

5

-

1

-

-

1

Vereins- und Westbank A G

-

1

-

-

1

Baden-Württembergische Bank

1

-

1

-

-

Sal.Oppenheim jr. & Cie.

-

1

-

-

1

Banque Paribas C. M . GmbH

-

1

-

-

1

Schweiz. Bankverein

-

1

-

-

1

Südwest LB

-

-

1

-

1

Bayerische Landesbank

-

-

-

1

1

Trinkaus & Burkhardt

-

-

-

1

1

American Express Bank

-

-

-

1

1

43

59

66

23

191

Gesamt 0 · 3

Abb.3:

62 63

Anzahl der Konsortialmandate der im Markt tätigen Konsortialbanken von 1983 bis 1994

vgl. Walther, Dietrich [Handbuch, 1988], S.92ff. (Jahre 1983-1988); Waither, Dietrich [Konsortialführer, 1994] (Jahre 1989-1994) zu 12 Aktienerstemissionen lagen keine Informationen zur Konsortialführerschaft vor

63

Marktführer ist bis heute die Deutsche Bank AG, die bis 1986 eine unangefochten dominante Position in diesem Geschäftsfeld, gefolgt von der Commerzbank AG und der Dresdner Bank AG, innehatte64. Beide Konkurrenzinstitute konnten sich ebenfalls schon früh im Markt etablieren. Seit 1986 ist der Markt für Aktienerstemissionen stark umkämpft und der Wettbewerb um die Mandate nimmt weiter zu 65 . Mit von der Partie sind neben vielen kleineren und mittleren Instituten, die bisher nur eine einzige Unternehmung an die Börse gebracht haben, die Bayerische Vereinsbank AG, die DG Bank, die BHF-Bank und seit 1989 die WestLB und die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank A G 6 6 . Auch ausländische Kreditinstitute wie der Schweizerische Bankverein und die Banque Paribas gaben 1987 erstmals ihr Börsendebüt67. Die Zunahme der Konkurrenz drückt sich vor allem in einem starken Preiswettbewerb aus, dem sich die Kreditinstitute nun stellen müssen. Ein Ausreizen der Kurse über Preisaukionen, d.h. Einholen von Angeboten verschiedenster Banken seitens der emissionswilligen Gesellschaften, ist heute gängiges Verfahren 68. Aber auch in der Methodik der Durchführung der Transaktionen lassen sich Differenzierungen konstatieren. So gehen einige Bankinstitute dazu über, aktive Acquisition auch über ihren bisherigen Firmenkundenstamm hinaus zu betreiben und offensiv um Marktanteile zu ringen 69. Andere versuchen schon im Vorfeld über Beteiligungstochtergesellschaften nahezu börsenreife Kandidaten zu gewinnen70, die nach einer gewissen Beratungszeit an die Börse geführt werden können. Mit Betreuungsangeboten weit über die Zeit der Emission hinaus71, mit Abweichungen von den allgemein üblichen Anforderungen an den Jahresumsatz der Unternehmungen72 oder durch Abgabe spezieller Leistungskomponenten73 wie z.B. des Aktienmarketings an professionelle Dienstleistungsunternehmungen, die entsprechende Spezialisierungsvorteile nutzen, um nur einige Beispiele zu nennen, versuchen die Emissionshäuser sich von ihren Branchenwettbewerbern abzugrenzen. Obwohl sich seit 1986 ein starker Wandel im Wettbewerb um die Börseneinführungen mittelständischer Unternehmungen vollzogen hat, ist der Markt im Bereich der Konsortialführerschaften durch eine Oligopolsituation gekennzeichnet. Wie sich der Markt in der Zukunft gestalten wird, ist noch nicht eindeutig abzusehen. Im folgenden Abschnitt wird daher der 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73

64

vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.151/152; Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.180 vgl. o.V. [Neuemissionen, 1987], S.98; Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.152 vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.152 Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.180 vgl. o.V. [Neuemissionen, 1987], S.99; Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.154f.; Littmann, A. [Emissionsgeschäft, 1988], S.183 vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.152 Beispiel Bayerische Vereinsbank A G sowie S. 154 Beispiel Commerzbank AG vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.154 Beispiel Deutsche Bank AG vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.156 Beispiel Commerzbank A G vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.156 Beispiel Bayerische Vereinsbank A G vgl. Ulrich, S. [Marktführer, 1990], S.156 Beispiel Bayerische Vereinsbank AG

Versuch unternommen, für die weitere Wettbewerbsentwicklung im Geschäftsfeld Going Public Perspektiven aufzuzeigen. 3.13

