Gestaltungsoptionen in der privaten Rentenversicherung [1 ed.] 9783428556007, 9783428156009

Die Arbeit führt eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung von neu auf dem Markt vertriebenen Produkten der kapitalbildende

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Gestaltungsoptionen in der privaten Rentenversicherung [1 ed.]
 9783428556007, 9783428156009

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 499

Gestaltungsoptionen in der privaten Rentenversicherung

Von

Constantin Lentz

Duncker & Humblot · Berlin

CONSTANTIN LENTZ

Gestaltungsoptionen in der privaten Rentenversicherung

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 499

Gestaltungsoptionen in der privaten Rentenversicherung

Von

Constantin Lentz

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-15600-9 (Print) ISBN 978-3-428-55600-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-85600-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im März 2018 von der Juristischen Fakultät der Universität Mannheim als Dissertation angenommen. Fertiggestellt wurde sie Anfang 2019. Zunächst danke ich meinem Doktorvater, Prof. Dr. Oliver Brand, LL.M., für die Betreuung, den immer hilfreichen und gewinnbringenden Austausch sowie die lange gemeinsame Zeit. Ebenfalls möchte ich Herrn Prof. Dr. Philipp Fischinger, LL.M., für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens danken. Besonderer Dank gilt auch Herrn Oliver Bronisch und Frau Susanne Anslinger für meine Zeit bei der Rechtsabteilung der MVV Energie AG während der Promotion. Nichts wäre, wie es ist, ohne die Unterstützung von Familie und Freunden, denen mein größter Dank gilt: Dr. Jochen Schöfthaler für unzählige Gespräche und die notwendigen Ablenkungen sowie seinen Witz auch in schwierigeren Phasen, Dr. Maximilian Gärtner für den stets anderen Blick auf die Dinge und für die Diskussionen über das, was wirklich wichtig ist, meinen Schwestern, Dr. Mareike Curtze und Dr. Katharina Bumb, die mir den nötigen Ansporn gegeben haben, mit dieser Arbeit zu beginnen, und zu jeder Zeit ein offenes Ohr für mich hatten, sowie allen Freunden, die mich während der Promotionszeit unterstützt haben. Ganz besonders danken möchte ich meinen Eltern, Sabine Becker und Prof. Dr. Sebastian Lentz, für den stets bedingungslosen Rückhalt und ihre Förderung. Sie haben meine Ausbildung und diese Promotion überhaupt erst ermöglicht. Mein Dank gilt auch Torsten Becker für seine Unterstützung und nicht zuletzt für die hilfreichen Korrekturanmerkungen. Auch dir, Franziska, danke ich für deinen Beistand, deine Ermutigungen und deine Liebe, derer ich mir immer sicher sein konnte. Hamburg, Februar 2019

Constantin Lentz

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Allgemeines 

19

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 C. Mögliche Produkte und deren Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Kapitel 2 Prüfungsmaßstab 

34

A. Versicherungsvertragsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 B. Bürgerliches Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C. Versicherungsaufsichtsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Kapitel 3 Untersuchung 

54

A. Aufschubklausel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 B. Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . 167 D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung . . . . . . . 236 Kapitel 4 Reformvorschläge 

244

A. Musterrechnung und jährliche Unterrichtung, §§ 154, 155 VVG . . . . . . . . . . 244 B. Berechnung des Rückkaufswertes, § 165 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

10 Inhaltsübersicht Kapitel 5

Zusammenfassung der Ergebnisse 

250

A. Aufschubklausel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 B. Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . 253 D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 E. Rückversicherung im Rahmen der fondsgebundenen Rentenversicherung . . . 256 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Allgemeines 

19

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung und Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anlagebeschränkung und Höchstrechnungszins  . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prämienüberhöhung und Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22 22 23 23 25 26

C. Mögliche Produkte und deren Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I. Typ I: Rentenversicherung auf Grundlage eines klassischen Rentenversicherungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Typ II: Rentenversicherung auf Grundlage einer fondsgebundenen Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Kapitel 2 Prüfungsmaßstab 

34

A. Versicherungsvertragsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 B. Bürgerliches Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C. Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen der Versicherungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontrolle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kontrolle der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahren der laufenden Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ermittlung der Überschusshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufteilung zwischen Versicherungsunternehmen und Versichertengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuordnung der Ergebnisanteile zu den entsprechenden Gewinnverbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35 37 40 40 43 45 46 46 47 48

12 Inhaltsverzeichnis d) Deklaration der Überschussanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3. Kontrolle durch die Zivilgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Kapitel 3 Untersuchung  A. Aufschubklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mögliche Änderung der Rentenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besonderheiten des Prüfungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit mit dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verstoß gegen § 305c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Ungewöhnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rentenzahlung als nicht garantierte Leistung . . . . . . . . . . . . . bb) Aufschieben des Berechnungszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verweis auf die Rechnungsgrundlagen „vergleichbarer Verträge“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektives Überraschungsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelung einer Hauptleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abweichung oder Ergänzung einer Rechtsvorschrift . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten im Rahmen des Versicherungsvertrages . . . . . . . . 3. Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vom Verwender versprochene Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verdeckter Änderungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung zu Zinsanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die Aufschubklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Art und Weise der Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) (Un-)Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einordnung als Klausel mit Anpassungsautomatik oder als einseitige Leistungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anpassungsautomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Leistungsänderungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einordnung der Aufschubklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anforderungen der Rechtsprechung im Hinblick auf Transparenz und Reichweite der Änderungsbefugnis . . . . . . . . . . . (1) Tagespreisklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zinsanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige einseitige Leistungsänderungsklauseln . . . . . . . (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54 55 55 57 59 60 61 63 64 65 66 66 67 67 68 73 74 74 76 78 79 80 81 82 83 84 85 86 89 89 90 91 92

Inhaltsverzeichnis13 (5) Voraussetzungen für die (Muster-)Aufschubklausel . . . . 95 (a) Saldierungs- und Preissenkungspflicht . . . . . . . . . . . 96 (b) Offenlegung der Kalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (c) Umfang der Änderungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (d) Anlass der Änderungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (e) Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (f) Ergebnis zur Formulierung der Klausel . . . . . . . . . . 101 cc) Grundsätzliches schützenswertes Interesse des Verwenders . . 102 (1) Interesse des Versicherers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Schutzwürdigkeit des Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 dd) Interesse des Versicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 ee) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Verstoß gegen § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Abweichung von einem wesentlichen Grundgedanken, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Pflichten, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . 114 aa) Benachteiligung durch die Aufschubklausel . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Unangemessenheit der Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Übereinstimmen oder Abweichen von etablierten Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (2) Änderung des wesenseigenen Vertragsinhalts bzw..eines konstituierendes Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (3) Preisargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (5) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 d) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Vereinbarkeit im Hinblick auf das VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Prämien- und Leistungsänderung nach § 163 VVG . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Übertragung der Anforderungen auf die Klausel . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Änderung des Leistungsbedarfs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 cc) Mitwirkung eines Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 dd) Ordnungsgemäße Ausgangskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Kündigungsrecht aus § 40 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Anwendbarkeit auf die private Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . 131 b) Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

14 Inhaltsverzeichnis c) Anwendung der Norm nach ihrem Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gestaltung der Modellrechnung nach § 154 VVG . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderheiten wegen der Aufschubklausel  . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusätzliche Anforderungen an die Musterrechnung . . . . . . . . . . . . 4. Problematik im Hinblick auf § 165 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechnungsgrundlagen der Rentenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Jeweils aktuell gültige Rechnungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vereinbarkeit mit dem Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ergänzende Vereinbarungen: Auffangklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindestanforderungen an die Auffangklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

132 133 134 137 138 139 140 140 141 142 142 142 143 144 145 146 148

B. Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgangslage und vorgesehene Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarkeit mit § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut des § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungsgehalt des § 153 Abs. 1 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückschlüsse aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Systematische Stellung des § 153 Abs. 1 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Historische Umstände des § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit mit der VVG-InfoV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vereinbarkeit mit dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verstoß gegen § 305c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Ungewöhnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten aufgrund der VVG-InfoV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Subjektives Überraschungsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstoß gegen §§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vereinbarkeit mit dem VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148 148 150 151 151 153 155 156 156 157 157 158 158 160 161 162 163 166 166

C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rücktrittsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppelte Bedingung, § 158 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarkeit mit § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

167 167 168 169 171 171

Inhaltsverzeichnis15 1. Normzweck und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenspiel der Klauseln als nicht ausdrücklicher Ausschluss der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Quantitative Anforderungen an einen Ausschluss im Rahmen des § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatsächliche objektive Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . (2) Versagung bzw. Entzug einer Rechtsposition . . . . . . . . . (3) Ausschluss als dispositives Recht auf Tatbestandsseite . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Qualitative Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art der Regelung selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkung als Ausschluss; weite Auffassung von § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vergleich mit anderen Normen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 108 Abs. 2 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) § 309 Nr. 2, 7, 8a, 8b cc) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Historische und teleologische Auslegung des § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Erst-recht-Schluss aus § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedingtes Vorenthalten als Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleich mit § 168 Abs. 3 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleichbare Regelungen in § 309 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 309 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 309 Nr. 7 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 309 Nr. 8b aa BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verfassungsrechtliche Anforderungen an § 153 VVG . . . . . . (1) Urteile und Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts . . (2) Übertragung auf die vorliegende Konstellation . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit der Klauseln mit §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vereinbarkeit der Klauseln im Hinblick auf das Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegungsentscheidung der BaFin vom 10.11.2006 . . . . . . . . . . . . . a) Grund und Inhalt der Auslegungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171 175 176 177 177 178 180 181 182 183 183 183 184 185 185 187 189 189 192 193 193 195 196 197 197 198 201 201 202 203 205 206 206 209 210 210 211 213

16 Inhaltsverzeichnis 2. Aufsichtsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Reichweite und Regelungsgehalt des Grundsatzes . . . . . . . . . . . . . 214 b) Vorliegender Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Konkretisierung des Tatbestandes durch die Auslegungsentscheidung VerBaFin 07 / 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 d) Übertragung der Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt . . 221 aa) Fehlende vertragliche Grundlage für die Zinsspreizung  . . . . 221 bb) Verstoß gegen das Gebot der gleichen Gesamtverzinsung . . . 221 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorgesehene Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorkommen der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit mit § 153 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut und Systematik der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Telos der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarkeit mit § 305c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vereinbarkeit mit § 140 Abs. 2 VAG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224 225 225 226 227 229 231 232 233 233 233 234 234 235 235 235

E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung . . . . . . . I. Vorgesehene Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorkommen der Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit mit geltendem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hintergrundleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Direktleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abtretung des Rückversicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besondere Anforderungen des Versicherungsrechts . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 236 238 238 238 240 241 242 242 243

Inhaltsverzeichnis17 Kapitel 4 Reformvorschläge 

244

A. Musterrechnung und jährliche Unterrichtung, §§ 154, 155 VVG . . . . . . . . . . 244 I. Entwurf der §§ 154, 155 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 B. Berechnung des Rückkaufswertes, § 165 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 I. Entwurf der §§ 165, 169 VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Kapitel 5

Zusammenfassung der Ergebnisse 

250

A. Aufschubklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 B. Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel . . . . . . . . . . . . . . . 253 D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 E. Rückversicherung im Rahmen der fondsgebundenen Rentenversicherung . . . 256 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Kapitel 1

Allgemeines A. Einführung in die Thematik I. Überblick Die klassische kapitalbildende Lebensversicherung bzw. private Rentenver­ sicherung1 wird in Deutschland bereits seit fast zwei Jahrhunderten und damit schon seit vor Einführung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) angeboten.2 Das Grundgerüst ist dabei seit jeher unverändert geblieben: Gegen laufende Prämienzahlung wird finanzielle Sicherheit nach dem Erwerbsleben, sowie Absicherung von Hinterbliebenen gewährt.3 Eine solche Kon­stanz und Kontinuität verwundert – insbesondere im Versicherungsrecht – eigentlich nicht. Während sich die Möglichkeiten der versicherten Risiken zwar den aktuellen Umständen anpassen und damit im Laufe der Zeit wandeln, bleibt die Grundstruktur der Versicherung und des Versicherungsvertrages dauerhaft erhalten. Anders als die meisten übrigen Versicherungssparten ist die Rentenver­ sicherung dabei ganz besonders abhängig von äußeren Umständen sowohl in wirtschaftlicher als auch in biometrischer bzw. demografischer Hinsicht. Dies liegt in ihrem Wesen als Personenversicherung mit einer überdurchschnittlich langen Vertragsdauer begründet. Insofern ist die Aussage, dass sich die Rentenversicherung im Umbruch befinde,4 insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel und die bereits einige Zeit andauernde Niedrigzinsphase, nicht überraschend. Diese Aussage gilt gleichermaßen für die private wie die gesetzliche Rentenversicherung.5 Auch die Tatsache, dass 1  Nachfolgend

zusammen als Rentenversicherung bezeichnet. Institutionalisierung der deutschen Lebensversicherung, S. 19. 3  Repräsentativ v. Fenneberg, Allgemeiner Prospectus für das gesamte Sparkassenu. Versicherungswesen, S. 135 ff., 161; Heiss, Institutionalisierung der deutschen Lebensversicherung, S. 20. 4  Präve, in: FS Lorenz, S. 517 ff.; Müller / Michaels, Reformbedarf im Versicherungsrecht, S. 1 ff.; vergleiche auch Präsentation von Heilmann bei der 5. Jahreskonferenz des Mannheimer Forschungsinstituts „Ökonomie und Demografischer Wandel“ 2006 (Titel: Herausforderungen des demographischen Wandels) S. 8 ff. 5  In Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung umfassend Wolter, Altersvorsorgesysteme, S.  21 ff. 2  Heiss,

20

Kap. 1: Allgemeines

diese Aussage nach der VVG-Reform im Jahre 2008 noch nicht verstummt ist, verwundert nicht. Die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen beeinflusst und stoppt die Entwicklung der tatsächlichen Umstände nicht. Nach der Reform dauerte es weitere fünf Jahre, bis die ersten Versicherungsunternehmen mit neuen Produktgestaltungen auf die oben beschriebenen geänderten Umstände reagierten. Die entstandenen neuen Rentenver­ sicherungsprodukte haben bereits unmittelbar nach ihrem Marktstart im Jahre 2013 in der allgemeinen Presse große – meist negative – Aufmerksamkeit auf sich gezogen.6 Die dort geführte allgemeine Diskussion ist dabei weder als juristisch, noch als objektiv zu bewerten. Vielmehr begegnen sich Lobbyisten beider Lager auf einer emotionalen Ebene. Eine juristische Auseinandersetzung wird nicht geführt. Wegen der sich abzeichnenden Grundtendenz bei neuen Rentenversicherungsprodukten, die Garantieleistung entfallen zu lassen oder zumindest deutlich zu kürzen,7 wird eine solche juristische Auseinandersetzung spätestens aufkommen, wenn die ersten Vertragsverhältnisse in ihre Bezugsphase übergehen. Erst zu diesem Zeitpunkt bekommt der Versicherungsnehmer tatsächlich vor Augen geführt, wie hoch die variable Ablaufleistung seines Produktes tatsächlich ist. Hat er sich eine höhere Ablaufleistung versprochen oder auch nur erhofft, wird er regelmäßig versuchen, gegen den Versicherer vorzugehen und den Vertrag selbst oder einzelne Regelungen des Vertrages anzugreifen. Aus diesen Gründen ist eine fundierte juristische Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht nur von theoretischer Bedeutung, sondern auch praktisch relevant. Diese Relevanz verdeutlicht sich noch einmal, wenn man auf die Bedeutung des Versicherungssektors blickt. Die Versicherungswirtschaft nimmt in der Bundesrepublik Deutschland eine außerordentliche Stellung ein. Ein gebuchtes Bruttobeitragsaufkommen von 192 Mrd. Euro8 und ein Kapitalanlagebestand von 1.450 Mrd. Euro9 machen die Bedeutung für die Volkswirtschaft der BRD deutlich. Auch eine Versicherungsdurchdringung10 von ca. 7 %, sowie die absolute Anzahl von ca. 426 Mio. Versicherungsverträgen11 zeigen die ungeheure Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges auf. Grund hierfür ist nicht zuletzt das ausgeprägte Sicherheitsdenken der Deutschen. Ver­ 6  Beispielhaft: http: /  / www.handelsblatt.com / meinung / kolumnen / kurz-und-schmerz haft / kleinleins-klartext-wie-die-allianz-den-garantiezins-gestaltet / 8540048.html (Abgerufen am 6.01.2015). 7  Hierzu im Einzelnen unter Kapitel 1 B. III. und C. 8  GDV, Statistisches Taschenbuch 2015, S. 1. 9  GDV, Statistisches Taschenbuch 2015, S. 1. 10  Hierunter wird die Relation des Prämienaufkommens zum Bruttoinlandsprodukt verstanden. 11  GDV, Statistisches Taschenbuch 2015, S. 1.



A. Einführung in die Thematik21

sicherer gehören zu den größten institutionellen Investoren in Deutschland.12 Dabei ist die Stellung der privaten Rentenversicherung als dritte Säule im System der Alterssicherung gerade in Deutschland besonders hervorzuheben.13 Teilweise wird von dieser als einzige privatwirtschaftliche Institution zur Alterssicherung gesprochen.14 Gemessen am Prämienvolumen ist die Sparte der Lebensversicherungen mit einem Bruttobeitragsaufkommen von ca. 93 Mrd. Euro der bei Weitem umsatzstärkste Versicherungszweig.15 Mit großem Abstand folgen die private Krankenversicherung auf Platz 2 (knapp 36 Mrd. Euro) und die Kraftfahrtversicherung auf Platz 3 (24 Mrd. Euro). Das gleiche Bild ergibt sich beim Blick auf den Kapitalanlagebestand. Hier führt die Lebensversicherung i. w. S. (Renten- und Pensionsfonds, Risiko- und Kapitallebensversicherung) mit ca. 760 Mrd. Euro angelegtem Kapital.16 Dies entspricht über 57 % des gesamten Kapitalanlagebestandes aller Versicherungsunternehmen.

II. Gang der Untersuchung Ziel dieser Arbeit ist es, die neu auf dem Markt vertriebenen Produkte auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen und im Falle eines negativen Ergebnisses aufzuzeigen, ob und wie eine entsprechende Regelung möglicherweise dennoch umgesetzt werden kann. Darüber hinaus sollen weitere Gestaltungsoptionen der Versicherer aufgezeigt und diese ebenfalls auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Es wird mit einem kurzen Überblick über die private Rentenversicherung begonnen. Hierbei wird neben der Funktionsweise auch auf die relevanten gesetzlichen Rahmenbedingungen eingegangen. Ausgehend von den marktbekannten Grundprodukttypen – klassische Rentenversicherung und fondsgebundene Rentenversicherung – wird das mögliche Vorgehen der Versicherer aufgezeigt (Kapitel 1). Wegen der staatlichen Aufsicht über das Versicherungswesen und der Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle ist vor Beginn 12  Wandt,

Versicherungsrecht, Rn. 1141. zum gesamten System der Altersvorsorge vgl. Schwebler, ZVersWiss 79 (1990), 541, 551 m. w. N.; Benkel / Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, Einleitung C. Rn. 1 f.; Theis, Alterssicherungsinstitution, S.  60 ff.; Michaels, WM 1997, 49, 59. 14  Vgl. Theis, Alterssicherungsinstition, sowie Heiss, Institutionalisierung der deutschen Lebensversicherung. 15  GDV, Statistisches Taschenbuch 2015, S. 1; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1140; Wird auf die bloße Anzahl an Verträgen abgestellt liegt die KfZ-Versicherung auf Platz 1 (ca. 107 Mio Verträge), gefolgt von der Lebensversicherungssparte (ca. 94 Mio Verträge); Quelle: GDV Jahrbuch 2012, S. 7. 16  GDV, Lebensversicherung in Zahlen, S. 6. 13  Ausführlich

22

Kap. 1: Allgemeines

der eigentlichen Untersuchung eine Festlegung des Prüfungsmaßstabs in Bezug auf die maßgeblichen Regelungen notwendig (Kapitel 2). Nur so kann eine auch für die Praxis wertvolle Rechtmäßigkeitsprüfung erfolgen. Hieran schließt sich die konkrete Prüfung der verschiedenen Regelungen auf ihre Rechtmäßigkeit an (Kapitel 3). Es wird zunächst jede Regelung als Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen separat geprüft. Da das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen maßgeblich ist, kommt es insbesondere auf die konkrete Formulierung der jeweiligen Klausel an. Umsetzung und Formulierung der Regelung werden allerdings vom jeweiligen Versicherer bestimmt, sodass die Prüfung anhand von Musterklauseln vorgenommen wird. Hierbei wird ebenfalls auf gestaltungs- und formulierungstechnische Besonderheiten eingegangen. Können verschiedene Regelungen miteinander kombiniert werden, wird auf die hierdurch entstehenden Wechselwirkungen und damit auf die Rechtmäßigkeit der Kombination eingegangen. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung der gefundenen Ergebnisse (Kapitel 4).

B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor I. Bedeutung und Ausgangslage Bereits zu Beginn wurde die besondere Bedeutung der privaten Rentenversicherung und des Rentenversicherungssektors – sowohl für den Einzelnen als Instrument der Altersvorsorge, als auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht – aufgezeigt. Im Altersvorsorgesektor ist in den letzten 15 Jahren ein deutlicher Trend weg von der kapitalbildenden Lebensversicherung und hin zur Rentenversicherung erkennbar. Entfielen im Jahr 1999 noch 64,9 % des Lebensversicherungsneugeschäfts auf die gemischte Kapitallebensversicherung und lediglich 2,2 % auf Rentenversicherungen, so betrug der Neugeschäftsanteil an Kapitallebensversicherungen im Jahre 2011 gerade einmal noch 11,2 %.17 Insofern hat die kapitalbildende Lebensversicherung mit Einmalauszahlung zwar an Bedeutung verloren, dies jedoch nur zu Gunsten der Rentenversicherung als Instrument der privaten Altersvorsorge. Ausschlaggebend für diesen Trend dürfte die immer weiter steigende durchschnittliche Lebenserwartung sein, die dafür sorgt, dass statt der Hinterbliebenenvorsorge als Zweck der Versicherung mittlerweile die eigene Altersvorsorge und Kapitalausstattung nach dem Erwerbsleben im Vordergrund steht.18

17  GDV,

Jahrbuch 2012, S. 30. VersR 2004, 8 ff.; Looschelders / Pohlmann / Krause, Vor §§ 150–171

18  Winter,

Rn. 1.



B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor23

Hinzu kommt die sinkende Leistungsfähigkeit des Staates im Bereich der gesetzlichen Altersvorsorge.19 Die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist inzwischen das am schnellsten alternde Volk der Welt.20 Der Anstieg der Lebenserwartung und das gleichzeitige Sinken der Geburtenrate führen zu einem Anstieg der Bezugsberechtigten, sowie zu einer längeren Renten­ bezugsdauer. Dieser Entwicklung steht eine sinkende Zahl an Einzahlungspflichtigen gegenüber. Die auf dem reinen Umlageprinzip basierende gesetzliche Altersvorsorge kann ein solches Übergewicht an Rentenempfängern im Gegensatz zu der Zahl der Einzahlungspflichtigen nicht auffangen bzw. finanzieren. Für die Zukunft ist daher eine wachsende Versorgungslücke zu erwarten. Lag das Nettorentenniveau im Jahr 2004 noch bei 67,9 %,21 so wird für das Jahr 2030 ein Nettorentenniveau von nur noch 58,5 % prognostiziert.22 Aus diesen Gründen wird die private Altersvorsorge weiter an Bedeutung gewinnen.23

II. Funktionsweise Gründe für die schwierige Situation in der privaten Rentenversicherung sind die wirtschaftlichen Umstände sowie die gesetzlichen und insbesondere aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen. Dementsprechend werden die zwei wichtigsten rechtlichen Grundsätze im Bereich der privaten Rentenversicherung vorab erläutert.24 1. Anlagebeschränkung und Höchstrechnungszins Die klassische Rentenversicherung ist so aufgebaut, dass dem Versicherungsnehmer gegen Prämienzahlung eine Todes- und Erlebensfallleistung 19  Vgl. Börsch-Supan / Gasche / Ziegelmeyer, Auswirkungen der Finanzkrise, S. 2 f.; Schwebler, ZVersWiss 79 (1990), 541, 553. 20  Brand: Das Sozialrecht für ein längeres Leben, S. 127, 129; vgl. für die allgemeine Prognose der Bevölkerungsentwicklung: Statistisches Bundesamt, Bevölkerung Deutschlands bis 2060, S. 1  ff., sowie Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 153 vom 28.04.2015. 21  Es existieren unterschiedliche Berechnungsmethoden für das Nettorentenniveau (teilweise werden vom Nettoeinkommen pauschal 4 % für die empfohlene private Altersvorsorge abgezogen). Daher schwanken die Zahlen für 2004 zwischen 64,4 % und 67,9 %. 22  Bourcarde, IWS (2) 2006, 16, 19; BT-Drucks. 14 / 5146, S. 6. 23  Sozialpolitik Deutschland (Band 2), Kapitel VII („Alter“), S. 383; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, §§ 150 bis 171 Rn. 1; Schwebler, ZVersWiss 72 (1990), 541, 554. 24  Ausführlich zur Funktionsweise der Rentenversicherung: Theis, Alterssicherungsinstitution, S.  86 ff.

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Kap. 1: Allgemeines

garantiert wird.25 Bei vorzeitigem Tod erhält der Versicherungsnehmer die Todesfallleistung, bei Erleben des Rentenbeginns die Erlebensfallleistung als Rente ausgezahlt. Dementsprechend ist die Leistungspflicht des Versicherers gewiss. Lediglich Auslöser sowie Zeitpunkt der Leistung bleiben zunächst ungewiss. Wegen der feststehenden Leistungspflicht muss der Versicherer gemäß §§ 138, 125 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)26 für die einzelnen Verträge – als Gegengewicht zu den eingegangenen Verpflichtungen – ausreichende Deckungsrückstellung bilden.27 Die Deckungsrückstellungen bilden mit anderen Posten das sogenannte Sicherungsvermögen,28 welches allein der Befriedigung und Sicherung der bereits feststehenden aber erst zukünftig zu erfüllenden Ansprüche der Versicherungsnehmer dient. Zum Schutz der Versicherungsnehmer und der dauernden Erfüllbarkeit ihrer Ansprüche gegen den Versicherer ist gesetzlich festgelegt, dass das Sicherungsvermögen nur in bestimmte Kapitalmarktprodukte angelegt werden darf.29 So wird beispielsweise die Anlage von Vermögen in verschiedene risikoreiche Finanzprodukte wie Optionspapiere etc. ausgeschlossen oder auf eine gewisse Quote beschränkt. Zudem wird das Sicherungsvermögen als Sondervermögen von einem Treuhänder verwaltet.30 Hierbei gilt, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders über dieses Vermögen verfügt werden darf, § 129 Abs. 1 VAG31, und auch nur, wenn die durch sie gedeckten Verpflichtungen des Versicherers erlöschen, § 130 VAG.32 Weiter ist reguliert, welche Rendite der Versicherer gegenüber den Versicherungsnehmern maximal garantieren darf (sog. Höchstrechnungszins).33 Dieses Zusammenspiel von Höchstrechnungszins und den gesetzlichen Anlagebeschränkungen dient dazu, die Ansprüche gegen den Versicherer zu sichern und deren Erfüllbarkeit zu gewährleisten.34 Die Rechtfertigung dieser 25  Siehe

unter Kapitel 1 B. der Umsetzung der EU-Richtlinie Solvency II ist das Versicherungsaufsichtsgesetz vollständig novelliert worden. Das neue VAG ist zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Die Verweise auf das VAG beziehen sich auf die neue Fassung. Sofern auf die alte Fassung Bezug genommen wird, ist dies entsprechend kenntlich gemacht. 27  Entspricht inhaltlich unverändert §§ 11, 66 VAG a. F. 28  Früher Deckungsstock genannt; Bähr / Heitmann, Handbuch Versicherungsaufsichtsrecht, § 17 Rn. 17. 29  Siehe § 124 VAG. 30  Langheidt / Wand / Heiss / Mönch, Vor § 150 Rn. 49; Einzelheiten in BaFin Rundschreiben 13 / 2005 vom 08.08.2005. 31  Entspricht inhaltlich unverändert § 72 VAG a. F. 32  Entspricht inhaltlich unverändert § 77 VAG a. F. 33  Der Höchstrechnungszins darf gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 1a VAG a.  F. i. V. m. §§ 1 ff. DeckRV maximal 60 % der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen betragen. 34  Bähr / Heitmann, Handbuch Versicherungsaufsichtsrecht, § 17 Rn. 4; vgl. für die sozialpolitische Bedeutung BR-Drucks. 23 / 94, S. 165. 26  Aufgrund



B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor25

staatlichen Aufsicht begründet sich in der überragenden Bedeutung der Rentenversicherung als Form der privaten Alterssicherung.35 Hinzu kommt die immense Laufzeit eines Rentenversicherungsvertrages von mehreren Jahrzehnten, welche wegen der Unvorhersehbarkeit von Ereignissen eine besondere Aufsicht gebietet. Ohne eine solche staatliche Regulierung stünde ein Wettbewerb der Versicherungsunternehmen mit hohen Renditeversprechen zu befürchten, welche wiederum nur mit riskanten Anlageformen zu erfüllen wären. Dieser Wettbewerb würde letztlich zu Lasten der Versicherten gehen. Ein effektiver Versicherungsschutz wäre unmöglich, wodurch die Aufgabe der Rentenversicherung – Absicherung nach dem Erwerbsleben – konterkariert würde. 2. Prämienüberhöhung und Überschussbeteiligung Zusätzlich zu diesen Anlagebeschränkungen gelten für die Prämienkalkulation besondere Anforderungen. Wegen der langen Vertragsdauer von durchschnittlich über 50 Jahren36 besteht ein besonderes Risiko hinsichtlich sich ändernder Kosten, wirtschaftlicher Schwankungen oder technischer Risiken wie beispielsweise einer Änderung der Sterblichkeitsrate.37 Hinzu kommt die nur begrenzte Prämien- bzw. Leistungsanpassungsmöglichkeit des Versicherers unter den strengen Voraussetzungen des § 163 VVG. Aus diesen Gründen gebietet schon die unternehmerische Vernunft, gewisse Sicherheitszuschläge in die Prämienhöhe einzukalkulieren. Dennoch schreibt der Gesetzgeber zur Sicherheit in § 138 VAG38 vor, dass Prämien derart kalkuliert sein müssen, dass das jeweilige Versicherungsunternehmen „allen seinen Verpflichtungen nachkommen, insbesondere für die einzelnen Verträge ausreichende Deckungsrückstellungen bilden kann.“ Um diesen Anforderungen zu genügen werden Prämien sehr vorsichtig und unter Berücksichtigung erheblicher Sicherheitszuschläge berechnet.39 Zusätzlich zu dieser „Pufferkalkulation“ werden Sterbetafeln verwendet, welche eine tendenziell höhere LebensMichaels, WM 1997, 59, 59; Prölss / Präve, § 11 Rn. 2. Renditewettbewerb, S. 15; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 27; Pfleiderer, Überschussbeteiligung, S. 1. 37  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1; Stindt, Überschussbeteiligung, S. 1; Pfleiderer, Überschussbeteiligung, S. 16. 38  Entspricht inhaltlich unverändert § 11 VAG a. F. 39  BT-Drucks. 16 / 3945 S. 51 f.; Schierenbeck / Hölscher, Bank Assurance, S. 720; HdV / Albrecht / Lippe, S. 525 ff.; Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 17; Lorenz, ZVers­ Wiss 82 (1993), 283, 286; Römer / Langheid, § 153 Rn. 17; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 8; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 2; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 274; umfassend zur Prämienkalkulation: Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 29 ff. 35  Vgl.

36  Goecke / Will,

26

Kap. 1: Allgemeines

erwartung annehmen als es der tatsächlichen entspricht. Hierdurch wird eine weitere Sicherung der Ansprüche erreicht.40 Diese Vorsichtsmaßnahmen haben zur Folge, dass die Prämien höher ausfallen als der mutmaßliche Risiko- und Kostenbedarf. Auch die im Regelfall nicht verwendeten Sicherheitszuschläge41 gehen – wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat42 – in das unternehmerische Eigentum des Versicherers über. Mit diesem Kapital kann das Versicherungsunternehmen Gewinne erwirtschaften und Vermögenswerte schaffen. Letztlich entstehen durch die vorgeschriebene Prämienüberhöhung auf Seiten des Versicherers große Vermögenswerte, welchen keine Verpflichtungen gegenüberstehen. Eine unmittelbare Rückzahlung ist weder verpflichtend vorgeschrieben noch wird eine solche praktiziert. Um das Produkt Versicherung für den Versicherungsnehmer dennoch wirtschaftlich zu gestalten und unakzeptable Nachteile zu verhindern, findet eine Rückerstattung mittelbar durch die Beteiligung an dem so erwirtschafteten Überschuss des Unternehmens statt.43 Die Höhe dieses Überschusses ist von dem tatsächlich erzielten Kapitalergebnis, der tatsächlichen Sterberate und den tatsächlichen Gesamtkosten abhängig.44

III. Problematik Die beschriebenen wirtschaftlichen und demografischen Änderungen wirken sich sowohl für den Versicherungsnehmer als auch für den Versicherer und dessen Geschäftsmodell negativ aus.45 Hauptproblem ist – insbesondere wegen des aktuellen Niedrigzinsumfeldes – die Zinsgarantie als Alleinstellungsmerkmal der deutschen Rentenversicherung.46 Bei Beginn der Rentenphase sehen die laufenden Lebensversicherungsverträge eine Rentenzahlung mit garantiertem Mindestzins vor. Die Zinshöhe wird allerdings schon bei zum Ganzen: Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 29 ff. VerBAV 1980, 22, 24; ders. VerBAV 1989, 225, 226 ff. 42  BVerfG, Urt. v. 26.7.2005  – 1 BvR 80 / 95 Rn. 71 = VersR 2005, 1127, 1131 = NJW 2005, 2376, 2379. 43  Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 274; Langheid / Wandt /  Heiss, 153 Rn. 16; Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 199 ff.; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 274; Engeländer, NVersZ 2000, 545, 546; Lorenz, ZVersWiss 82 (1993), 283, 287. 44  Basedow, ZVersWiss, 81 (1992), 419, 422 f. 45  Auf die Probleme der Niedrigzinsphase für die Versicherer hat insbesondere der IWF aufmerksam gemacht: IMF, Global Financial Stability Report, S. 22. 46  Schradin, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 2015, 213, 222; Grundsätzliches zur Ökonomie des Geschäftsmodells der Lebensversicherung Schradin, in: FS Hübner, S.  287 ff. 40  Vgl.

41  Claus,



B. Überblick über den privaten Rentenversicherungssektor27

Abschluss des Vertrages garantiert. Auf diese Weise wird das Hauptziel der Lebensversicherung – Sicherheit im Alter – verwirklicht. Zwar hat der Versicherungsnehmer unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung Planungssicherheit, allerdings liegt das nicht unerhebliche Kapitalmarktrisiko vollständig auf Seiten des Versicherers.47 Die problematischen Auswirkungen zeigen sich bei einem Blick auf den Bestand an vor einigen Jahren geschlossenen Verträgen. Durch den bei Vertragsschluss festgelegten Garantiezins haben Versicherer noch eine große Zahl von Altverträgen in ihrem Portfolio. Diese wurden mit dem damals gültigen Höchstrechnungszins von 3,5 – 4 % abgeschlossen. Trotz der aktuell niedrigen Zinsen müssen diese Verträge laufend bedient werden. Eine solch hohe Rendite kann aktuell – unter Beachtung der aufsichtsrechtlichen Anlagevorschriften48 – am Markt nicht erwirtschaftet werden.49 Infolgedessen müssen alte, lukrative Kapitalanlagen mit hoher Rendite oder stille Reserven vorzeitig aufgelöst werden. Ein weiteres Problem des niedrigen Zinsniveaus besteht wegen der Kopplung des maximalen Garantiezinses an den Leitzins. Aktuell dürfen Rentenversicherungen gemäß § 217 Nr. 7 VAG50 i. V. m. § 2 DeckRV einen maximalen Garantiezins (Höchstrechnungszins) von lediglich 1,25 % garantieren. Dieser liegt nur wenig über der Inflationsrate und schmälert damit die Attraktivität der Rentenversicherung im Vergleich zu anderen Anlageformen. Dies wird weiter verstärkt, wenn die Überschussbeteiligung – welche einen Hauptteil der Ablaufleistung ausmacht51 – wegen Verpflichtungen aus dem Altbestand geschmälert wird. Da nicht abzusehen ist, wie lange diese Niedrigzinsphase noch andauern wird, sind die Versicherungsunternehmen zum Handeln gezwungen. Es liegt auf der Hand, dass hierzu insbesondere an der Zinsgarantie als Auslöser dieser Problematik angesetzt wird. Problematisch sind auch Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere die gerade umgesetzte10. VAG Novelle ist zu nennen, welche die EU-Vorgaben der Solvency-II-Richtlinie52 umsetzt und dem System der Bankenregulierung angleicht.53 Hierdurch wird die Bewertung von 47  Michaels, WM 1997, 59, 59; Börsch-Supan / Gasche / Ziegelmeyer, Auswirkungen der Finanzkrise, S. 2 f. 48  Siehe unter Kapitel 1 B. II. 1. 49  Schradin, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 2015, 213, 217. 50  Entspricht inhaltlich unverändert § 65 VAG a. F. 51  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52; Schierenbeck / Hölscher, Bank Assurance, S. 720; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 3; Ortmann, Kapitalanlage, S. 36; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 273; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 3. 52  Rahmenrichtlinie 2009 / 138 / EG. 53  Langheid / Wandt / Schradin, Betriebswirtschaftslehre der Versicherung, Rn. 29.

28

Kap. 1: Allgemeines

Vermögenswerten und Verbindlichkeiten neu geordnet, Berichtspflichten der Unternehmen werden deutlich erweitert und darüber hinaus die Kapital- und Eigenmittelanforderungen verschärft.54 Durch die komplexen Bewertungsmodelle werden vergleichsweise hohe Anforderungen an das Solvenzkapital gestellt, wodurch insbesondere die Lebensversicherer weiter belastet werden.55 Eingegangene Verbindlichkeiten müssen ebenso wie risikoreiche An­ lagen durch das Vorhalten von Eigenkapital in entsprechender Höhe abge­ sichert werden. Um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, müssen die Versicherer in den nächsten Jahren einen großen Teil ihres Kapitals einbehalten, was wegen der damit einhergehenden geringeren Überschussbeteiligung auch für die Versicherungsnehmer magere Zeiten bedeutet. Dem entsprechenden nationalen Gesetzesentwurf wurde im März 2015 zugestimmt, die Änderungen sind zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten.56 Insofern ist die Situation der Versicherer mit derjenigen vieler Betriebe in Hinblick auf die Betriebsrenten vergleichbar. Neben der allgemein gestiegenen Lebenserwartung und damit der Dauer der Bezugsphase führt das aktuell niedrige Zinsniveau dazu, dass Leistungszusagen aus der Vergangenheit nur schwer zu erwirtschaften sind und wegen der Bildung höherer Rückstellungen57 auch ein erhöhter Kapitalbedarf notwendig ist. Im Gegensatz zu den Betriebsrenten können Versicherer sich unter keinen Umständen von bereits in der Vergangenheit verdienten bzw. garantierten Ansprüchen lossagen.58 Um zukünftig weitere Probleme zu vermeiden, sind Versicherer dazu gezwungen, ihre Produkte entsprechend anzupassen. Im Mittelpunkt dieser Anpassungen stehen insbesondere die umfangreichen Finanzgarantien.59

C. Mögliche Produkte und deren Typologie Die oben beschriebenen Veränderungen in wirtschaftlicher, rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht führen dazu, dass Versicherungsunternehmen neue Rentenversicherungsprodukte auf den Markt bringen und auch bringen müssen, um die Attraktivität der Rentenversicherung aufrecht zu erhalten. Um 54  Zum Ganzen siehe BT-Drucks. 18 / 2956 S. 228 f., vgl. auch Schradin, in: FS Hübner, S. 300. 55  Lüttringhaus, EuZW 2011, 822, 825. 56  BT-Drucks. 18 / 2956, S. 225 (Artikel 3 des Änderungsgesetzes). 57  Rückstellungen werden nur auf den aktuellen Wert abgezinst. Dementsprechend muss bei niedrigen Zinsen mehr Kapital angelegt werden um den gleichen Barwert zu erhalten. 58  Vergleiche zu der Lossagung von Betriebsrenten die sog. „Drei-Stufen-Theorie“ des Bundesarbeitsgerichts, Urt. v. 17.11.1992 – 3 AZR 76 / 92 = NZA 1993, 939 ff. 59  Vgl. auch Schradin, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 2015, 213, 222.



C. Mögliche Produkte und deren Typologie29

die garantierten Leistungen des Versicherers den aktuellen Erfordernissen anzupassen, steht eine Vielzahl von Möglichkeiten offen. Neben einer Änderung der rechtlichen Konstruktion zur Finanzierung der Garantieleistung kann diese bzw. ihr Umfang auch grundsätzlich angepasst werden. Ausgehend von den aktuell angebotenen Rentenversicherungsprodukten stehen den Versicherern grundsätzlich zwei Wege zur Auswahl: Entweder wird die Garantieleistung eines klassischen Rentenversicherungsprodukts gekürzt, sodass eine höhere Rendite möglich ist. Die andere Herangehensweise ist, eine risikoreiche Rentenversicherungsform wie beispielsweise eine fondsgebundene Rentenversicherung um ein Garantieelement zu erweitern. Wegen der Vielzahl an „Stellschrauben“ im Rahmen von Rentenversicherungen stehen den Versicherern bei der konkreten Produktgestaltung mannigfaltige Gestaltungsmöglichkeiten offen. Letztlich gilt es einen Mittelweg und Kompromiss zu finden, welcher Risiko, Rendite und Garantieleistung bestmöglich und am attraktivsten in Ausgleich bringt. Im Folgenden werden mögliche Gestaltungsoptionen der Versicherer im Hinblick auf ihre Produkte erörtert. Die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten sind gewissermaßen als „Toolbox“ zu verstehen und können somit von den Versicherungsunternehmen – im Rahmen der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten – miteinander kombiniert werden. Aus Gründen der Praxisnähe und einer besseren Darstellung werden dabei gewisse Gestaltungsmöglichkeiten der „Toolbox“ so kombiniert, wie das auch von Versicherungsunternehmen zu erwarten ist und als verschiedene – bereits existierende – Produktformen dargestellt. Wegen der Vielzahl an rechtlichen Regelungen innerhalb eines Produktes sind diese Erörterungen und Typologisierungen dabei keinesfalls als abschließend anzusehen. Neben weiteren Möglichkeiten der Produktgestaltung ist auch eine andere Kombination der nachfolgend erläuterten rechtlichen Gestaltungsvorschläge in einem Produkt möglich.

I. Typ I: Rentenversicherung auf Grundlage eines klassischen Rentenversicherungsvertrages Diesem Typ liegt eine klassische Rentenversicherung auf den Todes- und Erlebensfall zugrunde. Während der Ansparphase zahlt der Versicherungsnehmer eine Prämie, aus welcher die Leistung bei vorzeitigem Todesfall und die Rente bei Erleben der Bezugsphase erwirtschaftet werden.60 Grundsätz60  Zu den Regelungen einer klassischen Rentenversicherung: Langheid / Wandt /  Heiss / Mönch, Vor. §§ 150–171 Rn. 10, 21; Römer / Langheid, Vor §§ 150–171 Rn. 2 ff.; Prölss / Martin / Schneider, Vor §§ 150–171 Rn. 15.

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Kap. 1: Allgemeines

lich partizipiert der Versicherungsnehmer während der gesamten Dauer dieses Vertrages an den erwirtschafteten Überschüssen; die konkrete Form der Gutschrift kann dabei von den Parteien bestimmt werden.61 Bei diesem Typ I wird ein solches klassisches Produkt lediglich hinsichtlich gewisser Elemente angepasst. Entsprechend sind auch nur diese Änderungen Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen. Im Übrigen bleibt es bei den Regelungen einer klassischen Rentenversicherung. Die bedeutendsten Änderungen bestehen bezüglich der Rentenberechnung. Die Rentenhöhe wird nicht – wie bisher üblich – bereits bei Vertragsschluss anhand des zu diesem Zeitpunkt geltenden Höchstrechnungszinses berechnet und über die gesamte Vertragsdauer garantiert, sondern erst bei Eintritt in die Bezugsphase. Entsprechend sind auch erst die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen hierfür maßgeblich. Würde allein der Rentenberechnungszeitpunkt nach hinten verschoben und würden dennoch die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Rechnungsgrundlagen maßgeblich, so würde dies nur eine „technische“ Änderung für den Versicherungsnehmer bedeuten. Das Verschieben des Zeitpunktes alleine bringt keine materiellen Änderungen mit sich. Wenn alle übrigen Parameter gleich blieben, bestünden keine Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Entscheidend ist, dass gleichzeitig auch diejenigen Rechnungsgrundlagen verwendet werden, welche zum Zeitpunkt der Rentenberechnung – also dem Beginn der Bezugsphase – für vergleichbare Rentenversicherungsprodukte gelten. Hierdurch werden alle sich während der gesamten Ansparphase ergebenden maßgeblichen Änderungen an den Versicherungsnehmer weitergegeben. Je nachdem, wie sich die maßgeblichen Parameter entwickeln, entwickelt sich auch die Höhe der Rente, sodass diese im Vergleich zu einem klassischen Rentenversicherungsprodukt höher oder niedriger ausfallen kann. Im Zeitraum vom Vertragsschluss bis zum Erreichen der Bezugsphase ist die konkrete Höhe ungewiss. Diese Gestaltung wird durch Aufnahme einer „Aufschubklausel“ in den Vertrag erreicht.62 Möglich ist es auch, diese Aufschubklausel zusätzlich um eine garantierte Mindestrente zu ergänzen. Hierdurch ist der Versicherungsnehmer insofern abgesichert, als er auch Falle der schlechtestmöglichen Entwicklung eine Garantieleistung erhält. Dieser Produkttyp basiert auf einer klassischen Rentenversicherung, sodass dem Versicherungsnehmer grundsätzlich eine Überschussbeteiligung 61  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 1 ff.; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 1; Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, § 153 Rn. 1 f., 9 ff.; für die verschiedenen Optionen der Überschussverwendung siehe Kapitel 2 C. III. 1. d) sowie Kapitel 3 C. I. 62  Diese Gestaltung entspricht einem bereits auf dem Mark erhältlichen Versicherungsprodukt eines großen deutschen Versicherungsunternehmens.



C. Mögliche Produkte und deren Typologie31

zusteht. Sofern diese nicht ausgeschlossen wird – wovon wegen der enormen Bedeutung der Überschussbeteiligung für den Versicherungsnehmer und damit auch für den Vertrieb des Produktes nicht auszugehen ist – sind bei diesem Typ weitere Gestaltungsoptionen denkbar, welche die Überschussbeteiligung betreffen.

II. Typ II: Rentenversicherung auf Grundlage einer fondsgebundenen Rentenversicherung Eine im Vergleich zum zuvor dargestellten Produkttyp grundlegend andere Herangehensweise stellt es dar, wenn ein risikoreiches Produkt um eine Sicherheitskomponente ergänzt wird.63 Dieser Produkttyp ist dem Grunde nach eine fondsgebundene Rentenversicherung in Kombination mit einer Risiko­ lebensversicherung. Dementsprechend wird bei vorzeitigem Ableben des Versicherungsnehmers eine Todesfallsumme in Höhe der durch die bereits geleisteten Beiträge erworbenen Fondsanteile gezahlt. Die Höhe der Rente berechnet sich nach dem Fondswert im Zeitpunkt des Beginns der Bezugsphase.64 Wie bei einem fondsgebundenen Versicherungsprodukt üblich, ist auch bei diesem Typ die Überschussbeteiligung gemäß § 153 VVG ausdrücklich ausgeschlossen. Dies ist nur konsequent, da die Prämien komplett in den Anlagefonds bzw. in die Garantieleistung investiert werden und sie daher nicht zum Überschuss des Unternehmens beitragen. Eine Partizipation des Versicherungsnehmers findet unmittelbar durch die Erhöhung des Fondswertes statt.65 Insofern unterscheidet sich auch dieser Typ dem Grunde nach nicht von bereits am Markt angebotenen fondsgebundenen Lebens- / Rentenversicherungen. Um bei einer attraktiven Rendite dennoch die Sicherheitskomponente zu erhöhen, wird das Produkt wie folgt modifiziert: Anders als bei einer gewöhnlichen fondsgebundenen Lebensversicherung obliegt die Fondsauswahl nicht dem Versicherungsnehmer. Die Investition der Netto-Versicherungsprämien erfolgt hier nach einem fest vorgegebenen Anlagekonzept durch das Versicherungsunternehmen bzw. durch einen vom Versicherungsunternehmen beauftragten Aktuar. Die Aufteilung des für die Kapitalanlage bestimmten Anteils der Beiträge erfolgt je nach Kapitalmarktsituation und versicherungsmathematischem Verfahren entweder in einen von zwei Investmentfonds mit unterschiedlichem Risikoprofil oder nach Auftei63  Auch solche Produkte werden bereits von großen deutschen Versicherungsunternehmen angeboten. 64  Ausführlich zu den Regelungen einer fondsgebundenen Rentenversicherung: Prölss / Martin / Schneider, Vor §§ 150–171 Rn. 30; Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 24; Römer / Langheid, Vor §§ 150–171 Rn. 10 ff. 65  Veith / Gräfe / Gebert / Schnepp, § 10 Rn. 28.

32

Kap. 1: Allgemeines

lung der Prämie parallel in beide Investmentfonds. Der Versicherungsnehmer hat mangels Fondswahlrecht keinen Einfluss auf die Anlagestrategie. Diese obliegt vollständig dem Versicherer. Des Weiteren ist dieses Produkt um eine Garantiekomponente ergänzt. Zwar ist eine solche Produktform bereits durchaus üblich, allerdings unterscheidet sich die rechtliche Ausgestaltung von der sonst üblichen. Werden fondsgebundene Produkte um eine Garantie erweitert (meist Beitrags- bzw. Kapitalerhaltungsgarantie), so geschieht dies aktuell, indem die zu zahlende Prämie wie bei klassischen Rentenversicherungsprodukten in Risiko- und Sparteil aufgegliedert wird. Aus dem Sparteil wird die Garantieleistung erwirtschaftet, sodass dieses Kapital entsprechend den Anlagebeschränkungen für Garantieleistungen im Sicherungsvermögen des Unternehmens angelegt werden muss. Insofern unterliegt es den hierfür geltenden Anlagebeschränkungen nach § 124 VAG.66 Anders als nach der bisherigen Praxis üblich wird die Garantiekomponente im Rahmen des Produkttyps-II nicht vom Versicherer selbst, sondern durch einen Rückversicherer erwirtschaftet. Zur Umsetzung dieser „Rückversicherungslösung“ schließt der Versicherer eine Rückversicherung mit einem Rückversicherungsunternehmen ab. Versichertes Risiko ist das Absinken des Fondsguthabens unter die Summe der gesamt geleisteten Beiträge. Der Versicherungsfall tritt also ein, wenn das Fondsguthaben zum vereinbarten Rentenbeginn (also nur am Tag des Beginns der Bezugsphase) 100 % des Betrages der geleisteten Beiträge unterschreitet. Die Höhe der Versicherungssumme kann grundsätzlich beliebig gewählt werden, wird jedoch wegen der Interessenlage beider Parteien so festgelegt, dass sie die Differenz zwischen Fondsguthaben und der Summe der geleisteten Prämien ausgleicht. Für den Fall, dass das Fondsguthaben über dem garantierten Mindestguthaben liegt, tritt der Versicherungsfall nicht ein, sodass auch kein Rückversicherungsguthaben besteht. Wegen dieser Auslagerung der Garantiekomponente handelt es sich um ein „Variable Annuitäten Produkt“.67 Durch die „Rückversicherungslösung“ ist die Kapitalerhaltung garantiert, ohne dass die dazu nötigen Mittel in das Sicherungsvermögen des Unternehmens eingebracht werden müssen. Auf diese Weise vermeidet das Versicherungsunternehmen, die für das Sicherungskapital geltenden strengen Anlagebeschränkungen des § 124 VAG einhalten zu müssen, wodurch die Garantieleistung flexibel und kostengünstiger abgebil66  Entspricht inhaltlich unverändert § 54 VAG a. F.; ausführlich dazu: Prölss / Lipowsky, § 54 Rn. 2 ff.; Bähr / Heitmann, § 17 Rn. 3; Laars, Versicherungsaufsichtsgesetz, Vor § 54 Rn. 1 ff. 67  Umfassend zu der rechtlichen Konstruktion solcher Produkte: Dreher / Lange, VersR 2010, 1109 ff.; Dreher / Schmidt, WM 2008, 377 ff.



C. Mögliche Produkte und deren Typologie33

det werden kann. Die für die Rückversicherung aufzuwendenden Prämien sind für das Rentenversicherungsunternehmen gewöhnliche Kosten, welche der Versicherungsnehmer beispielsweise durch Entnahme der Gebühren aus dem Fondsvermögen trägt. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass die Rückversicherung bei zahlreichen abgeschlossenen Rentenversicherungen dieses Typs als eine Art „Gruppenversicherung“ abgeschlossen werden kann, wodurch die Prämie und damit die Garantiekosten für den Erstversicherer und damit auch für die Versicherungsnehmer der Rentenversicherung erheblich sinken. Darüber hinaus ergeben sich durch die rechtliche Gestaltung als Variable-Annuities-Produkt steuerliche Vorteile.68

68  Eingehend

dazu Holler / Klinge, VW 2006, 792 ff.

Kapitel 2

Prüfungsmaßstab Bevor die einzelnen Klauseln der verschiedenen Produkttypen auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem Recht untersucht werden, muss der für sie geltende Prüfungsmaßstab erörtert werden. Das Versicherungsrecht als Ganzes und der Versicherungsvertrag im Einzelnen werden von einer Vielzahl an Rechtsquellen und Normen geregelt. Für den Versicherungsvertrag selbst sind die Normen des VVG als lex specialis vorrangig einschlägig. Ergänzend finden Normen des allgemeinen Zivilrechts (BGB) Anwendung. Dazu kommen Normen des allgemeinen Handels- und Gesellschaftsrechts und solche des Versicherungsaufsichtsgesetzes, sowie zahlreicher Verordnungen und Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), welche als schlichtes Verwaltungshandeln für die Versicherungsunternehmen zwar grundsätzlich unverbindlich sind, aus praktischen Gründen dennoch zu beachten sind.1 Für den konkreten Prüfungsmaßstab ist neben der Frage der anzuwendenden Rechtsnormen auch zu erörtern, wie deren Einhaltung kon­trolliert wird und welche Folgen Verstöße gegen das geltende Recht haben.

A. Versicherungsvertragsgesetz Das Versicherungsvertragsgesetz ist seit 1908 in Kraft und besteht mit einigen Änderungen – insbesondere durch eine umfangreiche Reform im Jahr 2008 – bis heute unverändert fort. Neben einem allgemeinen Teil,2 welcher grundsätzliche Fragen von Versicherungsverträgen sowie deren Zustandekommen regelt, werden besondere Regelungen für einzelne Versicherungszweige normiert. Diese finden sich für die kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherung in den §§ 150–171 VVG und sind bei der Entwicklung neuer Produkte dieser Sparte unbedingt zu beachten.

1  Bei Nichtbeachtung könnte die Aufsichtsbehörde Verwaltungsakte oder Verwaltungsvorschriften erlassen; dazu Pitschas, WM 2000, 1126 ff.; Fett, WM 1999, 613 ff. 2  §§ 1–99 VVG.



C. Versicherungsaufsichtsrecht35

B. Bürgerliches Gesetzbuch Da es sich bei dem Rentenversicherungsvertrag um einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer handelt, sind – sofern im VVG diesbezüglich keine vorrangigen Spezialvorschriften normiert sind – die entsprechenden Regelungen des BGB ergänzend anzuwenden. Hierunter fallen insbesondere die §§ 305 ff. BGB über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Da das Produkt Versicherung wegen der Abstraktheit des Leistungsumfangs für den Versicherungsnehmer nicht greifbar ist und wegen der tatsächlichen Markt- und Vertriebsgegebenheiten werden Versicherungsprodukte anhand von allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) konkretisiert.3 Eine Versicherung kennzeichnet sich gerade dadurch, ein abstraktes Produkt zu sein, welches erst durch die konkrete rechtliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten fassbar wird.4 Da diese in der Regel vom Versicherer vorformuliert und einseitig gestellt sind, handelt es sich hierbei um AGB, welche unter den Voraussetzungen der §§ 305, 307 Abs. 3 BGB der Inhalts- und Transparenzkontrolle unterliegen.5 Insofern kommt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in diesem Rahmen eine besondere Bedeutung zu.6

C. Versicherungsaufsichtsrecht Bedeutend für Versicherungsunternehmen selbst, sowie für deren Marktverhalten und insbesondere deren Produktgestaltung ist auch das Versicherungsaufsichtsrecht. Das gesamte Versicherungswesen unterliegt einer vertikalen staatlichen Aufsicht. Diese Aufsichtsform bedeutet, dass ein einziger Wirtschaftszweig – hier das Versicherungswesen – der ständigen und umfassenden Kontrolle durch die zuständige Aufsichtsbehörde unterliegt.7 Erfasst ist somit nicht nur das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern auch das der Versicherungsunternehmen untereinander 3  Farny, ZVersWiss 64 (1975), 169, 172; Werber, VersR 1986, 1, 1; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 2 ff. 4  Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn.  3 f.; Dreher /  Kling, Kartell- und Wettbewerbsrecht, S. 106. 5  Meixner / Steinbeck, Versicherungsvertragsrecht, § 3 Rn. 43; Langheid / Wandt /  Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 2; vgl. Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 1; Prölss / Martin / Armbrüster, Einleitung, Rn. 19. 6  Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 1; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 1 ff. 7  Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 54; Fahr /  Kaulbach / Bähr / Pohlmann, Vor § 1 Rn. 2 f.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

(„aufsichtsrechtliches Dreiecksverhältnis“).8 Grund für diese Art der Aufsicht ist die hohe Bedeutung des Versicherungswesens im Allgemeinen, sowie die besondere soziale Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungssparte.9 Die Aufsicht über das Versicherungswesen dient in erster Linie dem Schutz der Versicherten und damit der Erfüllung der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden Fürsorgepflicht des Staates.10 Diese besteht neben der oben genannten Bedeutung des Versicherungswesens auch wegen des zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer regelmäßig bestehenden großen Machtund Informationsgefälles.11 Schutzgut der Versicherungsaufsicht ist die Wahrung der Versichertenbelange.12 Darüber hinaus verfolgt das Versicherungsaufsichtsrecht auch das allgemeinpolitische Ziel, die Funktionsfähigkeit des Versicherungswesens im Allgemeinen sicherzustellen.13 Grund hierfür ist der bereits erwähnte enorme Kapitalanlagebestand der gesamten Versicherungswirtschaft von zurzeit ca. 1.450 Mrd. Euro und ein Bruttobeitragsaufkommen von 192 Mrd. Euro14. Durch die notwendige sinnvolle Verwahrung der Versicherungsbeiträge werden die privaten Versicherungsunternehmen – auch im Gegensatz zu den Banken – zu einem beachtlichen Kapitalsammelbecken. Versicherer sind einer der größten institutionellen Anleger in Deutschland und beeinflussen und stabilisieren hierdurch einen der bedeutendsten Bereiche der gesamten Volkswirtschaft.15 Um den hiermit verbundenen Gefahren vorzubeugen und diese abzuwehren wird die Versicherungsaufsicht diesbezüglich im Wege einer Gefahren- und Missbrauchsabwehr tätig.16 Zur besseren Nachvollziehbarkeit der im Aufsichtsrecht getroffenen Wertungen ist zunächst ein Blick auf die Systematik des Aufsichtsrechts erforderlich.

8  Winter, in: FS Lorenz, 941, 941; Bähr, Das Generalkalusel- und Aufsichtssystem, S. 50 ff.; vgl. Petersen, Versicherungsunternehmensrecht, Rn.  4 ff. 9  Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 351 ff. 10  Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn. 41; Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 352; Laars, § 1 Rn. 1. 11  Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 356; Schenke, in: FS Lorenz, 472, 494 f.; Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 41; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), S. 264 ff. 12  Vgl. bereits Motive zum VAG, S. 24 f.; siehe auch Michaels, ZfV 2007, 477, 478. 13  Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn.  55; Laars, § 1 Rn. 1. 14  GDV, Statistisches Taschenbuch 2015, S. 1. 15  Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 353; Kurzendörfer, S. 89. 16  Unkel, Die Rechtsfigur des Sonderbeauftragten, S. 55.



C. Versicherungsaufsichtsrecht37

I. Grundlagen der Versicherungsaufsicht Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit kontrolliert die BaFin17 als zuständige Aufsichtsbehörde die Einhaltung der geltenden Normen und übrigen Regelungen laufend. Bei einem Verstoß gegen diese kann sie zur Wahrung der Versichertenbelange und auf der Grundlage gesetzlicher Befugnisse aktiv und belastend auf Versicherungsunternehmen einwirken (materielle Staats­ aufsicht).18 Als staatliche Regulierung eines Wirtschaftszweigs mit entsprechenden Eingriffsbefugnissen handelt es sich beim Versicherungsaufsichtsrecht um besonderes Verwaltungsrecht.19 Insofern ist es in engem Zusammenhang mit dem Verfassungsrecht, dem Grundgesetz und allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien zu sehen. Neben dem Prinzip vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes und der Wesentlichkeitstheorie, ist bei Maßnahmen der Aufsicht insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten.20 Diese Aufsichtstätigkeit ist – wie auch die Aufsicht über andere Wirtschaftszweige – durch die sich aus Art. 20 Abs. 1 GG ergebende soziale Verantwortung des Staates grundsätzlich legitimiert.21 Die Gesetzgebungskompetenz des Versicherungsaufsichtsrechts ist in Art. 72 Nr. 11 GG verankert.22 Ergänzend hierzu ergibt sich die Kompetenz zur Errichtung einer Aufsichtsbehörde – der BaFin – aus Art. 87 Abs. 1 S. 3 GG i. V. m. Art. 74 Nr. 11 GG.23 Ziel des Versicherungsaufsichtsrechts ist es, vor Gefahren zu schützen, welche für den Versicherungsnehmer als Gläubiger der Versicherungsleistung von den rechtlichen und finanztechnischen Instituten der Versicherer ausgehen.24 Hierbei wird die Aufsicht zur „Wahrung der Belange der Versicher17  Errichtung durch das Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310). 18  Motive zum VAG, S. 25 ff.; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, Vor § 1 Rn. 4 ff.; Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 59; Präve, VersR 1995, 733, 733. 19  Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 351; Prölss / Schmidt / Präve, Vorbemerkungen Rn. 72 ff.; vgl. allgemein zur Wirtschaftsaufsicht Scholz, ZVersWiss, 73 (1984), 1 ff. 20  Bähr / Schenke, § 1 Rn. 9; Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, S. 351; vgl. BVerfGE 67, 157, 172 f. 21  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, Vor § 1 Rn. 1. 22  Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 3. 23  Bähr / Schenke, § 1 Rn. 2 f. 24  „Schutztheorie“, vgl. Prölss / Schmidt / Präve, Vorbem. Rn. 56; Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 55; Schenke, in: FS Lorenz, 472, 494 f.; Eilert, VersR 2009, 709, 712.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

ten“ aktiv, § 294 Abs. 2 VAG,25 wodurch klargestellt wird, dass die Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge vorrangiges Ziel der Aufsichtsbehörde ist. Neben dieser Zielsetzung bezweckt die staatliche Aufsicht den Schutz der Funktionsfähigkeit des Versicherungswesens im Allgemeinen.26 Dies umfasst die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit sowie die Integrität und Stabilität des deutschen Finanzsystems und dient damit mittelbar auch dessen Sicherung.27 Grundlegend ist das in § 294 Abs. 8 VAG28 normierte Subsidiaritätsprinzip:29 Die Versicherungsaufsicht darf nicht einschreiten, sofern es sich lediglich um den Schutz von Individualinteressen handelt. Auch bei einem Gesetzesverstoß greift die Versicherungsaufsicht nicht ein, solange hierdurch nur einzelne Versicherungsnehmer betroffen sind. Der Individualschutz bleibt grundsätzlich dem Versicherungsnehmer und den Zivilgerichten überlassen.30 Die Versicherungsaufsicht nimmt insofern lediglich eine „Reservefunktion“ wahr31 und wird ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig, also wenn Belange der Gesamtheit der Versicherten betroffen sind.32 Dementsprechend steht dem einzelnen Versicherungsnehmer nach herrschender Meinung auch kein subjektives Recht auf das Tätigwerden der Aufsicht zu.33 Dies wird schon daraus deutlich, dass ausweislich der Gesetzesbegründung ein Staatshaftungsanspruch mangels Drittbezogenheit der Amtspflicht gerade nicht begründet wird.34 Voraussetzung für die Drittbezogenheit ist, wie auch für einen Anspruch auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde, das Bestehen eines 25  Entspricht

inhaltlich unverändert § 81 Abs. 1 S. 2 VAG a. F. Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 56. 27  BVerfG VersR 2005, 1109, 1120; BVerfG VersR 2005, 1127, 1133; Eilert, VersR 2009, 709, 711 f.; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 64; umfassend: Winter, Versicherungsaufsichtsrecht, S.  51 ff. 28  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 Abs. 1 S. 3 VAG a. F. 29  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 81 Rn. 15; Winter, in: FS Lorenz, S. 941, 942; Bähr, Das Generalklausel- und Aufsichtssystem, S. 52; Ipsen, S. 382, 392. 30  Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 54; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 81 Rn. 15. 31  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 81 Rn. 15; Winter, in: FS Lorenz, 941, 955 f.; vgl. Bruck / Möller / Müller / Präve, Einf. D Rn. 24. 32  BGHZ 58, 96; BVerwGE 61, 59 (1. Leitsatz); Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 54; BVerwGE 30, 135, 137; Barbey, VersR 1985, 101, 108; VG Frankfurt / M VersR 2004, 1397, 1398; Winter, in: FS Lorenz, 941, 956; vgl. auch Klarstellung in BTDrucks. 10 / 1441, S. 56. 33  Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn. 46; Prölss / Kollhosser, § 81 Rn.  124 ff.; vgl. Winter, Versicherungsaufsichtsrecht, S. 73 ff.; der EuGH hat diese Auffassung mit Urteil vom 12.10.2004 auch als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen: EuGH NJW 2004, 3479; andere Ansicht: Schenke, in: FS Lorenz, S.  473 ff. 34  BT-Drucks. 10 / 1441, S. 56; Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn. 46. 26  Langheid / Wandt,



C. Versicherungsaufsichtsrecht39

subjektiven öffentlichen Rechts.35 Wird ein solches im Rahmen der Staatshaftung verneint, so kann für das Einschreiten der Aufsichtsbehörde nichts anderes gelten. Die Versicherungsaufsicht setzt sich aus Zugangsaufsicht und der laufenden Aufsicht zusammen.36 Der Betrieb einer Versicherung steht unter einem Präventivverbot mit Erlaubnisvorbehalt, sodass gemäß § 8 Abs. 1 VAG37 die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis notwendig ist.38 Diese Voraussetzungen und das Verfahren bis zur Erteilung der Erlaubnis werden durch die Zugangsaufsicht geregelt. Nach erfolgter Zulassung überwacht die laufende Aufsicht ständig den Geschäftsbetrieb. Die so eingerichtete Missstandsaufsicht gliedert sich in eine Finanzaufsicht und eine allgemeine Rechtsaufsicht.39 Für die hier in Frage stehenden Möglichkeiten der Produktgestaltung ist insbesondere die Reichweite der laufenden Aufsicht in Form der Bedingungskontrolle relevant. Bis zum Jahr 1994 war der gesamte Versicherungssektor staatlich reguliert, sodass Unternehmen die AVB ihrer Produkte als Teil ihres Geschäftsplans genehmigen lassen mussten, bevor sie diese auf dem Markt anbieten durften. Gleiches galt bei Änderungen der AVB. Diese Vorabkontrolle bedeutete nicht nur eine immense Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Privatautonomie, sondern führte auch dazu, dass die jeweils angebotenen Produkte der verschiedenen Versicherer in ihren wesentlichen Punkten weitestgehend gleich ausgestaltet waren, was zu einer starken Einschränkung des Wettbewerbs führte. Unter anderem aus diesen Gründen wurden das Aufsichtsrecht im Jahre 1994 grundlegend reformiert40 und die Richtlinien 92 / 49 / EWG und 92 / 96 / EWG41 umgesetzt. Entsprechend dem diesen Richtlinien zugrundeliegenden Deregulierungsgedanken sind AVB 35  MüKo / Papier,

§ 839 Rn. 227 ff.; Staudinger / Wöstmann, § 839 Rn. 174. Vorbem Rn. 54; vgl. auch Langheid / Wandt / Grote bzw. / Gause, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 113 ff. und 282 ff. 37  Entspricht inhaltlich unverändert § 5 Abs. 1 VAG a. F. 38  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 5 Rn. 3; Langheid / Wandt / Grote, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 113. 39  Bähr, VersR 2001, 1185, 1187; BT-Drucks. 12 / 6959, S. 82; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 81 Rn. 18; Langheid / Wandt / Gause, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 282; umfassend zur Missstandsaufsicht: Dreher, WM 1995, 509 ff. 40  Langheid / Wandt, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 50; Präve, VersR 1995, 733, 773; vgl. Hohfeld, in: FS Lorenz, S. 295 ff. 41  Dritte RL Schadensversicherung vom 18.  Juni 1992  – 92 / 49 / EWG  – (ABlEG Nr. L 228 vom 11.8.1992, S. 1) und Dritte RL Lebensversicherung vom 10. November 1992 – 92 / 96 / EWG – (ABlEG Nr. L 360 vom 9.12.1992, S. 1); Umsetzung durch Drittes Durchführungsgesetz / EWG zum VAG vom 21.  Juli 1994 (BGBl. I S. 1630, 3134) und nachfolgend als „Dritte Richtlinie“ bezeichnet. 36  Prölss / Schmidt / Präve,

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

seither nicht mehr genehmigungspflichtig, sodass keine Vorabkontrolle,42 sondern lediglich eine „anlassbezogene nachträgliche Inhaltskontrolle von AVB, Tarifen und Klauseln“ stattfindet.43 Hierdurch wird eine größere Freiheit bei der Produktgestaltung gewährt, was sich insbesondere auf die Produktvielfalt und damit den Wettbewerb positiv auswirken sollte.44

II. Kontrolle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Seit dem Wegfall der Genehmigungspflicht ist umstritten, ob die AVB durch die Aufsichtsbehörde nachträglich kontrolliert werden können, oder ob diese Kontrolle allein den ordentlichen Gerichten obliegt.45 Eine nachträgliche aufsichtsrechtliche Kontrolle würde der Aufsichtsbehörde ermöglichen, gegen beanstandete Klauseln Anordnungen nach § 298 VAG46 zu treffen, und so die Verwendung solcher Klauseln zu untersagen. Diese aufsichtsrechtliche Kontrolle wäre für den Versicherungsnehmer insofern vorteilhaft, als er nicht erst ein gerichtliches Verfahren anstrengen müsste, bei welchem er ein erhebliches Kostenrisiko zu tragen hätte. 1. Meinungsstand Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind Vertragsbestandteil des privatrechtlichen Verhältnisses zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Gemäß der Konzeption des Zivilrechts sind für Streitigkeiten über die Wirksamkeit von AGB die Zivilgerichte § 13 GVG zuständig.47 Hierdurch ist der Versicherungsnehmer in dem Maße geschützt, dass eine zusätzliche Kontrolle der Regelungswerke durch die Aufsichtsbehörde jedenfalls nicht zwingend erforderlich ist. Dies beantwortet jedoch nicht die umstrittene Frage, ob eine Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde überhaupt grundsätzlich zulässig ist. Nach der Auffassung von Römer48 ist eine nachträgliche Bedingungskontrolle unzulässig, da sie zu einer „wettbewerbshindernden Vereinheitlichung“ führe, welche im Ergebnis einer Vorkontrolle gleichstehe und somit das Ziel 42  Prölss / Schmidt / Präve,

Vorbem. Rn. 42. Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 50 f. 44  BT-Drucks. 12 / 6959, S. 47. 45  Hierzu Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 209. 46  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 Abs. 1, 2 VAG a. F. 47  Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 51; vgl. Schwintowski, VuR 1999, 44, 44; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 184; BVerwG VersR 1998, 1137 ff.; Schimikowski, 1. Teil Rn. 21. 48  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 18 ff.; ähnlich auch Gärtner, VuR 1997, 371, 377 f. 43  Langheid / Wandt,



C. Versicherungsaufsichtsrecht41

der Dritten Richtlinien Leben49 und damit das der VAG-Reform konterkariere. Die Aufsichtsbehörde habe sich auf solche Klauseln zu beschränken, welche durch die Rechtsprechung bereits beanstandet wurden.50 Eine nachträgliche Bedingungskontrolle würde schon durch europarechtliche Vorgaben verboten sein.51 Zudem sei eine solche auch deshalb problematisch, weil aufsichtsrechtliche Maßnahmen die Gestaltungsfreudigkeit der Versicherungsunternehmen in so großem Maße einschränken, dass diese tatsächlich keine neuen Regelungen entwickeln würden, wodurch wiederum die bezweckte Förderung des Wettbewerbs unterlaufen werde.52 Hinzu käme das Problem möglicherweise divergierender Entscheidungen zwischen Verwaltungs- und Zivilgerichten. Um dies zu verhindern sei der Aufsichtsbehörde eine nachträgliche Kontrolle grundsätzlich zu untersagen. Dies gelte umso mehr, als der Versicherungsnehmer durch die Möglichkeit einer zivilrecht­ lichen Klage ausreichend geschützt sei. Das BVerwG hat – in seiner ersten Entscheidung zu der im Rahmen der Deregulierung 1994 neu eingeführten Generalklausel des § 81 VAG a. F.53 – am 25.6.1998 klargestellt:54 Die nachträgliche Überwachung der AVB obliege auch (weiterhin) der Aufsichtsbehörde, da sie für die ausreichende Wahrung der Belange der Versicherten und die Einhaltung der Gesetze, die für den Betrieb des Versicherungsgeschäfts gelten, zu sorgen habe. Hierzu zähle insbesondere auch § 9 AGBG.55 Dies verstoße auch nicht gegen die Ziele der zugrunde liegenden Richtlinien, da durch diese lediglich die systematische behördliche Vorabkontrolle zur Förderung des freien Wettbewerbs abgeschafft werden sollte.56 Eine weitere Einschränkung der Nachkontrolle durch die Aufsichtsbehörden hat der europäische Gesetzgeber gerade nicht bestimmt. Vielmehr hat er gleichzeitig das Ziel der Erhaltung einer wirk­ samen Aufsicht im Blick gehabt.57 Dies ergibt sich unmittelbar aus der 49  Richtlinie 92 / 96 / EWG des Rates vom 10.  November 1992; ersetzt durch 2002 / 83 / EG. 50  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 20. 51  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 18 ff.; vgl. Eberhardt, Mißbrauchsaufsicht, S. 177. 52  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 18; Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, S. 223; Freund, Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 236 f. 53  Entspricht weitgehend unverändert § 298 VAG n. F. 54  BVerwG VersR 1998, 1137, 1138; VerBAV 1996, 259, 262  f.; zustimmend: Präve, VersR 1998, 1141 ff. 55  BVerwG VersR 1998, 1137 f. (inzwischen § 307 Abs. 1, 2 BGB). 56  So Art. 29 der Richtlinie 92 / 96 / EWG bzw. Art. 34 der Richtlinie 2002 / 83 / EG; vgl. Claus, ZfV 1994, 139, 149. 57  Wörtliche Bestimmung von Art. 19 Abs. 3b Erste EG-Schadensversicherungsrichtlinie und Art. 23 Abs. 3b Erste EG-Lebensversicherungsrichtlinie: „Missstände […] vermieden oder beseitigt werden“; hierzu Präve, ZfV 1994, 199, 204 f.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

Gesetzesbegründung,58 gemäß welcher die Aufsicht bereits zur Vermeidung drohender Missstände tätig werden soll. Dies ist nur durch eine nachträgliche Klauselkontrolle, unabhängig von einem konkreten gerichtlichen Verfahren gegen eine Klausel, möglich. Hierfür spricht auch, dass die vor der Reform durchgeführte Vorabkon­ trolle in ihren Auswirkungen ungleich stärker wettbewerbshemmend ist, als eine bloße einzelfall- und anlassbezogene nachträgliche Kontrolle. Die nachträgliche Kontrollmöglichkeit der Versicherungsaufsicht ergänzt lediglich den zivilrechtlichen Rechtsschutz des Versicherungsnehmers. Dies gelte auch dann, wenn gegen die Klausel noch nicht zivilrechtlich vorgegangen wurde, da andernfalls die Befugnis der Aufsichtsbehörde von einer solchen Zufälligkeit abhinge.59 Aufgabe der Aufsicht sei es, Missstände zu vermeiden und nicht erst entstandene oder bestehende Missstände zu beheben. Dieser Aufgabe könne effektiv nur nachgekommen werden, wenn eine nachträgliche Bedingungskontrolle möglich ist.60 Zudem ergibt sich aus den Richtlinien, dass von der Aufsichtsbehörde sicherzustellen ist, „dass der Geschäftsbetrieb mit den […] Vorschriften, die das Unternehmen […] zu beachten hat, […] in Einklang bleibt“.61 Zu diesen Vorschriften gehören gerade auch die AGBrechtlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB. Werden durch einen Verstoß gegen diese Normen die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt, stellt das einen Missstand dar. Die Richtlinie entbindet die Aufsichtsbehörde gerade nicht von der Pflicht, eintretende Gesetzesverstöße zu ahnden. Auch die Begründung des Gesetzesentwurfs geht von der Möglichkeit einer nachträglichen Einzelfallkontrolle aus.62 Dieser Auffassung des BVerwG folgt die in der Literatur wohl herrschende Meinung mit den vom BVerwG ausgeführten Argumenten. Neben der Tatsache, dass die europarechtlichen Vorgaben das Verbot einer nachträglichen AVB-Kontrolle gerade nicht enthalten,63 sei auch die – gewiss bestehende – doppelte Prüfungskompetenz nicht problematisch.64 Zum einen sei das Tätigwerden beider Stellen von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig, zum anderen sei die Gefahr divergierender Gerichtsentscheidungen weitestgehend 58  BT-Drucks.

12 / 6959, S. 82 f. VersR 1998, 1137, 1138. 60  BVerwG VersR 1998, 1137, 1139. 61  Art. 10 Abs. 3 der der Richtlinie 92 / 96 / EWG bzw. Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002 / 83 / EG. 62  BT-Drucks. 12 / 6959, 45; vgl. BT-Drucks. 12 / 7595, S. 99. 63  Schirmer, ZVersWiss 81 (1992,) 381, 383; Schmidt-Salzer, VersR 1995, 1261, 1262 ff.; vgl. Hohlfeld, Auswirkungen der Deregulierung, S. 29 ff. 64  Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 40, 49; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 211; so im Ergebnis auch Gärtner, VuR 1997, 371, 377 f. 59  BVerwG



C. Versicherungsaufsichtsrecht43

theoretischer Natur, da VAG und §§ 307 ff. BGB insofern die gleichen Wertungen beinhalten.65 Zudem wird die Einheit der Rechtsordnung selbst im Kollisionsfall gewahrt, da das später entscheidende Gericht die Frage dem gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorzulegen hat.66 Da ein für das Einschreiten der Aufsicht maßgeblicher Missstand immer das Unterschreiten eines gewissen Standards bedeutet, kann allerdings auch der vom BVerwG entwickelte Prüfungsmaßstab einer einzelfall- und anlassbezogenen Kontrolle problematisch werden, wenn als Mindeststandard die früheren, durch die Aufsicht vorab genehmigten AVB festgelegt und zur Prüfung herangezogen werden.67 Werden diese als Mindeststandard festgelegt, welcher nicht unterschritten werden darf, bliebe den Versicherungsunternehmen kein Raum für gewünschte Gestaltungsoptionen übrig, sodass der Zweck der Richtlinien nicht erfüllt würde.68 2. Bewertung Die zweitgenannte Auffassung ist grundsätzlich zutreffend. Sie kann allerdings nur unter der oben genannten Prämisse gelten, dass die früheren AVB nicht als Mindeststandard herangezogen werden. Nur sofern das nicht der Fall ist entfällt das Hauptargument der mangelnden Gestaltungsfreudigkeit der Versicherer, welches gegen eine nachträgliche Bedingungskontrolle spricht. Entsprechend lässt sich in diesem Fall auch nicht begründen, dass der Aufsichtsbehörde die nachträgliche Kontrolle generell verwehrt bleiben muss. Vielmehr ist hieraus zu folgern, dass die Aufsichtsbehörde bei der nachträglichen Kontrolle einen anderen und weniger strengen Maßstab anzuwenden hat als bei der Vorabkontrolle. Dieser gelockerte Maßstab ist ganz im Sinne der Aufgabe der Aufsicht, welche lediglich darauf zu achten hat, dass die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind und nicht darüber hinaus auch für einen „optimalen Verbraucherschutz“ zu sorgen hat.69 Ein Abfallen des Schutzniveaus im Vergleich zur Zeit vor der Richtlinienumsetzung ist ebenfalls nicht zu befürchten, da Rechtsschutz über den Weg des Zivilverfahrens weiter jedem Versicherungsnehmer offensteht. Die oben aufgeworfenen Probleme der einge65  Präve,

VersR 1998, 1141, 1142. aus §§ 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 RsprEinhG, wenn eine Rechtsfrage in gleicher Weise in mehreren Gesetzen auftritt und das später entscheidende Gericht eine abweichende Auffassung vertreten will; Hübner, Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, S. 217 f.; Präve, VersR 1998, 1141, 1142. 67  Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, 223 f. 68  Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, 223 f. 69  BVerwGE 61, 59, 64. 66  Vorlagepflicht

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

schränkten Gestaltungsfreudigkeit der Versicherungsunternehmen und der Gefahr divergierender Gerichtsentscheidungen sind – wie aufgezeigt – nur theoretischer Natur und können daher unberücksichtigt bleiben. In der Praxis wird die Aufsichtsbehörde Maßnahmen nur erlassen, wenn die in Frage stehende Klausel durch die Rechtsprechung bereits beanstandet wurde.70 Aus diesen Gründen wird die Gestaltungsfreudigkeit der Versicherer durch die laufende Aufsicht weder eingeschränkt, noch kann es praktisch zu divergierenden Gerichtsentscheidungen kommen. Aus diesen Gründen können AVB im Rahmen der allgemeinen Missstandsaufsicht nach § 294 ff. VAG71 Ziel von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde werden. Solche Anordnungen der Aufsichtsbehörde sind grundsätzlich geeignet.72 Da die Aufsichtsbehörde nur im öffentlichen Interesse tätig wird, finden die aufsichtsrechtliche Kontrolle und ein darauf beruhendes Einschreiten auch wegen des oben erwähnten Subsidiaritätsprinzips nur eingeschränkt statt, sofern die Belange der Gesamtheit der Versicherten betroffen sind.73 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Musterklausel des GDV rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde und dennoch weiter verwendet wird.74 In diesem Fall sind die Belange der Gesamtheit der Versicherten gefährdet, sodass die Aufsichtsbehörde zum Schutz dieser im Allgemeininteresse tätig wird und die ihr zustehenden Maßnahmen erlassen kann. Die Aufsichtsbehörde hat gemäß § 294 Abs. 3 VAG75 unter anderem auch die Einhaltung der das Versicherungsverhältnis betreffenden Bestimmungen zu überwachen und erstreckt sich auch auf das durch den Versicherungsvertrag begründete zivilrechtliche Verhältnis. Die betroffenen Regelungen des BGB und des VVG unterliegen daher sowohl der gerichtlichen, als auch der aufsichtsbehördlichen Kontrolle.76 Wegen des oben genannten Subsidiaritätsprinzips ist dieses Nebeneinander beider Kontrollinstanzen jedoch nicht problematisch.77 Durch den Wegfall der Genehmigungspflicht von AVB hat der gerichtliche Rechts70  Prölss / Kollhosser,

§ 81 Rn. 51. insofern unverändert § 81 VAG a. F. 72  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 16, 19; Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 51. 73  BVerwG VersR 2007, 1253 f.; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 81 Rn. 14 f.; Langheid / Wandt / Gause, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht, Rn. 287; Winter, Versicherungsaufsichtsrecht, S. 654 ff.; im Ergebnis auch Bruck / Möller / Müller / Präve, Einf. D Rn. 16 ff. 74  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 209; vgl. Winter, VersR 2000, 1453, 1463. 75  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 Abs. 4 VAG a. F. 76  Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 4,  9; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, AVB Rn. 1; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 210; Prölss / Schmidt / Präve, Vorbem. Rn. 60. 77  Prölss / Schmidt / Präve, Vorbem. Rn. 60. 71  Entspricht



C. Versicherungsaufsichtsrecht45

schutz wegen der Kassationsfunktion der ergehenden Urteile weiter an Bedeutung gewonnen. Für die Versicherer bedeutet diese Doppelkontrolle insbesondere, dass bei einem Verstoß gegen geltendes Recht weitreichende Sanktionsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde bestehen. Dies ist insofern problematisch, als es sich bei Entscheidungen bezüglich der Wirksamkeit von AVB zumeist um Wertungsentscheidungen handelt, welche nicht objektiv vorhersehbar und damit vermeidbar sind.

