Fundamentalismus: Ein Abgrenzungsbegriff in religionspolitischen Debatten [1. Aufl.] 978-3-658-27328-6;978-3-658-27329-3

Wenn Religion gefährlich wird, ziehen Forscher, Politiker und Feuilletonisten den Containerbegriff Fundamentalismus hera

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German Pages XI, 234 [241] Year 2019

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Fundamentalismus: Ein Abgrenzungsbegriff in religionspolitischen Debatten [1. Aufl.]
 978-3-658-27328-6;978-3-658-27329-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XI
Einleitung (Christoph Urban)....Pages 1-51
Fundamentalistische Phänomene (Christoph Urban)....Pages 53-68
Der modernitätstheoretische Diskurs (Christoph Urban)....Pages 69-108
Der bibelhermeneutische Diskurs (Christoph Urban)....Pages 109-143
Der kirchenpolitische Diskurs (Christoph Urban)....Pages 145-180
Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit) (Christoph Urban)....Pages 181-190
Back Matter ....Pages 191-234

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Christoph Urban

Fundamentalismus Ein Abgrenzungsbegriff in religionspolitischen Debatten

Fundamentalismus

Christoph Urban

Fundamentalismus Ein Abgrenzungsbegriff in religionspolitischen Debatten

Christoph Urban Konz, Deutschland Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, 2019

ISBN 978-3-658-27328-6 ISBN 978-3-658-27329-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Anna

Danksagung Die vorliegende Untersuchung wurde 2018 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation unter dem Titel „Fundamentalismus. Ein Abgrenzungsbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie seit 1979“ angenommen. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Weinrich, der die Arbeit mit Geduld und Weisheit über die Pensionsgrenze hinaus betreut hat. Prof. Dr. Traugott Jähnichen danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Dr. Annegreth Schilling, Ulrike Eichler und Holger Domas bin ich für den wertvollen Austausch im Doktorandenkolloquium verbunden. Caroline Peters hat das gesamte Werden der Studie begleitet, die ohne ihre Hilfe so nicht hätte entstehen können. Prof. Dr. Andreas Mühling stand mit manchem Rat vor der Abgabe zur Seite. Die Evangelische Kirche im Rheinland und die Evangelische Kirche in Deutschland sowie die Union Evangelischer Kirchen haben die Drucklegung mit einem namhaften Zuschuss unterstützt. Die Freunde K. Rüdiger Durth, Timo Rieg, Marion und Alexander Zähring, Eva von Winterfeld sowie Benjamin Benke haben sich durch Interesse, Mitdenken und Korrekturlesen hervorgetan. Ferner danke ich Lektorin Dr. Elke Flatau für die hervorragende Betreuung vonseiten des Verlages. Meine Familie hat das Projekt auf vielfältige Art ermöglicht. Mein Dank gilt meiner Frau Anna Peters, meinen Eltern Ingrid und Reinhold Urban, den Schwiegereltern Renate Niehaus und Tobias Treseler sowie unseren Kindern Adele, Alwin und Elsa. Gewidmet ist dieses Buch der Liebe meines Lebens. Christoph Urban Konz, Johannis 2019

Inhalt 1 Einleitung 1 1.1 Voraussetzungen 2 1.1.1 Begriffsgeschichtlicher Hintergrund 2 1.1.2 Die Geschichte des nordamerikanischen Fundamentalismus 5 1.1.3 Der Fundamentalismusbegriff in Deutschland 15 1.2 Zum Stand der Forschung 23 1.3 Fragestellung, Gegenstand und These 34 1.3.1 Kontexte und Definitionsversuche 35 1.3.2 Merkmale und Kriterien 39 1.3.3 Abgrenzungsbegriff Fundamentalismus 45 1.4 Aufbau, Methode und Darstellungsweise 48 2 Fundamentalistische Phänomene 53 3 Der modernitätstheoretische Diskurs 69 3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung 75 3.2 Fundamentalismus und Pluralismus 86 3.3 Fundamentalismus und Individualismus 93 3.4 Exkurs: Fundamentalismus und Entwicklung 101 4 Der bibelhermeneutische Diskurs 109 4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration 119 4.2 Fundamentalismus und Kreationismus 130 4.3 Fundamentalismus und Prämillenarismus 138 5 Der kirchenpolitische Diskurs 145 5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus 149 5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung 160 5.3 Fundamentalismus und Islamismus 171 6 Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit) 181 6.1 Modernitätstheoretischer Diskurs 182 6.1.1 Modernitätstheoretische Differenzierungen 182 6.1.2 Modernitätstheoretische Distanzierungen 183 6.1.3 Modernitätstheoretische Orientierungen 184 6.2 Bibelhermeneutischer Diskurs 184

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Inhalt

6.2.1 Bibelhermeneutische Differenzierungen 184 6.2.2 Bibelhermeneutische Distanzierungen 185 6.2.3 Bibelhermeneutische Orientierungen 186 6.3 Kirchenpolitischer Diskurs 187 6.3.1 Kirchenpolitische Differenzierungen 187 6.3.2 Kirchenpolitische Distanzierungen 188 6.3.3 Kirchenpolitische Orientierungen 189 6.4 Ausblick 189 7 Literaturverzeichnis 191

Abstract Der Begriff des Fundamentalismus hat eine erstaunliche Karriere vorzuweisen. Obwohl ursprünglich ein genuin protestantischer Terminus, der eine Bewegung streng-konservativer Christinnen und Christen in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezeichnet, wird er infolge der Iranischen Revolution 1979 erstmals auf einen islamistischen Kontext ausgeweitet. Seitdem nutzen ihn Forscher, Politiker und Feuilletonisten, wenn Religion gefährlich wird. Darüber ist der Fundamentalismus zu einem Containerbegriff geworden, in dem vieles seinen Platz findet: gewaltbereite Gotteskrieger, militante Abtreibungsgegner, bibelgläubige Kreationisten. Allerdings ist damit auch eine gewisse Unordnung in seinem Gebrauch eingetreten, welche den heuristischen Wert schmälert. Daher macht sich die vorliegende systematisch-theologische Analyse daran, aufzuräumen und Ordnung zu schaffen für den Bereich der deutschsprachigen protestantischen Theologie. Sie weist die besondere Bedeutung des Fundamentalismusbegriffes als eines Abgrenzungsbegriffes nach, mit dem Theologinnen und Theologen markieren, wo sie in aktuellen Diskursen gefährliche Grenzen überschritten sehen. Die so gewonnene Topografie ist gleichzeitig eine Einführung in wesentliche religionspolitische Debatten der Bundesrepublik.

1 Einleitung Fundamentalismus ist ein Containerbegriff. Container zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie normiert sind und dass viel in sie hineinpasst. Glasflaschen, Bauschutt, LCD-Fernseher. Güter aller Art umrunden im Container den Globus. Es ist ihre Bestimmung, dass sie von Zeit zu Zeit geleert werden. Zudem haben sie etwas Provisorisches. Manche Schulklasse wird in ihnen unterrichtet, mancher Flüchtling findet vorübergehend in ihnen eine Bleibe. Seit 40 Jahren ist der Containerbegriff Fundamentalismus in Mode, seit er infolge der Islamischen Revolution (1979) zum ersten Mal weit über seinen protestantischen Ursprung hinaus auf religiöse und politische Phänomene aller Art angewandt wurde. Seitdem hat ihn eine ganze Generation deutschsprachiger protestantischer Theologinnen und Theologen mit ihren Beiträgen befüllt, weil sie ebenjenen Container Fundamentalismus als prädestiniert dafür ansahen. Das Ergebnis ist dennoch absolute Unordnung, auch, weil es bislang an der Normierung fehlt. So macht sich die vorliegende Arbeit daran, aufzuräumen und Ordnung zu schaffen. Dazu empfiehlt es sich, den Container komplett zu leeren, dann Bedeutsames und Entbehrliches zu trennen, schließlich eine Ordnung zu entwickeln und alles an seinen Platz zu stellen. Sie vollzieht dies in der Hoffnung, dass dadurch die Gegenstände zugänglich werden, die im Container Fundamentalismus lagern, manches Fundstück ans Licht gebracht wird und vor allem jeder Inhalt dort zur Geltung kommt, wo er fernerhin dienlich sein kann. Die Fragestellung der Untersuchung lautet: Wie verwenden deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart den Fundamentalismusbegriff? Die These weist Fundamentalismus als einen Abgrenzungsbegriff aus, mit dem Theologinnen und Theologen markieren, wo sie in bestimmten aktuellen Diskursen gefährliche Grenzen überschritten sehen.1 Der Terminus bietet damit die Möglichkeit einer theologischen Positionsbestimmung und wird mitunter nur so lange herangezogen, bis die Debatte abgeebbt ist und/oder sich präzisere Begriffe etabliert haben. Manche der versammelten Diskurse, die über den Fun1 Der angewendete Diskursbegriff ist ein alltagssprachlicher im Sinne eines gelehrten Gespräches, das über seinen Gegenstand bestimmt wird. In einer gewissen Weise kann die vorliegende Arbeit als Diskursanalyse verstanden werden, unbeschadet dessen, dass hiermit vornehmlich ein breit ausgearbeitetes Instrumentarium qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung bezeichnet wird. Zum weiten Feld des Diskursbegriffes, Diskurstheorien und Diskursanalyse aus sozialwissenschaftlicher Sicht vgl. Keller, Reiner: Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen, 4. Aufl., Wiesbaden 2011.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_1

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1 Einleitung

damentalismusbegriff geführt werden, haben daher ihre Aktualität eingebüßt, andere dauern an. Gegenstand der Arbeit ist nicht vorrangig der Fundamentalismus an sich, nicht der Vergleich verschiedener Fundamentalismustheorien, nicht eine eigene Definition von Fundamentalismus, die am Ende stehen würde, sondern die nachweisbare Berufung auf den Fundamentalismusbegriff als eine Art Chiffre, die in bestimmten Zusammenhängen zum Einsatz kommt. Daraus ergibt sich der spezifische Zirkel der Untersuchung. So lange deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart ihre Gefahrenmeldungen in den Container Fundamentalismus legen, werden diese betrachtet. Wenn sie andere Begrifflichkeiten wählen, zum Beispiel Kreationismus, und den Fundamentalismusbegriff meiden, liegen ihre Erörterungen außerhalb unseres Gegenstandsfeldes. Jetzt kann man einwenden: Aber damit hat sich der Fundamentalismus doch nicht erledigt, egal, welchen Begriff man heranzieht. Das stimmt. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Ein religiös motivierter und schlecht begründeter Antidarwinismus existiert, unabhängig davon, ob er als Fundamentalismus oder Kreationismus bezeichnet wird. Im Rahmen dieser Arbeit, welche die Verwendung des Fundamentalismusbegriffes durch deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen untersucht, kann er allerdings nur wahrgenommen werden, wenn er auch tatsächlich als solcher benannt wird. Dies gilt auch für den islamischen Fundamentalismus, der in dem Moment, wo er allein unter Islamismus firmiert, nicht mehr abgebildet werden kann. So zeichnen sich Container manchmal nicht nur dadurch aus, dass man viel in sie hineinlegen kann, sondern auch dadurch, dass man mehr in ihnen vermuten kann, als am Ende in ihnen steckt. 1.1 Voraussetzungen Um den Fundamentalismusbegriff als Thema der deutschsprachigen protestantischen Theologie wahrnehmen zu können, müssen wir in größtmöglicher Breite schauen, wofür er allgemein steht, seine Geschichte zur Kenntnis nehmen sowie einen ersten Eindruck über seinen Gebrauch erhalten. 1.1.1 Begriffsgeschichtlicher Hintergrund Sprachwissenschaftlich handelt es sich bei dem Begriff Fundamentalismus um ein Derivat, eine Ableitung. Die Endung -ismus lässt aus dem Adjektiv fundamental ein abstraktes Substantiv entstehen. Ismen bezeichnen oft Geisteshaltungen wie Optimismus oder Pessimismus. Viele Wendungen

1.1 Voraussetzungen

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dieser Art klingen negativ und radikal, etwa Rassismus oder Sexismus, andere gänzlich neutral wie zum Beispiel Mechanismus. Für gewöhnlich werden politische oder religiöse Einstellungen mit Ismen bezeichnet: Kommunismus, Liberalismus, Protestantismus, Konfuzianismus. Das Adjektiv fundamental entstammt dem Substantiv Fundament.2 Dessen Herkunft ist das lateinische fundus, zu Deutsch: Boden oder Grund. Das Verb fundare bedeutet, den Grund legen. Das Substantiv fundamentum meint die Grundlage. Weitere deutsche Synonyme für Fundament lauten Grund, Unterbau, Basis, Boden, Sockel, Grundfeste, Grundmauer oder Grundbau. Antonym ist der Überbau. Hermann Timm übersetzt fundus treffend mit „Wurzelboden“ im Gegensatz zu fundamentum, das sich durch Statik und Festigkeit auszeichnet.3 Wir befinden uns also begrifflich im Bereich von Landwirtschaft und Bauwesen. Ein übertragener Sinn liegt auf der Hand. Das Fundament ist eine gebräuchliche Metapher. Schon Jesus spricht im Hausbaugleichnis vom Fundament, das auf Fels gegründet sein möge – und versteht darunter eine gesunde Glaubens- und Lebenseinstellung.4 Der Begriff Fundament wird im Neuen Testament ferner zu einem christologisch qualifizierten Terminus, wenn Jesus Christus als der Grund, auf welchem die Gläubigen aufbauen, bezeichnet wird.5 Auch das Adjektiv fundamental wird alltagssprachlich hauptsächlich im metaphorischen Sinne gebraucht.6 Es lässt sich mit grundlegend, ursprünglich, bedeutsam, wichtig oder schwerwiegend übersetzen. Der Begriff Fundamentalismus bezeichnet also wortgetreu eine Geisteshaltung, die sich den Grundlagen verpflichtet weiß. Aber damit ist der Sprachgebrauch noch nicht hinlänglich erfasst. Denn auch, wenn sich die Bedeutung von Fundamentalismus recht neutral beschreiben lässt, ist der Begriff keineswegs neutral besetzt. In den Ohren der meisten Menschen klingt er negativ und wird mit Begriffen wie Extremismus, Fanatismus, 2 Grimm, Jacob und Wilhelm: Art. Fundament, in: Deutsches Wörterbuch, Bd. 4, Leipzig 1854, Sp. 534-535, http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=fundament (Stand: 20.05.2018). 3 Timm, Hermann: Der Wurzelboden des Fundamentalismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 25 (1992), Nr. 6, S. 329-332. 4 Lk 6,47-49. 5 1Kor 3,9-11; vgl. Kuhn, Jochen: Gespräch mit dem Fundamentalismus?, in: Kuhn, Jochen (Hg.): Fundamentalismus, Bovenden 1996, S. 40-46; Geisser, Hans Friedrich: Fundamentalismus. Müssen Gläubige nicht Fundamentalisten sein?, in: Halter, Hans (Hg.): Verunsicherungen, Zürich 1991, S. 37-58. 6 Grimm, Jacob und Wilhelm: Art. fundamental, in: Deutsches Wörterbuch, Bd. 4, Leipzig 1854, Sp. 535-536, http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=fundamental (Stand: 20.05.2018).

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1 Einleitung

Dogmatismus, Terrorismus und Radikalismus assoziiert. Gemeinsam ist diesen Termini die geistige Enge, welche man ihren Vertreterinnen und Vertretern beimisst. Nimmt man dies hinzu, so steht Fundamentalismus allgemein gesprochen für jede Geisteshaltung, die keinen Widerspruch duldet und sich nicht hinterfragen lassen will. Ein Fundamentalist ist übertrieben prinzipientreu. Gottfried Küenzlen macht auf einen weiteren Aspekt im Sprachgebrauch des Begriffes Fundamentalismus aufmerksam, wenn er pointiert formuliert: „Fundamentalisten sind immer die Anderen“.7 Richtig daran ist, dass die Bezeichnung als Fundamentalist in den allermeisten Fällen pejorativ gebraucht wird; sie dient dazu, andere zu schmähen und herabzusetzen. Der negativ motivierte Gebrauch des Fundamentalismusbegriffes wird auch in dieser Arbeit einen breiten Raum einnehmen. Falsch hingegen wäre es anzunehmen, dass Fundamentalisten immer die Anderen seien. Denn es gibt durchaus zarte Versuche hier und da, den Schmähbegriff Fundamentalismus bewusst retten und positiv interpretieren zu wollen. Michael Trowitzsch bekennt: „Ich bin ein Fundamentalist“ und fordert eine deutlichere theologische Sprache.8 Stephan Holthaus glaubt: „Ein richtig verstandener Fundamentalismus zieht liebevoll, aber beharrlich, notwendige Grenzen.“9 Manfred Josuttis plädiert gar für einen evangelischen Fundamentalismus. „Eine Kirche, die dem Evangelium dienen will, kann nicht entweder fundamentalistisch oder pluralistisch sein; sie kann nur, auch im Interesse suchender und fragender Zeitgenossen, einen evangelischen Fundamentalismus vertreten.“10 Insgesamt handelt es sich bei diesen Einlassungen jedoch um Ausnahmen, die nur von Wenigen geteilt werden. Margot Käßmann urteilt: „Ein evangelischer Fundamentalismus ist ein Widerspruch in sich selbst, denn das stets neue Ringen um Antwort ist Teil des reformatorischen Erbes.“11 7 Küenzlen, Gottfried: Sind nicht die Fundamentalismen der anderen das Problem, sondern die womöglich auch fundamentalistische Moderne selbst? in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995, S. 2. 8 Trowitzsch, Michael: Ich bin ein Fundamentalist. Warum wir keine mitläuferischen Floskeln brauchen, sondern christliche Deutlichkeit, in: Zeitzeichen, Jg. 19 (2018), Nr. 2, S. 21. 9 Holthaus, Stephan: Wir brauchen Fundamente – Plädoyer für einen biblischen „Fundamentalismus“, in: Jaeger, Hartmut/Fletsch, Joachim (Hg.): Fundamentalismus. Sind bibeltreue Christen Fundamentalisten?, idea-Dokumentation 1/04, Dillenburg/Wetzlar 2004, S. 56. 10 Josuttis, Manfred: Fundamentalismus und Pluralismus, in: Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 158. 11 Käßmann, Margot: Kirchentagsbewegung in der Spannung zwischen Vielfalt und Eindeutigkeit, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität, Leipzig 1998, S. 134.

1.1 Voraussetzungen

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Henning Schröer bringt es salomonisch auf die Formel: „Fundamente ja, Fundamentalismus nein!“12 Wir halten fest: Der Fundamentalismusbegriff ist ein zwar leicht herleitbarer, aber umstrittener Terminus. Die Begriffsgeschichte lässt dagegen im Folgenden erkennen, dass es sich bei Fundamentalismus ursprünglich um keine Fremdbezeichnung handelt, sondern eine Selbstbezeichnung einer Gruppe von konservativen evangelikalen Christinnen und Christen im nordamerikanischen Protestantismus des frühen 20. Jahrhunderts. 1.1.2 Die Geschichte des nordamerikanischen Fundamentalismus Der nordamerikanische protestantische Fundamentalismus lässt sich als soziale Bewegung beschreiben.13 Darunter versteht die Soziologie einen mehr oder weniger organisierten, bewussten und unbewussten Zusammenschluss von Personen und Institutionen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und gesellschaftliche Veränderungen anstreben.14 Die Wurzeln der Bewegung reichen in den angelsächsischen Millenarismus des 19. Jahrhunderts zurück.15 Die ersten Fundamentalisten sind Anhänger eines prämillenaristischen Dispensationalismus. Der Millenarismus lehrt ein tausendjähriges Reich (Millennium) vor dem Jüngsten Gericht und dem Weltende.16 Der Prämillenarismus erhofft die Wiederkunft Christi vor dem tausendjährigen Reich. Er gilt als kulturpessimistisch.17 Gesellschaftliche Verfallserscheinungen werden als Vorboten der im Grunde ersehnten Endzeit gedeutet; für eine bessere Welt einzutreten, könnte dem Plan Gottes widersprechen. Der Postmillenarismus, welcher die Wiederkunft Christi nach dem Millennium erwartet, gilt hingegen als optimistisch. Christinnen und Christen können das Reich Gottes durch Mission errichten. Der Dispensationalismus stellt ein geschlossenes Geschichtsbild und theologisches System dar.18 Er interpretiert Gegenwart, Vergangenheit und 12 Schröer, Henning: Theologie und Fundamentalismus. Fundamente ja, Fundamentalismus nein! Wie geht das?, in: Der Evangelische Erzieher, Jg. 47 (1995), S. 345-351. 13 Riesebrodt, Martin: Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung. Amerikanische Protestanten (1910-28) und iranische Schiiten (1961-79) im Vergleich, Tübingen 1990. 14 Jähnichen, Traugott: Art. Soziale Bewegungen, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 1472-1473. 15 Sandeen, Ernest R.: The Roots of Fundamentalism: British & American Millenarianism, Chicago 1970. 16 Boyer, Paul S.: Art. Chiliasmus. IV. Nordamerika, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 140-141. 17 Geldbach, Erich: Der protestantische Fundamentalismus in den USA. Grundzüge seiner Entwicklung und Ausgestaltung, in: Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Christlicher Fundamentalismus in Afrika und Amerika. Historische Wurzeln – Erfahrungen – Problemanzeigen, Hamburg 1993, S. 17. 18 Geldbach, Erich: Protestantischer Fundamentalismus in den USA und Deutschland,

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1 Einleitung

Zukunft als Heilsgeschichte und unterteilt sie in verschiedene Epochen (Dispensationen). Üblicherweise werden dabei sieben Zeitalter zwischen der Schöpfung und dem neuen Jerusalem unterschieden.19 Das unmittelbar bevorstehende Millennium stellt die letzte Dispensation dar. Jedes der sieben Zeitalter hält seine eigene Herausforderung für die Gläubigen bereit und endet notwendigerweise im Verfall. Allerdings finden sich diese nicht linear in der Bibel. Die jeweiligen Bibeltexte müssen durch Auslegung der richtigen Dispensation zugeordnet werden.20 Der Dispensationalismus geht ursprünglich auf John Nelson Darby (1800-1882) zurück. Verbreitet werden seine Ideen durch die sogenannte Scofield-Bibel. Die Studienbibel des amerikanischen Juristen und Theologen Cyrus Ingerson Scofield enthält zahlreiche dispensationalistische Anmerkungen und Querverweise und wird damit zum strategischen Instrument der angelsächsischen fundamentalistischen Bewegung.21 Der Fundamentalismus US-amerikanischer Provenienz bildet sich in einer gesellschaftlichen Krisenzeit nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) in den Städten der Ostküste heraus.22 Angesichts großer Umwälzungen in den 1870er Jahren in Religion, Gesellschaft und Wissenschaft, transformiert eine kulturoptimistische Grundhaltung in eine pessimistische. Eine Gemengelage handfester sozialer Krisen befördert den Fundamentalismus. Dazu zählt ein starkes Armuts-Reichtums-Gefälle infolge der Industrialisierung, eine hohe Immigration, insbesondere von Katholiken sowie eine rasche Urbanisierung. Hinzu kommen verschiedene Zeitphänomene, welche bei konservativen evangelikalen Protestanten mentale Krisen auslösen, etwa die Veränderung moralischer und sittlicher Werte, die liberale Theologie, historisch-kritische Bibelexegese, Evolutionslehre und Psychoanalyse.23 Die pessimistische Weltsicht in der Zeit nach dem Sezessionskrieg bereitet einen fruchtbaren Boden für die Gedanken des prämillenaristischen Münster 2001, S. 16-45. 19 Hempelmann, Reinhard: Millenarismus, in: Hempelmann, Reinhard/Eißler, Friedmann/ Knepper, Claudia/Pöhlmann, Matthias/Utsch, Michael (Hg.): Quellentexte zur neuen Religiosität, EZW-Texte, Nr. 215, Berlin 2011, S. 65-67. 20 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 18. 21 Eisenblätter, Winfried: The Scofield Bible. A challenge from fundamentalism, in: Southwestern journal of theology, Jg. 28 (1986), Nr. 3, S. 47. 22 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1993, S. 10; vgl. Geldbach, Erich: Der frühe Fundamentalismus. Einige Aspekte und Thesen, in: Träder, Lothar E. (Hg.): Fundamentalismus. Glaube – Angst – Gewissheit, Der Adventglaube in Geschichte und Gegenwart. Pastoraltheologische Schriftenreihe herausgegeben durch den Adventistischen Wissenschaftlichen Arbeitskreis, Bd. 38, Frankfurt am Main 1996, S. 11 -39; vgl. Geldbach, Erich: Thesen zum Fundamentalismus, in: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, Jg. 2 (1997), S. 83-100. 23 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 26-28.

1.1 Voraussetzungen

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Dispensationalismus. Dieser weiß politische und gesellschaftliche Ereignisse der Gegenwart als eschatologische Situation zu deuten; jederzeit könne das Weltende anbrechen. Prophetische und apokalyptische Bibeltexte, vorzugsweise aus dem Buch der Offenbarung, dem Danielbuch sowie aus den Endzeitreden Jesu werden herangezogen, um zu belegen, wie sich der Lauf der Geschichte vollziehen müsse.24 Konkret deutet sich die bevorstehende Endzeit in der Vorstellungswelt des prämillenaristischen Dispensationalismus durch verschiedene Krisen, Katastrophen und gesellschaftliche Verfallserscheinungen an. Nach einer siebenjährigen Leidenszeit oder Zeit der Trübsal werden plötzlich einzelne Gerechte entrückt. Im Heiligen Land Israel kommt es zur Endschlacht bei Harmagedon (Armageddon). Danach kehrt Christus zusammen mit den Entrückten wieder, besiegt den Antichristen und richtet sein tausendjähriges Reich auf. Nach einem weiteren Aufstand und dem Jüngsten Gericht brechen ein neuer Himmel und eine neue Erde an.25 Bei seiner prophetischen Beweisführung offenbart der Fundamentalismus einen eigenen Rationalismus, den Erich Geldbach wie folgt beschreibt: „Der Fundamentalismus hat zuallererst eine erkenntnistheoretische Funktion. Er will eine Theologie der Tatsachen entwickeln. Wie der Naturwissenschaftler die Tatsachen und Gesetze der Natur beschreibt und systematisiert, so verfährt der Theologe mit den Tatsachen der Bibel. Die Bibel ist dem Theologen, was die Natur dem Menschen ist: ein Lagerhaus der Fakten, a storehouse of facts.“26 Der Fundamentalismus in den Vereinigten Staaten organisiert sich auf Konferenzen und in Bildungseinrichtungen.27 Seit 1876 findet regelmäßig eine Niagara Bible Conference zusammen. 1878 tagt die erste International Prophecy Conference. Der Evangelist Dwight L. Moody (1837-1899) etabliert die Northfield Conferences sowie ein Bible Institute als Alternative zur universitären Theologen-Ausbildung in Chicago im Jahr 1886. Das Niagara Creed von 1878 stellt ein wichtiges Zeugnis für die theologischen Inhalte des Konferenzfundamentalismus dar. Seine 14 Punkte beginnen mit einer Feststellung zur Verbalinspiration der Bibel und enden mit Ideen des prämillenaristischen Dispensationalismus.28 1919 gründet der Baptist William Bell Riley eine World’s Christian Fundamentals Association. 24 Hempelmann, Reinhard: Millenarismus, S. 65-67. 25 Hempelmann, Reinhard: Der Antichrist im christlichen Fundamentalismus, in: Delgado, Mariano/Leppin, Volker (Hg.): Der Antichrist. Historische und systematische Zugänge, Fribourg/Stuttgart 2011, S. 413-424. 26 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1993, S. 18. 27 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 33-37. 28 Sandeen, Ernest R.: Roots, S. 273-277.

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1 Einleitung

Als theologische Kennzeichen des nordamerikanischen protestantischen Fundamentalismus gelten in der Literatur die Five Fundamentals:29 1. 2. 3. 4. 5.

The inerrancy of scripture (Irrtumslosigkeit der Schrift) The virgin birth of Christ (Jungfrauengeburt Christi) The atonement of Christ (Sühnopfer Christi) The resurrection of Christ (Auferstehung Christi) The miracle-working power of Christ (wunderwirkende Kraft Christi)

Ernest R. Sandeen bezweifelt jedoch, dass die fünf Punkte typisch für den frühen Fundamentalismus sind.30 Erkennbar millenaristisch sind sie in der Tat nicht; sie spielen jedoch später eine Rolle in einer Kontroverse zwischen Fundamentalisten und Modernisten innerhalb der Presbyterianischen Kirche (1922-1936). Ursprünglich dient die Fünf-Punkte-Erklärung dazu, die Rechtgläubigkeit von Kandidaten am Union Theological Seminary in New York festzustellen. Sie wird 1910 von der Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche verabschiedet. Auch Geldbach ist skeptisch, dass es sich bei der Auflistung um Zentrallehren des Fundamentalismus handelt – auch wenn freilich kein Fundamentalist diese Punkte ablehnen würde. Zudem variieren die fünf Fundamente in der Literatur. Die Jungfrauengeburt wird oft um die Göttlichkeit Jesu ergänzt, anstatt der Wunder wird zumeist die endzeitliche Wiederkunft Christi genannt.31 Umstritten ist ebenfalls, woher der Fundamentalismus seinen Namen bekam. Als Ursprung wird oft eine weitverbreitete Schriftenreihe namens The Fundamentals herangeführt, die zwischen 1910 und 1915 erscheint. Allerdings ist der Terminus fundamentals schon vorher gebräuchlich. Das Niagara Creed bezeichnet man bereits 1878 als Fundamentals of Faith. Die eigentliche Zuschreibung als Fundamentalist im Zusammenhang mit Anhängern des angelsächsischen Millenarismus prägt Curtis Lee Laws 1920 in einem Leitartikel des Watchman-Examiner, einer amerikanischen Baptisten-Zeitung.32 Die insgesamt zwölf Bände umfassende Schriftenreihe The Fundamentals – A Testimony to the Truth ist ein Kompendium konservativer evangelikaler Theologie.33 Rund ein Drittel der Autoren sind Briten.34 Die Gesamt29 Vgl. S. E. Ahlstrom, Sydney E.: Art. Fundamentalismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1958, Sp. 1178-1179. 30 Sandeen, Ernest R.: Roots, S. xiv-xv. 31 Vgl. Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 75-76. 32 Sandeen, Ernest R.: Roots, S. 246, Anm. 19. 33 Vgl. Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 48-61. 34 Railton, Nicholas M.: Zu biblisch? Der britische Fundamentalismus und die Evangelische

1.1 Voraussetzungen

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auflage beträgt drei Millionen Exemplare, welche kostenlos an Pastoren, Evangelisten, Missionare, Theologieprofessoren, Theologiestudenten, CVJM-Sekretäre, Sonntagsschulaufseher und Herausgeber religiöser Zeitschriften verteilt werden. Zwei Öl-Millionäre, Lyman und Molton Stewart, finanzieren das Projekt. Die Inhalte lassen sich nicht auf die Positionen des Niagara Creed oder der Five Fundamentals reduzieren. Ziel der Veröffentlichung ist eine möglichst breite Koalition gegen den modernen theologischen Liberalismus unter Aussparung extremster fundamentalistischer Positionen. Geldbach betont: „Weder endzeitliche Themen noch gar eine Explikation oder dauernde Wiederholung der fundamentals findet man in den Heften. Das wird zwar in der deutschen Literatur zum Thema ständig wiederholt, weil man sich offenbar nicht der Mühe unterzogen hat, einen Blick in die Schriftenreihe zu werfen.“35 Unabhängig davon, dass sich die Bezeichnung Fundamentalismus nicht gradlinig auf die Schriftenreihe The Fundamentals zurückführen lässt und unabhängig davon, dass sich das Werk durch mehr theologische Weite auszeichnet, als ihm von manchen zugedacht wird, so trägt es doch maßgeblich zur Verbreitung einer konservativen evangelikalen Theologie bei. Innerhalb dieses Spektrums ist auch der Fundamentalismus in den USA zu verorten. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) ringt der Fundamentalismus in den Vereinigten Staaten um kirchenpolitischen Einfluss. In der Presbyterianischen Kirche und weiteren protestantischen Denominationen schwelen Konflikte zwischen Modernisten und Fundamentalisten. Diese führen einige Kirchen an den Rand der Spaltung; verschiedentlich kommt es zu Abspaltungen, der Fundamentalismus kann aber nirgends das Ruder übernehmen.36 Wohlgemerkt, noch gar nicht sonderlich in Erscheinung getreten ist ein theologischer Gedanke, der dem protestantischen Fundamentalismus in den 1920er Jahren zur bislang größten öffentlichen Aufmerksamkeit verhilft – die Ablehnung der Evolutionslehre. Mit diesem Thema betritt er die gesellschaftspolitische Bühne. Der Biologielehrer John Thomas Scopes wird 1925 in Dayton/Tennessee angeklagt, weil er die Abstammung des Menschen vom Affen im Unterricht lehrt, was in seinem Bundesstaat gesetzlich verboten ist. Es entwickelt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung, die als Affenprozess bekannt wird und ein immenses öffentliches Aufsehen erregt. Der Prozess trägt von Anfang an Züge einer Inszenierung: Scopes lässt sich offenbar bewusst anschwärzen; Anklage und Verteidigung haben kein Interesse, Allianz am Anfang des 20. Jahrhunderts, in: Freikirchenforschung, Jg. 14 (2004), S. 81-102. 35 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 62. 36 Ebd., S. 78-79.

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den Prozess aus formalen Gründen zu beenden.37 Die Kleinstadt ist überflutet von Journalisten und Schaulustigen. Später wird der Stoff zunächst auf der Bühne aufgeführt und dann in Hollywood mit Spencer Tracy in der Hauptrolle verfilmt.38 Bei dem Prozess kommt es zum Showdown zweier prominenter Persönlichkeiten. Der Fundamentalist und Darwin-Gegner, zudem ehemaliger Außenminister und dreimal Präsidentschaftskandidat, William Jennings Bryan steht aufseiten der Staatsanwaltschaft. Sein Gegenspieler ist der Star-Rechtsanwalt Clarence Darrow, ein führendes Mitglied der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union. Im Laufe des Prozesses tritt der Fundamentalist Bryan selbst in den Zeugenstand und lässt sich von Darrow über den Bibelglauben befragen. Dabei verstrickt der Bürgerrechtler den Fundamentalisten in Widersprüche und gibt ihn der Lächerlichkeit preis. Zwar verurteilt das Gericht den angeklagten Biologielehrer Scopes am Ende zu einer geringen Geldstrafe, schließlich hat er gegen geltendes Recht verstoßen. Aber der Fundamentalismus selbst hat verloren. Die Bedeutung der fundamentalistischen Bewegung schwindet von da an. Die amerikanische Öffentlichkeit nimmt die Evolutionslehre zur Kenntnis und wird liberaler.39 Nun muss man ein wenig innehalten, denn hier könnte die Geschichte des nordamerikanischen protestantischen Fundamentalismus auch enden. Die fundamentalistische Bewegung verliert ab dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts merklich an Kraft und erscheint danach nicht mehr in Reinform. Sie verbindet sich stattdessen mit anderen konservativen Kräften. Wohl wissend, dass dem so ist, schreibt die große Mehrheit der Autorinnen und Autoren die Geschichte des Fundamentalismus in den USA fort. Dabei tragen sie fundamentalistische Spuren und Einzelaktivitäten zusammen, die deutlich weniger gesellschaftliche Relevanz besitzen als die beschriebenen Kulturkämpfe der 1920er Jahre. Außerdem nehmen sie konservative religiös-politische Bewegungen wahr, die wichtige Anliegen des Fundamentalismus zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts weiter befördern und auf die gesellschaftliche Agenda setzen. Die Geschichte des Fundamentalismus in den Vereinigten Staaten nach 1930 lässt sich wie folgt weitererzählen: Zunächst einmal wird es still um die Bewegung. So still, dass die anschließenden kurzen Hinweise auf die Person Carl McIntire in vielen Abhandlungen zum Thema Fundamentalis37 Ebd., S. 80. 38 Inherit the Wind, 1960, nominiert für vier Oscars. 39 Geldbach, Erich: Evangelikalismus. Versuch einer historischen Typologie, in: Frieling, Reinhard (Hg.): Die Kirchen und ihre Konservativen, Bensheimer Hefte 62, Göttingen 1984, S. 66.

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mus fehlen. Pfarrer Carl McIntire nennt sich selbst stolz einen Fundamentalisten und bringt es auf einige öffentliche Aufmerksamkeit in den 1940er bis 1970er Jahren.40 Er gründet 1937 eine Bible Presbyterian Church und nutzt den Hörfunk rege für die Verbreitung seiner Ansinnen. 1948 wird der Ökumenische Rat der Kirchen (World Council of Churches) in Amsterdam gegründet. Carl McIntire kommt der ökumenischen Bewegung zuvor und gründet wenige Tage früher und an gleicher Stelle eine Gegenorganisation namens International Council of Christian Churches. Die anti-ökumenischen und patriotischen Aktivitäten von Carl McIntire und seinen Organisationen sind so laut und militant, dass sie auch viele Konservative abstoßen und zum Entzug seiner Radiolizenz führen.41 Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) erhält die dispensationalistische Geschichtstheologie vereinzelt Auftrieb. Die Wiedererrichtung des Staates Israel weckt ein Interesse für Endzeitthemen und die Frage nach der Rolle Israels in diesen Ereignissen.42 In seinem 20-Millionen-Bestseller The Late Great Planet Earth aus dem Jahr 1970 beschreibt der christliche Schriftsteller Hal Lindsey publikumswirksam ein endzeitliches Szenario unter gegenwärtigen politischen Konstellationen.43 Innerhalb der verschiedenen protestantischen Denominationen kommt es zu einzelnen Kontroversen zwischen Modernisten und Fundamentalisten, die aber weitgehend kirchenintern bleiben.44 Die Lehre von der Irrtumslosigkeit der Bibel wird 1977 mit der Gründung eines International Council on Biblical Inerrancy institutionalisiert.45 Aber bei alledem hält sich die gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Relevanz in deutlichen Grenzen. Erst in den 1970er und 1980er Jahren meldet sich der protestantische Fundamentalismus hörbar und sichtbar auf der öffentlichen Bühne zurück, diesmal auf der Mattscheibe. Sein Wiedererstarken setzen Beobachterinnen und Beobachter in Verbindung mit den aufkeimenden Fernsehkirchen, welche zum einen die neuen medialen Möglichkeiten des Privatfernsehens nutzen, zum anderen schlicht gut organisierte Unternehmen sind.46 Landesweit bekannte Tele-Evangelisten wie Jerry Falwell, Oral Roberts und Pat Robertson werden zu Galionsfiguren des Fundamentalismus und bringen medienwirksam ihre religiösen und politischen Botschaften unters Volk. Die amerikanische Gesellschaft befände sich auf einem 40 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 87-88. 41 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1993, S. 23-24. 42 Ebd., S. 16. 43 Ebd., S. 34-35. 44 Ebd., S. 28-29. 45 Ebd., S. 30-31. 46 Ebd., S. 26-28.

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Weg der Sünde und könne ihre gesellschaftliche Krise, die man tatsächlich allerorten empfindet, nur durch eine Rückkehr zur Moral überwinden. Dies meint konkret gegen Homosexualität, Feminismus, Pornografie, Abtreibung und Kommunismus zu sein, hingegen für ein klassisches Familienbild, Schulgebete, Waffenbesitz, Todesstrafe, Kapitalismus und eine expansive Außenpolitik einzustehen. Jerry Falwell erreicht mit seiner Sendung The Old-Time Gospel Hour ein Millionenpublikum und gründet die Lobbyorganisation Moral Majority. Der Fundamentalismus wird Teil einer großen Koalition streng konservativer und gesellschaftlich besorgter Christen, der New Christian Right. Dieses Wiedererstarken des ursprünglichen Fundamentalismus in einem veränderten Kontext ist wohlgemerkt eine wissenschaftliche Konstruktion, für die jedoch vieles spricht. Gleichwohl bleibt sie etwas vage, wie auch Geldbach zugibt: „Unklar ist in der Tat der Zusammenhang zwischen der neuen religiösen Rechten der siebziger und achtziger Jahre und dem alten Fundamentalismus der fünfziger und sechziger Jahre.“47 Wenden wir uns also der neuen christlichen Rechten in der US-Politik zu, die nach der Mehrheitsmeinung fortan den alten Fundamentalismus beheimatet. Die beginnende Pluralisierung in den Vereinigten Staaten der 1960er und 1970er Jahre, in deren Folge diskutiert wird, was die Gesellschaft zusammenhält, bereitet den Boden, auf dem die Bewegung wirken kann.48 Die christliche Rechte gilt manchen als Zünglein an der Waage im Präsidentschaftswahlkampf 1980 zwischen Ronald Reagan und Jimmy Carter.49 Der als nicht sonderlich religiös geltende Reagan setzt sich gegen Amtsinhaber Carter durch, der immerhin ein bekennender wiedergeborener Christ ist. Trotz dieser Übereinstimmung im persönlichen Glauben ist die Politik des Demokraten Carter liberaler, als es die Auffassungen der meisten Anhänger der religiösen Rechten sind, etwa bei der Abtreibung. Der gelernte Schauspieler Reagan versteht es, die Befindlichkeiten dieser Klientel zu bedienen, ohne ihre politischen Ziele zu übernehmen. Am Ende der Reagan-Administration befinden sich die neue christliche Rechte und die Fernsehkirchen in der Krise, ihr Einfluss sinkt – auch wegen moralischer Verfehlungen einiger prominenter Vertreter.50 In der Folge lässt sich der Fundamentalismus innenpolitisch einbinden und innerhalb 47 Ebd., S. 25. 48 Hornung, Esther: God bless Amerika. Der Einfluss der christlichen Rechten auf die US-amerikanische Politik, in: Zeitzeichen, Jg. 4 (2003), Nr. 12, S. 48. 49 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 120-122. 50 Henze, Arnd: Religiöse Rechte in den USA in der Krise. Ende der Reagan-Ära auch Ende des Fundamentalismus?, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 27 (1988), Nr. 12, S. 539-542.

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der Republikanischen Partei demokratisch bremsen.51 Esther Hornung, die das Verhältnis des protestantischen Fundamentalismus zur Innenpolitik der USA untersucht, konstatiert: Nach anfänglicher „Polemik und Eroberungsfantasien“ habe sich die neue christliche Rechte „zu einer festen Größe im politischen Geschäft“ gemausert, die „jedoch zur gleichen Zeit ihre Grenzen zu spüren bekam.“52 Der Fundamentalismus verschwindet damit aus dem Fokus politischer Aufmerksamkeit. Dieser Befund ändert sich in gewisser Weise mit der Präsidentschaft von George W. Bush (2001-2009), wenn auch nicht grundlegend. Denn es ist vor allem der individuelle Glaube des Präsidenten, der durchaus publikumswirksam mit dem Etikett des Fundamentalismus belegt wird, nicht so sehr der Einfluss der religiösen Rechten auf seine Politik. Jürgen Fliege beschreibt Bushs Frömmigkeit als fundamentalistisch, weil dieser die Welt in gut und böse einteile.53 Geiko Müller-Fahrenholz diagnostiziert: „Die Glaubenswelt und Weltanschauung von Präsident Bush sind von einer dispensationalistischen Endzeitfrömmigkeit beeinflusst.“54 Gerhard Padderatz warnt vor der Einführung des Religiösen in die US-Politik und wähnt sogar ein Abgleiten in den Gottesstaat.55 Jenseits dieser populären Fundamentalismusvorwürfe wird man mit Robert Cummings Neville ein differenziertes Bild zwischen dem zivilreligiösen Konsens der Vereinigten Staaten und dem individuellen Bekehrungsglauben Bushs wahrnehmen müssen. „Was Präsident Bushs eigene religiöse Überzeugungen betrifft, so würde ich sagen, dass er der erste Präsident seit dem Zweiten Weltkrieg ist, der den breiten Nachkriegskonsens verlassen hat.“56 Seine Überzeugungen seien „hochgradig persönlicher Natur“, urteilt Neville.57 Mittlerweile muss die christlich-religiöse Landschaft der USA als gespalten bezeichnet werden.58 51 Hornung, Esther: God, S. 49. 52 Hornung, Esther: Bibelpolitik. Das Verhältnis des protestantischen Fundamentalismus zur nationalen Innenpolitik der USA von 1980 bis 1996. Ein Fallbeispiel, Frankfurt am Main 2002, S. 306. 53 Fliege, Jürgen: Der falsche Prophet. Wie US-Präsident George W. Bush den Glauben vergiftet, München 2003, S. 15-16. 54 Müller-Fahrenholz, Geiko: In göttlicher Mission. Politik im Namen des Herrn. Warum George W. Bush die Welt erlösen will, München 2003, S. 128. 55 Padderatz, Gerhard: America. Mit Gewalt in den Gottesstaat, Halle an der Saale 2007. 56 Neville, Robert Cummings: Religion, Fundamentalismus und die Politik des Weißen Hauses, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus. Analysen und Kritiken, Tübingen 2005, S. 79. 57 Ebd. 58 Jewett, Robert/Wangerin, Ole: Mission und Verführung. Amerikas religiöser Weg in vier Jahrhunderten, Göttingen 2008, S. 274-275.

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Spinnt man den fundamentalistischen Faden in der US-amerikanischen Politik weiter, so ist in der Präsidentschaft Barack Obamas (20092017) von der religiösen Rechten wenig die Rede; dafür umso mehr von der sogenannten Tea-Party-Bewegung. Dieser Anti-Obama-Protestbewegung gehören neben neokonservativen und libertären Kräften offenbar auch viele Anhänger der religiösen Rechten an.59 Aber im Fokus der Proteste stehen trotz mancher religiöser Rhetorik eindeutig die ökonomischen Fragen einer weißen Mittelschicht, weniger religiös-gesellschaftspolitische Themen.60 Der Kampf gegen Steuererhöhungen und gegen einen Ausbau des Wohlfahrtsstaates mobilisiert die Bewegung mehr als religiöse Ordnungsvorstellungen.61 Dieser Trend setzt sich im Präsidentschaftswahlkampf 2016 fort, wo das Engagement der religiösen Rechten unterhalb der internationalen medialen Wahrnehmungsschwelle liegt – auch weil man offenbar nicht ungeteilt mit dem konservativen Kandidaten und späteren Präsidenten Donald Trump (seit 2017) zufrieden ist.62 Die kirchenpolitischen Kämpfe in den USA zwischen Modernisten und Fundamentalisten der Konfessionen und Denominationen schienen lange ausgekämpft. Eine Parallele in der jüngeren Vergangenheit lässt Beobachterinnen und Beobachter jedoch wieder von Fundamentalismus sprechen.63 Die US-amerikanische Southern Baptist Convention verlässt 2004 den Baptistischen Weltbund. Mit der Abspaltung enden erbitterte Lehrauseinandersetzungen seit 1979, in denen um den theologischen Pluralismus und die Lehre von der Irrtumslosigkeit der Schrift gerungen wurde.64 59 Meinert, Peer: Religiöse Rechte demonstrieren in Washington. Schadet der Anti-Obama-Protest dem US-Präsidenten?, in: Stern.de, 30. August 2010, http://www.stern.de/ panorama/religioese-rechte-demonstrieren-in-washington-schadet-der-anti-obama-protest-dem-us-praesidenten-1598419.html (Stand: 20.05.2018); Schmitz, Gregor Peter: Tea-Party-Bewegung in den USA. Die Anti-Obama-Partei, in: Spiegel Online, 5. Februar 2010, http://www.spiegel.de/politik/ausland/tea-party-bewegung-in-den-usa-die-anti-obamapartei-a-676163.html (Stand: 20.05.2018). 60 Schmitz, Gregor Peter: Tea-Party-Blockierer. Feinde im System, in: Spiegel Online, 1. August 2010, http://www.spiegel.de/politik/ausland/tea-party-blockierer-feinde-im-system-a-777201.html (Stand: 20.05.2018). 61 Buruma, Ian: Sarah Palin, Glenn Beck und die gottlosen Sozialisten, in: Die Welt, 5. September 2010, http://www.welt.de/debatte/die-welt-in-worten/article9411259/Sarah-PalinGlenn-Beck-und-die-gottlosen-Sozialisten.html (Stand: 20.05.2018). 62 Vgl. Peltner, Arndt: Alles soll so bleiben, wie es war. Christliche Fundamentalisten in den USA, in: Deutschlandradio Kultur – Zeitfragen, 13. Juli 2016, http://www.deutschlandradiokultur.de/christliche-fundamentalisten-in-den-usa-alles-soll-so.976.de.html?dram:article_id=360023 (Stand: 20.05.2018). 63 Honecker, Martin: Religiöse Fundis, in: Evangelische Kommentare, Jg. 21 (1988), Nr. 1, S. 9; Geldbach, Erich: Erfolgreiche Machtübernahme. Der Baptistische Weltbund ist gespalten, in: Herder Korrespondenz, Jg. 59 (2005), Nr. 3, S. 153-156. 64 Ebd., S. 154.

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Zur Tragweite des Konfliktes: Mit rund 16 Millionen Mitgliedern sind die Südlichen Baptisten die größte protestantische Denomination der USA und waren auch die größte Gemeinschaft des Baptistischen Weltbundes. So weit zur Geschichte des Fundamentalismusbegriffes von seinen angelsächsischen Ursprüngen her. Wir widmen uns weiter seinem Gebrauch, insbesondere in Deutschland. 1.1.3 Der Fundamentalismusbegriff in Deutschland Mit dem Begriff Fundamentalismus wandert ein angelsächsisches Theorem in die deutschsprachige protestantische Theologie ein. Lange Zeit versteht die Zunft das dahinter liegende Phänomen auch als eine rein angelsächsische, protestantische Angelegenheit. Die Theologische Realenzyklopädie kann das Stichwort Fundamentalismus noch im Wesentlichen als fachlich, räumlich und zeitlich begrenzt zwischen 1800 und 1930 abhandeln.65 Heute ist das nur noch bei größter Missachtung sowohl alltagssprachlicher Gewohnheiten als auch der Literatur zum Thema möglich. Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre weitet sich der Fundamentalismusbegriff wissenschaftlich und alltagssprachlich über den US-amerikanischen Kontext hinaus aus. Forscher, Politiker und Feuilletonisten belegen nun verschiedenste Phänomene in den Kirchen und Religionen weltweit mit dem Fundamentalismusetikett. Sie bezeichnen ferner politische Ideologien, Weltanschauungen und philosophische Erkenntnistheorien als Fundamentalismus. Angesehene Nachschlagewerke wie Religion in Geschichte und Gegenwart und Lexikon für Theologie und Kirche vermelden nicht nur dieses Faktum, sondern beziehen es auch in ihre Darstellungen mit ein.66 Die Ausweitung des Fundamentalismusbegriffes hängt mit einer stärkeren Wahrnehmung neuer religiöser und sozialer Bewegungen Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zusammen, mit einem konservativen weltpolitischen Trend und der Wiederkehr von Religion als politischem Faktor in der öffentlichen, medialen Aufmerksamkeit.67 Genannt wurde schon der Wahlsieg Ronald Reagans, der 1980 die Unterstützung der neuen christlichen Rechten erfuhr. Noch wirkmächtiger als der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf ist die Islamische Revolution 1979 in Iran unter Ajatollah Ruhollah Chomeini für eine neue religiös-politische Dis65 Vgl. Joest, Wilfried: Art. Fundamentalismus, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 11, Berlin/New York 1983, S. 732-738. 66 Vgl. Küenzlen, Gottfried: Art. Fundamentalismus, I. Zum Begriff/II. Religionsgeschichtlich, 1. Allgemein, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 3, Tübingen 2000, Sp. 414; vgl. Beinert, Wolfgang et al.: Art. Fundamentalismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 4, Freiburg im Breisgau 1995, Sp. 224-226. 67 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismen, S. 1-9.

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kussionslage. Nach der Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi verwandelt Chomeini Iran in einen Gottesstaat. Außerdem fällt das Stichwort Fundamentalismus im Zusammenhang mit den Flügelkämpfen der neu gegründeten Partei der Grünen (Realos gegen Fundis), was aber die Theologie wenig beeinflusst. Der Fundamentalismusbegriff avanciert so in den 1980er Jahren zu einem Leitbegriff religiös-politischer Analytik, mit dem Autorinnen und Autoren kulturübergreifend auf problematische Verbindungen von Politik und Religion aufmerksam machen.68 Seitdem wird ihm Konjunktur und Aktualität beigemessen.69 Zudem wird die Relevanz des Themas stets aufs Neue behauptet. So stellt Uwe Gerber jüngst fest: „Eines der brennendsten, wenn nicht das brennendste Problem unserer Zeit ist das Erstarken fundamentalisierender Einstellungen in Europa und weltweit.“70 Allerdings ist dieser Befund etwas zweifelhaft, denn die Aktualität lässt sich bei näherem Hinsehen oft nur auf veränderte aktuelle Aufhänger reduzieren. 68 Pfleiderer, Georg: Politisch-Religiöse Semantik. Zur Analytik politischer Religion und ihrer Kontextualität, in: Pfleiderer, Georg/Stegemann, Ekkehard (Hg.): Politische Religion. Geschichte und Gegenwart eines Problemfeldes, Zürich 2004, S. 51-55. 69 Küenzlen, Gottfried: Feste Burgen: Protestantischer Fundamentalismus und die säkulare Kultur der Moderne, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B33/92, 7. August 1992, S. 3; Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismen, S. 6-7; Stöhr, Martin: Identität und Leben. Zur fundamentalistischen Versuchung der protestantischen Kirchen, in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995, S. 45; Weinrich, Michael: Christlicher Fundamentalismus. Die Flucht nach vorn. Von den Widersprüchen eines modernen Antimodernismus, in: Kuhn, Jochen (Hg.): Fundamentalismus, Bovenden 1996, S. 47; Schäfer, Heinrich: Fundamentalismen in religiösem und säkularem Gewandt. Der Kampf um Deutungshoheit in einer globalen politischen Kultur, in: Anhelm, Fritz Erich (Hg.): Vernünftiger Glaube zwischen Fundamentalismus und Säkularismus. Protestanten in der globalisierten Welt. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 21. bis 22. Juni 2008, Rehburg-Loccum 2008, S. 19; Grünschloß, Andreas: Was ist „Fundamentalismus“? Zur Bestimmung von Begriff und Gegenstand aus religionswissenschaftlicher Sicht, in: Unger, Tim (Hg.): Fundamentalismus und Toleranz, Hannover 2009, S. 163, vgl. Grünschloß, Andreas: Was heißt Fundamentalismus? Zur Eingrenzung des Phänomens aus religionswissenschaftlicher Sicht, 04/1999, http://wwwuser.gwdg.de/~agruens/fund/fund.html (Stand: 20.05.2018); Rothgangel, Martin: Moderne Variationen von Religion. Fundamentalismus, in: Lachmann, Rainer/Rothgangel, Martin/Schröder, Bernd (Hg.): Christentum und Religionen elementar. Lebensweltlich – theologisch – didaktisch, Theologie für Lehrerinnen und Lehrer, Bd. 5, Göttingen 2010, S. 343; Eppler, Wilhelm: Religion, Fanatismus, Fundamentalismus. Interdisziplinäre Perspektiven zu einem drängenden Thema, in: Theologische Beiträge, Jg. 42 (2011), Nr. 3, S. 163; Eppler, Wilhelm: „Sollte es mit dem Christentum einmal dahin kommen, daß es aufhörte, liebenswürdig zu sein…“ Hermeneutische Anmerkungen zur gegenwärtigen Fundamentalismusdiskussion, in: Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015, S. 31. 70 Gerber, Uwe: Fundamentalismen in Europa. Streit um die Deutungshoheit in Religion, Politik, Ökonomie und Medien, Frankfurt am Main 2015, S. 7.

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Der Begriff macht sich offenbar gut auf Covern und in Inhaltsverzeichnissen, selbst wenn es in den angekündigten Artikeln gar nicht um Fundamentalismus geht. So ziehen die Zeitzeichen den Fundamentalismusbegriff redaktionell in die Überschrift eines Beitrages von Johannes Rau, der an keiner Stelle explizit von Fundamentalismus handelt.71 Auch kündigt dasselbe Magazin einen Beitrag von Claudia Janssen auf dem Cover mit „Fundamentalismus und Gender“ an, der sich im Heft jedoch als Beitrag mit dem Titel „Angst vor der Vielfalt“ entpuppt und nur einmal das Adjektiv fundamentalistisch, und zwar sehr randständig, erwähnt.72 Ebenso trägt ein Beitrag von Günter Hegele in Evangelische Aspekte die Überschrift „Gott zwischen Atheismus und Fundamentalismus“. Es wird aber nirgends auf den Begriff Fundamentalismus eingegangen.73 Fundamentalismus dient auf diese Art als ein Eyecatcher, der Interesse erregt oder erregen soll. Dies weist ihn als einen Medienbegriff aus, der aktuell und interessant scheint; seine Relevanz muss jedoch unter Beweis gestellt werden. Einen Hinweis auf die Relevanz des Themas gibt die ordentliche Anzahl an wissenschaftlichen Tagungen und Lehrveranstaltungen im Raum der deutschsprachigen protestantischen Theologie,74 regelmäßige Themenhef71 Vgl. Rau, Johannes: Eine Welt jenseits von Fundamentalismus und Beliebigkeit, in: Zeitzeichen, Jg. 4 (2003), Nr. 7, S. 16-17. 72 Vgl. Janssen, Claudia: Angst vor der Vielfalt. Aktueller Transformationsprozess: Warum Geschlechterfragen Zukunftsfragen sind, in: Zeitzeichen, Jg. 16 (2015), Nr. 4, S. 40-43. 73 Vgl. Hegele, Günter: Verschiedene Vorstellungen wahrnehmen. Gott zwischen Atheismus und Fundamentalismus, in: Evangelische Aspekte, Jg. 19 (2009), Nr. 4, S. 38-44. 74 Vgl. CVJM-Gesamtverband in Deutschland e. V. (Hg.): Die Autorität der Bibel. Schriftauslegung zwischen Fundamentalismus, kritischer Vernunft und Erfahrungsorientierung, Kasseler Hefte S 23, Kassel 1987; Evangelische Akademie Iserlohn (Hg.): Islam und Moderne. Zwischen Reform und Fundamentalismus, Tagungsprotokoll, Nr. 104, Iserlohn 1991; Schirmer, Dietrich (Hg.): Religiöser Fundamentalismus im Judentum, Christentum und Islam. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Berlin (West) vom 20.-22. September 1991, Berlin 1991; Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Christlicher Fundamentalismus in Afrika und Amerika. Historische Wurzeln – Erfahrungen – Problemanzeigen, Hamburg 1993; Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Geistbewegt und bibeltreu. Pfingstkirchen und fundamentalistische Bewegungen – Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Hamburg 1995; Fritsch-Oppermann, Sybille (Hg.): Fundamentalismus der Moderne. Christen und Muslime im Dialog. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 28. bis 30. Oktober 1994, 2. Aufl., Loccumer Protokolle 57/94, Rehburg-Loccum 1996; Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996; Scheerer, Reinhard: „Journalisten zwischen Fundamentalismus von links und rechts in Kirche und Gesellschaft“. Zur Jahrestagung des Ökumenischen Arbeitskreises für Information in Europa, in: Ökumenische Rundschau, Jg. 45 (1996), Nr. 1, S. 108-110; Träder, Lothar E. (Hg.): Fundamentalismus. Glaube – Angst – Gewissheit, Der Adventglaube in Geschichte und Gegenwart. Pastoraltheologische Schriftenreihe herausgegeben durch den Adventistischen Wissenschaftlichen Arbeitskreis, Bd.

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te theologischer Zeitschriften,75 gelegentliche Materialsammlungen und Entwürfe für Unterricht und Erwachsenenbildung76 sowie die Tatsache, dass Fundamentalismus ein Streitbegriff ist, der in Fach- und Publikumszeitschriften zu Kommentierungen und Gegenkommentierungen anregt.77 38, Frankfurt am Main 1996; Oeming, Manfred (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997; Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998; Tippelskirch, Dorothee C. von/Hanusch, Rolf (Hg.): Fundamentalismus in der Moderne, Tübingen 1999; Evangelische Studentinnenund Studentengemeinde Gießen (Hg.): Notwendige Fundamente – Gefährlicher Fundamentalismus, Gießen 2004; Verein für Freikirchenforschung (Hg.): Freikirchenforschung, Nr. 14, Münster 2004; Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005; Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.): Fundamentalismus-Alarm?, epd-Dokumentation, Nr. 22/2006, Frankfurt am Main; Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.): Islamismus und christlicher Fundamentalismus – Herausforderungen der Moderne?, epd-Dokumentation, Nr. 27/2007, Frankfurt am Main; Anhelm, Fritz Erich (Hg.): Vernünftiger Glaube zwischen Fundamentalismus und Säkularismus. Protestanten in der globalisierten Welt. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 21. bis 22. Juni 2008, Rehburg-Loccum 2008; Unger, Tim (Hg.): Fundamentalismus und Toleranz, Hannover 2009; Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015. 75 Vgl. Reformatio. Evangelische Zeitschrift für Kultur, Politik, Kirche, Jg. 35 (1986), Nr. 2; Concilium. Internationale Zeitschrift für Theologie, Jg. 28 (1992), Nr. 3; Praktische Theologie. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Kirche, Jg. 29 (1994), Nr. 1; Der Evangelische Erzieher. Zeitschrift für Pädagogik und Theologie, Jg. 47 (1995), Nr. 4; Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995; Una Sancta. Zeitschrift für ökumenische Begegnung, Jg. 69 (2014), Nr. 1; Junge Kirche. Unterwegs für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, Jg. 76 (2015), Nr. 2; Interdisciplinary Journal for Religion and Transformation, Jg. 2 (2016), Nr. 2. 76 Vgl. Röckel, Gerhard: Aspekte des „religiösen Fundamentalismus“. Materialien zur Auseinandersetzung im Religionsunterricht, in: Religionsunterricht an höheren Schulen, Jg. 37 (1994), Nr. 3, S. 167; Pelikan, Herbert Rainer: Fundamentalism. Extreme tendencies in modern Christianity, Islam and Judaism, Wien 2003; Futterlieb, Hartmut: Fundamentalismen. Eine Unterrichtseinheit für das 9. und 13. Schuljahr, in: Forum Religion. Zur Praxis des Religionsunterrichtes, Jg. 32 (2007), Nr. 1, S. 17-37; Posch, Gottfried: Fundamentalismus. Ein Überblick, MUK-Publikationen, Nr. 41, München 2009; Roser, Matthias: Zwischen Glaube und Besessenheit. Umfassende Materialien zum Fundamentalismus in den Weltreligionen, Augsburg 2010; Entwurf. Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht, Jg. 41 (2010), Nr. 1, Seelze. 77 Vgl. Simpfendörfer, Gerhardt: Fromm in der säkularen Kultur. Bibel und Schöpfung im Fundamentalismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 22 (1989), Nr. 11, S. 40-44; Bloch, Peter: Ängste der Fundamentalisten. Wie die Starken mit den Schwachen leben können, in: Evangelische Kommentare, Jg. 23 (1990), Nr. 9, S. 523-524; Lerle, Ernst: Die Bibel irrt nicht. Streit um die Wahrheit, in: Evangelische Kommentare, Jg. 23 (1990), Nr. 9, S. 524-525; Lehmann, Klaus Peter: Eine eigentümliche Leere. Hinter der Fundamentalismuskritik die Hoffnungslosigkeit der Aufklärung, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 32 (1993), Nr. 5, S. 10-12; Völkers, Klaus: Ein gewisser innerer Widerstand, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 32 (1993), Nr. 7, S. 16; Pannenberg, Wolfhart: Angst um die Kirche. Zwischen Wahrheit und Pluralismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 26 (1993), Nr. 12, S. 709-713; Moltmann, Jürgen: Christlicher Fundamenta-

1.1 Voraussetzungen

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Dieses Interesse für den Begriff, die ihm beigemessene Aktualität und Relevanz, verwundert insofern, als dass Fundamentalismus in Deutschland in keiner vergleichbaren Qualität oder Quantität mit Phänomenen vorliegt, die im Weltmaßstab als Fundamentalismus bezeichnet werden. Als der Begriff in der Bundesrepublik populär wird, sind dies etwa die neue christliche Rechte in den Vereinigten Staaten oder die Islamische Revolution von 1979. Fälle wie der Mord an einem Abtreibungsarzt in den USA, worauf öfter verwiesen wird, sind hierzulande nicht bekannt.78 Im Verfassungsschutzbericht der Bundesrepublik Deutschland findet sich der Terminus fundamentalistisch lediglich einmal im Zusammenhang mit Salafismus.79 Nach Martin E. Marty und R. Scott Appleby liegt Deutschland im „fundamentalismus-schwachen Gürtel“ der Welt, welcher sich von Europa über Kanada und den Norden der USA bis nach Japan zieht.80 Europa nimmt zudem eine weitere globale Sonderrolle ein. Religion ist auf dem Kontinent unwichtiger als in anderen Erdteilen.81 Kirche und Staat sind in besonderer Weise verflochten, „während politischer und religiöser Diskurs in der Öffentlichkeit scharf voneinander geschieden sind.“82 Die fundamentalistischen Erscheinungen in Deutschland, so sie denn durch die deutschsprachige protestantische Theologie konkret benannt werden, nehmen sich in der Tat schwach aus. Eine Ausnahme bildet die Wahrnehmung des islamischen Fundamentalismus, Islamismus oder Salafismus.83 Aber auch diese angezeigten Phänomene weisen in der Bundesrepublik eine geringere Intensität als andernorts auf. Davon abgesehen geraten als Fundamentalismus in Deutschland gerade nicht die weltbewegenden Ereignisse in den Blick: Annette Kick bezeichnet religiös motivierte lismus? Antwort an Friedrich Mildenberger, in: Evangelische Theologie, Jg. 54 (1994), Nr. 4, S. 384-387; Gerhard, Wilfried: Faktisch fundamentalistisch. Erwiderung auf Wolfhart Pannenberg, in: Evangelische Kommentare, Jg. 91 (1994), Nr. 2, S. 89-91; Ziegert, Richard: Die EKD-Kirchen angesichts der Globalisierung, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 103 (2003), Nr. 6, S. 291-297; Gronauer, Gerhard: Eine Auseinandersetzung mit Richard Ziegerts Fundamentalismusschelte. Ob radikale Evangelikale Deutschland unterwandern?, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 103 (2003), Nr. 9, S. 463-467. 78 Vgl. Weitz, Burkhard (2006): Was ist religiöser Fundamentalismus? Religion für Einsteiger, in: Chrismon.de, http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2006/was-ist-religioeser-fundamentalismus-362 (Stand: 20.05.2018). 79 Bundesministerium des Innern (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2016, Berlin 2017. 80 Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Herausforderung Fundamentalismus. Radikale Christen, Moslems und Juden im Kampf gegen die Moderne, Frankfurt am Main 1996, S. 214. 81 Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf der Fundamentalismen. Radikales Christentum, radikaler Islam und Europas Moderne, Frankfurt am Main/Leipzig 2008, S. 199. 82 Ebd., S. 200. 83 Vgl. Lauster, Jörg: Art. Fundamentalismus, in: Horn, Friedrich/Nüssel, Friederike (Hg.): Taschenlexikon Religion und Theologie, Göttingen 2007, S. 386.

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1 Einleitung

Schulverweigerer als Fundamentalisten sowie Schülerinnen und Schüler, die im Religionsunterricht durch engstirnige Aussagen auffallen.84 Roland Kurz bietet die Comic-Mission von Jack T. Chick als Fundamentalismus auf. Die kleinen Heftchen werden unter anderem in Fußgängerzonen verteilt und weisen einen evangelikalen Dualismus auf, der nur Bekehrung oder Verdammnis zulässt.85 Michael Strauß beschreibt die Akteure einer selbst ernannten Notsynode, einer Versammlung streng konservativer Christen, die sich parallel zur Amtseinführung von Margot Käßmann als Landesbischöfin der Hannoverschen Landeskirche versammelt und gegen Frauenordination, Kirchensteuer, die Anerkennung von Homosexualität als Lebensform und Schwangerschaftsabbruch protestieren, als Fundamentalisten.86 Angelika Thol-Hauke beobachtet vermehrt Studentinnen und Studenten mit freikirchlichem Hintergrund und starken Überzeugungen an evangelischen Fachhochschulen.87 Ako Haarbeck bedenkt die spezielle Religiosität russlanddeutscher Einwanderer zu Beginn der 1990er Jahre auf dem Gebiet der Lippischen Landeskirche im Zusammenhang mit dem Fundamentalismusbegriff, fragt allerdings auch: „Sind diese Brüder und Schwestern tatsächlich Fundamentalisten?“88 Jochen Kuhn bleibt vage, wenn er konstatiert, Fundamentalismus sei in der evangelischen Kirche nicht auf außerkirchliche Gruppen beschränkt und trete oft unbewusst auf.89 Vermutet wird Fundamentalismus von Seiten der deutschsprachigen protestantischen Theologie im Bereich des Evangelikalismus, in Freikirchen, bei Pfingstlern und Charismatikern, in pietistisch und erwecklich geprägten Gemeinschaften. In den Schnittbereichen zum landeskirchlichen Protestantismus ist die Auseinandersetzung von Agitation, Apologie und differenzierend-beschwichtigendem Bemühen gekennzeichnet. Sondergemeinschaften werden selten tangiert, innerprotestantische konfessionelle 84 Kick, Annette: Fundamentalistische religiöse Einstellungen. Erfahrungen aus der Sicht einer landeskirchlichen Weltanschauungsbeauftragten, in: epd-Dokumentation, Nr. 24/2017, S. 59. 85 Kurz, Roland: Kein Platz für Zwischentöne. Die Traktatmission von Jack T. Chick, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 80 (2017), Nr. 10, S. 373-376. 86 Strauß, Michael: Vergötzte Bibel. Die protestantische Not mit dem Fundamentalismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 32 (1999), Nr. 10, S. 4. 87 Thol-Hauke, Angelika: Zwischen Fundamentalismus und Kitsch? Die Angst vor der Religion und das Studium an einer Evangelischen Fachhochschule, in: Keßler, Hildrun/Doyé, Götz (Hg.): Den Glauben denken, feiern und erproben. Erfolgreiche Wege der Gemeindepädagogik, Leipzig 2010, S. 108. 88 Haarbeck, Ako: Die Kraft des Geistes. Warum Christen keine Fundamentalisten sein können, in: Evangelische Kommentare, Jg. 26 (1993), S. 648. 89 Kuhn, Jochen: Fundament oder Fundamentalismus in der Kirche?, in: Reformierte Kirchenzeitung, Jg. 134 (1993), S. 310.