Perspektiven der künftigen Wettbewerbsentwicklung im Going-PublicAnbietermarkt

Es stellt sich nun die Frage, ob die wenigen, auf das Geschäftsfeld Going Public spezialisierten Großbanken in der Zukunft in der Lage sein werden, ihre Marktanteile zu halten bzw. auszubauen oder ob sich ein Wandel im Anbietermarkt des Aktienerstemissionsgeschäfts in Richtung Polypol vollziehen wird. Voraussetzung dafür ist, daß sich ein generelles Marktwachstum im Neuemissionsgeschäft in Aktien abzeichnen oder sich die Zahl der Emittenten zumindest auf dem bisherigen Niveau bewegen wird. Diese ist mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt, da eine Vielzahl von Indikatoren auf eine anhaltende Marktentwicklung im Geschäftsfeld Going Public schließen läßt 74 . Aufgrund der geringen Risikokapitalausstattung der Unternehmungen, der notwendigen Ausrichtung der Wirtschaft auf den europäischen Binnenmarkt, der Nachfolgeprobleme innerhalb der mittelständischen Wirtschaft, der nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmungen im Vergleich zum Ausland und der daraus resultierenden Forderungen nach Innovation und Investition sowie der dringend notwendigen Strukturanpassungsmaßnahmen in den Ost-Märkten in den nächsten 10 Jahren wird mit einem erhöhten Finanzierungsbedarf der deutschen Wirtschaft insbesondere des unternehmerischen Mittelstands in den nächsten Jahren gerechnet. Das Going Public stellt dabei eine mögliche Finanzierungsform für die Unternehmungen dar, die aufgrund der höheren Aufgeschlossenheit der mittelständischen Unternehmer gegenüber dem Gang an die Börse in der Zukunft sicherlich häufiger gewählt werden wird. Das gestiegene Emissions-Know-How der Emissionshäuser liefert weitere Impulse für ein Ansteigen des Nachfragepotentials börsenwilliger Unternehmungen im Aktienerstemissionsmarkt. Die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen und damit die Gewinnung und der Ausbau von Marktanteilen ist in der Regel über das Streben nach Kostenführerschaft und über die leistungsmäßige Differenzierung gegenüber direkten Konkurrenten erreichbar 75. Können gleichwertige Leistungen im Vergleich zu den Wettbewerbern zu einem wesentlich niedrigeren Preis angeboten werden, so ist die Kostenführerschaft erreicht. Differenzierung gegenüber Mitkonkurrenten erfolgt durch das Angebot einzigartiger, besserer Leistungen, die aus diesem Grunde einen höheren Preis rechtfertigen. Damit ergeben sich für die Anbieter im Erstemissionsmarkt in Aktien unter Hinzuziehung des Tätigkeitsbereichs, für den die Unternehmung Wettbewerbsvorteile zu erreichen sucht, drei Strategietypen zur Gewinnung von Marktvorteilen: Kostenführerschaft, Differenzierung 74 75

vgl. Walter, B. [Marktwettbewerber, 1991], S.68; Koch, U./Jensen, W./Steinhoff, S. [Going Public, 1991], S.6f. vgl. Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.21

65

und Konzentration auf Schwerpunkte76. Ungeachtet der bisher von den Wettbewerbern verfolgten Strategien sollen im folgenden Möglichkeiten zur Schaffung weiterer Wettbewerbsvorteile im Geschäftsfeld Going Public diskutiert und die Zukunftsperspektiven für die einzelnen Wettbewerbergruppen erörtert werden. 3.1.3.1

Wettbewerbsstrategien der Nichtbanken und der ausländischen Investmentbanken im Geschäftsfeld Going Public Das Konkurrenzpotential der Nichtbanken war und ist bis heute aufgrund rechtlicher Gegebenheiten und vielfältiger Wettbewerbsvorteile der Banken auf ein Minimum beschränkt. Das Marktmonopol der Banken im Bereich der Übernahme der Konsortialführung im Geschäftsfeld Going Public ist darauf zurückzuführen, daß die Kreditinstitute über gute Voraussetzungen verfügen, die zur Gewinnung neuer Börsenkandidaten und zum Gelingen einer Neuemission in Aktien beitragen: Auf ihre vielfältige Erfahrung bei früheren Emissionen wird seitens potentieller Neuemittenten gerne zurückgegriffen. Die Banken stellen Neuemittenten ihren bei früheren, positiv verlaufenen Emissionen gewonnenen Emissionskredit zur Verfügung. Er dient den Investoren als Maß für die Bonität der betreuten Unternehmung. Aufgrund der strukturellen Ausgestaltung der Institute als Universalbanken ist es ihnen möglich, potentielle Neuemittenten über ihre Verbindungen zu Unternehmungen aus anderen Geschäftssparten ausfindig zu machen und die Unternehmungseigner für eine Öffnung gegenüber dem Kapitalmarkt zu gewinnen. Hieraus resultieren deutliche Akquisitionsvorteile gegenüber Nichtbanken. Ist der potentielle Neuemittent bereits Kunde der Bank, ergeben sich für das Institut Informationsvorteile. Vorhandene Daten aus früheren Geschäften können verwendet und die Maßnahmen der Informationsgewinnung verringert werden. Einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor für die Banken stellen ihre Kapitalund Plazierungskraft dar, die einerseits die Risikoübernahme im Emissionsgeschäft ermöglichen und damit den Emittenten feste Kalkulationsgrundlagen für die Eigenkapitalfinanzierung bieten und die andererseits einen breiten Absatz und die Streuung der Wertpapiere gewährleisten.