III. Kontrolle der Überschussbeteiligung Da die Produktgestaltung der Versicherer Auswirkungen auf die Überschussbeteiligung haben kann – und im Fall des Produkttyps I auch tatsächlich hat – ist auch darauf einzugehen, wie die Überschussbeteiligung durchgeführt wird, inwieweit dieses Verfahren gesetzlich vorgegeben ist und inwieweit eine Kontrolle der Überschussbeteiligung durch die Aufsichtsbehörde und die Gerichte möglich ist. Gemäß § 153 Abs. 1 S. 1 VVG umfasst die Überschussbeteiligung auch eine Beteiligung an den Bewertungsreserven.78 Für die Überschussbeteiligung enthält sowohl das Aufsichtsrecht – insbesondere in §§ 139, 140 VAG79 – als auch das Vertragsrecht in § 153 Abs. 2 Regelungen.80 Wie und wofür die konkreten Überschussanteile des jeweiligen Versicherungsnehmers verwendet werden, wird für den jeweiligen Vertrag in dessen AVB bestimmt. Dieser Überschusszuteilung geht ein komplexes, aus mehreren Einzelschritten bestehendes Verfahren voraus.81 Insofern kann die Frage der Kontrollmöglichkeit der Überschussbeteiligung nicht pauschal beantwortet werden. Es ist nach den jeweiligen Einzelschritten des Verfahrens zu differenzieren, weshalb zunächst auf das Verfahren der Überschussermittlung und -beteiligung selbst eingegangen wird. Anschließend wird dargestellt, ob und durch wen eine Kontrollmöglichkeit der jeweiligen Schritte besteht.

78  Ausführlich zur Ermittlung der Bewertungsreserven: Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 25 ff. 79  Entsprechen inhaltlich unverändert § 56a und § 81c VAG a. F. 80  Bezüglich der grundsätzlichen Entstehungsweise der Überschussbeteiligung siehe Kapitel 1 B. II. 2.; ferner Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 29 ff. 81  Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 273; Engeländer, NVersZ 2000, 401, 405; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 191 ff.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

1. Verfahren der laufenden Überschussbeteiligung Bevor der Versicherungsnehmer – sofern ein Anspruch auf Überschussbeteiligung vertraglich vereinbart ist82 – seine Überschussbeteiligung gutgeschrieben bekommt, wird zunächst der Rohüberschuss ermittelt (a)). Dieser wird zwischen dem Versicherer und der Gesamtheit der Versicherungsnehmer aufgeteilt (b)). Anschließend findet eine Zuordnung der Ergebnisanteile auf die jeweiligen Gewinnverbände statt (c)) In einem letzten Schritt wird der auf das Versicherungskollektiv entfallende Anteil den einzelnen Verträgen bzw. Versicherungsnehmern zugeteilt (d)).83 a) Ermittlung der Überschusshöhe Ausgangspunkt der Überschussbeteiligung ist der sogenannte Rohüberschuss.84 Dieser nach handelsrechtlichen Grundsätzen festgestellte Jahresüberschuss85 ist auf die oben beschriebenen Grundsätze der Prämienüberhöhung und Sicherheitskalkulation zurückzuführen. Die Ermittlung des Jahresüberschusses geschieht aufgrund und anhand gesellschafts- und handelsrechtlicher Normen, insbesondere solcher aus dem Dritten Buch des HGB und der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV).86 Weder die Ermittlung selbst, noch das konkrete Verfahren der Ermittlung sind keine Vertragspflicht gegenüber den Versicherungsnehmern sondern bilden lediglich die Grundlage für die spätere Überschussbeteiligung.87 Insofern ist das genaue Zustandekommen des Überschusses für den Versicherungsnehmer gleichermaßen undurchschaubar wie unerheblich.88 Der ermittelte Rohüberschuss wird durch einen Abschlussprüfer geprüft und durch den Aufsichtsrat festgestellt.89

82  Römer / Langheid,

§ 153 Rn. 3 ff. Darstellung bei Engeländer, NVersZ 2000, 401, 405 ff. 84  Basedow, ZVersWiss 81 (1992), 419, 425. 85  BT-Drucks. 16 / 3945 S. 96; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 275; Langheid / Wandt / Heiss, 153 Rn. 22; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 43; Schwintowski / Bömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 12; Engeländer, NVersZ 2000, 401, 406; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 8,  67 ff.; Schwintowski / Bömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 11; Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 22 f.; BGHZ 128, 54, 65. 86  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 9; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 275 f.; Stindt, Überschussbeteiligung, S. 21. 87  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 406. 88  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 406. 89  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 29. 83  Vgl.



C. Versicherungsaufsichtsrecht47

b) Aufteilung zwischen Versicherungsunternehmen und Versichertengemeinschaft Der tatsächlich übriggebliebene und nach dem ersten Schritt festgestellte Überschuss wird unter Beachtung der Vorschriften über die Mindestsolvabilität zwischen dem Versicherungsunternehmen und der Gesamtheit der Versicherungsnehmer aufgeteilt.90 Diese Aufteilung trägt dem Umstand Rechnung, dass beide Parteien für die Erzielung des Überschusses verantwortlich sind und löst das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer möglichst hohen Überschussbeteiligung und dem Interesse des Versicherers an einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung.91 In diesem Schritt werden unter anderem aus dem ermittelten Rohüberschuss die den Versicherungsnehmern vertraglich garantierten Zinsen bedient. Die weitere Aufteilung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer wird individualvertraglich nicht geregelt, da es sich hierbei um einen kollektiven Vorgang handelt.92 Zu beachten ist hierbei der Mindestgewinnanteil des Versicherers nach § 139 VAG93 sowie eine angemessene Zuführung des Überschussanteils an die Versicherungsnehmer. Diesbezüglich legt § 140 2 VAG94 fest, dass die Zuteilung angemessen sein muss. Was in diesem Zusammenhang angemessen bedeutet, wird durch die auf Grundlage des § 145 Abs. 1, 5 VAG95 erlassene Mindestzuführungsverordnung (MindZV), insbesondere dessen § 4, konkretisiert.96 Gemäß § 141 Abs. 5 Nr. 4 VAG97 schlägt der verantwortliche Aktuar dem Vorstand des Versicherungsunternehmens eine angemessene Aufteilung des Überschusses vor, wonach dieser die Aufteilung im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat bestimmt.98 Mit dem für die Überschussbeteiligung bestimmten Betrag kann nun wie folgt verfahren werden: Entweder wird der Überschussanteil jedem Versicherungsnehmer nach den unter (c)) und (d)) beschriebenen Verfahren vollständig als unmittelbare und individuelle Direktgutschrift zugeteilt,99 oder ein Teil des Betrages wird den 90  Z. B. § 56a Abs. 1 S. 2 VAG a. F.; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 6; Engeländer, NVersZ 2000, 545, 546; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 15. 91  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 6. 92  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 407. 93  Entspricht inhaltlich unverändert § 56a VAG a. F. 94  Entspricht inhaltlich unverändert § 81c Abs. 2 VAG a. F. 95  Entspricht inhaltlich unverändert § 81c Abs. 3 VAG a. F. 96  Aktuelle MindZV erlassen durch Artikel 5 der Zweiten Verordnung zur Änderung von Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz; siehe auch Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1204. 97  Entspricht inhaltlich unverändert § 11a Abs. 3 Nr. 4 VAG a. F. 98  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 407. 99  Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 18.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (RfB) zugeteilt, § 139 Abs. 2 VAG.100 Auch möglich ist, dass der Überschuss teilweise durch eine Direktgutschrift und teilweise den RfB zugeteilt wird. Die Entscheidung, wie der Versicherer verfährt, obliegt allein ihm. Ausweislich der Regierungsbegründung ergeben sich hieraus keinerlei Ansprüche des Versicherungsnehmers, sondern nur tatsächliche Vorteile.101 Werden Überschussanteile den RfB als Rückstellungen zugeteilt, so erfolgt eine Auszahlung an den Versicherungsnehmer erst verzögert. Dieses Verfahren dient als zeitlicher Puffer zwischen Gewinnentstehung und -zuweisung.102 Die Rückstellung des Überschusses und eine spätere Teilentnahme gleichen die über Jahre aufgrund der Volatilität des Kapitalmarktes schwankenden Geschäftsergebnisse aus und ermöglichen eine konstante Überschussbeteiligung. Zudem sollen so die für die Schlussüberschussanteile benötigten Mittel bereitgehalten werden. Mangels Auswirkungen auf die Entwicklung und rechtliche Gestaltung neuer Produkte sei dies hier allerdings nur am Rande erwähnt.103 c) Zuordnung der Ergebnisanteile zu den entsprechenden Gewinnverbänden Nicht jeder Versicherungsnehmer trägt mit seiner Prämie zu einem gleichen Anteil zur Erwirtschaftung des Überschusses bei. Entscheidend hierfür sind neben der Art des Produktes und der diesem zugrunde liegenden Rechnungsgrundlagen auch das abgesicherte, individuelle Risiko des einzelnen Versicherungsnehmers. Um der Anforderung nach einem „verursachungsorientierten Verfahren“104 gemäß § 153 Abs. 2 VVG nachzukommen, werden gleichartige Lebensversicherungsverträge nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen zu Gewinnverbänden zusammengefasst, und jedem Gewinnverband der auf ihn entfallende Überschussanteil nach dem Kriterium der Überschussverursachung zugeordnet.105 Gemäß § 153 Abs. 2 Hs. 2 VVG steht es dem Versicherer frei, für die Überschusszuteilung andere vergleichbare Verteilungsgrundsätze festzulegen, sofern diese angemessen 100  Entspricht inhaltlich unverändert § 56a Abs. 2 VAG a. F.; VersicherungsrechtsHandbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 275; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 28; Prölss /  Martin / Reiff, § 153 Rn. 18; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 109. 101  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96; so auch: Engeländer, VersR 2007, 155, 158; Römer, DB 2007, 2523, 2527; dazu auch Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 30. 102  Vogel / Lehmann, VerBAV 1982, 328, 332. 103  Eingehend zum System der Rückstellung für Beitragsrückerstattung: Bruck /  Möller / Winter, § 153 Rn. 109 ff. 104  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96. 105  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 12; BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96.



C. Versicherungsaufsichtsrecht49

sind106 und die Grenzen des geltenden Rechts, insbesondere der §§ 305, 307 BGB und des aufsichtsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes aus § 138 Abs. 2 VAG,107 gewahrt bleiben.108 Diese Möglichkeit dient der Einführung anderer, bereits erprobter Überschussbeteiligungsverfahren.109 d) Deklaration der Überschussanteile In einem letzten Schritt werden dem jeweiligen Versicherungsnehmer die auf seinen Vertrag entfallenden Überschussanteile gutgeschrieben. Wie die zugeteilten Überschussanteile verwendet werden ist gesetzlich nicht festgelegt und richtet sich nach den zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.110 Dies kann grundsätzlich durch Individualvereinbarungen geschehen, wird jedoch – wegen der Besonderheiten des Versicherungsvertriebs – in den allermeisten Fällen in AVB vereinbart werden. Denkbar sind hier verschiedenste unterschiedliche Beteiligungsformen, wie beispielsweise die Barauszahlung, Verrechnung oder die Bildung einer verzinslichen Ansammlung oder einer „Überschussrente“.111 2. Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde Gemäß § 294 VAG112 überwacht die Versicherungsaufsicht den gesamten Geschäftsbetrieb aufsichtspflichtiger Unternehmen nach den bereits erläuterten Grundsätzen. Gegenstand der Rechtsaufsicht ist gemäß § 294 Abs. 3 VAG113 auch die Einhaltung aller die Versicherten betreffenden Vorschriften.114 Dementsprechend unterliegen auch alle gesetzlich normierten Schritte des Überschussbeteiligungsverfahrens der Versicherungsaufsicht.115 Die Aufsichtsbehörde wird hier aufgrund der Generalklausel des § 298 VAG116 tätig, sofern das Einschreiten im öffentlichen Interesse liegt. 106  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 12; zu anderen möglichen Verteilungsformen siehe insbesondere Geib / Engeländer, VW 2006, 714 ff. 107  Entspricht inhaltlich unverändert § 11 Abs. 2 VAG a. F. 108  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96. 109  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 13. 110  Kurzendörfer, S. 165 ff.; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 21; vgl. Führer / Grimmer, S.  151 f.; Engeländer, NVersZ 2000, 401, 409. 111  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 409. 112  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 VAG a. F. 113  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 Abs. 1 S. 4 VAG a. F. 114  BT-Drucks. 12 / 6959, S. 82 (zu Nummer 35). 115  Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 9; vgl. OLG Stuttgart VersR 1999, 832, 835. 116  Entspricht inhaltlich unverändert § 81 VAG a. F.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

Bezüglich der Zuteilung der Überschussanteile an die Versicherungsnehmer bzw. der Einstellung in die RfB (Schritt drei) stellt § 139 VVG117 in Verbindung mit der MindZV bestimmte Anforderungen auf. Sofern diese nicht eingehalten werden, liegt ein Missstand im Sinne des § 140 Abs. 2, 3 VAG118 vor. In diesem Rahmen wird die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde aufgrund der ihr explizit eingeräumten Kontrollbefugnisse tätig.119 Allerdings befasst sie sich nicht damit, inwieweit die Versicherungsnehmer einen zivilrechtlichen Anspruch auf Überschussbeteiligung haben,120 sondern kontrolliert ausschließlich, ob die öffentlich-rechtlichen Pflichten eingehalten werden. Sofern dies nicht der Fall ist, schreitet die Aufsichtsbehörde ein und erlässt entsprechende Maßnahmen, wodurch eine Kontrolle sichergestellt ist. Diese behördliche Kontrolle hat gegenüber einer gerichtlichen Kontrolle die Folge, dass beim Unterschreiten der Voraussetzungen Maßnahmen gegen das Unternehmen ergriffen werden können, welche gegenüber allen Versicherten des Unternehmens gleichermaßen gelten. Im Rahmen einer gerichtlichen Kontrolle hätte das ergehende Urteil – außer im Rahmen einer Verbandsklage nach dem Unterlassungsklagengesetz – nur Wirkung inter partes. Vorteil der behördlichen Kontrolle ist, dass der Aufsichtsbehörde ein Ermessensspielraum offensteht. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten können für einzelne Versicherungsunternehmen Ausnahmen von der Mindestüberschussbeteiligung nach der MindZV zugelassen werden, sodass sich das Versicherungsunternehmen wirtschaftlich stabilisieren kann. Trotz dieser vorübergehend verminderten Überschussbeteiligung liegt dieses Vorgehen grundsätzlich auch im Interesse der Versicherten, da auf diese Weise die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge gewährleistet werden kann.121 Diese Möglichkeit bestünde bei einer individualvertraglichen Vereinbarung der Überschussbeteiligung und der damit einhergehenden gerichtlichen Kontrolle grundsätzlich nicht. 3. Kontrolle durch die Zivilgerichte Eine Kontrolle durch die Zivilgerichte ist nur möglich, soweit ein konkreter vertraglicher Anspruch zu Gunsten des einzelnen Versicherungsnehmers besteht. Andernfalls fehlt es bereits an einem subjektiven Recht des Versicherungsnehmers. Die Schritte (a) und (b) der Überschusszuteilung betreffen unternehmensinterne Vorgänge und gehören zu dem engsten Kreis unterneh117  Entspricht

inhaltlich unverändert § 56a VAG a. F. inhaltlich unverändert § 81c VAG a. F. 119  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 14. 120  Prölss / Kollhosser, § 81c Rn. 1. 121  Engeländer, NVersZ 2000, 401, 407. 118  Entspricht



C. Versicherungsaufsichtsrecht51

merischen Handelns. Diesbezüglich ist eine gerichtliche Kontrolle mangels vertraglichem Anspruch und daraus resultierendem subjektiven Recht nicht möglich. Dies wird auch durch die Gesetzesbegründung deutlich, welche klarstellt, dass insoweit grundsätzlich kein vertraglicher Anspruch des einzelnen Versicherungsnehmers besteht.122 Einer gerichtlichen Kontrolle bedarf es aus mehreren Gründen auch nicht: Zum einen werden durch die strengen Regelungen des Bilanzrechts und des VAG genügend enge Vorgaben gemacht, die unter anderem eine Abschlussprüfung zwingend vorsehen.123 Zum anderen wird ein Schutz vor Missständen in diesem Bereich durch die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde verhindert. Bezüglich der gerichtlichen Kontrolle der Überschusszuteilung (c) ist zwischen der Rechtslage vor und nach der Deregulierung 1994 zu differenzieren. Sofern sich die Überschussbeteiligung nach einem von der Aufsicht genehmigten Geschäftsplan richtet, urteilte der BGH, dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf die gerichtliche Bestimmung des Überschussbetrages habe.124 Für eine gerichtliche Bestimmung der Überschussbeteiligung anhand des § 315 Abs. 2 S. 2 BGB sei schon deshalb kein Raum, da die Parteien die Ermittlung der Überschusshöhe durch einen nicht zu beanstandenden Verweis125 auf den Geschäftsplan ausdrücklich festgelegt hätten. Aus diesem Geschäftsplan ergeben sich auch keine subjektiven Rechte für den einzelnen Versicherungsnehmer, da dieser öffentlich-rechtlicher Natur sei.126 Insofern ist nicht nur eine gerichtliche Bestimmung, sondern bereits grundsätzlich die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle nicht gegeben. Dieses Urteil wurde inzwischen im Wege einer Verfassungsbeschwerde erfolgreich angegriffen.127 Hierbei stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die bisher geltenden gesetzlichen Regelungen den verfassungsrechtlichen Schutzanforderungen der Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG nicht genügen.128 Ein effektiver Grundrechtsschutz hänge in besonderem Maße davon ab und sei nur gegeben, wenn Maßstäbe und Möglichkeiten einer rechtlichen Überprüfung der Überschussbeteiligung vorhanden sind.129 Solche rechtlich gesicherten Möglichkeiten zur Überprüfung einer angemessenen Überschussbe122  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 96.

123  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach,

§ 153 Rn. 14; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 30; a. A. Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 30; Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 34 f. 124  BGHZ 128, 54 ff. = VersR 1995, 77 (1. Leitsatz der Entscheidung). 125  BGHZ 128 54 ff. = VersR 1995, 77 (2. Leitsatz); BGH VersR 1983,746, 748. 126  BGH VersR 1995, 77, 79. 127  BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95 = VersR 2005, 1127. 128  BVerfG VersR 2005, 1127, 1130 f. 129  BVerfG VersR 2005, 1127, 1131.

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Kap. 2: Prüfungsmaßstab

teiligung durch den einzelnen Versicherungsnehmer bestünden nicht, weshalb dem Gesetzgeber aufgegeben wurde, zur Beseitigung des Schutzdefizits neue Regelungen zu treffen.130 Um die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen zu erfüllen, wurde im Rahmen der VVG Reform § 153 VVG eingeführt. Bezüglich der Zuordnung der Überschussanteile zu den Gewinnverbänden trifft § 153 VVG die Regelung, dass die Überschussbeteiligung nach einem verursachungsorientierten Verfahren zu erfolgen hat. Durch diese gesetzliche Normierung des Verfahrens erlangt der Versicherungsnehmer einen „gesetzlichen Anspruch vertragsrechtlicher Art“,131 und damit ein subjektives Recht. Aufgrund dessen kann die Einhaltung des verursachungsorientierten Verfahrens auch durch den einzelnen Versicherungsnehmer gerichtlich kontrolliert werden.132 Daher unterliegt die Einhaltung des verursachungsorientierten Verfahrens ebenso wie die diesem Verfahren zugrundeliegenden AVB heute der gerichtlichen Kontrolle. Zu beachten ist, dass die konkrete Höhe der Überschussbeteiligung für jeden Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss und bis zur jeweiligen Deklaration noch nicht feststeht und der Anspruch insofern auch nur dem Grunde nach, und nicht bereits der konkreten Höhe nach, besteht.133 Konkretisiert wird dieser Anspruch erst durch die Deklaration und Zuteilung des jährlichen Überschusses durch den Versicherer.134 Ob dieses Verfahren selbst und damit die konkrete Höhe der individuell zugeteilten Überschussanteile gerichtlich überprüfbar sind, ist umstritten. Nach Auffassung von Krause seien die zu dieser Frage vor den Reformen von VAG und VVG ergangenen Urteile des BGH auf die jetzige Rechtslage übertragbar,135 sodass eine gesetzliche Kontrolle der endgültigen individuellen Deklaration der Überschussanteile nach wie vor nicht möglich ist. Grund hierfür sei, dass sich das Verfahren zur Deklaration der jährlichen Überschüsse bis heute nicht geändert hat und das Bundesverfassungsgericht zudem nicht verlange, dass der geforderte effektive Rechtsschutz gerade durch zivilrechtliche Mittel bewerkstelligt werde.136 Dieser Auffassung ist entschieden zu widersprechen. Selbst wenn sich das konkrete Verfahren der Überschusszuteilung durch die Deregulierung nicht 130  BVerfG

VersR 2005, 1127, 1133 f. 16 / 3945, S. 96. 132  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 133  Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 12. 134  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 135  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 136  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 131  BT-Drucks.

Rn. 30, 32. Rn. 29. Rn. 31 f. Rn. 32.



C. Versicherungsaufsichtsrecht53

geändert hat, so haben sich die äußeren Umstände und insbesondere die verfassungsrechtlichen Vorgaben gewandelt. Die alte Rechtslage war gerade ausschlaggebend für die begründete Verfassungsbeschwerde, sodass ein Aufrechterhalten dieses Zustandes gerade nicht im Sinne des Gerichts war. Im Urteil selbst wird – wie Krause richtig ausführt – kein Weg vorgegeben, wie der effektive Rechtsschutz umgesetzt werden muss oder soll.137 Eine solche explizite Vorgabe wäre auch im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip kritisch zu betrachten. Sofern die Kontrolle allein der Aufsicht anheimgestellt werden soll, müsse der Gesetzgeber dieser – so führt das Gericht aus – „Maßstäbe zur Verfügung stellen, an denen die Rechtmäßigkeit der Überschussberechnung auch unter Berücksichtigung der individuellen Belange der Versicherten aufsichtsbehördlich überprüft werden kann.“138 Solche Maßstäbe wurden im Aufsichtsrecht jedoch nicht installiert. Vielmehr wurde vom Gesetzgeber der zivilrechtliche Weg gegangen, woraus zu schließen ist, dass die Deklaration und Zuteilung des jährlichen Überschusses bezüglich ihrer Angemessenheit gerade der gerichtlichen Kontrolle unterliegen soll.139 Ob dies über eine erweiternde Auslegung des § 153 Abs. 2 VVG140 oder der Qualifikation der Deklaration als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB konstruiert wird,141 macht im Ergebnis keinen Unterschied. Aus diesen Gründen ist die konkrete Deklaration der Überschussanteile an die individuellen Versicherungsnehmer bzw. deren Angemessenheit seit Einführung des § 153 VVG gerichtlich überprüfbar.

137  BVerfG

VersR 2005, 1127, 1134. VersR 2005, 1127, 1134. 139  Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 38. 140  Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 287. 141  Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 31 f. 138  BVerfG

Kapitel 3

Untersuchung Die eingangs beschriebene Situation führt dazu, dass klassische Rentenversicherungen für Versicherungsnehmer im Vergleich zu anderen Anlageund Altersvorsorgeprodukten immer weiter an Attraktivität verlieren, wodurch die Rentenversicherung ihre exponierte Stellung im Bereich der privaten Altersvorsorge einbüßt. Gleichzeitig stehen Versicherungsunternehmen wegen der schwierig zu erwirtschaftenden Zinsen und der hohen Kapitalanforderungen vor großen wirtschaftlichen Problemen. Aus diesen Gründen ist ein Umdenken hinsichtlich der rechtlichen Gestaltung von Rentenversicherungsprodukten unumgänglich. Das Produkt Versicherung ist zunächst weitestgehend abstrakt und nimmt ausschließlich durch die vereinbarten AVB Formen an.1 Wegen dieser Besonderheit und der Tatsache, dass durch den Gesetzgeber gerade kein Leitbild einer (Renten-)Versicherung vorgegeben werden soll,2 stehen den Versicherungsunternehmen große Gestaltungsspielräume offen. Um diese Optionen möglichst klar und nachvollziehbar darzulegen, und insbesondere Doppelprüfungen sowie eine unüberschaubare Vielzahl an Verweisen zu vermeiden, ist eine Gliederung nach dem „Toolbox-Prinzip“ gewählt. Anstatt die im ersten Kapitel unter C. vorgestellten Produkte als Ganzes auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem Recht zu prüfen, werden jeweils die einzelnen Regelungen bzw. Klauseln in den Blick genommen. Dies trägt gleichzeitig dem Umstand Rechnung, dass verschiedene neue Regelungen beinahe beliebig miteinander kombiniert werden können, und hieraus mög­ licherweise weitere Besonderheiten entstehen können. In einem solchen Fall findet eine gesonderte Prüfung der kombinierten Regelungen statt.

1  Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 2 ff.; Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, S. 148; Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 3. 2  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51.



A. Aufschubklausel55

A. Aufschubklausel I. Mögliche Änderung der Rentenberechnung Aus § 154 VVG ergibt sich, dass sich die gesamte Ablaufleistung einer klassischen Rentenversicherung aus der garantierten Rentenleistung und – sofern die Überschussbeteiligung nicht gemäß § 153 VVG ausgeschlossen ist – den auf den jeweiligen Vertrag entfallenden Überschussanteilen zusammensetzt. Da die Rentenversicherung der finanziellen Absicherung nach dem Erwerbsleben dient, kommt den der Höhe nach garantierten Leistungen hierbei eine besondere Bedeutung zu. Der von Versicherern maximal garantierte Höchstzins ist durch § 145 VAG3 i.  V.  m. § 2 Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) aufsichtsrechtlich reguliert und liegt wegen des Niedrigzinsumfeldes aktuell bei 1,25 % (Stand: Dezember 2015) und damit nur knapp über der aktuellen Inflationsrate. Dem Versicherer ist es nicht möglich, bei Vertragsschluss eine beliebig hohe Rendite zu garantieren, da ein solches Vorgehen gegen die Vorschriften DeckRV verstoßen und aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Um im Interesse der Versicherungsnehmer die Rendite dennoch zu steigern, kann der Zeitpunkt der Rentenberechnung nach hinten verschoben werden. Entsprechend wird die garantierte Rente nicht schon bei Vertragsschluss, sondern erst unmittelbar vor Eintritt in die Bezugsphase berechnet. Dieser Berechnung liegen das bis dahin angesparte Deckungskapital und die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen zugrunde.4 Eine entsprechende Regelung bzw. Klausel wird wegen der nach hinten geschobenen Rentenberechnung im Folgenden als „Aufschubklausel“ bezeichnet. Bei einer solchen Gestaltung ist auch die erst zu diesem späteren Zeitpunkt geltende DeckRV anwendbar. Dies führt dazu, dass der Versicherungsnehmer von einem bis zu diesem Zeitpunkt gestiegenen Zinsniveau und einer möglicherweise positiven Entwicklung der Rechnungsgrundlagen profitieren kann. Steigt das Zinsniveau, so wird auch der Höchstrechnungszins angehoben und der Versicherungsnehmer kommt in den Genuss einer höheren Rente als es wegen der DeckRV mit einem klassischen Rentenversicherungsprodukt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich gewesen wäre. Sinkt das Zinsniveau und verschlechtern sich die Rechnungsgrundlagen, so wirkt sich das allerdings unmittelbar auf seine Rente aus. Im schlechtesten Fall entfällt sie 3  Maßgebliche

Verordnungsermächtigung früher in § 65 Abs. 1 S. 1 VAG a. F. die Regelungen in den AVB der auf dem Mark erhältlichen Versicherungsprodukte von großen deutschen Versicherungsunternehmen. 4  So

56

Kap. 3: Untersuchung

vollständig. Eine garantierte Rente in Höhe des eingezahlten Kapitals steht dem Versicherungsnehmer nur zu, sofern diese zusätzlich vereinbart wurde. Für den Versicherungsnehmer ist eine Aufschubklausel nur dann von Vorteil, wenn die Rechnungsgrundlagen zum Zeitpunkt der Rentenberechnung, also dem Start der Bezugsphase über den bei Vertragsschluss gültigen liegen. Insofern stellt eine Aufschubklausel5 (mit oder ohne garantierte Mindestrente) gewissermaßen eine Wette auf steigendes Zinsniveau und eine positive Entwicklung der Rechnungsgrundlagen dar. Folge der Aufschubklausel ist, dass während der Ansparphase durch den Versicherer keine – oder im Fall einer Mindestrente – nur eine geringe Leistung garantiert wird. Da gemäß §§ 125 VAG6 nur die für die Erfüllung der gegenüber den Versicherten garantierten Leistungen benötigten finanziellen Mittel im Sicherungsvermögen (gebundenes Vermögen) angelegt werden müssen,7 reduziert sich der im Sicherungsvermögen anzulegende Kapitalbetrag durch die Aufschubklausel. Dies ist für das Versicherungsunternehmen insofern von Vorteil, als nur für das Sicherungsvermögen zu Gunsten der Sicherheit des Unternehmens und der Erfüllbarkeit der Verträge besonders strenge Kapitalanlagevorschriften der §§ 124, 125 VAG gelten.8 Solche Vorgaben bestehen für das freie Vermögen nicht.9 Die geringere garantierte Leistung hat damit zur Folge, dass der Versicherer nur einen entsprechend geringeren Teil der Prämien als gebundenes Vermögen anlegen muss. Auf diese Weise kann er mit den Prämien weitestgehend frei wirtschaften, wodurch die Chance auf höhere Renditen und damit ein verbessertes Kapitalanlageergebnis steigt.10 Ein höheres Jahresergebnis führt wiederum zu einer Steigerung des Überschusses, von welcher der Versicherungsnehmer im Rahmen der Überschussbeteiligung profitieren kann. Die Aufschubklausel führt für den Versicherer also zu einer Erweiterung seines wirtschaftlichen Spielraums und bedeutet für den Versicherungsnehmer die Chance auf eine höhere Rendite, welche jedoch mit einem höheren Risiko verbunden ist. Um das Risiko des Versicherungsnehmers abzufedern, und damit dem Sinn der Rentenversicherung zu entsprechen, kann die Aufschubklausel mit einer Garantiekomponente derart kombiniert werden, dass bei Vertrags5  Falls nicht anders bezeichnet ist nachfolgend die Aufschubklausel ohne Ab­ sicherung gemeint. 6  Entspricht inhaltlich unverändert § 66 Abs. 1, 1a VAG a. F. 7  Prölss / Lipowsky, § 66 Rn. 5A; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 66 Rn. 5 ff.; vgl. Kurzendörfer, S.  90 ff. 8  Entspricht dem früheren § 66 VAG a. F. 9  Beyer, Kapitalanlagevorschriften, S.  47 f. 10  Ausführliche Darstellung unter Kapitel 3 A. I.



A. Aufschubklausel57

schluss jedenfalls der Kapitalerhalt garantiert wird („Aufschubklausel mit garantierter Mindestrente“).11 Die Aufschubklausel bildet – mit oder ohne garantierter Mindestrente – das zentrale Element des Produkttyps I. Da Typ II im Kern eine fondsgebundene Rentenversicherung ist, findet eine Rentenberechnung anhand von Rechnungsgrundlagen nicht statt. Die Rentenhöhe bestimmt sich ausschließlich nach dem Wert der Fondsanteile, weshalb eine Aufschubklausel bei diesen Produkten denklogisch nicht aufgenommen werden kann.

II. Besonderheiten des Prüfungsumfangs Wegen der mit der Klausel einhergehenden besonderen Vertragsgestaltung ist vorab zu erläutern, ob der Vertrag mit Aufschubklausel noch als Versicherungsvertrag zu qualifizieren ist und entsprechend die Normen von VVG und VAG zu berücksichtigen sind. Insbesondere, wenn die Aufschubklausel ohne Garantieleistung vereinbart wird, kann der Versicherer bis zu dem erst späten Berechnungszeitpunkt der Rente auf tatsächliche Änderungen externer Werte wie Zinsniveau oder Sterblichkeitsrate durch Anpassung seiner Rechnungsgrundlagen vollständig reagieren. Problematisch könnte sein, ob eine solche Vertragsgestaltung noch die Definition einer Versicherung im Sinne des VVG und VAG erfüllt. Der Begriff „Versicherung“ ist zwar weder im VVG noch im VAG legal definiert,12 dennoch werden von Rechtsprechung und Literatur weitgehend gleiche und allgemein anerkannte konstitutive Merkmale aufgestellt.13 Eine private Versicherung ist danach gegeben, wenn sich ein Unternehmen gegen Entgelt vertraglich verpflichtet, für den Fall eines ungewissen Ereignisses Leistungen zu erbringen.14 Hierbei muss das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt werden. Zu11  Eine derartige Produktgestaltung wird ebenfalls bereits von großen deutschen Versicherungsunternehmen angeboten. 12  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 1 Rn. 4 ff.; Winter, VersR 2004, 8, 10; Prölss / Präve, § 1 Rn. 1, 28 ff.; vgl. Motive zum VAG, S. 30. 13  BGH VersR 1995, 344, 345 f.; BVerwGE 90, 168, 171 ff.; Looschelders / Pohlmann, Einführung Rn. 3; Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn. 113 ff.; Bruck / Möller / Baumann, § 1 Rn. 17; Langheid / Wandt / Looschelders, § 1 Rn. 6; BK /  Dörner, Einl. Rn.  41 ff.; Prölss / Martin, § 1 Rn. 1 ff.; Prölss / Präve, § 1 Rn. 35 ff.; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 1 Rn. 6 ff.; andere Auffassung Dickstein, S.  267 ff. welcher entscheidend auf das schutzwürdige versicherte Interesse abstellt (so auch in Großbritannien das „insurable interest“). 14  Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn. 113; Langheid / Wandt / Looschelders, § 1 Rn. 6; Prölss / Präve, § 1 Rn. 35 ff.; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 1 Rn.  9 ff.

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Kap. 3: Untersuchung

dem muss der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liegen.15 Während die meisten der Merkmale durch die Aufschubklausel nicht berührt werden und damit unstreitig vorliegen, bestehen bezüglich der Risikoübernahme gewisse Bedenken. Bei einem Versicherungsprodukt mit Aufschubklausel kann der Versicherer, insbesondere wenn keine garantierte Leistung vereinbart ist, die auf diesen Vertrag anzuwendenden Rechnungsgrundlagen bis zur endgültigen Rentenberechnung, und damit bis zum Beginn der Rentenphase, frei anpassen und so auf demografische und wirtschaftliche Änderungen ebenso wie auf Veränderungen der Sterblichkeit entsprechend reagieren. Der Versicherer kann den Leistungsumfang durch Anpassung der Rechnungsgrundlagen herabsetzen, und damit seine Leistung unabhängig von anfallenden Kosten und Anlageerfolg aus den Prämien erbringen. Insofern trägt der Versicherer kein bzw. nur ein sehr geringes wirtschaftliches Risiko. Während der Ansparphase ist die Tätigkeit des Versicherers überwiegend verwaltender Natur. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass der Vertrag mangels Risikoübernahme nicht mehr als Versicherungsvertrag zu qualifizieren ist. Wie bei einer klassischen gemischten kapitalbildenden Lebensversicherung muss der Versicherer sowohl im vorzeitigen Todesfall als auch im Erlebensfall leisten.16 Insofern trägt der Versicherer auch bei Vereinbarung der Aufschubklausel während der Ansparphase das Todesfallrisiko des Versicherungsnehmers, da er unabhängig von der Höhe der bereits geleisteten Prämien eine festgeschriebene Todesfallsumme zu leisten hat.17 Ab Beginn der Bezugsphase trägt er das Langlebigkeitsrisiko, da zu diesem Zeitpunkt die Höhe der monatlichen Rente – welche er über die gesamte Lebensdauer des Versicherungsnehmers leisten muss – festgelegt und garantiert wird. Durch diese Leistungszusagen deckt der Versicherer zu jeder Zeit des Vertrages ein biometrisches Risiko ab.18 Auch bei einem Produkt mit Aufschubklausel wird also ein biometrisches Risiko übernommen. Hierdurch wird die im Vordergrund stehende Hinterbliebenen- und Altersvorsorgefunktion des Produktes „Versicherung“ realisiert, was den Vertrag von bloßen Bankprodukten abgegrenzt.19 Infolge dieses Risikotransfers findet das VVG auch für ein Produkt 15  Präve, VersR 2007, 1046, 1047; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brömmelmeyer, § 1 Rn. 7; vgl. BGH VersR 1995, 344, 345. 16  Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 5 f.; Langheid / Wandt /  Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 20; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1134. 17  Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 21. 18  Dreher / Schmidt, WM 2008, 377, 377; Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 1. 19  Winter, VersR 2004, 8, 8; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1135.



A. Aufschubklausel59

mit Aufschubklausel Anwendung. Regelungen und Auswirkungen der Aufschubklausel sind damit auch am VVG zu messen. Das gleiche Resultat ergibt sich bezüglich der Anwendbarkeit des VAG. Wegen Einführung des § 1 Abs. 4 S. 2 VAG20 bei Umsetzung des 3. Durchführungsgesetzes / EWG fallen auch bloße Kapitalisierungsgeschäfte ohne Risikotransfer unter das VAG, sofern sie von Lebensversicherungsunternehmen betrieben werden.21 Ein solches Kapitalisierungsgeschäft liegt vor, wenn der Kunde festgelegte Prämien zahlt und das eingezahlte Kapital nach einer gewissen Laufzeit verzinst zurückerhält. Leistung und Gegenleistung müssen dabei unter Anwendung eines mathematischen Verfahrens nach Dauer und Höhe im Voraus festgelegt sein.22 Insofern würde es diesbezüglich eines Risikotransfers schon nicht bedürfen. Die Aufschubklausel ist an den Normen des BGB, VVG und VAG zu messen.23

III. Vereinbarkeit mit dem BGB Wegen der grundsätzlichen Abstraktheit des Produktes Versicherung werden üblicherweise alle Leistungsbeschreibungen in den AVB festgehalten, damit das jeweilige Produkt konkrete Formen annimmt und der Versicherungsnehmer erkennen kann, welchen Leistungsumfang seine Police hat. Aus diesem Grund ist auch die Aufschubklausel nicht individualvertraglich, sondern als vorformulierte Klausel in den Versicherungsbedingungen zu finden. Eine andere Vorgehensweise ist aufgrund der tatsächlichen Vertriebsgegebenheiten im Massengeschäft nicht möglich. Die AVB sind vom Versicherer einseitig gestellte, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen und damit allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des 20  Inzwischen

inhaltlich unverändert § 1 Abs. 2 VAG n. F. war die Rechtsfolge solcher Geschäfte strittig: Das OLG Hamburg nahm ein versicherungsfremdes Geschäft an, was wegen § 7 Abs. 2 VAG verstoßen und damit gemäß § 134 BGB nichtig sein soll: Urt. v. 15.02.2000  – 9 U 174 / 98, VerBAV 2000, 163, 164. 22  Festgelegt durch BaFin: Sammelverfügung zu Kapitalisierungsgeschäften vom 07.09.2010 (Gz. VA 21-I 4209-2010 / 0001) und BaFin Rundschreiben 08 / 2010 vom 07.09.2010 (Gz. VA 21-I 4209-2010 / 0002); kritisch insbesondere zur Definition Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 1 Rn. 88 f.; Winter, VersR 2004, 8, 13 f. 23  Bezüglich der durchaus wichtigen, hier jedoch nicht im Fokus stehenden, steuerlichen Beurteilung ist ergänzend festzuhalten, dass schon ab Vertragsbeginn das Langlebigkeitsrisiko übernommen worden sein muss. Dieses Merkmal ist erfüllt, sofern die Leibrente in Form eines Geldbetrages in konkreter Höhe oder ein konkret bezifferter Rentenfaktor garantiert ist. Bei Vereinbarung der Aufschubklausel (ohne Garantieelement) ist gerade keine konkrete Rentenhöhe garantiert, sodass es sich aus steuerrechtlicher Sicht wohl nicht um einen (privilegierten) Versicherungsvertrag handelt. 21  Vorher

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Kap. 3: Untersuchung

§ 305 Abs. 1 BGB. Sie unterliegen den Einbeziehungsschranken der §§ 305 BGB ff.24 1. Verstoß gegen § 305c BGB Wegen der Neuartigkeit der Regelung könnte die Aufschubklausel überraschend im Sinne des § 305c BGB sein. Rechtsfolge einer überraschenden Klausel ist, dass der Vertrag ohne die fragliche Klausel zu Stande kommt, § 306 Abs. 1 BGB. Die etwaige Lücke wird gemäß § 306 Abs. 2 BGB – sofern vorhanden – durch dispositives Gesetzesrecht, andernfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen.25 Überraschend ist eine Klausel, wenn sie aus Sicht des jeweiligen Verkehrskreises nach den Gesamtumständen objektiv ungewöhnlich und für den Versicherungsnehmer so überraschend ist, dass dieser mit ihr nicht zu rechnen braucht.26 Die Norm knüpft sowohl an objektive als auch an subjektive Merkmale an, sodass zwei Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Klausel als überraschend angesehen werden kann:27 Die Klausel muss aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises objektiv ungewöhnlich sein. Zudem muss auf Seiten des Vertragspartners wegen des ungewöhn­ lichen Charakters und einer fehlenden Aufklärung bezüglich ihrer Regelung in subjektiver Hinsicht ein Überraschungsmoment hinzutreten. Zweck des § 305c BGB ist, den arglosen, weil uninformierten Kunden zu schützen, indem er die Zustimmung zur AGB Einbeziehung nur so weit reichen lässt, wie das Vertrauen des Kunden in eine in eine funktionsgerechte Verwendung der AGB reicht.28 Hierdurch wird dem Kunden die Möglichkeit gegeben, eine informierte Sachentscheidung zu treffen.29 24  Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 1; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, AVB Rn. 3; Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 1; von Westphalen / Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 1; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 55 ff.; Römer / Langheid, Vor § 1 Rn. 4; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 165. 25  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 32; MüKo / Basedow, § 306 Rn. 22 ff.; Palandt / Grüneberg, § 306 Rn. 13; BGHZ 137, 153, 157; Uffmann, NJW 2011, 1313, 1315 f.; BVerfG NJW 2011, 1339; BGH NJW 2008, 2172, 2175. 26  Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 230. 27  Bamberger / Roth / Schmidt, § 305c Rn. 13; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 11; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3, 4; Staudinger / Schlosser, § 305c Rn. 7; Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 66. 28  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 19; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 12; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 1; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 1 f.; Bamberger / Roth / Schmidt, § 305c Rn. 2; vgl auch Ulmer / Brandner / Hensen / Habersack, Einleitung, Rn.  47 ff.; Raiser, S.  302 ff.; Pfefferle, Anwendbarkeit des AGB-Rechts, S.  13 f.



A. Aufschubklausel61

a) Objektive Ungewöhnlichkeit Ob eine Klausel objektiv ungewöhnlich ist, bestimmt sich nach den Gesamtumständen des Vertrages und der typischen Erwartung des Verkehrskreises an das konkrete Produkt.30 Entsprechend dem Normzweck sind im Gegensatz zum Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht die Unbilligkeit, sondern die Ungewöhnlichkeit und Verständlichkeit der Klausel maßgeblich. In diesem Rahmen findet lediglich eine Prüfung der Klausel hinsichtlich ihrer formal-sprachlichen Transparenz statt.31 Die Klausel muss ein Mindestmaß an inhaltlicher und systematischer Klarheit aufweisen und derart in den Vertrag aufgenommen sein, dass eine zumutbare Kenntnisverschaffung möglich ist.32 Hierbei reicht die formelle Unklarheit aus; auf eine materielle Benachteiligung kommt es nicht an.33 Ob die Klausel überdies auch inhaltlich unbillig ist, ist ein Problem ihrer materiellen Wirksamkeit und von der Frage der Ungewöhnlichkeit nach § 305c BGB dogmatisch streng zu trennen.34 Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, wenn sie den typischen Erwartungen des Klauselgegners an den konkreten Vertrag widerspricht.35 Hierfür sind insbesondere die äußere Gestaltung der Klausel und das Gesamtbild des Vertrages maßgeblich.36 Darüber hinaus ist der Grad des Abweichens von dispositivem Gesetzesrecht37 zumindest mittelbar maßgeblich, da eine Vermutung für den Einklang von gesetzlichem Leitbild und Vertragspraxis 29  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 326; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 2, 9. 30  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 12, 14; Staudinger / Schlosser, § 305c Rn. 8; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 5 f.; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 27. 31  Vgl. Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 42; Erman / Roloff, § 307 Rn. 19; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 239; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 55 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 10. 32  von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rn. 4. 33  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 325. 34  Erman / Roloff, § 305c Rn. 6; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 305c Rn. 5; Ulmer /  Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 12; Jauernig / Stadler, § 305c Rn. 1. 35  BGH NJW-RR 2004, 780 f. m. w. N.; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 305c Rn. 18; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 16; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 5. 36  MüKo / Basedow, § 305c Rn. 6; BGH NJW-RR 2012, 1261; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3; BGHZ 102, 152, 158 f. 37  BGH NJW 1995, 2553, 2554; BGH NJW 2001, 1416, 1417; BGH NJW 1992, 1234, 1235; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 19; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3; wegen der Nähe zu § 307 Abs. 2 BGB teilweise auch dort geprüft, so bspw. MüKo / Basedow, § 305c Rn. 3 m. w. N. aus der Rechtsprechung.

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Kap. 3: Untersuchung

spricht.38 Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich anhand eines generellen Maßstabs eines durchschnittlichen Vertragspartners. Es ist also auf die Erkenntnismöglichkeiten der für derartige Verträge typischerweise zu erwartenden Kundenkreise abzustellen.39 Die tatsächliche Verbreitung der Klausel allein ist höchstens ein Anhaltspunkt für die Gewöhnlichkeit oder Ungewöhnlichkeit, vermag diese jedoch nicht allein zu begründen.40 Aus der alleinigen Verwendung einer Klausel kann nicht schon auf eine objektive Ungewöhnlichkeit geschlossen werden.41 Bezüglich der objektiven Ungewöhnlichkeit einer Klausel kann grundsätzlich nach dem Inhalt der Klausel differenziert werden: Nebenabreden, welche lediglich die Modalitäten der Leistungserbringung oder sonstige Nebenpflichten oder -leistungen regeln, werden typischerweise in AGB getroffen, sodass der Klauselgegner mit einer derartigen Regelungsreichweite grundsätzlich rechnen muss.42 Im Gegensatz dazu werden Hauptabreden grundsätzlich und typischerweise nicht in AGB getroffen, sodass der Kunde mit einer solchen Vereinbarung an entsprechender Stelle weder rechnen kann noch muss.43 Dementsprechend kann eine Klausel auch nur auf Grund der geregelten Materie überraschend sein. Das Produkt Versicherung wird erst durch die AVB konkretisiert,44 sodass auch die Beschreibung von Hauptleistungen regelmäßig in AVB erfolgt. Insofern sind in diesem Rahmen auch Klauseln, welche die Hauptleistungen beschreiben, üblich, sodass eine Differenzierung nach der geregelten Materie nicht möglich ist. Es bleibt zu untersuchen, ob die berechtigten Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an die Berechnung und Ausgestaltung der Rente durch die Aufschubklausel enttäuscht werden. Im Rahmen der Aufschubklausel sind drei Regelungen potenziell ungewöhnlich und damit problematisch: 38  Wolf / Lindacher / Pfeiffer,

§ 305c Rn. 19. § 305c Rn. 13; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 4; BGH NJW-RR 2012, 1261; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 6. 40  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 26; Staudinger / Schlosser, § 305c Rn. 8; Staudinger / Schlosser, § 305c Rn. 7; Bamberger / Roth / Schmidt, § 305c Rn. 16; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 14; Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 69. 41  Langheid / Wandt / Reiff, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Rn. 66; Wolf /  Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 26. 42  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 14a, 16; Bamberger / Roth / Schmidt, § 305c Rn. 15. 43  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 28; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 14a, m. w. N. aus der Rechtsprechung. 44  Ebers, Überschussbeteiligung, S. 297; Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, S.  2 ff. 39  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer,



A. Aufschubklausel63

Zunächst bewirkt die Aufschubklausel, dass, je nach Gestaltung, die Rentenzahlung insgesamt oder jedenfalls der weit überwiegende Teil der Rentenzahlung keine garantierte Leistung des Versicherers ist. Darüber hinaus werden durch das Verschieben des Zeitpunktes der Rentenberechnung die für die Rentenhöhe maßgeblichen Rechnungsgrundlagen geändert. Weiter sind die maßgeblichen Rechnungsgrundlagen nicht selbst im Vertrag geregelt. Bezüglich dieser wird lediglich auf solche „vergleichbarer Verträge“ verwiesen. aa) Rentenzahlung als nicht garantierte Leistung Beim Abschluss eines Vertrages sind die Hauptleistungen beider Vertragsparteien grundsätzlich und üblicherweise bereits auch der Höhe nach festgelegt, wodurch das Äquivalenzverhältnis bestimmt wird. Bei einem Rentenversicherungsvertrag ist typischerweise bestimmt, dass der Rentenanspruch als Äquivalent zur Prämienzahlung bereits bei Vertragsbeginn konkretisiert und darüber hinaus auch garantiert ist. Dies ist umso wichtiger, als durch eine garantierte Rente die Vorsorgefunktion der Rentenversicherung, und das damit verbundene Ziel, für größtmögliche Sicherheit und Vorhersehbarkeit zu sorgen, verwirklicht werden kann. Eine Ausnahme stellt diesbezüglich die fondsgebundene Rentenversicherung dar, welche jedoch bereits aufgrund der besonderen Anlageform eine Sonderstellung einnimmt. Bei dieser wird für den Versicherungsnehmer deutlich, dass sich die Rentenhöhe nach dem Fondswert richtet. Die Erwartungshaltung der Kunden beider Versicherungsarten ist nicht identisch. Wird die Leistung des Versicherers nicht der Höhe nach konkret bestimmt und garantiert, so widerspricht dies den typischen Erwartungen des Versicherungsnehmers, welche er an den Versicherungsvertrag stellt. Diesbezüglich ist die Aufschubklausel objektiv ungewöhnlich. Etwas anderes für den Fall, dass die Aufschubklausel um eine Garantieleistung ergänzt wird. Die Ergänzung der Aufschubklausel um eine Garantieleistung wirkt sich insofern positiv aus. Durch die Festlegung einer Mindestrente als garantierte Leistung ist die Regelung nicht in gleichem Maße überraschend wie das der Fall ist, wenn die gesamte Rente unsicher und aus Sicht des Versicherungsnehmers die Höhe gewissermaßen zufällig ist. Dennoch ist damit die Ungewöhnlichkeit der Klausel nicht vollständig vermieden. Zwar kann die garantierte Mindestrente theoretisch in beliebiger Höhe vereinbart werden, in der Realität entspricht sie regelmäßig jedoch lediglich einem Kapitalerhalt, sodass der Versicherungsnehmer unabhängig von den tatsächlichen Entwicklungen während der Vertragslaufzeit jedenfalls seine geleisteten Prämien zurückerhält. Es bleibt insofern dabei, dass ein Großteil der Ablaufleistung der Versicherung nicht garantiert ist. Je nach Verhältnis

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Kap. 3: Untersuchung

von garantierter und nicht garantierter Leistung aus dem Versicherungsvertrag bleibt es daher bei der objektiven Ungewöhnlichkeit der Klausel. bb) Aufschieben des Berechnungszeitpunkts Die Aufschubklausel erklärt die bei Beginn der Bezugsphase geltenden Rechnungsgrundlagen für maßgeblich und verlagert so den für die Renten­ berechnung ausschlaggebenden Zeitpunkt weg vom Vertragsschluss auf den Beginn der Bezugsphase. Wie erläutert werden Leistung und Gegenleistung eines Vertrages üblicherweise bei Vertragsschluss auch der konkreten Höhe nach festgelegt. Dies ergibt sich auch daraus, dass die notwendigen Willenserklärungen jedenfalls die vertragswesentlichen Bestandteile beinhalten müssen, worunter auch die konkrete Bestimmung von Leistung und Gegen­ leistung fällt.45 Nur eine bereits bestimmte oder wenigstens bestimmbare Leistung kann Inhalt und Gegenstand einer schuldrechtlichen Verpflichtung sein.46 Wegen der Vorsorgefunktion hat der Versicherungsnehmer ein gesteigertes Interesse daran, die ihm zustehenden Ansprüche auch der Höhe nach zu kennen. Dies ist auch üblich, sodass der durchschnittliche Versicherungsnehmer davon ausgehen darf, dass der Anspruch auf Rentenzahlung schon bei Vertragsschluss auch der (Mindest-)Höhe nach festgelegt ist. Insofern stellt diese Regelung eine inhaltliche Abweichung von dem Grundsatz dar, dass der Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Rentenberechnung maßgeblich ist. Auf den ersten Blick ist dieser Regelungsgehalt der Klausel völlig neuartig. Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Produkte im Rahmen der klassischen Rentenversicherung ist allen diesen gemeinsam, dass die Rentenberechnung bei Vertragsschluss und anhand der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen erfolgt. Diesen Berechnungszeitpunkt setzt der Versicherungsnehmer voraus, sodass diese Methode als eine üblicherweise anzutreffende Kondition angesehen werden kann. Die durch die Aufschubklausel geänderte Berechnungsmethode bringt für den Versicherungsnehmer insofern weitreichende Änderungen mit sich, als die potenzielle Rentenhöhe von der einer klassischen Police sowohl positiv als auch negativ weit abweichen kann. Die Regelung führt dazu, dass die Höhe der Hauptleistung bei Vertragsschluss und noch eine lange Zeit danach nicht feststeht. Dies ist insbe45  MüKo / Busche, § 145 Rn. 6; Bamberger / Roth / Eckert, § 145 Rn. 3; vgl. Palandt /  Ellenberger, Einf. Vor § 145 Rn. 3. 46  Palandt / Grüneberg, § 241 Rn. 3; MüKo / Würdinger, § 315 Rn. 1a; Jauernig /  Stadler, § 315 Rn. 2; Staudinger / Bork, § 154 Rn. 1; Bamberger / Roth / Sutschet, § 241 Rn. 39; Staudinger / Bork, Vorbemerkungen zu §§ 145–156 Rn. 2.



A. Aufschubklausel65

sondere bei einem Rentenversicherungsvertrag nicht zu erwarten und scheint damit objektiv ungewöhnlich. Bei der Beurteilung der Üblichkeit sind allerdings der gesamte Vertrag und dessen Umstände in den Blick zu nehmen. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die Rente durch die Aufschubklausel keine garantierte Leistung des Versicherers ist.47 Der Grundsatz, dass die gegenseitigen Leistungen bereits bei Vertragsschluss festgelegt sind, bezieht sich nur auf die garantierten Leistungen einer Rentenversicherung. Handelt es sich um eine nicht garantierte Leistung, wie beispielsweise die Überschussbeteiligung, ist es nicht unüblich, dass deren konkrete Höhe erst nach Vertragsschluss oder gar unmittelbar vor der Leistungserbringung bestimmt wird. Als ungewisse Leistung wird der typische Versicherungsnehmer sich darüber weder Gedanken machen, noch wird es ihm auf den Berechnungszeitpunkt ankommen. Durch den aufgeschobenen Berechnungszeitpunkt sind für den Vertrag zukünftige Rechnungsgrundlagen maßgeblich, weshalb die spätere Leistung noch verändert werden kann. Diese Regelung entspricht einer kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel,48 welche im Arbeitsrecht üblich ist. Allerdings sind die typischen Erwartungen des Verkehrskreises an das konkrete Produkt Maßstab für die Üblichkeit einer Regelung,49 sodass hieraus keine weiteren gezogen werden können. Da die Rentenzahlung durch Vereinbarung der Aufschubklausel gerade keine garantierte Leistung ist, ist es auch nicht objektiv ungewöhnlich, dass die Höhe dieser erst lange nach Vertragsschluss bestimmt wird. Insofern ist diese Auswirkung nicht objektiv ungewöhnlich. cc) Verweis auf die Rechnungsgrundlagen „vergleichbarer Verträge“ Die Aufschubklausel verweist bezüglich der maßgebenden Rechnungsgrundlagen auf solche vergleichbarer Verträge. Im Versicherungsrecht ist es üblich und zweckmäßig, dass in den AVB auf die für den jeweiligen Vertrag geltenden Rechnungsgrundlagen verwiesen wird. Eine genauere Beschreibung der geltenden Rechnungsgrundlagen im Vertrag selbst oder den jewei47  Siehe unter Kapitel 3 A. III. 1. a) aa); Rente als nicht garantierte Leistung ist ungewöhnlich im Sinne des § 305c BGB. 48  von Westphalen / Thüsing, Klauselwerke (Arbeitsverträge) Rn. 179; MAH Arbeitsrecht / Hamacher, § 68 Rn. 71; Henssler / Willemsen / Kalb, § 3 TVG Rn. 15 ff.; vgl. umfassend zur Bezugnahmeklausel: Henssler / Moll / Bepler, Teil 10 Rn. 14 ff. 49  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 12, 14; Staudinger / Schlosser, § 305c Rn. 8; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 5 f.; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 3; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 27.

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Kap. 3: Untersuchung

ligen AVB würde aufgrund der Komplexität den Rahmen sprengen.50 Insofern sind solche Bezugnahmeklauseln in AVB grundsätzlich nicht ungewöhnlich und damit auch nicht überraschend. Problematisch könnte sein, dass die Aufschubklausel nicht auf die Rechnungsgrundlagen des eigenen Vertrages verweist, sondern auf solche anderer, vergleichbarer Verträge. Ein solcher Verweis ist allerdings nicht derart ungewöhnlich, dass ein Versicherungsnehmer hiermit typischerweise nicht zu rechnen braucht. Der typische Versicherungsnehmer wird sich über den konkreten Verweis bzw. die konkreten Rechnungsgrundlagen keine Gedanken machen. Daher bewegt sich eine solche Regelung innerhalb der gesetzgeberischen Grenzen, welche diesbezüglich weder zwingende Regelungen enthält, noch ein dispositives Leitbild vorgibt. dd) Ergebnis Die Aufschubklausel ist nur insofern objektiv ungewöhnlich, als sie bewirkt, dass es sich bei der Rente nicht mehr um eine bei Vertragsschluss der Höhe nach festgelegte Garantieleistung handelt. Diese Tatsache ist bei einem Rentenversicherungsvertrag objektiv ungewöhnlich, und widerspricht den Erwartungen des Verkehrskreises an das konkrete Produkt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann und muss mit einer solchen Klausel nicht rechnen. Sofern die Aufschubklausel dagegen mit einer garantierten Mindestrente vereinbart wird, wirkt sich das grundsätzlich positiv auf das Merkmal der objektiven Ungewöhnlichkeit aus. Je höher der Anteil der garantierten Leistung an der gesamten Ablaufleistung ist, desto geringer sind die Unterscheide zu einem klassischen Rentenversicherungsprodukt und als umso „gewöhnlicher“ dürfte die Regelung der Aufschubklausel einzustufen sein. b) Subjektives Überraschungsmoment Neben der objektiven Ungewöhnlichkeit müsste die Klausel, damit sie gemäß § 305c BGB nicht Vertragsbestandteil wird, aus Kundensicht ein Überraschungsmoment aufweisen. Überraschend ist eine Klausel, wenn sie von den Vorstellungen des Vertragspartners derart abweicht, dass er mit dieser vernünftigerweise nicht rechnen musste.51 Für diese Beurteilung sind die 50  Diesbezüglich lässt sich die Rechtsprechung zu Klauseln der Überschussbeteiligung heranziehen, welche eine exakte Erläuterung des Verfahrens wegen der damit einhergehenden Intransparenz nicht verlangt. Zum Ganzen Ebers, Überschussbeteiligung, S.  294 ff. 51  Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 4; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 10; Erman / Roloff, § 305c Rn. 10; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 22; Jauernig / Stadler, § 305 Rn. 2; OLG Frankfurt / M. VersR 1983, 528, 528.



A. Aufschubklausel67

gesamten individuellen Begleitumstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen.52 Wie gerade festgestellt ist die Aufschubklausel objektiv ungewöhnlich. Daher muss bei der konkreten Ausgestaltung sichergestellt werden, dass das subjektive Überraschungsmoment entfällt. Um dieses Ziel zu erreichen ist zunächst erforderlich, dass die Klausel sprachlich und inhaltlich möglichst verständlich gestaltet wird, sodass der durchschnittliche Versicherungsnehmer sowohl Bedeutungsgehalt als auch Auswirkungen erkennen und verstehen kann. Dies sollte aufgrund des simplen Regelungsgehalts kein Problem darstellen. Weiter ist das äußere Erscheinungsbild derart zu gestalten, dass beim ersten Blick in die AVB des Vertrages sichtbar wird, dass die Rentenhöhe nicht bereits festgelegt ist, sondern je nach zukünftigen Entwicklungen variieren kann. Dies ist durch eindeutigen Hinweis oder entsprechende drucktechnische Hervorhebung möglich.53 Das subjektive Überraschungsmoment kann zudem durch die nach § 6 VVG erforderliche Beratung ausgeschlossen werden, wenn im Rahmen dieser ein dokumentierter Hinweis des Versicherers bzw. des Versicherungsvertreters oder Maklers auf die Aufschubklausel und ihre Besonderheiten erfolgt. c) Ergebnis Die Regelungen der Aufschubklausel sind zwar zum Teil objektiv ungewöhnlich. Das subjektive Überraschungsmoment kann allerdings durch entsprechende Hinweise ausgeschlossen werden. Damit kann die Aufschubklausel kann so gestaltet werden, dass sie nicht gegen § 305c Abs. 1 BGB verstößt. 2. Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle Wie bereits erörtert ist die Aufschubklausel in den AVB des Vertrages normiert und damit allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB und wegen § 307 Abs. 3 BGB jedenfalls einer Transparenzprüfung, aber nicht zwingend auch einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Während die Transparenzkontrolle zum unabdingbaren Schutz des Verbrauchers gezählt 52  Erman / Roloff, § 305c Rn. 11; Palandt / Grüneberg, § 305c Rn. 4; BGHZ 130, 19, 25. 53  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Hau, § 305c Rn. 38; Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 23; Bamberger / Roth / Schmidt, § 305c Rn. 19; Erman / Roloff, § 305c Rn. 12.

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Kap. 3: Untersuchung

wird und gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB unabhängig vom konkreten Inhalt der Klausel anwendbar ist,54 müssen gewisse Voraussetzungen vorliegen, damit die Klausel auch der Inhaltskontrolle unterliegt: Grundsätzlich sind nur solche Bestimmungen kontrollfähig, welche von Rechtsvorschriften oder sonst normativen Regelungen55 abweichen oder diese ergänzen. Rein deklaratorische, den Gesetzestext wiedergebende Klauseln unterliegen nicht der Inhaltskontrolle;56 ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegen Klauseln, welche die unmittelbare Hauptleistung des Vertrages regeln.57 a) Regelung einer Hauptleistung Die Hauptleistungspflichten und sonstigen Leistungsbeschreibungen, welche zur Durchführbarkeit des Vertrages notwendigerweise von den Parteien festgelegt werden müssen, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle.58 Die Inhaltskontrolle soll gerade keine Kontrolle der Preise oder Leistungsangebote sowie der Angemessenheit beider Parameter zueinander ermöglichen.59 Hierdurch wird der Grundsatz der Privatautonomie gewahrt, indem die Parteien die gegenseitigen Hauptleistungspflichten als innerstem Kern privatautonomen Handelns – in den Grenzen des § 138 BGB – grundsätzlich nach ihrem freien Willen festlegen können.60 Eine „behördliche“ Preiskontrolle durch den Richter würde dem freien marktwirtschaftlichen System widersprechen und darf nicht stattfinden.61 Die Inhaltskontrolle soll – ausweislich der Re54  Stoffels, AGB-Recht, Rn. 428 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 10 ff.; Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 85; Erman / Roloff, § 307 Rn. 38, 41. 55  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 282. 56  Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 41; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 6; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 202; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 305 Rn. 5; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 279. 57  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 22; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 305 Rn. 6; Erman / Roloff, § 307 Rn. 42; BT-Drucks. 7 / 3919, S. 22; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 12; Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 70 ff. 58  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 293; BGH NJW 1992, 688, 689; Ulmer /  Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 22; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 12; vgl. insoweit auch den ausdrücklichen Wortlaut des Art. 4 Abs. 2 der zugrundeliegenden Richtlinie RL 93 / 13 / EWR. 59  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 306, 308; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 324. 60  von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Preis – Preisnebenabrede) Rn. 1  ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 18 ff.; Beckmann, Preis- und Prämienanpassungsklauseln, S. 29; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 423. 61  Staudinger / Coester, Eckpfeiler, E. Rn. 65; Beckmann, Preis- und Prämienanpassungsklauseln, S. 29; Römer, NVersZ 1999, 97, 98; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 202; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 16.



A. Aufschubklausel69

gierungsbegründung – nicht zu einer Kontrolle der Preis- oder Leistungsangebote führen,62 zumal es diesbezüglich an einem für die Kontrolle geeigneten normativen Maßstab fehlt, der bei Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 306 Abs. 2 BGB an ihre Stelle treten könnte.63 Die Aufschubklausel koppelt die Höhe der Rente des Versicherungsnehmers an die zukünftig, zum Zeitpunkt des Renteneintritts geltenden Rechnungsgrundlagen des Versicherungsunternehmens. Hierdurch wird nicht der vom Versicherungsnehmer zu zahlende Preis, sondern die Höhe der vom Versicherer zu zahlenden Hauptleistung erst nachträglich bestimmt. Dieses Ziel könnte gleichermaßen erreicht werden, wenn die Prämienhöhe an die wirtschaftlichen Entwicklungen gekoppelt wird. Letztlich ist es unerheblich und rein willkürlich, welcher der beiden Parameter verändert wird. Ist eine bestimmte Leistung festgelegt, so wird der Preis angehoben; ist ein bestimmter Preis festgelegt, so wird die Leistung gesenkt. Ziel des Versicherers ist es, das wirtschaftliche Risiko und dadurch gesunkene Gewinne unverändert auf den Versicherungsnehmer zu übertragen. Zwischen dieser Regelung und einer Preisfestlegung bestehen faktisch keine Unterschiede. Maßgeblich ist nur, dass ein Parameter angepasst werden kann, während der andere unverändert bleibt. Wegen dieser Gleichartigkeit des Regelungsgehalts kann bezüglich der Möglichkeit der Inhaltskontrolle grundsätzlich auf die bei Preisvereinbarungen geltenden Maßstäbe zurückgegriffen werden.64 Mit der Unterscheidung zwischen Preis- und Leistungsklauseln sind keine inhaltlichen Unterschiede des Beurteilungsmaßstabes verbunden. Sie dient lediglich der Systematisierung.65 Ob die Inhaltskontrolle eröffnet ist, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob die Klausel einer Preisvereinbarung oder einer Preisnebenabrede entspricht.66 Während erstere das „Ob“ und den Umfang der Zahlung festlegen, also den Kern der Leistungszusage betrifft,67 haben Preisnebenabreden bloß mittelbare Auswirkung auf Preis und Leistung. Eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede liegt vor, wenn die Klausel das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz näher ausgestaltet oder modi62  BT-Drucks.

7 / 3919, S. 22.

63  Wolf / Lindacher / Pfeiffer,

§ 307 Rn. 303 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 18, 19; von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 20. 64  Für die Übertragung der Grundsätze von Preis- und Leistungsanpasungsklauseln vgl. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 22. 65  Billing, S. 15; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 12, 17; Stoffels, Schuldverträge, S.  385 f. 66  MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 16. 67  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 71; vgl. zum Ganzen auch Dreher, Versicherung als Rechtsprodukt, S. 265 ff.

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Kap. 3: Untersuchung

fiziert und nur eine mittelbare Auswirkung auf die Leistung bzw. den Preis hat, sodass im Fall der Unwirksamkeit dispositives Recht an ihre Stelle treten kann.68 Diese auf den ersten Blick griffige Abgrenzungsmethode führt wegen der Vielzahl an Formulierungsmöglichkeiten in der praktischen Anwendung zu erheblichen Schwierigkeiten.69 Das gilt im Rahmen von abstrakten Rechtsprodukten – wie bei einem hier vorliegenden Versicherungsvertrag – im Besonderen, da die konkrete Hauptleistung durch ein System von Risikoeinschlüssen und Risikoausschlüssen sowie verschiedenen Obliegenheiten beschrieben wird.70 Aus diesem Grund kommt Allgemeinen Versicherungsbedingungen in besonderem Maße eine leistungsbeschreibende Funktion zu,71 ohne dass die entsprechenden Klauseln – wegen des damit einhergehenden Kontrolldefizits – per se der Inhaltskontrolle entzogen werden sollten.72 Zur exakten Bestimmung des kontrollfreien Inhalts im Bereich von Klauseln, welche die Hauptleistung beschreiben, haben sich zwei Grundkonzeptionen herausgebildet. Die erste und wohl herrschende Auffassung beschränkt den Bereich der kontrollfreien Leistungsbeschreibungen im Wesentlichen auf die essentialia negotii des Vertrages.73 Damit sind solche Klauseln kontrollfrei, die den innersten Kern der Leistung beschreiben und ohne welche der Vertrag mangels Bestimmtheit und Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts nicht geschlossen werden könnte.74 Begründet wird diese Auffassung mit dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle, welcher darin bestehe, den Vertragspartner vor einer unangemessenen Verkürzung der vollwertigen Leistung zu bewahren.75 Insbesondere im Rahmen des Rentenversicherungsvertrages kommt die starke Informationsasymmetrie zwischen Versicherer und Versicherungsneh68  BGHZ 130, 150, 156; von Westphalen, Vertragsrecht (Preis – Preisnebenabrede) Rn. 4; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 12, 16; BGH r+s 1998, 79, 79; Hilber, BB 2011, 2691, 2694. 69  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 38. 70  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 55 ff. 71  Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 2, 202. 72  Prölss / Martin / Armbrüster, Einleitung Rn.  87  ff.; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 202. 73  Erman / Roloff, § 307 Rn. 42; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 288, 293; BGHZ 100, 157, 174; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; Römer, in: FS Lorenz, 449, 471; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 12; Soergel / Stein, § 307 Rn. 7 f.; BGHZ 146, 138; 140. 74  BGH NJW 1987, 1931, 1932; BGH NJW-RR 2004, 1258; Ulmer / Brandner /  Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 40. 75  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 41.



A. Aufschubklausel71

mer und der produktkonstituierenden Funktion der AVB hinzu.76 Das Verständnis der einzelnen Bedingungen sowie deren Zusammenspiel sind für den Versicherungsnehmer elementar. Um diesem Schutzbedürfnis Rechnung zu tragen, könnte der kontrollfreie Bereich derart eingeschränkt werden, dass lediglich Beschreibungen der Hauptleistungen im Sinne der essentialia negotii nicht der Kontrolle unterliegen.77 Dies sei insbesondere nach Wegfall der aufsichtsbehördlichen Vorabkontrolle notwendig.78 Unabhängig von einem besonderen Schutzbedürfnis wird hiergegen eingewendet, dass eine solche Beschränkung zu eng sei und dazu führe, dass die Kontrollmöglichkeit immer dann bejaht werde, wenn die Klausel inhaltlich unbillig ist.79 Eine dahingehende Tendenz lasse sich auch in der Rechtsprechung bereits seit einiger Zeit feststellen.80 Vermehrt wird mit Hinweis auf den grundsätzlichen Vorrang der selbstregulierenden Wirkung des Wettbewerbs gefordert, dass die Bestimmung von Preis und Leistung dem marktwirtschaftlichen System selbst überlassen bleiben muss.81 Dem § 307 Abs. 3 BGB komme nur dann eine eigenständige Hürde für die Eröffnung der Inhaltskontrolle zu, wenn der Kreis der kontrollfreien Klauseln weiter gezogen wird.82 Hierbei wird teilweise auf die effektive Gesamtbelastung des Vertrages abgestellt, sodass diejenigen Regelungen kontrollfrei sind, welche die effektive Gesamtkostenbelastung bei planmäßiger, störungsfreier Durchführung des Vertrages beschreiben.83 Dieses Krite76  Henkel, Inhaltskontrolle, S.  158 ff.; Prölss, VersR 2000, 1441, 1449; Farny, ZVersWiss 64 (1975), 169, 172; vgl. auch Prölss / Martin, Vorbemerkungen I Rn. 19, 58 ff.; Langheid / Wandt / Bruns, Allgemeine Geschäftsbedingungen, § 307 Rn. 9; Versicherungsrechts-Handbuch / Präve, § 10 Rn. 202 ff. 77  So die herrschende Meinung und ständige Rechtsprechung: Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 157; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, AVB Rn. 7; Looschelders / Pohlmann / Stagl, § 40 Rn. 9; Langheid / Wandt / Bruns, § 307 BGB Rn. 11; BGH VersR 1993, 830, 831; BGH VersR 1999, 710, 711; BGH VersR 1995, 77, 78; BGH VersR 1996, 743, 745. 78  Römer, Prüfungsmaßstab, S. 17 f.; MüKo / Basedow, (4. Auflage) § 307 Rn. 186; Kieninger, VersR 1998, 1071, 1076; von Wespthalen / Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 13; umfassend zu diesem Meinungsstreit: von Wespthalen / Präve, Klauselwerke AVB Rn. 7 ff.; Langheid / Wandt / Bruns, Allgemeine Geschäftsbedingungen, § 307 BGB Rn. 11; Billing, S. 20 ff.; Versicherungsrechts-Handbuch / Präve, § 10 Rn. 202 ff. 79  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 42. 80  Römer, in: FS Lorenz, 449, 457 f.; Hübner, Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz 117 ff.; Dylla-Krebs, S.  232 f.; Westermann, Zehn Jahre AGB Gesetz, 135, 144. 81  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, §  307 Rn.  43 m. w. N. 82  Köndgen, NJW 1989, 943, 946 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 43; vgl Dylla-Krebs, S.  154 ff. 83  Dylla-Krebs, S. 187.

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Kap. 3: Untersuchung

rium kann allerdings bereits deshalb nicht überzeugen, da es die Grundsätze der Inhaltskontrolle verkennt: Gegenstand einer Inhaltskontrolle ist nie das gesamte Regelungswerk. Vielmehr ist jede Klausel für sich auf ihre Angemessenheit zu überprüfen,84 sodass diese Auffassung richtigerweise abzulehnen ist.85 Einen weiteren Vorschlag zur Bestimmung des kontrollfreien Kernbereichs der Leistungszusagen macht Fuchs,86 indem er die von Canaris87 angedeuteten Ansätze weiterführt und zusätzlich auf die im konkreten Produktmarkt herrschenden Wettbewerbsbedingungen abstellt. Kontrollfrei sollen damit jenseits der essentialia negotii auch die typischen, wettbewerbsrelevanten und identitätsstiftenden Produkteigenschaften sein. Erfasst sind diejenigen Regelungen, die für den Vertragsschluss und die Wahl des konkreten Produkts wesentlich sind und denen im Wettbewerb eine vergleichbar bedeutende Rolle zukommt.88 Insbesondere im Rahmen von Rechts- und Dienstleistungsprodukten, welche sich durch eine weitreichende Beschreibung der (Haupt-)Leistungspflichten auszeichnen, erscheint dieser Ansatz einen tauglichen Maßstab an die Hand zu geben.89 Die Aufschubklausel wirkt sich auf die Höhe der Rente und damit auf die Hauptleistung des Vertrages aus. Ohne die Klausel würde die Art der Rentenberechnung nicht beschrieben, weshalb es an einer Bestimmung der vom Versicherer zu erbringenden Leistung fehlen würde und der Vertrag nicht durchführbar wäre. Allerdings legt die Aufschubklausel nicht nur und erstmalig den Leistungsumfang des Versicherers fest. Vielmehr stellt diese wegen der umfangreichen sonstigen Angaben über die Höhe der Rentenleistung einen verdeckten Änderungsvorbehalt dar.90 Als solche legt die Klausel die vom Versicherer zu erbringende Leistung und deren Höhe nicht unmittelbar fest, sondern regelt primär die Voraussetzungen, unter welchen eine nachträgliche Anpassung von Leistung bzw. Gegenleistung möglich ist.91 Damit modifiziert sie das Leistungsversprechen des Versicherers und beschreibt nicht den notwendigen Mindestinhalt des Vertrages, sodass es sich faktisch nicht um die Festlegung einer Hauptleistung handelt und die Klausel nach herrschender Auffassung kontrollfähig ist.92 84  Staudinger / Coester,

§ 307 Rn. 311 ff.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 448. § 307 Rn. 45. 86  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 47 ff. 87  Canaris, NJW 1987, 609, 613. 88  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 47. 89  Zustimmend auch Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 696 f. 90  Dazu später. Aus Gründen einer besseren Übersichtlichkeit wird dieses Ergebnis anstatt einer Inzidentprüfung vorweggenommen. 91  Vgl. Ebers, Überschussbeteiligung, S. 324. 85  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs,



A. Aufschubklausel73

Auch nach der marktbezogenen Auffassung sollen Modifikationen des Leistungsversprechens kontrollfähig sein, da der Klauselgegner seine Aufmerksamkeit auf das zentrale Leistungsversprechen legt, und nicht darauf, dass „im Kleingedruckten“ etwaige Änderungen oder Abstriche hiervon zu geregelt sind.93 Unabhängig davon, dass die AGB im Rahmen von Rechtsprodukten eine produktkonstituierende Funktion haben und damit von besonderer Bedeutung sind und gerade nicht „das Kleingedruckte“ darstellen, ist die Aufschubklausel wegen ihres Regelungsgehaltes als wettbewerbsrelevant und den Vertragsschluss beeinflussend zu qualifizieren. Insofern ist die Inhaltskontrolle der Aufschubklausel auch nach der vorzugswürdigen weiten Auffassung nicht ausgeschlossen. Dogmatisch gestützt wird dieses Ergebnis auch von § 309 Nr. 1 BGB, welcher ein Verbot nur für spezielle Preisänderungsklauseln normiert. Würden solche Klauseln als Hauptleistungsbeschreibungen generell nicht kon­ trollfähig sein, wäre dieses entsprechende Verbot widersinnig.94 b) Abweichung oder Ergänzung einer Rechtsvorschrift Durch dieses Erfordernis wird verhindert, dass das Ergebnis einer vom Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren getroffenen Interessenabwägung durch die Hintertür einer bloß deklaratorischen Klausel der richterlichen Kontrolle zugänglich gemacht wird.95 Eine solche Kontrollmöglichkeit des Gesetzgebers durch die einfachen Gerichte wäre mit dem Gewaltenteilungsprinzip nicht zu vereinbaren, da andernfalls der an das Gesetz gebundene Richter das dispositive Recht auf seine Angemessenheit überprüfen würde.96 Hinzu kommt, dass eine solche Kontrollmöglichkeit mit Blick auf die Rechtsfolge schlicht unsinnig wäre, da an die Stelle einer für unwirksam erklärten Klausel gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Vorschriften – und damit eine inhaltsgleiche gesetzliche Norm – treten.97

92  Vgl. BGH NJW 1999, 2279, 2280 f.; Versicherungsrechts-Handbuch / Beckmann, § 10 Rn. 203; vgl. BGH VersR 1998, 175. 93  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 51. 94  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 324; Bruck / Möller / Beckmann, § 40 Rn. 32; BGH NJW 2000, 651 f. 95  MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 6; Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 70; Ulmer /  Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 17; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 424. 96  Erman / Roloff, § 307 Rn. 38; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 156. 97  Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 50; BGH NJW 2002, 1950, 1951; Erman / Roloff, § 307 Rn. 38; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 17; Stoffels, AGBRecht, Rn. 424; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 331.

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Kap. 3: Untersuchung

Rechtsvorschrift im Sinne des § 307 Abs. 3 BGB sind alle gültigen Gesetze im materiellen Sinn, ungeschriebene allgemeine Rechtsgrundsätze sowie das Richterrecht.98 Bezüglich der durch die Aufschubklausel geregelten Materie sind weder im VAG noch im VVG ausdrückliche Regelungen getroffen. Auch sonstige, diese Materie regelnde allgemeine Rechtsgrundsätze oder Rechtsnormen sind nicht bekannt. Dementsprechend hat die Aufschubklausel weder bloß deklaratorischen Charakter noch weicht sie von zwingendem Ge­ setzesrecht ab. c) Besonderheiten im Rahmen des Versicherungsvertrages Im Rahmen von Versicherungsverträgen kommt die Problematik halbzwingender Klauseln hinzu, von welchen nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf. Für die Rentenversicherung bestimmt § 171 VVG, welche Normen einen solchen halbzwingenden Charakter haben. Insofern legt das Versicherungsrecht selbst einen Maßstab fest, ob und wie von den gesetzlichen Bestimmungen abgewichen werden darf, sodass diesbezüglich sowohl BGB als auch VVG Regelungen treffen. Unabhängig von der dogmatischen Einordnung und dem Verhältnis dieser Regelungen zueinander99 ist diese „Doppelregelung“ nicht problematisch und führt nicht zu Wertungswidersprüchen. Eine gegen halbzwingende Normen verstoßende Regelung ist, sofern sie – wie im Versicherungsvertragsrecht üblich – als AVB in den Vertrag aufgenommen wurde, als eine gegen einen wesentlichen Grundgedanken verstoßende Regelung gleichzeitig gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.100 Dass der Gesetzgeber die betroffene Regelung als wesentlichen Grundgedanken auffasst, wird durch die Qualifikation und den damit verbundenen Schutz als halbzwingende Regelung deutlich. Gemäß § 307 Abs. 3 BGB ist die entsprechende Klausel selbstverständlich auf ihre Transparenz zu untersuchen und kann aus diesem Grund unwirksam sein. 3. Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB Wie oben bereits angedeutet, könnte es sich bei der Aufschubklausel um einen Änderungsvorbehalt handeln, sodass die Rechtmäßigkeit an § 308 98  BGH NJW 2002, 1950, 1951; Erman / Roloff, § 307 Rn. 39; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 7; Staudinger / Coester, Eckpfeiler, E. Rn. 62; Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 71. 99  Vgl. Bruck / Möller / Brömmelmeyer, § 32 Rn. 34; Prölss / Martin / Armbrüster, § 18 Rn. 11; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ebers, § 18 Rn. 5; Werber, VersR 2010, 1253, 1258 f. 100  So auch van de Loo, Angemessenheitskontrolle, S. 78.



A. Aufschubklausel75

Nr. 4 BGB zu messen wäre. Ein Änderungsvorbehalt liegt vor, wenn sich der Verwender der Klausel vorbehält, eine ursprünglich vereinbarte Pflicht nachträglich einseitig aufzuheben oder inhaltlich zu verändern und auf diese Weise das bei Vertragsschluss vereinbarte Äquivalenzverhältnis zu beeinflussen.101 Unerheblich ist hierbei, um welche Art von Vertrag es sich handelt und ob sich die Änderung auf eine Haupt- oder Nebenleistung bezieht.102 Die Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts ist ein weitreichender Eingriff in die Rechte des Vertragspartners, da er trotz Nichterhalt der vertraglich versprochenen Leistung weder vertragliche noch gesetzliche Rechte geltend machen kann. Bei einem wirksamen Änderungsvorbehalt ist der Klauselgegner verpflichtet, auch ein aliud als Erfüllung der vertraglich vereinbarten Pflicht anzunehmen sowie das dafür vereinbarte Entgelt zu zahlen, obwohl dies seinen vertraglichen Interessen möglicherweise nicht entspricht.103 Insofern dient das AGB-rechtliche Klauselverbot nicht nur dem Schutz des Interesses auf Erhalt der vertraglich vereinbarten Leistung, sondern auch dem Schutz der bei Schlecht- bzw. Nichtleistung zustehenden Rechte,104 sowie der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses.105 Das Klauselverbot bezweckt, den Klauselgegner davor zu schützen, dass sich der Verwender ohne weiteres von einer einmal begründeten Leistungspflicht lösen oder diese zu seinen Gunsten abändern kann.106 Teilweise wird das Klauselverbot daher als eine besondere Ausprägung des Grundsatzes pacta sunt servanda gesehen.107 Dieser ist jedoch gerade nicht verletzt, wenn der Änderungsvorbehalt Teil der Willenserklärungen der Parteien war. Er ist dann gerade Vertragsinhalt geworden, sodass die Änderung der Leistung keine Abweichung von dem vereinbarten Inhalt bedeutet.108 Vielmehr wird durch einen Änderungsvorbehalt 101  Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 447; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn.  4 ff.; Erman / Roloff, § 308 Rn. 31; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 1. 102  Palandt / Grüneberg, § 308 Rn. 22; Dauner-Lieb / Langen / Kollmann, § 308 Nr. 4 Rn. 47. 103  Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 1; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 1 f.; BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643. 104  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Rn. 2 f.; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 1; Dauner-Lieb / Langen / Kollmann, § 308 Nr. 4 Rn. 46; Ulmer / Brandner /  Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 1. 105  BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 1; von Westphalen / Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 1. 106  MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 1; Palandt / Grüneberg, § 308 Rn. 24; von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 5; Wolf / Lindacher /  Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 1. 107  Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 2; BT-Drucks. 7 / 3919, S. 27; von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 1. 108  Wandt, Änderungsklauseln, Rn. 40 f.

