Formularerklärungen in der Medizin: Rechtliche Kontrollmaßstäbe für Einwilligungen in der medizinischen Heilbehandlung und Forschung 9783161512124, 9783161496165

Formularerklärungen beherrschen das moderne Gesundheitswesen, überfordern aber viele Patienten. Unterzeichnete Aufklärun

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Formularerklärungen in der Medizin: Rechtliche Kontrollmaßstäbe für Einwilligungen in der medizinischen Heilbehandlung und Forschung
 9783161512124, 9783161496165

Table of contents :
Cover
Widmung
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Erster Teil Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten des Formulargebrauchs in der modernen Medizin
§1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin
I. Die formulargetragene Gestaltung typischer Rechtsbeziehungen bei der ärztlichen Heilbehandlung
II. Die formulargetragene Gestaltung weiterer Rechtsbeziehungen bei Einbeziehung von Personen in die medizinische Forschung
1. Formularerklärungen im Rahmen klinischer Forschungsvorhaben an Patienten
2. Formularerklärungen im Rahmen von Probandenstudien
III. Zielsetzungen und praktische Auswirkungen des Formulargebrauchs
1. Die Perspektive des Arztes
2. Die Perspektive des Patienten
§2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin
I. Medizinische Formularverträge als Gegenstand der AbschlussundInhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB
1. Verträge über ärztliche Heilbehandlung
2. Verträge über die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben
a) Zum quantitativen Stellenwert medizinischer Forschungsvorhaben
b) Das Interesse von Teilnehmer und Forscher an einer (auch) vertraglichen Grundlage beiderseitiger Rechte und Pflichten
aa) Die Hauptinteressen des Teilnehmers an einer Regelung der Kosten- und Haftungsfrage
bb) Das Hauptinteresse des Forschers an einer vertraglichen Gewährleistung der compliance des Patienten
c) Studienverträge mit Patienten und Probandenverträge mit Gesunden
d) Grenzen des Vertragscharakters bei Vorhaben der Intensiv- und Notfallmedizin
II. Die rechtfertigende Einwilligung als durch §§ 305 ff. BGB nicht ins Auge gefasster Gegenstand formulargetragener Regelungen
1. Die weitgehende Beschränkung der ärztlichen Heilbehandlung auf eine Pflege der Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit .
2. Erweiterungen und Reduzierungen des Kreises betroffener Rechtsgüter bei der medizinischen Forschung am Menschen
§3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung
I. Einwilligungsdefizite als Rechtfertigungsdefizite: zum Schutz körperlicher Integrität durch Einwilligung
1. Die Risikoeinwilligung des Rechtsgutträgers als Ausdruck freien Verfahrenkönnens nach Belieben
2. Zwecksetzung und lex artis als Grenzen der Einwilligung
3. Zum Schutz körperlicher Integrität durch Aufklärung: therapeutische Aufklärung und Sicherheitsaufklärung
II. Wissensdefizite als Gültigkeitsdefizite zum Schutz von Selbstbestimmung durch Aufklärung
1. Das Modell der informierten Einwilligung als Rechtfertigungsmoment ärztlichen Handelns
a) Historische Entwicklungslinien des informed consent
aa) Die Anerkennung einer informierten Einwilligungserklärung in der deutschen Rechtsprechung seit dem späten 19. Jahrhundert
bb) Die internationale Zugrundelegung des informed consent für die medizinische Heilbehandlung und Forschung
b) Die Begründung einer Abhängigkeit der Einwilligung von vorheriger Aufklärung in der Medizin
aa) Die dogmatische Konzeptionslosigkeit der Aufklärung als spezielle Wirksamkeitsvoraussetzung
(1) Die Emanzipation der Einwilligungslehre von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre
(2) Die apodiktische Voraussetzung der Aufklärung in der zivil- und strafrechtlichen Dogmatik
bb) Die rechtsgutsbezogene Verlagerung von Verständnisrisiken als sachliche Begründung des Aufklärungserfordernisses
(1) Der Rang der betroffenen Rechtsgüter und die fehlende Anschauung des Rechtsgutträgers von den Zusammenhängen der Medizin
(2) Risikoaufklärung statt Risikoerklärung: zu den Konsequenzen des Wirksamkeitserfordernisses
2. Die Auswirkungen von Aufklärungsfehlern auf die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes
a) Zur Einheit von Integritäts- und Autonomieschutz: die ständige Rechtsprechung zur ärztlichen Heilbehandlung als durch informierte Einwilligung zu rechtfertigende Körperverletzung
aa) Konsequenzen für die zivilgerichtliche Rechtsprechung
(1) Der Behandlungsfehler und die grundlegende Bedeutung des Schadens als Haftungsvoraussetzung im Zivilrecht
(2) Die konsentierte Heilbehandlung lege artis und die Beweislast für die Einwilligung
(3) Einwilligungsdefizite und die Haftungseinschränkungen fehlenden Zurechnungszusammenhangs und rechtmäßigen Alternativverhaltens
(a) Zur vollen Haftung bei gänzlich fehlender Einwilligung
(b) Zur Haftungsdifferenzierung bei unzulänglicher Aufklärung
(4) Überblick
bb) Konsequenzen im Strafrecht
(1) Die Irrelevanz von Sekundärschäden für die Sanktionierung von Aufklärungsfehlern in der strafgerichtlichen Rechtsprechung
(2) Zum weitgehenden Gleichlauf mit den zivilrechtlichen Haftungseinschränkungen
b) Ansätze einer Differenzierung zwischen Körperverletzung und Freiheitsdelikt in der Literatur
aa) Zur strafrechtlichen Sanktionslücke in Fällen alleiniger Verletzung des Selbstbestimmungsrechts
(1) Zum Gleichlauf mit der Rechtsprechung bei Bewertung des Behandlungsfehlers als Körperverletzung
(2) Zum Tatbestandsausschluss konsentierter Heilbehandlung nach dem lex artis- und dem Erfolgs-Ansatz
(3) Die fehlende Erfassung von Fällen der alleinigen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten
(4) Übersicht
bb) Zur Haftungsexpansion und zur Verschiebung der Beweislast als zivilrechtliche Konsequenzen dieser Auffassungen
c) Zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
III. Güterschutz durch informierte Einwilligung im Vertragsrecht
1. Die Leistungspflicht des Arztes als aufgewertete Sorgfaltspflicht zum Schutz absoluter Rechtsgüter
a) Zur Abgrenzung von Leistungs- und Sorgfaltspflichten des Arztes zum Schutz absoluter Rechtsgüter des Patienten
b) Die Behandlungspflicht des Arztes ohne korrespondierendes Leistungsbewirkungsrecht
c) Die Pflicht des Arztes zur Risikoaufklärung und Konsequenzen ihrer Verletzung
2. Die Steuerung des Leistungsgeschehens durch den Gläubiger als vertragliche Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts
a) Das Recht zur schrittweisen Festlegung der Leistungs- und Aufklärungspflicht durch den Patienten
b) Die Begrenzung der Mitwirkung des Patienten auf unvollkommene Pflichten und Obliegenheiten
c) Zum Verhältnis von Einwilligung und Kausalverhältnis
§4. Zusammenfassung
§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin
§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin
§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung
Zweiter Teil Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung persönlicher Motivsphären bei der Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers
§5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen
I. Die Öffnung der eigenen Motivwelt durch Verschränkung zweier Verständnissphären im Aufklärungsgespräch
II. Die Abhängigkeit des Aufklärungsumfangs von der Gefährdungsintensität und dem Verständnisvermögen im Einzelfall
1. Die Intensität der Rechtsgutgefährdung als vorläufiger Maßstab für die inhaltlichen, zeitlichen und personellen Anforderungen an die Risikoaufklärung des Patienten
a) Die Maßgeblichkeit medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Bestimmung spezifischer belastender Risiken
b) Die Dringlichkeit des Eingriffs
c) Die je nach Rechtsgutgefährdung mit dem Aufklärungsgeschehen befassten Personen
2. Der subjektive Verständnisbedarf als entscheidender Maßstab für Erweiterungen und Reduzierungen der Aufklärung
III. Der Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers als doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung
§6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit
I. Die Beeinflussung der Nutzen-Risiko-Bewertung durch altruistische Motive bei der medizinischen Forschung an einwilligungsfähigen Personen
1. Weitgehend unveränderte doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung bei Vorhaben der klinischen Forschung an Patienten
2. Einseitige Nutzen-Risiko-Bewertung bei individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben
a) Altruistische Preisgabe intakter Gesundheit bei medizinischer Forschung an Probanden
b) Altruistische Preisgabe geschwächter Gesundheit in Fällen sogenannter gruppennützlicher Forschungsvorhaben
II. Die Objektivierung der persönlichen Motivsphäre bei Entscheidungen in Vertretung nicht einwilligungsfähiger Personen
1. Doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung bei der ärztlichen Heilbehandlung einwilligungsunfähiger Personen
2. Die Aussicht auf einen Gesundheitsvorteil bei der medizinischen Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen
a) Die Wirksamkeit der Einwilligung bei individuell vorteilhafter Forschung
b) Die altersbedingte Schutzbedürftigkeit des Rechtsgutträgers als gesetzliches Kriterium für die Zulässigkeit individuell vorteilsloser Forschung
§7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin
I. Die Vereinheitlichung von Gesundheitsrisiko und Verständnisvermögen im Aufklärungsformular
1. Zur Standardisierbarkeit medizinischer Risikoeinschätzungen
2. Zur Standardisierbarkeit menschlichen Verstehens
II. Die Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse
1. Die Beweislast des Arztes für den Nachweis ordnungsgemäßer Aufklärung des Patienten
a) Die aus dem Modell des absoluten Güterschutzes resultierende Beweislastverteilung im Deliktsrecht
b) Zur Geltung der deliktischen Beweislastverteilung auch im Rahmen der vertraglichen Haftung
aa) Die unzureichende Begründung der Beweislastverteilung aus dem System der leistungsstörungsrechtlichen Haftung
bb) Zur Rechtfertigung einer einschränkungslosen Beweislast des Arztes für Aufklärungsfehler mit dem Gedanken einer Verantwortlichkeit für Risiko- und Gefahrenbereiche
2. Konzessionen in der Beweisführung im Spannungsverhältnis zwischen Beweislast und Beweisnot des Arztes
a) Die Reduzierung der Beweisanforderungen an den Arzt, soweit „einiger Beweis“ für die Richtigkeit seiner Behauptung erbracht ist
b) Die Maßgeblichkeit mündlicher Aufklärung für die materiellrechtliche Bestimmung des Beweisthemas
3. Die abnehmende Beweiskraft von Formularerklärungen für den Nachweis äußerer und innerer Tatsachen des Aufklärungsgeschehens
a) Zur gestuften Beweiskraft von Formularerklärungen für die Durchführung und den Inhalt der mündlichen Aufklärung
aa) Die vorherige mündliche Aufklärung als typischer Geschehensablauf?
bb) Der Inhalt des Aufklärungsformulars als typischer Gegenstand der mündlichen Aufklärung?
b) Zur begrenzten Beweiskraft von Formularerklärungen für individuelles Verstehen
aa) Zum Problem des Sprachvermögens
bb) Zum individuellen Aufklärungsbedarf und Frageverhalten des Patienten
cc) Zur Unterscheidung von Formularunterzeichnung und sonstigem Verhalten des Patienten als Indizien für sein Verstehen
III. Die Tendenz zu einer Öffnung des Formulargebrauchs für medizinische Standardsituationen in der Rechtsprechung des BGH
1. Zur reduzierten Aufklärungspflicht des Arztes und der Auferlegung von Frageobliegenheiten des Patienten bei Routinemaßnahmen einfachster Risikostruktur
2. Zur reduzierten Verständniskontrolle durch den Arzt und seiner Obliegenheit zu einer Gesprächsgelegenheit
3. Zur geteilten Aufnahme dieser Tendenz in der Literatur
§8. Zusammenfassung
§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen
§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit
§ 7. Die spezifische Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin
Dritter Teil Rechtliche Kontrollmaßstäbe für die Abgabe, den Inhalt und die Transparenz medizinischer Formularerklärungen
§9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen
I. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Gegenstand der Vertragsdurchführung
1. Die wirtschaftliche Ausschöpfung der Eigentümerbefugnissen durch Vertragsschluss
2. Die auf Güterbewegung abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte
3. Die auf Güterschutz abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte
II. Instrumente zum Schutz der Privatautonomie in der vertraglichen Güterwelt
1. Der Schutz vor strukturellen Ungleichgewichtslagen als allgemeines Prinzip des Zivilrechts?
2. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor sittenwidrigen Rechtsgeschäften durch Anordnung ihrer Nichtigkeit in § 138 BGB
3. Der Schutz des strukturell unterlegenen Verbrauchers vor unbedachten Rechtsgeschäften
III. Der Schutz vor einseitiger Rechtsgestaltung nach §§ 305 ff. BGB
1. Die Ausgleichung der gegenläufigen Interessen von Unternehmer und Kunde in den §§ 305 ff. BGB
a) Zur erleichterten Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen durch eine Risikoerklärung des Kunden (§ 305 II BGB)
b) Zur schärferen Kontrolle des Inhalts formularvertraglicher Regelungen auf die Unangemessenheit der Benachteiligung (§§ 307 ff. BGB)
c) Zum Schutz des Kunden vor Intransparenz
d) Zur Irrelevanz des äußeren Erscheinungsbildes Allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB
2. Zur analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen
a) Die bislang vorrangig diskutierte Frage einer Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssachverhalte
aa) Äußerliche Analogiegesichtspunkte: zum Stellenwert des Vertragscharakters für die Regelungsintention der §§ 305 ff. BGB
(1) Die Einseitigkeit und die Rechtsnatur der Einwilligung als Hindernis analoger Rechtsanwendung?
(2) Bloßer Tatsachencharakter der Aufklärungs information?
(3) Der absolute Rechtsgüterschutz als vertragsrechtsfremderRegelungsgegenstand?
(4) Vertragsnähe, Vertragsgestaltung und Vertragserfüllung als hinreichende Gründe analoger Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen?
bb) Sachliche Analogiegesichtspunkte: zum Schutz strukturell unterlegener Vertragsparteien vor Fremdbestimmung
(1) Die von medizinischen Formularerklärungen ausgehende Gefahr einseitiger Rechtsgestaltung
(a) Die Vorformuliertheit der Erklärung –take it or leave it
(b) Das Wissensgefälle zwischen Arzt und Patient
(c) Das verzerrte Bild ‚im Einzelnen ausgehandelter‘ Inhalte der Einwilligungserklärung
(2) Die Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts als Voraussetzung und Grenze formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe
b) Die primäre Bedeutung des Regelungsdefizits als Grundlage einer Analogiebildung
aa) Der Vorrang der medizinrechtlichen Dogmatik gegenüber einer Lückenfüllung analog §§ 305 ff. BGB
bb) Zum Spezialgesetzcharakter des AGB-Rechts
§10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen
I. Die Verdrängung der Verweisungserklärung nach § 305 II BGB durch die Notwendigkeit einer informierten Einwilligungserklärung
II. Die drei materiellrechtlichen Stufen der Formularverwendung in Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont
1. Das Verdikt jeglicher Formularverwendung bei rein mündlicher Aufklärung
a) Ausschließlich mündliche Aufklärung des Patienten in Fällen der ärztlichen Heilbehandlung?
b) Ausschließlich mündliche Aufklärung aufgrund spezialgesetzlicher Anforderungen an die Spende menschlicher Körpersubstanzen?
c) Ausschließlich mündliche Aufklärung bei Maßnahmen der medizinischen Forschung am Menschen?
2. Zur Gewichtung formulargetragener und mündlicher Aufklärung bei zulässiger schriftlicher Erstaufklärung
3. Zur Bedeutung der Formularverwendung bei Reduzierbarkeit der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit
a) Die Verständlichkeit der Aufklärungsinformation
aa) Die geringe Risikokomplexität und -individualität des Geschehens als Voraussetzung einer Verschriftlichung der Aufklärung
bb) Zur begrenzten Indizkraft von Stellungnahmen öffentlich bestellter Expertengremien
b) Das Verstehen der Aufklärungsinformation
aa) Zur Irrelevanz des Verstehens bei unterstelltem medizinischen Basiswissen
bb) Zur Ablehnung allein schriftlicher Aufklärung
cc) Zur Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine Gesprächsgelegenheit in Fällen zumutbarer Selbstverantwortung
III. Zur Kontrolle überraschender Formularinhalte analog § 305c I BGB
1. Die Einwilligung in die innere Leichenschau
2. Die Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zur klinischen Forschung
3. Die Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
IV. Die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen
1. Vertragsbedingungen der medizinischen Krankenversorgung
2. Vertragsbedingungen der medizinischen Forschung
§11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen
I. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auf die Risikoaufklärungund -einwilligung des Rechtsgutträgers
1. Zur Irrelevanz der Unangemessenheit einer Benachteiligung angesichts des gänzlich fehlenden Gestaltungsspielraums des Arztes
2. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auch auf Risikoabwägungen öffentlich bestellter Sachverständigengremien
II. Zu den Grenzen des Gestaltungsspielraums für sonstige Inhalte medizinischer Formularerklärungen
1. Die Rechtsverfolgung erschwerende Formularinhalte
a) Zur Unanwendbarkeit von § 309 Nr. 12 b) BGB mangels Änderung richterrechtlicher Beweisgrundsätze für den Arzthaftungsprozess
b) Zur Unwirksamkeit formulargetragener Formerfordernisse für Anzeigen und Erklärungen analog § 309 Nr. 13 BGB
2. Vermögensrechtlich ausgerichtete Formularinhalte
a) Regelungen zur ärztlichen Honorarberechnung
b) Regelungen zu einer Aufwandsentschädigung bei Teilnahme an der medizinischen Forschung
c) Haftungsregelungen
d) Gewinnverzichtsklauseln bei Teilnahme an der medizinischen Forschung
3. Formularinhalte zur Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen
a) Die vorformulierte Einwilligung in die innere Leichenschau
b) Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Zwecke der medizinischen Forschung
aa) Die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Einwilligung in die invasive Isolierung der Körpersubstanz
bb) Die auf das Selbstbestimmungsrecht bezogene Einwilligung in die Forschung mit der isolierten Körpersubstanz
cc) Zur analogen Anwendung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auf die Einwilligung in genetische Analysen
§12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen
I. Zum Mindestmaß an Transparenzanforderungen nach den Vorgaben der §§ 305 ff. BGB
1. Herausbildung und Kodifizierung des Transparenzgebots im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen .
2. Die Regelungsintention des Transparenzgebots
a) Zur geringen Aussagekraft des Gedankens einer Kompensation von Marktversagen
b) Der Individualbezug des Transparenzgebots
aa) Zur begrenzten Reichweite einer Sicherung vertraglicher Autonomie durch Abschlusstransparenz
bb) Zum Schutz vor Beeinträchtigungen in der Vertragsabwicklung und Prozessführung durch Abwicklungstransparenz
3. Die Systematik der Regelungen zum Transparenzgebot in den §§ 305 ff. BGB
a) Zur Unterscheidung von Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz
b) Zur unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 BGB allein durch inhaltliche Intransparenz
4. Transparenzanforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen
a) Transparenzanforderungen auf Einbeziehungsebene
b) Transparenzanforderungen auf inhaltlicher Ebene
II. Zum Ziel umfassender Transparenz für die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen nach § 11 AMG
1. Zur Akzeptanz und Eignung heutiger Packungsbeilagen als Informationsmedium für den Patienten
2. Regelungsgrundlagen für die Gestaltung von Packungsbeilagen
3. Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Arzneimittel-Packungsbeilagen
a) Zur Lesbarkeit als Kriterium äußerer Transparenz
b) Zur Verständlichkeit als Kriterium inhaltlicher Transparenz
III. Maßstäbe für die Transparenz medizinischer Formularerklärungen
1. Zur Reichweite einer Übertragung AGB- und arzneimittelrechtlicher Transparenzanforderungen auf medizinische Formularerklärungen
a) Das (nur) im Rahmen des informed consent aufzustellende Gebot strenger Transparenz medizinischer Formularerklärungen
b) Die Unabhängigkeit strenger Transparenzanforderungen vom Stellenwert des Formulars im Aufklärungsprozess
2. Zur Skizzierung strenger Transparenzkriterien für formulargetragene Dispositionen über die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit
a) Äußere Transparenzanforderungen an die Lesbarkeit von Formularbögen
aa) Mühelos wahrnehmbarer Schriftgrad und Zeilenabstand
bb) Kontrastreiche Schrift- und Papierfarbe
cc) Leicht erschließbare Struktur und Gliederung
dd) Inhaltliche Vollständigkeit
b) Inhaltliche Transparenzanforderungen an die Verständlichkeit von Formularinhalten
aa) Überschaubare Satzlänge und einfacher Satzbau
bb) Aktiver und direkter Stil
cc) Laiengerechter Sprachgebrauch
dd) Überschaubarer Umfang
§13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen
I. Zur Anwendbarkeit des Grundsatzes partieller Unwirksamkeit (§ 306 BGB) lediglich auf Formularinhalte jenseits des informed consent
II. Die einzelnen Folgen unzulänglicher Formularerklärungen je nach einschlägigem Kontrollmaßstab
1. Die Nichtabgabe überraschender Formularerklärungen analog §§ 305 II, 305c I BGB .
2. Die Unwirksamkeit unangemessen benachteiligender Formularerklärungen analog §§ 307 ff. BGB
3. Die je nach Aufklärungsmodus beweisrechtliche oder materiellrechtliche Auswirkung von Transparenzdefiziten
a) Zur negativen Beweisergiebigkeit intransparenter Formularerklärungen
b) Zur Ausnahme schon materieller Unwirksamkeit der Formulareinwilligungbei nicht wahrgenommener Gesprächsgelegenheit
§14. Zusammenfassung
§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen
§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen
§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen
§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen
§ 13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

I

JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 135

II

III

Patrick Gödicke

Formularerklärungen in der Medizin Rechtliche Kontrollmaßstäbe für Einwilligungen in der medizinischen Heilbehandlung und Forschung

Mohr Siebeck

IV Patrick Gödicke, geboren 1970; Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Gießen, Lyon III und Freiburg i. Br.; 1996 erste juristische Staatsprüfung; seit 1998 Mitglied der Ethik-Kommission des Fachbereichs Medizin der Universität Gießen; 2001 Promotion; 2003 zweite juristische Staatsprüfung; 2007 Habilitation; Privatdozent für Bürgerliches Recht, Medizinrecht und Rechtstheorie an der Universität Gießen.

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn, und der Hans Neuffer-Stiftung, Berlin. e-ISBN PDF 978-3-16-151212-4 ISBN 978-3-16-149616-5 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2008 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Rottenburg/N. aus der Stempel-Garamond gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

V

für Hannah, David und Judith

VI

VII

Vorwort in memoriam Prof. Dr. med. Ernst Habermann

Die vorliegende Untersuchung wurde im April 2006 abgeschlossen und im Sommersemester 2007 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-LiebigUniversität Gießen als Habilitationsschrift angenommen; die Druckfassung berücksichtigt Rechtsprechung und Literatur bis August 2008. Sie ist aus meiner Tätigkeit als juristisches Mitglied der Ethik-Kommission des Fachbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen hervorgegangen. Dass mir dieser Einblick in die Medizin möglich wurde, verdanke ich meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor em. Dr. Jan Schapp, der mich schon früh in die Arbeit der Kommission einbezogen hat. Seine Haltung, die ärztliche Heilkunst als eine ethisch herausgehobene Tätigkeit zu begreifen, bei der es dem Recht nur zukommen kann, äußerste Spitzen abzuschneiden, hat die Entstehung der Untersuchung nachhaltig geprägt. Sie ist von dem Gedanken getragen, Medizin und Recht bei der Suche nach ausgewogenen Lösungen als Teilaspekte einer Kultur der Gesundheit zu begreifen, die jeden von uns seit Kindestagen begleitet. Dieses Verhältnis beider Disziplinen mit Leben füllen zu können, verdanke ich der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Gießener Ethik-Kommission. Für zahlreiche anregende Gespräche danke ich überdies dem wissenschaftlichen Referenten der Kommission, Herrn Dr. med. Dipl.-Chem. Hans-Joachim Krämer, der auch mit kritischem Auge die medizinischen Partien der Arbeit durchgesehen hat. Dankbar bin ich zudem für manche Gelegenheit, an der Erarbeitung rechtlicher Leitlinien für die Praxis der medizinischen Forschung mitwirken zu können. Insoweit danke ich insbesondere Herrn Professor Dr. Elmar Doppelfeld und Herrn Professor Dr. Jochen Taupitz für die Berufung in den Beirat für Grundsatzfragen des Arbeitskreises medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland. Für die Erstattung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Wolf-Dietrich Walker. Herrn Privatdozent Dr. Wolfgang Schur und Herrn Richter Dr. Kai Haberzettl bin ich für zahlreiche anregende Gespräche während unserer gemeinsamen Lehrstuhlzeit zu Dank verbunden. Dankbar bin ich

VIII

Vorwort

ferner der Erwin Stein-Stiftung für die großzügige Gewährung eines Habilitationsstipendiums sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Hans Neuffer-Stiftung für die Übernahme der Publikationskosten. Dank schulde ich auch Herrn ref. iur. Kai Purnhagen, LL.M. (Wisconsin), der mir manche redaktionelle Arbeit erheblich erleichtert hat. Für die Durchsicht des Manuskripts danke ich meinem Schwiegervater, Professor em. Dr. Ulrich Karthaus, sowie meiner Mutter, Christel Gödicke, die sich der Korrektur mit gewohnter Ausdauer und Akribie angenommen hat. Von Herzen möchte ich schließlich aber vor allem meiner Frau danken, die die Geduld für ein weiteres Buch aufbrachte, mit den ihr eigenen Fähigkeiten stets eine Vielzahl von Dingen gleichzeitig im Blick hatte und bereit war, manches auf sich zu nehmen, was mir oblegen hätte. Gießen, im August 2008

Patrick Gödicke

IX

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Erster Teil

Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten des Formulargebrauchs in der modernen Medizin § 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 § 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin . . . . . . . 25 § 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung . 44 § 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Zweiter Teil

Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung persönlicher Motivsphären bei der Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers § 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 § 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

X § 7.

Inhaltsübersicht

Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

§ 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Dritter Teil

Rechtliche Kontrollmaßstäbe für die Abgabe, den Inhalt und die Transparenz medizinischer Formularerklärungen § 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 § 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . 338 § 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . 376 § 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen . . . . . . 416 § 13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 § 14. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539

XI

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Erster Teil

Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten des Formulargebrauchs in der modernen Medizin § 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Die formulargetragene Gestaltung typischer Rechtsbeziehungen bei der ärztlichen Heilbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II. Die formulargetragene Gestaltung weiterer Rechtsbeziehungen bei Einbeziehung von Personen in die medizinische Forschung . . 16 1. Formularerklärungen im Rahmen klinischer Forschungsvorhaben an Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2. Formularerklärungen im Rahmen von Probandenstudien . . . . 18 III. Zielsetzungen und praktische Auswirkungen des Formulargebrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Die Perspektive des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Die Perspektive des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 § 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin . . . . . . . . 25 I. Medizinische Formularverträge als Gegenstand der Abschlussund Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Verträge über ärztliche Heilbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Verträge über die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

XII

Inhaltsverzeichnis

a) Zum quantitativen Stellenwert medizinischer Forschungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Interesse von Teilnehmer und Forscher an einer (auch) vertraglichen Grundlage beiderseitiger Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Hauptinteressen des Teilnehmers an einer Regelung der Kosten- und Haftungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Hauptinteresse des Forschers an einer vertraglichen Gewährleistung der compliance des Patienten . . . . . . . . . . . . . . c) Studienverträge mit Patienten und Probandenverträge mit Gesunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Grenzen des Vertragscharakters bei Vorhaben der Intensivund Notfallmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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29 31 33 34 36

II. Die rechtfertigende Einwilligung als durch §§ 305 ff. BGB nicht ins Auge gefasster Gegenstand formulargetragener Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Die weitgehende Beschränkung der ärztlichen Heilbehandlung auf eine Pflege der Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Erweiterungen und Reduzierungen des Kreises betroffener Rechtsgüter bei der medizinischen Forschung am Menschen . 41 § 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung . 44 I. Einwilligungsdefizite als Rechtfertigungsdefizite: zum Schutz körperlicher Integrität durch Einwilligung . . . . . . . . . 46 1. Die Risikoeinwilligung des Rechtsgutträgers als Ausdruck freien Verfahrenkönnens nach Belieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Zwecksetzung und lex artis als Grenzen der Einwilligung . . . . 50 3. Zum Schutz körperlicher Integrität durch Aufklärung: therapeutische Aufklärung und Sicherheitsaufklärung . . . . . . . 52 II. Wissensdefizite als Gültigkeitsdefizite: zum Schutz von Selbstbestimmung durch Aufklärung . . . . . . . . . . 54 1. Das Modell der informierten Einwilligung als Rechtfertigungsmoment ärztlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Historische Entwicklungslinien des informed consent . . . . . . . . . . 55 aa) Die Anerkennung einer informierten Einwilligungserklärung in der deutschen Rechtsprechung seit dem späten 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Die internationale Zugrundelegung des informed consent für die medizinische Heilbehandlung und Forschung . . . . . . . 63

Inhaltsverzeichnis

XIII

b) Die Begründung einer Abhängigkeit der Einwilligung von vorheriger Aufklärung in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die dogmatische Konzeptionslosigkeit der Aufklärung als spezielle Wirksamkeitsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Emanzipation der Einwilligungslehre von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die apodiktische Voraussetzung der Aufklärung in der zivil- und strafrechtlichen Dogmatik . . . . . . . . . . . bb) Die rechtsgutsbezogene Verlagerung von Verständnisrisiken als sachliche Begründung des Aufklärungserfordernisses . . . (1) Der Rang der betroffenen Rechtsgüter und die fehlende Anschauung des Rechtsgutträgers von den Zusammenhängen der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Risikoaufklärung statt Risikoerklärung: zu den Konsequenzen des Wirksamkeitserfordernisses .

66 68 68 77 82

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2. Die Auswirkungen von Aufklärungsfehlern auf die zivilund strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes . . . . . . . . . . . 89 a) Zur Einheit von Integritäts- und Autonomieschutz: die ständige Rechtsprechung zur ärztlichen Heilbehandlung als durch informierte Einwilligung zu rechtfertigende Körperverletzung . aa) Konsequenzen für die zivilgerichtliche Rechtsprechung . . . . (1) Der Behandlungsfehler und die grundlegende Bedeutung des Schadens als Haftungsvoraussetzung im Zivilrecht . (2) Die konsentierte Heilbehandlung lege artis und die Beweislast für die Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einwilligungsdefizite und die Haftungseinschränkungen fehlenden Zurechnungszusammenhangs und rechtmäßigen Alternativverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zur vollen Haftung bei gänzlich fehlender Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zur Haftungsdifferenzierung bei unzulänglicher Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Konsequenzen im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Irrelevanz von Sekundärschäden für die Sanktionierung von Aufklärungsfehlern in der strafgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zum weitgehenden Gleichlauf mit den zivilrechtlichen Haftungseinschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansätze einer Differenzierung zwischen Körperverletzung und Freiheitsdelikt in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur strafrechtlichen Sanktionslücke in Fällen alleiniger Verletzungdes Selbstbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zum Gleichlauf mit der Rechtsprechung bei Bewertung des Behandlungsfehlers als Körperverletzung . . . . . . . . . .

93 96 96 98

98 99 99 103 104

104 105 106 107 107

XIV

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(2) Zum Tatbestandsausschluss konsentierter Heilbehandlung nach dem lex artis- und dem ErfolgsAnsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die fehlende Erfassung von Fällen der alleinigen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten . . (4) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Haftungsexpansion und zur Verschiebung der Beweislast als zivilrechtliche Konsequenzen dieser Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Güterschutz durch informierte Einwilligungim Vertragsrecht . . 118 1. Die Leistungspflicht des Arztes als aufgewertete Sorgfaltspflicht zum Schutz absoluter Rechtsgüter . . . . . . . . . . 119 a) Zur Abgrenzung von Leistungs- und Sorgfaltspflichten des Arztes zum Schutz absoluter Rechtsgüter des Patienten . . . . 119 b) Die Behandlungspflicht des Arztes ohne korrespondierendes Leistungsbewirkungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Die Pflicht des Arztes zur Risikoaufklärung und Konsequenzen ihrer Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

2. Die Steuerung des Leistungsgeschehens durch den Gläubiger als vertragliche Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Das Recht zur schrittweisen Festlegung der Leistungsund Aufklärungspflicht durch den Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Die Begrenzung der Mitwirkung des Patienten auf unvollkommene Pflichten und Obliegenheiten . . . . . . . . . . . . 127 c) Zum Verhältnis von Einwilligung und Kausalverhältnis . . . . . . . 129

§ 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Zweiter Teil

Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung persönlicher Motivsphären bei der Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers § 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Die Öffnung der eigenen Motivwelt durch Verschränkung zweier Verständnissphären im Aufklärungsgespräch . . . . . . . . . . . 144

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XV

II. Die Abhängigkeit des Aufklärungsumfangs von der Gefährdungsintensität und dem Verständnisvermögen im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Die Intensität der Rechtsgutgefährdung als vorläufiger Maßstab für die inhaltlichen, zeitlichen und personellen Anforderungen an die Risikoaufklärung des Patienten . . . . . . 153 a) Die Maßgeblichkeit medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Bestimmung spezifischer belastender Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Die Dringlichkeit des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 c) Die je nach Rechtsgutgefährdung mit dem Aufklärungsgeschehen befassten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

2. Der subjektive Verständnisbedarf als entscheidender Maßstab für Erweiterungen und Reduzierungen der Aufklärung . . . . . 163 III. Der Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers als doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 § 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Die Beeinflussung der Nutzen-Risiko-Bewertung durch altruistische Motive bei der medizinischen Forschung an einwilligungsfähigen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Weitgehend unveränderte doppelte Nutzen-RisikoBewertung bei Vorhaben der klinischen Forschung an Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Einseitige Nutzen-Risiko-Bewertung bei individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Altruistische Preisgabe intakter Gesundheit bei medizinischer Forschung an Probanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Altruistische Preisgabe geschwächter Gesundheit in Fällen sogenannter gruppennützlicher Forschungsvorhaben . . . . . . . . . . 181

II. Die Objektivierung der persönlichen Motivsphäre bei Entscheidungen in Vertretung nicht einwilligungsfähiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung bei der ärztlichen Heilbehandlung einwilligungsunfähiger Personen . . . . . . . . . . 185 2. Die Aussicht auf einen Gesundheitsvorteil bei der medizinischenForschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

XVI

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a) Die Wirksamkeit der Einwilligung bei individuell vorteilhafter Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Die altersbedingte Schutzbedürftigkeit des Rechtsgutträgers als gesetzliches Kriterium für die Zulässigkeit individuell vorteilsloser Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

§ 7.

Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 I. Die Vereinheitlichung von Gesundheitsrisiko und Verständnisvermögen im Aufklärungsformular . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Zur Standardisierbarkeit medizinischer Risikoeinschätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Zur Standardisierbarkeit menschlichen Verstehens . . . . . . . . . . 206 II. Die Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse . . . . . . . . . 208 1. Die Beweislast des Arztes für den Nachweis ordnungsgemäßer Aufklärung des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 a) Die aus dem Modell des absoluten Güterschutzes resultierende Beweislastverteilung im Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Geltung der deliktischen Beweislastverteilung auch im Rahmen der vertraglichen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die unzureichende Begründung der Beweislastverteilung aus dem System der leistungsstörungsrechtlichen Haftung . . bb) Zur Rechtfertigung einer einschränkungslosen Beweislast des Arztes für Aufklärungsfehler mit dem Gedanken einer Verantwortlichkeit für Risiko- und Gefahrenbereiche . . . . .

210 211 212

215

2. Konzessionen in der Beweisführung im Spannungsverhältnis zwischen Beweislast und Beweisnot des Arztes . . . 220 a) Die Reduzierung der Beweisanforderungen an den Arzt, soweit „einiger Beweis“ für die Richtigkeit seiner Behauptung erbracht ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 b) Die Maßgeblichkeit mündlicher Aufklärung für die materiellrechtliche Bestimmung des Beweisthemas . . . . . . . . . . . . 224

3. Die abnehmende Beweiskraft von Formularerklärungen für den Nachweis äußerer und innerer Tatsachen des Aufklärungsgeschehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Zur gestuften Beweiskraft von Formularerklärungen für die Durchführung und den Inhalt der mündlichen Aufklärung . . . . 228 aa) Die vorherige mündliche Aufklärung als typischer Geschehensablauf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 bb) Der Inhalt des Aufklärungsformulars als typischer Gegenstand der mündlichen Aufklärung? . . . . . . . . . . . . . . . . 231

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XVII

b) Zur begrenzten Beweiskraft von Formularerklärungen für individuelles Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zum Problem des Sprachvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum individuellen Aufklärungsbedarf und Frageverhalten des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zur Unterscheidung von Formularunterzeichnung und sonstigem Verhalten des Patienten als Indizien für sein Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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242

III. Die Tendenz zu einer Öffnung des Formulargebrauchs für medizinische Standardsituationen in der Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Zur reduzierten Aufklärungspflicht des Arztes und der Auferlegung von Frageobliegenheiten des Patienten bei Routinemaßnahmen einfachster Risikostruktur . . . . . . . . . 247 2. Zur reduzierten Verständniskontrolle durch den Arzt und seiner Obliegenheit zu einer Gesprächsgelegenheit . . . . . . 249 3. Zur geteilten Aufnahme dieser Tendenz in der Literatur . . . . . 251 § 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Dritter Teil

Rechtliche Kontrollmaßstäbe für die Abgabe, den Inhalt und die Transparenz medizinischer Formularerklärungen § 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Gegenstand der Vertragsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Die wirtschaftliche Ausschöpfung der Eigentümerbefugnisse durch Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Die auf Güterbewegung abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 3. Die auf Güterschutz abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 II. Instrumente zum Schutz der Privatautonomie in der vertraglichen Güterwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Der Schutz vor strukturellen Ungleichgewichtslagen als allgemeines Prinzip des Zivilrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

XVIII

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2. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor sittenwidrigen Rechtsgeschäften durch Anordnung ihrer Nichtigkeit in § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 3. Der Schutz des strukturell unterlegenen Verbrauchers vor unbedachten Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 III. Der Schutz vor einseitiger Rechtsgestaltung nach §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Die Ausgleichung der gegenläufigen Interessen von Unternehmer und Kunde in den §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . 293 a) Zur erleichterten Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen durch eine Risikoerklärung des Kunden (§ 305 II BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur schärferen Kontrolle des Inhalts formularvertraglicher Regelungen auf die Unangemessenheit der Benachteiligung (§§ 307 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zum Schutz des Kunden vor Intransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zur Irrelevanz des äußeren Erscheinungsbildes Allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Zur analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 a) Die bislang vorrangig diskutierte Frage einer Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Äußerliche Analogiegesichtspunkte: zum Stellenwert des Vertragscharakters für die Regelungsintention der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Einseitigkeit und die Rechtsnatur der Einwilligung als Hindernis analoger Rechtsanwendung? . . . . . . . . . . . . (2) Bloßer Tatsachencharakter der Aufklärungsinformation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der absolute Rechtsgüterschutz als vertragsrechtsfremder Regelungsgegenstand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vertragsnähe, Vertragsgestaltung und Vertragserfüllung als hinreichende Gründe analoger Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachliche Analogiegesichtspunkte: zum Schutz strukturell unterlegener Vertragsparteien vor Fremdbestimmung . . . . . . (1) Die von medizinischen Formularerklärungen ausgehende Gefahr einseitiger Rechtsgestaltung . . . . . . . . (a) Die Vorformuliertheit der Erklärung – take it or leave it . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Das Wissensgefälle zwischen Arzt und Patient . . . . . (c) Das verzerrte Bild ‚im Einzelnen ausgehandelter‘ Inhalte der Einwilligungserklärung . . . . . . . . . . . . . . .

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315 318 318 319 322 323

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(2) Die Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts als Voraussetzung und Grenze formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die primäre Bedeutung des Regelungsdefizits als Grundlage einer Analogiebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Vorrang der medizinrechtlichen Dogmatik gegenüber einer Lückenfüllung analog §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum Spezialgesetzcharakter des AGB-Rechts . . . . . . . . . . . . .