Es gibt aber auch bei den bereits im Aktienerstemissionsgeschäft etablierten Kreditinstituten Faktoren, die sich hemmend auf die Entwicklung und den Ausbau des Geschäftsfeldes Going Public auswirken können. Dazu gehören: 76

66

vgl. Porter, M. [Wettbewerbsvorteile, 1989], S.31

die Furcht der Unternehmungen vor zu großer Einflußnahme der Banken bei Inanspruchnahem sämtlicher Finanzierungsleistungen (sowohl Fremdais auch Eigenkapitalfinanzierungen) aus einer H a n d 7 r die Herabsetzung des Akquisitionspotentials im Geschäftsfeld Going Public durch Interessenkonflikte innerhalb der Banken zwischen dem herkömmlichem Kreditgeschäft und dem Emissionsgeschäft der hohe Koordinationsaufwand für das Gewinnen von Emittenten über die Filialen bei Ansiedlung der für das Aktienerstemissionsgeschäft zuständigen Organisationseinheit in der Zentrale der Bank. Die in diesem Geschäftsfeld wichtige Flexibilität der Mitarbeiter insbesondere bei der Herstellung von Kundenkontakten und der Beziehungspflege während der Durchführung der Transaktion könnte sich als Handicap für die Banken erweisen 78. Bei diesen Markthemmnissen der Banken ist daher auch der Ansatzpunkt für ein Eingreifen der Nichtbanken in den Wettbewerbsprozeß im Aktienerstemissionsmarkt zu sehen. Da Nichtbanken in der Regel nicht dazu authorisiert sind das Wertpapiergeschäft durchzuführen, liegt ihre Strategie in der Konzentration auf Schwerpunkte und in der Differenzierung gegenüber ihren Konkurrenten innerhalb der ihnen offenen Tätigkeitsfelder in der Wertschöpfungskette des Aktienerstemissionsgeschäfts. Die Spezialdienste werden in der Zukunft im Going Public-Anbietermarkt eine kaum veränderte Rolle spielen. Ihre Leistungen sind auf diejenigen Aktivitäten im Gesamtspektrum der Wertschöpfungskette bei Börseneinführungen von Unternehmungen begrenzt, die die Banken nicht anbieten wollen oder können. Diese Arbeitsbereiche stellen nur einen geringen Ausschnitt ihres sich auch auf andere Tätikeitsgebiete erstreckenden Leistungsbereiches dar. Die Motivation der Spezialdienste, sich verstärkt im Going Public Wettbewerb zu engagieren, ist daher gering. Die Berater und Beratungsunternehmungen werden hingegen durch ihre Spezialisierung auf bestimmte Dienstleistungen und den Ausbau ihres Fachwissens bei gleichzeitiger Abgrenzung von den Kreditinstituten verstärkt Wettbewerbsvorteile im Geschäftsfeld Going Public erzielen können. Sie scheinen geradezu prädestiniert dafür zu sein, mittels ihrer Spezialkenntnisse und der ihnen eigenen Flexibilität durch kleinere Organisationsstrukturen sowie ihrer Unabhängigkeit von den Kreditinstituten das Vertrauen der potentiellen Emittenten zu gewinnen. Die Schwankungen am Neuemissionsmarkt der letzten Jahre lassen vermuten, daß Unternehmungen in der Zukunft den Schritt an den Kapitalmarkt intensiver planen werden, als dies in den Anfangsjahren der Neuemissionswelle der Fall war. Dies bedeutet jedoch auch, daß sie unabhängige Emissionsberater in einzelnen Phasen des Going Public oder während der gesamten 77 78

vgl. Abschnitt 2.4 dieser Arbeit sowie Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.225 vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.225