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Kap. 3: Untersuchung

die spätere einseitige Änderung der essentialia negotii möglich, wodurch der Grundsatz, dass vertragliche Vereinbarungen nur im beiderseitigen Einvernehmen geändert werden können, durchbrochen wird.109 Zudem steht hierdurch die materielle Richtigkeitsgewähr des Vertrages in Frage.110 a) Vom Verwender versprochene Leistung Voraussetzung für das Vorliegen eines Änderungsvorbehalts ist, dass der Verwender dem Klauselgegner überhaupt eine Leistung versprochen hat, sodass durch die fragliche Klausel eine bereits begründete Pflicht aufgehoben oder abgeändert werden kann.111 Mit Blick auf den Normzweck ist unerheblich, ob es sich bei dieser um eine Haupt- oder Nebenleistung handelt und ob sie ausdrücklich versprochen wurde oder sich erst durch eine Vertragsauslegung ergibt.112 Eine Klausel, die dem Verwender bei Vertragsschluss lediglich das Recht einräumt, seine Leistung erst später durch ein einseitiges Bestimmungsrecht erstmalig festzulegen, fällt nicht in den Schutzbereich von § 308 Nr. 4 BGB und ist dementsprechend nicht an dieser Norm zu messen.113 Die Aufschubklausel beeinflusst und bestimmt die Höhe der vom Versicherer zu zahlenden Rente. Zwar handelt es sich dabei nicht um die Beschreibung der Hauptleistung selbst, allerdings wirkt sich das durch die Klausel eingeräumte Recht auf die Höhe der Rente aus.114 Ob hierdurch eine Leistungsänderung beziehungsweise eine Abweichung von der versprochenen Leistung vorliegt, oder es sich um eine erstmalige Festlegung der Leistung handelt, hängt maßgeblich davon ab, welche Leistung vom Versicherer bei Vertragsschluss tatsächlich versprochen wurde, also wie die Leistungsbeschreibung zu verstehen ist. Um dies zu bestimmen ist eine genaue Analyse des Leistungsumfangs des Versicherers vorzunehmen. Bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrages mit Aufschubklausel wird vereinbart, dass der Versicherungsnehmer ab Erleben des Rentenbeginns 124, 351, 367 f.; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 16. AcP 209 (2009), 84, 93; Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff.; Fastrich, S.  51 ff. 111  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Rn. 4, 11. 112  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 7; von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 5; Palandt / Grüneberg, § 308 Rn. 24. 113  Vgl. BGHZ 158, 149, 154; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 6; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 8; Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger / Coester-Waltjen, § 308 Nr. 4 Rn. 5; BAG NJW 2013, 1020, 1021. 114  Siehe zu dieser Einordnung Kapitel 3 A. III. 2. a). 109  BGHZ

110  Thomas,



A. Aufschubklausel77

(Beginn der Bezugsphase) eine monatliche Rente erhält.115 Die exakte Höhe dieser Rente berechnet sich auf Grundlage des eingezahlten Sparteils der Prämie („Deckungskapital“) anhand der bei Eintritt in die Bezugsphase geltenden Rechnungsgrundlagen. Diese wiederum sind unter anderem abhängig von wirtschaftlichen Faktoren und demografischen Gegebenheiten. Die versprochene Leistung des Versicherers besteht also darin, dem Versicherungsnehmer ab Rentenbeginn eine monatliche Rente in einer noch zu ermittelnden Höhe zu zahlen. Exakt dieses Vorgehen wird bei Vertragsschluss auch vereinbart. Die Aufschubklausel führt dazu, dass zwar eine Leistungspflicht des Versicherers im Vertrag normiert, die Höhe dieser Leistung jedoch variabel ist. Die vom Versicherer versprochene Leistung ist nur dem Grunde nach bestimmt und umfasst die Pflicht zur Zahlung einer Rente in ungewisser Höhe. Dass die genauen Rechnungsgrundlagen bei Vertragsabschluss noch nicht feststehen, stellt daher für sich genommen keine Änderung der geschuldeten Leistung dar. Es handelt sich um ein in der Höhe noch nicht feststehendes Leistungsversprechen des Versicherers. Diese Konstellation ist mit dem Leistungsversprechen bei der Überschussbeteiligung vergleichbar, da hier ebenso der Anspruch und damit die Leistung nur dem Grunde nach festgelegt ist. Die exakte Höhe der Leistung wird in beiden Fällen erst unmittelbar vor ihrer Auszahlung festgelegt. Da bei Vertragsschluss vereinbart wurde, dass die exakte Höhe der Leistung später noch zu konkretisieren ist, könnte die Klausel als erstmaliges einseitiges Leistungsbestimmungsrecht angesehen werden. Allerdings spricht hiergegen, dass die Voraussetzungen für die Leistung und deren Berechnung schon exakt bestimmt sind. Die Leistung des Versicherers – Zahlung einer monatlichen Rente – ist bereits bei Vertragsschluss dem Grunde nach festgelegt, indem die zum Zeitpunkt des Renten­ beginns geltenden Rechnungsgrundlagen für maßgeblich erklärt werden. Lediglich die Höhe ist wegen der noch nicht feststehenden Rechnungsgrund­ lagen zu diesen Zeitpunkt nicht exakt bestimmt. Aus diesen Gründen ist zunächst nicht ersichtlich, wie diese Regelung einen Änderungsvorbehalt darstellen könnte. Zwischen den Parteien wird exakt das Vorgehen vereinbart, welches später auch durchgeführt wird. Allein die Tatsache, dass für die exakte Rentenhöhe und damit für den exakten Leistungsumfang zukünftige Rechnungsgrundlagen des Versicherers für maßgeblich erklärt werden, führt alleine nicht dazu, dass die Klausel als Änderungsvorbehalt zu qualifizieren ist.

115  Langheid / Wandt / Heiss / Mönch, Vor §§ 150–171 Rn. 21; Römer / Langheid, Vor §§ 150–171 Rn. 6 f.; Prölss / Martin / Schneider, Vor §§ 150–171 Rn. 16; Wandt, Ver­ sicherungsrecht, Rn. 1135.

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Kap. 3: Untersuchung

b) Verdeckter Änderungsvorbehalt Bei der Aufschubklausel könnte es sich allerdings um einen sogenannten „verdeckten Änderungsvorbehalt“ handeln. Mit Blick auf den Schutzzweck von § 308 Nr. 4 BGB ist es unerheblich, auf welche Art und Weise die Änderung der Leistungspflicht verwirklicht wird. Ausschlaggebend ist lediglich, dass die Leistungspflicht ohne freiwillige Mitwirkung des Klauselgegners geändert werden kann.116 Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Verstecken eines Änderungsvorbehaltes durch Erweiterung der Beschaffenheitsvereinbarung oder durch Einschränkung der Gewährleistungsansprüche im Kaufrecht.117 Die Klausel „Abweichungen in Farbe oder Modellform berechtigen nicht zur Reklamation“ beispielsweise führt dazu, dass der Verwender die vertraglich versprochene Leistung in einem gewissen Rahmen zu ändern berechtigt ist und stellt daher einen verdeckten Änderungsvorbehalt dar.118 Die Aufschubklausel könnte insofern als verdeckter Änderungsvorbehalt einzuordnen sein, als sie zwar ausdrücklich bestimmt, dass sich die exakte Höhe der Rente anhand der erst zukünftig festzulegenden Rechnungsgrundlagen errechnet, und dennoch für diverse bei Vertragsschluss vorzunehmende Berechnungen die zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechnungsgrundlagen verwendet. Durch dieses Vorgehen kann die tatsächliche Rentenhöhe von der kalkulierten Summe des Versicherers abweichen und wird dies wegen der ständigen Veränderung der wirtschaftlichen und demografischen Werte auch regelmäßig tun. Es werden also zukünftige Rechnungsgrundlagen für maßgeblich erklärt, obwohl diverse Leistungsangaben und Musterrechnungen nahe legen, dass aktuelle und damit andere Rechnungsgrundlagen maßgeblich sind. Ausgehend von der Kalkulation der Versicherungsprämie, welche notwendigerweise anhand der bei Vertragsschluss geltenden Rechnungsgrundlagen durchgeführt wird, basieren weitere wichtige Werte auf diesen Rechnungsgrundlagen und suggerieren dem Versicherungsnehmer so allesamt ein falsches Bild von den zu erwartenden Leistungen.

116  BGH NJW 2008, 134, 136; Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 14, 21; vgl. Staudinger / Coester-Waltjen, § 308 Nr. 4 Rn. 5; von Westphalen, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 5. 117  Erman / Roloff, § 308 Nr. 4 Rn. 31; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 15; Staudinger / Coester-Waltjen, § 308 Nr. 4 Rn. 5; Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 21. 118  von Westphalen, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 5; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 5.



A. Aufschubklausel79

Ein Beispiel hierfür ist der Rückkaufswert. Dieser ist anhand der für die Prämienkalkulation geltenden Rechnungsgrundlagen zu berechnen119 und dem Versicherungsnehmer gemäß § 169 Abs. 3 S. 2 VVG zwingend bereits vor Vertragsschluss mitzuteilen. Wegen dieser Regelung ist die Berechnung nur anhand solcher Rechnungsgrundlagen möglich, welche mit großer Wahrscheinlichkeit nicht denjenigen entsprechen, die tatsächlich für die Rentenberechnung maßgeblich sind. Insofern handelt es sich damit gewissermaßen um „falsche“ Rechnungsgrundlagen. Auch der obligatorischen Modellrechnung sind die für die Prämienberechnung maßgeblichen Rechnungsgrundlagen zugrunde zu legen, § 154 Abs. 1 VVG, sodass auch diese Berechnungen zumindest mittelbar auf Grundlagen beruhen, welche später für die tatsächliche Vertragsleistung nicht maßgeblich sind. Die Beispiele zeigen, dass der Versicherer bei Vertragsschluss von bestimmten Rechnungsgrundlagen ausgeht und diese für seine Leistungsbeschreibung gegenüber dem Versicherungsnehmer auch verwenden muss, obwohl sich die tatsächliche Leistung nicht an diesen, sondern an den künftigen Rechnungsgrundlagen orientiert. Gerade aus der Sicht des Versicherungsnehmers werden die die maßgeblichen Rechnungsgrundlagen – und damit auch die Vertragsleistung – zwischen Vertragsschluss und tatsächlicher Leistungserbringung geändert, sodass die Aufschubklausel materiell als ein Änderungsvorbehalt zu werten sein könnte. Maßgebliche Kriterien dafür, ob bzw. wann eine Klausel materiell einen Änderungsvorbehalt darstellt, hat der BGH in seinem Urteil zu den sogenannten Zinsänderungsklauseln120 aufgestellt und hierfür im Schrifttum Zustimmung erfahren.121 aa) Rechtsprechung zu Zinsanpassungsklauseln Im Fall der Zinsänderungsklausel schließt die Bank einen Sparvertrag mit dem Kunden. In den AGB der Bank ist bestimmt, dass die Bank „am Ende eines Kalenderjahres den im Jahresverlauf durch Aushang bekanntgegebenen Zins“ zu zahlen hat. Bei Vertragsbeginn wird jedoch bereits der zu diesem Zeitpunkt gültige Zinssatz eingetragen. Nach Ansicht des BGH sind solche Klauseln nicht als erstmaliges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne der §§ 315 ff. BGB zu werten, sondern 119  Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 169 Rn. 26 ff.; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 169 Rn. 20 ff.; Langheid / Wandt / Mönnich, § 169 Rn. 83 f.; Prölss /  Martin / Reiff, § 169 Rn. 32. 120  BGH Urt. v. 17.2.2004  – XI ZR 140 / 03 = BGHZ 158, 149 ff.; BGH NJW 2004, 1588 ff. 121  Roloff, BGHReport 2004, 886 f.; Möllers, LMK 2004, 125 f.; vgl. auch Wolf /  Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 18 ff.

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Kap. 3: Untersuchung

stellen materiell einen Änderungsvorbehalt dar.122 Dies ergebe sich aus der Funktion der Klausel selbst. Durch Eintragen des bei Vertragsschluss gültigen Zinssatzes sei die Leistung bereits erstmalig bestimmt, sodass es sich keinesfalls um ein aufgeschobenes Leistungsbestimmungsrecht handeln könne.123 Die praktische Bedeutung der Klausel liege vielmehr darin, spätere Änderungen des zuvor festgelegten Zinssatzes zu ermöglichen,124 was einen verdeckten Änderungsvorbehalt darstelle.125 Aus diesem Grund sei die Klausel materiell als (verdeckte) Änderungsklausel zu bewerten, sodass der Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 BGB eröffnet ist. bb) Übertragung auf die Aufschubklausel Diese Ausführungen können weitestgehend auf die Aufschubklausel übertragen werden, da sowohl die Ausgangslage als auch die Folgen für den Klauselgegner von Zinsanpassungsklausel und Aufschubklausel vergleichbar sind. In beiden Fällen geht der Klauselverwender bei Vertragsabschluss von bestimmten, zu diesem Zeitpunkt geltenden (Rechnungs-)Grundlagen aus und kommuniziert diese auch gegenüber dem Vertragspartner. Gleichwohl werden nach Vertragsschluss andere Berechnungsgrundlagen als maßgeblich erklärt. Einziger Unterschied der beiden Sachverhalte liegt darin, dass die Bank dies durch die Aufnahme des aktuell geltenden Zinssatzes in den Vertrag ausdrücklich macht, während der Versicherer dies konkludent macht, indem er oben genannte Werte wie Rückkaufswert und Modellrechnung anhand der bei Vertragsschluss geltenden Rechnungsgrundlagen berechnet, ohne hierbei zu erklären, dass diese Grundlagen für die spätere Rentenberechnung nicht ausschlaggebend sind. Da das Resultat beider Vorgehensweisen identisch ist, kann die Art der Vorgehensweise eine unterschiedliche Beurteilung nicht rechtfertigen. Aus diesen Gründen ist das beschriebene Vorgehen im Rahmen der Aufschubklausel im Hinblick auf die Rechnungsgrundlagen als Änderungsvorbehalt zu werten, sodass ihre Wirksamkeit an § 308 Nr. 4 BGB zu messen ist. Maßgeblich ist, dass die Rechnungsgrundlagen verändert und angepasst werden können. Diese Möglichkeit besteht unabhängig davon, ob die Aufschubklausel mit oder ohne garantierte Mindestrente vereinbart ist. Entscheidend für die Einordnung als Änderungsvorbehalt ist nicht die Änderung der Ablaufleistung an sich, sondern die Änderung der dieser Leistung zugrunde122  BGH

Urt. v. 17.2.2004 – XI ZR 140 / 03, S. 7 f. Urt. v. 17.2.2004 – XI ZR 140 / 03, S. 8 f. 124  BGH NJW 2004, 1588, 1588. 125  BGH NJW 2004, 1588, 1589; zustimmend: Möllers, LMK 2004, 125 f.; Roloff, BGHReport 2004, 886 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 2004, 1532, 1534. 123  BGH



A. Aufschubklausel81

liegenden Rechnungsgrundlagen und damit eine Änderung im Vergleich zu den bei Vertragsabschluss errechneten Werten. Diesbezüglich macht es keinen Unterschied, ob die Aufschubklausel mit oder ohne garantierte Mindestrente vereinbart wird, sodass die nachfolgenden Ausführungen für beide Fälle gleichermaßen gelten. c) Art und Weise der Änderung Unabhängig für die Einordnung als Änderungsklausel ist die Frage, auf welche Art und Weise die Änderung erreicht wird. Insbesondere muss dem Klauselverwender bezüglich des Änderungsgrundes und des Änderungsumfangs kein eigener Entscheidungsspielraum zukommen, sofern er die externen Regelungen einseitig ändern kann.126 Bewirken Klauseln, dass sich der Inhalt der Leistungspflicht unter bestimmten Umständen gewissermaßen automatisch und selbständig ändert, sind diese ebenfalls als Änderungsklauseln zu qualifizieren.127 Hierunter fallen dynamische Bezugsklauseln, welche den Inhalt und die Leistung des Vertrages an die jeweils geltende Fassung eines externen Regelungswerks koppeln.128 Gängig ist dieser Klauseltyp insbesondere im Arbeitsrecht, wenn gewisse Leistungen des Arbeitgebers an die Regelungen im jeweils geltenden Tarifvertrag gekoppelt werden.129 Im Fall der Aufschubklausel ist bei Vertragsbeginn zwar keine konkrete Höhe der Ansprüche festgelegt, sodass es denklogisch auch nicht zu Abweichungen von dieser kommen kann. Allerdings besteht eine Nähe zu Bezugsklauseln insofern, als auf Rechnungsgrundlagen verwiesen wird, welche zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt sind. Da zwischen Rechnungsgrundlagen und Rentenhöhe ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wirkt sich jede Änderung auch auf die Rentenhöhe aus. Entwickeln sich die Rechnungsgrundlagen ungünstig, so hat der Versicherungsnehmer die Zahlung einer nur sehr geringen Rente ebenfalls als Erfüllung der vertraglich vereinbarten Pflicht anzunehmen. Auch wegen dieser Vergleichbarkeit der Aufschubklausel mit dynamischen Bezugsklauseln ist die Änderungsklausel als verdeckter Änderungsvorbehalt an den Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB zu messen. 126  Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 14; vgl. BAG NZA 2009, 428, 430. 127  BAG Urt. v. 22.7.2010  – 6 AZR 170 / 08 = BeckRS 2010, 73442; Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 14. 128  Wolff / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 14; vgl. BAG NZA 2011, 634, 636. 129  Erfurter Kommentar / Preis, § 310 BGB Rn. 80a; Ascheid / Preis / Schmidt / Steffan, § 613a Rn. 141; Henssler / Willemsen / Kalb, § 3 TVG Rn. 15 ff.

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Kap. 3: Untersuchung

Außerhalb von allgemeinen Geschäftsbedingungen können Leistungsänderungsrechte wegen des Grundsatzes der Privatautonomie von den Parteien frei vereinbart werden. Da Leistungsänderungsrechte jedoch in einem gewissen Widerspruch zum Äquivalenzprinzip bzw. der Bindung der Vertragsparteien an die bei Vertragsschluss getroffene Leistung stehen,130 ist deren Wirksamkeit – sofern eine solche Vereinbarung in AGB getroffen wird – an § 308 Nr. 4 BGB zu messen. Die Vereinbarung von Leistungsänderungsrechten ist auch im Rahmen von AGB nicht per se ausgeschlossen. Die Norm schützt den Klauselgegner lediglich vor unangemessenen, weil unzumutbaren Änderungen des Vertragsinhalts.131 d) (Un-)Zumutbarkeit Bei § 308 Nr. 4 BGB handelt es sich der amtlichen Überschrift nach um „Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit“. Klauseln sind mit dieser Norm nur dann nicht vereinbar, wenn die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Klauselverwenders ausfällt. Umgesetzt wird dieses System dadurch, dass nahezu jeder Tatbestand des § 308 BGB132 einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält. Diese Konstruktion ermöglicht den Gerichten, die fragliche Klausel erst nach einer konkretisierenden Wertung als wirksam oder unwirksam einzuordnen.133 Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit einer Leistungsänderungsklausel sind gemäß dem Wortlaut der Norm die Interessen beider Vertragsparteien zu berücksichtigen und umfassend gegeneinander abzuwägen.134 Hierbei werden im Allgemeinen und insbesondere in der Gerichtspraxis für Allgemeine Versicherungsbedingungen135 die Maßstäbe von §§ 307 Abs. 1, 2 BGB als Wertungskriterien herangezogen.136 Für das Versicherungsrecht setzt zwar § 40 VVG voraus, dass Anpassungsklauseln wirksam vereinbart werden können. Hieraus ist jedoch keinesfalls zu entnehmen, dass ein schrankenloses Änderungsrecht vereinbart werden 130  BGHZ

89, 206, 211 = NJW 1984, 1182, 1183. § 308 Nr. 4 Rn. 1; von Westphalen, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn. 1; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 2; Erman / Roloff, § 308 Rn. 33. 132  Ausnahme hiervon in § 308 Nr. 5b und Nr. 8 BGB. 133  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, Vor §§ 308, 309 Rn. 6 f.; MüKo / Wurmnest, Vor 307 ff. Rn. 5; siehe auch BT-Drucks. 7 / 3919, S. 14. 134  BGH NJW 2005, 3568, 3569; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 22; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 15; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 7. 135  Römer, NVersZ 1999, 97, 101. 136  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 6. 131  MüKo / Wurmnest,



A. Aufschubklausel83

kann.137 Dafür, dass die Norm das gesamte AGB-Recht verdrängen soll, liegen keine Anhaltspunkte vor. Vielmehr regelt sie mit dem Kündigungsrecht nur ergänzend einen Teilbereich dieser Anforderungen. Auch die hierzu ergangene Rechtsprechung, welche gewisse Anforderungen an die Wirksamkeit solcher Klauseln stellt,138 stützt dieses Ergebnis. Eine Leistungsänderungsklausel ist nur dann zumutbar, wenn die Interessen des Verwenders die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen Vertragsteils überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind.139 Hierbei ist das gesamte Vertragswerk als Wertungshintergrund in die Beurteilung mit einzubeziehen.140 Die Unzumutbarkeit der Klausel kann sich aus einer Vielzahl verschiedener Gründe ergeben. Neben der grundsätzlichen Interessenlage der Parteien sind insbesondere die Art des Änderungsvorbehalts sowie die konkrete Formulierung der Klausel ausschlaggebend. aa) Einordnung als Klausel mit Anpassungsautomatik oder als einseitige Leistungsänderung Inhaltlich in engem Zusammenhang mit der Abwägung und der Zumutbarkeit der Klausel steht die genügend konkretisierte Formulierung dieser. Zwar fordert § 308 Nr. 4 BGB – im Gegensatz zu § 308 Nr. 3 BGB – gerade nicht explizit, dass der Grund bzw. die Voraussetzungen für eine Änderung angegeben werden. Allerdings sind unzumutbare Änderungen zum Nachteil des Klauselgegners nur dann ausgeschlossen, wenn Voraussetzungen und Reichweite des durch die Klausel eingeräumten Änderungsrechts genügend präzise und transparent formuliert sind.141 Dieses Gebot der Klarheit und Verständlichkeit folgt überdies schon aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Frage nach 137  Statt vieler: Bruck / Möller / Beckmann, § 40 Rn. 16 (m. w. N.); Schwintowski /  Brömmelmeyer / Michaelis, § 40 Rn. 4; Prölss / Martin / Knappmann, § 40 Rn. 4; Römer / Langheid / Rixecker, § 40 Rn. 4; Looschelders / Pohlmann / Stagl, § 40 Rn. 9. 138  Vgl. BGH Urt. v. 21.04.2009  – XI ZR 55 / 08 Rn. 17 ff.; BGH Urt. v. 21.04.2009 – XI ZR 78 / 08 Rn. 17 ff. 139  BGH NJW 2005, 3567, 3568; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 24; BGH NJW 208, 360, 362; Erman / Roloff, § 308 Rn. 33; für ein Überwiegen der Interessen des Verwenders: Fricke, VersR 1996, 1449, 1453, 1456; Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 449 f.; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9 („erhebliches Interesse“); MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 7. 140  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 124 ff.; BGH NJW 1993, 532; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 34 ff. mit Verweis auf Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93 / 13 / EWG; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 13. 141  von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rn.  22; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 24; Ulmer / Brandner / Hensen /  Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9; BGH NJW-RR 2008, 134, 134 f.

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Kap. 3: Untersuchung

genügender Transparenz und Konkretheit der Klausel ist gewissermaßen als Vorfrage der eigentlichen Interessenabwägung zu untersuchen, da diese den Rahmen der Änderungsreichweite vorgeben. Erst wenn die Voraussetzungen und der konkrete Umfang des Änderungsrechts bestimmt sind, kann anhand einer umfassenden Interessenabwägung ermittelt werden, ob der Änderungsvorbehalt in dieser Form auch zumutbar ist. Änderungsklauseln können in Form sogenannter Klauseln mit Anpassungsautomatik oder als einseitige Leistungsänderungsvorbehalte vorkommen. Bezüglich der an die Klausel gestellten Anforderungen und damit ihrer Wirksamkeit ist entscheidend, um welche Erscheinungsform es sich handelt.142 Hierbei kommt es maßgeblich auf die Art der Regelung sowie die konkrete Formulierung und Ausgestaltung an. Da jedes Versicherungsunternehmen selbst für die Gestaltung seiner Klausel verantwortlich ist, bedeutet das für die Aufschubklausel, dass nicht generell von einer bestimmten Formulierung ausgegangen werden kann. Vielmehr wird die Wirksamkeit einer Musterklausel geprüft, woraus sich unabdingbare (Mindest-)Voraussetzungen oder Formulierungen ableiten lassen. Die Aufschubklausel erklärt die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns für vergleichbare Verträge geltenden Rechnungsgrundlagen für maßgeblich und knüpft die konkrete Höhe der Rente an diese zukünftigen Rechnungsgrundlagen. Eine beispielhafte Formulierung für eine solche Klausel könnte lauten: „Die Höhe der Rente wird zum Zeitpunkt des Rentenbeginns mit den zu diesem Zeitpunkt für vergleichbare Rentenversicherungen geltenden Rechnungsgrundlagen berechnet. Maßgebende Rechnungsgrundlagen sind der Rechnungszins und die Sterbetafeln, die in der Beitragskalkulation für zum Zeitpunkt des Rentenbeginns neu abzuschließende vergleichbare Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung verwendet werden. Im Anhang findet sich eine Auflistung vergleichbarer Rentenversicherungen.“143

(1) Anpassungsautomatik Klauseln mit Anpassungsautomatik binden den Preis entweder an einen für die jeweilige Leistung wichtigen unmittelbaren Kostenfaktor (Kostenelemen­ teklausel)144 oder sie setzen den Ausgangspreis der geschuldeten Leistung zum Wert von gleichartigen Gütern oder Leistungen ins Verhältnis (Gleit- /  142  Kessel / Schwedler,

BB 2010, 585, 588. Gestaltung entspricht den AVB eines bereits auf dem Mark erhältlichen Versicherungsprodukts eines großen deutschen Versicherungsunternehmens. 144  Kunth / Tüngler, RdE 2006, 257, 259; von Westphalen / Höch / Kalwa, Klauselwerke (Gaslieferverträge) Rn. 71; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, Zinsanpassungsklauseln Rn. 4; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 17, 18. 143  Diese



A. Aufschubklausel85

Spannungsklauseln als Unterfall einer Kostenelementklausel)145. Auch eine Bindung an vertragsfremde Größen oder Listenpreise ist möglich.146 Im Detail können diese Klauseln unterschiedlich ausgestaltet sein, knüpfen den Preis jedoch immer an bestimmte Faktoren, sodass eine vertragliche Preisakzessorietät entsteht.147 Durch die Festlegung des gesamten Anpassungsprogramms steht schon bei Vertragsschluss fest, in welchen Fällen eine Änderung erfolgt, welchen Umfang diese Änderung annehmen kann und welche Gewichtung diese gegenüber anderen Faktoren der Preiskalkulation hat.148 (2) Leistungsänderungsvorbehalt Im Gegensatz hierzu stehen allgemeine Leistungsvorbehaltsklauseln. Mit diesen einseitigen Leistungsänderungsvorbehalten wird dem Verwender das abstrakte Recht eingeräumt, eine einmal vereinbarte Leistung nachträglich einseitig abzuändern.149 Die Änderung bedarf zwingend einer weiteren rechtsgeschäftlichen Erklärung des Verwenders und ist nicht von der Mitwirkung bzw. Zustimmung der Gegenseite abhängig.150 Die genauen Voraussetzungen und der Umfang der Leistungsänderung sind von der konkreten Formulierung der Klausel abhängig und richten sich ausschließlich nach dieser Formulierung selbst. Diese Art von Anpassungsklauseln soll möglichst vielseitig einsetzbar sein und ist entsprechend diesem Zweck oftmals generalklauselartig formuliert, wodurch Auslegung und Wirksamkeit solcher Klauseln problematisch werden.151

145  Insbesondere sog. HEL-Preisklauseln, welche eine Kopplung an den Preis für extra leichtes Heizöl vorsehen. Hierzu BGH NJW 2010, 2789, 2790; Schneider / Theobald / de Wyl / Essig, § 11 Rn. 22; OLG Köln RdE 2009, 22, 25; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 19, 20; von Westphalen / Höch / Kalwa, Klauselwerke (Gaslieferverträge) Rn. 72. 146  von Westphalen / Höch / Kalwa, Klauselwerke (Gaslieferverträge) Rn. 71; zum Ganzen: Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S.  18 ff. 147  Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88. 148  Beckmann, S. 4; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 17. 149  BGH NJW 2010, 993, 994; von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 1; von Westphalen / Höch / Kalwa, Klauselwerke (Gaslieferverträge) Rn. 70. 150  Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 24; Baur, S. 47; so auch Beckmann, S. 5 der begrifflich nicht zwischen Leistungsbestimmungs- und Leistungsänderungsvorbehalten differenziert. 151  Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 30.

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Kap. 3: Untersuchung

(3) Einordnung der Aufschubklausel Bei der Einordnung von Änderungsklauseln ist problematisch, dass eine allgemeine Leistungsänderungsklausel durch ihre Formulierung in die Nähe einer Kostenelementeklausel rücken kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Änderungsvoraussetzungen der Klausel beschränkt werden und so das Änderungsermessen des Klauselverwenders einschränken. Trotz dieser Nähe sind beide Klauseltypen – insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Transparenzanforderungen – strikt voneinander zu trennen. Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob dem Verwender ein Ermessen bei der Preisanpassung bleibt oder die Klausel Regelungen enthält, die dazu führen, dass sich die Preissteigerung aufgrund der Kostensteigerung mathematisch zwingend ergibt. Eine Kostenelementeklausel liegt nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 3 Preisklauselgesetz nur vor, wenn die Kosten den Preis – beziehungsweise in diesem Fall die Leistung – „unmittelbar beeinflussen“. Ein solches unmittelbares Beeinflussen liegt wiederum vor, wenn es zu einer fortlaufenden mathematischen Berechnung kommt.152 In diesem Fall hat der Verwender weder einen Spielraum noch ein Ermessen, sodass es sich um eine automatische Anpassungsklausel in Form der Kostenelementeklausel handeln muss.153 Die Einordnung der Aufschubklausel ist keinesfalls eindeutig. Bezüglich der Rentenberechnung und damit der Höhe der Leistung verweist sie auf die zukünftig für die Prämienberechnung geltenden Rechnungsgrundlagen des Versicherungsunternehmens. Diese sind sowohl für die Art und Weise der Berechnung als auch für die konkrete Höhe der Rente maßgeblich. Die Rechnungsgrundlagen wiederum hängen von wirtschaftlichen Kennzahlen wie Rechnungszins und Kostensätzen ab, sowie von biometrischen Grundlagen wie der durchschnittlichen Lebenserwartung, welche anhand von Sterbetafeln abgebildet wird.154 Insofern sind die Voraussetzungen des Änderungsrechts und der Umfang der möglichen Änderung jedenfalls mittelbar mit einer Referenzgröße verknüpft. Daher könnte es sich bei der Aufschubklausel um eine automatische Preisänderungsklausel in Form der Kostenelementeklausel handeln. Diese Einordnung wird auch durch ein Urteil des BGH vom 15.11.2007155 gestützt. Die im PayTV-Fall in Frage stehende Klausel räumte dem Verwender das Recht ein, die Beiträge zu erhöhen, wenn sich „die Kosten der Be152  Kunth / Wollburg,

BB 1985, 230, 231; Fricke, EnWZ 2015, 435, 435. Westphalen, ZIP 2008, 669, 670; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 89. 154  Langheid / Wandt / Heiss, § 154 Rn. 17; vgl. Rüffer / Halbach / Schimikowski /  Brambach, § 154 Rn. 21. 155  BGH Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 247 / 06 = NJW 2008, 360 ff. 153  von



A. Aufschubklausel87

reitstellung des Programms erhöhen“.156 Damit ist sie der Aufschubklausel sehr ähnlich: In beiden Fällen wird festgelegt, dass das Änderungsrecht greift, wenn sich die für die Leistung maßgeblichen Kosten oder wirtschaftlichen Grundlagen ändern. Eine weitere Einschränkung und insbesondere die Kopplung der Änderung an konkrete Kostenfaktoren wird durch die Klausel nicht herbeigeführt. Insofern sind beide Regelungen gleichermaßen abstrakt, da sich für den jeweiligen Klauselgegner nicht erkennen lässt, ob die Änderung automatisch vollzogen wird oder der Verwender einen gewissen Gestaltungsspielraum hat. Der BGH hat diese Klausel als Kostenelementeklausel (Automatikklausel) eingestuft.157 Allerdings handelt es sich – im Gegensatz zu den Kostenfaktoren für die Bereitstellung des Pay-TV Programmangebots – bei den Rechnungsgrundlagen des Versicherers für diesen selbst nicht um externe, unbeeinflussbare Werte. Zwar bestehen die Rechnungsgrundlagen aus verschiedenen nicht oder nur wenig beeinflussbaren Werten, allerdings steht es dem Versicherungsunternehmen in gewissen Grenzen frei, auf diese Einfluss zu nehmen, indem es die verschiedenen externen Faktoren unterschiedlich gewichtet oder die Gewichtung im Laufe der Zeit ändert. Solche Anpassungen betreffen den Kernbereich unternehmerischen Handelns, sodass die Versicherungsunternehmen in ihrer Entscheidung weitestgehend frei sind. Dementsprechend hat der Versicherer jedenfalls theoretisch die Möglichkeit, auf den Eintritt des Tatbestandes ebenso einzuwirken wie auf den Umfang der Leistungsänderung. Für den Versicherungsnehmer als Klauselgegner ist unerheblich, ob dies auf Tatbestandsseite oder Rechtsfolgenseite der Fall ist, da sich die Rechtsfolge – Einwirkungsmöglichkeit auf die Änderung bzw. deren Umfang – nicht unterscheidet. Maßgeblich ist das Bestehen dieser Einwirkungsmöglichkeit. Insofern kommt der Spielraum auf Tatbestandsseite faktisch einem Ermessen bezüglich der Leistungsänderung gleich. Der Versicherer kann die Rechnungsgrundlagen „schlechtrechnen“. Dieses faktische Ermessen bei der Preisänderung bzw. der Rentenanpassung führt dazu, die Klausel eher einem einseitigen Leistungsänderungsrecht zuzuordnen. Nimmt man allerdings den Zweck der Aufschubklausel in den Blick, so wird deutlich, dass dieser dem einer automatischen Anpassungsklausel gleicht. Hauptzweck der Aufschubklausel ist es, das Risiko der langfristigen Kalkulation, welches durch die Rechnungsgrundlagen des jeweiligen Versicherungsunternehmens dargestellt wird, auf den Versicherungsnehmer zu übertragen. Lediglich die Gewichtung der in den Rechnungsgrundlagen enthaltenen externen Werte obliegt dem Versicherungsunternehmen. Will der Versicherer seinen Leistungsumfang an für die Rente maßgebliche externe Faktoren koppeln, 156  BGH 157  BGH

NJW 2008, 360, 360. NJW 2008, 360, 361.

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Kap. 3: Untersuchung

ist dies wegen der Vielzahl der beeinflussenden Umstände und der komplexen Gewichtung dieser Faktoren zueinander nur durch einen Verweis auf seine Rechnungsgrundlagen möglich. Zur Umsetzung der mit der Aufschubklausel verfolgten Ziele ist eine Kopplung des Leistungsumfangs an die Rechnungsgrundlagen des jeweiligen Versicherungsunternehmens nötig. Dass nicht auf eine oder mehrere externe Größen verwiesen werden kann, liegt im Wesen der Versicherung und den dort herrschenden Besonderheiten begründet. Diese Eigenheit ist gewissermaßen eine Zufälligkeit und mit der willkürlichen Kopplung der Leistung an interne, frei zu beeinflussende Werte in anderen Konstellationen nicht vergleichbar. Insofern unterscheidet sich die Interessenlage von derjenigen anderer Verwender von Änderungsklauseln, welche sich ein abstraktes Änderungsrecht einräumen wollen. Dennoch ist durch die Kopplung des Leistungsumfangs an die Rechnungsgrundlagen nicht ausgeschlossen, dass der Versicherer diese trotz gleichbleibender externer Werte zu seinen Gunsten ändert. Ihm verbleibt also ein Spielraum. Ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit er diesen ausnutzen wird ist ebenso unvorhersehbar wie unerheblich. Allerdings reicht das Interesse des Versicherers an einer Änderung der Rechnungsgrundlagen weniger weit als die diesem tatsächlich eingeräumte Änderungsbefugnis. Die Klausel räumt dem Versicherer im Außenverhältnis mehr Rechte ein, als dessen Interessen im Innenverhältnis reichen und be­ inhaltet damit gewissermaßen eine überschießende Außentendenz. Wegen der Divergenz zwischen dem Interesse des Versicherers und der tatsächlich eingeräumten Befugnis kann die Aufschubklausel, je nachdem ob auf die objektive Möglichkeit oder das subjektive Interesse abgestellt wird, als automatische Anpassungsklausel oder auch als Leistungsänderungsvorbehaltsklausel eingeordnet werden. Für beide Seiten lassen sich gleichermaßen Argumente finden. Allerdings stößt es auf große Bedenken, dass ein subjektives ­Merkmal wie das Interesse des Verwenders dazu geeignet sein soll, die Klausel als automatische Preisänderungsklausel einzuordnen. Insbesondere mit dem Zweck der §§ 307 ff. BGB – Schutz des Klauselgegners bzw. Verbrauchers158 – ist eine solche Schlussfolgerung nicht zu vereinbaren. Bei der Aufschubklausel erfolgt keine automatische, unbeeinflussbare, fortlaufende mathematische und automatische Berechnung. Entscheidend bei der Einordnung einer Änderungsklausel muss allein sein, ob der Verwender auf die Anwendung der Klausel irgendeinen Einfluss nehmen kann.159 Andernfalls könnte der Verwender durch die äußere Gestaltung 158  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 9 ff.; MüKo / Basedow, Vor. §§ 307 Rn. 4 ff.; Bamberger /  Roth / Schmidt, § 307 Rn. 1; Ulmer / Brandner / Hensen / Habersack, Einleitung. Rn. 48; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, Einl. Rn.  3 f. 159  So auch Thomas, AcP 209 (2009), 84, 89; vgl. von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670.



A. Aufschubklausel89

den Typ der Klausel bestimmen, indem er die Änderung zwar auch an externe Werte oder Berechnungen knüpft, er diese oder deren Gewichtung zueinander jedoch selbst verändern oder beeinflussen kann. Auf diese Weise behält der Verwender einen mittelbaren Einfluss auf das Änderungsrecht, obwohl sich die Klausel nach außen als automatische Anpassungsklausel darstellt. Da bei automatischen Anpassungsklauseln das Äquivalenzverhältnis zwingend gleich bleibt und entsprechend weniger Anforderungen zu stellen sind, könnte der Verwender den Prüfungsumfang der Klausel letztlich selbst bestimmen. Darüber hinaus würde das Abstellen auf das Interesse des Verwenders zu praktischen Problemen hinsichtlich der Bestimmung und der Beweisbarkeit dieses Interesses führen. Wegen der Möglichkeit zur Einflussnahme und des Spielraums handelt es sich bei der Änderungsklausel um einen einseitigen Leistungsänderungsvorbehalt. Diese Einordnung entspricht auch dem objektiven Geltungsmaßstab von allgemeinen Geschäftsbedingungen. bb) Anforderungen der Rechtsprechung im Hinblick auf Transparenz und Reichweite der Änderungsbefugnis Der BGH hat in der Vergangenheit des Öfteren über die Wirksamkeit von Klauseln mit einseitigem Leistungsänderungsvorbehalt entschieden. Aus diesen Urteilen lassen sich Voraussetzungen und Anforderungen ablesen, die der BGH – insbesondere an Formulierung und Transparenz – an solche Klauseln stellt. (1) Tagespreisklauseln Mit Urteil vom 07.10.1981160 entschied der BGH über die Wirksamkeit sogenannter Tagespreisklauseln im Neuwagengeschäft. Diese bestimmen abstrakt, dass „der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers“ maßgeblich ist. Durch diese Formulierung wird der Preis nicht streng an einen externen Wert gekoppelt. Vielmehr ermöglicht diese weite Formulierung dem Verwender, durch eine nachträgliche Änderung der Kalkulation zusätzlich entstandene Kosten auf den Käufer abzuwälzen, ohne dass der Einkaufspreis der Ware tatsächlich gestiegen sein muss. Daher handelt es sich um eine einseitige Leistungsänderungsklausel. In diesem Urteil nahm der BGH bezüglich der Wirksamkeit solcher Klauseln lediglich eine negative Abgrenzung vor: Leistungsänderungsklauseln seien nicht mehr angemessen und verstoßen gegen das Äquivalenzprinzip, „wenn sie dem Verkäufer als Verwender ermöglichen, […] den vereinbarten Kaufpreis ohne jede Begrenzung 160  BGHZ

82, 21 = NJW 1982, 331 ff.

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einseitig anzuheben […] um entweder zu erwartende Kostensteigerungen vorweg aufzufangen [oder] angesichts der besonderen Nachfrage einen zusätzlichen Gewinn zu sichern“.161 Aus diesem Urteil lässt sich entnehmen, dass die Klausel so eng formuliert sein muss, dass der Verwender nicht durch Umstellung seiner internen Kalkulation auch dann Kosten auf den Käufer abwälzen kann, wenn der Preis gegenüber dem Hersteller nicht gestiegen ist. (2) Zinsanpassungsklauseln Ähnlich gelagert ist der Fall bei sogenannten Zinsanpassungsklauseln. Diese waren in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand von BGH-Entscheidungen. Mit Urteil vom 06.3.1986162 hat der BGH eine Zinsanpassungsklausel für wirksam gehalten, die der Bank die Möglichkeit einräumte, „den Zinssatz zu ändern, wenn sie dies (z. B. wegen der Entwicklungen am Geldund Kapitalmarkt) für erforderlich hält“.163 Dass die Klausel aufgrund des unbeschränkten Wortlauts ein unbeschränktes Änderungsrecht beinhalte und somit auch zur Rechtfertigung unangemessener Änderungen herangezogen werden könnte, sei nicht der Fall. Vielmehr sei die Klausel derart auszulegen, dass sich die Zinsänderung im Rahmen der Refinanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt halten müsse.164 Dies sei auch deshalb nötig, da „eine Präzisierung der Voraussetzungen und / oder der Grenzen für Zinsänderungen erheblichen Schwierigkeiten begegnet.“165 Diese Auffassung hat der BGH in einem obiter dictum im Jahr 2000166 in der Weise eingeschränkt, dass eine Klausel jedenfalls dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie nur Zinsänderungen umfasst, „die dazu dienen, den Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsschluss meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten […] in marktkonformer Weise anzupassen.“167 Zwischenzeitlich wurden die Voraussetzungen vom XI. Zivilsenat, dem sogenannten Bankrechtssenat des BGH weiter konkretisiert. Einseitige Zins­ anpassungsklauseln seien nur dann hinzunehmen, wenn sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse notwendig sind und den Anlass, sowie Richt­ linien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben.168 161  BGHZ

82, 21, 25 = NJW 1982 331, 332. 97, 212 = NJW 1986, 1803 ff. 163  BGHZ 97, 212, 213. 164  BGHZ 97, 212, 218. 165  BGHZ 97, 212, 219. 166  BGH NJW 2000, 2580 ff. 167  BGH NJW 2000, 2580, 2582. 162  BGHZ



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Mit Urteil vom 17. Februar 2004169 entschied der BGH, dass eine Klausel, welche regelt, dass die Bank „den im Jahresverlauf durch Aushang bekannt gegebenen Zins für das Combisparguthaben [zahlt]“ unwirksam sei. Bei dieser Klausel handle es sich wegen der übrigen getroffenen Vereinbarungen nicht um eine erstmalige Leistungsbestimmungs- sondern um eine Leistungsänderungsklausel.170 Die Unwirksamkeit ergebe sich daraus, dass sie keine ausdrückliche Begrenzung des Änderungsrechts enthalte, wodurch der Kunde durch die „völlig unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis“ einem „unkalkulierbaren Zinsänderungsrisiko“ ausgesetzt sei.171 Eine solch weitreichende Änderungsbefugnis sei insbesondere nicht zumutbar, weil der Kunde eine „definitive Anlageentscheidung“ treffe und der Vertrag einen besonderen „Langfristcharakter“ aufweise.172 Hervorzuheben ist die vertretene Auffassung des BGH, dass auch die tatsächliche Problematik, dass es „schwierig oder vielleicht unmöglich“ sein dürfte, für die Anpassung der Zinsen eine geeignete Bezugsgröße zu finden und so eine engere Formulierung der Klausel zu erreichen, die getroffene rechtliche Bewertung nicht beeinflussen könne.173 Diese Auffassung hat der BGH in einem späteren Urteil vom 13.4.2010174 bestätigt und erneut konkretisiert. Ohne weitere Begrenzung sei eine Zinsänderungsklausel zwingend unwirksam, weil sie „nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist.“175 Dem Verwender der Klausel sei es jedenfalls möglich, einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins zu nennen, der zur Vermeidung von einseitigen Begünstigungen von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt werden muss.176 (3) Sonstige einseitige Leistungsänderungsklauseln Neben den beiden beispielhaft aufgezählten Urteilen zu Leistungsänderungsklauseln gibt es eine Vielzahl weiterer Urteile, die sich mit der WirkWM 1999, 2545, 2547; Bruchner, BKR 2001, 16, 16. Urt. v. 17.2.2004 – XI ZR 140 / 03 = NJW 2004, 1588 ff. 170  BGH NJW 2004, 1588. 171  BGH NJW 2004, 1588, 1589. 172  BGH NJW 2004, 1588, 1589. 173  BGH NJW 2004, 1588, 1589. 174  BGH Urt. v. 13.3.2010 – XI ZR – 197 / 09 = VersR 2010, 1187 ff. 175  BGH VersR 2010, 1187, 1187; ähnlich: BGH NJW 2005, 3420, 3421; BGH NJW 2005, 3567, 3569. 176  BGH VersR 2010, 1187, 1189; dazu Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 215; ähnlich auch schon LG Dortmund ZIP 2001, 66, 67 bei dieser Entscheidung erachtete das Gericht das bloße Abstellen auf „den Marktzins“ oder „das allgemeine Zinsniveau“ für nicht ausreichend transparent. 168  BGH 169  BGH

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samkeit bzw. den notwendigen Voraussetzung einer einseitigen Änderungsklausel befasst haben. Im Rahmen von Internetverträgen und PayTV-Angeboten hat der BGH sich mit verschiedenen Preisänderungsklauseln befasst.177 Gemeinsam war diesen Klauseln, dass das Leistungsänderungsrecht nicht strikt an bestimmte, nicht beeinflussbare Kostenfaktoren gebunden war. Vielmehr räumten sie ein abstraktes Änderungsrecht ein, welches die Einflussnahme des Verwenders zuließ. Im Fall der Internetverträge räumte die Klausel dem Verwender das Recht ein, „Leistungsbeschreibungen, Preislisten […] anzupassen, soweit dies dem Kunden zumutbar ist.“178 Die Klausel im PayTV-Vertrag sah ein Anpassungsrecht des Preises für den Fall vor, dass sich „die Kosten für die Bereitstellung des Programms erhöhen.“179 Beide Klauseln beurteilte der BGH unter anderem deshalb als unwirksam, da ohne weitere Erläuterung oder nähere Beschreibung nur ganz allgemein an eine Erhöhung der Kosten angeknüpft werde, wodurch eine Überprüfung der Preiserhöhungen durch den Kunden unmöglich sei.180 Hieran ändere auch das Abstellen auf die Zumutbarkeit der Änderung nichts, da der Vertragspartner dennoch nicht eindeutig erkennen könne, „in welchen Bereichen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen hat.“181 Insbesondere die Reichweite der Anpassungsbefugnis müsse sich aus der Klausel selbst ergeben.182 (4) Zusammenfassung Der BGH hat insbesondere in den Urteilen Tagespreisklauseln und Zinsanpassungsklauseln bezüglich der Formulierung und damit auch in Bezug auf die Regelungsreichweite bestimmte grundsätzliche Anforderungen für die Wirksamkeit von Änderungsklauseln aufgestellt: Unabhängig von der sonstigen Formulierung muss die Klausel ausdrücklich eine Saldierungs- und Preissenkungspflicht des Verwenders enthalten.183 177  Beispielhaft BGH NJW 2008, 360 ff. (PayTV); BGH NJW-RR 2008, 134 ff. (Internetvertrag), mit Anmerkung Pfeiffer, LMK 2007, 246011; m. E. ebenso BGH NJW 2007, 1054 zu einer Klausel eines Flüssiggasliefervertrages, welche der BGH allerdings (zu unrecht) als Kostenelementeklausel eingeordnet hat. 178  BGH NJW-RR 2008, 134. 179  BGH NJW 2008, 360. 180  BGH NJW-RR 2008, 134, 134; BGH NJW 2008, 360, 361. 181  BGH NJW-RR 2008, 134, 134. 182  BGH NJW-RR 2008, 134; vgl auch BGHZ 136, 394, 402 = NJW 1998, 454, 454. 183  BGH NJW 2008, 360, 361; Geltung ausdrücklich auch für Zinsanpassungsklauseln als spezielle Ausprägung eines Preisänderungsvorbehalts BGHZ 180, 257, 268; BGH NJW 2009, 2051, 2053; so auch die h. Lit.: Hilber, AGB-Symposien,



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Andernfalls liege schon darin eine unzumutbare Benachteiligung, dass der Verwender über die konkrete Kostensteigerung hinaus weitere Kosten auf den Vertragspartner abwälzen könnte und so nicht nur eine Gewinnschmälerung vermeiden, sondern auch eine Gewinnsteigerung zu Lasten des Klauselgegners erreichen kann.184 Diese Anforderung stellt auch die herrschende Literatur, indem sie einen Änderungsvorbehalt nur dann als legitim ansieht, wenn er beidseitig bewirkt, dass das vertragliche Äquivalenzverhältnis bei einer Änderung der Kosten im Wesentlichen erhalten bleibt.185 Darüber hinaus muss die Klausel selbst Umfang und Voraussetzungen des Änderungsrechts möglichst konkret nennen. Ein unbeschränktes Änderungsrecht ist in jedem Falle unzumutbar und damit unwirksam.186 Eine allgemein formulierte Beschränkung der Klausel reicht mangels genügender Konkretisierung ebenso wenig aus, wie eine Anpassungsbefugnis nur für „zumutbare Änderungen“.187 Im letzteren Fall wird lediglich der Gesetzeswortlaut wiederholt, womit keine weitere Konkretisierung des Rechts herbeigeführt wird. Zur Konkretisierung ist es insbesondere bei komplexeren Berechnungen des Preises notwendig, dass die einzelnen maßgeblichen Parameter und die Gewichtung dieser zueinander offengelegt wird, damit für den Klauselgegner ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit besteht und dieser die auf ihn zukommenden Risiken überschauen kann.188 Teilweise wurde sogar vertreten, ein Änderungsvorbehalt, der auf bloß interne, dem Vertragspartner unbekannte Rechengrößen verweist, könne generell nicht angemessen sein.189 Diese sehr strenge Auffassung würde im Ergebnis dazu führen, dass die Kalkulation des Preises vollständig offengelegt werden muss. Insbesondere wegen entgegenstehender faktischer und rechtlicher Hindernisse ist diese Auffassung abzulehnen: Eine Klausel, die S. 104, 115; Borges, Kölner AGB-Symposien, S. 83, 88 ff.; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S.  186 ff. 184  BGH NJW-RR 2008, 134, 135; BGH NJW 2008, 360, 361; vgl. Pfeiffer, NJW 2010, 2797. 185  Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 7; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 33; Borges, DB 2006, 1199, 1203; Staudinger / Coester-Waltjen, § 308 Nr. 4 Nr. 7; Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3129; vgl. Palandt / Grüneberg, § 308 Rn. 25; Schmidt, LMK 2009, 286463. 186  Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9. 187  BGH NJW-RR 2008, 134, 135; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 798; Palandt / Grüneberg, § 308 Rn. 23; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9; Erman / Roloff, § 308 Rn. 34; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 8; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 24, 33. 188  BGH NJW 2008, 360, 362; BGH NJW-RR 2008, 134, 134; BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643. 189  Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1717, 1718; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 858, 860; OLG-Report Düsseldorf 2008, 38 (Rn. 61).

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sämtliche Kostenfaktoren und ihr Verhältnis zueinander aufschlüsselt, gibt dem Klauselgegner zwar die theoretische Möglichkeit, die Preisänderung nachzuvollziehen und auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Diese Möglichkeit wird in der Praxis jedoch zu keinem Mehrwert führen, da der durchschnitt­ liche Vertragspartner nicht in der Lage ist, derart komplexe Klauseln zu verstehen und nachvollziehen zu können. Durch eine solche Überfrachtung würde die Klausel erst recht intransparent.190 Das Transparenzgebot dient keinem Selbstzweck und ist daher am Verständnishorizont des Empfängers auszurichten. Aus diesem Grund hat der BGH bereits in einem frühen aber immer noch aktuellen Urteil entschieden, dass die maßgeblichen Faktoren in der Klausel nur soweit konkretisiert werden müssen, wie sie für den Vertragspartner noch darstellbar und verständlich sind.191 Ist das wegen der Komplexität der Berechnungsgrundsätze nicht möglich, ist die Klausel nicht schon wegen Fehlens dieser Faktoren als unwirksam anzusehen.192 Hinzu kommt, dass der Unternehmer durch diese Pflicht zu einer umfassenden Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet wäre. Eine solche Pflicht wäre im Hinblick auf den Wettbewerb höchst problematisch: Die Wettbewerber würden sich gegenseitig in die Karten schauen lassen müssen und wären so eines Teils ihrer unternehmerischen Leistung beraubt, was zu erheblichen Behinderungen des Wettbewerbs führen könnte.193 Einen Ausgleich dieser widerstreitenden Interessen führt der BGH herbei, indem er zumindest grundsätzlich eine Offenlegungspflicht verlangt, auch wenn der Preis an interne Werte gekoppelt ist. Hierbei reiche es jedoch aus, wenn die Kalkulation und die hierfür maßgeblichen Faktoren „in ihren Grundzügen dargelegt werden“.194 Auch sei an die Konkretisierung „kein allzu strenger Maßstab anzulegen, wenn die Komplexität und die Dynamik des betroffenen Marktes einer näheren Eingrenzung entgegenstehen“.195 Ähnlich urteilte auch das OLG Stuttgart,196 welches eine „gewisse Unschärfe in der Gewichtung der Faktoren“, zumindest bei stark schwankenden Faktoren für hinnehmbar erachtet. 190  Borges, ZIP 2007, 1437, 1440; von Westphalen, NJW 2006, 2228, 2230 f.; Beckmann, Preis- und Prämienanpassungsklauseln, S. 72. 191  BGHZ 93, 252, 263; vergleiche auch BT-Drucks. 7 / 3919, S. 28. 192  BGHZ 93, 252, 263. 193  Borges, DB 2006, 1199, 1202; Schmidt, NJW 2003, 947, 948; Borges, ZIP 2007, 1437, 1440. 194  BGH NJW 2008, 360, 361; angedeutet schon bei BGH NJW-RR 2008, 134, 136; BGH NJW 1998, 3114, 3116; vgl. Staudinger / Coester-Waltjen, § 308 Nr. 4 Rn. 6. 195  BGH NJW-RR 2008, 134, 136; BGH NJW 2008, 360, 361; ähnlich BGH NJW 1998, 3114, 3116. 196  OLG Stuttgart ZNER 2005, 163, 166.



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Sofern diese Pflicht dennoch auf „unüberwindbare Schwierigkeiten stößt“,197 kann ein angemessener Interessenausgleich auf anderem Wege – beispielsweise durch die Einräumung eines Kündigungsrechts – herbeigeführt werden. Dies ist jedoch nicht pauschal zu beantworten. Entscheidend ist, ob dies auch tatsächlich der Interessenlage des Klauselgegners entspricht und einen Ausgleich seiner betroffenen Interessen bewirkt.198 (5) Voraussetzungen für die (Muster-)Aufschubklausel Die Zumutbarkeit einer Klausel ist anhand einer typisierenden Betrachtungsweise vorzunehmen,199 sodass jeweils auf die typischen Interessen bei Verträgen der betroffenen Art abzustellen ist.200 Daher können die oben ermittelten Anforderungen nur grundsätzlich, nicht aber pauschal und stur auf Rentenversicherungsverträge und die Aufschubklausel übertragen werden. Maßgeblich ist, ob die Interessenlage und die Schutzbedürftigkeit der Parteien zwischen den verschiedenen Vertragstypen vergleichbar ist.201 Wie bei der Versicherung ist auch bei Internet-, PayTV-, und Combisparverträgen ein nicht greifbares Produkt Gegenstand des Vertrages, weshalb die Interessenlage der Klauselgegner jedenfalls grundsätzlich vergleichbar ist. Im Gegensatz zum Versicherungsnehmer erhalten die Vertragspartner der anderen genannten Vertragstypen allerdings unmittelbar eine spürbare Gegenleistung. Der Versicherungsnehmer erhält Schutz und Absicherung des versicherten Risikos. Sofern sich dieses Risiko nicht, oder nicht zeitnah nach Vertragsschluss verwirklicht, ist die Gegenleistung für den Versicherungsnehmer auch nicht gleichermaßen spürbar. Insofern ist der Versicherungsnehmer schutzwürdiger als die Vertragspartner der oben untersuchten Vertragstypen. Nicht zuletzt um das Vertrauen in das Produkt Versicherung zu stärken führt dieses Mehr an Abstraktheit zu höheren Anforderungen an die Transparenz und Bestimmtheit der Änderungsklausel. Dies ist im Rahmen der Offen­ legung der Kalkulation zu berücksichtigen. 197  BGH

NJW 2008, 360, 361; siehe auch BGH NJW 1989, 1796, 1797. Rahmen einer Rentenversicherung ist dies gerade nicht der Fall. Siehe dazu unter Kapitel 3 A. IV. 2. d). 199  MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 7; Römer, NVersZ 1999, 97, 101; vgl. Bamber­ger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 29; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 110 ff.; Erman / Roloff, § 307 Rn. 5; BGHZ 105, 24, 31; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 109; von Westphalen, Klauselwerke (AVB) Rn. 48; BGHZ 110, 241, 244; BGH NJW 2000, 658, 659. 200  BGH NJW 2004, 1588; BGH NJW-RR 2009, 1641, 1642; Erman / Roloff, § 308 Rn. 33; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 7; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9. 201  Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9. 198  Im

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Kap. 3: Untersuchung

Gegen diese Schutzwürdigkeit des Versicherungsnehmers muss das umfangreiche Interesse des Versicherers an der Geheimhaltung seiner Kalkulation zurückstehen. Insbesondere ist nicht zu erkennen, weshalb dieses höher sein sollte als bei den übrigen untersuchten Vertragstypen, da die Unternehmen gleichermaßen in einem Wettbewerb zueinander stehen. Die Klausel muss genügend eng gefasst sein, damit sie nicht zur Rechtfertigung einer unangemessenen Benachteiligung dienen kann. Insofern muss die Klausel eine Saldierungs- und Preissenkungspflicht beinhalten sowie Voraussetzungen und Umfang einer möglichen Änderung nachvollziehbar beschreiben.202 Hierzu gehört auch eine zumindest teilweise Offenlegung der Kalkulation des Klauselverwenders. Die Musteraufschubklausel verweist darauf, dass die Rente anhand der zum Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgebenden Rechnungsgrundlagen berechnet wird. Als maßgeblich werden die Rechnungsgrundlagen angesehen, die „in der Beitragskalkulation zum Zeitpunkt des Rentenbeginns für neu abzuschließende vergleichbare Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung [beim Versicherungsunternehmen] verwendet werden“.203 Dieser Erläuterung schließt sich eine beispielhafte Aufzählung vergleichbarer Versicherungsprodukte an. Eine weitere Erläuterung der Rechnungsgrund­ lagen und der Zusammensetzung erfolgt nicht. (a) Saldierungs- und Preissenkungspflicht Wie oben erläutert verlangt die Rechtsprechung bei einseitigen Preisänderungsklauseln eine dem Recht zur Preiserhöhung korrespondierende Pflicht, den Preis bei entsprechenden Entwicklungen zu senken. Allerdings enthält die Aufschubklausel als verdeckter Preisänderungsvorbehalt kein explizites Änderungsrecht zu Gunsten des Verwenders, sodass auch auf die entsprechende ausdrückliche Preissenkungspflicht verzichtet werden könnte. Hierfür spricht, dass die Normierung einer Änderungspflicht zu Lasten des Verwenders sprachlich ungewöhnlich ist, wenn die Klausel ausdrücklich gar kein Änderungsrecht enthält. Allein diese sprachliche Schwierigkeit reicht jedoch nicht aus, um von der Änderungspflicht abzusehen. Andernfalls könnte die explizite Saldierungsund Preissenkungspflicht durch geschickte Formulierung der Klausel umgan202  Vergleiche unter Kapitel 3 A. III. 3. d); so auch BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643; Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 451 f.; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 16; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 338; Rösler / Lang, ZIP 2006, 214, 217. 203  Diese Gestaltung entspricht den AVB eines bereits auf dem Markt erhältlichen Versicherungsprodukts eines großen deutschen Versicherungsunternehmens.



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gen werden. Wegen des objektiven Geltungsmaßstabs und dem Schutzzweck der §§ 307 ff. BGB sowie dem naheliegenden Interesse des Verwenders, die Leistung trotz verbesserter wirtschaftlicher Umstände nicht zu Gunsten des Klauselgegners anzupassen, muss auch ein verdeckter Änderungsvorbehalt eine Saldierungs- und Preissenkungspflicht enthalten. Da die Musterklausel diese nicht enthält, genügt sie den Anforderungen der Rechtsprechung und herrschenden Meinung in der Literatur nicht. Die Klausel ist nur wirksam, wenn sie um eine entsprechende klarstellende Formulierung ergänzt wird. Eine beispielhafte Formulierung wäre hier der Satz: „Die Kopplung der Leistung an zukünftige Rechnungsgrundlagen bedeutet auch, dass eine positive Entwicklung dieser die dem Versicherungsnehmer zustehende Leistung unmittelbar (und ohne Abzug oder Verrechnung) erhöht.“ (b) Offenlegung der Kalkulation Hängt die Leistung von internen Faktoren ab, so ist die der Leistung zugrunde liegende Kalkulation jedenfalls in ihren Grundzügen offenzulegen, sofern keine unüberwindbaren Schwierigkeiten gegen eine solche Offenlegung bestehen. Der Vertragspartner muss die Änderung der Kostenelemente selbst in Erfahrung bringen können.204 Voraussetzung für die Anwendung der Klausel ist, dass sich die Rechnungsgrundlagen des Versicherungsunternehmens im Gegensatz zu den bei Vertragsschluss gültigen geändert haben. Entsprechend den beanstandeten Zinsanpassungs- und Tagespreisklauseln greift eine Leistungsänderung jedenfalls dann, wenn eine tatsächliche Änderung der Finanzmarktsituation oder der Sterbetafeln aufgrund demografischer Entwicklungen eingetreten ist. Da die Rechnungsgrundlagen zum Großteil aus externen Werten bestehen, kann der Versicherungsnehmer diese in Erfahrung bringen, sodass von einer konkreten Offenlegungspflicht abgesehen werden könnte und es für ausreichend erachtet werden könnte, dass der Versicherer die in den Rechnungsgrundlagen enthaltenen Werte nennt. Allerdings kann das Versicherungsunternehmen die Gewichtung der externen Faktoren zueinander ändern. Wegen dieser Möglichkeit zur Einflussnahme ist die Kalkulation für den Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres nachvollziehbar, sodass sie offengelegt werden muss, um den oben genannten Anforderungen zu genügen. Zwar sind die Rechnungsgrundlagen des Versicherungsvertrages in höchstem Maße komplex und die Kalkulation von bedeutend mehr Faktoren abhängig als bei den oben untersuchten Vertrags­ typen, dennoch führt das nicht zu unüberwindbaren Schwierigkeiten. Dieser Umstand und die Tatsache, dass der Versicherer wegen der Abstraktheit des 204  Hilber, AGB Symposien, S. 113 mit weiteren Nachweisen der BGH-Rechtsprechung.

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Kap. 3: Untersuchung

Produktes Versicherung ein besonders hohes Interesse an der Geheimhaltung seiner Kalkulation der Rechnungsgrundlagen hat, ist allerdings im Rahmen des Umfangs bzw. der Reichweite der Offenlegungspflichten zu beachten. Insofern reicht eine grundlegende Darstellung und Gewichtung der für die Rente wesentlichen Faktoren und Kostenelemente aus. Diese Beschränkung ist auch notwendig, um eine Überfrachtung und damit drohende Intransparenz der Klausel zu vermeiden. Die Musterklausel verweist lediglich auf die Rechnungsgrundlagen als solche, was nicht ausreichend ist, da der Versicherungsnehmer die potenziellen Leistungsänderungen nicht transparent vorhersehen und nachvollziehen kann. Um den Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen, muss die Aufschubklausel jedenfalls grob aufschlüsseln, wie und insbesondere woraus sich die Rentenhöhe errechnet. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass zumindest das Verhältnis von internen Rechengrößen des Versicherers und der Veränderung der Sterbetafeln dargestellt wird. Auf diese Weise kann der Versicherungsnehmer grob abschätzen, wie sich eine Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung auf die Höhe seiner Rente auswirkt. Auch möglich ist die Festlegung gewisser Bandbreiten, in welchen sich die Gewichtung maßgeblicher Faktoren bewegt. (c) Umfang der Änderungsbefugnis Durch die Koppelung der Rentenhöhe an die geltenden Rechnungsgrundlagen werden zwar exakte Voraussetzungen für eine Änderung genannt, der Umfang der Leistungsänderung bleibt jedoch vollkommen ungewiss. Bei der Vereinbarung der Aufschubklausel ohne garantierte Mindestrente ist es theoretisch sogar möglich, dass die Rente des Versicherungsnehmers im Gegensatz zu den Beispielrechnungen unbegrenzt fallen kann. Der durch die Klausel eingeräumte mögliche Umfang der Änderungsbefugnis ist einzugrenzen, da der Verwender andernfalls die Leistung in beliebigem Umfang verringern könnte, was für den Klauselgegner nicht zumutbar ist. Wie oben erläutert reicht hierbei eine abstrakte Begrenzung lediglich auf „zumutbare Änderungen“ nicht aus. Die Aufschubklausel hat – insbesondere wenn ohne garantierte Mindestrente vereinbart – eine weitreichende Änderungsbefugnis des Versicherers zu Folge. Eine ausdrückliche Beschränkung des Umfangs enthält die Musterklausel nicht. Auch die Tatsache, dass das Änderungsrecht an externe Werte gekoppelt ist, also eine Änderung nur insoweit ­möglich ist, wie sich die äußeren Umstände tatsächlich verändert haben, führt nicht zu einer impliziten Begrenzung der Änderungsbefugnis. Grund hierfür ist, dass der Versicherer selbst die Gewichtung der maßgeblichen Werte der Rechnungsgrundlagen bestimmen und verändern und so auf den Umfang der Änderungsbefugnis einwirken kann. Ohne weitere Einschränkung könnte die



A. Aufschubklausel99

Änderungsklausel dazu führen, dass der Versicherer seinen Leistungsumfang lediglich aus Gründen einer veränderten Preispolitik ändern kann, ohne dass die risikorelevanten externen Umstände dafür ausschlaggebend sind. Daher muss die Aufschubklausel jedenfalls um eine Beschränkung der Änderungsbefugnis ergänzt werden. Problematisch ist hierbei, dass der Zweck der Klausel gerade darin besteht, das wirtschaftliche Risiko unbegrenzt auf den Versicherungsnehmer abzuwälzen. Diesem Zweck steht eine Begrenzung des Änderungsrechts grundsätzlich entgegen. Aufgrund der insofern eindeutigen Anforderungen der Rechtsprechung kann von einer Begrenzung des Änderungsvorbehalts keinesfalls abgesehen werden. Möglich und gangbar ist es jedoch, die Aufschubklausel in Verbindung mit einer garantierten Mindestrente zu verwenden. Zwar wird die Änderungsreichweite hierdurch nicht selbst eingeschränkt, allerdings begrenzt sie – und das ist entscheidend – die Auswirkungen für den Versicherungsnehmer. Wird eine Mindestrente garantiert, wirken sich Änderungen der Rechnungsgrundlagen ab einem gewissen Umfang für den Versicherungsnehmer nicht mehr aus. Er erhält in jedem Fall mindestens die Mindestrente als Garantieleistung, sodass die Änderungsreichweite bzw. deren Auswirkungen faktisch begrenzt sind und der Versicherungsnehmer schon bei Vertragsschluss vorhersehen kann, mit welchen Änderungen er zu rechnen hat. Die maximale Änderungsreichweite ist so auf die Differenz zwischen berechneter Rente und garantierter Mindestrente begrenzt. (d) Anlass der Änderungsbefugnis Problematisch in Bezug auf die Wirksamkeit der Änderungsklausel ist auch der Anlass der Änderungsbefugnis. Im Rahmen eines Rentenversicherungsvertrages ist das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers und damit auch die Möglichkeit einer Änderungskündigung ausgeschlossen.205 Durch die Änderungsklausel besteht die Gefahr, dass sich der Versicherer im Hinblick auf die versprochene Leistung den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers entzieht. Dies würde im Ergebnis einer Änderungskündigung gleichstehen, welche nach dem Willen des Gesetzgebers wegen der besonderen Bedeutung der privaten Rentenversicherung gerade ausgeschlossen sein soll.206 Um diese Gefahr zu verhindern, muss die Klausel 205  Vgl. BT-Drucks. 16 / 3945, S. 100; Prölss / Martin / Reiff, § 166 VVG Rn. 1; Bruck / Möller / Winter, § 166 VVG Rn. 8 f.; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 133; Rüffer / Hallbach / Schimikowski / Brambach, § 166 Rn. 1; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1219; Römer / Langheid, §  166 VVG Rn.  4; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 166 Rn. 3. 206  Vgl. BT-Drucks. 16 / 3945, S. 100; darüber hinaus besteht für eine anlasslose Änderungsbefugnis kein schutzwürdiges Interesse des Versicherers, was eine Abweichung von der ursprünglich versprochenen Leistung rechtfertigen kann.

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Kap. 3: Untersuchung

auch konkret erkennen lassen, unter welchen Umständen sie anwendbar ist.207 Eine Klausel, welche die Anpassungsbefugnis des Versicherers daran knüpft, dass dieser für das Neugeschäft einen anderen Tarif oder eine andere Preispolitik umsetzt, kann nicht wirksam sein, da in diesem Fall keine Änderung der externen, risikorelevanten Umstände stattfindet,208 sodass das bei Vertragsschluss festgelegte Äquivalenzverhältnis auch nicht gestört wird. Die Aufschubklausel kann nur wirksam vereinbart werden, wenn sie eine entsprechende Regelung bezüglich der Voraussetzungen für eine Leistungsänderung durch den Versicherer enthält. (e) Formulierung Neben diesen Anforderungen ist auch die Klausel selbst genügend transparent zu formulieren. Die diesbezügliche Rechtsprechung ist keinesfalls als stringent und widerspruchsfrei zu bezeichnen, weshalb auch von der „Intransparenz der instanzgerichtlichen Transparenzrechtsprechung“ gesprochen wird.209 Daher werden die von der Rechtsprechung herausgebildeten Fallgruppen hier nicht herangezogen. Die Wirksamkeit wird anhand einer umfassenden generell abstrakten Wertung der infrage stehenden Klausel beurteilt. Um dem Transparenzgebot zu genügen, muss die Klausel so klar und konkret formuliert sein, dass der durchschnittliche Vertragspartner die Regelung verstehen und seine Rechte und Pflichten aus der Klausel mit größtmöglicher Bestimmtheit entnehmen und so insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile der Klausel erkennen kann.210 Dem Verwender dürfen auf Grund der Formulierung keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume verbleiben.211 Insofern sind auch äußere Gestaltung und Systematik der Klausel maßgeblich. Maßstab hierfür ist der typische durchschnittliche Vertrags­ partner,212 worunter ein informierter, sich um ein hinreichendes Verständnis der Klausel bemühender aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirt-

207  Vgl. LG Lüneburg, VersR 1998, 449 f.; Langheid / Wandt / Staudinger, § 40 Rn. 5; Looschelders / Pohlmann / Stagl, § 40 Rn. 9. 208  Wandt, Änderungsklauseln, Rn. 49. 209  OLG Bremen NJW 1991, 1837, 1838. 210  von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rn. 2; BGH NJW 2001, 2635, 2636; BGH NJW 2006, 211, 213; BGH NJW 2004, 1598, 1600; Ulmer /  Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 335; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 59 f.; Ulmer /  Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 325, 335; BGH NJW 2010, 3152, 3154; BGH VersR 2013, 46, 53. 211  BGHZ 165, 12, 21 = NJW 2006, 996, 997 f.; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 235 ff., 237; Erman / Roloff, § 307 Rn. 20. 212  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 245, 253 ff.



A. Aufschubklausel101

schaftsverkehr zu verstehen ist.213 Der im Hinblick auf die Transparenz problematische Teil der Musterklausel lautet: „Die Rentenhöhe wird anhand der zum Zeitpunkt des Rentenbeginns für vergleichbare Rentenversicherungen geltenden Rechnungsgrundlagen berechnet.“

Diese offene Formulierung ist nötig, da der Rentenbeginn erst weit in der Zukunft liegt. Weder das Datum des Rentenbeginns steht konkret fest, noch sind die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen festgelegt. Der Verweis auf „vergleichbare Verträge“ ist notwendig, damit das Versicherungsunternehmen nicht verpflichtet ist, dieses Produkt dauerhaft unverändert anzubieten. Problematisch ist jedoch, dass der bloße Verweis auf vergleichbare Verträge für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer wenig aus­ sagekräftig ist. Anhand dieser Formulierung ist nicht zu erkennen in welcher Hinsicht die Verträge vergleichbar sein müssen. Hierfür kommen neben Dauer der Ansparphase, vergleichbarem Risikoprofil oder ähnlicher Altersstruktur der Versicherungsnehmer unzählige weitere Parameter in Betracht, sodass für den Versicherungsnehmer völlig unklar ist, welche Rechnungsgrundlagen potenziell maßgeblich sind. Durch die in der Musterklausel enthaltene Erläuterung, welche übrigen Produkte des Versicherers vergleichbar sind, kann der Versicherungsnehmer allerdings – insbesondere durch Vergleich der Ablaufleistungen – erkennen, mit welchen Änderungen er zu rechnen hat. Dieses Vorgehen sollte den Transparenzanforderungen genügen. Um keine Zweifel an der Transparenz der Klausel aufkommen zu lassen, kann die Klausel darüber hinaus noch darstellen, auf welche Parameter es hinsichtlich der Vergleichbarkeit ankommt. Hierdurch kann der Versicherungsnehmer seine Rechte durch bloße Lektüre der Klausel erkennen und bestimmen. Insbesondere ist für den Versicherer absehbar, in welchen Fällen er mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen muss. Es genügt folgende Ergänzung: „Maßgeblich für die Vergleichbarkeit der Rechnungsgrundlagen sind …“.

(f) Ergebnis zur Formulierung der Klausel Wie aufgezeigt bedarf die eingangs vorgeschlagene Musterklausel einiger Ergänzungen. Damit die Aufschubklausel mit § 308 Nr. 4 BGB zu vereinbaren ist, müsste sie wie folgt formuliert werden: „(1) Die Höhe der Rente wird zum Zeitpunkt des Rentenbeginns mit den zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechnungsgrundlagen berechnet. Der Versicherungsnehmer erhält jedoch mindestens die nach diesem Vertrag garantierte Mindestrente. 213  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 344; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 23; BGH NJW 2001, 2635, 2637.

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Kap. 3: Untersuchung

(2) Maßgebende Rechnungsgrundlagen sind unter anderem der Rechnungszins und die Sterbetafeln, die in der Beitragskalkulation für zum Zeitpunkt des Rentenbeginns neu abzuschließende vergleichbare Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung verwendet werden. Maßgeblich für die Vergleichbarkeit der Rechnungsgrundlagen sind folgende Parameter: [exemplarische Aufzählung]. Vergleichbare Rentenversicherungen sind unter anderem folgende Produkte: … (3) Die Kopplung der Leistung an die zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechnungsgrundlagen bedeutet auch, dass eine positive Entwicklung dieser die dem Versicherungsnehmer zustehende Leistung unmittelbar (und ohne Abzug oder Verrechnung) erhöht. (4) Die Veränderung der Gewichtung von Rechnungszins, Sterbetafeln sowie den weiteren Faktoren der Rechnungsgrundlagen obliegt dem Versicherer. Eine willkürliche Veränderung der Rechnungsgrundlagen ist nicht zulässig. (5) Rechenbeispiele zur Auswirkung der Veränderung der maßgeblichen Parameter sind in Anhang 1 zu finden.“

cc) Grundsätzliches schützenswertes Interesse des Verwenders Eine derart formulierte Änderungsklausel kann nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen und belässt dem Klauselgegner ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit. Sie ist dann zumutbar, wenn eine Abwägung der beiderseitigen Interessen214 ergibt, dass die Interessen des Versicherers jedenfalls gleichwertig sind oder überwiegen. Die Abwägung entspricht derjenigen im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB:215 Der Verwender muss ein schützenswertes Interesse an der Vereinbarung des Änderungsvorbehalts haben. Schützenswert ist dieses Interesse nur insoweit der Änderungsvorbehalt auch erforderlich ist, um nicht zu vermeidenden Unsicherheiten Rechnung zu tragen.216 (1) Interesse des Versicherers Das Garantieren einer konkreten Rentenhöhe schon bei Vertragsschluss führt dazu, dass allein der Versicherer die entsprechenden wirtschaftlichen Risiken, sowie das Risiko einer negativen demografischen Entwicklung trägt. Durch das Leistungsanpassungsrecht der Aufschubklausel wird eine Verteilung der genannten Risiken erreicht. Diese Situation erinnert insofern an die Fälle der oben genannten Tagespreisklauseln, als der Händler auch dort jeg214  Wortlaut von § 308 Nr. 4 BGB stellt ausdrücklich auch auf die Interessen des Verwenders ab; BGH NJW 2005, 3567, 3569. 215  Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S.  157 f. 216  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 24.



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liche Preissteigerungen und damit das wirtschaftliche Risiko an den Kunden weitergibt. Der BGH hat in verschiedenen Urteilen217 festgehalten, dass ein solcher Preisänderungsvorbehalt nicht schlechthin unzulässig ist. Vielmehr habe der Händler aufgrund langer Lieferzeiten ein legitimes Interesse daran, „zwischenzeitlich notwendig werdende Preiserhöhungen auf den Käufer abzuwälzen.“218 Eine solche Vereinbarung wahre das Äquivalenzverhältnis und sei darüber hinaus auch im Interesse der Gesamtheit der Kunden, da andernfalls Sicherheitszuschläge in den Endpreis einkalkuliert würden, welche zu Lasten aller Kunden – insbesondere derjenigen Kunden, bei welchen im Zeitraum zwischen Bestellung und Lieferung keine konkrete Preissteigerung stattfindet – gingen.219 Ein Preisanpassungsrecht verhindere diese Sicherheitskalkulation und stelle damit sicher, dass das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer erhalten bleibt.220 Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung seien insbesondere solche Klauseln zulässig, welche nur die tatsächlichen Kostensteigerungen zwischen Vertragsschluss und Lieferzeitpunkt weitergeben.221 Ohne eine solche Anpassungsklausel trägt grundsätzlich der Versicherer ebenso wie der Händler das Risiko sich ändernder wirtschaftlicher Umstände. Wegen der langen Dauer zwischen Vertragsschluss und Leistung ist es das Ziel beider, das Kalkulationsrisiko auf den Vertragspartner abzuwälzen, indem der für die Bestimmung der Gegenleistung maßgebliche Zeitpunkt so nah wie möglich an die tatsächliche Leistungserbringung gerückt wird. Die Interessenlage bei den Tagespreisklauseln ist jedoch nicht eins zu eins auf die Rentenversicherung übertragbar. Ein Unterschied besteht insofern, als der Zeitpunkt der Leistungserbringung beim Neuwagenkauf in der Regel notgedrungen nach dem Vertragsschluss liegt,222 während es im Rahmen der Rentenversicherung gerade dem Willen beider Partien entspricht, dass der Leistungszeitpunkt erst (weit) in der Zukunft liegen soll. Das beim Neuwagen­ geschäft unfreiwillig übernommene Risiko der mittel- oder langfristigen Kalkulation wegen erst späterem Lieferzeitpunkt steht beim Rentenversicherungsvertrag schon bei Vertragsschluss fest und ist diesem wesenseigen. Wegen dieser Unterschiede ist der Versicherer nicht in gleichem Maße schutzwürdig. 217  BGHZ

82, 21 ff. = NJW 1982, 331; BGH NJW 1985, 621, 623. NJW 1982, 331. 219  BGH NJW 1982, 331. 220  von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklausel) Rn. 22. 221  BGHZ 82, 21, 23 mit Verweisen auf die herrschende Meinung in der Literatur. 222  Sofern der spätere Liefertermin auf dem Wunsch des Kunden beruht, fällt eine Kostensteigerung ohnehin in seinen Risikobereich, sodass diese auch ohne Tagespreisklausel von ihm zu tragen ist. 218  BGH

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Eine vergleichbare Interessenlage liegt jedoch im Fall der bereits oben wiederholt herangezogenen Zinsanpassungsklauseln223 vor. Hier hat der BGH in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass zu Gunsten der Bank nicht nur bei Neuabschlüssen sondern auch bei laufenden Verträgen grundsätzlich ein schützenswertes Interesse an einer Zinsanpassungsmöglichkeit zu bejahen sei.224 Anders als bei den Tagespreisklauseln ist die Situation und Interessenlage von Bank und Versicherungsnehmer nahezu identisch. In beiden Fällen schließen die Klauselverwender ihrem Wesen nach sehr langfristige Verträge ab und tragen allein das Risiko von Änderungen der wirtschaftlichen Situation. Wegen dieser gleichen Situation kann die Interessenlage auf den Rentenversicherungsvertrag übertragen werden. Für das Vorliegen eines berechtigten Interesses spricht auch die besonders lange Vertragslaufzeit des Rentenversicherungsvertrages. Je länger die Vertragslaufzeit ist, desto weniger kann der Verwender die möglichen Preisrisiken überblicken und in seiner anfänglichen Kalkulation berücksichtigen,225 weshalb das Interesse an einem Änderungsvorbehalt umso größer zu bewerten ist. Rentenversicherungsverträge zeichnen sich durch eine überaus lange Vertragsdauer aus, während der das ordentliche Kündigungsrecht für den Versicherer ausgeschlossen ist. Auch das gesetzliche Recht zur Prämienanpassung ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 163 VVG möglich. Dementsprechend ist es für den Versicherer unmöglich, sämtliche Preisrisiken über die gesamte Laufzeit zu überblicken und in seiner Kalkulation zu berücksichtigen. Um dennoch die Leistung flexibel an sich ändernde Umstände anpassen zu können und so möglicherweise entstehenden erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses entgegenwirken zu können, ist das Interesse der Versicherer zu bejahen.226 Zudem liegt ein solcher Änderungsvorbehalt auch im Interesse des Versichertenkollektivs, da auf diese Weise die Liquidität des Unternehmens und damit die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sichergestellt werden kann.227 Weiter ist in diesem Rahmen die aktuelle Situation der Lebens- und Rentenversicherer zu berücksichtigen. Diese verzeichnen aktuell zwar noch ein positives Neugeschäft, sehen sich dennoch erheblichen finanziellen Aufgaben und Problemen gegenüber. Die aktuelle Niedrigzinsphase, durch welche die 223  Siehe

unter Kapitel 3 A. III. 3. NJW 2004, 1588, 1589; vgl. auch BGHZ 97, 212, 216 = NJW 1986, 1803, 1804; BGH NJW 2000, 2580, 2582; vgl. BGHZ 118, 126, 131. 225  von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln), Rn. 24; Ulmer / Brand­ ner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 182a. 226  Fricke, VersR 1996, 1449; Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 449; MüKo / Wurmndest, § 308 Nr. 4 Rn. 7. 227  Dieses Interesse ist als gemeinschaftliches Interesse dritter Vertragspartner des Verwenders zu berücksichtigen, BT-Drucks. 7 / 3919, S. 23. 224  BGH



A. Aufschubklausel105

Erwirtschaftung der garantierten Leistungen von Altverträgen nur schwer zu bewerkstelligen ist, sowie die strengen Anlagevorschriften des VAG und der darauf beruhenden Verordnungen setzen die Versicherer unter enormen Druck. Während bezüglich des Zinsniveaus auf Entspannung jedenfalls zu hoffen ist, haben sich die Eigenkapital- und Mindestkapitalausstattungsvorschriften durch die Umsetzung von Solvency II geändert und insgesamt weiter verschärft.228 (2) Schutzwürdigkeit des Interesses Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Versicherers müsste auch schutzwürdig sein. Hieran fehlt es insbesondere, wenn schon bei Vertragsschluss konkret vorhersehbar ist, dass sich Umstände so ändern werden, dass auch eine Änderung der Leistung erforderlich ist.229 In einem solchen Fall könnte der Verwender bereits bei Vertragsschluss eine entsprechend angepasste Leistung vereinbaren kann, weshalb sein Interesse nicht schutzwürdig und der Änderungsvorbehalt darüber hinaus nicht erforderlich ist. Dass sich die Rechnungsgrundlagen im Laufe der Vertragszeit ändern ist durchaus wahrscheinlich. Kein redlicher Versicherer kann davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Situation und die biometrischen und demografischen Parameter über einen derart langen Zeitraum unverändert bleiben. Dennoch entfällt das schutzwürdige Interesse hierdurch nicht. Eine Änderung der Rechnungsgrundlagen bzw. der diesen zugrundeliegenden wirtschaftlichen und biome­ trischen Faktoren ist zwar vorhersehbar, das Ausmaß dieser jedoch völlig ungewiss. Damit fehlt es an der Konkretheit der Vorhersehbarkeit, weshalb der Versicherer seine Leistung nicht schon bei Vertragsschluss an die zukünftigen Änderungen anpassen oder einen entsprechenden Hinweis auf den möglichen Änderungsumfang geben kann. Aus diesen Gründen kann die Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts nicht vermieden werden, sodass das Argument der fehlenden Schutzwürdigkeit wegen Kenntnis der Änderung nicht Platz greift. Dementsprechend entfällt die Schutzwürdigkeit des Versicherers bzw. seiner Interessen ausnahmsweise nicht schon, weil zukünftige Entwicklungen genau vorhersehen werden konnten und die bei Vertragsabschluss schon feststehende Leistungsanpassung lediglich aus Gründen besserer Vermarktungschancen verheimlicht wird. Ziegler, Eigenkapitalvorgaben, S. 229 f.; siehe auch Kapitel 1 B. III. § 163 Rn. 32; Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 449; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 11; von Westphalen / Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 92; vgl. auch zur Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung: OLG Koblenz VersR 2000, 1357, 1358; OLG Düsseldorf VersR 2001, 705, 706; a. A.: Beckmann, Preis- und Prämienanpassungsklauseln, S. 54 f. (m. w. N.). 228  Vgl.