328 331 332 335

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . 338 I. Die Verdrängung der Verweisungserklärung nach § 305 II BGB durch die Notwendigkeit einer informierten Einwilligungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 II. Die drei materiellrechtlichen Stufen der Formularverwendung in Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 1. Das Verdikt jeglicher Formularverwendung bei rein mündlicher Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 a) Ausschließlich mündliche Aufklärung des Patienten in Fällen der ärztlichen Heilbehandlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 b) Ausschließlich mündliche Aufklärung aufgrund spezialgesetzlicher Anforderungen an die Spende menschlicher Körpersubstanzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 c) Ausschließlich mündliche Aufklärung bei Maßnahmen der medizinischen Forschung am Menschen? . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

2. Zur Gewichtung formulargetragener und mündlicher Aufklärung bei zulässiger schriftlicher Erstaufklärung . . . . . . 348 3. Zur Bedeutung der Formularverwendung bei Reduzierbarkeit der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 a) Die Verständlichkeit der Aufklärungsinformation . . . . . . . . . . . . aa) Die geringe Risikokomplexität und -individualität des Geschehens als Voraussetzung einer Verschriftlichung der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur begrenzten Indizkraft von Stellungnahmen öffentlich bestellter Expertengremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verstehen der Aufklärungsinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur Irrelevanz des Verstehens bei unterstelltem medizinischen Basiswissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Ablehnung allein schriftlicher Aufklärung . . . . . . . . . . . cc) Zur Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine Gesprächsgelegenheit in Fällen zumutbarer Selbstverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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352 355 357 357 359

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III. Zur Kontrolle überraschender Formularinhalte analog § 305c I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 1. Die Einwilligung in die innere Leichenschau . . . . . . . . . . . . . . . . 364 2. Die Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zur klinischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . 368 3. Die Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 IV. Die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen . . . . . . . 371 1. Vertragsbedingungen der medizinischen Krankenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 2. Vertragsbedingungen der medizinischen Forschung . . . . . . . . . 372 § 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . 376 I. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auf die Risikoaufklärung und -einwilligung des Rechtsgutträgers . . . . . . . . . . . . 376 1. Zur Irrelevanz der Unangemessenheit einer Benachteiligung angesichts des gänzlich fehlenden Gestaltungsspielraums des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 2. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auch auf Risikoabwägungen öffentlich bestellter Sachverständigengremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 II. Zu den Grenzen des Gestaltungsspielraums für sonstige Inhalte medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 1. Die Rechtsverfolgung erschwerende Formularinhalte . . . . . . . 383 a) Zur Unanwendbarkeit von § 309 Nr. 12 b) BGB mangels Änderung richterrechtlicher Beweisgrundsätze für den Arzthaftungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 b) Zur Unwirksamkeit formulargetragener Formerfordernisse für Anzeigen und Erklärungen analog § 309 Nr. 13 BGB . . . . . . . 390

2. Vermögensrechtlich ausgerichtete Formularinhalte . . . . . . . . . . 391 a) Regelungen zur ärztlichen Honorarberechnung . . . . . . . . . . . . . . b) Regelungen zu einer Aufwandsentschädigung bei Teilnahme an der medizinischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gewinnverzichtsklauseln bei Teilnahme an der medizinischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Formularinhalte zur Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 a) Die vorformulierte Einwilligung in die innere Leichenschau . . . 399 b) Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Zwecke der medizinischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402

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aa) Die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Einwilligung in die invasive Isolierung der Körpersubstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 bb) Die auf das Selbstbestimmungsrecht bezogene Einwilligung in die Forschung mit der isolierten Körpersubstanz . . . . . . . . 405 cc) Zur analogen Anwendung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auf die Einwilligung in genetische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen . . . . . . 416 I. Zum Mindestmaß an Transparenzanforderungen nach den Vorgaben der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 1. Herausbildung und Kodifizierung des Transparenzgebots im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . 422 2. Die Regelungsintention des Transparenzgebots . . . . . . . . . . . . . 426 a) Zur geringen Aussagekraft des Gedankens einer Kompensation von Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Individualbezug des Transparenzgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur begrenzten Reichweite einer Sicherung vertraglicher Autonomie durch Abschlusstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum Schutz vor Beeinträchtigungen in der Vertragsabwicklung und Prozessführung durch Abwicklungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

427 429 429

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3. Die Systematik der Regelungen zum Transparenzgebot in den §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 a) Zur Unterscheidung von Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 b) Zur unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 BGB allein durch inhaltliche Intransparenz . . . . . . . 435

4. Transparenzanforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 a) Transparenzanforderungen auf Einbeziehungsebene . . . . . . . . . . 443 b) Transparenzanforderungen auf inhaltlicher Ebene . . . . . . . . . . . . 447

II. Zum Ziel umfassender Transparenz für die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen nach § 11 AMG . . . . . . . . . . . 449 1. Zur Akzeptanz und Eignung heutiger Packungsbeilagen als Informationsmedium für den Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 2. Regelungsgrundlagen für die Gestaltung von Packungsbeilagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 3. Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Arzneimittel-Packungsbeilagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

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a) Zur Lesbarkeit als Kriterium äußerer Transparenz . . . . . . . . . . . . 456 b) Zur Verständlichkeit als Kriterium inhaltlicher Transparenz . . . 458

III. Maßstäbe für die Transparenz medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 1. Zur Reichweite einer Übertragung AGB- und arzneimittelrechtlicher Transparenzanforderungen auf medizinische Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 a) Das (nur) im Rahmen des informed consent aufzustellende Gebot strenger Transparenz medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 b) Die Unabhängigkeit strenger Transparenzanforderungen vom Stellenwert des Formulars im Aufklärungsprozess . . . . . . . 466

2. Zur Skizzierung strenger Transparenzkriterien für formulargetragene Dispositionen über die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 a) Äußere Transparenzanforderungen an die Lesbarkeit von Formularbögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mühelos wahrnehmbarer Schriftgrad und Zeilenabstand . . . bb) Kontrastreiche Schrift- und Papierfarbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Leicht erschließbare Struktur und Gliederung . . . . . . . . . . . . dd) Inhaltliche Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltliche Transparenzanforderungen an die Verständlichkeit von Formularinhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überschaubare Satzlänge und einfacher Satzbau . . . . . . . . . . . bb) Aktiver und direkter Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Laiengerechter Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Überschaubarer Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 I. Zur Anwendbarkeit des Grundsatzes partieller Unwirksamkeit (§ 306 BGB) lediglich auf Formularinhalte jenseits des informed consent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 II. Die einzelnen Folgen unzulänglicher Formularerklärungen je nach einschlägigem Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 1. Die Nichtabgabe überraschender Formularerklärungen analog §§ 305 II, 305c I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 2. Die Unwirksamkeit unangemessen benachteiligender Formularerklärungen analog §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 487 3. Die je nach Aufklärungsmodus beweisrechtliche oder materiellrechtliche Auswirkung von Transparenzdefiziten . . 489

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a) Zur negativen Beweisergiebigkeit intransparenter Formularerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 b) Zur Ausnahme schon materieller Unwirksamkeit der Formulareinwilligung bei nicht wahrgenommener Gesprächsgelegenheit . 493

§ 14. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539

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Einführung Der Gebrauch von Formularen ist heute für die meisten Menschen Normalität. Die Vielzahl unterschiedlicher Rechtsbeziehungen, die sich auf diesem Weg rationell eingehen und verwalten lässt, ist nahezu unübersehbar. Im Zivilrecht blickt das Recht der Formularschuldverträge denn auch auf eine lange Entwicklungsperiode zurück, die mit der grundlegenden Schrift Ludwig Raisers über das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen von 1935 erste klare Konturen gewonnen hat, deren Beginn freilich aber noch weiter in das aufkommende Industriezeitalter des 19. Jahrhunderts zurückreicht.1 Etwa vierzig Jahre nach Raiser hat der Gesetzgeber dann die zunehmend längst nicht mehr auf den Handel beschränkte Rechtsmaterie in ein Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen überführt, das die bisherige Entwicklung in Rechtsprechung und Dogmatik weitgehend festschreiben2 und den Gerichten verbindliche Maßstäbe für die Inhaltskontrolle an die Hand geben sollte.3 Für das deutsche Recht waren damit im Jahre 1976 erstmals konkrete Maßstäbe aufgestellt, anhand derer sich einerseits die wirksame Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträge beurteilen ließ, wie andererseits auch die inhaltliche Wirksamkeit solcher Regelungen, die schon längst als das ‚Kleingedruckte‘ berüchtigter Bestandteil der Umgangssprache geworden waren. Zwei weitere nicht unbedeutende Entwicklungspunkte liegen dann in der Anpassung des AGB-Gesetzes an europäische Vorgaben zum Verbraucherschutz im Jahre 19964 wie schließlich in der zum 1. Januar 2002 vorgenommenen Überführung des AGB-Gesetzes in den Kernbestand des Zivilrechts durch Normierung in den §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Entwicklung des AGB-Rechts als lange Zeit einziger auch für Verbraucher einschlägigen Regelung wurde dabei zunehmend von der Normierung verbraucherschutzrechtlicher Bestimmungen begleitet,

1 Zum historischen Hintergrund des AGB-Rechts vgl. weiterhin v.a. Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 92 ff.; ferner nur etwa Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, Einl AGBG Rz. 1 ff.; MüKo-Basedow, Vorbemerkung § 305 Rz. 1 ff. 2 Zu diesem Impetus des Gesetzes vgl. BT-Drs. 7/3200 oder 7/5617. 3 Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, Einl. AGBG Rz. 7. 4 Umsetzung der Richtlinie 1993/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Abl. EG 1993 L 95/29.

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die am 1. Januar 2002 schließlich ebenfalls zu einem guten Teil Eingang in das BGB fanden.5 Der Schwerpunkt heutiger Formularverwendung im bürgerlichen Recht liegt damit im Bereich der Schuldverträge mit den bei Privatpersonen zusätzlichen Anforderungen des Verbrauchervertragsrechts. Die große Dynamik des über moderne Kommunikationsformen geschlossenen Anteils an Verträgen hat das Bedürfnis nach einer rationalisierten Verwendung rechtlich und äußerlich einheitlicher Bestell- und Vertragsformulare dann einmal mehr wachsen lassen. Der seitens des Rechts von Beginn an verfolgte Schutz rechtlich unterlegener Personen hat vor einer Fortentwicklung des Vertragsrechts allerdings nicht Halt gemacht. Je ernsthafter und nachdrücklicher in Rechtsprechung und Lehre die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen thematisiert wurde, desto mehr wurde auch die Wahrung absolut geschützter Rechtspositionen des Vertragspartners zum Gegenstand formularrechtlicher Schutzbestrebungen. Im Schuldvertragsrecht betrifft das heute in erster Linie die Wahrung des Datenschutzes, wenn es etwa um Solvenzanfragen vor Abschluss eines Vertrages geht, um die Entbindung von beruflichen Schweigepflichten in Versicherungsverträgen oder um die Weiterleitung persönlicher Daten an verbundene Unternehmen zu kommerziellen Zwecken. Gegenstand des Formularverkehrs sind heute vermehrt also auch Erklärungen, mit denen der Unterzeichnende in einen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder andere absolut geschützte Rechtsgüter einwilligt. In der Folge dieser vertraglich motivierten, der Sache nach aber doch deliktischen Einwilligungen fehlt den entsprechenden Handlungen des Vertragspartners dann die Unerlaubtheit im Sinne der §§ 823 ff. BGB bzw. die Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 241 II BGB. Auch das Gesundheitswesen bringt heute eine Vielzahl komplexer Rechtsbeziehungen mit sich, und auch dort besteht längst – und verstärkt unter der Notwendigkeit kostenbewussten Handelns – das Erfordernis möglichst weitgehender Rationalisierung.6 Im Gegensatz zu den in erster Linie auf wirtschaftliche Interessen abzielenden Verträgen haben vertragliche Regelungen in der Medizin allerdings nur einen vergleichsweise geringen Anteil am Formularverkehr. Augenfällig sind hier vielmehr die umfangreichen Aufklärungsbögen, die von den Patienten regelmäßig als zur Kenntnis genommen und verstanden gegen5 Vgl. insbesondere die heutigen §§ 312 bis 312 f., §§ 355 ff., §§ 474 ff., §§ 481 ff., §§ 491 ff., §§ 499 ff., § 505, §§ 655a ff. BGB. 6 Einen historischen Abriss zur Entwicklung der medizinischen Formularpraxis gibt Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 8 ff.; zum Spannungsverhältnis zwischen dem Selbstverständnis des ärztlichen Heilberufs, den Anforderungen des Sozialstaats und einer Rationalisierung medizinischer Leistungen Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 2 Rz. 1 ff; ferner Schelling, MedR 2004, 422 ff.

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zuzeichnen sind. Angesichts ihrer großen Verbreitung, aber auch angesichts des hohen Rangs der in der Medizin tangierten Rechtsgüter muss der Stand der rechtlichen Aufarbeitung dieses Formularverkehrs verwundern. Abgesehen von einer Erörterung vor allem der Beweiskraft schriftlicher Einwilligungserklärungen und einem mehr äußerlich begründeten Konsens über eine entweder direkte oder analoge Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Formularerklärungen in der Medizin ist sie im Grunde weitgehend fragmentarisch geblieben. 7 In der Praxis hat dies vielfach die Konsequenz, dass die im Umlauf befindlichen Formulare entsprechend den immer engmaschigeren Vorgaben der haftungsrechtlichen Judikatur laufend angepasst und dabei mit weiteren Details versehen werden, die die schriftliche Information für den Laien meist unüberschaubar machen. So warnte denn auch bereits im Jahre 1978 der 52. Deutsche Juristentag „vor der Verwendung unübersichtlicher Formulare zur Aufklärung des Patienten und zu ihrem Nachweis“,8 auch wenn er für das Arztrecht ergänzende Regelungen durch den Gesetzgeber zu Fragen des geltenden Haftungssystems, namentlich zu den Haftungsgrundlagen, dem Einwilligungserfordernis, der ärztlichen Aufklärungspflicht und zur Beweislastverteilung nicht für angezeigt hielt,9 insbesondere auch nicht für die Fragen der ärztlichen Aufklärungsmethoden und des Aufklärungsnachweises.10 Besonders hervorstechend ist dies heute bei Aufklärungsunterlagen, die den Teilnehmern medizinischer Forschungsvorhaben ausgehändigt werden, insbesondere den Teilnehmern klinischer Arzneimittelprüfungen. Möglicherweise nicht zuletzt aufgrund dieser Praxis hält die Rechtsprechung weiterhin an der entscheidenden Bedeutung des mündlichen Aufklärungsgesprächs fest und ist nur vereinzelt zu Zugeständnissen an eine verstärkte Berücksichtigung schriftlicher Aufklärungsinformationen bereit. Im Routinebetrieb der Krankenhäuser und niedergelassenen Ärzte fallen Anspruch und Wirklichkeit dieses Gesprächs freilich nicht selten auseinander.11 7 Zum Meinungsspektrum eingehend unten § 9 III 2. Scharf Schlund, VersR 1993, 752 (752 f.), der meint, „daß gerade die Rechtsprechung des BGH seit Jahren ein fast ‚gestörtes Verhältnis‘ zu Aufklärungsformblättern und -bögen entwickelt hat“. Dem beipflichtend in jüngster Zeit Uhlenbruck, in: FS-Laufs, S. 1123 (S. 1131). 8 Beschlüsse des 52. Deutschen Juristentags, V. Abteilung, Ziffer V. 3. b), NJW 1978, 2189 (2193). 9 Beschlüsse des 52. Deutschen Juristentags, V. Abteilung, Ziffer V. 2., NJW 1978, 2189 (2193). 10 Beschlüsse des 52. Deutschen Juristentags, V. Abteilung, Ziffer V. 3. a), NJW 1978, 2189 (2193). 11 Erst in jüngster Zeit bildete dieser Missstand speziell mit Blick auf das sogenannte Cyclosa-Urteil des BGH vom 15.3.2005, NJW 2005, 1716 ff., den Anlass für ein Symposium „Rechtssicherheit und Rechtspraxis bei der Risikoaufklärung vor Arzneimittelgabe“, über das Köbberling/Haffner berichten, MedKlinik 2006, 516 ff. Statistische Erhebungen sind hier freilich kaum bekannt; vgl. aber Katzenmeier, Arzthaftung, S. 58 ff. Kritisch aus ärztlicher Sicht auch etwa Kienzle, in: Risiko Aufklärung, S. 111 ff.

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Die vorliegende Untersuchung ist von dem Gedanken getragen, dass an der Maßgeblichkeit des Aufklärungsgesprächs aus guten Gründen festgehalten werden muss und eine ausschließlich aufgrund schriftlicher Aufklärungsunterlagen unterzeichnete Einwilligungserklärung unter völligem Verzicht auf mündliche Aufklärungsanteile für sich genommen daher nicht die ihr zugedachte Rechtswirkung haben kann. Insbesondere lassen sich rechtfertigende Formulareinwilligungserklärungen mit Hilfe des Rechtsinstituts der Risikoerklärung nicht unter denselben Voraussetzungen in Geltung setzen wie vertragliche Regelungen. Der mit dieser Absage an das Institut der Verweisungserklärung bezweckte Schutz erweist sich allerdings als stumpfes Schwert, wenn der Formularerklärung dann auch nur im Prozess ein kaum zu überschätzender Beweiswert für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs beigemessen wird. Was materiellrechtlich verpönt ist, droht nun also prozessual zur Gefahr zu werden.12 Das Anliegen der Untersuchung ist daher einerseits, die Beweisbedeutung medizinischer Formularerklärungen an denselben Kriterien auszurichten wie die Wirksamkeit der materiellen Einwilligungserklärungen. Zum entscheidenden Kontrollmaßstab wird damit das Transparenzgebot, das dort verletzt sein muss, wo der Inhalt eines Formulars entweder schon äußerlich kaum wahrnehmbar ist oder dem Sinne nach unverständlich.13 Werden diese Anforderungen gewahrt, ist der Formularerklärung dann hingegen nicht nur ein prozessualer Indizienwert beizumessen. Vielmehr tritt die Untersuchung in Fortbildung der jüngeren Rechtsprechung des BGH für einen äußerst begrenzten Bereich medizinischer Routinemaßnahmen mit einfachster Risikostruktur zugleich dafür ein, transparent gestaltete Formularaufklärungen auch materiell als ausreichend zu erachten, wenn sie die Gelegenheit zu einem Aufklärungsgespräch eindeutig und einschränkungslos vorbehalten. Der Gedankengang gliedert sich wie folgt. In ihrem Ersten Teil widmet sich die Untersuchung zunächst in tatsächlicher Hinsicht dem in der Medizin anzutreffenden Gebrauch von Formularerklärungen, sowohl in der ärztlichen Heilbehandlung wie in der medizinischen Forschung (§ 1), und betrachtet die rechtlichen Besonderheiten dieses Formulargebrauchs, der anders als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht auf die Gestaltung von Vertragsbeziehungen abzielt, sondern auf die gezielte Preisgabe der absolut geschützten Rechtspositionen Leben, Körper und Gesundheit (§ 2). Mit dieser anderen Zielrichtung gehen dann auch markante Abweichungen in den Wirksamkeitsvoraussetzun12 Dass ein „Zuviel“ der Aufklärung dem Arzt im Haftungsprozess kaum schadet, merken kritisch bereits Bodenburg, NJW 1981, 601 (601 f.), und dem folgend Jacob, Jura 1982, 529 (532), an. 13 Zu den Gefahren mangelnder Verständlichkeit und der Abschreckung des Patienten infolge Mitteilung zu vieler Risiken vgl. bereits den Bericht vom 52. Deutschen Juristentag, NJW 1978, 2185.

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gen einher, wenn nach der Doktrin des informed consent aus Wissensdefiziten ipso iure Gültigkeitsdefizite werden. Die Einwilligungserklärung des Patienten kann also gerade nicht als Risiko- oder Verweisungserklärung abgegeben werden, während diese Art der Erklärung im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen den entscheidenden Schlüssel für die Inkraftsetzung vorgegebener Klauselwerke darstellt (§ 3). Damit sind die Grundlagen dafür geschaffen, im Zweiten Teil der Untersuchung nach den spezifischen Gefahren des medizinischen Formulargebrauchs zu fragen. Sie erschöpfen sich nicht im bloßen Abstraktionscharakter der Formulare, wohnt ein Abstraktionsmoment doch auch der mündlichen Aufklärung inne. Vielmehr droht die Formularaufklärung, die Anforderungen des informed consent zu konterkarieren, wonach es für die Aufklärung stets auf die individuelle Gefährdungsintensität und das individuelle Verständnisvermögen im Einzelfall ankommt, um dem konkret betroffenen Patienten zu erlauben, zwischen dem Nutzen und den Risiken der empfohlenen Therapie abzuwägen (§ 5), ebenso wie auch dem Teilnehmer an medizinischen Forschungsvorhaben oder dem Vertreter einer nicht einwilligungsfähigen Person (§ 6). Rechtsprechung und Schrifttum gehen diese Abstraktionsgefahr in erster Linie dadurch an, dass sie die Formularaufklärung insgesamt in ihre Schranken verweisen, wenn nach der bekannten Formel des BGH „allein entscheidend […] das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patienten“ bleiben soll.14 Damit unterliegt die Formularerklärung materiellrechtlich nun aber einem Verdikt, das der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung schon gar nicht konsequent aufrechterhält, indem er für Routinemaßnahmen die schriftliche Formularaufklärung als ausreichend erachtet. Vor allem erweist sich dieser Standpunkt aber auch als schwacher Schutz, wenn der unterzeichneten Formularerklärung dann für den Prozess ein erheblicher Indizienwert sowohl für die Durchführung wie den Inhalt der mündlichen Aufklärung beigemessen wird. Materiellrechtlich in ihre Schranken gewiesen, droht die Formularerklärung also, den Patienten – oder allgemeiner gesprochen, den Rechtsgutträger – prozessual dadurch zu belasten, dass die allen Eventualitäten Rechnung tragende Formularaufklärung im konkret betroffenen Einzelfall auch mündlich als erfolgt gilt (§ 7). In ihrem Dritten Teil widmet sich die Untersuchung daher der Frage, ob sich den von Formularerklärungen in der Medizin ausgehenden Rechtsgefahren durch die im Schrifttum häufig favorisierte Anwendung der §§ 305 ff. BGB wirksam begegnen lässt. Dabei zeigt sich, dass gegen eine solche Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht schon spricht, dass medizinische Formularerklärungen die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen zum Gegenstand haben, liegt hierin doch auch kein Hinderungsgrund für die Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf einseitige Erklärungen im 14

Grundlegend BGH NJW 1985, 1399.

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Vertragsrecht. Defizite weisen die bisherigen Stellungnahmen zur analogen Anwendung der §§ 305 ff. BGB nach der hier vertretenen Auffassung aber vor allem deshalb auf, weil sie sich auf die Frage der Rechtsähnlichkeit der jeweiligen Lebenssachverhalte beschränken, statt zunächst klare Aussagen dazu zu treffen, ob das Medizinrecht für die jeweilige Sachfrage überhaupt ein Regelungsdefizit enthält, um erst auf dieser Basis auch die Frage der Rechtsähnlichkeit zu den in den §§ 305 ff. BGB geregelten Interessenkonflikten präzise beurteilen zu können (§ 9). So scheitert am Fehlen einer Regelungslücke insbesondere die analoge Anwendung der zentralen Vorschrift zur Einbeziehungskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, § 305 II BGB, steht das Verdikt der Risiko- oder Verweisungserklärung im Medizinrecht einer solchen entsprechenden Anwendung doch im Ausgangspunkt entgegen. Vielmehr kann für die Einwilligungserklärung des Patienten nicht die entscheidende Frage sein, unter welchen Umständen er in Unkenntnis der Aufklärung wirksam einwilligen kann, sondern nur, unter welchen Umständen er auch oder gar nur schriftlich aufgeklärt werden darf. Analog anwendbar sind die Vorschriften zur Einbeziehungskontrolle damit nur dort, wo die Formularerklärung nicht mehr die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers betrifft. Bedeutsam ist eine solche Analogie insbesondere für das Überraschungsverbot nach § 305c I BGB, an dem nach der hier vertretenen Auffassung vorformulierte Sektionsklauseln scheitern müssen, im Gegensatz zu vorformulierten Einwilligungen in die Überlassung bereits rechtmäßig isolierter Körpersubstanzen zu Forschungszwecken (§ 10). Auch den Vorschriften zur Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stehen dann die spezifischen Regelungsvorgaben der medizinrechtlichen Aufklärungsdogmatik entgegen, wonach nicht erst die unangemessen benachteiligende Aufklärung unwirksam sein muss, sondern jede Aufklärung, die nicht den im Einzelfall konkret gebotenen Anforderungen genügt. Nicht analog anwendbar ist entgegen dem wohl herrschenden Standpunkt in der Literatur insbesondere auch § 309 Nr. 12 b) BGB, weil die Beweiswirkungen einer Formulareinwilligung nicht von einer wie auch immer formulierten Aufklärungsbestätigung abhängen, sondern von der bloßen Unterzeichnung des Formulars selbst. Auch auf der Ebene der Inhaltskontrolle verbleibt ein analoger Anwendungsbereich daher im Ergebnis nur für solche Erklärungen, mit denen der Patient andere Regelungen trifft als eine Einwilligung in die Verletzung seiner körperlichen Integrität zu medizinischen Zwecken (§ 11). Als sehr wohl analog anwendbar, für sich genommen als Kontrollmaßstab allerdings nicht genügend, erweist sich schließlich dann das Transparenzgebot als vergleichsweise junge Frucht des AGB-Rechts. Hier hat sich das Medizinrecht, indem es die Formularerklärung materiellrechtlich des Platzes verwies, um die Herausarbeitung konkreterer Anforderungen an die Lesbarkeit und

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Verständlichkeit kaum auch nur bemüht. Aufgrund eines solchen Regelungsdefizits allein die Transparenzanforderungen der §§ 305 II Nr. 2, 307 I 2 BGB analog anzuwenden, muss dann aber seinerseits unzureichend bleiben, sind diese Transparenzanforderungen für das der Verweisungserklärung verhaftete Formularvertragsrecht doch von vornherein niedrig angesiedelt. Soll die medizinische Formularerklärung auch nur Beweiswert für eine hinlängliche Einwilligung in Verletzungen der körperlichen Integrität besitzen, müssen sich die Transparenzanforderungen vielmehr an den Vorgaben für die mündliche Aufklärung selbst orientieren. Die Untersuchung tut dies, indem sie zur Herausbildung eines geeigneten Transparenzkontrollmaßstabs zusätzlich und entscheidend an die Vorgaben zur Lesbarkeit und Verständlichkeit von Arzneimittel-Packungsbeilagen anknüpft, die im Unterschied zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihrerseits auf wirkliches Lesen und Verstehen ausgerichtet sind (§ 12). Erweist sich die Reihe analog heranzuziehender Vorschriften zur rechtlichen Kontrolle medizinischer Formularerklärungen damit als weitaus kleiner, als dies nach mancher Einschätzung in der Literatur der Fall sein soll, skizziert die Untersuchung abschließend dann die Rechtsfolgen, die bei Eingreifen der dargelegten Kontrollmaßstäbe im Einzelfall eintreten. Auch hier erweist sich die entscheidende Regelung des § 306 BGB als für den zentralen Fall der Risikoeinwilligung nicht anwendbar, ist bei dieser Einwilligungserklärung als einer Bilanzentscheidung doch potenziell jedes Aufklärungsdefizit geeignet, das in der Einwilligung manifestierte Abwägungsergebnis des Patienten in Frage zu stellen. Der hier entscheidende Kontrollmaßstab des Transparenzgebots hat für Formularerklärungen vielmehr zur Folge, dass Transparenzdefizite den Beweiswert unterzeichneter Formularerklärungen nicht nur relativieren, sondern vielmehr umgekehrt als negativ-ergiebige Indizien dafür sprechen, dass auch die mündliche Aufklärung nicht verständlich war. Wo sich die Aufklärung ausnahmsweise auf ein Schriftstück beschränken darf – soweit eine Gesprächsgelegenheit vorbehalten wird –, müssen Transparenzdefizite hingegen auch die materielle Unwirksamkeit der Erklärung zur Folge haben (§ 13). Ein einschränkendes Wort sei allerdings vorausgeschickt. Wenn sich das Recht um Kontrollmaßstäbe bemüht, um den Patienten vor Gefährdungen seines Selbstbestimmungsrechts zu bewahren, so erscheint die Medizin schnell in einem grellen Licht, das die Perspektive allein auf im Verhältnis von Arzt und Patient denkbare Probleme zu legen scheint. Wenn dieses Verhältnis über rechtliche Bezüge bei weitem hinaus geht und auch der Arzt selbst eine techne der Heilkunst erlernt hat, mit der er in einer langen Tradition jahrhundertealter Erfahrungen steht, kann eine solche Perspektive sicherlich nicht einmal annähernd den komplexen Zusammenhängen gerecht werden, in denen ärztliche Heilkunst, medizinische Wissenschaft, Fragen der Medizinethik und Recht stehen. Und entsprechend ist auch die ärztliche Aufklärung des Patienten

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ein sehr altes Thema, das nicht vom Recht geschaffen wurde, sondern vielmehr umgekehrt als Modell dafür begriffen werden kann, dass auch die Regeln des Gesetzes einer vorherigen Begründung bedürfen, um als Richtschnur von denjenigen akzeptiert zu werden, die danach handeln sollen. So zieht bereits Plato einen Vergleich zwischen Gesetzgebung und Heilkunst, wenn er einerseits die bloße Gewaltherrschaft des Gesetzes mit der ärztlichen Behandlung von Sklaven illustriert und andererseits die Begründung des Gesetzes durch ‚Vorsprüche‘ – in die heutige Terminologie gewendet also durch Tatbestandsvoraussetzungen15 – mit der ärztlichen Behandlung von Freien. Dem Sklaven verordne der Arzt sofort, so Plato, „was ihm nach seiner eigenen Erfahrung gut dünkt, eigenmächtig, wie ein Tyrann, um dann in voller Eile wieder zu einem anderen kranken Sklaven zu laufen und so seinem Herrn die Behandlung der Krankheiten leicht zu machen“. Der freie Arzt hingegen gebe „sich meist nur mit der Behandlung und Überwachung der Krankheiten von freien Leuten ab, die er von Grund aus und ihrem Wesen nach zu erforschen sucht, indem er den Kranken selbst wie auch dessen Freunde darüber befragt und so teils selbst von den Patienten mancherlei erfährt, teils auch, so weit ihm das möglich ist, den Kranken selbst belehrt und seine Verordnung nicht eher trifft, als bis er ihn bis zu einem gewissen Grade zu seiner Ansicht bekehrt hat; dann erst versucht er den durch die Kraft der Überredung beruhigten Patienten durch unablässige Bemühung zur Gesundheit und damit an das Ziel zu führen“.16 Modern formuliert, ist die Aufklärung des Patienten bei Plato damit, nicht anders als die Begründung des Gesetzes, in eine Bildungsphilosophie eingebettet, die im Kern mit einer an die Ehre der Eltern heranreichenden Ehre des Arztes begründet wird, nämlich, dessen Worte zu achten und ihnen gemäß zu leben, wie der Arzt selbst in gleicher Weise die ihm überlieferten Erfahrungssätze seiner Vorgänger zu achten hat.17

Dass der Patient als Person ernst genommen und in behutsamer Weise mit den Einschätzungen und Empfehlungen der Medizin vertraut gemacht wird, ist also nicht erst ein Postulat rechtlicher Aufklärungsdogmatik, sondern Ausdruck des Selbstverständnisses einer Disziplin, die sich ihrer hohen Verantwortung bewusst ist und diesen Anspruch, wenn auch in wechselnder Gestalt, von Generation zu Generation weitergibt. Und so dürften praktisch denn auch die entscheidenden Konsequenzen ärztlichen Fehlverhaltens weniger in den daran anknüpfenden rechtlichen Sanktionen liegen, als vielmehr im sinkenden Ansehen des Arztes bei seinen Patienten und bei seinen Kollegen, das sich nur mühsam beheben lassen wird und nicht nur ein unbefangenes Aufeinanderzugehen,

15 Fruchtbar gemacht hat diese Perspektive Platos für eine Methodenlehre des Rechts insbesondere Schapp, der den Tatbestand des Rechtssatzes als Begründung der in der Rechtsfolge ausgesprochenen Konfliktentscheidung begreift, vgl. Schapp, Hauptprobleme der juristischen Methodenlehre, S. 47 ff.; ders., Methodenlehre des Zivilrechts, S. 73 ff., 84 ff. Näher hierzu Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 104 ff. 16 Plato, Gesetze 720 St. 17 Daran anknüpfend zum Gedanken von Gemeinschaften als Grundlage von Gesellschaft Schapp, Rechtstheorie 2006, 29 ff.

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sondern auch den Zugang zu Kongressen, Drittmitteln oder Fachjournalen auf längere Zeit belasten kann.18 Wenn sich die Untersuchung daher einer Analyse rechtlicher Kontrollmaßstäbe für schriftliche Formularerklärungen widmet, plädiert sie zwar einerseits dafür, diesen Formulargebrauch ein Stück weit aus dem Graubereich berufsethischer Missbilligung herauszuführen, und erachtet es andererseits angesichts der hohen Verantwortung des Arztes auch für erforderlich, den Blick auf die Grenzen des Formulargebrauchs unter Formulierung entsprechender Kontrollmaßstäbe zu schärfen. Auch dann aber bleibt die Einschätzung, inwieweit die Aushändigung schriftlicher Informationen einen ärztlich angemessenen Umgang mit dem Patienten darstellt, ihrer Substanz nach eine Frage des medizinethischen Selbstverständnisses, die das Recht nur partiell aufgreifen und beantworten kann.

18 So aus strafrechtlicher Sicht dezidiert Ulsenheimer, NStZ 1996, 132 (133). Zum Potential einer Mediation bei Störungen des Arzt-Patienten-Verhältnisses unlängst Katzenmeier, NJW 2008, 1116 ff.

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Erster Teil

Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten des Formulargebrauchs in der modernen Medizin Die Verwendung von Formularen ist aus dem modernen Gesundheitswesen nicht mehr hinwegzudenken. Ähnlich wie der Wirtschaftsverkehr steht die Medizin vor der Notwendigkeit einer Rationalisierung, um immer knapper werdende Finanzressourcen zu schonen, damit sie sich auf die eigentliche medizinische Tätigkeit, also die ärztliche Heilbehandlung, konzentrieren kann.1 Es spricht daher für sich, wenn ein in diesem Sektor spezialisierter Fachverlag seit der ersten Veröffentlichung standardisierter Patientenaufklärungsbögen für die Anästhesie im Jahr 1979 mittlerweile über 1100 eingriffsspezifische Merkblätter und Dokumentationsbögen in über 30 verschiedenen Fachgebieten herausgibt und hiervon allein jährlich über 20 Millionen Exemplare verkauft, viele zudem in Fremdsprachen. 2 Die moderne Computerausstattung heutiger Krankenhäuser erlaubt es darüber hinaus, die Formulare online abrufbereit zu halten und damit ihre jederzeitige Aktualität zu gewährleisten, wie auch Patienten- und Krankenhausdaten, Sprachauswahl usw. unmittelbar in den Ausdruck des jeweiligen Formulars einzubinden. Erscheint der medizinische Formulargebrauch damit als unausweichliches Faktum, lässt der Charakter der ärztlichen Heilbehandlung freilich Zweifel an ihm aufkommen. Die Höchstpersönlichkeit menschlichen Leidens scheint einer durch den Gebrauch von Formularen suggerierten Pauschalierbarkeit im Ansatz entgegenzustehen. Geht es im Wirtschaftsverkehr bei der Formularverwendung um eine Rationalisierung von Alltagsgeschäften, so geht es in der Medizin, überspitzt formuliert, um eine Rationalisierung menschlicher Ausnahmezustände. Leiden und Krankheit in dieser einheitlichen Weise Form und Gestalt zu geben, um einmal den Ursprung des Wortes aufzugreifen, 3 scheint mit der Autonomie des Menschen als dem zentralen Gedanken moderner Ethik 1 Eindringlich hierzu etwa Schelling, MedR 2004, 422 ff.; kritisch allgemein Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 61 Rz. 2; speziell mit Blick auf das Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) und den Handel mit Arzneimitteln Purnhagen, MedR 2006, 315 ff. 2 Vgl. http://www.procompliance.de. 3 Formular von lat. formula (Form, Gestalt; Regel, Vorschrift, Maßstab), Deminutivum

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

kaum vereinbar, auch wenn sich die Handreichung von Informationen als ein Mittel zur Ermöglichung autonomer Entscheidung andererseits auch als ethisch geboten auffassen lässt. Die Untersuchung ist insoweit von dem Gedanken getragen, dass es wenig sinnvoll ist, Rationalisierungsbedürfnis und Patientenautonomie in einer scharfen Frontstellung zu belassen, wie dies in nicht wenigen polarisierenden Beiträgen immer noch geschieht. Eine ausgewogene rechtliche Beurteilung beider Gedanken setzt insoweit zunächst voraus, sich einen Überblick über die heutigen Hauptanwendungsgebiete des medizinischen Formulargebrauchs zu verschaffen (§ 1). Damit wird zum einen die Grundlage dafür geschaffen, die besondere Zielrichtung des medizinischen Formulargebrauchs in den Blick zu nehmen, nämlich die Preisgabe der absolut geschützten Rechtspositionen Leben, Körper und Gesundheit. Während der Zivilrechtler mit Formularen also üblicherweise den Abdruck Allgemeiner Geschäftsbedingungen verbindet, die auf die formularvertragliche Regelung von Vertragsbeziehungen abzielen, berührt der medizinische Formularverkehr nicht das Recht der Güterbewegung, sondern das Recht des Güterschutzes (§ 2). Ebenso wie die Zielrichtung unterscheidet sich dann aber auch das rechtliche Regelungsinstrumentarium beider Formulartypen. Das Formularvertragsrecht regelt den Inhalt von Vertragsbeziehungen und bedient sich bei deren Inkraftsetzung des Rechtsinstituts der Risikoerklärung. Unterschreibt der Vertragspartner also das Vertragsformular, so werden grundsätzlich zunächst einmal sämtliche Vertragsklauseln dem Inhalt seiner Willenserklärung zugerechnet (§ 305 II BGB), bevor sie erst auf einer zweiten Stufe im Fall ihrer Unangemessenheit für unwirksam erklärt werden (§§ 307 ff. BGB). Der Ansatz in der Medizin ist bei weitem enger. Zugerechnet wird dem Erklärenden nur das, was er tatsächlich zur Kenntnis genommen und überdies auch verstanden hat. Und reicht dies nicht aus, um sich eine Vorstellung von der gesamten Tragweite der Entscheidung zu machen, bedarf es nicht erst einer Nichtigkeitsanordnung durch das Recht oder gar einer Anfechtung durch den Rechtsgutträger. Eine auf unzureichendem Wissen beruhende Einwilligung wird nicht unwirksam, sie ist es vielmehr von vornherein. Unabhängig davon, ob Aufklärungsfehler des Arztes in der Folge dann als Körperverletzung oder als Verletzung des Selbstbestimmungsrechts zu deuten sind, stellen Wissensdefizite also ipso iure Gültigkeitsdefizite der Einwilligung dar (§ 3).

von forma (Form, Gestalt, Figur; Schönheit; Modell, Entwurf). Vgl. Pertsch, Langenscheidts Handwörterbuch Lateinisch-Deutsch, S. 257.

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§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin Formularerklärungen sind heute in der gesamten Medizin verbreitet. Ihr Hauptanwendungsgebiet liegt dabei zweifellos in der etablierten Gesundheitsversorgung (I.). So wie bereits im Alltag zumindest vieler Universitätskliniken gesichertes Wissen mit fortschreitendem Erkenntnisgewinn Hand in Hand geht, haben Formularerklärungen dann aber längst auch in der medizinischen Forschung Einzug gehalten (II.). Seinem ursprünglichen Ziel nach dient der Formulargebrauch dabei in erster Linie einer Beweissicherung des Arztes, lässt sich positiv aber auch im Sinne einer übersichtlichen Vorabaufklärung des Patienten begreifen (III.).

I. Die formulargetragene Gestaltung typischer Rechtsbeziehungen bei der ärztlichen Heilbehandlung Das Spektrum medizinischer Formularerklärungen für die ärztliche Heilbehandlung ist groß, sowohl der äußeren Gestaltung wie auch dem Inhalt nach. Was zunächst das Spektrum der inhaltlichen Regelungsgegenstände betrifft, so lässt sich eine Übersicht am ehesten anhand des typischen zeitlichen Ablaufs erstellen. So beginnt die Einbindung des Patienten in das Gesundheitswesen regelmäßig mit der Begründung eines Versicherungsverhältnisses. Je nach Versicherungsstatus werden hier also Aufnahmeerklärungen abgegeben und Angaben zur Familienversicherung gemacht oder ein Formularfragebogen als Antrag auf Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrags ausgefüllt. Letzterenfalls kommt es zu umfangreichen persönlichen Angaben in Bezug auf Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht, vor allem aber zu einer mitunter umfangreichen Schilderung etwaiger Vorerkrankungen. Einher geht diese Schilderung dann regelmäßig mit einer vorgedruckten Erklärung über die Entbindung der einzelnen mit Namen und Anschrift anzugebenden Ärzte von ihrer ärztlichen Schweigepflicht, um dem Versicherer eine konkrete Kalkulation des zu versichernden Risikos zu ermöglichen. Unabhängig vom Versicherungsstatus

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

schließt die Begründung des Versicherungsverhältnisses dann typischerweise mit Erklärungen zur Weiterverarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten. Begibt sich der Patient anschließend in ambulante Behandlung, wird er vielfach mit einem oder mehreren schriftlichen Fragebögen konfrontiert, auf denen er Gesundheits- und Krankheitsdaten niederschreibt, etwa zu Vorerkrankungen, der momentanen physischen und psychischen Befindlichkeit, der Einnahme von Arzneimitteln usw. Sie sollen den Einstieg in die Anamnese im Rahmen einer Erstkonsultation erleichtern.1 Meist wird dabei bereits gezielt auch nach solchen Angaben gefragt, die den gängigen Krankheitsbildern des jeweiligen Fachgebiets entsprechen. Je konkreter fassbar die bevorstehende ärztliche Tätigkeit schon vor dem ersten persönlichen Kontakt mit dem Arzt ist, z.B. bei Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen, desto eher werden dem Patienten dann schon bei der Anmeldung zugleich Aufklärungsbroschüren oder -formulare zur Hand gegeben und eine schriftliche Einwilligung erbeten, während sonst im ambulanten Bereich Formularaufklärungen und -einwilligungen eher die Ausnahme bilden. Wird eine stationäre Behandlung erforderlich, schreitet der Patient zunächst einen mitunter beträchtlichen Weg ab, auf dem er die Krankenhausaufnahmebedingungen unterzeichnet, ggf. Wahlleistungen erbittet, die Kostenübernahme für den Fall fehlenden Versicherungsschutzes zusagt, Erklärungen zum Datenschutz abgibt usw. Angesichts des bei stationärer Behandlung meist bevorstehenden gravierenderen Eingriffs kommt es dann in der Regel – schon entsprechend den internen Dienstanweisungen – zu einer Aushändigung umfangreicher Aufklärungsunterlagen und schriftlicher Einwilligungsformulare am Krankenbett. Sie sollen den Patienten vor einem Aufklärungsgespräch informieren und verkörpern nach einem solchen dann regelmäßig die schriftliche Fassung des Gesprächs. Der Patient unterzeichnet hier regelmäßig, dass er vom geplanten Ablauf und den etwaigen Risiken der diagnostischen oder therapeutischen Behandlung nebst etwaiger Alternativen Kenntnis genommen hat, alles verstanden hat, derzeit keine weiteren Fragen hat und in die Vornahme der medizinischen Maßnahmen einwilligt. Was schließlich die Abrechnung der erbrachten ärztlichen Leistungen betrifft, werden dem privat versicherten Patienten mittlerweile überwiegend Erklärungen vorgelegt, auf denen er sich mit der Weiterleitung seiner persönlichen und insbesondere gesundheitlichen Daten an eine externe Abrechnungsstelle einverstanden erklärt. Was statt des Inhalts nun die äußere Gestaltung medizinischer Formularerklärungen angeht, so reicht die Palette von immer noch im Umlauf befindlichen schreibmaschinenabgefassten und bis an die Grenze der Lesbarkeit vervielfäl1 Dass sich der Arzt damit seiner Aufklärungspflicht nicht entziehen kann, so LG Kiel, NJW 1999, 3418 (3419), liegt auf der Hand.

§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin

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tigten Vordrucken bis hin zu den professionellen Formularvordrucken hierauf spezialisierter Fachverlage. In Länge, Anordnung und Formatierung des Textes können sich diese Formulare dann eklatant unterscheiden. So werden bei Routineeingriffen häufig gefaltete DIN A3-Bögen in übersichtlicher Ordnung und Schriftgröße verwandt, während in der medizinischen Forschung ein Großteil der Formulare weiterhin aus Konvoluten von bis zu zwanzig oder mehr Seiten besteht, in denen sämtliche Informationen in kleiner Proportionalschrift nicht selten unübersichtlich gesammelt sind. Auch die Sprache der Formulare divergiert beträchtlich. Während der Abfassung vieler etablierter Formulare für die ärztliche Heilbehandlung ein erheblicher Aufwand vorausging, durch den ein Aufklärungstext aus verschiedenen Fachrichtungen beurteilt wurde und die beteiligten Juristen ein erhebliches Augenmerk auf die rechtlichen Anforderungen gelegt haben, gilt dies für die medizinische Forschung längst nicht in gleicher Weise. Hier macht es zunächst einen bedeutenden Unterschied, ob der Studienverantwortliche ein pharmazeutischer Unternehmer ist mit seinem für die klinische Studie zur Verfügung stehenden Stab an Mitarbeitern, also Ärzten, Pharmakologen, Chemikern, Biologen, Biometrikern, Juristen usw., oder ob etwa ein mit seiner Habilitation befasster Arzt mit den zumeist wenigen ihm zur Verfügung stehenden Personal- und Sachmitteln nicht nur das gesamte Forschungsprojekt als solches organisieren und koordinieren, sondern auch die Aufklärungs- und Einwilligungsformulare in eigener Regie entwerfen muss. Auch die Zielrichtung des Textes kann dementsprechend stark schwanken. Scheint der Autor mal einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittspatienten vor Augen zu haben, scheint Adressat ein anders Mal ein Patient äußerst geringen Bildungsstands zu sein, wieder ein anderes Mal ein medizinisch überdurchschnittlich vorgebildeter und an das Verständnisvermögen eines Arztes heranreichender Laie oder schließlich gar ein Jurist mit Spezialkenntnissen im Arzthaftungsrecht und den entsprechenden Leitsätzen der obergerichtlichen Judikatur. Damit einher geht dann ein bald geringer, bald verstärkter Umgang mit Fremdwörtern, medizinischen Fachausdrucken, juristischen Formulierungen oder illustrierenden Skizzen. Auch die in den Formularen nach Abschluss des Aufklärungstextes enthaltenen Einwilligungserklärungen spiegeln das hier nur ganz knapp skizzierte Panoptikum an unterschiedlicher Gestaltung wider. Nicht selten wird dabei die Grenze zwischen Aufklärungs- und Einwilligungstext selbst fließend, wenn ein Aufklärungstext schlicht mit einer Unterschriftenzeile abschließt, ohne überhaupt den Beginn oder die Formulierung einer Einwilligungserklärung deutlich zu machen, das gesamte Formular von vornherein als Einwilligungserklärung überschrieben ist, sämtliche Informationen also unmittelbar zum Erklärungsinhalt erhebt, oder schließlich erst die Einwilligung Inhalte formuliert, von denen im Aufklärungstext gar nicht die Rede war.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

II. Die formulargetragene Gestaltung weiterer Rechtsbeziehungen bei Einbeziehung von Personen in die medizinische Forschung Ist das inhaltliche und äußere Spektrum des Formularverkehrs damit bereits in der ärztlichen Heilbehandlung groß, erweitert es sich bei medizinischen Forschungsvorhaben, wo die Einbeziehung von Studienteilnehmern eine Reihe weiterer inhaltlicher Gesichtspunkte berührt, die denn auch Gegenstand entsprechender Formularerklärungen werden, insbesondere bei klinischen Forschungsvorhaben an Patienten (1.), aber auch bei reinen Probandenstudien (2.).

