Geschichte der bürgerlichen Kriege in Granada 9783111478937, 9783111111926

170 39 87MB

German Pages 479 [480] Year 1821

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Geschichte der bürgerlichen Kriege in Granada
 9783111478937, 9783111111926

Table of contents :
Vorrede
Inhalt
Erster Abschnitt: in welchem gehandelt wird von der Gründung Granada's und den Königen, die dort regirtcn, nebst andern zur Gcschichte gehörenden Dingen,
Zweiter Abschnitt: in welchem gehandelt wird von der sehr blutigen Schlacht der Alportschonen; und von den MaurlA und Kristen, die in derselben begriffen waren
Dritter Abschnitt: in welchem angeführt werden die Namen der maurischcn Ritter Granada's von zwei und dreissig Geschlechtern, nebst anderen Dingen, die sich zutrugen in Granada. Auch werden wir hersezen alle Orte, die zu der Zeit unter der Krone von Granada standen
Vierter Abschnitt: welcher handelt von dem Kampfe des tappfern Muza mit dem Grofsmeister, und andern Begebenheiten
Fünfter Abschnitt: welcher handelt von einem Balle, der im Schlosse war Zwischen den Damen der Königin und Rittern des Hofes, wobei verdriefsliche Reden vorfielen zwischen Muza und dem Abenzerrachen Zulema, und was sich sonst noch zutrug
Sechter Abschnitt: wie Feste in Granada gehalten wurden* wie diese noch mehr entzündeten die Feindschaft zwischen den Zegri und Abenzerrachen, Alabezen und Gomelen; und was sich b«gab zwischen Zaide und der Maurin Zaida wegen ihrer Liebe
Siebenter Abschnitt: welcher handelt von dem traurigen VVehJ klagen der schonen Fatime über den Tod ihres Vaters; und wie die liebliche Galiane nach Almeria zurükgekelirt Wäre; wenn ihr Vater nicht gekommen; ihre heftige Liebe zu Sarrazino, und von dem Zwiste, den Abenamar in einer Nacht mit ihm hatte unter den Fenstern dos königlichen Pallastes
Achter Abschnitt: welcher handelt von dem wüthenden Zweikampfe des Malike Alabez mit Don Emanuel Ponze von Leon in der Ebne von Granada
Neunter Abschnitt: worin vorkomt ein glänzendes Fest und Ringelrennen, welches veranstaltet wurde in Granada; und wie die Parteien der Zegri und Abenzerrachen noch mehr entflammt wurden
Zehnter Abschnitt: in welchem erzähk wird das Ende des Ringspieles, und die Ausfoderung, welche vorfiel zwischen dem Mauren Albajaldos und dem Grofsmeister von Kalatrava
Elfter Abschnitt: von dem Kampfe des Mauren Albajaldos mit dem Grofsmeister von KalatraYa, und wie der Meister ihn tödtete
Zwölfter Abschnitt: worin ein Streit erzählt wird, den die Zegri mit den Abenzerrachen hatten, und wie Granada im Begrif war unterzugehen
Dreizehnter Abschnitt: welcher berichtet, was dem jungen Könige und seinen Leuten begegnete auf dem-Zuge gegen Chacn; und die grofse Verräthcrei, welche die Zegri und Gomelen anstifteten gegen die maurische Königin und die Abenzfrrachenritter; und der lezteren Tod
Vierzehnter Abschnitt: welcher handelt von der Anklage, die die verrätherischen Ritter vorbrachten gegen die Königin und die Abcnzerrachem-itler; wie die Königin deshalb verhaftet wurde, und vier Ritter zu ihrer Verteidigung stellte; und was sonst nach geschähe
Funfzehnter Abschnitt: in welchem beschrieben wird der sehr hartnäkkige Kampf, der vorging zwischen den acht Rittern wegen Befreiung der Königin; wie sie frei wurde, und getödtet die maurischen Ritter; und andre Dinge, die geschahen;
Sechzehnter Abschnitt: von dem, was vorging in der Stadt Granada, und wie die Parteien derselben wieder aufstanden; von der Verhaftung des Königs Mulahazen in Murzia und des jungen Königs, seines Sohnes, in Andalusien; und andern Dingen, die sich zutrugen
Siebzehnter Abschnitt: worin erzählt wird die Belagerung von Granada dHrcli den König Don Ferdinand und die Königin Donna Isabelle; und wie Santafe gegründet wurde.
Drukfehler

Citation preview

G E S C H I C H T E DER

BÜRGERLICHEN

KRIEGE

IN

GRANADA

AUS

DEM

S P A N I S C H E N VON

KARL AUGUST W I L H E L M

SPALDING.

B E R L I N lftai. C E P B U K T SEI

U N D O.

V E R L E G T

REIMER.

V

o

r

r

e

d

e

.

jVfehrere Freunde der spanischen Literatur haben gewünscht, dieses Buch überseht zu sehen; und es scheint mir wirklich zu verdienen, auch den Deutschen bekant zusein, als ein Werk, welches gleichsam das Gepräge des Ritterwesens im Mittelalter ansich trägt; daher es auch Wilson in seinem „Thea„ tre d'Honneur et de Chevalerie" benuzt hat. Es gibt anschaulichen Begriff von den Sitten und der Denkungsart der Mauren am Ende ihrer Herrschaft in Spanien; und die Leidenschaften sind darin scharf und fein gezeichnet. Die Erwartung war also erfreulich, welche Bertuch erregte, dafs er eine Uebex-sezung davon herausgeben w ü r d e , ist aber leider unerfüllt geblieben; und auch kein anderer von unsern Kennern der spanischen Sprache hat sich dazu gefunden. Ich habe also gewagt, dieselbe zu unternehmen, vertrauend auf die Nachsicht des Lesers, der vielleicht dem Uebersezer verzeihet wegen der Vorzüge der Urschrift, und in Ermangelung von etwas besserem. Ungeachtet des allgemeinen Werthes der Schrift fallen doch in die Augen: die Fehlerhaf-

iv

V o r r e d e

tigkeit der Anordnung und der Schreibart, die "Weitschweifigkeit der Erzählung, die Widersprüche, die Verstöfse gegen die Zeitrechnung und die

Parteilichkeit

des kristlichen

Verfassers.

Zur Entschuldigung mus's aber in Betrachtung gezogen werden das Zeitalter, dessen herrschender Sinn, besonders in Spanien, und der damalige allgemeine Geschmak.

Dennoch zeigen sich

manchmal Spuren eines freieren Wahrheitsgefühles, welches vielleicht den Verfasser

bewogen

hat, sich zu verbergen unter dem Scheine des Uebersezers einer arabischen Erzählung, um etwa manches, seinen Zeitgenossen anstöfsige, von dem Kristen ab- und auf den Mahometaner zu leiten. Ich habe mich bemühet,

dieses dem ge-

schichtlichen Grunde aufgetragene romantische Gemälde so treu im Deutschen darzustellen, dafs es nicht an seiner Eigenthümlichkeit verliere, und selbst die Schreibart des Verfassers erkant werde; mir daher nicht angema st, irgend eine Verbesserung vorzunehmen, wenn ich auch dazu fähig wäre. Solte ich einige Stellen nicht ganz verstanden haben, so bitte ich um Belehrung.

Selbst

der gütige Beistand eines gelehrten Spaniers hat mir nicht immer aushelfen können; welches bei einemso alten Buche nicht zu verwundern ist.

V o r r e d e

v

Nach allem angewanten Fleifse-sehe ich deutlich die UnVollkommenheit meiner Arbeit, denn ich besize bei weitem nicht, was Luther von einem Uebersezer verlangt im

Th.

21.

S.

323.

seiner W e r k e : „ A c h , es ist dollmetschen ja nicht „eines jeglichen Kunst, wie die tollen Heiligen „meinen; es gehört dazu ein recht treu, Aeis* „sig, gelehrt, erfahren, geübt Herz," In meiner Ausgabe des Buches sind Titel und Vorbericht, vollständig übersezt, diese: „ G e s c h i c h t e der Streitigkeiten der Zegri und Aben„zerrachen, maurischer Ritter in Granada; „bürgerlichen

der

Kriege daselbst, und der Zwei-

k ä m p f e zwischen Mauren und Kristen auf der „ E b n e ; bis der König Don Ferdinand der fünfte „es eroberte.

Jezt neuerdings

gezogen aus ei-

„nem arabischen Buche, dessen Verfasser, Aug e n z e u g e , ein Maur war Namens Haben Ha„ m i n , in Granada gebürtig, der von der Gründ u n g an erzählt.

Uebersezt in das Kastilische

„ v o n Chines Perez; und verbessertin dieserlez„ten Ausgabe.

Gedrukt in Valenzia. 1 6 0 4 .

„den Leser: Das Verlangen, welches

An

ich habe,

„den Wissbegierigen Vergnügen zu verschaffen, „treibt mich, dafs ich, ohne Rüksicht auf

Vor-

„theil oder Gefahr sowohl zur See als zu Lande, „suche, die Liebhaber mit allerlei Büchern

in

V o r r e d e

VI

„verschiedenen Sprachen und Wissenschaften zu „ erfreuen.

Um nicht meine gute Neigung und

„Gewohnheit zu verlieren, überreiche ich hier „dieses bisher noch nicht gedrukte Buch, wel» „ches von den Dingen handelt, die zu verschied e n e n Zeiten in Granada vorgefallen sind.

Da

„das Werk selbst sagt, was es ist und verdient, „auch nach verschiedenen Meinungen beurtheilt „Averden

wird, so bitte ich alle, dafs sie den gu-

rten Willen annehmen, den ich habe, ihnen zu ,, dienen; und um mich darin zu befestigen, habe „ i c h genommen meinen Aufenthalt in dieser Stadt, , , w o i c h ihnen ohne Umstände zu Diensten stehe: ,, Lebe wohl. „Im Jahre Eintausend vierhundert und zwei „und achzig begann der katholische König Don „Ferdinand die Eroberung von Granada, und es „wurde entrissen der Herrschaft der Mauren am „zwölften des Monates Jänner Eintausend vierh u n d e r t zwei und neunzig." Die spanischen Eigennamen habe ich so geschrieben, wie sie ausgesprochen werden müssen, tun Ungewisheit und Verdrehung im Lesen zu verhindern.

r n

I n h a l t . E r s t e r A b s c h n i t t : in welchem gehandelt wird von der G r ü n dung Granada's und den Königen, die dort regirtcn, nebst andern zur Gcschichte gehörenden Dingen, Seite l . Z w e i t e r A b s c h n i t t : in welchem gehandelt wird von der sehr blutigen Schlacht der Alportschonen; und von den MaurlA und Kristen, die in derselben begriffen waren. S. i4. D r i t t e r A b s c h n i t t : in welchem angeführt werden die Namen der maurischcn Ritter Granada's von zwei und dreissig Geschlechtern, nebst anderen Dingen, die sich zutrugen in Granada. Auch werden wir hersezen alle Orte, die zu der Zeit u n ter der Krone von Granada standen. S. 27. V i e r t e r A b s c h n i t t : welcher handelt von dem Kampfe des tappfern Muza mit dem Grofsmeister, und andern Begebenheiten. S. 36. F ü n f t e r A b s c h n i t t : welcher handelt von einem Balle, der im Schlosse war Zwischen den Damen der Königin und Rittern des Hofes, wobei verdriefsliche Reden vorfielen zwischen Muza und dem Abenzerrachen Z u l e m a , und was sich sonst noch zutrug. S. 47. S e c h t e r A b s c h n i t t : wie Feste in Granada gehalten wurden* wie diese noch mehr entzündeten die Feindschaft zwischen den Zegri und Abenzerrachen, Alabezen und Gomelen; und was sich b«gab zwischen Zaide und der Maurin Zaida wegen ihrer Liebe. S. 56. Si.eb e n t e r A b s c h n i t t : welcher handelt von dem traurigen VVehJ klagen der schonen Fatime über den Tod ihres V a t e r s ; und wie die liebliche Galiane nach Almeria zurükgekelirt Wäre; wenn ihr Vater nicht gekommen; ihre heftige Liebe zu S a r razino, und von dem Zwiste, den Abenamar in einer Nacht mit ihm hatte unter den Fenstern dos königlichen Pallastes. S. 66. A c h t e r A b s c h n i t t : welcher handelt von dem wüthenden Zweikampfe des Malike Alabez mit Don Emanuel Ponze von Leon in der Ebne von Granada. S. g5. N e u n t e r A b s c h n i t t : worin vorkomt ein glänzendes Fest und Ringelrennen, welches veranstaltet wurde in Granada; und wie die Parteien der Zegri und Abenzerrachen noch mehr entflammt wurden. S. 105. Z e h n t e r A b s c h n i t t : in welchem erzähk wird das Ende des Ringspieles, und die Ausfoderung, welche vorfiel zwischen

VIII «lern Mauren Albajaldos und dem Grofsmeister von Kalatrava. S. i s 5 . E l f t e r A b s c h n i t t : von dem K a m p f e des Mauren Albajaldos mit dem Grofsmeister von KalatraYa, und wie der Meister ihn tödtete. S. 162. Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : worin ein Streit erzählt w i r d , den die Zegri mit den Abenzerrachen hatten, und wie Granada im Begrif war unterzugehen. S, lg3. D r e i z e h n t e r A b s c h n i t t : welcher berichtet, w a s dem jungen Könige und seinen Leuten begegnete auf dem-Zuge gegen C h a c n ; und die grofse Verräthcrei, welche die Zegri und Gomelen anstifteten gegen die maurische Königin und die Abenzfrrachenritter; und der lezteren Tod. S. 243

„ d a z u bin ich hier; wiewohl ihr nicht gekommen aeid „zufolge meines Aufrufes z u m Spiele." Mit diesen Worten n a h m er eine Lanze, stellte sich an das Ende der Bahn, und durchritt sie raschen Schrittes. Einer von den Zegri lief aus, gewann aber nicht den Preis; kurz, von den acht Rittern gewannen ihn fünf, und drei, aus Mangel an Gcschiklichkeit, nicht. Die ihn erhielten, gaben ihn ihren Da inen unter dem lauten Schall der Musik. Gleich darauf kehrten die acht zurük zum Kastell, stiegen von ihren l'ferden, übergaben sie den Führern, gingen in die T h n r e , aus der sie gekommen waren, und wurden empfangen mit grofser Musik und Abfeuerung des Geschüzes. Kaum waren eingetreten die acht grünen Ritter als geofnet wurde die T h ü r e der blauen Fahnen , ur.d acht muntere Bitter herauskamen, in T u r nierkleidungen von blauem Damast, besäet mit vielen goldnen Sternen, die blauen Federbüsche durchfechten von Gold- und Silber-Zündel. Diese blauen Ritter wurden gleich erkant als Gomelen, und erhielten grofsen Beifall bei allen die sie sahen. Sie wurden bedient m i t prächtigen Pferden, bedekt von blauem Brokat, übereinstimmend den Turnierkleidungen, geziert mit kostbarem Kopfschmuk und blauen Federbüschen. Zu Pferde gestiegen ritten sie zum Anordner, und jeder von ihnen rennte eine Lanze, wie die acht grünen Ritter gethan hatten. Von allen acht nur drei gewannen Preise, reichten sie ihren D a m e n , und begaben sich in das Kastell m i t eben dem hohen Anstände als die vorigen. In d e m Augenblikke, da diese blauen Ritter eingetreten waren, kamen acht andere Ritter aus der T h ü r e , über welcher die schwarzbrokatenen Fahnen standen, geschmükt m i t gleich reichem und kostbarem Zeuge und schwarzen Federbüschen. Schnell wurden sie bedient mit ihren Pfer-

144

Zehnler Abschnitt.