67

Transaktion hinzuziehen werden, um von deren Sachkenntnis zu profitieren und Emissionshäusern kompetent gegenübertreten zu können. Dennoch müssen sich die Emissionsberater bei der Gewinnung von Neukunden im wesentlichen auf ihre Reputation im Markt stützen, da eine gezielte Werbung in diesem Geschäftssegment eher unüblich ist. Sie müssen daher im akquisitorischen Bereich verstärkt Anstrengungen unternehmen, um mit den Banken bei der Gewinnung neuer Börsenkandidaten Schritt halten zu können. Gesamthaft betrachtet werden sich die Berater und Beratungsunternehmungen voraussichtlich weiter im Markt behaupten und auf lange Sicht ihren Marktanteil vergrößern. Als weitere Anbietergruppe für das Aktienerstemissionsgeschäft kommen in der Zukunft auch ausländische Investmentbanken sowie banknahe Finanzinstitute in Betracht. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, daß sich die Regionalbörsen im Geschäftsfeld Going Public engagieren, um ihre Position innerhalb der Börsenstruktur Deutschlands durch die Neueinführung von Regionalwerten zu stärken 79 . Die Kapital- und Unternehmensbeteiligungsgesellschaften, zu denen auch die Venture-Capital-Gesellschaften zählen, können auf einen reichen Erfahrungsschatz unternehmerischer Beurteilung und Beratung zurückgreifen. Auch im Hinblick auf die Akquisition potentieller Börsenkandidaten sind sie bestens geeignet Going Publics durchzuführen, stehen sie doch durch ihre ursprünglichen Tätigkeitsfelder in engem Kontakt zum kapitalsuchenden, unternehmerischen Mittelstand. Die Wahrung einer gewissen Unabhänigkeit von den Kreditinstituten ist jedoch ein unumgängliches Faktum für ihre Profilierung im Markt. Ausländische Emissionshäuser verfügen durch ihre Tätigkeit im Ausland über hohe Fachkenntnisse für die Durchführung von Aktienerstemissionen und sind es gewohnt, aggressive Akquisition im Markt zu betreiben. Ein Agieren im deutschen Aktienerstemissionsmarkt wird durch die Angleichung der deutschen Syndizierungstechniken bei der Börseneinführung von Unternehmungen an angelsächsische Praktiken für ausländische Emissionshäuser zunehmend leichter 80. Schwierigkeiten ergeben sich für ausländische Investmentbanken lediglich bei der Plazierung der Aktien aus Erstemissionen bei privaten und institutionellen Investoren, da der Kontakt zu diesen Anlegergruppen gegenüber Universalbanken, die über ein breiteres Leistungsangebot verfügen, eingeschränkt ist. Auch für kleine, inländische Emissionshäuser, die es bis heute in der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt, könnte bei Spezialisierung auf regional begrenzte Gebiete oder auf spezielle Unternehmungsgruppen die Chance bestehen, sich im Aktienerstemissionsmarkt zu etablieren^1. Grundvoraussetzungen dafür sind Know How für die Durchführung des Emissionsgeschäfts verbunden mit einem guten Image im Going-Public-Anbietermarkt sowie gute Kenntnisse im gewählten Teilmarkt (Nische, Branche). Eine ähnliche Nischenpolitik bei der Marktbearbeitung hat sich vor allem in den USA bewährt. 79 80

68

vgl. o.V. [Regionalbörse, 1992], S.34 vgl. Abschnitt 4.3.2.3 dieser Arbeit

Der entscheidende Wettbewerbsnachteil der Nichtbanken und kleineren, ausländischen Investmentbanken im Geschäftsfeld Going Public liegt darin begründet, daß sie bei der Plazierung und der Börseneinführung neuer Aktien auf die Mitwirkung der Banken angewiesen sind. Gesetzliche Regelungen, die eine hohe Eigenkapitalausstattung auch für Investmenthäuser vorschreiben, machen das Betreiben des Wertpapiergeschäfts für diese Institute nahezu unmöglich. Hinzu kommt, daß es in- und ausländischen Wertpapierhäusern aufgrund ihrer bisherigen geringen Praxis im Aktienerstemissionsgeschäft in Deutschland nur schwer möglich sein wird, eine Vertrauensbasis bei börsenwilligen Unternehmungen erstklassiger Bonität und bei den Investoren aufzubauen 82. Die Aussicht für Investmenthäuser, sich im Markt für Aktienneuemissionen zu etablieren und Marktanteile zu gewinnen, ist daher begrenzt. Eine Ausweitung der Marktposition der Nichtbanken könnte jedoch durch Maßnahmen zur Lockerung der Marktzutrittsbedingungen für den Going-Public-Anbietermarkt erzielt werden: Eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Anbieter von Emissionsgeschäften könnte durch Änderung der Genehmigungspflicht für das alleinige Betreiben von Wertpapiergeschäften vorgenommen werden. Da allzu restriktive Anforderungen hinsichtlich der Kapitalausstattung von Banken - wie sie derzeit bestehen - für reine Investmenthäuser nicht erforderlich sind, könnten die Voraussetzungen an das Mindesteigenkapital reduziert werden 83, wobei gleichzeitig Mindestqualifikationsanforderungen an die Geschäftsleiter der Investmentbanken zu stellen sind 84 . Die Einführung von Ratings für Neuemittenten würde eine Lockerung des Emissionskredits des Emissionshauses von der Bonität der Emittenten bewirken. Eine negative Unternehmungsentwicklung und damit ein Kursverfall der Aktien nach der Börseneinführung würde somit nicht automatisch zu einem Negativimage der börsenbegleitenden Institutionen - der Banken und Nichtbanken - führen. Da die Risikosituation einer Emission für die Anleger nach außen direkt erkennbar wird, kann deren Vertrauensbasis in Nichtbanken bei Aktienerstemissionen gestärkt werden. Das Phänomen der adversen Selektion im Akquisitionsprozeß börsenwilliger Unternehmungen wird damit eingeschränkt. Ein breites Filialnetz sowie ein großer Depotkundenstamm wird entbehrlich, wenn ein Großteil der Emissionen von institutionellen Investoren abgenommen wird. Mit dem Anstieg der privaten Rentenvorsorge durch ein Engagement der Privatkunden bei Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften werden von diesen Unternehmungsgruppen 81 82 83 84

vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.224f., Littmann, A [Emissionsgeschäft, 1988], S.183 wie schon in Abschnitt 3.1.1.4. erwähnt besteht hier die Gefahr der adversen Selektion, d.h. der Konzentration von risikoreichen Unternehmnungen auf Nichtbankinsitute vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.226 vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.226