1. Formularerklärungen im Rahmen klinischer Forschungsvorhaben an Patienten Betrachten wir zunächst die Teilnahme von Patienten an klinischen Studien, also die Teilnahme von erkrankten Personen an medizinischen Forschungsvorhaben, die auf eine Verbesserung der Diagnostik oder Therapie jenes Krankheitszustands abzielen, an denen die betroffenen Personen leiden. Selbstverständlich ist hier zunächst, dass der Patient gerade über die Besonderheiten einer klinischen Studie aufgeklärt wird. Die schriftlichen Aufklärungsunterlagen gehen also vor allem auf die Unterschiede ein, die sich bei Teilnahme an der klinischen Studie gegenüber einer Standardtherapie ergeben. Betrifft das Vorhaben dabei, wie in der ganz überwiegenden Zahl klinischer Studien, die Prüfung eines neuen Arzneimittels, wird dem Patienten zunächst der Forschungsbedarf skizziert, also die Gründe, aus denen die meist zur Verfügung stehende Standardtherapie medizinisch noch unbefriedigend ist. Ein Arzneimittel mag etwa hilfreich, aber schlecht verträglich oder mit hohen Nebenwirkungen belastet sein, es mag zwar eine Verbesserung des Krankheitsbildes zur Folge haben, aber doch noch keine Heilung, es mag den Patienten auch nur aufgrund seiner Anwendung, etwa der Notwendigkeit regelmäßiger Eigeninjektionen, in seiner Lebensführung nachhaltig einschränken und dergleichen vieles mehr. Vergleichbares gilt dann über den Sektor der Arzneimittel hinaus aber auch für Studien zum Einsatz neuer diagnostischer oder therapeutischer Geräte, zur Erprobung neuer Therapien wie z.B. chirurgischer Operationsmethoden, oder zur Neustrukturierung eines Therapieablaufs als solchen, also für die Gestaltung der einzelnen Therapieschritte nach Zeitpunkt, Art und Weise, Intensität usw. Wurde dem Patienten auf diese Weise ein Überblick über die Notwendigkeit weiterer Forschung verschafft, wird ihm anschließend häufig vermittelt, welche Hypothese das Forschungsteam für eine Verbesserung des Standards verfolgt und welche Abweichungen sich hieraus gegenüber der Standardthera-

§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin

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pie ergeben, sowohl hinsichtlich des Behandlungsablaufs wie auch hinsichtlich der Risiken und Nebenwirkungen der Studientherapie. Der Studienteilnehmer wird hier nicht selten mit überaus detaillierten Informationen über das Zusammenwirken der einzelnen medizinischen Aspekte seiner Krankheit konfrontiert, und entsprechend hoch sind die Anforderungen an sein Verständnis. Neben den speziellen Zusammenhängen der Behandlung sind mit der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie dann aber noch weitere Besonderheiten verbunden, denen durch Aufklärung und Einwilligung des Teilnehmers Rechnung zu tragen ist. So sind die persönlichen und insbesondere gesundheitlichen Daten des Teilnehmers nun nicht mehr Gegenstand allein klinikinterner Datenverarbeitung. Vielmehr werden sie für die wissenschaftliche Auswertung herangezogen und hierzu ggf. auch von externen biometrischen Einrichtungen verarbeitet wie schließlich auch vom Sponsor der Studie, regelmäßig also einem pharmazeutischen Unternehmer. Dann bilden die Daten auch die Grundlage der aus der Studie hervorgehenden Publikationen wie sie auch bei entsprechender Veranlassung von den zuständigen staatlichen Überwachungsbehörden eingesehen werden können. All diese Verwendungsoptionen bilden regelmäßig den Gegenstand der Aufklärungs- und Einwilligungsunterlagen. 2 Dem Persönlichkeitsrecht des Patienten wird dann aber noch in weiterer Hinsicht Rechnung getragen. So werden bei den meisten Studien Körpersubstanzen des Patienten benötigt, um die wissenschaftliche Fragestellung bearbeiten zu können. Ganz überwiegend handelt es sich dabei um kleinere Blutmengen, die aus einem bereits gelegten Katheter entnommen werden, aber natürlich ist die Palette der in Betracht zu ziehenden Körpersubstanzen letztlich so groß wie der menschliche Organismus komplex. Um diese Gewebemengen nutzen zu können, sehen die Aufklärungs- und Einwilligungsunterlagen entsprechende Erklärungen vor, mit denen der Teilnehmer auf seine Rechte an diesem Gewebe verzichtet. Und hiermit ist nun weniger das mit Trennung vom Körper entstehende Eigentum des ehemaligen Trägers gemeint, 3 als zunehmend auch ein zumindest aus diesem Eigentum möglicherweise fließendes Recht auf kommerzielle Gewinnbeteiligung. Fälle derartiger Kommerzialisierbarkeit mögen zwar selten sein, weil in der Regel nicht die Körpersubstanz selbst von sich aus gewinnträchtiges Potential birgt, sondern erst das dieses Potential erschließende Wissen.4 Im Sinne vorbeugender Konfliktbewältigung sind derartige Erklärungen heute bei vielen 2 Auch wenn dies etwa im Hinblick auf die speziell normierten Einsichtsrechte der Überwachungsbehörden gar nicht erforderlich wäre. 3 Vgl. nur etwa Wolf, Sachenrecht, Rz. 12, während der Körper des lebenden Menschen an sich freilich keine Sache darstellt, so dass hieran auch kein Eigentum besteht, vgl. Schapp/ Schur, Sachenrecht, Rz. 22. 4 Vgl. aber die Schilderung des Falls John Moore v. Regents of University of California et al., (1990) 51 Cal.3d 120, und die hierzu von Taupitz, AcP 191 (1991), 201 ff., angestellten Überlegungen zu einer Würdigung der Streitfragen nach deutschem Recht.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

international agierenden Unternehmen gleichwohl weit verbreitet. Mit der Lagerung und Verwendung von Körpersubstanzen eng verbunden ist dann die vorwiegend datenschutzrechtliche Frage nach den Lagerungsmodalitäten, der Lagerungsdauer und den Zugriffsmöglichkeiten, dabei ggf. auch die Einwilligung des Teilnehmers in die langfristige Einlagerung der Proben zum Aufbau unternehmenseigener Biobanken. Auch die Behandlung dieser Fragen gehört zunehmend zum Standard schriftlicher Aufklärungs- und Einwilligungsunterlagen bei medizinischen Studien. Eher schon am Rand der Studienteilnahme liegen dann Fragen der Haftung und Versicherung. Der Teilnehmer wird hier meist über Bestand und Umfang einer etwaigen Versicherung aufgeklärt und über seine Obliegenheiten im Versicherungsfall. Je nach einschlägiger Versicherung – insbesondere also verschuldensunabhängige Probandenversicherung, verschuldensabhängige Betriebshaftpflichtversicherung des Klinikträgers oder private Wegeunfallversicherung – fallen die entsprechenden Informationen wiederum sehr unterschiedlich aus, werden regelmäßig dann allerdings ebenfalls und häufig gesondert als zur Kenntnis genommen gegengezeichnet.

2. Formularerklärungen im Rahmen von Probandenstudien Den klinischen Studien mit Patienten eng verwandt sind schließlich medizinische Forschungsvorhaben, die sich an Probanden wenden, also an Personen, die nicht im Hinblick auf eine bestimmte bestehende Krankheit an dem Forschungsvorhaben teilnehmen, sondern im Hinblick auf reguläre Körperfunktionen. Derartige Vorhaben betreffen vor allem die medizinische Grundlagenforschung, aber auch etwa die erste Prüfung von Arzneimitteln auf ihre Verträglichkeit beim Menschen, also sogenannte Phase I-Studien.5 Medizinische Probandenstudien wenden sich normalerweise also an Gesunde, häufig an Mitarbeiter der forschenden Einrichtung selbst oder an Studenten einer angeschlossenen Hochschule oder an sonstige Freiwillige. Inhaltlich ähneln Aufklärung und Einwilligung dabei in vielen Punkten jenen bei klinischen Studien. Das Fehlen eines potenziellen Gesundheitsvorteils im Vergleich zu dem einzugehenden Gesundheitsrisiko stellt an die Aufklärung des Probanden jedoch prinzipiell höhere Anforderungen, denen durch Inhalt und Gestaltung der Formulare Rechnung zu tragen ist. Auch und besonders hier kommt es in der Praxis nicht selten zu zahlreichen Defiziten in Hinblick auf Übersichtlich5 Nur in seltenen Fällen erfolgt bereits die Phase I-Prüfung aufgrund der potenten Wirkung oder der einschneidenden Nebenwirkungen des Arzneimittels an Patienten, vgl. (mit Blick auf Herz-Rhythmus-Störungen oder Chemotherapeutika) Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1305.

§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin

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keit, Verständlichkeit und Umfang. An Regelungsgegenständen enthalten diese Formulare dann häufig auch, anders als bei klinischen Studien und gleichsam in leichter Kompensation des fehlenden Gesundheitsvorteils, die Gewährung einer Aufwandsentschädigung an den Teilnehmer.

III. Zielsetzungen und praktische Auswirkungen des Formulargebrauchs Lässt sich auf diese Weise zunächst ein äußerer Eindruck von der heutigen Formularpraxis in der Medizin gewinnen, sind damit freilich weder die Ursachen für diese Entwicklung näher beleuchtet, noch ihre praktischen Auswirkungen auf die Tätigkeit des Arztes (1.) und die Situation des Patienten (2.). Für beide erweist sich die Formularverwendung als ambivalent.

1. Die Perspektive des Arztes Betrachtet man zunächst den Arzt, so steht der Formulargebrauch in einem Zwiespalt von Absicherung einerseits und Ressourcenaufwand andererseits. Das eigentliche Ziel der Formularverwendung ist dabei zweifelsohne die Absicherung des Arztes und seiner Klinik vor einem mit der Heilbehandlung verbundenen Haftungsrisiko, das etwa seit den achtziger Jahren ins forensische Bewusstsein gedrungen ist und als Auswirkung entsprechender Prozesslawinen in den USA gedeutet werden mag.6 Bildet demnach an sich der Behandlungsfehler des Arztes die Grundlage einer Haftung, kann der Patient seine Klage auch allein mit der Behauptung begründen, fehlerhaft aufgeklärt worden zu sein und nur deshalb in die Vornahme der medizinischen Maßnahme eingewilligt zu haben. Für den Arzt ist dieser Vorwurf umso schwerwiegender, als die Beweislast für den Nachweis des Behandlungsfehlers im Schadensersatzprozess grundsätzlich beim Patienten liegt und nur im Fall grober Behandlungsfehler umgekehrt wird, während die Beweislast für eine ordnungsgemäße Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung des Patienten und die fehlende Ursächlichkeit eines etwaigen Aufklärungsfehlers umgekehrt beim Arzt liegt.7 6

So aus ärztlicher Sicht die Deutung von Beller, Speculum 2000, 6 (7). Völlig h.M., vgl. nur etwa RGZ 68, 431; BGH NJW 1997, 1637; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 328; Stellpflug/Meier/Tadayon-Meier, Medizinrecht, F 1000 Rz. 102 ff.; Jorzig, MDR 2001, 481 (483); Müller, DRiZ 2000, 259 (263); Prütting in Festschrift 150 Jahre Landgericht Saarbrücken (1985), S. 257 (263); Emmerich, BGB-Schuldrecht BT, § 21 Rz. 18. Im Einzelnen zur Beweisführung im Arzthaftungsprozess eingehender unten § 7 II. Anders freilich die Beweislast bei Fehlern der therapeutischen oder Sicherheitsaufklärung, die den Patienten über Verhaltensmaßgaben informieren soll, um den Heilungserfolg sicherzustel7

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

Sind einem auf fehlende Einwilligung gestützten Arzthaftungsprozess entsprechend keine schlechten Erfolgsaussichten beschieden, hat die sogenannte Aufklärungsrüge denn auch in der Praxis der Gerichte ein erhebliches Gewicht. Der Vorwurf des Aufklärungsfehlers dient hier meist von vornherein als zweites Standbein einer in erster Linie auf einen Behandlungsfehler gestützten Schadensersatzklage und entsprechend machen Literatur und auch Rechtsprechung bereits seit geraumer Zeit auf die damit verbundenen Missbrauchsgefahren aufmerksam.8 Auch den Strafprozess hat der Vorwurf von Aufklärungsfehlern längst erfasst. So macht Ulsenheimer etwa darauf aufmerksam, dass es hierzu zwar nur wenige obergerichtliche Strafurteile gäbe, sich bei Einbeziehung der amtsrichterlichen Spruchpraxis und der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren aber ein Bild zeichne, das in vielem dem Ablauf zivilistischer Arzthaftungsprozesse entspreche. Auch hier gehe der Anzeigenerstatter bzw. die Staatsanwaltschaft, etwa nach § 154a StPO, nicht selten von dem schwierig oder gar nicht nachzuweisenden Behandlungsfehler zum Vorwurf unzureichender len bzw. ihn vor Schäden an seinen Rechtsgütern zu schützen (zur Unterscheidung dieser beiden Aufklärungspflichten näher unten § 3 I 3). Da Aufklärungsfehler in diesem Bereich als Behandlungsfehler gewertet werden, nimmt auch die Beweislast an den für Behandlungsfehler geltenden Grundsätzen teil, liegt also grundsätzlich beim Patienten und kehrt sich nur in Fällen grober Fehler zulasten des Arztes um, vgl. nur aus jüngerer Zeit BGH NJW 2005, 427 f., mit umfangreichen Nachweisen; aus der Literatur nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 331; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 13 Rz. 109, jeweils m.w.N. 8 Von der „Konjunktur der Aufklärungsrüge“ spricht denn auch Laufs/UhlenbruckLaufs, Handbuch des Arztrechts, § 107 Rz. 6; ähnlich Baumgärtel („Auffangtatbestand“), Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 37; Laufs, Arztrecht, Rz. 173; Jorzig, MDR 2001, 481 (483); Katzenmeier, Arzthaftung, S. 502 (‚stark strapazierte Aufklärungsrüge‘); Büttner, in: FS-Deutsch (1999), S. 353 (354). Weniger drastisch Müller, MedR 2001, 487 (488), die meint, dass „eine gewisse Subsidiarität des Aufklärungsfehlers unverkennbar“ sei, der jedoch keineswegs eine Anspruchsgrundlage „zweiter Klasse“ darstelle. Die Gefahr des Missbrauchs bzw. opportunistischen Verhaltens wird in Literatur und Rechtsprechung denn auch gleichermaßen gesehen, von der herrschenden Meinung aber gleichwohl in Kauf genommen, vgl. etwa MüKo-Wagner, BGB, § 823 Rz. 701; die Rechtsprechungsübersichten von Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 162 Rz. 1 ff.; Schlund, ChirInfo 1977, 124 (124 f.); Lepa, Beweislast und Beweiswürdigung im Haftpflichtprozess, S. 41; Büttner, in: FS-Deutsch (1999), S. 353 (364); Schönke/Schröder-Eser, StGB, § 223 Rz. 40. Der Verdacht eines solchen Missbrauchs muss dabei freilich je nach Ausgang der Beweisaufnahme nicht unausgesprochen bleiben, vgl. OLG Karlsruhe, OLGR 2004, 327 (329). Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 48, plädiert sogar dafür, bei Scheitern des Behandlungsfehlernachweises einen hieraus folgenden Missbrauch der Aufklärungspflichtverletzung als Klagegrund im Rahmen der Beweiswürdigung zugunsten des Arztes zu würdigen. Noch schärfer Knoche, NJW 1989, 757 (758), aus dessen Sicht diese forensische Praxis durch die Hintertür jene Erfolgshaftung einführt, die dem Behandlungsvertrag als bloßem Dienstvertrag an sich fremd sei. Er fordert daher, die Beweislast für Aufklärungsfehler analog der Beweislast für Behandlungsfehler voll dem Patienten aufzuerlegen, freilich entgegen der ganz herrschenden Auffassung, die hierfür an die Beweisgrundsätze zum Ausschluss der Rechtswidrigkeit nach § 823 I BGB anknüpft; vgl. hierzu auch unten § 7 II 1.

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oder fehlender Aufklärung über. Da die Beweislast beim Staat liegt und hierbei in dubio pro reo zu entscheiden ist, sind die Fälle entsprechender Verurteilungen zwar seltener als im Zivilprozess. Angesichts der unübersichtlichen Judikatur zur Reichweite der ärztlichen Aufklärungspflicht und der Beschränkung der Beweismittel insbesondere auf den Patienten als Zeugen dürfte der Aufklärungsrüge im strafgerichtlichen Verfahren sachlich aber keine geringere Bedeutung zukommen als dem Behandlungsfehlervorwurf.9 Quantitativ bei weitem bedeutsamer ist die sogenannte Aufklärungsrüge allerdings in zivilgerichtlichen Arzthaftungsprozessen.10 Die Bedeutung des Aufklärungsfehlervorwurfs ist dabei umso größer, als die zivilgerichtliche Kasuistik zu den Aufklärungsanforderungen in den vergangenen Jahrzehnten nahezu unübersehbar geworden ist11 und insbesondere die statistische Wahrscheinlichkeit eines Risikos – als für Naturwissenschaftler sonst so verlässliche Größe – noch keine sichere Aussage über die Aufklärungsnotwendigkeit erlaubt.12 Vielmehr kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BGH entscheidend darauf an, ob das Risiko – mag es noch so unwahrscheinlich sein – dem Eingriff spezifisch anhaftet und im Falle seiner Verwirklichung die Lebensführung des Betroffenen besonders belastet.13 9 So insbesondere Ulsenheimer, NStZ 1996, 132 f., in Anmerkung zu BGH NStZ 1996, 34 ff., der die zivilgerichtlichen Anforderungen an die Aufklärungspflicht prinzipiell als strenger als die strafgerichtlichen beurteilt. Vgl. aber auch etwa Hirsch LK § 226a Rz. 19; Schönke/Schröder-Eser, § 223 StGB Rz. 40; jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 10 So insbesondere auch die Einschätzung des strafrechtlichen Schrifttums, vgl. nur etwa Ulsenheimer, in: Medizin und Strafrecht, S. 128. 11 Vgl. nur die umfangreichende Nachweise allein schon zur Haftung aus Aufklärungsfehlern bei Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 1 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, S. 282 ff.; Laufs, Arztrecht, S. 86 ff. Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, S. 495 f. 12 Vgl. die abweichende Meinung der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger, BVerfGE 52, 171 (184 f.); BGHZ 29, 176 (184 f.). Nach Franzki, MedR 1994, 171 (176), „erwartet die Ärzteschaft, die dem Aufklärungspostulat täglich tausendfach im hektischen Praxis- und Klinikbetrieb in den unterschiedlichsten Situationen genügen soll, eindeutige und praktikable Handlungsanweisungen. Dieser berechtigten Erwartung wird eine ständig weiter ausdifferenzierte, auch vom juristischen Kenner der Materie in ihren letzten Verästelungen kaum noch überschaubare Rechtsprechung schwerlich gerecht.“ Ähnlich bereits zuvor Franzki, in: FS-Remmers (1995), S. 467 (477). Zustimmend Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 61 Rz. 12 und 16: „Die Literatur lässt sich kaum mehr übersehen, gleichwohl hat der Gesetzgeber ergänzende Regelungen zum Einwilligungserfordernis und zur Aufklärungspflicht grundsätzlich für entbehrlich gehalten.“ Demgegenüber meint Ulsenheimer, NStZ 1996, 132, der strafgerichtlichen Rechtsprechung des BGH eine höhere Relevanz der Komplikationsdichte entnehmen zu können. 13 Ständige Rechtsprechung, vgl. jüngst nur etwa BGH NJW 2007, 2771 (2772), m.w.N. Auf die Gefahren einer überzogenen Haftungsjudikatur für das ärztliche Handeln macht Laufs aufmerksam, Laufs/Uhlenbruch-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 107 Rz. 7: „Eine überstrenge Einstandspflicht des Arztes infolge überspannter Beweisregeln, die auf eine Gefährdungshaftung hinauslaufen könnte, dämpfte die ärztliche Tätigkeit, lähmte den medizinischen Fortschritt und führte zu einer defensiven Medizin, also zu einer Heilpraxis, die sich von forensischen Indikationen und Kontraindikationen leiten ließe statt allein von ärzt-

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

Die Ausarbeitung und ständige Aktualisierung von Aufklärungsformularen entsprechend der für das jeweilige Fachgebiet einschlägigen Rechtsprechung soll diese Klagebegründung jedenfalls weitestgehend in Schach halten.14 Zwar kann der Arzt mit Hilfe der unterzeichneten Formularaufklärung allein nicht den Nachweis führen, den Patienten aufgeklärt zu haben, weil es nach herrschender Meinung der mündlichen Aufklärung bedarf und relevantes Beweisthema damit nicht die Formularerklärung, sondern die mündliche Aufklärung ist. Dass das Formular daher nur ein Indiz für eine entsprechende mündliche Aufklärung darstellt, kann angesichts der wenigen dem Arzt zur Verfügung stehenden Beweismittel in prozessualer Hinsicht allerdings gar nicht überschätzt werden.15 Und diese Bedeutung hat ihre Schattenseiten, wenn sie dazu führt, Formularerklärungen extensiv mit der Darstellung einer Vielzahl oder gar sämtlicher bekannter Risiken der relevanten Maßnahme anzureichern. Denn das hat tendenziell zur Folge, dass der Informationswert für den Leser nicht steigt, sondern – womöglich auch nur durch die äußerliche Gestaltung des Formulars – sinkt. Dem Erklärenden die Unterzeichnung eines solchen Formulars aber auch nur in prozessualer Hinsicht entgegenzuhalten, also auf Beweisebene, muss durchgreifenden Bedenken begegnen und bildet daher ein Hauptmotiv für die hier gestellte Frage nach geeigneten Kontrollmaßstäben, um eine solche Entwicklung in Grenzen zu halten.16 Es wäre nun allerdings verfehlt, die mit dem Gebrauch von Formularen einhergehenden Gefahren allein zum Anlass zu nehmen, einer etablierten Praxis ihre Existenzberechtigung abzusprechen. Wenn der Formulargebrauch immerhin auch Ausdruck eines berechtigten Dokumentations- und auch eines Rationalisierungsinteresses ist, das eine in ein gesetzliches Gesundheitsversorgungssystem eingebundene Medizin sogar verfolgen muss, gilt es vielmehr, Fehlentwicklungen von berechtigten Zielsetzungen sorgsam zu unterscheiden. Doch auch hier ist das Bild nicht ungetrübt. Zunächst erfordert die Verwaltung des Formulargebrauchs seinerseits einen gewissen Personalbedarf, in den der Arzt mit den ihn treffenden Dokumentationspflichten eingebunden ist. Neben dem lichen“. Positiv im Sinne eines fruchtbaren Austauschs zwischen Medizin und Jurisprudenz untersuchen hingegen Puhl/Dierks, in: FS-Geiß (2000), S. 477 ff., den Einfluss der Zivilgerichtsbarkeit auf die Qualität medizinischer Versorgung. Zum volkswirtschaftlich verstandenen Begriff eines ‚Schweinezyklus in der Aufklärungsrechtsprechung‘ greift Ratajczak, in: Risiko Aufklärung, S. 1 ff., in Wiedergabe der aus seiner Sicht an das Verhalten von dynamischen Märkten erinnernden Anforderungen der Aufklärungsrechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten. 14 Auf den auf die haftungsrechtliche Judikatur zurückgehenden Teufelskreis einer defensiven Formularpraxis weisen bereits Wachsmuth/Schreiber hin, NJW 1981, 1985 (1985 f.). Die – äußerst ambivalente – Bedeutung von Formularen als Gedächtnisstützen für den Arzt sprechen bereits Laufs/Kern an, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50. 15 Eingehender zur Beweiskraft schriftlicher Einwilligungserklärungen und ihrem spezifischen Gefährdungspotential für die Rechtsstellung des Patienten unten § 7 II. 16 Hierzu eingehender unten, 3. Teil.

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persönlichen Zeitverlust suggeriert die Formularverwendung dann aber auch eine gewisse Konformität in der Berufsausübung, die mancher Arzt als Verfremdung seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit empfindet. Das Formular erweist sich damit nur als ein weiterer Aspekt, der zu einer Schwächung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient beitragen kann, neben den immer komplexeren, arbeitsteiligen Verfahren, der Größe vieler Klinikbetriebe und den damit verbundenen personellen Engpässen, die ihrerseits bereits einen erheblichen Verlust an Zeit und damit auch an Anteilnahme für den Patienten mit sich bringen.17

2. Die Perspektive des Patienten Erweist sich der heutige Formulargebrauch damit bereits auf Seiten des Arztes zumindest als ambivalent, gilt dies erst recht auf Seiten des Patienten. Positiv gewendet wird der Patient mit Hilfe entsprechender Formulare möglicherweise mehr Ruhe haben, sich bereits vor einem mündlichen Aufklärungsgespräch mit dem Arzt einen Eindruck von den beabsichtigten Maßnahmen zu verschaffen. Auch sind die mitunter komplizierten und auch nicht immer weiter zu vereinfachenden medizinischen Zusammenhänge in schriftlicher Form mehrfach reproduzierbar und jedenfalls in dieser Perspektive tendenziell besser verständlich als das meist nur einmalige und zeitlich begrenzte Gespräch, in dem der Arzt realistisch betrachtet auch nur eine begrenzte Anschauung vom Verständnis des Patienten gewinnen kann. Ist diese positive Perspektive auf medizinische Formularerklärungen nun aber nicht eine wenig realistische Idealvorstellung? Immerhin legt eine große Zahl von Patienten Aufklärungstexte schlicht beiseite, um gar nicht erst in allen Details vor Augen geführt zu bekommen, welche Behandlung aus wohlverstandenen medizinischen Erwägungen heraus vorgenommen werden soll. Den mündlichen Darlegungen des Arztes – ob der Patient ihnen mit beiden Ohren lauscht oder nur mit halbem Ohr hinhört – wird sich der Patient freilich ebenso wenig entziehen können wie der Bitte um kurze Gegenzeichnung des Formulars noch vor dem Eingriff. Und selbst wer sich die Mühe macht, die an ihn gerichteten Informationen zur Kenntnis nehmen, wird selten dazu in der Lage sein, die einzelnen Zusammenhänge in eben jener Weise zu durchschauen, die dem Verfasser vorschwebte, ganz abgesehen von dem persönlichen Befinden eines mitunter geschwächten, bei bevorstehender stationärer Heilbehandlung nicht selten auch verängstigten Patienten. Die positiven Aspekte des Formulargebrauchs müssen also nicht, können aber doch immerhin umschlagen in Unübersichtlichkeit, Verdrängung und das Gefühl, sich allein der Empfehlung des 17

Vgl. insbesondere Laufs, Gynäkologe 1989, 364.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

Arztes anzuvertrauen, schlimmstenfalls, der medizinischen Indikation und der Durchführung entsprechender Maßnahmen (ohnehin) ausgeliefert zu sein. Die kombinierte Aufklärungsprozedur von Formular und Arztgespräch droht damit allein auf eine Absicherungsfunktion zugunsten des Arztes reduziert zu werden.18 Bereits diese kurze erste Skizze führt vor Augen, dass der Gebrauch von Formularerklärungen in der Medizin eine Gratwanderung darstellt. Bei aller Berechtigung eines Rationalisierungsinteresses in der Medizin – nicht zuletzt auch im Sinne der Solidargemeinschaft der Versicherten selbst – birgt er Gefahren, die sowohl zulasten des Patienten gehen können, wenn er die Aufklärung nicht mehr begreift, als auch zulasten des Arztes, wenn einem unzureichenden Aufklärungsformular konsequenterweise seine Bedeutung auch nur als Beweismittel abgesprochen werden muss.19

18 Hierauf weist Laufs hin, Gynäkologe 1989, 364 (365); ähnlich Knoche, NJW 1989, 757 (758 f.). 19 Die Rücknahme einer ausufernden Formularpraxis zur Entlastung und Schonung des Patienten fordert bereits Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (367). Vgl. auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 316; Deutsch, NJW 1978, S. 1657 (1660); ders. MedR, 1978, S. 73 (75); ders., VersR 1981, S. 293 (295); Fischer, JR 1981, 501 ff. (502 f.); Knoche, NJW 1989, S. 757 (758 f.); Schlosshauer-Selbach, DRiZ 1982, S. 361 (365); Simon-Weidner, ArztR 1986, 173 ff.; Tempel, NJW 1980, S. 609 (615 f.); Wachsmuth/Schreiber, NJW 1981, 1985 ff.

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§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin Auch in der Medizin haben viele Formulartexte Regelungen zum Gegenstand, die vertraglicher Natur sind. Quantitativ von mindestens ebenso großer Bedeutung sind dann aber die hier im Zentrum der Überlegungen stehenden Aufklärungs- und Einwilligungsformulare, in denen keine unmittelbar vertraglichen Regelungen enthalten sind, sondern in denen der Patient Informationen erhält und schließlich Erklärungen darüber abgibt, ob er die vorgeschlagenen ärztlichen Maßnahmen wünscht. Der Patient entscheidet hier also nicht über einen Vertragsschluss, sondern darüber, ob die Durchführung einer diagnostischen Untersuchung oder einer therapeutischen Behandlung an seinem Körper zulässig sein soll oder nicht. In rechtlicher Hinsicht gehen beide Arten von Formular mit einer prägnanten Unterscheidung einher. Bestehen für den Abschluss und den Inhalt von Formularverträgen seit geraumer Zeit vergleichsweise detaillierte gesetzliche Kontrollmaßstäbe (I.), ist dies für einseitige Formularerklärungen längst nicht in gleicher Weise der Fall (II.).

I. Medizinische Formularverträge als Gegenstand der Abschluss- und Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB Medizinische Formularverträge betreffen in erster Linie die ärztliche Heilbehandlung und sonstige ärztliche Eingriffe, die unabhängig von einer medizinischen Indikation gewünscht werden, wie etwa kosmetische Operationen oder Eingriffe zu Sterilisationszwecken (1.).1 Ebenfalls als in vertragliche Beziehungen eingebettet muss dann aber auch die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben gedacht werden, auch wenn dies meist eher nur beiläufig festgestellt, denn eingehender erörtert wird. Entsprechend existieren 1 Zu den vielen Facetten des Arztvertrags insbesondere mit Blick auf nicht indizierte Maßnahmen Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck-Laufs, § 39 Rz. 16 ff.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

hier praktisch auch keine Formulare, die sich ausschließlich mit der Regelung eines Probandenvertrags befassen. Vielmehr werden gegenseitige Rechte und Pflichten im Rahmen des Forschungsvorhabens häufig unmittelbar im Aufklärungs- und Einwilligungstext für den Studienteilnehmer erwähnt. Mag dies die Abgrenzung zwischen Formularvertrag und Formularerklärung im Einzelnen auch erschweren, so ändert dies freilich nichts daran, dass sich auch bei solchen Formularen zwischen vertraglichen Regelungen einerseits und einseitigen Erklärungen andererseits, in denen der Teilnehmer über seinen absoluten Rechtsgüterschutz disponiert, unterscheiden lässt (2.).

1. Verträge über ärztliche Heilbehandlung Leitbild des Arztvertrags ist ein auf Heilbehandlung gerichteter Dienstvertrag zwischen Arzt und Patient, der nur ausnahmsweise auch um werkvertragliche Elemente angereichert sein kann.2 Welchen Versicherungsstatus der Patient dabei innehat, ist für den Rechtscharakter der Vertragsbeziehung unerheblich. Mag der Arztvertrag als bürgerlich-rechtlicher Vertragstypus auch in erster Linie die Behandlung des Privatpatienten erfassen, ist mittlerweile anerkannt, dass auch der gesetzlich Krankenversicherte einen zivilrechtlichen Behandlungsvertrag mit dem Vertragsarzt abschließt. Dass sowohl die Mitgliedschaft des Kassenpatienten in seiner gesetzlichen Krankenkasse ebenso öffentlichrechtlicher Natur ist wie diejenige des Vertragsarztes in der kassenärztlichen Vereinigung und auch das Verhältnis zwischen kassenärztlicher Vereinigung und der gesetzlichen Krankenkasse selbst, steht dieser Auffassung nicht entgegen. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach herrschender Auffassung in § 76 IV SGB-V zum Ausdruck gebracht, dass er vom Zustandekommen eines zivilrechtlichen Behandlungsverhältnisses auch zwischen Vertragsarzt und Kassenpatient ausgeht.3 2 Zur herrschenden Einordnung des Arztvertrags als Dienstvertrag vgl. nur Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 39 Rz. 10 f.; MüKo-Müller-Glöge, § 611 Rz. 79; Palandt-Weidenkaff, Einf v § 611 Rz. 18; RGRK-Anders/Gehle, § 611 Rz. 170; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 13 Rz. 1. Das gilt nach heute überwiegender Auffassung auch für zahnprothetische Versorgungsleistungen, vgl. nur etwa Palandt-Sprau, Einf v § 631 Rz. 32; OLG Karlsruhe, ZGS 2007, 319, oder jüngst OLG Naumburg, Urteil vom 13.12.2007, Az. 1 U 10/07. Vgl. aber noch OLG Karlsruhe, NJW 1967, 1512; AG Krefeld, NJW 1967, 1512; Giesen, Jura 1981, 10. 3 Selbstverständlich ist dies freilich nicht. Die Bestimmung des § 76 IV SGB-V, wonach die Übernahme der Behandlung den Vertragsarzt dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet, könnte ebenso gut als konstitutive Zuweisung von Sorgfaltspflichten bei ansonsten öffentlich-rechtlichem Behandlungsverhältnis gedeutet werden. Im Ergebnis hätte eine solche Auffassung freilich zur Folge, dass sich die Unterschiede zwischen einem bereits ursprünglich zivilrechtlichem und einem erst qua konstitutiver Zuweisung zivilrechtlich konstruiertem Behandlungsverhältnis

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit

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Zu den Verträgen über die eigentliche ärztliche Heilbehandlung hinzu treten in der stationären Krankenversorgung dann die Vertragsbeziehungen zwischen Patient und Krankenhaus, wobei im Wesentlichen drei verschiedene Gestaltungsformen existieren. Regelfall ist der sogenannte totale Krankenhausvertrag mit Patient und Krankenhausträger als alleinigen Vertragspartnern und Zusage sämtlicher Leistungen durch den Krankenhausträger. Soweit es um die Inanspruchnahme von persönlichen Leistungen bestimmter Ärzte geht, ist an Vertragsformen hingegen zwischen Belegarztvertrag und – weit häufiger – totalem Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag bzw. gespaltenem Krankenhausvertrag zu unterscheiden. In beiden Fällen schuldet der Krankenhausträger nur die pflegerischen und untergeordneten medizinischen Tätigkeiten, die ärztliche Behandlung hingegen nur, soweit sie nicht in das Fachgebiet des Belegarztes fällt. Beim Arztzusatzvertrag wird über den in seinem Fachgebiet tätigen Arzt hinaus hingegen auch der Krankenhausträger Vertragspartner hinsichtlich der ärztlichen Zusatz-Leistungen. Bedeutsame Konsequenzen ergeben sich hier insbesondere für die Frage, wer verfassungsmäßig berufener Vertreter, Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe ist und wer für anderes (pflegerisches oder ärztliches) Personal haftet.4 Ordnet man die einzelnen Rechtsverhältnisse im beschriebenen Sinne als zivilrechtliche Verträge ein, folgt hieraus unmittelbar, dass die Vorschriften des BGB über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen anwendbar sind. Bedeutsam ist dies insbesondere für den Bereich der stationären Krankenversorgung mit seinen umfassenden Formularverträgen. Die Frage der Rechtsnatur der eingegangenen Rechtsbeziehungen wird dabei regelmäßig gar nicht weiter thematisiert. Vielmehr wird nivellieren. Wie hier denn auch die ganz herrschende Auffassung in der zivilrechtlichen Literatur, vgl. Bamberger/Roth-Fuchs, § 611 Rz. 13; Palandt-Weidenkaff, Einf v § 611 Rz. 18 f.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 79; zweifelnd Laufs/Uhlenbruck-Krauskopf, Handbuch des Arztrechts, § 25 Rz. 5 ff., § 39 Rz. 10 f., § 40 Rz. 31; Laufs, Arztrecht, Rz. 87; ohne Differenzierung Palandt-Weidenkaff, Einf v § 611 Rz. 18 ff.; MüKo-Müller-Glöge, BGB, § 611 Rz. 84; Bittner, Die virtuelle Patientenakte, S. 7. Vgl. auch die unlängst erfolgte Klarstellung des BGH, dass Vertragspartner des gesetzlich Krankenversicherten auch bei ambulanter Krankenhausbehandlung der zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausarzt ist, NJW 2006, 767 (767 ff.). Im Ergebnis bereits BGHZ 47, 75 (78 f.), wo diese Lösung zunächst schon unter Rückgriff auf die für das Zustandekommen von Verträgen geltenden Auslegungsgrundsätze der Rechtsgeschäftslehre entwickelt wird; später dann im Hinblick auf § 368d IV RVO, mittlerweile aufgegangen in § 76 IV SGB-V, BGHZ 76, 259 (261 f.); 97, 273 (276). Für eine öffentlich-rechtliche Konzeption hingegen überwiegend das sozialrechtliche Schrifttum, vgl. Haueisen, NJW 1956, 1745; Schnapp/Düring, NJW 1989, 2913 (1916); Schmidt-de Caluwe, VSSR 1998, 207 (230 f.); Tiemann, NJW 1985, 2169 (2170); wohl auch Baltzer, JuS 1982, 651 (652); Schulin/Düe, JuS 1984, 920 (924). 4 Im Einzelnen v.a. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. A 21 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 82 ff.; Laufs/Uhlenbruck-Genzel, Handbuch des Arztrechts, § 93 Rz. 2 ff.; Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, § 9 AGBG Rz. K 21; Palandt-Weidenkaff, Einf v § 611 Rz. 19.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass insbesondere die Krankenhausaufnahmebedingungen einer Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen, unabhängig davon, ob der Krankenhausvertrag mit einem privaten oder einem öffentlichen Krankenhausträger geschlossen wird, sofern denn nur ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag geschlossen wird.5 Inhaltlich hat die Rechtsprechung auf der Grundlage dieses scharfen Kontrollmaßstabs etwa die mögliche rückwirkende Erhöhung der Pflegesätze für unangemessen benachteiligend und demzufolge unwirksam erachtet,6 andere Fälle betrafen die Ungültigkeit einer dreimonatigen Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen wegen Verlust oder Schädigung von Geld oder Wertsachen,7 verschuldensabgestufte Haftungsfreizeichnungsklauseln8 oder Haftungsausschlüsse für Verrichtungsgehilfen.9 Ebenfalls der gesetzlichen AGB-Kontrolle unterworfen wurden dann schließlich die besonders kontrovers diskutierten Sektionseinwilligungsklauseln, auch wenn diese Klauseln bei präziser Betrachtung gar keine vertraglichen Regelungen beinhalten, sondern – als Ermächtigung des Krankenhausträgers zur Durchführung der inneren Leichenschau – eine vertragliche Disposition über die Ausübung des Totenfürsorgerechts betreffen.10

2. Verträge über die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben Gegenüber der ärztlichen Heilbehandlung schon rein quantitativ weitaus seltener ist die Teilnahme von Patienten und Probanden an einem Forschungsvorhaben der Medizin (a). Gleichwohl wird auch hier, schon mit Rücksicht auf die Interessenlage der an dem Forschungsvorhaben beteiligten Personen, regelmäßig von einem Vertragsschluss auszugehen sein (b). Um der in rechtlicher Hinsicht bedeutsamen Unterscheidung einer Einbeziehung von erkrankten Personen 5 Vgl. nur Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 92 f.; Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 94 Rz. 1. Auch Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, § 9 AGBG Rz. K 21, der dabei auch die Behandlung des Kassenpatienten einschließt, sei es, dass dieser selbst den Aufnahmevertrag schließt oder die Krankenkasse zu seinen Gunsten (§ 328 BGB), wenngleich sich der mit dem Träger geschlossene Vertrag regelmäßig auf die Behandlungsfragen beschränkt und nicht ohne weiteres auch die Kostenfrage erfasst. 6 Vgl. insbesondere BGHZ 105, 160, sowie die Übersicht über weitere Fälle aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Thamm/Pilger, AGB-Gesetz, Anhang § 9 Krankenhausaufnahmevertrag Rz. 1 ff. 7 Vgl. BGH NJW 1990, 761 (764); aber auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884 (887). 8 Vgl. OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355. 9 Vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884 (887). 10 Vgl. BGH NJW 1990, 2313; Schlund, in FS-Trinkner, S. 357 (358); näher hierzu unten § 10 III 1, § 11 II 3 a).