den, die gleicher Weise aufgezäumt waren, welches einen schönen Anblik gewährte. Als die schwarzen Ritter in die Bahn gekommen waren, nach eben der Ordnung wie die andern, rennten sie, und gewannen sechs Preise, die sie unter ihre Damen vertheilten, und bei lauter Musik in das Kastell zurükgingen. Diese Ritter waren Vanega, sehr vornehme und reiche Herren, und in Granada 6ehr geachtet in allen Rüksichten. Unversehens traten aus der lezten Thüre der fleischfarbenen Fahnen acht andere Ritter mit Turnierkleidungen derselben Farbe von gleichem Brokat und fleischfarbenen Federbüschen voller reichen Gold- und Silber - Zündeis; die Pferde, die ihnen gegeben wurden, erschienen im Schmukke desselben Brokates. Diese acht Ritter waren vornehme Maza. Grofses Vergnügen gewahrte die fleischfarbene Turnierkleidung dein Könige und allen übrigen Zuschauern- Auch diese Ritter liefen jeder eine Lanze, und alle acht gewannen Preise, zur grofsen Zufriedenheit aller Umstehenden. Der König freute sich sehr darüber, denn es würde ihm Leid gethan haben, wenn einer verloren hätte. Nachdem die gewonnenen Preise den Damen gegeben waren, begaben sie sich in ihr Kastell, worin sich grofse Musik von Hörnern und Hoboen hören liefs, nach deren Endigung Trompeten erschallten, welche das Zeichen zum Reiten gaben. Augenbliklich erschienen in jeder der vier Thiiren acht Ritter mit acht Lanzen und sehr schönen Tartschen. Alle Thüren des Kastells waren geöfhet, aus jeder kamen die vorigen Ritter, bestiegen ihre Pferde, traten zusammen alle zwei und dreissig, und machten ein gar artiges Rennen und Spielgefecht; worauf sie sich in vier Haufen theilten, sich Rohre geben Uelsen, und ein schönes feinverschlungenes Rohrspiel begannen, nach dessen Beschlüsse sie recht sehenswürdige

Zehnter Abschnitt. dige ScEwenkungen vornahmen, und dann sich vom Plaz entfernten, welches auch das schöne Kastell that unter dem inwendig fortwährenden lauten Schalle der Musik und des Geschüzes. Alle waren äusserst vergnügt über die Tracht und den Reichthum, und sagten: „wenn die Ga„Iere schön aufgetreten, so war es nicht weniger das »Kastell, und hatte nicht weniger befriedigt." Viele Ritter, die u m den König standen, besprachen sich über die schöne Wirkung, welche das Kastell gemacht hatte, und einer vom Geschlechte der Zegri sagte: „Bei Mahomet schwör' ich, es macht mir grofse „ F r e u d e , dafs die Zegri, Maza und GonieLen eine „so schöne Erfindung vorgebracht, denn sie haben „damit ansehnlich übertrofifen die Abenzerrachenritter. „Wäre dies trefliche Kastell nicht erschienen, so hätte „sich niemand messen können mit den Abenzerrachen. „denn sie prunken mit stolzen Gedanken. Aber dies„mal wenigstens werden sie einsehen, dafs die Zegri, „Maza uud Gomclen Ritter sind, und eben so hohe Ta„lente besizen wie sie." Ein Ritter von den Abenzer„rächen, der nahe beim Könige war, antwortete: „Wahr„lich, Herr Zegri, in dem, was Ihr da sprecht, habt „Ihr durchaus Unrecht; denn die Abenzerrachen sind so „bescheidene Ritter, dafs sie sich weder im Glük über„heben noch im Unglük wegwerfen; sie sind immer „ von einerlei Wesen und leben mit allen Menschen auf „einerlei Art: herablassend gegen die Armen, grofsher„zig gegen die Reichen, Freunde ohne Trug und Verstellung. So werdet ihr finden, dab in Granada und „ u n ganzen Reiche kein Abenzerrache verachtet und „nicht geliebt sei, ausser von Euch Zegri and Gomelen; „ohne Ursache seid Ihr ihnen von jeher abhold nnd hasK

1^.6

Zehnter Abschnitt.

, , s e t sie.

Deucht Euch n i c h t , "

antwortete der Zegri,

„dafs dazu hinlänglicher Grund ist y da sie i m Rohrspiele „ das Haupt der Zegri tödteten ? Deucht nicht auch E u c h " erwiederte der Abenzerrache,

,, ^afs sie grofse

Ursache

„ d a z u hatten? denn alle Zegri erschienen m i t gewafne„ t e r Hand, gekleidet in starke Panzer und W ä m s e r , u m ,, sie

anzufallen und

zu tödten,

und statt der R o h r e

„warft Ihr lange Aschenspiefse m i t feinem damaszener „ E i s e n von so harter durchdringender S p i z e , data keine „ Tartsche

von Fez so fest gearbeitet sein könte,

„ sie sie nicht durchstächen, „ Pappe wäre.

Und wenn ich nicht Wahrheit rede,

„ s a g e der Malike Alabez,

dafs

als wenn sie von dünner so

wie ihn weder die schöne

„Tartsche noch das starke Panzerhemde davor schiizte, dafs „ i h m der Arm durchstochen ward.

So hat es sicli klar

„ g e z e i g t , dafs die Zegri Schuld an dem Handel waren. „ U n d damit noch nicht zufrieden verfolgt Ihr die Aben„zerrachen

immer

mit

Hass

und

„ s u c h t tausenderlei Verleumdungen

Uebelwollen, gegen sie.

Da

und Ihr

„ d e n n die Zegri so beschuldigt" erwiederte j e n e r , „ u n d „ s a g t , dafz sie die Urheber der Verrätherei waren; „rum

wa-

ging der Malike Alabez bewafnet, und trug ein

„Panzerhemde? B e i m Mahomet saget die Wahrheit.

Ich

„ werde sie Euch sagen," sprach der Abenzerrache, „wis„ s e t , einer aus E u r e m Turniergeschwader gab ihm Nach„ rieht von dem was unter Euch allen verabredet w a r ; „ u n d wenn es Rittern erlaubt wäre, so würd' ich Euch „ s a g e n , wer es angab; aber Mahomet verhüte, dafs ich „ e s sage.

Der Malike war ein so guter R i t t e r , dafs, ob-

g l e i c h er das Böse wüste welches gegen ihn verschwor e n w a r , er es den Abenzerrachen doch nicht eher m i t „ theilte als bis er schwer verwundet w a r ,

woraus denn

„ h e r n a c h der L ä r m entstand, und der Malike derbe ge-

Zehnter Abschnitt.

147

„rächt wurde. Wenn er gerächt war, so wolle der hei„ lige Alla, dafs es ihm eines Tages bezahlt werde," sagte der Zegrh Viele Alabezenritter, die u m den König standen, machten eine üble Miene» und wolten dem Zegri antworten; aber der König, der aufmerksam gewesen war auf diesen Streit, und sähe» dafs die Heftigkeit sich regte, auch die Menge der Ritter von beiden Parteien bemerkt e , befahl ihnen zu schweigen» und sezte Lebensstrafe auf weiteres Sprechen. So schwiegen sie denn, doch voller Groll sowohl Alabeze und Abenzerrachen als Zegri und Gomele, und voller Rachgedanken die einen gegen die andern. Während dessen kam ein sehr schöner Wagen in den Plaz, kosLbarer als irgend einer der bisherigen. Er schien von feinem Golde zu sein, auf jeder Seite Abbildungen aller Begebenheiten Granada's von seiner Gründung bisjezt, und aller Könige und Kalifen, die es beherrscht hatten; ein bewunderungswürdiges Werk! Es ertönte von siifser Musik verschiedener Instrumente. Ueber i h m schwebte eine grofse Wolke, mit so feiner Kunst der Natur nachgebildet , dafs keiner sähe wie sie sich hielt, und die Luft sie zu tragen schien. Sie schleuderte unendlichen Bliz und Donner, dessen Getöse die Zuschauer in Schrekken sezte, und darauf regnete sie kleinen Zukkeranis. So fuhr der Wagen durch den ganzen Plaz, und sobald er an die königlichen Erker gekommen war, öfnete Sich leicht und schnell die Wolke in acht Theile, und zeigte einen Himmel vom schönsten Blau, geziert mit vielen hellstralenden goldnen Sternen. Ein künstlicher Mahoiüet von Gold safs auf einem kostbaren Sessel, und hielt in den Händen eine sauber gearbeitete goldne Krojie welche er sezte auf das Haupt des Bildnisses einer m a u K 2

148

Zehnter Abschnitt.

tischen Dame von ausnehmender Schönheit, deren Hare wie G/oldfäden flatterten. Sie war bekleidet mit köstlichem schwarzen Brokat, der, regelmäfsig ausgeschnitten, ein Unlerfutter von weifsem Brokat durchsehen liefs. Alle Aufschläge wurden gehalten durch Haken von feinen Rubinen, Diamanten und Samaragden. Die Dame ward sogleich erkant für die schöne Kohaide. Neben ihr ain Bilde, eine Stufe niedriger, safs ein rüstiger Ritter in derselben Kleidung von schwarz - und weifsem Brokat mit Federn eben dieser Farben und vielem Gold - und Silber -Zündel. A m Halse hatte er eine lange goldne Kette, deren Ende die Hand von Kohaidens schönem Bildnisse hielt, als wenn er gefangen geführt würde. Man sähe gleich, dafs dieser Ritter der berühmte Malike Alabez war, der, von den schweren Wunden geheilt, die er in der Ebne von dem tapfern Don Emanuel Ponze von Leon bekommen hatte, bei diesem weit berufenen Feste sich einfinden, und das Bild seiner Dame zum Preise sezen wolte, vertrauend der Gewandheit seines Arms und seiner Leibesstärke. Beim Schalle der Musik ward ihm die Kette vom Halse genommen, er stieg herunter einige Stufen im Wagen, und bald darauf sähe man ihn herauskommen zu Pferde aus einer grofsen verborgenen Thüre des Wagens. Das Pferd war ein mächtiges Thier, es gehörte dem berühmten Don Emanuel Ponze von Leon; Ihr habt schon gehört, wie sie die Pferde wechselten. Es war ganz bedekt mit schwarz- und weifsem Brokat, Kopfstük und Federbüsche von gleicher Farbe. Grofse Freude machte es allen, einen so artigen muntern und tapfern Ritter zu sehen, und sie riefen: „das „wird ein herrliches Lanzenrennen werden, denn Ala„bez ist sehr geschikt und stark!" Unterdessen ritt er

Zehnter Abschnitt.

149

langsam umher vor seinem W a g e n , u m gut von allen gesehen zu werden; und als er an den Ort k a m , wo Abenamar stand, sprach er zu diesem: „ R i t t e r , wenn „ e s Euch beliebt, laufen w i r , nach dem Geseze Eures „Spieles, drei Lanzen. Dies Bildniss bring' ich hier; „ w e n n I h r s gewinnt, könt Ihr's zu den übrigen sezen, „ d i e Ih gewonnen habt. Dessen bin ich wohl zufried e n , " antwortete Abenamar, n a h m eine schwere Lanze, und durchlief seine Bahn, so dafs er den Ring i m Fortschreiten faste. Der gute Alabez lief und that dasselbe. Alle drei Lanzen wurden gerennt und jedesmal der Ring abgestochen. Da entstand ein grofser Lärm unter dem Volke, sie riefen: „Gefunden hat Abenamar, was er nö„ thig hatte. Ein braver Ritter ist der Malike, und von „grofser Geschiklichkeit, er hat keine Lanze verloren; „wahrlich er ist eines sehr guten Preises würdig!" Unterdessen hatten die Ritter beschlossen, dafs die beiden Damenbilder Abenamars und Alabez zusammen gestellt würden, weil die Ritter gleich wären, und dafs dem Malike ein ansehnlicher Preis für seine feine Erfindung gegeben würde; welches sie ihm bekant machten. Der Malike sagte, er wolle sein Bild m i t n e h m e n ; sie mögten bestimmen, ob er sonst noch etwas zn thun habe. Die Ritter antworteten mit Nein. Darauf erhob sich einer von ihnen und nahm vom Kredenztische ein kostbares Stük, ein kleines goldnes Schifchen mit allem Zubehör, woran nichts fehlte; und gab es dem Malike, welcher es a n n a h m , bei dem Schalle grofser Musik einen Gang dnreh den Plaz inachte, u n d , als er an den Ort kam, wo seine Dame Kohaide in der Gesellschaft der Königin stand, ihr das Schifchen überreichte, und sprach: „ N e h m t , Gebieterin, dieses Schiff; ist es gleich «,nur klein, so sind seine Segel doch grofs, denn die

Zehnter Abschnitt. Hofnung schwellt sie." Die schöne Dame empfing es m i t Bezeigung der schuldigen Höflichkeit. Die Königin n a h m das Schiff in die Hand, besah' es lange, und sagte: "Das „ist w a h r ! Euer Schiff ist sehr niedlich und kostbar; wenn „ d i e Hofnnng die Segel hebt, so werdet Ihr damit gliik„lich in den Hafen k o m m e n , in der Gesellschaft eines „ s o g u t e n Steuermannes als der Malike i s t . " Glühendroth und sehr verlegen schwieg die schöne Kohaide. Der Malike, zu Pferde wie er w a r , begab sich in seinen Wagen, nachdem er eine tiefe Verbeugung gemacht hatte dem Könige und allen Damen und Rittern. Als er zur Höhe des Wagens gestiegen war, sezte er sich auf seinen Stuhl wie vorher; und darauf befestigten sie während einer lieblichen Musik die vorige Kette wieder an seinen Hals. Kanin war dies geschehen, so schloss sich wieder die grofse Wolke und fing an Donner, Bliz und Strahlen zu sprühen mit gewaltigem Krachen und Getöse, dafs der ganze l'laz in Feuer stand, und staunendes Schrekken die ganze Menge befiel. Auf solche Weise entfernte sich der prächtige Wagen mit der Wolke, und liefs alle zuiük in Betäubung über den Anblik, jeden sehr zufrieden mit dem schönen Auftritte. Der König sagte zu den umstehenden Rittern • „ Beim Mahomet „schwöre i c h ! unter allen Erfindungen, die heute vorgeb r a c h t sind, finde ich keine besser oder auch nur eben „ s o gut als diese." Alle Ritter lobten sie wegen ihrer Schönheit, Feinheit und Kostbarkeit. In dein Augenblikke, da die Wolke ausser dem Plaze w a r , traten ein vier Haiifen prächtiger und feiner Ritter, alle in reichen Turnierkleidungen. Der eine Haufen von sechs Rittern war in den feinsten roth- und gelben Brokat gekleidet; der Pferdeschmuk war von derselben Art mit Federbiischen von eben der Farbe. Die zweiten

Zehnter Abschnitt.

151

sechs kamen in einer ansehnlichen Turnierkleidung von grün - und rothem Brokat, äusserst reich und kostbar, eben so die Pferde mit gleichen Federn. Der dritte Haufen erschien in blau - und weifser Kleidung vom reichsten Brukat, ganz mit Silber und Gold gestikt; die Pferde eben so geachmükt, mit gleichfarbigen Federn und vielein echten Goldziindel; ein herrlicher und lieblicher An" blik! Die sechs Ritter- des vierten und lezten Haufens hatten eine Kleidung von sehr feinem oranjenbarbenen und schwarzen Brokat mit vielen Schnüren und Stikkerei von Gold und Silber; die Pferde waren bedekt mit eben dem Zeuge und oranjenfarbenen und schwarzen Federn von so schönem Ansehen, dafs es zum verwundern war. Alle diese vier und zwanzig Ritter kamen mit Tartschen und Lanzen und an den leztern Fähnlein von der Farbe ihrer Kleidung; sie tummelten ihre Pferde in so geschikten Wendungen als es nur in der Welt möglich war. Darauf hielten sie ein tüchtiges Scharmüzel, zwölte gegen zwölfe, m i t solcher Heftigkeit als wenn es Ernst wäre. Nach Endigung desselben legten sie die Lanzen weg und versahen sich m i t Rohren, die sie, wieder ge« theilt in vier Haufen zu sechs Mann, zum gröfsten Wohlgefallen der Zuschauer, m i t ausnehmender Geschiklichkeit und A n m u t h warfen. Dies Spiel geendigt, ritten sie in geordneten Reihen vorbei den Erkern des Königs, der Königin und der D a m e n , und bezeigten allen die schuldige Ehrerbietung. Dann näherten sie sich dem Anordner und baten i h n , mit jedem von ihnen eine Lanze zu rennen, welches der gute Abenainar sehr gern bewilligte. Alle vier und zwanzig Ritter rennten darauf jeder eine Lanze, und fünfzehn von ihnen gewannen Preise, welche sie bei dem Schalle maurischer Trompeten ihren Damen überreichten, und sich in eben der

152

Zehnter Abschnitt.