69

verstärkt Kapitalbeträge zur Verfügung stehen, die zum Teil in Aktienerstemissionen investiert werden könnten. Die Chance für eine Unterbringung des Emissionsvolumens aus Going Publics bei institutionellen Anlegern wird damit größer 85. Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie wird für die Plazierung einer Emission ein gut ausgebauter Vertriebsapparat in Zukunft nicht mehr in diesem Maße erforderlich sein wie in der Gegenwart. Neue Informations- und Handelssysteme an den Börsen, die aktuell Daten über Märkte, Unternehmungen und die Handelspreise der Wertpapiere übermitteln, können bei Öffnung des Zugangs zu den Börsensystemen für institutionelle und private Investoren die Informations- und Beratungsfunktion der Banken beim Vertrieb der Aktien aus Erstemissionen teilweise ersetzen. Die direkte Anbindung von Investoren über das Datennetz an die Banken erleichtert zudem den Verkauf von neuemittierten Aktien und macht über kurz oder lang ein weitverzweigtes Filialnetz für Börsengeschäfte überflüssig. Besonders kleinere Investmentbanken könnten von dem Wegfall der restriktiven Marktzutrittsbedingungen profitieren. Eine Ausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit im Aktienerstemissionsgeschäft auf die Vorbereitung und Durchführung von Neuemissionen unter regionaler Spezialisierung bei flexiblem Fachpersonal würde gerade ihnen eine starke Wettbewerbsposition im Going-Public-Anbietermarkt sichern 86. 3.1.3.2 Wettbewerbsentwicklungen bei den inländischen Universalbanken Die Antwort auf die Frage, inwiefern es kleineren Kreditinstituten möglich ist, die Oligopolbildung der Großbanken im Markt für Neuemissionen zu durchbrechen, muß zurückgeführt werden auf die Beantwortung der Frage inwiefern diese Banken in der Lage sein werden, die Anforderungen, die der Markt an sie stellt, zu erfüllen. Das Aktienneuemissionsgeschäft verlangt insbesondere von Kreditinstituten, die bisher noch nicht im Bereich des Corporate Finance tätig sind, eine Neuorientierung im fachlichen Denken und Handeln weg von der sicherheitsorientierten Kreditbeurteilung hin zur unternehmerischen Erfolgsanalyse und fachlichen Beratung. Mit den bisherigen Kapazitäten - sachlicher und personeller Natur - können diese Anforderungen nur bedingt erfüllt werden 8 '. Diese Bedingungen sind durch Investitionen in die Unternehmungsstruktur und in die fachliche und persönliche Entwicklung der Mitarbeiter für kleinere Institute durchaus zu erreichen. Anders sieht es mit den Forderungen, die potentielle Neuemittenten an eine Emissionsbank stellen, aus 88 . Neben guten persönlichen Beziehungen spielen für die Auswahl als Konsortialführer 85 86 87 88

70

Kaiser, J. [Insitutionelle Investoren, 1990], S.152 vgl. Gerke, W. [Hemmnisse, 1988], S.224/225 vgl. Zinn, E. [Corporate Finance, 1993], S. 17 vgl. Pöhler, A. [Konsortialgeschäft, 1988], S.29