229  Bruck / Möller / Winter,

106

Kap. 3: Untersuchung

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Aufschubklausel nur wegen der gesetzlichen Pflichten, bei Vertragsschluss die oben genannten Werte für den Versicherungsnehmer zu berechnen, einen Änderungsvorbehalt darstellt.230 Ohne das Heranziehen der Rechnungsgrundlagen ist diese Berechnung schlicht unmöglich. Der Versicherer kann das Zugrundelegen der bei Vertragsschluss geltenden Rechnungsgrundlagen de lege lata nicht umgehen. Insofern zwingt ihn der Gesetzgeber faktisch zu einem verdeckten Änderungsvorbehalt, wenn der Versicherer zukünftige Rechnungsgrundlagen als für die Rentenberechnung maßgeblich erklären möchte, was insbesondere mit Blick auf die vom Gesetzgeber oft zitierte Gestaltungsfreiheit der Versicherer beachtlich ist.231 So gesehen bezweckt der Versicherer nicht die Vereinbarung eines Änderungsvorbehaltes. Vielmehr ist dieser lediglich unbeabsichtigte Folge einer innovativen Produktgestaltung. (3) Zwischenergebnis Preisanpassungsklauseln sind vom BGH grundsätzlich als geeignetes In­ strument zur Wahrung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung bei langfristigen Verträgen und Dauerschuldverhältnissen anerkannt, da sie dem legitimen Zweck dienen, auch bei veränderter Kostensituation das vertrag­liche Äquivalenzverhältnis aufrecht zu erhalten.232 Dass solche Klauseln auch im Rahmen von Versicherungsverträgen grundsätzlich zulässig sind, wird auch durch § 40 VVG deutlich, welcher eine wirksame Anpassungsklausel gerade voraussetzt. Im Rahmen der Rentenversicherung kommen auf Seiten des Versicherers besondere wirtschaftliche Interessen hinzu. Der Versicherer hat durch die Aufschubklausel wegen der verminderten oder weggefallenen Garantien während der Ansparphase weniger strenge Anlagevorschriften zu beachten,233 was wiederum dazu führt, dass der Versicherer in seiner unternehmerischen Freiheit deutlich weniger eingeschränkt ist und seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit stärkt. Beide Interessen sind grundsätzlich anerkennenswert.234 Durch die Durchsetzung dieser Interessen erhält der Versicherer die Möglichkeit, höhere Renditen und so letztlich mehr Gewinn zu erwirtschaften. 230  Siehe

unter Kapitel 3 A. III. 3. BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51. 232  BGH Urt. v. 13.12.2006  – VIII ZR 25 / 06, Rz.  20; BGH Urt. v. 15.11.2007  – III ZR 247 / 06, Rz.  10; Hilber, BB 2011, 2691, 2696; BGH NJW 2008, 360, 361; BGHZ 180, 257, 266; BGHZ 172, 315, 323; BGH NJW 2007, 1054, 1055; BGH NJW 1985, 853, 854; ebenso Borges, ZIP 2007, 1437, 1438; Borges, Kölner AGBSymposien, S. 83, 84. 233  Siehe Kapitel 1 B. II. und III. 234  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 158. 231  Vgl.



A. Aufschubklausel107

dd) Interesse des Versicherungsnehmers Den beschriebenen grundsätzlich schutzwürdigen Interessen des Versicherers stehen verschiedene Interessen des Versicherungsnehmers entgegen. Im Rahmen der Bestimmung des Versicherungsnehmerinteresses sind entsprechend einer typisierenden Betrachtungsweise neben dem Zweck des Vertrages gleichfalls die Besonderheiten der Vertragsgestaltung und die daraus ­resultierende Interessenlage zu berücksichtigen.235 Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass der Versicherungsnehmer ein schützenswertes Interesse daran hat, seine bei Vertragsschluss versprochene Leistung zu erhalten. Dieses Interesse wird durch einen Änderungsvorbehalt zwingend beeinträchtigt,236 was umso schwerer wiegt, als sich der Änderungsvorbehalt auf den Inhalt oder Umfang der Hauptleistung bezieht.237 Durch die dem Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss mitgeteilten Beispielrechnungen entsteht bei diesem eine berechtigte Erwartungshaltung in Bezug auf die Höhe seiner Rentenansprüche gegen das Versicherungsunternehmen. Wegen der Funktion der Beispielrechnungen – eine realistische Schätzung der Ablaufleistung darzustellen238 – darf der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass sich die tatsächlichen Rentenansprüche der Höhe nach wenigstens näherungsweise mit den Berechnungen decken oder jedenfalls nicht deutlich darunter liegen. Andernfalls würden die Beispielrechnungen jeglichen Sinn verlieren und zu einer rein willkürlichen, missbrauchsanfälligen Schätzung verkommen. Insofern ist diese Erwartungshaltung trotz der ausdrücklichen Unverbindlichkeit der Rechnungen nach § 154 Abs. 2 VVG berechtigt und schützenswert. Hinzu kommt, dass der Rentenversicherungsvertrag für den Versicherungsnehmer eine wichtige, sehr langfristige Anlageform darstellt und abgeschlossen wird, um für die Zeit nach dem Erwerbsleben eine Altersrente zu sichern und so die mangelnde Leistungsfähigkeit der staatlichen Altersvorsorge individuell und privat ausgleichen zu können.239 Wegen der Ungewissheit, wann und ob die Vorsorgelücke der gesetzlichen Rentenversicherung durch politi235  Siehe

Kapitel 3 A. III. 3. d).

236  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann,

§ 308 Nr. 4 Rn. 25; Präve, Versicherungsbedingungen, Rn. 449; von Wespthalen / Präve, Klauselwerke (AVB) Rn. 92; Fricke, VersR 1996, 1449, 1453. 237  BGH NJW 2008, 360, 362; Ulmer / Brandner / Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9; BGH NJW-RR 2009, 1641, 1643. 238  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52, 97; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 1; Langheid / Wandt / Heiss, § 154 Rn. 2; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 154 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 154 Rn. 1; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 154 Rn. 1. 239  Siehe oben Kapitel 1 B. I.

108

Kap. 3: Untersuchung

sche Entscheidungen wieder verkleinert wird, gewinnt dieses Interesse weiter an Bedeutung. Daher hat der Versicherungsnehmer ein besonderes Interesse daran, dass seine Rentenansprüche möglichst konkret feststehen und maximal gesichert sind. Dies gilt umso mehr, als der Vertrag nur mit nicht unerheblichen finanziellen Einbußen gekündigt werden kann.240 Weiter könnte der Schutz des eigenen Vermögens als ein berechtigtes Interesse des Vertragspartners betroffen und zu beachten sein.241 Nach herrschender Meinung gehen die Prämien in das Vermögen des Versicherers über und zählen somit nicht mehr zum Vermögen des Versicherungsnehmers.242 Als geschütztes Vermögen kommen daher nur die Rentenansprüche gegen das Versicherungsunternehmen in Betracht. Diese sind zwar geschütztes Vermögen im Sinne des Art. 14 GG, und damit auch schützenswerte Interessen im Rahmen der Abwägung, jedoch nur dem Grunde nach und nicht in der konkreten Höhe.243 Die Aufschubklausel kann nicht dazu führen, dass der Versicherungsnehmer seine Rentenansprüche vollständig verliert, sodass auch das von Art. 14 GG geschützte Vermögen nicht beeinträchtigt ist. Entsprechend ist dieses Interesse nicht in die Abwägung mit einzubeziehen. ee) Interessenabwägung Durch den mit der Aufschubklausel verfolgten Zweck und der gleichzeitigen Berücksichtigung der zwingenden Anforderungen an die Klausel ist der Umfang des Änderungsrechts festgelegt.244 Zudem wurde bereits erläutert, wie die Klausel formuliert sein muss, sodass an dieser Stelle lediglich die Abwägung vorzunehmen ist, ob das Interesse des Versicherers das des Ver­ sicherungsnehmers überwiegt. Grundprobleme im Rahmen des Rentenversicherungsvertrages sind die lange Vertragsdauer und die damit verbundene Unsicherheit bezüglich wirtschaftlicher und demografischer Verhältnisse. Durch die Interessengegenüberstellung wird deutlich, dass beide Parteien das Risiko wirtschaftlicher und demografischer Veränderungen während der Vertragsdauer scheuen und ein Interesse daran haben, dass dies durch den jeweils anderen Vertragspartner getragen wird. Bei der Entscheidung, wessen Interessen überwiegen und 240  Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 38; zum Rückkaufswert nach §§ 169, 168 VVG: Langheid / Wandt / Mönnich, § 169 Rn. 1 ff.; Versicherungsrechts-Handbuch /  Brömmelmeyer, § 42 Rn. 153 ff. 241  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 160. 242  BVerfG Urt. v. 26.07.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rz. 71. 243  BVerfG Urt. v. 26.7.2005  – 1 BvR 80 / 95 Rz. 66; so auch BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 957 / 96 bzw. 1 BvR 782 / 94 Rz. 150. 244  Siehe unter Kapitel 3 A. 3. d) bb) (5) (3).



A. Aufschubklausel109

wer infolgedessen das Wirtschaftsrisiko tragen muss, sind die Eigenarten der konkreten Geschäftsbeziehungen, sowie im Rahmen von Massengeschäften auch die Gesamtinteressen der Kunden, zu berücksichtigen.245 Letzteren kommt wegen dem Solidaritätsprinzip im Rahmen des Versicherungswesens eine besondere Bedeutung zu. Um das Wirtschaftsrisiko zu verteilen, ist in vielerlei Verträgen die Vereinbarung von sogenannten Wirtschaftlichkeitsklauseln üblich. Diese sehen beispielsweise ein Anpassungsrecht desjenigen Vertragspartners vor, dem ein Festhalten an den Vertragsbestimmungen wegen grundlegender Änderung der wirtschaftlichen, technischen oder rechtlichen Umstände nicht mehr zugemutet werden kann. Solche Klauseln sorgen für eine Aufteilung des Wirtschaftsrisikos auf beide Vertragsparteien. Neben dieser Härtefallregelung entspricht es einer gerechten Risikoverteilung, dass jede Vertragspartei diejenigen Risiken zu tragen hat, deren Vorteile ihr zugutekommen. Kalkuliert eine Partei mit einem gewissen Risiko und erhält dafür ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile, so hat sie denklogisch auch die damit verbundenen Gefahren und negativen Auswirkungen zu tragen. Allerdings hilft dieser Grundsatz hier nicht weiter. Zwar wird durch die Aufschubklausel die Leistung des Versicherers von den zukünftigen Rechnungsgrundlagen und damit indirekt von den wirtschaftlichen Entwicklungen abhängig gemacht, sodass das Wirtschaftsrisiko auf den Versicherungsnehmer übertragen wird. Allerdings profitiert der Versicherungsnehmer durch eine steigende Rente auch unmittelbar von positiven wirtschaftlichen Entwicklungen. Dementsprechend wird durch die Aufschubklausel nicht nur das Risiko auf den Versicherungsnehmer übertragen, sondern gleichermaßen die mit diesem Risiko verbundenen potenziellen wirtschaftlichen Vorteile. Es findet keine ungerechte Abwälzung durch Aufspaltung von Risiko und möglichen Vorteilen statt. Vielmehr bewirkt die Aufschubklausel, dass dem Versicherungsnehmer ermöglicht wird, das wirtschaftliche Risiko zu tragen und auf diese Weise eine höhere Rendite zu erreichen. Da es sich um ein ungewisses Risiko handelt, ist nicht vorherzusagen, ob sich dieses tatsächlich realisiert. Eine positive Entwicklung der maßgeblichen Faktoren kann gleichermaßen eintreten wie eine negative Entwicklung. Dementsprechend ist nicht gewiss, dass sich das Äquivalenzverhältnis zwingend zu Lasten des Versicherungsnehmers verschiebt. Es ist durchaus möglich, dass sich die Aufschubklausel für den Versicherungsnehmer positiv auswirkt, da sie lediglich einen Teil der Garantiekomponente gegen eine Risikokom­ ponente austauscht. Anstatt die Rente auf den bei Vertragsschluss geltenden Rechnungsgrundlagen zu berechnen und zu garantieren, wird das Risiko ei245  BT-Drucks.

7 / 3919, S. 22 f.

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Kap. 3: Untersuchung

ner möglichen Änderung der Rechnungsgrundlagen in den Vertrag aufgenommen. Insofern handelt es sich nicht um ein klassisches einseitiges Leistungsänderungsrecht zu Gunsten des Versicherers und liegt auch nicht ausschließlich in dessen Interesse. Die Möglichkeit der Leistungsänderung durch die Aufschubklausel liegt sowohl im Interesse des Versicherers, als auch im Interesse derjenigen Versicherungsnehmer, welche bereit sind mehr Risiko einzugehen um die Chance auf eine höhere Rendite zu haben. Daher besteht für beide Seiten ein berechtigtes und schützenswertes Interesse, sodass die Aufschubklausel keinesfalls als unangemessen beurteilt werden kann. e) Ergebnis Sofern weiterhin auch klassische Rentenversicherungsprodukte angeboten werden, stellt ein Vertrag mit Aufschubklausel lediglich eine zusätzliche Option dar, durch welche die Produktpalette erweitert wird. Dieses Wahlrecht kommt dem einzelnen Versicherungsnehmer zugute, da dieser bewusst ein gewisses Risiko eingehen kann, um Chancen auf eine höhere Rendite zu erhalten. Das Wahlrecht und die damit einhergehende Erweiterung der Rentenversicherungsprodukte entspricht überdies auch dem Gesamtinteresse der Versicherungsnehmer, sodass man der Ansicht sein könnte, dass die Klausel zulässig ist. Ist eine Rentenversicherung dagegen nur noch mit Vereinbarung der Aufschubklausel möglich, fehlt es an einer sicheren Form der privaten Altersvorsorge, wie sie derzeit besteht. Selbst bei Vereinbarung einer garantierten Mindestrente – welche wie oben aufgezeigt zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Aufschubklausel ist – bleibt es dabei, dass die Rente im schlechtesten Fall die Höhe der eingezahlten Beträge nicht überschreitet und dementsprechend nur einen Kapitalerhalt bewirkt. Bei Einrechnung der Inflation bedeutet dies ein Verlustgeschäft für den Versicherungsnehmer. In einer solchen Konstellation läge es nahe, die Klausel als unzumutbar und damit unwirksam einzustufen. Ob es jedoch Aufgabe des AGB-Rechts ist, die Funktionsfähigkeit der privaten Altersvorsorge sicherzustellen, muss stark bezweifelt werden. Entsprechend seinem umfassenden Schutzansatz soll das AGB-Recht das funktionale Ungleichgewicht bei der Verwendung von einseitig vorformulierten AGB beseitigen indem es einen gerechten Interessenausgleich in den Fällen herbeiführt, in welchen eine Vertragspartei aufgrund ihrer (wirtschaftlichen) Stellung einseitige Gestaltungsmacht hat.246 Auch wenn die Gesamtinteressen der Kunden im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist es – richtigerweise – allgemein anerkannt, dass die Wettbewerbslage im Rahmen der In246  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, Einl. Rn. 14 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, vor § 307 Rn. 26 f.; Palandt / Grüneberg, vor § 305 Rn. 8; Stoffels, AGB-Recht, Rn.  88 f.



A. Aufschubklausel111

haltskontrolle gerade nicht zu beachten ist und sich auch nicht auf die Wertung der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Klauseln auswirkt.247 Es werden nur der konkrete Vertrag und dessen Klauseln in den Blick genommen und bewertet. Hierfür spricht auch, dass Merkmal von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist, dass diese gerade nicht zur Disposition des Klauselgegners stehen, sodass die Wirksamkeit folgerichtig auch für den Fall zu beurteilen ist, dass keine Wahl bezüglich der konkreten Regelung besteht. Außerhalb des Vertrages liegende tatsächliche Umstände sind dagegen nicht maßgeblich.248 Daher ist die Problematik, dass Rentenversicherungen zukünftig möglicherweise nur noch mit Aufschubklausel abgeschlossen werden könnten, für die Bewertung dieser nicht relevant. Gleiches gilt bezüglich der Argumentation, dass die Aufschubklausel als Leistungsanpassungsrecht verhindere, dass Versicherungsunternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, wenn sie bei deutlich gesunkenen Zinsen über Jahre hinweg die versprochenen hohen Garantiezinsen erwirtschaften müssen. Diese Sicherung des Allgemeininteresses an einer funk­ tionierenden und stabilen Versicherungswirtschaft und damit einer stabilen Altersvorsorge ist zwar ein marktpolitisches Wunschergebnis, allerdings ­ ebenfalls nicht in die Abwägung im Rahmen der AGB-rechtlichen Klauselkontrolle einzubeziehen, sodass die Klausel nicht aus diesem Grund als angemessen zu beurteilen ist. Diesbezüglich sind Lösungen über das VVG bzw. das VAG zu suchen, deren originäre Aufgabe es ist, die Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft im Allgemeininteresse sicherzustellen.249 Die Aufschubklausel ist angemessen, wenn sie mit einer garantierten Mindestrente vereinbart wird. Ohne eine solche könnte sie als unbeschränktes Änderungsrecht zur Rechtfertigung auch unangemessener Änderungen der Leistung dienen. Zudem ist durch die Garantiekomponente auch der Zweck der Rentenversicherung als Instrument der privaten Altersvorsorge gewahrt. Wegen der strengen Anforderungen – insbesondere von Seiten der Rechtsprechung – ist die Wirksamkeit allerdings von der konkreten Formulierung der Klausel abhängig, sodass hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen ist.250 247  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, vor § 307 Rn. 150; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 229. 248  Insofern zumindest zweifelhaft BGH NJW 2008, 2172, 2174 f., welcher bei der Frage der Kompensationswirkung eines Sonderkündigungsrechts im Falle eines Änderungsvorbehalts darauf abstellt, ob der Klauselverwender eine marktbeherrschende Stellung bzw. ein Quasimonopol hat. In diesem Fall sei eine Kompensation mangels tatsächlicher Wahlmöglichkeit nicht gegeben. Anderer Ansicht richtigerweise Thomas, AcP 209, 84, 117. 249  Winter, Versicherungsaufsichtsrecht, S.  83 f. 250  Vergleiche die Beispielsformulierung unter Kapitel 3 A. III. 3. d) bb) (5) (6).

112

Kap. 3: Untersuchung

4. Verstoß gegen § 307 BGB Die Aufschubklausel könnte gegen die Auffangvorschrift des § 307 BGB verstoßen und damit unwirksam sein. Die Generalklausel des § 307 BGB wird nicht von §§ 308, 309 BGB verdrängt,251 darf aber auch nicht dazu führen, dass die gesetzgeberischen Wertungen dieser Regelbeispiele umgangen werden. Daher kann eine Änderungsklausel nicht im Einklang mit der speziellen Norm des § 308 Nr. 4 BGB stehen und gleichzeitig wegen diesem Änderungsrecht und dessen spezifischen Auswirkungen unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1, 2 BGB sein. Beide Normen haben diesbezüglich denselben Wertungsmaßstab. Die Tatsache, dass es sich bei der Aufschubklausel um eine Leistungsänderungsklausel handelt, ist hierbei nicht maßgeblich, da insofern bereits festgestellt wurde, dass das Änderungsrecht der Klausel nicht unzumutbar ist. Dennoch könnten andere Regelungen der Aufschubklausel eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Konkretisiert wird dieses Tatbestandsmerkmal über die in Absatz 2 normierten Regelbeispiele252 und das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebot. a) Abweichung von einem wesentlichen Grundgedanken, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt im Zweifel vor, wenn die in Frage stehende Klausel mit „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“ § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gesetzliche Regelungen in diesem Sinne sind nicht lediglich Rechtsvorschriften, sondern auch allgemeine, von der Rechtsprechung oder Literatur durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung hergeleitete Rechtsgrundsätze.253 Die Aufschubklausel führt zur Möglichkeit einer Änderung der bei Vertragsschluss prognostizierten Leistungen. Während bei klassischen Verträgen die Rente bereits bei Vertragsschluss garantiert wird, und der Versicherungsnehmer so konkret weiß, welche Gegenleistung er für seine gezahlte Prämie erhält, steht die tatsächliche Leistung durch die Verwendung der Aufschubklausel zu diesem 251  Wolf / Lindacher / Pfeiffer,

§ 307 Rn. 49; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 10. § 307 Rn. 193; Palandt / Grüneberg, § 307

252  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs,

Rn. 28. 253  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 114 ff.; Erman / Roloff, § 307 Rn. 24; MüKo /  Wurmnest, § 307 Rn. 68; Römer, NVersZ 1999, 97, 99; BGHZ 100, 157, 163; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 211 ff.; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, AGB-­ Recht Klauseln Rn. V 166.



A. Aufschubklausel113

frühen Zeitpunkt noch nicht fest. Ein entsprechender Grundgedanke ist dem Versicherungsrecht nicht zu entnehmen. Allerdings könnte aus diesem Grund ein Verstoß gegen das im Schuldrecht als wesentlicher Grundgedanke verstandene Äquivalenzprinzip254 vorliegen. Diesbezüglich sei jedoch auf die Ausführungen zu § 308 Nr. 4 BGB verwiesen. Das Äquivalenzverhältnis wird durch die Aufschubklausel gerade nicht unangemessen gestört. b) Vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Pflichten, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB Die Norm stellt die gesetzliche Normierung der Rechtsprechung zu den sogenannten Kardinalspflichten dar.255 Hierunter sind alle wesentlichen Pflichten zu verstehen, die für den konkreten Vertragstypus gerade charakteristisch sind.256 Bei der Beurteilung, ob der Tatbestand erfüllt ist, sind neben der Bedeutung der Pflicht auch die Natur des Vertrages sowie die Reichweite der Einschränkung in den Blick zu nehmen.257 Zweck der Norm ist es, eine Orientierungshilfe für die Fälle zu schaffen, in welchen kein dispositives Gesetzesrecht besteht.258 Daneben soll der Tatbestand verhindern, dass der Verwender eine aufgrund des spezifischen Vertragstypus bestimmte Pflicht übernimmt, sich jedoch zugleich von dieser freizeichnet und so den Vertrag und seine Pflichten aushöhlt.259 Ein solches Vorgehen enttäuscht die berechtigten Erwartungen des Kunden,260 sodass auch eine Nähe zum Grundsatz des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens besteht.261 Das bloße Abweichen bzw. der Ausschluss von irgendeiner – wenn auch üblichen – Leistung erfüllen diesen Tatbestand ausweislich der Regierungsbegründung gerade nicht.262 254  BGHZ

96, 103, 109 m. w. N. § 307 Rn. 132; BT Drucks. 7 / 3919, S. 23; MüKo /  Wurmnest, § 307 Rn. 70; zum Begriff der Kardinalspflichten BGHZ 49, 356, 363; BGHZ 103, 316, 322. 256  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 134; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 244. 257  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 244 ff., 259 ff.; Wolf / Lindacher /  Pfeiffer, § 307 Rn. 134 ff., 145 ff. 258  BT Drucks. 16 / 3945, S. 7; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 261; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 238; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 70. 259  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 23; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 197, 239 f.; Staudinger / Coester, Eckpfeiler, E. Rn. 53; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 33; BGH VersR 2009, 533, 534. 260  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 262; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 172; BGH VersR 2004, 1035, 1036; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 74. 261  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 241; Stoffels, AGB-Recht, Rn.  523 ff.; ähnlich auch: Staudinger / Coester, § 307 Rn. 262. 262  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 23. 255  Wolf / Lindacher / Pfeiffer,

114

Kap. 3: Untersuchung

Eine Verletzung kommt diesbezüglich nur in Betracht, wenn die Rentenberechnung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine wesentliche Vertragspflicht wäre. Dies ist allerdings nicht der Fall, da durch die Rentenberechnung auch zu einem späten Zeitpunkt der Zweck des Vertrages gewahrt bleibt. Insbesondere wird eine Pflicht des Versicherers lediglich näher ausgestaltet und nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen. Das Verschieben des Rentenberechnungszeitpunktes führt nicht dazu, dass der Vertrag seines Sinnes entleert wird. Zudem gleicht die Rentenberechnung mit Aufschubklausel derjenigen eines klassischen Produktes insofern, als auch bei diesem wegen der ungewissen Höhe der Überschussbeteiligung die gesamte Ablaufleistung nicht bereits bei Vertragsschluss feststeht. Überdies wird ein Teil der Ablaufleistung – die zwingende Mindestrente – wie bei einem klassischen Rentenversicherungsprodukt bereits bei Vertragsschluss berechnet. c) Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Trotz der Reichweite der Konkretisierungen bzw. Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 BGB kann eine Klausel auch nur aufgrund der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein, da die Reichweite der Generalklausel „über die Beispielsfälle in Absatz 2 der Vorschrift hinaus[geht]“.263 Die Bestimmung einer möglicherweise vorliegenden unangemessenen Benachteiligung erfolgt dabei anhand einer zweistufigen Prüfung.264 Zunächst wird festgestellt, ob eine Benachteiligung des Klauselgegners vorliegt. Hierzu ist der gesamte Vertragsinhalt, auch unter Berücksichtigung anderer Klauseln, in den Blick zu nehmen.265 Durch diese Gesamtberücksichtigung können sich mehrere Benachteiligungen verstärken oder durch vorteilhafte Klauseln ausgleichen werden. Die Beurteilung ist schließlich unter Berücksichtigung dieser Summierungs- oder Kompensationseffekte zu treffen.266 Der notwendige rechtliche Vergleichsmaßstab für diese Beurteilung wird erreicht, indem die Rechtslage des Vertragspartners mit derjenigen verglichen wird, welche ohne die in Frage stehende Klausel bestehen würde (Rechtslagenver­ 263  BGH NJW 1981, 117, 118 (zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift § 7 AGBG); MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 23. 264  Fastrich, Inhaltskontrolle, Rn. S. 280 ff.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 466; Prütting / Wegen / Weinreich / Berger, § 307 Rn. 7; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 98; a. A. wohl Staudinger / Coester, § 307 Rn. 90 ff. 265  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 107; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 34; Erman /  Roloff, § 307 Rn. 11; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 13; vgl. BGHZ 82, 238, 240 f. 266  BT-Drucks. 07 / 3919, S. 22 (zur Vorgängernorm § 7 AGBG); MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 35 f.; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 125 ff., Rn. 139 f.; Klimke, JR 2007, 353 ff.; BGH NJW 2006, 2116, 2117; für AVB insbesondere Werber, VersR 2010, 1253, 1254.



A. Aufschubklausel115

gleich).267 Ergibt sich hieraus, dass der Vertragspartner durch die vertrag­ liche Abrede schlechter gestellt ist, so ist eine – noch wertneutrale – Benachteiligung gegeben.268 Die Beurteilung einer Benachteiligung ist anhand einer wertenden Betrachtung vorzunehmen. Hierbei sind die Anschauungen von Recht und Gerechtigkeit, sowie die vertragliche Risikoverteilung mit einzubeziehen.269 Erst wenn eine solche Benachteiligung vorliegt, wird in einem zweiten Schritt eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen um festzustellen, ob die Benachteiligung auch unangemessen ist. aa) Benachteiligung durch die Aufschubklausel Im Rahmen des Rechtslagenvergleichs sind die Aufschubklausel und deren Auswirkungen derjenigen Rentenberechnungsmethode gegenüberzustellen, welche bei klassischen Rentenversicherungsverträgen angewendet wird. Hierbei kommt es wegen der typisierenden Betrachtungsweise und der objektiven Geltung der Klauselwerke nicht auf die tatsächlichen, sondern auf die theoretisch möglichen Auswirkungen an.270 Entscheidender Unterschied der Aufschubklausel zur klassischen Rentenberechnungsmethode ist der Berechnungszeitpunkt. Während bei vergleichbaren klassischen Verträgen die Rentenhöhe zu Beginn der Vertragslaufzeit durch den Versicherer berechnet und garantiert wird, sieht die Aufschubklausel die tatsächliche Rentenberechnung erst bei Eintritt des Versicherungsnehmers in die Bezugsphase vor. Daher vergehen ab Vertragsschluss üblicherweise mehrere Jahrzehnte, bis die konkrete Höhe der Rente berechnet wird. In diesem Zeitraum hat der Versicherungsnehmer gegen den Versicherer einen noch nicht fälligen Anspruch auf Zahlung der Rente in noch unbestimmter Höhe. Bei einem klassischen Rentenversicherungsvertrag hat der Versicherungsnehmer ebenfalls einen noch nicht fälligen Anspruch auf Zahlung der Rente,271 welcher allerdings bereits in der konkreten, bei Vertragsschluss berechneten und garantierten Höhe besteht. Da der Anspruch bei beiden Arten der Rentenberechnung noch nicht fällig ist, macht es für den Versiche267  Staudinger / Coester,

§ 307 Rn. 90; v. Hoyningen-Huene, Rn. 134. AGB-Recht, Rn. 467. 269  BT-Drucks. 7 / 3919, S. 22 f. zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung § 7 AGBG. 270  Vgl. BGHZ 136, 347 (2. Leitsatz der Entscheidung); BGH NJW 1997, 195, 196; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 110 ff.; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 37; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 77 ff. 271  Sofern ein Kapitalwahlrecht vereinbart wurde, kann der Anspruch auch auf eine Einmalzahlung gerichtet sein. Dies gilt jedoch für beide Vertragsarten, sodass in diesem Punkt keine Unterschiede bestehen. 268  Stoffels,

116

Kap. 3: Untersuchung

rungsnehmer keinen Unterschied, ob die Höhe des Anspruchs bereits feststeht oder erst später festgelegt wird. Die Klausel ist lediglich anders, nicht jedoch benachteiligend. Insofern besteht während dieses Zeitraums aus rechtlicher Sicht auch keine Benachteiligung. Etwas anderes ergibt sich jedoch, wenn man die Aufschubklausel wirtschaftlich betrachtet. Der garantierte Anspruch einer klassischen Rentenversicherung ist regelmäßig höher als derjenige bei einem Produkt mit Aufschubklausel, da dort lediglich eine festgelegte Mindestrente garantiert ist. Dass während der Ansparphase nicht absehbar ist, wie hoch die tatsächliche Rente ausfällt, und dass diese eventuell höher ist als bei einem klassischen Produkt ist wegen des abstrakten und objektiven Vergleichsmaßstabs unerheblich. Insofern kann jedenfalls unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer Benachteiligung durch die Klausel gesprochen werden. Fügt man diese beiden Betrachtungsweisen zusammen, so ergibt sich insgesamt eine Benachteiligung durch die Klausel. Die rein rechtliche Sichtweise ist – mit Blick auf den Zweck des Vertrages – nicht allein ausschlaggebend. Für den Zeitraum nach Rentenbeginn sind die tatsächlichen, wirtschaft­ lichen und demografischen Entwicklungen dafür maßgeblich, ob die Aufschubklausel für den Versicherungsnehmer vor- oder nachteilig ist. Je nach Verlauf erhält der Versicherungsnehmer im Vergleich zu einer klassischen Rentenversicherung letztlich sogar eine höhere Rente. Wegen des objektiven Prüfungsmaßstabs und des Gebots der kundenfeindlichsten Auslegung ist unerheblich, wie sich die Aufschubklausel tatsächlich und im konkreten Fall auswirkt. Sie stellt bereits eine Benachteiligung dar, da eine niedrigere Rente und damit eine Schlechterstellung des Klauselgegners möglich ist. bb) Unangemessenheit der Benachteiligung Damit die Klausel gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist, müsste sie den Klauselgegner auch „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. Ein Vertrag soll einen angemessen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien bewirken, indem diese in ein Gleichgewicht gebracht werden.272 Dementsprechend liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn der Verwender seine eigenen Interessen einseitig und auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dabei dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und einen angemessenen Ausgleich anzustreben.273 Hierbei haben sich einige Gesichts272  Staudinger / Coester,

§ 307 Rn. 95d; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 177. 07 / 3919, S. 22 f.; BGH VersR 1999, 710, 712; Wolf / Lindacher /  Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 178; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 12; Stoffels, AGBRecht, Rn. 468; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 95 ff.; BGH NJW 2010, 2046, 2047. 273  BT-Drucks.



A. Aufschubklausel117

punkte herausgebildet, welche im Rahmen der Abwägung ein Indiz für die Unzumutbarkeit der Änderung darstellen.274 (1) Übereinstimmen oder Abweichen von etablierten Standards Für die Vermutung der Unangemessenheit einer Klausel spricht, wenn diese von etablierten Standards des jeweiligen Geschäfts wie Handelsbräuchen oder der Verkehrssitte abweicht. Ist eine bestimmte rechtliche Regelung als derart üblich anzusehen, dass sie gewissermaßen ein Handelsbrauch ist, so erstarkt sie über § 157 BGB zur Vertragspflicht.275 Ein Abweichen hiervon ist ein Indiz für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung. Da eine neuartige Klausel gerade Ausdruck eines zu befürwortenden innovativen Wettbewerbs sein kann, ist ein etablierter Standard nur restriktiv anzunehmen.276 Bei klassischen Rentenversicherungsprodukten ist es üblich, dass der Versicherer die Höhe der Rente garantiert, und so das gesamte wirtschaftliche und demografische Risiko trägt. Die bloße tatsächliche Verbreitung und Üblichkeit dieser Regelung stellt allein jedoch noch keinen etablierten Standard dar. Neben der klassischen Rentenversicherung gibt es bereits vielfältige Ausprägungen von Rentenversicherungsprodukten. Genannt sei hier nur die fondsgebundene Rentenversicherung, bei welcher das wirtschaftliche Risiko vollständig beim Versicherungsnehmer liegt. Daher kann nicht von einem bestimmten Rentenversicherungsprodukt als Standard ausgegangen werden, sodass neuartige bzw. anders gestaltete Produkte grundsätzlich auch nicht von einem bestimmten Leitbild und damit der Verkehrssitte abweichen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber bewusst vermieden hat, einen bestimmten Rentenversicherungstyp als Standard in das Gesetz einzuführen, um die Gestaltungsfreiheit der Versicherungsunternehmen nicht einzuschränken.277

274  Vgl. beispielsweise Staudinger / Coester, § 307 Rn. 152 ff.; Ulmer / Brandner /  Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 140 ff.; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 33 ff. 275  Beispielsweise Standesrichtlinien: Staudinger / Coester, § 307 Rn. 153; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 17; Erman / Roloff, § 307 Rn. 14; BGH NJW 1988, 191, 194; oder die jederzeitige Beachtung eines Scheckwiderrufs BGH NJW 1988, 3149, 3151. 276  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 140. 277  BT Drucks. 16 / 3945, S. 51; Langheid / Wandt / Heiss / Mönnich, Vor §§ 150–171 Rn. 12; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer § 42 Rn. 3 f.; Prölss / Martin /  Schneider, Vor §§ 150–171 Rn. 1; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 1133.

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Kap. 3: Untersuchung

(2) Ä  nderung des wesenseigenen Vertragsinhalts bzw. eines konstituierendes Merkmals Zwar weicht die Klausel nicht von einem bestimmten etablierten Standard in der Rentenversicherung ab, dennoch könnte sie unwirksam sein, wenn sie den typischen Vertragsinhalt so abändert, dass der Vertrag dem Wesen nach nicht mehr als Rentenversicherungsvertrag eingeordnet werden kann. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist, dass die Risikoübernahme gerade für den Rentenversicherungsvertrag ein produktkonstituierendes Merkmal ist.278 Wird dieses Risiko nun vom Versicherer auf den Versicherungsnehmer abgewälzt, ist der Vertrag trotz entsprechender Bezeichnung nicht mehr als Ver­ sicherungsvertrag zu qualifizieren.279 Im Rahmen des Rentenvertrages sind zwei Risiken zu unterscheiden: Zum einen trägt der Versicherer durch die Pflicht zur lebenslangen Rentenzahlung und eventuell zur Zahlung einer Todesfallleistung das Sterbe- und Langlebigkeitsrisiko des Versicherungsnehmers.280 Hinzu kommt das Kalkulationsund Wirtschaftsrisiko. Durch die garantierte Rentenhöhe und die gleichzeitigen Einschränkungen des Prämienanpassungsrechts muss der Versicherer unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen und demografischen Entwicklung während der gesamten Dauer von Vertragsschluss bis Eintritt in das Rentenalter die vereinbarte Summe leisten. Durch die Aufschubklausel entfällt nur die Übernahme des Kalkulations- und Wirtschaftsrisikos. Das Sterbe- und Langlebigkeitsrisiko verbleibt weiterhin beim Versicherer. Eine Änderung des typischen Vertragsinhaltes liegt also nur dann vor, wenn auch das Kalkulations- und Wirtschaftsrisiko für den Rentenversicherungsvertrag ein konstitutives Merkmal ist. Insofern ist zu untersuchen, ob beide bzw. welches der beiden Risiken dem Rentenversicherungsvertrag wesenseigen ist. Die vom Versicherungsnehmer gezahlte Prämie wird in Risiko- und Sparanteil aufgeteilt.281 Aus dem Risikoanteil leistet der Versicherer die garantierte Todesfallsumme bei Ableben des Versicherungsnehmers vor Eintritt in die Rentenphase. Der Sparanteil wird zunächst angesammelt und verzinst. Bei Eintritt in die Bezugsphase wird aus diesem die Rente gezahlt. Die Prä278  Bruck / Möller / Winter,

§ 163 Rn. 34; siehe dazu auch Kapitel 3 A. II. als Voraussetzung für einen Versicherungsvertrag, siehe dazu Langheid / Wandt / Looschelders, § 1 Rn. 9, 13 f.; Looschelders / Pohlmann, § 1 Rn. 8; Römer / Langheid, § 1 Rn. 5 f.; vgl. Versicherungsrechts-Handbuch / Lorenz, § 1 Rn.  128 ff.; Laars, § 1 Rn. 2. 280  Langheid / Wandt / Heiss / Mönnich, Vor §§ 150–171 Rn. 1; Looschelders / Pohlmann / Krause, Vor §§ 150–171 Rn. 7, 13; Prölss / Martin / Schneider, Vor §§ 150–171 Rn. 16; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 18. 281  Vgl. Schünemann, Überschussbeteiligung, S. 43, 54. 279  Risikoübernahme



A. Aufschubklausel119

mienzahlung als Hauptleistungspflicht des Versicherungsnehmers dient also gerade der Übernahme des Sterbe- und Langlebigkeitsrisikos durch den Versicherer. Diese beiden Leistungen stehen sich synallagmatisch gegenüber, sodass jedenfalls die Übernahme des Sterbe- und Langlebigkeitsrisikos für den Rentenversicherungsvertrag konstitutiv ist.282 Anders verhält es sich hinsichtlich des Wirtschaftsrisikos. Der Versicherungsnehmer finanziert die Übernahme dieses Risikos durch den Versicherer nur mittelbar, indem ein Teil seiner Prämie die durch § 138 Abs. 1 VAG283 vorgeschriebenen und vom Versicherer einkalkulierten Risikozuschläge füllt. Die Prämie wird also nicht unmittelbar dafür genutzt, das Wirtschaftsrisiko auszugleichen, sodass die Übernahme dieses Risikos auch kein direktes Äquivalent zur Prämienzahlung des Versicherungsnehmers darstellt. Hierdurch wird deutlich, dass es sich bei der Übernahme des Wirtschaftsrisikos lediglich um eine – wenn auch weit verbreitete – Nebenleistung handelt. Als bloße Nebenleistung des Versicherers hat sie keine produktkonstituierende Funktion, sodass eine Übertragung dieses Risikos auf den Versicherungsnehmer möglich ist.284 Auch aus § 138 Abs. 1 VAG selbst lässt sich nicht herleiten, dass der Versicherer das Wirtschaftsrisiko zwingend zu tragen hätte, da dieser Norm eine entsprechende Intention nicht entnommen werden kann. Vielmehr dient dieser dem Schutz der Gesamtheit der Ver­ sicherungsnehmer indem er eine ausreichende Sicherheitskalkulation vorschreibt. Die Norm ist damit eine Reaktion auf die tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Versicherungsmarkt, sodass sich darüber nachdenken ließe, die entsprechenden Anforderungen bei einem Produkt mit Aufschubklausel aufzuheben: Da der Versicherer das Wirtschaftsrisiko nicht mehr tragen muss, entfällt jedenfalls insofern auch das Bedürfnis für eine entsprechende Sicherheitskalkulation. Dass das Wirtschaftsrisiko nicht zwingend vom Versicherer zu tragen ist, wird zudem auch von § 163 VVG gestützt, welcher unter gewissen Voraussetzungen eine Prämien- und Leistungsänderung und damit eine teilweise Übertragung des Wirtschaftsrisikos auf den Versicherungsnehmer zulässt.

282  So jedenfalls die herrschende Meinung zur Einordnung des Versicherungsvertrages mit Überschussbeteiligung; zum Ganzen siehe: Ebers, Überschussbeteiligung, S: 217 ff.; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 2; Bruck / Möller /  Winter, Einf Rn. 134 ff.; vgl. auch Schünemann, JuS 1995, 1062, 1065 f. 283  Entspricht inhaltlich unverändert § 11Abs. 1 VAG a. F. 284  Ähnlich schon Grote, ZVersWiss 91 (2002), 621, 626.

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Kap. 3: Untersuchung

(3) Preisargument Die Zumutbarkeit einer Klausel ist grundsätzlich unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts zu bewerten.285 Dies widerspricht dem Grundsatz, dass jede Klausel grundsätzlich selbständig auf ihre Wirksamkeit zu prüfen ist. Um diese widersprüchlichen Vorgaben in Einklang zu bringen, besteht die Möglichkeit, Nachteile einer Klausel durch das Einräumen anderweitiger Vorteile auszugleichen („Kompensationswirkung“) nur sehr eingeschränkt.286 Eine besondere Ausprägung dieser Kompensationswirkung ist die Berücksichtigung des Preises. Nach ganz herrschender Meinung kann ein behaupteter niedrigerer Preis im Allgemeinen keine Unzumutbarkeit der Klausel rechtfertigen.287 Ausnahmsweise berücksichtigungsfähig ist ein niedriger Preis288 im Fall der sogenannten offenen Tarifwahl. Voraussetzungen sind, dass der Preis, wenn dieser angemessen ist, offen ausgewiesen wird und der Kunde zwischen den verschiedenen Produkten tatsächlich und frei wählen kann.289 Ob dies in der Praxis der Fall sein wird, hängt vom jeweiligen Versicherungsunternehmen ab und kann daher nicht pauschal beurteilt werden. Sofern diese Voraussetzungen tatsächlich eingehalten werden, kann im Rahmen berücksichtigt werden, dass durch die Aufschubklausel ein verbilligter Versicherungsschutz angeboten wird. (4) Zwischenergebnis Die Regelung der Aufschubklausel weicht weder von einem im Versicherungsvertragsrecht etablierten Standard ab, noch wird dem Vertrag ein ihn konstituierendes Merkmal genommen. Dass die Voraussetzungen einer offenen Tarifwahl gegeben sein werden, ist bereits aus Wettbewerbsgründen zu erwarten. Sofern das der Fall ist, ist der durch die Aufschubklausel erzielte niedrigere Preis bzw. die mögliche höhere Leistung des Produktes zu Gunsten des Versicherers zu berücksichtigen. 285  Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 13; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 34 ff.; BGH NJW 2006, 2116, 2117; vgl. zum Zusammenspiel zwischen AGB und Individualvereinbarung Klimke, JR 2007, 353 ff. 286  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 144 f.; Staudinger / Coester, § 307 Rn. 129; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 36. 287  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 129 ff.; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 43 f.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 145; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 18; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 224 f. 288  Im Fall der Aufschubklausel entsprechend eine höhere Leistung. 289  Sogenannte offene Tarifwahl: Erman / Roloff, § 307 Rn. 17; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 243 (4. Leitsatz); Staudinger / Coester, § 307 Rn. 138; von Westphalen, NJW 2010, 2254, 2259; von Westphalen, NJW 2008, 2234, 2238; BGH NJW-RR 2008, 818, 820; vgl. BGHZ 77, 126, 133 f.



A. Aufschubklausel121

(5) Interessenabwägung Der aufgeschobene Zeitpunkt der Rentenberechnung führt nicht dazu, dass eine der genannten Fallgruppen einschlägig ist und die Unangemessenheit der Regelung indiziert. Zur Feststellung der Benachteiligung entgegen Treu und Glauben ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung entspricht Ihrer Art nach grundsätzlich derjenigen im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB. Zwar erhält der Versicherungsnehmer möglicherweise eine niedrigere Leistung, als es ohne die Klausel der Fall wäre. Diese spätere Rentenberechnung ist – und insofern kann auf die Ausführungen zu § 308 Nr. 4 BGB verwiesen werden – jedoch weder das Resultat einer einseitigen Inte­ ressendurchsetzung des Versicherers, noch sind dieses Vorgehen oder dessen Auswirkungen als unangemessen einzustufen.290 cc) Zwischenergebnis Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann die Aufschubklausel wegen der späten Rentenberechnung eine Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellen. Diese Benachteiligung ist jedoch nicht als unangemessen einzuordnen. d) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Schließlich ist die Aufschubklausel auch im Rahmen der Inhaltskontrolle auf eine ausreichende Transparenz zu untersuchen. Gemäß dem ausdrücklichen Wortlaut von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann eine Klausel – sofern sie die Stellung des Versicherungsnehmers nicht ausschließlich und zwingend verbessert291 – nämlich auch allein aufgrund ihrer mangelnden Transparenz unwirksam sein, ohne dass damit auch eine materielle Unausgewogenheit der Regelung verbunden sein muss.292 Zwingend ist wegen des Wortlauts der Norm, dass die mangelnde Transparenz die Rechtslage des Klauselgegners verschlechtert.293 Im Rahmen einer Änderungsklausel ist die genügend transparente Formulierung bereits Teil der Inhaltskontrolle. Nur eine Klausel, welche Änderun290  Siehe

Kapitel 3 A. III. 3. e). BT-Drucks. 14 / 7052, S. 188; so auch von Westphalen, NJW 2002, 12, 17; Armbrüster, DNotZ 2004, 437, 439. 292  Staudinger / Coester, § 307 Rn. 174; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 56. 293  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 250; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 20; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 56; von Westphalen, Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rn. 19; Heinrichs, NJW 1997, 1407, 1413. 291  Vgl.

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Kap. 3: Untersuchung

gen ausschließlich in engen, klar vorgegebenen Grenzen zulässt, bedeutet keine unangemessene Benachteiligung für den Klauselgegner. Bereits im Rahmen der Prüfung zu § 308 Nr. 4 BGB wurde untersucht und festgestellt, dass die Regelung des Änderungsvorbehaltes genügend bestimmt ist, um nicht als unangemessen beurteilt zu werden. Diesbezüglich kann auf die umfassenden Ausführungen zu den Anforderungen an eine Änderungsklausel verwiesen werden,294 welche sich ebenfalls mit der Transparenz der aufgeschobenen Rentenberechnung befassen. Die dort vorgeschlagene Formulierung der Aufschubklausel genügt den Transparenzanforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. e) Ergebnis Die Aufschubklausel genügt in der bei § 308 Nr. 4 BGB geforderten Fassung auch den Anforderungen des § 307 BGB.295

IV. Vereinbarkeit im Hinblick auf das VVG Neben dem BGB ist die Klausel auch auf ihre Vereinbarkeit mit dem VVG zu untersuchen. Da das VVG für den Versicherungsvertrag lex specialis ist, müsste aus dogmatischen Gründen mit dieser Untersuchung begonnen werden. Dennoch wird hier ein anderer Aufbau gewählt. Neben der Tatsache, dass die Vereinbarkeit mit dem BGB eine deutlich umfangreichere Prüfung darstellt, liegt dieser Aufbau in einer übersichtlicheren Darstellung begründet, da die oben gefundenen Ergebnisse Auswirkungen auf die hier folgende Prüfung haben und insofern anstelle einer inzidenten Prüfung nach oben verwiesen werden kann. Wegen der langen Vertragsdauer und der damit im Zusammenhang stehenden besonderen Bedeutung des Äquivalenzverhältnisses im Rahmen des Rentenversicherungsrechts, treffen verschiedene Vorschriften des VVG spezielle Regelungen für den Fall einer Leistungs- oder Prämienänderung. Mit diesen muss die Aufschubklausel in Einklang stehen. 1. Prämien- und Leistungsänderung nach § 163 VVG Diese Norm gesteht dem Versicherer ein einseitiges Anpassungsrecht bezüglich der Prämie zu, wodurch dem Langfristcharakter des Vertrages unter gleichzeitigem Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts Rechnung ge294  Siehe 295  Für

Kapitel 3 A. III. die Beispielformulierung siehe Kapitel 3 A. III. d) bb) (5) (6).



A. Aufschubklausel123

tragen wird. Indem die Norm die Anpassungsbefugnis von besonderen Vo­ raussetzungen abhängig macht, wird eine willkürliche Prämienanpassung ausgeschlossen, was dem Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien dient.296 Darüber hinaus wird teilweise argumentiert, dass das Änderungsrecht auch im Sinne der Versicherungsnehmer liege, da nur auf diese Weise die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen gewährleistet und nur so eine mögliche Insolvenz des Versicherers abgewendet werden könne.297 Auch wenn ein solches Interesse besteht und zu berücksichtigen wäre, ist dieser Argumentation nicht zu folgen. Vielmehr kann der Versicherungsnehmer darauf vertrauen, dass die Prämienkalkulation wegen der Regelungen des § 138 Abs. 1 VAG298 bei Vertragsschluss ausreicht, um die während der Ansparphase auftretenden Risikosteigerungen abzudecken. Dementsprechend ist eine weitere Erhöhung der Prämie gerade nicht in dessen Interesse. Dass die Anpassung der dauernden Erfüllbarkeit dient, ist nur mittelbare Auswirkung der Prämienanpassung und nicht in die Interessenermittlung einzubeziehen. Andernfalls wäre die Norm ein Freibrief für schlechtes Wirtschaften des Versicherers. Zudem könnte über diese Argumentation ein nachträgliches einseitiges Leistungsänderungsrecht in allen langfristigen Verträgen ohne ordentliches Kündigungsrecht begründet und gerechtfertigt werden. Im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung kommt hinzu, dass die Protektor AG als inzwischen gesetzlich vorgeschriebene Sicherungseinrichtung299 der Lebensversicherer in Deutschland fungiert. Diese Gesellschaft übernimmt im Fall der Insolvenz eines Versicherers dessen Vertragsbestand. Hierdurch ist der Versicherungsnehmer vor den Folgen eines Zahlungsausfalls seines Versicherers abgesichert, weshalb sein Interesse an einer vorzeitigen Prämienerhöhung umso mehr zu verneinen ist. Es ist allgemein anerkannt, dass § 163 VVG die Vereinbarung vertraglicher Regelungen grundsätzlich nicht ausschließt.300 Wegen § 171 VVG müssen sich jedoch auch die vertraglichen Regelungen an § 163 VVG messen lassen und dürfen nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers davon ab296  Engeländer, VersR 2000, 274 f.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 163 Rn. 1; Langheid / Wandt, § 163 Rn. 1; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 1; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 5 ff.; Prölss / Präve, § 11b Rn. 5. 297  Römer / Langheid, § 163 Rn. 1; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 6; BuchholzSchuster, NVersZ 1999, 297, 299 ff.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 163 Rn. 1. 298  Entspricht inhaltlich unverändert § 11 Abs. 1 VAG a. F. 299  Vgl. §§  221 ff. VAG. 300  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 99; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 2; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 163 Rn. 3; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 163 Rn. 1; BGHZ 141, 153.

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Kap. 3: Untersuchung

weichen. Der Zweck der Aufschubklausel entspricht dem des § 163 VVG, nämlich dem Versicherer die Möglichkeit zu geben, auf geänderte externe Umstände zu reagieren, um auf diese Weise das bei Vertragsschluss vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung aufrechterhalten zu können.301 Der Inhalt beider Regelungen ist allerdings nicht deckungsgleich. Während die Aufschubklausel als Änderungs- bzw. Anpassungsklausel nicht zu einer Veränderung der Prämie, sondern zu einer Anpassung des Leistungsumfangs führt, räumt § 163 Abs. 1 VVG zunächst nur ein Prämienanpassungsrecht zu Gunsten des Versicherers ein. Bei einer beabsichtigten Prämienerhöhung steht dem Versicherungsnehmer das Recht zu, stattdessen eine entsprechende Herabsetzung des Versicherungsumfangs zu verlangen, § 163 Abs. 2 VVG. Trotz dieses formalen Unterschieds führen beide Regelungen zur selben materiellen Rechtslage. Für den Versicherungsnehmer ist der Unterschied, ob die Leistung gesenkt, oder die Gegenleistung erhöht wird minimal. In beiden Fällen findet eine Anpassung zur Wahrung des Äquivalenzverhältnisses statt. a) Übertragung der Anforderungen auf die Klausel Für die Möglichkeit zur Prämienanpassung werden von § 163 VVG vier materielle Anforderungen gestellt. Sofern diese dem Schutz des Versicherungsnehmers dienen, darf die vertragliche Anpassungsklausel hiervon nicht abweichen. Andernfalls ist die Vereinbarung wegen § 171 VVG unwirksam. aa) Änderung des Leistungsbedarfs Es muss eine Änderung des Leistungsbedarfs eingetreten sein, welche weder nur vorübergehend, noch voraussehbar gewesen ist. Maßgebender Bezugspunkt für diese Änderung sind die Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie, wobei Rechnungsgrundlagen in diesem Sinne solche sind, die für die Kalkulation des Leistungsbedarfs auch erheblich sind.302 Teilweise wird vertreten, dass hierunter nur eine Veränderung der biometrischen Rechnungsgrundlagen und damit eine Veränderung der Sterbetafeln erfasst sei.303 Begründet wird dieses enge Begriffsverständnis mit der versicherungsrecht­ 301  Vgl. Langheid / Wandt, § 163 Rn. 2; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 1; vgl. BT-Drucks. 12 / 6959, S. 101 f.; Fricke, VersR 2000, 257, 258. 302  Langheid / Wandt, § 163 Rn. 29; Engeländer, VersR 2000, 274, 280 f.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 163 Rn. 6. 303  Vgl. Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 15; Langheid / Wandt, § 163 Rn. 42; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 101.



A. Aufschubklausel125

lichen Definition des Leistungsbedarfs, welcher sich nur bei einer entsprechenden Änderung des biometrischen Risikos ändern kann.304 Hiergegen ist einzuwenden, dass die Norm nicht zwingend auf das ver­ sicherungsrechtliche Begriffsverständnis des Leistungsbedarfs abstellt. Dies ergibt sich jedenfalls nicht aus der Gesetzesbegründung. Vielmehr wird dort klargestellt, dass eine inhaltliche Änderung zu § 172 VVG a. F. nicht vorgesehen ist.305 Dessen Zweck – Gewährleistung der dauernden Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen – ist auch bei einer Änderung des Rechnungszinses und anderer externer Faktoren der Rechnungsgrundlagen gefährdet, woraus sich ergibt, dass solche Änderungen ebenfalls von § 163 VVG erfasst werden müssen.306 Wird richtigerweise dieses weite Begriffsverständnis der Norm zugrunde gelegt, deckt sich der Regelungsgehalt von § 163 VVG mit dem der Aufschubklausel, sodass letztere diesbezüglich keine Abweichung darstellt und insofern unproblematisch ist. Weiter darf die Änderung „nicht voraussehbar“ gewesen sein. Dieses Merkmal entspricht dem Begriff „unvorhersehbar“ des § 172 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. und knüpft daran an, dass die Notwendigkeit der Änderung der Rechtsgrundlagen vom Versicherer nicht zu vertreten sein darf.307 War eine Änderung des Leistungsbedarfs schon bei Vertragsschluss voraussehbar, hätte der Versicherer bereits zu diesem Zeitpunkt eine entsprechend angepasste Leistung vereinbaren können, sodass es in diesem Fall bereits an einem schutzwürdigen Interesse des Versicherers fehlt und die Klausel bereits den allgemeinen Anforderungen der §§ 307 ff. BGB nicht genügen würde.308 Diesbezüglich werden von § 163 VVG also keine strengeren Anforderungen an die Änderungsklausel bzw. ihre Wirksamkeit gestellt. Zusätzliche Voraussetzung von § 163 VVG ist, dass die Änderung des Leistungsbedarfs auch dauerhaft besteht. Hiermit ist keine konkrete Dauer gemeint, sondern lediglich, dass ein bloß vorübergehender, zufälliger Mehrbedarf ohne hinreichenden tatsächlichen Anlass eine Prämienanpassung nicht rechtfertigen kann.309 Dieses Erfordernis trägt dem Zweck der Norm Rech304  Looschelders / Pohlmann / Krause,

§ 163 Rn. 9; Kurzendörfer, S.  51 ff. 16 / 3945, S. 99. 306  So auch Looschelders / Pohlmann / Krause, § 163 Rn. 9, 12; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 15. 307  Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 18; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 8; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 163 Rn. 10; Langheid / Wandt, § 163 Rn. 36 ff. 308  Siehe oben Kapitel 3 A. 3. d) cc). 309  Römer / Langheid, § 163 Rn. 7; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 8; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 163 Rn. 6; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 17; weitergehend Wandt, der darauf abstellt, dass das Äquivalenzverhältnis so lange gestört sein muss, dass ohne eine Änderung die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge gefährdet wäre: Langheid / Wandt, § 163 Rn. 35. 305  BT-Drucks.

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Kap. 3: Untersuchung

nung, der auch darin gesehen wird, die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sicherzustellen. Eine bloß kurzzeitige Änderung des Leistungsbedarfs kann nicht zu dieser weitreichenden Folge führen, sodass es einer gesetzlichen Anpassungsmöglichkeit in einem solchen Fall nicht bedarf. Dieser Zweck dient allerdings allenfalls mittelbar dem Schutz der Versicherungsnehmer, sodass eine weiterreichende, bereits bei bloß vorübergehenden Änderungen greifende Anpassungsklausel den Schutz des Versicherers nicht vermindert und dementsprechend mit dem VVG vereinbar ist; § 171 VVG steht einer solchen Abweichung nicht entgegen.310 Manche Stimmen in der Literatur sind der Meinung, dass das Merkmal der Dauerhaftigkeit darüber hinaus sicherstellen soll, dass das Zufallsrisiko auf diese Weise nicht auf den Versicherungsnehmer übertragen werden kann. Eine solche Verlagerung des Risikos sei dem Versicherungsvertrag zuwider und infolgedessen systemwidrig.311 In diesem Rahmen ist zwingend zwischen dem als Hauptleistung übernommenen Sterbe- bzw. Langlebigkeitsrisiko und dem wegen der langen Vertragsdauer bestehenden wirtschaftlichen Risiko zu differenzieren. Nur ersteres ist dem Versicherungsvertrag wesenseigen, sodass eine – hier vorliegende – Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos auf den Versicherungsnehmer keinesfalls als systemwidrig anzusehen ist.312 Das maßgebliche Sterbe- bzw. Langlebigkeitsrisiko verbleibt beim Versicherer, sodass dieser weiter ein Zufallsrisiko trägt. Dementsprechend führt auch die teilweise vertretene Auffassung zu keinen anderen Anforderungen an die Aufschubklausel und damit zu keinem anderen Ergebnis. bb) Erforderlichkeit Weiter muss die neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich sein, um die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge zu gewährleisten, § 163 Abs. 1 Nr. 2 VVG. Der Versicherer darf die Änderung der Rechnungsgrundlagen nur dazu nutzen, das Äquivalenzverhältnis wiederherzustellen. Eine darüber hinausgehende Erhöhung der Prämie wäre weder erforderlich noch angemessen.313 Hierdurch wird sichergestellt, dass der Versicherer durch die Prämienanpassung nicht auch eine Verbesserung seiner Ertragslage herbeiführt.314 Dieses Merkmal dient eindeutig dem Schutz des Versicherungsnehmers, so310  Auf die Frage, ob und wann eine solche Befugnis unverhältnismäßig ist, wurde bei der allgemeinen Abwägung im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB eingegangen. 311  Engeländer, VersR 2000, 275, 280; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 17. 312  Siehe dazu Kapitel 3 A. III. 4 c) bb). 313  Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 19; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 9. 314  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 163 Rn. 12; Engeländer, VersR 2000, 275, 281; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 19; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 9.



A. Aufschubklausel127

dass die vertragliche Änderungsklausel hiervon nicht negativ abweichen darf. Allerdings ist für die Angemessenheit der Klausel bereits im Rahmen von §§ 307 ff. BGB zwingende Voraussetzung, dass der Versicherer nur die tatsächlich gestiegenen Kosten weitergeben darf. Eine darüber hinausgehende, anlasslose Weitergabe von Kosten würde einen unangemessenen Eingriff in das Äquivalenzverhältnis bedeuten, welcher nicht zu rechtfertigen wäre.315 Bezüglich der Erforderlichkeit und der Angemessenheit entsprechen die Anforderungen denjenigen der allgemeinen Regelungen nach §§ 307 ff. BGB. § 163 VVG stellt diesbezüglich keine weiteren Anforderungen, welche sich auf die Wirksamkeit der Aufschubklausel auswirken. cc) Mitwirkung eines Treuhänders Gemäß § 163 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VVG müssen die oben genannten Voraussetzungen durch einen unabhängigen Treuhänder bestätigt werden. Auf den ersten Blick dient diese Anforderung eindeutig dazu, die Interessen der Versicherungsnehmer zu wahren,316 sodass dies entsprechend auf die Aufschubklausel zu übertragen wäre. Dementsprechend wird auch das Erfordernis der Mitwirkung eines unabhängigen Treuhänders im Rahmen einer vertraglichen Anpassungsklausel teilweise vertreten. Grund hierfür sei, dass die gerichtliche Kontrollmöglichkeit nicht ausreiche, da der Versicherungsnehmer wegen der Komplexität nicht einschätzen könne, ob der Beurteilungsspielraum ordnungsgemäß ausgeübt wurde und das Prozessrisiko infolge dessen besonders hoch sei.317 Dies führe – was noch schwerer wiegend sei – auch zu einer besonderen psychologischen Hemmschwelle auf Seiten des Versicherungsnehmers.318 Bezüglich des Treuhänders ist zu beachten, dass dieser lediglich das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen prüft, ihm jedoch kein eigener Ermessensspielraum zukommt.319 Zudem wird die Möglichkeit einer gericht­ lichen Kontrolle der Prämien- bzw. Leistungsanpassung durch den Treuhänder weder ersetzt noch eingeschränkt.320 Dies gilt umso mehr, als der Treu315  Siehe

dazu unter Kapitel 3 A. 3. d) bb). § 163 Rn. 20. 317  Bruck / Möller / Beckmann, § 40 Rn. 57; Versicherungsrechts-Handbuch / Wandt, § 11 Rn. 112. 318  Wandt, Änderungsklauseln, Rn. 147. 319  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 99; Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 10; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 163 Rn. 13; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmey­er, § 42 Rn. 103; insofern nach Langheid / Wandt, § 163 Rn. 53 dient dies allenfalls mittelbar auf Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer. 320  BVerfG VersR 2000, 214, 215. 316  Bruck / Möller / Winter,

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Kap. 3: Untersuchung

händer nicht aufsichtsrechtlich überwacht wird, sondern aufgrund eines Vertrages mit dem Versicherer tätig wird.321 Die Anpassungsklausel unterliegt den allgemeinen Transparenzanforderungen der §§ 305c, 307 BGB. Sofern sie diesen Anforderungen genügt – was bei der Aufschubklausel möglich ist322 – sind keine Gründe ersichtlich, warum das Prozessrisiko und die damit verbundene psychologische Hemmschwelle höher sein sollte als bei Anpassungsklauseln in anderen Vertrags­ typen. Ganz im Gegenteil ist festzustellen, dass das Schutzniveau im Rahmen des Versicherungsrechts ohnehin schon besonders hoch ist. Der Versicherungsnehmer ist nicht auf den möglicherweise mit Kosten verbundenen gerichtlichen Rechtsschutz verwiesen. Ihm steht insbesondere auch die Möglichkeit der kostenfreien Beschwerde bei der BaFin offen.323 Hinzu kommt, dass eine Leistungsanpassung in den Schutzbereich der laufenden Aufsicht fällt, da von diesem unternehmerischen Handeln die gesamte Versichertengemeinschaft betroffen ist. Zwar besteht nach wohl herrschender Meinung kein Anspruch auf ein Einschreiten der Aufsicht,324 dennoch stellt die Möglichkeit des Tätigwerdens eine weitere Ergänzung zum Schutz des Versicherungsnehmers dar. Dementsprechend bleibt es dabei, dass in materieller Hinsicht allein Angemessenheit und Erforderlichkeit der Anpassung ausschlaggebend sind, und der effektive Rechtsschutz gegen die erfolgte Anpassung über eine gerichtliche Kontrolle stattfindet. Die Mitwirkung des Treuhänders ist eine bloß formelle Voraussetzung und führt nicht zu einer tatsächlichen Erhöhung des Schutzniveaus für den Versicherungsnehmer.325 Bei gesetzeskonformem Verhalten des Versicherers wirkt sich der Einsatz des Treuhänders gerade nicht aus. Es bewirkt lediglich, dass sich der jeweilige Versicherer an die gesetzlichen Voraussetzungen hält und vermeidet bzw. erschwert allenfalls ein beabsichtigtes Fehlverhalten. Im Rahmen der hier vorgenommenen abstrakten Prüfung des Schutzniveaus kann dem Versicherer ein solches rechtswidriges Vorgehen jedoch gerade nicht unterstellt werden. Abstrakt ist davon auszugehen, dass sich der Versicherer an die gesetzlichen Anforderungen hält. Dementsprechend führt die Mitwirkung des Treuhänders abstrakt auch nicht zu einer Verbesserung des Schutzniveaus, sodass diese Anforderung

Armbrüster, r+s 2012, 365, 376. dazu unter Kapitel 3 A. 3. d) bb) (6). 323  Warum diese – wie von Wandt behauptet – nicht in Anspruch genommen werde und damit keinen vergleichbaren effektiven Schutz des Versicherungsnehmers darstelle, wird weder erläutert, noch durch andere Hinweise belegt. 324  Siehe unter Kapitel 2 C I. 325  Vgl. BT-Drucks. 16 / 3945, S. 100; Wandt, Versicherungsrecht, Rn. 208. 321  Vgl.

322  Siehe



A. Aufschubklausel129

nicht auf die Aufschubklausel zu übertragen ist326 und die Aufschubklausel auch ohne die Mitwirkung eines Treuhänders mit dem VVG vereinbar ist. dd) Ordnungsgemäße Ausgangskalkulation Die Anpassungsbefugnis ist nach § 163 Abs. 1 S. 2 VVG ausgeschlossen, soweit die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der Kalkulation unzureichend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies hätte erkennen müssen, § 163 Abs. 1 S. 2 VVG. Dieser Ausschlusstatbestand ist der natürlichen vertraglichen Risikoverteilung geschuldet, nach welcher der Versicherer spiegelbildlich zu den Kalkulationsvorteilen entsprechend auch das Kalkulationsrisiko trägt, sodass eine Fehlkalkulation auch dauerhaft zu seinen Lasten gehen muss.327 Dem Versicherer soll lediglich ermöglicht werden, auf geänderte externe Umstände zu reagieren und das Äquivalenzverhältnis aufrecht zu erhalten. Es soll keinesfalls so weit reichen, dass der Versicherer darüber hinaus anfängliche Fehler in seiner Kalkulation korrigieren und eine erkennbare ungünstige Vertragsentwicklung auf den Versicherungsnehmer abwälzen kann,328 was im Ergebnis auch eine Befreiung des Versicherers von seiner eigenen Sorgfaltspflicht bedeuten würde. Dementsprechend ist auch nur eine partielle Anpassungsbefugnis möglich.329 Dieses Tatbestandsmerkmal stellt allerdings keine weitere Anforderung an die Aufschubklausel. Bereits im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung der Aufschubklausel wurde festgestellt, dass das Interesse des Versicherers an einer Anpassungsklausel nur dann schutzwürdig ist, wenn die Leistungsänderung bei Vertragsschluss noch nicht vorhersehbar war. Andernfalls hätte bereits bei Vertragsschluss eine entsprechend niedrigere Leistung bestimmt werden können.330 b) Zwischenergebnis Die Aufschubklausel weicht nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers von den Anforderungen des § 163 VVG ab. Die materiellen Voraussetzungen des § 163 VVG werden bereits wegen der allgemeinen Anforderungen des 326  Vgl. OLG Celle VersR 2000, 47, 49; die Mitwirkung eines Treuhänders im Rahmen einer vertraglichen Anpassungsklausel ausdrücklich offengelassen: BVerwG VersR 1981, 221 ff.; Bruck / Möller / Beckmann, § 40 Rn. 42. 327  Vgl. BT-Drucks. 12 / 1245, S. 122; Langheid / Wandt, § 163 Rn. 48. 328  Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 24. 329  Prölss / Martin / Schneider, § 163 Rn. 12; Grote, ZVersWiss 2002, 621, 626 f.; Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 24. 330  Siehe unter Kapitel 3 A. III. 3. d) cc).

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Kap. 3: Untersuchung

AGB-Rechts eingehalten. Die Mitwirkung eines Treuhänders führt nicht zu einem gesteigerten Schutz des Versicherungsnehmers, sodass hierauf verzichtet werden kann, ohne dass dies einen Verstoß gegen § 172 VVG bedeutet. Dementsprechend ist die Klausel auch ohne weitere Ergänzungen mit dem VVG vereinbar. Eine Besonderheit zu § 163 VVG stellt die Tatsache dar, dass nicht dem Versicherungsnehmer das Recht zusteht, statt einer Prämienerhöhung eine Leistungsanpassung zu fordern, sondern dieses Recht aufgrund der Klausel dem Versicherer originär zusteht. Diese Möglichkeit stellt jedoch keine Abweichung zu Lasten des Versicherungsnehmers dar. 2. Kündigungsrecht aus § 40 VVG Wird die Prämie durch den Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel erhöht, ohne dass sich der Versicherungsschutz entsprechend ändert, sieht § 40 Abs. 1 VVG ein Kündigungsrecht für den Versicherungsnehmer vor. Gleiches soll gemäß dessen Abs. 2 für den Fall gelten, dass der Versicherungsschutz gesenkt wird, ohne dass die Prämie entsprechend vermindert wird. Da § 40 VVG eine halbzwingende Norm ist, kann hiervon wegen § 42 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Die Aufschubklausel ist – wie bereits erörtert – materiell als verdeckter Änderungsvorbehalt zu qualifizieren.331 Ändern sich die Rechnungsgrundlagen so, dass die tatsächlich ausgezahlte Rente negativ von der bei Vertragsschluss berechneten und angegebenen Rentenhöhe abweicht, bedeutet das eine Verminderung des Versicherungsschutzes. Die Anwendung des § 40 VVG würde ein Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers gemäß § 40 Abs. 1, 2 VVG nach sich ziehen. Die Folgen hiervon wären weitreichend: Die tatsächliche Rentenhöhe wird erst zum Rentenbeginn berechnet und dem jeweiligen Versicherungsnehmer mitgeteilt. Sofern die Rente niedriger ist, als zu Vertragsbeginn berechnet, würde dem Versicherungsnehmer ab diesem Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zustehen. Grundsätzlich steht die Kündigung eines Rentenversicherungsvertrages seinem Zweck zuwider, sodass diese in den seltensten Fällen im Interesse des Versicherungsnehmers liegen wird. Insofern ist fraglich, ob von dieser Möglichkeit in der Praxis tatsächlich Gebrauch gemacht würde. Unabhängig von den tatsächlichen Auswirkungen in der Praxis würde die Kündigungsmöglichkeit den Zweck der Aufschubklausel zum größten Teil konterkarieren. Die Aufschubklausel wirkt sich nur aus, wenn sich die Rechnungsgrundlagen verändern. Ist die Veränderung positiv, so ist der ­Versicherer gezwungen, dies an die Versicherungsnehmer weiterzugeben. In 331  Siehe

unter Kapitel 3 A. III. 3. b).



A. Aufschubklausel131

diesem Fall wirkt sich die Klausel für den Versicherer negativ aus. Verändern sich die Rechnungsgrundlagen negativ, so kann der Versicherer diese Änderungen an den Versicherungsnehmer weitergeben. Hierin zeigt sich der eigentliche Vorteil der Aufschubklausel für den Versicherer. Können die Versicherungsnehmer in diesen Szenario ihre Verträge jedoch kündigen, entfällt dieser Vorteil. Wie bedeutend die Auswirkungen für den die Versicherer wären, hängt insbesondere davon ab, wie sich der Rückkaufswert bei der Kündigung dieses Produktes zu berechnen hat. Das Gesetz stellt für die Berechnung sämtlicher Ansprüche des Versicherungsnehmers bei Kündigung auf die Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation ab, was auf ein Produkt mit Aufschubklausel nur bedingt anwendbar ist. Vorab ist zu erörtern, ob die Norm auf die oben beschriebene Situation überhaupt anwendbar ist. Hierbei ist neben der Möglichkeit der Anwendung auf die Rentenversicherung auch die zeitliche und inhaltliche Anwendbarkeit fraglich. a) Anwendbarkeit auf die private Rentenversicherung Dies ist insofern problematisch, als parallel auch § 163 VVG Regelungen bezüglich einer Prämien- und Leistungsänderung durch den Versicherer trifft. Das grundsätzliche Verhältnis der beiden Vorschriften wird bereits auf den ersten Blick deutlich. Während erstere im allgemeinen Teil des VVG normiert ist, findet sich letztere in den Vorschriften über die Lebensversicherung. Unabhängig von der konkreten Einordnung solcher Konfliktlösungsregelungen332 gilt § 163 VVG als spezielleres Gesetz vorrangig vor § 40 VVG, jedenfalls insoweit sich der Regelungsgehalt beider Normen deckt.333 Die Norm des § 163 VVG legt lediglich Voraussetzungen fest, unter welchen der Versicherer eine Prämienneufestsetzung bzw. eine Leistungsverkürzung vornehmen darf und stellt damit Anforderungen an eine – auch vertragliche334 – Anpassungsklausel im Bereich der Lebensversicherung auf. § 40 VVG geht darüber hinaus und räumt dem Versicherungsnehmer für den Fall einer Prämienerhöhung ein Kündigungsrecht ein. Wegen dieser unterschiedlichen Regelungsreichweiten und dem weitergehenden Schutzniveau des § 40 VVG für den Versicherungsnehmer lässt § 163 VVG das weitergehende Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers aus § 40 VVG unberührt, sodass dieses auch im Rahmen der privaten Lebensversicherung grundsätzlich anwendbar bleibt. hierzu Vranes, ZaöRV 2005, 319, 392. § 40 Rn. 7. 334  § 163 VVG ist halbzwingend, weshalb die Anforderungen auch für eine vertragliche Klausel gelten müssen; dazu siehe oben. 332  Vergleiche

333  Bruck / Möller / Beckmann,

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Kap. 3: Untersuchung

b) Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm Der Rentenversicherungsvertrag setzt sich aus Ansparphase und Bezugsphase zusammen und unterscheidet sich insofern von Versicherungsverträgen ohne Sparkomponente wie beispielsweise der reinen Risikolebensversicherung oder sonstigen Sachversicherungen. Fraglich ist, ob die allgemeine Vorschrift des § 40 VVG in allen Phasen des Versicherungsvertrages anwendbar ist, oder ob sich dessen Anwendbarkeit nur auf die Ansparphase beschränkt. Bei einer Anwendung nur während der Ansparphase wäre das Kündigungsrecht für die Aufschubklausel nicht maßgeblich, da der Versicherungsnehmer durch diese erst zu Beginn der Bezugsphase von seiner tatsächlichen Rentenhöhe und damit von einer eventuellen Leistungsänderung erfährt. Der Wortlaut der Norm gibt ebenso wenig wie die systematische Stellung dieser im allgemeinen Teil des VVG Anhaltspunkte dafür, dass die Norm nur während der Ansparphase angewendet werden kann. Vielmehr spricht beides, ebenso wie Gründe des Versicherungsnehmerschutzes dafür, dass von einer generellen Anwendbarkeit der Norm auszugehen ist. c) Anwendung der Norm nach ihrem Sinn und Zweck Seinem Wortlaut nach ist § 40 VVG bei einer Änderung des Versicherungsschutzes anzuwenden, wenn nicht gleichzeitig eine entsprechende Anpassung der Prämie erfolgt. Zunächst ist festzuhalten, dass eine Änderung des Versicherungsschutzes bei einer Änderung der Versicherungssumme vorliegt.335 Zweck der Norm ist es, dem Versicherungsnehmer ein Gegenrecht einzuräumen für den Fall, dass der Versicherer das Äquivalenzverhältnis zu seinen Gunsten ändert.336 Auf diese Weise stellt § 40 VVG gewissermaßen Waffengleichheit zwischen beiden Vertragsparteien her. Hauptanwendungsfall der Norm ist eine Prämienerhöhung durch den Versicherer. Mangels Prämienzahlungspflicht während der Bezugsphase kann diese auch nicht erhöht werden, was gegen die Anwendbarkeit von § 40 VVG in diesem Zeitraum spricht. Allerdings ist auch der umgekehrte Fall von § 40 Abs. 2 VVG ausdrücklich erfasst. Ihrem Zweck entsprechend findet die Norm nur in dem Fall keine Anwendung, dass die Änderung des Leistungsumfangs und / oder der Prämie nicht auch zu einer Änderung des Äquivalenzverhältnisses führt.337 335  Römer / Langheid / Rixecker,

§ 40 Rn. 3. § 40 Rn. 5; Looschelders / Pohlmann / Stagl, § 40 Rn. 1; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Karczewski, § 40 Rn. 1; Langheid / Wandt / Staudinger, § 40 Rn. 1; Römer / Langheid / Rixecker, § 40 Rn. 1. 336  Bruck / Möller / Beckmann,



A. Aufschubklausel133

Die Aufschubklausel ermöglicht dem Versicherer lediglich auf geänderte risikorelevante, vertragsexterne Umstände zu reagieren, um so das Äquivalenzverhältnis aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen,338 welches sich andernfalls zu Lasten des Versicherers verschieben würde. Insofern initiiert der Versicherer durch die Anpassung keine Änderung des Äquivalenzverhältnisses zu seinen Gunsten, sondern reagiert lediglich auf die geänderten externen Umstände und hält auf diese Weise das Äquivalenzverhältnis konstant. Dieser Fall ist vom Zweck des § 40 VVG gerade nicht erfasst. d) Ergebnis Das gesetzliche Kündigungsrecht aus § 40 VVG ist zwar grundsätzlich auf alle Arten von Versicherungen, und damit auch auf die kapitalbildende Lebensversicherung bzw. Rentenversicherung anzuwenden. Allerdings bewirkt die Aufschubklausel keine einseitige Änderung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern dient dazu, das Äquivalenzverhältnis bei einer Änderung externer Umstände aufrecht zu erhalten. Ihrem Zweck entsprechend findet die Norm im Rahmen der Aufschubklausel daher keine Anwendung, sodass dem Versicherungsnehmer auch kein Kündigungsrecht zusteht, wenn sich die Rechnungsgrundlagen und damit die Versicherungssumme bzw. der Umfang des Versicherungsschutzes zu Lasten des Versicherungsnehmers ändert. Teilweise wird vertreten, eine vertragliche Änderungsklausel könne nur wirksam vereinbart werden, wenn sie ein Lösungsrecht vom Vertrag beinhalte. Im Rahmen des Versicherungsrechts sei dieses Lösungsrecht wegen § 40 VVG bereits qua Gesetz gegeben.339 Mit Blick auf die hierzu ergangene Rechtsprechung340 kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Zwar kann die Einräumung eines Lösungsrechts dem Interesse des Versicherungsnehmers dienen und damit dazu führen, dass die Änderungsklausel insgesamt als angemessen zu beurteilen ist.341 Andersherum ist ein solches Lösungsrecht gerade keine zwingende Voraussetzung für die Angemessenheit einer Ände337  Looschelders / Pohlmann / Stagl,

§ 40 Rn. 2 f. oben, Kapitel 3 A. III. 3. d) bb). 339  Looschelders / Pohlmann / Stagl, § 40 Rn. 9. 340  BGH NJW 1982, 331, 333; BGH NJW 2007, 1054, 1056; in diese Richtung auch BGHZ 136, 394 = NJW 1998, 454, 456: „Die Unangemessenheit der Klauseln wird nicht dadurch beseitigt […] daß der Versicherungsnehmer den Vertrag […] kündigen kann. Die Kündigungsmöglichkeit ändert nichts an der Ungewißheit zukünftiger Belastungen“. 341  Vgl. hierzu insbesondere BGH NJW 2008, 360, 363; BGH NJW 2009, 2667, 2670 f.; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 97; Borges, DB 2006, 1199, 1202. 338  Vgl.

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Kap. 3: Untersuchung

rungsklausel.342 Ein Lösungsrecht ist allenfalls regelmäßig, nicht jedoch pauschal geeignet, einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen.343 Vielmehr ist im Rahmen der Interessenabwägung und im Einzelfall zu prüfen, ob ein solches den Interessen des Klauselgegners entspricht. Insbesondere in Fällen, in welchen eine Darlegung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Konkurrenz von Transparenz- und Bestimmtheitsgrundsatz nicht oder nur schwer möglich ist,344 wird diskutiert, ob ein Lösungsrecht über die fehlende Transparenz hinweghelfen kann.345 Neben tatsächlichen Schwierigkeiten der verständlichen Darstellung der verschiedenen Preisfaktoren ist bei der (Un-)möglichkeit auch das Geheimhaltungsinteresse des Klauselverwenders an seiner Kalkulation zu berücksichtigen.346 Unabhängig von der grundsätzlichen Möglichkeit entspricht ein solches Lösungsrecht jedenfalls im Rahmen von Rentenversicherungsverträgen keinesfalls dem Interesse des Versicherungsnehmers. Durch die Kündigung tritt der mit einem solchen Rentenversicherungsprodukt verfolgte Zweck der Absicherung im Alter gerade nicht ein. Im Rahmen eines überschussberechtigten Rentenversicherungsvertrages gilt das wegen der mit der vorzeitigen Kündigung verbundenen hohen Kosten im Besonderen.347 Es bleibt festzuhalten, dass das gesetzliche Kündigungsrecht aus § 40 VVG nicht einschlägig ist. Auch ist entgegen teilweise vertretener Auffassung ein (vertragliches) Kündigungsrecht grundsätzlich keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungsklausel.348 Dies gilt wegen der besonderen Interessenlage im Rahmen einer Rentenversicherung im Besonderen. 3. Gestaltung der Modellrechnung nach § 154 VVG Sofern der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von Leistungen macht, die über die vertraglich vereinbarten Leistungen hinausgehen, besteht gemäß § 154 Abs. 1 S. 1 VVG die Pflicht, dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln. Bei einem Produkt mit Aufschubklau342  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 182c; Borges, ZIP 2007, 1437, 1441; so wohl auch von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 47; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 302; Bamberger / Roth / Becker, § 308 Nr. 4 Rn. 35. 343  Vgl. BGH Urt. v. 21.04.2009 – XI ZR 55 / 08 Rn. 25 f. 344  von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 51 f. 345  BGH NJW 2009, 2667, 2669; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 182c; von Westphalen, Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 48. 346  von Westphalen, in: FS Westermann, 707, 711 ff.; vgl. dazu auch ders., Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rn. 51 ff. 347  Ebers, Überschussbeteiligung, S. 302. 348  Siehe unter Kapitel 3 A. IV. 2. d) bzw. A. III. 3. d) bb).



A. Aufschubklausel135

sel ist lediglich eine Mindestrente des Versicherungsnehmers garantiert. Die darüber hinausgehende Rente ist, ebenso wie die Überschussbeteiligung, in diesem Fall keine Garantieleistung. Um das Produkt erfolgreich am Markt zu vertreiben und dessen Leistungsfähigkeit herauszustellen sind realistische und konkrete Angaben über die zu erwartende Ablaufleistung für den Versicherungsnehmer essentiell. Ohne solche Angaben vor Vertragsschluss würde kein Kunde einen entsprechenden Vertrag abschließen, sodass das Produkt bereits aus tatsächlichen Gründen nicht zu vertreiben wäre. Damit ist die Modellrechnung bei einem Produkt mit Aufschubklausel nicht nur gesetzlich zwingend vorgegeben. Ihr kommt darüber hinaus auch ein besonders hoher Stellenwert zu, da das entsprechende Produkt wegen des überwiegenden Anteils an nicht garantierten Leistungen ohne eine solche faktisch nicht am Markt zu vermitteln wäre. Bereits in der Vergangenheit hat der BGH bei Entscheidungen zu Lebensversicherungen von der Intransparenz von Begleitmaterial auf die Intransparenz der damit zu erläuternden AVB bzw. der hierdurch umgesetzten Regelung geschlossen,349 indem die Maßstäbe der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend angewendet wurden. Ein solches Vorgehen ist wegen der besonderen Missbrauchsanfälligkeit der Modellrechnung350 und zum Schutz des Versicherungsnehmers im hier vorliegenden Fall als besonders wahrscheinlich einzustufen. Dementsprechend hängt die Wirksamkeit der Aufschubklausel eng mit der Gestaltung der Modellrechnung zusammen. Bei klassischen Lebensversicherungsprodukten setzt sich die gesamte Ablaufleistung grundsätzlich aus der garantierten Rente und sonstigen, nicht garantierten Leistungen – insbesondere der Überschussbeteiligung – zusammen. Wegen der erheblichen Bedeutung der Überschussbeteiligung ist diese für die Entscheidung zum Vertragsschluss besonders wichtig, weshalb der Versicherungsnehmer bereits bei der Vertragsvorbereitung ein gesteigertes Interesse daran hat, realistische Angaben über die gesamte ihn zu erwartende Ablaufleistung zu erhalten.351 Ebenso besteht auch seitens der Versicherer das Interesse, den Versicherungsnehmern entsprechende Informationen und Angaben bereitzustellen, um so im Wettbewerb die Leistungsfähigkeit ihres eigenen Produktes gegenüber der Leistungsfähigkeit anderer Anbieter und deren Produkte herauszustellen.352 349  Vgl.

BGH VersR 2013, 213, 217. 16 / 3945, S. 52; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 1; Langheid / Wandt / Heiss, § 154 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 154 Rn. 1. 351  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 97; Bruck / Möller / Winter, § 154 VVG Rn. 2; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 1; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 154 Rn. 1. 352  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52, 97; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 VVG Rn. 1. 350  BT-Drucks.