Ordnung, wie sie gekommen waren, von elem Plaza entfernten, verlassend den König und alle übrige im höchsten Wohlgefallen an ihrer Pracht und Artigkeit. Hier wird es dienlich sein, Euch zu sagen, wer diese wakkern und gewanten Ritter waren, und von welchem Geschlechte. Der eine Haufen waren Azarke, der andere Sarrazine, der dritte Alarife und der vierte Aliatare; alle vornehme , reiche und sehr angesehene Männer. Ihre Vorfahren, Grafs- und Elter-Väter, waren Einwohner von Toledo, und dort sehr geachtete Koloniestifter. Dieseberühmten Geschlechter blüheten in Toledo zur Zeit als der König Galafio dort regierte, weicher einen Bruder hatte, der König einer Landschaft Namens Biltschid war, nahe an Saragossa in Aragonien; er liiefs Zaide, und hatte viele Streitigkeiten und Kriege mit einem tapfern Mauren Atarfe, nah e m Verwanten des Königs von Granada. Nachdem Zaide, König von Biltschid, und der Granader Atarfe Friede gemacht hatten, gab der König von Toledo ein prächtiges Fest mit Stiergefechten und Rohrspielen; leztere wurden gemacht von den vier Geschlechtern der Sarrazinen, Alarifen, Azarken und Aliataren, Vorfahren der bei diesem Ringspiele genanten. Andere sagen, dals das Fest, welches der König von Toledo gab, nur z u m Vergnügen einer schönen Dame Namens Zelindache gewesen sei, und dafs er z u m Vorwand genommen habe den Frieden, welchen sein Vetter Zaide mit dem Granader Atarfe geschlossen. D e m sei wie ihm wolle : das Fest wurde gegeben, wie gesagt, und diese Ritter stammten aus dem Blute jener genanten vier Geschlechter. Die Ursache ihres Aufenthaltes in Granada war der Verlust von Toledo, nach welchem sie sich dorthin zurükzogen, und wegen ihrer Tapferkeit und ihres Adels das Bürgerrecht erhielten.

Zehnter Abschnitt.

153

Das gedachte Fest und Rohrspiel in Toledo blieb lange in Andenken, denn es war sehr merkwürdig und schön; folgende Romanze wurde darauf gesungen: Acht und acht, und zehn und zehen Sarrazine, Aliatare werfen Rohre in Toledo auf Azark' und Alarife. Dies Banket besorgt der König wegen des beschwornen Friedens des Zaide von Beltschite mit Atarfe dem Granader. Andre sagen: diese Feier dient' dem König nur zum Vorwand und dafs Zelindache leite seine Feste seine Sorgen. Ein die Sarrazine traten auf den Pferden rother F a r b e ; griincr und oranjen - Farbe waren Ueberrök' und W ä m s e r ; als ein Sinnbild auf den Tartschen trugen sie ihr Schwert, gekrümmet wie den Bogen des Kupido, und zur Inschrift: „Blut und Feuer." Gleich bekleidet und beritten folgen drauf die Aliatare, in fleischfarbenen Livreien, voll gestikt mit weifsem Laubwerk, und als Sinnbild einen Himmel, auf des Atlas breiten Schultern, mit der Inschrift, welche sagte; „ I c h ihn halt' bis ich ermüde." Folgen drauf die Alarifen, kostbar und galant gekleidet in fleischfarb- und gelbem Zeuge, und als Ermel bunte Schleier; einen Knoten als ihr Sinnbild trugen sie, den löst' ein W i l d e r ; auf dem Stabe steht die Inschrift,

Zehnter Abschnitt. w e l c h « s a g t : „ d i e K r ä f t e gelten." D a r a u f fulgten a c h t Azarke, welche waren stolz vor allen, s t r o h g e l b , blau u n d schwarz gekleidet, s t a t t «ler Federbiische B l ä t t e r , u n d sie t r u g e n g r ü n e T a r t s c h e n , wo im b l a u e m Himmel sich zwei H ä n d e f a s s e n , mit der I n s c h r i f t : „ A l l e s fast in sich d a i G r ü n e . " D o c h d e r K ö n i g k o n t ' s n i c h t leiden, d a f s sie i h m v o r Augen zeigten seine H ö f l i c h k e i t verspottet, u n d sein D e n k e n ganz vergeblich. Sehend auf den R i t t e r h a u f e n s p r a c h e r z u m Alkaiden S e l i m : „Diese Sonn' nmss untergehen, „ d e n n sie springt m i r in die Augen.'' D e r Azarke w i r f r t B l u m e n , D i e sich in die L u f t verlieren, « n d das Auge nicht e r k e n n e t , wo sie steigen wo sie fallen. W i e in den gemeinen

Fenstern

D a m e n von dem Mittelstande s t r e i k e n sich u m i h n zu sehen, so die D a m e n auf Altanen. W e n n e r sich zurükkeziehet, steiget aus des Volkes H a u f e n lautes S c h r e i e n ; „ A l l a h e l f e ! " u n d vom K ö n i g : „Schlagt, er sterbe! " Z e l i n d a c h e o h n e Rüksicht nezt i h n im V o r ü b e r g e h e n m i t dem W a s s e r ihres F l ä s c h g e n s , u n d der K ö n i g s c h r i e : „ H a l t e t ! " Alle g l a u b t e n ,

dafs das RohrspieJ

n u n zu E n d e , weil es spät w a r ; d o c h d e r K ö n i g wiederholet: „ G r e i f t Azarke den V e r r ä t h e r ! " u n d die beiden ersten H a u f e n

Zehnter Abschnitt. lassen fallen schnell die Bohre, nehmen sich zur Hand die Lanzen, gehen aus zu fabn den Mauren. Niemand widersteht dem W i l l e n eines Königs, welcher liebet. Kämpfen wollen wohl die andern, sagte ihnen nicht Azarke: „Liebe kennt zwar nicht Geseze, „ h e u t e muss sie sie doch achten; „ F r e u n d e , legt die Lanzen nieder, „Feinde mögen sie ergreifen, „ u n d mit Klagen und T r i u m f e n ,,weinen diese, jene singen: „ niemand widersteht dem YVilltn „eines Königs, welcher liebet," Endlich fangen sie den M a u r e n ; und das V o l k , ihn zu befreien, in verschiedener Gesinnung, trennet sich und theilt sich vielfach; aber weil das H a u p t ihm fehlet, das anreize und es führe, gehn die Häufchen auseinander, und die Meuterei zerstiebet. Niemand widersteht dem VVillep eines Königs, welcher liebet. Zelindache r u f t alleine; „ M a u r e n , schüzet und befreit i h n ! " und vom Altan will sie nieder, u m ihn zu b e f r e i n , sich werfen; ihre M a t t e r , sie umfassend, saget: „ o was machst D u , T h ö r i n ? ] „ Stirb und lafs D i r gar nichts merk#u, „denn D u weis zn Deinem Unglük: ,, Niemand widersteht dem W i l l e n „ eines Königs, welcher liebet. " Von dem König kam ein Schreiben, das befiehlt, dafs sie bezeichne eine W o h n u n g der Verwanten,

15®

Zehnter Abschnitt. m m Grfängniss sie z a haben. Zelindache s p r a c h : „ d e m König „ s a g e t , d a f j ich mich nicht andre, „ u n d mir zum Geiängniss wähle „ des Azarke Angedenken ; „ s o wird jemand widerstehen „ e i n e m K o n i g , welcher liebet." Dieselben

ten

Sinnbilder,

die vier H ä n f e n

von ihren

der

Inschriften genanten

Nachdem sie,

wie

hat-

sie

u n d thaten

rnid

über ihre Pracht

Gewandheit,

der

ganze

Hof

über

dea

erfreut

ihr

Me

immer

wie wir gesagt h a b e n ,

P l a z verlassen halten, und

Zeichen

Ritter,

Vorfahren geerbt hatten,

grofs damit.

und

war

gutes

n e h m e n u n d i h r e S i n n b i l d e r , s o k a m e i l e n d ein

Be-

Alkaide

v o m E l v i r e n t h o r e g e l a u f e n , u n d s p r a c h /'.im K ö n i g e n a c h bezeugter Ehrerbietung: „kristlicher

Ritter

an

„ E u r e Majcstiit w i s s e ,

dafs ein

das E l v i r e n - T h o r g e k o m m e n

ist,

„ u n d u m E r l a u b n i s s b i t t e t , e i n z u t r e t e n u n d drei L a n z e n „zu

rennen mit d e m A n o r d n e r ;

„ d a f s er k o m m e n d a r f ? „an

einein

„ Eingang „ist."

es,

gemachten Die

sagte der

T a g e wie der h e u t i g e m u s s versagt

Hieinit

datierte

befehlen E u r e Majestät,

Er k o m m e , "

sein,

eilte

besonders

so sahen sie eintreten einen wakkern

wohl-

Turnierkleidung

zuriik,

und

der

Königsfest lange

auf

Bote

niemanden

d a es e i n

nicht

Ritter

der

König;

einem mächtigen

des

Ritters

Grauschimmel.

war ganz

von

Brokat,

weils wie Schnee, u n d durchaus m i t goldenen Schnüren sehr kostbar besezt:

der F e d e r b u s c h

war ebenfals weifs,

v o n den feinsten F e d e r n m i t v i e l e m Rauschgolde. so w a r das Pferd g e s c h m i i k t m i t Kopfstiik

und

Werthe.

Er

keine D a m e

Federbüsclie

Dekken und

ebenfals

weifs

von

Eben

Geschirr; grofsem

hatte ein so e i n n e h m e n d e s A n s e h e n ,

dalit

oder Ritter a u f d e m g a n z e n P l a z e w a r , die

n i c h t die A u g e n

auf ihn heftete,

voll V e r g n ü g e n

über

Zehnter Abschnitt.

157

«einen schönen Wuchs und seine Anmutli. Auf der linken Seite des Mantels trug er ein rothes Kreuz, welches die Würde seiner Person in hohem Grade zierte. Er wante die Augen nach allen Seiten umher, und machte die Hunde des Plazes; als er an die Altane de9 Königs und der Königin gekommen w a r , machte er eine tiefe Verbeugung, indem er den Kopf auf den Sattelknopf neigte. Der König erwiederte es; auch alle Damen standen auf, m i t ihnen die Königin, und bewiesen i h m grofse Achtung. Von vielen ward bald erkant der kristliche Ritter als der Grofsmeister von Kalatrava, von dessen Rufe die Welt erfüllt war. Den König erfreute es nicht wenig, dafs ein solcher Ritter bei dieser Gelegenheit an seinen Hof kam. Nachdem der Grofsmeister den ganzen l'laz durchritten w a r , wobei er eine majestätische Gestalt und das Ebenbild des Gottes Mars zeigte, kam ir an den Ort wo der Anordner stand, und sprach: „Etiler Ritter! seid „Ihr's zufrieden, ein P a r Lanzen mit mir zu rennen „nach dem Geseze guter Ritter, ohne dafs ich Damen„ Bildnisse z u m Preise seze?" Abenamar betrachtete aufmerksam den Ritter, der mit ihm sprach, drehte sich zu Muza seinein Gönner und sagte: „ W e n n ich mich „nicht irre, so ist das der Grofsmeister von Kalatrava; „sein Ansehen zeigt es und das Kreuz auf der Brust. „Sehet ihn recht a n , es ist ohne Zweifel derselbe, mit „ dem Ihr Freund wurdet in der Schlacht, wenn Ihr „Euch erinnert." Muza richtete seine Augen auf den Grofsmeister und erkante ihn sogleich; unverweilt, so wie er war zu Pferde, hei er i h m in die A r m e , und rief: „Treflicher Grofsmeister, Blume der Kristen, seid mir „herzlich wilkommen; ich weis, Ihr habt, obleich Krist, „grofses Vergnügen gemacht am Hofe des Königs , denn

168

Zehnter Abschnitt.

»allen, die sich dort befinden, seid Ihr bekant wegen „Eurer Herzensgute." Der Großmeister erwiederte die Umarmung und dankte für das gegebene Lob. Der gute Abenamar näherte sich ihm mit froher Mine» und sagte: dafs er sich freue, drei Lanzen mit ihm zu rennen, und •olte er auch wissen, dafs er sie alle verlöre, so würde «r es doch für Glük und Gewinn achten, mit einem so treflichen Kitter ein Ringelrennnen gehalten zu haben. Hiermit nahm er eine Lanze und lief ausserordentlich gut; aber so schön er lief, machte es der Grofsmeister doch noch besser; kurz, sie rennten alle drei Lanzen, und am Ende gewann der Grofsmeister. Das ganze Volk rief laut: „ Nie ist gesehen in der Welt ein solcher „Ritter! diesmal hat verloren der Anordner seinen R u h m ! " Die Ritter gaben ihm zum Preise die kostbare Kette, die zweitausend Dobeln wog, da er kein Bildniss ausgesezt hatte; wäre dies, der Fall gewesen, so würde er davon getragen haben das Bild des Anordners. Der gute Grofsmeister nahm die Kette, und unter dem Schalle einer sehr grofsen Musik, begleitet von den vornehmsten Rittern , den braven Muza zur Seite, machte er die Runde des Plazes. Als er an den Erker der Königin gekommen war, richtete er seine Augen auf sie, und da der Altan nicht sehr hoch war, erhob er sich in den Steigbügeln, und reichte ihr hin die Kette mit den Worten: „Keinem mit mehrerm Rechte kan diese goldne Kette „gegeben werden als Eurer Majestät, wenn meine Drei„ stigkeit erlaubt ist; darum empfange sie Eure Majestät „ m i t Gunst. Obgleich verschieden im Glauben, so kan „doch bei einer solchen Gelegenheit wie diese ein Klei„nod überreicht, und von jeder erhabenen Fürstin ang e n o m m e n werden." Die Königin verfärbte sich mit •chöaer Rothe, und, in schamhafter Verlegenheit, nicht

Zehnter Abschnitt.