im Aktienerstemissionsgeschäft vor allen Dingen Erfahrungen bei Going Publics sowie bei Folgegeschäften wie z.B. Kapitalerhöhungen, internationalen Aktienemissionen sowie Unternehmungskäufen und -Verkäufen eine Rolle. Sind derartige Erfahrungen bei bisheriger geringer Marktetablierung einer Bank nur eingeschränkt vorhanden, so wird eine Profilierung und Marktanteilserweiterung von dem Beziehungsmanagement des Kreditinstituts zu seinen mittelständischen Firmenkunden abhängen. Tendenziell kann festgestellt werden, daß kleinere Kreditinstitute im Gesamtmarkt der Bundesrepublik Deutschland mit Konzentration auf den Handeslplatz Frankfurt gegen die bisherigen Marktführer im Neuemissionsgeschäft vermutlich nicht konkurrieren können. Ihre Geschäftstätigkeit wird auf wenige Emissionen beschränkt bleiben. Große Chancen für eine Marktetablierung ergeben sich mit großer Wahrscheinlichkeit für die kleineren Institute durch Konzentration ihrer Geschäftstätigkeit im Aktienerstemissionsgeschäft auf bestimmte Regionen. Es gibt kleinere Unternehmungen, die zwar Risikokapital über den Kapitalmarkt aufnehmen möchten, die aber aufgrund ihres Bekanntheitsgrades in der Öffentlichkeit und der Höhe ihres angestrebten Emissionsvolumens eine regionale Ausrichtung der Kapitalmarktöffnung bevorzugen89. Bestehende persönliche Beziehungen zwischen Unternehmungsleitung und Management des regional tätigen Kreditinstituts wirken sich dann vorteilhaft auf die Gewinnung potentieller Neuemittenten aus und werden die weitere Zusammenarbeit positiv beeinflussen. Das Interesse der Großbanken an der Betreuung dieser Emissionen wird infolge der geringen Emissionsgröße sowie der lokalen Beschränkung auf die Nebenbörsen geringer sein als dies bei großen, imageträchtigen Börseneinführungen der Fall ist. Der Aufbau persönlicher Beziehungen zu dem Management der börsenwilligen Unternehmungen bleibt bei den Großbanken in der Regel aufgrund der organisatorischen Ausrichtung des Neuemissionsgeschäfts überwiegend auf die Zentrale der Bank begrenzt. Hat sich ein auf eine bestimmte Region spezialisiertes Kreditinstitut erst einmal einen guten Ruf im GoingPublic-Anbietermarkt erworben, bestehen gute Voraussetzungen für eine Ausweitung des Geschäftsfeldes auf den Gesamtmarkt. Die Großbanken, die zu den Hauptakteuren im bisherigen Going-Public-Geschäft zählen, ringen einerseits über die Konditionengestaltung und andererseits über die Leistungsdifferenzierung 90 um neue Mandate im Aktienerstemissionsgeschäft. Das Streben nach Kostenführerschaft, d.h. Vergabe der günstigsten Konditionen für die börsenwilligen Unternehmungen, geht aber nicht so weit, daß unter allen Umständen der Versuch unternommen wird, einen Kunden zu gewinnen. Die Abwägung von Gewinnen und Risiken steht im Vordergrund einer jeden Transaktion. Besonders nach der Emissionsflaute im Going-PublicMarkt aufgrund negativer Marktentwicklungen neu eingeführter Aktien in den Jahren 1991 bis 1993 wurde bei den inländischen Universalbanken eine Abkehr von der aggressiven Preispolitik bei der Konditionenfindung spürbar. Dennoch 89 90

vgl. Christians, F. W. [Risikokapital, 1988], S.553 vgl. Abschnitt 3.1.1.4.

71

wird in der Zukunft - wie auch der internationale Markt zeigt - die Konditionengestaltung eine bedeutende Rolle bei der Vergabe der Konsortialführung spielen. Diejenigen Banken, die in der Lage sind kurzfristig realistische, das heißt auf den Wert und die Entwicklung der Unternehmung sowie auf die Verhältnisse des Aktienmarktes ausgerichtete Angebote für die Börseneinführung von Unternehmungen zu erstellen, werden sich im Markt behaupten. Unterstützung findet der Kampf um Wettbewerbsvorteile ferner durch eine Differenzierung der Banken in ihrem Leistungsspektrum im Rahmen des Geschäftsfeldes Going Public. Eine Marktanteilsverschiebung zugunsten des eigenen Instituts ist beispielsweise durch das Angebot von Spezialberatungen im Vorfeld der Emission (Rechts-, Steuer-, Managementberatung), durch den professionellen Ausbau des Aktienmarketings (Werbemaßnahmen, Analysten-Informationsgespräche, Unternehmungspräsentationen etc.) und der Unterstützung der Beziehungspflege der Börsenunternehmungen zu ihren Investoren sowie durch eine verbesserte Unternehmungsbewertung und Emissionskonzepterstellung unter Einbeziehung neuester Erkenntnisse der Aktienbewertung erreichbar 91. Die Ausführungen zeigen, daß die bisher im Markt etablierten Universalbanken im Wettbewerb durch die bestehenden strukturellen Gegebenheiten, gesetzlichen Regelungen sowie durch ihren bisherigen Wettbewerbsvorsprung 92 zukünftig mit keinen nennenswerten Änderungen in der Wettbewerberstruktur des Marktes zu rechnen haben. Marktverschiebungen könnten durch die Spezialisierung von kleineren Kreditinstituten auf die regionalen Teilmärkte sowie durch die Veränderung der gesetzlichen Mindestanforderungen an Unternehmungen für die Durchführung des Wertpapiergeschäfts und somit einer Öffnung des Marktes für Nichtbanken ausgelöst werden. Eine Entwicklung in diese Richtung ist beim heutigen Stand der Dinge noch nicht abzusehen. 3.2

Das Nachfragepotential auf dem Markt für Aktienerstemissionen

3.2.1

Entwicklung des Geschäftsfeldes Going Public

Lange Zeit führte die Aktienfinanzierung - insbesondere in den 60er und 70er Jahren - ein Schattendasein unter den von den Firmen gewählten langfristigen Finanzierungsformen und durchgeführten Mittelaufnahmen 93. Der Ausgabe festverzinslicher Wertpapiere sowie der Inanspruchnahme von Bankkrediten und Darlehen von Versicherungen wurde eindeutig der Vorzug gegeben. Ausgelöst durch den anhaltenden Konjunkturaufschwung in der deutschen Wirtschaft zu Beginn der 80er Jahre verbunden mit der Verbesserung der Ertragsverhältnisse der Unternehmungen und dadurch deutlich gestiegenen Aktienkursen an den Börsen hat sich bei den Entscheidungsträgern der Unternehmungen ein Wandel in der Einstellung gegenüber der Risikokapitalfinanzierung 91 92 93