136

Kap. 3: Untersuchung

Wegen der langen Vertragsdauer lassen sich jedoch keine exakten und gleichzeitig verlässlichen und belastbaren Prognosen über die Kapitalmarktentwicklungen und damit über die Höhe der nicht garantierten Leistungen machen. Angaben in konkreter Höhe sind nur für wenige Jahre im Voraus realitätsnah möglich. Für weiter in der Zukunft liegende Zeiträume können solche Angaben allenfalls als Ausgangspunkt einer Schätzung dienen. Diese Ungenauigkeit und Unverbindlichkeit der Angaben ist insofern problematisch, als sie für den Versicherungsnehmer – insbesondere bei Mitteilung einer detaillierten und in konkreten Zahlen ausgedrückten Leistungsdarstellung – höchst glaubwürdig sind und auch bei Aufklärung über deren Unverbindlichkeit vom Versicherungsnehmer als sachverständige Prognose und damit als verbindlich angesehen werden können.353 Aus der Differenz zwischen Vorstellung des Versicherungsnehmers und tatsächlichem Aussagegehalt in Verbindung mit der großen Bedeutung dieser Rechnungen als Verkaufsargument354 resultiert eine hohe Missbrauchsanfälligkeit solcher Musterrechnungen.355 Um das zu verhindern wurde § 154 VVG im Zuge der VVG Reform 2008 eingeführt, welcher die Modellrechnung im Fall der Aufschubklausel zwingend vorschreibt,356 und gewisse Vorgaben an die Gestaltung dieser stellt. Konkret gibt § 154 VVG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 VVG-InfoV vor, die gesamte Ablaufleistung unter verschiedenen Szenarien und anhand dreier verschiedener, vorgegebener Zinssätze zu prognostizieren, wodurch der Versicherungsnehmer „wenigstens eine vertretbare Berechnung der möglichen Entwicklung der Ablaufleistung“ erhält.357 Auf diese Weise wird für alle Versicherer eine normierte Berechnungsweise bestimmt, wodurch die Vergleichbarkeit verschiedener Produkte verbessert und das Risiko von Fehlinformationen oder Missbrauch durch individuelle Berechnungen minimiert werden soll.358 Grundlage für diese Musterberechnungen sind stets die für 353  Prölss / Martin / Reiff, § 154 VVG Rn. 1; Bruck / Möller / Winter, § 154 VVG Rn. 2; Langheid / Wandt / Heiss, § 154 Rn. 1 f. 354  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 154 Rn. 1; Römer, DB 2007, 2523. 355  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 154 VVG Rn. 1; Römer / Langheid, § 154 Rn. 1; Bruck / Möller / Reiff, § 154 Rn. 1; Römer, DB 2007, 2523. 356  § 154 ist gemäß § 171 VVG eine halbzwingende Vorschrift, sodass von dieser nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf. 357  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 97. 358  Langheid / Wandt / Heiss, § 154 Rn. 2; Looschelders / Pohlmann / Schäfers, § 2 VVG-InfoV Rn. 41; Lensing, VuR 2006, 249, 255; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 154 Rn. 9; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 154 Rn. 2.



A. Aufschubklausel137

die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlagen und der zu diesem Zeitpunkt geltende Höchstrechnungszinssatz.359 a) Besonderheiten wegen der Aufschubklausel Bei klassischen Produkten ist dies nicht problematisch, da bereits bei Vertragsschluss die über die gesamte Vertragsdauer maßgeblichen Rechnungsgrundlagen bestimmt sind. Diese Rechnungsgrundlagen gelten gleichermaßen für die Prämienkalkulation wie für die Rentenhöhe und lassen daher eine ausreichend realistische Vorhersage zu. Anders liegt es bei einem Vertrag mit Aufschubklausel. Hier werden die für die Rentenhöhe maßgeblichen Rechnungsgrundlagen erst bei Rentenbeginn festgelegt und unterscheiden sich von denen der Prämienkalkulation. Insofern ist die strikte, wortgetreue Anwendung des § 154 VVG zwar möglich, jedoch keinesfalls zielführend, da die Besonderheiten der Aufschubklausel und damit der tatsächlichen Rentenberechnung auf diese Weise nicht abgebildet werden. Aus Rücksicht auf den hinter der Norm stehenden Sinn und Zweck müssen die nötige Transparenz und Vergleichbarkeit auf andere Weise hergestellt werden. Die zu § 154 VVG bestehenden Ausführungen beziehen sich allesamt auf die Überschussbeteiligung als nicht garantierte Leistung. Insofern ist festzustellen, dass diese Problematik bei Einführung der Norm nicht bestand bzw. bedacht wurde und sich deshalb weder auf Ausführungen des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung, noch auf solche der Literatur bezogen werden kann. Trotz des insofern eindeutigen Wortlautes der Norm ist daran zu zweifeln, dass die vom Gesetzgeber vorgegebenen Anforderungen genügen, um bei Verwendung der Aufschubklausel eine ausreichende Transparenz des Produktes und seiner Ablaufleistung zu schaffen. Die durch Gesetz vorgegebenen, anzuwendenden Zinssätze simulieren lediglich die Unvorhersehbarkeit des wirtschaftlichen Wachstums anhand verschiedener Szenarien. Die mögliche und wahrscheinliche Differenz zwischen den für die Prämienkalkulation maßgeblichen und den für die Rentenberechnung maßgeblichen Rechnungsgrundlagen (insbesondere durch Änderung der Gewichtung der verschiedenen Faktoren zuei­ nander oder Anwendung anderer Sterbetafeln) wird auf diese Weise nicht abgebildet, sodass dem Versicherungsnehmer die Risiken und Auswirkungen der Aufschubklausel gerade nicht dargestellt werden.

359  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 154 Rn. 10 f.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 154 Rn. 7.

138

Kap. 3: Untersuchung

b) Zusätzliche Anforderungen an die Musterrechnung Eine nach den Vorgaben des § 154 VVG erstellte Musterrechnung lässt zwar eine Vergleichbarkeit mit anderen Produkten zu, Auskunft über die genannten Besonderheiten der Aufschubklausel wird damit allerdings ebenso wenig erreicht wie eine Verbesserung der Transparenz des Produktes. Eine so gestaltete Musterrechnung genügt dem Gesetzeszweck des § 154 VVG nicht. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich erkennen, dass der Gesetzgeber die Regelung lediglich vor dem Hintergrund einer klassischen Rentenversicherung mit bei Vertragsschluss garantierter Rentenhöhe getroffen hat. Auf ein Produkt, welches die Rechnungsgrundlagen und die tatsächliche Rente erst bei Beginn der Bezugsphase festlegt, ist diese Regelung erkennbar nicht ausgelegt. Dementsprechend kommt eine Intransparenz der Musterrechnung bzw. der Aufschubklausel auch dann in Betracht, wenn sich der Versicherer an den Wortlaut des § 154 VVG hält und die Musterrechnung entsprechend gestaltet. In diesem Zusammenhang ist auch § 155 S. 2 VVG in den Blick zu nehmen. Dieser normiert die Mitteilungspflicht für den Versicherer, Versicherungsnehmer auf jährlicher Basis über Änderungen gegenüber der prognostizierten Entwicklung der Überschussbeteiligung zu informieren. Dem Wortlaut nach bezieht sich die Mitteilungspflicht nur auf Änderungen im Rahmen der Überschussbeteiligung. Aus der Gesetzesbegründung ist allerdings zu entnehmen, dass die Norm an die Modellrechnung nach § 154 VVG anknüpft.360 Wie bei § 154 VVG hatte der Gesetzgeber auch bei Einführung dieser Norm lediglich die Überschussbeteiligung als nicht garantierte Leistung des Versicherers im Blick, weshalb bei § 155 S. 2 VVG ebenfalls eine erweiternde Auslegung geboten scheint. Folge einer solchen wäre, dass sich die Mitteilungspflicht auch auf Änderungen von sonstigen nicht garantierten Leistungen bezieht. Durch die jährlichen Änderungsmitteilungen wird der Versicherungsnehmer zwar über seine Ansprüche und deren Umfang informiert, allerdings bewirkt dieses Vorgehen nur eine geringe Verbesserung der Transparenz, da die bloße jährliche Information nicht geeignet ist, die Funktionsweise der Aufschubklausel anschaulich darzustellen und ihre Gesamtauswirkungen dem Versicherungsnehmer mitzuteilen. Unabhängig davon, ob eine solch weite Auslegung vom Wortlaut des § 155 S. 2 VVG noch gedeckt wäre, widerlegt ein entsprechendes Vorgehen die enormen Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Transparenz nicht: Eine jährliche Mitteilung der tatsächlichen Änderungen ist keinesfalls in gleichem Maße transparent wie die ganzheitliche Modellierung der Rentenberechnung.

360  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 98.



A. Aufschubklausel139

Um dem Sinn und Zweck des § 154 VVG zu genügen, muss die Modellrechnung daher um eine Variable ergänzt werden, welche die Veränderbarkeit der Rechnungsgrundlagen abbildet und so diesem Risiko Rechnung trägt. Zielführend wäre hierbei je eine weitere Rechnung, welche eine positive und eine negative Entwicklung bzw. Anpassung der Rechnungsgrundlagen darstellt und auf diese Weise die Besonderheit der Aufschubklausel modelliert. Welche Änderungsraten hierbei realistisch sind, richtet sich nach den tatsächlichen Umständen, sodass hier keine konkreten und realitätsnahen Ausführungen gemacht werden können. 4. Problematik im Hinblick auf § 165 VVG Diese halbzwingende Norm erlaubt dem Versicherungsnehmer „jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung.“ Sie trägt ebenfalls der ­langen Laufzeit von Versicherungsverträgen Rechnung und gibt dem Ver­ sicherungsnehmer die Möglichkeit, auf veränderte Umstände, insbesondere eine geminderte persönliche finanzielle Leistungsfähigkeit, zu reagieren.361 Rechtsfolge hiervon ist nicht die Vertragsbeendigung und Auszahlung des Rückkaufswertes, sondern die Weiterführung des Vertrages mit verringerter Leistung. In beiden Fällen – Umwandlung und Beendigung der Versicherung – wird die dem Versicherungsnehmer zustehende Leistung mit den „Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation“ berechnet, §§ 165 Abs. 2, 169 Abs. 3 VVG. Während diese Rechtsfolge bei klassischen Rentenversicherungsverträgen unproblematisch umsetzbar ist, führt sie bei Verträgen mit Aufschubklausel zu Schwierigkeiten. Dies liegt darin begründet, dass durch die Aufschubklausel die tatsächlichen Rechnungsgrundlagen der Rentenberechnung erst zu Beginn der Bezugsphase feststehen. Zu Vertragsbeginn wird lediglich die zu zahlende monatliche Prämie festgelegt. Eine bestimmte Ablaufleistung wird vom Versicherer nicht garantiert, weshalb zu diesem Zeitpunkt auch keine Berechnung dieser anhand von Rechnungsgrundlagen stattfindet. Gleiches gilt für die Aufschubklausel mit garantierter Mindestrente. Hier wird zwar der Kapitalerhalt garantiert, allerdings ergibt sich diese Summe ohne weitere Berechnung aus der Gesamtheit der eingezahlten Prämien, sodass es in beiden Fällen an der Verwendung von Rechnungsgrundlagen fehlt. Dementsprechend sind klassische Rechnungsgrundlagen mit Sterbetafeln und Rechnungszins bei einem Vertrag mit Aufschubklausel nicht vorhanden.

361  Langheid / Wandt / Mönnich, § 165 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 165 Rn. 1; Bruck / Möller / Winter, § 165 Rn. 2.

140

Kap. 3: Untersuchung

Bei Einführung der Normen zum Rückkaufswert ist der Gesetzgeber von klassischen Versicherungsprodukten ausgegangen, welche bereits bei Vertragsschluss Rechnungsgrundlagen für maßgeblich erklären, welche einheitlich während der gesamten Vertragslaufzeit anwendbar bleiben. Das Gesetz bildet die Situation der Aufschubklausel nicht ab, sodass fraglich ist, ob und wie eine solch neue Produktgestaltung in den bestehenden gesetzlichen Rahmen eingefügt werden kann. a) Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation Möglich wäre, diejenigen Rechnungsgrundlagen anzuwenden, von denen der Versicherer bei der anfänglichen Prognose der Leistung ausgeht und welche er als Basis seiner Musterrechnung verwendet. Diese entsprechen denjenigen Rechnungsgrundlagen, welche der Versicherer zu diesem Zeitpunkt für klassische Verträge verwendet. Im Fall der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung nach § 165 VVG würde das dazu führen, dass der Versicherungsnehmer – nach Abzug der Kosten – diejenige Summe erhalten würde, die er auch bei Abschluss eines klassischen Versicherungsvertrages erhalten hätte. Da eine Anpassung der Rechnungsgrundlagen bei der Aufschubklausel erst zu Beginn der Bezugsphase stattfindet, würde das unabhängig davon gelten, wie sich die Rechnungsgrundlagen seit Vertragsschluss bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt haben. Die Aufschubklausel wirkt sich in diesem Fall nicht aus, sodass der Versicherungsnehmer damit faktisch so stünde, als hätte er eine klassische Rentenversicherung abgeschlossen. Dies würde letztlich den Zweck der Aufschubklausel gerade aushebeln. Im Fall sich gegenüber der Ausgangskalkulation verschlechternden Rechnungsgrundlagen würde ein Versicherungsnehmer stets die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung verlangen, wodurch das Wirtschaftsrisiko gerade beim Versicherer verbleibt. Dies ist umso problematischer, als der Versicherer die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung nicht vermeiden kann und davon auszugehen ist, dass der Versicherungsnehmer von sich verschlechternden Rechnungsgrundlagen Kenntnis erlangt. b) Rechnungsgrundlagen der Rentenberechnung Alternativ dazu könnten die bei Beginn der Bezugsphase maßgeblichen Rechnungsgrundlagen der Rentenberechnung in diesem Fall anzuwenden sein. Hierdurch würde der Versicherungsnehmer auch nach der Umwandlung noch das Risiko von Änderungen der Rechnungsgrundlagen tragen. Unabhängig von der Wertung dieser Lösung ist diese in der Praxis nicht umsetzbar, da das Umwandlungsverlangen des Versicherungsnehmers nach § 165



A. Aufschubklausel141

Abs. 1 VVG bereits vor Beginn der Bezugsphase ausgeübt werden kann und die Rechnungsgrundlagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehen. c) Jeweils aktuell gültige Rechnungsgrundlagen Eine dritte Möglichkeit besteht darin, das Umwandlungsverlangen so zu behandeln wie den Eintritt des Versicherungsvertrages in die Bezugsphase. Entsprechend wären für jedes Umwandlungsverlangen diejenigen Rechnungsgrundlagen anzuwenden, welche zu diesem Zeitpunkt für vergleichbare Verträge gelten. Der Rückkaufswert und die prämienfreie Leistung wären folglich anhand dieser Rechnungsgrundlagen zu berechnen. Auf den ersten Blick scheint diese Möglichkeit eine nicht sachgerechte Abweichung von § 165 VVG zu sein, da im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung nicht dieselben Rechnungsgrundlagen für Rentenberechnung und Berechnung des Rückkaufswerts maßgeblich sind. Die Rechnungsgrundlagen zur Berechnung des Rückkaufswerts hängen vom jeweiligen Zeitpunkt des Umwandlungsverlangens und damit vom Versicherungsnehmer ab. Allerdings trägt diese Berechnungsmethode den Besonderheiten der Aufschubklausel Rechnung und entspricht dem Regelungsgehalt des § 165 VVG. Abstrakt regelt dieser, dass der Rückkaufswert als vorgezogenes finanzielles Äquivalent nach den gleichen Grundsätzen zu berechnen ist wie die Ablaufleistung selbst. Dieser Gleichlauf der Rechnungszinssätze ist notwendig, um die Finanzierbarkeit der vertraglichen Leistungen nicht zu gefährden und den Anforderungen des § 138 VAG zu genügen.362 Da beiden Vertragstypen eine unterschiedliche Art der Rentenberechnung zugrunde liegt, folgt hieraus im Einklang der Norm, dass auch der Rückkaufswert unterschiedlich zu berechnen ist. Bei einer klassischen Rentenversicherung richtet sich die Ablaufleistung nach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Rechnungsgrundlagen. Gleiches gilt wegen § 165 VVG für den Rückkaufswert. Im Gegensatz dazu bestimmt die Aufschubklausel, dass die zum Zeitpunkt der Leistung vorliegenden Rechnungsgrundlagen maßgeblich sind. Dementsprechend ist der Rückkaufswert auch anhand der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechnungsgrundlagen zu berechnen.

362  Entspricht inhaltlich unverändert § 11 VAG a. F.; dazu: Prölss / Präve, § 11 Rn. 4 f.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 169 Rn. 29; Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 182; ff.; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 193; vgl. BT-Drucks. 12 / 6959, S. 102.

142

Kap. 3: Untersuchung

d) Zwischenergebnis Wegen der Besonderheiten im Zusammenhang mit der Aufschubklausel ist eine wortlautgetreue Anwendung des § 165 VVG nicht zielführend. Sofern bei einem solchen Vertrag vorgezogene Leistungen wie beispielsweise der Rückkaufswert zu berechnen sind, entspricht es dem Regelungszweck der Norm, solche Rechnungsgrundlagen zu verwenden, die zum Zeitpunkt der Berechnung für vergleichbare Verträge maßgeblich sind. Die Informationspflichten des Versicherers über Leistungen aus der prämienfreien Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VVG- InfoV sind entsprechend anhand dieser fingierten Rechnungsgrundlagen zu berechnen. 5. Ergebnis Die Aufschubklausel stellt keine Abweichung von halbzwingenden Normen zu Lasten des Versicherungsnehmers dar und ist mit dem Versicherungsvertragsgesetz vereinbar. Bezüglich der Modellrechnung nach § 154 VVG, sowie der Berechnung des Rückkaufswertes sind zum Schutze des Versicherungsnehmers die oben genannten Besonderheiten zu beachten.363

V. Vereinbarkeit mit dem Versicherungsaufsichtsrecht Als vertragliches Änderungsrecht bezüglich der Rechnungsgrundlagen könnte die Aufschubklausel möglicherweise auch im Hinblick auf das Aufsichtsrecht kritisch zu sehen sein. Das VAG selbst bezieht sich in verschiedenen Normen auf die Rechnungsgrundlagen des Versicherungsunternehmens und ermächtigt darüber hinaus auch zum Erlass von Verordnungen, welche potenziell Rechnungsgrundlagen betreffen. Die unmittelbaren Verordnungsermächtigungen des VAG, sowie sämtliche auf diesen basierenden Verordnungen regeln weder ausdrücklich noch implizit ein Verbot in Bezug auf die Änderungsbefugnis der Rechnungsgrundlagen, sodass sich hieraus keine Beschränkungen oder Probleme für die Aufschubklausel ergeben. Eine Bestimmung bezüglich der Rechnungsgrundlagen findet sich in § 9 VAG364. Als Regelung im Abschnitt über die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb bestimmt sie allerdings lediglich, dass die vom Versicherungsunternehmen verwendeten Rechnungsgrundlagen als Bestandteil des Geschäftsplans ebenfalls bei der Aufsichtsbehörde einzureichen sind. In Bezug auf eine mögliche Änderung der Rechnungsgrundlagen werden keine Regelungen getroffen oder vorausgesetzt, sodass diese Norm dem Regelungsgehalt der Klausel nicht 363  Siehe

Kapitel 3 A. IV. 3. und 4. inhaltlich unverändert § 5 VAG a. F.

364  Entspricht



A. Aufschubklausel143

entgegensteht. Gleiches gilt für § 143 VAG,365 welcher in Bezug auf die Rechnungsgrundlagen eine Mitteilungsverpflichtung der Versicherungsunternehmen normiert. Inhaltliche Anforderungen oder Voraussetzungen an eine Änderung der Grundlagen werden jedoch nicht aufgestellt. Im Ergebnis sind keine aufsichtsrechtlichen Regelungen ersichtlich, die gegen die Aufschubklausel sprechen.

VI. Ergebnis und Ausblick Die Aufschubklausel kann nur mit garantierter Mindestrente und unter Beachtung der oben genannten Anforderungen wirksam vereinbart werden. Andernfalls hält sie der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB nicht stand. Ob durch die Verwendung der Aufschubklausel auch der vom Versicherer angestrebte Zweck erreicht wird, ist eine andere Frage. Hierbei ist das gesetzliche Kündigungsrecht aus § 40 VVG auf den ersten Blick zwar problematisch, jedoch im Rahmen der Aufschubklausel nicht anwendbar, weshalb hierdurch der Zweck der Aufschubklausel nicht beeinträchtigt wird. Auch die Regelungen betreffend die Musterrechnung und die Berechnung des Rückkaufswertes sind insofern problematisch, als der Versicherer seine zu erbringenden Leistungen anhand der für die Prämienberechnung verwendeten Rechnungsgrundlagen zu berechnen hat, solche bei der Aufschubklausel jedoch nicht vorliegen. Wie aufgezeigt ist es jedoch möglich, diese unter Wahrung ihres Zweckes entsprechend anzuwenden, sodass auch diese der Aufschubklausel letztlich nicht im Wege stehen. Fest steht, dass die Aufschubklausel eine Sicherheitseinbuße für den Ver­ sicherungsnehmer bedeutet. Dennoch stellt sie – sofern mit Garantiekomponente vereinbart – einen Kompromiss der Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer dar. Insofern stellt sie eine durchaus angemessene Reaktion auf die aktuell schwierige Situation für Lebensversicherungsunternehmen dar. Die Grundannahme einer vollständig garantierten Gesamtleistung, sowie einer maximal garantierten Verzinsung ist wegen der veränderten tatsächlichen Gegebenheiten auch im Rahmen von Rentenversicherungsverträgen nicht mehr aufrecht zu erhalten. Auch wenn die Aufschubklausel unter den aktuellen gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden kann, ist dem Gesetzgeber dringend empfohlen – insbesondere mit Blick auf die schwindenden Garantieelemente und variable Rechnungsgrundlagen – Rahmenbedingungen zu schaffen, die unter Wahrung der Versicherungsnehmerinteressen weiteren Produktentwicklungen nicht im Wege stehen. Eine solche Reform ist auch insofern unproblematisch, als sie 365  Entspricht

inhaltlich unverändert § 13d Nr. 6 VAG a. F.

144

Kap. 3: Untersuchung

die Produktvielfalt und Produktentwicklung gerade nicht einschränkt, sondern sichert. Damit entspricht sie vollständig den Absichten, die schon im Rahmen der VVG Reform 2008 umgesetzt werden sollten.366 Zu diesem Zeitpunkt war die Reichweite der Produktgestaltungen und Innovationen jedoch schlicht noch nicht abzusehen, sodass eine vollständige Umsetzung auch nicht erreicht werden konnte.

VII. Ergänzende Vereinbarungen: Auffangklausel Aufgrund ihres Regelungsgehaltes verweist die Aufschubklausel zwingend auf Rechnungsgrundlagen vergleichbarer Verträge. Dieser Verweis kann grundsätzlich auch so gestaltet werden, dass eine entsprechende Klausel den AGB-rechtlichen Anforderungen genügt.367 Zu Problemen könnte jedoch führen, wenn das Versicherungsunternehmen seine Produktpalette derart umstellt, dass „vergleichbare Versicherungen“ nicht mehr angeboten werden und es infolgedessen solche Rechnungsgrundlagen nicht mehr gibt. In diesem Fall geht der Verweis ins Leere. Werden in den AVB des entsprechenden Vertrages für diesen Fall keine Regelungen getroffen, wird die so entstandene Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen. Bei gerichtlichen Streitigkeiten hierüber erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass zur Berechnung der Rente die Rechnungsgrundlagen von Wettbewerbern herangezogen werden. Um dieses Ergebnis zu verhindern, kann und sollte die Aufschubklausel um einen Auffangtatbestand ergänzt werden. Wie dieser genau formuliert ist liegt dabei wiederum im Ermessen des Versicherungsunternehmens, sodass an dieser Stelle folgende Beispielformulierung betrachtet wird: „Werden zum Zeitpunkt des Rentenbeginns von uns keine vergleichbaren Rentenversicherungsprodukte (auf dem deutschen Lebensversicherungsmarkt) angeboten, so werden wir Rechnungsgrundlagen festlegen, die nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelt werden, die wir deshalb als angemessen ansehen und die sicherstellen, dass wir dauerhaft unsere Verpflichtungen aus den Verträgen erfüllen können.“368

Diese Auffangklausel ergänzt die Aufschubklausel und regelt die Grundlagen der Rentenberechnung für den oben genannten Fall, sodass sie ebenfalls auf ihre Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht zu prüfen ist.

366  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 51, 83, 91, 105. dazu unter Kapitel 3 A. I. und III. 368  Diese Gestaltung entspricht den AVB eines bereits auf dem Markt erhältlichen Versicherungsprodukts eines großen deutschen Versicherungsunternehmens. 367  Siehe



A. Aufschubklausel145

1. Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB Die Vereinbarung der Auffangklausel liegt grundsätzlich im Interesse beider Vertragsparteien, möglichst alle in Frage kommenden Fälle zu regeln und damit Unstimmigkeiten zu vermeiden. Die Klausel räumt dem Versicherer ein einseitiges Gestaltungsrecht für den Fall ein, dass keine vergleichbaren Rentenversicherungsprodukte mehr angeboten werden. Durch die Änderung bzw. Festlegung der Rechnungsgrundlagen beeinflusst der Versicherer – vergleichbar mit der Aufschubklausel selbst – mittelbar die Ablaufleistung. Der Sache nach handelt es sich ebenfalls um einen einseitigen Änderungsvorbehalt, weshalb insbesondere die Voraussetzungen für das Eingreifen sowie der konkret mögliche Änderungsumfang besonders in den Blick zu nehmen sind. Hierbei kann grundsätzlich auf die oben aufgestellten Grundsätze zurückgegriffen werden.369 Da die Klausel grundsätzlich im Interesse beider Vertragspartner liegt, hängt die Wirksamkeit dieser maßgeblich von einer genügend konkreten Formulierung ab. Die Musterklausel kommt ausdrücklich nur für den Fall zur Anwendung, dass zum Zeitpunkt des Rentenbeginns keine mit dem abgeschlossenen Produkt vergleichbaren Produkte angeboten werden. Durch die Konkretisierung der vergleichbaren Produkte im Rahmen der Aufschubklausel sind die Voraussetzungen für die Auffangklausel eindeutig bestimmt, sodass bezüglich des Anwendungsbereichs keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel bestehen. Auf der Rechtsfolgenseite regelt die Klausel die Vorgehensweise bei der Bestimmung der Rechnungsgrundlagen. Das Versicherungsunternehmen kann Rechnungsgrundlagen festlegen, welche nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen festgelegt werden und deshalb vom Versicherer als angemessen angesehen werden. Weiter werden die Rechnungsgrundlagen so festgelegt, dass die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sichergestellt ist. Problematisch ist die Beschränkung des Änderungsumfangs der Rechnungsgrundlagen und damit der Leistung des Versicherers auf eine angemessene Leistung. Durch diese Formulierung wird lediglich auf den Wortlaut von § 307 Abs. 1 BGB Bezug genommen, ohne dass eine weitere Einschränkung oder Konkretisierung des Änderungsrechts erreicht wird.370 Der Umfang des Änderungsrechts wird jedenfalls explizit nicht beschränkt, sodass die Klausel dem Versicherer ein quasi unbeschränktes Leistungsgestaltungsrecht zugesteht und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung für den Versicherungsnehmer darstellen könnte. Hinzu kommt, dass 369  Vergleiche

hierzu Kapitel 3 A. III. 3. d) bb). die Beschränkung auf zumutbare Änderungen: BGH NJW-RR 2008, 134 ff.; BGH NJW 2008, 360, 362; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 798; Ulmer / Brandner /  Hensen / Schmidt, § 308 Nr. 4 Rn. 9; Erman / Roloff, § 308 Rn. 34; MüKo / Wurmnest, § 308 Nr. 4 Rn. 8; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 308 Nr. 4 Rn. 24, 33. 370  Für

146

Kap. 3: Untersuchung

sich die Angemessenheit der neu festgelegten Rechnungsgrundlagen ausdrücklich nach Auffassung und aus Sicht des Versicherers bestimmt. Hierdurch wird den Interessen des Versicherers ausdrücklich Vorrang eingeräumt, wodurch nicht unwahrscheinlich und keinesfalls ausgeschlossen ist, dass dieser seine Interessen nachträglich einseitig auf Kosten der Interessen des Versicherungsnehmers durchsetzen kann. Dies wiederum stellt einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB dar.371 Schließlich ist der Versicherer berechtigt, die Rechnungsgrundlagen so festzulegen, dass die dauerhafte Erfüllung der Verträge sichergestellt ist. Diese Einschränkung des Änderungsrechts dient dem Interesse der übrigen Vertragspartner des Versicherers. In schlechten wirtschaftlichen Zeiten kann diese Formulierung sogar Rechnungsgrundlagen rechtfertigen, die nur eine enorm niedrige Rente zulassen, damit die Verträge weiterhin dauerhaft erfüllbar bleiben. Eine Begrenzung des Änderungsumfangs auf ein bestimmtes Ausmaß und damit zum Schutze des Versicherungsnehmers wird hiermit nicht bewirkt. Mangels beschränktem Änderungsumfang stellt eine so formulierte Auffangklausel für den Versicherungsnehmer eine unangemessene Benachteiligung dar und verstößt gegen § 307 BGB. 2. Mindestanforderungen an die Auffangklausel Der festgestellte Verstoß der Musterklausel gegen § 307 BGB bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Auffangklausel nicht grundsätzlich so formuliert werden kann, dass sie im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen steht. Die Auffangklausel regelt eine nachträgliche Änderung der Rechtsgrundlagen durch den Versicherer und damit mittelbar eine Leistungsänderung. Insofern bestehen Parallelen zu § 163 VVG, welcher Voraussetzungen für die nachträgliche Änderung der Prämie normiert. Da unerheblich ist, ob die Leistung herabgesetzt oder die Prämie erhöht wird, ist alternativ unter denselben Voraussetzungen eine entsprechende Herabsetzung der Versicherungsleistung möglich, § 163 Abs. 2 VVG. Für den Versicherungsnehmer bedeutet die Anwendung von § 163 VVG letztlich immer eine Verschlechterung des Leistungsgleichgewichts. Ähnlich ist die Situation bei der Auffangklausel. Diese räumt dem Versicherer ebenfalls ein nachträgliches Leistungsänderungs- bzw. bezogen auf die Rechnungsgrundlagen ein Leistungsbestimmungsrecht ein. Daher gelten die Norm und ihre Voraussetzungen zwar nicht unmittelbar für diesen Fall, sodass der Versicherer theoretisch weniger strenge Voraussetzungen aufstellen könnte. Aus gestalterischer Vorsicht ist jedoch zu raten, dass für die Festlegung der Rechnungsgrundlagen ein dem 371  Dazu

siehe Kapitel 3 A. III. 4.



A. Aufschubklausel147

§ 163 VVG entsprechender Rahmen festlegt wird. Da die Leistung unmittelbar von den Rechnungsgrundlagen abhängt, ist zudem kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb für eine Änderung der Rechnungsgrundlagen weniger strenge Voraussetzungen gelten sollten als für eine direkte Änderung der Leistung. Die Musterklausel greift die Anforderungen des § 163 VVG teilweise schon auf, sodass lediglich Ergänzungen notwendig sind. Problematisch ist insbesondere die unbeschränkte Reichweite des Änderungsvorbehalts. Allerdings können sich auch die wirtschaftlichen Umstände und damit die festzulegenden Rechnungsgrundlagen unbegrenzt verändern, sodass dem Zweck der Klausel nur vollständig entsprochen werden kann, wenn das Änderungsrecht ebenso unbegrenzt ist. Dementsprechend ist ein Rückgriff auf unbestimmte Rechtsbegriffe wie „angemessen“ und „erforderlich“ nicht vollständig zu vermeiden. Da die Aufschubklausel nur mit garantierter Mindestrente vereinbart werden kann und die Auffangklausel mit dieser in direktem Zusammenhang steht, ist auch das Änderungsrecht der Auffangklausel hierdurch ebenfalls mittelbar beschränkt. Wie bereits oben ist auch an dieser Stelle die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Treuhänders fraglich. Auch wenn die Mitwirkung keine unabdingbare Voraussetzung ist, kann der Einsatz in diesem Rahmen insofern ratsam sein, als er schon während des Vorgangs gewährleistet, dass die neu festgelegten Rechnungsgrundlagen auch tatsächlich den Voraussetzungen der Klausel entsprechen. Dieses Vorgehen sichert eine optimale Kontrolle über die Anpassung durch den Versicherer, was den Schutz des Klauselgegners verstärkt und dem diffusen Gefühl der Benachteiligung entgegenwirkt. Letzteres besteht im Anwendungsbereich der Auffangklausel im Besonderen, da hier nicht nur eine Anpassung der Rechnungsgrundlagen, sondern eine vollständige Neufestsetzung dieser stattfindet. Hinzu kommt die Musterformulierung, nach welcher die Angemessenheit der Änderung ausschließlich aus Sicht des Versicherers beurteilt wird. Dementsprechend sollte die Auffangklausel dahingehend ergänzt werden, dass die Festlegung der Rechnungsgrundlagen durch einen unabhängigen Treuhänder durchgeführt oder zumindest auf die Einhaltung der aufgestellten Voraussetzungen durch diesen überprüft wird. Auf diese Weise werden die Belange des Versicherungsnehmers gewahrt und die bei der Musterklausel beanstandete Anpassung der Rechnungsgrundlagen einseitig zu Lasten des Versicherungsnehmers unterbunden.372 Bei einer derartigen Formulierung 372  Bruck / Möller / Winter, § 163 Rn. 20. Der Einsatz eines unabhängigen Treuhänders vermag jedoch nicht, eine unwirksame Klausel zu retten Prölss / Martin / Knappmann, § 40 Rn. 7.

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Kap. 3: Untersuchung

entspricht sie in den wesentlichen Punkten dem Wortlaut des gesetzlichen Anpassungsrechts aus § 163 VVG. Strengere Anforderungen sind auch im Rahmen der § 307 ff. BGB nicht zu stellen. 3. Ergebnis Die Musterklausel muss abgeändert bzw. ergänzt werden, damit sie mit den gesetzlichen Anforderungen vereinbar ist. Zudem wird durch sie die Transparenz der Aufschubklausel verbessert, da ein ansonsten ungeregelter Fall abgedeckt wird. Eine mögliche Formulierung könnte wie folgt aussehen: „(1) Werden zum Zeitpunkt des Rentenbeginns von uns keine vergleichbaren Rentenversicherungsprodukte (auf dem deutschen Lebensversicherungsmarkt) angeboten, so werden durch den verantwortlichen Aktuar Rechnungsgrundlagen nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundlagen festgelegt, die angemessen und erforderlich sind, um die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge sicherzustellen. Über die Voraussetzungen und das Ergebnis der Festlegung wacht ein unabhängiger Treuhänder. (2) Die garantierte Mindestrente wird hiervon nicht berührt.“

B. Überschussklausel I. Ausgangslage und vorgesehene Änderung Bis zur VVG-Reform bestanden keine Regelungen bezüglich der Überschussbeteiligung. Sofern der Versicherungsnehmer an den Überschüssen beteiligt wurde, beruhte dies allein auf freiwilligen vertraglichen Absprachen zwischen dem Versicherer und ihm. Das änderte sich im Rahmen der VVGReform durch die Einführung von § 153 VVG, welcher neben einer Legaldefinition der Überschussbeteiligung auch Regelungen darüber enthält, ob und unter welchen Voraussetzungen die Überschussbeteiligung ausgeschlossen werden kann. Obwohl ein Ausschluss damit gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, wird von dieser Möglichkeit aus Wettbewerbsgründen nur in sehr seltenen Fällen Gebrauch gemacht.373 Die Überschussbeteiligung ist eine derart essentielle Leistung, dass ein Ausschluss dieser im Rahmen einer klassischen Rentenversicherung nicht zu vermarkten und damit das Produkt nicht zu vertreiben wäre. Insofern bieten sich bezüglich des „Ob“ der Überschussbeteiligung zwar theoretisch, faktisch jedoch keine Gestaltungsspielräume für den Versicherer. Anders stellt sich die Situation im Hinblick auf die konkrete Art und Weise der laufenden Überschusszuteilung und -verwendung dar. § 153 VVG begründet einen gesetzlichen Anspruch auf Überschussbetei373  Römer,

r+s 2008, 405, 406; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 13.



B. Überschussklausel149

ligung lediglich dem Grunde nach und enthält allgemeine Vorgaben für die Berechnung des Überschusses. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung bleibt dabei weiter den Parteien überlassen,374 sodass den Versicherungsunternehmen hier bisher wenig genutzte Möglichkeiten einer innovativen Produktgestaltung offenstehen. Die laufende Überschussbeteiligung wird entweder als Direktgutschrift oder über den Umweg der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) dem Versicherungsnehmer und dessen Vertrag zugeordnet.375 Auch eine Kombination beider Verfahren wird teilweise praktiziert. Dieses System der Zuteilung ist unabhängig von der Art und Weise, wie und wozu die Überschussanteile verwendet werden. Rentenversicherungsprodukte sehen klassischerweise – jedoch keinesfalls notwendigerweise – vor, die laufende Überschussbeteiligung während der Ansparphase für eine Zusatzrente (sog. Überschussrente) zu verwenden. In diesem Fall werden die Überschussanteile gesondert angelegt und verzinst. Das so entstandene Guthaben wird als Überschussrente zusätzlich und parallel zur ursprünglichen Rente ausbezahlt und erhöht diese.376 Daneben sind auch eine Aufrechnung der Überschüsse mit der zu zahlenden Prämie, sowie eine Barauszahlung der Überschussanteile möglich.377 Letztere widerspricht regelmäßig den Interessen des Versicherers, der aus nachvollziehbaren Gründen möglichst viel Kapital in seinem Unternehmen erhalten und einen Kapitalabfluss weitestgehend verhindern will,378 und ist dementsprechend nur selten anzutreffen. Bezüglich der konkreten Ausgestaltung der Überschussbeteiligung und -verwendung sind den Versicherern rechtlich keine ausdrücklichen Grenzen gesetzt. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist es naheliegend, die Garantien auch im Rahmen der Überschussbeteiligung möglichst gering zu halten, um so nicht unter die Anlagenbeschränkungen für das gebundene Vermögen zu fallen. Zur Umsetzung können die auf den einzelnen Versicherungsnehmer entfallenden Überschussanteile auf das dem jeweiligen Versicherungsvertrag zugrunde liegende Deckungskapital angerechnet werden und dieses erhöhen. Da die konkrete Höhe der Rente auf Grundlage dieses angesparten Deckungskapitals errechnet wird, führt dieser Vorgang gewöhnlich 374  Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 1; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 8, 20; Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 18. 375  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 17; Schwintowski / Brömmelmeyer /  Ortmann, § 153 Rn. 17; Kurzendörfer, S. 156, 159; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 125; eine solche Gestaltung findet sich in den AVB verschiedener Produkte großer deutscher Versicherungsunternehmen. 376  Kurzendörfer, S. 165 f.; zum Ganzen Ebers, Überschussberteiligung, S. 187. 377  Kurzendörfer, S. 167; Führer / Grimmer, S.  151 f. 378  Führer / Grimmer, S. 151; Kurzendörfer, S. 165.

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Kap. 3: Untersuchung

auch zu einer Erhöhung der garantierten Rente und kommt so dem Versicherungsnehmer zugute, ohne dabei eine garantierte Leistung darzustellen. Durch diese Art der Zuteilung verbleibt der erwirtschaftete Überschuss jedenfalls bis zum Beginn der jeweiligen Bezugsphase im Versicherungsunternehmen, was aus oben genannten Gründen gegenüber der Prämienverrechnung und der Barauszahlung von Vorteil ist. Auch gegenüber der Verwendung für eine Überschussrente ist die Anrechnung auf das Deckungskapital vorteilhaft. Grund hierfür ist, dass es sich bei der Überschussrente um eine garantierte Leistung des Versicherers handelt, sodass das entsprechende Kapital im Sicherungsvermögen angelegt werden muss. Für dieses gelten die strengen Kapitalanlagevorschriften der §§ 2 ff. Anlageverordnung (AnlV), weshalb das Versicherungsunternehmen dieses Kapital lediglich in die in der Anlageverordnung aufgeführten Finanzmarktprodukte investieren und in der Folge nicht mehr frei wirtschaften kann. Im Gegensatz dazu garantiert der Versicherer bei einer Anrechnung auf das Deckungskapital keine zusätzliche Leistung, sodass das Kapital auch nicht dem gebundenen Vermögen zugeschrieben werden muss und die strengen Anlagevorschriften nicht zu beachten sind. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand: Zwar versprechen die in der Anlageverordnung aufgezählten Finanzprodukte maximale Sicherheit, dies allerdings auf Kosten der Rentabilität. Indem der Versicherer die Überschussbeteiligung als freies Kapital in seinem Unternehmen hält, kann er das zusätzliche Kapital weiter in beliebige Finanzprodukte investieren. Hierdurch senkt der Versicherer seine Kosten während er seine wirtschaftliche Freiheit vollständig beibehält. Im Idealfall wird so das Gesamtergebnis des Unternehmens verbessert.

II. Vereinbarkeit mit § 153 VVG Die beschriebene Art der laufenden Überschussverwendung erhöht zwar das Deckungskapital. Da die Rentenhöhe jedoch nicht allein vom Deckungskapital abhängig ist, führt diese Verwendung nicht auch zwingend zu einer Erhöhung garantierten Rente. Eine solche Gestaltung könnte gegen § 153 VVG verstoßen, sofern die Norm eine zwingende Erhöhung der garantierten Rente voraussetzen würde. Dieses Erfordernis ist zwar nicht ausdrücklich normiert, könnte aber – wegen des Zwecks der Norm – immanente Voraussetzung sein. Ob § 153 VVG dies tatsächlich fordert oder andere immanente Anforderungen an die Art der Überschussbeteiligung stellt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln.



B. Überschussklausel151

1. Wortlaut des § 153 VVG Welchen Anforderungen die konkrete Bezugsform der Überschussbeteiligung an den Versicherungsnehmer zu genügen hat, wird von § 153 VVG nur rudimentär beantwortet. Die Norm gibt lediglich Rahmenbedingungen vor, innerhalb welcher die Versicherer ihre Produkte gestalten können.379 Hierbei macht der grammatikalische Aufbau der Norm deutlich, dass der Gesetzgeber die Überschussbeteiligung als Regelfall, und den Ausschluss dieser als Ausnahme ansieht.380 Wie die Beteiligung an den Überschüssen zu erfolgen hat wird in Grundzügen von § 153 Abs. 2 und Abs. 3 VVG geregelt. Neben einer Beteiligung an den laufenden Überschüssen und dem Schlussüberschuss ist zwingend auch eine Beteiligung an den Bewertungsreserven vorgegeben. Der Anspruch auf Überschussbeteiligung wird gesetzlich nur dem Grunde nach normiert. Über die Höhe der Beteiligung, welche Gewinnquellen für die Überschussbeteiligung zu berücksichtigen sind, und darüber, welcher Teil des Gesamtüberschusses mindestens an die Versicherungsnehmer ausgeschüttet werden muss, werden in der Norm keine Aussagen getroffen, sodass sich aus dem Wortlaut der Norm selbst Rückschlüsse auf möglicherweise bestehende immanente Anforderungen des § 153 VVG ziehen lassen. 2. Regelungsgehalt des § 153 Abs. 1 VVG Die Norm des § 153 VVG stellt explizit klar, dass der Versicherer die Überschussbeteiligung nur insgesamt, und nicht lediglich teilweise ausschließen kann. Damit betrifft die Regelung ausdrücklich nur die Frage, ob ein Versicherungsnehmer an den Überschüssen beteiligt werden muss. Durch die Formulierung wird deutlich, dass die Überschussbeteiligung zwar den Grundfall darstellt, jedoch nicht zwingend ist. Zu der nachgelagerten Frage, wie die Überschussbeteiligung konkret zu erfolgen hat, schweigt die Norm. Da der Versicherer gemäß § 153 VVG nicht generell verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer an den Überschüssen zu beteiligen, könnte hieraus im Wege eines argumentum a maiore ad minus gefolgert werden, dass § 153 VVG erst recht keine impliziten Anforderungen an die Art und Weise der Verwendung der Überschussbeteiligung stellt. Leistet der Versicherer die Überschussbeteiligung als „Extra“ gewissermaßen freiwillig, so muss er auch frei bestimmen dürfen auf welche Art er das tut, also wie er die Beteiligung 379  Römer / Langheid,

§ 153 Rn. 2. 16 / 3945, S. 95; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 45; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 33. 380  BT-Drucks.

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Kap. 3: Untersuchung

konkret ausgestaltet. Voraussetzung für einen solchen Erst-recht-Schluss ist allerdings, dass sich zwei dem Wesen nach gleiche Sachverhalte nur in einem komparativen Merkmal unterscheiden.381 Insofern müsste es sich bei dem „Ob“ und dem „Wie“ der Überschussbeteiligung um zwei gleiche bzw. zwei dem Wesen nach vergleichbare Sachverhalte handeln, und die Regelung über die genauen Modalitäten der Überschussbeteiligung ein Minus zu der vorgelagerten Entscheidung sein, ob die Überschussbeteiligung überhaupt gewährt wird. Unabhängig davon, ob hier überhaupt zwei wesentlich gleiche Sachverhalte geregelt werden, ist problematisch, ob sich hier ein solcher komparativer Satz bilden lässt, sodass diesbezüglich ein Schluss a maiore ad minus möglich ist. Der komparative Satz müsste besagen, dass Regelungen der inhaltlichen Ausgestaltung eines Rechts weniger einschneidend sind als die Entscheidung über die Grundsatzfrage, ob das Recht überhaupt gewährt wird. Da der Gesetzgeber schon die Überschussbeteiligung selbst als nicht verpflichtend ansieht und zur Disposition der Parteien stellt, liegt es nahe, dass die genaue Ausgestaltung erst recht zur Disposition der Parteien steht. Ein solches Stufenverhältnis zwischen Regelungen betreffend die Grundsatzfrage der Gewährung einer Leistung und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung ist oft anzutreffen. Wird zwischen Vertragspartnern im Rahmen eines Vertrages eine freiwillige Zahlung vereinbart, so steht es dem Versprechenden frei, sich sowohl von der Leistung ohne weitere Begründung wieder loszusagen oder diese von gewissen Bedingungen abhängig zu machen.382 Ebenfalls kann der Versprechende bestimmen, wann und auf welche Art und Weise er diese freiwillige Leistung erbringt. Da er die ganze Leistung verweigern darf, muss er „erst recht“ über die Modalitäten der Leistungserbringung frei entscheiden können, da solche Bestimmungen weniger belastend sind. Ein gesetzlich normiertes Beispiel hierfür ist unter anderem das Recht des Unternehmers aus § 632a BGB, Abschlagszahlungen zu verlangen. Durch das Einräumen dieses Rechts steht es dem Unternehmer frei, auch die genauen Modalitäten der Abschlagszahlungen zu bestimmen – bspw. nur Barzahlung, etc. – da solche Bestimmungen als weniger einschneidende Maßnahmen von dem Recht nach § 632a BGB erfasst sind. Ähnliche Beispiele lassen sich auch im Verwaltungsrecht finden: Wird eine Subvention als Ermessensleistung an den Bürger gewährt, so stellt dies im Grundsatz eine freiwillige Leistung dar.383 Da der BürRüthers, Rn. 898. bestehen insoweit für gewisse Vertragsverhältnisse wegen dort geltender Besonderheiten. Beispielhaft sei hier das Arbeitsverhältnis und das Instrument der betrieblichen Übung genannt. 383  Dies gilt nur im Grundsatz, da die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensgrenzen handeln muss und sich durch ihre bisherige Verwaltungspraxis möglicherweise selbst an diese gebunden hat (Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 GG). 381  Vgl.

382  Ausnahmen



B. Überschussklausel153

ger in Genuss dieser Leistung gekommen ist, ohne einen Anspruch auf diese gehabt zu haben, entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass die genaue Ausgestaltung der Leistungsabwicklung privatrechtlich ausgestaltet ist und damit grundsätzlich zur Disposition der Behörde steht.384 Gleiches gilt im Rahmen von Präventivverboten mit Erlaubnisvorbehalt: Erlaubt die Behörde ein zunächst präventiv verbotenes Verhalten auf Antrag und erweitert den Rechtskreis des Antragsstellers, so ist sie grundsätzlich auch befugt, diese Befreiung mit Auflagen oder Vorbehalten zu versehen. Wie die Beispiele zeigen, besteht ein solches Stufenverhältnis in vielen Fällen. Regelungen, welche ein Recht lediglich konkretisieren, führen meist zu weniger Beeinträchtigungen als prohibitive Regelungen, da bei ersteren das Recht zumindest gewährt wird. Ob ein solches tatsächlich besteht, ist jedoch für jede Norm individuell und anhand ihres Zwecks zu beurteilen. Der dem erst-recht-Schluss zu Grunde liegende § 153 VVG bezweckt insbesondere für mehr Transparenz zu sorgen, indem der Versicherer die Überschussbeteiligung nur insgesamt und ausdrücklich ausschließen kann.385 Während die ausdrückliche Aussage darüber, ob der jeweilige Vertrag eine Beteiligung an den Überschüssen als Ganzes vorsieht oder nicht, zu einer Verbesserung der Transparenz führt, ist dies bei Regelungen über die genaue Ausgestaltung und Verwendung der Überschussbeteiligung wegen der Komplexität der Materie nicht der Fall. Vielmehr führen derartige Regelungen regelmäßig zu einer Verschlechterung der Transparenz. Insofern beeinträchtigt eine die Art und Weise der Überschussbeteiligung konkretisierende Regelung den Schutzzweck des § 153 VVG gerade nicht weniger als eine Regelung darüber, ob der Versicherungsnehmer überhaupt an den Überschüssen beteiligt wird. Dementsprechend stellen solche Regelungen auch kein Minus zu den von § 153 VVG getroffenen Regelungen dar. Die dem erst-rechtSchluss zugrundeliegende Annahme ist mit dem Schutzzweck der Norm nicht vereinbar, sodass mangels tauglicher komparativer Regel ein derartiger Schluss auch nicht gezogen werden kann. Insofern sind auf diesem Wege auch keine Rückschlüsse auf möglicherweise bestehende immanente Anforderungen des § 153 VVG an die Gestaltung der Überschussbeteiligung möglich. 3. Rückschlüsse aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV Einen Anhaltspunkt bezüglich der erlaubten Art der Verwendung der Überschussanteile kann § 6 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV geben. Dieser konkretisiert 384  Bader / Ronellenfitsch / von 385  Langheid / Wandt / Heiss,

mer / Langheid, § 153 Rn. 1 ff.

Alemann / Scheffczyk, §  35 Rn.  211 m. w. N. § 153 Rn. 1 ff.; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 1; Rö-

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Kap. 3: Untersuchung

§ 155 S. 1 VVG und gibt vor, welche Pflichten der Versicherer bei der jährlichen Unterrichtung über den Stand der Überschussbeteiligung hat. Im Rahmen dieser Informationen hat der Versicherer unter anderem deutlich zu machen, ob und zu welchem Teil die Überschussbeteiligung garantiert oder lediglich prognostiziert wird.386 Dieser Pflicht lässt sich entnehmen, dass der Versicherer die Überschussbeteiligung zwar garantieren kann, dies jedoch nicht muss. Insofern stellt § 6 VVG-InfoV eine Ergänzung des § 153 VVG dar, welcher diesbezüglich keine Aussage trifft. Festzuhalten bleibt, dass es nach der VVG-InfoV dem Versicherer frei steht, die Überschussbeteiligung zu garantieren, er hierzu jedoch keinesfalls verpflichtet ist.387 Ausgehend von dieser Erkenntnis könnte man im Wege eines argumentum a fortiori zu dem Schluss kommen, dass, wenn schon die Überschussbeteiligung als Ganzes nicht garantiert werden muss, erst recht keine Anforderung von § 153 VVG sein kann, dass die Überschussbeteiligung die garantierte Rente erhöhen muss. Dementsprechend wäre auch die Anrechnung der Überschussbeteiligung auf das Deckungskapital rechtskonform. Eine solche Schlussfolgerung a minore ad maius ist jedoch nur möglich, wenn aus der Norm und der ihr zugrundeliegenden Aussage eine komparative Regel abgeleitet werden kann, und sich die Schlussfolgerung nur in dieser unterscheidet. Der übrige Sachverhalt muss gleich oder zumindest im Wesentlichen vergleichbar sein. Auf den hier zu beurteilenden Fall bezogen müsste das bedeuten, dass die Verwendung der Überschussbeteiligung zur garantierten Erhöhung der Rente ein Minus im Gegensatz zum Garantieren der Überschussbeteiligung selbst ist. Hiervon kann jedoch nicht die Rede sein. Die Verwendung der Überschussbeteiligung zum Zweck der garantierten Erhöhung der Rente und die Garantie der Überschussbeteiligung als solche sind ihrer Art nach vollkommen unterschiedlich. Beide Möglichkeiten stehen in keinem Stufenverhältnis zueinander. Insofern fehlt es sowohl an einem logischen komparativen Satz, als auch an einem wesentlich gleichen Sachverhalt. Dass sich die Überschussbeteiligung in einem Kapital oder einer Rente niederschlagen müsse, ergibt sich weder aus der VVG-InfoV selbst, noch aus einem hieraus abgeleiteten erst-recht-Schluss. Insofern hilft § 6 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV bei der Beantwortung dieser Frage ebenfalls nicht weiter.

386  Langheid / Wandt / Armbrüster,

§ 6 VVG-InfoV Rn. 11. entspricht auch der Rechtsprechung nach altem Recht, vgl. BGH Urt. v. 8.7.2009 – IV ZR 102 / 06 Rn. 10. 387  Dies



B. Überschussklausel155

4. Systematische Stellung des § 153 Abs. 1 VVG Möglicherweise gibt die Gesetzessystematik darüber Aufschluss, ob § 153 VVG immanente Anforderungen an die Art und Weise der Überschussbeteiligung stellt. Hierzu ist insbesondere die Stellung der Norm innerhalb des Gesetzes zu beachten. § 153 VVG steht in Kapitel 5 des VVG bei den Vorschriften betreffend die Lebensversicherung. Die Vorschriften dieses Kapitels gelten, sofern nicht ein ausdrücklicher Ausschluss normiert ist,388 für alle Arten der Lebens- und Rentenversicherung. Da es sich bei § 153 VVG um eine halbzwingende Norm handelt, kann von dieser gemäß § 171 VVG nur zu Gunsten des Versicherungsnehmers abgewichen werden.389 Weder im Gesetz selbst, noch in der Gesetzesbegründung finden sich ­ nhaltspunkte für einen speziell eingeschränkten Anwendungsbereich des A § 153 VVG nur auf kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte. Die Norm ist auf alle Arten von Lebensversicherungen anzuwenden. Dementsprechend findet § 153 VVG auch auf die reine Risikolebensversicherung Anwendung, sodass die Versicherungsnehmer grundsätzlich am Risiko- und Kostenergebnis in Form der Zuteilung des Überschussanteils zu beteiligen sind. Die Überschussbeteiligung ist also nicht nur eine Eigenheit der kapitalbildenden Lebensversicherung beziehungsweise Rentenversicherung, sondern gilt für alle Formen der Lebensversicherung.390 Auf den ersten Blick ist das verwunderlich, erklärt sich jedoch, wenn man sich den Grundgedanken der Überschussbeteiligung in den Sinn ruft: Die Überschussbeteiligung dient dazu, die durch aufsichtsrechtliche Vorschriften entstandene Prämienüberhöhung auszugleichen.391 Da die aufsichtsrechtlichen Vorschriften wegen der besonders langen Laufzeit für alle Arten von Lebensversicherungen gelten, fällt auch bei allen Formen – also auch bei der Risikolebensver­ sicherung – ein Überschuss an, an welchem die Versicherungsnehmer grundsätzlich zu beteiligen sind. Im Fall der Risikolebensversicherung wird dieser entweder zur Senkung der Prämien verwendet – sogenannter Sofort­ rabatt – oder als Todesfallbonus zur Erhöhung der im Todesfall ausgezahlten Summe.

388  Wie

beispielsweise in § 154 Abs. 1 S. 2 VVG.

389  Römer / Langheid, § 153 Rn. 59; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 50;

Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 33. 390  Langheid / Wandt / Heiss, § 155 Rn. 7; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 20 f.; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 9. 391  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 2; Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 24 Rn. 274; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 5.

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Kap. 3: Untersuchung

Da im Rahmen der Risikolebensversicherung keine Rente ausgezahlt wird, kann sich die Überschussbeteiligung denklogisch nicht in einer Rente niederschlagen. Aus diesem Grund und der Geltung des § 153 VVG auch für die Risikolebensversicherung kann es keine immanente Anforderung des § 153 VVG sein, dass die Überschussbeteiligung zwingend die garantierte Rente erhöhen muss. 5. Historische Umstände des § 153 VVG § 153 VVG wurde im Rahmen der VVG-Reform 2008 eingeführt. Diese Reform diente zum Teil der Umsetzung mehrerer Bundesverfassungsgerichtsurteile betreffend die Überschussbeteiligung, sodass auf dieser und ihrer praktischen Durchführung durch die Versicherer ein besonderes Augenmerk lag. Infolge der Urteile hat sich der Reformgesetzgeber gegen eine vom Bundesverfassungsgericht auch vorgeschlagene bilanzrechtliche, aufsichtsrecht­ liche oder kombinierte Umsetzung392 der Vorgaben entschieden. Im Rahmen der vertragsrechtlichen Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber von einer genauen Ausgestaltung und Konkretisierung dieses Anspruchs gerade abgesehen. Aufgrund dieser den Gesetzgebungsprozess begleitenden Umstände ist das Schweigen des Gesetzgebers kein unbewusstes sondern vielmehr ein beredtes. Der Gesetzgeber wollte den Versicherern die genaue Art der Überschusszuteilung gerade nicht vorschreiben. Dies spricht dafür, dass § 153 VVG die Art der Überschussbeteiligung lediglich insoweit begrenzt, als verfassungsrechtlich geschützte Interessen der Ver­ sicherer oder anderer Personen der Risikogemeinschaft – konkret: andere Versicherungsnehmer – nicht verletzt werden dürfen.393 Überdies stellt die Norm keine immanenten Anforderungen an die Art der Überschussverwendung. 6. Ergebnis Die Untersuchung zeigt, dass von § 153 VVG gerade nicht gefordert wird, dass die Überschussbeteiligung die garantierte Rente erhöhen muss. Ausschlaggebend für dieses Ergebnis ist die systematische Stellung der Norm und der damit verbundene weite Anwendungsbereich. Wegen der Umstände unter welchen § 153 VVG eingeführt wurde, sind auch keine weiteren immanenten Anforderungen an die Art der Überschussverwendung zu stellen.

392  Vgl.

BVerfG VersR 2005, 1127, 1134; Lensing, VuR 2006, 249, 253. VersR 2006, 725, 726.

393  Schenke,



B. Überschussklausel157

III. Vereinbarkeit mit der VVG-InfoV Die VVG-InfoV enthält verschiedene Regelungen über die dem Versicherer bei Vertragsschluss mitzuteilenden Informationen. So bestimmt § 4 Abs. 2 Nr. 2 VVG-InfoV, dass eine Beschreibung des versicherten Risikos und der ausgeschlossenen Risiken im Informationsblatt aufzunehmen ist. Sinn dieser Vorschrift ist es, den Leistungsumfang des individuellen Versicherungsvertrages sowie Unterschiede zu anderen Produkten derselben Sparte klarzustellen und zu beschreiben.394 Um diesem Zweck zu genügen muss der gesamte Leistungsumfang des Produktes – und damit auch die Überschusszuteilung – dem Informationsblatt zu entnehmen sein. Insofern könnte die Vorschrift erweiternd auszulegen sein, sodass im Produktinformationsblatt ebenfalls auf die Besonderheiten der Überschusszuteilung und ihrer konkreten Verwendung hinzuweisen ist. Hiergegen spricht allerdings, dass der Verordnungsgeber die Intransparenz der Überschussbeteiligung durchaus im Blick hatte, da er in § 4 Abs. 3 sowie in § 2 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV diesbezüglich Regelungen getroffen hat. Das Informationsblatt muss Angaben über die für die Überschussbeteiligung geltenden Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe machen, sowie auf die Modellrechnung hinweisen. Hierdurch wird deutlich, dass sich der Verordnungsgeber bewusst dazu entschieden hat, Informationen über die konkrete Überschussverwendung gerade nicht in das Informationsblatt aufzunehmen. Insofern ist diese teleologische Extension der Vorschrift contra legem und dementsprechend abzulehnen. Die Überschussklausel führt nicht dazu, dass das Informationsblatt entsprechend angepasst werden muss, indem auf die durch sie entstehenden Besonderheiten der Überschussbeteiligung hingewiesen wird. Es sind lediglich die in der Verordnung ausdrücklich und enumerativ aufgezählten Informationen aufzunehmen und dem Versicherungsnehmer bereitzustellen.

IV. Vereinbarkeit mit dem BGB Auch die Vereinbarungen über die Art der Überschussverwendung sind in den AVB des entsprechenden Produktes zu finden, sodass sie als AGB jedenfalls der Einbeziehungskontrolle nach § 305c BGB unterliegen.

394  Langheid / Wandt / Armbrüster,

§ 4 VVG-InfoV Rn. 9.

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Kap. 3: Untersuchung

1. Verstoß gegen § 305c BGB Im Rahmen des § 305c BGB wird die Klausel auf ihre formal-sprachliche Transparenz geprüft,395 sodass sie jedenfalls ein Mindestmaß an inhaltlicher und systematischer Klarheit aufweisen muss. Darüber hinaus muss sie derart in den Vertrag aufgenommen sein, dass eine zumutbare Kenntnisverschaffung möglich ist.396 Hierunter fallen insbesondere die tatsächliche Lesbarkeit des Klauselwerks sowie ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit.397 Die Art der Aufnahme obliegt ebenso wie die drucktechnische Gestaltung im Ermessen des jeweiligen Versicherers, sodass diesbezüglich keine konkreten Ausführungen gemacht werden. a) Objektive Ungewöhnlichkeit Ob eine Klausel objektiv ungewöhnlich ist, bestimmt sich nach den Gesamtumständen des Vertrages und den typischen Erwartungen des Verkehrskreises an das Produkt.398 Es kommt entsprechend dem Zweck des § 305c BGB entscheidend darauf an, ob der Kunde mit einer Klausel diesen Inhalts im Zusammenhang mit dem konkreten Vertragstyp rechnet.399 Die konkrete Klausel – Verwendung der Überschussbeteiligung zur Erhöhung des Deckungskapitals – müsste also den typischen Erwartungen des Versicherungsnehmerkreises widersprechen. Durch die in Frage stehende Klausel wird der Vertragscharakter weder bestimmt noch modifiziert. Die Art der Überschussverwendung ist völlig unabhängig vom Charakter des Vertrages als Versicherung, sodass eine solche Abrede nicht schon aus diesem Grund in allgemeinen Vertragsbedingungen objektiv ungewöhnlich ist. Eine solche Regelung entspricht gerade dem Zweck allgemeiner Vertragsbedingungen, einen gewährten Gestaltungsspielraum auszufüllen und so die Rahmenbedingungen des Vertrages zu konkretisieren. Diesen Gestaltungsraum hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 153 VVG geschaffen, sodass Klauseln, welche die Verwendung der Überschussbeteiligung in allgemeinen Versicherungsbedingungen konkretisieren, der Materie nach nicht ungewöhnlich sind. 395  Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 42; Erman / Roloff, § 307 Rn. 19; Wolf /  Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 239; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 55 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 10; vgl. zu diesen Anforderungen auch Kapitel 3 A. III. 1. 396  von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rn. 4. 397  BGH NJW 1983, 2772, 2773; Palandt / Grüneberg, § 305 Rn. 37. 398  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 12. 399  Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 14; zu den Voraussetzungen des § 305c BGB siehe bereits Kapitel 3 A. III. 1.



B. Überschussklausel159

Dieser Gestaltungsspielraum findet seine Grenzen in § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG insofern, als ein Ausschluss der Überschussbeteiligung ausdrücklich vereinbart werden muss. Eine Vereinbarung in den AVB ist laut der Gesetzesbegründung zwar möglich, geht allerdings mit besonderen Transparenz­ erfordernissen einher und darf gerade nicht in den AVB „versteckt“ werden.400 Hiergegen wird durch die Überschussklausel nicht zwingend verstoßen.401 Die objektive Ungewöhnlichkeit kann sich somit lediglich aufgrund der konkreten Regelung ergeben. Im Rahmen einer Rentenversicherung mit aufgeschobenem Rentenbeginn entspricht es dem Regelfall, dass der Versicherungsnehmer einen vertraglichen Anspruch auf Überschussbeteiligung gegen den Versicherer hat.402 Wie bereits erörtert, kann allein die Abweichung von einem noch so weit verbreiteten Standard nicht zur Ungewöhnlichkeit der Klausel führen. Andernfalls wäre die Gestaltungsfreiheit der Versicherer derart eingeschränkt, dass es zu einer Uniformität der Produkte kommen würde. Mangels Unterscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der gewährten Nebenleistungen würde ein Wettbewerb faktisch nicht mehr stattfinden. Eine solche Rechtslage wäre hochgradig innovationsfeindlich. Zudem würde dies einer nicht gewollten und nicht gesetzeskonformen Vorabkontrolle der AVB gleichkommen:403 Besteht ein Vergleichsmaßstab und steht von Beginn an fest, dass von diesem nicht abgewichen werden darf, so bedeutet diese Konstellation faktisch eine Vorabkontrolle. Insbesondere bezüglich der Überschussbeteiligung hat der Gesetzgeber den Versicherern weitestgehend Gestaltungsfreiheit gewährt und hiermit gerade beabsichtigt, dass dieser zu Differenzierungen der Produkte und so zu einem Wettbewerb der Versicherer untereinander führt. Die konkrete Zuteilung der Überschussanteile ist gesetzlich nicht vorgegeben, sodass entsprechend dem üblichen Vorgehen im Bereich des Versicherungsrechts, derartige Regelungen in den AVB des Produktes getroffen werden. Insofern erwartet der Versicherungsnehmer solche Regelungen in den AVB geradezu. Damit ist auch der konkrete Regelungsgehalt nicht überraschend. Zwar ist die Anrechnung der Überschussanteile auf das individuelle Deckungskapital eine noch nicht verbreitete Art der Überschussverwendung. Allerdings ist durch § 153 VVG ein Rahmen festgelegt worden. Durch die Gutschrift der Anteile auf das Vertragsguthaben des Versicherungsnehmers hält sich die Regelung in diesem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen.404 Von einem durchschnittlichen und aufmerksamen Versiche400  Looschelders / Pohlmann / Krause, 401  Vgl.

Kapitel 3 C. IV. 1. 402  Siehe Kapitel 3 C. I. 403  Vergleiche dazu Kapitel 2 C. II. 404  Siehe oben Kapitel 3 C. II.

§ 153 Rn. 33; BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96.

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Kap. 3: Untersuchung

rungsnehmer kann erwartet werden, dass er die wichtigsten gesetzlichen Regelungen für Lebensversicherungsverträge kennt. Daher – insbesondere aufgrund der Formulierung des § 153 VVG – kann der Versicherungsnehmer mit einer derartigen Regelung rechnen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist die konkrete Regelung nicht objektiv ungewöhnlich. b) Besonderheiten aufgrund der VVG-InfoV Fest steht, dass eine derartige Regelung als den Vertragsrahmen gestaltende Nebenabrede in AGB grundsätzlich üblich ist. Wegen der besonderen Bedeutung im Rahmen eines Rentenversicherungsvertrages könnten für die Überschussbeteiligung jedoch andere, strengere Grundsätze gelten. Gerade Klauseln, die sich auf die Überschussbeteiligung beziehen, müssen wegen der Komplexität der Materie und der damit einhergehenden Unverständlichkeit für den Versicherungsnehmer besonders klar und transparent gefasst sein und auf etwaige ungewöhnliche Gestaltungen besonders hinweisen.405 Ausgangspunkt hierfür sind die Wertungen der §§ 6, 7 VVG welche besondere Beratungs-, Befragungs-, Informations- und Dokumentationspflichten vorschreiben, um eine sachgerechte Beratung des Kunden durch den Versicherer sicherzustellen.406 Hierbei hat sich der Aufwand und das Maß der Beratung an der Komplexität des Produktes und der Situation des Versicherungsnehmers zu orientieren. Der Beratungsaufwand ist umso größer, je höher die zu zahlende Prämie ist. Die kapitalbildende Rentenversicherung ist schon wegen der besonderen Komplexität durch die Kombination von Sparleistung und Risikoabsicherung, sowie aufgrund der besonderen Bedeutung als Altersvorsorgeprodukt ein typisches Beispiel für ein beratungsintensives Produkt.407 Zu dieser umfassenden Beratung gehört insbesondere auch, dass über Besonderheiten der jeweiligen Police, also in diesem Fall über die Abweichung von einer üblichen Art der Überschussverwendung und -zuteilung, aufgeklärt wird. Diese Vorschriften werden durch die VVG-InfoV ergänzt und konkretisiert. Sofern der Versicherungsnehmer Verbraucher ist, was bei einer Rentenversicherung zumeist der Fall sein wird, verlangt § 4 VVG-InfoV das Aushändigen eines Produktinformationsblatts, wodurch der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt werden soll, sich „anhand einer knappen, verständlichen […] Darstellung einen Überblick über die wesentlichen Merkmale des Ver405  Römer / Langheid, § 153 Rn. 31; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 62. 406  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 58. 407  Looschelders / Pohlmann, § 6 Rn. 42.



B. Überschussklausel161

trages zu verschaffen“.408 Der Versicherungsnehmer soll anhand dieses Produktinformationsblatts die für seine Entscheidungsfindung wichtigen Informationen bereitgestellt kriegen. Um eine Überfrachtung oder Unklarheiten zu vermeiden, sind die maßgeblichen Informationen ebenso wie die zwingende Reihenfolge der Informationen § 4 Abs. 2 und Abs. 5 S. 3 VVG-InfoV festgelegt.409 Diese besonderen Informationspflichten, beziehungsweise die hinter diesen Vorschriften stehenden Wertungen könnten dazu führen, dass die Überschussbeteiligung als besonders wichtige Leistung einer Hauptleistung gleichkommt, und eine Regelung bezüglich der konkreten Art ihrer Verwendung ausschließlich in den AVB eine objektiv ungewöhnliche Klausel darstellt. Durch die Einordnung bzw. Behandlung als Hauptleistung würde die geregelte Materie bei Vertragsschluss weiter in den Mittelpunkt rücken, wodurch eine bessere Aufklärung und damit verbunden ein Abbau von Informationsungleichgewichten erreicht würde. Auch wenn dieses Ergebnis aus Verbraucherschutzgesichtspunkten wünschenswert wäre, und die gesetzlichen Intentionen hierdurch erreicht würden, ist dieser Schluss zu voreilig. Gerade die durch den Gesetzgeber normierten besonderen Informationspflichten, die an die Überschussbeteiligung gestellt werden, deuten darauf hin, dass eine solche Regelung in allgemeinen Vertragsbedingungen als Nebenleistung möglich sein soll. Würde die Verwendung des Überschusses nur individualvertraglich zulässig und als Hauptleistung angesehen werden, so würde eine Aufklärung hierüber zwingend stattfinden müssen. Die Normierung der Informationspflichten wäre dann allenfalls deklaratorisch. Daher sprechen auch die Wertungen von § 6 und § 7 VVG sowie von § 4 VVGInfoV nicht gegen eine derartige Normierung von Regelungen über die Überschussverwendung, sondern gerade dafür. c) Subjektives Überraschungsmoment Wie gerade festgestellt handelt es sich bei einer Klausel, in welcher die Verwendung der Überschussanteile geregelt wird, schon nicht um eine objektiv ungewöhnliche Klausel. Da die objektive Ungewöhnlichkeit Anknüpfungspunkt und damit zwingende Voraussetzung für das subjektive Überraschungsmoment ist,410 kann dieses allein nicht vorliegen. Daher bedarf es zur Wirksamkeit auch keiner besonderen Gestaltung der entsprechenden AVB. 408  VersR 2008, 183, 190; Looschelders / Pohlmann, § 6 Rn. 1; Brömmelmeyer, VersR 2009, 548, 492. 409  Langheid / Wandt / Armbrüster, § 4 VVG-InfoV Rn. 5; VersicherungsrechtsHandbuch / Schwintowski, § 18 Rn. 58, 83; VersR 2008, 183, 190. 410  Schwab, AGB-Recht, Rn. 363.

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Kap. 3: Untersuchung

2. Verstoß gegen §§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB Als Allgemeine Versicherungsbedingung ist die Klausel grundsätzlich auch auf ihre Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB zu prüfen. Wegen ihres Regelungsgehalts ist allerdings gesondert darauf einzugehen, ob sie auch der Inhaltskontrolle oder lediglich der Transparenzkontrolle unterliegt. Der Gesetzgeber hat in § 153 VVG den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Beteiligung an den Überschüssen normiert. Hinsichtlich des konkreten Verfahrens der Überschussbeteiligung und -zuteilung trifft die Norm keine Regelungen, damit der Versicherer in seiner Gestaltungsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Schon aus diesem Grund handelt es sich bei der in Frage stehenden Klausel nicht um eine bloß deklaratorische Klausel, welche von der Inhaltskontrolle ausgenommen ist. Dennoch lässt sich darüber nachdenken, solche Klauseln im Rahmen von Versicherungsprodukten von der Inhaltskontrolle auszunehmen. Durch die nachfolgend zu untersuchende Klausel wird der vom VVG gesetzlich eröffnete Gestaltungsspielraum ausgefüllt. Die Eröffnung dieser Gestaltungsmöglichkeiten kann unter gewissen Voraussetzungen als qualifizierte Erlaubnis des Gesetzgebers aufgefasst werden, solche Regelungen gerade treffen zu dürfen.411 Der in § 153 VVG eingeräumte Entscheidungsspielraum stellt das Ergebnis der gesetzgeberischen Interessenabwägung dar. Wegen der Besonder­ heiten des Produkttyps Versicherung werden sämtliche den § 153 VVG ausfüllende Regelungen ausschließlich in den Allgemeinen Versicherungsbe­ dingungen des Produktes getroffen. Individualvereinbarungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer sind im Versicherungsvertrieb nicht praktizierbar und damit faktisch ausgeschlossen. Sie sind allenfalls in sehr beschränkten Ausnahmefällen möglich, wenn individuelle Gegebenheiten berücksichtigt werden sollen, beispielsweise bei der Vereinbarung eines besonderen Zahlungsplans, et cetera. Unabhängig davon, ob dies aus den Gesetzgebungsmaterialien hervorgeht, ist dem Gesetzgeber also bekannt, dass dieser Spielraum ausschließlich durch AVB, und damit durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgefüllt werden wird.412 Eine Klausel, die lediglich den vom Gesetzgeber vorgegebenen Gestaltungsspielraum ausfüllt, ist zwar keine deklaratorische Klausel, hinsichtlich der Prüfungskompetenz allerdings mit einer solchen zu vergleichen, da in diesem Fall die gleichen Argumente wie für die Kontrollfreiheit einer deklaratorischen Klausel greifen. Sofern die 411  Vgl. Staudinger / Coester, § 307 Rn. 301 ff.; Schwab, AGB-Recht, Rn. 436; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 33; ähnlich auch Dylla-Krebs, S.  89 ff. 412  Werber, VersR 2010, 1253, 1255; vgl. dazu Canaris, NJW 1987, 609, 612; ders., NJW 1987, 2407, 2409.



B. Überschussklausel163

Klausel den gesetzlichen Anforderungen und Vorgaben entspricht, setzt sie lediglich das Ergebnis der gesetzgeberischen Interessenabwägung um und füllt dieses aus. Hieraus kann sich weder ein Klauselverbot nach §§ 308 oder § 309 BGB ergeben, noch kann diese Regelung eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB darstellen.413 Wäre dennoch eine Inhaltskontrolle der Klausel möglich, würde die Entscheidung der Legislative indirekt durch die Judikative beurteilt und kontrolliert werden können.414 Eine solche Normverwerfungskompetenz ist den einfachen Gerichten verwehrt und nur dem Bundesverfassungsgericht eröffnet.415 Es steht dem Gericht nicht zu, über die gesetzgeberische Entscheidung zu urteilen. Soweit der Gesetzgeber Regelungen selbst getroffen hat, unterliegt die Klausel zumindest dann nicht der AGB-Kontrolle, wenn der gewährte Gestaltungsspielraum faktisch nur durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgefüllt wird. Soweit solche Spielräume bestehen, sind diese vom Gesetzgeber gebilligt und können daher – von Fragen der Transparenz einmal abgesehen – keine unangemessene Benachteiligung sein. Die vorliegende Klausel gestaltet die Beteiligung an den Überschüssen näher aus und hält sich – wie bereits oben festgestellt416 – in den von § 153 VVG gesetzten Grenzen. Dementsprechend unterliegt sie nicht der vollständigen Inhaltskontrolle, sondern lediglich der Transparenzkontrolle. 3. Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Die in Frage stehende Klausel könnte allenfalls gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verankerte Transparenzgebot verstoßen und aus diesem Grund unwirksam sein. Diese Kontrolle ist auch möglich, wenn die fragliche Klausel weder von Rechtsvorschriften abweicht noch diese ergänzt und greift auch bei der Beschreibung von Hauptleistungen.417 Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Hierbei kommt es nicht nur auf die Verständlich413  Vgl. Erman / Roloff, § 307 Rn. 38; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 156; vgl. auch Ebers, Überschussbeteiligung, S.  324 ff. 414  MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 6; Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 70; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 17; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 424; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 326. 415  Das Verfahren hierzu ist eine abstrakte oder konkrete Normenkontrolle. In der hier vorliegenden Situation hätte das einfache Gericht die konkrete Norm, in diesem Fall § 153 VVG, gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn es sie für verfassungswidrig hält. 416  Siehe Kapitel 3 C. II. 417  Schwab, AGB-Recht, Rn. 547.

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Kap. 3: Untersuchung

keit der Klausel an. Vielmehr muss die Klausel auch die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie es nach den Umständen gefordert werden kann.418 Aus der formellen Unklarheit der Klausel muss auch eine materielle Benachteiligung entstehen.419 Das Transparenzgebot enthält verschiedene Einzelgebote:420 Neben der materiellen Richtigkeitsgewähr einer Klausel muss der Tatbestand dieser auch möglichst konkret und differenziert ausformuliert sein, damit möglichst wenige Spielräume beim Verwender verbleiben, welche eine unangemessene Belastung für den Vertragspartner darstellen können (Bestimmtheitsgebot). Die gesamte Klausel muss darüber hinaus auch dem Verständlichkeitsgebot genügen, welches grundsätzlich voraussetzt, dass die aus der Klausel entstehenden Rechte und Pflichten für einen Durchschnittskunden möglichst klar, verständlich und widerspruchsfrei dargestellt werden. Hierbei stehen Bestimmtheits- und Verständlichkeitsgebot in Konkurrenz zueinander.421 Durch die Abstraktheit des Produktes Versicherung müssen alle Leistungen und die damit zusammenhängenden Regelungen detailliert beschreiben werden. Dies führt zu der Gefahr, dass ein durchschnittlicher, nicht juristisch vorgebildeter Versicherungsnehmer, den Gehalt dieser Regelungen nicht mehr überblicken und nachvollziehen kann. Wegen des überaus komplexen Systems der Überschussermittlung und -beteiligung, ist in diesem Rahmen ein besonderes Augenmerk auf die Transparenz zu legen, weshalb diese Konkurrenz bei Leistungsbeschreibungen betreffend den Überschuss auch im Besonderen zu Tage tritt.422 Bei dem Grad der Konkretisierung sowie der Formulierung der Klausel ist also ein Kompromiss zu finden, welcher unter Berücksichtigung des Verständnishorizonts der Versicherungsnehmer deren Informationsbedürfnis bestmöglich gerecht wird. Die verschiedenen Schritte der Überschussbeteiligung werden weitestgehend vom Gesetzgeber vorgeschrieben und erfolgen nach einem vom Unternehmen festgelegten Verfahren.423 Aufgrund der hohen Komplexität sind sie für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht vollständig nachvoll418  So ständige Rechtsprechung: BGH NJW 2010, 3152, 3154; BGH NJW-RR 2010, 739, 740; BGH NJW 2007, 2176; BGH NJW 2001, 2014 (2. Leitsatz); BGH NJW 1999, 2279, 2280; BGH NJW 1998, 454, 456; BGH NJW 1990, 2383, 2384. 419  Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 330; von Westphalen, NJW 2002, 12, 17; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 250. 420  Hierzu: Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 253; Ebers, Überschussbeteiligung S. 294 ff.; Palandt / Grüneberg, § 307 Rn. 25 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 335 ff. 421  Paulusch, Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 55, 74 m. w. N.; so wohl auch Lindacher, Vorträge zur Rechtsentwicklung, 347, 348; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 296 f. 422  Bezogen auf das Versicherungsrecht allgemein: Römer, NVersZ, 97, 103 f. 423  Vergleiche Kapitel 2 C. III; siehe auch Ebers, Überschussbeteiligung S. 40 ff.



B. Überschussklausel165

ziehbar. Hinzu kommt diesbezüglich ein Geheimhaltungsinteresse des Versicherers, sodass keine Offenlegung aller Berechnungsgrundlagen stattfindet. Bezüglich der Transparenz einer Überschussklausel entspricht es der inzwischen ständigen Rechtsprechung, dass die Versicherer nicht verpflichtet sind, die „eingeräumten Spielräume zu offenbaren.“424 Grund hierfür ist die besondere Komplexität von Bestimmungen der Überschussbeteiligung, weshalb es unmöglich sei, diese in der „für Allgemeine Versicherungsbedingungen erforderlichen gedrängten, übersichtlichen und verständlichen Form zu vermitteln.“425 Das Transparenzgebot verlangt eine für den Versicherungsnehmer verständliche Darstellung nur, soweit dies nach den Umständen gefordert werden kann.426 Nach Auffassung der Literatur ist dies erreicht, wenn die Klausel so formuliert ist, dass ein Fachmann – bei welchem sich der Versicherungsnehmer notfalls Rat holen kann – sie verstehen und nachvollziehen kann.427 Nach Auffassung der Rechtsprechung muss der Versicherer jedenfalls auf die Anwendung der entsprechenden Gesetze hinweisen, dem Versicherungsnehmer potenzielle wirtschaftliche Nachteile vor Augen führen,428 und deutlich machen, dass er mit einer bestimmten Höhe des Überschusses nicht rechnen kann.429 Letzteres ist bereits anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer auf die für den Überschuss maßgeblichen Faktoren hingewiesen wird.430 Die hier in Frage stehende Klausel betrifft die konkrete Verwendung der Überschussanteile bei dem Versicherungsnehmer und damit den letzten Schritt des Verfahrens. Dieser ist vergleichsweise einfach darzustellen und nachzuvollziehen. Der Begriff des Deckungskapitals ist ebenso wie der Begriff einer (überschussfinanzierten) Zusatzrente einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages beabsichtigt bekannt. Dementsprechend bedarf es in Bezug auf die Regelung selbst keinen besonderen, weiterführenden Erläuterungen durch den Versicherer. Etwas anderes gilt für die Auswirkungen der Klausel. Je nach sonstiger Vertragsgestaltung bewirkt die Klausel, dass die Überschussbeteiligung nicht 424  BGHZ 147, 354, 367 = NJW 2001, 2014, 2018, (vgl. auch den 3. Leitsatz der Entscheidung) mit Verweis auf das insofern immer noch aktuelle Urteil BGHZ 128, 54 ff. 425  BGH NJW 2001, 2014, 2018. 426  BGHZ 141, 137, 143; vgl. BGHZ 136, 394, 401. 427  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 194; Römer / Langheid, vor § 1 Rn.  31 ff., 71. 428  BGHZ 147, 354 (2. Leitsatz). 429  BGH NJW 2001, 2014, 2019. 430  BGH NJW 2001, 2014, 2019.

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Kap. 3: Untersuchung

zwingend zu einer Erhöhung der Rente führt. Dies bedarf einer Transferleistung durch den Versicherungsnehmer und ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres eindeutig erkennbar. Daher ist auf diese mögliche Folge ausdrücklich hinzuweisen. Dies folgt bereits daraus, dass die wirtschaftlichen Nachteile der Klausel für den Klauselgegner erkennbar sein müssen. Andernfalls stellt die Klausel aufgrund ihrer Intransparenz eine unangemessene Benachteiligung dar.

V. Vereinbarkeit mit dem VAG Das Aufsichtsrecht trifft bezüglich der konkreten Art der individuellen Überschussbeteiligung nur wenige Regelungen. Insofern ist nur der auf § 145 VAG431 zurückgehende § 4 MindZV zu beachten. Dieser schreibt vor, dass der Versicherer seine Versicherungsnehmer „angemessen“ an den Überschüssen zu beteiligen hat. Was angemessen in diesem Sinne bedeutet, wird durch die Absätze 3 bis 5 näher konkretisiert. In diesen wird allerdings nur geregelt, auf welche Weise der Versicherer diejenigen Beiträge zu reservieren hat, die für die Überschussbeteiligung zur Verfügung stehen müssen. Regelungen bezüglich der genauen Überschussbeteiligung wie beispielsweise Höhe, Art und Zeitpunkt der Zuteilung werden hiervon nicht getroffen, sondern sind von den Parteien zu vereinbaren.432 Dementsprechend stehen aufsichtsrechtliche Regelungen der Klausel zur neuartigen Überschussverwendung nicht entgegen.