159

wissend, was sie thun solte, sah sie sich u m nach dem Könige, der ihr durch einen Wink die Annahme er» laubte. N u n stand sie auf, und mit ihr alle anwesende D a m e n , neigte sich tief, n a h m die Kette, und hielt sie an den M u n d , dann legte sie sie u m den Hals, machte nochmal eine tiefe Verbeugung, und sezte sich wieder. Darauf verneigte sich der Grol'sineister ehrerbietigst gegen den König und die Königin, lenkte u m , und ritt spaziren m i t Muza und andern vornehmen maurischen Rittern, welche i h m wohhvolten wegen seiner Verdienste. Unterdessen entfernte sich heimlich von der Seite dea Königs der muthige Albajaldos, der den Wunsch in sein e m Herzen hatte, sich mit dem Grofsmeister zu messen und einen Kampf m i t ihm zu besteben, weil er seinen nahen Vetter getödtet hatte; ging hinunter in den Plaz, bestieg einen schönen Schwarzschimmel, und näherte sich dem Grofsmeister in Begleitung einiger Ritter Freunde und Diener. Nachdem er ihn begrüfst hatte, heftete er seine Augen auf i h n , betrachtete ihn geHau von oben bis unten, seine stattliche Gestalt bewundernd» und redete ihn endlich a n : ,, Bei Mahoinet, kristlicher ,, Ritter, es macht m i r ein grofses Vergnügen, Dich so „ zierlich und festlich gekleidet zu sehen, da ich Dich „einst kriegerisch bewafnet auf der Ebne sah; und die* „ w a r es was ich heute sehnlich wünschte. Der Ruf Dei„ n e r Tapferkeit erfüllet die ganze Erde, und schrektalle „Mauren dieses Königreiches. Wenn ich mich darauf „gefreut habe, Dich zu sehen, so geschieht es noch „ m e h r , mich m i t Dir i m Kampf auf der Ebne zu mes„ s e n ; dazu treibt und reizt mich eines theils Deine Tap f e r k e i t , anderntheils die Tödtung meines leiblichen „Vetters Mahomet Bei. Obgleich er starb von Deinen

Zehnter Abschnitt. „Händen in rechtlichem Kampfe, so komt es mir doch „ v o r , als wenn «ein von Dir vergossenes Blut mich „ z u r Rache aufloderte. Darum, guter Kitter, halte Dich „hierdurch für herausgefodert zum morgenden Zweik a m p f e mit mir in der Ebne, und schikke Dich an mit v Waffen und Pferd; ich werde kommen, u m mich mit „dir zu messen, und nur mitbringen einen Begleiter, „wozu ich den tapfern Malike Alabez wähle, sonst „ keinen." Sehr aufmerksam war der gute Grofsmeister auf Albajaldos Rede, aber keinesweges geschrekt; mit heiterlächelnder Mine antwortete er ihm folgendermaßen : „Gewifs t tapferer Albajaldos, empfinde ich nicht weni„ger Freude, Dich zu sehen; denn dein Ehrenruf er„tönt unter den Kristen wie des berühmten Hektors un„ter den Griechen. Du sagst, meine Tapferkeit reize „Dich zum Kampfe mit mir; es giebt andere kristliche „Ritter von gröfserer Tapferkeit, gegen die Du die dei„nige gebrauchen kantest; das würde Dir besser anste„ hen. Wenn Du von dem vergossenen Blute Deines i,Vetters Mahomet Bei sprichst, so muss ich Dir sagen, „da£s er starb wie ein wakkerer Ritter, kämpfend und „ zeigend seinen hohen persönlichen Muth; darin liegt „also nichts, warum sein Tod gerächt sein müste. „ W e n n Du aber doch mit mir fechten wilst, im Zweik a m p f e wie Du sagst, und mit einem Begleiter, sei „es der, den Du gewählt hast; mir ist.es recht, Dir „darin zu Willen zu sein. Also erwarte ich Dich mor„gen eine oder zwei Stunden vou hier, etwa am Fich„tenqusll, und zwar ebenfals mit einem Begleiter, es „ wird sein Don Emanuel Ponze von Leon, auf den sieb ,die ganze Welt verlassen kan; und damit Da sicher „sei'st, dafs ich halte was ich verspreche» so nimm dieses „ mein

Zehnter Abschnitt.

161

„ mein Pfand ab ein Kampfzeichen." Htebei gab er Ihm seinen rechten Handschub, welchen der Maur annahm, einen kostbaren Siegelring vom Finger zog und dem Grofsmeister gab. So war denn angenommen die Ausfoderung von beiden Theilen. Der wakkere Muza und die andern Ritter hätten gern verhindert diesen Kampf, aber sie konten es bei keinem Theile dahin bringen. Zwischen beiden braven Rittern blieb es also bestimmt auf den folgenden Tag.

L

Elfter Abschnitt.

i6a

Elfter

Abschnitt.

Von dem Kampfe des Maaren Albajaldo smit dem Grofsmeister -von Kalatrara, und wie der Meister ihn tödtete.

AU der Zweikampf von beiden tapfern Rittern angenommen war, ward es schon spät, wolte untergehen.

und die Sonne

Der Grofsmeister entfernte sich vom

Plaze, und ging durch die Elvirenstrafse aus der Stadt. W i r wollen ihn gehen lassen seinen W e g , kehren zum Ende des Hingspiels.

und zurük-

Die Sonne war un-

tergegangen , und es kam weiter kein abenthenerncler Ritter; da befahlen die Richter Abenamarn, dafs er die Schranken wegnehmen lasse, welches er sehr wohl thun konte, da sich keine Abentheurer mehr zum Lanzenlaufe meldeten,

und er so brav getlian und an dem

Tage hinlängliche Ehre erworben hatte.

Vergnügt liefs

der tapfere Abenamar den reichen Kredeuztich fortbringen mit den Kostbarkeiten , Richter

stiegen

deren noch viele übrig

blieben.

Die

gerüste ,

begleitet von den Vornehmsten

herunter

vom

Schau-

des

Hofes,

und führten den braven Abenamar und seinen Gönner, den tapferen Muza,

in ihrer Mitte durch den Plaz mit

vieler Ehrenbezeugung, beim Schalle zahlreicher Musik von Blaseinstrumenten,

Pauken und andern Arten von

Stadtmusik; welches grofnes Vergnügen erregte.

Sie tru-

gen die an diesem Tage gewonnenen Bildnisse, und zeigten sie auf allen Seiten zum grofsen Triumfe des,

der

sie gewonnen hatte, bis sie an den Altan der Damen gelangten,

wo die Königin und die schöne Fatime sich

befanden, welcher Abenamar die Bilder vorzeigte, über sie grolse Freude, sen Verdruss empfanden. beschämteste

wor-

Galiane und Charife aber grofDie schöne Galiane war das

und reuigste Weib von der Welt,

denn]

Elfter Abschnitt.

163

sie sähe sehr wohl ein, dafs Abenamar diese Feste in Aüksicbt darauf veranstaltat, dafs sie ihn verschmähet hatte. Nun walzten sich in ihrem undankbaren Gedächtnisie tausend Schimeren und tausend leere Hofnungen, u m so mehr da der tapfere Sarrazino nicht weiter im Plaze erschienen war, nachdem er im Ringlaufe ihr Bild verloren hatte. Mit diesen und andern verwirrten Vorstellungen war ihr Gedächtniss beschäftigt. Oer König merkte jezt, dafs es sehr spät war, verliefs den Altan, sezte sich in einen schönen Wagen und fuhr hinauf zur Alliambra. Gleiches thaten die Königin und ihre Damen. Diesen Abend hatte der König an seiner Tafel alle Ritter des Spieles; nur fehlte Sarrazino der. eine Unpäslichkeit erdichtend, sich bei dem König entschuldigte, und nicht einfand bei diesem Königlichen Mahle. Die Königin hatte zu Tische die vornehmsten Damen von Granada, und erwies ihnen alle mögliche Ehre. Viele Lustbarkeiten wurden gefeiert: Tänze, tausend Arten von Spielen, eine ganz besondere Zambra und ein grofser ausgelassen lustiger Ball. Alle Dörnen tanzten, und die Ritter mit den Kleidungen^ in welchen sie das Ringspiel getrieben hatten. Nur Galiane tanzte nicht, schlecht aufgelegt wegen der Abwesenheit ihres Ritters. Wohl sähe die Königin den Grund ihres Übels, aber sie liefs es sich nicht merken. Die schöne Zelinde ermahnte zwar genug ihre Schwester, dafs sie es sich nicht schmerzen lassen solte, und suchte sie zu trösten; aber wenig halfen dergleichen Tröstungen bei ihr. Die ganze Nacht verging in Fröhlichkeit, aber wer vor allen am vollkommensten tanzte war der tapfere Gazul mit der schönen Lindarache, die er innig liebte, eben «0 wie sie ihn. Heftige Leidenschaft empfand der L 2

164

Elfter Abschnitt.

rasche Reduan, als er sich nicht geliebt sähe von der, welche er so sehr liebte. Brennend vor Eifersucht nahm er sich vor in seinem Herzen, den braven Gazul zu tödt e n ; aber es ging i h m nicht so als er dachte, wie wh nachher sagen werden bei dem Zweikampfe, den sie beide hatten wegen der schönen Abenzerrachin. Dieser Dame geschieht Erwähnung an andern Ort e n , vorzüglich in einer Samlnng, die neulich gemacht ist von dem Bakalaur Peter von Monkajo, der sie Zelinde nennt. So hiefs sie wegen ihrer Schönheit und A n m u t h *); aber ihr eigentlicher N a m e , als Abenzcrrachin, war Lindarache. Hernach werden wir handeln von ihr und dem tapfem Gazul, nach dem Tode der Abenzerrachenritter durch grofse Verrätherei. Doch zurük zu unserer Geschichte. Nachdem der König dem tapfern Abenamar und den übrigen Rittern des Spieles viel Ehre erwiesen hatte, befahl er, dafs alle sich nach ihren Wohnungen zur Ruhe begeben solten. Die schöne Fatime gab jezt zurük alle von Abenamar gewonnene Bildnisse den D a m e n ; denen sie gehörten, indem sie allerlei wizige Einfalle dabei anbrachte. Alle Ritter, beurlaubt vom Könige, gingen zur Ruhe in ihre W o h n u n g e n j desgleichen die Damen; n u r blieben diejenigen bei der Königin, die zu ihrem Palaste und zu ihrer Aufwartung gehörten. Der brave Albajaldos schlief wenig in dieser Nacht. Als er von der Alhainbra weggegangen war, wartete er auf den guten Malike Alabez, und da er k a m , sagte er i h m : „Spät sind wir fortgegangen vom Feste. So ,, scheint es m i r ; " erwiederte der Malike, „ aber mor„ g e n werden wir uns ausruhen von der überstandenen *) anmulhig heist auf spanisch : lindo.

Elfter Abschnitt. >, Anstrengung. ba jaldos.

Gerade das Gegentheil,

165 antwortete Al-

„ W e n n Ihr bei diesem Feste geschmükt und

,, in Turnierkleidung einhergegangen seid, so werdet Ihr „ m o r g e n gezwungenerweise „ s o ? " fragte Alabez. Albajaldos:

bewafnet erscheinen.

„ I c h will es Euch sagen,"

Wie sprach

„ I h r m ü s t wissen, dafs ich auf m o r g e n ei-

„ n e n Zweikampf verabredet m i t d e m Grofsmeister von ,, Kalatrava, und Euch zu m e i n e m Beistande ausersehen „habe.

Mahomet stehe m i r bei!"

rief Alabez,

„mit

„ e i n e m solchen Ritter habt Ihr einen Kampf verabredet? ,Wolle der heilige Alla, ,,Ihr m ü s t wissen, „ Ritter i s t ,

dafs es Euch gut gehe;

denn

dafs der Grofsmeister ein tüchtiger

sehr erfahren und mächtig in den Waffen.

„ W e i l es denn so ist, und Ihr mich z u m Beistande aus„ersehen habt,

so last uns gehen auf gut Glük,

„Mahomet h e l f uns.

und

Bei der königlichen Krone mei-

„ ner Vorfahren! Freuen würd' ich m i c h , w e n n wir m i t „Sieg zurükkäinen v o m Kampfe.

Und der König,

weis

„er etwas davon? Ich glaube nicht, w e n n es Muza i h m „nicht etwa gesagt h a t , „ g e n war.

der b e i d e r Ausfoderung zuge-

Sei wie i h m w o l l e ,

wiss' er's oder nicht,"

nagte Alabez, „ m o r g e n f r ü h , ohne dafs der König oder „sonst jemand es merke, gehen wir hinaus auf die Ebne, „ u m uns m i t d e m Grofsmeister z u m e s s e n .

Ich möchte

„ w i s s e n , ob der sich einen Beistand gewählt hat? sagte Albajaldos: „ D o n Emanuel Ponze von Leon.

Ja"

Wenn

„das ist, beim Alla, so haben wir's, denn ich und D o n . „Emanuel können nicht unterlassen, an einander z u ge„ rathen.

Ihr wist noch den Zweikampf, den wir hatten;

,, er besizt seitdem m e i n Pferd und ich das seinige ; es „ wurde verabredet, dafs wir unsern Kampf endigen wol„ten,

w e n n wir uns einmal wiedersähen.

„Sorge,"

sagte Albajaldos;

„ w i l l er w a s ,

Seid ohne so sind wir

Elfter Abschnitt. „Manns genug, u m i h m , beliebt's unserm Mahomet, „vollauf zu geben." Der Malike sprach: „Gehen wir „ n u n , es ist spät; diese Nacht giebt es keinen Schlaf „ sondern nur Zubereiten unserer Rüstung, dafs uns auch „nicht eine Schnalle versage." Hiemit gingen beide tapfere Ritter in ihre Wohnung e n , und jeder bereitete seine Waffen und alles was er sonst noch mitzunehmen halte. Eine Stunde vor Tage kamen sie zusammen und ritten z u m Elvirenthore, welches die Wache schon geöfnet hatte, u m das Volk zu seinen Feldarbeiten hinauszulassen; daher die beiden durchritten ohne erkant zu werden, und den Weg nach Albolote n a h m e n , eine Meile von Granada , u m von da z u m Fichtenquell zu gehen, wohin sich Albajaldos und der Grofsmeister beschieden hatten. Die Sonne warf ihre Strahlen, zeigte ihren schönen mannigfaltigen Glanz, und bildete tausend Gesichte, welche die Augen jedes Beschauers zu blenden vermog-ten, als die beiden tapfern Mauren Albajaldos und der Malike Alabez bei Albolote ankamen, und ohne Aufenthalt vorbeigingen zum Fichtenquelle, so berühmt und gefeiert von allen Mauren Granada's und seines Gebietes. Eine Stunde mogte die Sonne aufgegangen sein, als sie bei diesem schönen kühlen Quell anlangten, den eine junge Fichte lieblich beschattete, daher er seinen Namen hatte. Sie fanden hier aber niemand, und erblikten keinen Ritter; stiegen indessen von ihren Pferden, hängten die Tartschen an die Sattelknöpfe, lehnten ihre Lanzen an, sezten sich an den klaren Quell, wuschen und erfrischten das Gesicht, nahm e n aus den Mantelsäkken etwas zu essen, und unterredeten sich darüber, warum der Grofsmeister noch nicht da sei, nicht errathend die Ursache seines Zögems. Albajaldos sagte: „Solte uns wohl der Grofsmeister z u m

Elfter Abschnitt. »Besten haben, und ausbleiben?

167

Sagt doch das nicht"

erwiederte der Malike Alabez; „ e r ist ein braver Ritter, „ u n d wird nicht unterlassen zu kommen; „sehr früh;

es ist noch

und i m guten Glauben, data er nicht säu-

„ men wird,

last uns vergnüglich frühitükken;

„wird schon für das sorgen, „Vortheil oder Schaden."

Alla

was sein soll zu unserm

So frühstiikten sie dann, be-

haglieh sprechend über verschiedene Dinge. Sie hatten noch nicht geendigt, als sie kommen sahen zwei wohlgekleidete Ritter zu Pferde mit Schild und Lanze,

beide auf gleiche Art

in braun - und grünen

Rökken, und Federn derselben Farbe. Sie wurden gleich erkant,

denn auf dem Schilde des einen erschien das

rothe Kreuz von Kalatrava, welches sich schon von weitem sehr auszeichnete auf dem blanken Schilde. Der andere führte an seinem Schilde ehenfals einrothes aber verschiedenes Kreuz, denn es war von Sankt Jakob. „Sagt' ich Euch nicht," sprach Alabez, „dafs der Grofsmeister nicht zögern wür„ d e ? Sehet ob er gezögert hat! Wahrlich, die treffen uns „zu rechter Z e i t , "

sagte Albajaldos,

„Leibe Erquikkung gegeben haben.