1.1 Voraussetzungen

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Differenzen wie etwa zwischen Lutheranern und Reformierten werden dezidiert nicht mit dem Fundamentalismusbegriff bearbeitet. Seltenheitswert hat die Stellungnahme von Albrecht Köberlin, der sich dagegen wehrt, das von ihm vorgebrachte konservative lutherische Verständnis der Heiligen Schrift als Fundamentalismus bezeichnet zu wissen.90 In Kontrast zu den sich eher schwach ausnehmenden fundamentalistischen Phänomenen in Deutschland steht der Mode- und Medienbegriff Fundamentalismus. In der politischen Berichterstattung und in den Feuilletons fällt er für gewöhnlich, wenn Religion gefährlich wird. Fundamentalist ist ein gängiges Synonym für gewaltbereite Gotteskrieger jeder Couleur, ob nun die Terrorpiloten des 11. September, salafistische Messerstecher, der nationalistische Oslo-Attentäter Anders Breivik oder die Initiatoren des Jesus Camps, welche Kinder für die Endzeitschlacht drillen. Das ist wohl auch der Grund, warum herausragende kirchenleitende Persönlichkeiten den Begriff gerne im Munde führen. Manfred Kock konstatiert: „Der 11. September 2001 hat dazu beigetragen, unser Nachdenken über den Charakter der islamischen Religion und über das Wesen des gewaltbereiten religiösen Fundamentalismus neu in Gang zu setzen.“91 Wolfgang Huber sagt: „Fundamentalismus im Christentum ist nichts, womit man sich abfinden darf.“92 Margot Käßmann weiß: „Fundamentalismus, ob jüdischer, christlicher, islamischer oder hinduistischer Prägung mag Bildung und Aufklärung nicht. Gegen jedwede Ausprägung von Fundamentalismus ist eine Kernbotschaft zum Reformationsjubiläum: selbst denken!“93 Nikolaus Schneider vermutet: „Da wo der Glaube fundamentalistisch verstanden und gelebt wird, hat er eine Tendenz zur Gewalt“. 94 Heinrich Bedford-Strohm erklärt: „Die Herausforderungen […] sind heute größer denn je: Denn in Zeiten, in denen islamische Fundamentalisten junge Leute zu menschenfeindlichen und manchmal sogar mörderischen 90 Köberlin, Albrecht: Zur Frage des „Fundamentalismus“. Stellungnahme lutherischer bekennender Christen: Ihr Verhältnis zur Heiligen Schrift, in: Künneth, Walter/Schwarz, Hans/ Köberlin, Albrecht (Hg.): Fundamentalismus?, Neuendettelsau 1990, S. 76-79. 91 Kock, Manfred: „Krieg und Frieden – eine Frage von Fundamentalismus?“ Statement des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Diskussionsveranstaltung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU am 11. 03. 2003 in Berlin, in: https://ekd.de/religionen-konfessionen/vortraege/030311_kock_eak_der_cdu.html (Stand: 20.05.2018). 92 Lechner, Silke/Urban, Christoph: Deutscher Evangelischer Kirchentag Köln 2007. Dokumente, Gütersloh 2007, S. 405. 93 Käßmann, Margot: „Gegen jedwede Ausprägung von Fundamentalismus ist eine Kernbotschaft zum Reformationsjubiläum: selbst denken!“, in: epd-Dokumentation 19/2012, S. 6. 94 Evangelischer Pressedienst: EKD-Ratsvorsitzender Schneider warnt vor Fundamentalismus, 8. Oktober 2010, https://www.ekd.de/news_2010_10_08_1_tacheles_islam.htm (Stand: 20.05.2018).

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1 Einleitung

Aktivitäten zu verführen suchen, muss klar sein: Integration kann nur auf der Basis der menschenrechtlichen Grundorientierungen gelingen, für die unsere Verfassung steht.“95 Indes ist das wissenschaftliche Wehklagen über den Begriff groß: inflationärer Gebrauch, unscharf, diffus, heißt es.96 Einige sprechen folglich von einem Containerbegriff, andere finden, dass der Begriff wegen genau dieser Eigenschaft selbst in den Container gehöre.97 Mitunter steht infrage, ob es Fundamentalismus überhaupt als ein mit anerkannten Kriterien fassbares Phänomen geben kann.98 Manche halten den Begriff lediglich deshalb für unumgänglich, weil er nun einmal gebräuchlich ist. Stellvertretend dafür Jürgen Moltmann, der schon 1992 etwas resigniert feststellt: „Der alte protestantische Ausdruck ist aber heute umgangssprachlich längst zu einer soziologischen und psychologischen Kategorie geworden, mit der vergleichbare Bewegungen aus sonst unvergleichbaren Religionen und Weltanschauungen begriffen werden sollen. Diese Auswanderung und Ausweitung des Wortes Fundamentalismus aus seinem protestantischen Ursprungsort muss man wohl so akzeptieren, wie sie geschehen sind. Man kann sie historisch nicht rückgängig machen.“99 Neben der Unschärfe fällt negativ auf, dass der Terminus auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen pejorativ und polemisch gebraucht wird. Gottfried Küenzlen zufolge ist Fundamentalismus stets ein „Kampfbegriff“ gegen diejenigen, die das Weltbild nicht teilen.100 Daher warnt Thomas Schirrmacher: „Bei der Fundamentalismuszuschreibung drohen immer zwei Gefahren: Ein falscher Fundamentalismusbegriff und die Anwendung des Fundamentalismusbegriffes auf die falschen Gruppen.“101 Martin Rothgangel plädiert in der Verwendung des Fundamentalismusbegriffes für einen Mittelweg „zwischen inflationärem Sprachgebrauch und deklassierendem Allostereotyp einerseits sowie wissenschaftlicher Selbstisolierung und öffentlicher Ir95 Bedford-Strohm, Heinrich: Predigt zur Eröffnung der 40. Interkulturellen Woche im Hohen Dom zu Mainz, 27. September 2015, in: ekd.de, https://www.ekd.de/20150927_rv_interkulturelle_woche.htm (Stand: 20.05.2018). 96 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1993, S. 9; Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 47. 97 Dehn, Ulrich: Islam im Kontext der Fundamentalismusdebatte, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 69 (2006), Nr. 5, S. 165-166. 98 Vgl. Gasper, Hans: Fundamentalismus als gesellschaftliches Phänomen, in: Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Seelsorgeämter (Hg.): Fundamentalismus – Fundamentalismen. Beispiel: Electronic Church, Nr. 53, Wien 1989, S. 3-28. 99 Moltmann, Jürgen: Fundamentalismus und Moderne, in: Concilium, Jg. 28 (1992), Nr. 3, S. 269. 100 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus, 2000, Sp. 414. 101 Schirrmacher, Thomas: Fundamentalismus. Wenn Religion zur Gefahr wird, Holzgerlingen 2010, S. 33.

1.2 Zum Stand der Forschung

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relevanz andererseits“.102 Reinhold Bernhardt empfiehlt „erkenntnistheoretisches und ideologiekritisches Problembewusstsein“ bei der Wahrnehmung und Verwendung des Fundamentalismusbegriffes.103 Der Befund bleibt schwierig. Wir haben es mit einem Begriff zu tun, der zwar umstritten ist, dessen Herleitung jedoch keine sonderlichen Probleme macht, dessen Geschichte sich gefällig erzählen lässt, auch wenn es sich dabei um eine wissenschaftliche Konstruktion handelt, und der allgemein als aktuell, interessant und relevant gilt, was ihn zu einem Medienbegriff macht. Allerdings sind die Phänomene, die konkret aus Deutschland berichtet und als Fundamentalismus bezeichnet werden, wenig spektakulär im Vergleich zu dem, was aus anderen Weltgegenden zu berichten ist. Der Kontrast zwischen der schwachen Intensität fundamentalistischer Phänomene und dem Interesse fürs Thema sowie der vermeintlichen Aktualität und Relevanz ist durchaus bemerkenswert. Es liegt daher nahe, weitere Klärungen herbeizuführen und Fundamentalismus als Thema der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart einmal dezidiert wahrzunehmen und aufzuarbeiten, wozu die vorliegende Untersuchung einen Beitrag leisten möchte. Nicht, um den Blick zu verengen. Denn es ist ja eine gute Eigenschaft des Themas, dass es im Grunde danach ruft, interdisziplinär und international wahrgenommen zu werden. Sondern um den Blick zu weiten und eine ergänzende Antwort auf die ansonsten allzu berechtigte Frage zu geben, warum die deutschsprachige protestantische Theologie überhaupt den Fundamentalismusbegriff heranzieht. Aber ehe wir dahin kommen, muss zunächst zusammengefasst werden, was zum Thema der Arbeit bereits geschrieben worden ist. 1.2 Zum Stand der Forschung Fundamentalismus ist national wie international gut erforscht. Ernest R. Sandeen zeigt die historische Verankerung des frühen Fundamentalismus im angelsächsischen Millenarismus auf.104 George M. Marsden beschreibt Zusammenhänge und Abgrenzungen von amerikanischem Fundamentalismus und Evangelikalismus.105 Thomas Meyer popularisiert einen breiten Fundamentalismusbegriff im deutschsprachigen Raum, dessen Kenn102 Rothgangel, Martin: Variationen, S. 343. 103 Bernhardt, Reinhold: Gewissheitsdefizite als Fundamentalismusverstärker? in: Werbick, Jürgen/Kalisch, Muhammad Sven/von Stosch, Klaus (Hg.): Verwundete Gewissheit, Beiträge zur komparativen Theologie, Bd. 1, Paderborn 2010, S. 121. 104 Sandeen, Ernest R.: Roots. 105 Marsden, George M.: Fundamentalism and American Culture. The Shaping of Twentieth-Century Evangelicalism 1870-1925, New York 1980.

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1 Einleitung

zeichen er in der Opposition gegen aufgeklärte Vernunft und Moderne sieht.106 Martin Riesebrodt vergleicht amerikanischen und iranischen Fundamentalismus und interpretiert beide als patriarchalische Protestbewegung.107 Martin E. Marty und R. Scott Appleby arbeiten mit dem großen, von ihnen geleiteten internationalen und interdisziplinären Fundamentalism Project der American Academy of Arts and Sciences, an dem rund 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgewirkt haben, bewährte Charakteristika von Fundamentalismen heraus:108 Ideologische Charakteristika 1. Reactivity to the Marginalization of Religion – Fundamentalisten reagieren auf den Bedeutungsverlust von Religion mit Opposition. 2. Selectivity – Fundamentalisten betonen bestimmte Elemente der religiösen Tradition, übernehmen ausgewählte Aspekte der Moderne und wenden sich exemplarisch gegen gesellschaftliche Phänomene. 3. Moral Manichaeism – Fundamentalisten haben eine dualistische Weltsicht in Fragen der Lebensführung. 4. Absolutism and Inerrancy – Fundamentalisten nehmen ihre religiösen Quellen wörtlich und lehnen relativierende Auslegungsmethoden ab. 5. Millennialism and Messianism – Fundamentalisten sind von apokalyptischem Denken geprägt. Organisatorische Charakteristika 1. Elect, Chosen Membership – Fundamentalisten verstehen sich als Gemeinschaft von göttlich Erwählten. 106 Meyer, Thomas: Fundamentalismus. Aufstand gegen die Moderne, Reinbek bei Hamburg 1989; vgl. Meyer, Thomas (Hg.): Fundamentalismus in der modernen Welt. Die Internationale der Unvernunft, Frankfurt 1989; Meyer, Thomas: Was ist Fundamentalismus? Eine Einführung, Wiesbaden 2011. 107 Riesebrodt, Martin: Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung. Amerikanische Protestanten (1910-28) und iranische Schiiten (1961-79) im Vergleich, Tübingen 1990. 108 Almond, Gabriel A./Sivan, Emmanuel/Appleby, R. Scott: Fundamentalism. Genus an Species, in: Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalisms Comprehended, The Fundamentalism Project, Bd. 5, Chicago 1995, S. 405-408; vgl. Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalisms Observed, The Fundamentalism Project, Bd. 1, Chicago 1991; Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalisms and Society: Reclaiming the Sciences, the Family, and Education, The Fundamentalism Project, Bd. 2, Chicago 1993; Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalisms and the State: Remaking Polities, Economies, and Militance, The Fundamentalism Project, Bd. 3, Chicago 1993; Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Accounting for Fundamentalisms: The Dynamic Character of Movements, The Fundamentalism Project, Bd. 4, Chicago 1994; Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalisms Comprehended, The Fundamentalism Project, Bd. 5, Chicago 1995; Marty, Martin E./Appleby, R. Scott: Fundamentalismus.

1.2 Zum Stand der Forschung

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2. Sharp Boundaries – Fundamentalisten separieren sich von denen, die draußen bzw. verloren sind. 3. Authoritarian Organization – Fundamentalisten folgen charismatischen Führungspersönlichkeiten. 4. Behavioral Requirements – Fundamentalisten verhalten sich nach Regeln und Codes ihrer Gruppe. Das Thema Fundamentalismus unter der speziellen Fragestellung nach Fundamentalismus in Deutschland haben bislang wenige Forscherinnen und Forscher protestantisch theologischer Provenienz untersucht. Der schottische Theologe James Barr führt den Fundamentalismus als einer der Ersten einem größeren Publikum in Deutschland vor Augen.109 Wobei sich gleich die Frage erhebt, inwiefern die Analyse Barrs auf die deutsche Situation übertragbar sei. So weist die deutschsprachige Ausgabe von Fundamentalism eine Einleitung von Gerhard Sauter auf, welche eine Einordnung des angelsächsischen Fundamentalismus in den deutschen Kontext vornimmt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestimmt. Dabei macht Sauter auf die Rolle des Pietismus in Deutschland aufmerksam. „So holzschnittartig, wie James Barr die Vorzüge der liberalen Theologie und der historischen Forschung für die Kirche auf dem Hintergrund der fundamentalistischen Verkehrtheiten zeichnet, lassen sich die Prozesse in Deutschland nicht markieren. Auch kritische Bibelwissenschaft und liberale Theologie haben sich (jedenfalls in Deutschland) bisweilen dogmatistisch, borniert und militant verhalten. Doch gerade in der breiten Auseinandersetzung mit dem Erbe des theologischen Liberalismus aus dem 19. Jahrhundert ist zwischen Exegese und Dogmatik ein Grundkonsens in der Frage nach der Bibelautorität erreicht worden, der in die Kirche hinein gewirkt hat und dort Polarisierungen lange Zeit vermeiden half. Um so bedauerlicher, dass seit etwa zwanzig Jahren eine neue Front im Entstehen ist, die nun leider wieder dem Bilde des Fundamentalismus bei Barr entspricht!“110 Damit sind einige Linien der anschließenden Diskussion über Fundamentalismus in Deutschland paradigmatisch vorweggenommen. Einerseits lassen sich Besonderheiten der deutschen Situation an der Rolle und Bedeutung von Pietismus, Evangelikalismus und Erweckungsbewegung festmachen, was mäßigend auf den Fundamentalismus wirkt. Zum anderen schätzt man die Gefahr von Fundamentalismus als real und gegeben ein. 109 Barr, James: Fundamentalismus, München 1981. 110 Sauter, Gerhard: Einführung in die deutsche Ausgabe, in: Barr, James: Fundamentalismus, München 1981, S. 22.

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Hans Schwarz versucht dezidiert, dem Fundamentalismus im deutschen Protestantismus auf die Spur zu kommen.111 Ein Vorkommen im amerikanischen Sinne kann er nicht festmachen, eine spezifisch konservative Bewegung hingegen schon. „Der Fundamentalismus, ein Produkt des anglo-amerikanischen Denominationalismus, hat jedoch in der Bundesrepublik kaum eine Chance. Durch den etablierten Religionsunterricht ist die Bibel noch in den Schulen präsent. Deshalb bräuchte es bei uns keine Gesetzgebung, so wie sie vor einigen Jahren in mehreren Bundesstaaten in den USA angestrebt wurde, dass die biblische Urgeschichte durch Gesetzesverordnung als Alternative zur Evolutionslehre gelehrt würde. Auch die Lehre vom tausendjährigen Reich hat besonders nach unserer jüngsten Vergangenheit bei uns kaum religiöse Bedeutung. Selbst die Abkehr von einer staatlich privilegierten Religion, die in den USA zur strikten Trennung von Staat und Kirche führte, hat es bei uns aufgrund vielfacher Übereinkünfte niemals gegeben und hat auch, ungeachtet der Zukunft der Volkskirche, keine Zukunftsaussicht. Somit könnte man sagen, dass der Fundamentalismus in Deutschland ein Fremdkörper ist. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass im deutschen Protestantismus ein im weiteren Sinne verstandener Fundamentalismus eine Normalerscheinung ist, auch wenn bei uns der Begriff ‚Fundamentalismus‘ im kirchlich-theologischen Vokabular erst nach dem Zweiten Weltkrieg auftaucht.“112 Dieser konservative Typus des Christentums in Deutschland zeichnet sich nach Schwarz durch sein Schriftverständnis, das von dem Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der Bibel geprägt ist, von Opposition gegenüber moderner Theologie und den Methoden der historisch-kritischen Forschung sowie einem ihm eigenen Ausschließlichkeitscharakter aus.113 Vor Augen stehen Schwarz der Evangelikalismus, aber auch konservative Teile des Luthertums sowie Zeugen Jehovas und Siebenten-Tags-Adventisten. Dieser so verstandene Fundamentalismus sei „auch eine genuin deutsche und protestantische Erscheinung.“114 Der lutherische Theologe verbindet seine Analyse mit einem kirchenpolitischen Plädoyer für diesen so beschriebenen Fundamentalismus in Deutschland. „Soweit sich der deutsche Fundamentalismus im Bereich der konservativ evangelikalen Christen bewegt und oftmals mit ‚evangelikal‘ und ‚religiös-konservativ‘ gleichgesetzt wird, ist er für den deutschen Protestantismus eine dringende Notwen111 Schwarz, Hans: Frömmer? Christlicher? Reaktionär? Der Fundamentalismus im deutschen Protestantismus. Historische und aktuelle Bezüge, in: idea-Dokumentation, Nr. 4/1990. 112 Ebd., S. 8. 113 Ebd., S. 9. 114 Ebd.

1.2 Zum Stand der Forschung

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digkeit.“115 Schwarz konstatiert für die unter Mitgliederschwund leidende und pluralistisch geprägte Volkskirche einen „kontinuierlichen Exodus“ aus „existenzieller Irrelevanz“.116 Demgegenüber schwebt ihm eine Art Arbeitsteilung zwischen Fundamentalisten und Landeskirchen vor. „Konservativ evangelikale Gruppen leisten eine nötige Orientierungshilfe in einer orientierungslosen Gesellschaft und in einer pluralistischen Kirche. Die entscheidende Frage ist allerdings, ob diese konservativ evangelikalen Gruppen volkskirchlich kooperativ sind und ob ihr Angebot von der Volkskirche angenommen wird.“117 Voraussetzung, damit dies gelingen könne, sei die Besinnung auf das gemeinsame reformatorische Erbe. Peter Zimmerling beschreibt die Praxis fundamentalistischer Gruppierungen in Deutschland.118 Frömmigkeit und Gottesvorstellung seien steril und zwanghaft.119 Die Einzelnen müssten sich der Gemeinschaft stark unterordnen, es fehle an ökumenischem Bewusstsein.120 Fundamentalisten neigten zu Extremismus statt Toleranz, es mangele ihnen an Streitkultur.121 Sie schätzten christliche Kunst und Kultur gering, zögen sich aus der Gesellschaft und von weniger streng gläubigen Christinnen und Christen zurück, seien skeptisch gegenüber der akademischen Theologie und ablehnend gegenüber der historisch-kritischen Exegese.122 Sie zeichneten sich durch wenig sozial-ethisches Engagement aus, dafür umso mehr durch eine rege Missionstätigkeit, die allerdings weniger das Gegenüber im Blick habe als die eigene Gottgefälligkeit.123 Fundamentalistische Gruppierungen in Deutschland ließen sich an ihrem Moralismus erkennen, einer restriktiven Sexualmoral sowie der Vorstellung, dass Gott unmittelbar im Alltag wirke.124 Sie zögen eine unsichtbare und jenseitige Welt dem Diesseits vor, verfügten über „Fahrpläne“ für die endzeitlichen Ereignisse, hätten eine dualistische und pessimistische Weltsicht, lehnten psychologische und therapeutische Erkenntnisse ab.125 Stephan Holthaus deutet die Auseinandersetzungen um die Bibelkritik im deutschen Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts als Funda115 Ebd., S. 12. 116 Ebd. 117 Ebd. 118 Zimmerling, Peter: Protestantischer Fundamentalismus als gelebter Glaube, in: Hemminger, Hansjörg (Hg.): Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur, Stuttgart 1991, S. 97-130. 119 Ebd., S. 101-104. 120 Ebd., S. 104-107. 121 Ebd., S. 107-108. 122 Ebd., S. 108-116. 123 Ebd., S. 117-119. 124 Ebd., S. 119-123. 125 Ebd., S. 123-128.

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1 Einleitung

mentalismus in Deutschland.126 Er macht den Zusammenhang zwischen Fundamentalismus und Erweckungschristentum stark und hält inhaltliche theologische Kriterien für essenziell, um von Fundamentalismus zu sprechen – vor allem eine bestimmte Verbalinspirationslehre sowie die Vorstellungen des Kreationismus und prämillenaristischen Dispensationalismus.127 Daher muss Holthaus Fundamentalismus und Evangelikalismus voneinander abgrenzen. Der feine Unterschied liege, bei allen Schwierigkeiten, vor allem im Schriftverständnis. Die Verbalinspiration beziehe sich bei Evangelikalen auf Glaube und Leben, während ein fundamentalistisches Schriftverständnis die Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel auf alle menschlichen Erkenntnisbereiche ausweite.128 Den Pietismus sieht Holthaus als Untereinheit des deutschen Evangelikalismus, in dem es jedoch keine einheitliche Verbalinspirationslehre gebe, wodurch er sich ebenfalls vom Fundamentalismus unterscheide.129 Mit dem Schriftverständnis als tertium comparationis kann Holthaus von einem protestantischen Fundamentalismus in Deutschland reden und ihn historisch nachzeichnen, bis in die Regionalgeschichte hinein.130 Es wird deutlich, dass es schon früh im deutschen Protestantismus, teilweise schon im 18., dann aber vor allem im 19. und 20. Jahrhundert eine breite Beschäftigung mit Fragen der Bibelkritik und damit verbunden auch der Inspiration der Schrift gibt. Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen finden zeitlich vor denen in den USA statt, weil der theologische Liberalismus hierzulande früher einsetzt. Weiterhin können mit der Vorgehensweise von Holthaus Zusammenhänge und Vergleiche zum amerikanischen Fundamentalismus hergestellt werden. Zwar will der Autor amerikanischen und deutschen Fundamentalismus aus historischen Gründen, die sich auf das unterschiedliche Staats-Kirchen-Verhältnis, das Verhältnis der beiden Gesellschaften zueinander und die Unzeitgleichheit im Untersuchungszeitraum beziehen, nicht vorschnell gleichsetzen. „Trotzdem erscheint es unverständlich, warum selbst deutsche Theologen beim Thema ‚protestantischer Fundamentalismus‘ ausschließlich nach Amerika schauen und damit die eigene, nicht weniger eindrückliche Theologiegeschichte vernachlässigen. 126 Holthaus, Stephan: Fundamentalismus in Deutschland. Der Kampf um die Bibel im Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts, 2. Aufl., Bonn 2003 (= 1993). 127 Ebd., S. 51. 128 Ebd., S. 51-56. 129 Ebd., S. 50-57. 130 Vgl. Holthaus, Stephan: Fundamentalistische Bibliologie im Protestantismus des 19. Jahrhunderts – Amerikanische, deutsche und rheinische Streiflichter, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, Jg. 43 (1994), S. 159-182.

1.2 Zum Stand der Forschung

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Denn die inhaltlichen Phänomene der amerikanischen Bewegung lassen sich alle – wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen – ebenso in Deutschland nachweisen.“131 Damit gehört Holthaus zu den wenigen Autorinnen und Autoren, die Fundamentalismus in Deutschland dezidiert und umfangreich nachweisen; er historisiert ihn allerdings auch stark. Dass für viele Beobachterinnen und Beobachter dem Fundamentalismus etwas speziell Anachronistisches anhaftet, lässt sich mit Holthaus‘ theologiegeschichtlicher Einordnung nicht darstellen. Denn es liegt ja ein Unterschied in dem Schriftverständnis von konservativen Theologen des 19. Jahrhunderts auf der einen Seite, welches sich damals im Bereich des denkerisch Möglichen bewegte, wenn auch nie im Mainstream, und auf der anderen Seite dem Festhalten und Dogmatisieren ebenjenes Schriftverständnisses noch Generationen später, während sich die Textforschung enorm weiterentwickelt hat. Gänzlich fehlt in Holthaus‘ Darstellung das Merkmal des Aktionismus; außerdem wird kein Verhältnis zu Macht, Politik und Gewalt hergestellt. Der deutsche Fundamentalismus ist in der Logik von Holthaus im Grunde apolitisch, zumindest gesellschaftlich, kirchenpolitisch vielleicht weniger. Demgegenüber ist eine Pointe des amerikanischen Fundamentalismus seine immense öffentliche Wirksamkeit, sowohl in der Auseinandersetzung in den 1920er Jahren um die Evolutionslehre, als auch im Zusammenhang mit dem Phänomen der Telekirchen und seinem Aufgehen in der religiösen Rechten. Der Fundamentalismus in den USA ist ein Kulturkampfphänomen mit medialer Aufmerksamkeit. Genau das war der Fundamentalismus im deutschsprachigen Kontext, wie ihn Holthaus darstellt, hingegen nie. Er war immer, jedenfalls was die Wirksamkeit seiner Themen und Akteure betrifft, ein Randphänomen. Obwohl sich mit Holthaus ein fundamentalistischer Strom innerhalb der deutschen protestantischen Theologie beschreiben lässt, entsteht daraus keine geschlossenen Bewegung wie in den USA. Holthaus macht die konfessionellen Gegensätze zwischen Lutheranern und Reformierten sowie eine Aversion gegenüber den Freikirchen dafür verantwortlich.132 Zwar liege eine identische konservative Bibliologie vor, aber der reformierte und lutherische Konfessionalismus mache in dieser Frage keine gemeinsame Sache.133 Insgesamt nehmen fundamentalistische Positionen, auch nach Holthaus, Minderheitenpositionen ein. Dem Autor ist es aber gelungen, die lange Tradition dieser Minderheitspositionen deutlich zu machen.134 131 Holthaus, Stephan: Fundamentalismus, S. 139. 132 Ebd., S. 456-457. 133 Holthaus, Stephan: Bibliologie, S. 168-174. 134 Holthaus, Stephan: Fundamentalismus, S. 457.

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Als Gefahren von gegenwärtigen fundamentalistischen Gruppierungen in Deutschland, die an der Irrtumslosigkeit der Bibel sowie Abwehr der Bibelkritik festhalten, bestimmt Holthaus Besserwisserei, FreundFeind-Denken, eine Überbewertung von dämonischen Mächten, einen Konformitätsdruck in Fragen der gelebten Frömmigkeit sowie patriarchale Machtstrukturen.135 Zugute hält Holthaus dem Fundamentalismus sein Eintreten für Grenzziehungen im religiösen Pluralismus, seine Laienbezogenheit als Bibelbewegung sowie seine Missionsanstrengungen, die einen erheblichen Anteil der Mission allgemein ausmachten.136 Karl-Fritz Daiber analysiert die „Parteien des christlichen Fundamentalismus“ im Bundestagswahlkampf 1994 und zieht einen Vergleich zwischen christlichen Kleinparteien und dem Einfluss der religiösen Rechten in den Vereinigten Staaten.137 Zwar identifiziert er damit auch in der bundesdeutschen Parteienlandschaft christlichen Fundamentalismus, die Bedeutung innerhalb von Kirche, Politik und Gesellschaft bleibe aber marginal. Daiber bestimmt Fundamentalismus als „religiöse Orientierungen, die politisch mit Durchsetzungswillen eingesetzt werden, und zwar mit dem speziellen Ziel der Veränderung der Gesellschafts- und Staatsstrukturen im Interesse der Verwirklichung der religiösen Handlungsziele“.138 In seiner Analyse beschäftigt er sich mit den Parteien und Programmen der Christlichen Liga, Christlichen Mitte und Partei Bibeltreuer Christen (PBC).139 Im Ergebnis schätzt Daiber die Partei Bibeltreuer Christen als ausgesprochen, die Christliche Mitte als abgeschwächt und die Christliche Liga als begrenzt fundamentalistisch ein. Bei den Wahlergebnissen schneidet die PBC am besten ab. In den Wahlkreisen, in denen pietistische Traditionen vorliegen, sind die Ergebnisse signifikant besser, insgesamt aber marginal.140 Daiber resümiert mit Blick auf die Frage, wie es um Fundamentalismus in Deutschland steht: „Versucht man den deutschen, insbesondere den protestantischen Fundamentalismus vor dem Hintergrund der in der Analyse gewonnenen Ergebnisse zu bewerten, muss gesagt werden, dass Fundamentalismus in Deutschland ein Randphänomen 135 Holthaus, Stephan: Wir brauchen Fundamente! Eine Untersuchung zur Geschichte und zum Erscheinungsbild des protestantischen Fundamentalismus, in: idea-Dokumentation 3/97, Wetzlar 1997, S. 20-21. 136 Ebd., S. 21-22. 137 Daiber, Karl-Fritz: Parteien des christlichen Fundamentalismus – Analysen zum Bundestagswahlkampf 1994, in: Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 105-123. 138 Ebd., S. 108. 139 Ebd., S. 108-114. 140 Ebd., S. 114-117.

1.2 Zum Stand der Forschung

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darstellt. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass fundamentalistische Orientierungen über den Kreis der Wähler einer Partei wie der der Bibeltreuen Christen doch immerhin weit hinausgeht, bleibt der Tatbestand bestehen, dass rein quantitativ gesehen fundamentalistische Orientierungen im definierten Sinne nur eine nachgeordnete Bedeutung haben.“141 Als Grund für die Randständigkeit des von ihm beschriebenen Fundamentalismus macht Daiber aus, dass die evangelikale Bewegung, namentlich die Deutsche Evangelische Allianz, die große Themenschnittmengen mit den fundamentalistischen Kleinparteien aufweise, keine originäre politische, wohl aber eine kirchenpolitische Zielrichtung habe. Zudem seien die Kirchen in Deutschland staatlich eingebunden. „Träger von Fundamentalismen werden in Deutschland kaum jemals die großen Kirchen, nicht einmal die christlichen Freikirchen, nicht einmal eine kirchenpolitisch so aktive Gruppierung wie die Evangelische Allianz sein. Dies ist so, weil die staatskirchlichen Einbindungen von Religion in Deutschland fortwirken. Die großen Kirchen müssen in sich selbst Pluralismus zulassen und Pluralismus austragen, eben weil sie noch volkskirchlich orientiert sind und damit auch in das Staatswesen als tragende Verbände eingeordnet bleiben.“142 Erich Geldbach vergleicht in einer historisch und konfessionskundlich angelegten Arbeit amerikanischen und deutschen Fundamentalismus miteinander.143 Einen Fundamentalismus im amerikanischen Sinne für Deutschland anzunehmen, lehnt er ab. „In der Tat sind die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Fundamentalismus und die Herausbildung eines religiöspolitischen Syndroms mit einer eigenen, subkulturellen Weltanschauung in Deutschland nicht gegeben.“144 Folgende Gründe nennt Geldbach für seine Einschätzung: Es gebe keine institutionelle Trennung von Kirche und Staat, Evangelisation habe kaum Tradition, eschatologische Fragen hätten Theologie und Kirche wenig tangiert, der Anti-Modernismus sei im deutschen Protestantismus weniger ausgeprägt als im Katholizismus, es fehle eine „common sense Philosophie, die auf rationalem Wege die Unfehlbarkeit oder gar die völlige Irrtumslosigkeit der Bibel faktisch-wissenschaftlich erheben will“, für eine Reduktion des Glaubens auf Fundamentalartikel gebe es keine Parallele, eine staatliche Anerkennung des Kreationismus sei undenkbar, „eine Verquickung von Religion, Sendungsbewusstsein, Erwählungspatriotismus, Freiem Unternehmertum, Antikommunismus, Endzeiterwartung, Hochrüstungspolitik 141 Ebd., S. 119. 142 Ebd., S. 122. 143 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001. 144 Ebd., S. 129.

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und Ausnutzung aller modernen Massenkommunikationsmittel ist völlig unbekannt“.145 Allerdings hätten fundamentalistische Ideen auch im deutschsprachigen Raum Einzug gehalten.146 Träger seien „Kreise, die mit der ‚Bekenntnisbewegung: Kein anderes Evangelium‘ oder mit der ‚Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Landeskirchen‘ verflochten sind, oder sich im Umkreis der ‚Evangelischen Allianz‘ finden, an der dann auch Freikirchler beteiligt sind.“147 In vier Arbeitsbereichen sei der Fundamentalismus tätig. Im Bildungsbereich, hier namentlich die Staatsunabhängige Theologische Hochschule in Basel und die Freie Theologische Hochschule Gießen, im Verlagswesen (Gerth Medien, SCM Hänssler), in Konferenzen wie der Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V. sowie in Massenmedien.148 Der evangelikale Nachrichtendienst idea werde „verstärkend“ tätig.149 Abschließend stellt Geldbach einen typologischen Vergleich zwischen historischem Protestantismus, Fundamentalismus, Evangelikalismus und charismatischer Bewegung an. Als Schwerpunkte des Fundamentalismus nennt er die Irrtumslosigkeit der Schrift sowie den Kreationismus, während der historische Protestantismus die Rechtfertigungslehre zum Schwerpunkt habe, der Evangelikalismus die Evangelisation und die charismatische Bewegung die Pneumatologie. Im Schriftverständnis ähnelten sich Fundamentalismus, Evangelikalismus und charismatische Bewegung und unterschieden sich gemeinsam vom historischen Protestantismus, der die historisch-kritische Forschung bemühe.150 Gisa Bauer beschäftigt sich mit Fundamentalismus in den evangelischen Landeskirchen in Deutschland.151 Bereits in ihrer Habilitationsschrift beschreibt Bauer das Verhältnis von evangelikaler Bewegung und evangelischer Kirche als Geschichte eines Grundsatzkonfliktes und arbeitet dabei mit dem Fundamentalismusbegriff.152 Weil der Terminus aber vor allem nach dem Beobachtungszeitraum der Untersuchung (bis 1989) aufkommt, geht Bauer in einem gesonderten Aufsatz auf die Thematik Fundamentalismus in Deutschland ein. Dabei beleuchtet sie die Schnittmengen von Fundamentalismus und Evangelikalismus und verfolgt die These einer 145 Ebd., S. 129-131. 146 Ebd., S. 159. 147 Ebd. 148 Ebd., S. 160-161. 149 Ebd., S. 160. 150 Ebd., S. 180-186. 151 Bauer, Gisa: Fundamentalismus in den evangelischen Landeskirchen in Deutschland, in: Una Sancta, Jg. 69 (2014), Nr. 1, S. 63-72. 152 Vgl. Bauer, Gisa: Evangelikale Bewegung und evangelische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland. Geschichte eines Grundsatzkonflikts (1945 bis 1989), Göttingen 2012.

1.2 Zum Stand der Forschung

33

Untrennbarkeit beider Phänomene, die sie schon in der Habilitation vertritt. „Geht man davon aus, dass christlicher Fundamentalismus unter historiographischen Gesichtspunkten als eine Strömung oder Kategorie des Evangelikalismus angesehen werden kann, die wiederum den Evangelikalismus prägt, wird die These einer ‚Grundverschiedenheit‘ beider Phänomene unhaltbar.“153 Viele Kriterien, die für Fundamentalismus angeführt würden, fänden sich ebenso im Evangelikalismus.154 Ein übliches Abgrenzungsmerkmal, nach dem sich Fundamentalismus und Evangelikalismus durch die Bibelhermeneutik unterscheiden ließen und der Evangelikalismus einen gemäßigten Biblizismus einnehme, während der Fundamentalismus eine Verbalinspiration lehre, hält Bauer nicht für schlagend. Denn innerhalb des Evangelikalismus werde ebenso eine Debatte geführt, ob die Verbalinspiration Kennzeichen einer fundamentalistischen Hermeneutik oder eines bibeltreuen Schriftverständnisses sei.155 Zudem entstünden Abgrenzungsprobleme, wenn man sich Personen und Gruppen genauer anschaue; sie seien teilweise gleichzeitig Evangelikalismus und Fundamentalismus zuzuordnen.156 Auf der Ebene des Verhaltens ließen sich keine trennscharfen Unterschiede zwischen Fundamentalismus und Evangelikalismus machen.157 Eine Unterscheidung zwischen Fundamentalismus und Evangelikalismus als politisch und apolitisch lehnt Bauer ab, weil es sich in Wirklichkeit um einen Vergleich zwischen deutscher und amerikanischer Situation handele. Außerdem entdecke der deutsche Evangelikalismus zunehmend seine politische Seite.158 Bauers Ausführungen laufen darauf hinaus, dass Abgrenzungen beider Phänomene für die Bundesrepublik nicht sinnvoll getroffen werden können. Fundamentalismus und Evangelikalismus sind daher in eins zu sehen als Teil einer konservativen Protestbewegung innerhalb der evangelischen Kirche.159 Dieser konservativen Protestbewegung seien wie allen neuen sozialen Bewegungen (Frauenbewegung, Friedensbewegung, ökologische Bewegung) fundamentalistische Tendenzen inhärent.160 Die Frage, ob es Fundamentalismus in den evangelischen Landeskirchen gebe, bejaht Bauer, weil es Evangelikalismus in den Landeskirchen gibt. „Aber 153 Ebd., S. 97-98. 154 Bauer, Gisa: Fundamentalismus, S. 63-64. 155 Ebd., S. 64-65. 156 Ebd., S. 66. 157 Ebd., S. 66-68. 158 Ebd., S. 68. 159 Ebd., S. 68-70. 160 Vgl. Bauer, Gisa: Evangelikale Bewegung, S. 92.

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1 Einleitung

so lange sich die evangelischen Landeskirchen nicht von der evangelikalen Bewegung trennen, gehört Fundamentalismus in einer fluktuierenden Form zu den Landeskirchen.“161 Auf fundamentalistische Tendenzen des Evangelikalismus stoße man in den Landeskirchen überall dort, „wo die Macht der Kirche schwindet oder historisch geschwunden ist, ohne dass es ihren offiziellen Vertretern, ihren ‚Machthabern‘ scheinbar etwas ausmacht oder ausgemacht hat.“162 So weit die vorliegenden Untersuchungen. Als Forschungsstand lässt sich festhalten, dass sich das Nachdenken über Fundamentalismus in Deutschland im Rahmen der deutschsprachigen protestantischen Theologie im Wesentlichen um drei Komplexe dreht. Zum einen werden Zusammenspiel und Abgrenzung zwischen den protestantischen Landeskirchen und pietistischen sowie evangelikalen Kreisen bedacht. Die lange Tradition der kircheninstitutionellen An- und Einbindung der Gemeinschaften wirkt mäßigend auf fundamentalistische Gruppierungen. Spiegelbildlich dazu geht es um das spezielle Staats-Kirchen-Verhältnis in Deutschland. Die starke Verwobenheit der großen Volkskirchen in Politik und staatliches Handeln wirkt ebenfalls mäßigend auf die fundamentalistischen Ränder. Drittens werden bibelhermeneutische Erwägungen angestellt. Die historisch-kritische Bibelexegese wurde in Deutschland entwickelt und gilt daher nicht als von außen übergestülpt. Die Kritik an ihr wird schon früh diskutiert und fließt in die Weiterentwicklung ein. Die wenigen evangelisch-theologischen Arbeiten zum Fundamentalismus in Deutschland weisen zumeist einen historischen Ansatz auf. So sie Gegenwartsfragen thematisieren, stellen sie im Wesentlichen Vergleiche zwischen US-amerikanischem Fundamentalismus und Phänomenen her, die hierzulande als fundamentalistisch bezeichnet werden. Weil die Ungleichheiten dabei überwiegen, stellt sich, wie bereits im vorangegangenen Kapitel aufgeworfen, die Frage, wodurch sich das bleibende Interesse für den Terminus begründet. Bislang fehlt jedoch eine Untersuchung, die darauf eine Antwort geben könnte. Diese Lücke versucht die vorliegende Arbeit zu schließen, indem sie die spezifische Verwendung des Fundamentalismusbegriffes innerhalb der deutschsprachigen protestantischen Theologie beschreibt und systematisch-theologisch einordnet. 1.3 Fragestellung, Gegenstand und These Im Vordergrund der vorliegenden Arbeit stehen nicht Fundamentalismustheorien, sondern die Fragestellung, wie deutschsprachige protestantische 161 Bauer, Gisa: Fundamentalismus, S. 71. 162 Ebd., S. 72.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

35

Theologinnen und Theologen der Gegenwart den Fundamentalismusbegriff verwenden. Darunter kann man zunächst viel verstehen, weswegen einige Umkreisungen des Gegenstandsfeldes folgen, die allgemein ansetzen und in der spezifischen These der Arbeit münden. 1.3.1 Kontexte und Definitionsversuche Wer über Fundamentalismus schreibt, muss benennen, welche konkreten Phänomene er dabei vor Augen hat. Es wurde bereits beschrieben, dass der Fundamentalismusbegriff eine enorme Ausweitung in der deutschsprachigen protestantischen Theologie etwa ab den 1980er Jahren erfährt – von der Beschreibung einer angelsächsischen millenaristischen Bewegung hin zu einem Containerbegriff, mit dem verschiedenste und höchst unterschiedliche religiöse, politische und gesellschaftliche Phänomene belegt werden. Um welche Phänomene es sich im Untersuchungszeitraum handelt, fasst ein Kapitel mit themenbezogenen Definitionen zusammen. Es reicht an dieser Stelle der Hinweis, dass es sich um eine stattliche Menge handelt. Im deutschsprachigen Raum ist Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre ein wahrer Boom an Literatur zum Thema Fundamentalismus festzustellen.163 Das Interesse geht dann zurück und verstärkt sich mit einigem zeitlichen Verzug nach den Anschlägen des 11. September 2001. Die Zusammenhänge, in denen der Fundamentalismus diskutiert wird, schwanken ebenfalls. So wird bis in die 1990er Jahre das Fundamentalismusthema oft im Kontext von Esoterik, Sekten, neuen religiösen Bewegungen und New-Age-Spiritualität wahrgenommen.164 Diese Betrachtung ist verschwunden. Seit den 2000er Jahren thematisiert man im Nachlauf von 9/11 den Fundamentalismus im Kontext von Islamismus. Dieser Trend hält gegenwärtig an und erhält im Zuge von weiteren Terroranschlägen, Kriegen, Integrations- und Einwanderungsdebatten neue Nahrung. 163 Vgl. Neidhart, Walter: Sammelrezension. Bücher über den Fundamentalismus, in: Praktische Theologie, Jg. 29 (1994), S. 69-79. 164 Stoodt, Dieter: Fundamentalismus versus Modernismus im Jahre 1982. Beobachtungen zum Verhältnis von Religion und Öffentlichkeit in den USA, in: Jahrbuch der Religionspädagogik, Nr. 1 (1985), S. 191-204; Kippenberg, Hans G.: Revolt against modernism. A note on some recent comparative studies in fundamentalism, in: Numen, Jg. 38 (1991), Nr. 1, S. 128; Schmid, Georg: Im Dschungel der neuen Religiosität. Esoterik, östliche Mystik, Sekten, Islam, Fundamentalismus, Volkskirchen, Stuttgart 1992; Hemminger, Hansjörg: Religiöses Erlebnis – religiöse Erfahrung – religiöse Wahrheit. Überlegungen zur charismatischen Bewegung, zum Fundamentalismus und zur New-Age-Religiosität, EZW-Texte, Impulse Nr. 36, Stuttgart 1993; Gerhard, Wilfried: Fundamentalismus, Esoterik und die Krise der Moderne, Beiträge zu Lehre und Forschung 5/94, Hamburg 1994.

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Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Fundamentalismus, aber mannigfaltige Versuche. Im Rahmen der deutschsprachigen protestantischen Theologie herrschen drei grundlegende Typen von Fundamentalismusdefinitionen vor. Er wird als religiös motivierte Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft verstanden, wobei unklar ist, ob diese Haltung mit Gewalt einhergeht.165 Andere definieren Fundamentalismus über bestimmte Glaubensinhalte, meistens in der Schriftlehre. Ein dritter Typus versucht von diesen Erscheinungsformen und Inhalten zu abstrahieren und nimmt Fundamentalismus als eine Denklogik in den Blick, welche 165 Als eines der augenfälligsten Ergebnisse des Fundamentalism Project von Martin E. Marty und R. Scott Appleby gilt, dass die Untersuchung „Gewaltbereitschaft nicht als konstitutives Kriterium verifizieren“ kann (Grünschloß, Andreas: Fundamentalismus.). Diese wohnt nur einer bestimmten Form des welterobernden Fundamentalismus inne, aber nicht allen Fundamentalismen. Gesche Linde zufolge trägt der Fundamentalismus hingegen strukturell eine „Gewalttendenz“ in sich, weil ihm an einer Verschmelzung der religiösen mit der politischen Sphäre gelegen sei. Die Religion solle die Lebensordnung für alle vorgeben (Linde, Gesche: Christlicher Fundamentalismus in Downing Street No.10?, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005, S. 83.). „Man muss nicht Christ, Zeuge Jehovas oder Moslem sein, um Mitgefühl für eine löbliche Eigenschaft zu halten und Armut für ein zu bekämpfendes Übel, aber man muss ganz bestimmt Fundamentalist sein, um die Burka für Frauen zu fordern, seinen Kindern Blutkonserven zu verweigern oder Abtreibungsärzte zu erschießen.“ (Ebd.) Theodor Ahrens hingegen will nur dann von Fundamentalismus reden, wenn eine Gruppierung ihre Wahrheit wirklich „mit Militanz als politischem Mittel“ durchzusetzen versucht. „Meines Erachtens liegt in dieser Haltung das sine qua non jeden Fundamentalismus – wo auch immer.“ (Ahrens, Theodor: Fundamentalismus und Enthusiasmus. Einige Anmerkungen aus missionstheologischer Sicht, in: Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Geistbewegt und bibeltreu. Pfingstkirchen und fundamentalistische Bewegungen – Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Hamburg 1995, S. 68.) Werner Thiede hält Botschaften wie „Terroristen haben keine Religion“ zwar in ihrer Intention für verständlich, erklärt aber, dass eine Gleichsetzung von Religion und humanistischer Moral nicht eins zu eins funktioniere (Thiede, Werner: Terror und Religion. Anmerkungen zur Islamismus-Debatte, in: Zeitschrift für evangelische Ethik, Jg. 46 (2002), Nr. 3, S. 194-204.). Religion sei immer ambivalent. „Wer also Terror und Religion apriorisch sauber trennen zu können meint, verwendet offensichtlich einen wenig reflektierten Religionsbegriff, wie er zwar seit der Aufklärung hierzulande gängig, aber religionswissenschaftlich unzulässig ist.“ (Ebd., S. 195.) Als theologische Ursache für fundamentalistische Gewaltbereitschaft kommt eine Anmaßung des Göttlichen in Betracht. Fundamentalistische Gewalt sei, so Michael Weinrich, „die durchaus stimmige Konsequenz einer Weltanschauung, in der sich der Mensch die Perspektive Gottes anmaßt“ (Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 51.). Elisabeth Gräb-Schmidt urteilt, „dass Intoleranz nicht dem Monotheismus inhärent ist, sondern dass ihr Hervortreten immer schon bereits ein fundamentalistisches Abgleiten der jeweiligen Religion indiziert.“ (Gräb-Schmidt, Elisabeth: Monotheismus und Aufklärung. Ihre Verhältnisbestimmung im Zeichen einer modernen, pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005, S. 11.) Religionen müssten „verbindliche Motive der Selbstbegrenzung“ entwickeln wie zum Beispiel ein Monotheismusverständnis, welches an der Unverfügbarkeit der prinzipiellen Erkenntnis Gottes festhalte (Ebd., S. 26.).

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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sich als dialogresistent, rückwärtsgewandt und eindimensional darstellt. Wenden wir uns zunächst dem Fundamentalismus als religiös motivierte Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft zu. Reinhold Bernhardt erklärt: „Der Begriff ‚Fundamentalismus‘ hat sich in den letzten 25 Jahren zur zentralen Deutekategorie für den Zusammenhang von religiösem Fanatismus und politischer Agitation – verbunden mit der Neigung zur Gewaltanwendung für die Durchsetzung theo-politischer Ziele – entwickelt, bis hin zur Extremform des Terrorismus.“166 Hans-Peter Müller bestimmt den politischen Willen, aufgrund der eigenen religiösen Vorstellungen gesellschaftsprägend zu werden und die Gesellschaft nach religiösem Muster umgestalten zu wollen, also einen Hang zur Theokratie, zur Eigenart von Fundamentalismen über Religionsgrenzen hinweg.167 Hermann Deuser nennt Fundamentalismus ein „Symptom unverarbeiteter Moderne“.168 Kennzeichen der Moderne sei die Trennung von Religion und Politik. Fundamentalismus liege dort vor, wo Religion übergriffig wird. Dabei werde Religion im Sinne von Religiosität mit der „gesellschaftlichen Geltung und Machtstellung einer bestimmten Religion“ verwechselt.169 Die lebensorientierende Funktion der Religion für den Einzelnen werde fälschlicherweise mit der lebensorientierenden Funktion für alle gleichgesetzt. Im Zweifelsfalle stehe damit die Theokratie gegen Demokratie und Pluralismus.170 Andreas Fincke wendet das Kriterium der Einflussnahme auf Politik umgekehrt an, wenn er die Zeugen Jehovas zu den „theoretischen Fundamentalisten“ zählt.171 Sie hielten an Verbalinspiration und der Irrtumslosigkeit der Schrift fest, allerdings fehle der Gemeinschaft „oftmals der Wille, aktiv in politische Vorgänge einzugreifen.“172 Von diesem Versuch der religiösen Einmischung in Politik und Gesellschaft ist der Ansatz zu unterscheiden, Fundamentalismus über bestimmte Glaubensinhalte zu definieren, die ihn konstituieren. Wilfried Joest deutet Fundamentalismus als „Protestbewegung gegen moderne 166 Bernhardt, Reinhold: Fundamentalismus als Sicherungsstrategie, in: Reformatio, Jg. 53 (2004), Nr. 2, S. 83. 167 Müller, Hans-Peter: Art. Fundamentalismus, III. Religionswissenschaftlich, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 4, Freiburg im Breisgau 1995, Sp. 224-225. 168 Deuser, Hermann: Religion und Politik. Zur theologischen Kritik des religiösen Fundamentalismus, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005, S. 7. 169 Ebd., S. 3. 170 Ebd., S. 4. 171 Fincke, Andreas: Fundamentalismus in neuen religiösen Bewegungen in Deutschland: das Beispiel der Zeugen Jehovas, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.): Fundamentalismus, Policy. Politische Akademie, Nr. 10, Berlin 2006, S. 9. 172 Ebd.

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theologische Entwicklungen“.173 Seine Anhänger ließen sich durch die historisch-kritische Bibelforschung herausfordern.174 „Er [der Fundamentalismusbegriff] bezeichnet zumindest mit Schwerpunkt Gruppen, für die das entschiedene Festhalten an der Lehre von der Verbalinspiration und absoluten Irrtumslosigkeit der Bibel charakteristisch ist.“175 Siegfried Zimmer nennt jemanden einen Fundamentalisten, der die Five Fundamentals, wie sie der amerikanische Fundamentalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts hervorbringt, konsequent anerkennt.176 Christoph Schwöbel bescheinigt dem Fundamentalismus eine „Vertauschung der Fundamente“ als wichtigstes Merkmal.177 „Christen glauben nicht an die Bibel, um gestützt auf ihre Irrtumslosigkeit an Gott glauben zu können. […] Christen glauben nicht zuerst an die Jungfrauengeburt, sondern bekennen Jesus Christus als ihren Herrn und verstehen die Rede von der Jungfrauengeburt als Ausdruck dieses Glaubens und nicht als gynäkologische Erklärung der Gottheit Christi.“178 Die Argumente Schwöbels stellen bereits die Metadiskussion über die angemessenen Glaubensfundamente dar, bleiben aber im Rahmen der Definition von Fundamentalismus als Zusammenstellung bestimmter Glaubensinhalte. Gerade davon abstrahiert eine dritte Gruppe von Definitionen, die Fundamentalismus als Denklogik darstellt, welche sich durch Dialogresistenz, Rückwärtsgewandtheit oder Eindimensionalität auszeichne. Martin Honecker definiert: „Formal und hypothetisch kann man Fundamentalismus bestimmen als eine Weltanschauung, die kompromisslos religiöse bzw. quasireligiöse Prinzipien (fundamentals) mitsamt deren Anwendung auf das gesellschaftliche (politische) Leben vertritt und eine kritische Prüfung der Prinzipien und ihrer gesellschaftlichen (politischen) Implikationen grundsätzlich ablehnt.“179 Gerhard Gronauer beschreibt „solche konservative Evangelikale, die keine anderen Weltbilder zulassen, sondern in dem Bewusstsein des Wahrheitsbesitzes unnachgiebig gegen sie vorgehen“ als Fundamentalisten.180 Hans Schwarz bestimmt das Charakteristikum von 173 Joest, Wilfried: Fundamentalismus, S. 736. 174 Ebd., S. 733. 175 Ebd., S. 732. 176 Zimmer, Siegfried: Christlicher Fundamentalismus, in: Zimmer, Siegfried/Bittner, Wolfgang: Was ist Bibeltreue? Fundamente – aber kein Fundamentalismus, Zürich 1995, S. 59. 177 Schwöbel, Christoph: Vertauschte Fundamente, in: Zeitzeichen, Jg. 12 (2011), Nr. 9, S. 15. 178 Ebd. 179 Honecker, Martin: Das Problem des Fundamentalismus und das Fundament des Glaubens, in: Trowitzsch, Michael (Hg.): Paulus, Apostel Jesu Christi. Festschrift für Günter Klein zum 70. Geburtstag, Tübingen 1998, S. 274. 180 Gronauer, Gerhard: Eine Auseinandersetzung mit Richard Ziegerts Fundamentalismusschelte. Ob radikale Evangelikale Deutschland unterwandern?, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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Fundamentalismus im Rückbezug auf eine vermeintlich goldene Zeit.181 Helmut Grimmsmann bezeichnet Fundamentalismus als „rückwärts gerichtete Erneuerungsbewegung“, welche zu den ewig gültigen mythischen Ursprüngen des Menschseins durchdringen möchte und so Orientierung schaffen will.182 Ulrich Schoen macht das fundamentalistische Moment in einem reduzierten Rückgriff auf die Vergangenheit aus – so wie die Renaissance auf die Antike zurückgegriffen habe bei gleichzeitiger Auslassung, dass das antike Erbe nur durch die Vermittlung islamischer Gelehrter überdauert habe.183 Eberhard Stammler definiert Fundamentalismus als Regressionsbewegung, welche auf das zurückgreife, was sich in der eigenen Geschichte bewährt zu haben scheine.184 Klaus Winkler versteht Fundamentalismus „als Versuch, zu einfacheren Erlebensstrukturen und Welterklärungsmodellen zurückzukehren, dabei eine elementare Emotionalität zu entwickeln und diese – wenn möglich – ausagierend in Handlungen umzusetzen“.185 Günter Hole bezeichnet eine „Einstellung auf einen Grundwert oder eine Grundidee, die perfektionistisch gehütet werden muss“ als Fundamentalismus.186 Joachim Zehner umschreibt Personen als Fundamentalisten, die sich „im vermeintlichen Besitz eines absolut gewissen, indiskutabel gültigen und verbal definierten Fundaments, das auf eine unzweifelhafte Autorität zurückgeführt werden kann“, befinden.187 1.3.2 Merkmale und Kriterien Die Schwierigkeit und Uneinheitlichkeit in der Definition von Fundamentalismus ist deutlich geworden. Daher neigen Autorinnen und Autoren, die intensiv zum Thema publiziert haben, eher zu komplexeren Definitionen, die vor allem Merkmale von Fundamentalismus zusammentragen. 103 (2003), Nr. 9, S. 464-465. 181 Schwarz, Hans: Fundamentalismus, S. 4. 182 Grimmsmann, Helmut: Elisas schwimmende Axt. Das Dilemma des christlichen Fundamentalismus, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 34 (1995), S. 2. 183 Schoen, Ulrich: Aufklärung? Die Zukunft der Moderne, des Christentums und des Islam, in: Evangelische Akademie Iserlohn (Hg.): Islam und Moderne. Zwischen Reform und Fundamentalismus, Tagungsprotokoll 104/91, Iserlohn 1991, S. 51. 184 Stammler, Eberhard: Die Angst vor der Moderne. Fundamentalisten auf dem Vormarsch, in: Evangelische Kommentare, Jg. 22 (1989), Nr. 1, S. 4. 185 Winkler, Klaus: Vom Glauben wider die Toleranz. Der Fundamentalismus – pastoralpsychologisch gesehen, in: Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 126. 186 Hole, Günter: Fundamentalismus – Dogmatismus – Fanatismus. Psychiatrische Perspektiven, in: Concilium, Jg. 28 (1992), S. 213. 187 Zehner, Joachim: Art. Fundamentalismus, III. Systematisch-theologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 3, Tübingen 2000, Sp. 421.

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Einige exemplarische aus dem Bereich der deutschsprachigen protestantischen Theologie werden im Folgenden referiert. Die Argumente werden danach nicht mehr einzeln ins Gespräch gebracht. Wir umkreisen weiter das Gegenstandsfeld. Vor dem Hintergrund bewährter Arbeiten über den Fundamentalismusbegriff von Vertretern der deutschsprachigen protestantischen Theologie kann dann aber deutlich werden, worin der spezielle Ansatz der vorliegenden Arbeit in systematisch-theologischer Absicht besteht. Gottfried Küenzlen interpretiert Fundamentalismus als „modernen Antimodernismus“. Er definiert: „F[undamentalismus] ist eine Ausprägung der Religionsgesch[ichte] in der Moderne. Als ‚moderner Antimodernismus‘ entsteht F[undamentalismus] als offensive Gegenbewegung zu einer modernitätsbestimmten Transformation der jeweiligen Herkunftsrel[igion], deren Wahrheit er durch Relativismus, Pluralismus, Historismus und Autoritätsvernichtung bedroht sieht.“188 Daraus begründet sich für Küenzlen das zweite entscheidende Merkmal von Fundamentalismus, das der Autor schon im amerikanischen Fundamentalismus präfiguriert sieht, nämlich der „unmittelbare Zugriff auf die Politik im Namen der Religion“.189 „Im Gegensatz zur religiösen Weltablehnung und dem daraus resultierenden politischen Quietismus ihrer Väter, waren die Anhänger der fundamentalistischen Bewegung angetreten mit der Überzeugung, dass die Politik im Sinne des oben beschriebenen fundamentalistischen Kanons christlich sein müsse, der Staat also z. B. in seinen Erziehungseinrichtungen biblisch-fundamentalistische Wahrheiten vom Menschen vertreten müsse.“190 Zu den „allgemeinen Merkmalen des religiösen Fundamentalismus“ zählt Küenzlen:191 1. 2. 3. 4. 5.

Religiöse Geltungsansprüche in der Politik Theokratische Vorstellungen Dualistisches Weltbild Religiöser Nativismus beziehungsweise Krisenkult Geschichtsvorstellung mit apokalyptischer Zukunft und idealisierter Vergangenheit

188 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus, 2000, Sp. 415. 189 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismen, S. 4-5. 190 Ebd., S. 4. 191 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus, 2000, Sp. 415.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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Heinrich Wilhelm Schäfer sieht Fundamentalismus durch ein doppeltes Kriterium und seinen Kontext bestimmt:192 1. Absolutsetzung religiöser Überzeugungen 2. Verfolgung gesellschaftlicher Dominanzstrategie 3. Vorkommen im Kontext von Modernisierungsprozessen Treten die Kriterien nicht zusammen auf, will Schäfer nicht von Fundamentalismus sprechen. „Die bloße Absolutsetzung eigener Überzeugungen kann, wie schon gesagt, ein Schutz gegen Repression sein, ohne dass Universalitätsansprüche praktisch geltend gemacht oder wirksam werden. Absolutsetzung der eigenen Überzeugungen ist also nur im Zusammenhang mit Dominanzstrategien fundamentalistisch. Umgekehrt kann man keineswegs jede revolutionäre Bewegung, die etwa gegen einen Diktator rebelliert, um allgemeine politische Beteiligung durchzusetzen, nur deshalb als fundamentalistisch bezeichnen, weil sie von ihrem Recht auf gewaltsamen Widerstand Gebrauch macht. Die Revolution in ‚America‘ zum Beispiel wandte Gewalt an, um Demokratie zu etablieren. Gesellschaftliche Dominanzstrategien sind also nur im Zusammenhang mit Absolutsetzung fundamentalistisch.“193 Als Kontext legt Schäfer Modernisierungsprozesse fest. Er interpretiert Fundamentalismus als religiöse soziale Bewegung, die auf Krisenerfahrungen, namentlich Abstiegsängste reagiert (Deprivationserfahrungen) und in der Folge Interessenskonflikte auf die Ebene von Identitätskonflikten verlagert.194 Erich Geldbach bietet zwei mögliche Fundamentalismusdefinitionen an. „Man kann ‚Fundamentalismus‘ als einen globalen Gattungsbegriff verstehen, der Verwendung findet, um vor allem religiöse Aspekte der Vergangenheit, die durch den modernen Lebensvollzug überdeckt oder verändert wurden, wiederzuentdecken und sichtbar zu institutionalisieren. Ausgangspunkt ist ein heiliger Text oder auch nur ein Teil eines heiligen Textes, der jeder Kritik entzogen ist und der daher für alle Zeiten unveränderbar in Geltung steht. Daraus werden kulturelle und soziale Muster abgeleitet, etwa die Rolle von Männern und Frauen, Eltern und Kindern, Oben und Unten, Befehl und Gehorsam, Klerikern und Laien und nicht zuletzt auch die Rolle und Funktion des Staates. Der Staat kann nicht auf Prinzipien beruhen, die im privaten Bereich etwa durch eine Pluralität von nebeneinander existierenden Prinzipien flankiert würde, sondern das 192 Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf, S. 18. 193 Ebd., S. 20. 194 Ebd., S. 22-27.

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Ganze muss einheitlich geregelt sein.“195 Daneben setzt Geldbach eine Definition eines historischen Fundamentalismus, welche auf die Erscheinung des Fundamentalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA zurückgreift. Als dessen Kriterien fügt er an:196 1. Vorstellung der Unfehlbarkeit und der Irrtumslosigkeit der Bibel, angeleitet durch schottische Common-Sense-Philosophie 2. Dispensationalismus und Gedanke der Entrückung 3. Heilsgeschichtliche Rolle der Juden 4. Ausbildung einer geschlossenen Subkultur 5. USA erhalten besonderen Platz in der Heilsgeschichte 6. Kreationismus Reinhard Hempelmann sieht die wichtigsten Merkmale für Fundamentalismus in seinem speziellen Bibelverständnis und oppositionellem Charakter. „Mit Berufung auf die Bibel schafft der Fundamentalismus Eindeutigkeit und setzt der modernen Kultur des Zweifels eine feste Position entgegen. Er protestiert gegen kirchliche und theologische Kompromisse mit dem Zeitgeist. Er reagiert auf den Abbruch der Tradition und die damit verbundene religiöse und kulturelle Identitätsgefährdung. […] Fundamentalismus ist immer etwas Zweites, eine Art Gegenmoderne.“197 Er definiert Fundamentalismus durch folgende Kriterien:198 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Evangelikale Frömmigkeit als Kontext Ausnutzen religiöser Hingabebereitschaft Oppositioneller Charakter gegenüber der Moderne Bibelverständnis der absoluten Irrtumslosigkeit und Unfehlbarkeit der Schrift Verschiedene Erscheinungsformen (Wortfundamentalismus und Geistfundamentalismus) Haltung, die anderen ihr Christsein abspricht Politischer Durchsetzungswille in Bezug auf die eigenen Gesellschaftsvorstellungen Prinzip der Übertreibung

195 Geldbach, Erich: Geschichtliche Kriterien zur Identifizierung des protestantischen Fundamentalismus, in: Una Sancta, Jg. 69 (2014), Nr. 1, S. 2. 196 Ebd., S. 4-9. 197 Hempelmann, Reinhard: Protestantischer Fundamentalismus, in: Hempelmann, Reinhard/Eißler, Friedmann/Knepper, Claudia/Pöhlmann, Matthias/Utsch, Michael (Hg.): Quellentexte zur neuen Religiosität, EZW-Texte, Nr. 215, Berlin 2011, S. 88. 198 Ebd., S. 88-89.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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Hempelmann bündelt weitere Charakteristika unter dem Prinzip der Übertreibung. Die Mutter aller Übertreibungen sei „das zur Verbalinspirationslehre gesteigerte Schriftprinzip“, in deren Folge die Bibel als absolut und in allen Einzelheiten als unfehlbar gelehrt werde.199 Folgende Übertreibungen stellen nach Hempelmann augenfällige Merkmale fundamentalistischer Gruppierungen dar:200 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Idee eines wiederhergestellten christlichen Lebens Unmittelbarkeit göttlichen Handelns Autoritative Ordnungen Versprechen des geheilten und erfolgreichen Lebens Betonung der Verfügbarkeit Gottes und der Mächte des Bösen Weltbildhafter Dualismus – zum Teil mit Vorstellungen eines nahen Weltendes 7. Elitäres Selbst- und Wahrheitsbewusstsein 8. Abgrenzung von der Außenwelt Reinhold Bernhardt führt folgende „Motivbündel […] in fundamentalistischen Religionsmustern“ an: 201 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Strafendes Gottesbild Entscheidungsdruck Universalitätsanspruch Erwählungsvorstellungen Unfehlbarkeit heiliger Schriften Heilsexklusivismus

Für Uwe Gerber stellt Fundamentalismus das Gegenprodukt neuzeitlicher Pluralisierungs-, Individualisierungs- und Enttraditionalisierungsschübe dar, welche bereits im 15. Jahrhundert innerhalb eines bis dahin nach seiner Ansicht monolithischen Christentums in Europa einsetzen und in der Folge der Reformation zunächst in die drei Konfessionen römisch-katholisch, lutherisch und reformiert münden.202 „Der moderne Fundamenta199 Hempelmann, Reinhard: Sind Evangelikalismus und Fundamentalismus identisch?, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 69 (2006), Nr. 1, S. 8. 200 Hempelmann, Reinhard: V. Sehnsucht nach Gewissheit – neue christliche Religiosität, in: Hempelmann, Reinhard u.a. (Hg.): Panorama der neuen Religiosität. Sinnsuche und Heilsversprechen zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Gütersloh 2006, S. 426-427. 201 Bernhardt, Reinhold: Fundamentalismus, S. 89-91. 202 Gerber, Fundamentalismen, S. 7-16.