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit

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einerseits und gesunden Probanden andererseits auch auf begrifflicher Ebene Rechnung zu tragen, soll insoweit zwischen Studienverträgen und Probandenverträgen unterschieden werden (c). Auf Grenzen muss der Vertragscharakter einer Studienteilnahme allerdings dort stoßen, wo weder der Teilnehmer selbst zu entsprechenden Erklärungen in der Lage ist noch auch nur ein Vertreter für ihn handeln kann, eine Entscheidung über seine Studienteilnahme aber in kürzester Zeit fallen muss. Die Annahme eines Vertrags in den übrigen Fällen mag dies freilich nicht in Frage zu stellen (d).

a) Zum quantitativen Stellenwert medizinischer Forschungsvorhaben Quantitativ einen besonders geringen Stellenwert haben medizinische Forschungsvorhaben in der ambulanten Krankenversorgung durch niedergelassene Ärzte. Zwar kommt es hier nicht selten zum Einsatz insbesondere von Arzneimitteln außerhalb ihres zugelassenen Indikationsbereichs, also dem sogenannten off label use. Dies vollzieht sich zumeist jedoch allein im Rahmen individueller Heilversuche und Anwendungsbeobachtungen, denen das für die Forschung entscheidende Merkmal eines vorgefassten Prüfplans mit seinen definierten Arbeitshypothesen sowie insbesondere auch eine prüfplanabhängige Rekrutierung geeigneter Patienten fehlt.11 Aber auch für die stationäre Krankenversorgung gilt nichts anderes, auch wenn die Schnittstellen zwischen dem ärztlichen Behandlungsregime und wissenschaftlichem Neuland hier, insbesondere bei Universitätskliniken und großen Häusern der Maximalversorgung, mitunter eng beieinander liegen. Besonders deutlich wird dies etwa in der Intensivmedizin und der Onkologie, wo ein Großteil der Patienten off label therapiert wird. Gegenüber dem damit skizzierten Bereich einer Forschung mit Patienten noch einmal kleiner ist dann das Gebiet der reinen Probandenstudien, in denen nicht mit Hilfe kranker, sondern gesunder Personen Grundlagenerkenntnisse über Stoffwechselprozesse gewonnen werden, Standardwerte und, in der klinischen Arzneimittelprüfung Phase I, Daten zur initialen Sicherheit neuer Wirkstoffe.

b) Das Interesse von Teilnehmer und Forscher an einer (auch) vertraglichen Grundlage beiderseitiger Rechte und Pflichten Vor allem diesem vergleichsweise geringen quantitativen Stellenwert medizinischer Forschungsvorhaben dürfte es entsprechen, dass die rechtlichen Konturen der für die medizinischen Forschung einschlägigen Vertragsbeziehungen bis heute wenig aufgearbeitet sind. Anerkannt dürfte aber immerhin der Aus11 Zur kontroversen Abgrenzung von Heilversuch und klinischer Studie vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 957 f.; Laufs, Arztrecht, Rz. 671 ff.; Habermann/ Lasch/Gödicke, NJW 2000, 3389 (3391). Zur Abgrenzung von Anwendungsbeobachtungsstudie und klinischer Prüfung Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1364.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

gangspunkt sein, dass die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben im Regelfall mit dem Abschluss eines entsprechenden privatrechtlichen 12 Vertrags einhergeht. Das liegt von vornherein nahe für jene Bereiche der Forschung, die gesetzlich bis heute nicht speziell geregelt sind, also die Grundlagenforschung an Gesunden oder auch Forschungsvorhaben mit Patienten, die nicht die Erprobung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts zum Gegenstand haben, also etwa der Vergleich von Diagnose- oder Operationstechniken, die Erforschung psychopathologischer Krankheitsprozesse mit Hilfe von Interviews und Fragebögen usw. Die beiderseitigen Interessen von Teilnehmer und Forscher, die hier die Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses nahe legen, sprechen dann aber auch innerhalb der speziell geregelten Forschungsgebiete dafür, von einem Vertragsschluss auszugehen. Dass das Gesetz insbesondere in den §§ 40 ff. AMG i.V.m. §§ 1 ff. GCP-V13 und den §§ 20 ff. MPG öffentlich-rechtliche Vorgaben für Inhalt und Ablauf entsprechender Forschungsprojekte aufstellt, steht einer solchen Annahme nicht entgegen.14 Betrachten wir diese Interessen von Teilnehmer (aa) und Forscher (bb) also etwas genauer, wobei es selbstverständlich nicht auf vertragliche Einzelheiten 12 Vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 987; Deutsch/Lippert, Ethikkomission und klinische Prüfung, S. 13, 97; Lippert/Adler, VersR 1993, 277 (280). Vgl. aus jüngerer Zeit auch die Überlegungen von Kratz, in: Die Ethik-Kommissionen, S. 62 ff. Zu den komplexen Rechtsverhältnissen zwischen Sponsor und Forscher, Forscher und Proband und der Einbeziehung des Probanden in das Rechtsverhältnis zwischen Sponsor und Forscher vgl. ferner Deutsch, VersR 2006, 577 (578 ff.), der in seinem Überblick hinsichtlich etwaiger Ansprüche aus multizentrischen Studien wie hier von einem gegenseitigen, allerdings nur einseitig verpflichtenden Vertrag ausgeht, im Verhältnis zum Sponsor für den Regelfall jedoch eine Vertragsbeziehung verneint. 13 Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen vom 9.8.2004, BGBl. 2004 I 2081 ff., zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der GCP-Verordnung vom 15.3.2006, BGBl. 2006 I 542. 14 Kein oder allenfalls nur ein untergeordnetes Argument für die Vertragsnatur der Teilnahme an einer klinischen Prüfung kann es hingegen speziell für den Bereich der Medizinprodukte sein, dass deren klinische Prüfung Bestandteil des nach § 6 II 1, 2. HS. MPG durchzuführenden Konformitätsbewertungsverfahrens ist und dieses Verfahren durch die sog. Benannten Stellen (§§ 15 ff. MPG) nach h.M. auf privatrechtlicher Basis erfolgt, vgl. nur etwa Rehmann/Wagner-Rehmann, § 15 MPG Rz. 1 m.w.N. Denn die klinische Prüfung ist nicht Teil dieses Verfahrens, sondern lediglich Voraussetzung dafür, dass die Benannte Stelle anschließend anhand der so erstellten Unterlagen über die klinische Prüfung darüber entscheiden kann, ob das Medizinprodukt den grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG i.V.m. dem jeweiligen Anhang I der je nach Medizinprodukt einschlägigen Ril. 1990/385/EWG (in der Fassung der Ril. 1993/68/EWG), Ril. 1998/79/EG oder Ril. 1993/42/EWG (in der Fassung der Ril. 2000/70/EG) genügt. Damit folgt die Durchführung der klinischen Prüfung aber sowohl zeitlich vorgelagert, wie auch unter den §§ 20 ff. MPG normierten eigenständigen (öffentlich-rechtlichen) Anforderungen.

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit

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ankommen kann, sondern lediglich auf das Interesse an der vertraglichen Gestaltung insgesamt.

aa) Die Hauptinteressen des Teilnehmers an einer Regelung der Kosten- und Haftungsfrage So wird der Teilnehmer eines medizinischen Forschungsvorhabens ein Interesse daran haben, dass ihm seine mit der Teilnahme verbundenen Rechte auch vertraglich zugesagt werden. Das betrifft vor allem die bei der klinischen Prüfung von Arzneimitteln zuweilen erhebliche Kostenfrage. So steht dem gesetzlich versicherten Patienten mangels Zulassung des Arzneimittels grundsätzlich kein entsprechender Leistungsanspruch aus § 27 I 2 Nr. 3, 1. Alt. SGB-V zu, da die fehlende Zulassung nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig auch gegen die Zweckmäßigkeit und damit auch gegen die Wirtschaftlichkeit des Mittels spricht, wie nach § 12 I 1 SGB-V erforderlich.15 Nur in eng umrissenen Ausnahmekonstellationen ist hier einmal die Gewährung eines Leistungsanspruchs denkbar,16 und am grundsätzlichen Ausnahmecharakter dieser Fälle hat auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005, der die Vorgaben des Bundessozialgerichts bei lebensbedrohlichen Erkrankungen als zu eng verworfen hat, nichts geändert.17 Dass der Sponsor als für die klinische Arzneimittelprüfung verantwortliche Person nach § 47 I Nr. 2 g) AMG ohnehin verpflichtet ist, das Prüfarzneimittel kostenlos in Verkehr zu bringen, ändert an der Interessenlage des Teilnehmers nichts.18 Denn damit ist nur eine arzneimittelrechtliche Regelung zum Inverkehrbringen von Arzneimitteln angesprochen, ohne dass der Sponsor damit eine vertragliche Bindung gegenüber dem jeweiligen Teilnehmer eingegangen wäre. Da ein Patient eine ärztliche Leistung typischerweise aber selbst tragen muss, wenn seine Versicherung die Erstattung ablehnt, wird er in solchen Fäl15

Vgl. nur etwa BSG NJW 1993, 3018 (3020). Vgl. hierzu insbesondere die vom BSG in seiner Entscheidung NJW 2003, 460 ff., entwickelten Grundsätze. 17 Danach ist ein solcher Leistungsanspruch nicht erst bei breiter Resonanz in der Fachwelt, sondern bereits dann zu gewähren, wenn eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Vgl. den Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005, NJW 2006, 891 ff., und zur Auswirkung dieser Entscheidung insbesondere auf die künftige Arzneimittelversorgung gesetzlich Krankenversicherter im off label oder compassionate use wie auch auf die Zukunft vergleichender Arzneimittelprüfungen bei solchen Krankheitsbildern Gödicke, NVwZ 2006, 774 ff.; ders., ArztuR 2006, 28 ff. 18 Für etwaige darüber hinaus anfallende stationären Versorgungskosten hat der Gesetzgeber in Anbetracht des zweifelhaften Urteils des BSG vom 22.7.2004 zur Finanzierung klinischer Arzneimittelprüfungen (MedR 2005, 305 ff., mit Anm. Gödicke, MedR 2005, 310 f.) im Rahmen der 14. AMG-Novelle reagiert und die §§ 8 Abs 1 Satz 2 KHEntgG, 10 Abs 3 BPflV entsprechend angepasst. Die regulären Behandlungskosten gehen aufgrund dieser gesetzlichen Klarstellung also nicht zulasten des Sponsors. 16

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

len – man denke etwa an die teilweise überaus kostspieligen Arzneimittel in der Onkologie und manches hier ansetzende Regressverfahren gegenüber dem Vertragsarzt nach § 106 SGB-V – großen Wert auf eine Regelung der Kostenfrage legen.19 Der Teilnehmer wird dann regelmäßig aber auch ein Interesse daran haben, im Fall unerwünschter Studienereignisse, die zu einer Schädigung seiner Gesundheit führen, vertragliche Haftungsansprüche und Einsichtsrechte in die geführte Falldokumentation gegen die forschende Einrichtung zu besitzen. 20 Angesichts des stets freiwilligen Aufopferungscharakters seiner Teilnahme – auch für den Fall, dass er zugleich einen eigenen Gesundheitsvorteil infolge etwa eines neuartigen Arzneimittels anstrebt – liegt es insoweit auch mehr als nahe, den Teilnehmer nicht allein auf deliktische Ansprüche zu verweisen, da er dann grundsätzlich die volle Beweislast trägt, soweit nicht ausnahmsweise innerhalb der für die klinische Prüfung verbleibenden allgemeinen Produzentenhaftung nach §§ 823 ff. BGB Beweiserleichterungen in Betracht kommen. 21 Für den wichtigen Bereich der Arzneimittelprüfungen steht dem Teilnehmer hingegen nicht die Gefährdungshaftung nach §§ 84 ff. AMG zur Verfügung, da diese Regelungen lediglich bei bestimmungsgemäßem Gebrauch aufgetretene Schädigungen durch ein zugelassenes Arzneimittel erfassen, also nicht die Schädigung durch noch überhaupt nicht zugelassene Prüfarzneimittel oder durch Arzneimittel, die zwar zugelassen sind, aber jenseits dieser Zulassung, also off label eingesetzt werden. 22 Hier bleibt dem Teilnehmer vielmehr nur die nach §§ 40 I 3 Nr. 8, III AMG wie auch nach § 20 I Nr. 9, III MPG obligatorische Probandenversicherung. Mangels einer unmissverständlichen gesetzlichen Vorgabe beinhalten die Versicherungsbedingungen für die Probandenversicherung heute freilich noch keinen Ersatz immaterieller Schäden. Auch insoweit spricht also alles dafür, dem Teilnehmer auch vertragliche Haftungsansprüche zuzubilligen, die nunmehr auch die Zahlung von Schmerzensgeld eröffnen und für den Teilnehmer den Beweisvorteil der Verschuldensvermutung nach § 280 I 2 BGB mit sich bringen. 23 19 Zur Wirtschaftlichkeitsprüfung und zum Regressverfahren gegenüber dem Vertragsarzt vgl. die Übersicht über die Entwicklung des Vertragsarztrechts bei Maaß, NZS 2006, 63 (70 ff.). 20 Vgl. die vergleichbare Argumentation zur Annahme eines eigenständigen Vertrags (selbst) zwischen (Kassen-) Patient und mit diesem nie persönlich in Kontakt getretenen Laborarzt in BGH NJW 1999, 2731 (2732 f.). 21 Zur allgemeinen Produzentenhaftung vgl. nur die Kommentierungen bei PalandtSprau, § 823 Rz. 165 ff.; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 547 ff. 22 BSG, NJW 2003, 460; Rolland, Produkthaftungsrecht, § 15 Rz. 19 ff., ablehnend Jungk, DZKF 11/12 2005, S. 30 (32). 23 So im Ergebnis auch Jungk, DZKF 11/12 2005, S. 30 (32). Der Ausschluss von immateriellen Schäden in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Probandenversicherung wird im Schrifttum seit längerem kritisiert. Für die Unwirksamkeit entsprechender Klauseln auf der Grundlage des novellierten Schadensersatzrechts mit einem Überblick

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit

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Grundlage einer solchen Haftung können prinzipiell dann sämtliche Pflichten des Vertragspartners sein, angefangen also von der Pflicht zur gebotenen Aufklärung und sorgfältigen Durchführung vorhabensbezogener Maßnahmen, über die Pflicht zum vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Daten im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Auswertung bis hin zu der Pflicht, für einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden bzw. angemessenen Versicherungsschutz zu sorgen – was bei schuldhafter Verletzung der Versicherungsvorgaben des § 40 III AMG konsequenterweise zur Haftung auch für (im Übrigen) unverschuldete Schäden führen muss.

bb) Das Hauptinteresse des Forschers an einer vertraglichen Gewährleistung der compliance des Patienten Aber auch der Forscher bzw. die forschende Einrichtung wird ihrerseits ein Interesse daran haben, eine vertragliche Grundlage für die Teilnahme an dem Forschungsvorhaben zu schaffen. Für die Aussagekraft des Forschungsvorhabens steht dabei vor allem die compliance des Teilnehmers – wörtlich die ‚Befolgung‘ ärztlicher Anweisungen 24 – im Vordergrund, also die Befolgung der Verhaltensmaßgaben, die der Forscher dem Teilnehmer auferlegt. Bedeutsam wird das vor allem bei klinischen Forschungsvorhaben, in die der Teilnehmer lediglich im Rahmen einer ambulanten Krankenversorgung eingebunden ist, etwa bei Multiple-Sklerose-Patienten, bei Diabetikern und anderen chronisch Erkrankten. Da der Teilnehmer hier anders als bei stationären Forschungsvorhaben in seinem normalen Lebensumfeld verbleibt, ist es für die Forschung umso wichtiger, dass ihm hinreichend vor Augen steht, weshalb die Aussage später erzielter Ergebnisse durch sein Verhalten verfälscht werden könnte, so etwa bei einem Diabetiker die Aufgabe der empfohlenen diätetischen Zurückhaltung, wodurch sich der Einfluss einer neuen blutzuckersenkenden Medikation nicht mehr mit hinreichender Sicherheit beurteilen lässt. Dann ist auch das Kontrazeptionsverhalten der Teilnehmer während ihrer Studienteilnahme vor allem bei Arzneimittelprüfungen von erheblicher Bedeutung, nicht nur zur Vermeidung fruchtschädigender Wirkungen, sondern auch etwa zur Vermeidung eines unnatürlichen Hormonspiegels im Blut usw.

über das Meinungsspektrum Gödicke/Purnhagen, MedR 2007, 139 ff., die in der Vorenthaltung von Schmerzensgeld einen Verstoß der AVB gegen die zwingende Vorschrift des § 40 I 3 Nr. 8, III AMG sehen, die seit Inkrafttreten von § 253 II BGB auch die Versicherung immaterieller Schäden gebietet. Insoweit greift der Einwand von Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1343, damit den Versicherungsschutz „in Parallele zu § 87 AMG n.F. auszudehnen“, methodisch zu kurz, auch wenn sie den Ausschluss von Schmerzensgeld im Ergebnis ihrerseits kritisieren. Aus systematischen Gründen gegen Schmerzensgeldgewährung Rittner u.a., VersR 2008, 158 (159 f.). 24 Vgl. Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 81 Rz. 9 ff.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

Dem Vertragscharakter solcher Verhaltensmaßgaben steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Teilnehmer seine Beteiligung jederzeit widerrufen kann. Denn das hat lediglich zur Folge, dass sich die Verletzung entsprechender Verhaltenspflichten und -obliegenheiten dem Teilnehmer nicht entgegenhalten lässt. Der Widerrufsmöglichkeit auf quasidinglicher Ebene des absoluten Rechtsgüterschutzes korrespondiert auf schuldrechtlicher Ebene also der Charakter der Teilnehmerverhaltenspflichten als unvollkommene Pflichten, die richtigerweise denn auch nicht einklagbar sein können. Dass der Teilnehmer gleichwohl an diese Maßgaben, wenn auch nur im Sinne einer Naturalobligation, vertraglich gebunden sein soll, dürfte indes typischerweise den Interessen des Forschers entsprechen.25 So findet man in Patientenaufklärungen heute nicht selten Formulierungen wie folgende: Wenn Sie sich für eine Studienteilnahme entscheiden, wird von Ihnen erwartet, dass Sie die vorgegebenen Besuchstermine und andere Studien-Vorgänge vollständig wahrnehmen und den Anweisungen des Prüfarztes und des Studienpersonals Folge leisten. Wenn Sie den Studienanweisungen nicht Folge leisten, ist es wichtig, dass Sie den Studienarzt informieren, damit Sie bei diesen Entscheidungen beraten werden.

Ebenfalls ein Aspekt auf Seiten des Forschers ist dann sein typisches Interesse, im Fall der Forschung mit Körpersubstanzen wie Blutproben, Operationsabfällen usw. jegliche künftige Ansprüche des Teilnehmers auf diese Substanzen auszuschließen. Soweit Formularregelungen also die Überlassung von Körpersubstanzen beinhalten, berühren sie neben der dinglichen Ebene einer Übereignung an den Forscher auch die Ebene eines schuldrechtlichen Kausalverhältnisses. Denn was nützt es der forschenden Einrichtung, wenn der Teilnehmer diese Substanzen zwar dinglich wirksam überlässt, ihm aber die Möglichkeit verbleibt, mangels wirksamer causa bereicherungsrechtliche Ansprüche geltend machen zu können? Natürlich wird kaum ein Teilnehmer je ein Interesse haben, Besitz und Eigentum an überlassenem Blut etc. herauszuverlangen. Wie aber, wenn er – rechtlich bei fehlender causa immerhin denkbar – seinen Verzicht auf Gewinnbeteiligung als vermögenswertes ‚etwas‘ im Sinne von § 812 I 1 BGB kondiziert? Hier ist dem Forscher das Interesse zuzugestehen, von vornherein klare Verhältnisse zu schaffen.

c) Studienverträge mit Patienten und Probandenverträge mit Gesunden Sprechen die besseren Gründe somit dafür, davon auszugehen, dass Teilnehmer und Forscher ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten jedenfalls auch auf eine vertragliche Grundlage stellen möchten, existiert freilich schon keine anerkannte Bezeichnung für einen solchen Vertragstypus. Jedenfalls in der Praxis trifft man insoweit zwar auf den Begriff des Probandenvertrags. Seine Schwäche liegt aber 25 Zur Umgestaltung des vertraglichen Pflichtenprogramms in der medizinischen Heilbehandlung und Forschung eingehender unten § 3 III.

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darin, dass er seinem Wortsinn nach gerade nicht die für klinische Studien typische Teilnahme von Patienten erfasst. Bei der Arzneimittelprüfung wäre der Begriff also nur für die Verträglichkeitsprüfung in Phase I passend, während er die daran anschließende Einbeziehung von Patienten in klinische Prüfungen nicht mehr erfasst, also weder die dem Schwerpunkt nach auf den Wirksamkeitsnachweis abzielende therapeutisch-exploratorische Phase II-Prüfung an einem kleinen Patientenkollektiv, noch die vor allem auf Nebenwirkungen ausgerichtete therapeutisch-konfirmatorische Phase III-Prüfung an einer großen Zahl von Patienten, noch schließlich die Phase IV-Prüfung, um nach zwischenzeitlich erfolgter Zulassung des Arzneimittels das Hauptaugenmerk nun auf die erst in der großen Breite der Patienten signifikant auftretenden seltenen Nebenwirkungen zu legen. Will man aber an der Unterscheidung von Probanden und Patienten nicht zuletzt aus wohlüberlegten Gründen unterschiedlicher rechtlicher Anforderungen festhalten, erscheint es andererseits nicht glücklich, den eher als Oberbegriff tauglichen Terminus des ‚Prüfungsvertrags‘ zu wählen, zumal damit auch Verwechslungen gegenüber dem Prüfvertrag mehr als nahe liegen, der nun aber nicht mit dem Teilnehmer geschlossen wird, sondern zwischen Sponsor und Prüfarzt, und der die Modalitäten der klinischen Prüfung betrifft. Darüber hinaus beschränkt sich die Verwendung des Begriffs ‚Klinische Prüfung‘ heute weitgehend auch auf die klinische Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, weil sie der gesetzlichen Terminologie in §§ 4 Abs. 23, 40 ff. AMG und §§ 19 ff. MPG entspricht. Für Forschungsvorhaben außerhalb der Anwendungsbereiche dieser Gesetze ist demgegenüber weiterhin der Begriff der ‚klinischen Studie‘ geläufiger, wie denn schon der Begriff der Studie selbst gedanklich meist auf klinische Vorhaben mit Patienten bezogen wird, nicht auf Vorhaben der Grundlagenforschung an gesunden Probanden. Das mag es rechtfertigen, im Folgenden für die vertraglichen Beziehungen, in die der Teilnehmer eines medizinischen Forschungsvorhabens eingebunden ist, begrifflich lediglich zwischen Studienvertrag und Probandenvertrag zu unterscheiden. Der Begriff des Studienvertrags bezieht sich dabei auf klinische Forschungsvorhaben mit Patienten – unabhängig davon, ob eine Arzneimittelprüfung, eine Medizinprodukteprüfung oder sonstige therapeutische Forschung betroffen ist –, während der Begriff des Probandenvertrags auf Vorhaben abzielt, bei denen nicht mithilfe der Teilnahme erkrankter Personen geforscht wird, sondern gesunder. Ob der jeweilige Vertrag dann auch bei der klinischen Forschung – beim Probandenvertrag stellt sich die Frage nicht – als gesondert abgeschlossen begriffen werden muss, dürfte von sekundärem Interesse sein. Denn inhaltlich kann es bei der Teilnahme von Patienten an medizinischen Forschungsvorhaben keinen Unterschied machen, ob die Studienteilnahme eine eigenständige vertragliche Grundlage hat oder lediglich der bestehende Behandlungsvertrag um zusätzliche Rechte und Pflichten erweitert wird. Von erheblicher Bedeutung kann in

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

diesem Zusammenhang lediglich sein, ob Vertragspartner des Teilnehmers im Fall einer klinischen Studie dieselbe Person ist wie bei der regulären Heilbehandlung, ob dies – auch oder ausschließlich – der für die Durchführung der Forschung lokal verantwortliche Prüfarzt ist oder schließlich – auch oder nur – der für das Forschungsvorhaben insgesamt verantwortliche Sponsor, also etwa der pharmazeutische Unternehmer. Maßgeblich von der Gestaltung im Einzelfall abhängig, stellt diese Frage den Vertragscharakter der Teilnahme insgesamt aber nicht in Frage, mag von der Person des Vertragspartners auch entscheidend der konkrete Inhalt des Vertrags abhängen.

d) Grenzen des Vertragscharakters bei Vorhaben der Intensivund Notfallmedizin Eine vertragliche Grundlage findet die Teilnahme an einem Forschungsvorhaben schließlich grundsätzlich auch dann, wenn ausnahmsweise nicht einwilligungsfähige Patienten kraft Entscheidung ihres Vertreters in eine klinische Studie eingeschlossen werden, regelmäßig also aufgrund der Entscheidung des Betreuers oder, bei Minderjährigen, der Eltern, während die Vertretungsmacht kraft Vollmachterteilung in der Praxis doch weiterhin die Ausnahme darstellt. Wird auch hier die Frage der Studienteilnahme in erster Linie von einer Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für den einwilligungsunfähigen Patienten überstrahlt, spricht doch alles dafür, aus der dargelegten Interessenlage auch – und erst recht – hier die Studienteilnahme auf der Grundlage einer korrespondierenden vertraglichen Verbindung zu deuten. Problematisch wird dies hingegen in Notfallsituationen, in denen nicht einwilligungsfähige Patienten binnen kürzester Zeit zu behandeln sind. Auch hier kommt die Einbeziehung in eine klinische Prüfung in Betracht, wenn sie die Heilungsaussichten des Patienten verbessert. Praktisch bedeutsam ist das z.B. bei der Behandlung von Sepsispatienten, die als Unfallopfer intensivmedizinisch versorgt werden und bis heute einem hohen letalen Risiko ausgesetzt sind, das durch neuartige Arzneimittel reduziert werden soll, aber auch z.B. bei der Behandlung akuter Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Ist hier kein entscheidungsberufener Vertreter vorhanden oder erreichbar, gestattet das Gesetz ausnahmsweise die Einbeziehung in die klinische Prüfung, indem es auf die Erteilung einer Einwilligung verzichtet und den Heileingriff unmittelbar kraft Gesetzes gemäß § 41 I 2 AMG oder § 21 Nr. 3 S. 3 MPG rechtfertigt. Existiert nun aber eine erklärungsbefugte Person gar nicht, kommt in derartigen Fällen auch keine für und gegen den Patienten wirkende Willenserklärung auf Abschluss eines Studienvertrags in Betracht. Ein gedanklicher Fehler wäre es insbesondere, dem Arzt durch die Vorschriften der §§ 41 I 2 AMG, 21 Nr. 3 S. 3 MPG eine entsprechende Erklärungsbefugnis eingeräumt zu sehen. Der Arzt prüft in solchen Fällen lediglich – in eigener Verantwortung –, ob aus seiner Sicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Notfalleinbeziehung des

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Patienten vorliegen oder nicht. 26 Ist dem Arzt damit aber schon für die Einbeziehung in die klinische Prüfung selbst keine Entscheidungsbefugnis eingeräumt, auch nicht in Vertretung für den Patienten, sondern lediglich die voll justiziable Überprüfung dieser rechtlichen Ausnahmevoraussetzungen, kann für den Abschluss eines hiermit verbundenen Studienvertrags nichts anderes gelten. In Notfallkonstellationen dieser Art besteht mithin kein Studienvertrag, vielmehr richten sich die beiderseitigen Rechte und Pflichten lediglich nach den auch sonst für die Notfallbehandlung geltenden Grundsätzen, also in erster Linie nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). 27 Ein Studienvertrag kann der Notfalleinbeziehung in eine klinische Prüfung hier also immer nur zeitlich nachfolgen, wenn der Patient nach wiedererlangtem Bewusstsein nun selbst der weiteren Teilnahme zustimmt oder eine entscheidungsbefugte Vertretungsperson auftritt und entsprechende Erklärungen abgibt. In beiden Fällen wirken diese Erklärungen aber selbstverständlich nur für die Zukunft.28

II. Die rechtfertigende Einwilligung als durch §§ 305 ff. BGB nicht ins Auge gefasster Gegenstand formulargetragener Regelungen Unproblematisch Gegenstand einer Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB sind somit auch in der Medizin formularvertragliche Regelungen. Wenn ein nicht minder großer Teil des medizinischen Formulargebrauchs hingegen die Aufklärung und Einwilligung des Patienten bzw. des Studienteilnehmers betrifft, sind damit indes keine vertraglichen Regelungen berührt, sondern einseitige Erklärungen. Als Instrument des negatorischen Abwehrschutzes disponiert der Rechtsgutträger mit seiner Einwilligungserklärung darüber, ob und inwieweit er seine Rechtsgüter preisgeben möchte, um sich ärztlich behandeln zu lassen oder einen Beitrag zur medizinischen Forschung zu leisten. Inhaltlich zielen 26 Eingehender zu dieser Regelungssystematik der §§ 41 AMG, 21 MPG Habermann/ Lasch/Gödicke, NJW 2000, 3389 (3394). Sofern trotz Notfallsituation noch genügend Zeit verbleibt, wird im beiderseitigen Interesse von Arzt und Patient mittlerweile vielfach der Empfehlung von Habermann/Lasch/Gödicke, NJW 2000, 3389 (3394 f.), folgend die Einholung einer zweiten Meinung über das Vorliegen dieser Notfallvoraussetzungen durch einen hinzugezogenen Konsiliar-Arzt praktiziert. 27 Vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 805, ebenfalls mit Blick wohl auf § 41 I 2 AMG. 28 Es sei denn, die Beteiligten würden auf vertraglicher Ebene die Rückwirkung ihrer Regelungen vereinbaren; das Fehlen der Einwilligungserklärung lässt sich hingegen niemals rückwirkend heilen, eine anderslautende Erklärung kann allenfalls Anhaltspunkt für einen Verzicht auf etwaige Haftungsansprüche sein.

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diese Erklärungen damit in erster Linie auf Maßnahmen ab, die Leben, Körper und Gesundheit des Erklärenden betreffen. Bei der ärztlichen Heilbehandlung liegt dies von vornherein auf der Hand (1.). Sehr viel stärker als hier hängt es bei medizinischen Forschungsvorhaben dann hingegen von deren inhaltlicher Ausrichtung ab, ob sich der Kreis der bei Heilbehandlungsmaßnahmen berührten Rechtspositionen reduziert oder erweitert (2.). Gleichermaßen von ärztlicher Behandlung und wissenschaftlicher Forschung berührt wird hingegen das Selbstbestimmungsrecht des Erklärenden. Es soll hier indes zunächst bewusst nur in beschränktem Umfang abgehandelt werden, nämlich in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Denn als Gegenstand der Einwilligungserklärung lässt sich dieses Recht nur begreifen, soweit es durch die bevorstehenden Maßnahmen eigenständig berührt wird. Als geistige Grundlage der Einwilligungserklärung kann das Selbstbestimmungsrecht hingegen, wie später noch näher abzuhandeln sein wird, nicht zugleich auch deren Gegenstand sein. Das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers wird also – überspitzt formuliert – nicht durch seine Einwilligungserklärung geschützt, sondern durch die Notwendigkeit vorheriger Aufklärung durch den Arzt und die Freiheit bei der Entscheidungsfindung. Im folgenden Abschnitt soll der Blick daher zunächst auf diejenigen Rechtspositionen beschränkt bleiben, die unmittelbar durch die konsentierten Maßnahmen berührt werden. Der Schutz des Selbstbestimmungsrechts durch das Rechtsinstitut einer nur nach hinlänglicher Aufklärung wirksamen Einwilligung wird dann ausführlicherer Gegenstand des nachfolgenden § 3 sein.

1. Die weitgehende Beschränkung der ärztlichen Heilbehandlung auf eine Pflege der Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit Wer ärztliche Heilbehandlung sucht, vertraut dem Arzt seine Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit an. Schon für die Diagnostik gibt der Patient dabei seine Rechtsgüter preis, um dem Arzt eine adäquate Empfehlung der weiteren Vorgehensweise zu ermöglichen. Dass dabei alle drei genannten Rechtsgüter betroffen sein können, wird spätestens deutlich, wenn man an diagnostische Maßnahmen denkt, die ihrerseits bereits einen erheblichen invasiven Eingriff erforderlich machen, etwa eine Herzkatheter-Untersuchung. Aber auch nur ein Allergietest in der Praxis des Hautarztes oder eine Herz-Lungen-Funktionsuntersuchung in Form eines internistischen Belastungstests birgt – potenziell – das Risiko einer Lebensgefährdung, auch wenn dieses Risiko aufgrund sorgsamer Anamnese und Überwachung praktisch äußerst gering sein wird. Zugleich wird damit deutlich, dass auch schon die Anamnese die Rechtsgüter des Patienten beeinträchtigen kann. Hier wird man sich nun zwar kaum Fälle vorstellen können, in denen auch der Lebensschutz des Patienten tangiert wird.

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Ausgeschlossen ist dies freilich auch hier nicht, denkt man etwa an die anamnestische Befragung einer äußerlich unerkennbar depressiven Person, deren Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis geweckt wird und die in der Folge einen depressiven Schub bis hin zur Suizidgefahr erleiden kann. Am deutlichsten wird die Berührung der absolut geschützten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit dann freilich aber bei Durchführung der ärztlichen Behandlung selbst, wenn diese einen invasiven Eingriff – also die Verletzung der Körpersubstanz – erforderlich macht oder die Einnahme eines Arzneimittels, die einen wenn auch fernerhin heilenden, so doch zunächst regelwidrigen Gesundheitszustand zur Folge hat. 29 Mit der Beeinträchtigung dieser Rechtsgüter einher gehen kann dann auch die Berührung der Freiheit des Patienten als eines weiteren absolut geschützten Rechtsgutes. Denkt man etwa an die Fixierung selbstgefährdeter Patienten mit Hilfe eines Bauchgurts oder eines Bettgitters, so wird auch diese Maßnahme Gegenstand einer Einwilligungserklärung sein, auch wenn sie in solchen Fällen nur noch selten durch den Patienten selbst als vielmehr durch seinen Vertreter abgegeben wird. Ist die geschilderte Beeinträchtigung der genannten Rechtsgüter somit eine regelrecht physisch wirkende Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung, lässt sie sich als Durchgangsstadium zum Heilerfolg wiederum unterscheiden von jenen Rechtsgut-Beeinträchtigungen, die auch nur als Durchgangsstadium vermieden werden sollen, als denkbare Nebenwirkung aber in Kauf genommen werden. Neben dem körperlichen Eingriff selbst umfasst die Erklärung hier also eine Einwilligung in die Gefahr,30 wenn diese Formulierung auch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass die Verwirklichung der Gefahr wiederum nur in einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit liegt. Gegenstand von Formularaufklärungs- und Einwilligungsbögen sind nun regelmäßig jene Rechtsgutbedrohungen, die mit der ärztlichen Anamnese, Diagnostik und Heilbehandlung verbunden sein können, auch wenn sie nicht erwünscht sind, also das Feld der sogenannten Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung des Patienten. Gesundheitsgefahren, die sich erst im Anschluss an eine ärztliche Behandlung einstellen können, und über deren Vermeidung der 29 Zur Konturenlosigkeit des Rechtsguts ‚Gesundheit‘ im Unterschied zum Rechtsgut ‚Körper‘ vgl. in jüngster Zeit die ausführlichere Darstellung von Heidelk, Gesundheitsverletzung und Gesundheitsschaden, S. 93, die – auch anhand einer Auswertung der vor allem höchstrichterlichen Rechtsprechung, S. 65 ff. – der zivilrechtlichen Dogmatik bescheinigt, nicht einmal jemals auch nur den Versuch unternommen zu haben, die Gesundheitsverletzung für den Bereich des Arzthaftungsrechts zu definieren, und als Hauptgründe hierfür die mangelnde Definierbarkeit des Rechtsguts Gesundheit ansieht wie auch, dass sich im Regelfall noch nicht einmal feststellen lasse, ob eine Verletzung der Gesundheit des Patienten im Sinne eines Minus vorliege. 30 Vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 252; Laufs, Arztrecht, Rz. 230; Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag (S. 142 f.).

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Arzt in den Grenzen der sogenannten Sicherheits- oder aber therapeutischen Aufklärung ebenfalls zu informieren hat, treten demgegenüber zwar ebenfalls als Formular auf, reichen quantitativ an die Bedeutung der Risikoaufklärungsformulare allerdings nicht heran.31 Der so eingenommene funktionale Blick auf die Einwilligungserklärung als Instrument des absoluten Rechtsgüterschutzes macht dann allerdings zugleich auch ihre Grenzen deutlich. So vertraut der Patient dem Arzt oder Krankenhaus sein Leben, seinen Körper und seine Gesundheit ja nicht erst im Rahmen medizinischer Maßnahmen an, vielmehr gibt er diese Rechtsgüter allein schon mit seiner physischen Präsenz in den Räumen der Arztpraxis bzw. der Klinik in gleicher Weise preis, wie ein Kunde im Geschäftslokal seines Vertragspartners oder ein Passant auf der dem Grundstückseigentümer gehörigen Bürgersteigfläche. Soweit die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit hier also zu Schaden kommen, besteht kein Unterschied zu der Situation, die zu einer Haftung aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis oder zu einer deliktischen Haftung wegen verletzter Verkehrssicherungspflichten führt – sofern freilich nicht ein durch Klinik oder Arzt voll beherrschbares Risiko betroffen ist, das die allgemeine Verkehrssicherungspflicht deutlich erhöht und mit Beweiserleichterungen auf Patientenseite verbunden ist.32 Entsprechend ist diese Art von Rechtsgüter-Preisgabe denn auch gerade nicht Gegenstand von Einwilligungserklärungen des Patienten, wie denn auch ein in der Einwilligungserklärung etwaig liegender Haftungsausschlusses hier von vornherein nicht ernsthaft in Betracht kommen kann. 33 Vielmehr bleibt es insoweit bei der allgemeinen Haf31 Darauf macht bereits Laufs, Gynäkologe 1989, 364, aufmerksam. Zur Unterscheidung von Sicherheits- und therapeutischer Aufklärung näher unten, § 3 I 3. 32 Zu entsprechenden Konstellationen und den hierbei geltenden besonderen Beweisgrundsätzen vgl. jüngst nur etwa BGH VersR 2007, 1416 f. (Bestrahlungsschäden); BGH NJW-RR 2006, 811 ff. (Krankentransport); OLG Stuttgart, VersR 2007, 548 ff. (Gymnastikball). Wie problematisch dabei die Beherrschbarkeit des Risikos sein kann, zeigt die im Instanzenzug wechselnde Auffassung von OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 1401 (1402), einerseits und BGH NJW 2007, 1682 f. andererseits (Spritzenabszess). So meint dort das OLG Koblenz, das sich die Wege, auf denen sich Keime verbreiten, einer umfassenden Kontrolle entziehen; deshalb gehörten „Keimübertragungen, die sich unter nicht beherrschbaren Umständen vollziehen und trotz Einhaltung aller hygienischen Gebote ereignen, zum Krankheitsrisiko des Patienten, für das eine Entschädigung nicht gefordert werden kann“, während der BGH meint, dass sich das verwirklichte Risiko der Keimübertragung aus einem Bereich stamme, „dessen Gefahren ärztlicherseits objektiv voll ausgeschlossen werden können und müssen“. Zur fehlenden Beherrschbarkeit eines Risikos bei unerkannter körperlicher Anomalie OLG Thüringen, GesR 2007, 404 ff. (OP-Lagerung). 33 Nicht an den Gedanken einer Rechtsgut- oder auch nur Interessenpreisgabe mit der Notwendigkeit einer Einwilligung knüpft denn insbesondere auch das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo an, für das vielmehr die Vorstellung einer Rechtskreisöffnung prägend ist. Vgl. hierzu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 223 ff., der den Gedanken einer wechselseitigen Öffnung der Rechtsgüterkreise im Rahmen der personalen Beziehung des Schuldverhältnisses erörtert und für die Konturierung von Sorgfaltspflichten zum Schutz

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tung von Arzt oder Klinik, die denn insbesondere auch Schäden am Eigentum des Patienten erfasst, etwa an seiner Kleidung, und je nach Sachlage auch zu einer Haftung für Diebstähle führen kann. Entsprechend sind Regelungen derartiger Fragen, etwa einer Beschränkung oder eines gänzlichen Haftungsausschlusses, auch kaum Gegenstand gesonderter Formulare als vielmehr Inhalt von Vertrags-, insbesondere Krankenhausaufnahmebedingungen. Eine Mittelstellung nimmt insoweit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. So geht die Aufdeckung der Identität einerseits, zwar nicht notwendiger- aber doch typischerweise, mit jedem Vertragsschluss einher. Andererseits macht die ärztliche Behandlung die Erhebung einer Vielzahl zusätzlicher und teilweise intimer Informationen erforderlich, an deren begrenzter Offenbarung oder gar Geheimhaltung der Patient meist ein schützenswertes Interesse hat. Die Preisgabe des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist mit der ärztlichen Heilbehandlung also ebenfalls typischerweise und besonders eng verbunden und wird denn auch zum Gegenstand von Formularerklärungen des Patienten gemacht. 34 Das gilt insbesondere für vom Patienten auszufüllende Anamnesebogen, über den eigentlichen Behandlungssektor hinaus dann aber auch für Formulare, in denen der Patient einen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht gestattet, also insbesondere bei der Einwilligung in die Übermittlung der Gesundheitsdaten an eine externe Abrechnungsstelle.35

2. Erweiterungen und Reduzierungen des Kreises betroffener Rechtsgüter bei der medizinischen Forschung am Menschen Auch die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben berührt in vielen Fällen die bei der ärztlichen Heilbehandlung tangierten Rechtsgüter. Zwingend ist dies indes nicht. So beschränken sich viele Forschungsvorhaben nicht nur darauf, die zum Zwecke der Heilbehandlung ohnehin erforderlichen Maßnahmen mit neuer Zielrichtung auszuwerten, vielmehr sieht eine nicht unbeträchtliche Zahl von Forschungsvorhaben einen invasiven Eingriff am Körper des Patienten schon gar nicht vor, denkt man etwa an Vorhaben der Umweltmedizin, die sich häufig auf Interviews und Analyse von Umgebungsparametern beschränken, an die retrospektive Auswertung von Krankheitsverläufen oder an die vielen Vorhaben der Grundlagenforschung, die mit Hilfe nicht-inabsoluter Rechtsgüter fruchtbar macht. Hieran anknüpfend Keller, Schuldverhältnis und Rechtskreisöffnung. 34 In der Literatur unter dem Aspekt einer Einwilligung in die Ausforschung etwa behandelt bei Laufs, Arztrecht, Rz. 230. 35 Vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 483.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

vasiver und auch sonst körperlich nicht belastender Messtechniken Aussagen über Normalwerte suchen. Auch das Recht auf Freiheit wird kaum je durch ein Forschungsvorhaben betroffen sein. Da schon die einschlägigen Spezialbestimmungen solche Forschung jedenfalls unter Einbeziehung untergebrachter Personen untersagen,36 kommen hier im Grunde nur Probandenstudien in Betracht, bei denen die Teilnehmer sich freiwillig für die Dauer einer Forschungsmaßnahme ihrer körperlichen Bewegungsfreiheit begeben, denkt man etwa an funktionelle Kernspintomograhien des Gehirns. Große Bedeutung hat in den zurückliegenden Jahren hingegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Teilnehmers erlangt. So geht die Teilnahme an einem Forschungsvorhaben nicht nur regelmäßig mit intensiveren Eingriffen in die Datenverarbeitung einher, wenn im Rahmen einer klinischen Studie etwa die Gesundheitsdaten nicht nur für die ärztliche Heilbehandlung aufgezeichnet und intern verarbeitet werden, sondern zum Zwecke der Forschung von vornherein einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht und mitunter auch längere Zeit gespeichert werden, damit sowohl die Forschungseinrichtung selbst wie auch etwa die Arzneimittelzulassungsbehörde oder die Überwachungsbehörde längeren Zugriff hierauf haben. Dann kann die Forschung auch zur Aufdeckung von Gesundheitsdaten führen, die im Rahmen der ärztlichen Standardbehandlung entweder gar nicht, nicht in dieser Bandbreite oder nicht in dieser Intensität erhoben würden, denkt man beispielsweise an die Testung einer Blutprobe auf besondere Antikörper oder Unterklassen von weißen Blutzellen. Die Einwilligung in diese erweiterte Datenerhebung, -verarbeitung und -speicherung ist dann ihrerseits typischerweise Inhalt der Einwilligungserklärung des Teilnehmers, deren Anforderungen ebenso wie die Konsequenzen eines etwaigen Widerrufs im Arzneimittelgesetz nunmehr sogar einer eigenständigen Regelung zugeführt wurden.37 Neben diesen eng mit datenschutzrechtlichen Fragen zusammenhängenden Aspekt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hat sich in jüngerer Zeit dann aber vor allem die Frage nach dem Rechtsgüterschutz im Zusammenhang mit der Forschung an menschlichen Körpersubstanzen geschoben, in der Literatur mittlerweile sogar eigenständig unter dem Begriff eines Rechts auf bio-materielle Selbstbestimmung abgehandelt.38 Wurde im Zusammenhang mit der Überlassung menschlicher Körpersubstanzen früher vorwiegend die Frage der Eigentums- und Besitzverhältnisse erwogen,39 hat vor allem die rasante 36

Vgl. insbesondere § 40 I 3 Nr. 4 AMG, § 20 I Nr. 3 MPG. Vgl. § 40 Abs. 2a AMG. 38 Vgl. zu dieser Begriffsbildung insbesondere Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung. Grenzen und Möglichkeiten der Weiterverwendung von Körpersubstanzen. 39 Vgl. etwa BGH NJW 1994, 127 (Spermaentscheidung); Bamberger/Roth-Fritzsche, § 90 Rz. 29 ff.; MüKo-Holch, § 90 Rz. 29 ff.; Palandt-Heinrichs, § 90 Rz. 3; Wolf, Sachenrecht, 37

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit

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Entwicklung der Gentechnologie zu einer hohen, zuweilen schon fast übertrieben anmutenden Sensibilität für die auch datenschutzrechtlichen Aspekte dieser Fallgruppe geführt. Für die Spende von Blut- oder Knochenmarkproben wurden insoweit strenge Reglementierungen geschaffen, die eine Verwendung dieser Proben zu anderen als Spendezwecken weitgehend verhindern sollen. Für die medizinische Forschung hingegen stellt sich bis heute die ungelöste, jedenfalls nicht auf gesetzlicher Grundlage geklärte Frage, welche Anforderungen das Recht auf (bio-) informationelle Selbstbestimmung an die Entnahme, die Untersuchung und die Lagerung derartiger Substanzen aufstellt. Betroffen ist hier zum einen die Forschung mit sogenannten Befundproben – also Körpersubstanzen, die im Rahmen der Routinebehandlung im Krankenhaus angefallen und noch nicht vernichtet worden sind, insbesondere Blutproben und histologische Asservate – und zum anderen die Forschung mit sogenannten Forschungsproben – also Körpersubstanzen, die zwar speziell zu Forschungszwecken entnommen wurden, die aber auch weiteren, heute möglicherweise noch gar nicht absehbaren Forschungsprojekten im Rahmen sogenannter Biobanken zur Verfügung stehen sollen. Inwieweit und innerhalb welcher Grenzen der Rechtsgutträger hier über seinen Rechtsgüterschutz disponiert, ist dabei von umso größerer Bedeutung, wenn man sich die denkbare Kommerzialisierung späterer Forschungsergebnisse vor Augen führt.40 Bereits heute entspricht es daher einer verbreiteten Übung, den Teilnehmer an einem medizinischen Forschungsvorhaben in seiner Einwilligungserklärung nicht nur über seine körperliche Integrität und die Verarbeitung gesundheitsbezogener Daten disponieren zu lassen, sondern auch die Frage kommerzieller Verwertung zu regeln. Selbst derjenige, der dem Forschungsvorhaben überhaupt nur durch Überlassung z.B. einer ohnehin anfallenden Blutprobe verbunden ist, wird hier häufig um seine Einwilligung auch in eine eventuelle kommerzielle Anwendung der mit Hilfe auch seiner Körpersubstanzen erzielten Erkenntnisse gebeten, was dann nicht selten zugleich noch als expliziter Verzicht auf jede Art von Entgelt formuliert wird.