„da wir unserm Auf

diese Weise

„kan man von Euch sagen," sprach Alabez:

der Mar-

„ „ der sterben soll, ist er des Futters voll." " *)

Also wist

„ I h r schon," „soll?

antwortete Albajaldos,

Ich habe

„Mahomet,

„dafs icli sterben

aber die Hofnung zu un6erm grofsen

dafs ich den Kopf des Grofsineisters heute

„ auf einen der Thürme der Alhambra sezen werde. Das „gebe Alla!" sagte Alabez. Unterdessen kamen die beiden wakkeren Ritter, die Blume der kristlichen Tapferkeit, und grüTaten iin Annähern die Mauren. *) Sprichwort.

Der Grofsmeister sprach:

„We-

i08

Elfter

Abschnitt.

„nigstens haben wir bisjezt nichts g e w o n n e n v i e l m e h r „sind wir im Verluste, da wir so spät gekommen. Das „tliut nichts zur Sache,'* antwortete Albajaldos, „das „Ende krönt das Werk. Steigt a b . (Ihr könt es sicher „ tlum) und erquikt Euch an dem Wasser dieser frischen „ Quelle; wir haben Zeit g e n u g , das zu vollenden , war„ u r n wir gekommen sind. Wenn es weiter nichts ist," erwiederte Don Emanuel, „ u n d Ihr Lust dazu habt, so ,,sind wir es gern zufrieden, denn es kan uns nicht „übel gehen in der Gesellschaft zweier so treflicher Rit„ ter." Hiemit stiegen beide von ihren Pferden, banden sie an niedrige Zweige der Fichte, hängten die Schilder an den Sattelknopf, lehnten die Lanzen an die Fichte, und sezten sich neben den Quell, in welchem sie Gesicht und Hände abkühlten. Dann fingen sie a n , sich weitläufig zu unterreden über ,den Krieg, die Tapferkeit der Mauren in Granada, und die berühmten Geschlechter daselbst. I m Fortgange des Gespräches sagte der Grofsmeister: „ W a h r l i c h , meine Herren Ritter, ich „meinerseits würde mich sehr freuen, wenn zwei so edle „ M ä n n e r , wie Ihr seid, zur Erkentniss unsers heiligen „katholischen Glaubens kämen; denn klar und deutlich „ist es, dafs er das Beste von allen Gesezen der Welt, „ u n d die.beste Religion ist. Das kan wohl sein," antwortete Albajaldos, „aber da wir keine Kenntniss von „ ihr haben, so gehen wir nichts d a f ü r , Kristen zu sein, „denn wir befinden uns gut bei unserer Lehre. Fürjezt „ist also nicht weiter davon zu reden. Möglich wär's zur wahren Erkentniss Enres J t i n der Folge der Zeit, „Glaubens zu k o m m e n , denn oftinal pflegt Gott die „Herzen der Menschen zu r ü h r e n , und ohne seinen „Willen geschiehet nichts gutes."

Elfler Abschnitt.

169

Albajaldos hatte eben diese Worte geendigt, als d u Pferd des Grobmeisters wieherte,

und den Kopf nach

dem Wege von Granada wendete.

Die vier Ritter rich-

teten ihren Blik auch dahin, herns zu erfahren,

u m die Ursache des Wie-

und sahen einen Ritter kommen in

vollem Laufe des Pferdes, bekleidet mit oranjenEarbenem Rok und Tumiermantel, auf der blauen Tartsche eine Sonne zwischen dunkeln Wolken, die sie zu verfinstern schienen, und ringsum anf der Tartsche mit rothen Buchstaben geschrieben:

„Gib mir Licht oder verbirg dich."

Aufmerksam hinschauend erkanten Albajaldos und Ala. bez in ihm den tapfern Muza. Dieser hatte vermist jene beide am Tage nach dem Feste,

dann erfahren,

dafs

sie von Granada ausgegangen wären zum verabredeten Kampfe mit dem Grofsmeister, und, ohne jemanden etwas merken zu lassen, sich gerüstet und auf ein tüchtiges Pferd gesezt.

So war er in aller Eile aus der Stadt ge-

ritten, um noch zu rechter Zeit zu kommen und zu seh e n , ob er etwa den Zweikampf verhindern könte.

Er

langte an, gerade da die vier Ritter in dem Gespräch« begriffen waren,

welches Ihr gehört habt.

Bei seiner

Ankunft freute er sich ausserordentlich-,

dafs sie noch

nicht angefangen zu fechten, und sagte:

„ I h r Herren

„Ritter dachtet wohl, die Sache ohne mich abzumachen? „beim heiligen Alla! blofs um mich dabei einzufinden, ,, habe ich übel zugesprochen meinem Pferde,

denn so

„wie ich aus Granada war, ritt ich im Galop ohne einen „Augenblik anzuhalten."

Hiemit sprang er vom Pferde,

hängte seine Tartsche an den Ast der nahen Fichte, und lehnte die Lanze daran>

dann sezte er sich nieder zur

Gesellschaft der vier Ritter. 0

die treflichen

Ritter!

Obgleich verschieden im

Glauben, obgleich Gegner, und gekommen, sich zu be-

170

Elfter Abschnitt.

kämpfen und zu tödten, unterredeten sie sich doch, als wären sie Freunde!

Niemal an diesem Orte kamen zu-

sammen fünf solche Ritter als an jenem T a g e ! Nachdem

der wakkcre Muza sich gesezt hatte ne-

ben den guten Grofsmeister, sprach er folgendermafsen: „ E s würde mich sehr freuen, tapfere Kitter, wenn der „verabredete Kampf

unterbliebe;

denn es kan

nichts

„anders herauskommen als Tod des einen oder beider; „ u n d da keine hinlängliche Veranlassung da ist, die Euch „ d a z u z w i n g e , so scheint es m i r ein grofses Übel, w e n n „ z w e i solche Ritter stürben. „so

eiligen Ankunfr.

Das Ist der Grund meiner

Von Euch allen verlange,

„ u n d flehe ich also höflich,

und

bitte

besonders von

„ H e r r n Grofsmeister, dafs mein Besuch nicht

dem

vergeb-

„ lieh s e i . " Hiemit endigte der mannhafte Muza s Gefecht, welches die vier kristlichen Ritter für die Königin vollführten, welches verschwiegen blieb. Wüste und erfuhr er auch etwas davon, so gebrauchte er doch nicht die Feder dazu, beschäftigt mit andern wichtigern, die katholischen Könige betreffenden Sachen. Unser maurischer Geschichtschreiber aber vernahm, unter dem Siegel des Geheimnisses, von der schönen Sultanin alles was geschah, und sie gab ihm die beiden Briefe: den ihrigen an Don Johann Tchakon und dessen Antwort; so konte er beschreiben jenen berühmten Kampf, ohne dafs bisjezt jemand erfuhr, von wem oder wie es geschehen war. Da dieser maurische Kronist das ganze Königreich Granada von den Kristen eingenommen sähe, ging er über nach Afrika, liefs sich nieder im Lande Tremezen, starb daselbst, und hinterliefs Söhne. Einer eeiner Enkel, Namens Argutaafa, von nicht weniger Ge* schiklichkeit als der Grofsvater, sammelte alle Schriften desselben, und fand darunter dieses Büchlein, welches er nicht wenig werth hielt zur Bearbeitung der Geschichte Granada's. Aus besondrer Freundschaft schenkte er es einem luden Namens Rabbi Santo, welcher es zu seinem Vergnügen in das hebräische übersezte; die arabische Handschrift überreichte er dem treflichcn Grafen von Bailen, Don Roderich Ponze von Leon. Um genau zu wissen, was das Buch von dem granadischen Kriege enthielte, den sein Vater und Grofsvater, oder •ein Grofsvater und Eitervater, erlebt hatten, so liefs er er es von gedachtem Juden in das kastilische übersezen; und der gute Graf begnadigte mich nachher damit, ohne dafs ich ihm worin gedient hatte. Nach beendigter Geschichte des Krieges von Granada (ich eage: der bürgerlichen Kriege daselbst, der

Siebzehnter Abschnitt.

44.3

Streitigkeiten der Zegri und Abenzerrachen) wollen wir einiges sagen von dem guten Ritter Don Aionso von Agilär, wie ihn umbrachten die Mauren in dein rothen Walde, nebst etlichen Romanzen über seine Geschichte, und zu Ende bringen die Liebe deä tapferen Gazul und der schönen Lindarache. Ist also zu wissen, dafs der gute Gazul, nachdem Granada erobert, er und seine Anhänger Kristen geworden waren, viele Gnadenerweisungen vom Könige, das Vorrecht: Wapen zu führen, und andre Dinge erhalten hatten; mit Erlaubnis* des Königs nach Sanlukar abreisete. Bei dortiger Ankunft liefs er, im Verlangen seine Gebieterin zu sehen, eines Tages durch einen Edelknaben sich bei ihr melden; sie aber, aufgebracht durch eine gewisse Eifersucht, wolte diesen nicht anhören, worüber der Maur traurig wurde, und erfahrend, dafs in Chelves Rohrspiele gehalten wurden, die der dortige Alkaide angeordnet hatte, weil das Reich in Ruhe und Granada erobert war,' wolte er dabei sein, um seine Geschiklichkeit zu zeigen. Eines Tages also kleidete er sich sehr prächtig und fein in einen weifs - schwarz - und grünen Tumierrok, ditf Federn derselben Farben mit vielem Gold- und SilberLahne, das Pferd auf gleiche Weise reich aufgeschirrt; nnd als er nach Chelves reisen wolte, ritt er vorbei dem Hause der schönen Lindarache, um sie noch zu sehen vor seinem Abgange, und war gerade unter ihren Fenstern, als die Dame zufällig auf den Altan heraustrat. Der wakkere Gazul, voll Freude sie erblikkend, spornte sein Pferd und, ganz nahe dem Altan, lieb er es niederknieen und mit dem Maule den Boden berühren; denn dazu hatte er es abgerichtet für diesen Augenblik. Dann fragte er sie; was sie ihm aufzutragen habe für Chelves, er gehe dahin ztkm Rohrspiele, und schöpf«

444

Siebzehnter Abschnitt.

aus ihrem Anblikke die Hofnung, dafs er «ich gut halten werde auf jener Tagefahrt. Erzürnt antwortete ihm die Dame: dafs er von der Dame, der er diene, Gunst xu erbitten habe, bei ihr sei es nicht angebracht, er möge sich nicht bemühen, jemand zu betrügen. Die» sagend und viele Verwünschungen auf ihn werfend, eilte sie vom Altan, und schlug das Fenster zu in grofeer Wuth. Bei diesem Anblikke des grofsen Unwillens seiner Dame spornte er sein Pferd gegen die Mauer, zerstiefs an derselben die Lanze in Stükken, kehrte zurük in seine Wohnung und zog sich aus, um nicht nach dem Rohrspiele zu gehen. Es fehlte nicht an einem, welcher hievon Nachricht gab der schönen Lindarache, die schon bereuete, was sie gethan hatte, und schnell einen Edelknaben echikte, den guten Gazul einzuladen, daTs er sie besuche in ihrem Garten. Der gute Gazul kam voll freudiger Hofnung auf ihren Ruf in den Garten, wo sie sich bei ihm entschuldigte, und wegen des vorgefallenen um Verzeihung bat; worauf sie sich vermählten. Zur Reise nach Chelves gab sie ihm sehr teiche Geschenke. Hierüber spricht folgende Romanze: Durch die Strafse von Sanlukar wohl geschmükket reitend kommet der beherzte Ritter Gazul, weifs- und schwarz und grüner Farbe. Wakker wünschet er zu reisen zu dem Spiel des Rohrs in Chelves, wo ein Fest gibt der Alkaide wegen Friedens beider Kön'ge, Eine Benzerrathin liebt er, Ueberbleibsel jener Tapfern, die erschlugen in Granada die Gomelen und die Zegri.

Siebzehnter Abschnitt. Um tum Abschied sie zu sprechen, geht er vielmal hin und wieder, mit den Augen scharf durchspahend die so hochbeglükten W ä n d e . Nach Verlauf der Jahresstunde, ••geduldig schon der Hofnung, sieht er kommtn sie zum Altan, die ihm machet kurz die Jahre. Dann sein Pferd er treibet spornend, Morgenroth der Sonn' erblikkend, machend daf* es niederkniee, und für ihn den Boden küsse; mit gehemmter Zung' er sagt ihr: .„Nicht ist möglich, dafs begegne „ m i r ein Unfall auf der Reise, „sehend Deinen heitern Anblik. „Dorthin fuhrt mich ohne Sele „Pflicht undBündniss der Verwantschaft, „doch zurük mich treibt die Sorge, „ o b Du welche für mich habest. „Schenke mir ein Angedenken, „nicht, mich Deiner zu erinnern, „sondern nur um mich zu s c M k k o „ z u Begleitung, Scbuz und Stärke." Doch die rasche Lindarache an der Eifersucht erstirbet um Zaida, die von Cherez, dafs ihr Gazul diese liebe; denn sie haben ihr berichtet, dafs er brennend f ü r sie sterbe. Sie erwiedart so Gazulen : „ W e n n im Kampfe Dir begegnet, „wie es meine Sele wünschet „ u n d verdienet Deine falsche, „kehrest D u nicht von Sanlukar, „ s o hochmüthig wie D u pflegest, „zu den Augen, die Dich lieben, „ u n d zu denen1, die Dich hasten.

Siebzehnter Abschnitt. „ Alla trolle, dafs die Gegner, „die Du hast, in ihren Rohren „werfen Dir verstekte Lanzen, „ dafs Du sterbest wie Du lügest; „dafs sie tragen feste Panzer „ u n t e r ihren Oberrökken, „ d a f s , wenn Du dich woltest rächen, „ D u ersterb'st und nicht Dich rächest: „Freunde müssen Dir nicht helfen, „Deine Feinde Dich zertreten, „fort Dich schleppen auf den Schultern, „wenn D u dienen wilst den Damen; „ diese, statt Dich zu beweinen, „die Du unterhältst und täuschest, „müssen Dir mit Flüchen dienen, „über Deinen Tod sich freuen." Gazul denket, dafs sie scherzet, Welches eigen ist der Unschuld. Auf den Bügeln er sich bebet, ihre Hand zu fassen wünscht er, saget i h r : „ E r lüget, Herrin, „jener Maur, der mich verfolget, „ Welchen jene Flüche treffen „ müssen, auf dafs mich sie rächen. w Meine Sele hast Zaida, „und bereu't geliebt zu haben; „hoch verwünschet sei'n die Jahre, „ die mich, ihr zu dienen, zwangen. „ U m den Mauren sie verliefs mich, „der ist reieb- an armen Gütern." Dieses Lindarache hörend die Gtfdttld hier sie verlieret. Jezo komt sein Edelknabe •eine Reiterpferde bringend, welche niedlich sind geschmtikket mit Geschirr und bunten Federn. E r die Lanze, die er träget, nimt, und atüraot heftig vorwärts,

Siebzehnter Abschnitt.

44.7

«r zerbricht in tausend Stükken sie an dieses Hauses Mauern. Darauf last er seiner Pferde Federn und Geschirr verändern, reihe mit den grünen tauschen, um zu gehen roth nach Chelves.