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lismus unterscheidet sich von vorherigen Totalitarismen und Autoritarismen eines einheitlichen christlichen Glaubens- und Lebensstils in Lehre, Lebensführung und Mitgliedschaft durch den wirkungsgeschichtlichen Hintergrund der Pluralisierung und der (Selbst-) Freisetzung des spätmittelalterlichen Menschen.“203 Mit diesem Paradigma kann Gerber verschiedenste Phänomene und Entwicklungen innerhalb und außerhalb des Christentums beschreiben, vom gegenwärtigen Protestantismus über Pietismus, Ultramontanismus, Kreationismus, einen exzessiven Finanzliberalismus und Konsumkapitalismus, morallose Forschung, Leitkulturdebatten, politische Großmannssucht und Großreichfantasien, bis hin zur NSA-Überwachung. Im Blick sind alle auf Vereinheitlichung und Vereindeutigung zielendenden Orientierungen mit Allmachts- und Absolutheitsansprüchen, also einem Hang zur Totalität. „Damit ist gesagt, dass es bei Fundamentalismus und fundamentalisierenden Strömungen um Machtansprüche, um Definitionsund Herrschaftshoheit über unser Zusammenleben und Leben und um entsprechende Bemächtigungs- und Absicherungsstrategien geht, sofern diese sich absolut, alternativlos setzen und gebärden und sich offener Diskussion, Kritik und öffentlicher Legitimierung entziehen.“204 Gerber stellt folgende Kriterien für Fundamentalismus auf:205 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Wahrnehmungsblockaden Absolutheits- und Exklusivitätsansprüche Ausschluss von Zweifeln Ablehnung von Alternativen und Paradigmenwechseln Scharfe Abgrenzungen Rigorose Moral Patriarchale Eigenschaften Bereitschaft, Opfer in Kauf zu nehmen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Zerstörung demokratischer Freiheit und Rechtsstaatlichkeit

Zur Überwindung von Fundamentalismus empfiehlt Gerber allgemein, Einzigartigkeit wahrzunehmen und ein nach-theistisches Glaubensverständnis für das Christentum zu entwickeln.206 Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass der Fundamentalismusbegriff im Kontext der deutschsprachigen protestantischen Theologie 203 Ebd., S. 12-13. 204 Ebd., S. 28. 205 Ebd., S. 45-46. 206 Ebd., S. 139-143.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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nicht einheitlich bestimmt werden kann. Es lassen sich verschiedene Ebenen von Definitionen unterscheiden, die gehäuft auftreten, jedoch kann keine Definition als gesichert gelten. Es werden bewährte Kriterien und Charakteristika angeführt, die allerdings nicht deckungsgleich sind. Die Phänomene sind mannigfaltig, die konkret als Fundamentalismus bezeichnet werden, worüber das Kapitel mit themenbezogenen Definitionen (2) Auskunft gibt. Die Verwendung des Fundamentalismusbegriffes ist insgesamt stark kontextuell. Zudem wird der heuristische Wert des Begriffes teilweise gänzlich infrage gestellt. Das ist sicherlich übertrieben, aber man muss festhalten, dass die Gemeinsamkeiten der Phänomene, welche unter Fundamentalismus firmieren, limitiert sind. 1.3.3 Abgrenzungsbegriff Fundamentalismus Nimmt man das Interesse ernst, das dem Fundamentalismus in der deutschsprachigen protestantischen Theologie entgegengebracht wird sowie die Relevanz, die ihm zugeschrieben wird, berücksichtigt man auf der anderen Seite, dass das Phänomen Fundamentalismus wesensmäßig gar nicht erfasst wird oder erfasst werden kann – jedenfalls steht dem die Fülle an Phänomenen, Definitionen und Merkmalkatalogen entgegen, die aus dieser Not heraus geboren sind –, dann führt aus dieser Aporie nur eine funktionale Betrachtungsweise heraus. Divergieren die Probleme deutlich, die sich hinter Fundamentalismus verbergen, konvergiert auf der anderen Seite die Funktion des Begriffes. Entsprechend lautet die These der vorliegenden Arbeit: Der Fundamentalismusbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart ist vor allem ein Abgrenzungsbegriff, mit dem Theologinnen und Theologen markieren, welche Aussagen sie jeweils für theologisch vertretbar halten und wo sie eine Grenze überschritten sehen. Dies geschieht in verschiedenen, aktuellen Diskursen, in denen der Begriff herangezogen wird, mitunter bis sich bessere Begrifflichkeiten für die Phänomene gefunden haben. Gemeinsam ist den Diskursen, dass sie ein Gefährdungspotenzial wahrnehmen, welches mit dem Fundamentalismusbegriff angezeigt wird. Die Untersuchung möchte innerhalb eines räumlich, zeitlich, konfessionell und fachlich eingegrenzten Spektrums die Diskurse nachweisen, in denen der Terminus Fundamentalismus als Abgrenzungsbegriff herangezogen wird. Ziel ist es, einen Beitrag zum Verständnis des Fundamentalismusbegriffes in der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart zu leisten und ihn systematisch-theologisch zu verorten. Eine eigene Fundamentalismusdefinition vorzulegen, wird dadurch nicht beabsichtigt. Fachlich beschränkt sich die Arbeit auf die Evangelische Theo-

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logie, wo der Begriff seinen Ursprung hat. Weil sich die Diskussion und vor allem das Phänomen Fundamentalismus im deutschsprachigen Raum deutlich vom US-amerikanischen Kontext unterscheidet, beschränkt sie sich zudem auf die hiesigen Diskurse. Ebenso stellt das Jahr 1979, das Jahr der Islamischen Revolution, eine Zäsur in der Verwendung des Begriffes dar. Erst danach wird der Terminus Fundamentalismus auf vielfältige Kontexte außerhalb seines protestantischen Ursprunges bezogen. Daher stellt dieses Datum den terminus post quem der Geltung der These der Arbeit dar. Die These vom Fundamentalismus als Abgrenzungsbegriff entstammt zum einen eigenen Beobachtungen zum Charakter der meisten Beiträge über Fundamentalismus in der deutschsprachigen protestantischen Theologie. Bei der Beschäftigung mit der Literatur fällt auf, dass die meisten Texte Debattencharakter aufweisen. In vielen Fällen wird sogar deutlich, dass sich die Autorinnen und Autoren in besonderer Weise herausgefordert sehen, zum Thema Fundamentalismus Stellung zu beziehen. Damit geben sie zumeist Auskunft darüber, welche Phänomene ihnen vor Augen stehen und offenbaren so ihr Fundamentalismusverständnis. Zudem fällt auf, dass es sich in der Regel um medial vermittelte Phänomene handelt, weniger um selbst Erlebtes, wodurch sich der Eindruck verstärkt, dass die Akteurinnen und -akteure in einem medialen Diskurs agieren und bewusst oder unbewusst eine öffentliche Stellungnahme vollziehen. Mit dieser Beobachtung korrespondiert eine weitere Auffälligkeit, wonach sich eine Reihe durchaus auch namhafter Vertreterinnen und Vertreter ein, zwei Mal zum Thema Fundamentalismus äußert, dann aber ihr Engagement beendet. Demgegenüber ist die Zahl derjenigen deutschsprachigen protestantischen Theologinnen und Theologen, die sich über einen längeren Zeitraum mit dem Thema beschäftigt haben und immer wieder dazu publiziert haben, durchaus begrenzt. Bei den Äußerungen über Fundamentalismus, so die Beobachtung weiter, herrscht eindeutig Kritik vor, sowohl an den Phänomenen, die als fundamentalistisch bezeichnet werden, als auch an bestimmten Verwendungen des Fundamentalismusbegriffes. Ziel der vorgetragenen Kritik ist Abgrenzung. Fundamentalismus steht für verschiedene Positionen, die man theologisch ablehnt. Weil freilich erschlossen werden kann, wogegen sich eine Position abgrenzt und wozu sie beiträgt, entstehen implizit oder explizit positive theologische Aussagen, nur eben via negationis. Die Beiträge enden in vielen Fällen mit einer Prognose, einem Appell oder einem Therapieansatz. Die Diskursakteurinnen und -akteure geben damit Auskunft darüber, was sie zur Überwindung des von ihnen kritisierten Fundamentalismus beitragen oder empfehlen würden.

1.3 Fragestellung, Gegenstand und These

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Zum anderen stützt sich die These vom Fundamentalismus als Abgrenzungsbegriff auf Beobachtungen anderer Autorinnen und Autoren. Georg Pfleiderer bezeichnet den Fundamentalismusbegriff als „(In-)Differenzbegriff“.207 Er diene dazu, innerhalb des religiösen Feldes Demokratie- oder Verfassungskonformität zu diskutieren. Roger J. Busch sieht im Terminus Fundamentalismus ein „Schlag-Wort in der Auseinandersetzung um das Recht des Pluralismus in der Volkskirche“.208 Es markiere die Grenze der Möglichkeit des Diskurses in der Kirche. Uwe Gerber beschreibt Fundamentalismus als Bemächtigungsreligion, Sicherungsreligion und Abgrenzungsreligion.209 Gérard Siegwalt stellt fest: „Der Fundamentalismus besteht in einer Theologie der Abgrenzung“.210 Gritt Klinkhammer identifiziert in einer Untersuchung zum Fundamentalismus der christlichen Kleinparteien in Deutschland einen „Abgrenzungsdiskurs zum Islam“, welcher „dem christlichen Fundamentalismus zur Stabilisierung der eigenen Identität“ diene.211 Sie mutmaßt, dass dies mehr ein Zeichen von Nähe denn von Distanz sei. „Abgrenzung tut gerade dort Not, wo Grenzen zu verwischen drohen oder auch Integration bereits stattfindet.“212 Reinhard Hempelmann führt diverse Abgrenzungen als Charakteristikum des Fundamentalismus an: „Fundamentalismus ist eine Strömung innerhalb des konservativ geprägten Christentums. Für sein Selbstverständnis sind verschiedene Abgrenzungen charakteristisch: gegen den Feminismus, gegen die Evolutionslehre, gegen den Pluralismus, gegen die historisch-kritische Bibelauslegung.“213 Arnulf von Scheliha macht auf die Rolle von Fundamentalismus im Zusammenhang von Identität und Differenz aufmerksam: „Einmal repräsentieren die religiösen Fundamentalismen auch Eige207 Pfleiderer, Georg: Politisch-Religiöse Semantik. Zur Analytik politischer Religion und ihrer Kontextualität, in: Pfleiderer, Georg/Stegemann, Ekkehard (Hg.): Politische Religion. Geschichte und Gegenwart eines Problemfeldes, Zürich 2004, S. 51-55. 208 Busch, Roger J.: Einzug in die festen Burgen. Ein kritischer Versuch, die Bekennenden Christen zu verstehen, Hannover 1995, S. 134-135. 209 Gerber, Uwe: Vereindeutigen und Fundamentalisieren als theologische Probleme, in: Strube, Sonja Angelika (Hg.): Rechtsextremismus als Herausforderung für die Theologie, Freiburg/Basel/Wien 2015, S. 122-125. 210 Siegwalt, Gérard: Fundamentalismus, interreligiöser Dialog und christliche Theologie. Eine Standortbestimmung, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 116 (2016), Nr. 9, S. 503. 211 Klinkhammer, Gritt: Die „islamische Bedrohung“. Christlicher Fundamentalismus und sein Abgrenzungsdiskurs zum Islam, in: Schmid, Hansjörg/Renz, Andreas/Sperber, Jutta/ Terzi, Duran (Hg.): Identität durch Differenz? Wechselseitige Abgrenzungen in Christentum und Islam, Regensburg 2007, S. 219. 212 Ebd. 213 Hempelmann, Reinhard: Christlicher Fundamentalismus, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Oktober 2005, http://ezw-berlin.de/html/3_165.php (Stand: 20.05.2018).

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nes im Fremden, das nicht ausgegrenzt werden darf, sondern dauerhaft in den theologischen Diskurs über die Moderne einbezogen werden muss. Denn die fundamentalistischen Abschließungsdiskurse greifen ja die Probleme, die mit der Modernisierung der Gesellschaft und der Religionen verbunden sind, auf. Sie sind in ihrem Selbstabschließungsversuch widersprüchlich, weil sie sich von einem Gegenüber abgrenzen, von dem sie doch leben, indem sie sich kritisch darauf beziehen. In ihrer überstiegenen Radikalität machen sie aber darauf aufmerksam, dass jede religiöse Identitätsbildung mit Differenzen leben und sie als Differenzen thematisieren und verarbeiten muss.“214 Gemeinsam ist diesen Einlassungen, dass der Fundamentalismusbegriff auf seine Funktionalität hin befragt und über sie bestimmt wird. Die verwendeten, zum Teil sehr ähnlichen Begrifflichkeiten, verweisen in das Themenfeld Abgrenzung/Grenze/Differenz/Distanzierung. Zusammen genommen mit eigenen Beobachtungen, nach denen die Motivation der überwiegenden Zahl der Autorinnen und Autoren zu sein scheint, sich gegen ein mit Fundamentalismus bezeichnetes und als aktuell gefährlich angesehenes Phänomen zu positionieren, können wir daraus für diese Arbeit schließen: Der Terminus Abgrenzungsbegriff scheint in besonderer Weise dazu geeignet zu sein, die spezifische Verwendung des Fundamentalismusbegriffes in der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart zu beschreiben. 1.4 Aufbau, Methode und Darstellungsweise Der ursprüngliche Impuls zu dieser Arbeit war es, den Fundamentalismusbegriff als modernes Thema der dogmatischen Theologie in den Blick zu nehmen. Allerdings hat eine erste Sichtung des Materials zum einen die innertheologische Fachgrenze als fraglich erscheinen lassen. Zum anderen wäre ein ansonsten wünschenswertes Vorgehen zum Scheitern verurteilt, nach dem verschiedene exemplarische, aber repräsentative Fundamentalismuskonzeptionen nebeneinandergestellt und miteinander diskutiert würden, um daraus wiederum eine eigene Definition herauszudestillieren. Zu disparat und insgesamt mit zu wenig dogmatischer Substanz versehen sind die Einlassungen zum Fundamentalismus innerhalb der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart. 214 Scheliha, Arnulf von: Beobachterbericht zum Forum: Fundamentalistische Abgrenzungsdiskurse im Christentum und im Islam, in: Schmid, Hansjörg/Renz, Andreas/Sperber Jutta/ Terzi, Duran (Hg.): Identität durch Differenz? Wechselseitige Abgrenzungen in Christentum und Islam, Regensburg 2007, S. 222-223.

1.4 Aufbau, Methode und Darstellungsweise

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Allerdings ist es die aus der Beschäftigung mit dem Material gewonnene Erkenntnis und feste Überzeugung, dass sich der diffuse, aber dennoch angewandte und für viele faszinierende Begriff des Fundamentalismus durchaus fassen, verstehen und systematisch-theologisch verorten lässt. Nämlich über die Wahrnehmung seiner spezifischen Verwendung als Abgrenzungsbegriff, die sich als eigentlicher Schlüssel zum Verstehen des Terminus im Kontext der deutschsprachigen protestantischen Theologie herausgestellt hat. Denn mit einem gewissen Erstaunen lässt sich festhalten, und das ist ein Hauptergebnis dieser Untersuchung, dass der Begriff Fundamentalismus im benannten Feld nicht selbst als Gegenstand der Diskussion Bedeutung hat, sondern für andere Ziele herangezogen wird. Die Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismusbegriff findet in der Regel in solchen Diskursen statt, in denen Abgrenzungen geboten scheinen. Er dient innerhalb ganz unterschiedlicher Kontexte dazu, theologische Grenzen zu markieren und steckt einen Deutungsrahmen ab, innerhalb dessen theologische Aussagen vertretbar sind. Diese Beobachtung evoziert zum einen, den Aspekt der Verwendung, des Umgangs oder der Benutzung des Fundamentalismusbegriffes in die Fragestellung zu integrieren. Zum anderen ergeben sich daraus Konsequenzen für Methode und Darstellungsweise der Arbeit. Um herauszufinden, wie der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff funktioniert, müssen zunächst einmal die Diskurse sichtbar gemacht werden, in denen er verwendet wird. Dazu wird die Literatur im Bereich der deutschsprachigen protestantischen Theologie nach 1979 ausgewertet. Die Zuordnung erfolgt über die Autorinnen und Autoren. Nicht in jedem Fall konnte die Zugehörigkeit zur Evangelischen Theologie restlos geklärt werden, was aber für den Gesamtzusammenhang vernachlässigt werden kann. Herangezogen werden wissenschaftliche Zeitschriften, Monografien und Beiträge in Sammelbänden, in Einzelfällen auch Reden, journalistische Artikel oder populäre Werke. Bei der Lektüre sind drei Leitfragen prägend: Was bezeichnen deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart als Fundamentalismus? Was kritisieren Sie daran? Was wollen sie zu seiner Überwindung beitragen? Die Leitfragen geben im Wesentlichen die Struktur der meisten Beiträge zum Thema wieder, die im vorangegangenen Kapitel als Debattenbeiträge charakterisiert werden. Das Vorgehen ist insofern systematisch, als dass das Material gesammelt, abstrahiert und geordnet wird. Der Einleitung (1) folgt ein Kapitel mit themenbezogenen Definitionen (2), das von der kundigen Leserin oder dem kundigen Leser übersprungen werden kann. Es gibt Rechenschaft und einen Überblick über die bereits erwähnten vielfältigen Phänomene, die in der deutschsprachigen protes-

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tantischen Theologie der Gegenwart unter Fundamentalismus firmieren. Sie geben Auskunft darüber, warum zumindest eine materiale Definition von Fundamentalismus schwer herstellbar ist. Zudem wird die enorme Kontextualität des Begriffes offenbar. Der Hauptteil der Arbeit rekonstruiert anschließend die Diskurse, welche mit dem Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff geführt werden, namentlich ein modernitätstheoretischer (3), bibelhermeneutischer (4) und kirchenpolitischer Diskurs (5). Die Reihenfolge der aufgeführten Diskurse scheint für die Darstellung sinnvoll, da hier in gewisser Weise vom Allgemeinen zum Speziellen vorgegangen wird. Dennoch sollten die Kapitel für sich verständlich sein. Ihnen wird jeweils einleitendes Wissen zu den Themenfeldern vorangestellt, die mit dem Fundamentalismusbegriff korrespondieren. Dies geschieht nicht mit dem Anspruch, erschöpfend und auf Höhe der Forschung zum jeweiligen Thema zu informieren, sondern vielmehr ausgewählte Aspekte darzubieten, die den Weg zur Diskussion des Fundamentalismusbegriffes in diesem Kontext ebnen sollen. Daher können wir uns auf wenig Literatur, zumeist Artikel in bewährten theologischen Lexika, beschränken. Der modernitätstheoretische Diskurs (3) zollt einer Grundannahme Respekt, die von einer breiten Mehrheitsmeinung geteilt wird, dass Fundamentalismus nämlich in besonderer Weise auf die Moderne bezogen ist. Dass es sich dabei keinesfalls um alle Aspekte dessen handelt, was unter Moderne zu verstehen ist, sondern im Wesentlichen um das Verarbeiten von Säkularisierung (3.1), Pluralismus (3.2) und Individualismus (3.3), wird erkennbar. Ebenso, dass die Theologinnen und Theologen an dieser Stelle vor allem soziologische, politologische und psychologische Wahrnehmungen heranziehen. Entwicklungspsychologische und religionspädagogische Erörterungen spielen eine Sonderrolle und werden als Exkurs angeführt (3.4). Die biblischen oder dogmatischen Bezüge stellt der bibelhermeneutische Diskurs (4) dar. Die Diskussion findet auf Ebene der Schriftlehre, der Schöpfungslehre sowie der Eschatologie statt, wozu der Fundamentalismus mit seiner auf Irrtumslosigkeit der Schrift zielenden Fassung der Verbalinspirationslehre (4.1), dem Kreationismus (4.2) sowie dem prämillenaristischen Dispensationalismus (4.3) alternative Entwürfe vorweist. Zum gesamten Bild des Fundamentalismusbegriffes in der deutschsprachigen protestantischen Theologie gehört schließlich eine eigenartige und in ihrer Qualität mitunter fragliche Benutzung, welche als kirchenpolitischer Diskurs (5) gebündelt wird. Die hier versammelten bisweilen polemischen und irritiert-distanzierten Beobachtungen nehmen den Blick einer landeskirchlichen Theologie und Frömmigkeit ein, die ihre Schwierigkeiten in der Verhältnisbestimmung gegenüber der evangelikalen Be-

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wegung (5.1), der weltweit erstarkenden pfingst-charismatischen Bewegung (5.2) und dem Islamismus (5.3) offenbart.215 Bei den beschriebenen Diskursen handelt es sich um Rekonstruktionen und Inszenierungen. Sie machen die spezifische Verwendung des Fundamentalismusbegriffes als Abgrenzungsbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart erstmalig sichtbar und arbeiten die systematischen Aspekte heraus, die mit ihm verbunden sind. Damit werden die Möglichkeiten im Gebrauch des Begriffes aufgezeigt. Unterschiedlichkeit, Facettenreichtum und Reichweite der Diskurse werden hinreichend deutlich. Allerdings bleibt eine gewisse Verlegenheit, mit stellenweise recht disparatem und auch erkennbar qualitativ unterschiedlichem Material umgehen zu müssen. Daher erfolgt die Darstellung in weiten Teilen bewusst deskriptiv. Die Verwendungen des Fundamentalismusbegriffes werden nebeneinandergestellt, wobei nicht alle Themen in der Tiefe diskutiert und alle Argumente gegeneinander abgewogen werden; teilweise spricht das Material sogar für sich. Dies muss in Kauf genommen werden, insofern die Leserin oder der Leser einen Einblick in den jeweiligen Duktus eines Diskurses benötigt. Es sind nämlich in unserem Zusammenhang nicht nur die Argumente selbst, welche die Diskurse prägen, sondern ganz deutlich auch die Art und Weise, wie sie vorgebracht werden. Der Ton macht die Musik. Als Beispiel sei auf die vielen polemischen Verwendungen verwiesen. Die entstandene Systematik lässt sich mit anderen Strukturen, Ordnungen oder dogmatischen Topoi ins Gespräch bringen. Die Anschlussstellen werden im Fazit (6) markiert. Es soll deutlich werden, welche Impulse vermittelt durch den Abgrenzungsbegriff Fundamentalismus, in Form von Ortsbestimmungen, Fundamentalunterscheidungen und Leitlinien für eine gegenwärtig verantwortete Theologie, in verschiedene Themenfelder der Systematischen Theologie eingetragen werden können.

215 Insbesondere die Subsumierung von Islamismus unter „Kirchenpolitischer Diskurs“ kann auf den ersten Blick Irritationen hervorrufen. Diese Einordnung geht allerdings nicht vom Phänomen des Islamismus aus, sondern von den Diskursakteurinnen und -akteuren, welche zumeist protestantisch-landeskirchlichen Zusammenhängen zuzuordnen sind, und den Fundamentalismusbegriff in den Kontexten Evangelikalismus, Pfingstbewegung und Islamismus heranziehen, um die Politik ihrer Kirche, im Sinne internen und externen Handelns und Kommunizierens, zu reflektieren. Daher wäre es nicht treffender, von einem religionspolitischen Diskurs zu sprechen oder ergiebiger, den Islamismus gesondert zu behandeln.

2 Fundamentalistische Phänomene Der Fundamentalismusbegriff wird im Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit (seit 1979) weit gedehnt. Einst bezeichnete er eine angelsächsische millenaristische Bewegung. Heute gilt er als Containerbegriff mit unterschiedlichsten Inhalten. Die folgende Auflistung stellt den Versuch dar, die Phänomene, welche in der deutschsprachigen protestantischen Theologie als Fundamentalismus gehandelt werden, zu benennen und inhaltlich zu gliedern. Die Zusammenstellung ist bewusst breit gehalten. Unvergleichbarkeiten und Widersprüchlichkeiten werden nicht ausgeblendet. Sie liegen im Material begründet und sind Teil der Debatte um Sinn und Unsinn des Begriffes. Ebenso haben manche Phänomene ihre Aktualität eingebüßt. Allerdings werden auch Entscheidungen getroffen. Die rein polemische Nennung des Fundamentalismusbegriffes macht noch keinen Fundamentalismus, insbesondere dann, wenn über die Bezichtigung hinaus keine weitere Beschäftigung mit ihm stattfindet. Michael Welker schimpft über Gerd Lüdemann, der die Auferstehung für unhistorisch hält: „Herr Lüdemann ist ein solcher aufklärerischer Fundamentalist.“216 Wolfgang Bittner, der tiefenpsychologische Exegese ablehnt, bekennt: „Nun will ich sagen, wen ich für den größten und populärsten Fundamentalisten auf religiösem Gebiet halte: Eugen Drewermann.“217 Horst Kirchmeier, der für mehr mystisches Gedankengut in der Evangelischen Theologie eintritt, bemerkt: „Die kirchliche Dogmatik Karl Barths ist eine Fundgrube fundamentalistischer Glaubens- und Denkansätze.“218 Jürgen Moltmann wehrt sich gegen Fundamentalismusvorwürfe Friedrich Mildenbergers, bei denen es um die Ausrichtung der Zeitschrift Evangelische Theologie geht.219 Michael Strauß bezeichnet die kirchenpolitische Unnachgiebigkeit, die sich im Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland gezeigt habe, als „päpstlichen Fundamentalismus“.220 Wert216 Welker, Michael: Die Wirklichkeit des Auferstandenen. Gerd Lüdemanns aufklärerischer Fundamentalismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 29 (1996), Nr. 4, S. 206. 217 Bittner, Wolfgang: Zahlen, Zeiten, Bilder – Eine Einführung in die Zugänge zur Wirklichkeit, die uns in den verschiedenen Denkformen der Bibel vorliegen, in: Zimmer, Siegfried/ Bittner, Wolfgang: Was ist Bibeltreue? Fundamente – aber kein Fundamentalismus, Zürich 1995, S. 27. 218 Kirchmeier, Horst: Linker Fundamentalismus in der Kirche, in: Schirmer, Dietrich (Hg.): Religiöser Fundamentalismus im Judentum, Christentum und Islam. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Berlin (West) vom 20.-22. September 1991, Berlin 1991, S. 52. 219 Vgl. Moltmann, Jürgen: Christlicher Fundamentalismus? Antwort an Friedrich Mildenberger, in: Evangelische Theologie, Jg. 54 (1994), Nr. 4, S. 384-387. 220 Strauß, Michael: Die heilige Institution. Der päpstliche Fundamentalismus bedrängt das

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_2

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volle Beiträge zum Fundamentalismusproblem liefert keiner der Autoren an dieser Stelle. Einen fließenden Übergang zu den eher polemischen und assoziativen Nennungen des Fundamentalismusbegriffes bilden die reinen Strukturparallelen. Diese kann man zwar ziehen, und vermutlich auch nicht ohne Gewinn, aber es ist insgesamt zu dünn, jede Form von übertriebener Prinzipientreue als Fundamentalismus zu bezeichnen. Daher muss eine Arbeit, die sich mit dem Fundamentalismusbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie in systematisch-theologischer Absicht beschäftigt, die folgenden Kontexte beiseite lassen. Hartmut Kuhlmann räsoniert, inwiefern im Streit um die utilitaristischen Thesen des australischen Philosophen Peter Singer ein medizinethischer Fundamentalismus zutage trete.221 Dietrich Neuhaus zieht eine Parallele zwischen Fundamentalismus und Organisationsberatung in der Evangelischen Kirche in Deutschland. Während der historische Fundamentalismus mathematisch-naturwissenschaftliches Denken in die Religion einführe, wolle die Organisationsberatung Kategorien der Marktökonomie in die Kirche einführen.222 Wilhelm Schwendemann entdeckt in der Relektüre des Aristoteles in der frühen Neuzeit, namentlich bei den Autoren Melanchthon, Maimonides und Averroes, ein Wahrheitsverständnis, welches in der Auseinandersetzung mit fundamentalistischen Positionen helfe.223 Rainer Riesner beschreibt den Forschungsstand der biblischen Archäologie in der Frage der Frühoder Spätdatierung der Landnahme und des Exodus als eine Lage zwischen Fundamentalismus und Kritizismus.224 Johannes Fischer beschäftigt sich mit dem Verhältnis von christlichem Glauben und moralischem Wissen. Eine Grundlegung evangelischer Ethik, bei der Moral zu einer Frage der Rechtgläubigkeit werde, bezeichnet er als Fundamentalismus.225 Gerd Theißen stellt den Apostel Paulus als Person dar, die vor und nach ihrer Bekehrung der Gefahr von Überidentifikation mit den Normen der eigeGewissen, in: Evangelische Kommentare, Jg. 32 (1999), Nr. 11, S. 5. 221 Kuhlmann, Hartmut: Streit um Leben und Tod. Gibt es einen Fundamentalismus in der Medizinethik?, in: Evangelische Kommentare, Jg. 29 (1996), Nr. 6, S. 331-332. 222 Neuhaus, Dietrich: Wider den Fundamentalismus der Organisationsberatung. Eine polemische Analyse, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 99 (1999), Nr. 2, S. 67-68. 223 Schwendemann, Wilhelm: Melanchthon, Maimonides und Averroes. Aristoteles-Rezeption und -Exegese gegen religiösen Fundamentalismus, in: Frank, Günter/Feinkauf, Thomas/ Wriedt, Markus (Hg.): Die Patristik in der frühen Neuzeit. Die Relektüre der Kirchenväter in den Wissenschaften des 15. bis 18. Jahrhunderts, Stuttgart-Bad Cannstatt 2006, S. 93-130. 224 Riesner, Rainer: Die Mauern von Jericho. Bibelwissenschaft zwischen Fundamentalismus und Kritizismus, in: Theologische Beiträge, Jg. 14 (1983), S. 79-86. 225 Fischer, Johannes: Zwischen religiöser Ideologie und religiösem Fundamentalismus. Zu einem Irrweg evangelischer Ethik, in: Evangelische Theologie, Jg. 74 (2014), Nr. 1, S. 22-40.

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nen Gruppe ausgesetzt war, ihr zeitweise erlag und damit phasenweise zum Fundamentalisten wurde.226 Ulrich Finckh geht der Frage nach, ob Pazifismus fundamentalistisch sei, weil er zwar von seiner Grundsätzlichkeit her logisch und zustimmungsfähig sei, auf der anderen Seite jedoch in der Praxis und vor dem Menschenbild versage.227 Claus Ritterhoff umschreibt in einer kirchengeschichtlichen Untersuchung der Zeit um 1800 die divergierenden Positionen von Friedrich Leopold Graf Stolberg und Gerhard Anton von Halem als aufgeklärt und fundamentalistisch.228 Ulrich Bubenheimer kennzeichnet den Reformator Thomas Müntzer als Fundamentalisten, was bei dem Autoren aber durchaus positiv konnotiert ist.229 Der Revolutionär mache auf den Zusammenhang von Theologie und Erfahrung aufmerksam. Peter-Paul Junge fordert einen aufgeklärten Fundamentalismus, der sich an menschlichen Grundbedürfnissen orientiere statt an der Gier und somit den Kapitalismus zügele.230 Helmut Merkel deutet am Beispiel der Weihnachts- und Kindheitserzählungen Jesu den Versuch, Widersprüche unterschiedlicher biblischer Berichte zu glätten, als Fundamentalismus.231 Nicht mehr nachzuvollziehen und auch fast keine Strukturparallele mehr ist es, wenn Dietrich Neuhaus in einem Themenheft der Zeitschrift Evangelischer Erzieher zum Thema Fundamentalismus den Prototypen des evangelischen Theologen mit dem Typen des Dandy in Verbindung zu bringen sucht.232 Ebenso, wenn sich Bernd Beuscher in demselben Heft zum Zusammenhang von Kino, Systematischer Theologie und der Gewissensfrage Gedanken macht.233 Weiterhin werden keine allzu groben Pauschalisierungen aufgenommen sowie Phänomene, für die es andere 226 Theißen, Gerd: Die Bekehrung des Paulus und seine Entwicklung vom Fundamentalisten zum Universalisten, in: Evangelische Theologie, Jg. 70 (2010), Nr. 1, S. 10-25. 227 Finckh, Ulrich: Ist Pazifismus fundamentalistisch?, in: Vorgänge 134. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, Jg. 35 (1996), Nr. 2, S. 74-76. 228 Ritterhoff, Claus: Friedrich Leopold Graf Stolberg und Gerhard Anton von Halem. Positionen fundamentalistischer und „aufgeklärter“ Religiosität um 1800, in: Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte (Hg.): Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte, Nr. 90 (1992), S. 105-116. 229 Bubenheimer, Ulrich: Thomas Müntzer-Gideon. Warnung vor einem zum Unglauben einladenden Fundamentalisten. Meine Urbegegnung mit Müntzer, in: Religion heute (1990), Nr. 2, S. 120-123. 230 Junge, Peter-Paul: Kirche im Kapitalismus, in: Junge Kirche, Jg. 53 (1993), S. 195-200. 231 Merkel, Helmut: „Zu Bethlehem geboren...“, in: Oeming, Manfred (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997, S. 63-80. 232 Vgl. Neuhaus, Dietrich: Der Theologe als Dandy, in: Der Evangelische Erzieher, Jg. 47 (1995), Nr. 4, S. 359-364. 233 Vgl. Beuscher, Bernd: Das Kino und die systematische Theologie. Über fundamentale Folgen, wenn nur das gute Gewissen zählt, in: Der Evangelische Erzieher, Jg. 47 (1995), Nr. 4, S. 352-359.

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allgemein anerkannte Begrifflichkeiten gibt. Ein Grenzfall sind die im Folgenden genannten Kirchen und Gemeinschaften aus dem evangelikalen, pfingstlerischen und charismatischen Spektrum des Protestantismus. Teilweise geht die Pauschalisierung so weit in der Literatur, dass Autorinnen und Autoren die gesamte charismatische Bewegung, Pfingstbewegung und evangelikale Bewegung als fundamentalistischen Flügel des Protestantismus einordnen. Dies zieht verständlicherweise Abwehrreflexe aus den genannten Strömungen nach sich. Sie werden in einem eigenen Kapitel der Arbeit diskutiert. Unverständlich ist die Verwendung des Begriffes Fundamentalismus für Phänomene, die eigentlich unter anderen Termini geführt werden. Auch wenn totalitaristische und faschistische Phänomene wie der Nationalsozialismus oder Stalinismus ab und zu unter Fundamentalismus firmieren, müssen sie in der folgenden Auflistung unberücksichtigt bleiben. Jede autoritäre Bewegung, die sich im Besitz unverbrüchlicher Wahrheit wähnt, als Fundamentalismus zu bezeichnen, führt nicht weiter.234 Zu Recht warnt daher Christoph Elsas: „Man sollte vorsichtig sein, alles religiös fundierte Eintreten gegen Menschenverachtung und Ungerechtigkeiten nationalistischer, imperialistischer oder sonstiger Gruppenherrschaft als ‚fundamentalistisch‘ zu deklarieren.“235 Dies spricht nicht dagegen, die Nähe von fundamentalistischen Gesellschaftsvorstellungen und rechten politischen Überzeugungen wahrzunehmen. Ein aktuelles Beispiel für die Nähe von Fundamentalismus und rechter Orientierung gibt Oliver Koch am Beispiel einer Pegida-Aktivistin.236 Dennoch stellt der Fundamentalismus ein Phänomen sui generis dar, wie Eleonore Pieh mit einem Vergleich von Rechtsradikalismus mit dem protestantischen Fundamentalismus in den USA herausarbeitet.237 Bei den folgenden Phänomenen handelt es sich weder um reine Polemik, reine Strukturparallelen, keine groben Pauschalisierungen und Phänomene, die unter anderen bewährten Begriffen firmieren. Sie werden in der deutschsprachigen protestantischen Theologie mit mehr oder weniger, aber nicht ohne Recht als Fundamentalismus bezeichnet. 234 Vgl. Kremers, Helmut: Im Besitz unverbrüchlicher Wahrheit. Wieviel Fundamentalismus braucht die Gesellschaft?, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 30 (1991), Nr. 5, S. 224-227. 235 Elsas, Christoph: Die Anderen einladen, sich an das zu erinnern, was ihnen als eigene Grundlage bekannt ist. Aufklärung und Fundamentalismus in Judentum, Christentum und Islam, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 117 (2017), Nr. 8, S. 436-438. 236 Koch, Oliver: Erwählungsbewusste Pegida-Aktivistin in Hessen. Ein Blick auf die religiösen Hintergründe von Heidemarie Mund, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 78 (2015), Nr. 3, S. 90-92. 237 Pieh, Eleonore: „Fight like David – run like Lincoln“. Die politischen Einwirkungen des protestantischen Fundamentalismus in den USA, Münster 1998, S. 211.

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Verbindungen von Politik und Religion Religiöse Rechte Die religiöse Rechte in den USA ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene zumeist evangelikale Organisationen und Initiativen sowie deren Anhänger, welche der Konservativen Partei nahestehen und Einfluss auf die US-Politik zu nehmen versuchen.238 Sie tritt im Präsidentschaftswahlkampf 1980 deutlich ins öffentliche Bewusstsein, als der konservative Ronald Reagan ihre Unterstützung erfährt und gewinnt. Islamische Revolution Die Islamische Revolution in Iran (1979) führt zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi.239 Ajatollah Ruhollah Chomeini beerbt den Monarchen und leitet fortan einen schiitischen Gottesstaat als höchste religiöse und politische Autorität in Personalunion. Nordirlandkonflikt Der Nordirlandkonflikt beschreibt teilweise bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen zwischen irischstämmigen Katholiken und englisch- bzw. schottischstämmigen Protestanten in der zu Großbritannien gehörenden Provinz Nordirland. Die Konfessionszugehörigkeit ist ein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal der beiden Bevölkerungsgruppen, welches Schlüsselfiguren wie der 2014 verstorbene Protestantenführer Ian Paisley unversöhnlich betonen. Christliche Kleinparteien Die Partei Bibeltreuer Christen ist eine deutsche Kleinpartei, welche die Gesellschaft nach Maßstäben der Bibel gestalten möchte. Die Ergebnisse bei Landes- und Bundestagswahlen sind allerdings marginal.240 Gleiches gilt für die Parteien Christliche Mitte und Christliche Liga. Das Islambild der christlichen Kleinparteien ist kritisch.241

238 Vgl. Hochgeschwender, Michael: Amerikanische Religion. Evangelikalismus, Pfingstlertum und Fundamentalismus, Frankfurt am Main 2007, S. 166-214. 239 Vgl. Kepel, Gilles: Die Rache Gottes. Radikale Moslems, Christen und Juden auf dem Vormarsch, München 2001, S. 50-52. 240 Daiber, Karl-Fritz: Parteien, S. 114-117. 241 Hecker, Paulus: Zum Islambild der Christlichen Mitte, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 61 (1998), Nr. 8, S. 243-247.

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Terroristische Aktivitäten 11. September 2001 und Osama bin Laden/Al-Qaida Das Terrornetzwerk Al-Qaida verantwortet die Anschläge des 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington. Die global organisierten Dschihadisten wollen den westlichen Einfluss in der sogenannten islamischen Welt zurückdrängen. Amerikanische Spezialkräfte töten den Gründer Osama bin Laden 2011 in Pakistan. Boko Haram Boko Haram ist eine islamistische Terrormiliz im Norden Nigerias, die durch Massenentführungen und besonders grausame Massakrierungen ihrer Opfer Aufsehen erregt. Die Gruppierung will einen islamischen Staat gründen und die Scharia einführen. Sie macht insbesondere 2014 Schlagzeilen, als sie fast 300 Schülerinnen aus der Stadt Chibok entführt. Islamischer Staat (IS) Der Islamische Staat ist ein Staatenbildungsprojekt sowie eine sunnitische, terroristische Miliz in Syrien und Nordirak, die aus den irakischen Streitkräften erwuchs. Als Bürgerkriegspartei im Syrienkrieg wird der IS von einer internationalen Allianz bekämpft. Zudem werden verschiedene Terroranschläge in Europa mit dem Islamischen Staat in Verbindung gebracht, beispielsweise das Attentat auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo am 7. Januar 2015. Oslo-Attentate und Anders Behring Breivik Am 22. Juli 2011 ermordet der Norweger Anders Behring Breivik 77 Menschen in Oslo und auf der Insel Utøya. Hauptziel seiner Anschläge ist ein Zeltlager einer sozialdemokratischen Jugendorganisation. Seine Ideologie richtet sich gegen den Islam und ein multikulturelles Norwegen. Kurz nach der Tat bezeichnet ein Polizist Breivik in einem Interview als einen christlichen Fundamentalisten, womit der Begriff in der Welt ist. Rote Armee Fraktion (RAF) Die Rote Armee Fraktion war eine deutsche terroristische Vereinigung von 1970 bis 1998. Der Politologe Thomas Meyer beschreibt den RAF-Terror als Fundamentalismus. Ideologisches Fundament sei eine totalisierte und um alle Widersprüche gereinigte marxistisch-leninistische Imperialismustheorie mit einem klaren Freund-Feind-Schema.242 242 Meyer, Thomas: Fundamentalismus, S. 108-119.

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Evangelikale und pfingst-charismatische Kirchen und Gemeinschaften Verschiedene Kirchen und Gemeinschaften aus dem evangelikalen, pfingstlerischen und charismatischen Spektrum des Protestantismus werden zum Teil recht pauschal als fundamentalistisch bezeichnet. Auffällig ist dabei, dass hier vor allem große und religionspolitisch bedeutsame Gemeinschaften genannt werden. Assemblies of God sind die weltweit größte Pfingstgemeinschaft und haben nach eigenen Angaben 64 Millionen Mitglieder. Die Gemeinschaft verständigte sich in den USA auf ein Statement of Fundamental Truths mit 16 Glaubensgrundlagen. Die Southern Baptist Convention ist die größte baptistische und protestantische Denomination in den USA (16 Millionen Mitglieder). Aus ihr werden interne Konflikte berichtet, bei denen sich die so bezeichneten Fundamentalisten durchgesetzt haben. Die lutherische Missouri-Synode ist mit 2,4 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte lutherische Kirche in den USA. Sie lehnt unter anderem die Frauenordination ab. Massenevangelisationen und Missionsinitiativen Bildmächtig beschreiben Kino- und TV-Dokumentationen die Manipulation der Massen mit fundamentalistischen Ansichten. Die oskarnominierte Dokumentation Jesus Camp gibt Einblicke in ein charismatisches Kinderferienlager. Die Dokumentation Jesus junge Garde stellt die Massenevangelisation The Call vor. In der Literatur taucht immer wieder der Name des pfingstlerischen Afrikamissionars Reinhard Bonnke auf. Dieser bezeichnet sich selbst als „Mähdrescher Gottes“.243 Bei den Großveranstaltungen seiner Organisation Christus für alle Nationen kommt es in muslimisch geprägten Ländern zu Unruhen. Lehren Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift Unter Verbalinspiration versteht man die Auffassung, dass die Bibel buchstäblich göttlichen Ursprungs ist. Nach fundamentalistischer Lesart ist sie damit irrtumslos und hat in allen Lebensbereichen zu gelten – mit Konsequenzen für Wissenschaften und Gesellschaftsordnung. Kreationismus/Intelligent Design und Evolutionsgegner Die Lehren des Kreationismus und des Intelligent Design halten die Schöpfungsgeschichten der Bibel für naturwissenschaftlich relevante Aus243 Birnstein, Uwe: Wenn Gottes Wort zur Waffe wird. Fundamentalismus in christlichen Gruppierungen, Gütersloh 1999, S. 45.

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sagen und lehnen die von Charles Darwin begründete Evolutionstheorie ab.244 Die Komplexität des Lebens lasse sich so nicht hinreichend erklären. In Deutschland tritt vor allem die Studiengemeinschaft Wort und Wissen mit kreationistischem Gedankengut hervor. Prämillenaristischer Dispensationalismus Der prämillenaristische Dispensationalismus stellt ein geschlossenes Geschichtsbild dar, welches Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft nach biblischen Angaben in bestimmte Zeitalter (Dispensationen) aufteilt. Politische Ereignisse und vermeintliche gesellschaftliche Verfallserscheinungen werden als Vorboten des Weltendes gedeutet. Ausbildungsstätten Evangelikale Ausbildungsstätten wie die Freie Theologische Hochschule Gießen und die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel lehren ein Bibelverständnis, welches der Inspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift verpflichtet ist. Initiativen und Bewegungen Abtreibungsgegner und Lebensschutzbewegung In Fußgängerzonen, bei Kundgebungen wie dem Marsch für das Leben, vor Schwangerenkonfliktberatungsstellen oder am Rande von Veranstaltungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages betreiben verschiedentlich sogenannte Lebensschützer ihre Kampagnen gegen Abtreibung und Präimplantationsdiagnostik. Aus den USA sind Fälle von Anschlägen gegen sogenannte Abtreibungsärzte und Abtreibungskliniken bekannt.245 Homeschoolingbewegung Zwar gibt es in Deutschland eine allgemeine Schulpflicht, aber einige wenige Eltern verweigern sich dem staatlichen Zwang und unterrichten ihre Kinder daheim. In den USA ist die Bewegung verbreiteter. Als Argument für die Schulverweigerung werden insbesondere die Evolutionslehre oder der Sexualkundeunterricht herangezogen, die vermeintlich das Kindeswohl gefährden.

244 Vgl. Kienzler, Klaus: Der Religiöse Fundamentalismus. Christentum, Judentum, Islam, 4. Aufl., München 2002, S. 44-48. 245 Schmitt, Uwe: Abtreibungsarzt ermordet. Dr. Tiller, Opfer eines amerikanischen Kulturkampfs, in: Die Welt, 1. Juni 2009, http://www.welt.de/3841681 (Stand: 20.05.2018).

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Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium Die Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium formiert sich in der Auseinandersetzung mit der historisch-kritischen Exegese und dem Entmythologisierungsprogramm des Neutestamentlers Rudolf Bultmann. Als Gründungstag gilt ein sogenannter Bekenntnistag 1966 in Dortmund. Auch wenn es still um die Organisation geworden ist, so tritt sie weiterhin als Mitveranstalterin des Gemeindetages unter dem Wort auf und gibt ihren Informationsbrief heraus. Darin zeigen sich fundamentalistische Tendenzen in den beständigen Versuchen, naturwissenschaftliche Beweise für biblische Aussagen zu finden, in dem erhobenen Kampfpathos und der Forderung zur Entscheidung.246 Judenmissionare Die Missionierung von Juden zum Christentum ist in den vergangenen Jahrzehnten in den evangelischen Landeskirchen in Deutschland diskutiert und zunehmend aus theologischen und historischen Gründen verworfen worden. 2016 lehnt die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland eine christliche Missionierung von Juden ab. Einige Vertreter aus dem Spektrum des Evangelikalismus und des Pietismus halten jedoch wortwörtlich daran fest, dass das Evangelium zuerst den Juden gelte.247 Messianische Juden und Organisationen wie der Evangeliumsdienst für Israel betreiben dezidiert Judenmission.248 Christliche Homophobie Verschiedene Initiativen wie das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft der ökumenischen Kommunität Offensive Junger Christen vertreten die Auffassung, dass Homosexualität sündhaft und heilbar ist. Derweil diskutieren die protestantischen Landeskirchen vor allem über den kirchlichen Nachvollzug des staatlichen Eherechtes sowie über Homosexualität im Pfarrhaus.249 Genderkritik Gegner der Frauenordination werden bisweilen als Fundamentalisten bezeichnet. Wissenschaftliche Tagungen beschäftigen sich mit dem Zu246 Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 47-82. 247 Röm 1,16. 248 Vgl. Birnstein, Uwe: Gottes Wort, S. 92-99. 249 Vgl. Raden, Lutz van: Nichts Neues aus Bayern? Landessynode zu Segnung, Leben im Pfarrhaus und Fundamentalismus, in: Werkstatt Schwule Theologie, Jg. 11 (2004), Nr. 1, S. 58-66.

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sammenhang zwischen Fundamentalismus und Geschlechterordnung.250 Zudem werden konservative Christen, die ein Unbehagen gegenüber dem Genderbegriff haben und eine überkommene Geschlechterordnung zementieren möchten, als fundamentalistisch bezeichnet. „In fundamentalistischen Kreisen fungiert ‚Gender‘ – oft als ‚Genderismus‘ oder ‚Gender-Ideologie‘ verunglimpft – als Container-Begriff für alles, was mit Geschlechterpolitik, Gleichstellung von Frauen, Feminismus und Homosexualität zu tun hat.“251 Römisch-katholischer Fundamentalismus Die römisch-katholische Kirche zeichnet sich durch ein inneres Spannungsverhältnis zwischen akademischer Theologie und dem Lehramt von Papst und Bischöfen aus. Allgemein sprechen Beobachterinnen und Beobachter von Fundamentalismus, wenn dieses Spannungsverhältnis einseitig in Richtung Lehramt aufgelöst werden soll.252 Spezieller stehen bestimmte Gruppierungen aus dem streng konservativen Spektrum des Katholizismus im Fokus und werden als fundamentalistisch bezeichnet. Katholische Schismatiker und Traditionalisten Lefebvre und die Piusbruderschaft Der katholische Erzbischof Marcel Lefebvre lehnt verschiedene Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) wie die Messe in Landessprache und ein Zugehen auf Protestanten und Juden ab.253 Er gründet die traditionalistische Piusbruderschaft und wird exkommuniziert, nachdem er unerlaubt Bischöfe geweiht hat. Diese werden zunächst ebenfalls exkommuniziert. 2009 hebt Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der unerlaubt geweihten Bischöfe auf. Einer von ihnen, der Brite Richard Williamson gerät wiederholt als Holocaustleugner in die Schlagzeilen und wird später sowohl von der Organisation ausgeschlossen als auch wieder exkommuniziert.

250 Vgl. Grieser, Uwe: Die Moderne und ihre Gesichter. Bericht über ein Symposium zu Fundamentalismus und Geschlechterordnung, in: Junge Kirche, Jg. 74 (2013), Nr. 3, S. 59. 251 Janssen, Claudia: Angst, S. 41. 252 Vgl. Fahlbusch, Erwin: Römischer Fundamentalismus. Eine kritische Betrachtung der Konfrontation von Lehramt und Theologie, in: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, Jg. 41 (1990), Nr. 5, S. 87. 253 Vgl. Kienzler, Klaus: Fundamentalismus, S. 59-62.

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Opus Dei Die geheimnisumwitterte katholische Organisation Opus Dei kam durch Dan Browns Verschwörungsroman Da Vinci Code zu zweifelhaftem Ruhm.254 Sie gilt als streng konservativ, politisch rechts, machtbewusst und einflussreich. Der spanische Gründer Josemaría Escrivá stirbt 1975 und wird 2002 heiliggesprochen. Christliche Sondergemeinschaften Zeugen Jehovas Die Zeugen Jehovas sind hierzulande vor allem durch ihre Missionstätigkeit an der Haustür und in der Fußgängerzone bekannt. Ihr Gründer, der adventistisch geprägte Amerikaner Charles Taze Russell gibt seit 1879 jene Zeitschrift heraus, die heute als Wachtturm erscheint. Die Lehre zeichnet sich durch eine wortwörtliche Bibelinterpretation und großes Interesse an Endzeitthemen aus. Der Organisation werden totalitäre Strukturen nachgesagt. In Deutschland genießen die Zeugen inzwischen in den meisten Bundesländern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Islam Muslimbruderschaft Die Muslimbruderschaft ist die älteste revolutionäre islamische Bewegung. Hasan al-Banna gründet die Organisation im Jahr 1928 in Ägypten, gegenwärtig ist sie in 70 Ländern der Welt aktiv.255 Sie strebt einen Staat an, in dem islamische Werte in allen Gesellschaftsbereichen gelten. Hamas Die Palästinenserorganisation Hamas gründet sich 1987 als Zweig der Muslimbruderschaft. Sie gilt als terroristisch, weil sie Selbstmordattentate verübt und die Zerstörung Israels als Ziel ausgegeben hat. Allerdings stellt sie ebenso als politische Partei die Regierung im Gazastreifen und betreibt soziales Engagement. Salafisten Die Salafisten kommen im Zusammenhang mit Koranverteilungen in Großstädten und Auseinandersetzungen mit der Polizei bei Demonstrationen in das Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit. Die sunnitische 254 Vgl. Wippermann, Wolfgang: Fundamentalismus. Radikale Strömungen in den Weltreligionen, Freiburg/Basel/Wien 2013, S. 48-49. 255 Vgl. ebd., S. 86-88.

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Bewegung zeichnet sich durch ein wörtliches Koranverständnis aus und erkennt andere Muslime nicht als wahre Gläubige an. Grundüberzeugung des Salafismus ist, dass der Islam von späteren Generationen verdorben wurde und daher in seiner Ursprünglichkeit wiederhergestellt werden muss.256 Der Verfassungsschutz schätzt aktuell 9.700 gefährliche Salafisten in Deutschland.257 Im Vergleich dazu sind Prediger wie Pierre Vogel in den Medien überrepräsentiert. Politiker betonen: Zwar seien keineswegs alle Salafisten Terroristen, aber auffällig viele Terroristen Salafisten. Gülen-Bewegung Die Gülen-Bewegung ist eine moderne islamische Bewegung, die konfessionskundliche Beobachterinnen und Beobachter an den Evangelikalismus erinnert. Kritiker werfen ihr einen verkappten Fundamentalismus vor, mit dem sie die Gesellschaft islamistisch unterwandern wolle.258 Gülen verbindet eine konservative islamische Programmatik mit moderner Bildungsarbeit.259 Das Wissenschaftsverständnis des Begründers Fethullah Gülen, der die Evolutionslehre ablehnt, kann als islamischer Kreationismus bezeichnet werden.260 Größere Aufmerksamkeit erfährt die Gülen-Bewegung seit dem Putschversuch 2016 in der Türkei, für den sie von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verantwortlich gemacht wird. Wahhabismus Der Wahhabismus ist eine Strömung des Salafismus, die zunächst in Saudi-Arabien verbreitet ist.261 Er bezieht sich auf die Lehren von Muhammad ibn Abd al-Wahhab. Die Ideologie der terroristischen Gruppierungen Al-Qaida und Islamischer Staat weisen wiederum Ähnlichkeiten mit dem Wahhabismus auf.262

256 Eißler, Friedmann: Wahhabitischer und salafitischer Islam, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 71 (2008), Nr. 9, S. 351-354. 257 Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht, S. 160. 258 Eißler, Friedmann: Gülen-Bewegung, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Juli 2011, http://www.ezw-berlin.de/html/3_174.php (Stand: 20.05.2018). 259 Eißler, Friedmann: Bildungscampus der Gülen-Bewegung in Berlin geplant, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 76 (2013), Nr. 2, S. 68-69. 260 Eißler, Friedmann: Für die Scharia. Die Gülen-Bewegung gibt sich modern – und ist antiwestlich eingestellt, in: Zeitzeichen, Jg. 11 (2010), Nr. 7, S. 21. 261 Eißler, Friedmann: Islam, S. 351-354. 262 Schuck, Martin: Wahhabismus und al-Qaida. Die fundamentalistischen Exportgüter Saudi-Arabiens, in: Evangelische Aspekte, Jg. 17 (2007), Nr. 1, 36-39.

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Milli Görüs Die Milli-Görüs-Bewegung geht auf den 2011 verstorbenen türkischen Politiker Necmettin Erbakan zurück, der eine Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung auf Grundlage des Islam entwirft. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs ist der zweitgrößte Islamverband in Deutschland. Beobachterinnen und Beobachter sprechen seit längerem von einer „Grauzone zwischen Fundamentalismus und demokratischer Öffnung“.263 Judentum Radikale Siedler in Israel Verschiedene Radikalisierung in der israelischen Politik seit den 1980er Jahren werden mit dem Begriff Fundamentalismus belegt.264 Medial stehen dabei vor allem die jüdisch-israelischen Siedlerorganisationen im Fokus. Die Organisation Gusch Emunim entsteht 1974 im Westjordanland und möchte aus religiöser Ideologie heraus das ganze Heilige Land nach biblischem Vorbild wiederherstellen. Die Gruppe verübt Attentate und hegt Pläne, den muslimischen Felsendom in Jerusalem zu zerstören.265 Buddhismus Religiös-ethnische Konflikte in Sri Lanka Der Theravada-Buddhismus in Myanmar und Sri Lanka wird oft des Fundamentalismus bezichtigt. Kritisiert wird eine feindliche Haltung gegenüber den muslimischen Minderheiten in den Ländern. Der Mönch Ashin Wirathu wird durch seine Hetze gegen Muslime bekannt und schafft es auf das Cover des Time-Magazine als „The Face of Buddhist Terror“. In Sri Lanka herrscht von 1983 bis 2009 Bürgerkrieg zwischen buddhistischen Singhalesen und hinduistischen Tamilen.

263 Dehn, Ulrich: Islamismus an Berliner Schulen?, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 64 (2001), Nr. 12, S. 394. 264 Kortzfleisch, Siegfried von: Angst und Eifer der Gestrengen. Israels erstarkter Fundamentalismus ist unberechenbar, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 27 (1988), Nr. 12, S. 531-532. 265 Vgl. Vetter, Dieter: Religiöser Fundamentalismus im Judentum und sein politischer Einfluss in Israel, in: Jahrbuch für Religionswissenschaft und Theologie der Religionen, Nr. 5 (1997), S. 35-56.

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Hinduismus Hindu-Nationalismus Hindunationalistische Organisationen in Indien mobilisieren gegen Andersgläubige.266 Zumeist wird von Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen berichtet, ab und an auch von Christenverfolgungen durch Hindus.267 Die Organisation Vishwa Hindu Parishad soll maßgeblich daran beteiligt sein, als 1992 militante Hindus die Babrimoschee zerstören. Weil der Baugrund als Geburtsort des Gottes Ram gilt, wird das muslimische Gotteshaus auch von Hindus beansprucht. 2000 Menschen kommen bei den Unruhen ums Leben. Tertium comparationis von Hindu-Fundamentalismus und Hindu-Nationalismus, manchmal auch Hindu-Faschismus, ist der Nativismus.268 Einschränkungen der Religionsfreiheit in der staatlichen Gesetzgebung versuchen Konversionen zu verhindern und eine einheitliche Hindu-Identität der indischen Nation zu wahren.269 Philosophie Fallibilismus oder Fundamentalismus Im philosophischen und wissenschaftstheoretischen Zusammenhang erscheint der Begriff des Fundamentalismus bereits in den 1960er Jahren. Die kritischen Rationalisten Karl Popper und sein Schüler Hans Albert vertreten einen sogenannten Fallibilismus. Danach erweist sich eine widerspruchsfreie Wahrheit als unmöglich; man kann Aussagen höchstens falsifizieren. Alle, die dagegen an begründeten Wahrheiten festhalten und Aussagesysteme davon ableiteten, machen sich nach Albert des Fundamentalismus verdächtig.270

266 Vgl. Jäggi, Christian J./Krieger, David J.: Fundamentalismus. Ein Phänomen der Gegenwart, Zürich/Wiesbaden 1991, S. 127-137. 267 Knuth, Anton: Religion der Väter? Wenn eine Leitkultur Todesopfer fordert. Radikale Hindus verfolgen Christen, in: Zeitzeichen, Jg. 10 (2009), Nr. 2, S. 25-27; Kürschner-Pelkmann, Frank: Augenblick der Entscheidung. Hindu-Fundamentalismus in Indien, in: Die Zeichen der Zeit, Lutherische Monatshefte, Jg. 2 (1999), Nr. 10, S. 45-47. 268 Hummel, Reinhart: Unduldsamkeit im Land der Toleranz. In Indien greift der Hindu-Fundamentalismus um sich, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 30 (1991), Nr. 3, S. 116-117. 269 Nehring, Andreas: Reinheit und Bekehrung. Hindu-Nationalismus, Säkularer Staat und die Anti-Bekehrungsgesetze in Indien, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft, Jg. 88 (2004), Nr. 3/4, S. 232-249. 270 Vgl. Pfürtner, Stephan H.: Fundamentalismus. Die Flucht ins Radikale, Freiburg im Breisgau 1991, S. 63-67.

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Ideologie Grüne Fundis und Rudolf Bahros Logik der Rettung Das Stichwort Fundamentalismus wird im Zusammenhang mit der ökologischen Bewegung zu Beginn der 1980er Jahre und den Auseinandersetzungen zwischen Fundis und Realos innerhalb der jungen Partei der Grünen verwendet. Als Fundis bezeichnet man deren radikalökologischen Flügel, in welchem systemkritische, antikapitalistische und pazifistische Positionen vertreten werden sowie ein Politikstil, der die Trennung von Amt und Mandat und das Rotationsprinzip vorsieht. Ursprünglich lehnen die Fundis jede Regierungsbeteiligung der Grünen ab und wollen stattdessen Fundamentalopposition betreiben. Dagegen reklamieren die Realos die Realpolitik für sich. Nach der hessischen Landtagswahl 1982 wird der Realo Joschka Fischer Umweltminister. Während die Fundis innerhalb der Partei der Grünen eher eine lockere Gruppenbezeichnung mit gemeinsamen und durchaus diskussionswürdigen politischen Zielen darstellen, verbindet sich ein regelrechter Öko-Fundamentalismus mit der Person Rudolf Bahro, der 1985 bei den Grünen wieder austritt.271 1987 vertritt er in seinem Werk Logik der Rettung eine Auffassung, die er selbst als Fundamentalismus bezeichnet – eine Mischung aus radikalökologischen Ideen, New Age und rechten Anklängen. Die nötige ökologische Wendung traut Bahro der Demokratie nicht mehr zu. Sie muss von wenigen nicht-korrumpierten Rettergestalten verwirklicht werden; eine grüne Tyrannis um der guten Sache willen. Neuer Atheismus Der sogenannte neue Atheismus, dessen prominentester Vertreter sicherlich Richard Dawkins ist, steht im Verdacht, Religion auf Fundamentalismus zu reduzieren.272 Nach Wolf Krötke, der im US-amerikanischen Fundamentalismus sogar eine Wurzel des neuen Atheismus sieht, werde der Atheismus damit selbst fundamentalistisch.273 Inhaltlich neu hingegen ist gar nichts an dieser Form der Religionskritik. Sie käut in erstaunlicher Weise alte Argumente wieder, die längst schon wissenschaftlich und philosophisch weiterbearbeitet wurden. Neu ist der Missionseifer und die 271 Vgl. Meyer, Thomas: Fundamentalismus, S. 119-140. 272 Krötke, Wolf: Das Wesen des christlichen Glaubens an Gott und der „neue Atheismus“, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 72 (2009), Nr. 1, S. 9. 273 Krötke, Wolf: Atheismus in der Diskussion. Festvortrag zum 50-jährigen Bestehen der EZW, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 73 (2010), Nr. 12, S. 443-449.

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Militanz seines Auftretens. „Damit steht der neue Atheismus seinerseits dem zu Recht angegriffenen religiösen Fundamentalismus mit seinen rigoristischen Entscheidungsoptionen in keiner Weise nach“, urteilt Michael Weinrich.274 Die Auflistung macht deutlich, dass wir es wirklich mit mannigfaltigen Phänomenen zu tun haben, die im Bereich der deutschsprachigen protestantischen Theologie als Fundamentalismus bezeichnet werden. Im Rückblick auf die Einleitung wird umso plausibler, warum sich der Fundamentalismusbegriff definitorisch nicht auf einen Nenner bringen lässt. These der Arbeit ist daher, dass Fundamentalismus in unserem Zusammenhang vor allem ein Abgrenzungsbegriff ist, mit dem Theologinnen und Theologen markieren, wo sie in bestimmten Diskursen gefährliche Grenzen überschritten sehen. Der Rekonstruktion dieser Diskurse widmen wir uns im Folgenden.

274 Weinrich, Michael: Was ist neu am neuen Atheismus?, in: Zeitzeichen, Jg. 12 (2011), Nr. 3, S. 43.

3 Der modernitätstheoretische Diskurs Der modernitätstheoretische Diskurs weist den Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen Formen von rückwärtsgewandter Religion aus. Darunter fällt zum einen die sogenannte Wiederkehr der Religion in globalen Konflikten, oft in Form von religiösem Terrorismus oder Gewalt, zum anderen der religiös-weltanschauliche Pluralismus auf gesellschaftlicher Ebene und der Kampf von Fundamentalisten für eine Entdifferenzierung der Gesellschaft. Als dritter Aspekt kommen die persönlichen Sinnkrisen, die eine säkulare und plurale Moderne auf die Individuen wirken kann, in den Blick. Fundamentalismus wird hier als Ausdruck von Lebensüberforderung verstanden. Der Begriff der Moderne lässt sich ebenso schwer bestimmen wie der des Fundamentalismus. Moderne ist zum einen ein Epochenbegriff, zum anderen ein Überbietungsbegriff, der eine Gegenwart wertend von einer Vergangenheit unterscheidet. Der Terminus arbeitet sich zunächst an der Antike und deren Rezeption ab.275 In der Querelle des Anciens et des Modernes diskutieren französische Geisteswissenschaftler seit 1687, ob die antike Literatur der zeitgenössischen überlegen sei. Die Auseinandersetzung mit der Antike verliert sich, das Bewusstsein einer Zeitenwende beizuwohnen und der damit verbundene Überbietungsanspruch bleibt an dem Begriff haften. Der Begriff Modernismus stellt eine meist polemische Ableitung des Begriffes Moderne dar.276 Auch wenn er sich viel früher nachweisen lässt, spielt er im Protestantismus vor allem als Kampfbegriff gegen den Kulturprotestantismus und die liberale Theologie eine Rolle. Weitaus wirkmächtiger sind der Terminus und die mit ihm verbundenen Probleme allerdings im Katholizismus, wo eine „Kumulation von Auseinandersetzungen um die religiös-kulturelle Relevanz des Katholizismus in der Moderne“ zwischen den Jahren 1893 und 1914 festzustellen ist.277 In den Geschichts-, Literatur- und Kunstwissenschaften wird die Epoche Moderne zeitlich unterschiedlich angesetzt. In der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft zum Beispiel bildet die Moderne eine Epoche der Neuzeit. Der Beginn der Neuzeit wird gegen 1500 datiert. Der Beginn der Moderne wird üblicherweise zwischen dem letzten Drittel des 18. Jahr275 Viering, Jürgen: Art. Moderne, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 8546, vgl. EKL Bd. 3/8, S. 499 ff. 276 Arnold, Claus: Art. Modernismus, I. Kirchengeschichtlich, 1. Allgemein, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 5, Tübingen 2002, Sp. 1385. 277 Arnold, Claus: Art. Modernismus, II. Im Katholizismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 5, Tübingen 2002, Sp. 1386-1387.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_3

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hunderts und der Mitte des 19. Jahrhunderts angesetzt.278 Allerdings ist ungeklärt, ob sie ein Ende hat. Nimmt man dies an, gerät die Moderne ihrerseits zur Vergangenheit und es braucht Nachfolgebegriffe wie Postmoderne oder Post-Postmoderne; denn die Gegenwart bleibt ja deutungsbedürftig.279 So kann im Extremfall unter Moderne eine kultur- und geistesgeschichtliche Modephase des Begriffes zwischen 1890 und 1910 oder eine Gleichsetzung von Neuzeit und Moderne verstanden werden, was einen Unterschied von 500 Jahren ausmacht.280 In Wechselwirkung mit der zeitlichen Einordnung und nicht weniger unscharf sind die inhaltlichen Aspekte, die mit Moderne verbunden werden. Allein im Kontext dieser Arbeit spielen folgende eine Rolle – andere werden beiseite gelassen: 1. Innovation, Industrialisierung, Beschleunigung 2. Rationalität, Aufklärung, Fortschrittsorientierung und Fortschrittsoptimismus, Liberalismus 3. Wertewandel, Relativismus, Säkularisierung, Traditionsverlust 4. Gesellschaftliche Ausdifferenzierung, Pluralisierung 5. Orientierungsschwierigkeiten, Identitätsverlust und -suche, Individualisierung, Krisenbewusstsein Der Moderne als „Zeit der Revolutionen und Lebensreformen, der Versuche, Übersichtlichkeit durch ideologische und fundamentalistische Setzungen zu gewinnen“281 scheint der Impuls inhärent zu sein, sich zu ihr in Beziehung zu setzen. An dieser Stelle ist es beinahe einhellige Meinung, dass es sich bei Fundamentalismus um eine Gegenbewegung, eine Reaktion auf die Moderne handelt oder auf die Postmoderne. Die fundamentalistische Reaktion auf die Moderne vollzieht sich vor allem auf drei Ebenen, die bestimmte inhaltliche Aspekte von Moderne aufnehmen und verbinden – als Reaktion auf moderne Säkularisierungsprozesse, als Reaktion auf moderne Pluralisierungsprozesse sowie als Reaktion auf moderne Individualisierungsprozesse. Zunächst wird man aber fragen müssen: Muss man, wenn man Fundamentalismus sagt, auch die Moderne im selben Atemzug nennen? Bewegt man sich automatisch im Kontext von Moderne, wenn man über Fundamentalismus nachdenkt? – Ob es sich bei Fundamentalismus um eine mo278 Figal, Günter: Art. Moderne/Modernität, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 5, Tübingen 2002, Sp. 1377. 279 Vgl. Jesse, Horst: Postmodernismus und Fundamentalismus, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 93 (1993), Nr. 12, S. 589. 280 Viering, Jürgen: Moderne, S. 8546. 281 Figal, Günter: Moderne, Sp. 1377.