Rz. 12; Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rz. 5; Forkel, JZ 1974, 594; Taupitz, NJW 1995, 745; ders., JZ 1992, 1089; zur Kontroverse, ob ein künstliches Körperteil nach der Implantation Teil des menschlichen Körpers wird und damit die Sacheigenschaft verliert vgl. bejahend LG Mainz, MedR 1984, 200; Palandt-Heinrichs, § 90 Rz. 3; a.A. OLG Brandenburg, JuS 1984, S. 47; Gropp, JR 1985, 183. 40 Vgl. insbesondere zum Fall John Moore Hamerl, in Plöchl, Ware Mensch – Rechtsprobleme der medizinischen und kommerziellen Verwertung von Teilen des menschlichen Körpers, S. 46 ff.; Taupitz, AcP 191 (1991), 201 ff.; ders., VersR 1991, 369 ff.; im Vergleich mit dem französischen Recht Zerr, Abgetrennte Körpersubstanzen im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht. Zu dieser Problematik unten, § 11 II 2 d).

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§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung Der entscheidende rechtliche Mechanismus zur Disposition über die genannten Rechtsgüter ist die Einwilligung des Rechtsgutträgers, deren Notwendigkeit freilich, historisch betrachtet, jung ist, und deren Wirkungsweise auch heute noch viele rechtliche Fragen aufwirft, die hier nicht im Einzelnen dargestellt, sondern nur im Sinne eines Überblick skizziert werden können. Im Vordergrund ärztlicher Verantwortung stand über Jahrhunderte hinweg allein der Schutz der körperlichen Integrität des Patienten.1 Mit Hilfe seiner Fachkompetenz bestimmte praktisch allein der Arzt über Durchführung und Inhalt von Heilbehandlungsmaßnahmen. War sein Tun also auch am Wohl des Patienten ausgerichtet – salus aegrotii suprema lex –, prägten doch weitgehend paternalistische Züge die Medizin, denen sich der Patient nur fügen konnte. 2 Auf die vielfältigen geistesgeschichtlichen und soziologischen Zusammenhänge, die dieser Entwicklung zugrunde lagen, kann hier nicht weiter eingegangen werden. Beschränkt man den Blick daher auf eine vorwiegend rechtliche Perspektive, so erscheint es heute aber doch immerhin bemerkens1 Zur Verantwortlichkeit des Arztes für eine fehlerhafte Behandlung bereits nach altbabylonischem und römischem Recht vgl. v. Gerlach, in: FS-Geiß (2000), S. 389 ff., der freilich, S. 409, den modernen Charakter insbesondere einer Haftung für fehlerhafte Aufklärung und der Einführung von Beweiserleichterungen betont. Zu Fällen der Arzthaftung nach türkischem Recht im zweiten vorchristlichen Jahrtausend Zeytin, in: FS-Laufs, S. 1143. 2 Zum häufigen Rekurs auf die Gedanken Hippokratis’, mit denen die Notwendigkeit der Patienteninformation noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts verneint wurde, vgl. Schönke/ Schröder/Maiwald, Strafrecht BT I, § 8 Rz. 25; Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, S. 98 f. Der Text lautet in der Übersetzung von Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, S. 98 (Fn. 100): „Alles dies aber muß man gelassen und geschickt tun; auch muß man während der ärztlichen Dienstleistung das meiste dem Kranken verheimlichen. Was notwendig ist, ordne man heiter und ruhig an; man muß von seinen eigenen Angelegenheiten absehen können; teils mache man bitter und ernsthaft Vorwürfe, teils rede man ihm besorgt und aufmerksam zu; und nichts schildere man von dem, was eintreten wird oder vorliegt. Denn viele sind aus diesem Anlaß in äußerste Unruhe versetzt worden, nämlich durch das soeben erwähnte Vorhersagen des Kommenden und Gegebenen.“

§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung

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wert, dass Geistesströmungen der Aufklärung und insbesondere des deutschen Idealismus erst zu einem von ihnen vergleichsweise entfernten Zeitpunkt, im ausgehenden 19. Jahrhundert, zu einer Neubesinnung auf die durch ärztliches Handeln berührten Rechtsgüter des Patienten führten. Indikation und lex artis erschienen nun nicht nur als für sich genommen unzureichende Rechtfertigungselemente ärztlichen Handelns, vielmehr war schon die Frage nach einer dem Arzt im Einzelfall eingeräumten Handlungsbefugnis neu. Überstrahlt wurde der Rechtfertigungsgedanke ärztlichen Handelns fortan von der Willensfreiheit des Patienten, und dies in zweierlei Weise. Zum einen wurde die Handlungsbefugnis des Arztes entscheidend von der Einwilligung des Patienten abhängig gemacht – salus et voluntas aegrotii suprema lex.3 In welcher Weise in die körperliche Integrität des Patienten eingegriffen wird, um ihn an Körper und Gesundheit zu erhalten, bestimmt danach also nicht mehr der Arzt als vom Patienten berufene Hilfsperson, sondern der Patient als Träger dieser Rechtsgüter (I.). Den Schutz der körperlichen Integrität allein über die Notwendigkeit einer Einwilligungserklärung zu gewährleisten, erwies sich dann allerdings von Beginn an als unzureichend. Vielmehr barg dieser Entscheidungsprozess nun eigene Gefahren für die Gesundheit des Patienten, die es ihrerseits in Schach zu halten galt. So bestand zum einen – so zunächst die ärztliche Sichtweise – das Risiko, dass der Patient eine Behandlung aus Unwissen und Verunsicherung ablehnt, obwohl er in sie bei Verständnis der medizinischen Zusammenhänge eingewilligt hätte. Umgekehrt bestand aber auch ein Risiko darin, dass der Arzt sich die Unkenntnis des Patienten zunutze macht, um in weiterhin paternalistischer Manier über dessen Wohlergehen zu entscheiden oder gar nicht indizierte Maßnahmen an ihm durchzuführen. Der Schutz körperlicher Integrität durch Einwilligung setzt also – so der Gedanke des informed consent-Modells – den Schutz von Selbstbestimmung durch Aufklärung voraus (II.). Setzt demnach Heilbehandlung Einwilligung und Einwilligung Aufklärung voraus, sind Einwilligung und Aufklärung aber gleichermaßen, wenn auch auf unterschiedliche Weise, sowohl auf den Schutz körperlicher Integrität wie auf den Schutz von Selbstbestimmung bezogen. So ist das Einwilligungserfordernis einerseits Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts, wie es andererseits unmittelbar der Heilbehandlung als zu rechtfertigendem Eingriff in die körperliche Integrität vorausgeht. Das Aufklärungserfordernis, das seine Grundlage ebenfalls im Selbstbestimmungsrecht des Patienten findet, dient unmittelbar hingegen dem Schutz von Selbstbestimmung und erst mittelbar – vermittelt nämlich durch die stets erst noch zu fällende Einwilligungsentscheidung – dem Schutz 3 Wörtlich übersetzt ‚Das Heil und der Wille des Kranken sind oberstes Gesetz‘; in seiner ursprünglichen Fassung ist der hippokratische Eid hingegen allein am Heil des Kranken ausgerichtet, vgl. die Übersetzung von Deichgräber in Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 4 Rz. 13: „Die Verordnungen werde ich treffen zum Nutzen der Kranken“.

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körperlicher Integrität. Beides vereinend ausgedrückt, schützt die Aufklärung also das Selbstbestimmungsrecht bei der Entscheidung über die Einwilligung in Eingriffe zum Schutz von Leben, Körper und Gesundheit. Dieses ambivalente Stufenverhältnis dürfte im Kern die Ursache für eine heute schier endlos erscheinende Diskussion über das durch die ärztliche Heilbehandlung betroffene Schutzgut sein, der freilich eine Reihe bedeutsamer Konsequenzen für die Haftungsansprüche des Patienten und die Strafbarkeit des Arztes nachfolgt. Im Rahmen dieser Untersuchung ist es nun weder das Anliegen, noch überhaupt nur möglich, diese Diskussion in allen ihren Einzelheiten oder auch nur in allen Facetten ihrer wesentlichen Hauptströmungen nachzuzeichnen. Wenn die vorliegende Arbeit nach möglichen Kontrollmaßstäben für den heutigen Formulargebrauch fragt, liegt der entscheidende Akzent denn auch nicht in der Frage nach der richtigen dogmatischen Konstruktion ärztlicher Haftung. Die Methodik der Arbeit geht vielmehr dahin, mit einem Blick auf die tatsächliche Bedeutung des heutigen Formulargebrauchs vor allem in der Rechtsprechung nach geeigneten Kontrollmaßstäben zu fragen. Gerade vor dem Hintergrund der Erwägung formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe wäre es dann allerdings verkürzt, den Blick allein auf den absoluten Rechtsgüterschutz in Delikts- und Strafrecht zu wenden. Ebenfalls in die Betrachtung einbezogen werden soll daher die Einbettung der informierten Einwilligung in das Vertragsrecht, wo sie als Instrument des absoluten Rechtsgüterschutzes zugleich eine Umgestaltung des für Schuldverträge sonst typischen Pflichtenprogramms bewirkt (III.).

I. Einwilligungsdefizite als Rechtfertigungsdefizite: zum Schutz körperlicher Integrität durch Einwilligung Betrachten wir zunächst, in welcher Weise der körperliche Integritätsschutz durch die Notwendigkeit einer Einwilligung des Rechtsgutträgers verwirklicht wird. Die Einwilligung wird dabei als Dispositionsinstrument über Eingriffe in Leben, Körper und Gesundheit begriffen, die nicht durch den Rechtsgutträger selbst, sondern mit seinem Willen durch einen anderen vorgenommen werden. Seiner Substanz nach resultiert das Einwilligungserfordernis damit aus der Absolutheit des Klageschutzes, der diesen Rechtsgütern eingeräumt ist (1.). Indem die Einwilligung zu einer Einschränkung des absoluten Rechtsgüterschutzes führt, muss sie ihrem Inhalt nach dann grundsätzlich als auf diejenigen Maßnahmen begrenzt angesehen werden, die zur Herbeiführung des angestrebten Zwecks erforderlich und ausreichend sind. Im Grunde nur ein Teilaspekt dieses typischen Interesses an einer Risiko-Minimierung ist es dann, dass als konsentiertes Eingriffsniveau die medizinische lex artis gilt, während Gesetz und gute Sitten eher äußerliche Grenzen der Einwilligung bilden (2.). Nicht mehr vom

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Modell eines Integritätsschutzes durch Einwilligung erfasst werden schließlich dann Fallgestaltungen in der Medizin, in denen es gilt, den Rechtsgutträger vor selbstschädigenden Handlungen zu bewahren. In den Bereichen der Sicherheits- und der therapeutischen Aufklärung wird die Aufklärung nun vielmehr unmittelbar auf den Integritätsschutz selbst bezogen (3.).

1. Die Risikoeinwilligung des Rechtsgutträgers als Ausdruck freien Verfahrenkönnens nach Belieben Betrachten wir zunächst den aufgeworfenen Gedanken genauer, dass die Einwilligungserklärung zwar aus dem Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers fließt, aber dem Schutz körperlicher Integrität dient. Dieser Gedanke ist von der Überlegung getragen, dass Einwilligung, Rechtsguteingriff und vorherige Aufklärung nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern in einem funktionalen Zusammenhang, an den die rechtliche Beurteilung nur anknüpfen kann. Mit ihrem Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht einerseits und auf Leben, Körper und Gesundheit andererseits ist die Einwilligungserklärung sowohl ihrer Grundlage wie ihrer Zielsetzung nach im absoluten Rechtsgüterschutz eingebettet, der sich zum einen im negatorischen Abwehrschutz nach § 1004 I i.V.m. § 823 I BGB niederschlägt,4 aber auch im Schadensersatzanspruch nach § 823 I BGB. Die Entscheidungshoheit über Eingriffe in Leben, Körper und Gesundheit liegt also allein beim Träger dieser Rechtsgüter, losgelöst – um den Ursprung des Wortes ‚absolut‘ einmal aufzugreifen – vom Willen aller anderen Rechtssubjekte.5 Einschränkungen dieses Güterschutzes bedürfen folglich nicht etwa einer guten Begründung. Vielmehr ist mit der Gewährung absoluten Klageschutzes der Gedanke verbunden, dass dieser Klageschutz überhaupt keiner Relativierung zugänglich sein soll, mag sie also auch noch so gut begründet sein.6 Vor einer nahezu kaum überwindbaren Argumentationshürde stehen folglich sämtliche Ansätze im straf- und zivilrechtlichen Schrifttum, dem ärztlichen Handeln unter gewissen Voraussetzungen die Tatbestandsqualität abzu4

Die Stellung des Eigentumsfreiheitsanspruchs im Anspruchssystem arbeitet auf der Grundlage einer Unterscheidung von Schuldverhältnis und dinglichem Recht als Wertprinzipien der Anspruchsbegründung Steinbach heraus, Der Eigentumsfreiheitsanspruch nach § 1004 im System der Ansprüche zum Schutz des Eigentums, insbesondere S. 128 ff. 5 Vgl. Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 87. 6 Soweit der BGH daher von einem „Verzicht auf den absoluten Schutz des Körpers vor Verletzung“ spricht, relativiert er damit nicht die auf Tatbestandsebene angesiedelte Absolutheit des Klageschutzes, sondern räumt dem Rechtsgutträger lediglich auf Einwilligungsebene die Möglichkeit ein, über die Verletzung seines Körpers selbst zu bestimmen, vgl. BGH NJW 1989, 1533 (1535).

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sprechen, in Fällen dieser Art den im Tatbestand verankerten Klageschutz des Rechtsgutträgers also ungeachtet seines Willens zu beschränken. Bei Verletzung des Willens ist dem Rechtsgutträger nach diesen Auffassungen vielmehr unter dem Aspekt des verletzten Selbstbestimmungsrechts gesondert – durch neu zu schaffende Straftatbestände – absoluter Klageschutz einzuräumen. Da die Kontroverse somit im Kern auf die rechtliche Einordnung von Aufklärungsfehlern abzielt, soll sie an dieser Stelle zunächst zurückgestellt werden. 7 Vorausgeschickt sei jedoch schon jetzt, dass dieser Ansatz, der äußerlich als saubere Differenzierung erscheint, per saldo dazu führt, Fälle kunstgerechter Behandlung – um das Meinungsspektrum zunächst einmal grob vereinfacht wiederzugeben – bei wirksamer Einwilligung bereits auf Tatbestandsebene aus dem absoluten Güterschutz auszugliedern. Diese Relativierung des absoluten Rechtsgüterschutzes muss unter dogmatischen Gesichtspunkten schwer wiegen. Soweit sie im Strafrecht vor allem deshalb verfolgt wird, um eine überzogen erscheinende Pönalisierung ärztlichen Handelns zurückzudrängen, reicht dies nach der hier vertretenen Auffassung als Rechtfertigung nicht aus, um nicht zuletzt auch schwerwiegende methodische Einwände auszuräumen. Wie später noch im Einzelnen darzulegen sein wird, geht die Untersuchung daher mit der obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass jeder Eingriff in die körperliche Integrität der rechtfertigenden Einwilligung bedarf und damit auch der ärztliche Heileingriff, unabhängig davon, welche Intentionen der Arzt verfolgt, ob er die lex artis beachtet oder ob die Behandlung erfolgreich ist. Diese Notwendigkeit der Einwilligung wird heute als Konsequenz des Selbstbestimmungsrechts begriffen, also der Freiheit des Rechtsgutträgers, über Leben, Körper und Gesundheit nach freiem Belieben verfahren zu können, soweit nicht Gesetz, Rechte Dritter oder die guten Sitten dem entgegenstehen. Diese an die Inhaltsbeschreibung der Eigentümerbefugnisse in § 903 S. 1 BGB angelehnte Formulierung macht zum einen deutlich, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht nur Handlungs- und Entscheidungsfreiheit als solche gewährleistet, sondern dass das Selbstbestimmungsrecht stets schon die Freiheit zur Disposition über Etwas impliziert. So wie der Eigentümer also über eine Sache verfügt, gibt der Patient sein durch Leben, Körper und Gesundheit physisch konstituiertes Selbst preis, wenn er in körperliche Eingriffe einwilligt. Und entsprechend der Parallele zur Einwirkungs- und Ausschließungsbefugnis über das Eigentum liegt eine Dispositionsentscheidung des Rechtsgutträgers dann umgekehrt auch darin, sich gegen eine Einwilligung zu entscheiden, dem Eingriff in Leben, Körper und Gesundheit also gerade nicht den Charakter der Unerlaubtheit zu nehmen. Der Bezug auf Leben, Körper und Gesundheit als die menschliche Personalität schlechthin konstituierende Rechtsgüter ist zugleich dann auch der ent7

Eingehender unten § 3 II 2.

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scheidende Grund dafür, das Selbst-Bestimmungsrecht verfassungsrechtlich nicht allein durch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 II 1 GG verankert zu sehen, sondern zugleich als Ausfluss der in Art. 1 I GG verbürgten Menschenwürde,8 was dann zugleich für die einfachgesetzliche Vorschrift des § 823 I BGB eine grundrechtskonforme ergänzende Auslegung gebietet, wonach das Selbstbestimmungsrecht vom Schutzbereich des § 823 I BGB umfasst ist. Dieser verfassungsrechtliche Bezug macht zugleich freilich auch deutlich, dass das Verfahrenkönnen nach Belieben nicht schrankenlos gewährleistet wird, sondern nur in den Grenzen, die seitens der Verfassung oder des Gesetzes zum Schutz entsprechender Freiheitsrechte anderer Rechtsgutträger zu ziehen sind. Leben, Körper und Gesundheit des Rechtsgutträgers erscheinen in diesem Blickwinkel somit als Dispositionsgegenstand der Einwilligungserklärung, die sich selbst als Dispositionsinstrument zur Verwirklichung von Selbstbestimmung begreifen lässt. Die Perspektive auf die Selbstbestimmung über Etwas durch den Aktstypus der Einwilligungserklärung bliebe aber weiterhin formal, wenn man nicht die mit der jeweiligen Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts verfolgten Zwecke mit einbezöge. Bei der ärztlichen Heilbehandlung liegen sie zweifellos primär in der Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit. Rechtsgüterschutz verfolgt aber auch derjenige, der sich gesund ernährt, Sport treibt oder umsichtig Auto fährt. Umgekehrt nimmt Selbstbestimmung aber auch wahr, wer raucht, riskante Sportarten ausübt oder sich gegen eine indizierte Heilbehandlung entscheidet. So wie Leben, Körper und Gesundheit absoluten Klageschutz gegenüber Eingriffen genießen, wird also auch die Zwecksphäre des Rechtsgutträgers für seine wie auch immer geartete Disposition über diese Rechtsgüter als absolut begriffen, also – vorbehaltlich Gesetz und guter Sitten – als losgelöst von allen Wertvorstellungen anderer. Für die ärztliche Heilbehandlung hat dies die bedeutsame Konsequenz, dass dem Rechtsgutträger insbesondere auch die Freiheit zukommt, sich objektiv unvernünftig zu entscheiden.9 Es steht ihm also frei, in objektiv nicht vorteilhafter Weise über seine physische Integrität zu disponieren, etwa eine selbst vital indizierte Heilbehandlungsmaßnahme abzulehnen10 oder positiv gewendet – auch dies präzise betrachtet aber ein Fall objektiv-individueller Vorteilslosigkeit – an einem Forschungsvorhaben der Grundlagenmedizin teilzunehmen, um allein die 8 Vom BGH bereits im Myom-Urteil vom 28.11.1957, BGHSt, 11, 111 (114), und im Strahlenurteil vom 16.1.1959, BGHZ 29, 176 (181), klar ausgesprochen. 9 So schon früh etwa BGH NJW 1959, 811 (813): „Es können – worauf Eberhard Schmidt a.a.O. S. 37 zutreffend hinweist – sehr triftige Gründe sein, die den Kranken bestimmen, eine Operation zu verweigern und dabei vielleicht eine sehr erhebliche Verkürzung seines Lebens in Kauf zu nehmen (vgl. auch BGHSt 11, 111 (114)). Diesen Willen des Patienten zu achten, gebieten die Freiheit und die Würde der menschlichen Persönlichkeit“. 10 Vgl. BGH NJW 1973, 556 (558); BGH NJW 1984, 1397 (1399); Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (365).

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Wissenschaft zu fördern. Für seinen Entscheidungsprozess genießt der Rechtsgutträger in seiner Motivsphäre demnach die unbeschränkte Freiheit, objektiv relevante Motive persönlich als irrelevant einzustufen und objektiv irrelevante Motive als subjektiv relevant. In der Medizin wird diese Motivsphäre insbesondere beim Abwägungsprozess über Risiken und Nutzen der vorgeschlagenen ärztlichen Maßnahmen bedeutsam, der noch eingehender zu betrachten sein wird.11 Die persönliche Motivsphäre trifft in der Medizin also auf die fachlichen Informationen des Arztes, ohne die der Rechtsgutträger weder Kenntnis von den einzelnen Risiken und Nutzen hat noch von ihrer Gewichtung, insbesondere ihrer jeweiligen Wahrscheinlichkeit. Erst diese Anreicherung der Motivsphäre wird dann, wie sogleich noch zu erörtern sein wird,12 als ausreichende Basis für eine wirksame Entscheidung des Erklärenden begriffen.

2. Zwecksetzung und lex artis als Grenzen der Einwilligung Disponiert der Rechtsgutträger über seinen Rechtsgüterschutz durch Einwilligung, öffnet er einem anderen seinen Rechtsgüterkreis und setzt sich damit nicht unbeträchtlichen Gefahren aus. Im Regelfall wird er daher darauf bedacht sein, diese Gefahr auf das aus seiner Sicht unvermeidbare Maß zu reduzieren. Macht der Erhalt von Leben, Körper und Gesundheit also überhaupt einen ärztlichen Eingriff erforderlich, weil eigenes rechtsguterhaltendes Verhalten nicht mehr hinlänglich wäre, wird es typischerweise im Interesse des Patienten liegen, dass sich der ärztliche Eingriff auf ein Minimum dessen beschränkt, was für den angestrebten Heilerfolg erforderlich ist. Erst recht gilt dies dort, wo die Preisgabe seiner absolut geschützten Rechtsgüter gar nicht in seinem eigenen Interesse erfolgt. Wer sich also als Proband an medizinischer Grundlagenforschung beteiligt, wird hierzu regelmäßig nur unter geringen Gesundheitsgefahren bereit sein, anders als etwa beim – freilich seltenen – wissenschaftlichen Selbstversuch. Die Orientierung an einem Minimum an Gefahren bedeutet dann zugleich, dass als regelmäßiger Inhalt der Einwilligungserklärung auch eine Verpflichtung des Arztes auf ein Handeln gemäß der lex artis anzusehen ist. In den Behandlungsfehler willigt der Rechtsgutträger also nicht ein, so der Tenor der freilich meist nur beiläufigen Stellungnahmen.13 Zwingend freilich ist dies jedenfalls in dieser apodiktischen Formulierung nicht. Vielmehr beinhaltet die Dispositionsfreiheit des Rechtsgutträgers auch das Recht zu einem Verzicht auf den derzeitigen Stand medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis. Relevant 11

Näher unten § 5 III und § 6. § 3 II. 13 RGSt 61, 242 (252); BGH MedR 1998, 218 (219); OLG Köln, VersR 2000, 492; aus dem Schrifttum Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 254; MüKo-Joecks, § 223 StGB Rz. 42; Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 31; Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (537). 12

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wird dies nun allerdings weniger in der medizinisch-wissenschaftlichen Forschung, die zwar auf eine Veränderung der lex artis abzielt, hierzu aber gerade von den bislang gesicherten Erkenntnissen ausgeht, um auf diesem Weg Defizite überhaupt nach wissenschaftlicher Methodik aufdecken zu können. Indem sie sie überprüft und verändert, folgt die Neulandmedizin also zwangsläufig der bisherigen lex artis. Der Verzicht des Patienten auf das etablierte Behandlungsniveau spielt praktisch betrachtet vielmehr dort zunehmend eine Rolle, wo knappe Gesundheitsressourcen dazu führen, dass Patienten eine begehrte medizinische Leistung lieber auf einem geringeren Niveau in Anspruch nehmen, als aus Kostengründen gänzlich auf sie zu verzichten. Wer also veraltete oder gar erwiesenermaßen nachteilbehaftete, weil nicht genügend aussagekräftige Diagnosemethoden oder weniger wirksame Arzneimittel wohlwissend akzeptiert, willigt – explizite Aufklärung über diese Defizite vorausgesetzt – in die hiermit verbundenen Risiken wirksam ein, ohne später eine Verletzung seines absoluten Rechtsgüterschutzes rügen zu können. Nicht mehr an die Auslegung der Einwilligungserklärung knüpfen schließlich Beschränkungen an, die das Gesetz der Disposition über Leben, Körper und Gesundheit auferlegt. Gemeint sind hier also noch nicht Regelungen, die die einzelnen Modalitäten der Einwilligung berühren,14 sondern solche, die der Einwilligungserklärung insgesamt ihre Relevanz nehmen. Beispiele hierfür sind insbesondere die Regelungen über die klinische Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in den §§ 40 ff. AMG bzw. §§ 19 ff. MPG, soweit dort die Teilnahme gewisser Personen je nach Alter und Gesundheitszustand ausgeschlossen ist. Eine letzte Grenze der Dispositionsfreiheit liegt schließlich dann in einem Verstoß der Einwilligung gegen die guten Sitten, wenn der konsentierte Rechtsguteingriff – im strafrechtlichen Sinne also die Tat – gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Für den Bereich der ärztlichen Heilbehandlung sind derartige Fälle freilich schwer vorstellbar. Aber auch in der medizinischen Forschung am Menschen, die zumindest unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten einer vorherigen Beurteilung durch medizinische Ethik-Kommissionen unterliegt, ist die Einwilligung in sittenwidrig erscheinende Forschungsmaßnahmen zumindest praktisch mehr als fernliegend. Von diesen wenig naheliegenden Fällen evidenter Sittenwidrigkeit abgesehen verbleibt freilich ein Bereich, in dem die Frage der Sittenwidrigkeit ein kontroverses Echo in der gesellschaftlichen Diskussion auslöst. Betroffen sind hier insbesondere Einwilligungen in ärztliche Maßnahmen am Ende des Lebens,15 aber 14

Hierzu unten § 5 II 1. Vgl. Bertram, NJW 2004, 988 ff.; Keilbach, FamRZ 2003, 969 ff.; Taupitz, NJW 2000, Beilage zu Heft 25, 6 ff.; ders.; Empfehlen sich zivilrechtliche Regelungen zur Absicherung der Patientenautonomie am Ende des Lebens?, in: Verhandlungen des 63. Deutschen Juristentags, Leipzig 2000, Bd. I Gutachten, A1. 15

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auch in körperliche Eingriffe im Zuge therapeutischer oder diagnostischer biound gentechnischer Forschung.16

3. Zum Schutz körperlicher Integrität durch Aufklärung: therapeutische Aufklärung und Sicherheitsaufklärung Die Bedeutung der Einwilligung als Instrument zum Schutz körperlicher Integrität endet dann freilich dort, wo Gefahren für die körperliche Integrität gar nicht mehr von einer anderen Person drohen, sondern vom Rechtsgutträger selbst. Besonders deutlich wird das in der Medizin im Bereich der therapeutischen Aufklärung und der Sicherheitsaufklärung, also in Fällen, in denen der Arzt verpflichtet ist, den Patienten über Verhaltensmaßgaben zu informieren, um entweder den eingeleiteten Heilungsprozess nicht zu gefährden, z.B. das Unterlassen körperlicher Belastung, oder Schädigungen an seinen sonstigen Rechtsgütern zu verhindern, z.B. das Unterlassen von Autofahrten bei Einnahme von Arzneimitteln, die das Konzentrationsvermögen dämpfen.17 Angesprochen ist also einerseits der Bereich der therapeutischen Aufklärung und andererseits jener der Sicherheitsaufklärung.18 Auch in diesen beiden Bereichen dient die Aufklärung dazu, einen Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers zu beeinflussen. An dessen Abschluss entscheidet dieser aber nicht darüber, in welcher Weise er seinen Rechtsgüterschutz dem Arzt preisgibt, insbesondere in ärztliche Eingriffe einwilligt, sondern allein darüber, ob er selbst diese Verhaltensmaßgaben befolgt oder nicht. Ursächlich für einen etwaigen Schaden wird hier also das Handeln des Rechtsgutträgers selbst. Hat der Arzt seiner Aufklärungspflicht genügt, verbleibt es entsprechend dabei, die Verwirklichung des Risikos dem Patienten zuzuweisen. Muss der Arzt sich hingegen Versäumnisse in der therapeutischen oder Sicherheits-Aufklärung entgegenhalten lassen, wird ihm haftungsbegründend

16 Vgl. Callies/Meisner, JuS 2002, 426; Krauß/Engelhard, GRUR 2003, 985; Haedicke, JuS 2002, 113; Hasskarl/Ostertag, GenTechnik & Recht, S. 267. 17 Vgl. nur etwa BGH NJW 1981, 2002 (2003 f.); Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 605, 683 ff.; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 694; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 276; Müller, DRiZ 2000, 259 (263). Ignoriert der Patient diese Verhaltensmaßgaben, kann er dem Arzt denn auch keinen Behandlungsfehler vorwerfen, etwa wenn er gegen ärztlichen Rat die Klinik verlässt, BGH NJW 1981, 2513 (2514), trotz dringlicher Belehrung das Krankenhaus nicht aufsucht, OLG Braunschweig, VersR 1998, 459 ff. oder Pflegeanweisungen missachtet, KG Berlin, VersR 1991, 928 f. 18 Die hier betonte begriffliche Differenzierung von therapeutischer und Sicherheitsaufklärung je nach Zielrichtung der Aufklärungspflicht – Sicherung des Heilerfolgs oder Vermeidung behandlungsimmanenter Schadensrisiken – ist freilich kaum verbreitet; überwiegend werden die Begriffe vielmehr synonym gebraucht.

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das selbstschädigende Verhalten des Patienten zugerechnet, weil er gewissermaßen als unwissendes Handlungsinstrument des Arztes erscheint. Anders als die Risikoaufklärung werden Sicherheits- und therapeutische Aufklärung also nicht auf den Zwischenschritt einer Einwilligungserklärung, sondern unmittelbar auf die Herbeiführung des Schadens selbst bezogen, wenngleich auch hier das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers betroffen ist.19 Entsprechend wird die Verletzung der Sicherheits- oder therapeutischen Aufklärungspflicht denn auch überwiegend als ein Fall von Körperverletzung begriffen und die Beweislast für etwaige Aufklärungsfehler dem Patienten zugewiesen. 20 Gegenstand der Sicherheitsaufklärung können Verhaltensmaßgaben freilich allerdings nur sein, soweit sich ihre Notwendigkeit erst nach Abschluss der eigentlichen Behandlung ergibt. Birgt die Maßnahme hingegen von vornherein das Risiko, dass entsprechende Verhaltensbeschränkungen erforderlich werden, oder ist dies zwar unwahrscheinlich, haftet diese Möglichkeit dem Eingriff aber spezifisch an und ist bei ihrer Realisierung für den Patienten besonders belastend, muss der Patient schon vor Einleitung der ärztlichen Maßnahmen hierüber informiert werden, also bereits im Rahmen der Risiko-Aufklärung.21

19 Dass die Anknüpfung einer Haftung für Aufklärungsfehler an die Unwirksamkeit einer Einwilligung denn auch nicht selbstverständlich ist, zeigt schon ein Blick auf andere Rechtskreise, wenn dort, wie etwa im anglo-amerikanischen Recht, die Haftung allein aus der in dem Aufklärungsfehler liegenden Pflichtverletzung des Arztes entwickelt wird. Hierzu Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 387 f. Dieser Haftungsansatz ist dem deutschen Recht allerdings nicht gänzlich fremd, wenn man auf die vertragliche Aufklärungshaftung als zweites Gleis neben dem Deliktsrecht blickt. Hierzu unten § 3 II 2 a) aa). 20 Vgl. nur etwa BGH NJW 1987, 2923; NJW 1989, 2320; Müller, DRiZ 2000, 259 (264). 21 Insoweit zweifelhaft die Entscheidung des BGH vom 15.3.2005, NJW 2005, 1716 ff. (Cyclosa), wo die fehlende Aufklärung über Wechselwirkungen sowohl auf Ebene der Risiko- wie zugleich auf Ebene der Sicherheitsaufklärung behandelt wurde. Nach richtiger Auffassung dürfte sich beides vielmehr ausschließen, so dass für die Sicherheitsaufklärungspflicht gerade ihre posttherapeutische Entstehung kennzeichnend ist. Wie hier auch PalandtThomas, § 823 Rz. 46: „posttherapeutische Sicherungsaufklärung nach Beendigung der Behandlung ist nötig, wenn infolge von Therapiekomplikationen eine Gefahrenlage entstanden ist“; vgl. auch Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 63 Rz. 12. Der Umfang der Sicherheitsaufklärungspflicht wird dabei überwiegend als weitergehend denn derjenige der Risikoaufklärungspflicht begriffen. Vgl. MüKo-Wagner, § 823 Rz. 695, mit Blick auf BGH NJW 1994, 3012 (3013): „Der Patient verliert nichts, wenn ihm geraten wird, durch einfache Verhaltensmaßgaben dafür Sorge zu tragen, dass sich statistisch extrem seltene, aber eben im Bereich des Möglichen liegende Risiken nicht realisieren“. Zur Sicherheitsaufklärung näher BGH NJW 1981, 2002 (2003); Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 605, 683 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 276 ff.; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 694 ff.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

II. Wissensdefizite als Gültigkeitsdefizite: zum Schutz von Selbstbestimmung durch Aufklärung Wie bereits mehrfach angeklungen, setzt der Schutz körperlicher Integrität durch Selbstbestimmung nun freilich voraus, dass dem Rechtsgutträger im jeweiligen Einzelfall nicht nur die rechtlich garantierte Freiheit zur Selbstbestimmung zusteht, sondern dass ihm die Ausübung dieser Freiheit auch überhaupt möglich ist. Das Recht bedient sich hierzu seit geraumer Zeit des sogenannten informed consent, also des Gedankens, dass eine Einwilligung des Rechtsgutträgers nur dann wirksam ist, wenn ihr eine hinlängliche Aufklärung vorausging (1.). 22 Wenn die Aufklärung aber, wie oben dargelegt, 23 im Bereich der Risikoaufklärung dem Schutz unmittelbar nur des Selbstbestimmungsrechts und lediglich mittelbar – vermittelt durch die Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers – dem Schutz der körperlichen Integrität dient, stellt sich freilich die Frage, in welcher Weise Aufklärungsdefizite rechtlich zu beurteilen sind. Während die Rechtsprechung insoweit beim Ziel der Aufklärung ansetzt, über eine informierte Einwilligung dem Integritätsschutz zu dienen, tendiert die Literatur überwiegend dazu, durch eine fehlerhafte Aufklärung lediglich das Selbstbestimmungsrecht als betroffen anzusehen. Insoweit nun allerdings beide Richtungen in ihren Ergebnissen de lege lata nicht vollständig überzeugen, muss nach der hier vertretenen Auffassung jedenfalls unter methodischen Gesichtspunkten einer Rechtsprechung der Vorzug gegeben werden, der durch den Gesetzgeber trotz jahrzehntelanger Kontroversen und zahlreicher Reformentwürfe bis heute keine Kehrtwende aufgegeben wurde (2.).

1. Das Modell der informierten Einwilligung als Rechtfertigungsmoment ärztlichen Handelns Dass eine Einwilligungserklärung nur nach gebotener Aufklärung wirksam ist, gilt heute, meist in den anglo-amerikanischen Terminus eines informed consent 24 gewendet, als medizinrechtlicher Allgemeinplatz.25 Sachlich zielt das Modell des 22

Für das anglo-amerikanische Recht selbst, aus dem das Modell eines informed consent stammt, ist der Begriff freilich mittlerweile kaum noch passend, um Fälle von Aufklärungsfehlern zu erfassen; näher hierzu unten § 3 II 2. 23 Vorstehend § 3 I. 24 Im Französischen ist das Modell als consentement éclairé anerkannt, vgl. etwa Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 243. 25 Zur Anerkanntheit des Modells einer nur nach Aufklärung wirksamen Einwilligung vgl. nur, jeweils m.w.N., Palandt-Thomas, § 823 Rz. 44; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 700; Quaas/ Zuck, Medizinrecht, § 13 Rz. 82; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 6 Rz. 1; Laufs, NJW 1989, 1521; 1992, 1529 (1533); Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 243;

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informed consent allein auf die Risikoaufklärung des Patienten ab, also auf seine Information im Vorfeld der Einwilligung in medizinische Maßnahmen, 26 im Gegensatz zur Sicherheits- oder therapeutischen Aufklärung über schadensträchtiges Eigenverhalten des bereits behandelten Patienten.27 Im historischen Rückblick wird das Modell eines informed consent heute vor allem als Reaktion auf die Gräueltaten des Nationalsozialismus verstanden, in seinen Anfängen reicht es freilich darüber hinaus zurück bis etwa in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts (a). Angesichts dieser überwältigenden Akzeptanz ist es umso verwunderlicher, dass das Modell des informed consent in seiner eigentlichen rechtlichen Funktionsweise bis heute weitgehend konzeptionslos geblieben ist. Im Zivilrecht stellt die Notwendigkeit einer Aufklärung als Voraussetzung für die Wirksamkeit von Erklärungen im Grunde einen Fremdkörper dar, nämlich als Abkehr vom dort geltenden Grundsatz, dass Willensmängel lediglich ausnahmsweise zur Unwirksamkeit von Erklärungen führen und dass selbst in Fällen gänzlicher Unkenntnis vom Erklärungsinhalt über das Rechtsinstitut der Risikoerklärung noch eine rechtliche Bindung des Erklärenden eintritt. Sowohl zur Rechtfertigung der Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis selbst wie auch zu der Frage, wie man sich diese Abhängigkeit rechtlich-konstruktiv genauer vorzustellen hat, begnügen sich die meisten Stellungnahmen allein mit einem emphatischen Hinweis auf den hohen Rang der betroffenen Rechtsgüter (b).

a) Historische Entwicklungslinien des informed consent Die Notwendigkeit einer nach Aufklärung erteilten Einwilligungserklärung des Patienten findet im historischen Rückblick auf die Rechtsprechung in Deutschland Anerkennung ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert (aa).28 Über die RechtHeilmann, NJW 1990, 1513 (1514); Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 13; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 324; Höfling/Demel, MedR 1999, 540 (542), die zugleich auch einen gerafften Überblick über alternativ diskutierte Modelle geben. 26 Wegen seiner plastischen Formulierung sowohl des inhaltlichen wie zeitlichen Zusammenhangs mit dem bevorstehenden Eingriff soll der Begriff der Risikoaufklärung bevorzugt werden. Geläufig und von denselben Autoren häufig wechselnd und synonym gebraucht wird aber auch etwa der Begriff der ‚Eingriffsaufklärung‘ – vgl. etwa Palandt-Sprau, § 823 Rz. 152; Müller, NJW 1997, 3049 (3050 f.); Müller, MedR 2003, 487 (488) – oder der ambivalente und daher wenig geeignet erscheinende Begriff einer ‚Selbstbestimmungsaufklärung‘, vgl. etwa Palandt-Sprau, § 823 Rz. 152; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 63; Rz. 1 ff.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 41. Zu einem an diese differenzierende Begriffsbildung anknüpfenden Einwand ‚babylonischer Sprachverwirrung‘ Deutsch, VersR 1981, 293. 27 Hierzu vorstehend § 3 I 3. 28 Im anglo-amerikanischen Rechtskreis trifft man hingegen bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf den Gedanken des informed consent als Grundlage einer Verurteilung wegen trespass to the person, vgl. Ohly, „Volenti non fit iniuiria“, S. 382 f. Zur historischen Entwicklung des informed consent vgl. etwa die Darstellungen bei Deutsch/Spickhoff,

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sprechung hinaus hat das Modell des informed consent heute aber auch Eingang in zahlreiche internationale und nationale Regelwerke gefunden, unabhängig davon, ob sie unverbindlichen, selbstverpflichtenden oder Gesetzescharakter haben (bb). In beiderlei Hinsicht kann im Folgenden nun nicht der Anspruch erhoben werden, eine vollständige Übersicht zu bieten. Einige markante Entwicklungspunkte seien aber doch in Erinnerung gerufen. 29

aa) Die Anerkennung einer informierten Einwilligungserklärung in der deutschen Rechtsprechung seit dem späten 19. Jahrhundert Soweit ersichtlich wurde in Deutschland der Wille des Patienten erstmals in einem Zirkular des Preußischen Innenministeriums vom 28. Januar 1891 berücksichtigt. Hintergrund war die Durchführung therapeutischer Studien in preußischen Gefängnissen, wo an Tuberkulose erkrankte Strafgefangene das von Robert Koch entwickelte Tuberkulin erprobungsweise erhielten. Das Rundschreiben legte verschiedene Sicherungsmaßnahmen, unter anderem eine Indikationseinschränkung, fest und verfügte darüber hinaus, dass der Wirkstoff nicht gegen den Willen des Patienten verabreicht werden dürfe.30 War damit ein Grundstein für die Berücksichtigung von Selbstbestimmung gelegt, so bildete das Verbot eines Zuwiderhandelns gegen den Willen des Patienten freilich zunächst einen schwachen Ausgangspunkt, war die Willensäußerung doch vor allem der Initiative des Patienten überlassen.31 Medizinrecht, Rz. 244 ff.; bereits Schmidt, Gutachten für den 44. Deutschen Juristentag (1962), in: VHDJT 1962, Band I (Gutachten), S. 17 ff.; Vollmann, Aufklärung und Einwilligung in der Psychiatrie, S. 15 ff. (als Verengung der historischen Perspektive scharf kritisiert von Amelung, MedR 2000, 520 f.); Schönke/Schröder/Maiwald, Strafrecht BT I, § 8 Rz. 25; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 61 Rz. 5 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 200 ff.; Tempel, NJW 1980, 609 ff.; Deutsch, VersR 1981, 293. 29 Weitgehend ausgeblendet werden soll insoweit das kaum noch zu übersehende Schrifttum, das die Entwicklung des informed consent seit jeher begleitet hat. Insoweit mag ein Hinweis genügen auf die bedeutenden Werke insbesondere von Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, S. 69 ff.; Geilen, Einwilligung und ärztliche Aufklärungspflicht; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 200 ff.; aber auch auf die großen Kompendien insbesondere von Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, S. 495 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 243 ff; Rieger-Laufs, Lexikon des Arztrechts, Nr. 640 Rz. 1 ff. Für eine Übersicht über das überwältigende, in vielerlei Hinsicht auch rechtsvergleichend angelegte Schrifttum sei nur etwa verwiesen auf Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts; § 61 S. 495 f.; MüKo-Wagner, vor 823 Rz. 694. 30 Näher Vollmann, Aufklärung und Einwilligung in der Psychiatrie, S. 15 ff. 31 Die seitens des Patienten zu suchende Initiative birgt umgekehrt freilich auch das Potential zu einer Maximierung des Rechtsgüterschutzes, wenn z.B. neben der Notwendigkeit einer Aufklärung und Einwilligung der entscheidungsbefugten Person zusätzlich noch vorgegeben wird, dass ein (auch nur natürlich geäußerter) entgegenstehender Wille des nicht einwilligungsfähigen Patienten zu beachten ist. So für Minderjährige § 40 IV Nr. 3 S. 3, 2. HS. AMG und einwilligungsunfähige Volljährige § 41 III Nr. 2 S. 2 i.V.m. § 40 IV Nr. 3 S. 3, 2. HS. AMG.