Wir bemerken n u n , dafs, nach Endigung diese« Gespräches zwischen der schönen Lindarache und dem rüstigen Gazul, jene sich entfernte vom Altan, sehr aufgebracht und verstört; sie ergriff die Flügel der Glasthüre, und warf sie zu mit unbesonnener Wath. Doch bereaete sie es nachher, denn sie liebte von ganzem Herzen den muthvollen Gazul, und da sie erfuhr, wie verzweiflungsvoll er seinen grün - weifs - und blauen Schniuk in rotlien verwandelt, und im Verdrusse die Lanze an der Mauer zerbrochen hatte, nahm sie sich vor, mit ihm zu sprechen, wie wir oben gesagt haben: weshalb sie ihn in ihren Garten einladen lief«. Hier unterredete sie sich weitläufig mit i h m ; sie heiratheten sieb, und er erbat sich von ihr, bei seiner Abreise nach Chelves, reiche Geschenke zum Andenken. Hierüber lautet eine feine Romanze der neuem also: Mit Geschenken ausgexieret von der schönen Lindarache reiset ab der tapfre Gkzul zu dem Rohrenspiel nach Chelves. Seiner Reiterpferik vier« führet er bedekt mit Pute, viele Goldbuchataben drinnen» die „ Abeacerrachin " sagen. Das Turnierkleid des Gazulen ist von Farbe blau, weif», mauÜMer, Federbüsehe gleicher Farben, doch fleiichfarken «ine Feder;

448

Siebzehnter Abschnitt. •on den kostbarn Stikkereien echten Golds and echten Silben sezet er das Gold in's schwarze, und das Silber schmükt das rothe. Einen wilden Mann als Sinnbild führt' er mitten in der Tartsche, der zerreisset einen Leiwen; glorreich Sinnbild und gebräuchlich bei den edeln Benzerrachen, die Granada'« Blume waren, wohlgekant -von allen Menschen, und von vielen hoch geachtet. Der beherzte Gazul trug es in Bezug auf seine Dame, die war von den Brnzerrachen; und er liebt sie über Maisen. Einen Spruch der Maure führet, welcher lautet; „ Niemand gleicht ihr, v Dergestalt der gute Gazul in den Plaz von Chelves reitet mit dem Trupp von dreissig Reutern, der einherging so geordnet, sämtlich einerlei gekleidet, das bewundert, wer's beschauet. Denkspruch haben sie gewählet, welchem keiner sich entzogen, Gazul nur war ausgenommen durch die Zeichen, die er führte. Bei dem Schall« der Trompeten San begann das Spiel der Rohre, so erhizet und verwikkelt, dafs es als Gefecht erscheinet; aber das Geschwader Gazuls thut hervor sich stets in allem. Nie der Maur ein Rohr hinschleuder^ das nicht eine Tartsche breche. Tausend Maurendamen schauen veu den Fenstern und Allanen;

Siebzehnter

Abschnitt.

auch, vertiefet in dem Schauen, stand Zaida, schöne Maurin, die von Cherez sie benennen; hat tum Fest sich eingefunden mit dem Kleid von rother Farbe, weil in Trauer sie einherging um den vielgeliebten Galten, welchen Gazul hat getödtet. Sie erkennet ihn sehr deutlich an dem W e r f e n seines Rohres; im Gedäch^niss sie erinnert sich der einst gescheh'nen Dinge, als noch Gazul sie bediente, und sie unhold ihm gewesen, undankbar für seine Dienste und für seine grofse Liebe; dieses fühlet sie so schmerzhaft; dafs sie niedersank in Ohnmacht. Da sie zu sich war gekommen, sprach die Sklavin zu ihr also: „ W a s bedeutet das, Gebiet'rin, „warum sinkest D u in Ohnmacht?" Ihr Zaida dies erwiedert unterhrochner leiser Stimme: „Recht betrachte jenen Maure«, „welcher jezo wirft die Rohre; „ Gazul nennt er sich mit Namen, ,, dessen Ruf ist weit erschallend ; „ w a r von ihm sechs J a h r bedijenet, „nichts hat er von mir erlanget; „ m e i n e n Mann hat er getödtet, „ u n d davon war ich die Ursach. ,, Bei dem allen ich ihn liebe, „halt 1 ihn fest in meiner Sele« „ f r o h war' ich wenn er mich liebte, „ d o c h er achtet mich auth gar nicht; ,, eine Benzerrachin liebt er, „ d a r u m bin ich ungeliebit."

Ff

449

450

Siebzehnter Abschnitt. Hiebei endigte das Rohrspiel, und das Fest ging nun zu Ende, Gazul reiset von Sanlukar mit erlangter grofser Ehre.

Sehr verwundert waren sie in Chelves über die Treflichkeit und Stärke des tapfem Gazul» und wie gut er gethan hatte im Spiel der Rohre. Von seinen Verdiensten entbranten viele Damen in Liebe, und hätten •ich gefreut, geliebt zu sein von einem so echten Kitter. Gleich nach seiner Ankunft in Sanlukar besuchte Gazul seine Dame Lindarache, die nicht wenig froh war über seine Rükkehr, und ihn umständlich befragte um alles, was in Chelves vorgefallen war. Gazul befriedigte sie mit vielem Vergnügen, erzählend wie gut es ihm an jenem Tage gegangen sei. Es fand sich auch jemand, der über diese Zurükkunft von Chelves folgende Romanze auf den wakkern Gazul machte: Voller Ehren und Trofäen, mehr noch als der grofse Mavors, war der muthig tapfre Gazul nun zurükgekehrt von Chelves. Eilig kam er nach Sanlukar, wo er wurde wohl empfangen von der Dame Lindarache, welche ihn gar herzlich liebet. Beide sind zusammen einig in dem blühendsten der Gärten, mit verliebter Lust sich lezendt und befriedigt ist ein jeder. Lindarache, voller Liebe, hat geflachten eine Krone, Nägelein und Rosen sind es und die ausgesuchte Nelke, eingefasset von den Veilchen, die der Liebe Blume waren;

Siebzehnter Abschnitt.

451

«ezte sie auf Gasuls Scheitel, und hat so zu ihm geredet: „Nie ist Ganimed gewesen „ von so schönem Angesichte; „wenn der grofse Zeus Dich sähe, „führen wdrd' er Dich von dannen," Sie in seine Arme schliefsend lächelnd Gazul ihr erwiedert: „Jene konte nicht so schön sein, „die erwählte der Trojaner, „durch die Troja ging verloren „und in Feuer ward verzehret, „wie Du bist, Gebiet'rin mein, „ D u die Siegerin Kupido's! „ W e n n ich Dir so schön erscheine, „Gazul, Dich mit mir vermähle, „Denn Du hast Dein W o r t gegeben, „dafs Du woltest sein mein Gatte« „ J a , ich will es," sagte Gazul, „ d a nur ich dabei gewinne."

Ulese und andre verliebte Worte wurden gewechselt zwischen Lindarache und ihrem Geliebten, und sie beschlossen, sich zu heirathen. Gazul verlangte sie zur Ehe von ihrem Oheime, dem Bruder ihres Vaters, der sie seit der Zeit in seiner Obhut hatte, als die Abenzerrachenritter enthauptet wurden, wie wir Euch oben er-, zählt haben. Der Oheim freute sich dessen sehr, denn Gazul war von erlauchtem Geschlechte, persönlich tapfer, und reich. In Sanlukar wurde also gefeiert die Hochzeit, welche sehr kostbar und prächtig war; zu derselben fanden sich ein viele und sehr vornehme Ritter, sowohl Kristen als Mauren, denn die Gazulenritter kamen von Granada, und die kristlichen Abenzerrachen und Vanega. Bei diesem Feste gab es herrliche Ergözlichkeit an Rohr - Ring - Spiel und Stiergefechte. GeFf 0

45&

Siebzehnter Abschnitt.

genwärtig waren ätich die schone Darache > Lindafachen» Schwester, und ihr Gemal Zulema, beide schon Kriaten, und sehr geliebt vom kristlichen Könige. Das Hochzeitfest dauerte zwei Monate, nach deren Verlaufe alle Ritter, die von Granada gekommen w a r e n , zurükkehrten, Gazul und seine Gattin mit sich nehmend. Diese gingen gleich nach der Ankunft in Granada, begleitet von ihren Verwanten und Freunden, z u m Könige Don Ferdinand und der Königin Donna Isabelle, u m ihnen die Hand zu küssen; beide freuten sich mit ihnen. Die Güter von Lindarachens Vater liefs der König Gazuln und seiner Geinalin übereignen, denn sie gehörten ihr und ihrem Vater. Die neuvermählten wurden Kristen, und blieben im kristlichen Glauben bis an ihr Ende, so wie auch ihre Nachkommen. Sie wurden genant, e r : Don Peter Anzul, sie: Donna Johanne. Lassen wir dies, und wenden uns zu d e m , worauf es jezt ankomt; ich m e i n e : was die Geschichte Gazuls betrift, bleibe bei Seite, u m eine Romanze herzusezen, die zwar der von Sanlukar vorherging aber, weil sie nicht gut ist und der Verfasser sie selbst nicht verstand, an ihrer Stelle nicht eingerükt worden. Doch, u m es nicht in der Unwissenheit zu lassen, wollen wir erzählen die Wahrheit der Sache. Die Romanze, von welcher ich spreche, fängt an: „ E s ersteigt der Stern der Ve„ n u s , " und der sie machte verstand nicht die Geschichte. Es war kein Grund vorhanden zu sagen, dafs Zaida, Tochter des Alkaiden von Cherez, sich vermählte m i t dem maurischen Alkaiden von Sevilja und dessen Fe«stung; denn Gazul tödtete den Gemahl Zaida's, und zwar nicht zu der Zeit, als Cherez und Sevilja den Mauren gehörten, sondern zur Zeit der katholischen Könige; wie zu ersehen aus der Romanze von Sanlukar, wo es

Siebzehnter -, Abschnitt,

453

heist: „ Ueberbleibsel jener Tapfern," denn damal waren schon lange eingenommen Cherez und Sevilja von den Kristen. Die Romanze und ihr Inhalt müssen so verstanden werden: Zaida von Cherez war die Enkelin und Urenkelin der Alkaiden von Cherez, und da dies von den Kristen erobert worden, blieben die Mauren in Vasallenpflicht, i m Genüsse ihrer Freiheit, Sprache und Kleidung, lebend in ihrem mahometanischen Glauben, jedoch nnter den Kristen, als Herren der Stadt und der Festung. Gleicher Fall war es mit Sevilja; denn jener reiche M a u r , von dem die Romanze sagt, dafs er sich m i t Zaida vermählte als Alkaide von Sevilja, war nicht der, sondern sein Grofs - oder Elter-Vater, und der Maur lebte in Sevilja m i t den übrigen dort gebliebenen Mauren, auch geschah unter ihnen die Verheirathung, von welcher die Romanze spricht. Nun zur Sache. Gazul diente der schönen Zaida zu der Zeit, als ihre Verheiratung m i t dem Mauren verhandelt wurde, aber er konte nie das geringste von ihr erhalten, denn sie wüste sehr w o h l , dafs ihre Eltern sie nicht mit ihm vermählen würden, sondern mit dem seviljischen Mauren, der etwas verwant war und m e h r Vermögen hatte als Gazul. Deshalb wies sie ihn a b , obgleich sie ihn heimlich in ihrem Herzen liebte; aber sie konte nichts anders t h u n , als was ihre Eltern wolten. Nachdem also die Hochzeit beschlossen war, befand sich Gazul gegenwärtig bei der Zambra, die in einer Nacht in Zaida's Hause gegeben wurde; denn damal hatten die Mauren Erlaubniss, friedlich in die Länder der Kristen zu kommen, mit den dort wohnenden Mauren umzugehen und zu verkehren. Als Gazul nun mit der schönen Zaida die Zambra tanzte, und sie sich die Hände gegeben. hatten, wie es dieser Tanz mit sich

4.54

Siebzehnter Abschnitt.

brachte, konte er sich so wenig zurükhalten in der heftigen Liebe, die er für Zaida hatte, dafs er sie am Ende des Tanzes fest in seine Arme drükte. Dies sähe der seviljische Maur» der ihr Gatte werden solte, und wie ein Löwe, erfüllt und blind von Zorn, rennte er mit gezogenem Säbel auf Gazul, der sich in Vertheidigung sezte, und den Verlobten übel empfangen haben würde, wenn die anwesenden sich nicht ins Mittel gelegt hätten. Hiedurch ward der Sal in Aufruhr gebracht, und die ergrimmten Eltern wiesen Gazul aus dem Hause. Ohne ein Wort zu erwiedern, ging er zornig fort, und schwur dem Verlobten den Tod, wozu er Zeit und Gelegenheit abwartete. Da er wüste, wie und zu welcher Stunde Zaida sich vermählen w ü r d e , so rüstete er sich sorgfältig, bestieg ein tüchtiges Pferd, und ritt von Medina Sidonia nach Cherez, wo er beim Anbruche der Nacht eintraf, als gerade Zaida mit ihrem Bräutigam, begleitet von vielen Rittern sowohl Kristen als Mauren, aus ihrem Hause k a m , u m in ein anderes zu gehen, wo die Hochzeit gefeiert werden solte. Da Gazul sie erblikte und die gute Gelegenheit, die sich ihm darbot, «o wolte er sie nicht versäumen, vielmehr bei den Haren ergreifen; mit Löwengrimme riss er heraus einen starken spizen Stofsdegen, stürzte auf den Bräutigam, der sich nicht schnell genug zur Wehr sezen konte, und gab ihm einen so heftigen Stich, dafs er ihn auf der Stelle todt zu Boden strekte, ausrufend: „ N i m m das, „ und geniesse Zaida, wenn Du kanst." Alle umstehende, bestürzt über solche That, wüsten nicht was sie sagen oder thun solten; aber des getödteten und Zaida's Verwarne zogen die Säbel gegen Gazul, ihn umzubringen für das was er gethan hatte, schreiend: „ D e r Verräther „ s t e r b e ! " Der beherzte Gazul, gefast und unerschrok-

Siebzehnter Abschnitt.

451

ken bei diesem stürmischen Anfalle, vertheidigte sich gegen alle, die ihm schaden wolten, und verwundete, ich weis nicht wie viele, gab seinem guten Pferde di« Sporen, da er sähe, dafs auf den Lärm viel Volk zusam> menlief, und entwischte durch die Menge, ohne dafs sie i h m etwas anhaben Junten. Auf den Tod dieses JVfauren Zaide, und die geschehene Tbat, wurde folgende Romanze gemacht, welche vor die anderen, die wir über Gazul beigebracht haben» hätte gesezt werden sollen; weil wir aber die Ursach« erklärt haben, so wollen wir sie jezt anführen; denn bei Romanzen komt es wenig darauf an, welch« die erste oder lezte sei, da der Grund davon angegeben ist. Es ersteigt der Stern der Veno», da die Sonne niedersinket, und des heitern Tages Feindin ihren schwanen Schleir entfaltet; and mit ihr ein tapfrer Maare, gleichend einem Rodamonte, von Sidonia fortgehet zürnend durch die Ebne Cherec, wo der Guadalete durchfliegt in das Meer Hispaniens, und • o n Maria jener Hafen den berühmten Namen traget. I n Vercweilelung er wandert, dafs, obgleich von edler Abkunft, undankbar ihn seine Dame abweist, weil sie arm ihn träumet, sich in dieser Nacht vermählet mit dem Maaren, hJülich schändlich, der Alkaide war Sevilja's des Alkazars und des Tburmes. Bitterlich er sich beklagte Aber ein so schweres Unrecht,

Siebzehnter Abschnitt. und die Ebne seine W o r t e mit dem Widerhall zurdkgibt. „ O D u , " spricht er, „mehr ergrimmte „als das Meer, das Schiffe schlinget, „unerbittlicher, Zaida, „als des Berges Eingeweide! „ W i e erlaubst Du es, Grausame, „ n a c h so viel erhaltnen Gunsten, „ dafs mit Pfändern, mir gehörend, „fremde Hand sich dürfe schmükken? „ I s t es möglich, dafs umarmest „ D u die Rinde einer Eiche, „Deinen Baum Du so verlassest, „abgelaubt von Frucht und Blumen? „ Du verwarfst sehr reichen Armen, „und sehr armen Reichen wühlst Du, „und die Reichthümer des Leibes „ siehst Du- vor der Sele Schäzen. „ D u verlassest edeln Gazul, „lassest ihn sechs Liebesjahre, u gibst die Hand Albenzaiden, „den Du jeio kaum noch kennest. „Alla, Feindin, möge geben, ,,dafs, Dich hassend, Da ihn liebest, „dafs in Eifersucht Du seufzest, „und abwesend ihn beweinest, „ D u im Bette ihn anekelst, „und am Tisch' ihm widrig seiest, „ dafs Du Nachts nicht schlafen könnest, „ u n d am Tage Ruh nicht habest; „nicht bei Zambren nicht bei Festen „kleid' er sich in Deine Farben, „nicht in Deiner Arbeit Sehleier, „nicht in ihm gestikten Ermel, tragen mag er den der Buhlin „mit dem Zeichen ihres Namens; ,,bei dem Rehrspiel ihn zu sehen, „nicht erlaub' er D i r , zu treten

Siebeehnter Abschnitt,

457

„ i n die Thdre, an d u Fenster, „ um Dich t d n r a r t r noch zu k r l a k e n ; „müstest Da ihn aber hasten, „habest Du ihn viele Jahre, „ u n d , wenn Du ihn innig liebtest, „ i h n erbebend sehn gemordet, „welches ist der Flüche gröfster, „ d e n Bir Menschen können geben. ,,Alla gebe die Erfüllung, „wenn D u jemal seine Hand nimst." Hiemit Jiam er an in Cherez in der Mitte jener Nachtzeit, fand den Pallast angefullet voller Lichter voller Stimmen, und die nachbarlichen Mauren laufen um und um im Hause, tausend Fakkeln angezündet, sämtlich einerlei Turnierkleid. Gazul nun vor dem Verlobten hebet hoch sich in den Bügeln, (denn auch er war heut zu Pferde dieser schonen Nacht zur Ehre) und er warf ihm eine Lanze, durch und durch er ihn gebohret. Aufruhr da entsteht im Plaze, und der Maur entblöfsl den Degen; Gazul durch die ganze Menge kehret wieder nach Medina.