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derne Erscheinung handelt, bleibt zumindest nicht unwidersprochen. Der Historiker Heinz Schilling gibt einen Band heraus, in dem er die kriegerischen Auseinandersetzungen im Europa des konfessionellen Zeitalters um 1600 unter dem Stichwort konfessioneller Fundamentalismus bündelt. Der Begriff solle dazu dienen, „die Strukturen und Ereignisse am Vorabend des großen europäischen Konfessions- und Staatenkrieges zu beschreiben und die Ursachen und Mechanismen der Ausbrüche von Gewalt innerhalb und zwischen den Staaten zu analysieren, aber auch und nicht zuletzt die Bedingungen der Überwindung dieser konfessionsfundamentalistischen Falle und der Hinwendung zu einer friedlich-schiedlichen Austragung der Gegensätze zu klären.“282 Möglicherweise ergäben sich dadurch auch Vergleichsmöglichkeiten mit Phänomenen aus anderen Zeiten und Gesellschaften, hofft Schilling. Allerdings wird der Begriff von den Autoren unterschiedlich und teils mit Skepsis aufgenommen. Gerade die beiden Theologen, die in dem vorliegenden Band schreiben, halten ihn für unbrauchbar. Thomas Kaufmann meidet in seinem Beitrag den Fundamentalismusbegriff gänzlich und spricht stattdessen lieber von „Konfessionsantagonismus“.283 Volker Leppin erläutert, warum er die Anwendung des Fundamentalismusbegriffes für die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg ebenfalls für unangebracht hält. „Probleme in diesem Sprachgebrauch liegen m.E. in der binnentheologischen Besetzung des Begriffs ‚Fundamentalismus‘ begründet, der eine auf einer bestimmten hermeneutischen Voraussetzung beruhende, sich gelegentlich zur Kirchenpartei formierende Gegenbewegung zu Moderne und Liberalismus bezeichnet“.284 Für Gernot Wießner hingegen ist Fundamentalismus keineswegs eine moderne Erscheinung. „Ein Blick aus der Gegenwart in die Geschichte der Religionen in der Vergangenheit kann zeigen, dass es diesen Typ des religiösen Fundamentalismus wohl immer gegeben hat.“285 Nur weil sich der Fundamen282 Schilling, Heinz (Hg.): Konfessioneller Fundamentalismus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600, München 2007, S. VII-VIII. 283 Vgl. Kaufmann, Thomas: Protestantischer Konfessionsantagonismus im Kampf gegen die Jesuiten, in: Schilling, Heinz (Hg.): Konfessioneller Fundamentalismus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600, München 2007, S. 101-114. 284 Leppin, Volker: „... das der Römische Antichrist offenbaret und das helle Liecht des Heiligen Evangelii wiederumb angezündet“. Memoria und Aggression im Reformationsjubiläum 1617, in: Schilling, Heinz (Hg.): Konfessioneller Fundamentalismus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600, München 2007, S. 116, Anm. 5; vgl. Nowak, der das 17. Jahrhundert als Zeitalter des Vielspältigen darstellt (Nowak, Kurt: Zeitalter des Vielspältigen. Zum Verhältnis von Kircheneinheit, Konfessionskirchen und religiöser Gruppenkultur im 17. Jahrhundert, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 16-40.). 285 Wießner, Gernot: Der Fundamentalismus in der Religionsgeschichte, in: Lange, Dietz

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talismus „der Mittel und Errungenschaften seines Gegners“ bediene, sei er nicht automatisch modern.286 Auch Thomas Schirrmacher bezweifelt, dass Fundamentalismus wirklich ein modernes Phänomen ist.287 So bemerkenswert diese Einwände sind, stellen sie doch nur Einzelmeinungen dar. Die allgemein anerkannte Vorstellung lautet in der Tat, Fundamentalismus sei eine „Erscheinung der Moderne selbst“288 und es sei nur dann sinnvoll von Fundamentalismus zu sprechen, „wenn wir ihn als moderne Erscheinungsform verstehen, die unter den Struktur- und Kulturbedingungen moderner Gesellschaften entsteht“.289 Nach Michael Weinrich handelt es sich bei Fundamentalismus „um eine höchst moderne Theologie, ja um eine Theologie des ‚Zeitgeistes‘, der eben dem modernen Rationalismus der Naturwissenschaften, dem sich durch sein Tun bestätigenden neuzeitlichen Menschen und schließlich dem für sich selbst und sein Geschick frei d. h. voluntaristisch entscheidenden Individuum seine Referenz erweist.“290 Daher sei Fundamentalismus von älteren Erscheinungen wie Orthodoxie und religiösem Fanatismus zu unterscheiden und setze die Aufklärung voraus.291 Weil also der Fundamentalismus von der deutlichen Mehrheit der Autorinnen und Autoren als modernes Phänomen eingeordnet wird, er aber ebenfalls nach der Mehrheitsmeinung diese Moderne bekämpft – dieser leicht paradox klingende Befund veranlasst Gottfried Küenzlen, Fundamentalismus als einen spezifisch „modernen Antimodernismus“ zu verstehen.292 Allerdings stelle der als moderner Antimodernismus gedachte Fundamentalismus gerade keine Modernisierung von Religion dar. „Es geht nicht um die Modernisierung der Religion, sondern um die explizit religiöse Fundamentierung der Moderne, genauer: es geht nicht um die Modernisierung des Islam, sondern um die Reislamisierung zumindest der islamischen Welt, nicht um ein säkular hergeleitetes Verständnis des Staates Israel, sondern um dessen religiös-theokratische Begründung; es geht nicht um die Verweltlichung des Christentums, sondern um die Rechristianisierung der westlichen Welt.“293 (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 62. 286 Ebd. 287 Schirrmacher, Thomas: Fundamentalismus, S. 19. 288 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus: Moderner Antimodernismus. Kultur-soziologische Überlegungen, in: Praktische Theologie, Jg. 29 (1994), S. 53. 289 Küenzlen, Gottfried: Burgen, S. 5. 290 Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 73. 291 Ebd., S. 55. 292 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus, 2000, Sp. 414. 293 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismus, 1994, S. 46.

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Nachdem gefragt wurde, was unter Moderne zu verstehen ist und ob es sich bei Fundamentalismus um eine moderne Erscheinung handelt, muss der Zusammenhang von Fundamentalismus und Moderne noch von einer anderen Seite her betrachtet werden. Impliziert das Nachdenken über Religion in der Moderne automatisch das Stichwort Fundamentalismus? Das wird man verneinen müssen. Friedrich Wilhelm Graf hat seine Arbeiten über Religion in der Moderne in einem Band namens Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur gebündelt.294 Allerdings taucht das Stichwort Fundamentalismus nur an wenigen Stellen und vor allem an für den Gesamtzusammenhang eher unbedeutenden Orten auf.295 Mit anderen Publikationen dieser Art verhält es sich meines Erachtens ähnlich. Es lässt sich festhalten, ein Zusammenhang von Fundamentalismus und Moderne wird allgemein angenommen, der Fundamentalismusbegriff wird hingegen in der Regel nicht als Theorem herangezogen, wenn Religion in der Moderne betrachtet wird. Dezidiert anders geht Heinrich Wilhelm Schäfer vor, der innerhalb seiner Fundamentalismusarbeit eine eigene Theorie der Moderne vorlegt, die er anhand seiner Beschäftigung mit dem Fundamentalismusbegriff schärft. Schäfer schließt sich an das Konzept der multiplen Modernen des israelischen Soziologen Shmuel Eisenstadt an, welches davon ausgeht, dass es nicht eine Moderne gibt, sondern unterschiedliche in verschiedenen Weltteilen, die sich wiederum durch innere Gegensätze auszeichnen.296 „Entsprechend der Gestaltwerdung spezifischer Modernen sind auch die Fundamentalismen unterschiedlich.“297 Schäfer differenziert verschiedene Stränge gesellschaftlicher Entwicklungen in der Moderne – eine technokratisch-instrumentelle Moderne, deren höchstes Ziel die technische Perfektion sei, eine prozedural-demokratische Moderne, die sich den Idealen von Aufklärung und Vernunft verpflichtet wisse und eine hermeneutisch-pluralistische Moderne, welche auf der „Anerkennung der Legitimität verschiedener Rationalitäten“ beruhe.298 294 Graf, Friedrich Wilhelm: Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur, München 2004. 295 Später interpretiert Graf Fundamentalismus als Formen von starker Religion, die in verschiedenen Modernismuskrisen entstehen (Graf, Friedrich Wilhelm: Götter global. Wie die Welt zum Supermarkt der Religionen wird, München 2014, S. 237-245). „Es geht entscheidend um den Kampf gegen eine glaubenslose Moderne. Dies gilt für den protestantischen Fundamentalismus und dessen Berufung auf ein exklusives, wörtlich-buchstäblich verstandenes Schriftprinzip, gilt für den katholischen ‚Integralismus’ und seine Verankerung in der Tradition der Kirche, gilt für die fundamentalistischen islamischen Bewegungen mit ihrer Berufung auf die Scharia, gilt aber etwa auch für einen radikalen feministischen Fundamentalismus mit seiner Berufung auf ein vormodernes Matriarchat.“ (Ebd., S. 242.) 296 Vgl. Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf, S. 29-30. 297 Ebd., S. 31. 298 Ebd., S. 207.

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Die technokratisch-instrumentelle Moderne birgt nach Schäfer ein „spezifisches Fundamentalismusrisiko“.299 Eine neoliberale Funktionselite könne großen Bevölkerungsteilen ihre Regeln aufzwingen ohne soziale Fragen zu bedenken.300 Die prozedural-demokratische Moderne repräsentiert die politische Tradition der europäischen Aufklärung und orientiert sich an Repräsentanz und formaler Vernunft. Sie ist nach Schäfer allerdings kein starkes Gegenmodell gegen den Fundamentalismus.301 Sie führe sich ad absurdum, wo Demokratie aufoktroyiert werde, nur in einer Minimalform rein formal existiere oder nur eine Metapher für Wirtschaftsliberalismus im globalen Maßstab sei.302 Als Gegengift gegen den Fundamentalismus beschreibt Schäfer die hermeneutisch-pluralistische Strömung.303 „Der entscheidende Unterschied dieser Strömung zur rationalistischen Tradition ist die Annahme, die menschliche Existenz und ihr Wissen seien endlich, geschichtlich, kontingent und ebendeshalb auch vielgestaltig.“304 Die hermeneutisch-pluralistische Moderne bringt laut Schäfer vier wichtige Kompetenzen gegen den Fundamentalismus mit: 1. Pluralitätskompetenz – gegenüber fundamentalistischen Positionen, die Differenzen eliminieren und die eigenen Positionen absolut setzen 2. Identitätskompetenz – während Fundamentalismen eine geschlossene Identität konstruieren, die sie gegenüber Veränderungen immunisieren und in Identitätskämpfen verteidigen müssen 3. Gerechtigkeitskompetenz – welche global gesehen für die Befriedung des Kampfes der Fundamentalismen von größter Bedeutung sei 4. Sozial-hermeneutische Kompetenz – als Form von Selbstreflexivität305 Auch Theo Sundermeier hält das Gerechtigkeitsproblem für den wesentlichen Zugang zum Fundamentalismus in der Moderne sowie zu dessen Überwindung im globalen Maßstab. „Fundamentalismus und Moderne wachsen auf einem Holz. […] Soziopolitische Ungerechtigkeiten und Dependenzen von modernen, fremdgesteuerten Kulturen und Wirtschaftsformen sind der Nährboden für radikale Fundamentalismen. Recht und Gerechtigkeit ersticken sie im Keim.“306 299 Ebd., S. 209. 300 Schäfer, Heinrich: Fundamentalismen, S. 33. 301 Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf, S. 214. 302 Ebd., S. 212-215. 303 Ebd., S. 215-231. 304 Ebd., S. 216. 305 Ebd., S. 220-230. 306 Sundermeier, Theo: Fundamentalismus. Sehnsucht nach Eindeutigkeit, Kampf um Gerechtigkeit, in: Informationes theologiae Europae, Jg. 7 (1998), S. 344.

3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung

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Für den modernitätstheoretischen Diskurs lässt sich als Ergebnis festhalten: Fundamentalismus wird als Abwehrreaktion auf die Moderne interpretiert, welche als Erfahrung von Traditionsverlust in den Blick kommt. Kritisch hervorgehoben wird seine prinzipielle Rückwärtsgewandtheit, mit der er versucht, die Moderne zu bekämpfen. Zur Überwindung von Fundamentalismus wird empfohlen, die Vereinbarkeit von Religion und Moderne wahrzunehmen sowie die sozialen Bedingungsursachen nicht zu vernachlässigen, die fundamentalistische Reaktionen begünstigen. 3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung Im Teildiskurs Fundamentalismus und Säkularisierung wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen politische Agitation aus religiöser Motivation heraus in Stellung gebracht. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen widmen sich dem Zusammenhang von Politik, Religion und nicht selten Krieg, Gewalt und Terrorismus unter dem Fundamentalismusbegriff. Sie rühren damit an eine wissenschaftliche Annahme, nach der Religion eigentlich aus dem öffentlichen Raum zunehmend verschwinden müsste (Säkularisierungsthese). Als Fundamentalisten kommen Personen und Gruppierungen in den Blick, die aus religiöser Motivation heraus politisch, mitunter verbrecherisch handeln und so zu einer Wiederkehr der Religion beitragen – wenn auch in ihrer schlimmsten Erscheinungsform. Das Verhältnis der Diskursakteurinnen und -akteure zu den so identifizierten Fundamentalisten ist von Distanz und Ablehnung geprägt. Die Veröffentlichungen häufen sich in den 1990er und 2000er Jahren, wobei bereits in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ein Nachdenken über fragwürdige Zusammenhänge von Politik und Religion einsetzt. Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts lassen sich in allen großen Religionsgemeinschaften religiös-politische Protestbewegungen nachweisen.307 Verschiedene kriegerische Konflikte wie im ehemaligen Jugoslawien, in Nordirland oder Israel/Palästina geben Beobachterinnen und Beobachtern Anlass, die religiösen Prägungen der Konfliktparteien zu untersuchen und ihre Rolle für den Konflikt zu beleuchten. Welchen Beitrag die Religion auch immer dabei spielt, es beschert ihr neue mediale Aufmerksamkeit nach den Zeiten des Kalten Krieges, in denen es still um sie geworden war. „Die Religion ist in die Geschichte zurückgekehrt“, konstatiert Gottfried Küenzlen vor diesem Hintergrund.308 Die Anschläge des 11. September 2001 steigern die neue Aufmerksamkeit für Religion noch, 307 Müller, Hans-Peter: Fundamentalismus, Sp. 224-225. 308 Küenzlen, Gottfried: Fundamentalismen, S. 6.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

heben sie gänzlich auf die weltpolitische Bühne und bringen sie zugleich in schlechte Gesellschaft, nämlich die des internationalen Terrorismus.309 Grundsätzlich sind die Begriffe Säkularisation, Säkularisierung und Säkularismus zu unterscheiden. Der Begriff der Säkularisation ist ein alter und gesicherter Begriff. Er meint eine Übereignung von einer geistlichen in eine weltliche Sphäre.310 Er wird angewandt, wenn ein Staat Kircheneigentum in seinen Besitz nimmt oder kirchliche Verpflichtungen übernimmt. Ebenfalls redet man von Säkularisation, wenn ein Ordensangehöriger seinen Orden verlässt. Paradebeispiel für Säkularisation hierzulande ist der Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Nach dem Frieden von Lunéville tritt das Heilige Römische Reich (deutscher Nation) linksrheinische Gebiete an Frankreich ab. Um die mit Napoleon I. verbündeten Reichsfürsten zu entschädigen, hebt man die geistlichen Fürstentümer auf und überträgt ihre Herrschaft und ihr Vermögen. Viele gegenwärtige Staatsleistungen an die Kirchen in der Bundesrepublik leiten sich von dieser Enteignung ab.311 Jünger und weniger gesichert ist der Begriff der Säkularisierung. Gemeint sind damit religiös-gesellschaftliche Ablösungsprozesse, die historisch bis zum Beginn der Neuzeit zurückreichen.312 Gegenstände sind die Stellung der Religion in der Gesellschaft, die Religiosität von Menschen und Veränderungen innerhalb der Religionen.313 Auf ethischem Gebiet bedeutet Säkularisierung die Lösung von sakralen und metaphysischen Begründungen.314 Friedrich Gogarten sieht allgemeine Tendenzen zur Verweltlichung des Göttlichen im Christentum und deutet Säkularisierung als Konsequenz des christlichen Glaubens aus. Theologisch impliziert das Nachdenken über Säkularisierung eine Reflexion des Verhältnisses 309 Vgl. Asmus, Sören: „Ohne Religion wäre die Welt viel friedlicher...“ Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus als protestantischer Herausforderung in der Öffentlichkeit der Gegenwart, in: Transparent-Extra, Nr. 93, Jg. 23 (2009), S. 1-16. 310 Lehmann, Hartmut: Art. Säkularisation/Säkularisierung, II. Geschichtlich, 1. Begriffsgeschichtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 775-776. 311 de Wall, Heinrich: Art. Säkularisation/Säkularisierung, III. Rechtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 783-784. 312 Jaeschke, Walter: Art. Säkularisierung, Säkularismus, 1. Philosophisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 11692, vgl. EKL Bd. 4/10, S. 37 ff. 313 Laeyendecker, Leo: Art. Säkularisierung, Säkularismus, 2. Soziologisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 11692, vgl. EKL Bd. 4/10, S. 37 ff. 314 Gräb, Wilhelm: Art. Säkularisation/Säkularisierung, V. Ethisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 785.

3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung

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von Gott und Welt.315 Gott ist größer als seine Schöpfung, aber sie ist seine Schöpfung, was ihre Bedeutung ausmacht. Dennoch kann die Welt kein Gegenstand göttlicher Verehrung sein. Der erste Schöpfungsbericht unterstreicht dies unter anderem damit, dass er in Auseinandersetzung mit seiner polytheistischen Umwelt die Gestirne zu Lichtern degradiert.316 Daher wäre auf der anderen Seite auch jede Dämonisierung der Welt unangemessen, im Gegenteil – die Rede von der Säkularisierung im Sinne einer Unterscheidung von Gott und Welt gibt Anlass zur Nachsichtigkeit und Gelassenheit gegenüber einer, sei es berechtigt oder unberechtigt, als gottlos empfundenen Welt. Gott ist seiner Welt gegenüber unabhängig und unverfügbar, womit auf der anderen Seite die christliche Weltverantwortung vorgezeichnet ist. Für die Annahme eines Wirkens Gottes unter säkularen Bedingungen bleibt nur ein schmaler Pfad zwischen Deismus und Pantheismus.317 Supranaturalistische Optionen sind schwer vorstellbar. Gott handelt durch Menschen. Dies ist die stimmige Konsequenz aus Gottes Handeln in Jesus Christus, dem menschliches Handeln in der Verantwortlichkeit als Geschöpf entspricht. Der Begriff Säkularisierung kommt erst im Zusammenhang mit der sogenannten Säkularisierungsdebatte oder Säkularisierungsthese auf. Religionssoziologen prognostizieren seit den 1950er Jahren, dass die Bedeutung von Religion im Modernisierungsprozess stetig abnehmen werde, was sich in dieser Eindimensionalität allerdings nicht halten lässt. Friedrich Wilhelm Graf urteilt: „Vorstellungen eines in Europa seit Beginn der Moderne […] generell konstatierbaren Schwundes an Religiosität, Christlichkeit oder expliziter Kirchlichkeit haben sich empirisch ebenso wenig erhärten lassen wie Annahmen, dass konkurrierende Deutungsmächte wie insbesondere die Wissenschaft religiöse Weltbilder und symbolische Praktiken zunehmend marginalisierten und langfristig zerstörten.“318 Jörg Lauster zufolge ist es gerade das Auftreten fundamentalistischer Phänomene, welches die Säkularisierungsthese als Erklärungsmodell infrage stellt. „Denn entgegen der Grundannahme der Säkularisierungstheorie kann von einem fortschreitenden Auflösungsprozess der Religion nicht 315 Vgl. Pöhlmann, Horst Georg: Abriss der Dogmatik. Ein Kompendium, 6. Aufl., Gütersloh 2002, S. 161-166. 316 Gen 1,1-2,3. 317 Der Gott des Deismus greift nach der Schöpfung nicht mehr in seine Welt ein. Der Pantheismus setzt Gott letztlich mit seiner Schöpfung gleich. Demgegenüber ist zu behaupten, dass Gott das Gegenüber seiner Schöpfung ist, sich ihr zuwendet, aber auch dann nicht in ihr aufgeht, wenn er in sie eingeht. 318 Graf, Friedrich Wilhelm: Art. Säkularisation/Säkularisierung, II. Geschichtlich, 2. Religionskulturell, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 778-779.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

die Rede sein. Vielmehr ist weltweit – und auch das gilt keineswegs für den Islam allein – ein Erstarken der Religionen zu beobachten.“319 Daher sind Differenzierungen gefordert. Drei Aspekte von Säkularisierung lassen sich auseinanderhalten, welche in westlichen Gesellschaften nachweisbar sind:320 1. Ablösung und Emanzipation weltlicher Bereiche von religiösen Einrichtungen und Normen 2. Niedergang religiöser Überzeugungen und Verhaltensformen 3. Abdrängung der Religion in die Privatsphäre Der erste Aspekt, die Entkoppelung von Politik und Religion ist in der Tat eine Folge des modernen demokratisch-liberalen Rechtsstaates. Die weiteren Aspekte müssen nicht damit einhergehen. Insgesamt jedoch scheint die Beschäftigung mit der Säkularisierungsthese eher der Wahrnehmung regionaler Vielfalt gewichen zu sein.321 Daher ist es fraglich, ob die These erneuert werden wird.322 Zuletzt zum Begriff des Säkularismus. Von den Problemen, die der Religion ihr eigener Bedeutungsverlust macht, wird noch zu reden sein. Allerdings kann die Säkularisierung als eine Verweltlichung des Christentums und seiner Ideen theologisch durchaus positiv interpretiert werden; was freilich längst nicht jedem gefällt. Daher entwickelt sich der Begriff des Säkularismus als eine „Denunziationskategorie, die verschiedene theologische Richtungen im antimodernistischen Weltanschauungskampf gebrauchten“.323 Matthias Petzoldt interpretiert Fundamentalismus als eine Abwehrreaktion auf die Säkularisierung. Insbesondere das der Säkularisierung innewohnende Moment der Entdivinisierung sei der Grundanstoß für den Fundamentalismus.324 „Es ist die angstbesetzte Reaktion von bislang dominierenden Kulturen, die im Zuge des unterschiedlich greifenden Säkularisierungsprozesses ihren Einfluss auf die Gesellschaft schwinden sehen, in eine Identitätskrise geraten und in mehr oder weniger gewaltsamer Weise 319 Lauster, Jörg: Fundamentalismus, S. 389. 320 Bergunder, Michael: Art. Säkularisation/Säkularisierung, I. Religionswissenschaftlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 775. 321 Vgl. Graf, Friedrich Wilhelm: Säkularisation, Sp. 778-782. 322 Mathisen, James A.: Art. Säkularisation/Säkularisierung, II. Geschichtlich, 3. Nordamerika, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 783. 323 Claussen, Johann Hinrich: Art. Säkularismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 789. 324 Petzoldt, Matthias: Wo ist das Christentum inhärent fundamentalistisch? Thesen und Erläuterungen, in: Unger, Tim (Hg.): Fundamentalismus und Toleranz, Hannover 2009, S. 229-230.

3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung

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ihre dominante Rolle unter selektivem Rückgriff auf ihnen spezifische Vorstellungen, Normen und Prinzipien wiederherzustellen bzw. zu erhalten suchen.“325 In der Folge versuche der Fundamentalismus politische Macht erneut göttlich zu qualifizieren, so Petzoldt.326 Das Christentum müsse dem allerdings um seiner selbst willen entgegentreten und fundamentalistische Tendenzen der Divinisierung, Dualisierung, Vereinfachung und Unfreiheit kritisieren.327 „Ist Fundamentalismus als vielfältiges Muster der Reaktion auf Säkularisierung durchsichtig geworden, fordert diese Einsicht den christlichen Glauben heraus, den Säkularisierungsprozess differenziert wahrzunehmen und sich mit ihm auseinanderzusetzen, das heißt unter anderem: entschlossen Grundtendenzen desselben als ureigenes Anliegen anzunehmen und zu bewahren, aber auch am Säkularisierungsprozess Entstellungen dessen, was dem Christentum wesentlich ist, und Gefährdungen des christlichen Glaubens als solche zu erkennen und (soweit möglich) zu korrigieren bzw. zu versuchen, diesen zu widerstehen.“328 Reinhard Hempelmann beschreibt fundamentalistische Bewegungen als „antisäkularistische Protestbewegungen“ und arbeitet demnach mit dem Begriff des Säkularismus.329 „Sie verstehen sich im Kontext eines dezidiert christlichen Selbstverständnisses, protestieren gegen die Bündnisse, die religiöse Organisationen mit der säkularen Kultur geschlossen haben, und forcieren religiöse Pluralisierungsprozesse.“330 Säkularismus und Fundamentalismus könnten als globale Gegenkonzepte verstanden werden. An anderer Stelle hebt Hempelmann das Moment der religiösen Identitätsgefährdung hervor. „Die Moderne mit ihren Chancen und Ambivalenzen war freilich zuerst, ihr nachgeborener Stiefbruder, der Fundamentalismus, antwortet auf den Abbruch der Tradition und der damit verbundenen religiösen und kulturellen Identitätsgefährdung.“331 Ähnlich Jochen Kuhn, der Fundamentalismus als Opposition gegen die „Säkularisierung unseres gesamten Lebens“ wahrnimmt.332 Andreas Grünschloß 325 Petzoldt, Matthias: Fundamentalismus – Reaktion auf Säkularisierung. Thesen und Erläuterungen, in: Kühn, Ulrich (Hg.): Kirche als Kulturfaktor. Festgabe der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig zum 65. Geburtstag von Landesbischof Dr. Dr. h.c. Johannes Hempel D.D., Hannover 1994, S. 32. 326 Petzoldt, Matthias: Christentum, S. 250. 327 Ebd., S. 250-251. 328 Ebd., S. 250. 329 Hempelmann, Reinhard: Säkularismus – Säkularisierung – neue Religiosität, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Mai 2014, http://ezw-berlin.de/ html/3_4128.php (Stand: 20.05.2018). 330 Ebd. 331 Hempelmann, Reinhard: Sehnsucht, S. 433. 332 Kuhn, Jochen: Einführung, in: Kuhn, Jochen (Hg.): Fundamentalismus, Bovenden 1996, S. 4.

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beschreibt Fundamentalismus als Reaktion auf Religionsverfall, wie er durch die Moderne mitverursacht werde. „Es sind also die traditionszersetzenden Auswirkungen von Modernisierung und Säkularisierung im Bereich des Religiösen, gegen die hier Stellung bezogen wird – nicht die Moderne als solche (moderne Kommunikationsmittel, Technologien, etc. werden befürwortet und benutzt).“333 Andreas Nehring zufolge ist Fundamentalismus eine radikale Antwort auf postmodernen Säkularismus.334 Mit der Säkularisierungsthese wird ein Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Raum vorausgesagt. Politische, teilweise kriegerische Konflikte, manche davon im Weltmaßstab, in denen die Religion plötzlich wieder eine Rolle zu spielen scheint, liefern hingegen ein anderes Bild.335 Auf diesem Hintergrund prognostiziert der amerikanische Politologe und Politikberater Samuel Phillips Huntington wirkmächtig einen Kampf der Kulturen. Die Thesen eines Clash of Civilizations, also eigentlich Zusammenpralls der Zivilisationen, die Huntington erstmals 1993 in der Zeitschrift Foreign Affairs vorträgt, werden intensiv in Politik, Wissenschaft und Medien diskutiert und bleiben nicht ohne Widerspruch. Gegner verweisen darauf, dass die zwischenstaatlichen Konflikte abnehmen und die binnenstaatlichen zunehmen – Kriege von niedriger Intensität statt des großen Knalls. Außerdem gebe es keinen Zusammenhang von Heterogenität und Konflikten. Samuel P. Huntington sieht die zukünftigen Konflikte der Weltpolitik entlang der Grenzen von weltweit sechs bis sieben Zivilisationen. Dazu zählt er eine christlich-jüdisch geprägte westliche Zivilisation, eine konfuzianistische, eine shintoistisch geprägte japanische, eine islamische, eine hinduistische, eine slawisch-orthodoxe, eine katholisch-gegenreformatorisch geprägte lateinamerikanische und möglicherweise eine animistisch geprägte afrikanische Zivilisation.336 Bei Huntingtons Zivilisationen geht es um sehr alte Traditionen und Eigentümlichkeiten, deren entscheidender Faktor Religionen darstellen. „Civilizations are differentiated from each other by history, language, culture, tradition and, most important, religion“.337 Ein maßgeblicher Faktor, warum die zivilisatorische Identität 333 Grünschloß, Andreas: Fundamentalismus. 334 Vgl. Nehring, Andreas: Fundamentalism. A Radical Response to Postmodern Secularism, in: Nehring, Andreas (Hg.) Fundamentalism and Secularism, Madras 1994, S. 16-27. 335 Vgl. Kamphausen, Erhard: Theological and practical concerns arising in interactions with people of other faiths. Reflections of the EATWOT-Contact-Coalition, in: Biehl, Michael/Adamavi-Aho Ekué, Amélé (Hg.): Gottesgabe. Vom Geben und Nehmen im Kontext gelebter Religion. Festschrift zum 65. Geburtstag von Theodor Ahrens, Frankfurt am Main 2005, S. 563-564. 336 Huntington, Samuel P.: The Clash of Civilizations?, in: Foreign Affairs, Jg. 72 (1993), Nr. 3, S. 25. 337 Ebd.

3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung

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zunehme, und warum dies gleichzeitig Konfliktstoff berge, sei wiederum die Religion, so Huntington. Die ökonomische Moderne und der soziale Wandel hätten Menschen von ihren alt hergebrachten lokalen Identitäten und Identifikationspunkten entfremdet. Gleichzeitig verlören die Nationalstaaten an Bedeutung als Identitätsträger. In diese Lücke trete die Religion mit ihrem Angebot einer Identität, die nationale Grenzen übersteige. Allerdings sind es Huntington zufolge oft die fundamentalistischen Bewegungen, welche die Lücke füllen.338 Das Stichwort Identität, welches die gesellschaftliche Debatte unserer Tage prägt, ist damit aufgerufen. Christoph Schwöbel setzt sich mit den Gedanken Huntingtons als einem „weltpolitischen Paradigma“ auseinander.339 Der Konflikt der Kulturen gilt ihm als „Krieg der Symbolwelten“, in dem die knappe Ressource Identität umkämpft wird.340 Die Verschärfung eines Konfliktes zum Identitätskonflikt, bei dem es nicht mehr nur um politische oder ökonomische Sachfragen gehe, schränke die Möglichkeiten der Konfliktlösung empfindlich ein.341 Schwöbel trägt eine zweifache theologische Kritik vor und setzt sowohl beim Identitätsbegriff als auch beim Symbolbegriff an. In beiden Fällen spielt das Adjektiv unverfügbar eine Rolle. Die Pointe religiöser Identität läge in ihrer unverfügbaren Begründung in der Gottesbeziehung, so Schwöbel. „Wo religiöse Identität aus dem Kontrast gegenüber den Angehörigen anderer Religionen oder gegenüber säkularen Menschen begründet wird, tritt diese Begründung mit der religiösen Begründung in der Gottesbeziehung in Konkurrenz und ist so – aus religiösen Gründen! – aufs schärfste zu kritisieren.“342 Beim Symbolverständnis sei der Unterschied zwischen Zeichen und Bezeichnetem festzuhalten. Das Bezeichnete wiederum sei unverfügbar. „Darum führt das Symbol stets über sich hinaus, es lenkt den Blick von der bedingten Darstellung des Unbedingten im Bedingten auf das Unbedingte selbst. Dieser selbst-transzendierende Charakter des Symbols schließt aus, dass es selbst zum Gegenstand religiöser Verehrung werden dürfte. Das wäre Götzendienst.“343 Diese theologische Einsicht helfe Schwöbel zufolge, damit ein Kulturkonflikt nicht zu einem 338 Ebd., S. 26. 339 Schwöbel, Christoph: Ist der Konflikt der Zivilisationen ein Religionskrieg?, in: Tröger, Jochen (Hg.): Streit der Kulturen. Sammelband der Vorträge des Studium Generale der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2006/2007, Heidelberg 2008, S. 199208. 340 Ebd., S. 208-217. 341 Ebd., S. 211. 342 Ebd., S. 215. 343 Ebd., S. 216.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

Religionskrieg ausarte.344 Der Fundamentalismus hingegen ignoriere die wichtige Unterscheidung von Verfügbarem und Unverfügbarem. „Die Konzentration auf die Frage der Identität und die Politik der Symbole sind zugleich Merkmale des religiösen Fundamentalismus jüdischer, christlicher und islamischer Prägung. Einerseits ist Fundamentalismus eine religiöse Identitätsaffirmation auf Grund der Erfahrung der Bedrohung kultureller und religiöser Identität. Er ist gleichsam der Versuch, kulturelle Identität durch die Rückbesinnung auf die religiösen Fundamente der Kultur neu zu begründen. Andererseits ist es für den Fundamentalismus typisch, dass er dazu tendiert, die Unterscheidung zwischen dem Zeichen und dem Bezeichneten einzuziehen. Das religiöse Zeichen ist aus fundamentalistischer Sicht die religiöse Wirklichkeit. Darum ist auch ein Angriff auf das Zeichen ein Angriff auf den Kern der Religion. Diese Überzeugung ist die Basis fundamentalistischer Symbolpolitik, die etwa die Mohammed-Karikaturen als Angriff auf den weltweiten Islam interpretieren kann und unterstreicht die symbolpolitische Signifikanz des terroristischen Angriffs auf das World Trade Center und das Pentagon.“345 Ähnlich argumentiert Heinrich Wilhelm Schäfer, wenn er definiert, Fundamentalismen gestalteten Interessenskonflikte in Identitätskonflikte um. Auf diese Weise könne der islamische Fundamentalismus plausibel machen, dass hinter militärischen und wirtschaftlichen Interessen des Westens, insbesondere der USA, in Wirklichkeit ein Kreuzzug stehe, der die islamische Gesellschaft auslöschen wolle.346 In der Folge gelte es, die islamische Kultur und den muslimischen Glauben zu verteidigen. US-amerikanische Fundamentalisten ihrerseits machten plausibel, dass es sich bei islamistischen Terrorattentaten um einen Totalangriff auf den American Way of Life handele.347 Schäfer stellt einen Zusammenhang mit symbolischem Handeln her. „Die wichtigsten Mittel der religiösen Fundamentalismen sind symbolische Politik beziehungsweise politische Theologie sowie die Organisation religiös-politischer Bewegungen.“348 Reinhart Hummel arbeitet in einem Vergleich von Hindu-Fundamentalismus mit islamischem Fundamentalismus das Moment der Identitätsgefährdung als fundamentalistischen Ursprung heraus.349 Damit sei Fundamentalismus eine nativistische Reaktion, die eine Verwandtschaft mit Nationalis344 Ebd., S. 217. 345 Ebd., S. 217-218. 346 Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf, S. 186-187. 347 Ebd., S. 187-188. 348 Ebd., S. 189. 349 Hummel, Reinhart: Fundamentalismus in Indien und im Islam, in: Hemminger, Hansjörg (Hg.): Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur, Stuttgart 1991, S. 64.

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mus und Faschismus aufweise, ohne dass man sie mit diesen identifizieren könne. Auch Christoph Scheilke hebt das Moment der Identitätsbedrohung als Ursache für Fundamentalismus hervor. „Wenn dieses Gefühl der Identitätsbedrohung mit realen Vorgängen der Verweigerung von Anerkennung, also der Missachtung einer Person oder der Zurücksetzung von Menschen, sei es individuell oder kollektiv, in Zusammenhang gebracht werden kann, ist der Boden für fundamentalistische Strebungen und Organisationen gut bereitet.“350 Wir bleiben im Bereich der Identitäts- und Symbolpolitik, für die Religion in Dienst genommen wird. Mit dem Terminus Fundamentalismus drücken deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen ebenfalls ihr Unbehagen gegenüber einer patriotischen Variante US-amerikanischer Zivilreligion aus. Unter dem Eindruck der Antrittsrede des ersten katholischen Präsidenten der USA, John F. Kennedy, formuliert der amerikanische Soziologe Robert N. Bellah: Es existiere in Amerika „alongside of and rather clearly differentiated from the churches an elaborate and well-institutionalized civil religion“.351 Denn trotz der verfassungsmäßigen Trennung von Kirche und Staat wiesen Reden hochrangiger Politiker eine deutlich religiöse Note auf, wie Bellah beobachtet, meistens zu bedeutenden politischen Anlässen. So spricht Kennedy in besagter Antrittsrede davon, dass die Menschenrechte aus der Hand Gottes stammten – und nicht aus der des Staates. Er endet mit der Bitte um Gottes Segen und in dem Bewusstsein, „that here on earth God’s work must truly be our own.“352 Nun kann einem neu gewählten Präsidenten nicht daran gelegen sein, sich durch seine religiösen Äußerungen als Vertreter einer katholischen Minderheit einzuführen. Im Gegenteil: Er wird sich als Präsident für das ganze Volk darstellen wollen. Das religiöse Vokabular, das er dazu benutzt, unterstellt er folglich als gemeinsamen Grundkonsens, der prinzipiell für alle Bürgerinnen und Bürger zustimmungsfähig ist. Diese „public religious dimension“, bestehend aus einem Sortiment von „beliefs, symbols, and rituals“, nennt Bellah die „Civil Religion“.353 Einerseits schafft er damit ein wertvolles Analyseinstrument, auf der anderen Seite muss er sich auch die Kritik gefallen lassen, einer religiösen Überhöhung des Staates das Wort zu reden.354 350 Scheilke, Christoph: Religiöser Fundamentalismus. Ausgrenzung, Anerkennung, in: Entwurf. Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht, Jg. 41 (2010), Nr. 1, S. 8. 351 Bellah, Robert N.: Civil Religion in America, in: Daedalus, Jg. 96 (1967), S. 1. 352 Ebd., S. 2. 353 Ebd., S. 4. 354 Moltmann, Jürgen: Theologische Kritik der Politischen Religion, in: Metz, Johann Baptist/Moltmann, Jürgen/Oelmüller, Willi: Kirche im Prozeß der Aufklärung. Aspekte einer

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Paradigmatisch für das Unbehagen gegenüber einer patriotischen Variante dieser US-amerikanischen Zivilreligion in den 1980er Jahren, die über den Fundamentalismusbegriff geführt wird, steht Dorothee Sölle, die den Terminus Fundamentalismus allerdings durch Christofaschismus ersetzt.355 Ihr steht eine Militarisierung der amerikanischen Außenpolitik unter Ronald Reagan (1981-1989) vor Augen, das Niederhalten von Freiheitsbewegungen in Mittel- und Südamerika sowie die Reduzierung der politischen Konflikte auf den Ost-West-Konflikt. Evangelikale und fundamentalistische Bewegungen legitimierten, so die Kritik Sölles, eine neokonservative, in ihren Augen, faschistoide Politik. „Diese ideologische Mischung aus Nationalismus, Militarismus, Familienideologie, Arbeiterfeindlichkeit und blindem Kommunistenhass wird von der religiösen Rechten mit dem Christentum legiert; die christliche Religion wird zur Trägerin der genannten Ideologien gemacht, so dass vielfach die der Kirche fernstehenden das Christentum nur noch in dieser christofaschistischen Gestalt wahrnehmen können. Der tiefste Sinn der christlichen Religion wird den Ängsten und Bedrohungslügen, dem Hass und dem Vernichtungswillen angepasst und unterworfen.“356 Sölle steht mit ihrem Faschismusvergleich nicht allein. Es ist augenfällig, dass bei der Beschreibung der religionspolitischen Lage der Vereinigten Staaten über den Fundamentalismusbegriff immer wieder die Assoziationsfelder Faschismus und Nationalsozialismus aufgemacht werden. Martin Stöhr identifiziert Patriotismus als Vergleichspunkt zwischen evangelikalem Fundamentalismus, der US-amerikanischen Lateinamerikapolitik sowie der Apartheidspolitik Südafrikas.357 Das zivilreligiöse Gebaren der Reagan-Administration hält Stöhr für hochgefährlich. „Die gerade in den USA mit ungeheurer Leidenschaft vertretene Neutralität des Staates in religiösen Angelegenheiten wird von Reagan und seinen konservativen Gesinnungsgenossen ständig verletzt. Klassisches Beispiel ist sein Kampf für die Einführung des Schulgebetes wie in Südafrika – gegen den Protest der Kirchen, der jüdischen Gemeinden, islamischen Verbände oder anderer Religionen. Er und seine fundamentalistischen Hilfstruppen ahnen nicht, dass es der erste nationalsozialistische Innenminister einer Landesregierung, Frick in Braunschweig, 1930 war, der das 1918 in Deutschland abgeschaffte Schulgebet wieder einführte. Der gewünschten Staatsfrömmigkeit der Untertanen entspricht der Wunsch nach einem fromm sich neuen „politischen Theologie“, München/Mainz 1970, S. 33-35. 355 Sölle, Dorothee: Christofaschismus, in: Reformatio, Jg. 35 (1986), Nr. 2, S. 140-147. 356 Ebd., S. 146. 357 Stöhr, Martin: Denken in Beton. Protestantischer Fundamentalismus in den USA, in Südafrika und bei uns, in: Junge Kirche, Jg. 48 (1987), Nr. 12, S. 689-697.

3.1 Fundamentalismus und Säkularisierung

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zeigenden Staat.“358 Erich Geldbach unterlässt zwar solche Vergleiche, hält die Koalition aus amerikanischem Fundamentalismus und Reagan-Administration dennoch für weltpolitisch bedenklich. „Für Reagan und die Fundamentalisten ist Russland das ‚Reich des Bösen‘, gegen das mit allen Mitteln aufgerüstet werden muss. Rüstungspolitik ist religiös motiviert und abgesegnet, weil fundamentalistisch-endzeitlich notwendig.“359 Unter George W. Bush (2001-2009) erfährt die Fundamentalismuskritik gegenüber der US-amerikanischen Politik eine Aktualisierung. Geiko Müller-Fahrenholz kennzeichnet die Weltanschauung Bushs, welche sich in seinem Verhalten im sogenannten Krieg gegen den internationalen Terrorismus nach dem 11. September 2001 und seinem Weg in den Irakkrieg äußere, als fundamentalistisch.360 Auch er rückt die konservative und mit religiösen Vokabeln ummantelte US-Politik in die Nähe des Faschismus. „Dass alle Menschen Menschen sind, dieser Fundamentalkonsens wird aufgekündigt, wenn die Regierung der Vereinigten Staaten immer wieder so tut, als müsse es für die US-Amerikaner Sonderrechte geben. Wer sich selbst einen solchen Status einräumt, macht die übrige Menschheit zu Rechtssubjekten minderen Rangs. Wir Deutsche haben Anlass, daran zu erinnern, wohin eine solche Aufteilung führt. Es gibt in Washington ein eindrucksvolles Holocaust-Museum. Das ist nur zu begrüßen. Denn damit befindet sich mitten in der Hauptstadt der USA ein Ort, an dem daran erinnert wird, wie leicht eine demokratische Ordnung in einem zivilisierten Land faschistisch unterwandert werden kann.“361 Im Teildiskurs Fundamentalismus und Säkularisierung zeigt sich: Fundamentalismus wird als Religion interpretiert, die sich dem Säkularisierungsparadigma entzieht und gegen die Entdivinisierung der Welt als politische Kraft auftritt. Kritisiert wird, dass der Fundamentalismus damit bewährte theologische und gesellschaftstheoretische Unterscheidungen von Göttlichem und Weltlichen ignoriert, die in der Moderne herausgebildet wurden. Zur Überwindung von Fundamentalismus wird angeraten, die mit der Säkularisierung gebildeten Sphären zu achten und sich deren Wert bewusst zu machen, der letztlich in der Sicherung eines friedlichen Zusammenlebens liegt.

358 Stöhr, Martin: Fundamentalismus – protestantische Beobachtungen, in: Meyer, Thomas (Hg.): Fundamentalismus in der modernen Welt. Die Internationale der Unvernunft, Frankfurt am Main 1989, S. 241. 359 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, in: Reformatio, Jg. 35 (1986), Nr. 2, S. 113. 360 Müller-Fahrenholz, Geiko: Mission. 361 Ebd., S. 134.

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3.2 Fundamentalismus und Pluralismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Pluralismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen die Entdifferenzierung von Gesellschaft nach religiösem Vorbild verwendet. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen deuten die gesellschaftliche Gegenwart als religiösen und weltanschaulichen Pluralismus. Anhand des Fundamentalismusbegriffes bedenken sie die Rolle, Bedeutung und Prägekraft von Religion. Ihrer Auffassung nach proklamieren Fundamentalisten in unzulässiger Weise die Dominanz der Religion über andere soziale Teilsysteme. Die Veröffentlichungen bilden einen Schwerpunkt in der zweiten Hälfte der 1990er und in der ersten Hälfte der 2000er Jahre. Die Wahrnehmung von religiöser Vielfalt in den westlichen Gesellschaften stellt sich Theologinnen und Theologen seit dem Ende des Kolonialismus als Problem und Herausforderung für Kirche und Theologie dar. Hintergrund sind die vielfältigen Prozesse, die unter dem Stichwort Globalisierung beschrieben werden und die an vielen Orten für die jeweils vorherrschende Religion oder Konfession zum Verlust ihres Monopols führen. Allerdings ist diese Situation nicht grundsätzlich neu für das Christentum, das sie geschichtlich mit unterschiedlichen Deutungsmustern bewältigt hat: „durch die Verteidigung exklusiver Wahrheitsansprüche, durch die Konstruktion hierarchischer Modelle (Stufenleiter, Pyramide, Entwicklungsschema), durch die Behauptung inklusiver Übereinstimmungen, durch die Rückführung auf ein allen Rel[igionen] gemeinsames Grundelement (Rel[igion] als Baum oder als Familie) oder durch die beliebigkeitspluralistische Relativierung von Wahrheitsansprüchen.“362 Zudem weiß sich das Christentum sowohl auf der Ebene der Nationalität als auch der Internationalität zu bewegen. Der Begriff Pluralismus leitet sich von Plural her, die Vielheit. Antonym ist der Monismus. Der Terminus wird unter anderem in philosophischen, theologischen und gesellschaftstheoretischen Zusammenhängen genutzt und zeichnet sich dadurch aus, dass Vielfalt, etwa von Werten, Lebensstilen, Religionen und Begründungslogiken wahrgenommen wird. Insofern handelt es sich zunächst um einen Beschreibungsbegriff. Gleichzeitig ist Pluralismus ein Programmbegriff, der die Anerkennung und Förderung von Vielfalt im Sinne von friedlicher Koexistenz impliziert.363 Zur reinen Beschreibung reichte auch der Terminus Pluralität. 362 Haigis, Peter: Art. Pluralismus, II. Systematisch-theologisch, 3. Religionsphilosophisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1403. 363 Haigis, Peter: Art. Pluralismus, II. Systematisch-theologisch, 2. Fundamentaltheologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1402.

3.2 Fundamentalismus und Pluralismus

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Dieser freundliche Grundton darf aber nicht davon ablenken, dass gerade das Programm Pluralismus auch seine Gegnerschaft aufweist, die es in gesellschaftlichen Kontexten als blauäugig oder im theologischen Kontext als unbiblisch ablehnt. Armin Sierszyn fürchtet: „Der pluralistische Relativismus zernagt die Gemeinschaft. Er erzeugt Orientierungslosigkeit, Heimatlosigkeit, Angst, Lebensbedrohung, Wüste.“364 Jürgen Neidhart beklagt die Ablösung des christlichen Abendlandes durch eine multikulturelle, multireligiöse und pluralistische Gesellschaft.365 Für Wolfhart Pannenberg gibt sich die evangelische Kirche zu sehr dem Pluralismus und der säkularen Kultur in der Gegenwart hin. Der Grundgedanke der Wahrheit sei mit einem prinzipiellen Pluralismus nicht vereinbar. Den Wahrheitsanspruch aufzugeben komme einer Selbstaufgabe des Christlichen gleich.366 Eilert Herms hingegen hält Pluralismus für christentumskompatibel, aber ergänzungsbedürftig. Er stellt einen Pluralismus aus Prinzip einem Pluralismus der Beliebigkeit entgegen.367 Theo Sundermeier plädiert dafür, einen prinzipiellen Pluralismus mit dem Gedanken der koinonia zu korrigieren und spricht von einem „konnektiven Pluralismus“, bei dem jeder „seine Erkenntnis als volle Wahrheitserkenntnis einbringen“ solle.368 Eberhard Busch fordert mehr „Wahrheitseifer“ in der Situation des religiös-weltanschaulichen Pluralismus.369 Dieser Wahrheitseifer müsse jedoch mit Toleranz gepaart sein. Es wird deutlich, der Begriff des Pluralismus ist in der philosophischen und theologischen Diskussion eng mit der Wahrheitsfrage verbunden. Dort scheiden sich die Geister. Während einige schon die Anerkennung von Pluralismus und Vielheit als unvereinbar mit ihrem Wahrheitskonzept 364 Sierszyn, Armin: Der moderne Fundamentalismus als Zeichen der Zeit, in: Sierszyn, Armin: Das Zeichen der Kirche und die Zeichen der Zeit. Das Kreuz Christi zwischen modernem Fundamentalismus und multikulturellen Visionen, Bäretswil 1994, S. 58. 365 Neidhart, Jürgen: Multikultureller Pluralismus und Christlicher Glaube, in: Jaeger, Hartmut/Pletsch, Joachim (Hg.): Fundamentalismus. Sind bibeltreue Christen Fundamentalisten?, Dillenburg/Wetzlar 2004, S. 25-49. 366 Pannenberg, Wolfhart: Angst um die Kirche. Zwischen Wahrheit und Pluralismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 26 (1993), Nr. 12, S. 709-713. 367 Herms, Eilert: Pluralismus aus Prinzip, in: Herms, Eilert: Kirche für die Welt, Tübingen 1995, S. 467-485. Die Konsequenz eines Pluralismus aus Beliebigkeit stellt für Herms die Privatisierung religiös-weltanschaulicher Überzeugungen dar. Diese sei letztlich gefährlich, weil sie Öffentlichkeiten manipulierbar mache, in denen keine Kompetenz mehr vorliege, mit (religiösen) Überzeugungen umzugehen. Das Christentum stehe deshalb für einen Pluralismus aus Prinzip, weil es sowohl von der Unverfügbarkeit als auch der prinzipiellen Öffentlichkeitsrelevanz der eigenen und jeder anderen Überzeugung wisse. 368 Sundermeier, Theo: Pluralismus, Fundamentalismus, Koinonia, in: Evangelische Theologie, Jg. 54 (1994), Nr. 4, S. 304. 369 Busch, Eberhard: „Die Wahrheit wird euch freimachen.“ Orientierung im Pluralismus, in: Reformierte Kirchenzeitung, Jg. 133 (1992), Nr. 11, S. 331-335.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

empfinden und wähnen, hier werde der Pluralismus zum Dogma erhoben, demgegenüber können andere Pluralismus und Wahrheitskonzept in Einklang bringen, betonen freilich, dass es sich bei einem pluralistischen Ansatz um Vielheit und Wahrheitssuche, keineswegs um Beliebigkeit handele (anything goes). In diesem Sinne kann zwischen einem weichen Pluralismus als „Ergebnis des Verzichtes auf das Stellen der Wahrheitsfrage“ und einem harten Pluralismus als „Resultat traditionsübergreifender Wahrheitssuche“ unterschieden werden.370 Die theologische Auseinandersetzung mit Pluralismus hat zunächst einmal festzustellen, dass Religionen üblicherweise Wahrheitsansprüche erheben und im Grunde auch erheben müssen, weil sie tief in ihrem Offenbarungs- und Heilsverständnis verankert sind.371 Jesus sagt nach dem Johannesevangelium: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“372 Petrus stimmt in der Apostelgeschichte ein: „Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“373 Andere Religionen melden ihrerseits ähnlich lautende Wahrheitsansprüche an. Die Möglichkeiten, diese konkurrierenden Annahmen denkerisch zu vereinbaren, sind begrenzt. Der Atheismus hält alle Religionen für falsch, weil sie sich widersprechen. Der Exklusivismus postuliert die eigene Religion als einzig wahre. Der Inklusivismus konstatiert Wahrheit in anderen Religionen, hält die eigene Religion aber für überlegen. Dem Pluralismus gelten viele Religionen als Wege zur Wahrheit – aber die Wahrheit selbst ist unverfügbar. Eine pluralistische Theologie der Religionen versucht diese Erkenntnis fruchtbar zu machen und somit Wahrheitsansprüche und Pluralität zu versöhnen.374 Hinweise auf einen Offenbarungspluralismus im Christentum selbst geben die unterschiedlichen Arten und Weisen, wie sich Gott seinem Volk bekannt gemacht hat.375 Ferner der Kanon der Bibel, welcher bereits eine 370 Gantke, Wolfgang: Art. Pluralismus, I. Religionswissenschaftlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1400-1401. 371 Vgl. Leonhardt, Rochus: Grundinformation Dogmatik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Studium der Theologie, 4. Aufl., Göttingen 2009, S. 146-161. 372 Joh 14,6. 373 Apg 4,12. 374 Vgl. Schmidt-Leukel, Perry: Gott ohne Grenzen. Eine christliche und pluralistische Theologie der Religionen, Gütersloh 2005, S. 62-71. 375 In Ex 3 stellt er sich Mose vor, ist aber schon den Vätern Abraham, Isaak und Jakob bekannt und schließt bereits mit Noah einen Bund (Gen 9). Nach dem Zeugnis des Neuen Testamentes offenbart sich Gott in besonderer Weise in Person und Werk Jesu Christi (Hebr 1). Gleichzeitig geht Paulus davon aus, dass Gott auch von den Völkern erkannt wird, wenn

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gewisse Pluralität von Schriften und Theologien abbildet, sowie die Trinitätsvorstellung als christlicher Spezialfall des Monotheismus. Auch die Sozialgestalt des Christentums in Kirchen und Konfessionen ist unbestritten plural. Die Gretchenfrage gegenüber den Religionen bleibt, ob die christliche Theologie bereit ist, sie als legitime Heilswege anzuerkennen, weil de facto nicht alle Menschen von Christus erreicht werden. Auf gesellschaftlicher Ebene ist Pluralismus sicher ein aktuelles Deutungs- und Gestaltungsmuster, das man als „zeittypische Gesamterscheinung“ bezeichnen kann.376 Die Verfassung moderner Demokratien kann ebenfalls mit einigem Recht als pluralistisch gelten.377 Der gesellschaftliche Pluralismus zeichnet sich durch eine Konkurrenz von Interessensgruppen aus, die einander in einem Kräftegleichgewicht halten.378 Die Kirche wird in dieser Betrachtung zu einem gesellschaftlichen Teilbereich, deren Anspruch auf das Ganze von anderen gesellschaftlichen Teilbereichen beschränkt wird.379 In der Situation des religiös-weltanschaulichen und gesellschaftlich vorfindlichen Pluralismus wird der „antipluralistische Fundamentalismus als kulturübergreifend nachweisbarer Antwortversuch auf die schwierige Frage nach der Identität zwischen Pluralität und Verbindlichkeit gedeutet“.380 Er nimmt die Gegenposition zu Beliebigkeit, Gleichgültigkeit und Unverbindlichkeit ein. Vor diesem Hintergrund wendet sich der Fundamentalismus gegen moderne gesellschaftliche Ausdifferenzierungsprozesse. Christlicher Antipluralismus und Antisynkretismus gerät seinerseits schnell selbst unter Fundamentalismusverdacht, wie das Beispiel auch defizitär (Röm 1,19-32). Wiederum sind sich Altes und Neues Testament darin einig, dass eine Offenbarung von Gottes Herrlichkeit noch endgültig aussteht (Jes 40; Offb 21). Die dogmatische Tradition verarbeitet diesen Befund, indem sie sowohl von einer Offenbarung in der Schöpfung, als auch von einer Offenbarung in Jesus Christus ausgeht. Wie revelatio generalis und revelatio specialis oder natürliche und übernatürliche Offenbarung zueinander ins Verhältnis zu setzen sind und wie die zweifellose Besonderheit der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus zu den anderen Erscheinungen zu gewichten ist, ob die natürliche Offenbarung vorbereitenden Charakter hat oder eher ein Hindernis darstellt, ist Gegenstand dogmatischen Nachdenkens (Vgl. Leonhardt, Rochus: Grundinformation, S. 146-161.). 376 Nipkow, Karl Ernst: Art. Pluralismus, III. Praktisch-theologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1405. 377 Schweitzer, Friedrich: Art. Pluralismus, II. Systematisch-theologisch, 1. Sozialethisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1404. 378 Narr, Wolf-Dieter: Art. Pluralismus, 1. Soziologisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 10357, vgl. EKL Bd. 3/9, S. 1232 ff. 379 Charpentier, Jean-Marie: Art. Pluralismus, 2. Theologisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 10357, vgl. EKL Bd. 3/9, S. 1232 ff. 380 Gantke, Wolfgang: Pluralismus, Sp. 1400.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

eines Pastors der Bremischen Evangelischen Kirche zeigt, der medial mit fundamentalistischen islamischen Hasspredigern verglichen wurde, weil er Multikulturalität und interreligiöse Begegnung ablehnt und stattdessen auf Profilierung und Abgrenzung setzt.381 Die meisten Diskursakteurinnen und -akteure, die sich über den Fundamentalismusbegriff mit dem Thema auseinandersetzen, halten Pluralismus weder für ein Problem noch für eine Lösung. Für Hermann Deuser ist die Moderne grundlegend durch die Trennung von Religion und Politik bestimmt.382 Von Fundamentalismus redet er daher dort, wo Religion übergriffig auf die Politik erscheint. Deuser nennt dies ein „Symptom unverarbeiteter Moderne“.383 Bernhard Dressler geht davon aus, dass fundamentalistische Phänomene unter den Bedingungen der pluralistischen Gesellschaft zunehmen und interpretiert Fundamentalismus als „misslingende Versuche“, die Wahrheit zu retten.384 Wolfgang Pfüller hat in weiten Teilen christlicher und muslimischer Theologie fundamentalistische Absolutheitsansprüche ausgemacht und plädiert für den freundschaftlichen Streit im religiösen Pluralismus.385 Ulrich Kühn schlägt eine Differenzierung zwischen Fundamentalismus und den Fundamenten des Glaubens sowie zwischen Pluralismus und „notwendiger legitimer Pluralität“ vor.386 Volker Drehsen charakterisiert die Religiosität Jugendlicher als eine Einstellung zwischen Wahlzwang und Fundamentalismusneigung, die sich durch „Pluralismusverweigerung“ auszeichne.387 Im Hintergrund stehen Sinnverlust und Anomieerfahrung. Volkhard Krech setzt sich mit Fundamentalismus im Zusammenhang mit der Debatte über eine gemeinschaftliche Identität der Europäischen Union auseinander, wobei er diese „fundamentalistischen Phänomene“ zutreffender mit „Integralismus“ bezeichnen möchte.388 Denn der Funda381 Vgl. Klatt, Hans G.: Die Fundamentalismusdebatte kehrt ins Christentum zurück, in: Junge Kirche, Jg. 76 (2015), Nr. 2, S. 7. 382 Deuser, Hermann: Religion, S. 7. 383 Ebd. 384 Dressler, Bernhard: Fundamentalismus – eine religionspädagogische Versuchung?, in: Der Evangelische Erzieher, Jg. 47 (1995), S. 373. 385 Pfüller, Wolfgang: Religionen brauchen Fundamente – keinen Fundamentalismus. Herausforderungen für Christentum und Islam, in: Forum Religion, Jg. 30 (2005), Nr. 1, S. 27-30. 386 Kühn, Ulrich: Zum Abschluss der theologischen Tage. Anstelle eines Nachwortes, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 168. 387 Drehsen, Volker: Alles andere als Nullbock auf Religion. Religiöse Einstellungen Jugendlicher zwischen Wahlzwang und Fundamentalismusneigung, in: Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 10 (1995), S. 66. 388 Krech, Volkhard: Europa als Wertegemeinschaft? Integralistische Tendenzen im Diskurs

3.2 Fundamentalismus und Pluralismus

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mentalismus führe einen Kampf gegen die Differenzierung der modernen Gesellschaft in gesellschaftliche Teilbereiche wie Religion, Politik, Wissenschaft oder Recht. „Das ‚fundamentalistische‘ Ziel ist die Entdifferenzierung der gesellschaftlichen Bereiche unter religiösen Vorzeichen.“389 Fundamentalistische Tendenzen ließen sich in Gestalt eines kulturellen Integralismus identifizieren.390 Als eine der wichtigsten Einsichten europäischer Neuzeit bezeichnet Krech die „Differenzierung von Wertschätzungen und formalisierten Verfahren“, die sich allein dem Rechtsfrieden verpflichtet weiß und an die Stelle der Wahrheitsfrage als Grundlage des Rechtes die Volkssouveränität setzt.391 „Den modernen Rechtsstaat zeichnet neben dem Gewaltmonopol und der Gewaltenteilung aus, die moralische Legitimation des Legalen auf ein Minimum zu beschränken. In dem weitgehenden Verzicht auf die moralische Grundierung von Gesetzen liegt, das zeigt die gerade genannte Wendung, ein Freiheitsgewinn in der Begründung einer gewählten Lebensführung. Solange die sozialen Folgen mit geltendem Recht kompatibel sind, kann der Lebensstil beliebig variieren oder sollte es jedenfalls können.“392 Die Differenzierung zwischen Wertschätzungen und formalisierten Verfahren in neuzeitlichen Gesellschaften berge allerdings auch Probleme. Erstens sei das Verhältnis und das Verständnis von Rechten und Pflichten kulturabhängig. Zweitens müssten die abgeleiteten Werte Pluralismus, Freiheit und Toleranz auf unabgeleitete Werte bezogen und inhaltlich bestimmt werden. Drittens müssten Werte in eine Präferenzordnung gebracht werden, die wiederum kulturell unterschiedlich ist.393 Fundamentalistische Bewegungen und integralistische Konzepte gäben sich aber nicht mit „formalen, abstrakten und abgeleiteten Werten als Basis einer politischen und rechtlichen Ordnung zufrieden.“394 Für Christoph Schwöbel hat der Begriff des Pluralismus den Begriff der Säkularisierung als Leitbegriff theologischer Gegenwartsdeutung abgelöst. Das liege unter anderem am Phänomen des Fundamentalismus, in dessen Gewand die Religion allzu sichtbar daherkomme. „Die Revolution im Iran stellte die Umkehrbarkeit von Säkularisierungsprozessen über die europäische Identität, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005, S. 45-46. 389 Ebd., S. 47. 390 Ebd., S. 48. 391 Ebd., S. 50. 392 Ebd. 393 Ebd., S. 51-52. 394 Ebd., S. 52.

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vor Augen und konfrontierte mit einem Ereignis, das nicht in politischen, wirtschaftlichen und soziologischen, sondern nur in religiösen Kategorien angemessen gedeutet werden konnte.“395 Unter religiösem Pluralismus versteht Schwöbel, „dass wir in einer Situation leben, in der unterschiedliche Basisdeutungen der Wirklichkeit mit Absolutheitsanspruch für die Handlungsorientierung ihrer jeweiligen Anhänger miteinander in einem Verhältnis der Koexistenz oder der Konkurrenz stehen.“396 Schwöbel zufolge könne der Wettbewerb der Religionen um die Wahrheit nur durch Zeugnis, Dialog und eine verantwortliche Lebensgestaltung geführt werden. Daher kommt der Fundamentalismus als Form eines verfehlten Zeugnisses ins Spiel. „Nur wenn die persönliche Glaubensgewissheit der Bezeugenden nicht verpflichtend gemacht wird für die Glaubensgewissheit anderer, sondern von sich weg weist auf die Wahrheit des Glaubens als Grund ihrer Gewissheit, kann sie den Raum lassen, in dem auch andere für sich Gewissheit erfahren. Das Bewusstsein, dass nur Gott allein Glauben schaffen kann, definiert den Grund und die Grenze des Zeugnisses. Alle Versuche, den Glauben anderer herzustellen, dokumentieren mangelndes Gottvertrauen ebenso wie eine höchst problematische Form missionarischer Werkgerechtigkeit.“397 Demgegenüber seien christliches Wahrheitsverständnis und Pluralismus vereinbar.398 Unter den Bedingungen des religiösen Pluralismus könne der Fundamentalismus immer nur aus der Perspektive der jeweiligen Tradition selbst überwunden werden, konstatiert Schwöbel. „Der religiöse Fundamentalismus kann niemals von außen therapiert werden, sondern nur von innen und es ist unser aller Aufgabe, uns an der Therapie des christlichen Fundamentalismus zu beteiligen, indem wir zunächst einmal das Gespräch mit dem Fundamentalismus und den Fundamentalisten beginnen.“399 Es gelte für die christliche Theologie herauszufinden, wo in der eigenen Religion die Tendenzen zum Fundamentalismus lägen, diese zu klären und zur Therapie anzuwenden. 395 Schwöbel, Christoph: Die Wahrheit des Glaubens im religiös-weltanschaulichen Pluralismus, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 91. 396 Schwöbel, Christoph: Evangelische Identität im religiösen Pluralismus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 71 (2008), Nr. 7, S. 245. 397 Schwöbel, Christoph: Wahrheit, S. 116-117. 398 Ebd., S. 118. 399 Schwöbel, Christoph: Evangelische Identität im religiösen Pluralismus, in: Lechner, Silke/Urban, Christoph: Deutscher Evangelischer Kirchentag Köln 2007. Dokumente, Gütersloh 2007, S. 344-345.

3.3 Fundamentalismus und Individualismus

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Zusammenfassend lässt sich festhalten, im Teildiskurs Fundamentalismus und Pluralismus erweist sich Fundamentalismus als Religion, die sich durch einen Wahrheitspluralismus herausgefordert sieht und sich in der Konsequenz gegen gesellschaftliche Vielfalt sperrt. Kritisiert wird der Absolutheitsanspruch des Fundamentalismus, mit dem er andere gesellschaftliche Teilbereiche unter religiösem Vorzeichen deuten und dominieren möchte. Zur Überwindung wird ein Wahrheitsverständnis diskutiert, das Pluralität integriert und Wahrheits- und Werturteile Gott anheimstellt. 3.3 Fundamentalismus und Individualismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Individualismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen ein ungeeignetes Sinnkrisen-Management des modernen Menschen sowie die Vorstellung von Glaube als Bedürfnisbefriedigung gebraucht. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen nehmen hierbei das Individuum in der Moderne wahr, welcher sie eine allgemeine Erschütterungswirkung beimessen. Mit dem Fundamentalismusbegriff problematisieren sie die Sinnsehnsüchte, Abstiegsängste und Orientierungslosigkeiten, welche eine plurale, säkulare und komplizierte Umwelt auf die Individuen wirkt. Als Fundamentalisten kommen Menschen in den Blick, die mit ihrer Suche nach Identität, Gewissheit und sozialer Sicherheit im Grunde zutiefst menschliche Bedürfnisse haben. Die Diskursakteurinnen und -akteure kritisieren jedoch die Reaktion auf diese Krise. Die Veröffentlichungen finden sich in den 1990er Jahren, vereinzelt in den 2000er Jahren. Individualisierung oder Individualismus stellen den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt des Interesses, das Individuum. Sein Gegenüber ist die Gemeinschaft – wobei freilich näher zu bestimmen ist, um was für ein Kollektiv es sich im Einzelnen handelt, zum Beispiel ein Staat, eine Religionsgemeinschaft oder eine Ökonomie.400 Die Moderne zeichnet sich durch einen Prozess der Verlagerung von der Gemeinschaft hin zum Individuum aus. „Der Mensch verdankte über viele Jahrtausende seine Lebensmöglichkeiten weitgehend denjenigen Gemeinschaften, deren Glied er war.“401 Die industrielle Produktion von Nahrung und Gütern bringt zwar neue Abhängigkeiten, reduziert aber die Abhängigkeit von der Natur und der unmittelbaren Gruppe (Familie, Sippe, Stamm) immens. 400 Zimmerli, Walther Ch.: Art. Individualismus, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 5160, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 648 ff. 401 Schwerdtfeger, Erich: Art. Individualismus, in: Taschenlexikon Religion und Theologie (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 73, Göttingen 2004, S. 1529, vgl. TRT Bd. 2, S. 309 ff.

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Auch, wenn sich die Begriffe schwer trennen lassen, so bezeichnet Individualismus mehr noch als Individualisierung einen „in den weltanschaulichen und ideenpolitischen Auseinandersetzungen der neuzeitlich-bürgerlichen Kulturwelt um 1900 entstandenen Programmbegriff.“402 Dieses Programm ist mittlerweile faktisch soziale Realität. „Der Individualismus hat der gesamten Alltagswelt seine Spuren aufgeprägt. Er hat eine Grundeinstellung bewirkt, welche viele der herkömmlichen sozialen Selbstverständlichkeiten und institutionellen Zugehörigkeiten instabil werden ließ.“403 Dies macht den Individualismus auch zu einem Krisenfaktor für alle Sozialformen, die auf Stabilität zielen wie Staaten, Religionsgemeinschaften und Kirchen. Kennzeichen des gegenwärtigen Individualismus ist Multioptionalität. Vieles wurde früheren Generationen stärker vorgegeben wie die Wahl von Beruf, Partner, Ort und auch Religion. Dies hat sich deutlich geändert. Von allem gibt es ein Überangebot: Fernsehsender, Gemüse und Sinnstiftungsangebote. Auf der einen Seite kann diese Fülle als Verwirklichung von Freiheit und Autonomie empfunden werden, auf der anderen Seite als Bedrohung, Überforderung, Sinn- und Selbstverlust. Auf dem religiösen Feld treten Individualismus/Individualisierung verstärkt seit den 1970er Jahren auf. Kennzeichen dafür ist der sogenannte Synkretismus. Religionen zu wechseln oder zu mischen ist in vielen Gesellschaften alltäglich geworden.404 Die theologische Verarbeitung des Individualismus setzt bei dessen Sicherheits- und Sinndefizit an. Auf Martin Luther wird die Unterscheidung von securitas und certitudo, Sicherheit und Gewissheit, zurückgeführt.405 Auch wenn die beiden Begriffe sicherlich synonym verwendet werden können, so ergibt eine Aufnahme der Unterscheidung dann Sinn, wenn mit securitas/Sicherheit ein Zustand beschrieben ist, dem eine äußere Objektivität eigen ist, während certitudo/Gewissheit eine innere Haltung meint, die von Vertrauen geprägt ist. Sicherheit ist im Grunde herstellbar und beweisbar, Gewissheit ist beides nicht. Gegenüber dem allgemeinen Sprachgebrauch, der dann von Gewissheit redet, wenn alle Zweifel beseitigt sind, zeichnet sich die Glaubensgewissheit gerade dadurch aus, dass 402 Gräb, Wilhelm: Art. Individualismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 107. 403 Ebd., Sp. 108. 404 Daiber, Karl-Fritz: Art. Individualisierung. III. Praktisch-theologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 107. 405 Vgl. Härle, Wilfried: Christlicher Glaube zwischen Skepsis und Gewissheit, in: http:// www.w-haerle.de/texte/Christlicher_Glaube_zwischen_Skepsis_und_Gewissheit.pdf (Stand: 20.05.2018).