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Stärker in den Blick rückte der Wille des Rechtsgutträgers dann jedoch bereits kurze Zeit später, als das Reichsgericht in seiner grundlegenden (strafgerichtlichen) Entscheidung vom 31. Mai 1894 entscheidend auf den Willen des Kranken abstellte und betonte, dass zwischen Arzt und Patient „keinerlei rechtliche Beziehung“ bestehe, „solange solcher Wille nicht thätig geworden ist“. Damit war nun der Weg dafür geebnet, die Eingriffsbefugnis des Arztes entscheidend von der Einwilligung des Rechtsgutträgers abhängig zu machen statt von der Heilungstendenz der durch einen Arzt durchgeführten Maßnahme.32 Im Spannungsverhältnis von beruflichem Heilauftrag und Selbstbestimmungsrecht des Patienten hatte das Reichsgericht damit klar Position bezogen, wenn sich dieses Spannungsverhältnis auch bis heute nicht aufgelöst hat, sondern den neuralgischen Punkt innerhalb der Kontroverse um den ärztlichen Heileingriff als Körperverletzung bildet. 33 Erstmals in eine Rechtsvorschrift umgesetzt wurde dieses Erfordernis einer Zustimmung dann in einem Ministerialerlass vom 29. Dezember 1900, der medizinische Forschungsmaßnahmen am Menschen zum Gegenstand hatte und daher nun durch das preußische Kultusministerium erging. Hintergrund waren hier Versuche zur Immunisierung gegen Syphilis, die im Vorfeld des Erlasses bereits zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen die beteiligte Ärzteschaft geführt hatten. Der Erlass bestimmte im Hinblick auf das Einwilligungserfordernis, dass entsprechende Eingriffe ausgeschlossen sind, wenn „nicht die Zustimmung zu dem Eingriffe unzweideutig erklärt wird“.34 Darüber hinaus wurde nun erstmals auch gefordert, dass der Einwilligung „eine sachgemässe Belehrung über die aus dem Eingriffe möglicherweise hervorgehenden nachtheiligen Folgen“ vorauszugehen habe.35 War damit das Aufklärungserfordernis erstmals rechtlich anerkannt, beschränkte sich sein Anwendungsbereich freilich auf die in diesem Ministerialerlass erwähnten Maßnahmen, also „medizinische Eingriffe zu anderen als diagnostischen, Heil- und Immunisierungszwecken“.36 Der Anfang der Aufklärungspflicht liegt, so betrachtet, in der medizinischen Forschung, und 32 RGSt 25, 375 (378 ff.). Für das Zivilrecht in der Folgezeit auch abgeleitet aus der allgemeinen Rechtspflicht, niemanden körperlich zu verletzen, vgl. ein Urteil des Reichsgerichts vom 13.10.1916, RGZ 88, 433 (436): „Soweit die Einwilligung des Kranken reicht, aber auch nur soweit, ist kraft dieser der Eingriff und die Behandlung vertragsmäßig und darum überhaupt nicht rechtswidrig; ohne solche Einwilligung ist die vom Arzte vorgenommene Verletzung des Körpers des Kranken eine rechtswidrige Körperverletzung im Sinne des § 823, und dies umso mehr, wenn sie zugleich gegen die Vertragspflichten des Arztes diesem Kranken gegenüber verstößt“. Für die ärztliche Heilbehandlung wurde dies allerdings nur obiter dicta ausgesprochen, da der Fall die Verkehrssicherungspflicht eines Kegelbahnbetreibers und das Zusammentreffen einer Haftung aus Vertrag und aus unerlaubter Handlung betraf. 33 Näher unten § 3 II 2. 34 Abgedruckt bei Buchberger/Metzner, DZKF 2005, 60. 35 Vgl. Buchberger/Metzner, DZKF 2005, 60. 36 Vgl. Buchberger/Metzner, DZKF 2005, 60.

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noch heute lässt sich die exponierte Bedeutung für diesen Sachbereich feststellen, wenn insbesondere die nichttherapeutische, also die reine Probandenforschung, eine gesteigerte Aufklärungspflicht des Prüfarztes zur Folge hat.37 Für die ärztliche Heilbehandlung tat man sich mit der Statuierung von Aufklärungspflichten hingegen deutlich schwerer, und auch hier tritt eine die Zeiten überdauernde Konstante zutage, nämlich die ambivalente Wirkung der Aufklärung, den Rechtsgutträger einerseits aufzuklären, andererseits aber auch zu verschrecken, bis hin zur Ablehnung einer vital indizierten Therapie. So entschied das Reichsgericht noch am 1. März 1912, dass sich die Annahme einer Aufklärungsverpflichtung „weder aus der Übung der pflichtgetreuen und sorgfältigen Vertreter des ärztlichen Berufes, noch aus inneren Gründen herleiten“ ließe.38 Der Sache nach verwendete das Reichsgericht bei seiner Absage freilich ein Argument, das an sich nur gegen eine Übermaß- oder Totalaufklärung des Patienten sprach: „Eine umfassende Belehrung des Kranken über alle möglichen nachteiligen Folgen der Operation würde nicht selten sogar falsch sein, sei es daß der Kranke dadurch abgeschreckt wird, sich der Operation zu unterwerfen, obwohl sie trotz der damit verbundenen Gefahren geboten oder doch zweckmäßig ist, sei es daß der Kranke durch die Vorstellung der mit der Operation verbundenen Gefahren in Angst und Erregung versetzt und so der günstige Verlauf der Operation und der Heilung gefährdet wird“.39

Erst in seinen weiteren Ausführungen macht das Reichsgericht deutlich, dass es eine Aufklärungspflicht im konkreten Fall auch angesichts des sachverständig als fernliegend qualifizierten Risikos ablehnt.40 In der Folgezeit ging dann wiederum von der medizinischen Forschung der Impuls aus, die Aufklärung des Patienten auch für die ärztliche Heilbehandlung vorzuschreiben. So griff ein Rundschreiben des Reichministers des Inneren vom 28. Februar 1931 über „Richtlinien fuer neuartige Heilbehandlung und fuer die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen“ zwar die Regelungen des Ministerialerlasses vom 29. Dezember 1900 lediglich auf, wenn es in seinem Absatz 12 Satz 1 i.V.m. Absatz 5 Satz 1 eine Einverständniserklärung nach vorheriger Belehrung fordert. Neu war nun allerdings die Erstreckung dieser Regelung auf die ärztliche Heilbehandlung, auch wenn sich das Rundschreiben vom 28. Februar 1931 auf Fälle neuartiger Heilbehandlung beschränkte, also jene Forschung, die man heute als klinische Therapiestudien bezeichnen würde: „Eine neuartige Heilbehandlung darf nur vorgenommen werden, nachdem die betreffende Person oder ihr gesetzlicher Vertreter auf Grund 37 Vgl. jüngst nur etwa BGH NJW 2007, 2774 ff. (Racz-Katheter), und hierzu Spickhoff, MedR 2008, 89 f.; BGH VersR 2007, 995 ff. (Heilversuch mit nicht zugelassenem Anti-Epileptikum); näher unten § 6 I 2. 38 RGZ 78, 432 (434). 39 RGZ 78, 432 (434). 40 RGZ 78, 432 (434).

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der vorangegangenen zweckentsprechenden Belehrung sich in unzweideutiger Weise mit der Vornahme einverstanden erklaert hat“.41 Als eigentlicher Durchbruch des Aufklärungserfordernisses kann daher erst eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 19. Mai 1931 gewertet werden, auch wenn die Verletzung der Aufklärungspflicht dort noch in die Nähe der Irrtumserregung gerückt wird. Da der Arzt der Einwilligung des Patienten bedürfe, so die Überlegung des Gerichts, dürfe er dessen Entschließung nicht durch Erklärungen irreleiten, welche geeignet seien, bei dem Patienten einen für seine Entschließung wesentlichen Irrtum hervorzurufen. „Anderenfalls haftet er wegen Verletzung seiner allgemeinen Beratungspflicht, sofern nicht örtliche Rücksichten sein Verhalten rechtfertigen“.42 Dass dieser letzte Halbsatz weiterhin die Zurückhaltung des Gerichts gegenüber Aufklärungspflichten des Arztes zum Ausdruck bringt, wird dann vor allem in der folgenden Rechtsprechung deutlich, wenn es dem Arzt für die Wahrnehmung seiner Aufklärungspflicht einen Ermessensspielraum beimisst.43 Auch die strafgerichtliche Rechtsprechung des Reichsgerichts übernimmt nun dieses grundsätzliche Aufklärungserfordernis,44 ihrerseits jedoch unter Konzession gewisser Freiheiten des Arztes bei Durchführung der Aufklärung selbst, da nicht jede Verletzung des ärztlichen Takts, ausnahmsweise aber auch therapeutische Rücksichtnahme einen ärztlichen Kunstfehler beinhalte.45 Um die Möglichkeit zu haben, eigene Entschließungen zu treffen, dürfe der Arzt die Aufklärung aber nicht schon aus Bequemlichkeit oder sonstigen unsachlichen Erwägungen unterlassen, vielmehr müsse er über triftige Gründe verfügen, die in den besonderen Umständen des Falles lägen.46 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, während dessen das Reichsgericht in einzelnen Entscheidungen am grundsätzlichen Erfordernis einer informierten Einwilligung festhielt,47 wurde das Modell des informed consent dann in § 1 41 Abs. 5 Satz 1 des Ministerialrundschreibens vom 28.2.1931, abgedruckt bei Hirnliga e.V., Am Beispiel Demenz und Schlaganfall: Forschung mit einwilligungsunfähigen Patienten, S. 34. Wiederum hatte dieses Rundschreiben einen tatsächlichen Hintergrund, in diesem Fall den Lübecker BCG-Impfskandal, bei dem insgesamt 68 Menschen – vor allem Kinder – starben; vgl. Vollmann, Aufklärung und Einwilligung in der Psychiatrie, S. 15 ff. 42 RG JW 1932, 3328 (3329), mit kritischer Anmerkung von Straßmann, JW 1932, 3328 (3329), der angesichts des lebensrettenden Eingriffs kaum Verständnis für die Entscheidung aufzubringen vermag. 43 RG JW 1937, 3087. 44 Urteil des II. Strafsenats vom 29.2.1932, RGSt 66, 181 ff. 45 RGSt 66, 181 (183). Kritisch zum Begriff des Kunstfehlers angesichts der Relativität medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis Farthmann, in: Jung/Schreiber, Arzt und Patient zwischen Therapie und Recht, S. 129 (131). 46 So nur wenig später ein Urteil des I. Strafsenats vom 19.3.1937, JW 1937, 3087 (3088). 47 Vgl. die Urteile des Reichsgerichts vom 19.6.1936, RGZ 151, 349 (352 ff.), vom 8.3.1940, RGZ 163, 129 (137 ff.), und vom 3.12.1941, RGZ 168, 206 (210 f.), in denen sich das Gericht mit Blick auf das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14.7.1933 gegen die Ver-

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des sogenannten Nuremberg Code als voluntary consent verankert, einer Zusammenfassung von Regeln für die medizinische Forschung am Menschen, die von an den Nürnberger Prozessen beteiligten amerikanischen Richtern formuliert wurden: 1. The voluntary consent of the human subject is absolutely essential. This means that the person involved should have legal capacity to give consent; should be so situated as to be able to exercise free power of choice, without the intervention of any element of force, fraud, deceit, duress, over-reaching, or other ulterior form of constraint or coercion; and should have sufficient knowledge and comprehension of the elements of the subject matter involved, as to enable him to make an understanding and enlightened decision. This latter element requires that, before the acceptance of an affirmative decision by the experimental subject, there should be made known to him the nature, duration, and purpose of the experiment; the method and means by which it is to be conducted; all inconveniences and hazards reasonably to be expected; and the effects upon his health or person, which may possibly come from his participation in the experiment. The duty and responsibility for ascertaining the quality of the consent rests upon each individual who initiates, directs or engages in the experiment. It is a personal duty and responsibility which may not be delegated to another with impunity.48

War damit einmal mehr eine Regelung lediglich für den Bereich der medizinischen Forschung getroffen, wurde sie in den Folgejahren zunächst durch die Instanzgerichte,49 schließlich aber auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung auf die ärztliche Heilbehandlung übertragen.50 Als grundlegend kann dabei bis heute das sogenannte 1. Elektroschock-Urteil des BGH vom 10. Juli 1954 gelten,51 in dem dessen VI. Zivilsenat über die Klage eines Patienten zu befinden hatte, der infolge der bei ihm zur Behandlung von Depressionszuständen durchgeführten Elektroschockbehandlung eine Fraktur des 12. Brustwirbelkörpers erlitt, die zwar selbst ausheilte, aber zu einer dauerhaften Lähmung des rechten Beines sowie zu Darmstörungen und Herzbeschwerden führte. Bereits zuvor hatte sich der III. Zivilsenat des BGH durch ein Urteil vom 25. September 1952 auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts berufen, wonach das für einen Eingriff erforderliche Einverständnis unbeachtlich sei, wenn es durch Willensmängel beeinflusst ist.52 Diese Grundsätze übertrug der VI. Zivilsenat, dem bis heute die Rechtstreitigkeiten über allgemeinerung eines ärztlichen Rechts zur Zwangsbehandlung verwahrte und am Erfordernis einer Einwilligungserklärung des Patienten festhielt. 48 Abgedruckt bei Shuster, The New England Journal of Medicine 1997, 1436. 49 OLG Frankfurt, VersR 1954, 180 (Elektroschock-Therapie); OLG Stuttgart, VersR 1954, 310. 50 Erstmals in einem amerikanischen Urteil verwendet wird der Begriff des informed consent nach Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 383 f., dann allerdings erst 1957 in Salgo v. Leland Stanford Jr. University Board of Trustees, 317 P. 2d 170 (181), 154 Cal. App. 2d 560 (1957). 51 Urteil vom 10.7.1954, BGH NJW 1956, 1106 ff. 52 BGH NJW 1953, 700 (701) = BGHZ 7, 198 (206), unter Bezugnahme auf RGZ 168, 206 (210).

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„Schadensersatzansprüche aus medizinischer Behandlung von Mensch und Tier, auch wenn sie auf Vertrag gestützt sind“ zugewiesen sind,53 in seinem 1. Elektroschockurteil dann explizit auf die ärztliche Heilbehandlung: „Die Verpflichtung, die Entschließungsfreiheit über einen Eingriff in die körperliche Integrität zu achten, kann nicht darum verneint werden, weil das Verhältnis des Arztes zu dem Kranken die Anlegung eines besonderen Maßstabes erfordert. Die ethische Aufgabe des Arztes verlangt, auf den Patienten einzugehen und ihn weitgehendst über unerwünschte Nebenerscheinungen der anzuwendenden Therapie aufzuklären“.

Diese Aufklärungspflicht über die möglichen schädlichen Folgen der Therapie gehöre „gerade mit zum ärztlichen Beruf, der die Persönlichkeit und körperliche Integrität nicht außer acht lassen darf“. „Die Behandlung ohne die hiernach erforderliche Einwilligung, die eine angemessene Aufklärung voraussetzte, ist daher widerrechtlich“.54 Ausführlich gewidmet hat sich der BGH der Notwendigkeit, dem Umfang und den Grenzen der Aufklärungspflicht dann wenige Jahre später in seinem 2. Elektroschock-Urteil vom 9. Dezember 1958, das eine Elektroschock-Therapie zum Zwecke der Alkoholentziehung betraf, die ihrerseits mit einer Knochenfraktur, nunmehr des linken Oberschenkelhalses, einherging und ebenfalls dauerhafte Schäden zur Folge hatte.55 In eingehender Auseinandersetzung mit der zu seinem 1. Elektroschock-Urteil vor allem aus der Ärzteschaft vorgetragenen Kritik hielt der BGH daran fest, dass „die Frage der ärztlichen Aufklärungspflicht als Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung des Patienten in die vorgesehene Behandlung in den Grundzügen nach wie vor nach den in Rechtsprechung und Rechtslehre vorherrschenden Grundsätzen zu beurteilen“ sei.56 „Nur wenn der Patient Klarheit über seine Lage hat, also in großen Zügen weiß, worin er mit seiner Zustimmung zu dem ärztlichen Eingriff einwilligt, kann die Einwilligung ihren Sinn und Zweck erfüllen, die dahin gehen, dem Eingriff in den Körper des Patienten den Charakter des Rechtswidrigen zu nehmen und einen Teil der Verantwortung des Arztes auf den Patienten zu übertragen“.57

Mit dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts huldige der Richter keineswegs nur einem formalen Prinzip, vielmehr schütze er ein im Grundgesetz veranker53

Vgl. nur für das Jahr 2008 Ziffer 1. des Geschäftsverteilungsplans für den VI. Zivilsenat, zugänglich unter http://www.bundesgerichtshof.de/docs/bgh_gv_2008.pdf. 54 BGH NJW 1956, 1106 (1107). 55 BGHZ 29, 46 ff. = BGH NJW 1959, 811 ff. In einer Entscheidung vom gleichen Tag über die Einwilligung des Minderjährigen in eine Operation wird das Modell eines informed consent freilich ebenfalls zugrunde gelegt, wenn es um die Frage geht, ob der Minderjährige die Erheblichkeit und möglichen Folgen einer Operation ermessen kann, vgl. BGHZ 29, 34 (36 f.). 56 BGHZ 29, 46 (58). 57 BGHZ 29, 46 (54).

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tes Recht, das ebenso wie das Rechtsgut der Gesundheit Geltung und Beachtung verdiene.58 Wurde das Modell einer informierten Einwilligungserklärung in den Folgeentscheidungen des BGH dann immer weiter verfeinert,59 fand es bereits vor dem 2. Elektroschock-Urteil des BGH vom 9. Dezember 1958 seinen Niederschlag auch in der strafgerichtlichen Rechtsprechung. Als grundlegend kann hier bis heute das sogenannte Myom-Urteil vom 28. November 1957 gelten. 60 Der Nebenklägerin war während einer Operation, die mit ihrer Einwilligung zur Entfernung einer Gebärmuttergeschwulst durchgeführt wurde, der gesamte Uterus entfernt worden, als sich herausstellte, dass das Myom nicht auf der Oberfläche der Gebärmutter saß, sondern mit ihr fest verwachsen war. Auf diese Möglichkeit einer kompletten Uterus-Resektion war die Patienten zuvor nicht hingewiesen worden. Der IV. Strafsenat des BGH schloss sich nun der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats an und bestätigte damit die Maßgeblichkeit der vom Reichsgericht herausgebildeten und vom BGH in der Zivilrechtsprechung bereits fortentwickelten Rechtsprechung zur Notwendigkeit einer informierten Einwilligung auch für das Strafrecht. So rechtfertigte nach Auffassung des BGH das Einverständnis der Nebenklägerin mit der Entfernung des Myoms „nicht ohne weiteres den Schluß des Angeklagten, die Patientin werden schon mit der Entfernung ihrer Gebärmutter einverstanden sein, wenn allein dadurch auch die Geschwulst beseitig werden konnte. Denn es ist möglich, daß ein Kranker eine selbst gefährliche Geschwulst an einem Organ seines Körpers eher weiterbestehen zu lassen bereit ist, als für die Beseitigung der Geschwulst den Verlust des ganzen Organs in Kauf zu nehmen. Mag diese Entscheidung für ihn selbst lebensbedrohlich und deshalb jedenfalls dann unverständlich sein, wenn er auch ohne das Organ weiterleben könnte, so muß sie doch von jedem, auch einem Arzt in Betracht gezogen und beachtet werden. Das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf körperliche Unversehrtheit fordert auch bei einem Menschen Berücksichtigung, der es ablehnt, seine körperliche Unversehrtheit selbst dann preiszugeben, wenn er dadurch von einem lebensgefährlichen Leiden befreit wird. Niemand darf sich zum Richter in der Frage aufwerfen, unter welchen Umständen ein anderer vernünftigerweise bereit sein sollte, seine körperliche Unversehrtheit zu opfern, um dadurch wieder gesund zu werden. Diese Richtlinie ist auch für den Arzt verbindlich. Zwar ist es sein vornehmstes Recht und seine wesentlichste Pflicht, den kranken Menschen nach Möglichkeit von seinem Leiden zu heilen. Dieses Recht und diese Pflicht finden aber in dem grundsätzlichen freien Selbstbestimmungsrecht des Menschen über seinen Körper ihre Grenze. Es wäre ein rechtswidriger Eingriff in die Freiheit und Würde der mensch58

BGHZ 49, 29 (54 f.). So dann weiter insbesondere auch im sogenannten Strahlenurteil vom 16.1.1959, BGHZ 29, 176 ff., und seither in der gesamten heute kaum noch zu überblickenden Arzthaftpflichtrechtsprechung des VI. Zivilsenats. 60 BGHSt 11, 111 ff. Bereits in einer Entscheidung vom 22.1.1953 hatte der BGH allerdings obiter dicta die Notwendigkeit einer Einwilligung zur Rechtfertigung des ärztlichen Eingriffs angesprochen, vgl. BGHSt 4, 88 ff. 59

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lichen Persönlichkeit, wenn ein Arzt – und sei es auch aus medizinisch berechtigten Gründen – eigenmächtig und selbstherrlich eine folgenschwere Operation bei einem Kranken, dessen Meinung rechtzeitig eingeholt werden kann, ohne dessen vorherige Billigung vornähme. Denn ein selbst lebensgefährlich Kranker kann triftige und sowohl menschlich wie sittlich achtenswerte Gründe haben, eine Operation abzulehnen, auch wenn er durch sie und nur durch sie von seinem Leiden befreit werden könnte“.61

Auch in der strafgerichtlichen Rechtsprechung waren die so aufgestellten Grundsätze einer informierten Einwilligung fortan Gegenstand zahlreicher Fortentwicklungen,62 wie der BGH dann zunehmend bemüht war, seine Anforderungen hinsichtlich der Aufklärungspflicht zwischen Zivil- und Strafrecht weitgehend zu harmonisieren, auch wenn dies bis heute nicht als vollständig gelungen gelten kann, stehen die unterschiedlichen Wertungsgesichtspunkte beider Rechtsgebiete nach der hier vertretenen Auffassung doch dauerhaft einer jedenfalls vollständigen Harmonisierung entgegen.63 Als verfassungsgerichtliche Anerkennung der Notwendigkeit einer informierten Einwilligung kann schließlich dann der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 1979 gelten.64 Zwar handelte es sich hierbei um eine der seltenen 4:4-Entscheidungen, so dass die Beurteilung der Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozess – als eigentlicher Gegenstand des Verfahrens – auf Messers Schneide stand. Als völlig selbstverständlich zugrunde gelegt wurde dabei aber, von Richtern und Verfahrensbeteiligten gleichermaßen, die Notwendigkeit einer Aufklärung des Patienten vor dem ärztlichen Eingriff. Nicht die Voraussetzung eines informed consent des Patienten als solcher war hier also Gegenstand verfassungsrechtlicher Zweifel, sondern die bis dahin in der Rechtsprechung entwickelten Beweisgrundsätze, nach denen sich im Zivilprozess die Feststellung einer nach hinlänglicher Aufklärung wirksam erteilten Einwilligung richtet.

bb) Die internationale Zugrundelegung des informed consent für die medizinische Heilbehandlung und Forschung Der ärztliche Berufsstand hat über Jahrhunderte hinweg die Information des Kranken über seine Krankheit und die Risiken seiner Behandlung in erster Linie unter dem Aspekt der Gesundheitsgefährdung beleuchtet. Entsprechend kann aber auch das Selbstbestimmungsrecht selbst, mit dem in ihm schon begrifflich zum Ausdruck kommenden Gedanken der Autonomie, wörtlich also der Selbstgesetzgebung, erst als historisch späte Errungenschaft insbesondere der Strömungen der Aufklärung gelten, die denn auch zunächst nur Eingang 61

BGHSt 11, 111 (113 f.). Vgl. etwa BGHSt 12, 379 ff; BGHSt 16, 309 ff.; sowie insgesamt die Übersicht über die Entwicklung der strafrechtlichen Judikatur bei Wasserburg, NStZ 2003, 353 ff. 63 Näher hierzu nachfolgend unter § 3 II 2. 64 BVerfGE 52, 131 ff. 62

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in die staatstheoretischen Konzeptionen der Neuzeit fand, insbesondere in die Konzeptionen von Locke, Hobbes und Rousseau.65 Die Abstrahierung dieses Gedankens in der Sitten- und Tugendlehre Kants, die wohl am pointiertesten in seinem Gebrauch der Wendung volenti non fit iniuria zum Ausdruck kommt,66 findet hingegen erst in der gesellschaftspolitischen Umbruchzeit des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ihren Niederschlag auch im ärztlichen Berufsethos. Dass die nunmehr als rechtliche Anforderungen umgesetzten Verhaltensvorgaben für den Arzt allerdings bis heute in einem Spannungsverhältnis zum Heilauftrag des Arztes stehen, ist allerdings offensichtlich. Die gesamte Kontroverse um die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Heileingriffs speist sich im Grunde aus diesem Spannungsverhältnis, in dem die rechtliche Umsetzung ethischer Verhaltensgebote offenbar weiterhin als defizitär begriffen wird.67 In umgekehrter Wendung liegt es dann aber auch der vorliegenden Untersuchung zugrunde, wenn sie nach Kontrollmaßstäben für eine bestimmte, überreguliert erscheinende Art und Weise des Aufklärungsund Einwilligungsprozesses fragt.68 Was zunächst internationale Regelwerke betrifft, so liegt das Modell des informed consent vor allem der von der 34. Generalversammlung des Weltärztebundes im Jahre 1981 verabschiedeten Deklaration von Lissabon zu den Rechten des Patienten zugrunde, wenn es dort zunächst unter Nr. 3a heißt: „Der Patient hat ein Recht auf Selbstbestimmung, d.h. auf freie Entscheidung in Bezug auf seine Person. Der Arzt soll den Patienten über die Folgen seiner Entscheidungen informieren“

und sodann unter Nr. 3b:

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Am deutlichsten Rousseau, Du contrat social, 4. Buch, 2. Kapitel (S. 149), wenn er selbst die Sanktion des Gesetzesverstoßes auf den Willen des Übertreters zurückführt: „Le citoyen consent à toutes les lois, même à celles qu’on passe malgré lui, et même à celles qui punissent quand il ose en violer quelqu’une. La volonté constante de tous les membres de l’Etat est la volonté générale“ (Der Bürger stimmt allen Gesetzen zu, selbst jenen, die man gegen seinen Willen verabschiedet, und selbst jenen, die strafen, wenn er wagt, eines von ihnen zu verletzen). Zur Deutung der Denker der Aufklärung als Verfahrenstheoretiker durch moderne Theoretiker des Gesetzesbegriffs vgl. Schapp, in: FS-Pawlowski, S. 159 ff. Zur Ergänzung des damit geschaffenen individualistischen Verständnisses von Gesellschaft und Staat in Aufklärung und Moderne durch wesentliche Bestände eines antik-mittelalterlichen Staatsverständnisses in der frühneuzeitlichen Gemeinschaftsphilosophie von Althusius vgl. Schapp, Rechtstheorie 2006, 29 ff. 66 Kant, Die Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, § 46. Auf die tiefen geistesgeschichtlichen Grundlagen dieses Gedankens weist mit Blick auf das Rechtsinstitut der Einwilligung speziell im Strafrecht Roxin hin, Strafrecht AT/I, § 13 Rz. 1. 67 Zur Konkretisierung ethischer Verhaltensgebote in der Medizin, exemplarisch entwickelt an der Beratung von Forschungsvorhaben durch medizinische Ethik-Kommissionen, vgl. Gödicke, Gießener Universitätsblätter 2006, 87 ff. 68 Vgl. bereits oben, Einführung.

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„Ein geistig zurechnungsfähiger erwachsener Patient hat das Recht, in jedes diagnostische Verfahren oder jede Therapie einzuwilligen oder diese abzulehnen. Der Patient hat ein Recht, die für seine Entscheidungen notwendigen Informationen zu erhalten. Für den Patienten sollte klar verständlich sein, worin der Zweck einer Diagnose oder einer Behandlung besteht, welche Bedeutung die Ergebnisse haben und was die Konsequenzen einer ablehnenden Entscheidung sein würden“.69

Bereits zuvor für den speziellen Bereich der medizinischen Forschung am Menschen war der informed consent dann von der 18. Generalversammlung des Weltärztebundes im Jahre 1964 zum Inhalt der Deklaration von Helsinki über Ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen gemacht worden: „Bei jeder Forschung am Menschen muss jede Versuchsperson ausreichend über die Ziele, Methoden, Geldquellen, eventuelle Interessenkonflikte, institutionelle Verbindungen des Forschers, erwarteten Nutzen und Risiken des Versuchs sowie über möglicherweise damit verbundene Störungen des Wohlbefindens unterrichtet werden. Die Versuchsperson ist darauf hinzuweisen, dass sie das Recht hat, die Teilnahme am Versuch zu verweigern oder eine einmal gegebene Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass ihr irgendwelche Nachteile entstehen. Nachdem er sich vergewissert hat, dass die Versuchsperson diese Informationen verstanden hat, hat der Arzt die freiwillige Einwilligung nach Aufklärung (‚informed consent‘) der Versuchsperson einzuholen; die Erklärung sollte vorzugsweise schriftlich abgegeben werden. Falls die Einwilligung nicht in schriftlicher Form eingeholt werden kann, muss die nichtschriftliche Einwilligung formell dokumentiert und bezeugt 70 werden.“

Aber auch zahlreiche weitere Leitlinien greifen das Modell des informed consent auf, so insbesondere die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,71 überdies hat der informed consent dann auch Eingang in eine Vielzahl nationaler Rechtsvorschriften gefunden, sowohl in Bundesgesetzen72 wie in landesrechtlichen Vorschriften73 oder einschlägigen Satzungen.74 69 Weltärztebund, Handbuch der Deklarationen, Erklärungen und Entschließungen – Deutsche Fassung, 17 H (S. 140). 70 Weltärztebund, Handbuch der Deklarationen, Erklärungen und Entschließungen – Deutsche Fassung, 17 C (S. 122), Nr. 22. 71 Vgl. Art. 3 I, II, erster Spiegelstrich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Rechtsakt 2000/C 364/01). Zur Geltung der EU-Grundrechtecharta im Europäischen Recht vgl. Schroeder, bei Purnhagen, DVBl 2005, 26 (28), in Bezug auf die Entscheidung EuG, Rs T-54/99, Slg. 2002, II-313 (max.mobil Telekommunikation Service GmbH ./. Kommission); Grote/Marauhn-Kraus, Konkordanzkommentar, Grundrechtsschutz in der Europäischen Union, Rz. 18; Arndt, Europarecht, S. 118; Craig/De Burca, EU Law, S. 358 ff; offen gelassen bei Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, Rz. 144. 72 Vgl. nur etwa §§ 40 II 1 AMG, 20 I Nr. 2 MPG, § 87 I 3 StrlSchVO, 8 II 1 TPG, § 6 I 1 TFG. Nur vereinzelt wurde die negative Formulierung eines Unwirksamkeitsgrundes gewählt, so insbesondere in § 3 I KastrG. 73 Vgl. die § 8 der Musterberufordnungen der Ärzte, für Hessen etwa § 8 der Hessischen Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte. 74 Der Deklaration von Helsinki haben sich freilich viele Institutionen, insbesondere

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b) Die Begründung einer Abhängigkeit der Einwilligung von vorheriger Aufklärung in der Medizin Genießt das Modell der informierten Einwilligungserklärung heute mithin breite internationale Anerkennung, führt eine nähere Betrachtung des in ihm verorteten Wirksamkeitsmechanismus nun allerdings gleichsam zu einem Paradoxon. Normalerweise muss der Teilnehmer am Rechtsverkehr nicht wissen, auf welche rechtlichen Folgen er sich im Einzelnen einlässt, damit seine Erklärung wirksam ist, häufig wird der nähere Inhalt insbesondere eines Vertrages denn schon gar nicht thematisiert, auch wenn er nicht auf der Hand liegt. Die Freiheit, sich wirksam rechtlich zu binden, hat also auch derjenige, der sich mit dem näheren Inhalt dieser Bindung überhaupt nicht auseinandersetzt. Besonders deutlich wird dies in Fällen von Blanketterklärungen, in denen der Inhalt eines Vertragstextes vor seiner Unterzeichnung nicht gelesen, aber gleichwohl auf den Willen des Unterzeichnenden bezogen wird. Ungeachtet der Risiken im Einzelnen wird der Unterzeichnende also allein schon deshalb an die Erklärung gebunden, weil er sie willentlich abgibt – nicht weil er sie kennt. Und da ihm das Faktum der Unkenntnis vor Augen steht, kann er seine Erklärung später auch nicht, etwa unter Berufung auf einen Inhaltsirrtum nach § 119 I 1. Alt. BGB, anfechten.75 Umgekehrt liegen die Dinge hingegen bei der informierten Einwilligungserklärung. Sie ist nur dann wirksam, wenn der Erklärende sich entsprechend den jeweils geltenden Aufklärungsanforderungen eine Vorstellung von der Tragweite seiner Entscheidung gemacht hat. Die Risikoeinwilligung, die der Patient abgibt, ist also gerade nicht Risikoerklärung im Sinne der Rechtsgeschäftslehre, sondern wirksam nur bei hinlänglichem Bewusstsein ihres Inhalts. Und selbst wenn der Patient auf Aufklärung verzichtet, bedarf es nach heute herrschender Auffassung einer Aufklärung zumindest noch über die Risiken eines solchen Verzichts.76 Um die Freiheit des Rechtsgutträgers zur Selbstbestimmung zu gewährleisten, wird ihm zuvor also ein Stück Freiheit genommen, nämlich die Freiheit von jeglicher Aufklärung.77 Ob Freiheitsausübung diesen Preis zwingend fordert, mag hier dahingestellt bleiben. Fälle, in denen der Patient den Ausführungen des Arztes Einhalt gebietet und ihn bittet, lediglich zu sagen, Ethik-Kommissionen in ihren Satzungen verpflichtet, vgl. den Text der Mustersatzung, herausgegeben vom Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland, unter http://www.ak-med-ethik-komm.de/pdf/mustersatzung.pdf. Zur internationalen Dimension des Medizinrechts vgl. auch jüngst Deutsch, MedR 2008, 993 ff. 75 Vgl. nur etwa BGH NJW 1968, 2102 (2103); Palandt-Heinrichs, § 119 Rz 9.; mit Blick auf die Beweiskraft von Privaturkunden Zöller-Geimer, § 416 ZPO Rz. 11, m.w.N. 76 Vgl. Deutsch, VersR 1998, 1057. 77 Auch das Minderheitenvotum der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger in BVerfGE 52, 131 (179 f.) setzt gedanklich schon beim Verzicht auf Aufklärung an, wenn es zwar sieht, dass „die Aufklärung des Patienten, der auf sie nicht verzichtet, gegebenenfalls eine erhebliche seelische Belastung aufbürdet“. Dies aber sei „die Kehrseite freier Selbstbestimmung“.

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wie er sich selbst an seiner Stelle verhalten würde, stimmen freilich nachdenklich. Aber auch die nicht endende und immer wieder vor allem von ärztlicher, also mit der Behandlung betrauter Seite angesprochene Frage, in welchen Grenzen dem Arzt die Möglichkeit zukommt, zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren labiler Personen Aufklärung einzuschränken, macht deutlich, dass die Aufklärungsdogmatik den ethischen Anforderungen des Arztberufs in vielen Einzel- und Abgrenzungsfragen eine Antwort schuldig bleibt. Die Absage an das rechtsgeschäftliche Institut der Risikoerklärung bei medizinischen Eingriffen kann in ihrer Tragweite für die später zu erörternde Übertragung vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf Formularerklärungen in der Medizin gar nicht überschätzt werden.78 Wird die Kenntnis von den Risiken des Eingriffs zum Wirksamkeitserfordernis der Einwilligungserklärung, ist allerdings, was hier zunächst vorab nur interessieren soll, die rechtliche Konstruktion dieses Wirksamkeitszusammenhangs bis heute weitgehend im Dunkeln geblieben. Das lässt sich in erster Linie als Folge der bis heute andauernden Diskussion über die Rechtsnatur der Einwilligung begreifen, deren Unbehagen vor einem an sich naheliegenden Rechtsgeschäftscharakter dazu geführt hat, sich weitgehend auf die Erörterung von Sachfragen zur Aufklärung zu beschränken. Entsprechend begründen die meisten Stellungnahmen in Zivil- und Strafrecht das Aufklärungserfordernis mehr apodiktisch, als Veranlassung zu sehen, es als Wirksamkeitserfordernis konzeptionell näher zu bearbeiten (aa). Die für den medizinischen Eingriff geltende Abhängigkeit der Einwilligung von vorheriger Aufklärung speist sich damit der Sache nach allein aus zwei Gedanken, und dies in Zivilrecht und Strafrecht gleichermaßen. Zum einen ist es der hohe Rang der Rechtsgüter, über die der Patient disponiert, die seine vorherige Aufklärung geboten erscheinen lässt. Entscheidend hinzu tritt dann aber die fehlende Anschauung medizinischer Zusammenhänge, die eine vorherige Aufklärung als Schutzinstrument in der Medizin besonders relevant erscheinen lässt. Wie später noch zu zeigen sein wird, deuten sich mit diesen beiden Gesichtspunkten – Rechtsgutgefährdung und Verständnishorizont – denn auch bereits die beiden entscheidenden Parameter nicht nur für die Überlegungen des Rechtsgutträgers im Zuge seiner Einwilligungsentscheidung an, 79 sondern auch schon für die vorgelagerte Frage, in welcher Art und Weise dem Rechtsgutträger die Aufklärungsinformationen zu übermitteln sind – mündlich, schriftlich-mündlich kombiniert oder allein schriftlich.80 Als eigentliches Motiv des Aufklärungserfordernisses kristallisiert sich damit die in Abweichung von der Rechtsgeschäftslehre gezielte Verlagerung des Verständnisrisikos vom Erklärenden auf den Erklärungsempfänger heraus (bb). 78

Eingehend unten Dritter Teil. Näher unten § 5 II. 80 Zu diesen drei denkbaren Stufen des Aufklärungsgeschehens eingehender unten § 10 II. 79

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

aa) Die dogmatische Konzeptionslosigkeit der Aufklärung als spezielle Wirksamkeitsvoraussetzung Die Lehre von der Einwilligung als Instrument des absoluten Güterschutzes hat sich schon frühzeitig von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre emanzipiert, die für den Bereich der Persönlichkeitsgüter in weiten Teilen als unbefriedigend empfunden wurde. Zum Ausdruck gekommen ist diese Loslösung vor allem in der Diskussion über die Rechtsnatur der Einwilligung, die ihrem Schwerpunkt nach im Zivilrecht geführt wird, aber auch in ihrer Relevanz für die strafrechtliche Einwilligungslehre heute kaum noch zu überblicken ist. Soweit sich diese begrifflich ausgerichtete Diskussion in deduktiver Weise einer Konzeption der Einwilligungsvoraussetzungen nähert, muss sie sich grundlegender methodischer Kritik ausgesetzt sehen. Misst man der Rechtsnatur von Rechtsinstituten überhaupt heuristische Bedeutung zu, liegt es nach der hier vertretenen Auffassung methodisch sogar näher, eine Einwilligungslehre auf der Einwilligung als Rechtsgeschäft unter sich anschließenden teleologischen Reduktionen aufzubauen, als die Einwilligungslehre nicht nur um das Modell des Rechtsgeschäfts zu bringen, sondern damit zugleich um jeden sinnvollen konzeptionellen Ausgangspunkt für die Begründung einzelner Wirksamkeitsanforderungen (1). Indem die Einwilligungslehre der vergangenen Jahrzehnte methodisch betrachtet überwiegend den zuletzt genannten Weg gegangen ist, stand sie vielmehr vor einem dogmatischen Vakuum, das bis heute nicht als durch eine geschlossene Konzeption gefüllt angesehen werden kann. Für die Frage speziell des Aufklärungserfordernisses wird dies sowohl in der zivil- wie in der strafrechtlichen Dogmatik deutlich, wenn es als spezielle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Aufklärung über körperliche Eingriffe kaum noch hinterfragt, geschweige denn systematisch begründet wird (2).