Es gibt nichts teufleri6cheres und wüthenderes als die Eifersucht; die Schriften sind voll von den durch sie verursachten unglüklichen Begebenheiten. Mit Wahrheit sagen die, welche Erfahrung davon haben, dafs sie eine grausame Wuthkrankheit ist, die durch leichtsinnige liebende veranlast wird. Betrachtet nur die schöne Zaida von Cherez, die nach sechs Jahren der Liebe und des Umganges mit dem wakkeren Gazul unbesonnenerweise das Blatt wendete, und ihn vergab um

458

Siebzehnter Abschnitt.

den Mauren Zaide von Sevilja, weil er ein mächtiger und reicher Mensch, und Gazul es nicht in dem Grade war; ohne Rüksicht auf den persönlichen Werth, worin «je sich sehr unterschieden; denn Gazul, obgleich kein reicher Ritter, war doch von edelm S t a m m e , wie die vorige Romanze besagt; aufeerdem tapfer und kräftig, von feingebildetem gewanten Leibe, wie wir oben er»ählt haben. Auch war er nicht so arm, dafs er nicht ein Vermögen gehabt hätte, welches auf dreissigtausend Dobeln sich belief; er stand in vornehmer Verwantschaft, alle seines Geschlechtes waren sämtlich sehr reich, und in Granada hochgeachtet. Weil aber der Maur Zaide noch gröfseren Reichthum besafs, so wählte sie ihn zum Gemal. Verwünscht sei der Reichthum! oft verschliefst er edeln Menschen den Weg zum Glükke, weil sie nicht reich sind, wie wir jezt ein Beispiel haben an Gazul, welcher verworfen ward, denn es hiefs, er sei nicht to reich als Zaide; wie uns die Romanze berichtet. Doch meines Bedünkens ist nicht zu glauben, dafs Zaida Gazul vergessen hätte wegen seiner Armuth; denn nach Verlaufe von sechs Jahren, die er ihr diente, konte sie nicht in Ungewisheit sein, ob er reich war oder nicht. Eine Liebe von sechs Jahren, mein' ich, last sich sehr schwer vergessen. Einen Grund können wir annehmen von dem Wankelmuthe Zaida's: dafs ihre Eltern oder Verwanten sie zwangen zur Heirath mit dem Mauren Zaide, weil er reich war, und sie nicht wagte, anders zu handeln als ihre Eltern oder Verwanten beschlossen. So •cheint es in jener Romanze, welche handelt von den» Rohrspiel in Chelves, wo sie der Sklavin ihre Liebe zu Gazul bekennet, und dafs ihr Inneres von ihm eingenommen sei; woraus zu schliefsen ist, dafs sie wider ihren Willen verheirathet wurde.

Siebzehnter Abschnitt.

459

Doch zurük zur Sache. Der Anfang der Romanze, welche wir hergesezt haben, weicht weit ab vom Ziele der Geschichte. Die Gedanken sind zwar gut, aber doch etwas frostig, und der Klang ist nichts weniger als lieblich wegen der Verwirrung, die in ihr herrscht, und weil erst am Ende die wirkliche Begebenheit erklärt; wird. Jezt, mit Erlaubniss des Verfassers', ist sie etwa« verbessert, indem die Geschichte treu dargestellt ist; denn die Romanze, wie wir gesagt haben, erzählt, dafa Gazul zu der Zeit gelebt habe, da Sevilja und Cherez den Mauren gehörte; welches ganz falsch ist: er lebte zu der Zeit der katholischen Könige; Sevilja und Che« rez gehörte 6chon den Kristen, Sevilja von dem Könige Don Ferdinand dem dritten erobert, und Cheres von dem Könige Don Alonso dem elften. Ein Dichter hat sich daher gefunden, der eine andre Romanze desselben Inhalts machte, die nach meiner Meinung deutlicher ausfallen wird und anmuthiger in Schreibart und Klang* Hier folgt sie. Nicht von solchem Muth erfüllet Rodamont der Afrikaner, den sie Algiers König nanten und von Karza beigenamet, ging für seine Doralize gegen Mandrikard den starken; wie der gute Gazul auszog von Sidonia, gerüstet, grofse Tkat zu unternehmen, die noch niemal unternommen. Zu dem Zwekke schmukket er sich mit dem Panzerhemd' und W a m m e j , leget an den spizen Degen, der von Fez ihm war gesendet, den mit scharfer harter Schneide hatte dort ein Krist geschmiedet,

Siebzehnter Abschnitt. welcher war in Fez Gefangner und daselbst des Königs Sklave; Gazul schüset ihn noch höher •1s das Königreich Granada. lieber seine Rüstung legt er einen dunkelrothen Mantel; keine Lanze will er tragen, um mehr unbemerkt zu geben. Ab nun reiset er nach Cheres dabin ist sein Sinn gerichtet, nnd durchrennt die ganze Ebne mit des Pferdes schnellem Laufe; watend durch den Fluss er gehet, der genant wird Guadalete, er, der gibt berühmten Namen altem weitberuinen Hafen, (Sanktmaria sie ihn nennen) unseres hispanschen Meeres. D a er ilber'n Fluss gesecet, treibet er sein Pferd noch schneller, um nach Cherez zu gelangen nicht zu spät und nicht zu zeitig, denn Zaida sich vermählet einem Seviljaner-Mauren, weil er mächtig und begütert, in Scvilja hoch verwant ist, und Urenkel des Alkaiden, vorgesezet in Sevilja dem Alkazar und dem Tburme; Maur von Macht und grofsem Muthe. Nun mit diesem hat Zaida die Verehlichung beschlossen; aber theuer solche Heirath ist dem Maurn zu stehn gekommen; denn der hochbeberzte Gazul, als er Cherez hat erreichet in der Nacht zur zweiten Stunde, so hat er sich's vorgenommen.

Siebzehnter Abschnitt. nahe bei Zaidens Hause «teilt er sich verstekterweist. Denkend steht er: was er thue in so einem schweren Falle; dann beschliefst er einzutreten und zu tödten den Verlobten. Da er diesen Schluss gefasset, sah er kommen ganz gemächlich einen grofsen Haufen Volkes, leuchtend tausend Fakkeln tragend; in der Mitte kam Zaida, an der Hand führt sie der Bräutgam, und die Zeugen sie begleiten, andern Orts sich zu vermählen. Sie ersah der gute Gazul mit verstöretem Gemüthe; einem Löwen er vergleichbar in dem höchsten Zorn entbrante; aber zügelte die W u t h noch, nahte sich mit seinem Pferde, um den Vorsaz auszuführen, und in nichts ihn zu verfehlen; wartet auf des Volkes Ankunft, wo er stehet in Bereitschaft. Da sie naher angekommen, ziehet er den spizen Degen; laut, damit sie ihn vernahmen; hat er solcherweis gesprochen: „Denk nicht, Dich zu freun Zaida'j, „niedrer Maur und schlechter Bauer! „halte mich nicht für Verräther, „denn ich warne Dich und sage: „Leg die Hand an Deinen Säbel, „wenn Du Dich des Muthes rühme«t t " I n dem Sprechen dieser W o r t e ihm er einen Stich gegeben mit des Degens Spize grausam, d«r ihm durch und durch gefahren.

462

Siebzehnter Abschnitt. Todt fiel hin der Maare schreklich von dem mörderischen Stiche. Alle schfein: „ E r sterbe, sterbe, „der gethan «in solch Verbrechen!'* Doch der gute Gazul wehrt sich, niemand naht sich ihm zu schaden; und auf solche Weise Gacul sich mit seinem Pferde rettet.

Staunend und erschüttert gingen eie; voller Furcht blieben die, welche die schöne Zaida führten, einige noch wolten wüthend anfallen den guten Gazul 5 da sie aber sahen, dafa sie ihm nichts anhaben konten, weil er zu Pferde war, und der Tumult nichts helfen könte, den erlittenen Schaden zu ersezen, so nahmen die Verwanten den schon völlig todten Mauren, und trugen ihn unter grobem Wehklagen in das Haus der schönen Zaida, welche die ganze Nacht nicht aufhörte, ihren Verlobten zu beweinen. Der einzige Trost war, der ihr (loch blieb bei ihren Thränen und Klagen, dafs sie dachte, der hochherzige Cazul würde ihr wieder dienen wie vorher, und sich mit ihr vermählen, welches aber nicht so kam als sie dachte; wie wir nachher sagen werden. Am andern Morgen wurde der Todte ehrenvoll begraben, wie ein angesehener und reicher Mann, nicht ohne vieles Wehklagen von der einen und der andern Seite. Die Verwanten verschworen sich, Gazul bis zum Tode zu vetfolgen durch den Weg Rechtens, denn ein anderes Mittel hatten sie nicht. Iezt zu unserm Gazul. Als er jene verteufelte That begangen hatte, ging er wie ein verzweifelter Mensch nach Granada, wo er Vermögen und Verwante hatte, aber einige Tage nach seiner Ankunft peinlich belangt wurde bei dem Könige von Granada wegen der Ermordung d#» ««Viljischen Mauren t der Zaidc feieft. Sehr

Siebzehnter Abschnitt.

463

unangenehm war dem Könige diese Anklage, denn er liebte höchlich Gazul wegen seiner Tapferkeit; doch nach gehörter und vernommener Sache konte er nicht umhin, die Ankläger zu befriedigen. Kurz, er nahm sich der Sache an, und m i t ihm andre von den vornehmsten Rittern Granada's; es wurde dahin gebracht, dafs sie den guten Gazul in zweitausend Dobeln für di« Ankläger verurtheilten; und so war er befreit von diesem Rechtshandel. Zu dieser Zeit wante er seine Augen auf die schöne Lindarache, und ergab sich ihrem Dienste, wie wir oben gesagt haben, welches sie sehr gern sah, und worüber der gute Gazul mit Reduan den gefährlichen Zweikampf hatte, den wir erzählt haben. Endlich, in Rüksicht des wakkeren Muza, entzog sich Reduan der Liebe der schönen Lindarache, und sie verblieb Gazuln, der ihr diente bis zur Ermordung der Abenzerrachenritter, wobei auch Lindarachens Vater u m k a m , weshalb sie als Verbannte von Granada fort und nach Sanlukar ging, begleitet von dem guten Gazul und andern ihrer Freunde. In Sanlukar besuchten und sprachen sich die beiden Liebenden zu ihrer grofsen Freude bis zur Belagerung Granada's durch den König Don Ferdinand, da Gazul von seinen Verwanten gerufen wurde, u m gegenwärtig zu sein bei der vorzunehmenden Unterhandlung mit dem Könige von Granada wegen Ueberlieferung der Stadt an den kristlichen König. Gazul reisete ab nach Granada, und in dieser Abwesenheit fehlte es nicht an •olchen, die Lindarachen alles erzählten, was zwischen Gazul und der schönen Zaida vorgefallen war, und die Ermordung ihres Verlobten; sagten ihr auch, dafs Gazul in Cherez und nicht in Granada sei; worüber die schöne Lindarache unmäfsigen K u m m w empfand und tödliche

464-

Siebzehnter Abschnitt.

Eifersucht faste in ihrem Gemüthe. Dies war die Ursache, dafs Lindarache dem guten Gazul grausam und unfreundlich sich zeigte, da er von Granada nach Sanlukar zurükkehrte, als ersteres den Kristen gänzlich verblieb; wie Ihr gehört habt. Da er bei seiner Rükkehr nach Sanlukar solche Veränderung in Lindarache fand, war er voller Verwunderung, wüste nicht, was die Ursache davon sei, und starb, sie zu sehen und zu sprechen; sie aber hütete sich sorgfältig davor, und bewies sich durch ihre Zuriikhaltung immerfort grausam und strenge gegen ihn. Um diese Zeit war in Chelves veranstaltet jenes Rohrspiel, von dem wir gesprochen haben, und Gazul dazu eingeladen; da er sich denn sauber kleidete in weifs, blau und schwarz; wie wir gesagt haben. Ehe er abreisete nach Chelves starb er, seine Gebieterin zu sehen; so sagt die Romanze von Sanlukar: „ G e h t er vielmal hin und wieder." Diese Romanze hätte sollen hier ihren Flaz finden, aber u m die Eifersucht Lindarachens und deren Ursache zu erzählen, ist sie besser vorher gesezt, u m so mehr da sie wenig Wichtiges enthält; nachdem wir die Geschichte des guten Gazul in's klare gebracht hatten. Diesen haben wir schon versezt nach Granada m i t seiner geliebten Gattin Lindarache; und die schöne Zaida blieb auf der Seite, obgleich einige behaupteten, dafs sie sich vcrbeirathete m i t einem Vetter Gazuls, reichem und angesehenen Manne in Granada, und dafs der maurische König diese Heirath gemacht habe, damit Zaida ihren Unmuth gegen Gazul verliere. Nun lassen wir alles dieses, und kehren zurük zum Faden unserer Geschichte, von welcher uns noch etwas zu sagen übrig bleibt. Nachdem der König Don Ferdinand Granada zum Eigenthum erhalten hatte, empör« ten

Siebzehnter Abschnitt.

465

teil sich alle Orte der Alpucharren, weshalb der König die gegenwärtigen HaUptleute versammelte, und dann die so anredete: „ W o h l wist Ihr, edle Ritter und tap„ f e r e Hauptleute, dafs Gott durch seine Güte uns in ,, den Besiz von Granada gesezt h a t , und zwar u m sei„ n e r Barmherzigkeit willen, und dafs Euer gutes Ben e h m e n und Eure Tapferkeit das zweite Werkzeug un„serer Siege gewesen ist. J&zt haben sich wieder em„ p ö r t alle Orte des Gebirges, und es ist nothwendig, „ gegen sie aufzubrechen und sie von neuem zu erobern. „Deshalb erweget, edle Hauptleute und tapfere Ritter, „ w e r von Euch gehen soll in das Gebirge wider die „aufgestandenen Mauren, und pflanzen meine königli,, clien Paniere auf die Alpucharren. Hoch halten werde ,, ich diesen Dienst, und, der sich dazu entschliefst, wird „nichts verlieren dabei, vielmehr gewinnen an R u h m „ u n d Herrlichkeit." Hier endigte der König seine Rede, und erwartete, wer von den Rittern antworten würde. Alle anwesende Hauptleute sahen sich darauf an einer den andern, wer antworten und das Geschäft übernehm e n würde; und so blieben sie ein wenig, ohne dem Kö.nige zu antworten; denn gefährlich war der Hingang und sehr zweifelhaft die Rükkehr; alle empfanden in ihrem Herzen eine gewisse Furcht. Der muthige Hauptm a n n Don Alonso von Agilar, sehend dafs keiner sprach, wie es doch die eilige Noth erfojderte, stand auf, nahm den Hut vom Kopfe, und redete z u m Kpnige also: „Diese Unternehmimg, katholische Majestät, gehört für y mich, denn meine Gebieterin, die Königin hat sie mir „versprochen." Verwundert waren alle Ritter über das gegebene Versprechen; der König freute sich sehr, und befahl gleich am andern T a g e , dafs Don Alonso tausend Mann auserwähltes Fufsvolk nnd fünfhundert Gg

466

Siebzehnter Abschnitt.