3.3 Fundamentalismus und Individualismus

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sie den Zweifel integriert. Sie ist eine vertrauensvolle Hinwendung auf Gott, von dem Heil zu erwarten ist – auch durch Anfechtungen hindurch. Zu bieten und zu adressieren hat der christliche Glaube sein Menschenbild, auch und gerade im Zusammenhang des Individualismus.406 Nach dem ersten Schöpfungsbericht hat Gott den Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen. Durch die imago dei ist er mit unveräußerlicher Würde ausgestattet; seine anthropologische Grundbestimmung lautet, dass er ein Beziehungswesen ist – in Beziehung zu Gott und zu seinen Mitmenschen, ein soziales Wesen, welches in Verantwortung für seine Mitwelt steht. Gleichzeitig erfährt sich der Mensch als Scheiternder. Nach Genesis 3 handelt er nicht so, wie von Gott geboten und fällt aus der ursprünglichen Gottesbeziehung heraus (Sünde). Die Situation der Verzweiflung, es nicht recht machen zu können, ist anschlussfähig an die Multioptionalität des Individualismus. In diesem Zusammenhang kann die Rechtfertigungsbotschaft als Basis für eine christliche Rede von der Personalität und Individualität wirken.407 Durch Jesus Christus wird das ursprüngliche Gott-Mensch-Verhältnis erneuert. Der Fundamentalismus als Reaktion auf moderne Individualisierungsprozesse stillt ein Bedürfnis nach Sicherheit und Orientierung. Der frühe Gottfried Küenzlen definiert Fundamentalismus geradezu als eine Reaktion auf Unsicherheitserfahrungen. „Denn das ist Fundamentalismus: Suche nach Verbindlichkeit, Wahrheit und Geborgenheit, nach einer ‚festen Burg‘ inmitten der Pluralität, Relativierung und Auflösung überlieferter Gewissheiten.“408 Küenzlen empfiehlt für die Überwindung des Fundamentalismus, das Individuum in den Blick zu nehmen: „Ein erster Schritt hierzu wäre, hinter dem ‚Fundamentalismus‘ den ‚Fundamentalisten‘ zu sehen, d. h. den Menschen, der in der Brüchigkeit und Unübersichtlichkeit der Gegenwart sein Leben zu sichern sucht.“409 Für Joachim Track ist im Fundamentalismus ein Wissen um die Orientierungsbedürftigkeit des Menschen gespeichert.410 Fundamentalismus protestiere gegen die Reduktion von Wirklichkeit. „Im Fundamentalismus begegnet die Sehnsucht nach Geborgenheit und Bindung. Es begegnet ein Wissen, dass der Mensch über die üblichen Ablenkungs- und Trostparolen hinaus des Sinnes bedarf und, verletzlich und unbeheimatet wie er ist, der Geborgenheit bedarf, eines Ortes, an dem er leben kann. Es begegnet ein Wissen, dass 406 Vgl. Leonhardt, Rochus: Grundinformation, S. 262-270. 407 Vgl. Pöhlmann, Horst Georg: Abriss, S. 290-296. 408 Küenzlen, Gottfried: Burgen, S. 6. 409 Ebd., S. 10. 410 Track, Joachim: Fundamentalismus im Christentum; in: Praktische Theologie, Jg. 81 (1992), S. 151.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

Identität nicht in alles vergleichgültigender Beliebigkeit und alles integrierender Offenheit gewonnen wird, sondern im Eintreten für etwas, in der Verantwortungsübernahme, in der Parteinahme.“411 Bernhard Dressler zufolge reagiert der Fundamentalismus auf Lebensumstände, die als Krise wahrgenommen werden. „Fundamentalismus ist ein modernes Phänomen, das überall dort auftaucht, wo soziale, ökonomische und kulturelle Modernisierungsschübe Veränderungsschmerzen erzeugen.“412 Nach Erich Geldbach ist Fundamentalismus eine angstbesetzte Reaktion auf die Moderne. „Angesichts des Zusammenbruchs des gewohnten Weltbildes durch vielfältige Faktoren im Prozess der modernen Ausdifferenzierung der Gesellschaft tritt er am Ausgang des 19. Jahrhunderts auf den Plan und verspricht eine sichere Bastion.“413 Hans-Günter Heimbrock nimmt die Gewissheitskonstruktion des Fundamentalismus unter die Lupe und arbeitet heraus, dass es dem fundamentalistischen Erkenntnisinteresse nicht primär um Richtigkeit und Logik gehe, „sondern um die Religion als ganz spezifische Wahrheitsinstanz, nämlich als Quelle von Lebensgewissheit, um letzte Gewissheit der Lebensorientierung und den sich daraus speisenden Handlungsorientierungen.“414 Fundamentalisten würden von einer „Sehnsucht nach Gewissheit“ umgetrieben, so Heimbrock.415 Wie jedoch diese Gewissheit konstruiert werde, kritisiert er. Der Fundamentalismus umgehe durch die Proklamation von unumstößlichen Glaubenssätzen die „glaubensnotwendige und lebensfördernde Zumutung der Unsicherheit“ und eliminiere so die Spannung von Glaubensgewissheit und Anfechtung, die für den Glauben aus protestantischer Sicht charakteristisch sei.416 Auch Dieter Stoodt zufolge liegt mit Fundamentalismus „eine Variante des uralten Gewissheitsthemas“ vor.417 Allerdings könne der Fundamentalismus nicht das halten, was er verspreche.418 „Gewissheit ist Glaubensgewissheit; im von Gott geschenkten Glauben liegt auch die Gewissheit des Lebens, aber un411 Ebd. 412 Dressler, Bernhard: Fundamentalismus, S. 372. 413 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 164-165. 414 Heimbrock, Hans-Günter: Wahrheit – Lebensform – Subjekt. Praktisch-theologische Anmerkungen zu christlichen Fundamentalismen, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus. Analysen und Kritiken, Tübingen 2005, S. 41. 415 Ebd., S. 43. 416 Ebd. 417 Stoodt, Dieter: Gewissheit – mit aller Gewalt. Sozialpsychologische und theologische Bemerkungen zum Fundamentalismus, in: Reformatio, Jg. 35 (1986), Nr. 2, S. 125. 418 Stoodt, Dieter: Fundamentalismus. Sozialwissenschaftliche und theologische Einschätzungen, in: Träder, Lothar E. (Hg.): Fundamentalismus. Glaube – Angst – Gewissheit, Der Adventglaube in Geschichte und Gegenwart. Pastoraltheologische Schriftenreihe herausgegeben durch den Adventistischen Wissenschaftlichen Arbeitskreis, Bd. 38, Frankfurt am

3.3 Fundamentalismus und Individualismus

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mittelbar gibt es sie nicht, am Glauben vorbei ist sie nicht zu gewinnen.“419 Horst Georg Pöhlmann urteilt: „Es war ein Irrweg der Theologie, dass sie diese Gewissheit durch Sicherheiten ersetzt hat und so die Verborgenheit des Wortes Gottes nicht durchgehalten hat, das sich nur dem Glauben erschließt.“420 Insgesamt ist in der Literatur ein häufiges Interesse festzustellen, die Hintergründe fundamentalistischer Einstellungen und fundamentalistischen Verhaltens psychologisch, manchmal geradezu poimenisch zu beleuchten. Helmut Harsch führt Fundamentalismus auf krisenhafte Erfahrungen zurück, namentlich auf die Gefühle des Ausgeliefertseins und des Kontrollverlustes. Der Fundamentalismus versuche diese Krise durch eine „Strategie der Grandiosität“ zu bewältigen.421 Günter Hole differenziert Fundamentalismus, Dogmatismus und Fanatismus aus psychiatrischer Perspektive. Alle drei könnten keine Überzeugungen neben sich dulden. Der Fundamentalismus speziell sei eine „Einstellung auf einen Grundwert oder eine Grundidee, die perfektionistisch gehütet werden muss“.422 Kennzeichnend sei zudem das Bedürfnis nach Verankerung, klarer Identifikation, Perfektionismus und Einfachheit. Nach Ulrike Wagner-Rau tritt Fundamentalismus in Situationen individueller Orientierungslosigkeit, gepaart mit handfesten sozialen Krisenerfahrungen und Abstiegsängsten auf den Plan. Er reagiere mit einer dualistischen Weltsicht auf Erfahrungen, die Menschen zu zerreißen drohen. „Psychologisch kann eine solche Spaltung als Ausdruck eines extrem verunsicherten Selbst, das heißt als Ausdruck von Angst gelesen werden: In Situationen, in denen die Person davon bedroht ist, den inneren Zusammenhang zu verlieren und psychotisch zu zerbrechen, greift die Psyche zur Spaltung als einem Rettungsanker, durch den das ‚Böse‘ aus der Person heraus nach außen projiziert wird, sich Angst und Selbsthass in Entwertung und Hass gegen andere verwandeln.“423 Jochen Kuhn beschreibt Fundamentalismus als BezieMain 1996, S. 61-66. 419 Ebd., S. 65. 420 Pöhlmann, Horst Georg: Wie sollen wir die Bibel heute auslegen historisch-kritisch oder fundamentalistisch? Eine systematisch-theologische Besinnung, in: Oeming, Manfred (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997, S. 38. 421 Harsch, Helmut: Gottesgegenwart – Gottesgewissheit. Betrachtungen eines Pastoralpsychologen zum Thema Fundamentalismus, in: Una Sancta, Jg. 63 (2008), Nr. 4, S. 331. 422 Hole, Günter: Fundamentalismus – Dogmatismus – Fanatismus. Psychiatrische Perspektiven, in: Concilium, Jg. 28 (1992), S. 213. 423 Wagner-Rau, Ulrike: Die Suche nach einem Fundament. Eine Einführung in fundamentalistische Frömmigkeit, in: Rohr, Elisabeth/Wagner-Rau, Ulrike/Jansen, Mechtild M. (Hg.): Die halbierte Emanzipation? Fundamentalismus und Geschlecht, Königstein im Taunus 2007, S. 24.

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hungslosigkeit und nennt diesen Zustand „das Ich ohne Du“.424 Angesichts der „Fremdheit des Ich“ werde die „Anziehungskraft jener Botschaften verständlich, die kompromisslos ihre Forderungen stellen“.425 Für Marie Veit zerstört Fundamentalismus Denken und Fühlen einer Person.426 Jürgen Heumann zufolge drückt sich im Fundamentalismus eine Sehnsucht nach Geborgenheit, absoluter Wahrheit sowie tiefen Emotionen aus.427 Mit Michael Moxter wird man Fundamentalist, wenn man „die mit der eigenen Lebensorientierung verbundene Gewissheit und die für die eigene Lebensführung unverzichtbare Ordnung nicht mehr in ein produktives Verhältnis zu anderen Gewissheiten und zu anderen Möglichkeiten setzen kann.“428 Fundamentalismus transformiere „Angst ums Eigene in Furcht vor dem Fremden.“429 Als paradigmatisch für Diskursakteurinnen und -akteure, die Fundamentalismus aus den Unsicherheits- und Überforderungserfahrungen der modernen Zivilisation herleiten, können die Beiträge von Geiko Müller-Fahrenholz gelten. Dieser interpretiert Fundamentalismus als eine „pathologische Begleiterscheinung der Moderne“.430 Seinen Gegenpart sieht er in einer substanz- und hemmungslosen Beliebigkeit.431 Für Müller-Fahrenholz stellt der Fundamentalismus ein persönliches Krisenphänomen dar, eine Reaktion auf Weltuntergangserfahrungen mit zumeist sozialen Ursachen.432 Er trete dort auf, wo ein an sich notwendiges Fundamentalvertrauen oder Urvertrauen (Erik Homburger Erikson) erschüttert werde. Fundamentalismus sei eine Verstörung, eine psychische Reaktion auf lebensbedrohliche Erfahrungen, die sich als „partielle Gefühllosigkeit und 424 Kuhn, Jochen: Das Ich ohne Du. Über einige Bedingungsfaktoren des Fundamentalismus, in: Reformierte Kirchenzeitung, Jg. 134 (1993), Nr.1, S. 5-7. 425 Ebd., S. 6. 426 Veit, Marie: Fundamentalismus im evangelischen Christentum, in: Schirmer, Dietrich (Hg.): Religiöser Fundamentalismus im Judentum, Christentum und Islam. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Berlin (West) vom 20.-22. September 1991, Berlin 1991, S. 46. 427 Heumann, Jürgen: Fundamentalismus. Denkfehler und Aufstand gegen die Vernunft, in: Religio, Nr. 1/2 1991, S. 25. 428 Moxter, Michael: Neue Medien und fundamentalistische Selbstabschließung, in: Höhn, Hans-Joachim/Moxter, Michael: Die Macht des Mausklicks. Fundamentalismus und neue Medien, EZW-Texte, Nr. 224, Berlin 2013, S. 24. 429 Ebd., S. 25. 430 Müller-Fahrenholz, Geiko: Zwischen Fundamentalismus und Beliebigkeit, in: Ökumenische Rundschau, Jg. 55 (2006), Nr. 1, S. 68. 431 Müller-Fahrenholz, Geiko: Zwischen Fundamentalismus und Beliebigkeit – ein sozialpsychologischer Kommentar, in: epd-Dokumentation, Nr. 22/2006, S. 6. 432 Müller-Fahrenholz, Geiko: Was ist heute Fundamentalismus? Sozialpsychologische Perspektiven, in: Concilium, Jg. 28 (1992), Nr. 3, S. 209.

3.3 Fundamentalismus und Individualismus

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als eingeschränkte Wahrnehmung von Wirklichkeit“ ausdrücken könne.433 Um fundamentalistische Positionen zu übernehmen, bedürfe es einer bestimmten psychischen Disposition. Müller-Fahrenholz unterscheidet nach dem amerikanischen Psychologen Robert Jay Lifton zwei Typen, die genau entgegengesetzt auf Verstörungen reagieren: den „Proteus-Typ“ nach dem antiken Gott der Wellen, der ständig neue Formen annimmt, sowie den „Hold-fast-Typ“, der sich an seine Sicht der Dinge klammert.434 Letzterer habe eine psychische Disposition, die dem Fundamentalismus zuneige. Als Grunderfahrung des Fundamentalismus führt Müller-Fahrenholz das Gefühl der Ohnmacht an, welche er mit einer „geliehenen Macht“ zu kompensieren versuche.435 Diese sei aber letztlich nicht in der Lage, den „inneren Horror, der durch den Verlust von Erd- und Zeitvertrauen entstanden ist“, auszugleichen.436 Damit erklärt Müller-Fahrenholz den inneren Hang von Fundamentalismen zum Totalitarismus, mit dem dieser seine geliehene Macht abschirmen müsse. „Es gehört zu der Eigenart dieser geliehenen Macht, dass sie sich, je nach Art der Gegner, aggressiv, gewalttätig oder feindselig verhalten kann, wie sie sich im Blick auf die Gefolgsleute durchaus als beschützend, autoritär, fürsorglich zu erweisen vermag.“437 Grundvoraussetzung für eine Überwindung der fundamentalistischen Lebenshaltungen sei es zunächst, ihre pathologische Struktur ernst zu nehmen. „Es ist nichts gewonnen, wenn fundamentalistische Schwestern und Brüder ignoriert oder verachtet werden.“438 Eine solidarisch-kritische Haltung sei stattdessen gefordert. Zudem sei es globale, ökumenische und interreligiöse Aufgabe, dass sich die Religionen an der Arbeit an vertrauenswürdigen Verhältnissen beteiligten.439 Diese Empathie rührt daher, dass Müller-Fahrenholz Fundamentalismus in den Kategorien von Krankheit und Heilung wahrnimmt. „Der Begriff des ‚Fundamentalismus‘ eignet sich nicht als Schlagwort oder Kampfbegriff. Wer meint, andere damit diffamieren zu können, hat nach meiner Meinung nicht verstanden, dass der Fundamentalismus eine Form von Leiden ist.“440 Fundamentalisten 433 Ebd., S. 211. 434 Ebd., S. 211-212. 435 Ebd., S. 211. 436 Ebd. 437 Ebd. 438 Müller-Fahrenholz, Geiko: Fundamentalismus, 2006, S. 74. 439 Vgl. Müller-Fahrenholz, Geiko: Wenn die Seele den Halt verliert… Fundamentalismus als Verlust von Lebenssinn, in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995, S. 19-30. 440 Müller-Fahrenholz, Geiko: Damit die Seele Halt findet. Zwischen Beliebigkeit und Fundamentalismus, in: Unger, Tim (Hg.): Fundamentalismus und Toleranz, Hannover 2009, S.

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

brauchten „sehr viel Solidarität, damit sie nicht so bleiben müssen, wie sie sind.“441 Fritz Erich Anhelm kritisiert die sozialpsychologische Herangehensweise von Müller-Fahrenholz. Die Kategorien von Krankheit und Heilung dürften nicht das politische Moment des Fundamentalismus verdecken, das von Macht und Herrschaft bestimmt sei.442 Trotzdem bleibt die Frage, wie mit Fundamentalisten umzugehen ist. Klaus Winkler sieht eine dreifache Chance. Erstens dort, wo emotionale Lernprozesse in Gang gesetzt würden, dergestalt, dass sich Fundamentalisten und deren Gegner probeweise mit ihrem Gegenüber identifizierten.443 Zweitens gehe es um einen „kultivierten Umgang mit Konkurrenz“, welcher von Neugier geprägt sei und auf Entwertungen verzichte.444 Drittens bedürfe es eines entkrampften Verhältnisses zu Konsequenz. Religiöser Perfektionismus sowie die Angst vor dem Verrat des Glaubens mache unflexibel und erschwere, auf den anderen einzugehen, so Winkler.445 Reinhart Hummel empfiehlt in der Auseinandersetzung mit Fundamentalismus keine Reduktion von Komplexität, sondern eine Haltung der Liebe.446 Um den Krankheitsbegriff nicht zu beschädigen, möchte Martin Hagenmaier Fundamentalismus und religiösen Wahn unterschieden. „Fundamentalismus und Wahn als Krankheit unterscheiden sich in der Wirklichkeitskonstruktion dessen, der sie ausbildet. Die wahnhafte Idee mit Krankheitswert ist der Versuch, die (eigene) innere Welt zu ordnen. Der (wahnartige) Fundamentalismus zielt auf die ‚Ordnung‘ der äußeren (politischen oder innergemeindlichen) Welt ab. Wahn und wahnartiger Fundamentalismus sind abweichende Formen mit verschiedenen Zielrichtungen. Beide können zu vernichtenden Handlungen gegen andere Menschen und gegen sich selbst führen.“447 Reinhold Bernhardt bezweifelt, dass Gewissheitsdefizite als Grund für Fundamentalismus herangezogen werden können. Oft seien gerade starke 266. 441 Ebd., S. 269. 442 Anhelm, Fritz Erich: Fundamentalismus und Beliebigkeit – pathologische Begleiterscheinungen der Moderne?, in: Ökumenische Rundschau, Jg. 55 (2006), S. 77-79. 443 Winkler, Klaus: Vom Glauben wider die Toleranz. Der Fundamentalismus – pastoralpsychologisch gesehen, in: Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 141-142. 444 Ebd., S. 142. 445 Ebd., S. 142-143. 446 Hummel, Reinhart: Fundamentalismus und Toleranz, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 57 (1994), Nr. 4, S. 100-109. 447 Hagenmaier, Martin: Wahn, Religion, Fundamentalismus. Identifikation, Selbstheilungsversuche und Überkompensation mit Hilfe der Religion, in: Wege zum Menschen, Jg. 62 (2010), Nr. 1, S. 56.

3.4 Exkurs: Fundamentalismus und Entwicklung

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Überzeugungen Ursache von Fundamentalismus, „die nicht auf Kompensationsvorgänge reduziert werden können.“448 Bernhard Dressler steht generell jedem Therapieansatz für Sinnkrisen skeptisch gegenüber. „Die nur auf den ersten Blick recht einleuchtende Diagnose von Sinndefizit, das von den Fundamentalisten leider nur falsch befriedigt werde, könnte leicht zu einer Therapie verleiten, die es sich mit den hinter dem Fundamentalismus vermuteten Krisenursachen zu einfach macht und unversehens bei einem platten Nachfrage-Angebot-Konzept landet.“449 Die Religion gerate dadurch zur „Kompensation für die unvermeidliche Kälte der modernen Welt“.450 Dagegen möchte Dressler ein Gottesbild eines personalen Gottes setzen, der auch in den Brüchen menschlichen Lebens begegne.451 Wir halten fest, Fundamentalismus wird im Teildiskurs Fundamentalismus und Individualismus als ungeeigneter Umgang mit Sinnkrisen und Orientierungslosigkeiten beschrieben, welche eine als brüchig empfundene Moderne produziert. Kritisiert werden die zweifelhaften Sicherheiten, mit denen der Fundamentalismus Unsicherheit und Anfechtung einfach zu eliminieren versucht. Zur Überwindung wird eine Haltung der Empathie gegenüber Fundamentalisten empfohlen sowie auf die Kompetenz von Religion hingewiesen, die in Leidensbegleitung, nicht in Bedürfnisbefriedigung liegt. 3.4 Exkurs: Fundamentalismus und Entwicklung Eine Sonderstellung innerhalb des modernitätstheoretischen Diskurses spielen die entwicklungspsychologischen Erklärungen für Fundamentalismus, die im Folgenden als Exkurs zusammengefasst werden. Als Exkurs deshalb, weil sie zwar alles voraussetzen, beziehungsweise anschlussfähig an das sind, was im modernitätstheoretischen Diskurs bedacht wird. Auf der anderen Seite fehlt das systematische Gegenüber wie Säkularisierung, Pluralismus oder Individualisierung. Als Gegenüber kann allenfalls die Entwicklung gelten, was freilich auf einer ganz anderen Ebene spielt. Zudem liegt hier ein rein religionspädagogischer Diskurs vor.452 Im Exkurs 448 Bernhardt, Reinhold: Gewissheitsdefizite, S. 129. 449 Dressler, Bernhard: Fundamentalismus, S. 381. 450 Ebd. 451 Ebd., S. 381-382. 452 Eine Ausnahme stellt ein Beitrag von Helmut Grimmsmann dar, welcher in missionstheologischer Absicht und mit Hilfe der Stufentheorie des Glaubens des Religionspädagogen James Fowler den Glauben von Afrikanern mit europäischen Neunjährigen vergleicht und es für geboten hält, in den ehemaligen Kolonialkirchen „für die Entwicklung eines Erwachsenenglaubens zu sorgen“ (Grimmsmann, Helmut: Die Bibel zum Reden bringen oder über die Bibel reden? Über naiven und gewollten Fundamentalismus, in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch

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3 Der modernitätstheoretische Diskurs

Fundamentalismus und Entwicklung wird Fundamentalismus als eine Sackgasse in der religiösen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen beschrieben. Als Fundamentalisten kommen junge Menschen mit biblizistischem und totalitärem Denken in den Blick. Die Diskursakteurinnen und -akteure suchen und empfehlen Möglichkeiten, diese Entwicklungshemmnisse pädagogisch oder theologisch zu überwinden. Schwerpunkte bei den Veröffentlichungen lassen sich in der zweiten Hälfte der 1990er und in der ersten Hälfte der 2000er Jahre ausmachen, aber auch in jüngster Zeit. Holger Böckel verortet Fundamentalismus innerhalb des Stufenmodells der religiösen Entwicklung des amerikanischen Religions- und Entwicklungspsychologen James W. Fowler.453 Fundamentalismus trete in der vorkritischen Phase auf (Stufen I-III) und wäre somit ein unterentwickeltes religiöses Denken, eine Entwicklungssackgasse, ein Merkmal von Personen, die in ihrer religiösen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter stecken geblieben sind.454 Im Detail weise ein wortwörtliches Schriftverständnis ohne hermeneutische Distanz Parallelen zum „mythisch-wörtlichen Glauben der Stufe II mit seinen konkret-operationalen Denkweisen“ auf, so Böckel.455 Der synthetisch-konventionelle Glaube (Stufe III) „mit seinem starken Gruppenbezug“ entspreche „der synthetischen Konstruktion der Lebenswelt fundamentalistischer Gruppen.“456 Die ganze Realität bis in einzelne Lebensbereiche hinein als göttliche Planung und das ganze Leben als Bestimmung zu begreifen, stehe „im engen Zusammenhang zur vorindividuellen Entwicklung bis Stufe III.“457 Die Verabsolutierung eigener Vorstellungen sei ebenso in dieser Phase nachweisbar.458 Daraus leitet Böckel eine Bildungsverantwortung ab, Menschen in ihrer religiösen Entwicklung zu begleiten und zu fördern. Das bedeute zuMission 1995, Hamburg 1995, S. 63.). 453 Böckel, Holger: Fundamentalismus und die biographischen Phasen religiöser Entwicklung, in: Evangelische Studentinnen- und Studentengemeinde Gießen (Hg.): Notwendige Fundamente – Gefährlicher Fundamentalismus, Gießen 2004, S. 170-179. 0 Undifferenzierter, erster Glaube, Säuglingsalter (0-1 Jahre) I Intuitiv-projektiver Glaube, frühe Kindheit (2-6 Jahre) II Mythisch-wörtlicher Glaube, Schuljahre (7-12 Jahre) II Synthetisch-konventioneller Glaube, Adoleszenz (13-21 Jahre) IV Individuierend-reflektierender Glaube, junges Erwachsenenalter (21-35 Jahre) V Verbindender Glaube, Erwachsenenalter (ab 35 Jahre) VI Universalisierender Glaube 454 Ebd., S. 179-183. 455 Ebd., S. 180. 456 Ebd. 457 Ebd., S. 181. 458 Ebd.

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nächst einmal Auseinandersetzung mit Kritik, müsse aber darüber hinaus gehen. „Die vorkritische fundamentalistische Haltung ist entwicklungstheoretisch keineswegs dadurch gekennzeichnet, dass ihr lediglich die kritische Destruktion seitens der ‚aufgeklärten Moderne‘ als Alternative gegenübersteht. Vielmehr könnte sich der anfangs erworbene oder sozialisierte Glaube in der Auseinandersetzung mit einer kritischen, reflektierten Phase weiterentwickeln hin zu einer nachkritischen Verbindung beider Sichtweisen, auf deren Grundlage Verständigung und Überzeugung der eigenen religiösen Prägung ihr Recht haben.“459 Die Parallelen zwischen fundamentalistischen Merkmalen und religiösen Entwicklungsmodellen liegen auf der Hand, wie auch zu jenem des Psychoanalytikers Erik H. Erikson. Danach stellt sich die religiöse Entwicklung als eine Abfolge von Krisen der Identitätsbildung dar, die jeweils überwunden werden müssen. Die Krisen zeichnen sich durch Gegensätze aus, die ein Weltbild aus den Angeln zu heben drohen. Für die Phase der Adoleszenz ist dies die Spannung zwischen Ganzheit und Totalität. Fundamentalismus wäre demnach „Ausdruck eines Totalitätsdenkens, das die eigene Identität durch Abgrenzung stützen soll“.460 Gerhard Büttner erklärt: „Was uns im Kontext von Schule als ‚Fundamentalismus‘ begegnet, stellt sich auf der Ebene der Schülerinnen als Verteidigung ihrer Identität dar“.461 Allerdings ist es generell fragwürdig, ob gerade Kinder, deren mythisch-wörtlicher Glaube oft mit Attributen wie rein oder naiv belegt wird, als Fundamentalisten bezeichnet werden sollten, denn „was Kinder fast durchweg von den Fundamentalismen Erwachsener unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie ihre Überzeugungen nicht im Gegenüber zu einer als bedrohlich erfahrenen Umwelt vertreten.“462 Für den Umgang mit kindlichen Sichtweisen sei es daher kontraproduktiv, wenn Erwachsene darin „Frühformen des Fundamentalismus zu erkennen glauben“, warnt Friedrich Schweitzer.463 Für Jugendliche auf ihrer Suche nach Gewissheit gelte das mit Einschränkung.464 Fundamentalismus sei „für einen kleinen Teil der Jugendlichen ein Problem, das auch in Therapie und Beratung wahr459 Ebd., S. 183. 460 Schweitzer, Friedrich: Fundamentalismus – Chance oder Risiko der religiösen Entwicklung?, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 45. 461 Büttner, Gerhard: Verständigungen über das Heilige. Wie sollen Schule und Religionsunterricht mit „fundamentalistischen“ Phänomen umgehen?, in: Entwurf. Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht, Jg. 41 (2010), Nr. 1, S. 15. 462 Schweitzer, Friedrich: Fundamentalismus, S. 46. 463 Ebd. 464 Ebd., S. 46-47.

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genommen werden muss – beispielsweise hinsichtlich des Ablösungsprozesses aus fundamentalistischen Elternhäusern, das aber gerade nicht für die Mehrheit der Jugendlichen bezeichnend ist.“465 Schweitzer legt wegen seiner grundsätzlichen Skepsis, Kinder und Jugendliche als Fundamentalisten zu identifizieren, bewusst eine „Phänomenologie von Fundamentalismus in der Lebensgeschichte“ vor, die nicht definieren, wohl aber zur Wahrnehmung anregen wolle. Als erste von sechs unterschiedlichen Erscheinungsformen führt Schweitzer den scheinbaren Fundamentalismus von Kindern an.466 Das mythologische Glaubensbewusstsein und wortwörtliche Verständnis entspreche der Eigenart von Kindern und sei nicht korrekturbedürftig. Auch bei der „Suche nach eigenem Glauben und fundamentaler Gewissheit“ im Jugendalter gehe es in erster Linie entwicklungsgemäß um die Ablösung von den Eltern und die Herausbildung einer eigenen Identität.467 Im Hintergrund der Überzeugungen Jugendlicher stünde immer die „Konstitution eines jugendlichen Selbst“.468 Jugendliche bräuchten dennoch hilfreiche Begleitung, Modelle von Ganzheit ohne Totalität zu entwickeln.469 Als weitere Erscheinungsform von Fundamentalismus in der Lebensgeschichte notiert Schweitzer das Aufwachsen in fundamentalistischen Familien, was häufig psychische Erkrankungen nach sich ziehe.470 Der Bekehrung misst er eine eigene Bedeutung zu.471 Die Bekehrungsbiografien von Jugendlichen stellten eine grundlegende Herausforderung an Kirche und Gesellschaft dar, überzeugende Antworten auf existenzielle Fragen zu formulieren.472 Der Forscher macht auf die besondere Anfrage aufmerksam, welche durch muslimische Jugendliche in Deutschland gestellt werde, denen in verschiedenen Untersuchungen eine Fundamentalismusneigung zugesprochen werde.473 Als weiteres Phänomen beschreibt er einen „Wandel im Fundamentalismus“.474 So könne man eine Tendenz zur Öffnung fundamentalistischer Gemeinschaften beobachten, die an den jüngeren Mitgliedern ablesbar 465 Schweitzer, Friedrich: Von Gottlosigkeit bis Fundamentalismus. Aufwachsen zwischen den Religionen, in: Eckey, Barbara/Haid-Loh, Achim/Jacob, Karin (Hg.): Jugend bewegt Beratung. Adoleszenz als Herausforderung und Chance für die Erziehungsberatung, Weinheim/München 2008, S. 43. 466 Schweitzer, Friedrich: Fundamentalismus, S. 49. 467 Ebd., S. 49-50. 468 Ebd., S. 49. 469 Ebd., S. 50. 470 Ebd., S. 50-51. 471 Ebd., S. 52-53. 472 Ebd., S. 52. 473 Ebd., S. 52-53. 474 Ebd., S. 53-54.

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sei. Der Einfluss der Älteren auf die persönliche Lebensführung nehme ab.475 Sechstens und letztens führt Schweitzer den „Fundamentalismus in Lebenskrisen“ an.476 Es sei aus der seelsorgerlichen und therapeutischen Arbeit bekannt, dass Menschen in Lebenskrisen oft auf einfache Vorstellungen zurückgriffen.477 Zur Überwindung von Fundamentalismus empfiehlt Schweitzer, Marginalisierungserfahrungen entgegenzuwirken, Kinder und Jugendliche bedingt und verantwortet unvermeidlich negativen Einflüssen auszusetzen und sie in kritischer Urteilsfähigkeit zu schulen, religiöse Bildung in Religionsunterricht, Gemeinde und Familie zu ermöglichen, Pluralismusfähigkeit zu lernen und einzuüben, die Bibel als Zeugnis des Glaubens und nicht als Grund des Glaubens zu interpretieren, Fundamentalismus als Thema im Religionsunterricht zu behandeln sowie allgemein gesprochen, Kinder und Jugendliche auf ihrer Suche nach Orientierung und Gewissheit zu begleiten.478 Den Fundamentalismus einfach bekämpfen zu wollen, funktioniere hingegen nicht.479 Jürgen Eilert hält die Fähigkeit Jugendlicher zu totalitärem Denken zunächst für eine wertvolle Ressource, die Emanzipation „aus konsensorientierten Cliquen des frühen Jugendalters“ ermögliche.480 „Jugendsoziologisch gewendet sind sie genau diejenigen Operationen, auf deren Grundlage erste soziale Selbstreflexions- und kulturelle Integrationsleistungen möglich werden.“481 Zur Überwindung von Fundamentalismus bei Jugendlichen verweist Eilert daher auf die Rolle von Pädagoginnen und Pädagogen, im Gespräch mit den Jugendlichen Selbstreflexivität zu entwickeln und die Komplexität der Welt verstehen zu helfen. „Das bedeutet, dass man von Professionellen im Umgang mit Jugendlichen erwarten darf, im Sinne einer selektiven Authentizität selbst fundamentalistisch denken und kommunizieren zu können, ohne sich diesem Operationsniveau auszuliefern.“482 475 Ebd., S. 54. 476 Ebd., S. 54-55. 477 Ebd., S. 55. 478 Schweitzer, Friedrich: Fundamental, nicht fundamentalistisch – Wege einer religiösen Erziehung jenseits von Relativismus und Fundamentalismus, in: Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015, S. 23-28. 479 Vgl. Schweitzer, Friedrich: Umgang mit Fundamentalismus. Aufgaben und Möglichkeiten im Religionsunterricht, in: IRP Impulse, Frühjahr 2017, S. 28. 480 Eilert, Jürgen: Fundamentalistische Kommunikation als religionspädagogische Herausforderung – Fundamentalisten sind nicht immer „die Anderen“, in: Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015, S. 198. 481 Ebd. 482 Ebd., S. 199.

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Andreas Horn hat fundamentalistische Tendenzen in der evangelischen Jugendarbeit ausgemacht und konkretisiert sie an Vorbehalten gegenüber Pluralismus, Liberalität und theologisch-wissenschaftlicher Intellektualität, an autoritären Erziehungsmustern, welche den Leitern hohe Bedeutung beimesse sowie an missionarischen und evangelistischen Aktivitäten einzelner Jugendverbände.483 Dennoch blieben fundamentalistische Tendenzen in der Jugendarbeit „weithin innerhalb des Rahmens traditionell kirchlicher Positionen bzw. Vertretungen“.484 In pietistisch und evangelikal geprägten Gruppen innerhalb der Evangelischen Jugend sei die Nähe zum Fundamentalismus amerikanischer Prägung stärker als im landeskirchlichen Durchschnitt.485 Helmut Hanisch geht Fundamentalismus im Religionsunterricht auf der Grundlage von Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern nach, die durch extreme religiöse Positionen auffallen.486 „Dies zeigt sich u.a. darin, dass für sie bestimmte dogmatische Aussagen unumstößlich gelten. Schwierigkeiten haben sie damit, wenn biblische Texte exegetisch auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden. Hartnäckig sträuben sie sich gegen die Auffassung, dass es verschiedene Lesarten von biblischen Texten gibt. Bei Klausuren kann es vorkommen, dass sie sich weigern, theologische Entwürfe zu erörtern, die für sie als unhaltbar erscheinen. Selbst auf die Gefahr hin, dass sie im Unterricht und in der Schule als Sonderlinge gelten, beharren sie auf ihren religiösen Überzeugungen und scheuen sich keineswegs, sie in der Öffentlichkeit zu bekennen.“487 Auch Jochen Kuhn beschreibt entschiedene Äußerungen von Schülerinnen und Schülern wie die einfache und gefestigte These, dass Abtreibung Mord sei, im Zusammenhang mit Fundamentalismus.488 Reinhold Mokrosch nimmt an, dass bisweilen auch Lehrende der „Versuchung, das Evangelium fundamentalistisch weiterzugeben“ unterliegen, insbesondere bei Kindern und jüngeren Jugendlichen, die noch gar kein historisierendes und symbolisierendes religiöses Denken entwickelt haben.489 483 Horn, Andreas: Pluralität und Fundamentalismus in der Jugendarbeit, in: Kühn, Ulrich/ Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 162-164. 484 Ebd., S. 165. 485 Ebd., S. 165-166. 486 Hanisch, Helmut: Wahrnehmung von Fundamentalismus und Toleranz im Religionsunterricht, in: Religionspädagogische Beiträge, Jg. 61 (2008). 487 Ebd., S. 87. 488 Vgl. Kuhn, Jochen: Gespräch mit dem Fundamentalismus?, in: Kuhn, Jochen (Hg.): Fundamentalismus, Bovenden 1996, S. 40-46. 489 Mokrosch, Reinhold: Die Versuchung, das Evangelium in der religiösen Erziehung, insbesondere im Religionsunterricht, fundamentalistisch weiterzugeben, in: Oeming, Manfred

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Wilhelm Eppler plädiert zur Überwindung von Fundamentalismus aus religionspädagogischer Sicht für ein Arbeiten an den Themen Identität und Sinn. „Weil nur stabile Identitäten in der Lage sind, die Vielfalt anderer kultureller und religiöser Identitäten als nicht bedrohlich zu erleben, sind Prozesse jugendlicher Identitätsbildung herausragende Themen der Fundamentalismusprävention.“490 Elisabeth Naurath fordert vermehrte Anstrengungen für eine religiöse Friedensbildung gegen Gewalt und Fundamentalismus.491 Hanna Roose empfiehlt zur Einübung eines nicht-fundamentalistischen Umgangs mit biblischen Texten im Religionsunterricht, „zu einer religiös-theologischen Frage mehrere Bibeltexte ‚ins Rennen zu schicken’, die unterschiedliche Antworten geben.“492 So werde deutlich, dass einem die Bibel das Nachdenken nicht abnehme. Heinz Streib untersucht mittels Fallstudien fundamentalistische Biografien, kann aber keine typische biografische Struktur nachweisen.493 Martin Rothgangel hält Fundamentalismus für ein „epochaltypisches Schlüsselproblem“, das eine entsprechend breite Berücksichtigung im Religionsunterricht erfahren sollte.494 Die Auseinandersetzung mit ihm diene der Entfaltung wichtiger Kompetenzen wie: Grundformen religiöser Sprache, des evangelischen Christentums sowie religiöse Grundideen (Nächstenliebe, Menschenwürden) kennen und erläutern können, lebensförderliche von lebensfeindlichen Formen von Religion unterscheiden und sich mit anderen religiösen Überzeugungen respektvoll auseinandersetzen können.495 Zudem empfiehlt er die Arbeit an „Differenz-Kompetenz“ in der religiösen Bildung gegen Fundamentalismus und Antisemitismus.496 (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997, S. 121. 490 Eppler, Christentum, S. 44. 491 Naurath, Elisabeth: Gewalt ist Gotteslästerung und religiöse Bildung ist Gewaltprävention. Plädoyer für eine dezidiert friedensorientierte Religionspädagogik, in: Pastoraltheologische Informationen, Jg. 36 (2016), Nr. 1, S. 23-34. 492 Roose, Hanna: Wer kommt (nicht) ins Paradies? Anregungen zur Einübung eines nicht-fundamentalistischen Umgangs mit biblischen Texten, in: Entwurf. Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht, Jg. 41 (2010), Nr. 1, S. 25. 493 Streib Heinz: Fundamentalism as a challenge for religious education, in: Religious Education, Jg. 96 (2001), Nr. 2, S. 235-237. 494 Vgl. Rothgangel, Martin: Fundamentalismus als „epochaltypisches Schlüsselproblem“. Eine Annäherung anhand des „christlichen Originals“, in: Spitzenpfeil, Christina/Utzschneider, Verena (Hg.): Dem Christsein auf der Spur. Festschrift anlässlich des 60. Geburtstages von Karl Friedrich Haag am 13. Juli 2002, Erlangen 2002, S. 158-168. 495 Rothgangel, Martin: Variationen, S. 358-360. 496 Vgl. Rothgangel, Martin: Differenz-Kompetenz im Einstellungsbereich. Religiöse Bildung in Anbetracht von Antisemitismus und Fundamentalismus, in: Klie, Thomas/Korsch, Dietrich/Wagner-Rau, Ulrike (Hg.): Differenz-Kompetenz. Religiöse Bildung in der Zeit, Leipzig 2012, S. 211-221.

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Überhaupt fällt die Formulierung von Desideraten auf. Rothgangel urteilt: „Grundsätzlich ist zu sagen, dass noch erheblicher bildungstheoretischer Forschungsbedarf besteht. Insbesondere fehlen empirische Untersuchungen zur Verbreitung fundamentalistischer Einstellungen bei Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland sowie entsprechende Interventionsstudien, mit deren Hilfe die Wirkung von Bildungsmaßnahmen bezüglich fundamentalistischer Einstellungen untersucht werden könnte.“497 Auch Schweitzer stellt fest, „dass die empirische Forschung sich bislang noch kaum auf den Zusammenhang zwischen religiöser Erziehung und Fundamentalismus eingelassen hat.“498 Fritz Stolz bedenkt Fundamentalismus, Jugendreligion und Jugendkultur, kommt aber zu einem ernüchternden Fazit: „Im Zusammenhang mit Arbeiten über die ‚Religiosität der Jugend‘ kam das Thema des Fundamentalismus kaum vor; in Arbeiten über Jugendkulturen spielt ‚Religion‘ praktisch keine Rolle.“499 Man habe es mit drei verschiedenen Forschungslagen ohne Querverbindungen zu tun, die nach Ansicht von Stolz beschrieben gehörten. Hanisch zufolge wird Fundamentalismus bislang stiefmütterlich in der Religionspädagogik behandelt. In Untersuchungen zur Religiosität Jugendlicher fehle ein fundamentalistischer Glaubenstyp.500 Der Exkurs Fundamentalismus und Entwicklung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Fundamentalismus stellt eine Sackgasse in der religiösen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dar, die sich an einem wortwörtlichen Glaubensverständnis sowie totalitärem Denken festmacht. Dies wird kritisiert, zugleich aber als entwicklungsbedingt ausgewiesen. Zur Überwindung wird empfohlen, junge Menschen an Wendepunkten ihrer religiösen Entwicklung zu begleiten und zu fördern sowie Fundamentalismus vermehrt in Unterricht und Forschung zu thematisieren.

497 Rothgangel, Martin: Fundamentalismus. Anmerkungen zu einem umstrittenen Phänomen, in: Glaube und Denken, Jg. 23 (2010), S. 144. 498 Schweitzer, Friedrich: Fundamental, S. 16. 499 Stolz, Fritz: Fundamentalismus, Religion der Jugend und Jugendkulturen – Vergleich dreier Forschungslagen, in: Dressler, Bernhard/Ohlemacher, Jörg/Stolz, Fritz (Hg.): Fundamentalistische Jugendkultur, Rehburg-Loccum 1995, S. 28. 500 Hanisch, Helmut: Wahrnehmung, S. 87.

4 Der bibelhermeneutische Diskurs Der bibelhermeneutische Diskurs wendet den Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen eine schiefe Hermeneutik an. Er fragt anhand des Fundamentalismusbegriffes, wie die Bibel gegenwärtig ausgelegt und der Glaube vernünftig begründet und dargestellt werden kann. Als Fundamentalisten kommen theologische Denkerinnen und Denker in den Blick, die ihr Glaubensgebäude auf einem ungeeigneten Fundament errichten. So weisen die Diskursakteurinnen und -akteure gegenüber dem Fundamentalismus verschiedene Dislozierungen, falsche Verortungen im dogmatischen Grundgerüst aus. Außerdem werfen sie den vermeintlich bibeltreuen Fundamentalisten vor, dass gerade sie ihr enges Weltbild in die Bibel hineinlesen und dem Buch der Bücher damit nicht gerecht werden. Rochus Leonhardt urteilt daher: „Inhaltliche Vielspältigkeit, historische Abständigkeit und allzu menschliche Prägung der biblischen Texte sowie die Bindung ihrer gegenwärtigen Bedeutsamkeit an die hermeneutische Aktivität des zeitgenössischen Lesers (Rezeption) stehen in eklatantem Widerspruch zu den Grundannahmen fundamentalistischer Hermeneutik.“501 Der bibelhermeneutische Diskurs befasst sich zudem mit drei speziellen Lehren des Fundamentalismus, auf der Ebene der Schriftlehre mit der Verbalinspiration, auf Ebene der Protologie mit dem Kreationismus und auf Ebene der Eschatologie mit dem Prämillenarismus. Hermeneutik ist das Nachdenken darüber, wie Texte zu verstehen, zu interpretieren und zu vermitteln sind. Der Begriff wird in Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und weiteren Geisteswissenschaften verwendet.502 In unserem Fall geht es um die Interpretation von Bibeltexten und Glaubensaussagen. Als solche beschäftigt sich die Hermeneutik mit methodischen, erkenntnistheoretischen und fundamentaltheologischen Fragen. Bereits in der griechischen Antike und dem antiken Judentum zeichnet sich das Verständnis religiöser Texte dadurch aus, dass mehrere Interpretationsebenen über die Wortwörtlichkeit hinaus angenommen werden.503 Das frühe Christentum übernimmt vor allem die allegorische Auslegung aus seiner Umwelt. Die Allegorese wird prägend für die kom501 Leonhardt, Rochus: Fundamentalistische Bibelhermeneutik(en), III. Systematisch-theologisch, in: Wischmeyer, Oda (Hg.): Lexikon der Bibelhermeneutik, Berlin/New York 2009, S. 188. 502 Sauter, Gerhard: Art. Hermeneutik. 3. Philosophische und theologische Hermeneutik, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 4766, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 491 ff. 503 Honecker, Martin: Art. Hermeneutik, in: Taschenlexikon Religion und Theologie (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 73, Göttingen 2004, S. 1422, vgl. TRT Bd. 2, S. 266 ff.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_4

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menden Jahrhunderte, bei der verschiedene Textaussagen gemeinsam auf einen anderen Kontext übertragen werden. Berühmtestes neutestamentliches Beispiel ist das Gleichnis vom Sämann. Der Redakteur des Markusevangeliums fügt diesem vermutlich älteren Gleichnis Jesu eine allegorische Deutung an.504 Das Korn, welches der Bauer sät, überträgt er auf das Wort Gottes; was danach mit den Körnern passiert, gilt ihm als Erläuterung, wie die Menschen das Wort Gottes aufnehmen. So bringt die Allegorese im besten Falle religiöse Texte zum Sprechen, die sich nicht unmittelbar erschließen, weil sie aus einer fernen Zeit und einem anderen Kontext stammen. Sie engt die Deutung allerdings auch ein. Das Gleichnis vom Sämann für sich genommen sagt nicht nur viel Bedenkenswertes über das Wort Gottes, sondern zum Beispiel auch über die Früchte menschlicher Arbeit aus. Dieser Aspekt wird durch die allegorische Auslegung bei Markus jedoch überdeckt. Kirchenvater Origenes arbeitet im dritten Jahrhundert eine Hermeneutik des dreifachen Schriftsinnes aus, wonach Bibelaussagen einen buchstäblichen, moralischen und geistlichen Sinn haben.505 Augustinus (354430) lehrt einen doppelten Schriftsinn und unterscheidet angeregt durch die paulinische Differenzierung von Buchstabe und Geist zwischen Zeichen und Sache.506 Die mittelalterliche Theologie bildet eine Hermeneutik des vierfachen Schriftsinns aus und trennt den buchstäblichen Sinn von einem dreifach-geistlichen Sinn, den Glauben, die Liebe und die Hoffnung betreffend.507 Die Reformationsbewegung hat zunächst kein Interesse an formalisierten Hermeneutiken und wendet sich stattdessen mit einer neuen Hochschätzung des Buchstabens den Ursprachen der Bibel und deren Übersetzung in die Landessprachen zu. Zudem fragt sie gegen Allegorese und das Willkür-Potenzial des mehrfachen Schriftsinns nach einer Mitte der Schrift als hermeneutischem Ansatzpunkt, den Martin Luther mit „was Christum treibet“ umschreibt.508 Im Hintergrund steht Luthers Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, die der Reformator für die wichtigste hermeneutische Grundentscheidung jeder Theologie hält. „Qui igitur bene novit discernere Evangelium a lege, is gratias agat Deo et sciat se esse 504 Mk 4,13-20. 505 Jeanrond, Werner G.: Art. Hermeneutik. V. Fundamentaltheologisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 3, Tübingen 2000, Sp. 1655. 506 Honecker, Martin: Hermeneutik, S. 1422. 507 Stuhlmacher, Peter: Art. Hermeneutik. 2. Neutestamentliche Hermeneutik, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 4766, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 491 ff. 508 Vgl. Honecker, Martin: Hermeneutik, S. 1422.

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Theologum.“509 Zudem entwickelt sich das protestantische Prinzip von sola scriptura. Die Schrift steht im Zweifelsfalle über der Tradition und über kirchlichen Lehrentscheidungen. Darüber hinaus ist man der Auffassung, dass die heilsrelevanten Dinge in Klarheit der Bibel entnommen werden können. Die zweifellos vorhandenen monistischen Anteile dieser reformatorischen Hermeneutik baut die altprotestantische Orthodoxie formal aus und fixiert eine Lehre von der Verbalinspiration. Einen anderen Weg verfolgt die historisch-kritische Exegese. Sie ist bis heute eine beeindruckende Gemeinschaftsleistung der Bibelwissenschaft, zu der maßgeblich deutsche protestantische Forscherinnen und Forscher beigetragen haben. Als Wegbereiter gilt der Aufklärungstheologe Johann Salomo Semler (1725-1791). Die Vorläufer gehen über Reformation und Humanismus bis in das Mittelalter zurück, als die jüdischen Masoreten den Urtext des Alten Testaments erschließen.510 Grundsätzlich geht die historisch-kritische Exegese davon aus, dass Texte geschichtsbezogen und gewachsen sind (historisch) und dass sie mit allgemein anerkannten Kriterien analysiert werden können (kritisch).511 Ihre Ergebnisse stehen zum Teil in großer Spannung zur biblischem Geschichtsschreibung. Auch werfen sie ein anderes Licht auf die Verfasserschaft vieler biblischer Bücher, als es die Bibel selbst vorgibt. Dies wiederum hat Auswirkungen auf ein Verständnis, inwieweit die Heilige Schrift als inspiriert gelten kann und in welchem Sinne theologische Aussagen als wahr bezeichnet werden können. Die historisch-kritische Exegese setzt sich als Grundmethode protestantischer Bibelhermeneutik durch. Allerdings gibt es bereits zu Zeiten von Pietismus und Aufklärung Debatten um eine allgemeine/kritische/ philosophische Hermeneutik auf der einen Seite und auf der anderen Seite eine spezielle/biblische/theologische Hermeneutik.512 Schon Friedrich Schleiermacher sieht es als Herausforderung an, beide Seiten miteinander zu versöhnen.513 Das 20. Jahrhundert hält ähnliche Debatten bereit. Die dialektische Theologie erinnert in den 1920er Jahren erneut an die Mitte der Schrift und das Thema der Theologie. Karl Barth behauptet die Eigenständigkeit theologischer Hermeneutik.514 Rudolf Bultmann vertritt dagegen einen allgemeinen hermeneutischen Ansatz, welcher von der Existenzphi509 Luther, Martin: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), Bd. 40 I, Weimar 1883, S. 207,17f.. 510 Rogerson, John William: Art. Bibelwissenschaft I/2, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 6, Berlin/New York 1980, S. 346-350. 511 Weder, Hans: Art. Bibelwissenschaft. Neues Testament, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 1, Tübingen 1998, Sp. 1533-1534. 512 Jeanrond, Werner G.: Hermeneutik, Sp. 1656. 513 Stuhlmacher, Peter: Hermeneutik, S. 4766. 514 Honecker, Martin: Hermeneutik, S. 1422.

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losophie Martin Heideggers geleitet ist und keinen Unterschied zwischen biblischen Schriften und weiterer antiker Literatur macht. Nach Ansicht von Bultmann erschweren mythologische Aussagen das Verständnis des Neuen Testamentes. „Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muss sich klar machen, dass er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“515 Mit seinem Programm der Entmythologisierung, das er 1941 vorlegt, löst Bultmann eine Jahrzehnte währende hitzige Debatte innerhalb der evangelischen Kirche aus, bei der sein wohlmeinendes Grundanliegen manchmal in Vergessenheit gerät: das Evangelium zur Sprache zu bringen, damit es existenziell wirken kann.516 Die gegenwärtige Herausforderung lässt sich als „Interpretationspluralismus“ beschreiben.517 In der jüngeren Vergangenheit arbeiten Forscherinnen und Forscher an der hermeneutischen Bedeutung von Mythen, Symbolen, Metaphern und Zeichen. Zudem etabliert sich eine Reihe an kontextuellen Hermeneutiken wie feministische, sozialgeschichtliche, tiefenpsychologische, materialistische oder befreiungstheologische Exegese. Spannungen zwischen den mehr diachronen Methoden der historisch-kritischen Exegese und synchronen Methoden der Literaturwissenschaften werden wahrgenommen.518 In den aktuellen kirchentrennenden Debatten, hierzulande und im Weltmaßstab, etwa um Frauenordination, Homosexualität oder Lebensschutz durchmischen sich moralische, exegetische und hermeneutische Argumente.519 Um sich der Frage einer speziell fundamentalistischen Hermeneutik oder einer Hermeneutik des Fundamentalismus zu nähern, empfiehlt sich ein Blick zurück auf die Geschichte des nordamerikanischen protestantischen Fundamentalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Bezeichnung als Fundamentalisten wird zunächst auf Gruppierungen angewandt, die 515 Bultmann, Rudolf: Neues Testament und Mythologie (1941), in: Härle, Wilfried (Hg.): Grundtexte der neueren evangelischen Theologie, Leipzig 2007, S. 167. 516 Smend, Rudolf: Art. Exegese, V. Kirchengeschichtlich, 19. und 20. Jahrhundert, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1790. 517 Jeanrond, Werner G.: Hermeneutik, Sp. 1659. 518 Otto, Eckart: Art. Bibelwissenschaft, Altes Testament, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 1, Tübingen 1998, Sp. 1527-1528. 519 Vgl. Hempelmann, Reinhard: Risikofaktor Bibel. Aufklärung und Hermeneutik kontra Fundamentalismus, in: Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.): Reformation und die eine Welt. Das Magazin zum Themen Jahr 2016, Hannover 2015, S. 22-23.

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bestimmte Glaubenslehren als Fundamente kodifizieren. Ob diese Fundamente zu recht als grundlegend bezeichnet werden können, wird jedoch bezweifelt. Erich Geldbach konstatiert, dass der Fundamentalismus sich gerade nicht auf Fundamentalien stütze, sondern auf Marginalien. „Der Fundamentalismus erhebt Randfragen wie die Fehlerlosigkeit der Bibel, die Jungfrauengeburt oder die Art der Auferstehung und Wiederkunft zu unaufgebbaren Grundsätzen.“520 Stephan Holthaus hingegen hält die theologischen Kernthemen des frühen Fundamentalismus für „Zentrallehren des christlichen Glaubens“.521 Christoph Schwöbel bezeichnet Fundamentalismus aus dogmatischer Sicht als ein Phänomen deplatzierter Fundamente. Im fundamentalistischen Glaubenssystem trete die Bibel an die Stelle Gottes und nehme so die höchste Autorität ein. Damit verwechsle der Fundamentalismus das Glaubenszeugnis mit dem Glaubensgegenstand.522 Die Autorität der Bibel sei eine abgeleitete, keine fundamentale, so Schwöbel. „Die Irrtumslosigkeit der Schrift erscheint als Basisaxiom, aus dem dann alle weiteren Glaubensaussagen in ihrer Gültigkeit abgeleitet werden. ‚Ich glaube an die Irrtumslosigkeit der Bibel‘ wird somit zum Fundamentalbekenntnis des christlichen Fundamentalismus. Orientiert man sich an den klassischen traditionellen Ausprägungen des Christentums ist damit eine Vertauschung der Fundamente vollzogen.“523 Ähnlich wie Schwöbel verweisen viele Diskursakteurinnen und -akteure gegen die vermeintlichen Fundamente der Fundamentalisten auf die Christologie, auf Jesus Christus als tieferen Grund jeder Theologie – getreu nach Paulus: „Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“524 Martin Honecker unterscheidet zwischen dem Fundament des Glaubens und einzelnen Glaubensvorstellungen. „Fundament ist nicht die Schrift als solche, sondern sie ist nur Zeugnis des Evangeliums und Quelle des Glaubens. Fundament ist auch nicht eine Glaubenslehre, sondern allein Jesus Christus, der Grund und Zeuge des Glaubens.“525 Wilfried Joest stellt fest, der Fundamentalismus setze den irrtumsfreien Bibelbuchstaben systematisch an jene Stelle des Glaubens, die eigentlich Jesus Christus als dem lebendigen Wort Gottes zukomme.526 „Der Fundamentalist bestreitet nicht, dass das Heilsgeschehen in Jesus 520 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1986, S. 116. 521 Holthaus, Stephan: Fundamente, S. 55. 522 Schwöbel, Christoph: Konflikt, S. 221. 523 Ebd., 222. 524 1Kor 3,11. 525 Honecker, Martin: Problem, S. 284. 526 Joest, Wilfried: Fundamentalismus, S. 737-738.

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Christus die zentrale Aussage der Bibel ist; aber die Verlässlichkeit dieser zentralen Aussage hängt für ihn offenbar daran, dass die Bibel überhaupt, und d. h. in jeder ihrer Aussagen und in jeder Hinsicht dieser Aussagen, verlässlich ist. […] Demgegenüber ist mit dem biblischen Zeugnis selbst zu sagen: Die Grundgestalt des Wortes, in dem Gott sich uns eröffnet hat, ist Jesus Christus selbst in seiner Person und Geschichte.“527 Horst Georg Pöhlmann spitzt zu: „Der Fundamentalismus glaubt im Grunde an die Bibel statt an Christus, an die Bibel statt an die Mitte der Bibel – ein verquälter Buchstabenglaube, der im Kleinen treu sein will, der aber darüber das Große aus dem Blick verliert.“528 Hans-Martin Barth weist in dem Zusammenhang auf die Unverfügbarkeit des göttlichen Handelns hin. „Sich einzulassen auf das unverfügbare Wirken des in Jesus Christus gnädigen Gottes gehört zum Wesen des Glaubens selbst, der sich nicht durch ‚Fundamentalartikel‘ absichern kann“.529 Das Erwachen des Glaubens im Hören auf das Wort Christi selbst sei das eigentlich Fundamentale am Glauben. Werner Thiede arbeitet heraus, dass die Übertragung von christologischen Lehren auf die Bibel, also die Erhöhung der Bibel, auf Kosten einer defizitären Christologie geschehe. So werde die Zwei-Naturen-Lehre, die eigentlich ein christologisches Dogma ist und besagt, dass Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, auf die Heilige Schrift angewandt, die nun als göttlich und menschlich zugleich gilt.530 In der Folge verbiete dies jedes kritische Nachdenken über den Text. Zudem werde dem Rettungswerk Jesu Christi „ein weiteres Rettungswerk, eben das der Schriftinspiration, parallelisierend zu Seite gestellt“.531 Somit verkehre der Fundamentalismus die Zuordnung der protestantischen Prinzipien von sola scriptura und solus christus und berufe sich zu Unrecht auf die Reformation. „Das reformatorische Prinzip des sola scriptura hat einst gegenüber dem Papstamt eine alternative Autorität ins Zentrum gerückt, hat dies allerdings eindeutig in der Absicht getan, die Autorität Christi selbst in der Kirche wieder angemessener zur Geltung kommen zu lassen. Deshalb war und ist das Sola-scriptura-Prinzip im Protestantismus immer 527 Ebd., S. 735-737. 528 Pöhlmann, Horst Georg: Entdeckter Unterschied. Wie die Bibel auslegen – fundamentalistisch, historisch-kritisch oder existenzial?, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 35 (1996), Nr. 2, S. 17. 529 Barth, Hans-Martin: Das Fundament des Glaubens oder: Der Weg nach Emmaus. Zur altprotestantischen Lehre von den „Fundamentalartikeln“ – zugleich ein Beitrag zum Fundamentalismus-Problem, in: Una Sancta, Jg. 47 (1992), S. 10. 530 Thiede, Werner: Fundamentalistischer Bibelglaube im Licht reformatorischen Schriftverständnisses, in: Hemminger, Hansjörg (Hg.): Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur, Stuttgart 1991, S. 143. 531 Ebd., S. 144.

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dem theologischen Prinzip solus Christus zugeordnet, ja im Streitfall untergeordnet worden.“532 Auch, wenn dem fundamentalistischen Denken ein kategorialer Fehler unterläuft, wie hier unterstellt, so unterliegt das fundamentalistische System doch einer bestimmten Logik. Geldbach macht in der fundamentalistischen Bibelauslegung ein rationalistisches Prinzip aus. Denn die Bibel werde nicht etwa wörtlich interpretiert, in dem Sinne, dass der Interpret den Wortlaut so glauben würde, wie er niedergeschrieben ist, sondern die Bibel werde mittels scheinbarer naturwissenschaftlicher Lehren als richtig ausgewiesen. Als Beispiel nennt er Berechnungen des Weltalters, die berücksichtigen, dass nach biblischem Zeugnis ein Tag bei Gott wie tausend Jahre sei.533 Hermann Timm sieht das fundamentalistische Denken als von einem Entweder-oder-Schema geprägt, in dem eine „binäre Sprachlogik“ am Werk sei.534 Sie teile die Welt in wahr oder falsch, gut oder böse, schwarz oder weiß ein. Schwöbel spricht von einer umgekehrten szientistischen Logik, die der Fundamentalismus zur Verteidigung des Glaubens gegenüber der Religionskritik übernehme. Er transformiere die Religion damit „in Weltanschauung mit absolutem Wahrheitsanspruch“.535 Bernhard Dressler zieht Verbindungen zwischen einem fundamentalistischen Wahrheitsverständnis und dem Wahrheitsverständnis des Rationalismus des 19. Jahrhunderts. Beide teilten eine Sehnsucht nach vollständiger Welterklärung. „Die fundamentalistische objektive Theologie der Tatsachen bildet darüber hinaus mit ihrem szientistisch-positivistischen Wissenskonzept spiegelbildlich genau das Modell ihres vermeintlichen Hauptgegners ab – des empiristischen Rationalismus, der die Welt reduktionistisch für all das hält, was von ihr feststellbar ist.“536 Ob Logik oder nicht, die fundamentalistische Hermeneutik stößt auf Kritik. Der Vorwurf lautet Selektivität im Umgang mit der Schrift und einzelnen Glaubensaussagen.537 Jürgen Ebach fragt die vermeintlich Bibeltreuen, „warum biblische Sätze über Homosexualität überzeitlich gelten sollen, das Verbot von Zinsen oder eines Mischgewebes jedoch nicht.“538 532 Thiede, Werner: Wiederkehr der Religion in Westeuropa?, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 74 (2011), Nr. 1, S. 7. 533 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 1986, S. 115-116. 534 Timm, Hermann: Die Originalkopie. Plädoyer für einen Fundamentalismus des Geistes, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche, Jg. 90 (1993), S. 319. 535 Schwöbel, Christoph: Konflikt, S. 221. 536 Dressler, Bernhard: Fundamentalismus, S. 377. 537 Vgl. Penzoldt, Martin: „Sicherheit auf selbst gewähltem Fundament“. Zum Fundamentalismus in den Kirchen, in: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, Jg. 44 (1993), Nr. 2, S. 21-22. 538 Ebach, Jürgen: Fundamentalismus ist nicht „schriftgemäß“, in: Junge Kirche (2015), Jg.

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Dagegen hält er an der verbindlichen Vielfalt biblischer Schriften fest, zu der auch die Differenzen zwischen den Schriften gehörten. „Eine Lektüre der Bibel, welche ihre bis zu Widersprüchen reichenden Spannungen wahr nimmt, ist ‚schriftgemäß‘, indem sie der ‚Schrift‘ selbst gemäß ist.“539 Es könne in der Schriftauslegung nicht die eine, allein gültige Wahrheit geben. Ebach konstatiert, dass sowohl die Bibel als auch der Koran Texte mit Gewalt- und Friedenspotenzial versammelten.540 Was davon zu gelten habe, wiesen die Texte allein nicht auf. „Gerade ein ‚wörtliches‘ Verstehen – wie denn soll man Worte anders verstehen als wörtlich? – hat darauf zu achten, wer was wann, in welcher Sprachform, zu wem und wogegen sagt. Eine Rezeption von Worten der jeweils heiligen Schriften, die das überspringt und den bloßen Wortlaut zum ewig Geltenden erklärt, bringt die Worte um ihren Lebenszusammenhang und instrumentalisiert sie zu allfälligen Rezepten.“541 Zudem sei zwischen der Norm und der Praxis von Texten zu unterscheiden, erklärt Ebach. So sei etwa das Gebot Auge um Auge, Zahn um Zahn, in der Praxis gegen Gewalt gedeutet worden, obwohl es auf der Textebene von Gewalt handelt.542 Wolfgang Schoberth weist auf den selektiven Umgang mit der Bibel im Fundamentalismus besonders auf ethischem Gebiet hin. „Nur das wird als verbindlich rezipiert, was sich den vorausgesetzten Moralvorstellungen bruchlos einfügt.“543 Zur Sicherung seines wahllosen Umgangs mit der Bibel dient dem Fundamentalismus die Lehre von der Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift, wie Michael Weinrich herausarbeitet.544 „Mithilfe dieses berühmt berüchtigten Eklektizismus lassen sich dann im Grunde jede Ansicht und Entscheidung aus der Bibel begründen, je nachdem, was gerade angesagt ist bzw. benötigt wird.“545 Damit werde der biblische Argumentationszusammenhang ignoriert und die Heilige Schrift habe nur das zu berichten, was die Ausleger in sie hinlegen. Mit dem faktengläubigen Rationalismus des Fundamentalismus solle die Bibel als wissenschaftlich belegbar dargestellt werden.546 „Der ganze angestrengte Nachweis gilt der 76, Nr. 2, S. 1. 539 Ebd. 540 Ebd., S. 2. 541 Ebd. 542 Ebd., S. 3. 543 Schoberth, Wolfgang: Fundament ohne Fundamentalismus. Die Bibel im Protestantismus, in: Kügler, Joachim/Ritter, Werner H. (Hg.): Auf Leben und Tod oder völlig egal. Kritisches und Nachdenkliches zur Bedeutung der Bibel, Festschrift für Robert Ebner zum 65. Geburtstag, Münster 2005, S. 139. 544 Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 58. 545 Ebd., S. 58-59. 546 Ebd., S. 60.

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naturwissenschaftlichen Verifikation des biblischen Schöpfungsberichts, d. h., die Autorität des Textes wird nicht aus dem gewonnen, was dieser Text sagt, sondern er wird dem Zweifel dadurch entzogen, dass gezeigt wird, dass er auch vor den skeptischen Augen des Naturwissenschaftlers bestehen kann.“547 Zudem beanspruche der Fundamentalismus, eine praktische Lebensorientierung zu sein, bei der die Bibel als eine Art Gebrauchsanleitung verstanden werde.548 Die Anweisungen gelten als klar und unmissverständlich, ihre Befolgung führe unmittelbar auf den Heilsweg, die Bibel sei aussagekräftig für nahezu alle Lebensbereiche. Was als Selektivität im Umgang mit der Bibel wahrgenommen wird, hat möglicherweise seine Ursache wiederum in einer speziell fundamentalistischen Hermeneutik oder wird zumindest von dieser zusammengehalten. Peter Scherle konstatiert, dass die fundamentalistische Hermeneutik mit Fundamentalisierungen eines Sinnzentrums der jeweiligen Religion oder Denomination arbeite.549 So kann Scherle von der Fundamentalisierung des Sinnzentrums sola scriptura der Reformation Linien zu einem christlichen Fundamentalismus ziehen, der die Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift lehrt. Er kann aber ebenso darauf hinweisen, dass die Fundamentalisierung des päpstlichen Lehramtes zu einem katholischen Fundamentalismus führe. Überdies haben nach Scherle Religionen oder Denominationen selten ein einziges Sinnzentrum. Die paradoxe vierfache Alleinstellung der protestantischen Soli sei produktiv und hilfreich, weil sich die Sinnzentren so gegenseitig auslegten. Hubert Kirchner bemängelt, die Verweigerung der Geschichtlichkeit im Fundamentalismus lasse keine Verhältnisbestimmung von Wort Gottes, Schrift und Tradition zu – die im Gespräch der Kirchen und Konfessionen aber dringend notwendig sei.550 Die fundamentalistische Position lasse nur Bekenntnisse zu, jedoch keinen Dialog. Fragt sich also, was eine nicht-fundamentalistische Hermeneutik auszeichnen könnte. Reinhold Bernhardt sieht „Ansätze zu antifundamentalististischen Christentumsauffassungen“ in einer doppelten Differenzierung.551 So sei zwischen Gott und Offenbarung sowie zwischen Offenbarung und Religion zu unterscheiden.552 Unter Offenbarung ver547 Ebd. 548 Ebd., S. 60-61. 549 Scherle, Peter: Christlicher Fundamentalismus und Moderne, in: Evangelische Studentinnen- und Studentengemeinde Gießen (Hg.): Notwendige Fundamente – Gefährlicher Fundamentalismus, Gießen 2004, S. 58. 550 Kirchner, Hubert: Wort Gottes, Schrift und Tradition, Göttingen 1998, S. 159. 551 Bernhardt, Reinhold: Gewissheitsdefizite, S. 138. 552 Ebd., S. 140.