(1) Die Emanzipation der Einwilligungslehre von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre Sowohl die zivilrechtliche wie die strafrechtliche Rechtsprechung und Dogmatik haben bereits frühzeitig ihr Unbehagen zu erkennen gegeben, die Einwilligung in die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen in der Medizin als Rechtsgeschäft zu begreifen. So besteht nicht erst heute, sondern seit geraumer Zeit Einigkeit darüber, dass insbesondere die Fähigkeit zur Einwilligung in den ärztlichen Heileingriff nicht von den Kategorien der Geschäftsfähigkeit abhängen kann. Vielmehr soll schon derjenige wirksam über seine Persönlichkeitsgüter disponieren können, der auch nur über die erforderliche natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt. Gegenüber seiner Geschäftsfähigkeit ausreichend ist es also bereits, wenn der Rechtsgutträger genügend verstandesmäßige, geistige und sittliche Reife besitzt, um Bedeutung und Tragweite des Eingriffs zu erkennen, wenn er soviel Urteilskraft hat, um das Für und Wider

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abzuwägen, und wenn er über die Fähigkeit verfügt, das Handeln nach dieser Einsicht zu bestimmen.81 Für die Erklärungsfähigkeit wird also nicht auf die §§ 104 ff. BGB, sondern auf den deliktsrechtlichen Maßstab der §§ 827, 828 BGB zurückgegriffen,82 auch wenn dieser nun freilich seinem Wortlaut nach gar nicht für den Rechtsgutträger, sondern umgekehrt für den Täter gilt. Und korrespondierend setzen dann auch die Vertretungsregeln nicht schon etwa am elterlichen Sorgerecht als solchen an, sondern an der fehlenden Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen,83 was für die Vertretung Erwachsener in anderer Weise durch die Subsidiarität der Betreuung bei noch vorhandener natürlicher Einsichts- und Willensfähigkeit des Betreuten gilt.84 Besonders deutlich wird diese Subsidiarität der Vertretungsbefugnisse bei der Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen, die anders als beim Erwachsenen nicht pathologisch, sondern strukturell durch dessen körperlichen und geistigen Reifeprozess bedingt ist, was vom Recht eine sich stetig steigernde Berücksichtigung seines Willens fordert, angefangen von einer natürlichen Ablehnungshaltung, die jedenfalls der Einbeziehung in eine klinische Prüfung entgegensteht,85 bis schließlich hin zur alleinigen Verantwortlichkeit.86 Praktisch, nicht zuletzt prozessual bei weitem bedeutsamer, besteht dann aber auch bis heute weitgehend Konsens darüber, dass Aufklärungsfehler und korrespondierende Irrtümer des Erklärenden – jedenfalls im Bereich der Medizin – nicht erst durch Ausübung eines Gestaltungsrechts unbeachtlich sein 81 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH NJW 1964, 1177 (1177 f.), m.w.N.; für die Literatur vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 685 ff. 82 Vgl. nur etwa RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II Rz. 71; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 255, 685, auch für den Fall der klinischen Prüfung, a.a.O. Rz. 965 f.; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 35. 83 Vgl. etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 789; Rothärmel/Wolfslast/Fegert, MedR 1999, 293. 84 Vgl. § 1896 II 1 BGB. 85 Vgl. nur die in diesem Sinne zu verstehende Vorschrift des § 40 IV Nr. 3 S. 3, 2. HS. AMG. Entsprechend wird der heute Minderjährige, der voraussichtlich auch nach Eintritt der Volljährigkeit einwilligungsunfähig sein wird, rechtlich bereits als einwilligungsunfähiger Volljähriger behandelt, also als Person, die aufgrund ihrer Konstitution in lediglich gruppennützliche klinische Prüfungen an Minderjährigen nicht einbezogen werden darf, vgl. § 41 II 2 AMG. 86 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 789, sprechen von einem „Zusammenwirken von Sorgeberechtigten und Jugendlichen“, soweit sich beim juvenilen Minderjährigen noch keine volle Einsichtsfähigkeit entwickelt hat. Anders als beim Betreuer lässt sich die Vertretungsbefugnis der Eltern dabei auf eine eigene Grundrechtslegitimation zurückführen, was ihnen über Art. 6 II 1 GG insoweit einen wenn auch engen, so doch im Kern eigenen Bereich des Einfließens subjektiver Wertvorstellungen eröffnet. Aufgegriffen wird der Gedanke allmählich wachsender Mitwirkungsbefugnisse des Minderjährigen an Entscheidungen in der Medizin schon dem Titel ihrer Untersuchung nach von Rothärmel, Einwilligung, Veto, Mitbestimmung. Zum Vetorecht Minderjähriger unlängst BGH NJW 2007, 217 ff., und hierzu Lipp, MedR 2008, 292 f.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

sollten, sondern ipso iure.87 Es bedarf im Fall eines Aufklärungsfehlers also keiner Vernichtung der Einwilligungserklärung, etwa durch Ausübung eines Widerrufs- oder gar Anfechtungsrechts, vielmehr ist die Erklärung von vornherein rechtlich unbeachtlich,88 was seine besondere Bedeutung im Strafrecht hat, wo der Unwertgehalt der Tat gemäß § 8 S. 1 StGB zum Zeitpunkt ihrer Begehung feststehen muss und daher nicht erst durch dem Handeln des Täters nachfolgende Ereignisse begründet werden kann. 89 Und noch weitergehend besteht nach heutiger Überzeugung auch insgesamt keine dauerhafte Bindung an die einmal erteilte Einwilligungserklärung, sondern ist diese – anders als vertragliche Willenserklärungen – für die Zukunft jederzeit frei widerruflich.90 Lag eine Abkehr von den Regeln der Rechtsgeschäftslehre also auch nahe, wurde sie zunächst durch eine intensive Diskussion über die Rechtsnatur der Einwilligung begleitet, die nun allerdings vorwiegend im Zivilrecht geführt wurde, konnte sich das Strafrecht mangels systemimmanent vorgegebener Rechtsgeschäftslehre doch vergleichsweise entspannt unmittelbar den sachlichen Voraussetzungen der Einwilligung selbst widmen, übernahm hier allerdings in weiten Teilen auch schlicht die zivilrechtliche Aufklärungsdogmatik.91 Es kann daher nicht verwundern, dass vor allem im Zivilrecht eine nahezu unübersehbare Flut an wissenschaftlichen Abhandlungen entstanden ist, die im 87 Auf das bei weitem verzweigtere Meinungsspektrum zur Maßgeblichkeit von Irrtümern für die Wirksamkeit von Einwilligungen insgesamt kann hier hingegen nicht weiter eingegangen werden. Auch insoweit sei auf die Darstellung von Ohly verwiesen, der die Behandlung von Willensmängeln gar als den am wenigsten geklärten Aspekt der Einwilligungslehre insgesamt bewertet, vgl. ders., „Volenti non fit iniuria“, S. 356. Die Schwerpunkte dieses Meinungsspektrums liegen zum einen auf der Erarbeitung von Kriterien zur Abgrenzung relevanter von nicht relevanten Irrtümern, wie zum anderen auf den Konsequenzen von Irrtümern, vgl. Ohly, a.a.O., S. 357 ff. Ohly selbst, a.a.O., S. 370 f., plädiert insoweit unter Anknüpfung an den Gedanken einer Stufenleiter der Gestattungen dafür, zwischen der Rechtsübertragung und der vertraglichen Gestattung einerseits und der einseitigen Einwilligung andererseits zu differenzieren. Insoweit erachtet er eine automatische Nichtigkeit von Rechtsübertragungen als mit § 142 I BGB nicht vereinbar und stuft die rückwirkende Änderung der Rechtmäßigkeit bei der Anfechtung vertraglicher Gestattungen sowohl als im Gesetz angelegt wie auch unter Wertungsgesichtspunkten angemessene Lösung ein. Da die einseitige Einwilligung hingegen nicht auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhe, brauche dem Einwilligenden auch kein Wahlrecht eingeräumt zu werden, weshalb mit Blick auf das Erfordernis der Rechtssicherheit und nicht zuletzt auch auf das Interesse an einem Gleichlauf mit dem Strafrecht von einer Unwirksamkeit ispo iure auszugehen sei. 88 So schon das Reichsgericht, RGZ 168, 206 (210, 213). Dem Gedanken des Rechtsgeschäfts für die Anwendbarkeit des § 142 I BGB allzu uneingeschränkte Bedeutung zumessend hingegen noch Zitelmann, AcP 99 (1906), 1 (67). Zu dieser frühen Rechtsgeschäftslehre und ihrer Rezeption in der Literatur Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 35 ff. 89 Vgl. nur etwa Roxin, Strafrecht AT/I, § 13 Rz. 97. 90 Vgl. nur etwa Laufs, Arzrecht, Rz. 693. 91 So insbesondere auch die im Strafrecht selbst geäußerte Einschätzung, vgl. nur etwa Rothärmel, Einwilligung, Veto, Mitbestimmung, S. 39; Böcker, JZ 2005, 925 (927).

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Wechselspiel mit der sich zunehmend vom Rechtsgeschäftscharakter der Einwilligung abwendenden Rechtsprechung schließlich zu der heute wohl herrschenden Einschätzung der Einwilligung als einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung geführt hat.92 So unterscheidet Ohly, der in seiner Monographie über die Einwilligung im Privatrecht neben der historischen Entwicklung bis 190093 insbesondere auch die Einwilligungslehre im neueren Privatrecht nachgezeichnet hat, bereits innerhalb seiner gedrungenen Darstellung nicht nur auf einer obersten Ebene Ansätze, die die Einwilligung als Rechtsgeschäft,94 als rechtsgeschäftsähnliche Handlung95 oder als Realakt96 einstufen. Vielmehr weist er unter dem Vorbehalt ihrerseits nur idealtypischer Unterscheidung97 auf eine Unterscheidung zunächst der rechtsgeschäftlichen Ansätze in vertragliche und einseitige Konzeptionen hin, und differenziert bei letzteren wiederum Unterteilungen zwischen einem strengeren rechtsgeschäftlichen Ansatz im Sinne Zitelmanns und einem modifizierten rechtsgeschäftstheoretischen Ansatz, wie ihn etwa Rosener,98 Kohte,99 Dasch100 und Resch101 in je wiederum unterschiedlicher Weise vertreten. Aber auch die Einschätzung der Einwilligung als Realakt lässt sich nach Ohly unterteilen in Meinungsströmungen, die die

92 Vgl. für eine Übersicht insbesondere die Darstellung über die Rechtsnatur der Einwilligung bei Ohly, „Volenti non fit iniuiria“, S. 178 ff., sowie für einen Überblick über das strafrechtliche Meinungsspektrum Roxin, Strafrecht AT/I, § 13 (S. 536 ff.). Zur ähnlich gelagerten Frage der Rechtsnatur von Patientenverfügungen unlängst Spickhoff, VersR 2006, 1569 (1579 f.). 93 Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 25 ff. 94 Zitelmann, AcP 99 (1906), 1 (48 ff.); RG JW 1907, 505; wohl auch RGZ 68, 431 (434), wenn das RG im Rahmen der Zustimmung von einem „gesetzlichen Vertreter“ spricht, vgl. S. 436: „Die H.W. […] war zur Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Erklärung nicht befugt.“, so die Deutung des Urteils von Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 39, der selbst ebenfalls die Einordnung als Rechtsgeschäft favorisiert, S. 207 ff. 95 BGHZ 29, 33 (36 f.); 105, 45 (47 f.); OLG München, NJW 1958, 633 (634); ErmanPalm, Einl. § 104 Rz. 6; Erman-Schiemann, § 823 Rz. 147; Palandt-Heinrichs, § 104 Rz. 6; Staudinger-Schäfer, § 823 Rz. 456, 458, 12. Aufl.; Emmerich, BGB Schuldrecht BT, § 21 Rz. 13; Medicus, BGB AT, Rz. 200; Stoffels, AGB-Recht, Rz. 114; Heilmann, NJW 1990, 1513 (1518); zurückhaltend Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht Rz. 255 ff. 96 BGHZ 29, 33 (36) = NJW 1959, 811; nach Medicus, Schuldrecht II BT, Rz. 765 soll dies auch daraus folgen, dass in § 228 StGB nicht auf die Sittenwidrigkeit der Einwilligung abgestellt wird, sondern auf die Tat. So offenbar auch MüKo-Schramm, Vorbemerkung § 812 Rz. 19, wonach Einwilligungen zu nicht rechtsgeschäftlichen Handlungen, insbesondere in ärztliche Heileingriffe oder andere Eingriffe in Rechte oder Rechtsgüter, keine Zustimmungen i.S.d. §§ 182 ff. BGB seien. 97 Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 58. 98 Rosener, Die Einwilligung in Heileingriffe. 99 Kohte, AcP 185 (1985), 105 ff. 100 Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild. 101 Resch, Die Einwilligung des Geschädigten.

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Einwilligung – so etwa Schenke102 – als Rechtsschutzverzicht auffassen,103 oder aber mit Münzberg als Interessenabwägung104 wie schließlich auch, so Bucher,105 als Nichtgeltendmachung von Abwehransprüchen.106 Es besteht angesichts dieser vorzüglichen Darstellung von Ohly hier nun weder Veranlassung noch Raum, die Entwicklung dieses Meinungsspektrums im Einzelnen erneut vor Augen zu führen. Eine breitere dogmatische Erörterung des Rechtsgeschäftscharakters der Einwilligung erscheint darüber hinaus aber auch wenig fruchtbar. Denn ob man den Rechtsgeschäftscharakter der Einwilligung ablehnt und nun nach der analogen Anwendung passender Rechtsvorschriften sucht, umgekehrt den Rechtsgeschäftscharakter bejaht und die hierfür geltenden Vorschriften dann jeweils kritischer teleologischer Reduktion unterzieht, oder aber schließlich von einer geschäftsähnlichen Handlung ausgeht, die den Weg einer teleologischen Reduktion im Grunde nur unter Verzicht auf ein Bekenntnis zum Rechtsgeschäft beschreitet, erscheint für das praktische Ergebnis, also für das Erzielen einer Lösung zu einzelnen Rechtsfragen der Einwilligung und idealerweise für die Formulierung konkreter Hilfsnormen, nahezu austauschbar. Wenn sich dieselben Sachergebnisse auf allen drei Wegen erzielen lassen, kann nach der hier vertretenen Auffassung daher nicht ausschlaggebend sein, welche Auffassung die einzig richtige, sondern welcher Erkenntnisweg der für die Rechtsfindung vorzugswürdigere ist. Damit wird aber, im ursprünglichen Wortsinne, eine Frage der Methodik aufgeworfen.107 Wenn die Untersuchung dabei aus den gleichen Gründen wie Ohly mit einer Einstufung der Einwilligungserklärung als Rechtsgeschäft unter der Notwendigkeit teleologischer Reduktionen sympathisiert,108 sei nun allerdings vorab die Notwendigkeit einer solchen Einstufung ihrerseits methodisch relativiert. Mit der Rechtsnatur bürdet sich die Dogmatik eine Frage auf, die an sich erst den Endpunkt einer langen Reflexion der Funktionsbeziehungen und systema102 Schenke, Die Einwilligung des Verletzten im Zivilrecht, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. 103 So auch BGH NJW 1989, 1533 (1535). 104 Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, S. 259 ff. 105 Bucher, Das subjektive Recht als Normsetzungsbefugnis. 106 Zum Ganzen Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 35 ff. 107 ‚Methode‘ (grch. m4qodoV) übersetzt als das „Nachgehen“ (von grch. met2, nach, und od8V, Weg). Über diese ursprüngliche Wortbedeutung hinaus werden bei Menge, Langenscheidts Großwörterbuch Griechisch Deutsch, S. 440, auch Übersetzungen mit „Gang“, „Weg etwas zu erreichen“, „Art einer Untersuchung“ und „kunstgemäßes“ oder „geregeltes Verfahren“ angegeben. Ausführlich zu Bedeutung und Verwendung des Begriffs in der abendländischen Philosophie seit Plato vgl. die Beiträge ab Sp. 1304 in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 5. 108 Zur Einstufung der Einwilligung als Rechtsgeschäft bei Ohly vgl. ders., „Volenti non fit iniuria“ (S. 207 ff., insbesondere S. 210 ff.).

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tischen Zusammenhänge eines Rechtsinstituts darstellen kann. Wenn man mit der hier vertretenen Auffassung im Wesentlichen zwei Funktionen juristischer Dogmatik unterscheidet, nämlich eine anwendungsorientierte Ordnungskraft der Dogmatik für das Auswählen von Rechtssätzen und eine heuristische Bedeutung von Dogmatik für die Herausbildung und Fortentwicklung von Rechtssätzen,109 so ist die Frage der Rechtsnatur der Ordnungskraft der Dogmatik zuzuordnen. Da Ordnung aber immer schon die Ordnung von Etwas ist, in der Jurisprudenz vor allem die Schaffung eines Systems für die Auswahl von Rechtssätzen, setzt sie zuvor einen Entwicklungsprozess von Rechtssätzen voraus, die als Hilfsnormen der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft bereits Eingang in die communis opinio der Jurisprudenz gefunden haben.110 Kann aber eine geschlossene Konzeption, die Fragen der Einwilligung zum absoluten Persönlichkeitsschutz, zum Eigentumsschutz und immateriellen Vermögensgüterschutz gleichermaßen in ein kohärentes System bringen müsste, bis heute nicht als allgemein anerkannt gelten, ist die juristische Dogmatik von den Grundlagen einer Systembildung noch weit entfernt.111 Ist die Rechtsnatur demnach aber keine ontologische Entität, sondern nicht mehr als ein besonderes Sprachspiel im Sinne Wittgensteins,112 also ein unter Juristen anerkannter Sprachgebrauch für gleichermaßen anerkannte systematische Zusammenhänge, muss man schon daran zweifeln, ob man die Frage nach der Rechtsnatur überhaupt sinnvoll stellen kann, dies allemal vor dem Hintergrund einer sich für den modernen Rechtsgüterverkehr noch in der Entwicklung befindlichen Einwilligungslehre. Wenn die vorliegende Untersuchung gleichwohl vom Rechtsgeschäftscharakter der Einwilligung ausgeht, geschieht dies also weniger aus sachlichdogmatischen Erwägungen, auch wenn es wenig einleuchtend ist, der Einwil109

Eingehend zur Bedeutung der Dogmatik in der zivilrechtlichen Rechtsfindung Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 115 ff. 110 Im Zivilrecht vor allem – bei aller Konturenlosigkeit des juristischen Systembegriffs selbst, vgl. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 118 ff., mit Blick insbesondere auf Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 19 ff.; Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im bürgerlichen Recht; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 165 f., und Schapp, Hauptprobleme der juristischen Methodenlehre, S. 99 ff. – eine tatbestandsorientiertes äußeres System der Anspruchsnormen entsprechend der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse sowie die Lehre vom Anspruchsaufbau, die Einteilung in lebensweltlich zusammengehörige Regelungskomplexe und der Gedanke einer Voranstellung allgemeiner Regelungen als System für die Auswahl von Hilfsnormen, vgl. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 122 ff. Zur juristischen Dogmatik als Gegenstand und Moderator juristischer Streitgespräche ders., ARSP 2004 (Beiheft Nr. 99), 111 ff. 111 Auf die damit zusammenhängende Überlegung, dass die Voraussetzungen einer Disposition über Rechtsgüter und Vermögensrechte unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten eröffnet, von denen die Einwilligung selbst nur eine Form darstellt, macht im Hinblick auf die Frage einer geschlossenen Konzeption bereits Ohly aufmerksam, der den Gedanken einer „Stufenleiter der Gestattungen“ aufgreift. Vgl. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 141 ff. 112 Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen.

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ligungserklärung nur aus Gründen ungewollter Rechtsfolgen die Qualität als Rechtsgeschäft abzusprechen, obwohl sie geradezu ein Schulbeispiel für die bis heute gültige Definition des Rechtsgeschäfts in den Motiven zum BGB abgeben könnte.113 Denn die Einwilligungserklärung ist auf den Eintritt einer Rechtsfolge gerichtet – darauf, dem Eingriff in die körperliche Integrität seinen Unwertgehalt zu nehmen –, und diese tritt auch nur deshalb ein, weil ihr Eintritt gewollt ist und der Wille des Erklärenden als Grund für den Eintritt der Rechtsfolge von der Rechtsordnung anerkannt wird, ihm insbesondere die entsprechende Dispositionsmacht über seine Individualrechtsgüter konzediert ist. Wenn die Anknüpfung am Rechtsgeschäft hier als vorzugswürdig eingestuft wird, geschieht dies also entscheidend aus methodischen Gründen, hierin den sinnvolleren Weg zu erblicken, sich den einzelnen Sachproblemen der Einwilligung zu nähern. Sicherlich kann ein methodisch motivierter Ausgangspunkt beim Rechtsgeschäft nicht bedeuten, den Rechtsgeschäftscharakter geradezu in begriffsjuristischer Weise als Erkenntnisquelle zu verwenden. Wenn sich die Fortentwicklung von Rechtssätzen methodisch betrachtet durch ein Herstellen von Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Fällen vollzieht, und das so identifizierte tertium comparationis zu einer Entwicklung über Falltypen und Hilfsnormen zu Rechtssätzen führt,114 kann dieser Prozess vielmehr gar nicht deduktiv gelagert sein, wie dies insbesondere die Begriffsjurisprudenz unter Puchta und dem frühen Jhering vertrat,115 sondern nur induktiv. Das bedeutet aber nicht, dass sich der Qualifizierung als Rechtsgeschäft, ebenso wie auch noch als geschäftsähnliche Handlung, keinerlei heuristische Bedeutung beimessen ließe. Heuristisch bedeutsam ist der am Rechtsgeschäft gewählte Ausgangspunkt vielmehr insoweit, als er weitaus stärker als umgekehrt die Absage an den Rechtsgeschäftscharakter zu einer Auseinandersetzung mit jenen Prämissen nötigt, die den Regelungen der Rechtsgeschäftslehre zum Rechtsgeschäft zugrundeliegen. So macht speziell mit Blick auf das Aufklärungserfordernis die Rechtsgeschäftslehre von vornherein deutlich, dass die Erklärung des Willens einem 113 Vgl. zur Definition des Rechtsgeschäfts Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 313 ff. 114 Eingehend Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 146 ff. 115 Puchta selbst hat seine Lehre freilich nicht selbst als Begriffsjurisprudenz bezeichnet. Die Kennzeichnung der methodischen Denkweise Puchtas, des frühen Jherings und Windscheids als „Begriffsjurisprudenz“ wird vielmehr Heck zugeschrieben, vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 49. Aus der Sicht Wieackers, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 401 f., ist mit Puchta allerdings „das vom frühen Jhering als ‚Konstruktionsjurisprudenz‘ gepriesene und später verhöhnte, von der Interessenjurisprudenz als ‚Inversionsmethode‘ gerügte Verfahren“ in die Jurisprudenz eingeführt worden, Lehrsätze und Entscheidungen aus dem Begriff abzuleiten, anstatt vielmehr System und Begriffe durch Induktion aus Rechtsnormen, Urteilen und sozialen Bewertungen zu erarbeiten. Damit sei der Formalismus zum Siege geführt, bei dem eine Erneuerung der Wissenschaft anlangte, die einst als Erhebung gegen den formalen Rationalismus des Vernunftrechts aufgebrochen war.

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anderen gegenüber einen „Kommunikationsakt“116 darstellt, also im Rechtsverkehr einer anderen Person gegenüber erfolgt. Für die Frage, wer das Risiko der fehlerhaften Willensbildung bei der Abgabe rechtserheblicher Erklärungen trägt, hat die Rechtsgeschäftslehre nun aber seit langer Zeit eine vermittelnde Lösung entwickelt. So haben sich die Gesetzesverfasser, auch wenn sie damit nicht den Anspruch erhoben haben, den Theorienstreit entschieden zu haben,117 bekanntlich nicht der Erklärungstheorie Bährs angeschlossen, wonach der Erklärende im Fall eines Irrtums an seiner Erklärung festzuhalten sei, weil der Empfänger in seinem Vertrauen auf den Bestand der Erklärung geschützt werden müsse. Aber auch der Willenstheorie, die in Irrtumsfällen das Rechtsgeschäft mangels eines der Erklärung entsprechenden Willens für unwirksam hielten, schloss sich das BGB nicht an. Vielmehr stellte es sich grundsätzlich auf den Boden der Willenstheorie, machte der Erklärungstheorie aber durch die Gewährung von Anfechtungsrechten beträchtliche Konzessionen. Man kann die Willenserklärung daher heute als ein „Doppelinstitut“ begreifen, in dem Willensprinzip und Vertrauensprinzip kombiniert auftreten. Wille und Erklärung müssen damit nicht in zwei kategorial vollständig geschiedenen Sphären angesiedelt bleiben, nämlich einerseits in der Innenwelt der psychischen Akte und andererseits in der Außenwelt des sinnlich wahrnehmbaren Vorgangs. Denn der Erklärungsempfänger vertraut, worauf insbesondere Schapp hingewiesen hat, nicht auf ein sinnlich wahrnehmbares Ereignis, sondern sieht in der Erklärung den äußeren Ausdruck eines inneren Willens, der eigentlicher Bezugspunkt seines Vertrauens bleibt.118 Damit wird aber deutlich, dass die Rechtsgeschäftslehre mit ihrer auf Kant zurückgehenden moralphilosophischen Tradition des 19. Jahrhunderts das Rechtsgeschäft zwar vom Willen des Erklärenden her konzipiert, seinen Inhalt aber mit Rücksicht auf die Bedeutung des Rechtsgeschäfts als Erklärungsakt im Rechtsverkehr von vornherein einer Objektivierung aussetzt, wie dies insbesondere in den Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB zum Ausdruck kommt, nach denen der wahre Wille schon mit Rücksicht auf den Rechtsverkehr zu erforschen ist.119 Legt das BGB damit aber seinem Verständnis vom Rechtsgeschäft bereits ein durch das Vertrauensprinzip gemäßigtes Willensprinzip zugrunde, lässt sich als Ausnahme innerhalb der Rechtsgeschäftslehre nicht das Erklärungsprinzip begreifen, sondern die Abkehr von seiner Einschränkung zugunsten des allein maßgeblichen Erklärungswillens. Eine solche Ausnahme 116 So im Ergebnis auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht Rz. 310, der die Einwilligung jedenfalls als Willensbetätigung auffasst. 117 So auch bereits Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, S. 36. 118 Eingehend Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, S. 8 ff. 119 Zu diesem heute völlig herrschenden Verständnis der kombinierten Bedeutsamkeit beider Vorschriften schon für die Auslegung der einzelnen Willenserklärung vgl. nur etwa Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 343.

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stellt insbesondere die Anfechtungsmöglichkeit der Willenserklärung dar, die je nach Schutzwürdigkeit des Erklärungsempfängers ihm dann eine Schadensersatzmöglichkeit einräumt, so in den Fällen der §§ 119, 122 BGB, oder nicht, so im Fall der Täuschung oder Drohung, § 123 BGB. Auch das Testament lässt sich insoweit als Ausnahme begreifen, gilt mangels Schutzbedürftigkeit der durch das Testament betroffenen Personen hier doch gerade kein durch § 157 BGB objektiv gefärbter Auslegungsmaßstab, sondern allein § 133 BGB in Verbindung mit § 2084 BGB, wonach im Zweifel die Auslegung vorzuziehen ist, bei welcher die Verfügung Erfolg haben würde. Für das Aufklärungserfordernis in der Medizin hat diese Orientierung an den Prämissen der Rechtsgeschäftslehre zur Folge, dass auch hier die alleinige Maßgeblichkeit des Patientenwillens für die Wirksamkeit seiner Einwilligungserklärung als Ausnahmegeschehen im Rechtsverkehr begriffen werden muss, das der Begründung bedarf. Diese Verteilung der dogmatischen Argumentationslast – die später dann auch den Hintergrund für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess bildet120 – führt zugleich zu einer höheren Disziplinierung dogmatischer Begründungsansätze, als dies bei Ablehnung des Rechtsgeschäftscharakters der Fall wäre. Denn wer den Rechtsgeschäftscharakter ablehnt, setzt sich, wie Ohly treffend formuliert hat, der Gefahr einer einzelfallbezogenen Rechtsschöpfung aus, die zwar in vielen Fällen zu billigen Ergebnissen führen mag, deren Vorhersehbarkeit aber beträchtlich eingeschränkt ist.121 Wie ernst dieser feine methodische Unterschied zu nehmen ist, wird umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass die Sicherung von Selbstbestimmung im Bereich höchstpersönlicher Rechtsgüter eine Aufgabe des einfachen Rechts ist, die ihm verfassungsrechtlich vorgegeben ist.122 Erscheint demnach eine von zwei methodischen Alternativen aber auch nur geringfügig als geeigneter, um verlässlichere Lösungen zu entwickeln, muss ihr der Vorzug gegeben werden. Damit ist gerade auch für Rechtsgestaltungen im höchstpersönlichen Bereich die Einwilligungslehre aus der Rechtsgeschäftslehre heraus weiter auszugestalten,123 wie dies hier für den speziellen Bereich der Gefahren eines Formulargebrauchs in der Medizin durch kritische Heranziehung der speziellen rechtsgeschäftlichen Kontrollmaßstäbe der §§ 305 ff. BGB geschehen soll.124

120 121 122 123 124

Zur Beweislast für Aufklärungsfehler unten § 7 II. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 206. Vgl. BVerfGE 52, 131 (153). So dezidiert Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 214. Eingehend unten Dritter Teil.

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(2) Die apodiktische Voraussetzung der Aufklärung in der zivil- und strafrechtlichen Dogmatik Rückt die Orientierung am Rechtsgeschäftscharakter damit nur stärker ins Bewusstsein, dass die alleinige Maßgeblichkeit des Willens für die Wirksamkeit einer im Rechtsverkehr abgegebenen Erklärung einer Begründung bedarf, muss es erstaunen, dass das Aufklärungserfordernis heute weitgehend apodiktisch vorausgesetzt wird, ohne es zuvor als Bestandteil einer eigenen Wirksamkeitskonzeption systematisch zu reflektieren. Wenn also für die Wirksamkeit von Willenserklärungen im Zivilrecht mit dem inneren Anspruchsaufbau ein in sich geschlossenes System vorliegt,125 hat die Distanzierung vom Rechtsgeschäftscharakter bei der Einwilligung auch die Folge gehabt, dass das Aufklärungserfordernis ein Fremdkörper innerhalb dieses Schemas geblieben ist.126 Insbesondere werden durch fehlerhafte Aufklärung verursachte Willensdefizite nicht wie etwa bei der Anfechtung oder dem Widerruf als negative Voraussetzungen behandelt, also weder als rechtsvernichtende noch nur als rechtshindernde Einwendungen. Eine Einwilligung, die nicht auf hinreichender Aufklärung beruht, wird vielmehr gar nicht erst in einem Schema von „zunächst entstanden (bzw. abgegeben) – aber unwirksam“ gedacht. Vielmehr wird einer solchen Einwilligung als äußeres Faktum schon von Beginn an jegliche Erheblichkeit abgesprochen, die eines zweiten Gedankenschrittes offenbar gar nicht mehr bedarf. Die Aufklärung wird hier also zu einer positiven Wirksamkeitsvoraussetzung, obwohl nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre der insoweit vergleichbare Geschäftswille nicht positiv erforderlich ist, um die Wirksamkeit der Erklärung zu begründen, sondern lediglich umgekehrt sein Fehlen zur Vernichtung der Erklärung berechtigt. Aber auch die mit der Einwilligungsfähigkeit vergleichbare Geschäftsfähigkeit wird bei Rechtsgeschäften nicht positiv als anspruchsbegründende Voraussetzung geprüft, sondern lediglich negativ als rechtshindernde Einwendung,127 während die Einwilligungsfähigkeit bei der Einwilligung jedenfalls im Kontext medizinischer Eingriffe als positive Voraussetzung der Wirksamkeit behandelt wird. 125 Auf die große historische Bedeutung weisen Schapp/Schur hin, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 61. Schon der gemeinrechtliche Jurist prüfte nach dem Schema actio – an sit fundata, an sit negata, an sit exceptione elisa. 126 Die Lehre vom (äußeren und inneren) Anspruchssystems macht Schapp nicht nur zum Gegenstand seiner Darstellung des bürgerlichen Rechts, vgl. Schapp/Schur, § 2 (Rz. 50 ff.), sondern auch zum Ausgangspunkt seiner Methodenlehre des Zivilrechts und der dort entwickelten Unterscheidung eines am inneren Anspruchsaufbau orientierten horizontalen Verbunds von Hilfsnormen von einem auf die Spezifikation der Tatbestandsmerkmale ausgerichteten vertikalen Verbunds von Hilfsnormen, vgl. Schapp, Methodenlehre des Zivilrechts, S. 44 ff. 127 Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 417.

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Der Charakter der Aufklärung als positives Wirksamkeitserfordernis oder umgekehrt der Charakter nur von Aufklärungsfehlern als negativen Unwirksamkeitsgründen wird nun allerdings schon im Zivilrecht, obwohl dem inneren Anspruchssystem als rechtsgeschäftlicher Wirksamkeitslehre verpflichtet, nicht eingehender thematisiert. Vielmehr wird hier meist nur gesagt, dass die Wirksamkeit der Einwilligung die vorherige Aufklärung des Rechtsgutträgers ‚voraussetzt‘ oder von ihr ‚abhängig‘ ist, und Entsprechendes gilt dann auch für die zivilgerichtliche Rechtsprechung.128 Vorhalten lässt sich das freilich nur der weiterhin herrschenden, auch hier zugrunde gelegten Auffassung, die im Fall von Aufklärungsfehlern mangels wirksamer Einwilligung eine Körperverletzung des Patienten bejaht. Für den neueren Standpunkt, wonach der Aufklärungsfehler von Verletzungen der körperlichen Integrität isoliert zu betrachten ist und nur zu einer Haftung wegen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts führen kann, ist das Fehlen einer solchen Auseinandersetzung hingegen nur konsequent. Denn kommt es für eine Haftung wegen verletzten Selbstbestimmungsrechts allein auf die Fehlerhaftigkeit der Aufklärung an, nicht aber auf den körperlichen Eingriff, fehlt mit der allein auf den körperlichen Eingriff bezogenen Einwilligung schon der Bezugspunkt für eine Beurteilung ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der Aufklärung.129 Auch das Strafrecht sieht wenig Anlass, die Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis der Einwilligung konzeptionell-systematisch näher zu begründen. Als Defizit lässt sich dies freilich ebenso hier nur insoweit begreifen, als die Unwirksamkeit der Einwilligung überhaupt den Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit des Arztes bildet. Denn wer, wie noch zu erörtern sein wird, die Fehlerhaftigkeit der Aufklärung zum Anknüpfungspunkt für eine Bestrafung wegen eigenmächtiger Heilbehandlung erhebt, greift zwar weiterhin auf die Aufklärung des Patienten zurück, braucht für die bereits daran anknüpfende Beurteilung des ärztlichen Handelns auf die Wirksamkeit einer gar nicht mehr relevanten Einwilligung nicht zurückzugreifen.130 Der engste Zugang zur Wirkungsweise der Aufklärung als Wirksamkeitsmechanismus scheint insoweit über die Gegenüberstellung von rechtfertigender Einwilligung und tatbestandsausschließendem Einverständnis möglich zu sein. Sie geht auf eine in der strafrechtlichen Dogmatik sehr präzise Erfassung der Frage zurück, ob der Unwertgehalt einer Handlung davon abhängt, dass sie gegen den Willen bzw. ohne Zustimmung des Betroffenen vorgenommen 128 Vgl. etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 700: „Der Patient muss wissen, worin er einwilligt, und der Arzt muss ihn entsprechend aufklären. Kommt er seiner Verpflichtung nicht in dem gebotenen Umfang nach, ist die vom Patienten gegebene Einwilligung unwirksam und der Eingriff rechtswidrig“, sowie für Literatur und Rechtsprechung im Zivilrecht gleichermaßen den umfassenden Überblick bei Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 372 ff. 129 Zu beiden Meinungsströmungen sogleich unter § 3 II 2. 130 Insoweit sei ebenfalls auf die nachstehenden Ausführungen unter § 3 II 2 verwiesen.

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wird – dann wirkt der zustimmende Wille als tatbestandsausschließendes Einverständnis –, oder ob die Handlung unabhängig vom Willen des Verletzten als Unrecht erscheint.131 Letzterenfalls beseitigt der Wille des Verletzten zwar nicht den Unrechtscharakter der Tat als solchen, wohl aber wird dem Verletzten das Recht zugestanden, mit Konsequenz auch für den staatlichen Strafanspruch auf seinen Rechtsgüterschutz zu verzichten,132 womit die rechtfertigende Einwilligung freilich, für das Zivilrecht als Privatrechtsordnung selbstverständlich, auf Fälle der Beeinträchtigung verzichtbarer Individualrechtsgüter beschränkt ist.133 Man kann den Gedanken auch dahin formulieren, dass das tatbestandsausschließende Einverständnis Fälle erfasst, in denen das äußere Handeln des Täters für sich genommen ethisch indifferent oder allenfalls ambivalent erscheint, und daher erst der Rückgriff auf die Willensrichtung des Opfers maßgeblich darüber entscheiden kann, ob die Handlung als Unrecht staatliche Sanktionierung erfordert. Beispielhaft zeigen dies etwa die Fälle der Inbesitznahme einer Sache – Gebrauchsrechtsausübung oder Diebstahl? –, das Betreten befriedeten Besitztums – Gebrauchsrechtsausübung oder Hausfriedensbruch? – oder die Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person – freiwilliger Aufenthalt in einem verschlossenen Raum (etwa einem Fahrzeug) oder Freiheitsberaubung? Von diesen Fällen ethischer Indifferenz oder Ambivalenz unterscheiden sich dann Fälle, in denen das Handeln des Täters schon bei erster Betrachtung als Unrecht erscheint und hierzu folglich keiner positiven Unwertbegründung durch Willensdefizite des Opfers bedarf.134 Beispiel hierfür ist insbesondere die Verletzung all jener absolut geschützter Individualrechtsgüter, die allein schon um ihrer selbst willen schutzwürdig erscheinen. Anders als die Freiheit zu etwas, insbesondere die Freiheit zu körperlicher Bewegung, sind in dieser Perspektive Leben, Körper und Gesundheit Güter, deren bloße Existenz schon unabhängig vom hierauf bezogenen Willen ihres Trägers schützenswert erscheinen. Geschützt wird also nicht die Selbstbestimmung im Hinblick auf diese Lebensgüter, sondern schon diese Lebensgüter selbst „als Voraussetzung und

131

Vgl. nur etwa Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rz. 362. Vgl. nur etwa Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 59 ff.; Kühl, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 9 Rz. 25; Geerds, Einwilligung und Einverständnis der Verletzten, S. 88 ff.; ders, GA 1954, 262; Schlehofer, Einwilligung und Einverständnis, S. 1 ff.; Amelung/Eymann, JuS 2001, 937 ff.; Otto, in FS-Geerds, 603 ff.; Rönnau, Jura 2002, 595; ders. Jura 2002, 665 ff.; Weigend, ZStW 98 (1986), 44 ff. 133 So treffend Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rz. 370. 134 Entsprechend wird das Entfallen des äußerlich eindeutigen Unwerturteils im objektiven Tatbestand durch den Willen des Opfers im Strafrecht denn auch als dogmatischer Fremdkörper empfunden, so etwa das neben anderen Voraussetzungen maßgebliche Einverständnis der Schwangeren mit dem Schwangerschaftsabbruch in § 218a I Nr. 1 StGB. Kritisch hierzu etwa Gropp, Der straflose Schwangerschaftsabbruch, S. 52 ff. 132

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Bezugsobjekt möglicher Selbstbestimmung“, wie Gropp plastisch formuliert.135 Weder der Wille des Verletzten, schon gar nicht aber die Zielrichtung des Handelnden vermag solchen Eingriffen also den Unwertgehalt zu nehmen, die zu einer Beeinträchtigung des allein schon aufgrund seiner Existenz geschützten Rechtsguts führen.136 Das gilt nach der hier vertretenen Auffassung – wie noch näher zu zeigen sein wird137 – insbesondere auch für das Handeln von Ärzten. Ein vom Täter beachteter zustimmender Wille des Opfers vermag vielmehr allein die Sanktionierung der Rechtsgutbeeinträchtigung entbehrlich werden zu lassen. Um diesen Unterschied zwischen Einverständnis und Einwilligung mit Hegel auszudrücken, macht die rechtfertigende Einwilligung die Negation der Negation des Rechts entbehrlich,138 während der Täter bei Vorliegen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses schon gar kein Recht negiert, das erst im Fall des Angriffs auf die Willensentschließung überhaupt greift.139 135

Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 56 f. Diese Zusammenhänge werden nivelliert, wenn man die Einwilligung des Verletzten ihrerseits als tatbestandsausschließend begreift, wie dies insbesondere die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen und verwandte Meinungsströmungen vertreten. Auf diese den gesamten strafrechtlichen Deliktsaufbau betreffende Auffassung kann hier nicht weiter eingegangen werden. Soweit die Untersuchung allerdings, wie unter § 3 I dargelegt, für das Zivilrecht das Modell des absoluten Klageschutzes favorisiert, bekennt sie sich zu einem naturalistischen Tatbestandsmodell, dessen Plastizität für die Rechtsanwendung im Strafrecht nur von noch größerer Bedeutung sein kann. Zur Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen vgl. insbesondere Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 6. Abschnitt Rz. 53 ff.; Kühl, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 8; sowie den Überblick über das Meinungsspektrum bei Roxin, Strafrecht AT/I, § 13 Rz. 11. 137 Unten § 3 II 2. 138 So sprachlich nahezu identisch, allerdings ohne Bezug auf Hegel, Köhler, Strafrecht AT, S. 244, mit Blick auf die ärztliche Heilbehandlung. 139 Ausgehend von der Überlegung, dass „die Erscheinung des gesetzten Rechts im Unrecht zum Schein fortgeht“, spricht Hegel davon, dass sich „das Recht durch das Negieren dieser seiner Negation […] wiederherstellt, durch welchen Prozeß seiner Vermittelung, aus seiner Negation zu sich zurückzukehren, es sich als Wirkliches und Geltendes bestimmt, da es zuerst nur an sich und etwas Unmittelbares war.“ Die geschehene „Verletzung des Rechts als Rechts“ ist für Hegel mithin „zwar eine positive, äußerliche Existenz, die aber in sich nichtig ist. Die Manifestation dieser ihrer Nichtigkeit ist die ebenso in die Existenz tretende Vernichtung jener Verletzung, – die Wirklichkeit des Rechts, als seine sich mit sich durch Aufhebung seiner Verletzung vermittelnde Notwendigkeit.“ Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 82 und 97 nebst Zusatz (Kursivdruck im Original). Überlegungen zur Rechtsordnung als Unrechtsordnung stellt vor diesem Hintergrund Schapp an, Methodenlehre des Zivilrechts, S. 21 ff., der hieraus für das Zivilrecht eine Lehre von Primärpflichten und Sekundärpflichten entwickelt. Zur Fundierung des Gedankens der Pflicht in einem der abendländischen Philosophie entspringenden ethischen Gebot der Achtung des anderen in seinen Lebensgütern vgl. ferner Schapp, Freiheit, Moral und Recht, S. 187 ff., sowie zuvor ders., Ethische Pflichten und Rechtspflichten. Fortgeführt wird dieser Gedanke von Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 96 ff., der seine leistungsstörungsrechtliche Untersuchung damit zugleich als Beitrag zur Lehre von der Pflicht im Bürgerlichen Recht begreift. Aufgegriffen wird die Einschätzung der drei großen Rechtsgebiete Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht als Unrechtsordnungen mit je eigenen Gesetzlichkeiten dann auch für die Analyse 136

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Die feinere, unwertbezogene Beurteilung des Opferwillens, die eine Gegenüberstellung von tatbestandsausschließendem Einverständnis und rechtfertigender Einwilligung erlaubt, macht nun allerdings nur plausibel, weshalb die Fehlerbehaftetheit der Willensbildung für das tatbestandsausschließende Einverständnis keine Bedeutung hat, obwohl dies auf den ersten Blick ungereimt erscheint. Willensmängel sind hier vielmehr irrelevant, solange nur das Faktum einer zustimmenden Willensäußerung existiert.140 Obwohl also gerade diese Delikte Angriffe auf die Willensfreiheit sanktionieren sollen, sind Willensmängel bei der Bildung des schließlich erklärten Willens irrelevant. Das lässt sich aber darauf zurückführen, dass diese Delikte nicht den Angriff auf die Willensfreiheit als solche sanktionieren, sondern erst das die Willensbildung ausnutzende Handeln des Täters. Wer sich also das tatbestandliche Einverständnis des Verletzten erschleicht, geht nicht deshalb straffrei aus, weil er nicht dessen Willen verletzt hat – was er mit dem Erschleichen der Zustimmung ja durchaus getan hat –, sondern deshalb, weil sich der strafbewehrte Unwertgehalt, beim Diebstahl etwa die Eigenmächtigkeit der Besitzaneignung, nicht verwirklicht hat. Dass die Irrtumserregung selbst einen Angriff auf die Willensfreiheit darstellt, der eigenständiger Bestrafung zugänglich ist, zeigt hingegen schon die von bestimmten Modalitäten und Motiven abhängige Sanktionierung der im Betrug liegenden Irrtumserregung. Was demgegenüber umgekehrt die Relevanz von Willensfehlern bei der rechtfertigenden Einwilligung betrifft, so wird im Bereich der Medizin auch hier kaum eine Erklärung gegeben, vielmehr meist nur eine Veranschaulichung durch Beispiele.141 Das Aufklärungserfordernis als Wirksamkeitsanforderung wird hier also nicht näher begründet, sondern aus dem Gedanken abgeleitet, dass die Wirksamkeit der Einwilligungserklärung die Freiheit von Zwang und Irrtum und damit auch die Kenntnis der wesentlichen faktischen Grundlagen voraussetzt, ohne dass dieses Erfordernis nun allerdings seinerseits als zugrunde gelegte Prämisse näher begründet wird.142 Auch der speziell für das Strafrecht entwickelte Gedanke, dass im Zeitpunkt der Tat feststehen müsse, ob eine Einwilligung wirksam sei oder nicht, kann den Wirksamkeitszusammenhang selbst nicht erklären. Vielmehr führt er zu einer Absage an zivilrechtliche Kategorien anfechtbarer Willenserklärung, ohne damit aber doch deutlich zu einer Bedeutung der Dogmatik in der zivilrechtlichen Rechtsfindung von Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 93 ff. Huda geht auf der Grundlage der Überlegungen Schapps der Frage nach, wie sich die Freiheit des rechtsgeschäftlich Handelnden im Rechtsgeschäft verwirklicht, vgl. Huda, Freiheit und Rechtsgeschäft. 140 Vgl. nur etwa Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 60 ff.; Apodiktisch von der Unwirksamkeit der Einwilligung ausgehend, ohne sie näher zu begründen, auch schon etwa RGSt 41, 392 (396). 141 So etwa Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rz. 376; Roxin, Strafrecht, AT/I, § 13 Rz. 112; Kühl, Strafrecht AT, § 9 Rz. 35; auch etwa Gropp, Strafrecht AT, § 6 Rz. 43 ff. 142 Vgl. Köhler, Strafrecht AT, S. 254.