Reuter gegeben werden solten; er und sein königlicher Statsrath meinend, dafs dieses Volk hinreichend sein •würde, die aufgestandenen rebellischen Ortschaften wieder zur Ruhe zu bringen. Don Alonso von Agilar, begleitet von vielen Rittern, seinen Verwanten und Freunden, die ihm auf dieser Fahrt folgen wolten, reisete ab von Granada mit vielem Frohmuthe, und fing an, das Gebirge zu ersteigen. Die Mauren, welche das Anrükken der Kristen erfahren hatten, rüsteten sich schleunig zur Gegenwehr, und besezten alle enge Pässe des Weges, um das Hinaufsteigen der Kristen zu verhindern. Da also Don Alonso mit seinem Trupp ankam und in die engsten Wege eingedrungen war, so stürzten die Mauren mit grofsem Geschrei auf die Kristen, und schleuderten eine grofse Menge Steine von den Bergen hinunter, welche merklichen Schaden uuter dem kristlichen Volke anrichteten, und viele derselben tödteten. Die Reuter, gänzlich geschlagen, musten sich zurükziehen, weil sie hier doch nichts ausrichten konten, und viele von ihnen kamen um. Da der gute Don Alonso den wenigen Vortheil seiner Reuterei und die völlige Zerstörung des Fufsvolkes sähe, rief er seinen Leuten Muth zu mit lauter Stimme, immer noch hinaufsteigend; aber was half es ihm? da die Mauren, ohne zu fechten, viele Kristen tödteten durch die in die engen Schluchten hinabgestürzten Felsstükke. Die Niederlage war so grofs dafs, ehe Don Alonso auf die Höhe kam, ihm schon nicht mehr Volk genug übrig blieb, von dem er Beistand erhalten konte, und die, welche mit ihm hinaufkamen, sehr geringer Zahl, ermüdet und schlimm verwundet waren, ohne irgend etwas ausgerichtet zu haben gegen die Mauren. Als jene oben auf eine kleine F.bne gelangt waren, wo sie au fechten dachten, wur-

Siebzehnter Abschnitt.

467

den sie angefallen v o n e i n e m grofsen Maurengeschwader , u n d zwar m i t solcher G e w a l t , dafs sie in kurzer Zeit alle erschlagen w a r e n , und m i t ihnen der tapfere Feldherr D o n Alonso v o n A g i l a r , n a c h d e m er auf das angestrengteste gefochten, u n d allein dreissig Mauren getödtet hatte. Einige der R e u t e r flohen zurük nach Granada, w o sie die Niederlage des Kristenvolkes erzählten, welche tief betrübte den K ö n i g Don Ferdinand u n d alle übrige seines Hofes. Dies w a r das Ende des guten Ritters D o n Alonso v o n Agilar. A u f die Schlacht u n d seinen Tod sang m a n damal folgende sehr alte R o manze : Da Don Ferdinand der König eingenommen hat Granada, wo Herzoge sind und Grafen, lind noch .andre Ehrenmänner, nebst den tapferen Feldherren ans dem span'schen Adelstande; da er's also hat erobert, ruft zusammen er die Feldherr'n, und als sie versammelt waren, spricht er folgendes zu ihnen: „ W e r von allen Euch, Ihr Freunde, „morgen auf's Gebirge gehet, „ u m zu sezen meine Fahne „oben auf die Alpucbarre?" Einer siehe! an den andern, keiner findet sich, der „ J a " sagt, denn der Hingang ist gefahrvoll, und sehr zweifelhaft die Rükkehr; in der Furcht, die sie empfinden, bebt das Kinn an ihnen allen, aufser nicht an Don Alonso, der von Agilar sich nante. Er erhebt sich vor dem König, und zu ihm er redet also: „Diese Unternehmung, König, „ w a r für mich nur aufbewahret; „meine Königin, die Herrin, „ h a t sie schon mir aufgetragen^" Hoch erfreute sich der König über dieses Anerbieten; und noch hat es nicht getaget, als Alonso fort schon reitet mit fünfhunderten zu Pferde, tausend er an Fufsvolk führte; fängt an auf den Berg zu steigen, welchen Schneegebirg sie nsinten. Doch die Mauren, die es wüsten, ordneten ein grofs Geschwader, zwischen Schliind' und tausend Höhen sezten sie sich in Bereitschaft. Cxg Ö

468

Siebzehnter Abschnitt. Das Gefecht nunmehr beginnet grausam und mit Strömen Blutes; denn der Mauren sind gar viele, haben in Besiz die Berge; dorten kan die Reutcrei nicht irgend etwas unternehmen, u n d mrt grofsen Felsenslükken ist sie augenbliks zerstöret. Die entronnen sind von dorten, rükwärts fliehen nach Granada. D o n Alonso und sein Fufsvolk stiegen auf zu einer Ebne, doch sind ihrer viel erschlagen in der Schluft und in dem Hohlweg, denn so zahlreich Mauren drängen, dafs sie alle Kristcn todten. JNoch allein bleibt Don Alonso, sein Geschwader schon vernichtet, einem Löwen gleich er streitet; seine Tapferkeit vermag nichts, denn der Mauren sind "gar. viele, und sie liefsen ihm nicht R n h e ; schon unzähligmal verwundet kan er nicht den Degen f ü h r e n ; durch «las Blut, das er verloren, Don Alons in Ohnmacht sinket; endlich fält er todt zur E f i f . Gott ergebend seine Sele. Der nicht schäzt sich guten Mauren, wer nicht Lanzenstich ihm gibet, tragen ihn an einen Ort hin, der Ochichar ist genennet; h e r sie kommen, ihn zu sehen, als ein W u n d e r w e r k von Manne; Mauren und Maurinnen schau'n ihn, und erfreun sich seines Todes. I h n beweinte eine Sklavin, ein» kristliche Gefangne, die als Kind ihn in der W i e g e an den Brüsten aufgezogen; bei den W o r t e n , die sie saget, jede Maurin Thränen weinte: „ D o n Alonso! D o n Alonso! „ G o t t sei gnädig Deiner Sele! „ M a u r e n haben Dich getödlet, „ M a u r e n von der A l p u c h a r r e ! "

So endigte, wie Ihr gehört habt, der tapfere Rittex Don Alonso von Agilar. Jezt ist ein Streit wegen seines Todes unter den Dichtern, die über diese Geschichte Romanzen geschrieben haben. Einer, dessen Romanze die eben angeführte ist, sagt, dafs diese Schlacht und Niederlage der Kristen im Schneegebirge vorgefallen sei. Em anderer Dichter, Verfasser der Romanze vom

Siebzehnter Abschnitt. g r ü n e n F l u s s e , sagt, dafs die Schlacht in dein rothen Gebirge gewesen. Ich weis n i c h t , w e m ich beitrete. D e r Leser n e h m e , was ihn a m besten d ü n k t ; es k o m t nicht viel darauf a n , da beide Gebirge Alpucharren heissen; obgleich m i r scheint, u n d so ist e s , dafs die Schlacht i m rothen Gebirge vorfiel. So erklärt es eine sehr alte R o m a n z e , Welche folgenderinafsen lautet: Grünes Bächlein, grünes Bächlein! geh'st gefärbt von klarem Blute; zwischen Dir und Kothgebirge viele Reuter sind gestorben, starben Grafen und Herzoge, Herren sie von grofsem VVerthe. Dort auch Urdiales umkam, edler Mann von hoher Achtung. Fliehend steiget Sajavedra hoch hinaiuf zu einem Abhang, Jiinter ihm ein'Abgefallner, welchem er sehr gut bekant warf mit dem lauten Maurenrufe schrei't zn ihm er solcherweise: „Gib Dich, gib Dich, Sajavedra! „denn ich Dich gar wolil erkante, „wohl ich sah Dich Rohrspiel treibet^ „ a u f dem Plaze von Sevilja. „Deine Eltern auch ich kante, „ u n d Elvire, Deine Gattin. „Sieben Jahr war ich Dein Sklave, -,und Du gabst mir übles Leben; „ j e i o wirst Du sein der meine, „oder Leben soll's mich kosten." Sajavedra, als er's hörte, wie ein Low' er um sich kehret; einen Pfeil schoss ihm der Maure, machte W e g sich durch die Höhe. Sajavedra mit dem Degen ihn verwundete gefährlich; todt fiel hin der Abgefallne, von dem starken Stöfs getödtet. Sie umschlossen Sajavedra, mehr als tausend Mauren waren, hauten ihn in tausend Slükke, wuthend gegen ihn gesonnen. Don Alonso während dessen ein sehr grofs Gefecht bestehet, sie erschlugen ihm das Reitpferd, das als W a n d er vor sich hatte, angelehnt an grofsen Felsen er mit Tapferkeit sich wehrte, und ertödtete viel Mauren; doch es half ihm nur gar wenig, denn die vielen hart ihn drängen,

47®

Siebzehnter Abschnitt. grofse W u n d e n ihm versezen, so dafs todt er hingefallen zwischen das Gewühl der Feinde. Ebeni'als der Graf Urcnja, schwer verwundet übermafsen, sich entfernet vom Gefechte, fortgebracht von einem Führer, der genan den Fufsteig l a u t e ; welcher ausging vom Gebirge. Viele Mauren todt er lasset durch des grofsen Muthes Stärke, Auch verschiedene entwischen, die dem guten Grafen folgten. Don Alonso blieb gestorben, neues Leben nun erlangend, mit unsterblicher Verehrung seiner Kraft und seines Werthes.

Einige Dichter hatten Kentniss davon, dafs der Tod D o n Alonso's v o n Agilar in d e m rothen Gebirge geschehen sei, belehrt v o n den königlichen K r o n i k e n ; und da ihnen obige R o m a n z e bekant geworden w a r , so fehlte nicht ein andrer Dichter, welcher eine neue auf denselben Stoff anwante, die sq anfängt u n d spracht: Grünes Bächlein, grünes Büchlein! wieviel Leiber in D i r baden von den Kristen und den Mauren, durch das harte Schwert getödtet! Deine W e l l e n von Kristalle färben sich mit rothem Blute. Zwischen Mauren und den Kristen i j t ein grofser Kampf gefochten, starben Grafen und Herzoge, grofse Herren hohen Werthes, sehr geschäzte Leute starben von dem span'schen Adelstande. In Dir starb auch Don Alonso, der von Agilar sich nante; der beherzte Urdiales mit Atonso hat geendet. Hoch hinauf zu einem Abhang steigt der gute Sajavedra, ist gebürtig von Sevilja, und vom vornehmsten Geschlechte; hinter ihm ein Abgefallncr spricht zu ihm auf solche W e i s e : „Gib Dich, gib Dich, Sajavedra, „nicht entfliehe dem Gefechte, „denn ich kenne sehr genau Dich; „lang war ich in Deinem Hause; „ auf dem Plaze von Sevilja „ wohl ich sah Dich Rohrspiel treiben; „ Vater und die Mutter kenn' ich, „Donna Klara Deine Gattin.

Siebzehnter Abschnitt. „ Sieben J a h r war ich Dein Sklave, „übel hast D u mich behandelt, „ u n d n u n wirst Du sein der meine, „ w e n n m i r Mahomet beistände; „ so ich werde Dich bebandeln, „wie Du einst mich hast behandelt." Sajavedra, als er's hörte, das Gesicht zum Mauren wante; einen Pfeil- schoss ihm der Maure, ihn doch hat er nicht getroffen, aber Sajavedra schlug ihm eine üble tiefe W u n d e ; todt fiel hin der Abgefallne, ohne noch ein W o r t zu sagen. Sajavedra ward umschlossen von dem vielen Maurgesindel; endlich blieb er auch getödtet durch sehr schlimmen Stich der Lanze, Don Alonso während dessen fürchterlich gefochten hatte; sie erschlugen ihm das Reitpferd, und er hat's wie eine Mauer; doch ihn drängen so viel Mauren, dafs sie übel ihn verwunden. Von dem Blut, das er verloren, Don Alonso sinkt i n Ohnmacht; endlich endlich fiel er todt h i o an dem Fufse hohen Felsens. Ebenfals der Graf Urenja, schlimm verwundet, ist entwichen: ihn geleitete ein F (ihrer, welcher kante gut den Eingang. Viele fliehen mit dem Graien, folgen seiner Tritte Spuren. T o d t ist Don Alons geblieben mit erlangtem ew'gcn Ruhme.

471

Dies war der ehrenvolle Tod des tapferen Don Alonso von Agilar; und, wie wir gesagt haben, betrübte er sehr die katholischen Könige. Da sie die entschlossene Gegenwehr der Mauren sahen in so rauhen Gegenden, wolten sie fürjezt nicht mehrere Truppen schikken. Aber die Mauren der Serrania, einsehend dafs sie nicht leben konten ohne Verkehr in Granada, gingen theils über nach Afrika theils ergaben sie sich dem Könige Don Ferdinand, der sie sehr güt aufnahm und mit vieler Gnade. Dieses Ende hatte der Krieg von Granada. Zur Ehre Gottes unser« Herrn sei es. Laus Deo.

Drukfehler. Seite 45. Zeile 24. statt , seze , — 5o. znwider lies zuwider 8. — heinem 1. keinem 53. 5. — werden 1. worden 34. 74- — — dieser 1. diese 91. — 3o. — — . seze , 95. orangen 1. oranjen i 3 3 . — a3: — — — 1. — 19? »79 »79- — — — 36. — denn 1. dann 1 79— i85. — 23. — Albajaldes 1. Albajaldos — 186. — 27. — . seze , — gefalt 1. gefält 8. — 187. — — 30. — diestr 1, dieser igi. — — 198. — nnd 1. und »?• — — 206. — Hopfwunde 1. Kopiwunde i3, — — 22.0. — Manren 1. Mauren ••22. — — 221. — den Ritler 1. einen andern Ritter 3. — — 223. — 21. — Zufrieden- 1, Zufriedenheit — — 228. — gegenwartig I. gegenwärtig 241. — l6. — Königt 1. Königs — — 244. — 21. — , 9eze . — 2, — ersahrxn 1, erfahren 245. — — 245, — 33. — verwusteteten 1. verwüsteten — 246. — 3. _ ans i. aas _ 246. — 20. __ Rindera 1. Riadern __ 256. — — Nach 1. Nacht — 276. — Mahonet I. Mahomet 34. — — 28o< — 19. — ssgen 1. sagen — — vermchrtsn 1, vermehrten 290. 18. — 328. — lass i. lafs 2. — — 33i. — eineu 1. einen Ii. — 334. — Morgens 1. Morgens 28. — — 565. — deiselbe 1. dieselbe 3* — — Frennde 1. Freunde 37 1 » — 9» — — wieder 1. wider 378. — 34. — « — sieh 1. sich 384. — 25. — — 385. — 10. — gesprochen 1, gesprochen — 4ot. — fieffe 1. hoffe 7. — — 4o3. — 3. — nd 1. und — 416. — 14. — seiue i. seine — 445. — — lfi. auf 1. auf — 448. — 25. — das L. dafs — 45o. — 4- —• t o n 1. nach