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steht Bernhardt „normative(...) Selbstkommunikation Gottes in einem Geschichtsereignis“, unter Religion die „Summe der menschlichen Antworten auf die Offenbarung“.553 Die Unterscheidung von Religion und Offenbarung entziehe der Religion den Boden für jede Selbstüberhöhung. Die Unterscheidung von Gott und Offenbarung erkenne an, dass Gott unerschöpflich bleibe und sich auch durch seine Offenbarung in Jesus Christus nicht selbst erschöpfe.554 Dies setze „eine starke theologische Motivation für die offene Begegnung mit Anhängern anderer Glaubensformen frei.“555 Auch weitere Diskursakteurinnen und -akteure plädieren dafür, bestimmte Unterscheidungen zu treffen. Michael Roth argumentiert, Wahrheit könne aus christlicher Sicht nicht als Besitz gedacht werden, weil sich der Glaube „als gelebte Wahrheit – auf dem Weg zur Wahrheit hin“ begreife.556 Reinhard Hempelmann unterscheidet zwischen Wahrheit und bezeugter Wahrheit.557 Gottes heilvolle Nähe in seinem Wort gebe es nur in gebrochenen und vorläufigen Formen. Die Bibel selbst sei kein Gegenstand des Heilsglaubens. „Im christlichen Zeugnis wird der Unterschied zur Wahrheit, die es bezeugt, gewahrt“, so Hempelmann.558 Pöhlmann plädiert für die Unterscheidung zwischen Gewissheit und Sicherheit, certitudo und securitas.559 Ulrike Wagner-Rau konstatiert: „Die Unterscheidung zwischen Gott, als dem Unverfügbaren, und den Götzen, in denen sich Endliches verabsolutiert, ist theologisch grundlegend.“560 Hans Pfeifer arbeitet Dietrich Bonhoeffers Unterscheidung von Letztem und Vorletztem als wichtige Einsicht gegen Fundamentalismus heraus. Sie dulde und halte Widersprüche zusammen.561 Hermann Deuser hält die „Unterscheidung von äußerer Relativität bei innerer Verpflichtung“ für konstitutiv im Sinne einer nicht-fundamentalistischen Religiosität und Politik.562 Manfred 553 Ebd. 554 Ebd., S. 141. 555 Ebd. 556 Roth, Michael: Enthält eine Religion notwendig exklusive Wahrheitsansprüche? Wie ist im Glauben die Wahrheit gegeben und was folgt daraus für die Wahrnehmung fremder Wahrheitsansprüche?, in: Unger, Tim (Hg.): Fundamentalismus und Toleranz, Hannover 2009, S. 162. 557 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 14. 558 Ebd. 559 Pöhlmann, Horst Georg: Unterschied, S. 16. 560 Wagner-Rau, Ulrike: Suche, S. 23. 561 Pfeifer, Hans: Dietrich Bonhoeffers „Interims“-Ethik. Untersuchungen anhand seines Geschichtsbegriffs, in: de Gruchy, John W./Plant, Stephen/Tietz, Christiane (Hg.): Dietrich Bonhoeffers Theologie heute. Ein Weg zwischen Fundamentalismus und Säkularismus?, Gütersloh 2009, S. 123. 562 Deuser, Hermann: Religion, S. 8.

4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration

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Marquardt schlägt vor, zwischen Person und Werk sowie zwischen den Wurzeln des Christentums und den theologischen Meinungen zu unterscheiden.563 Weinrich empfiehlt die Erkenntnis Johannes Calvins gegen Fundamentalismus, dass Gott nur durch Gott erkannt werde.564 Christian Kahrs fordert, immer das Andere zum Eigenen mitzudenken als „unhintergehbare Konstitutionsbedingung und Begleiterscheinung“ der Vermittlung von Glaubensinhalten.565 Gérard Siegwalt differenziert zwischen Absolutheit (Gottes) und Absolutismus.566 Abschließend lässt sich sagen, der bibelhermeneutische Diskurs weist Fundamentalismus als schiefe Hermeneutik aus, welcher entweder falsche Fundamente zugrunde liegen oder deren Glaubensgrundlagen an unpassender Stelle im dogmatischen System verortet sind. Dabei wird insbesondere die fundamentalistische Lehre von der Irrtumslosigkeit der Schrift kritisch konnotiert, weil sie Schriftlehre und Christologie miteinander vertauscht. Zur Überwindung dieses Fundamentalismus werden verschiedene theologische Unterscheidungsleistungen empfohlen, die es zu achten gilt. 4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration Im Teildiskurs Fundamentalismus und Verbalinspiration wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen einen modernen Buchstabenglauben in Stellung gebracht. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart diskutieren in diesem Zusammenhang die Validität des biblischen Textes anhand des Fundamentalismusbegriffs. Als Fundamentalisten kommen solche Auslegerinnen und Ausleger in den Blick, welche die Heilige Schrift buchstäblich nehmen, sie für irrtumslos und für alle Lebensbereiche in Geltung betrachten sowie die historisch-kritische Exegese ablehnen. Die Veröffentlichungen finden sich vorzugsweise in den 1990er und 2000er Jahren. Hinter dem Begriff Inspiration verbirgt sich ein theologisches Vorstellungsmodell, welches den göttlichen Ursprung einer Offenbarung veranschaulichen möchte. Meistens steht sie im Zusammenhang mit der Entstehung von heiligen Schriften. Verbalinspiration ist dabei eine besonders strenge Fassung, die jede menschliche Mitwirkung am Wortlaut des Textes ausschließt, um die besondere Qualität und Autorität der Offenbarung 563 Marquardt, Manfred: Christlicher Fundamentalismus – Versuch einer Verständigung, in: Verein für Freikirchenforschung (Hg.): Freikirchenforschung, Nr. 14, Münster 2004, S. 15-18. 564 Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 75. 565 Kahrs, Christian: Das Dilemma der Problemorientierung und die List des Fundamentalismus, in: Der Evangelische Erzieher, Jg. 47 (1995), S. 394. 566 Vgl. Siegwalt, Gérard: Fundamentalismus.

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auszuweisen. Der Text gilt bis in die Formulierungen hinein als inspiriert, von Gott eingegeben.567 Weiter unterscheidet man Realinspiration, bei der die Schriftinhalte als inspiriert gelten und Personalinspiration, welche die biblischen Autoren als inspiriert ansieht. Neutestamentliche Referenzstelle für die Inspiration ist zum einen der 2. Timotheusbrief, der vom göttlichen Ursprung der Schrift redet: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“.568 Zum anderen der 2. Petrusbrief, welcher das Geistwirken religiöser Rede betont: „Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet.“569 Vorstellungen von Inspiration oder Theopneustie finden sich in vielen Religionen.570 Spezifisch neutestamentlich ist die Vermittlungsrolle des Heiligen Geistes.571 Die altkirchlichen Väter behandeln die Inspiration als dogmatisches Lehrstück innerhalb ihrer Schriftlehre. Die mittelalterliche Scholastik baut sie aus.572 Die Reformatoren setzen eigene Schwerpunkte, ohne grundsätzlich der Tradition zu widersprechen.573 Die altprotestantische Orthodoxie entfaltet eine spezielle und strenge Verbalinspirationslehre, bei der die Vorstellung der Inspiration zunehmend als ein mechanischer Akt gedacht wird.574 Maßgebliche Vertreter dieser Schule bekennen, der biblische Text sei buchstabengetreu von Gott diktiert worden, inklusive Satzzeichen und hebräischer Punktation.575 Pietismus und Aufklärung stellen auf je unterschiedliche Weise die persönliche Glaubenserfahrung in den Vordergrund, welche der Schrift Autorität gibt.576 Friedrich Schleiermacher nimmt mit dem Gedanken einer 567 Prenner, Karl: Art. Verbalinspiration, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 8, Tübingen 2005, Sp. 934. 568 2Tim 3,16. 569 2Petr 1,21. 570 Beinhauer-Köhler, Bärbel: Art. Inspiration/Theopneustie. I. Religionswissenschaftlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 167. 571 Koch, Dietrich-Alex: Art. Inspiration/Theopneustie. II. Neues Testament, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 168. 572 Williams, Rowan D.: Art. Inspiration, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 5261, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 690 ff. 573 Brändle, Werner: Art. Inspiration/Theopneustie. III. Kirchen- und theologiegeschichtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 169-170. 574 Ebd., S. 170. 575 Krüger, Friedhelm: Die Anfänge der Bibelkritik bei Hermann Samuel Reimarus, in: Oeming, Manfred (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997, S. 11-12. 576 Brändle, Werner: Inspiration, Sp. 170.

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Personalinspiration einerseits die Inspirationslehre wieder auf, bevorzugt jedoch einen subjektiven Ansatz im Gegenüber zum objektiven Ansatz der altprotestantischen Orthodoxie.577 Karl Barth ersetzt die Inspirationslehre durch eine differenzierte Lehre vom Wort Gottes.578 In den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts leben die Ideen der Orthodoxie wieder auf. Die Princeton-Theologie bringt die Verbalinspirationslehre gegen die moderne Bibelkritik in Stellung. Der Rektor des Princeton Theological Seminary, Benjamin Breckinridge Warfield, arbeitet eine Lehre von der Irrtumslosigkeit der Schrift aus und legt damit „einen intellektuellen Grund für den modernen Fundamentalismus.“579 Die Bibel nimmt im Protestantismus eine zentrale Rolle ein, dies gilt allzumal für einen protestantischen Fundamentalismus, dessen spezielles Schriftverständnis durchaus als sein „Heiligtum“ gelten kann.580 Der Eigentümlichkeit der fundamentalistischen Skriptologie muss nun näher nachgegangen werden. In der Tat liegt einer sehr großen Zahl von Autorinnen und Autoren zufolge das Spezifische des Fundamentalismus in der Forderung nach einer wörtlichen Übernahme aller biblischen Vorstellungs- und Darstellungsformen sowie dem daraus folgenden Bekenntnis zur absoluten Irrtumsfreiheit der Heiligen Schrift, womit er sich von weiten Teilen des Protestantismus abgrenzt.581 Michael Weinrich trägt, zum Teil darüber hinaus, folgende Merkmale für das fundamentalistische Schriftverständnis zusammen:582 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Grundsätzliche Unüberbietbarkeit der Bibel Behauptung der Klarheit und Einfachheit der Bibel Widerspruchsfreiheit der Bibel Überlegenheit dem Zeitgeist gegenüber Zuverlässigkeit der Bibel in realhistorischen Ereignissen Allgemeingültigkeit der Bibel Betonung der Offenbarungsqualität der Bibel Ablehnung von Bibelkritik und Menschenbild der Aufklärung Hinweis auf die Autorität Gottes

577 Ebd. 578 Ebd., S. 171. 579 Williams, Rowan D.: Art. Inspiration, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 5261, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 690 ff. 580 Simpfendörfer, Gerhardt: Fromm in der säkularen Kultur. Bibel und Schöpfung im Fundamentalismus, in: Evangelische Kommentare, Jg. 22 (1989), Nr. 11, S. 40. 581 Vgl. Joest, Wilfried: Fundamentalismus, S. 734-735; Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 180-186. 582 Weinrich, Michael: Die demütigen Sieger. Fundamentalistische und Evangelikale Bibelauslegung. Zwei Fallstudien, in: Einwürfe, Nr. 6, München 1990, S. 50-51.

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10. Unmittelbare Handlungsrelevanz der Gebote 11. Unterscheidung von Gläubigen und Ungläubigen 12. Relativierung der Gegenwart angesichts des kommenden Reiches Gegen einen solchermaßen verstandenen fundamentalistischen Buchstaben- und Bibelglauben betont Werner Thiede, dass die Bibel zwar an einigen späteren Stellen von einer Inspiration der Schrift rede, die biblischen Schriftsteller sich aber durch einen freien Umgang mit den Schriften auszeichneten.583 Die Textforschung habe einen Text rekonstruiert, der nah an die Urfassung der biblischen Bücher heranreichen müsse, jedoch sei nicht genau zu klären, wie diese redaktionelle Endfassung mit dem Text der Verfasser übereinstimme. Die Schriftinspiration sei kein ausreichendes Fundament das Glaubens, so Thiede. Einen festen Boden böten nur die „auf Jesus Christus bezogenen Lehren“.584 Reinhard Hempelmann stellt fest: „Die reformatorische Theologie verzichtete darauf, die Verlässlichkeit des göttlichen Wortes durch ein Verbalinspirationsdogma zu sichern. Ebenso verneinte sie eine prophetische Unmittelbarkeit, die sich vom Wort der Schrift und den äußeren Mitteln göttlicher Gnadenmitteilung loslöst und bestand auf der Wortbezogenheit des Geistwirkens.“585 Horst Georg Pöhlmann konstatiert: „Der fatalste derartige Sicherungsversuch neben dem, das Wort Gottes der Bibel durch die unfehlbare Auslegungsautorität der Kirche abzusichern, war der fundamentalistische Sicherungsversuch, das Wort Gottes durch eine Verbalinspirationslehre absichern zu wollen.“586 Für Dietz Lange kennzeichnen autoritäre Züge das Schriftverständnis des Fundamentalismus. „Der hervorstechende Zug des christlichen Glaubens ist aber doch die Freiheit, mit der er sich Gott überlässt, und nicht die Einschnürung in ein System intellektuellen Gehorsams.“587 Ähnliche Argumente haben wir bereits im Zusammenhang mit den grundsätzlichen bibelhermeneutischen Erwägungen im vorangegangenen Kapitel gehört, sie lassen sich an dieser Stelle nur schwer trennen.588 583 Thiede, Werner: Bibelglaube, S. 133-135. 584 Ebd., S. 136. 585 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 14. 586 Pöhlmann, Horst Georg: Bibel, S. 38. 587 Lange, Dietz: Evangelikales Glaubensverständnis und theologische Wissenschaft im Kampf um das moderne Wahrheitsbewusstsein, in: Lange, Dietz (Hg.): Religionen – Fundamentalismus – Politik. Vorträge im Rahmen des Studium generale der Georg-August-Universität Göttingen im Wintersemester 1994/95, Frankfurt am Main 1996, S. 102. 588 Dort wird als Manko einer fundamentalistischen Hermeneutik herausgestellt, dass die Schrift an die Stelle des fleischgewordenen Wort Gottes gesetzt werde, Jesus Christus. Man könnte erwägen, mit Blick auf die Verbalinspirationslehre weitere Differenzierungen heranzuziehen. Nach dem biblischen Zeugnis wurde das Wort Fleisch, und nicht Schrift. Es liegt

4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration

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Die vollzogenen Abgrenzungen gegenüber einem als fundamentalistisch ausgewiesenen Schriftverständnis sind deutlich und plausibel, allerdings gehört Wilfried Joest zufolge die Verbalinspiration bereits zum Repertoire der katholischen Lehrtradition sowie zur altprotestantischen, lutherischen und reformierten Theologie, bevor sie der amerikanische Fundamentalismus gegen moderne theologische Entwicklungen wie die aufkeimende Bibelwissenschaft in Stellung bringt.589 „Soweit man von einer fundamentalistischen Theologie sprechen kann, handelt es sich in den Grundzügen um die Behauptung reformatorischer Tradition in ihrer altprotestantisch-orthodoxen Gestalt.“590 Will man diese Traditionen also nicht einfach ignorieren oder sie als allein gestrig abtun, wird man sich darum bemühen müssen, die Orthodoxie zu verstehen und eine Verhältnisbestimmung zu gegenwärtigen theologischen Erscheinungen zu vollziehen. Weinrich schlägt daher vor, Fundamentalismus, Orthodoxie und Fanatismus von ihrer je eigenen Intention her zu betrachten. Während die Orthodoxie auf ein Lehrgebäude ziele, ziele der Fundamentalismus auf die praktische Lebensgestaltung.591 Im Gegensatz zum Fanatismus, der im Zweifel auch sich selbst oder andere zu opfern bereit sei, liege den Anhängern des Fundamentalismus eine „möglichst ungestörte Selbsterhaltung“ am Herzen.592 Jan Veenhof betont, während die Orthodoxie bei ihrem Versuch, das reformatorische Erbe mittels des Aristotelismus zu bewahren, wenigstens noch die damalige Wissenschaft auf ihrer Seite gehabt habe, stelle sich der Fundamentalismus dezidiert gegen die Wissenschaft.593 Wolfgang Schobert insistiert darauf, dass die Schriftlehre der altprotestantischen Orthodoxie kontroverstheologisch bestimmt und gegen eine bestimmte Auffassung von einem kirchlichen Lehramt gerichtet ist, demgegenüber die Bibel oberste und klare Autorität sein soll.594 Als begrifflidaher in menschlicher und unvollkommener Form vor. Dies steht in Gegensatz zur Vorstellung einer Irrtumslosigkeit der Schrift. Auch scheint die Differenzierung von Bibel und Wort Gottes erhellend, die keineswegs deckungsgleich sind. Die Mündlichkeit des Wortes Gottes geht seiner Schriftlichkeit voraus. Zweifelhaft an einer fundamentalistischen Verbalinspirationslehre ist die Fixierung auf die schriftliche Form des Wortes Gottes, nicht die Vorstellung einer Inspiration. Diese kann, vermittelt durch den Heiligen Geist, dem mündlichen Wort Gottes zugeordnet werden (Vgl. Pöhlmann, Horst Georg: Abriss, S. 62-86). 589 Joest, Wilfried: Fundamentalismus, S. 732. 590 Ebd., S. 734. 591 Weinrich, Michael: Fundamentalismus, S. 54. 592 Ebd. 593 Veenhof, Jan: Orthodoxie und Fundamentalismus, in: Praktische Theologie, Jg. 29 (1994), S. 17. 594 Schoberth, Wolfgang: Fundament ohne Fundamentalismus. Die Bibel im Protestantismus, in: Kügler, Joachim/Ritter, Werner H. (Hg.): Auf Leben und Tod oder völlig egal. Kritisches und Nachdenkliches zur Bedeutung der Bibel, Festschrift für Robert Ebner zum 65.

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che Bestimmungen von Erfahrungen und Erkenntnissen der Reformation sei dies akzeptabel, jedoch nicht als „metaphysische Prädikate des Buches selbst“.595 Demgegenüber stehe ein Wechselverhältnis von Glaube und Schrift. „Das Wort der Schrift wird nur da im vollen Sinn gehört, wo es Glauben weckt und stärkt.“596 Die Vorstellung der Irrtumslosigkeit der Schrift stellt zum einen eine Wiederaufnahme der orthodoxen Verbalinspirationslehre dar, zum anderen kann sie durch die angesprochene Princeton-Theologie, welche sie lehrmäßig ausgestaltete, als jüngere Weiterführung gelten. Erich Geldbach weist die Behauptung einer fehlerlosen und unfehlbaren Bibel als „völlig unhaltbar“ ab.597 Zwar sei diese Vorstellung als Versuch zu werten, Sicherheit angesichts von Krisenerfahrungen zu finden. „Diese Art der selbst zurechtgelegten Sicherheit ist indes etwas gänzlich anderes als die Gewissheit des Glaubens, die von dem Anspruch und Zuspruch Gottes ausgeht und die sich an der Person Jesu Christi als dem lebendigen Wort Gottes festmacht.“598 Thiede kritisiert die Behauptung der Einheit und Widerspruchslosigkeit der Schrift. Der Gedanke der Einheit werde von fundamentalistischen Christinnen und Christen mit Einheitlichkeit identifiziert.599 Die Bibel könne jedoch auch als Heilige Schrift bezeichnet werden, auch wenn sie nicht in allen Fragen recht behalte.600 Der fundamentalistische Bibelglaube führe in die Unfreiheit, in moralische und gedankliche Enge. Die „Freiheit eines christlichen und darum liebevollen Humors ist vielleicht nicht der übelste Weg, der Enge fundamentalistischen Wort-Gottes-Glaubens heilsam zu begegnen.“601 Dieselbe Konsequenz zieht Victor Hasler, für den fundamentalistische Bibelauslegung zu einem kasuistisch-gesetzlichen Verständnis von Sünde führt und die Gläubigen kontrollierbar macht.602 Stefan Alkier versteht Fundamentalismus vor allem als Methode der Schriftauslegung, die sich besonders durch Ideologie und intellektuelle Verkürzung auszeichnet.603 Die fundamentalistische SchriftGeburtstag, Münster 2005, S. 140-142. 595 Ebd., S. 142. 596 Ebd., S. 144. 597 Geldbach, Erich: Fundamentalismus, S. 166. 598 Ebd. 599 Thiede, Werner: Bibelglaube, S. 154-155. 600 Ebd., S. 159. 601 Ebd., S. 162. 602 Hasler, Victor: Bibelglaube und biblischer Glaube. Erwägungen zum evangelikalen Fundamentalismus, in: Theologische Zeitschrift, Jg. 47 (1991), Nr. 2, S. 145-146. 603 Alkier, Stefan: Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Sechs bibelwissenschaftliche Argumente gegen den christlichen Fundamentalismus, in: Alkier, Stefan/Deuser, Hermann/ Linde, Gesche (Hg.): Religiöser Fundamentalismus, Tübingen 2005, S. 191.

4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration

125

lektüre basiere auf einem fundamentalen Missverständnis der Schrift. Gegen ein ideologisches Schriftverständnis, das die wissenschaftliche Erforschung der heiligen Schriften ignoriere, will Alkier ein Verständnis eines vielfältigen biblischen Christentums setzen und redet plakativ von der Bibel der Fundamentalisten und den Bibeln der pluralen Christenheit. Die Bibel sei ein vielfältiges Buch, das theologisch nachweisbar von verschiedenen christlichen Glaubensweisen zeuge.604 Hans Schwarz unterscheidet hingegen zwischen dem Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der Bibel, das auch amerikanische lutherische Kirchen teilten, und ihrer literalistischen Auslegung. Weil die Ausleger zu gänzlich unterschiedlichen Ergebnissen kämen, sei die Irrtumslosigkeit der Bibel „nur ein Formalaspekt […], der sich meist gegen eine historisch-kritische Bibelauslegung wendet.“605 Daher müssen wir noch ein wenig bei der Ablehnung der historisch-kritischen Methode verweilen, die oben als Grundmethode dessen, was Geldbach historischer Protestantismus nennt, eingeführt wurde.606 Sie ist gleichzeitig „Zankapfel“ zwischen weiten Teilen des wissenschaftlich orientierten Protestantismus und dem Fundamentalismus.607 Ulrich Luz arbeitet heraus, dass der Streit um die Bibel zwar verflacht sei, aber im Gegensatz zu den meisten anderen theologischen Fragen immer noch eine volkskirchliche Brisanz habe.608 Es gelinge dem so verstandenen Fundamentalismus offenbar, gegen die historisch-kritische Methode einen anderen Ansatz anzuzeigen, der unterschiedlich mit bibeltreu, schriftgemäß oder, seltener, fundamentalistisch bezeichnet wird und sich der Vorstellung einer Verbalinspiration sowie der Lehre von der Irrtumslosigkeit der Schrift verpflichtet weiß. Auch Thiede bezeichnet die Ablehnung der historisch-kritischen Methode als zentrales Merkmal eines fundamentalistischen Schriftverständnisses. Ausnahme sei die Textkritik, mit welcher der Urtext der Bibel rekonstruiert werden soll. Dem hält er entgegen: „Sofern reformatorisches Schriftverständnis und das Gewissen des Glaubens eng zusammenhängen, gehört gewissenhafter – und das heißt unter neuzeitlichen Bedingungen: wissenschaftlich fundierter – Rückbezug auf die Heils-Geschichte zu den Wesensmerkmalen christlichen Denkens.“609 Die redliche theologische Wissenschaft dürfe keinem Geschichtsglauben verfallen, weitere Ausle604 Ebd., S. 208-212. 605 Schwarz, Hans: Fundamentalismus, S. 7 606 Vgl. Geldbach, Erich: Fundamentalismus, 2001, S. 180-186. 607 Luz, Ulrich (Hg.): Zankapfel Bibel. Eine Bibel – viele Zugänge, 5. Aufl., Zürich 2007. 608 Vgl. Luz, Ulrich: Zankapfel, S. 7-15. 609 Thiede, Werner: Bibelglaube, S. 141.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

gungsmethoden seien hilfreich.610 Hasler führt texthermeneutische Argumente an.611 Ein rein literarkritischer Zugang, der den Sitz im Leben vernachlässige, entleere den Text um seine eigenen Vorstellungen und füge andere hinzu.612 Texte zeichneten sich durch einen mehrfachen Sinn aus; es sei unmöglich, eine einzig wahre Bedeutung zu isolieren.613 Den biblischen Text für verbindlich und göttlich inspiriert zu halten, sei eine Willensentscheidung, durch die fundamentalistische Schriftausleger ihre Position der wissenschaftlich-kritischen Hinterfragung entzögen.614 Auch Alkier bringt texthermeneutische Erwägungen vor. Die biblischen Texte seien Zeichengebilde und wie alle Texte mit der Notwendigkeit der Interpretation verbunden.615 Ebenso seien sie abhängig vom geschichtlichen und kulturellen Kontext des Rezipienten.616 Eine Lektürehaltung, die den biblischen Texten entspreche, zeichne sich durch Realitätssinn, Respekt und Wohlgesonnenheit aus.617 Daneben tritt das kanongeschichtliche Argument. Alkier weist darauf hin, dass die Bibel als Ganzes gar nicht im Original erhalten sei. Der biblische Textbestand müsse erst mittels der textkritischen Forschung aus sich teilweise widersprechenden Handschriften erschlossen werden.618 Einen einheitlich unumstrittenen Kanon hat es historisch nie gegeben. Selbst heute noch gibt es verschiedene christliche Bibeln.619 Daher stellt Thiede fest, dass der biblische Kanon, „notgedrungen von fundamentalem Gewicht“ für eine fundamentalistische Auslegung sei.620 Weil sich die Kanonisierung der biblischen Schriften, auch wenn viele nie zur Debatte standen, über Jahrhunderte erstreckte und bislang nicht in einem einheitlichen Kanon der Christenheit mündet, müsse man schließen, „dass Gott offensichtlich nicht an einem scharf umrissenen Kanon gelegen ist, sofern dieser – wie der zuletzt doch nicht ganz greifbare Urtext – als formales Fundament von Kirche zu fungieren hätte.“621 Schon im Zusammenhang mit den Definitionen und Merkmalen von Fundamentalismus in dieser Arbeit wurde hervorgehoben, dass sich Fun610 Ebd., S. 141-142. 611 Hasler, Victor: Bibelglaube, S. 143-146. 612 Ebd., S. 143-144. 613 Ebd., S. 144. 614 Ebd., S. 144-145. 615 Alkier, Stefan: Bibel, S. 213-218. 616 Ebd., S. 218-219. 617 Ebd., S. 220-223. 618 Alkier, Stefan: Bibel, S. 192-194. 619 Ebd., S. 194-208. 620 Thiede, Werner: Bibelglaube, S. 137. 621 Ebd., S. 138.

4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration

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damentalismus vor allem dadurch definiere bzw. von außen dadurch definiert werde, wogegen er sich wendet. Dies ist auch bei den in diesem Kapitel erörterten Fragen so. Es gibt nur wenige Versuche, über die Vorstellung einer Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift hinaus, welche gegen eine moderne Theologie in Stellung gebracht wird, sowie über die Ablehnung der historisch-kritischen Methode hinaus, substanziell und positiv zu sagen, was eine fundamentalistische Exegese ausmachen könnte. Ernst Lerle versucht dies zu beschreiben. Für ihn zeichnet sich ein fundamentalistischer Zugang zur Bibel dadurch aus, dass persönlicher Glaube und Methode nicht zu trennen seien, im Gegenteil: „Der eine mögliche Standort eines Theologen bei seiner Auslegung biblischer Texte ist der Glaube an Jesus Christus.“622 Von dort her entwickelt er Grundsätze, welche auf die Auslegung biblischer Texte anzuwenden seien und betont dabei insgesamt die Wunderhaftigkeit und den supranaturalistischen Charakter der biblischen Aussagen: „1. Wir trauen Gott zu, dass er auch anders handeln kann als die Menschen, die den Naturgesetzen unterworfen sind. 2. Der Glaube an den Messias Jesus Christus erkennt in dem messianischen Handeln eine Vollmacht, die alle menschlichen Dimensionen überragt. 3. Der Glaube an den Heiligen Geist gibt Zugang zum Verstehen einer Wirklichkeit, die von Gott und aus seinem Reich in diese Welt einbricht und das Gottesvolk begnadet.“623 Andere Auslegungsmethoden als der von Lerle beschriebene und präferierte fundamentalistische Ansatz hielten folglich Gottes Handeln nur im Rahmen der Naturgesetze für möglich, mäßen dem historischen Jesus keine anderen Möglichkeiten als anderen Menschen zu, hielten den Glauben für nichts anderes als ein Produkt des menschlichen Geistes.624 Was hier als exegetischer Ansatz beschrieben wird, führt zurück zu grundsätzlichen hermeneutischen Überlegungen im Zusammenhang mit dem Wahrheitsbegriff. Lerle möchte sich allen denkerischen Versuchen widersetzen, Wahrheit zu subjektivieren und am objektiven Gehalt von Wahrheit als Übereinstimmung mit der Wirklichkeit festhalten.625 Eine Vorstellung von Komplementarität, also dass sich verschiedene Sichtweisen auf biblische Texte ergänzen könnten, lehnt er ab und findet abschließend folgendes Bild aus dem Bereich des Garten- und Landschaftsbaus: „Durch Defekte bei der Bewässerung fließt ein Teil des Wassers auf den Zugangsweg. Es kann dort Unkraut und Nutzpflanzen zum Wachsen anregen und sogar Blüten treiben. Doch aus der Sicht des 622 Lerle, Ernst: Bibeltreue. Ein fundamentalistischer Zugang zur Bibel, in: Luz, Ulrich (Hg.): Zankapfel Bibel. Eine Bibel – viele Zugänge, Zürich 2007, S. 40. 623 Ebd., S. 41. 624 Ebd. 625 Ebd., S. 48.

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Gärtners sind solche Pflanzen und solche Blüten auf den Zugangswegen keine komplementäre Ergänzung zu dem Wachstum in dem Garten, für den der Gärtner die Bewässerung eingerichtet hat.“626 Christoph Kähler misst einer fundamentalistischen Auslegung ein bedingtes Recht bei, weil sie der lebensweltlichen Verwurzelung diene.627 Sie habe allerdings kein besseres Instrumentarium, „als es in der historischen Arbeit entwickelt und überprüft wurde.“628 Die historisch-kritische Methode sei nicht voraussetzungslos, im Wesentlichen aber durch hermeneutische Fragestellungen bedingt. Kähler unterscheidet drei Phasen der Textauslegung – Assoziation, Exegese und Applikation.629 Die Haupttat der historischen Methode sieht er in der zweiten Phase. Fundamentalistische und evangelikale Auslegung könne dies nicht einfach ersetzen, ein Mittelweg verbiete sich.630 „Es wird wohl keinen dritten Weg jenseits von fundamentalistischer bzw. evangelikaler Auslegung einerseits und historisch-kritischer Exegese andererseits in der Weise geben können, dass der skizzierte historisch-kritische Anspruch in irgendeiner Form ermäßigt werden könnte.“631 Luz vergleicht verschiedene Zugänge zur Bibel und macht deutlich, worin für ihn der wesentliche Unterschied zu einem fundamentalistischen und mit Einschränkung evangelikalen Ansatz besteht. „Für die historisch-kritische, die psychologische, die feministische und die materialistische Auslegung ist die Wirklichkeit der Welt eine geschlossene Wirklichkeit. Ich stoße in ihr zwar auf Grenzen meines Erkennens, aber an den Grenzen unseres Erkennens stoße ich nicht einfach auf Gott.“632 Manfred Oeming differenziert am Beispiel des exegetischen Umgangs mit der Abrahamerzählung zwischen konservativer, evangelikaler und fundamentalistischer Auslegung. Die konservative Exegese stehe auf dem Boden der historisch-kritischen Wissenschaft, versuche aber so lange an der Historizität biblischer Schilderungen festzuhalten, so lange diese nicht widerlegt seien. Das evangelikale Verständnis lehne die historisch-kritische Methode als atheistisch ab. Der fundamentalistische Umgang mit der Schrift ver626 Ebd., S. 50-51. 627 Kähler, Christoph: Die Bibel im Widerstreit. Historisch-kritische und fundamentalistische Auslegungsansätze: Gibt es einen dritten Weg?, in: Kühn, Ulrich/Markert, Michael/Petzoldt, Matthias (Hg.): Christlicher Wahrheitsanspruch zwischen Fundamentalismus und Pluralität. Texte der Theologischen Tage 1996, Leipzig 1998, S. 153-154. 628 Ebd., S. 157. 629 Ebd., S. 151-152. 630 Ebd., S. 157. 631 Ebd. 632 Luz, Ulrich: Zankapfel, S. 134.

4.1 Fundamentalismus und Verbalinspiration

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stehe die biblischen Erzählungen als „Tatsachenreportage“.633 Der Fundamentalismus weigere sich, „eine symbolische Bedeutung der Bibel zu erkennen und anzuerkennen.“634 Mit dem Insistieren auf Fakten verlagere der Fundamentalismus die Auseinandersetzung mit der biblischen Botschaft „auf ein Terrain, das der Bibel selbst nicht so wichtig ist.“635 Gina Schibler reflektiert die Zusammenhänge zwischen feministischer und fundamentalistischer Theologie. Unterschiede sieht sie zunächst darin, dass eine fundamentalistische Exegese die historisch-kritische Bibelexegese ablehne, was die feministische Exegese dezidiert nicht tue. Freilich sei die historisch-kritische Methode ergänzungsbedürftig, was sie in gewisser Weise mit der fundamentalistischen Exegese eine. Gegen den Ideologieverdacht gefeit sei die feministische Theologie nur, wenn sie wissenschaftlich und exegetisch begründet an ihrer Perspektivität festhalte – womit auch bezeichnet wäre, was einer fundamentalistischen Exegese nach Schibler fehlt, nämlich Wissenschaftlichkeit und Bewusstsein der eigenen Perspektivität.636 So weit zu den Versuchen zu sagen, worin eine fundamentalistische Auslegung material bestehen könnte sowie der Kritik an ihr. Widmen wir uns daher den Überlegungen zur Überwindung des exegetischen Fundamentalismus. Diese setzen zunächst einmal relativ banal an. Kim Strübind appelliert an die Professionalität und Wissenschaftlichkeit von Theologie und Exegese: „Darum dürfen wir als Theologinnen und Theologen die Bibel nicht allein den theologischen Laien überlassen, deren manchmal schlichte Schrifterkenntnis einer Ideologisierung der Bibel Tür und Tor öffnen und in die Tyrannis der Unkundigen münden kann. […] Dies ist ohne Überheblichkeit und auf dem Hintergrund gesagt, dass die Exegese – wie alle anderen Bereiche der Theologie auch – neben der persönlichen Erbauung eine professionell zu betreibende ‚handwerkliche‘ und damit eben auch eine notwendige wissenschaftliche Seite hat, die wie andere Wissenschaften auch gelernt sein will (und muss), um in Lehrfragen urteilen zu können.“637 633 Oeming, Manfred: Tatsachenreport oder Glaubenszeugnis? Überlegungen zur geistigen und geistlichen Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus am Fallbeispiel Abraham, in: Oeming, Manfred (Hg.): Die fundamentalistische Versuchung. Ökumenische Ringvorlesung, Osnabrück 1997, S. 57-59. 634 Ebd., S. 60. 635 Ebd. 636 Schibler, Gina: Elemente einer feministischen Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus, den: Una Sancta, Jg. 47 (1992), Nr. 1, S. 43-53. 637 Strübind, Kim: Warum die Bibel (nicht immer) Recht hat. Auf dem Weg zu einem „Schriftverständnis“ zwischen Fundamentalismus und Religionsgeschichte, in: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, Jg. 13 (2008), S. 43.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

Heinrich Reiß schlägt zwei Hilfslinien für die theologische Schriftauslegung im Spannungsfeld von Freiheit und Bindung vor: Die Haltung des Gebetes sowie den consensus patrum et fratrum, denn Gott habe an vielen Menschen gehandelt und zu ihnen geredet.638 Dorothee Tippelskirch mahnt, das Verhältnis der Einzelheiten der Bibel müsse zu ihrem Ganzen hin bestimmt werden. Dabei dürften unliebsame Gedanken nicht allzu schnell verworfen werden.639 Klaus Nürnberger plädiert dafür, mit dem Text nicht zeitlos in die Vergangenheit zu gehen, sondern sich der Zukunft zuzuwenden.640 Insgesamt spiegeln diese dünnen Hinweise zur Überwindung eines exegetischen Fundamentalismus wiederholt das große Unverständnis gegenüber dessen Ansatz und der Ablehnung der historisch-kritischen Methode, zu der man sich keine redliche Alternative, allenfalls perspektivische Ergänzungen vorstellen kann. Wir halten fest, im Teildiskurs Fundamentalismus und Verbalinspiration kommt Fundamentalismus als moderner Buchstabenglaube in den Blick, der die biblischen Texte wortwörtlich nimmt und auf alle Lebensbereiche anwendet. Kritisiert wird die fundamentalistische Fixierung auf den Urtext der Bibel, der nur als wissenschaftliche Rekonstruktion vorliegt, sowie die Vernachlässigung von Geschichte, Kontext und Sitz im Leben der biblischen Schriften. Eine allgemeine Ablehnung der historisch-kritischen Exegese wird als haltlos zurückgewiesen. Zur Überwindung dieses Fundamentalismus appelliert man an die Professionalität von Exegese. 4.2 Fundamentalismus und Kreationismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Kreationismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen die Vorstellung verwendet, die Bibel sei ein naturwissenschaftliches Lehrbuch, und allgemeiner gesprochen gegen die Vermischung von Glaube und Wissen. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen nehmen damit an einer Debatte um Darwinismus oder Schöpfungsglaube teil, die vornehmlich über den Kreationismusbegriff geführt wird. Als Fundamentalisten werden Personen bezeichnet, welche die Evolutionslehre aus 638 Reiß, Heinrich: Umstrittenes Verständnis der Bibel in der Kirche. Zusammenfassende Thesen des Referates von Präses i. R. Dr. Heinrich Reiß, in: CVJM-Gesamtverband in Deutschland e. V. (Hg.): Die Autorität der Bibel. Schriftauslegung zwischen Fundamentalismus, kritischer Vernunft und Erfahrungsorientierung, Kasseler Hefte S 23, Kassel 1987, S. 8-9. 639 Vgl. Tippelskirch, Dorothee C. von: Fundamentalismus in der Bibel? Die heilige Schrift ist das Wort Gottes, das wir „tun und hören“ wollen, in: Tippelskirch, Dorothee C. von/Hanusch, Rolf (Hg.): Fundamentalismus in der Moderne, Tübingen 1999, S. 73-93. 640 Nürnberger, Klaus: Biblical authority between fundamentalism and postmodernism. Elements of an evolutionary hermeneutics, in: Religion and theology, Jg. 7 (2000), Nr. 3, S. 320.

4.2 Fundamentalismus und Kreationismus

131

Glaubensgründen ablehnen. Schwerpunkte der Veröffentlichungen liegen in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre bis in die jüngste Zeit. Der Diskurs fällt schwächer aus, als man es vermuten könnte, denn mit der Vokabel Kreationismus steht ein mittlerweile geläufiger Terminus zur Verfügung, der den Fundamentalismusbegriff in einem schöpfungstheologischen Kontext möglicherweise überflüssig macht. Unter Kreationismus versteht man eine Lehre und Bewegung, welche die biblischen Schöpfungsaussagen als naturwissenschaftliche Fakten auffasst und sich insbesondere gegen die von Charles Darwin begründete Evolutionstheorie formiert hat. Diese stehe dem christlichen Menschenbild und der Autorität der Bibel entgegen.641 Üblicherweise arbeitet der Kreationismus mit einer Unterscheidung von Makrorevolution und Mikroevolution. Gott habe einst Grundtypen der Arten geschaffen, aus denen sich in Mikroevolution die heutigen Arten herausdifferenziert haben. Eine Makrorevolution über Artengrenzen hinweg wird abgelehnt. So kann behauptet werden, dass sich nur diese Grundtypen auf der Arche Noah befanden, was wiederum als Beweis gilt, dass die Sintfluterzählung historisch wahr ist. Allerdings ist aus evolutionsbiologischer Sicht zum einen die Unterscheidung von Makro- und Mikroevolution generell fraglich, die Zahl der möglichen Grundtypen überdies zu gering, in jedem Fall aber wäre die Veränderungsgeschwindigkeit der Arten viel zu kurz angesetzt seit der Sintflut, die sich nach Auffassung der Kreationisten vor 8000 Jahren ereignete.642 Innerhalb des Kreationismus lassen sich verschiedene Strömungen identifizieren.643 Die strengste Ausrichtung stellen die sogenannten Junge-Erde-Kreationisten dar. Sie halten die Erde für 6000 bis 10000 Jahre alt. Das Leben sei in sechs Tagen à 24 Stunden erschaffen worden. Verschiedene Naturgesetze waren dabei außer Kraft. Fossile Funde werden in den Zusammenhang mit der Sintflut gestellt. Andere Strömungen erkennen naturwissenschaftliche Aussagen zum Erdalter oder der Entstehung der Arten an. Die Evolutionslehre Darwins wird bereits negativ in der Schriftenreihe The Fundamentals diskutiert, allerdings ist damit kein einheitliches Modell des Kreationismus verbunden. Seit etwa 1960 setzt 641 Vgl. Hemminger, Hansjörg: Mit der Bibel gegen die Evolution. Charles Darwin und der protestantische Fundamentalismus, in: Theologie für die Praxis, Jg. 34 (2008), Nr. 2, S. 63. 642 Hemminger, Hansjörg: Fundamentalismus und Wissenschaft am Beispiel Kreationismus, in: Hemminger, Hansjörg (Hg.): Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur, Stuttgart 1991, S. 185-192. 643 Maddox, Marty Miller: Art. Kreationismus, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 1738.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

sich demgegenüber der Kurzzeitkreationismus durch.644 Wesentliche Impulse gibt der kreationistischen Bewegung das Buch The Genesis Flood der Autoren John C. Whitcomb und Henry M. Morris.645 Einfluss versucht der Kreationismus vor allem auf das Bildungssystem zu erlangen, wo er seine Schöpfungslehre im Biologieunterricht behandelt wissen will. Eine Sonderstellung unter den Varianten des Kreationismus hat die Intelligent-Design-Theorie, welche sich auch aus strategischen Gründen von biblischen und religiösen Begründungen weitgehend frei macht.646 Am Beginn der Bewegung stehen hohe Gerichtsentscheidungen in den USA, nach denen der Kreationismus in Schulen nicht zulässig ist.647 Die Argumentation ist dem teleologischen Gottesbeweis verwandt.648 Das Leben sei so faszinierend komplex, dass man auf einen intelligenten Designer schließen müsse, der ein Ziel verfolgt. Hinweise darauf liefert die Intelligent-Design-Theorie aus höchst unterschiedlichen Disziplinen wie der Verhaltensforschung, Gerichtsmedizin, Archäologie, Kryptographie und der Suche nach außerirdischer Intelligenz.649 Sowohl die Evangelische Kirche in Deutschland als auch der Europarat in Straßburg positionieren sich eindeutig gegen Kreationismus und Intelligent Design.650 Hemminger urteilt: „Der Bewegung für ein ‚intelligentes Design‘ geht es um einen Kulturkampf, nicht um Naturwissenschaft.“ 651 In den Vereinigten Staaten ist Kreationismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen in gewisser Weise kulturell und historisch verankert.652 Zudem ist er dort historisch gesehen „Teil des protestantischen Fundamentalismus, der Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA entstand und Teile 644 Hemminger, Hansjörg: Mit der Bibel gegen die Evolution. Evolution und intelligentes Design als Themen des protestantischen Fundamentalismus, in: Janowski, Bernd/Schweitzer, Friedrich/Schwöbel, Christoph Schwöbel (Hg.): Schöpfungsglaube vor der Herausforderung des Kreationismus, Neukirchen-Vluyn 2010, S. 10-11. 645 Roser, Matthias: „The Genesis Flood“. Ein kreationistischer Klassiker wurde 50, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 75 (2012), Nr. 3, S. 95-101. 646 Vgl. Hemminger, Hansjörg: Mit der Bibel gegen die Evolution. Kreationismus und „intelligentes Design“ – kritisch betrachtet, EZW-Texte, Nr. 195, Berlin 2007. 647 Hemminger, Hansjörg: Bibel, 2010, S. 13. 648 Hempelmann, Reinhard: Kreationismus, in: Hempelmann, Reinhard/Eißler, Friedmann/ Knepper, Claudia/Pöhlmann, Matthias/Utsch, Michael (Hg.): Quellentexte zur neuen Religiosität, EZW-Texte, Nr. 215, Berlin 2011, S. 60. 649 Dembski, William A.: Art. Intelligent Design-Theorie, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 183. 650 Hemminger, Hansjörg: Bibel, 2010, S. 18-23. 651 Hemminger, Hansjörg: Bibel, 2008, S. 68. 652 Hemminger, Hansjörg: Kreationismus – die bessere Wissenschaft? Erscheinungsformen in Deutschland und in den USA, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 70 (2007), Nr. 5, S. 163-165.

4.2 Fundamentalismus und Kreationismus

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des evangelikalen und pfingstlich-charismatischen Christentums beeinflusst.“653 In der Bundesrepublik ist kreationistisches Gedankengut deutlich weniger verbreitet, aber im Evangelikalismus, in den Pfingstkirchen, bei Adventisten, Muslimen und Zeugen Jehovas nachweisbar.654 Reinhard Hempelmann stellt fest: „Angesichts der unverkennbaren Ausbreitung evangelikaler und pfingstlich-charismatischer Bewegungen gewinnen kreationistische Überzeugungen aber auch in Europa an Relevanz.“655 Wichtigste kreationistische Organisation in Deutschland ist die Studiengemeinschaft Wort und Wissen.656 Die Organisation verbreitet ihre Ideen unter anderem mit dem Schulbuch Evolution – ein kritisches Lehrbuch, das zwar keine Anerkennung durch die Kultusministerien hat, jedoch in evangelikalen Privatschulen Verwendung findet.657 Deren Verband Evangelischer Bekenntnisschulen empfiehlt seinen 45 Mitgliedsschulen im Jahr 2012, sich sowohl für den Religionsunterricht als auch für den naturwissenschaftlichen Unterricht an den Positionen der Studiengemeinschaft zu orientieren.658 Offenbar werden kreationistische Ideen in bestimmten Kreisen des deutschen Protestantismus salonfähig – auch über amerikanisch-erweckliche Strömungen hinaus. „Ein Unterschied zu früheren Jahrzehnten (bis etwa 1975) ist, dass viele Christen in Freikirchen, im Pietismus usw. heute auf ihre fachkundigen Mitchristen nicht mehr hören, sondern ihr Weltbild mit einer scheinbar christlichen Pseudowissenschaft abrunden“, urteilt Hemminger.659 Gerade der Pietismus brachte Forscherpersönlichkeiten hervor, die in der Zunft Anerkennung genossen und als Wissenschaftler unter Wissenschaftlern wirkten. Bei den selbst ernannten christlichen Forschern von heute handelt es sich um wissenschaftliche Außenseiter.660 Hemminger661 beschreibt Fundamentalismus als Vermischung von Wissenschaft und wissenschaftlichem Weltbild. Dieser sei in einer „At653 Hempelmann, Reinhard: Kreationismus, S. 60. 654 Ebd. 655 Hempelmann, Reinhard: Stichwort Kreationismus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 74 (2011), Nr. 6, S. 233. 656 Hemminger, Hansjörg: Kreationismus, S. 168-170. 657 Ebd., S. 170-172. 658 Hemminger, Hansjörg: Verband Evangelischer Bekenntnisschulen legt sich auf den Kreationismus fest, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 76 (2013), Nr. 4, S. 141-143. 659 Hemminger, Hansjörg: Evolutionsbiologie, Szientismus, Kreationismus wissenschaftstheoretisch betrachtet, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 73 (2010), Nr. 8, S. 283. 660 Hemminger, Hansjörg: Kreationismus, S. 167. 661 Der Autor ist Verhaltensbiologe und kein Theologe, aber langjähriger wissenschaftlicher Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen.

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mosphäre des Wissenschaftsglaubens“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden, gegen den der protestantische Glaube seine Fundamente verteidigen musste.662 Zum Bruch zwischen Fundamentalismus und Naturwissenschaft sei es überall dort gekommen, wo die Naturwissenschaft Geschichtstheorien formuliert habe. Dies widerspräche den Geschichtstheologien des Fundamentalismus und seiner „fertig gedachten Welt“.663 Seinen Widerspruch mache der Fundamentalismus im Kreationismus deutlich, der als ein „eigener Zweig des Fundamentalismus“ gesehen werden kann.664 Die methodische Frage, ob man es mit echter Naturwissenschaft zu tun habe, macht Hemminger zunächst gar nicht daran fest, dass der Kreationismus teilweise sehr komplexe und skurrile Theorien verwende, für die es bessere und einfachere Alternativen gäbe. Dies sei kein Ausschlusskriterium. Jedoch müssten die naturwissenschaftlichen Inhalte, etwa dass der Kosmos höchstens 30000 Jahre alt sei, „der Erprobung an Beobachtung und Experiment unterliegen. Da dies im Kreationismus nicht der Fall ist, handelt es sich nicht um eine Naturwissenschaft.“665 Dass der Kreationismus seinerseits einzelne Phänomene heranzöge, welche von der Naturwissenschaft nicht erklärt werden könnten, stelle keinesfalls eine ganze Theorie infrage. „Genauso könnte man die Gültigkeit der Newton’schen Physik bezweifeln, weil nicht jeder Verkehrsunfall von Gutachtern erklärt werden kann.“666 Ebenfalls könne aus den Lücken der Theorie kein Schluss auf einen intelligenten Designer gezogen werden. Homogenität sei kein Merkmal realistischen Denkens, sondern eines von Ideologien, stellt Hemminger heraus.667 Wie mit dem Kreationismus umzugehen ist, ist eine andere Sache. Hemminger hält daran fest, dass der Kreationismus nicht das Feld sei, auf dem der Dialog von Theologie und Naturwissenschaften ausgetragen werden könne.668 „Gesprächspartner der Theologie sind, falls sie sich überhaupt mit dem Kreationismus befasst, deshalb nicht in erster Linie Naturwissenschaftler, sondern Mitchristen, die von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen angefochten werden.“669 Christian Link stellt gegen Kreationismus 662 Hemminger, Hansjörg: Fundamentalismus, S. 165. 663 Ebd., S. 166. 664 Ebd. 665 Ebd., S. 183-184. 666 Hemminger, Hansjörg: Evolutionsbiologie, S. 289. 667 Hemminger, Hansjörg: Von der Ursuppe zum Punkt Omega. Die Evolution des Lebendigen aus kosmischer Perspektive, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 75 (2012), Nr. 3, S. 92. 668 Hemminger, Hansjörg: Kreationismus, S. 172. 669 Ebd.

4.2 Fundamentalismus und Kreationismus

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und Intelligent Design den methodischen Atheismus der modernen Naturwissenschaft als Erkennungsmerkmal heraus.670 Als Grundfehler des Kreationismus bezeichnet Link, dass er versuche, die biblischen Aussagen zu historisieren. Jedoch komme man den biblischen Schöpfungsberichten „mit der Frage: Was ist damals wirklich geschehen? überhaupt nicht bei.“671 Statt Historisierungen gehe es um Typisierungen. Die Bibel sei Weltdeutung, nicht Welterklärung. Daher ziehen Beobachterinnen und Beobachter eine Parallele zwischen Kreationismus und neuem Atheismus, wenn er Religion in die Rolle von naturwissenschaftlicher Welterklärung zu drängen und sie damit zu widerlegen versucht.672 Möglicherweise stellt bereits der Kreationismus eine Reaktion auf aggressiven Atheismus dar.673 Martin Rothgangel beschreibt die aktuelle Herausforderung des christlichen Schöpfungsglaubens durch zwei Extrempositionen: „Szientismus einerseits und Kreationismus andererseits.“674 Beide Positionen begingen strukturell den selben Fehler: „Sie gehen davon aus, dass sich naturwissenschaftliche Aussagen der Evolutionslehre auf den gleichen Bereich beziehen wie Gen 1.“675 Christoph Schwöbel sieht den Schöpfungsglauben in einem Spannungsfeld von Kreationismus und weltanschaulichem Evolutionismus, worunter er die atheistischen und szientistischen Polemiken Richard Dawkings zählt.676 An die Stelle einer schiedlich-friedlichen Koexistenz oder Trennung von Religion und Naturwissenschaften sei seit den 1970er Jahren eine undeutliche Gemengelage getreten, die von Koexistenz über die Vorstellung der Komple670 Link, Christian: Christlicher Schöpfungsglaube und naturwissenschaftliches Weltverständnis. Wie kann man dem Kreationismus argumentativ begegnen?, in: Evangelische Theologie, Jg. 68 (2008), Nr. 2, S. 84-98. 671 Ebd., S. 92. 672 Betrachtet man die Quellen, zu denen neben den beiden Schöpfungserzählungen der Genesis auch verschiedene Psalmen, Passagen aus Weisheit, Hiob und Jesaja zählen sowie einzelne Schöpfungsaussagen des Neuen Testamentes, welche auf den Christusglauben bezogen werden, so wird deutlich, dass sie auf theologische Deutungsaussagen zielen, statt auf widerspruchsfreie Logik. In diesem Sinne ist eine Konkurrenz zwischen Glaube und Naturwissenschaften aus theologischer Sicht unnötig. 673 Vgl. Hemminger, Hansjörg: Bibel, 2008, S. 64. 674 Rothgangel, Martin: Gott gegen Darwin? Schöpfungsglaube zwischen Szientismus und Kreationismus, in: Anhelm, Fritz Erich (Hg.): Vernünftiger Glaube zwischen Fundamentalismus und Säkularismus. Protestanten in der globalisierten Welt. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 21. bis 22. Juni 2008, Rehburg-Loccum 2008, S. 43. 675 Ebd., S. 55. 676 Schwöbel, Christoph: Sein oder Design – das ist hier die Frage. Christlicher Schöpfungsglaube im Spannungsfeld von Evolutionismus und Kreationsismus, in: Janowski, Bernd/ Schweitzer, Friedrich/Schwöbel, Christoph Schwöbel (Hg.): Schöpfungsglaube vor der Herausforderung des Kreationismus, Neukirchen-Vluyn 2010, S. 120-171.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

mentarität bis hin zur Konkurrenz reiche.677 Der Begriff des Fundamentalismus eigne sich in besonderer Weise zur Analyse dieser Situation, weil „der Kreationismus vorrangig in christlichen Kreisen angesiedelt ist, die zu den fundamentalistischen Gruppierungen zu rechnen sind.“678 Gleichzeitig weise die sich als wissenschaftlich gerierende atheistische Religionskritik spiegelbildlich fundamentalistische Muster auf. Der Fundamentalismus, wie er sich historisch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelt habe, sei auch der „Wurzelboden des christlichen Kreationismus“.679 Schwöbel wiederholt an dieser Stelle grundsätzliche hermeneutische Argumente gegen den Fundamentalismus, wie sie in dieser Arbeit bereits referiert wurden, wendet diese allerdings speziell auf den Kreationismus hin, so dass es an dieser Stelle erlaubt sei, sie noch einmal anzuführen. Der Kreationismus sei wie der Fundamentalismus überhaupt als modern zu kennzeichnen. „Man wird in der Geschichte des Christentums vergeblich nach Lehrformen suchen, die den Kreationismus als wissenschaftliche Theorie der Weltentstehung im Sinne des modernen Kreationismus behauptet haben.“680 Der Kreationismus, welchem die Auseinandersetzung um die historisch-kritische Methode den entscheidenden Impuls zur Formierung gegeben habe, offenbare sich in seiner Vorordnung der als irrtumslos gedachten Bibel als ein Phänomen vertauschter Fundamente.681 Der Kreationismus versuche seine Gegner in fundamentalistischer Manier „mit seinen eigenen Waffen zu schlagen bzw. ihm seine Waffen aus der Hand zu schlagen, indem auf vermeintliche Schwächen, Fehler und Irrtümer der Evolutionstheorie hingewiesen wird.“682 Dadurch werde Glaube in Weltanschauung transformiert. „Der Fundamentalismus – und das belegt der Kreationismus am deutlichsten – erweist sich darin als Weltanschauung, dass er den Glauben für verfügbar und deswegen für lehrbar hält.“683 Zudem sei dem Kreationismus als Fundamentalismus ein antagonistischer Dualismus inhärent, der sich in seinem Falle vor allem auf den atheistischen Evolutionismus beziehe.684 Keinesfalls werde hier die Auseinandersetzung zwischen Religion oder Theologie und den Naturwissenschaften geführt, sondern zwischen „zwei zum Fundamentalismus tendierenden Weltanschauungen“.685 677 Ebd., S. 121-126. 678 Ebd., S. 142. 679 Ebd., S. 143. 680 Ebd. 681 Ebd., S. 143-144. 682 Ebd., S. 144. 683 Ebd. 684 Ebd., S. 145-146. 685 Ebd., S. 146.

4.2 Fundamentalismus und Kreationismus

137

Hingegen bestehe christlicher Schöpfungsglaube Schwöbel zufolge zunächst in dem Vertrauen auf den dreieinigen Gott. „Deshalb sind im Schöpfungsverständnis des christlichen Glaubens Schöpfung, Versöhnung und Vollendung von vornherein auf einander bezogen. Die Aussagen des christlichen Schöpfungsglaubens beziehen folglich den Anfang von Gottes schöpferischem Wirken auf das Ziel der Vollendungen der Gemeinschaft Gottes mit seiner Schöpfung und auf den Sinn des schöpferischen Wirkens Gottes, der in der Versöhnung der Welt mit Gott in Christus offenbar geworden ist. Die Schöpfung wird aus dieser trinitarischen Perspektive als Ausdruck des ursprünglichen Willens des allmächtigen Schöpfers zur Gemeinschaft mit seiner Schöpfung verstanden, der in seinem trinitarischen Wesen begründet ist. Die Frage nach dem Ziel der Schöpfung wird insofern für den christlichen Glauben in der Hoffnung auf die vollendete Gemeinschaft des Schöpfers mit seiner versöhnten Schöpfung beantwortet. Christlicher Schöpfungsglaube hat daher durchaus einen teleologischen Charakter, aber dieses Telos ist das Ziel aller Wege Gottes mit seiner Schöpfung, in dessen Zusammenhang als Gesamtprozess die teleologische Frage nach dem Ziel von Einzelereignissen integriert werden muss. Darin unterscheidet sich der christliche Schöpfungsglaube von dem argument from design“.686 Allerdings habe sich damit die Frage nach der Teleologie noch nicht erledigt, sondern sie bleibe auf der Tagesordnung und sei Grundlage für das Gespräch zwischen Theologie und Naturwissenschaften.687 Grundgedanken christlicher Schöpfungslehre seien dabei, dass Gott die Welt in Freiheit erschaffen hat, dass er seine Schöpfung weiter erhält, dass Jesus Christus an ihr mitwirkt und dass sie ihr Ziel in der Herrlichkeit Gottes hat.688 Demgegenüber erweise sich der kreationistische Schöpfungsglaube als bedingt, statisch, christologisch unterbestimmt und planvoll, aber letztlich ziellos. Die Untersuchung hat gezeigt, im Teildiskurs Fundamentalismus und Kreationismus erscheint Fundamentalismus als religiöser Widerstand gegen die Evolutionslehre, die ihrerseits durch eine pseudowissenschaftliche Schöpfungslehre ersetzt werden soll. Kritisiert wird die Vermischung von Glaube und Wissen sowie die Negierung naturwissenschaftlicher Standards wie die Überprüfung von Aussagen am Experiment. Zur Überwindung von Fundamentalismus wird angeraten, die Grundunterscheidung von Weltdeutung und Welterklärung zu achten sowie dem Kreationismus auf Ebene des Glaubens, und nicht der Wissenschaft, zu begegnen. 686 Ebd., S. 148. 687 Ebd., S. 168-169. 688 Ebd., S. 151-163.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

4.3 Fundamentalismus und Prämillenarismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Prämillenarismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff auf zynische Endzeitvorstellungen und eine hoffnungslose Eschatologie angewendet. Der prämillenaristische Dispensationalismus gehört zum Grundbestand des frühen angelsächsischen protestantischen Fundamentalismus. Fällt der Diskurs um die fundamentalistische Protologie eher schwach aus, weil es mit dem Begriff des Kreationismus einen mittlerweile gebräuchlicheren Terminus gibt, so gilt das für die fundamentalistische Eschatologie im selben Maße, wobei die Veröffentlichungszeiträume darauf hindeuten, dass aktuelle Ansatzpunkte bis in die jüngste Zeit vorliegen. Die Ursache für die Schwäche des Diskurses ist weniger beim Begriff zu suchen, denn beim Thema, das selten Gegenstand (öffentlicher) theologischer Auseinandersetzungen ist. Eine Ausnahme bilden endzeitliche fundamentalistische Gewaltfantasien sowie das eigentümliche Israel-Interesse fundamentalistischer Kreise, welche deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart über den Fundamentalismusbegriff thematisieren. Die biblischen Schriften versammeln eine große Bandbreite an eschatologischen Überlieferungen:689 Verheißungen an das Volk Israel, prophetische Gerichtspredigten, ausgesprochene Hoffnung auf Erneuerung der Welt sowie des Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen. Dezidierte Apokalyptik findet sich bei Jesaja, Daniel, passagenweise bei den Synoptikern und in der Offenbarung des Johannes. Ordnen lassen sich die verschiedenen eschatologischen Konzepte in präsentische und futuristische Eschatologie. Die Verkündigung Jesu ist durchdrungen von dem Gedanken des Reiches Gottes. Darin findet sich eine spezifische Polarität, die mit Schon-jetzt-und-noch-nicht bezeichnet wird. Die Betonung liegt darauf, dass das Heil in Jesus Christus schon gegenwärtig wirksam ist. Millenarismus oder Chiliasmus meint die Vorstellung eines 1000-jährigen Zwischenreiches vor dem Jüngsten Gericht. Nach der Offenbarung des Johannes wird in dieser Zeit der wiedergekommene Christus zusammen mit den auferweckten gerechten Märtyrern herrschen.690 Ähnliche messianische Konzeptionen kennt schon das Judentum.691 Religiöse Vorstellungen einer zukünftigen gerechten Herrschaft sind zudem im Islam oder im chinesischen Kulturraum belegbar.692 Irenaeus und weitere Theologen der 689 Vgl. Leonhardt, Rochus: Grundinformation, S. 388-390. 690 Offb 20; vgl. Aune, David E.: Art. Chiliasmus. II. Neues Testament, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 136. 691 Pezzoli-Olgiati, Daria: Art. Chiliasmus. I. Religionswissenschaftlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 136. 692 Friedmann, Yohanan: Art. Chiliasmus. VI. Islam, in: Religion in Geschichte und Gegen-

4.3 Fundamentalismus und Prämillenarismus

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alten Kirche entwickeln geschichtstheologische Konzeptionen im Stil des Chiliasmus.693 Mit der konstantinischen Wende und dem Ende der Märtyrerzeit verlieren diese allerdings ihre Bedeutung.694 Augustin transformiert die Idee vom zukünftigen Reich Christi in die Idee einer civitas dei, welche in der Kirche schon gegenwärtig ist. Im Mittelalter entwickelt Joachim von Fiore eine Geschichtstheologie, die drei Zeitalter unterscheidet und eine akute Naherwartung im Franziskanerorden auslöst.695 Die revolutionären Bewegungen des sogenannten linken Flügels der Reformation sind ebenfalls von chiliastischen Vorstellungen geprägt.696 Thomas Müntzer verbindet sozialreformerische und spiritualistische Vorstellungen und führt die Aufständischen in den Bauernkrieg. Die Täufer errichten kurzzeitig eine Theokratie in Münster (1534/35). Die Reformatoren und die Bekenntnisschriften verwerfen den Chiliasmus in der Folge.697 Im deutschen Pietismus bleiben dennoch chiliastische Ideen wirksam. Aufklärung und liberale Theologie hingegen widmen sich mehr den innerweltlichen Hoffnungen. Gegenwärtig sind millenaristische Positionen in Deutschland vor allem in Randströmungen zu finden, in den von Erweckungen geprägten Teilen des Protestantismus, verschiedenen Sekten und Gruppierungen am Rande der Freikirchen sowie bei Adventisten, Zeugen Jehovas, Neuapostolischer Kirche und Mormonen.698 Anders in Nordamerika, wo wegen des großen Einflusses der Puritaner unter den ersten europäischen Siedlern millenaristische Ideen sehr präsent sind.699 Die später sogenannten Pilgrim Fathers sehen den neuen Kontinent als Ort des kommenden Reiches Christi an. wart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 143-144; Seiwert, Hubert: Art. Chiliasmus. VII. China, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 144. 693 Fitschen, Klaus: Art. Chiliasmus. III. Kirchengeschichtlich. 1. Alte Kirche, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 138. 694 Karrer, Martin: Art. Chiliasmus, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 1679, vgl. EKL Bd. 1/2, S. 655 ff. 695 Leppin, Volker: Art. Chiliasmus. III. Kirchengeschichtlich. 2. Mittelalter, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 139. 696 Leppin, Volker: Art. Chiliasmus. III. Kirchengeschichtlich. 3. Reformation und Neuzeit, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 139. 697 Körtner, Ulrich: Art. Chiliasmus. V. Systematisch. 1. Dogmatisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 141. 698 Hempelmann, Reinhard: Millenarismus, in: Hempelmann, Reinhard/Eißler, Friedmann/ Knepper, Claudia/Pöhlmann, Matthias/Utsch, Michael (Hg.): Quellentexte zur neuen Religiosität, EZW-Texte, Nr. 215, Berlin 2011, S. 65; vgl. Hempelmann, Reinhard: Chiliasmus/Millenarismus, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, März 2012, http://ezw-berlin.de/html/3_3048.php (Stand 21.8.2015); Birnstein, Uwe: Gottes Wort, S. 100-107; Birnstein, Uwe: Endzeiterwartung als Element des christlichen Fundamentalismus, in: Ökumenische Rundschau, Jg. 49 (2000), S. 204-212. 699 Boyer, Paul S.: Chiliasmus, Sp. 140.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

Die große Erweckung in Nordamerika (Jonathan Edwards) ist von chiliastischen Ideen geprägt.700 Herrschen hier zunächst die Vorstellungen des Postmillenarismus vor, so verbreitet sich im 19. Jahrhundert der ursprünglich in England und Irland entwickelte Prämillenarismus in seiner dispensationalistischen Gestalt. Dieser ist bis heute wirkmächtig. „Beträchtliche Anzeichen weisen darauf hin, dass dieser Glaube zum Ende des 20. Jh. in Amerika an der Basis stark verbreitet ist.“701 Hal Lindsey (The Late, Great Planet Earth) sowie Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins (Left Behind) sind mit ihrer Vorstellungswelt aus Kriegen, Katastrophen und Entrückungen einflussreiche Endzeitautoren, die den prämillenaristischen Dispensationalismus erfolgreich popularisieren und mit ihren Büchern ein Millionenpublikum erreichen. Die so erzeugten endzeitlichen Szenarien sind hoch anschlussfähig an gegenwärtige weltpolitische Konstellationen, was offenbar für viele ihre Faszination ausmacht. Hans G. Kippenberg stellt die Kontroverse zwischen Prämillenarismus und Postmillenarismus als die Grundkontroverse zwischen einem liberalen und fundamentalistischen Protestantismus dar. Dass Kippenberg diese Kontroverse weiterhin für wirksam und virulent hält, liegt vor allem an seinem Verständnis dessen, was den fundamentalistischen prämillenaristischen Dispensationalismus beseelt. „Im Zentrum des Prämillenarismus steht weniger eine echte Prognose des Zeitpunktes, wann der Herr kommt, als eine Diagnose, was heute und hier die Manifestationen der Macht des Bösen und die Symptome seines nahenden Endes sind. Damit verfügt er über beträchtliche Potenziale zeithistorischer und politischer Sensibilität und Diagnostik und ist eine Großmacht in der Erzeugung von Welt- und Geschichtsdeutungen, die Orientierung geben und zum Handeln anleiten.“702 Fundamentalistisch nennt Kippenberg die Geschichtstheologie des Evangelikalismus, die sich seit den 1980er Jahren Einfluss auf die amerikanische Politik verschafft habe und ursächlich eine Wende in der Außenpolitik unter Ronald Reagan bewirkt habe. Die von Israel besetzten Palästinensergebiete und der Siedlungsbau seien vor diesem Hintergrund nicht mehr als illegal bezeichnet worden. „Der Prophetieglaube ist zentraler für die amerikanische Sicht auf die Politik gewesen als Historiker lange gemeint haben. Alle politischen Ereignisse rund um die Gründung des Staates Israel haben bei amerikanischen Protestanten apokalyptisches Fieber 700 Karrer, Martin: Chiliasmus, S. 1679. 701 Boyer, Paul S.: Chiliasmus, Sp. 141. 702 Kippenberg, Hans G.: Christlicher Fundamentalismus in den USA – Ein neuer Kreuzzug?, in: epd-Dokumentation, Nr. 27/2007, S. 28.