VI. Ergebnis Die geplante Verwendung der Überschussanteile zur Erhöhung des individuellen Deckungskapitals verstößt nicht gegen geltendes Recht. Insbesondere besteht keine ungeschriebene Pflicht, die Überschussanteile zwingend zur Finanzierung einer Garantieleistung zu verwenden. Auch kann eine entsprechende Klausel den Anforderungen des AGB-Rechts genügen. Insofern bestehen keinerlei rechtliche Bedenken gegen die Vereinbarung einer solchen Klausel. Eine mögliche Formulierung könnte wie folgt lauten: „Die Überschussbeteiligung wird auf das individuelle Deckungskapital gutgeschrieben und wirkt sich so mittelbar auf die Berechnung der Rente aus.“

431  Entspricht

inhaltlich unverändert § 81c Abs. 1 VAG a. F. § 153 Rn. 20 f.; so auch BT-Drucks. 16 / 3945, S. 52, 96. 432  Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann,



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 167

C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel Beide Klauseln wurden im Rahmen dieser Arbeit bereits untersucht und jeweils für sich als rechtskonform beurteilt. Trotz dieses Ergebnisses ist die gleichzeitige Vereinbarung dieser Klauseln in einem Produkt wegen ihrer gegenseitigen Auswirkungen gesondert zu prüfen. Entsprechend der Überschussklausel wird der dem Versicherungsnehmer zustehende laufende Überschuss auf dessen Deckungskapital angerechnet, welches Grundlage für die Berechnung der Rentenhöhe ist. Durch die gleichzeitige Vereinbarung der Aufschubklausel mit garantierter Mindestrente433 kann folgende Situation entstehen: Bei negativer Entwicklung der Rechnungsgrundlagen ist es möglich, dass die auf Grundlage des Deckungskapital errechnete Rente unter der garantierten Mindestrente bleibt, sodass dem Versicherungsnehmer in diesem Fall nur die Mindestrente gezahlt wird. Diese ist abstrakt und unabhängig von der Höhe des Deckungskapitals garantiert. Da das Deckungskapital für die Mindestrente nicht ausschlaggebend ist, hat der Versicherungsnehmer durch die ihm zugeteilten Überschüsse keinen spürbaren Mehrgewinn. In dieser Konstellation unterscheidet sich die Höhe seiner Rente nicht von dem Fall, dass die Überschussbeteiligung bei Vertragsbeginn ausgeschlossen wurde. Durch das Zusammenwirken beider Klauseln partizipiert der Versicherungsnehmer de facto nicht an der Überschussbeteiligung. Die ihm während der Ansparphase zugeteilten Überschuss­ anteile wirken sich nicht auf seine endgültige Rente aus.

I. Rechtliche Konstruktion Für Praxis und Theorie gleichermaßen interessant ist, wie diese Konstruktion des möglichen Ausschlusses rechtlich einzuordnen ist. Hierbei kommt insbesondere die Einordnung als Rücktrittvorbehalt oder als ein doppelt bedingter Ausschluss in Betracht. Der Unterschied beider Konstruktionen besteht darin, dass die Rechtswirkungen einer Bedingung mit Eintritt dieser automatisch eintreten, während die Rechtsfolgen bei einem Rücktrittsvorbehalt erst durch eine zusätzliche Rücktrittserklärung herbeigeführt werden und sich nach §§ 346 ff. BGB richten.434 433  Wie unter Kapitel 3 A. 3. d) bb) untersucht ist die Klausel ohne Ergänzung einer garantierten Mindestrente bereits zwingend nach §§ 307 ff. BGB unwirksam, sodass hier nur die Konstellation mit Mindestrente untersucht wird. 434  Staudinger / Bork, Vorbemerkungen zu § 158–163 Rn. 10; Erman / Armbrüster, § 158 Rn. 6; MüKo / Westermann, § 158 Rn. 57; Bamberger / Roth / Rövekamp, § 158 Rn. 38.

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Kap. 3: Untersuchung

1. Rücktrittsvorbehalt Der Rücktritt setzt zwingend eine Rücktrittserklärung durch den Versicherer voraus, in welcher er deutlich zum Ausdruck bringt, von seiner Leistungspflicht Abstand zu nehmen. Eine ausdrückliche Erklärung des Versicherers, dass er von seiner bei Vertragsschluss versprochenen Leistung zur Beteiligung des Versicherungsnehmers an den Überschüssen zurücktritt ist hierbei für den Versicherer aus image- und geschäftspolitischen Gründen unbedingt zu vermeiden. Für Verbraucherschützer und Medien ist schon eine Senkung des Überschusses und seiner Prognose – unabhängig davon, dass das Vorgehen rechtskonform ist – ein gern aufgegriffenes Thema. Das ohnehin schon schlechte Image der Rentenversicherungsprodukte und -unternehmen würde durch eine ausdrückliche Rücktrittserklärung von der doch so bedeutenden Überschussbeteiligung weiter verschlechtert werden und ist daher unbedingt zu vermeiden. Insofern kann die Rücktrittserklärung allenfalls in der Mitteilung des Versicherers gesehen werden, in welcher er den Versicherungsnehmer über die konkrete Höhe seiner Rentenansprüche informiert. Anhand dieser Mitteilung kann der Versicherungsnehmer erkennen, ob er lediglich die garantierte Mindestrente erhält oder die höhere anhand der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Rechnungsgrundlagen berechnete Rente. Diese Willenserklärung könnte damit gleichzeitig mit der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts die Rücktrittserklärung bezüglich der Überschussbeteiligung enthalten. Entfällt die Überschussbeteiligung rückwirkend auf Grund einer Erklärung durch den Versicherer, so lassen sich allerdings nur schwerlich Argumente dafür finden, dass es sich im Ergebnis nicht um einen Ausschluss handelt. Das Vorenthalten einer Leistung auf Grund einer Willensentscheidung durch den Verpflichteten ist gerade das „Paradebeispiel“ eines Ausschlusses. Hinzu kommt, dass Rechtsfolge der Rücktrittserklärung das Entstehen eines Rückgewährschuldverhältnisses gemäß §§ 346 ff. BGB ist, welches auf Rückabwicklung der erbrachten Leistungen abzielt. Während der Ansparphase wurde der auf den jeweiligen Vertrag entfallende Überschuss auf das Deckungskapital gutgeschrieben und so an den Versicherungsnehmer eine Leistung erbracht, welche grundsätzlich rückabgewickelt werden kann und muss. Voraussetzung für den Rücktritt ist jedoch, dass der Wert des zugeteilten Überschussanteils unter die Mindestrente abgesunken ist. Da der Versicherungsnehmer in diesem Fall nie bereichert ist, kommt es tatsächlich auch nie zu einer Rückabwicklung. Die Rechtsfolge passt nicht zur tatsächlichen Situation. Das Instrument des Rücktritts bildet die hier vorgesehenen Rechtsbeziehungen nicht entsprechend ab, woran sich erkennen lässt, dass es für diese rechtliche Konstruktion weder vorgesehen noch geeignet ist. Der Gesetzgeber hat das Instrument des Rücktritts für den Fall einer Schlechtleis-



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 169

tung durch eine der Vertragsparteien vorgesehen. Er soll bewirken, dass beide Vertragsparteien so gestellt werden, wie sie nach Vertragsschluss aber vor Leistungsaustausch gestanden haben.435 Dies entspricht nicht der hier vorliegenden Situation. Weder liegt eine Pflichtverletzung durch eine der Parteien vor,436 noch ist es Ziel beider Parteien, den vor Leistungsaustausch bestehenden Zustand wiederherzustellen. Das Instrument des Rücktritts passt nicht auf die hier vorliegende Situation und Interessenlage. 2. Doppelte Bedingung, § 158 BGB Die gleichzeitige Verwendung von Überschussklausel und Aufschubklausel könnte aus rechtlicher Sicht einen doppelt bedingten Ausschluss der Überschussbeteiligung darstellen. Eine Bedingung ist eine Bestimmung, die an den ungewissen Eintritt eines bestimmten Ereignisses (Bedingungsfall) anknüpft und bei dessen Eintritt bestimmte Rechtsfolgen vorsieht.437 Eine Bedingung kann von den Parteien ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden und an jede künftige Begebenheit geknüpft werden, welche sowohl objektiv als auch nach dem Willen der Parteien ungewiss ist.438 Im hier vorliegenden Fall ist abzugrenzen, ob die Überschussbeteiligung auflösend bedingt gewährt oder aufschiebend bedingt ausgeschlossen wird. Das Bedingen einer Rechtsfolge kann je nach Sichtweise immer entweder als auflösende oder als aufschiebende Bedingung angesehen werden. Im ersteren Fall wird direkt das Vollrecht erworben, wobei beim anderen Geschäftspartner ein Anwartschaftsrecht verbleibt, welches erst bei Eintritt der Bedingung wieder zum Vollrecht erstarkt.439 Handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung, so wird zunächst lediglich ein Anwartschaftsrecht erworben, welches erst mit Eintritt der Bedingung zum Vollrecht erstarkt.440 Beiden Alternativen ist gemeinsam, dass ein Vollrecht und ein Anwartschaftsrecht entstehen – jedoch je nach Art der Bedingung beim jeweils anderen Geschäftspartner. 435  Bamberger / Roth / Schmidt,

§ 346 Rn. 1, 23. der Rücktritt durch den Versicherer erklärt wird, kommt nur eine Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers in Betracht. 437  MüKo / Westermann, § 158 Rn. 8; Bamberger / Roth / Rövekamp, § 158 Rn. 3; Staudinger / Bork, Vorbemerkungen zu §§ 158–163 Rn. 5 f.; Palandt / Ellenberger, § 158 Rn. 1. 438  Staudinger / Bork, Vorbemerkungen zu §§ 158–163 Rn. 3 f.; Prütting / Wegen /  Weinreich / Brinkmann, § 158 Rn. 3; Jauernig / Mansel, § 158 Rn. 1; Wolf / Neuner, § 52 Rn. 1. 439  Staudinger / Bork, § 158 Rn. 3. 440  MüKo / Westermann, § 158 Rn. 9, 38 ff.; Jauernig / Mansel, § 158 Rn. 7, 8; Bamberger / Roth / Rövekamp, § 158 Rn. 20 ff. 436  Da

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Kap. 3: Untersuchung

Bezüglich der Art der Bedingung besteht keine allgemeingültige Rechtsvermutung oder Auslegungsregel, sodass der entsprechende Parteiwille anhand der Umstände des Einzelfalles auszulegen ist.441 Hierbei ist zu beachten, dass der Versicherer die Überschussbeteiligung grundsätzlich gewährt und insbesondere keinen expliziten Ausschluss vereinbart hat. Unabhängig von der Wahrscheinlichkeitsverteilung, ob die Überschussbeteiligung dem Versicherungsnehmer zu Gute kommt oder nicht, stellt die Gewährung der Überschussbeteiligung den Standardfall dar. Bei Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung steht dem Versicherungsnehmer zunächst ein Anwartschaftsrecht an der Überschussbeteiligung zu, während er bei einer auflösenden Bedingung zunächst Vollrechtsinhaber wird. Wegen der grundsätzlich gewährten Überschussbeteiligung und der damit einhergehenden Zuteilung zum (Deckungs-)Kapital des Versicherungsnehmers handelt es sich um eine auflösende Bedingung. Hierbei ist die Überschussbeteiligung – je nach übrigen Regelungen des Vertrages – nicht einfach, sondern doppelt auflösend bedingt: Erste Bedingung ist, dass sich die für maßgeblich erklärten Rechnungsgrundlagen des Versicherungsunternehmens in dem Maße negativ entwickelt haben, dass die auf Basis des angesammelten Deckungskapitals errechnete Rente unter der Garantierente liegt und dem Versicherungsnehmer nur ebendiese ausgezahlt wird. Bleiben die Rechnungsgrundlagen gleich oder verbessern sie sich, partizipiert der Versicherungsnehmer durch ein erhöhtes Deckungskapital wie oben beschrieben an den Überschüssen. In diesem Fall ist die Bedingung nicht eingetreten. Der Versicherungsnehmer wird an den Überschüssen beteiligt, sodass kein Unterschied zu einem klassischen Rentenversicherungsvertrag besteht. Wird im Rentenversicherungsvertrag ein Kapitalwahlrecht vereinbart,442 kann sich der Versicherungsnehmer vor Beginn der Bezugsphase zwischen Verrentung und Einmalauszahlung entscheiden. Übt der Versicherungsnehmer das Kapitalwahlrecht zu Gunsten der Einmalauszahlung aus, berechnet sich die Höhe des Anspruchs auf Basis des Deckungskapitals, auf welches die Überschussbeteiligung angerechnet wurde, sodass ihm diese zugutekommt. Sofern also ein Kapitalwahlrecht vereinbart wurde, ist zweite Bedingung, dass der Versicherungsnehmer sich trotz Eintretens der ersten Bedingung nicht zugunsten einer Einmalauszahlung entscheidet. 441  Jauernig / Mansel, § 158 Rn. 2; Staudinger / Bork, § 158 Rn. 4; Bamberger /  Roth / Rövekamp, § 158 Rn. 8. 442  Die Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts schließt gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) aa) EStG die Einstufung des Produktes als Rürup-Rente aus. Bei einer Rieser-Rente beschränkt sich das Kapitalwahlrecht gemäß § 1 Nr. 4a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) auf maximal 30 % des Kapitals.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 171

3. Ergebnis Die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel ist rechtlich eine (doppelt) auflösende Bedingung.

II. Vereinbarkeit mit § 153 VVG Dem Versicherungsnehmer wird zwar der auf ihn entfallende Anteil der Überschussbeteiligung ordnungsgemäß zugeteilt, dennoch wirkt sich dies in der oben genannten Konstellation nicht auf die Höhe seiner tatsächlichen Rente aus, sodass der Versicherungsnehmer im Ergebnis durch die Überschussbeteiligung keinen finanziellen Vorteil erhält. Dies ist insofern prob­ lematisch, als § 153 Abs. 1 VVG definiert, dass die Überschussbeteiligung nur durch „ausdrückliche Vereinbarung“ und „nur insgesamt ausgeschlossen werden [kann]“. Das Zusammenspiel beider Klauseln sieht keinen ausdrücklichen Ausschluss der Überschussbeteiligung vor. Vielmehr lässt sich nur ein Szenario konstruieren, in dem sich die Überschussbeteiligung faktisch nicht auswirkt. Zu erläutern ist, ob dies einen konkludenten, rückwirkenden Ausschluss der Überschussbeteiligung darstellt, welcher gegen § 153 VVG verstoßen würde. Sofern das zu bejahen ist, wäre dieser Sachverhalt wegen § 171 VVG nur problematisch, wenn die Abweichung von § 153 VVG auch nachteilig für den Versicherungsnehmer ist. Zur Beantwortung dieser Fragen sind zunächst Zweck und Regelungsgehalt der Norm zu ermitteln. 1. Normzweck und Regelungsgehalt Der Versicherungsnehmer hat auf Grund der aufsichtsrechtlichen Regelungen zur Prämienkalkulation einen Anspruch auf Beteiligung an erwirtschafteten Überschüssen des Versicherungsunternehmens.443 Dieser Anspruch ist erst mit der VVG-Reform 2008 auch gesetzlich normiert worden. Davor beruhte er allein auf den zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer vereinbarten AVB.444 Die Überschussbeteiligung wurde aus Wettbewerbsgründen zwar in der Regel gewährt, dennoch hatte der Versicherer bezüglich der Ausgestaltung der Überschussbeteiligung einseitige Gestaltungsspielräume, die vom Versicherungsnehmer weder überblickt noch bewertet werden konnten.445 Insbesondere konnte der Versicherer die Überschussbeteiligung zu einem beliebigen Teil gewähren oder ausschließen und frei ausgestalten. 443  Siehe

unter Kapitel 1 B. II. 2.

444  Looschelders / Pohlmann / Krause,

§ 153 Rn. 2; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 1, 5; Römer / Langheid, § 153 Rn. 1. 445  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1.

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Kap. 3: Untersuchung

Zwar bestand ein Anspruch des Versicherungsnehmers, dieser bot dem Versicherungsnehmer wegen des beliebigen Umfangs jedoch nur wenig Schutz.446 Von Seiten des Versicherers war vor der VVG-Reform lediglich § 81c Abs. 1 VAG447 zu beachten, welcher eine „angemessene Zuführung“ vorschreibt. Unabhängig davon, dass eine angemessene Zuführung keine unwiderrufliche Zuteilung an den einzelnen Versicherer, sondern lediglich die Bildung ausreichender Rückstellungen bedeutet, ist auch die Grenze der Angemessenheit sehr schwammig und kann unter gewissen Voraussetzungen durch den Versicherer abgesenkt werden.448 Hinzu kommt, dass die Aufsichtsbehörde zwar den Schutz der Versichertenbelange wahren soll, diese Aufgabe jedoch nur im Allgemeininteresse wahrnimmt, sodass ein subjektives Recht des Bürgers auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde nach weit überwiegender Auffassung nicht besteht.449 Um dem Versicherungsnehmer einen gesetzlich gesicherten Anspruch zu vermitteln, wurde § 153 VVG eingeführt. Nach dieser Norm stellt die Überschussbeteiligung den Normalfall im Rahmen einer Lebensversicherung dar.450 Mit ihm ist der Anspruch auf Überschussbeteiligung nicht mehr bloß vom Willen des Versicherers abhängig. Er stärkt die Position des Versicherungsnehmers und gewährt diesem grundsätzlich ein subjektives einklagbares Recht auf Beteiligung am Überschussergebnis und den Bewertungsreserven,451 sodass der Versicherungsnehmer durch die Möglichkeit, eine zivilrechtliche Klage gegen den Versicherer zu erheben, geschützt ist. Wegen § 153 Abs. 2 und Abs. 3 VVG besteht auch eine Kontrollmöglichkeit bezüglich der Einhaltung des verursachungsorientierten Verfahrens.452 Gleichzeitig wird der zwar umstrittene,453 jedoch vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene 446  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 7; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1; vgl. Römer, DB 2007, 2523, 2526. 447  Entspricht inhaltlich unverändert § 140 Abs. 2, 3 VAG n. F. 448  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 1. 449  Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S.  361, VersicherungsrechtsHandbuch / Lorenz, § 1 Rn. 46; Prölss / Kollhosser, § 81 Rn. 124 ff. Der EuGH hat diese Auffassung mit Urteil vom 12.10.2004 auch als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen: EuGH NJW 2004, 3479 (2. Leitsatz); vgl. auch BVerwG VersR 1996, 1133; VG Frankfurt / M. VersR 2004, 1397 f.; andere Auffassung: Scholz, ZVersWiss 73 (1984), 1, 15; Schenke; FS Lorenz, S. 473, 491; zustimmend Winter, Versicherungsaufsichtsrecht, S. 73 f.; siehe auch unter Kapitel 2 C. I. 450  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 95 f.; vgl. zur davor bestehenden Rechtslage Basedow, ZVersWiss (81) 1992, 419, 433. 451  Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 16; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 11. 452  Ausführlich dazu Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 29 ff.; siehe auch Kapitel 2 C. III. 2. 453  Siehe unter Kapitel 2 C. III. 3.; außerdem: Schairer, Beteiligung, S.  40 ff.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 173

Auftrag, die Versicherungsnehmer angemessen an den durch die Prämienzahlung geschaffenen Vermögenswerten zu beteiligen,454 umgesetzt.455 Außerdem soll § 153 VVG in Verbindung mit bestimmten Informationspflichten für mehr Transparenz sorgen.456 § 2 Abs. 1 Nr. 3 VVG-InfoV bestimmt, dass dem Versicherungsnehmer Angaben zur Berechnung der Überschussermittlung und -beteiligung zu machen sind. Die praktische Umsetzung dieser Vorschrift ist allerdings problematisch. Einerseits soll eine Unterinformation gerade vermieden werden, andererseits hilft eine Fülle an Informationen wegen der hohen Komplexität der Materie und der damit einhergehenden zwangsläufig eingeschränkten Möglichkeit des Versicherungsnehmers, die Regelungen vollständig zu verstehen und nachvollziehen zu können,457 auch nicht weiter. Insofern ist ein Kompromiss zwischen ausreichenden Informa­ tionen und Darstellbarkeit dieser zu finden. Dem Versicherungsnehmer müssen die wichtigsten Grundlagen mitgeteilt werden, sodass er den Umfang der Überschussbeteiligung annähernd ermitteln kann, und für ihn deutlich wird, auf welche Art er konkret an den Überschüssen beteiligt wird (Direktgutschrift, Zusatzrente, Prämienverrechnung, usw.).458 Anhand dieser Grund­ informationen soll der Versicherungsnehmer die Produkte untereinander vergleichen können und das für ihn vorteilhafteste heraussuchen.459 Die Norm des § 153 VVG regelt in Absatz 1 einen Anspruch des Versicherungsnehmers auf Überschussbeteiligung nur dem Grunde nach.460 Die konkrete Ausgestaltung des Anspruchs wird weiterhin durch die AVB des Versicherers erreicht.461 Da die Höhe des Überschussergebnisses von Jahr zu Jahr schwankt und der Versicherer einen Teil des Überschusses den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) zuordnet, kann bei Vertragsschluss 454  BVerfGE 114, 73 ff. = NJW 2005, 2376 (Leitsatz). Grundsätzlich dazu Bruck /  Möller / Baumann, § 1 Rn. 259 ff. 455  Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 2 f.; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 2; Engeländer, VersR 2007, 155. 456  Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 2; Römer / Langheid, § 153 Rn. 5 f.; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 13 ff.; Engeländer, VersR 2007, 155. 457  BGH VersR 2001, 841, 846. 458  Schwintowski / Brömmelmeyer / Mauntel, § 2 VVG-InfoV Rn. 8; Präve, VersR 2008, 151, 153; Looschelders / Pohlmann / Schäfers, § 2 VVG-InfoV Rn. 14; Brömmelmeyer, VersR 2009, 584, 590. 459  Versicherungsrechts-Handbuch / Brömmelmeyer, § 42 Rn. 67; Looschelders /  Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 33; BT-Drucks. 16 / 3945, S. 95; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Castellvi, § 2 VVG-InfoV Rn. 1. 460  Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 16; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 12; Wandt, Versicherungsrecht, Rn.  1209 f. 461  Prölss / Martin / Reiff, § 153 VVG Rn. 1, 12; Versicherungsrechts-Handbuch /  Brömmelmeyer, § 42 Rn. 286; Römer / Langheid, § 153 Rn. 2.

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Kap. 3: Untersuchung

kein konkreter, der Höhe nach bestimmter Zahlungsanspruch vereinbart werden. Entsprechend bezieht sich die vertragliche Ausgestaltung lediglich auf die Regelung des Beteiligungsverfahrens sowie auf die Art der Verwendung der Überschussanteile. Von dieser halbzwingenden Vorschrift ist gemäß § 171 VVG eine Abweichung zum Nachteil des Versicherungsnehmers nicht möglich. Dennoch ermöglicht das Gesetz einen Ausschluss der Überschussbeteiligung „durch ausdrückliche Vereinbarung […] insgesamt“, § 153 Abs. 1 VVG.462 Dass der Ausschluss nur insgesamt erfolgen darf, und die Beteiligung an den Bewertungsreserven nicht allein ausgeschlossen werden darf, resultiert aus den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben463 und hat insofern nur deklaratorische Bedeutung.464 Dass ein Ausschluss der Überschussbeteiligung überhaupt möglich ist, ist auf den ersten Blick überraschend und erscheint dem Gesetzeszweck und der Gesetzessystematik zuwider, da es sich hierbei um eine Abweichung vom Anspruch auf Überschussbeteiligung handelt, welcher – zumindest scheinbar – zu Lasten des Versicherungsnehmers geht.465 Allerdings ist die Norm des § 153 VVG als Ganzes zu sehen, welche den Ausschluss der Überschussbeteiligung ausdrücklich zulässt, und damit für eine Produktvielfalt auf diesem Gebiet sorgt. Sinn der Norm ist es, dem Versicherungsnehmer klar vor Augen zu führen, ob die Überschussbeteiligung ausgeschlossen ist.466 Dies wird durch einen ausdrücklichen, klar ausgestalteten und verständlich formulierten Hinweis gewahrt. Die Norm lässt dem Versicherer die Wahlmöglichkeit, die Überschussbeteiligung zu gewähren oder auszuschließen. Letzteres ist aus Transparenzgesichtspunkten nur unter engen Voraussetzungen zugelassen. Daher ist ein Ausschluss, der den Anforderungen des § 153 VVG genügt, noch keine Abweichung zu Lasten des Versicherungsnehmers gemäß § 171 VVG. Ein solcher Ausschluss kann auch durch AVB vereinbart werden, sofern die entsprechende Klausel dem Transparenzgebot genügt.467 462  Inwieweit von dieser Möglichkeit von den Versicherern gebrauch gemacht werden wird, bleibt abzuwarten; die Literatur steht einer Verbreitung des Überschuss­ ausschlusses (noch) eher skeptisch gegenüber: Vgl. Prölss / Martin / Reiff, § 153 VVG Rn. 13; Römer, r+s 2008, 405, 406. 463  BT-Drucks. 16 / 5862, S. 132. 464  Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 33. 465  Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 165. 466  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96. 467  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 96; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 33; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 46; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 45; gegenteilige Auffassung: Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 165, der in dem Ausschluss der Überschussbeteiligung einen Verstoß gegen § 138 BGB bzw. § 307 Abs. 1 BGB sieht und einen solchen für nicht mit § 11 Abs. 1, 11a



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 175

2. Zusammenspiel der Klauseln als nicht ausdrücklicher Ausschluss der Überschussbeteiligung Fraglich ist, ob die Kombination von Überschussbeteiligungsklausel und Aufschubklausel einen Verstoß gegen § 153 VVG darstellt. Die Überschussbeteiligung ist in den AVB des Produktes nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Wie beschrieben ist allerdings ein Szenario denkbar, in dem der Versicherungsnehmer durch die Beteiligung an den Überschüssen keinen Vorteil hat, für ihn also faktisch ausgeschlossen ist. Daher könnte es sich bei den vertraglichen Regelungen um einen konkludenten Ausschluss der Überschussbeteiligung handeln. Bei der Kombination der Klauseln handelt es sich jedenfalls nicht um einen generellen und grundsätzlichen Ausschluss der Überschussbeteiligung. Es besteht lediglich die Möglichkeit, dass eine ungünstige Entwicklung der Rechnungsgrundlagen dazu führen kann, dass das bereits angesparte Kapital – in welches auch die Überschussanteile des Versicherungsnehmers geflossen sind – nicht ausreicht, um eine höhere als die garantierte Rente zu finanzieren, sodass dem Versicherungsnehmer lediglich die garantierte Mindestrente ausgezahlt wird.468 Da sich die Überschussbeteiligung nicht auf die Höhe der Mindestrente auswirkt, macht es für den Versicherungsnehmer in diesem Fall mangels finanziellem Vorteil keinen Unterschied, ob die Überschussbeteiligung bei Vertragsschluss ausgeschlossen oder gewährt wird. Der Versicherungsnehmer partizipiert faktisch nicht an den Überschüssen. Ob diese Tatsache auch einen Ausschluss der Überschussbeteiligung und somit einen Verstoß gegen § 153 VVG darstellt, ist zu untersuchen. Hierzu ist der Geltungsbereich der Norm über den Wortlaut hinaus durch Auslegung der Norm zu erfassen. Es ist zunächst zu ermitteln, ob die oben beschriebene Konstellation überhaupt als Ausschluss zu werten ist. Ist das nicht der Fall, kann auch kein Verstoß gegen § 153 VVG vorliegen, da schon das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt ist. Wenn kein Ausschluss im Sinne der Norm vorliegt, so kann dieser denklogisch auch nicht ausdrücklich vereinbart werden. Das auf den ersten Blick so eindeutige Tatbestandsmerkmal des Ausschlusses wirft bei genauerer Untersuchung verschiedene Probleme auf. Zunächst und in Bezug auf die hier in Frage stehenden Klauseln stellt sich die Frage, ob auch ein bloß möglicher, weil bedingter Ausschluss den Tatbestand des § 153 VVG erfüllt.

Abs. 3 VAG a. F. vereinbar hält (heute inhaltlich unverändert § 138, 141 Abs. 5 VAG); differenzierend Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 19 ff. 468  Siehe oben Kapitel 3 D.

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Kap. 3: Untersuchung

Mit Blick auf weitere Gestaltungsmöglichkeiten von Rentenversicherungsprodukten und deren Überschussbeteiligung ergeben sich die weiteren Fragen, welche quantitativen und qualitativen Anforderungen an den Tatbestand des Ausschlusses zu stellen sind. In quantitativer Hinsicht ist zu erörtern, ob der Tatbestand den Entzug der Rechtsposition als Ganzes zwingend voraussetzt, oder bereits das Ausschließen nur eines Teils des Rechts den Tatbestand erfüllt. Für die Überschussbeteiligung bedeutet das, ob ein tatbestandsmäßiger Ausschluss bereits gegeben ist, wenn die Beteiligung an nur manchen Überschussquellen vorenthalten wird. Auch fraglich ist, welche qualitativen Anforderungen an einen Ausschluss zu stellen sind. Hier ist zu erörtern, ob eine bloße Beschränkung des Rechts ebenfalls als tatbestandsmäßiger Ausschluss zu werten sein kann. Darüber hinaus ist die Vorfrage zu untersuchen, ob die Regelung des Ausschlusses selbst final sein muss oder eine bloß faktische Wirkung ausreicht. Nachfolgend werden zunächst die quantitativen und danach die qualitativen Anforderungen an einen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG untersucht. a) Quantitative Anforderungen an einen Ausschluss im Rahmen des § 153 VVG § 153 VVG regelt, dass die Überschussbeteiligung nur insgesamt ausgeschlossen werden kann. Grund hierfür ist, für eine Verbesserung der Transparenz zu sorgen und so den Schutz des Versicherungsnehmers zu stärken. Wegen der vielen verschiedenen Überschussarten bestünde andernfalls die Gefahr, dass der Versicherer nur eine bestimmte Überschussart beispielsweise aus nur einer Überschussquelle gewährt, welche einen unbedeutenden Teil der gesamten Überschüsse ausmacht und so den bedeutenderen Teil der Überschüsse unbemerkt ausschließt. Aus der Gesetzesbegründung sind bezüglich der Frage, ob sich der Ausschluss auf das vollständige Recht beziehen muss, oder nur auf einen Teil davon, ebenso wenig Anhaltspunkte zu entnehmen wie aus zu der Norm bestehenden Literatur oder Gerichtsurteilen. Die Anforderungen an § 153 VVG sind durch Auslegung der Norm anhand ihres Wortlauts und tatsächlichem Zweck zu ermitteln. Zunächst ist der Wortlaut der Norm danach zu untersuchen, welche Bedeutung den verwendeten Worten zuteilwird.469 Die allgemeine Bedeutung des Wortes Ausschluss ist zu ermitteln. Auch die Bedeutung des Antonyms „Beteiligen“ verspricht bei der Beantwortung dieser Frage weiteren Aufschluss zu geben.

469  Vgl.

Wank, Auslegung, S.  41 ff.; Kramer, Methodenlehre, S. 56 ff.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 177

aa) Grammatikalische Auslegung Für das Wort Ausschluss werden im allgemeinen Sprachgebrauch die Worte „Beseitigung“, „Eliminierung“, „den Zugang unmöglich machen“ und „Ausgliedern“ synonym verwendet.470 Das Antonym „Beteiligung“ entspricht der Bedeutung von „Einbindung“, „Teilhabe“, „Mitwirkung“ und „Teilnah­ me“.471 Die Bedeutungen dieses Gegenteilpaares lassen darauf schließen, dass ein Ausschluss das völlige, (generelle) Gewähren bzw. Verwehren eines gewissen Guts beziehungsweise der Rechtsposition als Ganzes meint. Das bloß teilweise Gewähren bzw. Verwehren einer Leistung fällt jedenfalls nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht hierunter. Ein derartiger Sachverhalt wird als Be- oder Einschränken bezeichnet. Allerdings stimmt die im allgemeinen Sprachgebrauch beigemessene Bedeutung eines Wortes nicht immer mit der exakten juristischen Bedeutung überein.472 Daher ist zu untersuchen, ob der Gesetzgeber dem Wort Ausschluss eine weitergehende Bedeutung zumessen wollte. Anhaltspunkte hierfür liefert die (grammatikalische) Auslegung der Normen des VVG und des AGB-Rechts,473 in welchen der Gesetzgeber ebenfalls das Wort Ausschluss verwendet hat. Das Wort ausgeschlossen beziehungsweise Ausschluss ist in diversen Normen des BGB und des VVG zu finden,474 mit teilweise unterschiedlichem Normzweck und damit möglicherweise unterschiedlichem Regelungsgehalt. (1) Tatsächliche objektive Unmöglichkeit § 2 Abs. 2 VVG normiert, dass der Versicherer im Rahmen der Rückwärtsversicherung keinen Anspruch auf Prämienzahlung hat, wenn „der Eintritt des Versicherungsfalles ausgeschlossen ist“ und der Versicherer bei Abgabe seiner Vertragserklärung davon Kenntnis hatte. Dieser Norm liegt der Gedanke zugrunde, dass auch eine Rückwärtsversicherung ein ungewisses Ereignis versichern soll.475 Ausgeschlossen meint in diesem Zusammenhang 470  Vgl. https: /  / www.openthesaurus.de / synonyme / ausschluss (abgerufen am 06.12.2015). 471  https: /  / www.openthesaurus.de / synonyme / beteiligung (abgerufen am 06.12. 2015); http: /  / www.duden.de / rechtschreibung / Beteiligung (abgerufen am 06.12.2015). 472  Wank, Auslegung, S. 43. 473  Da die AVB der AGB-Kontrolle unterliegen, können auch diese Normen im Hinblick auf die Bedeutung eines „Ausschlusses“ herangezogen werden. 474  Vgl. §§ 2 II; 19 III 1, IV 1, V 2; 55 II 1; 108 II; 117 IV; 131 I; 163 I 2; 168 III; 203 II; 206 I VVG. 475  Langheid / Wandt / Muschner, § 2 Rn. 32; Römer / Langheid / Rixecker, § 2 Rn. 5; BK / Baumann, § 2 Rn. 29; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brömmelmeyer, § 2 Rn. 3.

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Kap. 3: Untersuchung

das wegen Zeitablauf tatsächliche Nicht-Eintreten-Können des Versicherungsfalles, also dass sich eine bestimmte Situation schon aufgrund naturgesetzlicher Umstände nicht mehr ereignen kann, und ist mit der Bedeutung der Unmöglichkeit gleichzusetzen. Im Gegensatz hierzu geht § 153 VVG davon aus, dass die Überschussbeteiligung grundsätzlich zur Disposition des Versicherers steht und nicht wegen tatsächlich unbeeinflussbarer Umstände nicht geleistet werden kann. Insofern liegen zwei völlig unterschiedliche Bedeutungsrichtungen vor, sodass sich aus § 2 Abs. 2 VVG keine Schlüsse ziehen lassen. (2) Versagung bzw. Entzug einer Rechtsposition „Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.“ Mit dieser Regelung ist § 275 Abs. 1 BGB wohl die bekannteste Norm, die einen Ausschluss regelt. Ein Ausschluss in diesem Sinne meint, dass ein dem Vertragspartner zustehendes Recht unter gewissen Voraussetzungen per Gesetz wieder entzogen ist. Durch die Konjunktion „soweit“ wird deutlich, dass auch nur ein Teil des Rechts entzogen werden kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Rechtsposition in einen unmöglich gewordenen und einen weiterhin möglichen Teil aufgespalten werden kann. In einem solchen Fall bezieht sich der Ausschluss nur auf den unmöglich gewordenen Teil der Leistung, sodass auch nur dieser unmöglich gewordene Teil der Leistung von der Norm erfasst und ausgeschlossen ist. Diese Regelung macht deutlich, dass der bloß teilweise Entzug der Rechtsposition gerade keinen Ausschluss bedeutet. Andernfalls wäre die Formulierung der Norm verfehlt, da nur die Formulierung mit „soweit“ einen Teilausschluss ermöglicht. Würde bereits auch ein Teilausschluss einen tatbestandlichen Ausschluss im Sinne der Norm darstellen, bedürfte es des Wortes „soweit“ nicht. Diese Formulierung wird auch in diversen anderen Normen verwendet, um einen Gleichlauf zwischen Tatbestand und Rechtsfolge herzustellen, indem es die Rechtsfolge nur für den Teil herbeiführt, welcher den Tatbestand erfüllt.476 Insofern setzt auch der Ausschluss im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB zwingend voraus, dass das Recht als Ganzes ausgeschlossen ist. Ist der Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB in Bezug auf den unmöglich gewordenen Teil der Rechtsposition erfüllt, ist auch nur dieser Teil ausgeschlossen – jedoch als Ganzes.

476  Vgl. beispielhaft im BGB: § 161 Abs. 1; § 323 Abs. 3; § 596a Abs. 2; § 773 Abs. 2; § 776; § 866.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 179

Dieselbe Bedeutung hat das Wort Ausschluss auch in zahlreichen Normen des VVG.477 Zu nennen ist hier beispielsweise § 19 Abs. 3 VVG, welcher ein unter bestimmten Voraussetzungen eingeräumtes Rücktrittsrecht des Versicherers beim Vorliegen gewisser Voraussetzungen wieder ausschließt. Durch diese Regelung soll nicht bewirkt werden, dass dem Versicherungsnehmer nur ein abgeschwächtes Rücktrittsrecht oder ein Recht zum Teilrücktritt zur Verfügung steht. Vielmehr soll ihm dieses Recht als Ganzes nicht mehr zustehen. Zur Erörterung des Bedeutungsgehalts eines Ausschlusses können auch § 8 Abs. 3 S. 2 VVG und seine Historie herangezogen werden. Hiernach erlischt das Widerrufsrecht unter bestimmten Voraussetzungen. Vor Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien478 lautete die Formulierung noch, dass das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Diese Änderung beabsichtigt ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich eine terminologische Klarstellung.479 Eine inhaltliche Änderung wurde hierdurch ausdrücklich nicht beabsichtigt, woraus zu schließen, ist dass der gesetzliche Ausschluss einer Rechtsposition mit dem Erlöschen dieser gleichzusetzen ist. Im Rahmen eines gesetzlichen Ausschlusses bedeutet ein Ausschluss also das Vorenthalten der gesamten Rechtsposition. Ein argumentum e contrario in dem Sinne, dass nur § 8 Abs. 3 S. 2 VVG geändert wurde, weil dieser Norm gerade eine andere Bedeutung zukommen solle als den Übrigen, ist nicht zu halten. Hieran ließe sich zwar denken, weil es dem Gesetzgeber möglich gewesen wäre, den Wortlaut der übrigen Normen ebenfalls anzupassen. Dagegen spricht allerdings der Auslöser der Formulierungsänderung: Durch die Richtlinienumsetzung ist das Widerrufsrecht im VVG dem BGB angepasst worden, wodurch sich diesbezüglich eine Änderung des Wortlauts angeboten hat.480 Dieser Grund bestand bei den übrigen Normen nicht, sodass es auch keine Veranlassung gab, den Wortlaut entsprechend anzupassen. Das bloße Untätigbleiben des Gesetzgebers kann nicht so interpretiert werden, als dass dieser eine differenzierte Bedeutung der Normen angestrebt hat. Der in Betracht gezogene Umkehrschluss vermag keinesfalls zu überzeugen. Es bleibt bei der oben erläuterten Wortbedeutung. Der gesetzliche Ausschluss im Sinne der vorgenannten Normen bedeutet die Versagung eines ansonsten bestehenden Rechts bei Vorliegen gewisser Umstände als Ergebnis einer gesetzgeberischen Interessenabwägung. Mit ei477  Vgl. §§ 19 Abs. 3, 4, 5 VVG; 55 Abs. 2 VVG; 117 Abs. 4 VVG; 131 Abs. 1 VVG; 163 Abs. 1 VVG; 206 Abs. 1 VVG. 478  Richtlinie 2007 / 64 / EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt sowie Richtlinie 2008 / 48 / EG über Verbraucherkreditverträge. 479  BR-Drucks. 848 / 08, S. 247. 480  BR-Drucks. 848 / 08, S. 247.

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Kap. 3: Untersuchung

nem gesetzlichen Ausschluss ist nicht der bloß teilweise Entzug einer Rechtsposition gemeint, sondern die anfängliche Versagung oder der nachträgliche Entzug dieser als Ganzes. (3) Ausschluss als dispositives Recht auf Tatbestandsseite Die Überschussbeteiligung kann gemäß § 153 VVG insgesamt und durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Diese und vergleichbare Normen meinen weder die tatsächliche Unmöglichkeit, noch das Vorenthalten eines Rechts von Gesetzes wegen. Im Zusammenhang mit einer derartigen Verwendung dieses Begriffs werden Anforderungen bzw. Voraussetzungen aufgestellt, unter welchen es den Parteien möglich ist, ein Recht vertraglich auszuschließen. Neben § 153 VVG ist für einen vertraglichen Ausschluss in diesem Sinne § 108 Abs. 2 VVG beispielhaft. Dieser bestimmt für die Haftpflichtversicherung, dass die „Abtretung des Freistellungsanspruchs […] nicht durch Allgemeine Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden kann.“ Auch in dieser Norm legt der Gesetzgeber Anforderungen fest, auf welche Art und Weise und unter welchen Voraussetzungen ein Recht – hier die Möglichkeit der Abtretung des Freistellungsanspruchs – vertraglich ausgeschlossen werden darf. Insofern entspricht die Art der Regelung derjenigen des § 153 VVG, sodass auch der Bedeutungsgehalt vergleichbar ist. Fraglich ist, ob § 108 Abs. 2 VVG einschlägig ist, beziehungsweise ein Verstoß hiergegen vorliegt, wenn die Abtretung nur zu einem gewissen Teil durch AVB ausgeschlossen ist. Vorstellbar wäre beispielsweise eine Teilabtretung in dem Sinne, dass der Versicherer in seinen AVB bestimmt, dass die Abtretung nur bis zu einer festgelegten Höhe des Anspruchs erfolgen darf. Übersteigt der Freistellungsanspruch diesen Wert, so kann der über die Abtretungsbefugnis hinausgehende Teil nicht abgetreten werden und verbleibt beim Versicherungsnehmer. Der abgetretene Zahlungsanspruch ist auch teilbar, sodass eine Teilabtretung grundsätzlich möglich wäre.481 In diesem Fall würde das Recht nicht gänzlich, sondern nur teilweise vorenthalten werden. Ob ein solcher Teilausschluss gleichermaßen einen Ausschluss im Sinne der Norm darstellt, ist zu untersuchen. Zweck der Norm ist es, die Interessen der geschädigten Dritten zu schützen.482 Nach § 108 Abs. 2 VVG soll der Versicherungsnehmer grundsätzlich die Möglichkeit haben, den Anspruch an den geschädigten Dritten abzutre481  MüKo / Roth / Kieninger,

§ 398 Rn. 63; Palandt / Grüneberg, § 398 Rn. 10. § 108 Rn. 1, 7; Schwintowski / Brömmenmeyer / Retter, § 108 Rn. 1; Bruck / Möller / Koch, § 108 Rn. 2, 6. 482  Looschelders / Pohlmann / Schulze / Schwienhorst,



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 181

ten, damit dieser den Versicherer direkt in Anspruch nehmen kann,483 was für den Versicherungsnehmer und den geschädigten Dritten eine verfahrensmäßige Erleichterung bedeutet.484 Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang zwar von einem generellen Abtretungsverbot,485 bezieht das generell allerdings nicht auf den Anspruchsumfang, sondern darauf, dass der Ausschluss nicht generell durch AVB erfolgen darf. Ein Abtretungsausschluss durch Individualvereinbarung soll weiter möglich sein. Insofern hilft die Gesetzesbegründung zur Beantwortung dieser Frage nicht weiter. Um den Zweck der Norm zu erreichen – insbesondere eine verfahrensmäßige Erleichterung und eine Erhöhung des Schutzes für den geschädigten Dritten – muss sich die Abtretungsmöglichkeit jedoch zwingend auf den gesamten Anspruch beziehen. Ansonsten würden beide Ziele allenfalls in dem Maße erreicht, wie die Abtretung möglich ist.486 Insofern liegt ein Ausschluss der Abtretungsmöglichkeit im Sinne des § 108 Abs. 2 VVG schon vor, wenn nur ein Teil der Rechtsposition vorenthalten wird. Zum gleichen Ergebnis führt auch ein Blick auf § 309 Nr. 8 lit. b aa) BGB. Dieser regelt, dass bei Kauf- und Werkverträgen die Rechte wegen eines Mangels nicht durch AGB ausgeschlossen werden dürfen.487 Um entsprechend dem Normzweck den Klauselgegner zu schützen wird der Tatbestand teilweise erweiternd ausgelegt. Ein Ausschluss im Sinne der Norm soll auch dann vorliegen, wenn die Klausel dazu führt, dass in bestimmten Sachverhaltskonstellationen488 keines der vom Gesetz vorgesehenen Mängelrechte in uneingeschränktem Umfang zur Verfügung steht,489 also auch, wenn bloß ein Teil der Mängelrechte vorenthalten wird. (4) Zwischenergebnis Die Untersuchung zeigt, dass ein Ausschluss im juristischen Sprachgebrauch mehrere Bedeutungen haben kann und dementsprechend zu differen16 / 3945, S. 86; Römer / Langheid, § 108 Rn. 16. § 108 Rn. 8. 485  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 86. 486  Gleiches Ergebnis Rüffer / Halbach / Schimikowski, § 108 Rn. 2, der das Verfügungsgebot ausdrücklich auf den gesamten Freistellungsanspruch bezieht. 487  Zur Erweiterung auch auf Rechtsmängel BT-Drucks. 14 / 6040, S. 158; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 8 lit b aa Rn. 6; Ulmer / Brandner / Hensen / Christensen, § 309 Nr. 8 Rn. 17. 488  BGH NJW 1980, 831, 832; Ulmer / Brandner / Hensen / Christensen, § 309 Nr. 8 Rn. 36. 489  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 8 lit. b aa) Rn. 13, 17; Ulmer /  Brandner / Hensen / Christensen, § 309 Nr. 8 Rn. 36; Palandt / Grüneberg, § 309 Rn. 63. 483  BT-Drucks.

484  Bruck / Möller / Koch,

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Kap. 3: Untersuchung

zieren ist. Ist die tatsächliche Unmöglichkeit eines Ereignisses gemeint oder wird ein gesetzlicher Ausschluss zwingend angeordnet, so ist damit das vollständige Nichteintreten des Ereignisses beziehungsweise der Entzug einer Rechtsposition als Ganzes gemeint. Der bloß teilweise Entzug ist gerade kein Ausschluss in diesem Sinne. Dies wird insbesondere durch die Formulierung des § 275 BGB deutlich. Handelt es sich dagegen – wie im Fall des § 153 VVG – um die Möglichkeit und die Voraussetzungen eines vertraglichen Ausschlusses, lässt sich aus § 108 VVG schließen, dass ein solcher bereits dann zu bejahen ist, wenn zwar nur ein Teil der Rechtsposition betroffen ist, dieser Teil jedoch vollständig verwehrt wird. bb) Teleologische Auslegung Aufschluss über die Tatbestandsreichweite des § 153 VVG verspricht eine teleologische Auslegung zu geben. Maßgeblich für den Inhalt der Norm sind der Sinn des Gesetzes und das mit der Norm verfolgte Ziel. Letzteres besteht darin, die Transparenz und die Rechtsposition des Versicherungsnehmers zu verbessern. Dies dient insbesondere der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an die rechtlichen Regelungen der Überschussbeteiligung.490 Dem Versicherungsnehmer wird ein gesetzlicher Anspruch auf Überschussbeteiligung eingeräumt. Auf einen Ausschluss muss der Versicherer – als Abweichung vom gesetzlich angenommenen Regelfall – ausdrücklich aufmerksam machen.491 Zur Verbesserung der Transparenz ist zudem ein Teilausschluss auf Tatbestandsseite untersagt, indem die Überschussbeteiligung nur insgesamt ausgeschlossen werden kann und damit der Ausschluss der Beteiligung nur an den Bewertungsreserven nicht möglich sein soll, § 153 Abs. 1 S. 1 VVG. Auch wenn der Gesetzgeber den Teilausschluss nur auf Tatbestandsseite ausdrücklich untersagt hat, so muss Gleiches auch für einen Teilausschluss auf der Rechtsfolgenseite gelten. Andernfalls würde die Stellung des Versicherungsnehmers nicht verbessert werden und der vom Gesetzgeber nicht gewollte Zustand gerade weiter bestehen. Für den Versicherungsnehmer ist es unerheblich, ob der Teilausschluss auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenseite besteht, da er sich für diesen in beiden Fällen negativ auswirkt. Der Normzweck kann nur erreicht werden, wenn ein tatbestandlicher Ausschluss bereits gegeben ist, sofern auch nur ein Teil der Überschussbeteiligung ausgeschlossen wird. 490  Insbesondere Bundesverfassungsgericht Urt. v. 26.07.2005  – 1 BvR 80 / 95 = VersR 2005, 1127 ff.; siehe auch unter Kapitel 1 C. III. 3. 491  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 95.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 183

cc) Ergebnis Ein Ausschluss im Sinne von § 153 VVG liegt auch vor, wenn sich dieser nur auf einen Teil der Überschussbeteiligung beziehungsweise nur auf die Beteiligung bestimmter Überschussquellen bezieht. Das ergibt sich aus einem Vergleich mit § 108 Abs. 2 VVG sowie dem Zweck der Norm. Auch die Formulierung von § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG selbst legt dieses Ergebnis nahe, indem die Norm ausdrücklich festlegt, dass die Überschussbeteiligung nur insgesamt ausgeschlossen werden kann. Wäre ein Teilausschluss von § 153 VVG nicht erfasst und damit nur ein Ausschluss insgesamt tatbestandlich, hätte § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG keinen eigenen Regelungsgehalt. Ihm käme lediglich deklaratorische Bedeutung zu. b) Qualitative Anforderungen Mit der Feststellung, dass ein Ausschluss im Sinne des § 153 VVG bereits vorliegt, wenn dem Versicherungsnehmer ein Teil der Überschussbeteiligung vollständig vorenthalten wird, ist noch nicht beantwortet, welche Anforderungen in qualitativer Hinsicht an dieses Vorenthalten bzw. die zugrundeliegende Regelung zu stellen sind. Diesbezüglich ist zum einen fraglich, welchen Charakter die Regelung selbst haben muss (1), also ob der Ausschluss durch eine finale Regelung herbeigeführt werden muss. Zum anderen ist zu erörtern, ob ein Ausschluss bereits vorliegt, wenn das Recht bzw. ein Teil des Rechts lediglich beschränkt wird (2). aa) Art der Regelung selbst Die Norm selbst regelt, dass die Überschussbeteiligung nur „durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann“, § 153 Abs. 1 S. 1 VVG. Diese grammatikalische Konstruktion suggeriert, dass nur eine finale Regelung diesen Tatbestand erfüllt. Nicht erfasst wäre demnach eine Regelung, welche einen Ausschluss nicht bezweckt, sondern in ihrer Rechtsfolge einem faktischen Ausschluss lediglich gleichkommt. Ein solches Normverständnis ist allerdings insofern problematisch, als die Norm unter anderem eine Verbesserung der Transparenz im Rahmen der Überschussbeteiligung bezweckt.492 Rein faktisch wirkende Ausschlüsse sind für den Versicherungsnehmer gerade schlechter zu erkennen, als eine finale Regelung, durch welche die Überschussbeteiligung ausdrücklich vorenthalten wird. Dementsprechend bedeutet ein bloß faktischer Ausschluss eine Verschlechterung der Transparenz und widerspricht damit gerade dem Zweck des § 153 VVG. 492  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 54, 95 f.

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Kap. 3: Untersuchung

Auch der Wortlaut der Norm, dass die Überschussbeteiligung nur durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann, bestätigt dieses Ergebnis: Eine Regelung ist nur dann zielgerichtet, wenn sie ihre Rechtsfolge ausdrücklich nennt. Dementsprechend kann ein finaler Ausschluss zwingend auch nur durch eine ausdrückliche Regelung herbeigeführt werden. Würde die Norm lediglich eine finale Regelung erfassen, hätte das Tatbestandsmerkmal „ausdrücklich“ rein deklaratorischen Charakter. Überdies bestünde Um­ gehungsgefahr, da der Versicherer durch geschickte vertragliche Gestaltung die Überschussbeteiligung auch durch nur mittelbar faktische Regelungen vorenthalten könnte. Unabhängig von der tatsächlichen Umgehungsgefahr – insbesondere unterliegen entsprechende Vereinbarungen als AVB der Inhalts- und Transparenzkontrolle – setzt ein Ausschluss im Sinne des § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG daher nicht zwingend eine finale Regelung durch den Versicherer voraus. Entscheidend ist allein das Ergebnis, dass dem Versicherungsnehmer die Überschussbeteiligung vorenthalten wird. Ein Ausschluss kann daher auch durch eine mittelbar faktische Regelung herbeigeführt werden. bb) Beschränkung als Ausschluss; weite Auffassung von § 153 VVG Darüber hinaus ist nicht eindeutig, ob ein Ausschluss und damit der Tatbestand des § 153 VVG bereits bei einer Beschränkung des Rechts auf Überschussbeteiligung erfüllt ist. Im Gegensatz zu einem Teilausschluss – der nach ausdrücklichem Wortlaut des § 153 VVG nicht möglich ist – ist hier nicht eine teilweise Erfüllung des Tatbestandes, sondern eine teilweise Erfüllung der Rechtsfolge gemeint. Dies ist etwa der Fall, wenn die Überschussbeteiligung zwar grundsätzlich gewährt wird, beispielsweise in Bezug auf verschiedene Nutzungsweisen allerdings eingeschränkt ist, sodass der Versicherungsnehmer in der Ausübung seines Rechts nicht vollkommen frei ist. Zu denken ist in diesem Zusammenhang exemplarisch an ein Verbot der Abtretung des Überschussanspruchs. Der Versicherer würde die Überschussbeteiligung zwar nicht tatsächlich vorenthalten, schränkt den Anspruch auf Überschussbeteiligung und die Möglichkeiten über diesen zu verfügen allerdings durch bestimmte Regelungen ein. Je nach Reichweite der Einschränkungen können diese im Ergebnis einem Ausschluss gleichkommen.493 Dementsprechend könnte die Auffassung vertreten werden, dass § 153 VVG bereits bei einer Beschränkung des Rechts eingreifen müsse. Denn sofern ein Recht beschränkt wird, bedeutet dieses Vorgehen gleichzeitig auch, dass das 493  Wie unter (I) erläutert kann ein solcher faktischer Ausschluss auch tatbestandsmäßig sein.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 185

Recht in Bezug auf diese Nutzungs- oder Verwertungsmöglichkeit ganz ausgeschlossen ist. (1) Vergleich mit anderen Normen Anhaltspunkte für die Beantwortung dieser Frage können Normen geben, welche ebenfalls einen vertraglichen Ausschluss regeln und die gleiche Bedeutungs- und Schutzrichtung wie § 153 VVG – nämlich Verbesserung der Transparenz und der Position des Versicherungsnehmers allgemein – aufweisen. Ergibt diese Untersuchung, dass ein Ausschluss schon zu bejahen ist, wenn ein grundsätzlich gewährtes Recht selbst beziehungsweise dessen Ausübung beschränkt wird, liegt es nahe, dieses Ergebnis auch auf § 153 VVG zu übertragen. (a) § 108 Abs. 2 VVG Wie bereits erörtert regelt § 108 Abs. 2 VVG mit dem Ausschluss der Abtretung des Freistellungsanspruchs in AVB ebenfalls einen vertraglichen Ausschluss. Der Versicherungsnehmer soll den Freistellungsanspruch gegen den Versicherer grundsätzlich an den geschädigten Dritten abtreten können. Ein Ausschluss durch die AVB des Versicherers soll nicht möglich sein. Diese Regelung dient den Interessen von Versicherungsnehmer und geschädigtem Dritten gleichermaßen.494 Welche Regelungen im Rahmen dieser Norm als Ausschluss zu werten sind, wird unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung sollen auch „mittelbar wirkende, den Versicherungsnehmer von der Abtretung abhaltende, formularmäßige Beschränkungen der Leistungspflicht des Versicherers“ unwirksam sein.495 Gemeint ist, dass ein Ausschluss der Abtretung auch dann gegeben ist, wenn der Versicherer seine eigene Leistungspflicht so weit einschränkt, dass eine Abtretung dieses Anspruchs nicht mehr den Interessen von Schädiger und Drittem entspricht und die Abtretung für die Parteien ­infolgedessen uninteressant wird. Ob diese Beschränkungen der Leistungspflicht des Versicherers immer gelten oder nur im Abtretungsfall ist hierbei unerheblich. Übertragen auf den hier vorliegenden Fall könnte ein Ausschluss der Überschussbeteiligung beispielsweise vorliegen, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht von bestimmten Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers oder von außerhalb des Vertrages liegenden Umständen abhängig macht. 494  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 87; vgl. Grote / Schneider, BB 2007, S. 2689, 2699. § 108 Rn. 30.

495  Bruck / Möller / Koch,

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Kap. 3: Untersuchung

Vertreter dieser Auffassung stützen die Unwirksamkeit einer solchen Regelung allerdings nicht unmittelbar auf einen Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VVG, sondern sehen den Umgehungstatbestand des § 306a BGB erfüllt, woraus sich die Unwirksamkeit ergebe.496 Die Annahme, dass der Umgehungstatbestand erfüllt sei, bedeutet gerade, dass der Schutzzweck der Norm – hier der des § 108 Abs. 2 VVG – betroffen ist, die gewählte Gestaltung jedoch nicht mehr unter die Verbotsnorm subsumiert werden kann.497 Im Rahmen des § 108 Abs. 2 VVG ist eine Beschränkung des Abtretungsanspruchs also gerade nicht tatbestandsmäßig, gleichwohl der Schutzzweck der Norm beeinträchtigt ist. Auch eine erweiternde Auslegung des Tatbestandes von § 108 Abs. 2 VVG wird vertreten. So liegt nach Auffassung von Wandt ein Ausschluss nicht erst beim expliziten Versagen der Abtretung vor. Vielmehr sind bereits solche Gestaltungen von § 108 Abs. 2 VVG erfasst, die die Wirksamkeit der Abtretung von besonderen, beschränkenden Voraussetzungen abhängig machen.498 Folgt man dieser Meinung würde ein Ausschluss schon vorliegen, wenn ein Recht durch die vertragliche Gestaltung wesentlich eingeschränkt bzw. dessen Wahrnehmung erschwert wird. Ein Ausschluss der Überschussbeteiligung nach § 153 VVG würde entsprechend vorliegen, wenn die Auszahlung dieser von bestimmten Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers abhängig gemacht wird – beispielsweise davon, dass der Versicherungsnehmer rechtzeitig einen Antrag auf Zuteilung oder Auszahlung seines Überschussanteils stellt. Als Grundlage dieser Auslegung werden Sinn und Zweck der Norm angeführt. § 108 Abs. 2 VVG diene dazu, die Rechtsposition des Dritten und insbesondere die des Versicherungsnehmers zu stärken, indem es die Bestimmung eines generellen Abtretungsverbots in AVB für unwirksam erklärt.499 Vor Einführung der Norm galt der gesetzliche Grundsatz des § 399 BGB, dass ein Abtretungsausschluss – grundsätzlich auch in AGB – möglich war.500 Allenfalls in Einzelfällen wurde ein solcher Ausschluss mit Verweis auf § 242 BGB wegen treuwidrigem Verhalten des Versicherers untersagt.501 Ohne eine erweiternde Auslegung könnte das Abtretungsverbot umgangen werden, indem der Versicherer die Abtretung des Freistellungsanspruchs zwar nicht generell in den AVB ausschließt, dort allerdings besondere Wirk496  Bruck / Möller / Koch, 497  MüKo / Basedow,

§ 108 Rn. 30. § 306a Rn. 3; Palandt / Grüneberg, § 306a Rn. 2; BGH NJW

2005, 1645, 1646. 498  Langheid / Wandt, § 108 Rn. 107. 499  Prölss / Martin / Lücke, § 108 Rn. 23. 500  Langheid / Wandt, § 108 Rn. 99. 501  Looschelders / Pohlmann / Schulze Schwienhorst, § 108 Rn. 1; OLG Köln, r+s 2008, 239; Langheid / Wandt, § 108 Rn. 99; Prölss / Martin / Lücke, § 108 Rn. 25.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 187

samkeitserfordernisse für eine Abtretung aufstellt, welche faktisch auf ein Abtretungsverbot hinauslaufen. Gegen eine solche Praxis könnte der Versicherungsnehmer sich andernfalls lediglich mit einem Verweis auf treuwidriges Verhalten des Versicherers wehren, was zu verhindern jedoch gerade Aufgabe des § 108 Abs. 2 VVG ist. Insofern ist eine solche Extension mit Blick auf den Telos der Norm durchaus angebracht. Allerdings findet diese Auslegung in den Gesetzesmaterialien keinen Halt. Diesen ist zu entnehmen, dass die Norm lediglich dazu dient, die bisher ständige Rechtsprechung im Gesetz zu verankern.502 Die von Wandt vertretene erweiternde Auslegung des Tatbestandes ist zwar durch den Telos der Norm gedeckt, steht jedoch im Widerspruch zum insoweit eindeutigen Wortlaut, welcher die äußerste Grenze der Auslegungsmethoden darstellt.503 Auch hier ist die Lösung über § 306a BGB zu suchen. Die problematischen Regelungen sind vom Wortlaut der Norm eindeutig nicht gedeckt, verstoßen jedoch gegen ihren Zweck. Dementsprechend liegt ein Umgehungstatbestand vor, sodass eine entsprechende Gestaltung gemäß § 306a BGB unwirksam ist. Darüber hinaus unterliegen entsprechende Klauseln der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Im Rahmen dieser würde eine Klausel mit einer zu einschneidenden Regelung mangels Vereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen. Auf diese Weise wird dem Versicherungsnehmerschutz genügt. Insofern besteht auch keine Notwendigkeit für eine teleologische Extension der Norm zum Schutz des Versicherungsnehmers, sodass dieser Auffassung nicht zu folgen ist. Richtigerweise liegt ein Ausschluss bei dieser Norm nur vor, wenn die Abtretung des Freistellungsanspruchs tatsächlich ausgeschlossen wird. Ein weiterer Regelungsgehalt, etwa dass ein Vorgehen bereits tatbestandlich ist, wenn die Ausübung des Rechts wesentlich eingeschränkt oder wesentlich erschwert wird, kann dem § 108 Abs. 2 VVG gerade nicht entnommen werden. (b) § 309 Nr. 2, 7, 8a, 8b cc) BGB Diese Norm regelt die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit von Ausschlüssen der jeweils bezeichneten Rechte in allgemeinen Geschäftsbedingungen, womit ein Ausschluss im Sinne dieser Norm den gleichen Regelungsgehalt wie in § 153 VVG hat. Im Rahmen von § 309 Nr. 2 und Nr. 8 BGB ist je502  BT-Drucks.

16 / 4539, S. 87. BVerfGE 71, 81, 105; BVerfGE 101, 312, 329; BVerfGE 18, 97, 111; im Ergebnis auch BVerfGE 110, 226, 227. 503  Vgl.

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Kap. 3: Untersuchung

weils der Ausschluss, ebenso wie eine bloße Einschränkung tatbestandsmäßig. Entsprechendes gilt für § 309 Nr. 7, Nr. 8b lit. cc) BGB, dessen Tatbestand ausdrücklich sowohl den Ausschluss, als auch eine Beschränkung des Rechts erfasst. Insofern ist fraglich, ob durch diese Norm neue Erkenntnisse bezüglich der Reichweite und potenziellen Auslegung des Tatbestandsmerkmals Ausschluss zu gewinnen sind. Das gesamte AGB-Recht bezweckt, ebenso wie die jeweiligen Tatbestände der Norm, den Schutz des Klauselgegners, welcher infolge geringerer Kenntnis im Rahmen der konkreten Geschäfte oder einer schlechteren Verhandlungsposition eines besonderen gesetzlichen Schutzes bedarf.504 Entsprechend diesem Zweck wurde die Formulierung mit zwei Tatbestandsalternativen gewählt, um einen umfassenden Schutz vor Beeinträchtigung der Rechte des Klauselgegners sicherzustellen. Eine Regelung, die ein Recht einschränkt oder begrenzt, stellt in Bezug auf einen Ausschluss immer ein Minus dar, sodass solche Regelungen bereits von der Tatbestandsalternative der Einschränkung erfasst sind. Insofern kommt bei dieser Norm im Gegensatz zu § 108 Abs. 2 VVG eine mögliche erweiternde Auslegung schon nicht in Betracht. Andernfalls hätten die jeweils weniger weitreichenden Tatbestandsalternativen keinen eigenen Anwendungsbereich und lediglich deklaratorische Bedeutung. Diese Kombination beider Tatbestandsalternativen – der Tatbestand des Ausschlusses in Verbindung mit einer jeweils weniger weitreichenden Tatbestandsalternative – könnte jedoch darauf schließen lassen, dass der Gesetzgeber den Begriff des Ausschlusses gerade eng gefasst wissen wollte, und ein Ausschluss dementsprechend nur das Vorenthalten der Rechtsposition und nicht schon das Be- oder Einschränken dieser meint. Dies legt den Schluss nahe, dass das Tatbestandsmerkmal Ausschluss auch in anderen Normen nicht erweiternd auszulegen ist. Würde der Gesetzgeber auch bloße Beeinträchtigung verbieten wollen, hätte er dies, wie im Falle des § 309 BGB bzw. § 9 AGBG ausdrücklich normiert. Eine solche Schlussfolgerung liegt zwar nahe, ist jedoch keinesfalls zwingend. Neben der Tatsache, dass das AGBG bereits ca. 30 Jahre und damit lange vor § 153 VVG eingeführt wurde, handelt es sich hierbei nicht um denselben Gesetzgeber. Insofern sind diese Norm und das hierfür gefundene Ergebnis allenfalls ein Indiz gegen eine erweiternde Auslegung des § 153 VVG.

504  Wortlaut entspricht dem des AGBG, daher BT-Drucks. 7 / 3919, S. 1 ff.; Palandt / Grüneberg, Vor §§ 305 Rn. 8 f.; Ulmer / Brandner / Hensen / Habersack, Einleitung Rn. 48; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, Einl. Rn. 3.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 189

(c) Zwischenergebnis Der Blick auf Normen des VVG und des BGB, welche den vertraglichen Ausschluss von Rechten regeln, hat ergeben, dass keine der hier untersuchten Normen im Hinblick auf das Merkmal des Ausschlusses erweiternd ausgelegt wird bzw. werden müsste. Wie § 153 VVG auch dienen die untersuchten Normen dem Schutz des Klauselgegners und weisen dieselbe Schutzrichtung auf. Insofern können die an einen Ausschluss gestellten Anforderungen und damit auch die Reichweite des Begriffs Ausschluss durchaus übertragen werden. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte dafür, das Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 153 VVG erweiternd auszulegen. Ein Ausschluss ist – entsprechend dem natürlichen Sprachgebrauch – das pauschale Vorenthalten eines Rechts oder einer Rechtsposition. Aus dem Vergleich mit anderen Normen lässt sich schließen, dass die bloße Ein- oder Beschränkung eines Rechts gerade nicht hierunter fällt. (2) Historische und teleologische Auslegung des § 153 VVG Für die Ermittlung der Tatbestandsreichweite und der Regelungsabsicht ist auch die gesetzgeberische Intention ein Anhaltspunkt.505 Kommt der subjektive Wille des historischen Gesetzgebers in der Norm nicht objektiv und eindeutig zum Ausdruck, ist die Norm innerhalb der durch ihren Wortlaut gesetzten Grenzen in diese Richtung auszulegen.506 Dementsprechend muss zunächst der beabsichtigte Normzweck ermittelt werden. Grund für die umfassende VVG Reform im Jahr 2008 war der verbesserungswürdige Ruf des Produktes Versicherung im Allgemeinen und der Lebensversicherung im Besonderen, welcher sich unter anderem aufgrund des sich seit Einführung des VVG im Jahre 1910 gewandelten Rechtsgefühls eingestellt hat.507 Dieser Ruf sollte durch Senkung der hohen Abschlusskosten508 und durch eine Stärkung des Verbraucher- und damit des Versicherungsnehmerschutzes – teilweise durch die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben – verbessert werden.509 Im Rahmen der Lebens- und Rentenversicherung waren insbesondere die Regelungen der Überschussberechnung und Wank, Auslegung, S.  67 f., 72 f.; Kramer, Methodenlehre, S. 146. 10, 157,159 f.: „denn es ist nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten soll, solange dies nicht die Form sprengt in die er gegossen ist“; Rüthers, Rn. 730d. 507  Abschlussbericht der Reformkommission, S. 1. 508  Abschlussbericht der Reformkommission, S. 92. 509  Abschlussbericht der Reformkommission, S. 19. 505  Vgl.

506  BGHSt

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Kap. 3: Untersuchung

-beteiligung mangels gesetzlicher Vorgaben unübersichtlich und unverständlich und aus diesem Grund stark in die Kritik geraten. Wegen der außerordentlichen Bedeutung für die Versicherungswirtschaft und den einzelnen Versicherungsnehmer war der Reformbedarf umso größer.510 Insbesondere weil die private Rentenversicherung als Instrument der privaten Altersvorsorge in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird,511 war es dringend angesagt, die hier bestehenden Probleme zu lösen und damit Hemmungen auf Seiten der Versicherungsnehmer zu beseitigen. Die Reform sollte den Verbraucherschutz stärken, ohne die Produktgestaltungsfreiheit der Versicherer und damit die Auswahlfreiheit der Versicherungsnehmer einzuschränken. Besonderes Augenmerk lag hierbei auf der Verbesserung der Transparenz.512 Auch sollte der Marktzugang für ausländische Unternehmen erleichtert werden, um durch diese Öffnung des Marktes den Wettbewerb der Versicherer untereinander zu erhöhen, was sich wiederum zu Gunsten der Versicherungsnehmer auswirkt. Eine Betei­ ligung an den Überschüssen war zwar schon vor der Reform aus Wettbewerbsgründen üblich, allerdings gesetzlich nicht normiert. Insofern beruhte sie allein auf einer autonomen Entscheidung des jeweiligen Versicherers und damit auf einer vertraglichen Grundlage. Im Rahmen des oben bereits erwähnten Urteils513 hat das Bundesverfassungsgericht einen grundrecht­ lichen Schutz der Überschussbeteiligung bejaht, jedoch gleichzeitig bemängelt, dass die damals geltenden Regelungen den grundrechtlichen Schutz­ anforderungen aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG nicht genügen.514 Die Gesamtheit dieser Gründe führte zu einer umfassenden Umgestaltung insbesondere des Rechts der Überschussbeteiligung. Ergebnis des gesetzgeberischen Prozesses zur Erfüllung eines vorgegebenen Mindestschutzes war unter anderem die Einführung des § 153 VVG, welcher den Anspruch auf Überschussbeteiligung gesetzlich verankert. Grundannahme ist, dass die Überschussbeteiligung gewährt wird, und ein Ausschluss dieser nur ausdrücklich und insgesamt erfolgen kann. Neben der Beibehaltung der Produktvielfalt war ausschlaggebend für die Ausschlussmöglichkeit, dass ausländische Versicherungsprodukte eine klassische Überschussbeteiligung nach deutschem Modell grundsätzlich nicht vorsehen, aber dennoch auf dem deutschen Markt angeboten werden sollen.515 Diese Möglichkeit muss schon 510  Pressemitteilung GDV vom 5.7.2007; BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51 f.; Abschlussbericht der Reformkommission, S. 1, 97 ff. 511  Siehe Kapitel 1 B. I.; Abschlussbericht der Reformkommission, S. 92, 117. 512  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51. 513  Urt. vom 26.07.2005 – 1 BvR 80 / 95 = VersR 2005, 1127 ff. 514  Urt. vom 26.07.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 58 = VersR 2005, 1127 ff.



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aufgrund der in Art. 56, 58 Abs. 2 AEUV normierten Dienstleistungsfreiheit gewährleistet werden.516 Hierdurch wird der Versicherungsmarkt auch für ausländische Versicherungsunternehmen und Produkte geöffnet und der Wettbewerb gestärkt. Dem Versicherungsnehmer steht so ein möglichst breites Spektrum an unterschiedlichsten Produkten zur Verfügung, aus welchem er das individuell passende auswählen kann. Auf diese Weise kann der Versicherungsnehmer beispielsweise eine kostengünstige Lebensversicherung abschließen, indem er bewusst auf die Überschussbeteiligung verzichtet. Insofern wirkt sich die Möglichkeit des Ausschlusses der Überschussbeteiligung auf die Position des Versicherungsnehmers lediglich positiv aus.517 Vor der Reform wurden Versicherungsnehmer teilweise nur an den Überschüssen aus bestimmten Ergebnisquellen beteiligt. Dies, in Verbindung mit komplizierten Regelungen in Bezug auf die Berechnung der Überschussbeteiligung, führte zu einer schlechten Nachvollziehbarkeit. Der Versicherungsnehmer wusste in den meisten Fällen bei Vertragsschluss gerade nicht, „woran er ist“. Dieser intransparenten Rechtslage sollte durch die Einführung von § 153 VVG Abhilfe geschaffen werden, indem die Überschussbeteiligung nur insgesamt und ausdrücklich ausgeschlossen werden kann. Sinn der Norm ist ausweislich dem Abschlussbericht der Reformkommission, dass der Versicherer die Möglichkeit haben soll, sich „gegen die Einräumung einer Überschussbeteiligung zu entscheiden.“518 Das Schrifttum stützt diese Ansicht, indem es hierzu ausführt, der Versicherer könne überhaupt keine Überschussbeteiligung gewähren519 bzw. diese vollständig ausschließen.520 Durch diese Regelung bekommt der Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt, ob er an den Überschüssen beteiligt wird oder nicht. Ein versteckter oder teilweiser Ausschluss der Überschussbeteiligung wird damit unterbunden. Hiermit schafft der Reformgesetzgeber den Spagat zwischen Verbraucherschutz durch Transparenz und der Beibehaltung möglichst vielfältiger Versicherungsprodukte durch Öffnung des deutschen Marktes auch für ausländische Versicherungsunternehmen. § 153 VVG bezweckt also eine Besserstellung der Rechtsposition des Versicherungsnehmers im Hinblick auf die Überschussbeteiligung, insbesondere durch Verbesserung der Transparenz in diesem Bereich. Wird die Überschussbeteiligung in Bezug auf bestimmte Nutzungsweisen eingeschränkt 515  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 12; Goverts, VW 2011, 1254, 1257; vgl. auch unter Kapitel 3 D. II. 1. 516  Grabitz / Hilf / Nettesheim / Randelzhofer / Forsthoff, Art. 57 Rn. 48. 517  BT-Drucks. 16 / 3945 S. 95. 518  Abschlussbericht der Reformkommission, S. 106. 519  Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 10. 520  Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 13.

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Kap. 3: Untersuchung

und damit beschränkt, kann das zu einer bedeutenden Verschlechterung der Rechtsposition des Versicherungsnehmers führen. Je nach Art der Beschränkungen und Formulierung der entsprechenden Regelung sind hiermit jedoch nicht zwingend Transparenzeinbußen verbunden. Darüber hinaus unterliegen solche Bedingungen als AVB zwingend der Transparenz- und Inhaltskontrolle, sowie dem Umgehungsverbot des § 306a BGB, wodurch für den Versicherungsnehmer insbesondere hinsichtlich der Transparenz ein genügender Schutz besteht. Daher ist der Tatbestand des § 153 VVG aus teleologischen Gesichtspunkten nicht zwingend so auszulegen, dass auch bloße Beschränkungen des Rechts erfasst sind. (3) Erst-recht-Schluss aus § 153 VVG Aus der Regelung, dass ein Ausschluss der Überschussbeteiligung als Ganzes und unbedingt möglich ist, ließe sich im Wege eines argumentum a maiore ad minus darauf schließen, dass eine bloße Einschränkung bzw. ein bloß bedingter Ausschluss wegen der schwächeren Auswirkungen erst recht möglich sein muss. Ein solcher erst-recht-Schluss stützt sich darauf, dass die rechtspolitischen Gründe einer Vorschrift bei einem nicht geregelten Sachverhalt noch stärker gegeben sind als bei dem konkret durch die Norm geregelten, beziehungsweise, dass von der Norm ein stärkerer Sachverhalt geregelt ist. Auf den gewissermaßen darin enthaltenen schwächeren Sachverhalt muss die Norm ihrem Zweck entsprechend ebenfalls angewendet werden.521 Diese Situation liegt hier allerdings gerade nicht vor: Zwar reichen die Rechtsfolgen weniger weit, wenn sie nicht vollständig522 oder in jedem Fall eintreten. Allerdings ist ein bedingter Ausschluss gerade weniger transparent als ein ausdrücklicher, da der Versicherungsnehmer so nicht auf einen Blick erkennen kann, ob seine Police eine Beteiligung an den Überschüssen des Unternehmens vorsieht. Die bereits ausführlich erläuterten rechtspolitischen Gründe der Norm – insbesondere die Transparenz zu verbessern – greifen bei einer solchen Regelung gerade nicht stärker bzw. sind nicht weniger beeinträchtigt als bei dem ausdrücklich geregelten Fall. Eine solche Auslegung der Norm würde zur Verschlechterung der Transparenz führen und steht damit den Zielen des Reformgesetzgebers und dem Sinn des § 153 VVG entgegen, sodass dieser Erst-recht-Schluss ausscheiden muss.

521  Rüthers,

Rn. 898. Einschränkung als „Minus“ zu einem Ausschluss, vgl. unter Kapitel 3 D. II. 2. a) bb). 522  Die



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 193

(4) Ergebnis Die Untersuchung der Norm führt zu dem Ergebnis, dass die bloße Einschränkung der Überschussbeteiligung beziehungsweise die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten dieser noch keinen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG darstellt. Eine solch weite Tatbestandsauslegung ist weder von dem Wortlaut, noch vom Sinn der Norm gedeckt. Zu beachten ist, dass der Versicherungsnehmer bei entsprechendem Vorgehen der Versicherer trotz dieser engen Auslegung des Tatbestandes ausreichend geschützt ist, da etwaige Regelungen in Bezug auf eine Einschränkung als AVB der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen. Hierdurch wird sichergestellt, dass die ­Regelung genügend transparent ist, der Versicherer an dieser Regelung ein berechtigtes Interesse hat und der Versicherungsnehmer nicht unzumutbar benachteiligt wird. c) Bedingtes Vorenthalten als Ausschluss Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass ein Ausschluss im Sinne des § 153 VVG jedenfalls vorliegt, wenn ein Teil der Überschussbeteiligung nicht gewährt wird, beispielsweise wenn die Beteiligung aus einer oder mehreren Überschussquellen komplett vorenthalten wird. In qualitativer Hinsicht wurde festgestellt, dass die Norm nicht erweiternd ausgelegt werden muss, da eine bloße Beschränkung gerade keinen Ausschluss darstellt und auch nicht als solcher zu werten ist. Bezüglich der Art der Regelung ist es unerheblich, ob diese einen Ausschluss final oder lediglich faktisch herbeiführt. Hiermit sind jedoch nicht alle Fragen geklärt, die durch die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel aufgeworfen werden. Die Kombination kann zu einem vollständigen Ausschluss der gesamten Überschussbeteiligung führen. Bei Vertragsschluss ist lediglich noch nicht gewiss, ob dieses Ereignis tatsächlich eintritt oder nicht. Insofern bleibt zu klären, ob § 153 Abs. 1 VVG nur greift, wenn der Ausschluss der Überschussbeteiligung bereits bei Vereinbarung der betreffenden Regelung sicher feststeht, oder auch schon, wenn ein Ausschluss durch die Regelung lediglich möglich ist. Aus rechtlicher Sicht stellt das Zusammenspiel von Aufschubklausel und Überschussklausel einen potenziellen Ausschluss der Überschussbeteiligung durch eine Bedingung dar.523 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist die Rechtslage durch die Bedingung derjenigen einer bloßen Beschränkung des Rechts ähnlich. Einziger Unterschied ist die mit der Bedingung bzw. mit dem 523  Ausführlich

siehe unter Kapitel 3 D. I.

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Kap. 3: Untersuchung

Verstoß gegen die Bedingung verbundene Rechtsfolge. Der Unterschied zu einer Beschränkung wird erst deutlich, wenn die Bedingung tatsächlich eintritt. In diesem Fall wird die Überschussbeteiligung nämlich nicht nur beschränkt, sondern entfällt vollständig. Insofern ähneln sich beide Konstella­ tionen lediglich aus rechtlicher Sicht, sodass die Konstellation der Bedingung nicht ohne weiteres mit der zulässigen Möglichkeit einer inhaltlichen Beschränkung gleichgesetzt werden kann. Die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Klauseln hängt davon ab, ob ein Ausschluss im Sinne des § 153 VVG voraussetzt, dass das Recht bei Vereinbarung der betreffenden Regelung in jedem Fall und mit Sicherheit entzogen werden muss, oder der potenzielle Eintritt beziehungsweise das bloße abstrakte Bestehen dieser Möglichkeit ausreicht. Vorliegend wird der bedingte Ausschluss durch die Kombination zweier Klauseln in den AVB erreicht, sodass grundsätzlich § 305c Abs. 2 BGB gilt. Durch die Art der Auslegung bestimmt diese Norm den konkreten Regelungsgehalt der Klausel und wirkt sich so auf den Maßstab der Inhaltskon­ trolle aus.524 Gemäß dem hieraus folgenden Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung könnte angenommen werden, in entsprechender Auslegung erfasse die Klausel zwingend den Fall des Bedingungseintritts, sodass die Inhaltskontrolle unter der Annahme stattfinden muss, dass die Bedingung tatsächlich eingetreten sei bzw. eintreten wird. Dementsprechend würde sich im Rahmen der Inhaltskontrolle und im Rahmen der Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit § 153 VVG die Frage nach einem bedingten Ausschluss schon gar nicht stellen: Die Klausel würde so behandelt, als wäre der Bedingungseintritt sicher. Infolgedessen würde ein nicht ausdrücklicher Ausschluss vorliegen, welcher zwingend gegen den Tatbestand des § 153 VVG verstößt. Die Frage nach der Wirksamkeit eines bedingten Ausschlusses würde sich nur im Rahmen einer – äußerst selten anzutreffenden – Individualvereinbarung stellen. Allerdings ist Voraussetzung für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB, dass die Klausel tatsächlich unklar ist, also nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind.525 Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall. Durch die Bedingung sind sowohl Regelung als auch Rechtsfolge der Klausel eindeutig und lassen keinerlei Auslegungsspielräume zu. Ungewiss ist lediglich der Bedingungseintritt als tatsächliches Ereignis. Diese tatsächliche Ungewissheit kann auch nicht durch Auslegung beseitigt werden, sodass die Frage, ob ein bedingter 524  Wolf / Lindacher / Pfeiffer,

§ 305c Rn. 129. VersR 1999, 877, 879; vgl. Ulmer / Brandner / Hensen / Schäfer, § 305c Rn. 63; von Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Auslegung) Rn. 38; MüKo / Basedow, § 305c Rn. 29; BGH NJW-RR 2010, 63, 64. 525  BGH



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Ausschluss unter den Tatbestand des § 153 Abs. 1 VVG fällt, nicht durch die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB gelöst werden kann. Anhaltspunkte für diese Frage verspricht allerdings ein Vergleich mit Normen, welche einen gleichen Regelungsgehalt aufweisen. aa) Vergleich mit § 168 Abs. 3 VVG Diese Norm regelt, dass das in der Lebensversicherung grundsätzlich bestehende Kündigungsrecht nach § 168 Abs. 1 und Abs. 2 VVG ebenfalls ausgeschlossen ist, wenn durch die Parteien die Verwertung des Vertrages „vor dem Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen“ ist,526 und beinhaltet damit ebenfalls das Tatbestandsmerkmal „Ausschluss“. Zweck dieser Regelung ist es, sicherzustellen, dass der Versicherungsnehmer für die Gewährung bestimmter Vorteile ausnahmsweise langfristig an den Versicherungsvertrag gebunden ist, und der Verwertungsausschluss nicht durch das allgemeine Kündigungsrecht umgangen werden kann.527 Entsprechend diesem Regelungsgehalt ist es sinnvoll und zwingend, dass die Rechtsfolge nur greift, wenn auch deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen. Daher muss ein Ausschluss – als Tatbestandsvoraussetzung – in diesem Fall gerade unwiderruflich sein. Sofern die Verwertung des Vertrages nur widerruflich ausgeschlossen ist, gibt es keinen Grund dafür, dass das allgemeine Kündigungsrecht dennoch unwiderruflich ausgeschlossen wird. Mangels Umgehungsgefahr besteht nach dem Widerruf des Verwertungsausschlusses kein Grund mehr, den Anwendungsbereich von § 168 VVG zu beschränken. Es würde dem Gesetzeszweck und der Gesetzessystematik widersprechen, wenn ein nur widerruflicher und damit möglicherweise nur vorübergehender Ausschluss dafür sorgen würde, dass die Regelungen aus § 168 Abs. 1 und Abs. 2 VVG endgültig nicht angewendet werden können. Die Rechtsfolge soll nur gelten, solange ihre Voraussetzungen vorliegen. Eine entsprechende Systematik hat der Gesetzgeber an diversen anderen Stellen umgesetzt, indem die jeweilige Rechtsfolge nur eingreift, „soweit“ deren Voraussetzungen vorliegen.528 Fraglich ist, ob ein unwiderruflicher Ausschluss mit dem hier in Frage stehenden unbedingten Ausschluss vergleichbar ist, sodass die Norm einen Rückschluss überhaupt zulässt. Ein unwiderruflicher Ausschluss entspricht einem unbedingten Ausschluss insofern, als beide eine Rechtsposition end526  Prölss / Martin / Reiff, 527  Vergleiche

§ 168 Rn. 15. dazu Römer / Langheid, § 168 VVG Rn. 9; Prölss / Martin / Reiff,

§ 168 Rn. 15. 528  Vergleiche Kapitel 3 D. II. 2. a) aa).