72

vgl. Büschgen, H. E. [Zusammenarbeit, 1989], S.76 vgl. o.V. [Neuemissionen, 1987], S.95 vgl. Deutsche Bundesbank [Bedeutung der Aktie, 1991], S.22; Karsch, W. [Börsenneulinge, 1990],S. 26

vollzogen94. Die Renaissance der Aktie zeigt sich in einer deutlich höheren Bereitschaft des Managements der Firmen Risikokapital über die Börse aufzunehmen, so daß in der Zeit zwischen 1980 und 1989 Eigenkapital im Kurswert von 98 Mrd. DM aufgenommen wurde 95. Der Anteil der Risikokapitalfinanzierung an der gesamten langfristigen Mittelaufnahme betrug im Jahre 1990 über 25 Prozent 96. Die Verbesserung der Ertragssituation der Gesellschaften, der weltweit anhaltende konjunkturelle Aufschwung 97 sowie parallel dazu auf der Investorenseite ein deutlich höherer Bedarf an Anlagemöglichkeiten98 und das große Interesse der ausländischen Anleger an deutschen Aktien 99 führten letztendlich zu einem stetigen Aufwärtstrend der Aktienkurse seit Ende 1982 100 . Der Höhenflug der Aktienkurse wurde lediglich durch den Börsencrash im Oktober 1987, durch die irakische Invasion in Kuwait im Sommer 1990 sowie durch das Einsetzen des Golfkrieges zu Beginn des Jahres 1991 gebremst. Die Märkte stabilisierten sich jedoch nach einer gewissen Erholungsphase, so daß auch die Risikokapitalaufnahme nur über einen kurzen Zeitraum rückläufig reagierte 101 . Auch die sich weltweit verschlechternde Lage der Wirtschaft in den größten Industrienationen übte Anfang der 90er Jahre einen großen Durck auf die Kapitalmärkte aus. In Deutschland wurde dieser Trend durch die Probleme beim Wiederaufbau in Ostdeutschland sowie durch steigende Inflationsraten verstärkt 102. Dennoch lagen die Kurswerte der Aktien deutlich höher als zu Beginn der 80er Jahre 103 . Zusätzlich wurde der spürbare wirtschaftliche Aufschwung Ende 1994 schon frühzeitig durch die Aktienbewertungen an der Börse antizipiert. Die Wiederentdeckung der Aktie führte aber nicht nur zu einer gesteigerten Emissionstätigkeit bereits börsennotierter Gesellschaften, sondern zeigte sich in einer gesteigerten Zahl an Neueinführungen von Unternehmungen an der Börse 1 0 4 . Die Zahl der Aktiengesellschaften, die seit 1956 bis 1983 rückläufig war, konnte im Zuge der ab 1983 einsetzenden Neuemissionswelle wieder aufgestockt werden. Waren im Jahre 1956 noch 636 Börsenunternehmungen an den deutschen Kapitalmärkten notiert, so wies der Kurszettel 27 Jahre später nur noch 442 Unternehmungen auf, obwohl in diesem Jahr allein 11 Unternehmun-

94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104

vgl. Deutsche Bundesbank [Bedeutung der Aktie, 1991], S.24; Küffer,K. [Gang an die Börse, 1989], S.13 vgl. Deutsche Bundesbank [Bedeutung der Aktie, 1991], S.22,24; Karsch, W. [EmissionsBilanz, 1987], S.35 vgl. Deutsche Bundesbank [Bedeutung der Aktie, 1991], S.22 vgl. Karsch, W. [Renaissance, 1992], S.20 vgl. Karsch, W. [Neuemissionen, 1985], S.41; Koch, U./Jensen, W./Steinhoff, S. [Going Public, 1991], S.2 vgl. Karsch, W. [Emissions-Bilanz, 1987], S.34 vgl. Küffer, Κ [Gang an die Börse, 1989], S.12; Karsch, W. [Börsenneulinge, 1990],S. 26 vgl. Ries, H. [Dynamik, 1989], 12; Widow, T. [Pyrrhussiege, 1990], S.41; Küffer, K. [Gang an die Börse, 1989], S.14 vgl. Widow, T. [Flops, 1991], S.6 vgl. Koch, U./Jensen, W./Steinhoff, S. [Going Public, 1991], S.l vgl. Karsch, W. [Börsenneulinge, 1990],S. 26