4.3 Fundamentalismus und Prämillenarismus

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hervorgerufen“.703 Der Einfluss dieser Geschichtstheologie auf die Nahostpolitik sei unter George W. Bush noch gewachsen.704 Kippenberg deutet auch den Krieg gegen den Terrorismus, in dem sich die Vereinigten Staaten seit dem 11. September 2001 befinden, als eine von evangelikal-fundamentalistischer Theologie beeinflussten Thematik. In dem FreundFeind-Schema, das darin zum Ausdruck komme, offenbare sich eine tiefe manichäische Struktur. Der internationale Terrorismus ist Verkörperung des metaphysisch Bösen.705 „Die Aufarbeitung des 11. September wäre anders verlaufen, wenn die Terrorakte als Verbrechen international verfolgt worden wären. Und diese Alternative bestand. Nur war in der prämillenaristischen Rahmung des Angriffes vom 11. September für ein solches internationales Vorgehen kein Platz mehr, obwohl alle Instrumente, die dafür nötig gewesen wären, vorhanden waren. Die Höherbewertung religiöser Weltbilder als die Geltung internationalen Rechts zeigt die bedrohliche Seite einer Anbindung der Außenpolitik der USA an den protestantischen Prämillenarismus.“706 Der prämillenaristische Dispensationalismus zeigt sich seit jeher an der Wiederbesiedlung Israels durch das Judentum interessiert – allerdings aus einem zweifelhaften Interesse, das Martin Kloke nachzeichnet. Er identifiziert evangelikale vermeintliche Israelfreunde in Deutschland als Fundamentalisten.707 Die Gründung des modernen Staates Israel 1948 gilt ihnen als Beginn der Endzeit, in der die Wiederkunft Christi bevorsteht.708 Die Fundamentalisten deuten auch weitere politische Ereignisse in Israel der vergangenen Jahrzehnte als Zeichen für Gottes Heilsplan und scheuen nicht davor zurück, dem Heilshandeln Gottes auf die Sprünge zu helfen, indem sie Hilfsprogramme zur Rückführung von Juden aus Osteuropa in das Heilige Land unterhalten. Kloke unterteilt die verschiedenen Gruppierungen aus dem israelinteressierten Spektrum des konservativen Protestantismus in charismatisch-pfingstlerische Strömungen, traditionelle evangelikale Initiativen sowie antizionistische und antisemitische Zirkel.709 Einig seien sie sich darin, dass sie an einem Frieden in Nahost nicht interessiert seien. Frieden laufe ihrem biblizistischen Weltbild entgegen, das auf eine große Katastrophe 703 Ebd., S. 31. 704 Ebd., S. 29. 705 Ebd., S. 34-36. 706 Ebd., S. 36. 707 Kloke, Martin: Endzeitfieber und Pulverfass. Israel und der christliche Fundamentalismus in Deutschland, in: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, Jg. 9 (2004), S. 141-162. 708 Ebd., S. 145. 709 Ebd., S. 147-153.

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4 Der bibelhermeneutische Diskurs

am Ende der Zeiten ausgerichtet sei.710 So führe dieses apokalyptische Denken dahin, dass aus Sicht der Fundamentalisten, diejenigen, die sich für Frieden und Versöhnung engagieren, nicht im Sinne Gottes handelten. „Evangelikal-fundamentalistische Kreise sind auf eine sehr profane Art und Weise von der besonderen endzeitlichen Rolle Israels überzeugt. In Analogie zu den Vorstellungen nationalreligiöser Strömungen im Zionismus beschwören sie ein Groß-Israel-Konzept, das auf einer biblizistisch motivierten Aktualisierung der klassischen Landnahme-Verheißungen beruht. Mit Unbehagen nehmen die frommen Israelfreunde jene den Palästinensern zugesagten Konzessionen wahr, die sich in der Formel ‚Land gegen Frieden‘ verdichtet haben.“711 Bernd Nielsen fragt nach den psychologischen Wurzeln solch zynischer Vorstellungen und stellt fundamentalistische Apokalyptik als Verzweiflungsreligiosität dar, die sich aus Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung speise.712 „Es bestehen Motiv- und Strukturanalogien zwischen Texten der Apokalyptik (im weitesten psychohistorischen Sinn) und Texten der präund perinatalen Erfahrung. Sie deuten hin auf einen Zusammenhang des Erlebens von Welt im Sinne von Weltuntergang, Weltaufgang (zur Welt kommen) und Weltvertrauen.“713 Das verlorene Paradies der Fundamentalisten sei in Wahrheit das Paradies der durch Traumatisierung gestörten Kindheit. „Islamistische, amerikanisch-fundamentalistische und shintoistische Täterschaft sind kulturübergreifend in apokalyptischer Regressivität zusammengeschlossen“.714 Dagegen könne nur eine „nicht-apokalyptische Form von Eschatologie“ helfen.715 Wilhelm Eppler steht einer „Pathologisierung der Apokalyptik“ kritisch gegenüber, dergestalt, dass sie nur mit „Terror, Gewalt und Paranoia“ identifiziert werde. 716 „Zweifellos hat die Apokalyptik eine schwierige Wirkungsgeschichte. Doch zugleich ist die Wiederentdeckung der apokalyptischen Dimension urchristlicher Theologie in der neueren Theologiegeschichte ein bedeutendes (und unverzichtbares!) Datum.“ Die christliche Theologie habe sich aus der „Anknüpfung 710 Ebd., S. 153-156. 711 Kloke, Martin: Gestörte Endzeit. Das Israel-Engagement christlicher Fundamentalisten, in: Evangelische Kommentare, Jg. 28 (1995), Nr. 11, S. 649. 712 Nielsen, Bernd: Weltuntergang und Weltaufgang. Apokalyptik als Vorstellungszusammenhang des amerikanischen und islamistischen Fundamentalismus, in: Galler, Florian/Janus, Ludwig/Kurth, Winfried (Hg.): Fundamentalismus und gesellschaftliche Destruktivität, Jahrbuch für psychohistorische Forschung, Bd. 6, Heidelberg 2006, S. 174. 713 Ebd., S. 181. 714 Ebd. 715 Ebd. 716 Eppler, Wilhelm: Religion, S. 167.

4.3 Fundamentalismus und Prämillenarismus

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und Modifizierung apokalyptischer Hoffnungen entfaltet“. 717 Thomas Pola weist darauf hin, dass in der alttestamentlichen Apokalyptik Motive der Gewalt, aber auch von deren Beendigung erscheinen. Sie wolle trösten und sei von Betroffenen von Gewalt für Betroffene geschrieben.718 Ziel sei die endgültige Durchsetzung der Friedensherrschaft Gottes, gerade und angesichts einer von Gewalt durchdrungenen Gegenwart. Als Ertrag des Teildiskurses Fundamentalismus und Prämillenarismus kann bestimmt werden: Fundamentalismus ist Prophetieglaube, welcher vermeintliche gesellschaftliche Verfallserscheinungen und politische Ereignisse in einem apokalyptischen Rahmen der Heilsgeschichte deutet, man möchte sagen Unheilsgeschichte. Kritisiert wird die manichäische Struktur, welche den negativen fundamentalistischen Weltdeutungen zugrunde liegt. Zur Überwindung wird empfohlen, die Breite biblischer eschatologischer Vorstellungen in den Blick zu nehmen; zudem liegt es nahe, die zeithistorische Anwendungen biblischer Apokalyptik mit Vorsicht zu betrachten.

717 Ebd. 718 Pola, Thomas: Gewalt und ihr Ende in der biblischen Apokalyptik, in: Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015, S. 64.

5 Der kirchenpolitische Diskurs Der kirchenpolitische Diskurs zieht den Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen extreme Optionen in der kirchen- und religionspolitischen Gegenwart heran. Er bildet Verhältnisbestimmungen zwischen dem volkskirchlich geprägten Protestantismus und anderen kirchlichen und religiösen Gemeinschaften ab. Anhand des Fundamentalismusbegriffes identifizieren deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart kirchenpolitische Fehlentwicklungen und profilieren die Identität des Eigenen gegenüber den Anderen. Drei Fragestellungen häufen sich dabei: In welches Verhältnis stellt man sich zu den Evangelikalen, die hierzulande zwar institutionell stark in den Mainstream des Protestantismus eingebunden sind, aber deren Frömmigkeit, politische Ansichten und theologische Entscheidungen eine Anfrage für volkskirchlich sozialisierte Protestanten darstellen? In welches Verhältnis stellt man sich zu Pfingstlern und Charismatikern, die in Europa zwar kaum eine Rolle spielen, global gesehen aber zur stärksten protestantischen Kraft avancieren? In welches Verhältnis stellt man sich zu den Muslimen, die zwar zu Deutschland gehören, deren Religion aber durch den islamistischen Terrorismus in Verruf geraten ist? Der Begriff Kirchenpolitik hat drei zu trennende Bedeutungen, die in der Praxis aber in vielfältigen Wechselwirkungen zueinander stehen:719 1. Die Politik des Staates, mit der er die Kirchen- und Religionsangelegenheiten zu ordnen versucht. Hier spricht man im engeren Sinne auch vom Staats-Kirchen-Verhältnis und im weiteren Sinne von Religionspolitik.720 2. Die kirchliche Innenpolitik, mit der sich die Kirchen oder Religionsgemeinschaften selbst organisieren und verwalten. Ihre Ordnungen sehen dafür bestimmte Ämter, Gremien und Versammlungen vor. 3. Die kirchliche Außenpolitik, mit der sich die Kirchen oder Religionsgemeinschaften an gesellschaftlichen Debatten beteiligen und moralischen Einfluss auf die Politik zu erlangen versuchen. Das Staats-Kirchen-Verhältnis bzw. die Religionspolitik sind in einem noch nicht abgeschlossenen paradigmatischen Wandel begriffen. In der 719 Mehlhausen, Joachim: Art. Kirchenpolitik, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 6400, vgl. EKL Bd. 2/6, S. 1158 ff. 720 Reuter, Hans-Richard: Art. Kirchenpolitik, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 1267-1268.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_5

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Folge der konstantinischen Wende wird das Christentum 380 Staatsreligion im Römischen Reich.721 Damit beginnt ein Jahrhunderte währendes Bündnis zwischen Thron und Altar, bei dem Distanz und Nähe, Überlegenheit und Unterlegenheit, fortwährend neu bestimmt wird und dessen Folgekonstruktionen auch heute noch in vielen Ländern der Welt wirksam sind. Es bildet sich eine Reichstheologie heraus, die Römisches Reich und Christentum gleichsetzt, was nicht ohne Kritik bleibt. Daher differenziert bereits Augustin zwischen Gottesstaat und Erdenstaat. Die lutherische Tradition nimmt diese Unterscheidung in der Zwei-Reiche- oder Zwei-Regimenten-Lehre auf. Gegen eine Eigengesetzlichkeit des Staates liegt Karl Barth an der Zuordnung von göttlicher und menschlicher Ordnung in der Konzeption einer Königsherrschaft Christi, welche zudem die politische Verantwortung der Christinnen und Christen in den Blick nimmt. Erst seit dem 19. Jahrhundert gibt es eine Tendenz zur gegenseitigen Emanzipation von Kirche und Staat in vielen christlich geprägten Gesellschaften.722 Die Idee einer Staatsreligion weicht dort offiziell oder de facto einem Religionspluralismus, innerhalb dessen die Kirchen und Religionsgemeinschaften ihren Ort zu finden haben. Der Staat versteht sich als weltanschaulich neutral und gewährt Religionsfreiheit. Was die innere Organisation der Kirchen oder Religionsgemeinschaften angeht, so setzen sich im Protestantismus kollegiale Leitungsstrukturen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durch.723 Die römisch-katholische Kirche ist vom Primat des Papstes her organisiert, die sich auch auf die höchste Lehr- und Rechtsvollmacht erstreckt. Auf dem kleinteiligen Feld des Islam in Deutschland findet seit Jahren ein Klärungsprozess statt, welche Verbände und Gemeinschaften ein Gegenüber zum Staat einnehmen und in welcher Organisationsform dies geschehen kann.724 Die öffentliche Willens- und Meinungsbekundung der Kirchen oder Religionsgemeinschaften setzt ein gewisses Maß an Säkularisierung einerseits und kirchlichem Selbstbewusstsein anderseits voraus. Daher kommt diese Bedeutung des Begriffes Kirchenpolitik erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ins Spiel und bezieht sich zunächst einmal auf die Forderung nach einer eigenen und unabhängigen Kirchenverfassung.725 Gegenwärtig 721 Weber, Hermann: Art. Staat und Kirche. 1. Juristisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 12737, vgl. EKL Bd. 4/10, S. 450 ff. 722 Reuter, Hans-Richard: Kirchenpolitik, Sp. 1267. 723 Mehlhausen, Joachim: Kirchenpolitik, S. 6400. 724 Eißler, Friedman: Anerkennung des Islam in Deutschland?, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 75 (2012), Nr. 3, S. 83-84. 725 Mehlhausen, Joachim: Kirchenpolitik, S. 6400.

5 Der kirchenpolitische Diskurs

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wirken Kirchen und Religionsgemeinschaften in verschiedene öffentliche Debatten des gesellschaftlichen Zusammenlebens hinein, Gehör finden sie vor allem in ethischen Fragestellungen. Die Voraussetzungen der Kirchenpolitik werden von deutschsprachigen protestantischen Theologinnen und Theologen als ein Spannungsverhältnis gekennzeichnet, dem sich die Kirche gegenwärtig ausgesetzt sieht. Bei dieser Lagebeschreibung greifen sie unter anderem auf den Fundamentalismusbegriff zurück. Fundamentalismus markiert dabei eine Seite oder einen Pol der Spannung, während der andere Pol durch das bestimmt wird, was man ebenfalls für gegenwartsbestimmend hält – zum Beispiel Relativismus, Pluralismus oder Säkularismus. Wolfhart Pannenberg urteilt: „Die heutigen Kirchen scheinen sich in den westlichen Gesellschaften also in der Tat in einem Spannungsfeld zu bewegen, das einerseits durch den Sog zur Anpassung an eine säkulare Kulturwelt bestimmt ist, die vom Christentum nichts mehr wissen will, andererseits aber durch fundamentalistische Gegenströmungen, die zweifellos mit der Gefahr einer Selbstabschließung gegen die Welt, in der die Kirche lebt, verbunden sind, aber darüber hinaus noch schwerwiegenderen Einwänden wegen einer Verkennung des christlichen Wahrheitsbewusstseins ausgesetzt sind.“726 Jürgen Moltmann bezeichnet Fundamentalismus und Modernismus als „geistlose Alternativen“.727 Statt von Modernismus spricht er an selber Stelle auch synonym von Liberalismus. Es gelte einen Weg zu finden, das Christentum in der modernen Welt jenseits von Liberalismus und Fundamentalismus zu beschreiben.728 Martin Honecker sieht die evangelische Kirche „durch einen totalen Pluralismus, durch prinzipiellen Relativismus und durch die Individualisierung“ herausgefordert.729 Im Glauben sei eine grundsätzliche Spannung von Pluralismus und Fundamentalismus angelegt. „Evangelischer Glaube kann sich freilich weder mit pluralistischem Relativismus, mit postmoderner Beliebigkeit noch mit blindem Fundamentalismus identifizieren. Denn er kann weder die Wahrheitsfrage suspendieren noch sie definitiv beantworten und entscheiden.“730 Jochen Kuhn befürchtet: „Um eine Kirche, die dem Fundamentalismus huldigt, 726 Pannenberg, Wolfhart: Angst, S. 710. 727 Moltmann, Jürgen: Das Reich Gottes in der modernen Welt: Jenseits von Modernismus und Fundamentalismus, in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995, S. 155. 728 Ebd., S. 144-159. 729 Honecker, Martin: Evangelischer Glaube im Spannungsfeld von Pluralismus und Fundamentalismus, in: Riße, Günter/Sonnemans, Heino/Theß, Burkhard (Hg.): Wege der Theologie an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. Festschrift für Hans Waldenfels zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Paderborn 1996, S. 160. 730 Ebd., S. 163.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

muss man ebenso viel Angst haben wie um eine Kirche, die sich dem Pluralismus ergibt.“731 Helmut Grimmsmann bezeichnet in einem missionstheologischen Kontext das Gegeneinander von Fundamentalismus und Historismus als „unfruchtbare Alternative“.732 Klauspeter Blaser erhebt das Spannungsverhältnis, wonach sich die Kirche immer zwischen den Stühlen, jenseits von Fundamentalismus und Pluralismus aufzuhalten habe, zu einer ekklesiologischen Bestimmung.733 Reinhard Hempelmann empfiehlt: „Die christlichen Kirchen und Gemeinden können in Treue zum reformatorischen Erbe nur einen Weg zwischen Relativismus und Fundamentalismus gehen und ihre Wahrheits- und Glaubensgewissheit mit Dialogbereitschaft und Hörfähigkeit verbinden.“734 Damit ist bereits eine theologische Figur angedeutet, die im Zusammenhang der kirchenpolitischen Gegenwartsdiagnose deutschsprachiger protestantischer Theologinnen und Theologen häufig erscheint, nämlich die des dritten Weges. Kirche und Theologie hätten angesichts der beschriebenen Grundspannung von Fundamentalismus und seinen modernen Gegenspielern einen Weg einzuschlagen, bei dem sie nicht den identifizierten falschen Alternativen anheimfielen. Pannenberg bekennt: „Ich denke, es gibt einen dritten Weg zwischen Säkularismus und Fundamentalismus. Das ist, allgemein gesprochen, die Erneuerung des Bündnisses zwischen Glaube und Vernunft.“735 Geiko Müller-Fahrenholz beschreibt das Aufzeigen eines Weges zwischen Fundamentalismus und Beliebig731 Kuhn, Jochen: Intentionen für die Praxis, in: Kuhn, Jochen (Hg.): Fundamentalismus, Bovenden 1996, S. 30. 732 Grimmsmann, Helmut: Axt, S. 4. 733 Blaser, Klauspeter: Die Kirche Jesu Christi zwischen Fundamentalismus und Pluralismus, in: Heimbucher, Martin/Lenz, Joachim (Hg.): Hilfreiches Erbe? Zur Relevanz Reformatorischer Theologie, Festschrift für Hans Scholl, Bovenden 1995, S. 147-148. 734 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 14. 735 Pannenberg, Wolfhart: Angst, S. 711. Allerdings bleibt Pannenberg damit nicht unwidersprochen, was aber vermutlich nicht an der theologischen Figur liegt, sondern an seinen gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen, die er mit der Analyse verbindet. Pannenberg hält den christlichen Lebensschutz sowie die biblische Ablehnung der Homosexualität hoch und ist der Meinung, gegenwärtige Versuche, mit dem Thema anders umzugehen, negierten die Grundlagen des christlichen Menschenbildes und der Autorität der Schrift in der Kirche (Vgl. ebd., S. 709-713). Wilfried Gerhard bezeichnet Pannenbergs Positionen daher als „faktisch fundamentalistisch“ (Gerhard, Wilfried: Erwiderung, S. 89-91). Gerade bei dessen ethischen Äußerungen spiele die Vernunft, die Pannenberg für sich reklamiere, in Wirklichkeit keine Rolle. Es gebe keinen dritten Weg zwischen Fundamentalismus und Pluralismus wie von Pannenberg behauptet, sondern es gebe „jenseits des Säurebades des säkularistisch reflektierenden Bewusstseins nur den Fundamentalismus“ (Ebd., S. 90). Allerdings schüttet Gerhard hier das Kind mit dem Bade aus, die Mehrheit der Diskursakteurinnen und -akteure geht durchaus von einem möglichen dritten Weg innerhalb der von ihnen identifizierten Grundspannung aus.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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keit als „die wichtigste theologische und ökumenische Herausforderung unserer Zeit“.736 Wilhelm Knevels mahnt eine Positionierung zwischen Fundamentalismus und Existenzialtheologie an.737 Hermann Timm sucht die „göttliche Freiheit der Mitte“ zwischen New Age und Fundamentalismus.738 Christoph Schwöbel rät den Kirchen einen Weg zwischen Fundamentalismus und einem „Pluralismus der Beliebigkeit“ an.739 Ulrike Link-Wieczorek skizziert eine Theologie der Ökumene jenseits von Fundamentalismus und Relativismus.740 Grimmsmann konstatiert: „Es gibt jedoch auch einen dritten Weg zwischen Fundamentalismus und historisch-kritischer Forschung“.741 Wir halten fest, der kirchenpolitische Diskurs lässt Fundamentalismus als Randerscheinung in der kirchenpolitischen Gegenwart erkennen, die gleichsam eine typische Polarität etwa gegenüber Pluralismus, Relativismus, Modernismus oder Säkularismus markiert. Kritisiert wird der Fundamentalismus, obwohl zeittypisch, als extreme Option. Zur Überwindung wird die Figur eines dritten Weges eingebracht, den Kirche, Religion und Theologie gegenüber den kirchenpolitischen Extrempolen weisen und beschreiten sollen. 5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Evangelikalismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen Fehlentwicklungen des evangelikalen Spektrums des Protestantismus herausgestellt. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen beschäftigen sich in diesem durchaus breiten Diskussionsstrang mit Fundamentalismus in den eigenen Reihen und äußern entsprechende Vorwürfe. Freilich setzen sich diejenigen, die sich zwar als evangelikal, keineswegs aber als fundamentalistisch bezeichnen würden, zur Wehr. Das erklärt die Vehemenz der 736 Müller-Fahrenholz, Geiko: Fundamentalismus, 2006, S. 74. 737 Knevels, Wilhelm: „nicht an Nebendinge binden…“ Die christliche Gemeinde zwischen Fundamentalismus und Existenzialtheologie, in: Deutsches Pfarrerblatt, Jg. 79 (1979), Nr. 1/2, S. 483-484. 738 Timm, Hermann: Die göttliche Freiheit der Mitte. Christentum zwischen New Age und Fundamentalismus, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 29 (1990), Nr. 7, S. 325-329. 739 Schwöbel, Christoph: Wahrheit, S. 118. 740 Link-Wieczorek, Ulrike: Subjekt werden in der Suchgemeinschaft. Ökumene des dritten Weges als Basis christlicher Lebensorientierung zwischen Fundamentalismus und Relativismus, in: Hilberath, Bernd Jochen/Noble, Ivana/Oeldemann, Johannes/De Mey, Peter (Hg.): Ökumene des Lebens als Herausforderung der wissenschaftlichen Theologie. Tagungsbericht der 14. Wissenschaftlichen Konsultation der Societas Oecumenica. Beiheft zur Ökumenischen Rundschau Nr. 82, Frankfurt am Main 2008, S. 257-274. 741 Grimmsmann, Helmut: Axt, S. 4.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Debatte, die hier geführt wird und an der besonders deutlich wird, dass Fundamentalismus ein Abgrenzungsbegriff ist.742 Die Diskursakteurinnen und -akteure stellen einen Zusammenhang zwischen Fundamentalismus und Evangelikalismus her oder nehmen wahr, dass ein solcher Zusammenhang in Literatur und Medien hergestellt wird. Sie klären anhand des Fundamentalismusbegriffes, was theologisch und kirchenpolitisch von der evangelikalen Bewegung zu halten ist. So wähnen einige, dass ein radikaler Evangelikalismus US-amerikanischer Prägung die Evangelische Kirche in Deutschland unterwandere.743 Andere, die selbst diesem Spektrum zugehören, verbitten sich die „Fundamentalismusschelte“.744 Empfindlichkeiten treten auch dort zutage, wo der Vergleich von christlichem und islamischem Fundamentalismus unter der Hand zu einer Gleichsetzung von Evangelikalen und Islamisten, möglicherweise sogar Terroristen 742 Es fällt auf, dass vergleichbare Debatten weniger heftig geführt werden, was vermutlich an der speziellen Nähe von Evangelikalismus und evangelischen Landeskirchen liegt, die unten noch thematisiert wird. So scheint etwa die Debatte um Fundamentalismus im Adventismus weitgehend selbstkritisch und frei von Abgrenzungspolemik zu sein. Klaus Schmitz geht der Frage nach, ob es sich beim Adventismus um eine Spielart des Fundamentalismus handele und ordnet die Bewegung als nicht-fundamentalistische, protestantische Freikirche im Spektrum des bibeltreuen, evangelikalen Konservativismus ein (Schmitz, Klaus: Ist der Adventismus eine Spielart des Fundamentalismus, in: Träder, Lothar E. (Hg.): Fundamentalismus. Glaube – Angst – Gewissheit. Der Adventglaube in Geschichte und Gegenwart. Pastoraltheologische Schriftenreihe herausgegeben durch den Adventistischen Wissenschaftlichen Arbeitskreis, Bd. 38, Frankfurt am Main 1996, S. 92.). „Von unserer Entstehung her sehe ich eine Nähe unserer Glaubensgemeinschaft zu fundamentalistischen Positionen. Im Gemeindebewusstsein ist dies noch relativ häufig feststellbar und in manchen Publikationen ungebrochen vorherrschend. Wenn ich unsere Entwicklung betrachte – und hierbei vor allem Nordamerika und Mittel- bzw. Nordeuropa berücksichtige – stelle ich aber eine Tendenz fest, die zwar nicht konsequent ist, mir jedoch folgerichtig erscheint: Sie ist un-fundamentalistisch.“ (Ebd., S. 109-110.) Thomas Steininger bezeichnet die typische adventistische Sozialisation als fundamentalistisch, weil sie religiöse Angst schüre (Steininger, Thomas: „Bleibt der Himmel mit Dir ein sicherer Ort?“ Fundamentalistische Erziehung und kindliche Seele, in: Träder, Lothar E. (Hg.): Fundamentalismus. Glaube – Angst – Gewissheit, Der Adventglaube in Geschichte und Gegenwart. Pastoraltheologische Schriftenreihe herausgegeben durch den Adventistischen Wissenschaftlichen Arbeitskreis, Bd. 38, Frankfurt am Main 1996, S. 119.). Angesichts der Herausforderungen der Gegenwart, die Steininger durch Pluralismus gekennzeichnet sieht, möchte er den Weg einer adventistischen Identität beschreiben, die fundamentalistische Muster hinter sich lasse (Ebd., S. 115-157.). Auch beim Vergleich von Fundamentalismus und Freikirchen fehlt die Polemik. Markus Iff sieht Schnittmengen im Schriftverständnis von Fundamentalismus, Evangelikalismus und Freikirchen. Allerdings habe sich in den deutschen Freikirchen ein „milder Biblizismus“ herausgebildet (Iff, Markus: Der Fundamentalismus und das Fundament des Glaubens. Ein freikirchlicher Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem protestantischen Fundamentalismus, in: Una Sancta, Jg. 69 (2014), Nr. 1, S. 57.). 743 Ziegert, Richard: EKD-Kirchen, S. 291-297. 744 Gronauer, Gerhard: Auseinandersetzung, S. 463-467.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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führt.745 Je nachdem, welchem Lager die Diskursakteurinnen und -akteure entstammen, wird die Auseinandersetzung entweder apologetisch oder agitatorisch geführt. Die Bandbreite reicht von der völligen Identifizierung von Evangelikalen mit Fundamentalisten bis hin zur Bestreitung jeder Gemeinsamkeit dieser beiden Gruppen. Folglich wird vor einem fundamentalistischen Evangelikalismus gewarnt oder eine Differenzierung von Fundamentalismus und evangelikaler Bewegung angemahnt. Die Veröffentlichungen ziehen sich seit den 1990er Jahren durch den gesamten Untersuchungszeitraum und scheinen bleibend aktuell. Als evangelikale Bewegung bezeichnet man international einen Teil des Protestantismus, der durch britische und nordamerikanische Erweckungen des 18. Jahrhunderts sowie durch methodistische und pietistische Ideen maßgeblich geprägt wurde. Einflussreiche Theologen sind Jonathan Edwards und George Whitefield. In Deutschland liegen die Wurzeln der evangelikalen Bewegung im Pietismus sowie in den Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts. Sie prägt ihre gemeinsame Identität vor allem durch den Einfluss des amerikanischen Evangelikalismus nach dem Zweiten Weltkrieg aus.746 Dem an sich differenzierten Evangelikalismus ist eine gemeinsame oppositionelle Haltung gegen theologischen und gesellschaftlichen Liberalismus sowie Relativismus inne.747 Dadurch wird der Terminus evangelikal zu einem „kirchenpolitischen Kampfbegriff“.748 Als modernes Grundlagendokument kann die Lausanner Verpflichtung von 1974 gelten. Kennzeichen des Evangelikalismus ist die Betonung des persönlichen Glaubens an Jesus Christus. Theologisch steht das Rettungswerk Christi am Kreuz im Zentrum. Dessen menschliche Entsprechung sind Bekehrung und Lebensübergabe, Gebet und Zeugendienst. Die Bibel hat höchste Autorität für Glaube und Leben. Evangelisation und Mission werden mit hohem inneren und äußeren Engagement betrieben und sind sozialen Aktivitäten in der Regel vorgeordnet.749 745 Vgl. Hotz, Burkard: Gedanken zur Schrift von Pfarrer Dr. Fritz R. Huth „Arbeitshilfe Fundamentalismus in Christentum und Islam“. Herausgegeben vom Zentrum Ökumene der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, in: Religion, Staat, Gesellschaft. Zeitschrift für Glaubensformen und Weltanschauungen, Jg. 3 (2002), Nr. 1, S. 179-184. 746 Geldbach, Erich: Evangelikalismus. Versuch einer historischen Typologie, in: Frieling, Reinhard (Hg.): Die Kirchen und ihre Konservativen, Bensheimer Hefte 62, Göttingen 1984, S. 74. 747 Johnston, Robert K.: Art. Evangelikale Theologie, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1700. 748 Geldbach, Erich: Art. Evangelikale Bewegung, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 3002, vgl. EKL Bd. 1/3, S. 1186 ff. 749 Vgl. ebd.; Johnston, Robert K.: Evangelikale Theologie, Sp. 1700; Hempelmann, Reinhard: Stichwort Evangelikale, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschau-

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Die evangelikale Bewegung organisiert sich in verschiedenen Zusammenschlüssen, genannt Allianzen oder Fellowships. In Großbritannien gründet sich 1846 die erste Allianz. Allerdings nimmt der Organisationsgrad ab und die Gemeinschaften transformieren ihre theologischen Inhalte im Zuge von Auseinandersetzungen zwischen sogenannten Modernisten und Fundamentalisten. War die ursprüngliche evangelikale Theologie für viele Kirchen im 19. Jahrhundert noch bestimmend, so ist sie es gegenwärtig nur für kleinere Gemeinschaften. Die meisten Evangelikalen gehören heute nicht-evangelikalen Kirchen an.750 Daher ist eine Quantifizierung schwieriger denn je. In Nordamerika sinkt der Anteil der Allianz-Evangelikalen von 41 Prozent der Gesamtbevölkerung um 1900 auf 13,8 Prozent im Jahr 1999; ähnlich in Australien und Neuseeland.751 Betrachtet man die Inhalte und nicht die Organisation, ist das Bild spiegelverkehrt. In Nordamerika steigt der Anteil der „Christen evangelikaler Überzeugung aus allen Traditionen, die sich dem Missionsbefehl verpflichtet fühlen“ im selben Zeitraum von 14 auf 27 Prozent der Gesamtbevölkerung.752 In Europa sind die Tendenzen gleich, aber auf deutlich niedrigerem Niveau von etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung.753 Die meisten organisierten Evangelikalen in Europa sind die rund 9 Millionen Anglican Evangelicals in der Church of England. Schwerpunkte nicht organisierter evangelikaler Überzeugungen liegen in Russland, Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland.754 Die evangelikale Bewegung versteht sich als internationale und transkonfessionelle Missionsbewegung.755 Allerdings steht sie in Distanz zur organisierten Ökumene im Ökumenischen Rat der Kirchen, zu dessen Wurzeln sie zweifellos gehört.756 Der Weltkirchenrat fällt bei den Evangelikalen jedoch in Ungnade, als er sein Missionsverständnis wandelt und sich fortan, so der Vorwurf, mehr von gesellschaftspolitischen Problemen statt vom Verkündigungsauftrag Jesu leiten lässt.757 ungsfragen, Jg. 75 (2012), Nr. 12, S. 471-476. 750 Johnson, Todd M.: Art. Evangelikale Bewegung, I. Nordamerika, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1695. 751 Ebd. 752 Ebd., Sp. 1696. 753 Johnson, Todd M.: Art. Evangelikale Bewegung, II. Europa, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1697. 754 Ebd. 755 Fiedler, Klaus: Art. Evangelikale Bewegung, III. Missionen in der evangelikalen Bewegung, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1698. 756 Die erste Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh war als missionsstrategisches Treffen mit vielen evangelikalen Akteuren einer der Vorläufer des ÖRK. 757 Vgl. Fiedler, Klaus: Art. Evangelikale Bewegung, IV. Erklärungen zur Mission, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1698-1699.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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Die theologische Kritik des Evangelikalismus thematisiert, dass die persönliche Jesusbeziehung immer auch an die Gemeinschaft der Gläubigen rückgebunden werden muss.758 Bekehrung und Lebensübergabe müssen tauftheologisch betrachtet werden. Zu berücksichtigen ist dabei auch, was mit der Figur des simul iustus et peccator ausgedrückt wird, dass Menschen nämlich von sich aus immer wieder aus der Gottesbeziehung herausfallen. Die Evangelisation als weiteres Zentrum evangelikaler Theologie und ihrer Erscheinungsformen sollte bestehende Kirchen, die Rechtgläubigkeit ihrer Mitglieder und die ökumenische Verbundenheit achten. Zudem gehört sie um Diakonie als untrennbare Tatseite des Wortes sowie Gedanken zur missio dei als Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung ergänzt. Die Bibelfrömmigkeit des Evangelikalismus darf, wie bereits im Zusammenhang mit den schrifthermeneutischen Ausführungen in dieser Arbeit gesehen, nicht zu Lasten des lebendigen Wortes Gottes gehen, das in Jesus Christus personifiziert ist und keinen Bibelglauben zulässt. Die Skepsis gegenüber wissenschaftlicher Theologie mag alternative Auslegungen anregen, kann aber nicht als generelle Opposition gelten. Der historische Zusammenhang zwischen Evangelikalismus und dem aufkommenden nordamerikanischen protestantischen Fundamentalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist unverkennbar.759 Die genaue Verhältnisbestimmung ist allerdings ungeklärt. Die Irritationen gehen so weit, dass sowohl behauptet wird, der Fundamentalismus sei aus dem Evangelikalismus hervorgegangen, als auch, dass der Evangelikalismus aus dem Fundamentalismus hervorgegangen sei.760 Das ist streng genommen schon Teil und Inhalt des Diskurses, der im Folgenden dargestellt wird. In jedem Fall ist der Evangelikalismus, je tiefer man seine Wurzeln und Einflüsse verfolgt, ein sich wandelndes und hoch komplexes Gebilde, für das präzise benannt werden muss, an welchen Stellen es fundamentalistisch ist. Erich Geldbach unterscheidet daher folgende Spielarten des nordamerikanischen Evangelikalismus:761 1. Sozial-evangelikaler Typ 2. Charismatisch-evangelikaler Typ 3. Irenisch-individualistisch-evangelikaler Typ 758 Vgl. zum Folgenden: Hemminger, Hansjörg: Evangelikal. Von Gotteskindern und Rechthabern, Gießen 2016. 759 Geldbach, Erich: Art. Evangelikale Bewegung, in: Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, Freiburg/Basel/Wien 2005, Sp. 338. 760 Geldbach, Erich: Art. Evangelikale Bewegung, in: Evangelisches Kirchenlexikon, 3. Aufl., Bd. 1, Göttingen 1986, Sp. 1186-1191. 761 Geldbach, Erich: Evangelikalismus, S. 52-83.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

4. Dispensational-evangelikaler Typ 5. Rationalistisch-biblizistischer Typ Historisch betrachtet trete der Fundamentalismus in den beiden letzten Typen auf, sie seien am stärksten durch die Moderne angefochten, namentlich durch historisch-kritische Bibelexegese, die Evolutionstheorie und die Psychoanalyse Sigmund Freuds.762 Für den deutschsprachigen Kontext nimmt Reinhard Hempelmann fünf verschiedene Typen des Evangelikalismus an:763 1. Klassischer Typ (u.a. Allianzbewegung) 2. Fundamentalistischer Typ (Irrtumslosigkeit der Bibel) 3. Bekenntnisorientierter Typ (u.a. Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium) 4. Missionarisch-diakonischer Typ (Evangelisation und soziale Verantwortung) 5. Pfingstlich-charismatischer Typ (an Geist und Charismen orientierte Frömmigkeit) Als fundamentalistisch bezeichnet Hempelmann also nur einen bestimmten Teil des Evangelikalismus mit einem ihm eigenen Schriftverständnis, das von der Irrtumslosigkeit der Bibel überzeugt ist, und hält dieses Schriftverständnis wohlgemerkt nicht für kennzeichnend für die Weite des Evangelikalismus. Damit ist man endgültig im Bereich der Diskussion, denn Hempelmanns Einordnungen sind von absolutem Wohlwollen gegenüber dem Evangelikalismus geprägt und dem ständigen Bemühen, den Fundamentalismusvorwurf von den evangelikalen Geschwistern fernzuhalten. Diese werden bisweilen ganz schön angegangen. Ein spezieller Agitator ist der Journalist und Theologe Uwe Birnstein, dessen Veröffentlichungen auch ihren Niederschlag in den wissenschaftlichen Erörterungen um Fundamentalismus und Evangelikalismus gefunden haben. Birnstein vergleicht reichlich plakativ Fundamentalisten und Anhänger der Volkskirche miteinander.764 Die Fundamentalisten nennt er Fundis und die Anhänger der Volkskirche Volkies. Zu den Fundis zählt Birnstein in sich sehr differenzierte Frömmigkeitsrichtungen wie den Evangelikalismus, das Pfingstchristentum und die charismatische Bewegung; darüber hinaus okkulte 762 Ebd., S. 58-64. 763 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 11-12. 764 Vgl. Birnstein, Uwe: Gottes Wort.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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Phänomene, Psychosekten, allgemeine Prüderie und Sexualfeindlichkeit sowie christlichen Paternalismus – Fundamentalismus als alles, was einem linken Protestanten zuwiderläuft. Georg Schmid setzt Evangelikalismus und Fundamentalismus dezidiert gleich und spricht nur von einem „evangelikalen Fundamentalismus“.765 Es ergebe wenig Sinn, „innerhalb dieser Gruppe noch weitere grundsätzliche Differenzen aufzuwerfen.“766 Heinrich Schäfer plädiert im Zusammenhang einer Untersuchung über den Protestantismus in Zentralamerika dafür, den Terminus Evangelikalismus als „Sammelbegriff für all die Strömungen des US-amerikanischen Protestantismus zu verwenden, die die Schrift unter der Voraussetzung einer mehr oder weniger fundamentalistischen Hermeneutik zum Zentrum ihrer Theologie machen und die nicht der pfingstlichen oder charismatischen Bewegung angehören.“767 Joachim Track sieht eine generelle Neigung evangelikaler Christinnen und Christen zum Fundamentalismus, die er an einem Biblizismus, einem „starken ordnungstheologischen Denken“, einer Nähe zu „nationalkonservativen Strömungen“ innerhalb der Politik sowie Parallelstrukturen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland festmacht.768 Die Verunsicherung, die solche Einschätzungen nach sich ziehen, sind seit den 1980er Jahren in der evangelikalen Publizistik nachweisbar.769 Christfried Kulosa belegt, „dass der deutsche Evangelikalismus durch die Fundamentalismus-Debatte in einer komplexen Anfrage zur Selbstvergewisserung steht.“770 Hauptanliegen sei die Distanzierung zum Fundamentalismusbegriff. Kulosa erkennt drei grundsätzliche apologetische Strategien: Zurückweisung des Vorwurfes, Selbstkritik und Klärung von Grundsatzfragen.771 Ulrike Müller bemerkt, aus evangelikalen Kreisen werde regelmäßig der Vorwurf laut, säkulare Medien betrieben eine Kampagne gegen sie. „Evangelikale Verbände fühlen sich von säkularen Medien mit einem pauschalen Fundamentalismusvorwurf belegt und die Reaktionen auf entsprechende Medieninhalte werden zunehmend schärfer. In der Tat fehlt Journalisten mitunter das nötige Hintergrundwissen über die 765 Schmid, Georg: Thesen zum evangelikalen Fundamentalismus, in: Una Sancta (1992), Jg. 47, Nr. 1, S. 38-42. 766 Ebd., S. 38. 767 Schäfer, Heinrich: Protestantismus in Zentralamerika. Christliches Zeugnis im Spannungsfeld, von US-amerikanischem Fundamentalismus, Unterdrückung und Wiederbelebung „indianischer“ Kultur, Frankfurt am Main 1992, S. 57. 768 Track, Joachim: Fundamentalismus, S. 143-144. 769 Kulosa, Christfried: Die Fundamentalismusdebatte und die Evangelikalen. Eine theologische Ausarbeitung, in: Idea-Dokumentation, Nr. 25/1993, S. 23. 770 Ebd., S. 26. 771 Ebd., S. 24-25.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

evangelikale Bewegung und die Sensibilität im Umgang mit dem Schlagwort Fundamentalismus und den Assoziationen, die dieses bei den Rezipienten weckt, lässt oft genug zu wünschen übrig.“772 Müller zeigt jedoch mit einer Medienanalyse auf, dass in der Berichterstattung über evangelikale Einzelpersonen, Ereignisse und Gruppierungen, die dazu geeignet wäre, einen Fundamentalismusvorwurf zu äußern – dass nur in etwa zehn Prozent der Fälle ein solcher Vorwurf de facto geäußert wird. Wobei interessant ist, dass dies vor allem in konfessionellen Medien geschieht, nur in ganz seltenen Fällen in säkularen Medien.773 Interessant ist zudem, dass es vor allem die evangelikalen Zeitschriften sind, welche die Fundamentalismuszuschreibung problematisieren. Möglicherweise, weil sie evangelikale Gruppierungen in Schutz nehmen wollen. Dies qualifiziert den Fundamentalismus-Evangelikalismus-Diskurs erneut als kirchenpolitischen Diskurs, den wir jetzt weiter nachzeichnen müssen. Unter den Fürsprechern des Evangelikalismus, die vor allem seinen Ruf schützen wollen, tut sich regelmäßig der Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Reinhard Hempelmann, hervor. Evangelikalismus ist nicht Fundamentalismus lautet ein kurzer Beitrag im eigenen Materialdienst, der sein Anliegen gut zusammenfasst.774 Hempelmann hat diese Argumentation vielfach vorgetragen.775 Evangelikalismus und Fundamentalismus würden allzu oft in einen Topf geworfen. „Konservative Theologen, Evangelikale, Charismatiker, Pfingstler wehren sich mit Recht dagegen, mit religiösen Fanatikern in einem Atemzug genannt zu werden, die vor der Anwendung brutaler Gewalt nicht zurückschrecken, um ihre religiös-politischen Visionen zu verwirklichen“, erklärt Hempelmann.776 Zwar gebe es zwischen Evangelikalismus und Fundamentalismus zahl772 Müller, Ulrike: Wer fährt die Kampagne? Der Fundamentalismusvorwurf gegenüber evangelikalen Christen in säkularen und konfessionellen Printmedien in Deutschland, in: Communicatio socialis, Jg. 45 (2012), Nr. 2, S. 112. 773 Ebd., S. 119. 774 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus ist nicht Fundamentalismus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 71 (2008), Nr. 7, S. 243-244. 775 Hempelmann, Reinhard: Sind Evangelikalismus und Fundamentalismus identisch?, in: Verein für Freikirchenforschung (Hg.): Freikirchenforschung, Nr. 14, Münster 2004, S. 103117; Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 4-15; Hempelmann, Reinhard: Sind Evangelikalismus und Fundamentalismus identisch?, in: epd-Dokumentation, Nr. 27/2007, S. 47-55; Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2008, S. 243-244; Hempelmann, Reinhard: Evangelikale Bewegungen. Beiträge zur Resonanz des konservativen Protestantismus, EZW-Texte, Nr. 206, Berlin 2009; Hempelmann, Reinhard: Stichwort Evangelikale, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 75 (2012), Nr. 12, S. 471-476. 776 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2006, S. 6.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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reiche Gemeinsamkeiten und Übergänge. Dazu zähle, dass die Bewegungen transkonfessionell, international, vielfältig organisiert und modernitätskritisch seien. „Der Hauptstrom des Evangelikalismus unterscheidet sich jedoch vom Fundamentalismus.“777 Hempelmann fügt vier Begründungen an, weswegen ein Vergleich zwischen Fundamentalismus und Evangelikalismus unzutreffend sei. Erstens, christliche Kleinparteien seien schlicht bedeutungslos. Der Fundamentalismus stelle daher weniger eine politische, als eine „kirchenpolitische, seelsorgerliche und ökumenische Herausforderung“ dar.778 Zweitens, der Evangelikalismus knüpfe historisch an vorfundamentalistische Strömungen an. „Die fundamentalistische Bewegung ist nicht Fortsetzung des Evangelikalismus, sondern ein neues, modernes Phänomen, das aus einer Verengung des evangelikalen Erbes hervorgegangen ist.“779 Drittens sei die evangelikale Bewegung in sich schon viel zu unterschiedlich und die unter ihr gefassten Gruppierungen teilweise konträr zueinander, so dass eine Gleichsetzung aller mit Fundamentalisten nicht funktionieren könne.780 Viertens sei es problematisch, wenn „entschiedene Überzeugungen pauschal unter Fundamentalismusverdacht“ gestellt würden, so Hempelmann.781 Thomas Schirrmacher versucht, den Fundamentalismusvorwurf ebenfalls von der evangelikalen Bewegung abzuwehren. Er definiert Fundamentalismus als militanten Wahrheitsanspruch. Daher solle man „nur von Fundamentalismus sprechen, wenn Gewalt im Spiel ist oder eine echte Gefahr für die innere Sicherheit besteht.“782 Somit würden harmlose Gruppierungen nicht in einen Topf mit religiösen Terroristen geworfen. Eckhard Schnabel fordert zur Nachdenklichkeit im Zusammenhang mit der Gleichsetzung von Evangelikalismus und Fundamentalismus auf. „Wenn Evangelikale als ‚Fundamentalisten‘ bezeichnet werden und die polemische Formulierung zeigt, dass der Ausdruck offensichtlich nicht analytisch, sondern diffamierend und stigmatisierend gemeint ist, sind sie herausgefordert, den Charakter und die Legitimität ihres Glaubens und Lebens neu zu überdenken.“783 Evangelikale müssten den Fundamentalismusvorwurf zurückweisen. Auf der anderen Seite sollten sie an Inhalten des christlichen Glaubens festhalten, die nicht aufgegeben werden dürften.784 777 Ebd. 778 Hempelmann, Reinhard: Evangelikalismus, 2008, S. 243. 779 Ebd. 780 Ebd., S. 244. 781 Ebd. 782 Schirrmacher, Thomas: Fundamentalismus, S. 14. 783 Schnabel, Eckhard: Sind Evangelikale Fundamentalisten?, Holzgerlingen 2006, S. 10. 784 Ebd., S. 94.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Jenseits dieser Abwehr- und Gegenabwehrreflexe findet eine differenzierte Betrachtung möglicherweise fundamentalistischer Merkmale der evangelikalen Bewegung statt. Peter Zimmerling widmet sich Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Fundamentalisten, Pietisten und Evangelikalen und bewertet Chancen und Gefahren für den deutschen Protestantismus.785 Zu den Gemeinsamkeiten zählt er das Schriftverständnis, die Jesusbeziehung, die Verbundenheit als Wiedergeborene, Interesse an Mission und Evangelisation sowie den Kampf gegen liberale theologische Strömungen und für christliche Gesetzgebung.786 Unterschiede findet Zimmerling im Schriftverständnis. „In der Begründung der Schriftautorität gibt es allerdings durchaus kontroverse Standpunkte. Versuchen fundamentalistisch orientierte Christen die Glaubwürdigkeit der Schrift aufgrund ihrer auch rational beweisbaren Irrtumslosigkeit darzulegen, gehen mehr pietistisch ausgerichtete Ausleger vom inneren Zeugnis des Heiligen Geistes aus. Die Schrift erweist sich erst im Glaubens- und Lebensvollzug als Gottes Wort.“787 In sozialethischen und politischen Fragen gebe es in Evangelikalismus, Pietismus und Fundamentalismus sowohl das Bestreben, an einer besseren Welt zu arbeiten, als auch Veränderungen abzulehnen.788 Chancen der drei Gruppierungen seien, dass sie eine Alternative zu einer Gegenwart darstellten, die Zimmerling als konsumistisch und gleichgültig wahrnimmt.789 Ihre Gefahr bestehe in ihrem Zug zur Intoleranz.790 Jochen Kuhn bemerkt, Fundamentalismus und Evangelikalismus zögen unterschiedliche Folgerungen aus ihren ansonsten gleichen Überzeugungen. „Der Evangelikale behält seine Vorbehalte gegen den Andersdenkenden für sich oder versucht, ihn zu evangelisieren; ‚Bekehren‘ ist sein Programm. Der Fundamentalist dagegen sieht den Andersdenkenden sozusagen unter dem Blickwinkel der Ewigkeit. Sein Programm heißt ‚urteilen‘, und dazu braucht er Macht. Darum muss die Trennung von Kirche und Staat aufgehoben werden; denn erst dann kann er seine Endgerichtsurteile wirksam aussprechen.“791 Einen anderen Bereich der Diskussion über solche Differenzierungen hinaus markiert die Frage, in welches Verhältnis sich evangelische Lan785 Zimmerling, Peter: Fundamentalisten, Pietisten, Evangelikale – Chance oder Gefahr für den deutschen Protestantismus?, in: Wort und Antwort, Jg. 32 (1991), Nr. 1, S. 3-5. 786 Ebd., S. 4. 787 Ebd., S. 5. 788 Ebd. 789 Ebd. 790 Ebd. 791 Kuhn, Jochen: Leben, S. 332.

5.1 Fundamentalismus und Evangelikalismus

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deskirchen und evangelikale Bewegung setzen sollten. Gisa Bauer stellt das Verhältnis von evangelikaler Bewegung und evangelischer Kirche als Geschichte eines Grundsatzkonfliktes dar.792 Der Evangelikalismus gilt ihr in besonderer Weise als Protestbewegung innerhalb der Kirche.793 „Es ist ein erstaunlicher Umstand, dass in den Definitionen des Evangelikalismus durchgängig ein Element fehlt, das grundsätzlich zur Identität des deutschen Evangelikalismus gehört: die Kritik der traditionellen und institutionellen evangelischen Kirche.“794 Als Protestbewegung könne der Evangelikalismus wie alle neuen sozialen Bewegungen fundamentalistische Tendenzen aufweisen.795 Zu unterscheiden seien Evangelikalismus und Fundamentalismus kaum.796 Die Kritik des Fundamentalismus beziehe sich vornehmlich auf die Gesellschaft, die Kritik des Evangelikalismus vornehmlich auf die Kirche. „In beiden Fällen spielen Machtfragen eine Rolle – im Fundamentalismus in politischer, im Evangelikalismus in kirchenpolitischer Hinsicht.“797 Es sei eine Besonderheit des deutschen Evangelikalismus, dass er sehr auf die evangelische Kirche bezogen bleibe.798 Er arbeite sich an der sogenannten Politisierung der Kirche sowie der Modernisierung der Theologie ab. Zwischen den eigentlichen gesellschaftlichen Debatten und dem Evangelikalismus und was ihn umtreibt, stellt Bauer allerdings eine „signifikante Kluft“ fest.799 Weil die evangelische Kirche diese disparate Strömung im eigenen System zu binden wisse, werde der Evangelikalismus, und das ist die durchaus überraschende Pointe bei Bauer, zum Dokument der Stärke des deutschen Protestantismus.800 „Der Grundsatzkonflikt, von der evangelikalen Bewegung in der evangelischen Kirche virulent gehalten, wurde von dieser Kirche mit einer eigenen ‚neuen sozialen Bewegung‘ im Zuge der zeitgenössischen innerkirchlichen Pluralisierungsprozesse auf der Grundlage der demokratischen Verfasstheit selbst hervorgebracht, als Form der Selbstbeobachtung und -kritik. Damit erweist sich die westdeutsche evangelische Kirche in Deutschland in dem bearbeiteten Zeitrahmen als ein in hohem Grade vitales, zu Ausdifferenzierung und Ausbalancierung divergierender Teilbereiche fähiges sowie im gesamtgesellschaftlichen System sicher verankertes Subsystem der Gesellschaft. Der evange792 Bauer, Gisa: Evangelikale Bewegung. 793 Ebd., S. 34. 794 Ebd., S. 82. 795 Ebd., S. 92. 796 Ebd., S. 97-98. 797 Ebd., S. 104. 798 Ebd., S. 660. 799 Ebd., S. 663. 800 Ebd., S. 668-669.

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likalen Bewegung kommt mit ihrer bloßen Existenz, weniger im Hinblick auf ihre inhaltlichen Themen, eine hohe Bedeutung als Indikator für diese vitalen Kräfte der Kirche zu.“801 Zusammenfassend kann man sagen, im Teildiskurs Fundamentalismus und Evangelikalismus zeigt sich Fundamentalismus als Schattenseite evangelikaler Frömmigkeit. Kritisiert wird das Schriftverständnis des Evangelikalismus sowie seine Nähe zu rechten politischen Optionen und rückwärtsgerichteten Gesellschaftsmodellen. Die starke institutionelle Einbindung der evangelikalen Bewegung in die Evangelische Kirche in Deutschland und die protestantischen Landeskirchen trägt bereits zur Überwindung von Fundamentalismus bei. 5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung Im Teildiskurs Fundamentalismus und Pfingstbewegung wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegen bedenkliche Folgen des weltweit wachsenden christlichen Enthusiasmus gestellt. Während hierzulande heftig über das Kräfteverhältnis von evangelikaler Bewegung und landeskirchlichem Protestantismus gestritten wird, gibt es einen feinen Diskussionsfaden über ein ähnliches Phänomen im Weltmaßstab. Auch wenn in Deutschland wenig davon zu spüren ist, wandelt sich die Gestalt des weltweiten Protestantismus deutlich. Die evangelikale, pfingstlerische und charismatische Frömmigkeit expandiert. Ihre Zentren hat sie in Lateinamerika, Afrika sowie in Teilen Asiens und Osteuropas, wo sie in besonderem Maße kulturell anschlussfähig ist – während westliche Mission mit der Kolonialgeschichte verbunden ist und sich oft durch Unterdrückung einheimischer Kultur ausgezeichnet hat.802 Friedrich Wilhelm Graf bescheinigt gerade Pfingstlern und Charismatikern eine „extrem starke Mobilisierungskraft“.803 Reinhard Hempelmann urteilt: „Aus der Distanz betrachtet gehört die Ausbreitung pentekostal-charismatischer und evangelikaler Frömmigkeit zu den religionsproduktiven Tendenzen der Postmoderne.“804 Theodor Ahrens mutmaßt: „Die Explosion enthusiastischer und fundamentalistischer Gruppen in Lateinamerika, Asien, Afrika ist als eine zweite oder dritte Welle der Christianisierung zu interpretieren […], die neben und nach den bisherigen Missionskirchen andere Typen des 801 Ebd., S. 674. 802 Kürschner-Pelkmann, Frank: Schnurstracks ins Reich Gottes. Fundamentalisten und Konservative in Afrika, in: Evangelische Kommentare, Jg. 26 (1993), Nr. 2, S. 88-91; vgl. Grimmsmann, Helmut: Axt, S. 3. 803 Graf, Friedrich Wilhelm: Wiederkehr, S. 64. 804 Hempelmann, Reinhard: Sehnsucht, S. 412.

5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung

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Christlichen hervorbringt.“805 Diese Verschiebungen im weltweiten Protestantismus wollen natürlich bedacht werden, zumal der westlich geprägte, aufgeklärte und ökumenisch interessierte Protestantismus dadurch langsam in die Minderheit gerät. Anhand des Fundamentalismusbegriffes diskutieren deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart den Erfolg neuer religiöser Bewegungen wie der Pfingstkirchen oder der charismatischen Bewegung in den ehemaligen Kolonialgebieten; ferner leiten sie Erkenntnisse für den interreligiösen Dialog und die missionarische Praxis daraus ab. Als Fundamentalisten kommen Gruppierungen in den Blick, die es den eigenen Partnerkirchen vor Ort schwer machen und ihnen die Gläubigen abwerben. Die Diskursakteurinnen und -akteure sind überzeugt, dass nur eine reflektierte Theologie langfristig erfolgreich und befreiend wirken könne. Einen Schwerpunkt bei den Veröffentlichungen bilden deutlich die 1990er Jahre, weswegen in diesem Fall vermutet werden kann, dass sich die dahinter liegende Debatte erledigt hat, zumal die Veränderungen im Kräfteverhältnis mittlerweile als vollzogen gelten können. Die Pfingstbewegung ist eine recht junge Bewegung. Ihr Ursprung liegt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Umso beeindruckender ist ihr rasantes Wachstum. Schätzungen sind allzumal schwierig, aber Forscherinnen und Forscher kommen mitunter auf eine halbe Milliarde Menschen, die der Pfingstbewegung verbunden sind. Dies wäre etwa ein Viertel der weltweiten Christenheit.806 Graf prophezeit: „Bei relativer Konstanz der bisherigen Wachstumsraten werden die christlich-charismatischen Gemeinschaften schon in wenigen Jahren mehr Mitglieder als die römisch-katholische Weltkirche zählen.“807 Hempelmann ist sich sicher: „Das ‚nächste Christentum‘ ist eines, in dem Visionen, Wunder, exorzistische Praktiken und ekstatische Manifestationen eine wesentliche Rolle spielen und das in der südlichen Hemisphäre sein Zentrum hat.“808 In Deutschland ist die Bewegung allerdings weniger stark. Im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden sind rund 50.000 Mitglieder organisiert, der Verband schätzt die Pfingstler 805 Ahrens, Theodor: Fundamentalismus und Enthusiasmus. Einige Anmerkungen aus missionstheologischer Sicht, in: Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Geistbewegt und bibeltreu. Pfingstkirchen und fundamentalistische Bewegungen – Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Hamburg 1995, S. 71. 806 Robins, Roger G.: Art. Pfingstbewegung/Pfingstkirchen, II. Pfingstbewegung/Pfingstkirchen und charismatische Bewegung in Nordamerika, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1237. 807 Graf, Friedrich Wilhelm: Wiederkehr, S. 64. 808 Hempelmann, Reinhard: 100 Jahre Azusa-Street-Erweckung, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 69 (2006), Nr. 4, S. 130.

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in Deutschland auf rund 150.000.809 Möglicherweise wird das Pfingstchristentum in Deutschland als Migrationsphänomen noch weitere Bedeutung erlangen. Wichtig bleibt festzuhalten, dass das Christentum in den ehemaligen Kolonial- und Missionsgebieten zunehmend die Gestalt des Pfingstchristentums annimmt.810 Dabei ist nicht restlos geklärt, ob es weiterhin dem Protestantismus zuzuordnen ist.811 Klaus Schäfer plädiert mit Walter Hollenweger dafür, die Pfingstbewegung als eine eigene Konfession zu betrachten. „Sie von kirchen- oder theologiegeschichtlichen Kategorien wie evangelikale Bewegung, Fundamentalismus oder auch Reformation, Schwärmertum etc. erklären zu wollen, führt zu Fehldeutungen.“812 Hempelmann betont dagegen die Zugehörigkeit der Pfingstbewegung zu den bestehenden Konfessionen. Pfingstchristentum sei „als gesteigerte Erweckungsfrömmigkeit zu begreifen.“813 Außerdem fänden sich enthusiastische Frömmigkeitsformen durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch.814 „Die Pfingstbewegung ist kein neuer religiöser Entwurf wie zahlreiche Sondergemeinschaften und Neuoffenbarungsgruppen. In Theologie und Frömmigkeit unterscheiden sich Pfingstler nicht wesentlich von evangelikalen biblizistisch geprägten Christen. Ihr Bibelverständnis ist meist fundamentalistisch ausgerichtet im Sinne einer Orientierung an der Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift und der unmittelbaren Identifikation der eigenen Glaubenspraxis mit dem urchristlichen Vorbild.“815 Die Pfingstbewegung und die ersten Pfingstkirchen entstehen im Umfeld der amerikanischen Heiligungsbewegung, die wiederum von John Wesley, dem Begründer des Methodismus und seiner Lehre von der christ809 Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden: Statistiken und Zahlen zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, https://www.bfp.de/statistiken-und-zahlen-zum-bfp.html (Stand: 20.05.2018). 810 Vgl. Gerloff, Roswith: Art. Pfingstbewegung/Pfingstkirchen, III. Asien, Afrika, Lateinamerika, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 12371241. 811 Hollenweger, Walter J.: Art. Pfingstkirchen, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 10179, vgl. EKL Bd. 3/9, S. 1162 ff. 812 Schäfer, Klaus: Pfingstkirchen und neo-pfingstlerische Bewegungen als Herausforderung für die Kirchen der Dritten Welt, in: Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.): Geistbewegt und bibeltreu. Pfingstkirchen und fundamentalistische Bewegungen – Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Hamburg 1995, S. 92-93. 813 Hempelmann, Reinhard: Azusa-Street-Erweckung, S. 127. 814 Hempelmann, Reinhard: Stichwort Enthusiasmus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 72 (2009), Nr. 6, S. 234-235. 815 Hempelmann, Reinhard: Pfingstbewegungen, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Januar 2015, http://ezw-berlin.de/html/3_182.php (Stand: 20.05.2018).

5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung

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lichen Vollkommenheit beeinflusst ist.816 Charles Fox Parham macht im Jahr 1901 mit Schülern seiner Bethel Bible School spirituelle Erfahrungen und verbindet das Phänomen der Zungenrede lehrmäßig mit der Vorstellung einer Taufe mit dem Heiligen Geist. Zur „Geburtsstätte der modernen Pfingstbewegung“ wird schließlich die Azusa-Street-Erweckung 1906-1913 in Los Angeles.817 Hier wirkt Parhams Schüler, der afro-amerikanische Prediger William J. Seymour. Theologisch zentral für die Pfingstbewegung ist die Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes. Markant ist die Vorstellung einer sogenannten Geisttaufe, welche die Erfüllung mit dem Heiligen Geist meint, die sich durch Zungenrede und andere Geistesgaben bemerkbar mache.818 Vorstellungen eines stufigen Heilsweges sind ebenfalls charakteristisch, etwa Bekehrung und Geisttaufe oder Bekehrung, Heiligung und Geisttaufe. Die Eschatologie kann als prämillenaristisch ausgewiesen werden. „Christologie und Bibelverständnis sind der evangelikalen Tradition verpflichtet, jedoch nicht notwendig fundamentalistisch.“819 Die Frömmigkeit der Pfingstler trägt ekstatische Züge, die Gottesdienste gestalten sich liturgisch locker, Heilungen, Zungenrede, Prophetie und das persönliche Zeugnis vor der Gemeinde gehören zu den typischen Elementen. Die pfingst-charismatische Bewegung bietet Vergewisserung durch Erleben. Beim Zungenreden, auch Sprachengebet genannt, beten oder singen die Gläubigen in unverständlichen Lauten. Dies wird als Zeichen des Wirkens des Heiligen Geistes verstanden. Apg 2 schildert das Pfingstwunder, wonach der Geist Gottes auf die Jünger herabkommt und sie in ihnen unbekannten Sprachen reden. Was man als Sinnbild für die Verbreitung des Evangeliums in aller Welt verstehen kann, ist in Pfingstgemeinden ein erlerntes Verhalten, das eingeübt und als Frömmigkeitspraxis zum Verbindungsaufbau mit Gott empfohlen wird.820 Ansatz der theologischen Kritik des Pfingstchristentums ist die Pneumatologie.821 Diese muss trinitätstheologisch angebunden sein. Ebenso ist daran zu erinnern: opera trinitatis ad extra indivisa sunt. Tauftheologisch ist es fraglich, wenn die spezielle Lehre der Geisttaufe des Pfingstchristentums so gedacht ist, dass erst sie die Taufe oder einen als mehrstufig gedachten 816 Vgl. Hempelmann, Reinhard: Azusa-Street-Erweckung, S. 126-127. 817 Frenschkowski, Marco: Art. Pfingstbewegung/Pfingstkirchen, I. Kirchengeschichtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1232. 818 Ebd., S. 1233. 819 Ebd., S. 1234. 820 Hollenweger, Walter J.: Pfingstkirchen, S. 10179; Hempelmann, Reinhard: Glossolalie/ Zungenrede, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, März 2010, http://ezw-berlin.de/html/3_202.php (Stand: 20.05.2018). 821 Vgl. zum Folgenden: Zimmerling, Peter: Charismatische Bewegungen, Göttingen 2009.

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Heilsweg vollendet. Die falsche Faszination mirakulöser Phänomene und ekstatischer Erlebnisse kann in einer unreflektierten Charismenlehre verortet werden. Die Geistesgaben werden subjektiviert und individualisiert, so wie landläufig von besonderen Gaben eines Menschen als Charisma geredet wird. Abgesehen davon, dass dies schon eine Einschränkung des Geistwirkens impliziert, der nach biblischer Überlieferung wirkt, wo er will und dass im Neuen Testament im Zusammenhang mit den Charismen immer von einer Vorläufigkeit die Rede ist, sieht man an den Referenzstellen in 1Kor 12 und Röm 12 zweierlei. Die Gaben sind jeweils in sich erkennbar differenziert, dabei prinzipiell gleichwertig, komplementär aufeinander bezogen und längst nicht so spektakulär wie das Pfingstchristentum den Anschein macht. So wird zum Beispiel die Barmherzigkeit zu den Charismen gezählt. Dies gerät aus dem Blick wenn nur Phänomene wie Zungenrede, Heilung oder Prophetie betrachtet werden. Die Gnadengaben sind immer auf Christus und die Gemeinde bezogen.822 Sie sind Geschenk Gottes, werden in eine Gemeinschaft hinein gegeben und sollen dieser dienen, so wie jedes Glied am Leib Christi dem Haupt dienen soll. Im Gegenzug sind durch das von den Pfingstkirchen angestoßene Nachdenken über den Zusammenhang von Charisma und Amt sowie funktionaler Differenzierung der Gemeinde und Gabenorientierung des Priestertums aller Getauften durchaus noch spannende Impulse zu erwarten, die den volkskirchlichen Protestantismus bereichern können. Die charismatische Bewegung, die seit den 1960er Jahren wirksam ist, kann man als Teil der Pfingstbewegung sehen.823 Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich als Erneuerung innerhalb bestehender Kirchengemeinschaften begreift oder sogar transkonfessionell wirkt. Als solche hat auch die römisch-katholische Kirche eine beachtliche charismatische Bewegung. Seit den 1980er Jahren ist allerdings auch eine vermehrte Gegenbewegung festzustellen, die zu freien charismatischen Zentren und neuen Gemeindegründungen führt.824 Lange Zeit galten pfingst-charismatische 822 Vgl. Schwöbel, Christoph: God’s Two Hands. Beyond Fundamentalism and Spiritualism, in: Schwöbel, Christoph/Min, Anselm Kyongsuk (Hg.): Word and Spirit. Renewing Christology and Pneumatology in a Globalizing World, Berlin 2014, S. 13-27. Während Schwöbel mit Blick auf den klassischen Schriftfundamentalismus von deplatzierten Fundamenten redet, spricht er mit Blick auf den pfingst-charismatischen Spiritualismus von „disconnected effects“ (Ebd., S. 20). Der trinitarische Zusammenhang der Geisterfahrungen sowie der Zusammenhang von Wort und Geist dürfe nicht gelöst werden. 823 Gasper, Hans: Art. Charismatische Bewegung, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 116-117. 824 Hempelmann, Reinhard: Charismatische Bewegung, in: Lexikon Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Oktober 2005, http://ezw-berlin.de/html/3_130.php (Stand: 20.05.2018).

5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung

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Gemeinschaften und Kirchen als nicht gesprächsbereit und -fähig in offiziellen ökumenischen Dialogen. Möglicherweise ändert sich dies gerade. Dialoge haben mit der evangelikalen Bewegung, dem Ökumenischen Rat der Kirchen sowie mit der römisch-katholischen Kirche begonnen.825 Aus dem vorher Gesagten dürfte deutlich geworden sein, dass es mannigfaltige Überschneidungen von Evangelikalismus und pfingst-charismatischer Bewegung gibt und dass für diese ebenfalls bestimmt werden muss, was an ihr als fundamentalistisch angesehen werden kann. Hempelmann stellt als Gemeinsamkeit von evangelikaler und pfingst-charismatischer Bewegung fest, beide antworteten auf eine „Sehnsucht nach Gewissheit“.826 Die Reaktion des Evangelikalismus sei der Biblizismus, die Reaktion von Pfingstlern und Charismatikern der Enthusiasmus. Ihre jeweiligen Übersteigerungen nennt Hempelmann Wortfundamentalismus und Geistfundamentalismus. „Für beide (!) Gestalten ist charakteristisch, dass sie sich auf die biblische Tradition berufen und dabei von der wörtlichen Inspiriertheit der Bibel ausgehen, wobei das Bibelverständnis keineswegs einheitlich ist.“827 Beide könnten sich mit Kreationismus, Millenarismus und einer konservativen Ethik verbinden. Der Geistfundamentalismus stellt für Hempelmann einen um die charakteristische enthusiastische Frömmigkeit erweiterten Wortfundamentalismus dar. „Der Geistfundamentalismus bietet alles, was der Wortfundamentalismus auch beinhaltet, kennt jedoch darüber hinaus ergänzende, steigernde Elemente.“828 Während Hempelmann bestimmte Formen von Evangelikalismus und pfingst-charismatischer Bewegung mit seiner Unterscheidung von Wort- und Geistfundamentalismus auf einen fundamentalistischen Nenner bringt, wendet Birnstein eine im Grunde ähnliche gedankliche Figur an, benutzt sie aber dazu, um Evangelikalismus und pfingst-charismatische Bewegung gänzlich als Fundamentalismus zu bezeichnen. Sie gehörten „beide der fundamentalistischen Ausformung des Christentums an.“829 Die Charismatiker setzten bei der Erfahrung, die Evangelikalen beim Wort an. Einig seien beide in ihrer Kritik an der Volkskirche.830 Es wurde eingangs beschrieben, dass pfingst-charismatisches Christentum vor allem in den ehemaligen Kolonial- und Missionsgebieten expandiert. Daher werfen Forscherinnen und Forscher einen missionstheologischen Blick auf das Phänomen und bedenken es mit dem Fun825 Hempelmann, Reinhard: Pfingstbewegungen. 826 Hempelmann, Reinhard: Sehnsucht, S. 410-436. 827 Ebd., S. 422. 828 Ebd., S. 429. 829 Birnstein, Uwe: Gottes Wort, S. 35. 830 Ebd., S. 36-37.