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gültig vorenthalten. Daraus, dass § 168 Abs. 3 VVG ausdrücklich nur auf einen unwiderruflichen Ausschluss abstellt und § 153 Abs. 1 VVG dieses Merkmal gerade nicht enthält, könnte geschlossen werden, dass ein Ausschluss nur dann unwiderruflich und damit endgültig sein muss, sofern dieses Tatbestandsmerkmal auch ausdrücklich in der Norm enthalten ist. Ein nicht endgültiger Ausschluss wäre – sofern die Norm dieses Merkmal nicht enthält – nicht tatbestandsmäßig. Ein solches Ergebnis würde dafür sprechen, dass die vorliegende Klauselkombination mit § 153 VVG zu vereinbaren ist. Allerdings regelt § 168 Abs. 3 VVG – im Gegensatz zu § 108 Abs. 2 VVG und insbesondere zu § 153 Abs. 1 VVG – gerade nicht Anforderungen an die Wirksamkeit des Ausschlusses selbst, sondern die Rechtsfolgen eines Ausschlusses. Diese sollen ausdrücklich nur dann eintreten, wenn der Ausschluss unwiderruflich erfolgt. In Bezug auf die Vorfrage, welche Anforderungen an einen Ausschluss zu stellen sind, lassen sich hieraus keine weiteren Erkenntnisse gewinnen. Insofern kann das Kriterium der Unwiderruflichkeit nicht auf § 153 VVG übertragen werden, weshalb diese Norm zu keinem weiteren Aufschluss verhilft. bb) Vergleichbare Regelungen in § 309 BGB § 309 BGB legt den Maßstab für die Wirksamkeit bestimmter Klauseln fest. Rechtsfolge ist pauschal die Unwirksamkeit, ohne dass es auf die richterliche Würdigung ankäme (sog. „Klauselverbote ohne Wertungsmöglich­ keit“).529 Die Norm enthält verschiedene Tatbestände, die den Ausschluss eines Rechts beschreiben bzw. untersagen. Die meisten Klauselverbote des § 309 BGB enthalten dabei zwei Tatbestandsalternativen: die eines Ausschlusses und die einer bloßen Beschränkung.530 Letztere meint eine Reduktion des Anspruchsumfangs im Sinne einer inhaltlichen Beschränkung des Anspruchs und nicht etwa das abhängig Machen des vollständigen Anspruchs vom Verhalten des Klauselgegners durch eine entsprechende Bedingung.531 Während bei einer Beschränkung ein Teil des Anspruchs sicher entfällt, entfällt bei einem bedingten Ausschluss der gesamte Anspruch möglicherweise. Vorliegend handelt es sich um die Grundsatzfrage, ob der Ausschluss mit Sicherheit eintreten muss oder ob es ausreicht, wenn dieser bedingt ist. Diese Frage stellt sich gleichermaßen bei der Beschränkung eines Rechts: Ist eine Beschränkung nur tatbestandsmäßig, wenn diese mit Sicherheit eintritt, oder reicht es bereits aus, dass eine Beschränkung möglicherweise eintritt. In die529  MüKo / Wurmnest,

§ 309 Rn. 2; Henssler / Willemsen / Kalb, § 309 BGB Rn. 1. beispielhaft § 309 Nr. 2, Nr. 7, Nr. 8. 531  Insofern richtig Drygala, NJW 1993, 359, 360. 530  Vergleiche



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sem Zusammenhang ist die inhaltliche Reichweite der Regelung nicht maßgeblich. Insofern sind keine Gründe ersichtlich, diesbezüglich zwischen den Tatbestandsalternativen zu differenzieren, sodass hier – im Unterschied zur Frage der erweiternden Auslegung532 – unbeachtlich ist, ob der Tatbestand nur einen Ausschluss, oder darüber hinaus auch eine Beschränkung normiert. Die nachfolgend untersuchten Tatbestandsvarianten der Norm regeln die Möglichkeit bzw. das Verbot eines formularmäßigen Ausschlusses von ­Leistungsverweigerungsrechten bzw. Zurückbehaltungsrechten (§ 309 Nr. 2 BGB), Schadensersatzansprüchen (§ 309 Nr. 7 BGB) sowie Gewährleistungsund Rücktrittsrechten (§ 309 Nr. 8 BGB). (1) § 309 Nr. 2 BGB Im Rahmen dieses Klauselverbots sind nur wenige Anhaltspunkte zu finden. Die Literatur spricht von einem „vollen Ausschluss“ der Rechte533 bzw. davon, dass die Klausel das Recht „gänzlich entfallen lässt“.534 Diese Aussagen beschreiben allerdings lediglich welche inhaltliche bzw. quantitative Reichweite die Regelung haben muss, damit ein Recht im Sinne des Tatbestandes ausgeschlossen ist.535 Insofern ist damit nicht beantwortet, ob der Ausschluss bzw. die Beschränkung zwingend greifen muss, oder es ausreicht, dass dies nur in manchen Sachverhaltskonstellationen der Fall ist. (2) § 309 Nr. 7 BGB Der Blick auf § 309 Nr. 7 BGB zeichnet ein gleiches Bild. Hier soll ein Haftungsausschluss gegeben sein, wenn der Verwender „in wenigstens einer Fallkonstellation, in welcher er nach dispositivem Recht haften würde, nicht haftet“.536 Nicht maßgeblich ist, dass der Ausschluss ausdrücklich normiert ist.537 Liegen die tatsächlichen Umstände so, dass die Bedingung erfüllt ist, besteht genau diese eine geforderte Konstellation, in welcher der Klauselverwender aufgrund der Klausel nicht haftet. Insofern scheint die Aussage zu bestätigen, dass bereits die bloße Möglichkeit eines Ausschlusses ausreicht um den Tatbestand zu erfüllen. Allerdings ist die Aussage insofern zweideu532  Siehe

unter Kapitel 3 D. II. 2. a) bb) (2) (b). (10. Auflage) § 309 Nr. 2 Rn. 9. 534  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 2 Rn. 20 f. 535  So zu § 309 Nr. 8 auch Palandt / Grüneberg, § 309 Rn. 63; vgl. dazu Kapitel 3 D. II. 2. a). 536  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 7 Rn. 49. 537  BGH NJW 2001, 751, 752; Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 7 Rn. 49. 533  Ulmer / Brandner / Hensen,

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Kap. 3: Untersuchung

tig, als sich die geforderte Fallkonstellation nicht zwingend auf die tatsäch­ lichen Umstände – also den Eintritt der Bedingung – beziehen muss, sondern hiermit auch die inhaltliche Reichweite des Anspruchsausschlusses gemeint sein kann. Letzteres dient der Abgrenzung zwischen einem Ausschluss und einer Beschränkung, weshalb sich auch aus dieser Aussage keine weiteren Erkenntnisse für die Frage eines bedingten Ausschlusses ziehen lassen. (3) § 309 Nr. 8b aa BGB Im Rahmen dieses Tatbestandes wird – in weiter Auslegung oder analoger Anwendung – teilweise vertreten, dass auch solche Klauseln erfasst und damit verboten sein sollen, die nur in bestimmten Sachverhaltskonstellationen dazu führen, dass keines der gesetzlichen Mängelrechte verfügbar ist, obwohl dies ohne die Klausel der Fall wäre.538 Der Tatbestand des § 309 Nr. 8 lit. b aa BGB finde auch dann Anwendung, wenn die Einstandspflicht des Verwenders bloß von erhöhten Anforderungen abhängig gemacht wird.539 Nach dieser Ansicht sind auch bloße Beschränkungen der Rechte, sowie abhängig machen von weiteren Voraussetzungen als Ausschluss im Sinne der Norm anzusehen. Wie diese Einschränkung bzw. der Ausschluss zu Stande kommt – also ausdrücklich oder konkludent durch Gestaltung mehrerer Klauseln – soll dabei ebenfalls unerheblich sein.540 Ohne nähere Begründung verweisen die Vertreter dieser weiten Auffassung beziehungsweise analogen Anwendung jeweils auf einen anderen Vertreter und allesamt pauschal auf ein BGH-Urteil.541 Die dieser Entscheidung zugrundeliegende Klausel normiert, dass die Gewährleistung (Garantie) beim Verkauf neu hergestellter Radio-, Fernsehund Fotogeräte sofort nach einem Eingriff oder einer Beschädigung durch den Käufer oder Dritte, nicht zum Betrieb des Verkäufers gehörende Personen, erlischt. Dies stellt einen bedingten Ausschluss aller Gewährleistungsrechte dar, sodass sich das Gericht mit der Frage auseinanderzusetzen hatte, ob auch ein solcher von § 11 Nr. 10a AGBG, der Vorgängernorm von § 309 Nr. 8 lit. b aa) alt. 1 BGB, erfasst wird.542 Würde sich aus dem Urteil des BGH ergeben, dass diese Klausel als bedingter Ausschluss gegen § 11 Nr. 10a AGBG bzw. dessen Normnachfolger § 309 Nr. 8 lit. b aa) alt. 1 BGB verstößt, kann dieses Ergebnis übertragen werden, da die hier in Frage stehende Kombination von Aufschub- und 538  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 8 b aa Rn. 13; Ulmer / Brandner / Hensen / Christensen, § 309 Nr. 8 Rn. 35. 539  Vgl. Ulmer / Brandner / Hensen / Christensen, § 309 Nr. 8 Rn. 36. 540  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Dammann, § 309 Nr. 8 b aa Rn. 25. 541  BGH Urt. v. 28.11.1979 – VIII ZR 317 / 78 = NJW 1980, 831 f. 542  BGH Urt. v. 28.11.1979 – VIII ZR 317 / 78 = NJW 1980, 831, 832.



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Überschussklausel aus rechtlicher Sicht ebenfalls den bedingten Ausschluss eines Rechts darstellt.543 Dementsprechend wäre ein Ausschluss bereits anzunehmen, wenn dieser durch die Regelung keinesfalls sicher, sondern allenfalls möglich ist. Folge hiervon wäre, dass die Klauselkombination als nicht ausdrücklicher Ausschluss gegen § 153 VVG verstoßen würde. Das Gericht führt diesbezüglich aus, dass Gewährleistungsansprüche nicht insgesamt ausgeschlossen werden können, sondern „zumindest ein derartiger Anspruch verbleiben [muss]“ [Hervorhebung d. Verfassers].544 Diese Aussage ist im Kontext mit den Gewährleistungsrechten gefallen und entsprechend vor diesem Hintergrund zu bewerten. Der Klauselverwender hatte im dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt nicht die gesamten Gewährleistungsrechte ausgeschlossen, sondern lediglich die gewährte Garantie. Dementsprechend verblieb dem Käufer ein Anspruch der Gewährleistungsrechte vollständig. Einen solchen Fall beurteilt das Gericht lediglich als eine lediglich nicht tatbestandsmäßige Beschränkung der Gewährleistungsrechte, sofern dieser eine verbleibende Anspruch umfassend ist und insbesondere keine Einschränkungen enthält.545 Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Bei den verschiedenen Gewährleistungsansprüchen handelt es sich um jeweils eigenständige Ansprüche und damit um mehrere parallel nebeneinander bestehende Rechte. Das Gewährleistungsrecht ist nicht ein „Gesamtrecht“, das sich aus den verschiedenen einzelnen Gewährleistungsansprüchen wie Nachbesserung, Rücktritt, Minderung etc. zusammensetzt. Daher bedeutet der Ausschluss eines dieser Ansprüche nicht die Beschränkung des „Gesamtgewährleistungsrechts“ als solches. Die Gewährleistungsansprüche sind jeweils eigenständige Ansprüche und entsprechend getrennt zu betrachten, sodass das Vorenthalten eines Gewährleistungsanspruchs ein Ausschluss dieses einzelnen Rechts ist, und nicht bloß eine allgemeine Beschränkung der Gewährleistungsrechte. Sofern beispielsweise das Recht auf Minderung ausgeschlossen wird, bedeutet dies einen Ausschluss dieses einzelnen Rechts (auf Minderung) und nicht lediglich die Beschränkung des Gewährleistungsrechts als „Gesamtrecht“. Dies wird auch durch den Wortlaut von § 309 Nr. 8 lit. b aa BGB deutlich, der davon spricht, dass „die Ansprüche“ insgesamt nicht ausgeschlossen werden dürfen, und sich damit auf die einzelnen Gewährleistungsansprüche bezieht und nicht vom Ausschluss des Gewährleistungsrechts als einem „Rechtsbündel“

543  Dazu

siehe Kapitel 3 D. I. NJW 1980, 831, 832. 545  Vgl. BGH NJW 1980, 831, 832; in diesem Urteil legt das Gericht die in Frage stehende Klausel weiter aus. Die Unwirksamkeit der Klausel resultiert letztlich aus dieser Reichweite. 544  BGH

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spricht und dahingehend formuliert ist, dass der Gewährleistungsanspruch nicht ausgeschlossen werden darf. Auch die Systematik und ein Blick auf die weiteren Tatbestandsvarianten des § 309 Nr. 8 lit. b aa) BGB sprechen für ein solches Verständnis der Norm. Neben einem Ausschluss der Mängelrechte ist auch eine Beschränkung der Mängelrechte auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte untersagt. Allerdings ist nur diese Art der Beschränkung tatbestandsmäßig. Jede andere Beschränkung – beispielsweise die Beschränkung aller Mängelansprüche auf einen bestimmten Höchstbetrag oder Ähnliches – fällt nicht unter diese Tatbestandsvariante und nach der oben genannten Auffassung des Gerichts auch nicht unter die Tatbestandsvariante des Ausschlusses. Folglich wäre ein solches Vorgehen nicht tatbestandsmäßig, obwohl es den Klauselgegner deutlich und mehr noch als bei einem vom Tatbestand erfassten Vorgehen beeinträchtigt. Richtigerweise muss in einem solchen Fall die Tatbestandsalternative des Ausschlusses erfüllt sein. Unabhängig davon, ob man die Auffassung des Gerichts teilt, kann der in diesem Zusammenhang gefallenen Aussage jedenfalls nicht entnommen werden, dass bereits ein bloß bedingter Ausschluss tatbestandsmäßig ist. Das Gericht hat die fragliche Klausel als unwirksam angesehen, weil sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige und damit schon wegen § 9 Abs. 1 AGBG546 unwirksam sei.547 Ob sich die Unwirksamkeit darüber hinaus auch aus § 11 Nr. 10 a AGBG548 ergeben kann, hat das Gericht dagegen ausdrücklich offen gelassen. Insofern lassen sich bezüglich der Frage, ob auch die bloße Beschränkung eines der gesetzlich normierten Gewährleistungsansprüche als Ausschluss zu werten ist, anhand des Urteils – entgegen der teilweise vertretenen Auffassung – keine Schlüsse ziehen. Die erweiternde Auslegung der Norm kann jedenfalls nicht mit dem Urteil des BGH begründet werden. Damit ist der oben genannten Ansicht ihre Grundlage entzogen, sodass ihr nicht zu folgen ist. Über die Unwirksamkeit eines bedingten Ausschlusses wurde auch im Rahmen sogenannter Originalverpackungsklauseln entschieden.549 Sofern bezüglich der Unwirksamkeit auf § 309 Nr. 8 lit. b aa) BGB abgestellt wird, wird dies mit dem fehlenden Interesse des Klauselverwenders an einer solchen Klausel begründet. Neben der Tatsache, dass diese Begründung schon wegen der ihr vorangehenden Interessenabwägung der Sache nach für eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB spricht, kann bei der hier in Frage stehen546  Inhaltsgleicher

Normvorgänger von § 307 Abs. 1 BGB. NJW 1980, 831, 832; ähnlich OLG Karlsruhe ZIP 1983, 1091, 1092. 548  Normvorgänger von § 309 Nr. 8 b) aa BGB. 549  Vgl. Drygala, NJW 1993, 359, 360. 547  BGH



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den Klausel jedenfalls nicht pauschal auf ein fehlendes schützenswertes Interesse des Verwenders abgestellt werden. Dementsprechend sind auch diese Entscheidungen für die hier vorliegende Konstellation nicht aufschlussreich. cc) Zwischenergebnis Es bleibt festzuhalten, dass im Rahmen der untersuchten Normen keine fundierte Meinung auch einen bloß bedingten Ausschluss als Ausschluss im Sinne des jeweiligen Tatbestandes ansieht. Bei allen untersuchten Normen wird ein Ausschluss nur angenommen, wenn die vertragliche Regelung sicher beziehungsweise zwingend dazu führt, dass ein Recht vorenthalten wird. Nur in diesem Fall ist der Tatbestand der jeweiligen Norm einschlägig. Insofern spricht einiges dafür, den gleichen Maßstab auch im Rahmen von § 153 VVG anzulegen. Dies würde bedeuten, dass ein bedingter Ausschluss der Überschussbeteiligung, wie er durch die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel gegeben ist, keinen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG darstellt und die Norm entsprechend auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar wäre. Infolgedessen würde auch kein Verstoß gegen sie vorliegen, sodass die Kombination der Klauseln mit § 153 VVG im Einklang stünde. dd) Verfassungsrechtliche Anforderungen an § 153 VVG Der vorangegangene Vergleich mit Normen, welche ebenfalls einen Ausschluss regeln, ist allein nicht ausreichend, um die Reichweite des Tatbestands von § 153 Abs. 1 VVG zu bestimmen. Dies gilt umso mehr, als der Vergleich kein eindeutiges Ergebnis hervorgebracht hat. Die Reichweite des Tatbestandes ist durch Auslegung der Norm festzulegen. Dieser kommt im hier vorliegenden Fall eine besondere Bedeutung zu, da § 153 VVG aufgrund einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung über die Überschussbeteiligung eingeführt wurde und entsprechend im Lichte dieser verfassungsrechtlichen Bedeutung auszulegen ist. Trotz der Tatsache, dass die laufenden Überschüsse auf das Deckungskapital des Versicherungsnehmers angerechnet werden, kann die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel dazu führen, dass sich die Überschüsse für den Versicherungsnehmer nicht auswirken. Obwohl der Versicherungsnehmer formal und „technisch“ an den Überschüssen beteiligt wird, kommt diese Situation jedenfalls aus finanzieller Sicht faktisch einem Ausschluss der Überschussbeteiligung gleich.550 Dieses Ergebnis könnte mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutzumfang nicht vereinbar sein. 550  Siehe

unter Kapitel 3 D.

202

Kap. 3: Untersuchung

(1) Urteile und Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat die bis zur VVG-Reform 2008 bestehende Rechtslage in Bezug auf die Überschussbeteiligung als verfassungswidrig beurteilt. Sofern ein Anspruch auf Überschussbeteiligung vertraglich vereinbart ist, unterliege er – zunächst nur dem Grunde nach, mit anhaltender Vertragsdauer auch in konkreter Höhe551 – dem Schutz der Privatautonomie aus Art. 2 Abs. 1 GG und insbesondere der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG.552 Um dem verfassungsrechtlichen Schutz Rechnung zu tragen wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, sicherzustellen, dass die durch Prämienzahlungen geschaffenen Vermögenswerte als Grundlage einer Überschussbeteiligung einsetzbar sind und den Versicherungsnehmern erhalten bleiben.553 Diese Aussage bezieht sich explizit auf den Schlussüberschuss, kann aber wegen des gleichen Zwecks entsprechend auf den laufenden Überschuss übertragen werden. Der Versicherungsnehmer soll „bei Ablauf der vereinbarten Versicherungsvertragszeit insbesondere zum Zweck der Vorsorge für das Alter […] die in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung […] erhalten.“554 Dies gilt gerade auch für die laufenden Überschüsse. Das Bundesverfassungsgericht führt weiter aus, dass ein ausreichender Grundrechtsschutz maßgeblich von effektiven Möglichkeiten zur rechtlichen Überprüfung der Überschussanteile abhängt.555 Im Sinne der Normenbestimmtheit und Normenklarheit hat der Gesetzgeber bei der Erfüllung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags daher hinreichend klare Maßstäbe bereitzustellen.556 Diese Ausführungen beziehen sich jedoch nur auf den Umfang der Überschussbeteiligung beziehungsweise auf die Höhe des Anspruchs. Über die vorgelagerte und grundsätzliche Frage, welche (Mindest-)Anforderungen zu stellen sind, damit von einer Beteiligung an den Überschüssen gesprochen werden kann, schweigt das Gericht. Der verfassungsrechtliche Schutzumfang orientiert sich über die vom Gericht gemachten Ausführungen hinaus am Schutzbereich der einschlägigen Grundrechte, sodass auch dieser 551  BVerfG

Urt. v. 26.07.2005 – 1 BvR 782 / 94. Urt. v. 26.07.2005  – 1 BvR 80 / 95 Rn. 65 = VersR 2005, 1127, 1131; BVerfG Urt. v. 26.07.2005  – 1 BvR 782 / 94 Rn. 141; Bäuerle, VuR 2005, 401, 404; Albrecht / Bartels / Heiss, S. 17; vergleiche insofern auch die Gesetzesbegründung zu 81c VAG a. F.: BT-Drucks. 9 / 1493, S. 27: „Zur Wahrung der Belange der Versicherten müssen die dabei anfallenden Überschüsse aus dem Risikoverlauf und den Kapitalanlagen möglichst ungeschmälert gutgebracht werden.“; ablehnend Schenke, VersR 2006, 871, 872 ff. 553  BVerfG Urt. v. 26.07.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 65; BVerfG Urt. v. 26.07.2005 – 1 BvR 782 / 94 Rn. 141. 554  BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 70. 555  BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 67. 556  BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 67. 552  BVerfG



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 203

zu berücksichtigen ist. Die Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben sollte unter anderem durch die Einführung des § 153 VVG erfolgen. Gemäß diesem unmittelbaren verfassungsrechtlichen Auftrag ist eine Auslegung der Norm im Lichte der vom Grundgesetz gestellten und vom Bundesverfassungsgericht formulierten Vorgaben im Besonderen angezeigt. Reichweite der Norm und Anforderungen an das Vorliegen eines Ausschlusses sind an diesem Zweck zu messen. (2) Übertragung auf die vorliegende Konstellation Wird die Überschussbeteiligung von einer Bedingung abhängig gemacht, bedeutet dies gleichzeitig eine Einschränkung dieses Rechts. Nach allen gefundenen Ergebnissen ist eine solche Situation noch nicht vom Tatbestand des § 153 VVG erfasst. Problematisch wird dies erst, wenn Bedingung und Rechtsfolge dieser so gestaltet sind, dass das bedingte Recht letztlich ausgehöhlt wird. Um einem solchen faktischen Ausschluss vorzubeugen, kann die Überschussbeteiligung nicht unter jede beliebige Bedingung gestellt und damit beliebig eingeschränkt werden, ohne dass dies nicht einen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG bedeutet. Art. 14 Abs. 1 GG fordere allgemein die „Sicherung des […] Anspruchs auf Überschussbeteiligung.“557 Wie und in welchem Umfang dieser Anspruch konkret zu sichern ist, ist jedoch nicht gesagt. Im Rahmen der privaten Rentenversicherung hat der Versicherungsnehmer – unter anderem wegen der Entwicklungen im Bereich der gesetz­ lichen Altersvorsorge558 – allerdings ein besonderes schützenswertes Inte­ resse, dass er bei Ablauf des Vertrages „[…] die in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung erhält.“559 Diesem Interesse ist nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn die Überschussbeteiligung lediglich formal gewährt wird. Wegen der Verschiedenartigkeit der Bedingungen und der damit unendlichen Reichweite an Gestaltungsmöglichkeiten der Versicherer kann jedenfalls weder pauschal verneint werden, dass das bloße Bedingen noch kein Ausschluss ist, noch, dass jede Bedingung einem Ausschluss gleichkommt. Bei dieser Entscheidung handelt es sich vielmehr um eine Wertungsfrage, sodass je nach Reichweite der Bedingung beurteilt werden muss, ob das Recht so weit beschränkt wird, dass dies faktisch einem Ausschluss gleichkommt. Eine Bedingung ist eine kraft Parteiwillens „zum Geschäftsinhalt gewordene Bestimmung, welche die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem 557  BVerfG

Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 782 / 94 und 1 BvR 957 / 96. siehe Kapitel 1 B. I.; Bäuerle, VuR 2005, 401, 404; vgl. BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 782 / 94 und 1 BvR 957 / 96 Rn. 138. 559  BVerfG Urt. v. 2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 70. 558  Hierzu

204

Kap. 3: Untersuchung

künftigen Ereignis abhängig macht, dessen Eintritt noch ungewiss ist“.560 Bedingungen können danach unterschieden werden, ob ihr Eintritt von einer oder beiden Vertragsparteien willentlich herbeigeführt werden kann, oder der Eintritt allein vom Zufall bzw. anderen nicht steuerbaren Faktoren abhängt. Im ersten Fall wissen beide Parteien, dass der Bedingungseintritt herbeigeführt werden kann und können das Risiko jedenfalls grob einschätzen. Dieses Risiko können sie in ihre Kalkulation einbeziehen und entsprechend der Gefahr und der damit verbundenen Nachteile abwägen, ob das Geschäft für sie zu diesen Konditionen noch günstig oder vorteilhaft ist. Diese Situation entspricht dem System einer freien Marktwirtschaft. Ist die Bedingung dagegen allein von nicht steuerbaren Faktoren abhängig, so hängt ihr Eintritt ausschließlich vom Zufall ab. Je nach konkreter Bedingung ist dementsprechend völlig unvorhersehbar und unkalkulierbar, ob das Recht tatsächlich besteht oder durch Eintritt der Bedingungen nachträglich ausgeschlossen ist. Insofern könnte die Art der Bedingung dafür entscheidend sein, ob ein bedingter Ausschluss der Überschussbeteiligung gegen § 153 VVG verstößt. Sofern die Bedingung nicht zu beeinflussen ist, müsste § 153 VVG erweiternd ausgelegt werden, um dem grundrechtlichen Schutzauftrag des § 153 VVG zu genügen. Bei einer solchen Bedingung wäre auch ein bloß potenzieller Ausschluss von § 153 VVG erfasst, und – sofern nicht ausdrücklich vereinbart – unwirksam. Eine solche weite Auslegung des § 153 VVG ist jedoch nicht angezeigt. Denn nicht die Bedingung bzw. die Art der Bedingung selbst ist problematisch, sondern die Tatsache, dass dem Versicherungsnehmer die durch die Bedingung eingetretene Situation deutlich vor Augen geführt werden muss. Dieses Erfordernis machen sowohl das Bundesverfassungsgericht in dem ausschlaggebenden Urteil, als auch der Gesetzgeber selbst klar, indem beide darauf hinweisen, dass die rechtliche Gesamtsituation für den Versicherungsnehmer durch das Geflecht der vielen verschiedenen maßgeblichen Vorschriften unklar ist.561 Genannt werden hier insbesondere bisher vorherrschende „intransparente Leistungsbeschreibungen verbunden mit unbestimmten, variablen Leistungsinhalten“ sowie eine „Bezugnahme auf bilanzrechtli­ che Vorschriften, deren leistungsvermindernde Wirkungen für die Versicherten nicht erkennbar seien“.562 Überdies erhalte der Versicherungsnehmer auch nach Vertragsabschluss keinen Zugang zu vertragsrelevanten Informatio560  Staudinger / Bork, Vorbemerkungen zu §§ 158–163 Rn. 4; Bamberger / Roth / Rövekamp, § 158 Rn. 3; MüKo / Westermann, § 158 Rn. 8; Soergel / Wolf, Vor 158 Rn. 2. 561  Vgl. BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51, 54, 95 f.; BVerfG Urt. v. 26.7.2005  – 1 BvR 80 / 95 Rn. 97. 562  BVerfG Urt. v. 26.07.2005 – 1 BvR 80 / 95 Rn. 76 ff.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 205

nen.563 Dass nicht die Art der Bedingung entscheidend ist, sondern die Weise, wie sie dem Versicherungsnehmer präsentiert wird und wie dieser über die damit verbundenen Rechtsfolgen aufgeklärt wird, macht der Gesetzgeber außerdem deutlich, indem er allein darauf abstellt, dass ein Ausschluss nur ausdrücklich erfolgen kann. Dieses Tatbestandsmerkmal greift Transparenzanforderungen auf und verdeutlicht, dass es bei der Wirksamkeit der Klausel auf diese entscheidend ankommt. Völlig außer Acht gelassen wird die Frage, wie dieser Ausschluss rechtlich verwirklicht wird. Der Gesetzgeber hat den Fall eines bedingten Ausschlusses schlicht nicht erkannt und infolgedessen diesbezüglich keine Anforderungen aufgestellt. Die oben angesprochene weite Auslegung der Norm – abhängig von der Art der Bedingung – kann daher nicht überzeugen. Entsprechend seinem Schutzzweck ist eine erweiternde Auslegung des § 153 VVG nicht generell notwendig. Maßgeblich für die Zulässigkeit eines bedingten Ausschlusses sind dessen Reichweite sowie die mit dieser Konstellation einhergehende Transparenz für den Versicherungsnehmer. Sofern die Regelung das Recht auf Überschussbeteiligung nicht aushöhlt und insbesondere die mit der Regelung verbundenen Rechtsfolgen für den Versicherungsnehmer transparent dargestellt werden, ist sie mit § 153 VVG zu vereinbaren. Die Wirksamkeit der infrage stehenden Klauselkombination ist damit vielmehr eine AGB-rechtliche Frage der Transparenz und nicht eine Frage des Abweichens von § 153 VVG. Zu beachten ist jedoch: Auch eine Klausel, die das Recht auf Überschussbeteiligung aushöhlt, wäre nicht wegen originärem Verstoß gegen § 153 VVG unwirksam, sondern wegen eines Verstoßes gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB.564 Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Transparenz. Durch das Tatbestandsmerkmal „ausdrücklich“ wird auf die besondere Bedeutung der Transparenzanforderungen verwiesen, welche der Versicherer im Rahmen der Überschussbeteiligung zu beachten hat. Letztlich muss sich die Regelung daher an den Maßstäben der Transparenzkontrolle messen lassen. Eine diesen Anforderungen nicht genügende Klausel wäre dementsprechend nicht wegen § 153 VVG, sondern wegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. 3. Ergebnis Die Kombination der kritischen Klauseln führt dazu, dass die Beteiligung an den Überschüssen von der Entwicklung des Kapitalmarktes und der Rechnungsgrundlagen abhängig ist. Auch wenn diese Bedingung von keiner der Parteien unmittelbar beeinflussbar ist, bedeutet das nicht zwingend einen tatbestandlichen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG. Die Reichweite der 563  Bäuerle,

VuR 2005, 401, 404. hierzu auch Bruck / Möller / Koch, § 108 Rn. 30.

564  Vergleiche

206

Kap. 3: Untersuchung

Norm ist durch ihren Wortlaut begrenzt, welcher Anforderungen an einen tatsächlichen Ausschluss und nicht bereits an einen potenziellen Ausschluss der Überschussbeteiligung stellt. Die hier untersuchte Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel höhlt die Überschussbeteiligung jedoch nicht aus, da sie nur in einem einzigen ungünstigen Fall zum wirtschaftlichen Entfallen der Überschussbeteiligung führt. Dass die Kombination beider Klauseln den potenziellen Ausschluss der Überschussbeteiligung nicht ausdrücklich offengelegt, stellt keinen Verstoß gegen § 153 VVG dar. Diesbezüglich sind die AGB-rechtlichen Transparenz­ anforderungen maßgeblich, sodass auf die nachfolgenden Ausführungen zur Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB verwiesen werden kann. Sofern der Gesetzgeber eine entsprechende Produktgestaltung verhindern möchte, ist er an dieser Stelle zum Tätigwerden aufgefordert. In diesem Fall wäre § 153 VVG wie folgt zu ergänzen: „Ist der Ausschluss der Überschussbeteiligung durch die vertragliche Gestaltung der entsprechenden Regelung möglich, so ist hierauf und auf deren Voraussetzungen ausdrücklich hinzuweisen.“

III. Vereinbarkeit der Klauseln mit §§ 307 ff. BGB Trotz der grundsätzlichen Kontrollmöglichkeit von AVB ist auch hier gesondert auf die Möglichkeit der Inhaltskontrolle einzugehen. Der potenzielle, weil bedingte Ausschluss der Überschussbeteiligung steht im Einklang mit § 153 VVG.565 Insofern wird lediglich der von der Erlaubnisnorm eröffnete Gestaltungsspielraum ausgefüllt, sodass keine Inhaltskontrolle, sondern lediglich die Transparenzkontrolle eröffnet und damit maßgeblich ist.566 1. Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Das Zusammenspiel von Aufschubklausel und Überschussklausel könnte gegen das Transparenzgebot verstoßen, da auf die Möglichkeit des faktischen Ausschlusses der Überschussbeteiligung im Versicherungsvertrag nicht (explizit) hingewiesen wird. Aus der Tatsache, dass „die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“, könnte sich eine formelle Benachteiligung ergeben, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese allein würde zu einem Verstoß gegen das Transparenzgebot führen.567 565  Siehe

Kapitel 3 D. II. Kapitel 3 C. IV. 2. 567  MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 56; zu den genauen Voraussetzungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB siehe bereits die Ausführungen unter Kapitel 3 C. IV. 2. 566  Siehe



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 207

Im Gegensatz zu der Einbeziehungskontrolle nach § 305c BGB ist hier nicht die formal-sprachliche Transparenz der Klausel, sondern ihre inhalt­ liche Klarheit und Verständlichkeit ausschlaggebend.568 Die Klausel muss so gestaltet sein, dass sie für den Klauselgegner Sinn und Tragweite sowie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie das nach den Umständen gefordert werden kann.569 Maßstab ist grundsätzlich das Verständnis eines typischen Durchschnittskunden der jeweiligen Vertragsart zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses,570 hier also das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers.571 Während vom Klauselgegner eigenes Denken, das normale Sprachverständnis sowie Alltagswissen und einfache Logik erwartet werden können, sind weitergehende Fach- und insbesondere Rechtskenntnisse grundsätzlich nicht zu erwarten.572 Die Gestaltung und das Zusammenwirken beider fraglicher Klauseln führen dazu, dass der Versicherungsnehmer als Vertragspartner bei Vertragsschluss nicht ohne weiteres darauf aufmerksam wird, dass die Überschussbeteiligung möglicherweise faktisch ausgeschlossen ist. Um dies im Regelwerk der AVB überhaupt zu erkennen, bedarf es einer umfassenden rechtlichen Analyse der Klauseln sowie ihres wechselseitigen Zusammenwirkens. Die möglichen Rechtsfolgen der Klauseln wird ein durchschnittlicher Vertragspartner nur bei entsprechender Aufklärung erkennen und verstehen können. Einem durchschnittlichen Vertragspartner ist eine solch umfassende Prüfung nicht zuzumuten. Insbesondere ist das Erkennen der mit diesen Regelungen verbundenen Nachteile nur für juristisch gebildete Personen möglich. Bezüglich der Überschussbeteiligung ist anerkannt, dass diese Materie zu komplex ist, um sie einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer in gebotener Kürze verständlich zu machen.573 Eine die Überschussbeteiligung regelnde Klausel ist grundsätzlich als transparent anzusehen, wenn ein Fachmann, bei welchem sich der Versicherungsnehmer notfalls Rat holen kann, sie verste568  Bamberger / Roth / Schmidt, § 307 Rn. 42; Erman / Roloff, § 307 Rn. 19; Wolf /  Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 239; MüKo / Wurmnest, § 307 Rn. 55 ff.; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 10; bezüglich der Vereinbarkeit mit § 305c BGB wird auf die oben gemachten Ausführungen zu den jeweiligen Klauseln verwiesen (siehe unter Kapitel 3 A. III. 1. und Kapitel 3 C. IV. 1.). 569  BGH NJW 2001, 2014, 2016; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 325; Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 253; BGHZ 141, 137, 143. 570  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 244, 253; Ulmer / Brandner / Hensen / Fuchs, § 307 Rn. 344 mit weiteren Nachweisen auf die ständige Rechtsprechung; BGH NJW 2011, 2122, 2123; BGH NJW-RR 2011, 1618, 1622; BGHZ 106, 42, 46. 571  Vgl. BGH NJW 2004, 2589, 2590. 572  Wolf / Lindacher / Pfeiffer, § 307 Rn. 244; Pfeiffer, NJW 2011, 1, 6 f. 573  BGH NJW 2001, 2014, 2018; zu den Grenzen des Transparenzgebotes: Römer, in: FS Lorenz, S. 615 ff.

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Kap. 3: Untersuchung

hen und nachvollziehen kann,574 und die Klausel potenzielle wirtschaftliche Nachteile erkennen lässt.575 Unabhängig von der Qualität der mit dieser Meinung verbundenen „Expertentransparenz“ gelten diese Anforderungen jedenfalls nur im Grundsatz und sind gewissermaßen Mindestanforderungen an die Transparenz von Überschussklauseln. Dementsprechend könnten für die vorliegenden Klauseln andere, strengere Maßstäbe gelten. Die BaFin hat in einer Auslegungsentscheidung besondere Transparenzanforderungen für den Fall aufgestellt, dass in der Lebensversicherung sonst übliche Garantieleistungen durch AVB unter Vorbehalt gestellt werden und somit ihr eigentlicher Garantiecharakter verloren geht.576 Die Überschussbeteiligung wird zwar nicht der Höhe nach, jedoch dem Grunde nach garantiert, weshalb es sich um eine Garantieleistung handelt. Die bloße Anrechnung der Überschussbeteiligung auf das Deckungskapital ändert nichts am Garantiecharakter, da der Versicherungsnehmer durch die Klausel allein genauso sicher an den Überschüssen beteiligt ist wie er es bei einer gewöhnlichen Klausel577 wäre. Gemeinsam mit der Aufschubklausel kann jedoch die Situation eintreten, dass dem Versicherungsnehmer lediglich die Garantierente ausbezahlt wird. Dementsprechend ist die Überschussbeteiligung faktisch unter den Vorbehalt gestellt, dass sich die für die Rentenberechnung maßgeblichen Rechnungsgrundlagen nur in einem gewissen Rahmen halten dürfen. Zwar werden dem jeweiligen Versicherungsnehmer auch in diesem Fall die Überschussanteile tatsächlich zugeteilt, ein finanzieller Vorteil ist damit jedoch nicht verbunden. Die garantierte Leistung „Überschussbeteiligung“ ist in diesem Fall gerade keine garantierte eigenständige Sonderleistung. Vielmehr wird aus ihr die Mindestrente, und damit eine andere garantierte Leistung finanziert, sodass die Überschussbeteiligung in diesem Fall ihren Garantiecharakter verliert. Um den besonderen Transparenz­ anforderungen der Auslegungsentscheidung zu genügen, ist der Versicherungsnehmer über diese Besonderheit bereits vor Vertragsschluss aufzuklären. Dies entspricht der ständigen Transparenzrechtsprechung, nach welcher auch potenzielle wirtschaftliche Nachteile einer Klausel für den Klausel­ 574  Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn.  V 194; vgl. Römer / Langheid, vor § 1 Rn. 33, 71. 575  BGH NJW 2001, 2014, 2016. 576  Auslegungsentscheidung „Mindestanforderungen bezüglich Überschussverwendung in der Rentenversicherung“ abzurufen unter http: /  / www.bafin.de / Shared Docs / Veroeffentlichungen / DE / Auslegungsentscheidung / ae_051110_avb_va.html;jse ssionid=1B9F14E49D945730A0A6FE0F2D683EDE.1_cid390?nn=2818492 (Abgerufen am 11.03.2014). 577  Beispielsweise Verwendung des Überschussanteils zur Finanzierung einer Bonusrente, verzinslichen Ansammlung oder Barauszahlung.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 209

gegner erkennbar sein müssen.578 Die Transparenzanforderungen an einen Ausschluss der Überschussbeteiligung können entsprechend übertragen werden, sodass die besondere Rechtsfolge dem Versicherungsnehmer direkt ins Auge fallen muss.579 2. Ergebnis Das Zusammenwirken von Aufschubklausel und Überschussklausel ist auch im Hinblick auf § 307 BGB problematisch. Mangels eröffneter Inhaltskontrolle ist bei der Ausgestaltung der Klauseln diesbezüglich nur auf die Wahrung der Transparenzanforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu achten. Die Folgen des Zusammenspiels beider Klauseln sind für den Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres erkennbar, wodurch ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB begründet wird. Allerdings können die Klauseln ausreichend transparent gestaltet werden. Die entsprechenden Regelungen müssen zu Beginn der AVB stehen580 und besonders hervorgehoben werden.581 Letzteres gilt auch in Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen. Um den Anforderungen der BaFin-Auslegungsentscheidung zu genügen, ist insbesondere ein expliziter Hinweis auf die besondere Folge des möglichen Entfallens der Überschussbeteiligung notwendig. Sofern ein solcher ergänzt wird, halten die Regelungen der Transparenzkontrolle stand. Werden diese Anforderungen erfüllt, liegt kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Zudem genügt eine solche Klausel auch den Anforderungen des § 305c BGB.582 Überdies kann es sich durch einen ausdrücklichen Hinweis keinesfalls mehr um einen verdeckten, konkludenten Ausschluss der Überschussbeteiligung handeln. Ein bei dieser Gestaltung vorliegender ausdrücklicher Ausschluss ist von § 153 Abs. 1 VVG explizit zugelassen. Dass das Recht auf Überschussbeteiligung bedingt vorenthalten wird, ist insofern unerheblich.583 578  Vgl. BGHZ 141, 137, 143 = NJW 1999, 2279, 2280; BGH NJW 2001, 2014, 2016; vgl. Wolf / Lindacher / Pfeiffer / Reiff, Klauseln Rn. V 192. 579  Vgl. Römer / Langheid, § 153 Rn. 2; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 231. 580  Hiermit ist aus praktischen und logischen Gründen wohl nicht eine zusammenhangslose Darstellung in Sinne einer Präambel von den AVB gemeint. Vielmehr müssen diese in ihrem Sachzusammenhang zu Beginn der AVB an einer geeigneten Stelle platziert werden. Vermieden werden soll, dass die entsprechenden Regelungen künstlich ans Ende der AVB verschoben werden. 581  Auslegungsentscheidung „Mindestanforderungen bezüglich Überschussverwendung in der Rentenversicherung“ unter Kapitel 3 D. IV. 1. 582  Vergleiche zu diesen Anforderungen Kapitel 3 A. III. 1. 583  Siehe dazu unter Kapitel 3 D. II. 3.

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Kap. 3: Untersuchung

Folglich ist die Kombination beider Klauseln grundsätzlich mit dem Gesetz vereinbar, jedoch nur sofern den hohen Transparenzanforderungen genügt wird. Folgende Formulierung dürfte den Anforderungen genügen, sofern sie in den AVB in einem räumlichen Zusammenhang mit Aufschub- und Überschussklausel steht und diese Klauseln nicht erst im hinteren Teil der AVB „versteckt“ werden: „Aufgrund der Ziffern x.x und x.x kann eine negative Entwicklung externer Umstände dazu führen, dass dem Versicherungsnehmer nur die garantierte Rente ausgezahlt wird und sich die Überschussbeteiligung finanziell nicht auswirkt.“

IV. Vereinbarkeit der Klauseln im Hinblick auf das Versicherungsaufsichtsrecht Das Zusammenspiel beider Klauseln und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Überschussbeteiligung sind auch mit Blick auf das Aufsichtsrecht – insbesondere den versicherungsaufsichtsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die Vorgaben zur risikoadjustierten Gesamtverzinsung – problematisch. Sofern ein Verstoß vorliegt kann die zuständige Behörde – seit 2002 die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – im Rahmen der laufenden Aufsicht alle Anordnungen treffen, „die geeignet und erforderlich sind, um Missstände [die die Belange der Versicherten gefährden] zu vermeiden oder zu beseitigen“, § 298 VAG584. Diese Generalklausel wird von der BaFin anhand der eigenen Verwaltungspraxis durch verschiedene Instrumente, wie Rundschreiben, Merkblätter, Konsultationen oder Auslegungsentscheidungen konkretisiert. Die so geschaffenen Maßstäbe und Wertungen führen wegen der Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 GG dazu, dass die Behörde in vergleichbaren Fällen auch gleich bescheiden muss.585 Vorliegend kommt ein Verstoß sowohl gegen eine Auslegungsentscheidung der BaFin als auch in Bezug auf den aufsichtsrecht­ lichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht. 1. Auslegungsentscheidung der BaFin vom 10.11.2006 Wie bereits erläutert, kann die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel dazu führen, dass sich die Überschussbeteiligung in einer gewissen Konstellation faktisch nicht auswirkt. Dieses Ergebnis begegnet im Hinblick auf die Auslegungsentscheidung der BaFin vom 10.11.2006586 zu § 81c VAG587 gewissen Bedenken. 584  Entspricht

inhaltlich § 81 Abs. 2 VAG a. F.

585  Stelkens / Bonk / Sachs, § 40 Rn. 122 ff.; Fehling / Kastner / Strömer / Schwarz,

Rn.  25 ff.

§ 114



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 211

a) Grund und Inhalt der Auslegungsentscheidung In der genannten Auslegungsentscheidung bestimmt die BaFin, dass „bereits individuell zugeteilte Überschüsse des Versicherungsnehmers, unabhängig vom gewählten Überschussbeteiligungssystem, grundsätzlich nicht zur Finanzierung der Garantieleistungen verwendet werden [können].“ Begründet wird diese Entscheidung damit, dass der zusätzlich entstandene Anspruch des Versicherungsnehmers auf Überschussbeteiligung nach erfolgter Deklaration nicht einseitig rückwirkend durch das Versicherungsunternehmen aufgehoben werden kann und darf. Durch die Überschussklausel werden die Überschussanteile auf das Deckungskapital des jeweiligen Versicherungsnehmers angerechnet und diesem individuell zugeteilt. Ist bei Beginn der Bezugsphase die problematische Konstellation eingetreten – die nach der Aufschubklausel errechnete Rente bleibt hinter der Garantierente zurück – wird dem Versicherungsnehmer lediglich die Garantierente ausgezahlt. Die Überschussbeteiligung wurde vollständig auf das Deckungskapital angerechnet, welches für die Garantierente allerdings gar nicht maßgeblich ist. Folge ist, dass sich die Überschussbeteiligung für den Versicherungsnehmer faktisch nicht zusätzlich zur garantierten Leistung auswirkt, sondern letztlich dem Versicherungsunternehmen zur Finanzierung der Mindestrente dient. Damit werden die Überschussanteile trotz bereits erfolgter individueller Zuteilung zur Finanzierung von Garantieleistungen verwendet. Dieses Ergebnis entspricht jedenfalls formal exakt dem Verfahren, welches durch die Auslegungsentscheidung beanstandet und untersagt wurde. Da die Voraussetzungen der Auslegungsentscheidung gegeben sind, könnte ein Verstoß gegen diese und damit gegen § 140 Abs. 2, 3 VAG vorliegen. Die Auslegungsentscheidung ist allerdings nicht völlig abstrakt, sondern anlässlich eines konkreten Sachverhalts und eines auf diesen Sachverhalt bezugnehmenden Urteils ergangen. Dementsprechend ist sie nur dann auf die hier vorliegende Konstellation zu übertragen, wenn das nach ihrem Sinn und Zweck geboten ist. Zur Beurteilung ist ein Blick auf die mit der Auslegungsentscheidung in Zusammenhang stehenden Urteile588 zu werfen. In den der Auslegungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalten vereinbarte der jeweilige Versicherer, dass die Überschussbeteiligung aus586  Auslegungsentscheidung „Mindestanforderungen bezüglich Überschussverwendung in der Rentenversicherung“Abzurufen unter“ http: /  / www.bafin.de / Shared Docs / Veroeffentlichungen / DE / Auslegungsentscheidung / ae_051110_avb_va.html;jse ssionid=1B9F14E49D945730A0A6FE0F2D683EDE.1_cid390?nn=2818492 (Abgerufen am 11.03.2014). 587  Inzwischen inhaltlich unverändert § 140 Abs. 2, 3 VAG n. F. 588  Maßgeblich insbesondere BGH Urt. v. 9.7.2009 – IV ZR 102 / 06.

212

Kap. 3: Untersuchung

schließlich zur Bildung einer zusätzlichen Überschussrente verwendet wird. Nachträglich wurde dem Versicherer seitens der Versicherungsaufsicht aufgegeben, wegen Veränderungen der Sterbetafeln Nachreservierungen für die Deckungsrückstellungen zu bilden. Dieser Aufforderung kam der Versicherer nach, indem er hierfür die bereits zugewiesenen Überschussanteile verwendete. Er sah sich berechtigt, die bereits zugeteilten Überschussanteile aufzulösen und zur Finanzierung der Garantierente zu verwenden. In dieser Praxis sah das Gericht ein Unterlaufen des vorbehaltlos gewährleisteten Garantieversprechens dadurch, dass die Verpflichtung des Versicherers rückwirkend abgeändert wird und der Überschussanteil entgegen der ursprünglichen Verpflichtung des Versicherers nicht zur Finanzierung der zusätzlichen Überschussrente, sondern zur Finanzierung der Garantierente diente.589 Entscheidend ist die Tatsache, dass der Versicherer die bereits zugeteilten Überschuss­ anteile in der ursprünglichen Höhe nachträglich verringerte. Dem Versicherungsnehmer wurden bei Vertragsschluss zwei einzelne, lediglich bezüglich der konkreten Höhe noch ungewisse Ansprüche garantiert. Durch die beschriebene nachträgliche Änderung der Verwendung der Überschussanteile wird diesem der Anspruch nachträglich faktisch wieder weggenommen. Gleichzeitig verstößt der Versicherer durch die nachträgliche Änderung der Verwendung gegen seine schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag.590 Mit dieser Hintergrundkenntnis wird ein wichtiger Unterschied zwischen der der Auslegungsentscheidung zugrundeliegenden Konstellation und der hier zu beurteilenden Konstellation deutlich. Bei Letzterer wird die Verwendung der Überschussanteile des jeweiligen Versicherungsnehmers nicht nachträglich geändert. Es bleibt in jedem Fall bei der vertraglich vereinbarten Verwendung der Erhöhung des Deckungskapitals. Dies ändert sich auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer lediglich die garantierte Mindestrente erhält. Die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers wird nicht negativ verändert, indem ihm ein garantierter Anspruch nachträglich genommen wird. Die Tatsache, dass sich durch das Zusammenspiel von Aufschub- und Überschussklausel die Überschussbeteiligung nicht zwingend zusätzlich finanziell auswirkt, ist diesbezüglich insofern unerheblich, als der Versicherungsnehmer exakt die Ansprüche behält, die ihm der Versicherer bei Vertragsschluss eingeräumt hat.

589  BGH

Urt. v. 9.7.2009 – IV ZR 102 / 06 Rz. 17. unter II. 2. der Auslegungsentscheidung „Mindestanforderungen bezüglich Überschussverwendung in der Rentenversicherung“. 590  Siehe



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 213

b) Ergebnis Mit Blick auf den Zweck und Hintergrund der Auslegungsentscheidung – Vermeidung einer Schlechterstellung des Versicherungsnehmers durch nachträglichen Entzug eines garantierten Anspruchs durch den Versicherer – ist ein Verstoß gegen diese nicht gegeben. Zu beachten ist außerdem, dass das in der Auslegungsentscheidung normierte Verbot nur „grundsätzlich“ gilt,591 was dafür spricht, dass auch die Aufsichtsbehörde Konstellationen für möglich hält, in denen ein entsprechendes Vorgehen durchaus als rechtskonform zu beurteilen ist. Das Resultat der Klauseln widerspricht eben nur grundsätzlich der Auslegungsentscheidung. Wegen der anders liegenden Interessen jedoch im konkreten Fall gerade nicht. Mit Blick auf die Schutzrichtung und den exakten Wortlaut der Auslegungsentscheidung vom 10.11.2006 stellen die kritischen Klauseln keinen Verstoß gegen diese dar. 2. Aufsichtsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel592 stößt auch im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 138 Abs. 2 VAG auf Bedenken.593 Dieser normiert, dass Prämien und Leistungen in der Lebensversicherung bei gleichen Voraussetzungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden dürfen. Ob diese Norm einen verallgemeinerungs­ fähigen Grundgedanken beinhaltet, und ob es infolgedessen einen allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Versicherungsaufsichtsrecht gibt, ist sehr umstritten,594 bedarf mangels Erheblichkeit für den Bereich der Rentenversicherung keiner weiteren Ausführung. Für die Rentenversicherung als besondere Ausprägung der Lebensversicherung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz expressis verbis, vgl. § 138 VAG.595 Durch die Aufschubklausel verzichtet der Versicherungsnehmer auf einen Teil der Garantieverzinsung. Insofern tauscht er gewissermaßen einen Teil seiner Garantieleistung gegen die Chance auf eine höhere Gesamtverzin591  Vergleiche unter II. 2. der Auslegungsentscheidung „Mindestanforderungen bezüglich Überschussverwendung in der Rentenversicherung“. 592  Nachfolgend zur besseren Übersichtlichkeit als „neues Produkt“ bezeichnet. 593  Entspricht § 11 Abs. 2 VAG a. F.; für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gilt darüber hinaus ein genereller Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 21 Abs. 1 VAG a. F. bzw. § 177 VAG. 594  Dafür: v. Koppenfels-Spieß, VersR 2004, 1085, 1087 ff.; Boetius, Private Krankenversicherung § 12 Rn. 110; dagegen: Prölss / Präve, § 11 Rn. 10; Prölss / Weigel, § 21 Rn. 7; Derks, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 96; Lorenz, Beilage zur VersR 1983, 162, 165 ff. 595  Entspricht § 11 VAG a. F.

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Kap. 3: Untersuchung

sung ein. Darüber hinaus werden die laufenden Überschüsse durch die Kombination mit der Überschussklausel nicht als Garantieleistung verwendet.596 Durch diesen Verzicht auf Garantien597 sinken die Kosten des individuellen Vertrages,598 was wiederum über eine höhere Überschussbeteiligung an den Versicherungsnehmer weitergegeben wird. Hierdurch kommt die mögliche höhere Gesamtablaufleistung zustande. Die gesunkenen Kosten bei gleicher Prämie führen auch dazu, dass ein solcher Vertrag im Vergleich zu einem klassischen Produkt einen größeren Teil zur Erwirtschaftung des Überschusses beiträgt. Dementsprechend scheint eine höhere Überschussbeteiligung auf den ersten Blick nicht nur rechtlich möglich, sondern vielmehr geboten. Fraglich ist, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz eine solche höhere Garantieverzinsung ge- oder verbietet. a) Reichweite und Regelungsgehalt des Grundsatzes Zunächst ist zu erörtern, ob die Überschussbeteiligung selbst und damit auch eine unterschiedliche Höhe der Überschussbeteiligung überhaupt unter diesen Grundsatz fallen. Gemäß § 138 Abs. 2 VAG599 dürfen Prämien und Leistungen bei gleichen Voraussetzungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden. Insofern ist Voraussetzung, dass die Überschussbeteiligung überhaupt eine Leistung im Sinne der Norm darstellt, und durch die Verwendung der neuen Überschussklausel überhaupt noch „gleiche Voraussetzungen“ gegeben sind. Entscheidend für die Frage nach den gleichen ­Voraussetzungen ist insbesondere, auf welchen zeitlichen Rahmen sich die Gleichbehandlungspflicht erstreckt. Eine strikte Gleichbehandlungspflicht aller Kunden ist in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung ein Fremdkörper.600 Dass der Gleichbehandlungsgrundsatz dennoch normiert wurde, liegt an der sozialpolitischen Bedeutung der Rentenversicherung und der hierdurch bedingten besonderen Schutzbedürftigkeit der Versicherungsnehmer.601 § 138 Abs. 2 VAG602 soll verhindern, dass eine Begünstigung einzelner Gruppen von Versicherungs596  Siehe

unter Kapitel 3 C. I. andere kostensparende Vertragsgestaltungen sind weitere Einsparungen möglich, welche zu einer weiteren Erhöhung der Überschussbeteiligung führen können. 598  Vgl. unter Kapitel 3 A. 599  Entspricht inhaltlich unverändert § 11Abs. 2 VAG a. F. 600  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 11 Rn. 10. 601  BR-Drucks. 23 / 94, S. 165; BT-Drucks. 12 / 6959, S. 56; Scholz, ZVersWiss 73 (1984,) S. 1, 10 f.; vgl. auch Brachmann, VW 2004, 1072, 1072. 602  Inhaltlich unverändert § 11 Abs. 2 VAG a. F. 597  Durch



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 215

nehmern zu Lasten anderer Gruppen stattfinden kann und so – beispielsweise durch Quersubventionierung – parasitäre Versicherungsverhältnisse entstehen.603 Um diesem Zweck gerecht zu werden, sind Leistungen im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht bloß diejenigen Leistungen des Versicherers, welche sich aus dem vereinbarten Tarif originär ergeben, sondern ausweislich der Regierungsbegründung auch die Gewinnbeteiligung in Form der Überschussbeteiligung.604 Von vertraglicher Seite ist zu beachten, dass § 153 Abs. 2 VVG innerhalb gleichartiger Versicherungsverträge die Anwendung eines verursachungsorientierten Verfahrens vorschreibt, um Überschussgerechtigkeit herzustellen. Auch nach Einführung der Norm können hierzu weiterhin gleichartige Versicherungsverträge zu Gewinnverbänden zusammengeschlossen werden.605 Es bleibt festzuhalten, dass auch die Überschussbeteiligung eine Leistung im Sinne des § 138 Abs. 2 VAG606 ist und damit den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes genügen muss. Weiter ist die zeitliche Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu bestimmen. Die Überschussklausel wird im Rahmen neuer Tarife eingeführt, sodass ein Verstoß nur in Betracht kommt, wenn eine Gleichbehandlung über verschiedene Tarife hinweg und insbesondere auch bei zeitlich späterer Einführung eines neuen Tarifs verlangt würde. Grundsätzlich verpflichtet § 138 Abs. 2 VAG607 auch zu einer Gleichbehandlung von Alt- und Neugeschäftskunden.608 Allerdings kann aus der Norm kein absoluter, intertemporaler Gleichbehandlungsgrundsatz hergeleitet werden.609 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete vielmehr lediglich eine Gleichbehandlung für innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abgeschlossene Verträge.610 Ein weitergehendes Verständnis des Grundsatzes wäre hochgradig innovationsfeindlich und würde zudem einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte des Versicherers darstellen.611 Außerdem entfaltet der Gleichbehandlungsgrund603  Derks, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 94; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 11 Rn. 10. 604  BR-Drucks. 23 / 94, S. 165; BT-Drucks. 12 / 6959, S. 56; Derks, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 95; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 115; Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 185; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 11 Rn. 9. 605  Abschlussbericht der Reformkomission, S. 105; Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 11 Rn. 10. 606  Inhaltlich unverändert § 11 Abs. 2 VAG a. F. 607  Entspricht inhaltlich unverändert § 11 Abs. 2 VAG a. F. 608  Prölss / Präve, § 11 Rn. 18; Janott, in: FS Lorenz, S. 341, 361. 609  Ebers, Überschussbeteiligung, S. 119 f.; Prölss / Präve, § 11 Rn. 18. 610  Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 187; vgl. Schmidt, VersR 1994, 885, 888. 611  Prölss / Präve, § 11 Rn. 18; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 119; Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 187 f.; so auch Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann,

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Kap. 3: Untersuchung

satz wegen § 62 Abs. 2 VAG612 für Versicherer aus dem EWR-Ausland gerade keine Geltung, wodurch mit nationalen Versicherern in Wettbewerb stehende europäische Versicherer bedeutende Wettbewerbsvorteile hätten.613 Dieser ungleiche Wettbewerb ist gerade zu verhindern. Dementsprechend steht der Gleichbehandlungsgrundsatz der Einführung neuer Tarife grundsätzlich nicht entgegen, weshalb der Versicherer in diesem Rahmen auch Modifikationen bei der Leistungs- und Prämiengestaltung vornehmen kann. Innerhalb seiner Tarifstruktur muss der Versicherer allerdings darauf achten, dass Beitrags- und Überschussgerechtigkeit hergestellt ist. Etwas anderes muss allerdings gelten, wenn sich Neu- und Altbestand ein einheitliches Sicherungsvermögen teilen und aus demselben Topf mit Zinsen bedient werden. Werden beide Gruppen zwar aus einem einheitlichen Sicherungsvermögen, jedoch in unterschiedlichem Maße an den Überschüssen beteiligt, kann die Besserstellung der einen Gruppe zu Lasten der anderen Gruppe gehen. In diesem Fall muss der Gleichheitsgrundsatz ausnahmsweise doch intertemporal wirken, da er andernfalls seines Zweckes beraubt würde, welcher darin besteht, parasitäre Versicherungsverhältnisse gerade zu vermeiden.614 Ein Verstoß gegen den versicherungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt vor, wenn Alt- und Neukunden die gleichen Voraussetzungen erfüllen und die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist. Auf solche besonderen Gleichheitsgebote sind die zu Art. 3 GG entwickelten Grundsätze im Regelfall entsprechend anwendbar.615 Folglich ist der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt, wenn sich aus der Natur der Sache oder aus sonstigen einleuchtenden Erwägungen ein Grund für die Differenzierung bzw. die Gleichbehandlung finden lässt.616 Ein solcher Rechtfertigungsgrund kann insbesondere in einer unterschiedlichen Tarifstruktur gesehen werden.617 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung aufgrund von versicherungstechnisch wesentlichen oder bedeutsamen Faktoren erfolgt.618 Hierunter fallen Kriterien, § 11 Rn. 10; ders. § 21 Rn. 1; vgl. Richter, Gleichbehandlungspflichten, S. 66 ff.; BVerwG VersR 1987, 297, 299 für den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 21 VAG. 612  Entspricht inhaltlich unverändert § 110a Abs. 4 VAG a. F. 613  Prölss / Präve, § 11 Rn. 18; vgl. Ebers, Überschussbeteiligung, S. 119  f., der von einem möglichen Zusammenbruch der Märkte spricht. 614  Vgl. auch Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann, § 11 Rn. 10, der diese Situation als beobachtungsbedürftig einstuft. 615  BVerfG DB 2002, 557; vgl. dazu auch BVerfG NJW 2002, 2543, 2549. 616  Prölss / Präve, § 11 Rn. 15. 617  BR-Drucks. 23 / 94, S. 165: „sofern diese [die Ungleichbehandlung] nicht durch die Tarifstruktur gerechtfertigt ist.“; vgl. Claus, ZfV1994, 139, 140.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 217

die sich unmittelbar auf die Risikoleistung des Versicherers und damit auf die Tarifierung auswirken. Wird anhand dieser Merkmale differenziert, ist dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Neben personenbezogenen Merkmalen wie beispielsweise dem Beitrittsalter oder Rauchgewohnheiten des Versicherungsnehmers im Rahmen einer Lebens- oder Rentenversicherung sind hiervon auch versicherungstechnische Parameter wie Rechnungszins, Verwaltungskosten und sonstige zu verwendende Formeln erfasst.619 Ebenso kommen wirtschaftliche und sozialpolitische bzw. sozialstaatliche Gesichtspunkte für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung in Betracht. Ein Beispiel hierfür sind niedrigere Prämien im Rahmen von Gruppenversicherungsverträgen. Diese stellen zwar eine Ungleichbehandlung dar, welche allerdings gerechtfertigt ist, da der Versicherer im Gegensatz zu vergleichbaren Einzelverträgen auch entsprechende Kosten spart. Diese Kostenersparnisse dürfen durch eine entsprechend niedrigere Prämie an den Versicherungsnehmer weitergegeben werden.620 Eine ähnliche Situation besteht auch bei der Prämiengestaltung im Rahmen von Versicherungen für bestimmte Berufsstände.621 Eine Rechtfertigung aus sozialpolitischen Motiven liegt beispielsweise bei Sondertarifen für Behinderte in der Kfz-Versicherung vor. Obwohl eine Behinderung in dieser Sparte kein risikoerhebliches Merkmal ist,622 werden besondere, vergünstigte Tarife angeboten. Die Ungleichbehandlung wird in diesem Fall durch eine sozialpolitisch motivierte Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers zur Förderung von behinderten Menschen legitimiert und gerechtfertigt.623 b) Vorliegender Sachverhalt Die Produktgestaltung unter Verwendung von Aufschubklausel und Überschussklausel führt zu Kostenersparnissen beim Versicherer. Trotz gleicher Prämienhöhe und der Nutzung eines einheitlichen Sicherungsvermögens für die insofern unterschiedlichen Produkte werden die Versicherungsnehmer je

618  Prölss / Weigel, § 21 Rn. 9 f.; Langheid / Wandt / Grothe, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 180; Goldberg / Müller, § 21 Rn. 3; Richter, Gleichbehandlungspflichten, S.  66 f.; Kaulbach, VersR 1988, 15, 16. 619  Langheid / Wandt / Grote, Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 180; Kaulbach, VersR 1988, 15, 16; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 119. 620  Goldberg / Müller § 81 Rn. 73; vgl. Rundschreiben R 4 / 64 vom 20.7.1964, VerBAV 1964, 130. 621  Rundschreiben R 3 / 94 vom 10.11.1994, VerBAV 1995, 3, 4; Derks, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 111; vgl. Merz, in: FS Everling 1993, 835, 838. 622  Kaulbach, VersR 1988, 15 f.; BT-Drucks. 10 / 167, S. 12519 f. 623  BT-Drucks. 10 / 167, S. 12520.

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Kap. 3: Untersuchung

nach abgeschlossenem Produkttyp unterschiedlich an den erwirtschafteten Überschüssen beteiligt. Nach den oben erläuterten Grundsätzen müssen Verträge, welche gleiche oder ähnliche Tarifmerkmale aufweisen, in gleichem Maße an den erwirtschafteten Überschüssen beteiligt werden, da sie auch in gleichem Maße an der Erwirtschaftung dieser beigetragen haben. Bei einer unterschiedlichen Tarifstruktur gilt dementsprechend, dass die Verträge bezüglich der Überschussbeteiligung sachgerecht voneinander abzugrenzen sind und ungleich an den Überschüssen beteiligt werden müssen.624 Insofern kann der Grundsatz des verursachungsgerechten Überschussbeteiligungsverfahrens aus § 153 Abs. 2 VVG als eine Ausprägung dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes angesehen werden. Im Gegensatz zu den bisherigen Tarifen besteht bei dem beschriebenen Produkt durch die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel die Chance auf eine höhere Gesamtverzinsung infolge einer erhöhten Überschussbeteiligung. Aus diesem Grund könnte schon die Annahme von zwei wesentlich gleichen Sachverhalten problematisch sein. Zu bestimmen ist, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz dazu führt, dass dieses Produkt wie ein klassisches Produkt an den Überschüssen zu beteiligen ist, oder ob eine Ungleichbehandlung gerade geboten ist. Sofern trotz dieser Unterschiede zwei wesentlich gleiche Sachverhalte anzunehmen sind, kommen als Rechtfertigung vorliegend insbesondere Unterschiede in der Tarifstruktur in Betracht.625 Wegen der verminderten Garantiezusagen muss weniger Kapital im Sicherungsvermögen angelegt und weniger Risikokapital vorgehalten werden, sodass die Garantiekosten sinken und die Prämien zu einem größeren Teil für den Überschuss ursächlich sind. Diese unterschiedlichen versicherungstechnischen Strukturen des neuen Produkts legen nahe, dass eine Ungleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt, wenn nicht sogar geboten ist.626 Allerdings ist der Gleichheitsgrundsatz im Laufe der Zeit durch Rundschreiben und Auslegungsentscheidungen der BaFin konkretisiert worden. Der hier zu beurteilende Sachverhalt gleicht der sogenannten „Zinsspreizung“ bzw. „risiko­ adjustierten Gesamtverzinsung“,627 zu welcher sich die BaFin in einem Rundschreiben – VerBaFin 07 / 2004 – geäußert hat.

624  Ebers,

Überschussbeteiligung, S. 116. BR Drucks. 23 / 94, S. 165; Ebers, Überschussbeteiligung, S. 118. 626  So im Ergebnis auch die überwiegende Ansicht in der Literatur: Prölss / Präve, § 11 Rn. 18a; Buchwald / Müller, VW 2004, 876, 878; Albrecht, VW 2004, 659; dagegen wohl Pirner, VW 2004, 656 ff. 627  Vgl. Prölss / Präve, § 11 Rn. 18a. 625  Vgl.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 219

c) Konkretisierung des Tatbestandes durch die Auslegungsentscheidung VerBaFin 07 / 2004 Grund für diese Auslegungsentscheidung war ein von verschiedenen Versicherern praktiziertes neues Modell zur Überschussbeteiligung. Infolge eines im Laufe der Zeit sinkenden Höchstrechnungszinses wurde die auf den jeweiligen individuellen Vertrag entfallende Überschussbeteiligung trotz eines einheitlichen Sicherungsvermögens an die Höhe des im jeweiligen individuellen Vertrag gewährten Garantiezins gekoppelt:628 Bestandsverträge mit höheren Zinsverpflichtungen wurden in geringerem Maße am Überschuss beteiligt als Neukundenverträge mit einem niedrigen Rechnungs- und Garantiezins. Begründet wurde diese Vorgehensweise unter Berufung auf risikotheoretische Modelle damit, dass Verträge mit höheren Garantiezinsen auch ein höheres Risiko aufweisen und die Absicherung dieser hohen garantierten Zinsen bei Bestandsverträgen in Zeiten sinkender Zinsen erhebliche Kosten verursache.629 Dies wiederum führe dazu, dass Bestandsverträge nicht in gleichem Maße wie Neuverträge zu der Erwirtschaftung des Unternehmensgewinns beitragen. Mit diesem Argument sei eine solche Zinsspreizung oder risikoadjustierte Gesamtverzinsung nicht nur gerechtfertigt, sondern gerade geboten, um eine verursachungsgerechte Beteiligung an den Überschüssen sicherzustellen und damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu genügen. Auf diese Praxis reagierte die BaFin mit dem Rundschreiben VerBaFin 07 / 2004 und beurteilte dieses Vorgehen als nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz aus § 11 Abs. 2 VAG630 vereinbar: Zwar stelle die Überschussbeteiligung ein „einheitliche[s] Gewinnversprechen“ dar, welches erlaube, die Bestände auch in einem einheitlichen Sicherungsvermögen zusammenzufassen. Diesem Recht stehe jedoch die „grundsätzliche Pflicht“ des Versicherungsunternehmens gegenüber, für eine „gleiche Gesamtverzinsung der Versicherungsnehmer zu sorgen.“631 Eine Zinsspreizung stelle insofern grundsätzlich eine Benachteiligung einzelner Versichertengruppen – in diesem Fall der Bestandskunden – dar. Diese sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Zuteilung der Überschüsse „anhand von Kriterien erfolgt, die objektiv und nachvollziehbar sind und die realen Verhältnisse in angemessener Weise wider­ spiegeln.“632 Das bedeutet, dass die Belastung der unterschiedlichen Rech628  VerBaFin

07 / 04, S. 3. der BaFin vom 1.04.2004 „Bafin geht gegen „Spreizung“ der Zinsüberschussbeteiligung vor“; Kling / Ruß, VW 2004, 254. 630  Inhaltlich unverändert jetzt § 138 Abs. 2 VAG n. F. 631  Pressemitteilung der BaFin vom 1.04.2004 zur VerBaFin 07 / 2004; „BaFin geht gegen „Spreizung“ der Zinsüberschussbeteiligung vor“. 632  VerBaFin 07 / 04, S. 4. 629  Pressemitteilung

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Kap. 3: Untersuchung

nungszinsgenerationen mit unterschiedlichen Kosten nur dann den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt und gerechtfertigt ist, wenn sich diese Differenzierung auch in der Kapitalanlagestrategie des Unternehmens wiederfindet, sodass auch die konkret erwirtschafteten Kapitalerträge der einzelnen Rechnungszinsgenerationen entsprechend zugeteilt werden. Diese Anforderungen werden nach Ansicht der BaFin gewahrt, wenn das Sicherungsvermögen auf die einzelnen Zinsgenerationen aufgeteilt wird, oder eine aktuarielle Gewinnzerlegung tatsächlich stattfindet.633 Besteht hingegen ein einheitliches, generationenübergreifendes Sicherungsvermögen, so sei ein verursachungsgerechtes Verfahren nur gegeben, wenn der Überschuss für alle Versicherungsnehmer, die aus diesem Sicherungsvermögen bedient werden, auch nach den gleichen Grundsätzen aufgeteilt werde. Die vorgenommene Zinsspreizung ohne aktuarielle Gewinnzerlegung bzw. aus einem einheitlichen Sicherungsvermögen bleibe rein fiktiv und trage den realen Verhältnissen nicht ausreichend Rechnung.634 Darüber hinaus kritisierte die BaFin, dass die vorgenommene Zinsspreizung jeglicher vertraglicher Grundlage entbehren würde, da bei Vertragsschluss – der zumeist einige Jahre zurückliegt – ein Zinsunterschied und eine unterschiedliche Überschussbeteiligung für Verträge mit einem höheren Rechnungszins nicht erkennbar gewesen sei und der Versicherungsnehmer infolgedessen von einer einheitlichen Aufteilung des Überschusses ausgehen durfte.635 Dieses Vorgehen stelle einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 VAG636 dar, weshalb ein Anhörungsverfahren eingeleitet wurde. Diese Auslegungsentscheidung ist keinesfalls unumstritten. Die Einordnung der verschiedenen Vertragsgenerationen als wesentlich Gleiches ist ebenso wie die Annahme gleicher Voraussetzungen trotz unterschiedlicher Garantiezinsen überaus kritisch zu betrachten.637 Allerdings ist diese Auslegungsentscheidung – unabhängig von der Qualität ihrer Argumentation – vom Rechtsanwender und Rechtsgestalter schon aus praktischen Gründen zur Kenntnis zu nehmen, da nicht auszuschließen ist, dass die BaFin als Aufsichtsbehörde diese Auffassung auch weiter vertreten wird. Dementsprechend ist jede Produktgestaltung, die der Ansicht der BaFin widerspricht mit enormen rechtlichen Risiken behaftet.

633  VerBaFin

07 / 04, S. 4 (unter II.). 07 / 2004, S. 4 (unter III.). 635  VerBaFin 07 / 2004, S. 4 (unter III.). 636  Inzwischen inhaltlich unverändert § 138 Abs. 2 VAG n. F. 637  Hierzu siehe: Kling / Ruß, VW 2004, 254 ff.; Buchwald / Müller, VW 2004, 876, 878; Albrecht, VW 2004, 659; Prölss / Präve, § 11 Rn. 18a. 634  VerBaFin



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 221

d) Übertragung der Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt Die Auslegungsentscheidung der BaFin wurde nicht abstrakt und ohne konkreten Anlass erlassen, sondern stellt eine Reaktion auf das oben beschriebene Vorgehen einiger Versicherungsunternehmen dar. Dies lässt die Veröffentlichung erkennen, indem sie zu Beginn auf die Praxis der Zinsspreizung eingeht und diese in Bezug nimmt. Wegen der Selbstbindung der Verwaltung ist die Auslegungsentscheidung nur dann auch im Fall der neuen Produktgestaltung problematisch und entsprechend anzuwenden, wenn dieser dem Sachverhalt der Zinsspreizung entspricht. Nur wenn eine gleiche oder im Wesentlichen vergleichbare Ausgangslage besteht, ist eine Übertragung der in der Auslegungsentscheidung getroffenen Grundsätze bezüglich der Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes angezeigt. aa) Fehlende vertragliche Grundlage für die Zinsspreizung In der Auslegungsentscheidung wird beanstandet, dass die fehlende vertragliche Grundlage fehlt, und das Vorgehen für den Versicherungsnehmer damit völlig unvorhersehbar sei. Unabhängig davon, ob dieser Auffassung gefolgt werden kann, greift dieses Argument vorliegend nicht. Anders als bei der beanstandeten Zinsspreizung wird der Versicherungsnehmer schon bei Vertragsschluss explizit auf die verminderten Garantien, die unterschiedliche Beteiligung an den Überschüssen in den Neuverträgen und damit auf die dadurch bestehende Chance auf eine erhöhte Gesamtverzinsung hingewiesen.638 Daher ist das entsprechende Vorgehen für den Versicherungsnehmer auch nicht überraschend. Unabhängig von einer möglicherweise vergleichbaren Interessenlage der Parteien stellt sich hier die Sachlage schon anders dar. Der Kritikpunkt, dass die unterschiedliche Verzinsung für den Versicherungsnehmer unvorhersehbar und ohne Rechtsgrundlage erfolgte, kann dementsprechend nicht auf die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel übertragen werden. bb) Verstoß gegen das Gebot der gleichen Gesamtverzinsung Bezüglich dieses beanstandeten Punktes ist das Ergebnis nicht derart offensichtlich. Wie die Zinsspreizung sind auch Aufschubklausel und Überschussklausel eine Reaktion der Versicherungsunternehmen auf einen immer weiter sinkenden Höchstrechnungs- und damit Garantiezins. Das System der Zinsspreizung funktionierte, indem Neukunden in Jahren guter Kapitalanlageergebnisse eine erhöhte Überschussbeteiligung zugewiesen bekamen. Hier638  Siehe

unter Kapitel 3 A. III. 3. d) bb) (5) (6).

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Kap. 3: Untersuchung

durch wurde der im Vergleich zu Bestandskunden niedrigere Garantiezins in Jahren mit schlechten Kapitalanlageergebnissen und geringer Überschussbeteiligung ausgeglichen, wodurch sich die Gesamtverzinsung von Neu- und Bestandskunden über die gesamte Vertragslaufzeit angleichen sollte.639 Die Garantieleistung für Neukunden wurde dabei nicht unter die gesetzlich mögliche Höhe gekürzt. Der Zinssatz entsprach dem festgelegten Höchstrechnungszinssatz, sodass sich die Tarife ausschließlich in der Höhe des Garantiezinses unterschieden. Im Gegensatz dazu unterschiedet sich das neue Produkt in weit größerem Umfang von den klassischen Produkten. Durch den nach hinten verlagerten Zeitpunkt der Rentenberechnung ist auch der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Höchstrechnungszins nicht maßgeblich. Hinzu kommen die damit verbundenen verminderten Garantieleistungen, sowie die unterschiedliche Verwendung der konkret zugewiesenen Überschussanteile. Durch diese Änderungen geht der Versicherungsnehmer ein höheres Risiko ein und tauscht Garantieleistungen gegen die Chance auf eine höhere Gesamtverzinsung infolge einer höheren Überschussbeteiligung. Während die Rechnungsgrundlagen im Fall der Zinsspreizung bis auf den vorgegebenen und gesunkenen Höchstrechnungszins weitestgehend denjenigen von Altverträgen entsprachen und lediglich die Überschusshöhe – gewissermaßen künstlich zum Ausgleich der nachteilig veränderten wirtschaftlichen Situation – für Neukunden geändert wurde, stehen die maßgeblichen Rechnungsgrundlagen durch die Aufschubklausel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade nicht fest. Maßgeblich sind die bei Eintritt in die Rentenphase für vergleichbare Verträge geltenden Rechnungsgrundlagen. Im Gegensatz zur Situation der Zinsspreizung unterscheidet sich also nicht ausschließlich die Überschusshöhe trotz gleicher Rechnungsgrundlagen. Neben anderen, weil erst zukünftig festgelegten Rechnungsgrundlagen unterscheidet sich auch das gesamte System der Überschussbeteiligung und -verwendung von demjenigen bei Altverträgen. Anstelle einer künstlichen Anpassung der Überschussbeteiligung fällt diese infolge der vertraglichen Änderungen zwingend höher aus. Dementsprechend unterscheidet sich auch der Verwandheitsgrad der Produkte deutlich von demjenigen bei der Zinsspreizung. Die Überschussbeteiligung solch unterschiedlicher Produkte ist gerade kein einheitliches Gewinnversprechen mehr. Auch die Pflicht, für eine gleiche Gesamtverzinsung zu sorgen, kann bei derart unterschiedlichen Produkttypen wegen der nur limitierten Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht mehr bestehen. Infolge der aufgezeigten großen Unterschiede ist eine Ungleichbehandlung der Überschusshöhe zwischen alten und neuen Produkten aus versicherungstechnischen Gründen gerechtfertigt. Die Anforderungen der 639  Hierzu

Kling / Ruß, VW 2004, 254 ff.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 223

BaFin hinsichtlich des aus § 11 Abs. 2 VAG a. F.640 hergeleiteten Gebots der gleichen Gesamtverzinsung können nicht auf das neue Produkt übertragen werden. Dass für beide Produkte dennoch ein einheitliches Sicherungsvermögen verwendet wird ist unerheblich, sofern der Versicherer die unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen entsprechend abbildet. Dieses Ergebnis wird auch durch eine bereits früher ergangene Festlegung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) gestützt: „Unterscheiden sich innerhalb einer Risikountergruppe zwei Prämien lediglich wegen des Ansatzes unterschiedlicher Rechnungsgrundlagen, sind diese Unterschiede durch eine entsprechende Gewinnbeteiligung auszugleichen.“641 Der Ausgleich ist „durch die Überschussbeteiligung […] nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ durchzuführen.642 Dieses Vorgehen wahrt den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 138 Abs. 2 VAG n. F. und entspricht den von der BaFin aufgestellten Vorgaben, dass Verträge, welche sich nur durch den Rechnungszins voneinander unterscheiden, in ihrer Struktur derart ähnlich sind, dass diese bezüglich der Verzinsung gleich zu behandeln sind. Betrachtet man dagegen die aktuell in Frage stehenden Produkte mit Aufschubklausel gegenüber denjenigen ohne Aufschubklausel, so wird – wie oben aufgezeigt – deutlich, dass sich die Produkte nicht lediglich anhand des Rechnungszinses unterscheiden, sondern bedeutend größere Unterschiede ausweisen. Insofern handelt es sich – in den Worten der DAV – bei den Versicherungsnehmern der verschiedenen Produkte um verschiedene „Risikogruppen“ und nicht lediglich um verschiedene „Risikountergruppen“ [Hervorhebung des Verfassers].643 e) Ergebnis Die durch Aufschubklausel und Überschussklausel mögliche höhere Gesamtverzinsung durch eine höhere Überschussbeteiligung verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 11 Abs. 2 VAG in der Gestalt, welche dieser durch die Auslegungsentscheidung der BaFin angenommen hat. Grund hierfür ist die mangelnde Vergleichbarkeit beider Sachverhalte. Durch die genannten Klauseln unterscheidet sich das so entstandene Produkt deutlich von bisher angebotenen klassischen Rentenversicherungsprodukten. Aus diesem Grund sind die Aussagen der Auslegungsentscheidung nicht zu übertragen und der hier vorliegende Sachverhalt anders zu beurteilen. Sofern 640  Inzwischen

inhaltlich unverändert § 138 Abs. 2 VAG n. F. Der Aktuar 1997, 140, 141; vgl. Armbrüster, VersR 2013, 385, 388 f. 642  Häßler, Der Aktuar 1997, 140, 143. 643  Hierzu DAV, Der Aktuar 1997, 141, 142; vgl. Brömmelmeyer, Der verantwortliche Aktuar, S. 184. 641  Häßler,

224

Kap. 3: Untersuchung

der Versicherer diese Produktunterschiede und Rechnungsgrundlagen entsprechend abbildet, ist auch die Zusammenfassung beider Produkte in einem einheitlichen Sicherungsvermögen nicht problematisch. Die Produktgestaltung ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn neue Produkte weitestgehend gleich gestaltet werden und ohne entscheidenden Grund dennoch eine unterschiedliche Überschussbeteiligung oder Gesamtverzinsung gewährt wird. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Insofern ist auch unerheblich, dass die Auslegung des § 11 Abs. 2 VAG644 durch die BaFin im Ergebnis nicht überzeugen kann. Wegen der bestehenden Unterschiede liegt eine Ungleichbehandlung entgegen der Meinung der BaFin richtigerweise vor, wenn hinsichtlich der Höhe der Überschussbeteiligung trotz unterschiedlicher Kosten gerade nicht differenziert wird. 3. Ergebnis Die Klauselkombination ist auch mit dem Versicherungsaufsichtsrecht vereinbar. Die am 10.11.2006 ergangene Auslegungsentscheidung ist mangels Vergleichbarkeit nicht auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Bezüglich der Auslegungsentscheidung zur Zinsspreizung gilt dasselbe. Darüber hinaus steht die Klauselkombination auch mit dem versicherungsaufsichtsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang, da durch die unterschiedlichen Produktmerkmale bereits keine gleichen Sachverhalte angenommen werden können.

D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung Die Überschussbeteiligung ist in § 153 VVG nur rudimentär geregelt, sodass jedem Versicherer diesbezüglich ein Gestaltungsspielraum verbleibt. Im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben können die Versicherungsprodukte unterschiedlich gestaltet werden. Die oben erörterte innovative Art der Verwendung der zugeteilten Überschussanteile durch die Überschussklausel645 stellt nur eine von vielen Möglichkeiten dar, weshalb darüber hinaus alternativ und kumulativ weitere Gestaltungen möglich sind. Nachfolgend wird die rechtliche Möglichkeit eines Teilausschlusses der Überschussbeteiligung in zeitlicher Hinsicht untersucht.

644  Inzwischen 645  Siehe

inhaltlich unverändert § 138 Abs. 2 VAG n. F. unter Kapitel 3 C.



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung225

I. Vorgesehene Gestaltung Bei einem solchen temporären Ausschluss wird die Überschussbeteiligung – wie der Begriff schon erkennen lässt – nicht über die gesamte Vertragsdauer hinweg, sondern nur während eines gewissen Zeitabschnitts gewährt beziehungsweise ausgeschlossen. In welcher Phase der Ausschluss wirkt, und wie lange dieser Zeitabschnitt gewählt wird, ist dabei nicht pauschal festgelegt. Der jeweilige Versicherer genießt insofern grundsätzlich Gestaltungsfreiraum und kann den Zeitabschnitt durch eine entsprechende Klausel bei Vertragsschluss bestimmen. Als eigenständige Regelung ist ein solcher temporärer Ausschluss von der sonstigen Vertragsgestaltung, insbesondere von der übrigen Gestaltung betreffend die Überschussbeteiligung unabhängig. Dementsprechend kann dessen Wirksamkeit isoliert betrachtet werden. Zweck dieser Regelung ist so banal wie offenkundig: Durch einen bloß temporären Ausschluss muss der Versicherer zeitweise keinen Überschuss zahlen und kürzt eine fakultative Leistung. Eine solche Regelung stellt dabei einen Mittelweg zwischen vollständiger Beteiligung und vollständigem Ausschluss der Überschussanteile dar. Während der Dauer des Ausschlusses bleibt das Kapital im Unternehmen und unterliegt insbesondere nicht – anders als nach einer Zuteilung des Überschusses – den Anlagebeschränkungen für gebundenes Vermögen.

II. Vorkommen der Regelung Eine solche Klausel kann ausschließlich und denklogisch nur in Verträge aufgenommen werden, welche ihrem Typ nach überhaupt eine Überschussbeteiligung enthalten. Insofern wird diese Regelung zumeist in klassischen Rentenversicherungsprodukten angetroffen werden. Im Rahmen fondsgebundener Produkte werden während der Ansparphase die gesamten Nettoprämien zum Erwerb von Fondsanteilen verwendet, sodass der Versicherungsnehmer keine Überschüsse verursacht und somit auch nicht an diesen beteiligt wird. Während der Bezugsphase ist dagegen eine Überschussbeteiligung durchaus möglich und wird auch praktiziert. Dementsprechend wäre in dieser Phase ein Ausschluss der Überschussbeteiligung für eine gewisse Dauer denkbar. Der zeitliche Überschussausschluss ist dabei unabhängig von der sonstigen Gestaltung der Überschussbeteiligung, sodass beispielsweise eine Kombination mit der Überschussklausel646 möglich ist. Wegen der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit der Versicherer kann auch hier nicht von einer allgemein646  Siehe

bei Kapitel 3 C.