73

gen den Weg an die Börse im Rahmen einer Öffnung vollzogen hatten 105 . Insolvenzen, Aufkäufe und Verschmelzungen von Unternehmungen, ausgelöst durch die schlechte Wirtschaftslage dieser Jahre, waren für diese Tendenz verantwortlich 1 0 6 . Der Aufwärtstrend am Neuemissionsmarkt in Aktien bewirkte ein Ansteigen der Aktiengesellschaften bis zum Ende des Jahres 1994 auf 809 börsennotierte Unternehmungen 107. Wagten zwischen Anfang 1958 und Ende 1982 nur 36 Unternehmungen den Sprung an die Börse 108 , so haben seit dem Beginn der Neuemissionswelle bis Ende 1994 203 Firmen den Kurszettel der heimischen Börsen bereichert. Der Gesamtwert des seit 1983 piazierten effektiven Emissionsvolumens beläuft sich auf rund 23,0 Mrd. D M 1 " 9 . Der Trend zum Going Public ist gestiegen. Er wurde durch die die Aktienkurse negativ beeinflussenden Umfeldveränderungen 110 Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre nur kurzzeitig und unwesentlich gebremst. Eine Abschwächung erfuhr das Geschäftsfeld Going Public Anfang der 90er Jahre durch die negativen Entwicklungen vieler Börsenunternehmungen nach ihrer Kapitalmarktöffnung 111 . Anleger erklärten sich daraufhin immer weniger dazu bereit, Aktien aus Neuemissionen zu kaufen. Gleichzeitig wirkte sich der konjunkturelle Abschwung der Wirtschaft negativ auf die Marktsituation im Geschäftsfeld Going Public aus. Insbesondere die Jahre 1992 bis 1994 waren durch einen Rückgang in der Emissionstätigkeit der Banken im Aktienerstemissionsgeschäft geprägt. Bedingt durch die sich verändernde Wirtschafts- und Börsenlage wird für die Zukunft dennoch mit einer positiven Geschäftsentwicklung im Aktienerstemissionsgeschäft gerechnet. Die in Abbildung 4 aufgeführte Statistik gibt die Entwicklungen im Erstemissionsgeschäft in Aktien detailliert wieder. Als weitere Bestimmungsgrößen für die Entwicklung im Geschäftsfeld Going Public können die Kriterien Emissionsvolumen, Grundkapital und Umsatz der Börsenunternehmungen sowie die Häufigkeit der Wahl des jeweiligen Marktsegments und des Finanzierungsinstruments herangezogen werden. Analog zur Zahl der Neuemittenten ist der effektive und durchschnittliche jährliche Emissionserlös mit den Jahren stetig gestiegen bis es durch den Börsencrash 87 und die Börsenlage am Neuemissionsmarkt der letzten Jahre zu Einschnitten in den Plazierungsvolumina kam. Obwohl die durchschnittlichen Emissionsvolumina im Betrachtungszeitraum relativ hoch sind, wurden von den Emissionshäusern durchaus auch kleinere Emissionen betreut. Die Spannweite zwischen den Emissionserlösen der einzelnen Börseneinführungen ist dabei relativ hoch 112 . Der Anstieg des durchschnittlichen Emissionsvolumens ist vor allem auf die jährlich gestiegenen durchschnittlichen Ausgabekurse 105 vgl. Karsch, W. [Neuemissionen, 1985], S. 41; Karsch, W. [Emissions-Bilanz, 1987], S.34; Karsch, Werner [Frisches Blut, 1995], S.48 106 vgl. Küffer, K. [Gang an die Börse, 1989], S.6/7 107 vgl. o.V. [Going Public, 1994], S.40 108 vgl. PM-Studie [Aktionärsstruktur, 1981], S.17; 109 vgl. Karsch, W. [Frisches Blut, 1995], S.49 110 vgl. S. 67 111 vgl. Widow, T. [Flops, 1991], S.6 112 vgl. Karsch, W. [Börsenneulinge, 1990],S. 26

74

Abb. 4:

In %

203

9

64

130

9

57

-

·

6

3

1

3

1

3

1

1

13

-

-

1

-

5

3

-

1

6 3 48

3

10

8 9

3

9

10

7

2

10

78

3

Na = Namensaktien

VZ=Vorzugsaktien

-

96,7 22961

2

FV = Freiverkehr

GM »Geregelter Markt

99

1_

3

8

2

3

1 5 5

2

3

±

3

3

2

3 13

2 13

8

1

-

1

1

6

4

6

2

1

4

3

15,8|

19,7|

14.3|

GK-Grundkapital

37,4[

3

-

4

12,β|

20

2

3 39

-

1

4

4

2

3

1

3

1

6

4

41,6

2

6

U« Umsatz

28,4[

7

6

GK < 100

6

3

10,2

2

Karsch, W. [Emissions-Bilanz, 1987], S.37; Karsch, W. [Börsenschock, 1988], S.42; Ries, H.C. [Funktionsfähigkeit, 1988], S.46;

o.V. [Börsenneulinge, 1992], S.37; Karsch, W. [Börsenneulinge, 1994], S.88; Karsch, W. [Frisches Blut, 1995], S.50

Karsch, W. [Börsenneulinge, 1990], S.28; Karsch, W. [Börsen-Neulinge, 1991], S.42; Karsch, W. [Renaissance, 1992], S.22;

6

U

4

U

19,8

100