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damentalismusbegriff. Ahrens vergleicht Fundamentalismus und Enthusiasmus. Er identifiziert das Pfingstchristentum zwar nicht in Gänze mit Fundamentalismus, aber redet von einer starken Fundamentalismusanfälligkeit. Missions- und Partnerkirchen seien vielfach durch aufkeimende enthusiastische und fundamentalistische Bewegungen verunsichert.831 In dieser Situation der Unsicherheit neigten die Missionskirchen dazu, sich gegen neue religiöse Bewegungen abzugrenzen und Ausgrenzungsstrategien zu fahren. Die Missionswerke ihrerseits versuchten, die Partnerkirchen noch stärker finanziell oder personell an sich zu binden.832 Ahrens vergleicht einen pfingstlerischen und fundamentalistischen Typ des Christentums und beschreibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede wie folgt: „Während der Fundamentalismus der Erfahrung abgründiger gesellschaftlicher Anomie die Aussicht entgegenstellt, durch Unterwerfung unter ein System der Welterklärung könne Ersatz für verfehlte oder gefährdete Identität geschaffen werden, kommt das Pfingstlertum den Einzelnen in ihrer Krisenerfahrung (denen, die nicht recht sehen, nicht aufrecht gehen, nicht gut hören können) mit dem Versprechen der Wiederherstellung zu neuem Leben bei und gibt dem Bedürfnis nach Orientierung ein klar profiliertes Angebot an die Hand.“833 Zudem hätten Frauen im Pfingstchristentum eine stärkere Stellung als im Fundamentalismus.834 Klaus Hock bedenkt die Zusammenhänge von Mission und Fundamentalismus vor dem Hintergrund, dass die Missionstätigkeit christlicher wie nicht christlicher fundamentalistischer Gruppierungen „in den letzten Jahrzehnten signifikant zugenommen“ habe. 835 Die protestantische Missionsbewegung des 19. Jahrhunderts sei wie der Fundamentalismus aufs engste mit Modernisierungsprozessen verbunden gewesen.836 „Viele, die sich als Missionare nach Übersee auf ‚das Missionsfeld‘ begaben, waren Modernisierungsverlierer – sie entstammten oftmals strukturschwachen ländlichen Räumen und betrachteten die Entstehung der modernen Industriekultur mit besonderer Skepsis; ‚auf dem Missionsfeld‘ selbst jedoch traten sie als wichtige Agenten der Modernisierung in Erscheinung, indem sie europäische – und somit eben auch moderne Werte, Institutionen, Organisationsformen, Techniken usw. – mit sich brach831 Ahrens, Theodor: Fundamentalismus, S. 71-80. 832 Ebd., S. 73. 833 Ebd. 834 Ebd., S. 74. 835 Hock, Klaus: Mission und religiöser Fundamentalismus, in: Dahling-Sander, Christoph/ Schultze, Andrea (Hg.): Leitfaden ökumenische Missionstheologie, Gütersloh 2003, S. 314. 836 Ebd., S. 313.

5.2 Fundamentalismus und Pfingstbewegung

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ten.“837 Neben dieser Ambivalenz zur Moderne als Gemeinsamkeit von Fundamentalismus und Mission nähmen islamisch-fundamentalistische und hinduistisch-fundamentalistische Bewegungen zum Teil explizit auf christliche Mission Bezug, die als Teil eines westlichen Imperialismus gesehen werde, worin ein weiterer, in diesem Fall negativer Zusammenhang bestehe, so Hock.838 Für eine missionstheologische Auseinandersetzung mit Fundamentalismus, die „bislang noch kaum in Angriff genommen ist“, schlägt Hock vor, einen polemischen durch einen „deskriptiv-analytischen“ Fundamentalismusbegriff zu ersetzen, sich mit christlichem Fundamentalismus „auch und gerade in Blick auf das Missionsverständnis“ stärker auseinanderzusetzen, einen Weg „zwischen der Skylla fundamentalistischer Borniertheit und der Charybdis pluralistischer Beliebigkeit“ zu finden und die Relevanz des Evangeliums in krisenhaften Wandlungsprozessen zur Geltung zu bringen. 839 Wenn es um konkrete fundamentalistische Phänomene in einzelnen Erdteilen geht, stellt sich den Beobachterinnen und Beobachtern oft die Frage, ob es sich bei dem, was als fundamentalistisch wahrgenommen wird, nicht vielmehr um kulturell bedingte Ausformungen handelt, die mit dem Fundamentalismusetikett nur unzureichend getroffen werden. Hock macht in religionswissenschaftlicher Perspektive Schnittmengen zwischen US-amerikanischem Fundamentalismus und neuen religiösen Bewegungen in Afrika aus und beschreibt zwei Bewegungen, welche „meines Erachtens jenen ‚realistischen‘ Typ Neuer Religiöser Bewegungen in Afrika in besonders idealer Weise repräsentieren“.840 Damit meint er vor allem pfingstlerisch-evangelikale Bewegungen. Die erste der besagten Bewegungen stellt die Church of God Mission des Bischofs Benson Idahosa dar, deren Charakteristikum die konsequente Verkündigung eines Evangeliums des Wohlstandes sei.841 Als zweite beispielhafte Bewegung führt Hock die Deeper Life Bible Church von William Folorunso Kumuyi an, deren Besonderheit in der Methode liege, „theologische Lehren in Form populärer Slogans zu elementarisieren und werbewirksam zu propagieren“.842 Dabei kommt Hock zu dem Ergebnis, dass die beschriebenen afrikanischen, pfingstlerischen, Bewegungen „nicht einem westlich-fun837 Ebd. 838 Ebd., S. 313-314. 839 Ebd., S. 314. 840 Hock, Klaus: „Jesus-Power – Super-Power!“ Annäherungen an die Schnittstellen zwischen christlichem Fundamentalismus und Neuen Religiösen Bewegungen in Afrika, in: Zeitschrift für Mission, Jg. 21 (1995), S. 136. 841 Ebd., S. 137-138. 842 Ebd., S. 139.

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damentalistischen, sondern einem afrikanischen Referenzrahmen zuzuordnen und somit mehr ‚afrikanisch‘ als ‚fundamentalistisch‘ sind.“843 Helmut Grimmsmann schildert seine Erfahrungen als Missionar in der Lutherischen Kirche der Zentralafrikanischen Republik, die er als eine „von vielerlei fundamentalistischen Verhaltensweisen und Geisteshaltungen geprägte Umwelt“ bezeichnet.844 Er unterscheidet einen naiven Fundamentalismus, worunter er das Festhalten an supranaturalistischen Weltbildern meint, von einem gewollten Fundamentalismus, der im Grunde ein supranaturalistisches Weltbild überwunden hat, den Fundamentalismus aber aus patriarchalischen und autoritären Gesellschaftsvorstellungen heraus bewusst anwendet.845 Grimmsmann zufolge lebten die meisten Christinnen und Christen Zentralafrikas nach einem Weltbild, das durch die Aufklärung bisher kaum infrage gestellt worden sei und problemlos wundersame und überweltliche Ereignisse in den Alltag zu integrieren wisse.846 Dieses andere Verständnis der Wirklichkeit stelle an sich noch kein Problem dar, außer dass es mit einer konservativen Grundhaltung verbunden sei, die sich dadurch auszeichne, dass Neugier, Zweifel, Diskussion und Fragen nicht erwünscht seien und negativ auf die Person zurückfielen, die sie geäußert haben.847 Drei Kritikpunkte macht Grimmsmann an diesem naiven Fundamentalismus fest. Erstens sei Neugier eine den Menschen konstituierende Eigenschaft. Insbesondere in der theologischen Ausbildung dürfe es nicht darum gehen, „Menschen einfach mit dem Wissen abzufüllen“, sondern zu selbstständigem Fragen anzuleiten.848 Zweitens sei ein supranaturalistisches Weltbild nicht nur kurios, sondern mitunter gefährlich. „So geht zum Beispiel bei der Behandlung von Krankheiten viel daneben, weil das Überprüfen von Zusammenhängen zwischen Ursachen und Wirkungen nie eingeübt wurde.“849 Drittens sei die Gefahr eines Vertrauensverlustes groß, denn die Erkenntnisse der historisch-kritischen Bibelkritik könnten nicht verborgen bleiben und fielen früher oder später auf die Kirche zurück.850 Von diesem naiven Fundamentalismus grenzt Grimmsmann einen gewollten Fundamentalismus ab, bei dem Glaubensüberzeugungen instrumentalisiert werden.851 Er zeichne sich vor allem dadurch aus, dass er bestehende Gesellschafts- und Herrschaftsstruktu843 Ebd., S. 150. 844 Grimmsmann, Helmut: Bibel, S. 56. 845 Grimmsmann, Helmut: Axt, S. 2-4. 846 Grimmsmann, Helmut: Bibel, S. 57-58. 847 Ebd., S. 59. 848 Ebd. 849 Ebd. 850 Ebd., S. 60. 851 Ebd., S. 60-62.

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ren beizubehalten versuche, was im Widerspruch zur befreienden Botschaft des Evangeliums stehe. „Interessanterweise ist der grundlegende Anknüpfungspunkt nicht das supranaturalistische Weltbild, sondern die autoritätsgläubige Gesellschaftsstruktur. Die Menschen in Zentralafrika waren es bisher gewohnt, dass ihnen gesagt wurde, was sie zu denken hätten. Sie sehen kein Problem darin, dass an die Stelle der Autoritäten aus ihrer Überlieferung nun die Kirche oder die Missionare treten und das Weltbild definieren bzw. das bisherige abstützen. Auch dass dabei durch den Einsatz von Macht nachgeholfen wird, ist für sie weder neu noch von Anfang an anstößig.“852 Grimmsmann trägt Empfehlungen zusammen, wie Fundamentalismus in Missionskirchen überwunden werden könne:853 1. Die politische Befreiung der Individuen stärken, statt auf starke Führungspersönlichkeiten zu setzen. 2. Dem Glauben an Zauberei müsse seelsorgerlich und psychologisch begegnet werden. 3. Gegenüber der Polygamie müsse Einehe und Frauenordination gefördert werden. 4. Die Christinnen und Christen müssten den Unterschied zwischen der christlichen „Erlösungsreligion“ und der islamischen „Gesetzesreligion“ deutlich machen. Heinrich Schäfer beschreibt die Herausforderungen für die historischen Missionskirchen durch pfingstliche und neo-pfingstlerische Kirchen in Mittelamerika am Beispiel der Presbyterianischen Kirche in Guatemala.854 Er unterscheidet vier Typen des Protestantismus in Guatemala, einen historischen Protestantismus, einen fundamentalistischen Protestantismus, der insbesondere den prämillenaristischen Dispensationalismus des amerikanischen Fundamentalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewahrt hat sowie einen pfingstlichen und viertens einen neopfingstlichen Protestantismus.855 Zunächst ist bei Schäfer mit Fundamentalismus keineswegs das Pfingstchristentum assoziiert. Allerdings knüpfen die Pfingstkirchen in Guate852 Ebd., S. 60. 853 Grimmsmann, Helmut: Glaube und Zauberei. Fundamentalismus in einer jungen afrikanischen Kirche, in: Lutherische Monatshefte, Jg. 33 (1995), Nr. 7, S. 31. 854 Schäfer, Heinrich: Befreiung vom Fundamentalismus. Entstehung einer neuen kirchlichen Praxis im Protestantismus Guatemalas. Eine Fallstudie, Münster 1988; vgl. Schäfer, Heinrich: Protestantismus. 855 Schäfer, Heinrich: Befreiung, S. 18-19.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

mala sowie die neopfingstlichen Kirchen, namentlich die charismatische Bewegung, an prämillenaristische Strömungen in der Presbyterianischen Kirche an. Diese waren wiederum ein Erbe des amerikanischen Fundamentalismus, das man zwischenzeitlich überwunden hatte. Der Prämillenarismus der Pfingstler korrespondiere, so arbeitet Schäfer heraus, mit sozialen und politischen Krisen und stelle eine einfache und willkommene Antwort dar. „Die Armen wandern von der presbyterianischen Kirche zu den traditionellen Pfingstkirchen ab, weil die Pfingstkirchen ihnen die Illusion einer Flucht aus der Welt vermitteln. Grundlage dieser Illusion ist der Prämillenarismus, den die presbyterianische Kirche in Guatemala nach seinem starken Einfluss über gut 50 Jahre hinweg in ihren Reihen nun zu bekämpfen sucht.“856 Somit ist der Titel von Schäfers Fallstudie Befreiung vom Fundamentalismus ein Stück weit uneingelöste Herausforderung für die Presbyterianische Kirche in Guatemala.857 Während Schäfer 1988 dezidiert die Herausforderungen durch pfingst-charismatische Strömungen auf die so genannten historischen Kirchen bedenkt, geht er später der These nach, ob Fundamentalismus und Pfingstchristentum in Lateinamerika der Rückeroberung von Lebenswelt dienen.858 Das vornehmlich katholische Bündnis von Thron und Altar sei zulasten der indigenen Kultur gegangen. Den historischen Protestantismus thematisiert Schäfer an dieser Stelle nicht. Er legt einen Fundamentalismusbegriff an, der noch weit vor seiner Monografie gebildet ist.859 Der Fundamentalismus lasse das Relative absolut werden. Er stelle so eine unmittelbare Beziehung zwischen dem Eigenen und dem Göttlichen her und transformiere Krisenerfahrung in Machterwerb.860 Der Fundamentalismus der Charismatiker setze insofern die eigene Identität absolut, als dass er verschiedene Erscheinungsformen wie Glossolalie, Heilungen, und Prophetie mit dem Heiligen Geist identifiziere. In Abschwächung gelte das für die Pfingstkirchen, wenn sie einen prämillenaristischen Dispensationalismus vertreten.861 Die vitale Eschatologie kann Schäfer als Protest deuten, weil er ein Störpotenzial für Vorfindliches habe. Ebenso könne das Sprachengebet als 856 Schäfer, Heinrich: Protestantismus, S. 253. 857 Vgl. Schäfer, Heinrich: Befreiung. 858 Schäfer, Heinrich: „Herr des Himmels, gib uns Macht auf der Erde!“ Fundamentalismus und Charismen: Rückeroberung von Lebenswelt in Lateinamerika, in: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, Jg. 43 (1992), S. 43-48. 859 Vgl. Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf. 860 Schäfer, Heinrich: Herr, S. 43-44; vgl. Schäfer, Heinrich: A Conservative Evangelical Perspective, in: Wilson, Henry S.: World Christian Fundamentalism Today. The papers and findings of the WARC/LWF/PCPCU Consultation 22 to 26 February 1993, Genf 1994, S. 64-83. 861 Schäfer, Heinrich: Herr, S. 45-46.

5.3 Fundamentalismus und Islamismus

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Protest gegen das Redeverbot in der Kirche und als Quelle von Sprachfähigkeit gelten.862 So sieht Schäfer in der charismatischen Frömmigkeit eine Frömmigkeit der Unterdrückten, die sich Lebenswelt zurückerobern. Solange das Eigene nicht absolut gesetzt werde, will er nicht unbedingt von Fundamentalismus reden.863 Möglicherweise könne „die Einzeluntersuchung von Bewegungen, die auf den ersten Blick fundamentalistisch erscheinen und sich im US-amerikanischen oder europäischen Kontext so gerieren, erweisen, dass sie es gar nicht sind.“864 Es wird deutlich, im Teildiskurs Fundamentalismus und Pfingstbewegung gelten bedenkliche Begleit- und Folgeerscheinungen der pfingst-charismatischen Bewegung als Fundamentalismus. Kritisiert wird das Konkurrenzverhalten der jungen Kirchen und Gemeinschaften sowie deren Vorliebe für mirakulöse Praktiken und Versprechungen nach Heilung und Wohlstand. Zur Überwindung werden theologische Aufklärung und Bildung sowie die Verbesserung sozialer und politischer Bedingungen angeraten, die den Nährboden für die enthusiastische Frömmigkeit bilden. 5.3 Fundamentalismus und Islamismus Im Teildiskurs Fundamentalismus und Islamismus wird der Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff gegenüber radikalisierten Anteilen des Islam verwendet. Zwar findet nicht erst seit dem 11. September 2001 eine wissenschaftliche Erörterung des Islam und der Rolle von Muslimen international sowie in der bundesdeutschen Gesellschaft statt, aber sie hat seitdem deutlich Fahrt aufgenommen. Deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen gehen in diesem Teildiskurs davon aus, dass der Islam zu Recht oder zu Unrecht durch radikales Verhalten muslimischer Gläubiger in Verruf geraten ist. Sie thematisieren ferner Fragen des interreligiösen Dialogs und des gesellschaftlichen Zusammenlebens.865 An862 Ebd., S. 46. 863 Ebd., S. 47. 864 Ebd., S. 74. 865 Dies ist zunächst die Frage nach dem Gottesbild, ob Christen und Muslime an denselben Gott glauben, sowie nach dem Missionsverständnis der jeweiligen Religion. Aus christlicher Sicht ist daher explizit zu thematisieren, ob es außerhalb des Christentums einen Heilsweg gibt, ferner ob Mohammed für das Christentum als Prophet gelten kann und der Koran als Wort Gottes. Die Gottheit Jesu Christi und die Trinitätslehre sind nicht nur erklärungsbedürftig im christlich-muslimischen Dialog, sie müssen auch behauptet werden. Hingegen haben häufig thematisierte Fragen nach der historisch-kritischen Exegese und ob es im Islam eine Reformation oder Aufklärung gab und wenn nein, ob sie ihm gut täte, eine untergeordnete Bedeutung, wenn auch keine geringe. Was die Themen des gesellschaftlichen Zusammenlebens angeht, die untrennbar mit der jeweiligen theologischen Tradition verbunden sind, ist der gesamte Komplex der Staats- und Rechtsordnung vorrangig, unter besonderer Berück-

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

hand des Fundamentalismusbegriffes klären sie den Zusammenhang von Islam, Islamismus und Terrorismus. Als Fundamentalisten geraten Muslime in den Blick, die zu politischer Gewalt neigen oder religiös auffälliges Verhalten in der säkularen Gesellschaft zeigen. Die Diskursakteurinnen und -akteure mahnen die Öffentlichkeit zu Differenzierungen und wehren einem Generalverdacht, Islam sei mit Terrorismus, Fanatismus oder Radikalismus gleichzusetzen. Gleichzeitig fordern sie Muslime auf, ihre Integrationsbemühungen fortzusetzen. Die Veröffentlichungen häufen sich zwischen der zweiten Hälfte der 1990er Jahre und den 2000er Jahren. Weil das dahinter liegende Phänomen nicht an Relevanz eingebüßt hat, lässt sich vermuten, dass der Diskurs allein deshalb abebbt, weil der Begriff Islamismus den Terminus islamischer Fundamentalismus überholt hat.866 Unter Islamismus versteht man Organisationen und politische Vorstellungen, die Staaten und Gesellschaften nach (vermeintlich) islamischem Vorbild umgestalten wollen, also etwa das islamische Recht der Scharia einführen möchten. Als Merkmale des Islamismus können gelten:867 1. Absolutsetzung des Islam als Lebens- und Staatsordnung 2. Vorrang Gottes vor der Volkssouveränität als Legitimationsbasis sichtigung der Stellung des Islam gegenüber Krieg und Gewalt, Frauen und Minderheiten. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen dabei eher kulturelle Dimensionen, welche die Sichtbarkeit des Islam in unser Gesellschaft betreffen wie die Haltung gegenüber Minaretten und Verschleierung (Vgl. dazu Küng, Hans: Der Islam. Geschichte, Gegenwart, Zukunft, München 2006). 866 Den seltenen Versuch einer Differenzierung der Termini islamischer Fundamentalismus und Islamismus trägt Friedrich Erich Dobberahn vor. „Unter ‚islamischem Fundamentalismus‘ oder ‚Islamismus‘ ist eine universale Heilsideologie mit dem heilsgeschichtlich-politischen Anspruch zu verstehen, eine als alternativlos angesehene, quasi ‚kosmisch‘ gültige Ordnung in notwendig intolerant-totalitärer Weise gegen die säkulare, liberale Gesellschaft des Westens durchzusetzen, die sich in heidnischer Arroganz (gahiliya) gegen den reinen, wahren Ur-Islam verschworen hat. Islamistisch meint hierbei imperiale Anstrengungen (auch gewaltsamer Art), mit denen Gesellschaft, Kultur, Staat und Politik über jede territorial-nationalstaatliche Beschränkung hinaus anhand von Werten und Normen, die als islamisch angesehen werden, umgestaltet werden sollen. Fundamentalistisch ist die überzeitliche Heilsund Rechtsgewissheit in Kombination mit dem apokalyptischen Gut-Böse-Dualismus, die Zurückorientierung auf die ideal-normative Urgesellschaft des Islam (‚Medina-Modell‘) sowie die Betonung der Offenbarung als einer klaren, jedermann zugänglichen Wortwörtlichkeit heiliger Schriftquellen, welche die weltweite islamische Glaubensgemeinschaft (umma) einigt.“ (Dobberahn, Friedrich Erich: Verlust und Rückeroberung der Heilsgeschichte – zur Entstehung des schiitischen Islamismus, in: Eppler, Wilhelm (Hg.): Fundamentalismus als religionspädagogische Herausforderung, Göttingen 2015, S. 105-106.) 867 Pfahl-Traughber, Armin: Islamismus – Was ist das überhaupt? Definition – Merkmale – Zuordnungen, 9. 9. 2011, in: Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung, http:// www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/36339/islamismus-was-ist-das-ueberhaupt?p=all (Stand: 20.05.2018).

5.3 Fundamentalismus und Islamismus

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3. Angestrebte vollkommene Durchdringung und Steuerung der Gesellschaft 4. Forderung nach einer homogenen und identitären Sozialordnung im Namen des Islam 5. Frontstellung gegen die Normen und Regeln des modernen demokratischen Verfassungsstaates Fanatismus und Gewalt müssen nicht zwingend Merkmale des Islamismus sein, allerdings sind islamistische Auffassungen „aus demokratietheoretischer Sicht grundsätzlich problematisch – unabhängig von einer latent oder manifest vorhandenen Gewaltbereitschaft.“868 Der Islam kennt seit seinen Anfängen eine enge Verbindung von Glaubensgemeinschaft und Staat.869 Mohammed und die ersten Kalifen sind Religions- und Staatsoberhaupt in Personalunion, auch wenn diese Verbindung im Laufe der Geschichte gelockert wird.870 Vor allem der Kolonialismus zerstört die traditionelle Einheit und wirkt eine massive Säkularisation.871 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts übernehmen die meisten islamischen Staaten europäische Strukturen. Seit den 1970er Jahren kommen weltweit verstärkt Bestrebungen auf, zu islamischen Staaten mit Scharia zurückzukehren.872 Die Gründung der Muslimbruderschaft 1928 durch Hasan al-Banna in Ägypten gilt als Beginn des modernen Islamismus.873 Dieser entsteht damit in der Spätphase des Kolonialismus und trägt seitdem Züge des Widerstandes gegen westliche Überfremdung, gegen die man islamische Moral- und Gesellschaftsvorstellungen setzen möchte. Der Islam erscheint als einziges Element der eigenen Identität, welches bislang vom Westen unberührt geblieben ist.874 Islamistische Konzeptionen treten historisch auch als Alternativen zu Sozialismus oder Kapitalismus auf.875 Mitri Raheb erklärt: „Fundamentalismus kann man heute nicht verstehen, es sei denn 868 Ebd. 869 Wielandt, Rotraud: Art. Säkularisation/Säkularisierung, VIII. Islam, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 787. 870 Vgl. Badry, Roswitha: Art. Politik, III. Politik und Religion, 4. Islam, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 1458-1460. 871 Halm, Heinz: Art. Islam, in: Evangelisches Kirchenlexikon (Elektronische Ausgabe), Digitale Bibliothek, Bd. 98, Göttingen 2004, S. 5369, vgl. EKL Bd. 2/5, S. 733 ff. 872 Wielandt, Rotraud: Säkularisation, Sp. 788. 873 Rotter, Gernot: Art. Islam. X. Politischer Islam, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 4, Tübingen 2001, Sp. 280. 874 Sundermeier, Theo: Fundamentalismus, S. 357-358. 875 Eißler, Friedmann: Islamismus, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 77 (2014), Nr. 7, S. 275-279.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

als Reaktion auf die Kolonialzeit des 19.-20. Jahrhunderts im Nahen Osten mit ihren Verfremdungseffekten, ohne die Zeit des Nationalismus mit ihren großen Versprechungen, die nicht eingelöst worden sind, ohne die Irrationalität arabischer Politik in diesem Jahrhundert, ohne das Scheitern des Sozialismus und den Zerfall des Ostblocks.“876 Die Muslimbruderschaft ist in ihrer 90-jährigen Geschichte eine wandelbare und diffizile Organisation mit politischen, sozialen und terroristischen Anteilen, die zeitweise regiert und zeitweise verboten ist. Der erste frei gewählte Präsident Ägyptens Mohammed Mursi (2012–2013) entstammt dem Führungsumfeld der Muslimbrüder und bringt es auf eine Amtszeit von einem Jahr bis zu einem Militärputsch. Danach wird die Vereinigung als Terrororganisation eingestuft und hunderte Anhänger werden zum Tode verurteilt. Fundamentalistisch-islamistische Bewegungen durchlaufen Theo Sundermeier zufolge eine typische Entwicklung.877 Nach einer ersten Phase sozialen und kulturellen Engagements folge eine zweite der politischen und programmatischen Abgrenzung und Übertreibung eigener Prinzipien. In einer dritten Phase werde der eigene Staat zum Feind und Repräsentant des vorislamischen Heidentums deklariert und eine Gewaltspirale setze sich in Gang.878 Nötig sei es gegenwärtig, „die Gruppierungen wieder auf ihr ursprüngliches Ziel aufmerksam zu machen und sie in den Prozess zur Erlangung sozialer Gerechtigkeit einzubeziehen“.879 Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet folgende Gruppierungen dem Islamismus zu:880 1. Muslimbruderschaft 2. Hisbollah in Libanon und die palästinensische Hamas, die mit der Muslimbruderschaft verwandt ist 3. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die Gewalt für ihre politischen Ziele ablehnt 4. Der Salafismus, bei dem die Grenzen zwischen politischen Salafisten und dschihadistischen Salafisten fließend sind 876 Raheb, Mitri: Fundamentalismus im Islam – Demokratie im Nahen Osten, in: Fritsch-Oppermann, Sybille (Hg.): Fundamentalismus der Moderne. Christen und Muslime im Dialog. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 28. bis 30. Oktober 1994, 2. Aufl., Loccumer Protokolle 57/94, Rehburg-Loccum 1996, S. 189. 877 Sundermeier, Theo: Fundamentalismus, S. 343-364. 878 Ebd., S. 358-361. 879 Ebd., S. 361. 880 Bundesamt für Verfassungsschutz: Was ist Islamismus?, Homepage des Bundesamtes für Verfassungsschutz, http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/was-ist-islamismus (Stand: 20.05.2018).

5.3 Fundamentalismus und Islamismus

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5. Dschihadisten und islamistische Terroristen wie Al-Qaida oder Islamischer Staat in Syrien und Irak Drei Themenkreise sind zu differenzieren, wenn sich deutschsprachige protestantische Theologinnen und Theologen der Gegenwart vermittelt über den Fundamentalismusbegriff mit Islamismus beschäftigen. Da ist zunächst das vornehmlich internationale Bedrohungspotenzial des Islamismus. Zweitens wird ein unterschiedlicher Umgang mit Schrift und Tradition in Islam und Christentum bemerkt. Letztens machen sie sich Gedanken zum gesellschaftlichen Zusammenleben mit Muslimen in der Bundesrepublik. Zunächst das internationale Bedrohungsszenario, welches von Beobachterinnen und Beobachtern hergestellt wird. Werner Thiede vergleicht den islamischen Fundamentalismus gar mit den großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, Faschismus und Kommunismus.881 Mithilfe des Fundamentalismusbegriffes bedenken die Diskursakteurinnen und -akteure den Zusammenhang von Islam, Islamismus und gewalttätigen Ausformungen wie Terrorismus, Dschihadismus und Totalitarismus. Sie leugnen das weltweite Gefahrenpotenzial des Islamismus nicht, relativieren allerdings seine Bedrohlichkeit für die Bundesrepublik. Generell wird zu Differenzierung angeregt, Binnendifferenzierungen des Islam kommen allerdings selten zum Tragen.882 Sowohl, was einzelne Strömungen, als auch, was seine lokalen Ausprägungen angeht.883 Walter Schmidt differenziert die Bedeutung der Begriffe Fundamentalismus, Islamismus und Terrorismus. „Islam ist etwa nicht gleich Islam. Islam ist nicht identisch mit Islamismus, und Islamismus steht nicht notwendigerweise für Gewalt, von Terror ganz zu schweigen.“884 Dem Islamismus oder islamischen Fundamentalismus gehe es primär um religiöse Anliegen, die durchaus Parallelen zu den Anliegen des protestantischen 881 Vgl. Thiede, Werner: Terror, S. 194-204; Thiede, Werner: Der Kopftuch-Streit – eine kulturpolitische Herausforderung, in: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Jg. 67 (2004), Nr. 2, S. 71-74; Thiede, Werner: Wiederkehr, S. 3-15. 882 Vgl. Elsas, Christoph: „Fundamentalismus“, Kritik und dialogische Verständigung, in: Mahlke, Reiner/Pitzer-Reyl, Renate/Süss, Joachim (Hg.): Living faith – lebendige religiöse Wirklichkeit. Festschrift für Hans-Jürgen Greschat, Frankfurt am Main 1997, S. 297-298. 883 Vgl. Schumann, Olaf: Islamischer Fundamentalismus in Indonesien in: Fritsch-Oppermann, Sybille (Hg.): Fundamentalismus der Moderne. Christen und Muslime im Dialog. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 28. bis 30. Oktober 1994, 2. Aufl., Loccumer Protokolle 57/94, Rehburg-Loccum 1996, S. 217. 884 Schmidt, Walter: Fundamentalismus, Islamismus, Terrorismus? Ein enzyklopädischer Klärungsversuch, in: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, Jg. 53 (2002), Nr. 1, S. 88-89.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Fundamentalismus aufwiesen. Der islamische Terrorismus hingegen, den Schmidt mit Dschihadismus bezeichnet wissen will, weise andere Anliegen auf. „Die Motive der militanten Gotteskämpfer sind also politische Ziele, wenn auch religiös verbrämt.“885 Dobberahn deutet den islamischen Fundamentalismus am Beispiel des schiitischen Islamismus als eschatologische Bewegung.886 „Es ist genau dieses Hineinpressen der Heilserwartung in den (Gott letztlich misstrauenden) Modus der Geschichtswiederholung, das die apokalyptischen Empfindungen von Weltverachtung und Heillosigkeit hervorruft, das zu endzeitlich vorgreifender Selbstjustiz im Namen Gottes anstachelt und den Zugang zu einer zukunftsoffenen Wahrnehmung wie Mitgestaltung der Heilsgeschichte versperrt.“887 Heinrich Schäfer vergleicht islamischen und US-amerikanischen Fundamentalismus miteinander. „Beide Fundamentalismen sind in einem technokratischen Sinne modern. Darüber hinaus sind beide politisch anpassungsfähig. Sie sind nicht grundsätzlich gegen demokratische Prozeduren, aber sie bekämpfen säkulare Demokratie im Interesse religiöser Machtansprüche in der Politik.“888 Ein Unterschied bestehe in der Anwendung und im Verhältnis zu Gewalt. Während der islamische Fundamentalismus zu irregulärer Gewalt neige, bevorzuge der amerikanische Fundamentalismus staatlich legitimierte Gewalt.889 Den entscheidenden Unterschied beider Fundamentalismen sieht Schäfer in ihren ökonomischen Vorstellungen. „Im Blick auf die Modelle sozialer Organisation optiert der muslimische Fundamentalismus für staatlich organisierte sowie für internationale Gerechtigkeit. Dagegen propagiert der US-amerikanische Fundamentalismus den Besitzindividualismus sowie neoliberale Prosperitäts- und Exklusionsstrategien.“890 Die Moderne werde nach Ansicht von Schäfer in zweifacher Weise als bedrohlich für die islamische Gesellschaft erfahren. Zum einen komme sie von außen, vermittelt durch den westlichen Kolonialismus. Zum anderen stelle die Herrschaft von neuen, säkular geprägten Eliten die traditionellen Herrschaftsverhältnisse in der islamischen Gesellschaft infrage.891 Ulrich Dehn unterscheidet drei islamische Milieus.892 Der religiöse Konservativismus zeichne sich durch eine strenge Koraninterpretation, die 885 Ebd., S. 91. 886 Dobberahn, Verlust. 887 Ebd., S. 133. 888 Schäfer, Heinrich: Fundamentalismen, S. 29. 889 Ebd., S. 29. 890 Ebd., S. 30. 891 Schäfer, Heinrich Wilhelm: Kampf, S. 91-92. 892 Dehn, Ulrich: Islam, S. 165-176.

5.3 Fundamentalismus und Islamismus

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strikte Befolgung der fünf Säulen des Islam sowie der islamischen Speisegebote aus, zudem herrsche ein traditionelles Geschlechterverständnis vor, Kritik an der israelischen Regierung sei verbreitet. Das ideologisierte Milieu zeichne sich durch Idealvorstellungen einer islamischen Gesellschaft in der Vergangenheit aus und dem Wunsch einer gegenwärtigen islamischen Gesellschaft sowie Pauschalkritik an Israel und der Infragestellung des Existenzrechtes Israels. Die politische Militanz, drittens, verbinde einen militanten Antisemitismus mit einer Kritik des Westens, vor allem der USA. Das Dschihadverständnis sei militärisch, die Anhänger gewaltbereit. Als fundamentalistisch im eigentlichen Sinne will Dehn nur den Typ zwei, Ideologisierung, bezeichnen. Beim ersten Typ (religiöser Konservativismus) fehle der radikale Kern, während sich für den dritten, den gewaltbereiten Typ, die Ideologie schon weit von den Schriftgrundlagen entfernt habe.893 Weiter nehmen die Diskursakteurinnen und -akteure einen unterschiedlichen Umgang mit Schrift und Tradition mithilfe des Fundamentalismusbegriffes wahr. Die Gemeinsamkeiten beziehen sich in der Regel auf ein als solches identifiziertes fundamentalistisches Moment der Exegese und Hermeneutik, während sich die Unterschiede im Vergleich eines islamistischen und christlichen Ansatzes auftun, der sich als westlich, liberal, modern und aufgeklärt ausweist. Ulrich Schoen thematisiert das unterschiedliche Verhältnis von Schrift und Tradition in Islam und Protestantismus. Der Protestantismus halte „an seinem Grundsatz sola scriptura fest[…], auch wenn seine Pastoren und Pastorinnen seit einem Jahrhundert an den Fakultäten lernen, dass die ‚Schrift‘ des Neuen Testaments im Grunde ‚Tradition‘ ist.“894 Aus muslimischer Wahrnehmung seien die Schriften des Neuen Testaments daher keine Offenbarung, die sich mit der Offenbarung vergleichen ließe, die Mohammed empfangen habe. „Islamischer Fundamentalismus ist sinnvoll, christlicher Fundamentalismus aber ist gefährlich: Denn wenn Glaubende sich auf das Fundament beziehen, dann beziehen sich die Muslimen auf die Worte des von Gott Gesandten. Die Christen dagegen beziehen sich auf ein Kollektiv von Leuten, die nicht persönlich die Offenbarung empfangen haben, sondern sich nur von dieser herleiten. Die Christen behandeln dabei die Worte dieser Leute wie wenn sie Offenbarungen wären.“895 893 Ebd., S. 170-172. 894 Schoen, Ulrich: Christen und Muslime im Gespräch, in: Fritsch-Oppermann, Sybille (Hg.): Fundamentalismus der Moderne. Christen und Muslime im Dialog. Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 28. bis 30. Oktober 1994, 2. Aufl., Loccumer Protokolle 57/94, Rehburg-Loccum 1996, S. 78-79. 895 Ebd., S. 79.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

Martin Schuck zieht Parallelen zwischen protestantischem und islamischem Fundamentalismus in einer „einseitigen Rezeption des empirischen Wissenschaftsverständnisses“, das naturwissenschaftliche Vernunft als Mittel der Weltbeherrschung hochschätzen kann, geisteswissenschaftliche Vernunft jedoch geringschätzt.896 Hugald Grafe bezeichnet Dschihadismus als „Fundamentalismus in seiner extremen Gestalt“, zu dessen Merkmalen er eine zusammenhanglose Deutung des Koran, das Gebet als „Gleichsetzung des eigenen Willens mit dem Willen Gottes“ sowie die Scharia als verbindliches Rechtssystem zählt.897 Stephan Kriesel erörtert, ob das islamische Bankwesen als ökonomische Alternative oder als islamischer Fundamentalismus zu betrachten sei.898 Vergleichspunkt zum Fundamentalismus sei die wörtliche Interpretation des Zinsverbotes im Koran.899 Beim islamischen Banking handele es sich um ganz normale, aber anders strukturierte Produkte der Finanzindustrie, mit denen die Geldinstitute Gewinne erwirtschaften, so Kriesel. Ein sozialkritischer Impuls zur Weiterentwicklung des Bankwesens könne dennoch davon ausgehen. Zudem wirke die islamische Variante des Bankwesens in muslimischen Ländern sogar identitätsstiftend für die kapitalistische Wirtschaft.900 Einen dritten Themenkreis bilden Gedanken zum gesellschaftlichen Zusammenleben. Die Diskursakteurinnen und -akteure nehmen Bemühungen wahr, auf bundesdeutscher, gesellschaftlicher Ebene mit dem Islam in Dialog zu treten, beziehungsweise nehmen sie Gelingen und Scheitern der Integration von Muslimen in Deutschland wahr. Christlich-islamischer Dialog ist ein durchaus mühsames Geschäft, wissen Praktiker zu berichten.901 Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben zu Verunsicherungen im christlich-muslimischen Dialog geführt.902 Angesichts dessen plädiert Dietrich Werner dafür, gerade die Verletzungsgeschichte der Dialogpartner wahrzunehmen, die eine Hauptursache von religiösem Fanatismus, 896 Schuck, Martin: Religion oder Ideologie? Islamischer, christlicher und andere Fundamentalismen, in: Evangelische Aspekte, Jg. 17 (2007), Nr. 1, S. 20. 897 Grafe, Hugald: Muslimische Frömmigkeit und ihre Perversion. Fundamente und Fundamentalismus, in: Informationes theologiae Europae, Jg. 11 (2002), S. 48. 898 Kriesel, Stephan: Islamisches Bankwesen – fundamentalistische Gefahr oder „dritter Weg“?, in: Simon, Benjamin/Wrogemann, Henning (Hg.): Konviviale Theologie. Festgabe für Theo Sundermeier zum 70. Geburtstag, Frankfurt am Main 2005, S. 348-363. 899 Ebd., S. 358. 900 Ebd., S. 358-360. 901 Vgl. Braner, Martin: Vom Dialog in kleinen Schritten, in: Forum Religion. Zur Praxis des Religionsunterrichtes, Jg. 32 (2007), Nr. 1, S. 2-4. 902 Werner, Dietrich: Dialog – Mission – Konvivenz. Missionstheologische Impulse zum interreligiösen Dialog im Schatten von Fundamentalismus und Gewalt, in: Dehn, Ulrich/ Hock, Klaus (Hg.): Jenseits der Festungsmauern. Verstehen und Begegnen. Festschrift für Olaf Schumann zum 65. Geburtstag, Neuendettelsau 2003, S. 175-176.

5.3 Fundamentalismus und Islamismus

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Fundamentalismus und Gewalt bildeten.903 Grundlage und Vorbereitung sei die Selbstbeschäftigung mit den „fundamentalistischen und gewaltverherrlichenden Tendenzen“ der eigenen Religion.904 Heinrich Georg Rothe empfiehlt, „den Dialog mit Muslimen auch fundamentalistischer Prägung zu suchen. (…) Es wäre fatal, wenn die weit verbreitete Fundamentalismusfurcht durch Stigmatisierung solche Tendenzen unter muslimischen Jugendlichen verstärkte.“905 Friedrich Huber versucht zwischen Islam, Islamismus und Fundamentalismus zu differenzieren, wenngleich er bei dem Terminus islamischer Fundamentalismus bleibt. Er nimmt insbesondere die gefühlte demographische Bedrohung des Islam in Deutschland wahr und ernst, wenn er Geburtenstatistiken und Untersuchungen über die religionspolitischen Einstellungen muslimischer Jugendlicher zur Sprache kommen lässt. Für Huber ist islamischer Fundamentalismus ein eng begrenztes Phänomen. Gleichzeitig zeige er Wirkung. Folglich gehe es darum, politische Mindestforderungen für das Leben in der Bundesrepublik zu benennen.906 Zum anderen müsse an einem guten Zusammenleben gearbeitet werden, wofür Christinnen und Christen als religiös interessierte Menschen einen guten Beitrag leisten könnten.907 Olaf Schumann zeigt sich irritiert darüber, warum das islamische Kopftuch allein als politisches Symbol gedeutet werde und warum die Diskussion darum nicht in einem liberalen modus vivendi enden könne. „Statt die verfassungsgemäßen liberalen Prinzipien offensiv im derzeitigen ideologischen Streit anzuwenden, wird wieder der simple Weg des Rückzugs auf die eigenen doktrinären Fundamentalismen gegangen.“908 Am Ende lässt sich festhalten, dass im Teildiskurs Fundamentalismus und Islamismus radikalisierte Anteile des Islam als Fundamentalismus wahrgenommen werden, wie sie spätestens seit den Anschlägen des 11. September 2001 sorgenvoll medial betrachtet werden. Die Kritik bezieht sich auf mangelnde Demokratiekonformität des Islamismus und eine mögliche Neigung zu Gewalt sowie ein wörtliches Schrift- und Glaubens903 Ebd., S. 181-183. 904 Ebd., S. 182-183. 905 Rothe, Heinrich Georg: Aus kirchlicher Sicht: Das islamische Gegenüber in Deutschland, in: Verband evangelischer Missionskonferenzen (Hg.): Fundamentalismus verstehen und mit ihm umgehen. Jahrbuch Mission 1995, Hamburg 1995, S. 68-69. 906 Huber, Friedrich: Sind wir vom islamischen Fundamentalismus bedroht?, in: Erlemann, Kurt/Ohst, Martin (Hg.): Freundesgabe zum 70sten Geburtstag von Prof. Dr. Wilfried Eckey, Wuppertal 2000, S. 132-133. 907 Ebd., S. 132-134. 908 Schumann, Olaf: Wider den Rückzug auf den eigenen doktrinären Fundamentalismus, in: Junge Kirche, Jg. 65 (2004), Nr. 3, S. 18.

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5 Der kirchenpolitische Diskurs

verständnis. Zur Überwindung wird empfohlen, das Friedenspotenzial des Islam wahrzunehmen, historisch-kritisch mit den Quellentexten umzugehen sowie Integration und Dialog zu verstärken.

6 Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit) Die vorliegende Untersuchung weist den Fundamentalismusbegriff als einen Abgrenzungsbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart aus. Abgrenzungen haben immer drei Funktionen: sie trennen, schützen und leiten. Dies lässt sich an jeder Abgrenzung verifizieren – egal ob chinesischer Mauer, Deich oder Bahnsteigmarkierung. Die chinesische Mauer bestimmt zwei Herrschaftsgebiete. Diesseits regiert der Kaiser von China, jenseits Dschingis Khan (trennen). Auch wenn man ihren militärischen Nutzen in Zweifel ziehen kann, ist sie doch als Schutzwall des Kaiserreiches gegen die Reitervölker gedacht (schützen). Sie dient ferner als gesicherter Weg für die Patrouillen, die auf ihr marschieren, und für die Karawanen der Seidenstraße, die sich an ihr entlang schlängeln (leiten). Deiche markieren die Grenze von Wattenmeer und Festland. Landseitig möchte man den menschlichen Lebensraum bewahren. Die Fläche vor dem Deich darf getrost den Gezeiten anheimfallen (trennen). Der Deich soll die Wellen brechen oder vor Sturmfluten bewahren (schützen). Die Touristen radeln auf ihm bis zum Café am Leuchtturm (leiten). Bahnsteige weisen in der Regel eine Markierungslinie auf. Sie grenzt den Wartebereich vom Einstiegsbereich in den Zug ab (trennen). Auch wenn die Linie kein Hindernis bedeutet, macht sie den Reisenden klar: bitte Distanz halten, die Markierung zu überschreiten, wäre gefährlich (schützen). Wer einmal in einen Zug mit umgekehrter Wagenreihenfolge einsteigen musste, wird wahrgenommen haben, dass die meisten Reisenden auf der Suche nach ihrem Abteil den Koffer exakt auf der Bahnsteigmarkierung rollen, womit sich ein Korridor zwischen Einstiegs- und Wartebereich bildet (leiten). Differenzierung (trennen) Eine Trennung dient dazu, das eine vom anderen zu unterscheiden, zu differenzieren. Das Gegenteil wäre, die Dinge zu vermischen, sie miteinander zu identifizieren. Trennung schafft unterschiedliche Herrschaftsbereiche. Sie reklamiert das Eigene für sich und lässt das Andere los. Distanzierung (schützen) Zum Wesen des Schutzes gehört es, Dinge, Menschen oder Vorstellungen auf Distanz zu halten, sich zu distanzieren. Schutz soll Gefahren abwenden und setzt eine Situation der Bedrohung voraus. Der Ertrag des Schutzes muss zum Aufwand passen. Gegen manches kann man sich sich nur um den hohen Preis wirksam schützen, sich komplett zu verschanzen. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Urban, Fundamentalismus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27329-3_6

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6 Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit)

Orientierung (leiten) Leitung meint, einen gangbaren und sicheren Weg zu weisen, sich und andere zu orientieren. Fernab der Strecke sind die Wege nicht passierbar, es gibt kein Fortkommen oder sie führen in die Irre. Dabei hilft es, ein Ziel vor Augen zu haben. Wegmarken zeigen an, noch richtig unterwegs zu sein. Man spricht auch von Leitlinien. Aus dem dargebotenen Material zum Fundamentalismusbegriff als Abgrenzungsbegriff lassen sich theologische Figuren der Differenzierung, Distanzierung und Orientierung belegen und beschreiben. Fundamentalismus kommt als Grenzverletzung oder Grenzüberschreitung in den Blick: Weil er bestimmte Sachverhalte schlicht nicht trennt und gebotene Differenzierungen nicht vollzieht. Weil er Schützenswertes antastet und dadurch unangenehm und gefährlich distanzlos wird. Weil er andere in die Irre leitet und selbst desorientiert wirkt. 6.1 Modernitätstheoretischer Diskurs 6.1.1 Modernitätstheoretische Differenzierungen Die modernitätstheoretischen Differenzierungen setzen bei der Klärung des Zusammenhanges von Religion, Moderne und Fundamentalismus an sowie der Wahrnehmung der Moderne als gespalten und damit einer Differenzierung des Modernebegriffes überhaupt. Das Nachdenken über Fundamentalismus im Zusammenhang mit Säkularisierung stärkt das Axiom der Trennung von Gott und Welt. Gott ist dem biblischen Zeugnis nach schwer zugänglich.909 Gleichzeitig wendet er sich der Welt als ihr Schöpfer sowie in besonderer Weise in Person und Werk Jesus Christi zu. Gott und Welt sind verschieden, wenn auch aufeinander bezogen. Daher kann die Welt kein Gegenstand der göttlichen Verehrung sein, noch kann sie verteufelt werden. Die Wahrnehmung des Fundamentalismusbegriffes im Kontext von Pluralismus impliziert, Wahrheit und persönliche Überzeugung voneinander zu trennen. Wovon jemand überzeugt ist, muss nicht als Wahrheit für alle fungieren können. Schon gar nicht muss die eigene Wahrheit anderen aufoktroyiert werden. Letztgültige Wahrheit steht unter dem eschatologischen Vorbehalt, dass sie sich selbst erweisen muss. Die Verwendung des Fundamentalismusbegriffes auf dem Feld des Individualismus legt nahe, den Unterschied von Sicherheit und Gewissheit zu betonen und die soteriologische Bedeutung dieser Begriffe klar zu ma909 1Tim 6,16; Ex 33, 20.

6.1 Modernitätstheoretischer Diskurs

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chen. Sie ist tief im Verständnis dessen verwurzelt, was nach dem Zeugnis Alten und Neuen Testaments unter Glaube zu verstehen ist, nämlich ein unbedingtes Vertrauensverhältnis. Es gründet auf den Erfahrungen von Rettung und Hilfe, die Menschen mit dem Gott machen konnten, der sein Volk aus der Sklaverei befreit und seinen Sohn von den Toten auferweckt hat.910 6.1.2 Modernitätstheoretische Distanzierungen Die modernitätstheoretischen Distanzierungen wollen Religion und Moderne gegenseitig vor feindlichen Übernahmen schützen. Die Beschäftigung mit Fundamentalismus vor dem Hintergrund von Säkularisierung dient in der Konsequenz dem Schutz der Autonomie Gottes und wehrt dessen Vereinnahmung. Wenn Gott sich nicht allen menschlichen Definitionen entzöge, wenn er sich in Abhängigkeiten begäbe, wäre er nicht Gott. Gleichzeitig hat es ihm gefallen, sich selbst in seinem Sohn Jesus Christus zu offenbaren und sich damit so menschlich zu machen, wie es nur geht. Das Heranziehen des Fundamentalismusbegriffes auf dem Feld des Pluralismus schützt religiöse Minderheiten gegenüber Dominanz und Absolutheitsansprüchen. Gleichzeitig wird die Religion auch vor sich selbst, das heißt vor ihren eigenen Absolutheitsansprüchen in Schutz genommen. Die Bibel weiß unzweifelhaft von verschiedenen Offenbarungen zu reden, jedenfalls wenn damit unterschiedliche Arten, Weisen und Zeiten gemeint sind, wie sich Gott seinem Volk bekannt gemacht hat. Die Besonderheit der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus ist gegenüber diesen Erscheinungen zu gewichten. Die Erörterung von Fundamentalismus und Individualismus warnt vor den ungedeckten Schecks und falschen Heilsversprechungen des Glaubens, die ansonsten nur in Unmündigkeit und Unfreiheit münden. Das menschliche Grundbedürfnis nach Sicherheit ist nachvollziehbar. Aber der Glaube kann dieses Bedürfnis nicht decken, weil er zwar Gewissheit, aber eben keine Sicherheit zu bieten hat. Weder Gott noch die Existenz eines Lebens nach dem Tod können bewiesen werden. Es ist die Aufgabe eines modernen und aufgeklärten Glaubens, diesen Unterschied deutlich zu machen – auch angesichts möglicher Enttäuschungen.

910 Freilich gehören zu einem umfassenden Verständnis von Glaube ebenso bestimmte Glaubensinhalte, aber die Haltung des Vertrauens geht ihnen voraus und verspricht Heil (fides qua creditur/fides quae creditur).

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6 Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit)

6.1.3 Modernitätstheoretische Orientierungen Die modernitätstheoretischen Orientierungen wollen den Pfad ausweisen, auf dem Religion und Moderne gemeinsam gehen können. Der Gebrauch des Fundamentalismusbegriffes für die Beurteilung von Säkularisierung leitet dazu an, ein Weltverständnis zu behaupten, das Gott nicht verortet, welches aber gleichwohl mit seinem Wirken rechnet. Gott überlässt seine Welt nicht einfach sich selbst, er leitet und begleitet seine Geschöpfe.911 Dabei schränkt er weder seine eigene Freiheit noch die Freiheit des Menschen ein oder setzt gar die Gesetzmäßigkeiten der Welt außer Kraft. Die Wahrnehmung von Fundamentalismus und Pluralismus regt an, auch aus theologischer Sicht Gesellschaftsvorstellungen zu erarbeiten, die Zusammenhalt nicht zu Lasten von Vielfalt formulieren. Dabei ist es hilfreich, die eigenen Ausbildungen von Pluralität im Christentum modellhaft in den Blick zu nehmen, die ohne Zweifel in seinen verschiedenen Erscheinungsformen vorliegen. Die Verwendung des Terminus Fundamentalismus im Kontext von Individualismus legt nahe, ein Menschenbild aus theologischer Sicht zu bewahren, welches Orientierungs- und Neuorientierungsbedürftigkeit als Grundbedingung des Menschseins anerkennt, formuliert und stärkt. Rechtfertigungstheologisch ist zu sagen, dass Gott den Sünder gerecht macht ohne dessen Verdienste und aus lauter Barmherzigkeit, auch wenn dieser sich fortan als simul iustus et peccator immer wieder auf die Erfahrung des Scheiterns zurückgeworfen sieht. 6.2 Bibelhermeneutischer Diskurs 6.2.1 Bibelhermeneutische Differenzierungen Die bibelhermeneutischen Differenzierungen dienen dem Zurechtrücken des dogmatischen Systems, das insbesondere durch die fundamentalistische Identifizierung von Christologie und Schriftlehre in Schieflage gerät. Die Beschäftigung mit Fundamentalismus und Verbalinspiration stärkt die bewährte Trennung von Buchstabe und Geist. Die Bibel redet nicht unmittelbar. Sie wird durch Interpretation und Betrachtung von Kontexten verständlich. Es ist zu fragen, was ein vorliegender Text im Zusammenhang der Heiligen Schrift sagen will. Zudem führt kein Weg hinter das Gewordensein der Bibel zurück, erst recht keiner, der alle Probleme der Hermeneutik und Rezeption überspringen und alle Erkenntnisbildung von Theologie und Kirche vernachlässigen könnte. 911 Prov 14,3.

6.2 Bibelhermeneutischer Diskurs

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Das Heranziehen des Fundamentalismusbegriffes im Zusammenhang mit Kreationismus regt dazu an, die Grundunterscheidung von Weltdeutung und Welterklärung hochzuhalten. Diese Trennung der Zuständigkeiten musste in der Neuzeit auch gegen den Widerstand von Kirche und Theologie mühsam durchgesetzt werden. Sie war aber nicht nur notwendig für die sich von antiken und biblischen Vorstellungen emanzipierende moderne Naturwissenschaft, sondern sie ist auch eine sinnvolle Ortsanweisung für gegenwärtige Religion. Der Gebrauch des Fundamentalismusbegriffes vor dem Hintergrund des Prämillenarismus impliziert, zwischen den Zeichen der Zeit und der Endzeit zu differenzieren. Eine Identifizierung gegenwärtiger weltpolitischer Ereignisse mit biblischen Prophezeiungen verbietet sich schon deshalb, weil den biblischen Autoren zunächst einmal ihr eigener Kontext vor Augen steht. Zudem sind Versuche dieser Art bislang stets gescheitert. Es gilt stattdessen die Bandbreite an eschatologischen Vorstellungen im Alten und Neuen Testament wahrzunehmen. 6.2.2 Bibelhermeneutische Distanzierungen Die bibelhermeneutischen Distanzierungen wehren einem unkritischen und selektiven Umgang mit der Schrift. Die Verwendung des Fundamentalismusbegriffes im Kontext von Verbalinspiration versucht, den biblischen Text gegenüber Vereinnahmungen zu schützen. Die Bibel und die biblischen Autoren haben einen Anspruch darauf, in ihrer Geschichte und in ihrer Zeit wahrgenommen zu werden. Zudem ist dieser Schritt auf eine besondere Weise dazu geeignet, die Botschaft biblischer Texte und Bücher auch heute noch zur Sprache und zur Geltung zu bringen. Die Wahrnehmung von Fundamentalismus und Kreationismus dient dazu, Wert und Würde des Menschen sowie der übrigen geschaffenen Welt hervorzuheben und sich von jeder Form der Verobjektivierung von Menschen oder der Natur zu distanzieren. Es ist gute biblische Grundlage, die Welt als Schöpfung und sich selbst als Geschöpf Gottes zu betrachten. Würde und Wert von Mensch und Natur sind gemeinhin bedroht, wo nur Zahlen und Fakten wahrgenommen werden.912 Demgegenüber ist die Autonomie und Bindung von Geschöpflichkeit in den Blick zu nehmen, wie sie sich im Würdebegriff darstellt. 912 Der Fundamentalismus leistet dem mit seiner schöpfungstheologischen Faktengläubigkeit leider Vorschub. Es ist fast schon tragisch, dass er die durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse angefochtenen Gläubigen im Blick hat, sich durch seinen instrumentellen Umgang mit den biblischen Schöpfungstexten jedoch in die Verzweckungsideologien unserer Zeit einreiht.

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6 Theologische Figuren der Abgrenzung (Fazit)

Die Nutzung des Terminus Fundamentalismus im Zusammenhang mit Prämillenarismus soll die theologische Rede von den letzten Dingen vor Fatalismus, Determinismus und zynischen politischen Optionen schützen und damit die Hoffnung bewahren. Eine wichtige Pointe der Rede vom Reich Gottes ist, dass es bereits verborgen wirksam ist. Dies tritt dem fundamentalistischen Pessimismus als Grundhaltung entgegen. Außerdem ist zu betonen, dass sich die christliche Eschatologie hoffnungsvoll auf die Vollendung der Welt bezieht, wie sie einst mit der Schöpfung gemeint war und wie sie in Jesus Christus bereits realisiert ist. 6.2.3 Bibelhermeneutische Orientierungen Die bibelhermeneutischen Orientierungen begegnen einer engen fundamentalistischen Hermeneutik mit dem weiten Blick gegenwärtig verantworteter Auslegung der Heiligen Schrift. Gegenüber dem Versuch, die eigene Auffassung mit Wahrheit und Willen Gottes gleichzusetzen, werden exegetische und hermeneutische Möglichkeitskorridore ausgewiesen. Aus der Erörterung von Fundamentalismus im Zusammenhang mit Verbalinspiration resultiert ein Schriftverständnis, das der Bibel zwar mehr zutraut, als man selbst weiß, welches jedoch nicht hinter einen wissenschaftlich anerkannten Umgang mit der Schrift zurückweicht. Die fundamentalistische Kritik an der historisch-kritischen Exegese gilt weniger der Methode als einer unterstellten Haltung der Lieblosigkeit gegenüber den Texten. In der Tat darf man an eine Haltung des Wohlwollens gegenüber der Heiligen Schrift als angemessen erinnern. Dennoch ist eine Korrektur der Bibel möglich. Sie muss allerdings von der Mitte der Schrift her vollzogen werden, die Vielfalt der biblischen Schriften im Auge behalten sowie mit der bezeichneten Spannung verantwortungsvoll umgehen. Die Beschäftigung mit Fundamentalismus und Kreationismus befördert eine Schöpfungstheologie, die sich selbstbewusst neben andere Weltsichten stellt, ohne sich für besser und klüger zu halten – und im Zweifelsfall auch gegen andere Weltsichten, wenn dieses dem Frieden, der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung dient. Mit seiner Schöpfung überträgt Gott seinen Geschöpfen zugleich Verantwortung für die Um- und Mitwelt. Das Heranziehen des Fundamentalismusbegriffs im Kontext von Prämillenarismus impliziert, ein theologisches Geschichtsverständnis zu behaupten, das Gottes Handeln in der Geschichte erwartet und mit seiner Liebe verbindet.913 In diesem Zusammenhang ist die Kontinuität von 913 Damit soll nicht das bleibende Recht der Apokalyptik bestritten werden, welche gegen die Gefahr einer reinen Ethisierung der Eschatologie sowie einer reinen Identifizierung von

6.3 Kirchenpolitischer Diskurs

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Schöpfung und Neuschöpfung zu betonen. Nach dem biblischen Zeugnis ist keine zweite Schöpfung aus dem Nichts vorgesehen (wenn denn die erste überhaupt eine war). Am Ende der Welt steht wie am Anfang das sehr gute schöpferische Handeln Gottes. 6.3 Kirchenpolitischer Diskurs 6.3.1 Kirchenpolitische Differenzierungen Die kirchenpolitischen Differenzierungen nehmen Spannungsverhältnisse wahr, welche die kirchen- und religionspolitische Gegenwart prägen, und zu deren Interpretation der Fundamentalismusbegriff herangezogen wird. Die Betrachtung von Fundamentalismus und Evangelikalismus meint zunächst einmal, beide Phänomene zu trennen. Für den Protestantismus ist es atmosphärisch zerstörerisch, wenn sämtliche Konnotationen des Fundamentalismusbegriffes über Mitgliedern evangelikaler Gruppierungen ausgegossen werden. Auf einem anderen Blatt steht die notwendige theologische Auseinandersetzung zu Fragen und Themen, die der Evangelikalismus aufgeworfen hat. Das Nachdenken über Fundamentalismus im Zusammenhang mit der Pfingstbewegung lässt es sinnvoll erscheinen, so gut es eben geht, Kontext und Theologie getrennt voneinander zu betrachten. Auch wenn die Aussage, dass Theologie immer kontextuell sei, zweifellos richtig ist, so liegt in unserem Fall jedoch auf der Hand, dass Verwechslungen bei der Wahrnehmung des pfingst-charismatischen Christentums, insbesondere im Weltmaßstab, vorliegen. Die Anwendung des Fundamentalismusbegriffes auf das Phänomen des Islamismus lässt Islam, Islamismus und Terrorismus unterscheiden. Zu Recht fühlen sich Musliminnen und Muslime stigmatisiert und ihre Religion unter Generalverdacht gestellt, wenn Islam öffentlich und medial vorzugsweise im Zusammenhang mit abscheulichen Bluttaten thematisiert wird. Dadurch werden die Verbrechen in keiner Weise verharmlost, noch wird irgendjemand aus der Verantwortung entlassen, sich von ihnen zu distanzieren. Aber die stereotype Identifizierung von Islam und Gefahr ist nicht förderlich für den gesellschaftlichen Frieden.

Geschichte und Reich Gottes wichtige Impulse liefert. Zudem hat sie die Erfahrung auf ihrer Seite, weil es in Geschichte und Gegenwart keinen Mangel an apokalyptischen Vorstellungswelten und Ereignissen gibt, die theologisch verarbeitet gehören.

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6.3.2 Kirchenpolitische Distanzierungen Die kirchenpolitischen Distanzierungen halten extreme religiös-weltanschauliche Optionen in Schach, zum einen den Fundamentalismus, zum anderen dessen Gegenspieler, die unterschiedlich mit Pluralismus, Relativismus, Modernismus oder Säkularismus benannt werden. Das Nachdenken über Fundamentalismus im Zusammenhang mit Evangelikalismus dient der Wahrung von Einheit und Verschiedenheit des Protestantismus in Deutschland; nicht nur der evangelikalen Bewegung, die an vielen Stellen auch institutionell in die Evangelische Kirche in Deutschland und die Landeskirchen eingebunden ist. Dazu ist es förderlich, sich zu vergegenwärtigen, dass die Kircheneinheit Glaubensangelegenheit ist und Bekenntnisrang hat.914 Das Heranziehen des Fundamentalismusbegriffes für die Betrachtung der Pfingstbewegung soll einen westlichen, liberalen, ökumenisch interessierten und aufgeklärten Protestantismus erhalten, wie er gegenwärtig weltweit in eine Minderheitenposition gerät. Gleichzeitig sollen die Gläubigen vor Kurzschlüssen eines voraufgeklärten Enthusiasmus geschützt werden. Dies betrifft vor allem die Versprechungen nach Heilung und Wohlstand, welche die pfingst-charismatische Bewegung in Teilen transportiert. Die Anwendung des Fundamentalismusbegriffes auf Islamismus soll Gewalt im Namen Gottes verhindern helfen, indem diese als unmögliche religiöse Option ausgewiesen wird. Gleichzeitig soll die Religion vor schlechter Gesellschaft geschützt werden, was freilich nicht nur für den Islam gilt. Denn das Diktum, dass die Welt friedlicher ohne Religion wäre, stellt auch das Christentum infrage, das sich ebenfalls nicht in die Rolle der Komplizin von Gewalt und Terrorismus begeben oder drängen lassen sollte.

914 Die Einheit der Kirche gehört nach dem Nicäno-Konstantinopolitanum zu den notae ecclesiae, den vier Wesensmerkmalen den Kirche. Die Confessio Augustana erklärt die reine Lehre des Evangeliums und rechte Verwaltung der Sakramente zum Wesenskern der Kirche und expliziert, dass für die wahre Einheit nicht notwendig überall dieselben Traditionen, Riten und Zeremonien gepflegt werden müssen (CA 7). Auch wenn Sozialformen, Habitus und politische Einstellungen nicht zu vernachlässigen sind, so kann die Auseinandersetzung mit dem Evangelikalismus daher nur auf der Ebene der Lehre und Sakramentsverwaltung geschehen. Dies sollte im Blick sein, wenn kirchenpolitisch darüber diskutiert wird, ob der Evangelikalismus ein Fremdkörper innerhalb des Protestantismus in Deutschland darstellt oder ob er sich in eine soziale Realität von Kirche einfügen kann, welche die Reformation schon als corpus permixtum angenommen hat.

6.4 Ausblick

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6.3.3 Kirchenpolitische Orientierungen Die kirchenpolitischen Orientierungen weisen einen dritten Weg von Kirche, Religion und Theologie zwischen Fundamentalismus und anderen falschen Alternativen. Die Nutzung des Terminus Fundamentalismus auf dem Feld des Evangelikalismus gebietet, ein Kirchenverständnis zu vertreten, welches Einheit in Vielfalt denken kann, aber auch dezidiert in der Lage ist, mit Uneinheit umzugehen. Als Leib Christi und als Organismus lässt die Kirche Unterschiedlichkeit zu, dies ist in gewisser Weise das Wesen ihrer Gestalt nach dem neutestamentlichen Zeugnis.915 Weil es dabei immer auch um das gemeinsame Ringen um die Wahrheit geht, darf die Trennung als Option nicht vorschnell ausgeschlossen werden. Ziel muss jedoch die Einheit sein, die im Glauben bereits bekannt wird. Die Verwendung des Fundamentalismusbegriffes gegenüber der Pfingstbewegung dient dazu, ein Missionsverständnis zu entwerfen, welches Kontexte achtet, aber auch die eigene theologische Tradition nicht vorenthält. Dies meint im Umgehen mit der pfingst-charismatischen Bewegung im Weltmaßstab und in der Bundesrepublik darauf zu insistieren, dass der Geist und die Geister zu prüfen und auszulegen sind nach erkennbaren und allgemein anerkannten Kriterien. Das Nachdenken über Fundamentalismus im Zusammenhang mit Islamismus verlangt, ein Dialogverständnis zu entwickeln, welches sowohl religiöse als auch Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in gegenseitiger Achtung, aber auch klarer sachlicher Auseinandersetzung thematisiert. Dabei ist auf die jeweilige Standortgebundenheit der Perspektive zu achten. Sowohl erhobene Absolutheitsansprüche als auch belanglose Relativierungen sind nicht förderlich für einen Dialog auf Augenhöhe. 6.4 Ausblick Die vorliegende Arbeit weist den Fundamentalismusbegriff als einen Abgrenzungsbegriff in der deutschsprachigen protestantischen Theologie seit 1979 aus, ordnet seine Verwendung und systematisiert seine Bezüge. Mit der so gewonnenen Topografie wird ein grundlagentheoretischer Beitrag geleistet, der die Berechtigung der Frage nach dem konkreten Umgang mit Fundamentalismen aller Art in Kirche und Gesellschaft in keiner Form schmälern, sondern begründen möchte. Denn der Fundamentalismus wird sich und kann sich, insbesondere in der hier vorgeschlagenen Betrachtungsweise, nicht erledigen. Es werden auch in Zukunft Phänomene auftreten, welche Theologinnen und Theolo915 1Kor 12 u.a.

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gen für gefährlich grenzverletzend halten, und durch die sie sich herausgefordert sehen, Stellung zu beziehen. Mit dem Fundamentalismusbegriff steht ihnen dabei ein Terminus zur theologischen Positionsbestimmung zur Verfügung, dessen Funktion, Möglichkeiten und Beschränkungen wir nun besser verstehen. Insofern besteht neben dem fachlichen Beitrag ebenfalls die Hoffnung, dass die Arbeit in Zeiten massenmedialer Willkür im Gebrauch des Fundamentalismusbegriffes einen mittelbaren Beitrag zur Versachlichung emotionaler gesellschaftlicher Debatten leistet. Ungeachtet dessen ergeben sich aus der Beschäftigung mit dem Fundamentalismusbegriff innerhalb der deutschsprachigen protestantischen Theologie der Gegenwart theologische Herausforderungen, die weit über diesen Gegenstand allein hinausreichen. Meines Erachtens ist es innerhalb eines modernisierungstheoretischen Zusammenhanges vorrangig, darüber zu reflektieren, welchen Beitrag Religionen für Krieg und Frieden leisten und leisten können. Im bibelhermeneutischen Zusammenhang besteht die primäre Herausforderung, hermeneutisch und fundamentaltheologisch fundiert zu beschreiben, auf welche Fundamente der Glaube gegenwärtig konkret begründet werden kann. Für den kirchenpolitischen Zusammenhang wäre es insbesondere angezeigt, der dringend notwendigen kirchlichen Verhältnisbestimmung gegenüber dem Islam in Deutschland weitere theologische Substanz zuzuführen.

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