226

Kap. 3: Untersuchung

gültigen Klausel ausgegangen werden, welche alle Versicherer einheitlich verwenden. Dies ist im Rahmen der Vereinbarkeit mit dem VVG unproblematisch, da hier nur die konkrete materielle Regelung maßgeblich und Gegenstand der rechtlichen Kontrolle ist, sodass es auf die konkrete Formulierung nicht ankommt. Insbesondere die Vereinbarkeit mit § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG erscheint insofern problematisch, als dieser vorgibt, dass die Überschussbeteiligung „nur insgesamt ausgeschlossen werden“ kann. Die Vereinbarkeit mit § 307 ff. BGB ist dabei aufgrund der Gestaltungsfreiheiten erneut anhand einer Musterklausel vorzunehmen.

III. Vereinbarkeit mit § 153 VVG Grundlegende Norm für die Überschussbeteiligung im Rahmen der Rentenversicherung ist § 153 VVG. Diese legt lediglich Grundsätze der Überschussbeteiligung fest und macht darüber hinaus jedenfalls explizit keine konkreten Vorgaben über die Verwendung oder das Verfahren der Überschussbeteiligung. Problematisch ist, ob der hier in Frage stehende temporäre Ausschluss als ein teilweiser Ausschluss der Überschussbeteiligung anzusehen ist. Dies würde gegen den Grundsatz aus § 153 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VVG verstoßen, dass die Überschussbeteiligung nur als Ganzes ausgeschlossen werden kann. Maßgeblich für diese Beurteilung ist, wie „insgesamt ausgeschlossen“ zu verstehen ist. Einerseits kann ein zeitliches Verständnis zugrunde gelegt werden, sodass ein temporärer Ausschluss gerade erfasst wäre und gegen die Norm verstoßen würde. Andererseits könnte diese Formulierung auch rein materielle Bedeutung haben, sodass hierdurch allein inhaltliche Anforderungen an den Umfang bzw. den Ausschluss der Überschussbeteiligung gestellt werden. In diesem Fall würde es nur darauf ankommen, dass nicht einzelne Überschuss­ anteile bzw. Überschussquellen ausgeschlossen werden dürfen. Die Frage nach der Möglichkeit eines zeitlich wirkenden Ausschlusses bleibt in fast der gesamten Literatur zu § 153 VVG unberücksichtigt. Diesbezügliche Erörterungen beschränken sich zumeist auf die Feststellung, dass „insgesamt“ jedenfalls meine, dass die Überschussbeteiligung nicht bezüglich einzelner Überschussquellen oder Bewertungsreserven ausgeschlossen werden dürfe,647 also jedenfalls ein materieller Bedeutungsgehalt beizumessen ist. Lediglich Langheid setzt sich mit der Möglichkeit beziehungsweise dem Problem eines zeitlichen Ausschlusses der Überschussbeteiligung auseinan647  Langheid / Wandt / Heiss, § 153 Rn. 19; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 13; Bruck / Möller / Winter, § 153 Rn. 167; Rüffer / Halbach / Schimikowski / Brambach, § 153 Rn. 46; Looschelders / Pohlmann / Krause, § 153 Rn. 33; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 49.



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung227

der.648 Nach seiner Auffassung sei Hauptzweck des § 153 VVG nicht nur, einen Anteil aus dem Jahresüberschuss zu vermitteln, sondern auch den Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven zu beteiligen, sofern diese anfallen.649 Ohne weitere Begründung deutet er an, dass eine zeitliche Beschränkung der Überschussbeteiligung „mit einem Ausschluss für einzelne Ergebnisquellen vergleichbar sein [dürfte]“, und dementsprechend auch von der Norm erfasst sei.650 Allerdings könne für eine unterschiedliche Behandlung von zeitlichem und materiellem Ausschluss sprechen, dass Ersterer auch wirksam in selbständigen Verträgen vereinbart werden könnte.651 Eine Entscheidung für oder gegen die Möglichkeit eines zeitlichen Ausschlusses wird ebenso wenig getroffen, wie eine fundierte Begründung für die verschiedenen Ansichtsmöglichkeiten geliefert wird. Insofern geben die Ausführungen von Langheid lediglich einen Denkanstoß, vermögen allerdings nicht, eine der beiden Sichtweisen zu begründen. Um den tatsächlichen Bedeutungsgehalt und damit den Anwendungsbereich der Norm erfassen zu können ist der Sinn und Zweck der Norm ausgehend von ihrem Wortlaut durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln. 1. Wortlaut und Systematik der Norm Bereits oben652 wurde sich mit dem Wortlaut von § 153 Abs. 1 VVG auseinandergesetzt: Ausschließen meint das Vorenthalten einer Rechtsposition als Ganzes, weshalb auch das temporäre Nichtgewähren der Überschussbeteiligung zumindest während dieses Zeitraumes einen Ausschluss im Sinne des § 153 Abs. 1 BGB darstellt. Hiermit ist jedoch nur die Frage beantwortet, dass auch ein temporärer Ausschluss während seiner Dauer einen Ausschluss im Sinne der Norm darstellt. Problematischer ist die sich anschließende Frage, ob ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung den Anforderungen des § 153 VVG an einen Ausschluss genügt, oder dies einen unzulässigen Teilausschluss darstellen würde. Einen ersten Anhaltspunkt hierfür gibt der Bedeutungsgehalt des Wortes „insgesamt“ im Rahmen der Norm. Diesem Wort wird die Bedeutung „im Ganzen“, „alles in allem“ beziehungsweise „alles zusammen“ beigemessen. Synonym verwendet werden Wörter wie „total“, „überhaupt“ und „pau­ schal“.653 Diese Wortbedeutungen sprechen dafür, dass nicht nur die inhalt­ 648  Römer / Langheid,

§ 153 Rn. 15. § 153 Rn. 15. 650  Römer / Langheid, § 153 Rn. 15. 651  Römer / Langheid, § 153 Rn. 15. 652  Siehe unter Kapitel 3 C. II. 1. 653  http: /  / www.duden.de / rechtschreibung / insgesamt (abgerufen am 17.03.2015). 649  Römer / Langheid,

228

Kap. 3: Untersuchung

liche Reichweite eines Ausschlusses erfasst ist, sondern auch die zeitliche. Dementsprechend wäre auch ein temporärer Ausschluss von der Norm erfasst und damit unzulässig. Ein Blick auf die Systematik des § 153 Abs. 1 VVG legt jedoch ein anderes Ergebnis nahe. Im ersten Satz der Norm wird legal definiert, dass sich die Überschussbeteiligung aus einer „Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven“ zusammensetzt. Im unmittelbar darauffolgenden Halbsatz wird geregelt, dass die Überschussbeteiligung nur insgesamt ausgeschlossen werden kann. Diese enge systematische und grammatikalische Verknüpfung legt nahe, dass sich das Wort „insgesamt“ auf die einzelnen Bestandteile der Überschussbeteiligung bezieht und verhindern soll, dass die Legaldefinition der Überschussbeteiligung umgangen werden kann, indem nur ein Teil dieser beiden Komponenten gewährt wird. Die Systematik der Norm spricht gegen einen Bezug des Merkmals „insgesamt“ auf die einzelnen Zeitabschnitte eines Versicherungsvertrages. Ihm soll weniger eine zeitliche als vielmehr eine materielle Bedeutung zukommen. Für diese materielle Bedeutung spricht auch ein Urteil des BGH aus dem Jahre 1994.654 In diesem hatte das Gericht darüber zu entscheiden, was darunter zu verstehen ist, wenn der Überschuss „vollständig“ den Mitgliedern gebührt. Auch wenn damit nicht explizit über einen zeitlichen Ausschluss entschieden wurde, und das Urteil bereits deutlich vor Einführung des § 153 VVG ergangen ist, lassen sich wegen der ähnlichen Wortwahl Rückschlüsse ziehen. Die Formulierung mit „vollständig“ gleicht der des § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG, dass „die Überschussbeteiligung nur insgesamt ausgeschlossen werden [kann]“. Im Rahmen dieses Urteils führte das Gericht aus, dass es im Zusammenhang mit dem Überschuss auf das Verständnis des Versicherungsnehmers maßgeblich ankomme und es insofern nahe liege, den Begriff am natürlichen Sprachgebrauch auszurichten,655 und eine „vollständige“ Verteilung nur besage, dass „der festgestellte Überschuss insgesamt nicht anders als durch Verteilung an die Mitglieder verwandt werden darf“.656 Diese Aussage spricht gegen eine auch zeitliche Komponente und stützt das oben gefundene materielle Verständnis.

654  BGHZ

128, 54 = VersR 1995, 77 ff. VersR 1995, 77, 78, 80. 656  BGH VersR 1995, 77, 80. 655  BGH



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung229

2. Historische Auslegung Die Bedeutung des Wortlauts ist nicht abstrakt, sondern im Lichte der Norm und der mit ihrer Einführung verbundenen Umstände. § 153 VVG diente unter anderem zur Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten, verfassungsrechtlich vorgegebenen Mindestschutzanforderungen.657 Der Versicherer soll sich nur komplett für oder gegen die Beteiligung an den Überschüssen entscheiden können. Eine Überschussbeteiligung nur bezüglich gewisser Geschäftsergebnisse soll gerade nicht möglich sein.658 Um dies klarzustellen wurde der hier maßgebliche zweite Halbsatz des § 153 Abs. 1 VVG nachträglich im Gesetzgebungsverfahren eingeschoben.659 Ohne diese Ergänzung bliebe es bei der bis dahin geltenden, verfassungswidrigen Rechtslage,660 dass die Überschussbeteiligung in Bezug auf bestimmte Komponenten – insbesondere eine Beteiligung an den Bewertungsreserven – gesondert ausgeschlossen werden könnte.661 Eine weitergehende inhaltliche Änderung der Norm wurde mit dieser Ergänzung nicht beabsichtigt.662 Hierdurch wird deutlich, dass der Gesetzgeber der Formulierung „insgesamt“ jedenfalls einen materiellen Bedeutungsgehalt beigemessen hat. Ob darüber hinaus nicht auch ein zeitlicher Ausschluss von der Norm erfasst sein soll, ergibt sich hieraus noch nicht. Für diese Frage kann möglicherweise die Gesetzesbegründung weiteren Aufschluss geben. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass eine weitere Einschränkung des Gestaltungsspielraums der Versicherer bezüglich der kapitalbildenden Lebens- / Rentenversicherung mit Einführung des § 153 VVG nicht beabsichtigt wurde.663 Dort wird ausgeführt: „[N]ur ganz schwerwiegende Gründe könnten es rechtfertigen, dieses Produkt in seiner jetzigen Form zukünftig nicht mehr zuzulassen.“664 Sofern also bereits vor der Einführung des § 153 VVG Produkte auf dem Markt waren, welche die Überschussbeteiligung nur temporär gewähren bzw. ausschließen, so ist diese Art von Produkten entsprechend dem gesetzgeberischen Willen auch weiterhin zulässig und nicht von § 153 VVG untersagt. 657  Vgl.

BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95. § 153 Rn. 2. 659  Vgl. Formulierung des § 153 VVG im ersten Regierungsentwurf und im Referentenentwurf sowie den Änderungsvorschlag BT-Drucks. 16 / 5862, S. 48. 660  Siehe oben und BVerfG Urt. v. 26.7.2005 – 1 BvR 80 / 95. 661  BT-Drucks. 16 / 5862, S. 99; Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 49; MAH Versicherungsrecht / Reiff, 21. Kapitel Rn. 157. 662  BT-Drucks. 16 / 5862, S. 48. 663  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51 ff. 664  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51. 658  Langheid / Wandt / Heiss,

230

Kap. 3: Untersuchung

Ein solcher zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung findet sich bei fondsgebundenen Rentenversicherungsprodukten bereits seit längerem. Bei diesen Produkten ist der Anspruch auf Überschussbeteiligung während der Ansparphase grundsätzlich ausgeschlossen. In diesem Zeitraum wird der Versicherungsnehmer unmittelbar an der Wertentwicklung des von ihm gewählten Fonds beteiligt. Ausschließlich das Anwachsen des Fondsguthabens wirkt sich auf den Wert der Police aus. Ab Beginn der Rentenphase wird das angesparte Fondsguthaben in das Sicherungsvermögen des Versicherers überführt und die Höhe der zu leistenden Rente errechnet. Erst von diesem Zeitpunkt an wird der Versicherungsnehmer an den Überschüssen beteiligt, indem diese seine Rentenleistung erhöhen.665 Es sind also bereits Produkte mit bloß temporärer Überschussbeteiligung und damit mit temporärem Ausschluss der Überschussbeteiligung auf dem Markt, sodass davon ausgegangen werden könnte, § 153 Abs. 1 VVG wolle einen zeitlichen Ausschluss gerade nicht erfassen. Entsprechend würde ein solcher mit § 153 Abs. 1 Hs. 2 VVG in Einklang stehen. Dieses Ergebnis ist jedoch – zumindest mit dieser Begründung – nicht haltbar. Die oben zitierte Stelle aus der Gesetzesbegründung ist in ihrem Gesamtzusammenhang zu lesen und zu verstehen. Im Rahmen der VVGReform 2008 wurde darüber nachgedacht, den klassischen Rentenversicherungsvertrag in seiner bis dahin üblichen Form abzuschaffen. Statt eines einheitlichen Vertrages sollte dieser in einen Versicherungsvertrag und einen Sparvertrag aufgespalten werden.666 Auf diese Weise sollte auch die als problematisch angesehene mangelnde Transparenz der Produkte, insbesondere mit Überschussbeteiligung, verbessert werden. Letztlich wurde diese Idee allerdings fallengelassen und man hat sich dazu entschieden, die Transparenz zu steigern, indem „besonderen vertragsrechtlichen Pflichten des Altersvermögensgesetzes gefolgt wird“ und spezielle Informationspflichten durch die VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV) eingeführt wurden.667 Ausschlaggebend für diese Lösung war, dass es sich bei der kapitalbildenden Lebensversicherung um ein nicht nur in Deutschland seit langer Zeit eingeführtes und weit verbreitetes Versicherungsprodukt handelt. Die vorgeschlagene Aufspaltung des Vertrages hätte bedeutet, dass das Produkt – die kapitalbildende Rentenversicherung – in seiner jetzigen Form nicht mehr zugelassen wäre. Ein solches Vorgehen kann laut dem Gesetzesentwurf – und jetzt schließt sich der Kreis – nur durch ganz schwerwiegende Gründe gerechtfertigt werden.668 Insofern bezieht sich die Aussage keinesfalls auf alle 665  Diese Verwendung stellt den „Standardfall“ einer fondsgebundenen Rentenversicherung dar. Eine andere Verwendungsform ist jedoch durchaus möglich. 666  BT-Drucks. 13 / 8163, S. 2 ff.; dazu Adams, ZIP 1997, 1224 ff. 667  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51; Abschlussbericht der Reformkommission S. 93. 668  BT-Drucks. 16 / 3945, S. 51.



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung231

aktuell auf dem Markt angebotenen Rentenversicherungsprodukte, sondern lediglich auf Produkte nach Funktionsweise der klassischen kapitalbildenden Lebens- bzw. Rentenversicherung. Dementsprechend lässt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien und einem Hinweis auf die auf dem Markt angebotenen fondsgebundenen Rentenversicherungen nicht begründen, dass ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung möglich sein muss. Weiter ist im Gesetzesentwurf zu lesen, dass die verschiedenen Grundformen der Lebensversicherungen bewusst nicht in das Gesetz aufgenommen wurden, um die Gestaltungsfreiheit und Produktvielfalt der Versicherer und entsprechend die Auswahlvielfalt der Versicherungsnehmer nicht zu beschränken.669 Eine Reglementierung auf verschiedene Versicherungsvertragsarten würde unter Verbraucherschutzgesichtspunkten keine entscheidenden Vorteile bringen. Ganz im Gegenteil sei davon auszugehen, dass ein solches Vorgehen neben der Beschränkung der Auswahlfreiheit zu höheren Kosten für die Versicherungsnehmer führe.670 Der Verbraucherschutz würde auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen und letztlich ins Gegenteil verkehrt. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich nicht entnehmen, dass sich § 153 VVG auch auf einen temporären Ausschluss der Überschussbeteiligung bezieht und diesen ausschließen soll. Vielmehr sprechen die im Rahmen der Reform getroffenen Aussagen dafür, dass das bis dahin bestehende Schutzniveau vom Gesetzgeber als ausreichend angesehen wird, und keiner weiteren Intensivierung bedarf. Dass bis zur Reform bezüglich eines temporären Ausschlusses der Überschussbeteiligung keine Regelungen bestanden, spricht dafür, dass ein solcher auch weiterhin wirksam ist. 3. Telos der Norm Bei der Auslegung ist insbesondere der mit der Norm verfolgte Sinn und Zweck heranzuziehen. Diesbezüglich wird auf die bereits gemachten, ausführlichen Ausführungen verwiesen.671 Neben der verfassungsrechtlich zwingenden Beteiligung der Versicherungsnehmer auch an den Bewertungsreserven dient die Einführung des § 153 VVG gleichermaßen dazu, die Transparenz der Überschussbeteiligung zu verbessern.672 Eine Beteiligung nur an gewissen Teilen des Geschäftsergebnisses soll mangels ausreichender Transparenz nicht möglich sein. Ist die Regelung eines nur zeitweisen Ausschlusses der Überschussbeteiligung als gleichermaßen intransparent anzusehen, 669  BT-Drucks.

16 / 3945, S. 51. 16 / 3945, S. 51. 671  Siehe unter Kapitel 3 C. II. 672  Schwintowski / Brömmelmeyer / Ortmann, § 153 Rn. 2; Römer / Langheid, § 153 Rn. 5 f.; Prölss / Martin / Reiff, § 153 Rn. 13 ff.; Engeländer, VersR 2007, 155, 155. 670  BT-Drucks.

232

Kap. 3: Untersuchung

müsste diese ebenfalls vom Normzweck erfasst sein. Entsprechend wäre dem Ausdruck insgesamt in diesem Rahmen auch eine zeitliche Bedeutung beizumessen. Die Überschussbeteiligung setzt sich aus den Jahresergebnissen verschiedener Kapitalanlagen und sonstiger Kostenergebnisse des Versicherers zusammen.673 Die Aufteilung in die verschiedenen Anlagepositionen erfolgt auf Grund bilanzrechtlicher Vorschriften und ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, falls überhaupt möglich, nur mit enormem Aufwand zu über- und zu durchblicken. Wird die Überschussbeteiligung nur aus gewissen Überschussquellen gewährt, kann der Versicherungsnehmer hieraus nicht transparent erkennen, zu welchem Teil er am gesamten Kapitalergebnis des Unternehmens beteiligt ist und infolgedessen die entsprechende Regelung auch nicht bewerten. Im Gegensatz zu dieser komplexen Materie sind die verschiedenen Phasen des Versicherungsvertrages für den Versicherungsnehmer gut nachzuvollziehen. Wird die Überschussbeteiligung über eine gewisse Vertragsdauer ausgeschlossen, kann der Versicherungsnehmer anhand der Dauer dieses Zeitraums beurteilen, zu welchem Teil ihm die Überschussbeteiligung vorenthalten wird und erkennen, welche finanziellen Auswirkungen und Einbußen damit für ihn verbunden sind. Insofern stellt sich bei einem temporären Ausschluss das Transparenzproblem nicht gleichermaßen. Dies gilt insbesondere, wenn die Dauer des Ausschlusses an bestimmte Daten oder den Eintritt gewisser Bedingungen geknüpft wird. Regelungen eines temporären Ausschlusses sind ungleich transparenter als solche, die einen teilweisen Ausschluss in mate­ rieller Hinsicht regeln. 4. Zwischenergebnis Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung keinen Teilausschluss im Sinne des § 153 Abs. 1 VVG darstellt und damit grundsätzlich möglich ist. Hierfür sprechen neben der Systematik der Norm auch die Gesetzgebungsmaterialien sowie der Unterschied gegenüber einem materiellen Teilausschluss bezüglich der Transparenz. Weitere Regelungen, die einen temporären Überschussausschluss möglicherweise verhindern, würden bestehen weder im VVG noch im VAG.

673  Zum

Ganzen siehe Kapitel 2 C. III. 1.



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung233

IV. Vereinbarkeit mit §§ 307 ff. BGB Auch diese Regelung wird wegen der versicherungsrechtlichen Besonderheiten in die AVB des jeweiligen Produktes aufgenommen. Wie bereits erwähnt, kann wegen der Gestaltungsfreiheit der Versicherungsunternehmen lediglich eine Musterklausel auf ihre Vereinbarkeit mit dem BGB geprüft werden und Mindestanforderungen an die entsprechende Klausel aufgestellt werden. Die Klausel könnte wie folgt formuliert werden: „Der Versicherungsnehmer wird ausschließlich für die Dauer der Bezugsphase an den in diesem Zeitraum erwirtschafteten Überschüssen beteiligt. Während der Ansparphase ist die Überschussbeteiligung ausgeschlossen.“

Für den Fall, dass die Überschussbeteiligung bzw. der Ausschluss der Beteiligung an andere Zeitpunkte oder Bedingungen geknüpft werden soll, kann die Klausel entsprechend angepasst werden. Als Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen AVB jedenfalls grundsätzlich der Inhaltskontrolle.674 1. Möglichkeit der AGB-Kontrolle Die Klausel betrifft das zeitweise Vorenthalten der Überschussbeteiligung und damit eine Materie, zu welcher der Gesetzgeber in § 153 VVG Regelungen getroffen hat. Im Rahmen der dort aufgestellten gesetzlichen Vorgaben besteht für den Versicherer somit ein Gestaltungsspielraum durch eine Erlaubnisnorm. Diesen füllt der Versicherer durch die Klausel aus und gestaltet auf diese Weise die Rechtslage. Wie gerade aufgezeigt, bewegt sich ein zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung in den vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen des § 153 VVG. Diese sind von den einfachen Gerichten zu respektieren, weshalb die Klausel eines temporären Ausschlusses der Überschussbeteiligung nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegt.675 2. Transparenzkontrolle Unabhängig von einer materiellen Inhaltskontrolle muss die Klausel jedenfalls den Transparenzanforderungen von § 305c BGB und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügen.676

674  Siehe

Kapitel 3 A. III. 2. bereits unter Kapitel 3 C. IV. 2. 676  Vergleiche zu diesen Anforderungen Kapitel 3 A. III. 1. 675  Siehe

234

Kap. 3: Untersuchung

a) Vereinbarkeit mit § 305c BGB Wie bereits erläutert, findet im Rahmen des § 305c BGB lediglich eine Prüfung der Klausel hinsichtlich ihrer formal-sprachlichen Transparenz statt.677 Die Klausel muss ein Mindestmaß an inhaltlicher und systematischer Klarheit aufweisen und derart in den Vertrag aufgenommen sein, dass eine zumutbare Kenntnisverschaffung möglich ist.678 Diesbezüglich bestehen keine Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass die Klausel als überraschend und damit als formell intransparent im Sinne des § 305c BGB anzusehen ist. Regelungen zur Überschussbeteiligung und deren Verwendung sind in AVB üblich, sodass schon das objektive Überraschungsmoment nicht gegeben ist. Dies gilt für die konkrete Regelung umso mehr, als ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung in fondsgebundenen Versicherungsprodukten bereits regelmäßig praktiziert wird und in diesem Rahmen nicht unüblich ist. Darüber hinaus kann der Versicherer durch entsprechende Hinweise oder drucktechnische Gestaltung dafür sorgen, dass die Klausel den von § 305 c BGB gesetzten Anforderungen standhält. b) Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Weiter muss die Klausel den Transparenzanforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügen. Hierunter fallen die inhaltliche Klarheit und Verständlichkeit der Klausel. Maßgeblich ist, dass sich der Bedeutungsgehalt der Klausel einem durchschnittlichen Vertragspartner erschließt.679 Der temporäre Ausschluss der Überschussbeteiligung als Ganzes stellt eine einfache Regelung dar, welche keinerlei Spezialkenntnis des Versicherungsnehmers bezüglich der verschiedenen Überschussquellen oder sonstiger versicherungsrechtlicher Besonderheiten voraussetzt, weshalb durch eine solche Regelung keinerlei Transparenzeinbußen zu erwarten sind. Der temporäre Ausschluss ist damit, anders als ein materieller Teilausschluss, grundsätzlich derart einfach zu verstehen und nachzuvollziehen, dass dessen Verständnis von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erwartet werden kann. Aus diesem Grund kann eine entsprechende Klausel auch ohne weitere Probleme derart verständlich formuliert werden, dass sie den Anforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügt. Etwas anderes gilt allenfalls, wenn die Zeitpunkte für den Überschussausschluss an Bedingungen geknüpft werden, die für den Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres verständlich und nachvollziehbar sind. 677  Siehe

IV. 1.

678  von

hierzu, sowie zu den einzelnen Anforderungen bereits unter Kapitel 3. C

Westphalen / Thüsing, Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rn. 4. dazu bereits Kapitel 3 C. IV. 2.

679  Siehe



D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung235

3. Zwischenergebnis Die Musterklausel zum temporären Ausschluss der Überschussbeteiligung begegnet im Hinblick auf die AGB-rechtlichen Vorgaben keinerlei Bedenken und kann im Versicherungsvertrag vereinbart werden. Wird eine komplexe Gestaltung des temporären Ausschlusses beabsichtigt, so sind höhere Anforderungen an die Transparenz der Klausel zu stellen. In diesem Fall bedarf es entsprechend den bereits genannten Grundsätzen einer besonderen Erläuterung durch den Versicherer.

V. Vereinbarkeit mit § 140 Abs. 2 VAG680 Diese Norm regelt, dass ein Missstand in der Lebensversicherung vorliegt, wenn bei überschussberechtigten Versicherungen keine angemessene Zuführung zur RfB erfolgt. Da andere Formen der Gewinnbeteiligung – wie beispielsweise die Überschussbeteiligung – nicht schlechter sein dürfen, liegt ein Missstand auch vor, wenn keine angemessene Überschussbeteiligung erfolgt.681 Insofern ist fraglich ob, auch bei einem temporärem Ausschluss noch eine angemessene Überschussbeteiligung gegeben ist. Die Norm verpflichtet Versicherungsunternehmen dazu, einen ausreichenden Anteil des Gewinns für die Überschussbeteiligung zur Verfügung zu stellen. Es soll verhindert werden, dass der Versicherer den Gewinn durch Querverrechnung mit Kosten und Verlustposten kleinrechnet und so einen entsprechend geringeren Teil an seine Versicherungsnehmer ausschüttet.682 Schutzzweck der Norm ist es sicherzustellen, dass eine Mindestquote des Überschusses zur Ausschüttung an die Gesamtheit der Versicherungsnehmer zur Verfügung steht. Dies schränkt nicht das im VVG verankerte Recht des Versicherers ein, die Überschussbeteiligung auszuschließen und wirkt sich nicht unmittelbar auf das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer aus. Dementsprechend führt auch § 140 Abs. 2 VVG nicht dazu, dass ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung unzulässig wäre.

VI. Ergebnis Ein temporärer Ausschluss der Überschussbeteiligung ist mit § 153 VVG zu vereinbaren. Dies ergibt sich durch eine Auslegung der Norm anhand ih680  Entspricht

inhaltlich unverändert § 81c VAG a. F. § 81c Rn. 5. 682  BT-Drucks. 12 / 6959, S. 84 f.; Prölss / Kollhosser, § 81c Rn. 8 ff. 681  Fahr / Kaulbach / Bähr / Pohlmann,

236

Kap. 3: Untersuchung

res Zwecks. Darüber hinaus entspricht die Klausel grundsätzlich auch den maßgeblichen Normen des BGB. Regelungen des VAG, welche sich auf die Überschussbeteiligung beziehen sind zwar vorhanden, stehen der Klausel jedoch nicht entgegen. Insofern ist die Vereinbarung eines temporären Überschussausschlusses in den AVB rechtlich möglich. Die tatsächliche Umsetzung und Verbreitung bleibt abzuwarten und hängt gleichermaßen von den weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen wie von der Annahme eines solchen Produkttyps durch die Versicherungsnehmer ab.

E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung Wie oben angesprochen ist auch denkbar, dass ein fondsgebundenes Rentenversicherungsprodukt durch Erweiterung um eine Garantiekomponente entsprechend modifiziert wird (Produkttyp II). Ausgehend von einer fondsgebundenen Rentenversicherung wird anstatt einer Erhöhung des Risikos durch Minderung der Garantiekomponente – wie es beispielsweise durch die Aufschubklausel erreicht wurde – die Garantieleistung durch Vereinbarung einer Mindestrente erhöht, um das Risiko abzufangen. Auf diese Weise wird das Produkt für eine breitere Masse interessant. Eine bereits praktizierte Möglichkeit ist die Ergänzung des Produkts um eine garantierte Mindestrente. Hierzu garantiert der Versicherer am Tag des Beginns der Verfügungsphase, also dem vereinbarten Rentenbeginn ein Mindestvertragsguthaben in Höhe von 100 % der Bruttobeitragssumme. Ist das Fondsguthaben niedriger, so errechnet sich die Höhe der lebenslangen Altersrente aus diesem garantierten Mindestvertragsguthaben. Übersteigt der Wert des Fondsguthabens diese Mindestrente wird entsprechend diese höhere Rente ausbezahlt. Die rechtliche Umsetzung erfolgt dabei bisher, indem ein Teil der Prämie dazu verwendet wird, ein Mindestguthaben anzusparen, welches zur Deckung der durch den Versicherer bei Vertragsschluss garantierten Mindestrente ausreicht. Der Versicherer erwirtschaftet die Garantieleistung selbst und muss sich diesbezüglich an die Anlagevorschriften des VAG halten. Modifizierungsmöglichkeiten bestehen hier im Rahmen der konkreten rechtlichen Gestaltung der Garantiekomponente.

I. Vorgesehene Gestaltung Bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung basiert die Altersrente zunächst ausschließlich auf dem aktuellen Fondsguthaben und kann entsprechend im schlechtesten Fall bis auf null sinken. Der bereits praktizierte Ka-



E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung 237

pitalerhalt wurde bereits oben erläutert. Hiervon unterscheidet sich die Rückversicherungslösung im Ergebnis nicht, allerdings ist der Weg, wie der Kapitalerhalt erreicht wird ein vollkommen anderer: Die Garantieleistung wird vom Versicherer nicht selbst erwirtschaftet, sondern ausgelagert. Anstatt aus einem Teil der Prämie selbst die Garantieleistung zu erwirtschaften, verwendet der Versicherer einen Teil der Prämie dazu, bei Ver­ tragsschluss einen Rückversicherungsvertrag mit einem Rückversicherer zu schließen. Versichertes Risiko dieses Vertrages ist das Absinken des Fondsguthabens unter einen bestimmten Wert, welcher der Garantieleistung aus dem Hauptvertrag entspricht. Versicherungssumme ist dabei die Differenz zwischen Fondsguthaben und der garantierten Mindestrente. Liegt das Fondsguthaben am Tag des Beginns der Verfügungsphase unter der garantierten Mindestrente, gleicht das Rückversicherungsguthaben diese Differenz aus. Sollte das Fondsguthaben die Mindestrente übersteigen, ist der Versicherungsfall nicht eingetreten, sodass kein Anspruch aus der Rückversicherung besteht. Während der Ansparphase entwickeln sich der Wert des Fondsguthabens und der Wert des Rückversicherungsanspruchs zwangsläufig gegenläufig: Bei fallenden Kapitalmärkten und infolgedessen fallendem Fondsguthaben steigt der Zeitwert des Rückversicherungsanspruchs, während dieser bei steigenden Kapitalmärkten sinkt. Die konkrete Höhe der Mindestrente und damit auch die genaue Versicherungssumme kann grundsätzlich beliebig festgelegt werden. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit Blick auf den Zweck dieser Zusatzversicherung ist es sinnvoll, die Summe der eingezahlten Prämien als Versicherungssumme festzulegen. Auf diese Weise ist der Kapitalerhalt garantiert und dennoch steht viel Investitionskapital zur Verfügung, was einen angemessenen Kompromiss zwischen Risiko- und Sicherheitskomponente darstellt. Durch den Abschluss des Rückversicherungsvertrages erwirtschaftet der Versicherer die Garantierente nicht selbst, sondern lagert sie aus und erhebt für diese keine expliziten Gebühren, weshalb es sich um ein „Variable-Annuitäten-Produkt“ (VA) handelt. Diese Gestaltung bedeutet für den Versicherer mehrere Vorteile: Zum einen muss er das für die Garantierente benötigte Kapital nicht nach den strengen Anlagevorschriften des VAG i. V. m. der Anlageverordnung als Sicherungsvermögen anlegen, da die Garantie nicht Bestandteil der Invest­ mentanlage und des Sicherungsvermögens ist, sondern separat erzeugt wird. Zum anderen werden im Rahmen der Rückversicherungslösung die Kosten für die Garantierente dem Versicherungsgedanken entsprechend auf eine Großzahl von Versicherungsnehmern verteilt. Diese Kalkulation nutzt Synergieeffekte ähnlich einer Gruppenversicherung, und federt die verschiedenen Risiken des Erstversicherers ab, wodurch die Garantieleistung für einzelnen

238

Kap. 3: Untersuchung

Versicherungsnehmer und Versicherungsvertrag günstiger zu finanzieren ist.683

II. Vorkommen der Änderung Diese Rückversicherungslösung kann immer dann vereinbart werden, wenn die genaue Höhe der Ablaufleistung aufgrund der Vertragsgestaltung – insbesondere wegen der Abhängigkeit von externen Faktoren – nicht feststeht, gleichzeitig jedoch eine Mindestleistung garantiert wird. In allen diesen Fällen kann das Versicherungsunternehmen eine Rückversicherung auf die Differenz zwischen dem für die Ablaufleistung benötigtem Sparkapital und dem tatsächlich angesammelten Wert des Versicherungsvertrages abschließen. Dies gilt über die Lebensversicherungssparte hinaus grundsätzlich auch für andere Versicherungsprodukte. Möglich wäre eine solche Gestaltung beispielsweise auch im Rahmen einer fondsgebundenen Berufsunfähigkeitsversicherung oder privaten Krankenversicherung. Tatsächlich umgesetzt ist diese Konstruktion aktuell bei der fondsgebundenen Rentenversicherung nach Produkttyp II. Denkbar wäre allerdings auch, bei einem Vertrag mit Aufschubklausel nach Typ I die garantierte Mindestrente über die Rückversicherungslösung umzusetzen.

III. Vereinbarkeit mit geltendem Recht Auch diese Gestaltung wird nachfolgend auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem Recht untersucht. Hierbei ergeben sich allerdings gewisse Besonderheiten. Anders als die bisher untersuchten rechtlichen Gestaltungsoptionen wird die Rückversicherungslösung nicht als Klausel im Vertrag mit dem Versicherungsnehmer vereinbart, sondern durch einen selbständigen Vertrag mit einem Dritten – dem Rückversicherer – begründet. Dementsprechend gestaltet sie unmittelbar zunächst nur das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Rückversicherer. Für den Versicherungsnehmer ist lediglich ersichtlich, dass der Vertrag eine Garantieleistung enthält. Die Auswirkungen für den Versicherungsnehmer hängen von der konkreten Ausgestaltung der Rückversicherungslösung ab. Hierbei ist dem Grunde nach zwischen einer Hintergrundleistung und einer Direktleistung zu unterscheiden. 1. Hintergrundleistung Bei einer Hintergrundleistung erfolgt die Leistung aus der Rückversicherung entlang der Vertragsbeziehungen. Das bedeutet im Rückversicherungs683  Vgl.

MAH Versicherungsrecht / Katschthaler / Topsch, § 34 Rn. 10, 12.



E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung 239

fall leistet der Rückversicherer zunächst an den Versicherer, welcher die Versicherungssumme wiederum an den Versicherungsnehmer auszahlt. Parteien des Rückversicherungsvertrages sind regelmäßig nur der Rückversicherer als Zessionär und der Rückversicherungsnehmer als Zedent,684 sodass auch nur in diesem Verhältnis Ansprüche aus dem Rückversicherungsvertrag bestehen. Eine Drittwirkung für den Versicherungsnehmer entsteht nicht. Entsprechend dieser Leistungsbeziehungen richten sich die Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ausschließlich nach den zwischen ihm und dem Versicherer getroffenen Vereinbarungen aus dem Erstversiche­ rungsverhältnis,685 weshalb der Versicherungsnehmer auch nicht das Insolvenzrisiko des Rückversicherers trägt. Die Rückversicherung tritt im Verhältnis zum Versicherungsnehmer nicht zutage, sodass die diesbezüglich getroffenen Regelungen für den Versicherungsnehmer auch grundsätzlich keine Relevanz haben. Angemerkt sei, dass mangels Auftreten des Rückversicherers kein Rechtsschein begründet wird, weshalb auch eine – für den Versicherungsnehmer positive und grundsätzlich auch bei Rückversicherern anerkannte686 – Durchgriffshaftung ausscheidet. Der Ausgleich über die Rückversicherung erfolgt lediglich im Innenverhältnis zwischen Versicherer und Rückversicherer.687 Bei einer solchen Gestaltung wirkt sich die Rückversicherungslösung nicht auf die Rechte des Versicherungsnehmers aus, sodass diesbezüglich keine rechtlichen Probleme zu erwarten sind. Problematisch könnte damit allenfalls das Rückversicherungsverhältnis sein. Auf dieses sind die Normen des VVG nicht anzuwenden,688 sodass sich die rechtliche Möglichkeit insbesondere nach dem HGB und dem BGB,689 sowie dem VAG richtet. Zwischen den Versicherungsunternehmen ist allerdings ein gewöhnlicher Rückversicherungsvertrag geschlossen, durch welchen die vom Versicherer übernommene Gefahr versichert wird. Es ist nicht ersichtlich, welche Probleme sich durch die Umsetzung der Rückversicherungslösung im Wege der Hintergrundleistung ergeben könnten, sodass diese Gestaltung rechtlich unproblematisch ist. 684  Langheid / Wandt / Schwepcke, Rückversicherungsvertragsrecht Rn.  84, 91; Schwep­­cke, Rückversicherung, S. 104. 685  BGH VersR 1970, 29; MAH Versicherungsrecht / Katschthaler / Topsch § 34 Rn. 6; RG 55, 86, 90 f. 686  Schwepcke, Rückversicherung, S. 104 f. 687  Langheid / Wandt / Schwepcke, Rückversicherungsvertragsrecht Rn. 84. 688  Nach wohl herrschender Meinung sind einige Normen der Passivenversicherung analog auf die Rückversicherung anzuwenden. Dies widerspricht jedoch der ausdrücklichen Entscheidung in § 209 VVG, welcher keinen Raum für eine analoge Anwendung lässt. Dazu Langheid / Wandt / Schwepcke, Rückversicherungsvertragsrecht Rn.  12 ff. m. w. N. 689  Langheid / Wandt / Schwepcke, Rückversicherungsvertragsrecht Rn. 17 ff.

240

Kap. 3: Untersuchung

2. Direktleistung Auch möglich ist es, die Rückversicherungslösung so auszugestalten, dass die Leistung durch den Rückversicherer selbst unmittelbar an den Versicherungsnehmer im Wege einer Direktleistung erfolgt. Die Umsetzung dieser Direktleistung erfolgt, indem eine entsprechende Regelung in die AVB des Vertrages zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer aufgenommen wird. Je nachdem, welche Rechte und Pflichten für den Versicherungsnehmer des Erstvertrages begründet werden, kann dieser auch Partei des Rückver­ sicherungsvertrages werden.690 Aus der Wahrnehmung von Rechten des Erstversicherers durch den Versicherungsnehmer gegenüber dem Rückversicherer können sich insofern Probleme ergeben, als das Geschäft für die Versicherer ein beiderseitiges Handelsgeschäft ist. Dementsprechend herrscht in diesem Verhältnis ein weniger strenger Schutzmaßstab, als er gegenüber dem Versicherungsnehmer als Verbraucher einzuhalten ist. Im Fall der Direktleistung kommt hinzu, dass der Versicherungsnehmer das Insolvenzrisiko des Rückversicherers trägt. Wird die Rückversicherungslösung also als Direktleistung vom Rückversicherer an den Versicherungsnehmer umgesetzt, wirkt sich dies auch unmittelbar auf die Rechte des Versicherungsnehmers als Verbraucher aus. Wegen der Vielzahl an verbraucherschützenden Vorschriften bestehen gegen diese Art der Gestaltung einige grundsätzliche Bedenken. Mangels konkret auf dem Markt angebotener Produkte und der unüberschaubaren Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten werden im Rahmen dieser Untersuchung lediglich die zu beachtenden Grundsätze und -problematiken einer solchen Direktleistung dargestellt und untersucht. Zur Umsetzung der Rückversicherungslösung besteht das Erstversicherungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, sowie das Rückversicherungsverhältnis zwischen Versicherer und Rückversicherer. Um den Zweck der Rückversicherungslösung zu erreichen sind diese Verträge zwingend. Für die Direktleistung selbst kommen verschiedene rechtliche Konstruktionen in Betracht. Zum einen kann der Versicherer seinen Anspruch aus dem Rückversicherungsverhältnis (antizipiert) an den Versicherungsnehmer abtreten. Andererseits kann das Rückversicherungsverhältnis auch als (echter) Vertrag zu Gunsten Dritter ausgestaltet werden. Gemein ist diesen Möglichkeiten, dass der Versicherer eine „Durchgriffsklausel“ vereinbart,691 welche den Versicherungsnehmer dazu berechtigt, seinen Anspruch direkt gegen den Rückversicherer geltend zu machen. 690  MAH Versicherungsrecht / Katschthaler / Topsch, § 34 Rn. 6; Langheid / Wandt /  Schwepcke, Rückversicherungsvertragsrecht Rn. 84 ff. 691  Auch „Cut-through-Klausel“ genannt.



E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung 241

a) Abtretung des Rückversicherungsanspruchs Bei der Umsetzung durch Abtretung des Anspruchs aus dem Rückversicherungsverhältnis entsteht der Anspruch aus der Rückversicherung zunächst im Rückversicherungsverhältnis zwischen Versicherer und Rückversicherer. Erst durch die spätere Abtretung erlangt der Versicherungsnehmer diesen Anspruch gegen den Rückversicherer. Wie bereits oben angedeutet ist hierbei problematisch, dass es sich bei Versicherer und Rückversicherer um Unternehmer und damit um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt, sodass in diesem Verhältnis die verbraucherschützenden Vorschriften aus BGB nicht, und darüber hinaus möglicherweise verschärfende Normen aus dem HGB zur Anwendung kommen. Hieran ändert auch die Abtretung an den Versicherungsnehmer als Verbraucher nichts, da sie keine Auswirkungen auf den Anspruchsumfang hat. Dieser kann nur in dem Umfang abgetreten werden, in welchem er entstanden ist. Dementsprechend ist der Versicherungsnehmer weniger geschützt, als er es wäre, wenn der Anspruch originär bei ihm aufgrund des Vertrages mit dem Versicherer entstanden wäre. Diese Situation erinnert stark an diejenige im Rahmen des Leasing: Das Geschäft zwischen Leasingnehmer und Verkäufer ist ein beiderseitiges Handelsgeschäft, während der Leasingnehmer in vielen Fällen Verbraucher ist. Letzterer bekommt sämtliche Gewährleistungsrechte des Leasinggebers gegen den Verkäufer abgetreten. Diese bestehen allerdings nur in dem Umfang und Inhalt, mit welchem sie im Verhältnis zwischen Leasinggeber und Verkäufer entstanden sind.692 Insofern ist bei dieser Umsetzung der Rückversicherungslösung genau darauf zu achten, dass dem Versicherungsnehmer durch die Abtretung des „schwachen“ Anspruchs keine unangemessenen Nachteile entstehen. Hierbei kommt es darauf an, dass der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen den Rückversicherer ohne besondere Umstände oder erschwerende Voraussetzungen durchsetzen kann. Andernfalls – insbesondere bei mangelnder Aufklärung über den Anspruchsumfang und die Anspruchsvoraussetzungen – ist anzunehmen, dass die entsprechende Regelung gegen die AGB-rechtlichen Vorgaben des § 307 BGB verstößt und infolge dessen unwirksam ist. Allerdings können die genannten Voraussetzungen durch entsprechende Abreden im Verhältnis zwischen Versicherer und Rückversicherer umgesetzt werden, sodass gegen diese Art der Rückversicherungslösung zumindest keine grundsätzlichen Bedenken bestehen. 692  Beim Leasing besteht darüber hinaus die Besonderheit, dass sämtliche Gewährleistungsrechte aus dem (Miet-)Vertrag zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer ausgeschlossen sind, weshalb sich unter anderem das Problem stellt, ob diese Ausschlussklausel eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB bedeutet.

242

Kap. 3: Untersuchung

b) Vertrag zugunsten Dritter Durch die Ausgestaltung des Rückversicherungsvertrages als (echter) Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB erwirbt der Dritte – in diesem Fall der Versicherungsnehmer – einen eigenen, selbständigen Anspruch gegen den Rückversicherer.693 Der Anspruchsumfang richtet sich, wie bei der Abtretung des Anspruchs gegen den Rückversicherer, danach, wie er im Rückversicherungsverhältnis festgelegt wurde. Die Ausgestaltung als Vertrag zugunsten Dritter ist aus rechtlicher Sicht grundsätzlich unproblematisch möglich, sofern der Anspruchsumfang so gewählt wurde, dass dem Versicherungsnehmer durch einen nur begrenzten Anspruchsumfang keine Nachteile entstehen. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen zur Abtretung des Rückversicherungsanspruchs verwiesen werden. c) Besondere Anforderungen des Versicherungsrechts Neben der allgemeinen Voraussetzung, dass der Versicherungsnehmer nicht durch Abreden zwischen Rückversicherer und Erstversicherer oder durch in diesem Verhältnis geltende gesetzliche Bestimmungen unangemessen benachteiligt werden darf, sind besondere versicherungsrechtliche Anforderungen zu beachten. Durch die Rückversicherungslösung erhält der Versicherungsnehmer einen direkten Anspruch gegen den Rückversicherer, welcher nur in Höhe der Differenz zwischen garantierter Leistung und Höhe des Deckungskapitals besteht. Der darüber hinausgehende „Grundanspruch“ besteht gegen den Erstversicherer. Übertragen auf eine fondsgebundene Versicherung mit Rückversicherungslösung bedeutet das, dass der Versicherungsnehmer gegen den Erstversicherer einen Anspruch auf Auszahlung des Fondsguthabens und gegen den Rückversicherer einen Anspruch in Höhe der Differenz zwischen Fondsguthaben und garantierter Mindestrente hat. Der Versicherungsnehmer muss jeweils einen Teil seines Gesamtanspruchs gegen unterschiedliche Gläubiger geltend machen. Dies allein bedeutet noch nicht zwingend einen Nachteil für den Versicherungsnehmer. Sofern auf diese Besonderheit allerdings nicht hingewiesen wird, kann dies zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel wegen mangelnder Transparenz führen. Neben den allgemeinen AGB-rechtlichen Transparenzanforderungen ergibt sich eine entsprechende Pflicht auch aus § 1 Nr. 6 lit. b VVG-InfoV, wonach der Versicherer dem Versicherungsnehmer Informationen über „die wesent­ 693  Vgl. MüKo / Gottwald, § 328 Rn. 3; Jauernig / Stadler, § 328 Rn. 15 ff.; zum Vertrag zugunsten Dritter im Erstversicherungsverhältnis: Lentz, Versicherung für fremde Rechnung, S. 32 f.



E. Fondsgebundene Rentenversicherung mit Rückversicherungslösung 243

lichen Merkmale der Versicherungsleistung […]“ zur Verfügung zu stellen hat. Hiervon sind insbesondere konkrete Angaben über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistung erfasst.694 Bestehen im Zusammenhang mit der Versicherungsleistung Besonderheiten, so sind diesbezüglich weitere Angaben notwendig werden.695 Der hier vorliegende Fall, dass die Versicherungsleistung anteilig gegen zwei verschiedene Schuldner geltend gemacht werden muss, ist sehr ungewöhnlich, weshalb zur Erfüllung der Informationspflicht auf diese Besonderheit hingewiesen werden muss. 3. Ergebnis Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Rückversicherungslösung nicht in gleichem Maße problematisch ist, wie Produktinnovationen, welche unmittelbar im Vertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer umgesetzt werden. Dementsprechend ist diese Gestaltung – jedenfalls aus rechtlicher Sicht – weit weniger interessant. Die Umsetzung der Rückversicherungslösung durch Hintergrundleistung ist ohne Probleme möglich, da sie sich für den Versicherungsnehmer nicht auswirkt. Wird die Rückversicherungslösung mit einer Direktleistung umgesetzt, sind einige Anforderungen zu beachten. Festzuhalten bleibt, dass Vorschriften, welche dem Schutz des Versicherungsnehmers zu dienen bestimmt sind, durch diese Umsetzung nicht umgangen werden dürfen. Problematisch ist diesbezüglich, dass der Anspruch gegen den Rückversicherer originär aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft stammt, in welchem verbraucherschützende Vorschriften nicht gelten. Neben dieser allgemeinen Anforderung ist darüber hinaus zu beachten, dass der Versicherer die Transparenz- und Informationsanforderungen – insbesondere der VVG-InfoV – erfüllt.

694  Looschelders / Pohlmann / Schäfers, § 1 VVG-InfoV Rn. 14; Schwintowski /  Brömmelmeyer / Mauntel, § 1 VVG-InfoV Rn. 24. 695  Schwintowski / Brömmelmeyer / Mauntel, § 1 VVG-InfoV Rn. 24.

Kapitel 4

Reformvorschläge Wie die Arbeit an einigen Stellen aufzeigt, sind die Regelungen des aktuellen VVG, insbesondere § 154 VVG und § 165 VVG noch nicht genügend auf solche innovativen Produktgestaltungen der Branche ausgelegt. Dem Reformgesetzgeber kann insofern jedoch kein Vorwurf gemacht werden. Nicht nur weil die Veränderung und Neugestaltung von Rentenversicherungsprodukten durch Versicherungsunternehmen erst nach der VVG-Reform im Jahre 2008 maßgeblich stattgefunden hat und der Reformgesetzgeber solche Produkte und deren Eigenheiten schlicht nicht im Blick gehabt hat, sondern auch, weil wegen der Vielzahl an verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten für Rentenversicherungsprodukte eine „antizipierte“ Anpassung der notwendigen gesetzlichen Regelungen unmöglich gewesen ist. Der Gesetzgeber ist gleichwohl aufgefordert, die Rechtslage zu klären und so Rechtssicherheit für alle beteiligten Parteien zu schaffen. Dem Gesetzgeber werden folgende Vorschläge für die Änderungen der relevanten gesetz­ lichen Vorschriften an die Hand gegeben.

A. Musterrechnung und jährliche Unterrichtung, §§ 154, 155 VVG Das oben gefundene Ergebnis ist allenfalls eine Zwischenlösung und gewissermaßen als Hinweis für die Gestaltung der Musterrechnung durch die Versicherer zu sehen. Gleichermaßen könnte – insbesondere von Seiten der Versicherer – argumentiert werden, dass es ausreiche, die formalen gesetzlichen Anforderungen an die Modellrechnung einzuhalten. Insofern ist die aktuelle Gesetzeslage unbefriedigend. Zur Lösung dieser Situation könnte man den Maßstab des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB insofern anpassen, als die oben gefundenen Anforderungen in den Tatbestand hineinzulesen sind und entsprechend die Mindestanforderungen an eine transparente Aufschubklausel darstellen. Diese AGB-rechtliche Lösung ist allerdings mit einigen Rechtsunsicherheiten behaftet, da die konkreten Anforderungen nicht gesetzlich normiert sind und die Gefahr besteht, dass sie von unterschiedlichen Gerichten auch unterschiedlich ausgelegt werden. Dies zu vermeiden ist mit Blick auf den verbraucherschützenden Zweck von Transpa-



A. Musterrechnung und jährliche Unterrichtung, §§ 154, 155 VVG 245

renzvorschriften angezeigt. Zudem besteht durch die vielen von Literatur und Gerichten aufgestellten Transparenzanforderungen und -maßstäben bereits in vielen Bereichen eine für alle Beteiligten unübersichtliche Rechtslage.1 Um eine weitere Ausdehnung dieser Unübersichtlichkeit zu verhindern und so Rechtssicherheit sowohl für Versicherungsnehmer als auch für die Versicherer zu schaffen, ist eine gesetzlich verankerte Lösung vorzugswürdig. Dementsprechend ist der Gesetzgeber aufgefordert, an dieser Stelle zu Gunsten der Transparenz nachzubessern. Zielführend und praktisch umsetzbar scheint hier die Festlegung eines Rahmens, in welchem die Schwankungen durch angepasste bzw. veränderte Rechnungsgrundlagen liegen. Folgender Lösungsvorschlag wird gemacht:

I. Entwurf der §§ 154, 155 VVG § 154 Modellrechnung (1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. (2) Sieht der Versicherungsvertrag in Bezug auf die Rechnungsgrundlagen ein Änderungsrecht vor oder beabsichtigt der Versicherer für Prämienkalkulation und Rentenberechnung verschiedene Rechnungsgrundlagen zu verwenden, so hat der Versicherer unter Hinweis auf die entsprechenden vertraglichen Regelungen die hieraus möglicherweise resultierenden Änderungen entsprechend der in Absatz 1 genannten Zinssätze anhand von drei verschiedenen Entwicklungsszenarien (negative Entwicklung; erwartete Entwicklung; positive Entwicklung) darzustellen. (3) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann. § 155 Jährliche Unterrichtung Bei Versicherungen mit nicht garantierten Leistungen hat der Versicherer den Versicherungsnehmer jährlich in Textform über die Entwicklung seiner nicht garantierten Ansprüche zu unterrichten. Ferner hat der Versicherer darauf hinzuweisen, wenn sich die nicht garantierten Ansprüche außerhalb des in der Modellrechnung gezeichneten Rahmens bewegen. 1  Vgl. insofern das OLG Bremen NJW 1991, 1837, 1838, welches von der „Intransparenz der instanzgerichtlichen Transparenzrechtsprechung“ spricht.

246

Kap. 4: Reformvorschläge

II. Begründung Durch den neu eingefügten § 154 Abs. 2 VVG wird die oben beschriebene Problematik der veränderten Rechnungsgrundlagen zwischen Vertragsschluss bzw. Prämienkalkulation und Rentenberechnung abgebildet. Hierdurch wird dem Versicherungsnehmer das zusätzlich entstandene Risiko bereits bei Vertragsschluss deutlich gemacht, wodurch die Rechtslage transparent dargestellt wird und der Versicherungsnehmer infolge dessen bewusst entschieden kann, ob er dieses eingehen möchte. Es werden drei verschiedene Entwicklungsprognosen vorgeschlagen, womit sich der Reformvorschlag an den Zinsrechnungen zu den nicht garantierten Leistungen nach § 154 Abs. 1 VVG orientiert. Dies scheint geeignet, für eine ausreichende Transparenz zu sorgen. Sicherlich können durch die Änderungen der Rechnungsgrundlagen weitreichende Schwankungen entstehen, welche von drei vorgegebenen Musterrechnungen nicht abgedeckt sind. Allerdings ist zu beachten, dass die Musterrechnung damit um insgesamt neun weitere Rechnungen erweitert wird.2 Eine weitere Vergrößerung des Umfangs wird vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht mehr aufmerksam gelesen, sodass diese „Überinformation“ letztlich zu einer Verschlechterung der Transparenz führen würde.3 Die Entwicklungsprognosen bieten dem Versicherungsnehmer eine erste Orientierungshilfe. Durch den gleichzeitigen Verweis auf die maßgeblichen vertraglichen Regelungen kann sich der Versicherungsnehmer – bei entsprechendem Interesse – mit diesen ausführlich auseinandersetzen. Flankiert wird diese Regelung durch die Erweiterung des § 155 VVG: Die Mitteilungspflicht gilt nicht nur für die Überschussbeteiligung, sondern für sämtliche nicht garantierte Leistungen. Als Folgeänderung wird auch die Hinweispflicht insofern angepasst, als eine Änderung immer dann anzuzeigen ist, wenn sich der entsprechende Anspruch nicht mehr in dem von der Modellrechnung gesteckten Rahmen hält. Aufgrund ihres werbenden Charakters und der gleichzeitigen Unverbindlichkeit ist nicht nur die Überschussbeteiligung, sondern sämtliche nicht garantierten Leistungen des Versicherers missbrauchsanfällig.4 Da viele innovative Produkte die bisher garantierten Leistungen modifizieren und zumeist auch stark reduzieren, ist zu erwarten, 2  Nach § 154 Abs. 1 VVG ist bereits die Rechnung von drei Zinsszenarien vorgeschrieben. Jedes dieser Szenarien ist dann mit den drei möglichen Rechungsgrundlagenszenarien weiter zu rechnen. 3  Präve, VersR 2000, 138, 143; Römer, in: FS Lorenz 615, 620; vgl. zur gleichen Problematik im Rahmen des Produktinformationsblattes Versicherungsrechts-Handbuch / Schwintowski, § 18 Rn. 118 ff. 4  Dazu siehe unter Kapitel 3 A. IV. 3.



B. Berechnung des Rückkaufswertes, § 165 VVG247

dass sich dieses Problem weiter ausbreitet. Um das Schutzniveau der Versicherungsnehmer weiter aufrecht zu erhalten, ist für eine transparente Darstellung des Leistungsumfangs zu sorgen. Eine solche wird durch die Modellrechnung und die ergänzende jährliche Unterrichtung nach § 155 VVG erreicht.

B. Berechnung des Rückkaufswertes, § 165 VVG Auch im Rahmen der Berechnung vorgezogener Leistungen, wie dem Rückkaufswert oder der prämienfreien Leistung nach § 165 VVG geht das Gesetz von einheitlichen Rechnungsgrundlagen für Prämienkalkulation und Rentenversicherung aus. Wie aufgezeigt entspricht diese Annahme wegen der innovativen Produkte immer weniger der Realität.5 Um auch in Zukunft einen passenden Rahmen für Versicherungsprodukte vorzugeben, sind diese Regelungen entsprechend anzupassen. Folgender Lösungsvorschlag wird gemacht:

I. Entwurf der §§ 165, 169 VVG § 165 Prämienfreie Versicherung (1) Der Versicherungsnehmer kann […]. (2) Die prämienfreie Leistung ist nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik, unter Zugrundelegung des Rückkaufswertes nach § 169 Abs. 3 bis 5, mit der konkreten Modellierung zu berechnen, welche zum Umwandlungszeitpunkt für die Rentenberechnung vergleichbarer Verträge maßgeblich ist, und im Vertrag für jedes Versicherungsjahr anzugeben. (3) Die prämienfreie Leistung ist […]. § 169 Rückkaufswert (1) Wird eine Versicherung […]. (2) Der Rückkaufswert […]. (3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit der zum Berechnungszeitpunkt für vergleichbare Verträge maßgeblichen konkreten Modellierung zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, der sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert […]. 5  Kritisch bereits bei Einführung der Norm zur Berechnung anhand von Rechnungsgrundlagen der Beitragskalkulation Engeländer, VersR 2007, 1297, 1303 ff.

248

Kap. 4: Reformvorschläge

II. Begründung Wichtig ist, dass die gesetzlichen Regelungen im Blick haben, dass Versicherer nicht zwingend dieselben, einheitlichen Rechnungsgrundlagen für Prämienkalkulation und Rentenberechnung verwenden. Klassische kapitalbildende Rentenversicherungsprodukte hatten bisher ausnahmslos sowohl die Prämie als auch die Rente anhand ein und derselben Rechnungsgrundlagen berechnet. Dies entspricht nicht mehr der Versicherungswirklichkeit, da innovative Produkte von diesem klassischen Schema abweichen. Dementsprechend kann für die Berechnung der oben genannten Leistungen nicht mehr pauschal auf die Rechnungsgrundlagen der Prämienberechnung verwiesen werden. Vielmehr ist zu entscheidenden, wie die Berechnung bei solchen Produkten sinnvoll und zweckmäßig ist. Die aktuellen gesetzlichen Regelungen bestimmen, dass die prämienfreie Leistung unter Zugrundelegung des Rückkaufswerts gemäß § 165 Abs. 2 VVG zu berechnen ist. Hierdurch wird ein Gleichlauf zum Rückkaufswert erreicht.6 Aus wirtschaftlicher Sicht erhält der Versicherungsnehmer in beiden Fällen denselben Wert, sodass insofern kein Unterschied zwischen Kündigung und Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung besteht. Dies ist wünschenswert und bedarf keiner Änderung. In der prämienfreien Leistung bzw. dem Rückkaufswert spiegelt sich der Wert der bis dahin vom Versicherungsnehmer geleisteten Prämien wider, indem die dem Versicherungsnehmer zustehende Leistung anteilig der ihm zustehenden Rentenleistung entspricht. Beide Regelungen tragen der verkürzten Dauer der Ansparphase Rechnung, indem ein Abzug in Höhe der wegen der frühen Beendigung der Ansparphase noch nicht geleisteten Prämien erfolgt.7 Diese Systematik der Berechnungsweise spricht dafür, dass die Leistungen dem Grunde nach so zu berechnen sind, wie die dem Versicherungsnehmer zustehende Rentenleistung. Das Umwandlungsverlangen soll wie eine technische Vertragsumstellung und der sich als Deckungskapital ergebende Betrag wie eine Einmalprämie behandelt werden.8 Dieses Ergebnis wird erreicht, wenn die Berechnung so erfolgt, wie sie bei einem vergleichbaren Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt der Beendigung bzw. Umwandlung erfolgen würde. Da Prämien bereits seit einiger Zeit schon nicht mehr anhand von Rechnungsgrundlagen kalkuliert, sondern nach analytischen Methoden oder stochastischen Verfahren modelliert werden,9 BT-Drucks. 16 / 3945, S. 101; Römer / Langheid, § 165 Rn. 2. kommen weitere Abzüge (Abschlusskosten, mglw. Stornoabzug, etc.). Diese können vorliegend jedoch außer Acht gelassen werden, da sie die Systematik der Berechnung der jeweiligen Werte nicht beeinflussen. 8  Langheid / Wandt / Mönnich, § 165 Rn. 29; Prölls / Martin / Reiff, § 165 Rn. 14. 9  Engeländer, VersR 2007, 1297, 1302. 6  Vgl.

7  Hinzu



B. Berechnung des Rückkaufswertes, § 165 VVG249

und eine grundsätzliche Abkehr von der Verwendung von Rechnungsgrundlagen – insbesondere wegen der großen Innovationskraft im Rahmen der Rentenversicherung – keinesfalls utopisch ist, sollte anstatt des Begriffs der Rechnungsgrundlagen grundsätzlich auf die konkrete Modellierung der Rente abgestellt werden. So wird ein weiterer zeitnaher Reformbedarf der Norm vermieden. Die Änderung des § 169 VVG stellt eine notwendige Folgeänderung dar, um den Gleichlauf zwischen Rückkaufswert und prämienfreier Leistung zu erhalten. Auch der Rückkaufswert ist nicht starr anhand der für die Prämienkalkulation maßgeblichen konkreten Berechnung zu berechnen, sondern – sofern das Produkt entsprechend der Regelung der Aufschubklausel auf verschiedene konkrete Modellierungen abstellt – anhand der zum Berechnungszeitpunkt für die Rentenberechnung vergleichbarer Verträge maßgeblichen konkreten Modellierung.

Kapitel 5

Zusammenfassung der Ergebnisse Die Arbeit hat aufgezeigt, dass Modifikationen im Rahmen einer klassischen Rentenversicherung zu weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten führen. Wegen der mit ihnen verbundenen großen Belastungen für den Versicherer stehen die garantierten Leistungen im Fokus der Änderungen. Dies betrifft das Garantieren der Rente ebenso wie die Überschussbeteiligung. Aufgrund der Umsetzung der Regelungen im Rahmen von Allgemeinen Versicherungsbedingungen hängt ihre Wirksamkeit maßgeblich von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Klausel ab und kann nicht pauschal beurteilt werden. Dieser Besonderheit wurde Rechnung getragen, indem der Prüfung konkrete Musterklauseln zugrunde gelegt wurden. Neben der Vereinbarkeit mit dem Versicherungsrecht sind insbesondere die Anforderungen des AGB-Rechts zu beachten.

A. Aufschubklausel Durch die Aufschubklausel wird die Berechnung der konkreten Rente erst bei Eintritt in die Bezugsphase und anhand der zu diesem Zeitpunkt für vergleichbare Rentenversicherungen geltenden Rechnungsgrundlagen vorgenommen. Auf diese Weise trägt der Versicherungsnehmer das wirtschaftliche Risiko der Ansparphase. Trotz dieser Regelung handelt es sich um einen Versicherungsvertrag.1 Durch diese späte Berechnung handelt es sich materiell um einen Änderungsvorbehalt, da wegen § 154 Abs. 1 VVG gleichzeitig zwingend bezifferte Angaben über die konkrete Höhe der Ablaufleistung gemacht werden (müssen). Entscheidend für diese Einordnung ist eine objektive Sichtweise.2 Obwohl sich die Aufschubklausel auf die Hauptleistung auswirkt, unterliegt sie als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle. Durch die Einordnung als Änderungsvorbehalt sind die im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB von Literatur und insbesondere von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen zwingend zu beachten. Neben einer ausreichenden Transparenz der Klausel 1  Siehe 2  Siehe

dazu ausführlich Kapitel 3 A. II. Kapitel 3 A. III. 3.



A. Aufschubklausel251

muss sichergestellt werden, dass sie keine unzumutbaren Änderungen zulässt und das Äquivalenzverhältnis im Wesentlichen gewahrt bleibt. Zwingende Voraussetzung der Aufschubklausel ist das Garantieren einer Mindestrente. Nur auf diese Weise wird der Umfang des Änderungsrechts begrenzt und ist so für den Versicherungsnehmer noch zumutbar.3 Die übrigen Voraussetzungen an einen Änderungsvorbehalt können durch eine entsprechende Formulierung eingehalten werden. Hier stehen die Versicherer in der Pflicht. Darüber hinaus stellt das Abwälzen des Wirtschafts- und Kalkulationsrisikos keine vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Pflichten dar, sodass die Aufschubklausel grundsätzlich auch mit der Generalklausel des § 307 BGB zu vereinbaren ist.4 Die Untersuchung hat zudem ergeben, dass eine solche Klausel auch nicht gegen die Anforderungen des versicherungsrechtlichen Leistungsänderungsrechts aus § 163 VVG verstößt.5 Die dort aufgestellten Anforderungen sind insofern auf die Aufschubklausel zu übertragen, als sie dem Schutz des Versicherungsnehmers dienen. Einzige Besonderheit dieser Norm gegenüber den AGB-rechtlichen Anforderungen an eine Änderungsklausel ist die verpflichtende Mitwirkung eines Treuhänders bei der Leistungsanpassung. Diese Vo­ raussetzung bewirkt allerdings keine objektive Verbesserung des ohnehin schon hohen Schutzniveaus des Versicherungsnehmers. Dementsprechend handelt es sich hierbei nicht um eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung, sodass ein entsprechendes Vorgehen auch keinen Verstoß gegen § 172 VVG darstellen würde. Diese Anforderungen sind der Tatsache geschuldet, dass es sich bei der Aufschubklausel um einen Änderungsvorbehalt handelt. Darüber hinaus sind durch die Aufschubklausel weitere versicherungsvertragsrechtliche Regelungen betroffen und daher in den Blick zu nehmen: So sieht § 40 VVG zwingend vor, dass dem Versicherungsnehmer bei einer Leistungsänderung aufgrund einer Änderungsklausel grundsätzlich ein Kündigungsrecht zusteht. Die Norm soll den Versicherungsnehmer vor einsei­ tigen Änderungen des Äquivalenzverhältnisses zu seinen Lasten schützen. Diese Möglichkeit würde den Zweck der Aufschubklausel zum größten Teil konterkarieren. Grund hierfür ist, dass sich die Aufschubklausel gerade nur auswirkt, wenn sich die Rechnungsgrundlagen verändern und eine Leistungsänderung durch den Versicherer vorgenommen wird. Dementsprechend würden die Aufschubklausel und das Kündigungsrecht aus § 40 VVG zwingend parallel greifen. Unabhängig davon, ob dieses Kündigungsrecht wegen der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen tatsächlich in Anspruch genommen würde, ist § 40 VVG im Falle einer Änderung aufgrund der Auf3  Zum

Ganzen Kapitel 3 A. III. 3. d). Kapitel 3 A. III. 4. 5  Siehe Kapitel 3 A. IV. 1. 4  Siehe

252

Kap. 5: Zusammenfassung der Ergebnisse

schubklausel seinem Zweck nach nicht einschlägig. Denn die Aufschubklausel führt gerade nicht zu einer einseitigen Änderung des Äquivalenzverhältnisses, sondern zu einer fortlaufenden Wahrung.6 Auch in Bezug auf die Modellrechnung und die Berechnung des Rückkaufswertes bringt die Aufschubklausel Probleme mit sich, da die entsprechenden Normen auf die „Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation“ verweisen. Dies ist bei klassischen Rentenversicherungsprodukten insofern unproblematisch und ausreichend, als diese einheitliche Rechnungsgrund­ lagen für Prämien- und Rentenkalkulation verwenden. Durch die Aufschubklausel ist dies jedoch gerade nicht der Fall. Im Rahmen des § 154 VVG führt diese Besonderheit dazu, dass das Risiko der sich ändernden Rechnungsgrundlagen und dessen Auswirkungen nicht abgebildet werden. Um dem Zweck der Modellrechnung zu dienen, muss diese um eine Variable ergänzt werden, welche die potenzielle Änderung der Rechnungsgrundlagen abbildet.7 Dies ist umso wichtiger, als andernfalls von der Intransparenz der Modellrechnung als Begleitmaterial auf die Intransparenz der Klausel selbst geschlossen werden kann. Diese erweiternde Auslegung der Norm ist allerdings keinesfalls zwingend, sondern dient der Absicherung der Versicherer. Um in Zukunft Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und den Zweck der Modellrechnung zu wahren, ist der Gesetzgeber allerdings zum Handeln aufgefordert. Ein entsprechender Reformvorschlag ist an oben genannter Stelle gemacht.8 Wegen entsprechender gesetzlicher Regelungen stellt sich eine vergleichbare Problematik im Rahmen der Berechnung des Rückkaufswertes und der Leistung für eine prämienfreie Versicherung. Entsprechend dem Sinn der §§ 165 Abs. 2 und 169 Abs. 3 VVG sind bei einem Produkt mit Aufschubklausel entgegen dem Wortlaut der Norm nicht die für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlagen zu verwenden, sondern diejenigen Rechnungsgrundlagen, welche zum Zeitpunkt der Kündigung bzw. Umwandlung für vergleichbare Produkte anwendbar wären.9 Auch hier sollte der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit tätig werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wird oben vorgeschlagen.10 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Aufschubklausel bei entsprechender Formulierung gesetzeskonform ist, sofern der Versicherer jedenfalls eine Mindestrente garantiert. Dabei ist zu beachten, dass für die Modell6  Siehe

Kapitel 3 A. IV. 2. Kapitel 3 A. IV. 3. 8  Siehe Kapitel 4. 9  Siehe Kapitel 3 A. IV. 4 d). 10  Siehe Kapitel 4. 7  Siehe



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 253

rechnung nach § 154 VVG sowie für die Berechnung des Rückkaufswerts nach § 165 VVG zum Schutze des Versicherungsnehmers Besonderheiten berücksichtigt werden müssen.

B. Überschussklausel Durch die Überschussklausel wird die Überschussbeteiligung dem Versicherungsnehmer nicht direkt zugeteilt, sondern lediglich auf sein Deckungskapital angerechnet. Ein solches Vorgehen steht im Einklang mit § 153 VVG und der VVG-InfoV. Aus der systematischen Stellung des § 153 VVG sowie den Umständen im Rahmen seiner Einführung ergibt sich, dass keine immanenten Anforderungen an die Art der Überschussverwendung gestellt werden.11 Im Rahmen der Vereinbarkeit mit dem BGB ist die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nicht eröffnet, sodass die Überschussklausel nur der Transparenzkontrolle unterliegt.12 In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass eine solche Vereinbarung objektiv ungewöhnlich ist, sodass sie nur wirksam ist, wenn das subjektive Überraschungsmoment durch eine entsprechende Gestaltung der Klausel ausgeschlossen ist. Sofern dies beachtet wird, ist die Verwendung der Überschussbeteiligung zur Erhöhung des Deckungskapitals rechtlich möglich.

C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel Wie gerade erörtert, können beide Klauseln jeweils für sich in einen Versicherungsvertrag aufgenommen werden. Die Kombination der Klauseln kann bei bestimmter Entwicklung äußerer Umstände allerdings dazu führen, dass sich die zugeteilten Überschüsse für den Versicherungsnehmer nicht auswirken, und stellt damit einen bedingten Ausschluss der Überschussbeteiligung dar.13 Fraglich ist, ob ein solcher mit geltendem Recht vereinbart werden kann. Zuallererst ist hier an einen Verstoß gegen § 153 Abs. 1 VVG zu denken, welcher einen Ausschluss der Überschussbeteiligung nur „insgesamt“ und „vollständig“ zulässt. Dabei war zunächst zu erörtern, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „Ausschluss“ in § 153 VVG dem Versicherer ein dispositives Recht auf Tatbestandsseite eingeräumt hat,14 bevor auf die Frage eingegan11  Siehe

Kapitel 3 Kapitel 3 13  Siehe Kapitel 3 14  Siehe Kapitel 3 12  Siehe

C. II. C. IV. 2. D. I. D. II. 2. a) aa) (II).

254

Kap. 5: Zusammenfassung der Ergebnisse

gen werden konnte, welche Anforderungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht an einen Ausschluss zu stellen sind. Die Auslegung der Norm hat ergeben, dass ein Ausschluss im Sinne der Norm bereits vorliegt, wenn auch bloß ein Teil der Überschussbeteiligung gewährt wird bzw. der Versicherungsnehmer nur an einem Teil der Überschussquellen beteiligt wird.15 Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob es durch finale oder rein faktische Regelungen erreicht wird. Außerdem ist der Tatbestand nicht erst einschlägig, wenn sich das Vorgehen auf die gesamte Überschussbeteiligung bezieht. Ein Vergleich mit anderen Normen sowie der Zweck des § 153 Abs. 1 VVG ergeben zudem, dass eine bloße Einschränkung der Überschussbeteiligung beziehungsweise ihrer Nutzungsmöglichkeiten keinen Ausschluss im Sinne des § 153 VVG darstellt.16 Die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel verstößt nur gegen § 153 Abs. 1 VVG, sofern von der Norm auch ein bedingter Ausschluss erfasst wird. Ein solch weites Normverständnis kann weder einem Vergleich mit anderen Normen entnommen werden, noch gebietet eine verfassungsrechtliche Auslegung dieses. Letztere führt allerdings dann zu einem anderen Ergebnis, wenn das Recht auf Überschussbeteiligung durch die entsprechende Regelung ausgehöhlt wird.17 Insofern ist jedoch das AGBrechtliche Umgehungsverbot des § 306 a BGB maßgeblich. Sofern der Gesetzgeber einer entsprechenden Produktgestaltung zukünftig entgegenwirken möchte, ist er zum Handeln aufgefordert. Die Formulierung für eine Ergänzung des § 153 VVG dahingehend, dass auch ein bloß potenzieller Ausschluss der Überschussbeteiligung erfasst wird, findet sich an entsprechender Stelle. Bezüglich der Vereinbarkeit mit dem BGB findet eine Inhaltskontrolle der Klauselkombination nicht statt.18 Es sind die AGB-rechtlichen Transparenzanforderungen zu beachten, welche im Rahmen der Überschussbeteiligung durch eine BaFin-Auslegungsentscheidung konkretisiert wurden. Dementsprechend ist insbesondere ein expliziter Hinweis auf die besondere Folge des möglichen Entfallens der Überschussbeteiligung notwendig. Sofern ein solcher ergänzt wird, halten die Regelungen der Transparenzkontrolle stand, sodass kein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt.19 Zudem handelt es sich durch diesen ausdrücklichen Hinweis nicht mehr um einen verdeckten, konkludenten Ausschluss der Überschuss15  Siehe

Kapitel 3 Kapitel 3 17  Siehe Kapitel 3 18  Siehe Kapitel 3 19  Siehe Kapitel 3 16  Siehe

D. D. D. D. D.

II. a) aa). II. a) bb). II. a) cc). III. III.



C. Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel 255

beteiligung. Ein dann vorliegender ausdrücklicher Ausschluss ist von § 153 VVG explizit zugelassen, sodass diese Gestaltung keinesfalls gegen das VVG verstößt. Die Kombination von Aufschubklausel und Überschussklausel ist grundsätzlich mit geltendem Recht vereinbar. Bei der Umsetzung ist jedoch ein besonderes Augenmerk auf die Transparenz der Regelung zu legen. Auch in Bezug auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen stößt diese Gestaltung auf Bedenken. Grund hierfür sind zwei von der Aufsichtsbehörde ergangene Auslegungsentscheidungen. Mit einer Auslegungsentscheidung hat die Aufsichtsbehörde festgelegt, dass garantierte Leistungen nicht aus bereits dem Versicherungsnehmer zugeteilten individuellen Überschüssen finanziert werden dürfen. Dies ist insofern problematisch, als die Klauselkombination dazu führen kann, dass die garantierte Rente aus den auf das Deckungskapital des Versicherungsnehmers angerechneten Überschussanteilen finanziert wird. Mit Blick auf den Zweck der Auslegungsentscheidung ist allerdings festzustellen, dass diese auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden kann, da die Klauselkombination gerade nicht zu einer Schlechterstellung des Versicherungsnehmers durch nachträglichen Entzug eines garantierten Anspruchs führt.20 Dasselbe gilt für den versicherungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und die dazu ergangene Auslegungsentscheidung bezüglich der Zinsspreizung bzw. risikoadjustierten Gesamtverzinsung. Trotz gleicher Prämienhöhe und der Nutzung eines einheitlichen Sicherungsvermögens werden die Versicherungsnehmer je nach abgeschlossenem Vertrag unterschiedlich an den erwirtschafteten Überschüssen beteiligt. Auch wenn die Überschussbeteiligung grundsätzlich den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu genügen hat, liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Ausschlaggebend ist, dass sich das durch die Klauseln entstandene neue Produkt deutlich von bisher angebotenen Produkten unterscheidet, sodass weder die Aussagen der Auslegungsentscheidung zu übertragen sind, noch es sich um etwas wesentlich Gleiches handelt.21 Sofern der Versicherer diese Produktunterschiede und Rechnungsgrundlagen entsprechend abbildet ist sogar die Zusammenfassung beider Produkte in einem einheitlichen Sicherungsvermögen möglich. Die Kombination der Klauseln ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren.22

20  Siehe

Kapitel 3 D. IV. 1. Kapitel 3 D. IV. 2. d). 22  Siehe Kapitel 3 D. IV 3. 21  Siehe

256

Kap. 5: Zusammenfassung der Ergebnisse

D. Zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung Ein zeitlicher Ausschluss der Überschussbeteiligung verstößt nicht gegen § 153 Abs. 1 VVG. Die herangezogenen Gesetzesmaterialien sprechen nicht für eine zeitliche Bedeutung des Tatbestandsmerkmals „insgesamt“. Durch Auslegung der Norm anhand ihres Zwecks ergibt sich ebenfalls, dass den Vorgaben an die Art eines Überschussausschlusses keine zeitliche Bedeutung beizumessen ist. Ausschlaggebend hierfür ist insbesondere, dass ein zeit­ licher Ausschluss ohne besondere Probleme transparent vereinbart werden kann und damit – im Gegensatz zu einem materiellen Ausschluss – den Zweck nicht beeinträchtigt.23 Im Rahmen der Vereinbarkeit mit dem BGB ist die Regelung bzw. die entsprechende Klausel lediglich auf ihre Transparenz zu prüfen. Die Inhaltskontrolle ist nicht eröffnet. Entsprechend dem oben gesagten ist eine transparente Gestaltung ohne weitere Probleme möglich.24 Einer solchen Vereinbarung könnte aus aufsichtsrechtlicher Sicht allenfalls § 140 Abs. 2 VAG25 entgegenstehen, welcher einen Missstand für den Fall annimmt, dass keine angemessene Zuführung zur RfB erfolgt. Diese aufsichtsrechtliche Regelung berührt das Recht des Versicherers aus dem VVG jedoch nicht, weshalb sie einen temporären Ausschluss nicht untersagt.26

E. Rückversicherung im Rahmen der fondsgebundenen Rentenversicherung Bei der Auslagerung der Garantiekomponente durch den Abschluss einer Rückversicherung ist die konkrete Umsetzung auf verschiedene Arten möglich.27 Probleme bezüglich der Wirksamkeit der Rückversicherungslösung bestehen allenfalls bei der Direktleistung des Rückversicherers an den Ver­ sicherungsnehmer. Im Rahmen dieser Gestaltung ist darauf zu achten, dass der Versicherungsnehmer entsprechend informiert wird und dass zwingende, den Versicherungsnehmer schützende, Vorschriften nicht umgangen werden.28 Weitere Probleme stellen sich bei dieser Gestaltung aus rechtlicher Sicht nicht.

23  Siehe

Kapitel 3 E. III. Kapitel 3 E. IV. 25  Entspricht inhaltlich unverändert § 81c VAG a. F. 26  Siehe Kapitel 3 E. V. 27  Siehe Kapitel 3 F. III. 28  Siehe Kapitel 3 F. III. 2 a), c). 24  Siehe

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Sachwortverzeichnis Ablaufleistung  20, 27, 55, 63, 66, 80, 101, 107, 114, 135 ff., 141, 145, 214, 238, 245 Änderungsvorbehalt  72, 74 ff., 78 ff., 122, 130, 145 f., 250 f. Anlagebeschränkung  siehe Anlagevorschriften Anlagevorschriften  27, 56, 105 f., 150, 236 f. Ansparphase  29 f., 56, 58, 101, 106, 116, 123, 132, 149, 167 f., 225, 230, 233, 237, 248, 250 Aufschubklausel  55 ff. –– Kombination mit Überschussklausel  167 ff. –– Vereinbarkeit mit dem VAG  142 –– Vereinbarkeit mit dem VVG  122 ff. Aufsichtsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz  49, 210, 213–224, 255 BaFin  34, 37, 50, 128, 208 ff., 218 ff., 254, BaFin Auslegungsentscheidung  208– 213 BaFin Verlautbarung 07 / 2004 (zur Zinsspreizung)  218–221 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht  siehe BaFin Bezugsphase  20, 28–23, 56, 58, 64, 77, 115, 118, 132, 138 ff., 150, 170, 211, 225, 233, 250 Deckungskapital  55, 77, 149 f., 154, 158 f., 165 ff., 170, 201, 208, 211 f., 242, 247 f., 253, 255 Fondsgebundene Rentenversicherung  21, 29, 31–33, 57, 63, 117, 225, 230 f., 234, 236–243, 256

Garantierente  siehe Garantierte Rente Garantierte Rente  55 f., 63, 118, 154 ff., 175, 210, 255 Garantiezins  27, 111, 219 ff. Gesamtverzinsung  210, 213, 218 f., 221 ff., 255 Gleichbehandlungsgrundsatz  siehe Aufsichtsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Höchstrechnungszins  23 ff.; 55, 137, 219 ff. Inhaltskontrolle  40, 67 ff., 162 ff., 187, 192, 194, 206, 233, 250, 253 f., 256 Interessenabwägung  73, 82 f., 108, 115, 121, 129, 134, 162 f., 179, 200 Intransparenz  siehe Transparenz Kalkulationsrisiko  siehe Wirtschafts­ risiko Kündigung  siehe Kündigungsrecht Kündigungsrecht  83, 95, 99, 104, 108, 122 f., 130 ff., 143, 195, 225, 247 f., 251 f. Langlebigkeitsrisiko  58, 118, 119, 126 Leistungsänderung  siehe Änderungsvorbehalt Missstandsaufsicht  39, 44 Modellrechnung  79 f., 134 ff., 157, 244 ff., 252 Niedrigzins  26 f., 55, 104 Prämienanpassung 104, 118, 123 ff. Prämienkalkulation  25, 79, 123, 131, 137, 140, 171, 245 ff. Prämienüberhöhung  25 f., 46, 155

272 Sachwortverzeichnis Prüfungsumfang  57, 89 Rechnungsgrundlagen  30, 48, 55ff., 65 ff., 139 ff. Rückversicherung  32 f., 236 ff., 256 Sterberisiko  siehe Langlebigkeitsrisiko Tagespreisklauseln  89 f., 92, 97, 102 ff. Transparenz(gebot)  122, 128, 134 f., 137 f., 148, 153, 157 ff., 163 ff., 173 f., 176, 182 ff., 190 f., 205 ff., 230 ff., 242 ff., 250, 253 ff. Treuhänder  24, 123, 127 ff., 147 f., 251 Überschussbeteiligung  25 ff. –– Aufteilung  47 ff. –– Ausschluss  175 ff., 224 ff., 256 ff.

–– Ermittlung der Höhe  46 –– Kontrolle  49 ff. –– Laufende  46 f. Überschussklausel  148 ff. –– Kombination mit Aufschubklausel  167 ff. –– Vereinbarkeit mit dem BGB  157 ff. –– Vereinbarkeit mit dem VAG  166. –– Vereinbarkeit mit dem VVG  150 ff. Unangemessene Benachteiligung  112, 114, 116, 122, 145 f., 163, 166, 187 Unzumutbarkeit  siehe Zumutbarkeit Wirtschaftsrisiko  109, 118, 119, 140 Zinsanpassungsklauseln  79 f., 90, 92, 104 Zumutbarkeit  82 f., 92, 95, 117, 120