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machen, weshalb die Einwilligung denn – einerlei ob ex nunc oder ex tunc – bei Irrtumsbehaftetheit überhaupt unwirksam sein soll.143 Und selbst wenn die strafgerichtliche Rechtsprechung dem Tatrichter die Beurteilung überlässt, „unabhängig von den im bürgerlichen Recht maßgeblichen Gesichtspunkten in jedem Einzelfall unter entsprechende Würdigung der besonderen Umstände zu entscheiden, ob und inwieweit der Willensmangel sachlich beachtlich ist“,144 betrifft diese Beurteilungsprärogative lediglich den Anwendungsbereich des Unwirksamkeitsmechanismus, ohne ihn eigenständig zu erklären,145 und entsprechend gilt dies für sämtliche Lehren, die Kriterien für die Maßgeblichkeit von Irrtümern im Einzelnen aufstellen,146 wie auch für die Begründung der näheren Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht.147

bb) Die rechtsgutsbezogene Verlagerung von Verständnisrisiken als sachliche Begründung des Aufklärungserfordernisses Erweist sich die eigenständige systematische Reflexion der Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis damit schon kaum als Thema zivil- und strafrechtlicher Dogmatik, gilt dies umgekehrt nicht für die sachlichen Erwägungen, die zu einer Anerkennung der Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis geführt haben. Hier ist es vor allem der Rang der in der Medizin betroffenen Rechtsgüter, der nach herrschender Auffassung dazu drängt, das Risiko unzureichenden Verständnisses derjenigen Seite zuzuweisen, die meist allein über die notwendige Anschauung von den medizinisch-wissenschaftlichen Zusammenhängen des vorgesehenen Rechtsguteingriffs verfügt (1). Lediglich angedeutet werden sollen dabei auch die Konsequenzen, die sich aus der damit verbundenen Absage der medizinrechtlichen Dogmatik an die Abgabe einer Risikoerklärung ergeben (2).

(1) Der Rang der betroffenen Rechtsgüter und die fehlende Anschauung des Rechtsgutträgers von den Zusammenhängen der Medizin Mit der Auswirkung von Aufklärungsfehlern auf die Wirksamkeit der Einwilligung in einen medizinischen Eingriff wird die Frage gestellt, zu wessen Lasten es gehen soll, wenn dem Rechtsgutträger die für seine Entscheidung relevanten Umstände nicht hinlänglich vor Augen geführt werden, er sie also nicht zur 143

Vgl. zu diesem zeitlichen Gedanken etwa Roxin, Strafrecht AT/I, § 13 Rz. 97. OLG Stuttgart, NJW 1962, 62 (63). 145 Zu der strafrechtlichen Kontroverse über die adäquate Erfassung von Willensmängeln der Einwilligung vgl. insbesondere Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 357 f. 146 Grundlegend für das Strafrecht vor allem Geilen, Einwilligung und ärztliche Aufklärungspflicht, der bereits 1963 den für die Entwicklung der strafrechtlichen Einwilligungsdogmatik grundlegenden Gedanken einer ‚sachgerechten Motivation‘ aufstellt; ferner Arzt, Willensmängel bei der Einwilligung, S. 17 ff. 147 Hierzu näher unten § 5 II. 144

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Grundlage seiner Entscheidung macht. Wenn dies nach überwiegender Auffassung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führt, wird das Verständnisrisiko im Ergebnis dem Arzt zugeteilt. Diese Risikozuweisung lässt sich im Kern nur darauf zurückführen, dass Leben, Körper und Gesundheit die Persönlichkeit des Menschen überhaupt erst konstituieren und in dieser Perspektive höchste rechtliche Priorität genießen, wie dies denn auch ihr hoher verfassungsrechtlicher Rang zeigt.148 Entsprechend kann es nicht verwundern, dass die Erforderlichkeit der Aufklärung denn auch meist in einem Atemzug mit der Bedeutung dieser Rechtsgüter angesprochen wird. Auch zur Aufklärung schlägt sich damit ein die Einwilligungslehre heute insgesamt maßgeblich durchziehendes Beurteilungskriterium durch, nämlich der Rechtsgutsbezug der Einwilligung. Für das Strafrecht ist dieser Gedanke vor allem von Arzt aufgeworfen und fruchtbar gemacht worden.149 Aufgegriffen und ausgearbeitet wurde er dann aber nicht nur im Strafrecht,150 vielmehr kann eine rechtsgutbezogene Differenzierung heute auch im Zivilrecht als maßgeblich gelten,151 wo teils sogar explizit bei der Einwilligung in die Verletzung absoluter Vermögensrechte wie des Eigentums von einer unmittelbaren Anwendbarkeit oder zwar analogen, dann aber doch stetigen Anwendbarkeit der §§ 104 ff. BGB ausgegangen wird,152 dies hingegen bei der Einwilligung in die Verletzung absolut geschützter persönlichkeitsbezogener Rechtsgüter wie Leben, Körper und Gesundheit weit von sich gewiesen wird.153 148 Zwar kann man umgekehrt auch die Autonomie selbst als das höchste von der Verfassung geschützte Gut begreifen, vgl. Taupitz, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 497 (502), solange damit der Gedanke verbunden bleibt, dass das Maß des Autonomieschutzes dann jedoch wiederum entscheidend vom Rang der durch die Autonomieausübung betroffenen Güter abhängt. 149 Arzt, Willensmängel bei der Einwilligung, insbesondere S. 19 ff., 30. 150 Vgl. Schönke/Schröder-Lenckner, vor §§ 32 ff. Rz. 46 f. Zur heutigen Relevanz dieses Kriteriums vgl. nur etwa Roxin, Strafrecht AT/I, § 13 Rz. 98 f. und 104 ff. Kritisch hingegen Jakobs, Strafrecht AT, 7. Abschnitt, Rz. 116 ff. Die denkbar weiteste Auffassung dürfte hingegen Amelung vertreten, JuS 2001, 937 (943 f.), der mit der Maßgeblichkeit des eigenen Wertesystems des Erklärenden den Gedanken des Rechtsgutsbezugs im Ergebnis obsolet werden lässt. 151 Besonders plastisch Palandt-Sprau, § 823 Rz. 38, der vom Rechtsgutbezug schon die Frage der Rechtsnatur abhängig macht: „Die Einwilligung des Verletzten ist je nach betroffenem Rechtsgut einseitige Willenserklärung oder geschäftsähnliche Handlung“. In der Rechtsprechung kommt der Gedanke schon früh zum Ausdruck, wenn der BGH, BGHZ 29, 33 (36), bereits wenige Tage vor seinem 1. Elektroschock-Urteil die Maßgeblichkeit einer Einwilligung der Minderjährigen damit begründet, dass es sich bei ihr „um eine Willensäußerung des Minderjährigen handelt, die bedeutsame Rechtsfolgen nach sich ziehen kann“, was nur als Bezug auf die betroffenen Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit verstanden werden kann. 152 Staudinger-Schäfer, 12. Aufl., § 823 Rz. 457; a. A. Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 15. 153 Staudinger-Schäfer, 12. Aufl., § 823 Rz. 458.

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Der Gedanke des Rechtsgutsbezugs allein bedarf dann aber doch der Relativierung. Schließlich ist der Mensch gerade aufgrund seiner Konstituierung durch Leben, Körper und Gesundheit stets einer Gefährdung dieser Rechtsgüter ausgesetzt, ohne dass dies auch stets die Notwendigkeit einer Aufklärung nach sich zöge. Wer sich den Gesundheitsrisiken des Alltagslebens aussetzt, gibt vielmehr die gleichen Rechtsgüter preis, und zwar unzähligen Handlungen Dritter, wofür die Lehre von den Verkehrssicherungspflichten ein beredtes Zeugnis abgibt. Ein nicht geringer Unterschied zu diesen Gefährdungssituationen in der Medizin besteht allerdings darin, dass der Patient – anders als der Autofahrer, der Fallschirmspringer oder der Feuerwehrmann – seine Rechtsgüter willentlich nicht nur einer Verletzungs-Gefährdung aussetzt, sondern unmittelbar einer Verletzungs-Handlung – freilich um hieraus auf längere Sicht gesundheitlich zu profitieren. Mit der Injektion oder dem operativen Eingriff ist also eine ungewollte, aber in Kauf genommene Rechtsgutsgefährdung verbunden, die erst aufgrund einer Verletzungs-Handlung entstanden ist. Damit zeigt sich aber zugleich, dass bei der Einwilligung in ärztliche Eingriffe der Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers von vornherein eine weitaus größere Bedeutung hat und damit typischerweise eine Reflexion der Vorund Nachteile einer solchen Entscheidung bedingt, während der Rechtsgutträger bei den meisten Alltagsrisiken gar nicht ernsthaft die Wahl hat, ob er sie eingeht oder nicht. Wenn man hier einen Entscheidungsprozess also überhaupt für relevant hält, wie dies plausibel jedenfalls für jene Gefahren erscheint, die sich, wie das Beispiel des Fallschirmspringers zeigt, nicht aus den Notwendigkeiten des alltäglichen Zusammenlebens ergeben, schält sich im Kern schließlich das Unwissen von den Zusammenhängen in der Medizin als der eigentliche Grund für die Erforderlichkeit einer Aufklärung heraus. Wer also etwa einen Kaufvertrag schließt, weiß, dass er als Käufer den Kaufpreis zahlen muss, weiß, dass er in Anspruch genommen werden kann, wenn er dies trotz Aufforderung des Verkäufers nicht tut, weiß, dass ihm nur während eines begrenzten Zeitraums Ansprüche wegen Mängeln der Kaufsache zustehen und der Umtausch der Ware ohne sachliche Gründe letztlich vom Entgegenkommen des Verkäufers abhängt. Wer einen Mietvertrag abschließen möchte, weiß in der Regel, dass Mietverträge entweder auf Zeit oder unbefristet geschlossen werden, weiß, dass meist eine Kaution und unter Umständen eine Maklervergütung geschuldet wird und der Vermieter eine Reihe von Kosten auf ihn abwälzen darf. Wer mit seinem Wagen fährt – den er entweder bar bezahlt oder mit Hilfe eines Kreditvertrags finanziert, möglicherweise auch geleast hat – weiß, dass er hierzu einen Führerschein benötigt, nicht über rote Ampeln fahren darf, den Pkw regelmäßig beim TÜV vorstellen muss, Schadensersatz schuldet, wenn er andere Fahrzeuge oder Personen beschädigt und sich strafbar macht, wenn er den Unfallort trotz potenzieller Verursachung verlässt, um sich der Haftung zu entziehen.

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Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen und gebietet weitere Differenzierungen, die hier zunächst nicht weiter interessieren sollen.154 Entscheidend ist vielmehr, dass dem Bürger hier eine Vielzahl von Rechtsbeziehungen nebst den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten allemal in einer Weise vor Augen steht, wie dies für den medizinischen Eingriff nur das Ziel der ärztlichen Aufklärung sein kann. Wesen, Bedeutung und Tragweite der Rechtsgeschäfte, mit denen der Bürger seine Lebenswelt zivilrechtlich gestaltet, stehen ihm also zumindest in den Grundzügen so vor Augen, dass ihm eine verständige Abwägung und infolgedessen Ausübung seiner privaten Autonomie möglich ist.155 Auch das Verbrauchervertragsrecht setzt diese Kenntnis voraus, wenn es in den von ihm erfassten Situationen das Vertragsmodell nicht außer Kraft setzt, sondern lediglich dort, wo die Risikobehaftetheit eines Geschäfts dem Verbraucher gegenüber allzu sehr kaschiert erscheint, Korrekturen vornimmt und auch diese Korrekturen nur ausnahmsweise als Nichtigkeit ausgestaltet und im übrigen überwiegend mit der Gewährung von Widerrufsrechten reagiert.156 Und selbst in Rechtsfragen, die doch ähnlich wie die Medizin den Bereich höchstpersönlicher Lebensführung tangieren, dem Einzelnen aber doch vor Augen stehen – wie etwa die Eheschließung oder das Testament – legt der Staat keinen strengeren Maßstab an, sondern zieht sein Kontrollinstrumentarium im Gegenteil aus wohlüberlegten Gründen zurück.157 So tut er der Selbstverständlichkeit gegenseitiger ehelicher Rücksichtnahme nur mehr dem Begriff nach denn durch eine veritable Regelung im Gesetz mit § 1353 I 2 BGB Erwähnung, wie er die Testierfreiheit nur in äußerst geringem Maße begrenzt, etwa durch das Pflichtteilsrecht nach §§ 2303 ff. BGB. In der Tradition der Geschichtenphilosophie lässt sich dieser Zusammenhang auch dahin kennzeichnen, dass jeder Mensch von Kindesbeinen an in Lebenswelten verstrickt ist, die ihn in endlosen Wendungen mit der täglichen Lebenswelt seiner Eltern, seiner Freunde, seines Partners, seines Arbeitgebers usw. vertraut machen.158 Dazu gehört zwar auch das Verstricktwerden in von 154 Zu den abgestuften rechtlichen Reaktionen auf strukturelle Ungleichgewichtslagen im bürgerlichen Vertragsrecht näher unten § 9. 155 So etwa Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 41. 156 Näher unten § 9 II 3. 157 Vgl. denn auch bereits den Wortlaut von Art. 6 I GG, der den Lebensbereich der Ehe und Familie unter den ‚Schutz‘ des Staates stellt. Deutlicher noch Art. 8 I EMRK, der den Staat lediglich zur ‚Achtung‘ des Familienlebens verpflichtet. Verpflichtend ist nach der Abschlussklausel der EMRK freilich nur der englische und der französische Text, wobei in der englischen Fassung des Art. 8 I EMRK von „secure“ die Rede ist. Vgl. hierzu insbesondere das Urteil des EGMR Hatton u.a. ./. Vereinigte Königreich in der Übersetzung von Purnhagen, EuGRZ 2005, S. 584 ff m. Anm. Heselhaus/Marauhn, EuGRZ 2005, 549 ff. 158 Zur Bedeutung der eigenen Geschichten für die Erschließung von Welt W. Schapp, ‚In Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und Ding‘. In der verstärkt seit Beginn der neunziger Jahren aufkommenden, auch internationalen Rezeption werden die Gedanken W. Schapps häufig als eine Philosophie narrativer Ontologie verstanden, aber auch An-

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der Medizin geprägte Lebensgeschichten, beginnend von den eigenen Kinderkrankheiten und der Erfahrung elterlicher und großelterlicher Fürsorge über die fachliche Beratung des Kinderarztes bis hin zu den Gesundheitsproblemen als Jugendlicher oder Erwachsener. Mit dem Körper sind diese Erfahrungen dann auch auf die wohl denkbar innigste Weise mit den Lebensgeschichten der eigenen Person verbunden. Nur folgt daraus gerade nicht, dass man bei neu auftretenden Krankheitsbildern Kenntnis von den ursächlichen Zusammenhängen oder denkbaren Therapiemöglichkeiten hätte. Die eigene Erfahrung reicht hier bei weitem nicht aus, um künftige Geschehen zunehmend selbstständig beurteilen zu können. Während das Zivilrecht also im Normalfall von einer großen Gleichförmigkeit der relevanten lebensweltlichen Tatsachen geprägt ist und hierauf daher entsprechend gleichförmig rechtlich reagieren kann, ist die Welt knüpfungspunkte zu seinen frühen phänomenologischen Forschungen als Schüler Edmund Husserls gesucht. Vgl. das Nachwort von Greisch zu W. Schapp, ‚Empêtrés dans des histoires. L’être de l’homme et de la chose‘, S. 239 ff.; Greisch, ‚Paul Ricœur. L’itinérance du sens‘; Naudin, Binswanger & Schapp: ‚Existential Analysis or narrative Analysis?‘. Aus dem deutschen Schrifttum insbesondere Lübbe, ‚Bewusstsein in Geschichten. Studien zur Phänomenologie der Subjektivität. Mach-Husserl-Schapp-Wittgenstein‘; Pohlmeyer, ‚Geschichten-Hermeneutik. Philosophische, literarische und theologische Provokationen im Denken von Wilhelm Schapp‘; Haas, ‚Kein Selbst ohne Geschichten. Wilhelm Schapps Geschichtenphilosophie und Paul Ricœurs Überlegungen zur narrativen Identität‘; ferner die Beiträge in Lembeck, Geschichte und Geschichten. Studien zur Geschichtenphänomenologie Wilhelm Schapps. Schon in den phänomenologischen Überlegungen W. Schapps ist seine spätere Geschichtenphilosophie freilich angelegt. Wenn ihm selbst anhand des Sprungs in einer Teetasse die Bedeutung der Geschichten klar geworden ist, in denen überhaupt erst Dinge auftauchten, die er dann als ‚Wozudinge‘ bezeichnete, so wird dieser Sprung bereits in W. Schapp, Beiträge zur Phänomenologie der Wahrnehmung, S. 117, erwähnt, freilich auch nur dies. Wie dieser Hintergrund erhellt, erscheint es dann aber angemessener – wenn man Phänomenologie und Geschichtenphilosophie denn überhaupt als zwei Geistesströmungen gegeneinander ausspielen möchte –, bereits seine Phänomenologie als Vorläufer der späteren Geschichtenphilosophie W. Schapps zu deuten, als umgekehrt die Geschichtenphilosophie als spezielle Ausprägung eines phänomenologischen Denkens bei W. Schapp zu begreifen. Weiter ausgezogen wird die Geschichtenphilosophie dann in einer Trilogie der Werke von W. Schapp ‚In Geschichten verstrickt‘, ‚Philosophie der Geschichten‘ und ‚Metaphysik der Naturwissenschaft‘. Zur Entstehung dieser Werke und zum Aufkommen der Geschichtenphilosophie bei W. Schapp insgesamt J. Schapp, in: Geschichte und Geschichten. Studien zur Geschichtenphänomenologie Wilhelm Schapps (S. 13 ff.). Die Vertrautheit mit der Lebenswelt bildet der Sache nach auch den gedanklichen Anknüpfungspunkt für die Rechtsphänomenologie Reinachs, Die apriorischen Grundlagen des bürgerlichen Rechts (erstmals erschienen 1913). Ihrer Substanz nach fehlt der Untersuchung von Reinach mit ihrer formalen Orientierung an Wesensgesetzen freilich gerade die feste Verankerung seiner Untersuchung in der sozialen Wirklichkeit, die W. Schapp, Die neue Wissenschaft vom Recht, Erster Band: Der Vertrag als Vorgegebenheit, Zweiter Band: Wert, Werk und Eigentum, von vornherein sucht, wenn er sich auf Vertrag und Eigentum konzentriert. Reinach geht hingegen „gerade den umgekehrten Weg […], d.h. versucht, aus dieser Wirklichkeit in eine Wesenssphäre zu gelangen“, so die prägnante Gegenüberstellung durch J. Schapp, Sein und Ort der Rechtsgebilde, S. 39. Grasnick, Über Schuld, Strafe und Sprache, hat den Gesichtspunkt der Geschichte des Straftäters für das Strafrecht fruchtbar gemacht.

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der Ereignisse und Zusammenhänge in der Medizin so vielgestaltig und komplex, dass sie sich einem gleichförmigen Verständnis durch medizinische Laien weitgehend entzieht. Das gilt erst recht, wenn man in Erwägung nimmt, dass auch die anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst im besten Sinne dieses Wortes nur Regeln sind, weil ihr Eingreifen beim Patienten stets von dessen ganz individueller körperlicher Verfassung abhängt. Diese Individualität durchzieht den gesamten ärztlichen Ablauf von der Anamnese bis zu einem etwaigen Abschlussgespräch über den Behandlungserfolg, und entsprechend ist auch der Inhalt der ärztlichen Behandlungspflicht notwendig individuell ausgerichtet. Zur unzureichenden Kenntnis von den medizinischen Zusammenhängen hinzu tritt also noch die Individualität der Rechtsgutbedrohung, die selbst beim Arzt als Kenner der Materie stets noch die fallbezogene Anwendung der ihm vertrauten Erfahrungssätze erforderlich macht, um die Gesundheitsrisiken für den konkret betroffenen Patienten abschätzen zu können. In noch größerem Maße gilt dies, wenn die Therapiemöglichkeiten der Schulmedizin an ihre Grenzen stoßen und nur noch ein hypothesengeleitetes Vorgehen möglich ist, sei es durch einen individuellen Heilversuch oder eine klinische Studie.

(2) Risikoaufklärung statt Risikoerklärung: zu den Konsequenzen des Wirksamkeitserfordernisses Indem die ärztliche Aufklärungsdogmatik Wissensdefizite zu Gültigkeitsdefiziten erhebt, verfolgt sie die Idealvorstellung einer voll informierten Entscheidungsfindung des Rechtsgutträgers. Einem geläuterten Verständnis von Autonomie läuft dieser Gedanke tendenziell entgegen. So legt das Zivilrecht seiner Figur des Rechtsgeschäfts ein Verständnis von Autonomie zugrunde, in dem neben der Selbstgesetzgebung des Erklärenden die Notwendigkeit der Wahrnehmung dieser Autonomie im Rechtsverkehr, also gegenüber Dritten immer schon mitgedacht wird. Eine Willenserklärung wird hier nicht so, wie der Erklärende sie gemeint hat, wirksam, sondern mit dem Inhalt, den ein objektiver Dritter in der Person des Erklärungsempfängers als geäußerten Willen des Erklärenden versteht, §§ 133, 157 BGB. Das gilt selbst dann, wenn der Erklärende gar keine rechtlich relevante Erklärung abgeben wollte – also ohne Erklärungsbewusstsein bzw. Rechtsbindungswillen handelte –, äußerlich aber dieser Eindruck erweckt wird.159 Von seiner Willenserklärung kann sich der Erklärende dann auch nicht ohne weiteres lösen, vielmehr muss ihm eine entsprechende Widerrufsmöglichkeit eingeräumt oder er zur Anfechtung berechtigt sein. Die Rechtsfolgen seiner Erklärung folgen dann auch nur zu einem guten Teil, min159 Vgl. nur etwa BGHZ 91, S. 324 (329 f.); Medicus, Allgemeiner Teil, Rz. 607, und MüKoKramer, § 119 BGB, Rz. 103; a.A. Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 354 m.w.N.

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destens die essentialia negotii, aus der Erklärung selbst, während sich ihr überwiegender Teil aus den gesetzlichen naturalia negotii ergibt, die nur jenseits ihrer zwingenden Geltung überhaupt durch zusätzliche Vereinbarungen, die accidentalia negotii, ersetzt werden können. Ein weiterer Aspekt des rechtsgeschäftstheoretischen Autonomie-Gedankens liegt dann darin, dass die im Rechtsgeschäft liegende Vernünftigkeit des Willens im Sinne der auf Kant zurückgehenden moralphilosophischen Tradition des 19. Jahrhunderts nicht weiter spezifiziert wird. Wie Schapp und Schur plastisch formulieren, ist diese Vernünftigkeit „zwar der Grund für die Anerkennung des Willens, aber sie kann der Grund für die Einräumung von Willensfreiheit nur sein, wenn diese formal bleibt“.160 Auch diesem Verständnis von Autonomie läuft die medizinrechtliche Einwilligungsdogmatik tendenziell entgegen, wenn sie mit der Aufklärung nicht nur die Notwendigkeit einer Informiertheit des Rechtsgutträgers vorgibt, sondern sich sogar ihrem Schwerpunkt nach um eine Lehre vom Umfang der so erforderlichen Aufklärung bemüht. Auf eine kurze Formel gebracht: im Vertragsrecht bindet auch die Risikoerklärung, im Medizinrecht erst die Risikoaufklärung. Deutlich zutage tritt dieses Spannungsverhältnis zwischen individuellen Wertvorstellungen und Rechtsverkehr vor allem bei der Frage, wie sich die alleinige Erheblichkeit des subjektiven Aufklärungsbedarfs mit einem notwendig objektiv, da eine andere Person betreffenden Verständnishorizont des Arztes vereinbaren lässt. Wie noch zu zeigen sein wird, praktiziert die Aufklärungsdogmatik, im Grunde im Widerspruch zu ihrem eigenen Ausgangspunkt, längst einen objektivierenden Ansatz, wenn sie insbesondere mit den typischen Risiken und der Relevanz einer Grundaufklärung einen vom Einzelfall abstrahierenden Aufklärungsumfang vor Augen hat, der erst in einem zweiten Schritt einzelfallbezogener Modifikation ausgesetzt wird und schließlich in eine Fragelast des Patienten münden kann, soweit dieser Informationen erbittet, die den durchschnittlichen Erwartungshorizont überschreiten.161 Besonders deutlich wird diese Maßgeblichkeit subjektiver Vernünftigkeit schließlich im Prozess, wenn es die Frage zu klären gilt, ob der Geschädigte im Fall ordnungsgemäßer Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre. Hier muss er zwar seine individuelle Motivsphäre darlegen, wenn er die Beweisführungslast des Arztes trotz bestrittener Kausalität des Aufklärungsfehlers aufrechterhalten möchte. Er muss dies aber immerhin doch in einer für den Richter plausiblen Weise tun, auch wenn sich der Richter bei seiner Bewertung von den Wertvorstellungen des Patienten leiten lassen muss und sie nicht durch seine eigenen ersetzen darf.162 160

Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 317. Vgl. unten § 5 II 2. 162 Wie der BGH erst unlängst klargestellt hat, gilt dies auch dann, wenn der schwerst hirngeschädigte Patient nicht mehr gemäß § 141 ZPO persönlich angehört werden kann; in 161

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Wie eingangs bereits angedeutet, liegt in diesem Erfordernis hinlänglicher Aufklärung im Grunde eine Begrenzung der Freiheit desjenigen, dessen Autonomie doch gewahrt werden soll, der ohne Aufklärung aber nicht als autonom handelnd begriffen wird. Fragt die Rechtsgeschäftslehre sonst also schon aus Gründen der Praktikabilität nur negativ nach Mängeln der Geschäftsfähigkeit oder der Willensbildung, wird die Fehlerfreiheit der Einwilligungsentscheidung nunmehr zum positiven Postulat ihrer Wirksamkeit. Dass dies den Rechtsverkehr notwendig überfordern muss, kompensiert die Rechtsprechung erst auf Ebene der Beweisführung, wenn der BGH seit langem fordert, die Anforderungen an den Beweis einer wirksamen Aufklärung durch den Arzt nicht zu überspannen.163 Das Gebot subjektiver Aufklärung stößt aber schon materiell auf seine Grenzen, soweit das mündliche Aufklärungsgespräch, wie noch näher darzulegen ist, bereits selbst einen Abstraktionsprozess beinhaltet.164 Wird die mit dem Modell des informed consent verbundene Abkehr von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre damit aber nicht vollständig durchgezogen, muss dies zugleich den Blick dafür schärfen, dass auch die Formularerklärung in der Medizin nicht als solche einem kategorischen Verdikt unterliegen kann, sondern die Frage stattdessen allein lauten muss, wo die besonderen Gefahren dieser Formularpraxis liegen und ob und inwieweit ihnen durch rechtliche Kontrollmaßstäbe begegnet werden kann.165

2. Die Auswirkungen von Aufklärungsfehlern auf die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes Die vorstehenden Ausführungen haben deutlich gemacht, dass das Modell des informed consent zwar breite Anerkennung genießt, es dogmatisch jedoch weitgehend konzeptionslos geblieben ist, wenn die Bedeutung des Aufklärungserfordernisses mehr nur rechtsgutbezogen hergeleitet, denn systematisch in eine Lehre von der Wirksamkeit der Einwilligungserklärung integriert wird. Vor diesem Hintergrund kann es wenig verwundern, dass das Modell eines informed consent heute denn auch von einem nicht unbeträchtlichen Teil der Literatur in seiner eigentlichen Bedeutung verworfen wird, also die informierte Einwilligung als Rechtfertigung eines tatbestandlichen Rechtsguteingriffs aufzufassen. Das Aufklärungsdefizit wird nach dieser Auffassung vielmehr unmittelbar selbst zur Haftungsgrundlage, ohne dass es auf den Bezugspunkt diesem Fall ist die Plausibilität eines Entscheidungskonflikts anhand sämtlicher sonstiger Anhaltspunkte zu prüfen, vgl. BGH VersR 2007, 999 ff. Näher zu den aufgrund dieser Plausibilitätstheorie entwickelten Beweisgrundsätzen unten § 7 II 3 b). 163 Eingehend hierzu unten § 7 II. 164 Hierzu sogleich unten § 5. 165 Eingehend hierzu unten 3. Teil.

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einer Einwilligungserklärung noch ankäme. Hintergrund dieser Auffassung ist allerdings nicht die Konzeptionslosigkeit der informierten Einwilligung als Rechtsinstitut, sondern der Wunsch nach Korrekturen am Haftungssystem der Rechtsprechung, das teilweise – so im Strafrecht – als überschießend begriffen, teilweise aber auch – so im Zivilrecht – für ergänzungsfähig erachtet wird. Soweit diese Meinungskontroverse seit geraumer Zeit monographisch aufgearbeitet wird166 und heute bereits zum Standard jedes Lehrbuchs insbesondere zum Strafrecht gehört,167 kann sich die nachfolgende Darstellung auf die Wiedergabe markanter Eckpunkte innerhalb dieser Diskussion beschränken. Strukturell soll sich der Gedankengang dabei allerdings nicht an einer Betrachtung des Zivilrechts einerseits und des Strafrechts andererseits orientieren. Vielmehr sollen als eigentliche, rechtsgebietsübergreifende Antagonisten Rechtsprechung und Literatur gegenübergestellt und erst auf dieser Grundlage die Auswirkungen des jeweiligen Haftungsmodells in Zivilrecht einerseits und Strafrecht andererseits ausgeleuchtet werden, also zum einen im Hinblick auf den Haftungsumfang und zum anderen, freilich mehr nur mit Blick auf das Zivilrecht, im Hinblick auf die Beweislastverteilung. Diese Vorgehensweise führt sehr viel eindringlicher als eine nach Rechtsgebieten differenzierende Abhandlung vor Augen, dass sowohl die Konzeption der Rechtsprechung wie auch die der Literatur ambivalent ist, da die Vorzüge für das eine Rechtsgebiet bald zum Defizit für das andere werden können. Der Blick wird daher zunächst auf die Rechtsprechung zur ärztlichen Heilbehandlung als durch informierte Einwilligung zu rechtfertigende Körperverletzung zu legen sein (a), bevor die in der Literatur aufgeworfene Notwendigkeit einer schutzgutbezogenen Korrektur dieser Rechtsprechung in Frage gestellt werden soll (b). Angesichts der zwischen Rechtsprechung und Literatur über Jahrzehnte hinweg verhärteten Fronten misst die Untersuchung entscheidendes Gewicht dann allerdings der Untätigkeit des Gesetzgebers bei, die unter methodischen Gesichtspunkten nur dafür sprechen kann, das Haftungssystem der Rechtsprechung als geltendes Recht zu begreifen (c). Freilich kann mit diesem Gang der Darstellung nur ein idealtypischer Anspruch verbunden sein. Anders als in den meisten Abhandlungen zu diesem Thema wird im Folgenden daher ganz bewusst kein historischer Ansatz gewählt, sondern der – wie sich zeigen wird zentrale – Gegensatz zwischen Hand166 Vgl. aus jüngerer Zeit aus dem zivilrechtlichen Schrifttum insbesondere Katzenmeier, Arzthaftung, S. 111 ff., sowie zur eigenen Konzeption S. 322 ff.; Ohly, „Volenti non fit iniuiria“, S. 238 ff. Aus dem strafrechtlichen Schrifttum insbesondere Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis; Hartmann, Eigenmächtige Heilbehandlung. Umfassende Literaturhinweise finden sich bei MüKo-Joecks, § 223 vor Rz. 68.; SK-Hirsch, § 228 Rz. 10, auch zur Einwilligung in andere Eingriffe wie Sterilisation und Kastration, ärztliche Experimente, Sport und Doping, a.a.O., Rz. 16. 167 Vgl. nur etwa Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 41 ff.

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lungs- und Erfolgsunrechts-Ansatz. Wenn die Darstellung des Meinungsspektrums in der Literatur daher, vor allem im Zivilrecht, tendenziell überzeichnet wird, so ist dies eine ganz bewusst in Kauf genommene Konsequenz, um die Auswirkungen der unterschiedlichen Ansätze möglichst plastisch gegenüberzustellen. In Parenthese vorausgeschickt sei dabei, dass die zu erörternde Kontroverse ihre Entsprechung im anglo-amerikanischen Rechtskreis findet, wo der informed consent als zentrales Rechtfertigungselement einer Körperverletzung heute überwiegend als aufgegeben gelten kann. Wie Ohly in seiner Abhandlung zur Einwilligung im Privatrecht unlängst dargestellt hat, gründete die informed consent-Doktrin im englischen, und dem folgend im amerikanischen Recht zwar zunächst ebenso wie in der heutigen deutschen Rechtsprechung in der Einwilligung als Rechtfertigung einer Körperverletzung.168 Während dies zunächst jedoch nur Fälle echter ärztlicher Eigenmacht betraf, in denen jede Einwilligung fehlte, setzte sich die Rechtsprechung mit bloßen Aufklärungsmängeln dann erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts auseinander.169 Die Besonderheit des common law, zwischen der vorsätzlichen Verletzung eines Rechtsguts (intentional torts) und der allgemeinen Haftung aus dem tort of negligence wegen fahrlässiger Verletzung einer Sorgfaltspflicht (duty of care) als zwei unterschiedlichen Deliktstatbeständen zu unterscheiden, führte dann allerdings in der Folgezeit zu einer weitgehenden Aufgabe der Körperverletzungsdoktrin. In erster Linie wird eine Körperverletzung danach heute nur noch dann angenommen, wenn der Patient überhaupt nicht eingewilligt hat.170 Mängel in der Risikoaufklärung berühren demnach nicht mehr die Wirksamkeit der Einwilligung – die nur überhaupt vorliegen muss –, sondern werden als eigenständige haftungsbegründende Pflichtverletzungen gedeutet, womit der Begriff des informed consent im Grunde seinen eigentlichen Sinn verlor.171 Auch das englische Recht hat der Sache nach diese US-amerikanische Haltung eingenommen.172 Der deutsche Sprachgebrauch bleibt daher nur dann berechtigt, wenn man mit dem Begriff des informed consent auf die Konzeption der deutschen Rechtsprechung abzielt. Für diejenigen, die die Körperverletzungsdoktrin des 168

Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 382 f. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 383 f. 170 Aber auch, wenn er nicht über die Natur des Eingriffs selbst aufgeklärt wurde, vgl. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 384 f. 171 Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 385, auch zu den unterschiedlichen Maßstäben, die die US-amerikanischen Gerichte an den Umfang der Aufklärungspflicht anlegen. 172 Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 385 f. Ohly selbst, a.a.O., S. 198, 242 f., knüpft an diese Konzeption an, soweit er speziell mit Blick auf die ärztliche Heilbehandlung den Standpunkt vertritt, dass der eigenmächtige Heileingriff auch bei kunstgerechter Durchführung eine Verletzung der körperlichen Integrität darstellt, der Eingriff nach Aufklärung und Einwilligung hingegen nicht einmal tatbestandlich eine Körperverletzung. 169

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BGH ablehnen, verblasst der informed consent hingegen bald zu einem bloßen Patientenrecht,173 ohne der Einwilligung noch haftungsbegründende Bedeutung beizumessen. Diese Strömungen können deshalb allerdings nicht – jedenfalls nicht für das Deliktsrecht – als unmittelbare Umsetzung der anglo-amerikanischen Rechtsentwicklung begriffen werden, da dem deutschen Recht ein dem tort of negligence vergleichbarer Deliktstatbestand fremd ist. Die Verletzung einer Sorgfaltspflicht beschränkt sich hier vielmehr auf die Konturierung des für das Deliktsrecht analog geltenden Fahrlässigkeitsmaßstabs des § 276 BGB,174 wie auch für das Leistungsstörungsrecht in den Fällen der Sorgfaltspflichtverletzung präzise zwischen einer Sorgfaltspflicht als haftungsbegründender Pflichtverletzung und einer weiteren Sorgfaltspflicht zur Konturierung einer auf die Pflichtverletzung bezogenen Fahrlässigkeit unterschieden werden muss.175 Kennt das Deliktsrecht damit aber keine Sorgfaltspflichtverletzung als haftungsbegründende Tatbestandsvoraussetzung,176 stehen die unter b) zu erörternden Auffassungen anders als im anglo-amerikanischen Rechtskreis vor der Notwendigkeit, die Verletzung der Aufklärungspflicht weiterhin auf die Verletzung eines absolut geschützten Rechts zu beziehen, und knüpfen daher im Zivilrecht an die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB an.177 173 Als Patientenrecht wird die informierte Einwilligung heute freilich schon unabhängig vom juristischen Sprachgebrauch begriffen, vgl. die Deklaration von Lissabon zu den Rechten des Patienten, Weltärztebund, Handbuch der Deklarationen, Erklärungen und Entschließungen – Deutsche Fassung, 17 H (S. 140), Nr. 3 a) und b) und hierzu bereits oben § 3 II 1 a) bb). Für den juristischen Sprachgebrauch vgl. nur etwa Rothärmel, Einwilligung, Veto, Mitbestimmung, S. 36 f. 174 Über die Notwendigkeit einer Analogie wird freilich häufig hinweggegangen, obwohl der Wortlaut des § 276 I 1 BGB – der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten – unzweideutig einen Haftungsmaßstab innerhalb eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses ausdrückt, durch die unerlaubte Handlung ein solches hingegen erst begründet wird. 175 Vgl. Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 297 ff., wo denn auch auf die Gefahr der Verwechslung beider Sorgfaltspflichten hingewiesen wird, Rz. 301. Eingehender zu diesem Gedankenkreis insbesondere Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 106 f., der hiervon ausgehend im systematischen Teil seiner Untersuchung eine umfassende Analyse von Sorgfaltspflichten als Primärpflichten vorlegt, a.a.O., S. 123 ff. 176 Insbesondere lässt sich auch die Verkehrspflicht nicht als Grundlage einer Pflichtenkonzeption des Deliktsrechts begreifen, da sie ihrerseits erst an die Verletzung einer absolut geschützten Rechtsposition anknüpft, indem es unter mehreren Ursachensetzung der Identifizierung haftungsrelevanten Verhaltens dient. Zum Gedanken einer Erosion des Deliktsrechts durch die Formulierung haftungsbegründender Pflichten Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 236 ff., 2 ff., mit Blick insbesondere auf v. Bar, Verkehrspflichten, S. 312 ff.; ders., Gutachten „Deliktsrecht“, 1681 (1714), sowie in historischer Perspektive vor allem auf v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts. 177 Der Begriff des Selbstbestimmungsrechts ist dabei einem öffentlich geprägten Freiheitsdenken verhaftet, während es zivilistisch gedacht an sich präziser erschiene, die hier im Kern geschützte Autonomie als Rechtsgut im Sinne von § 823 I BGB zu begreifen, da sich das Selbstbestimmungsrecht anders als das Eigentum und andere vergleichbar absolut geschütz-

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a) Zur Einheit von Integritäts- und Autonomieschutz: die ständige Rechtsprechung zur ärztlichen Heilbehandlung als durch informierte Einwilligung zu rechtfertigende Körperverletzung Nach ständiger Rechtsprechung des BGH in Zivil- und Strafsachen stellt die ärztliche Heilbehandlung tatbestandlich eine Körperverletzung dar, die der Einwilligung des Rechtsgutträgers bedarf. Da Aufklärungsdefizite – sowohl in Form bloßer Aufklärungsmängel, erst recht jedoch im Fall des vollständigen Fehlens einer Aufklärung – zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen, zieht dies mangels Rechtfertigung eine Haftung wegen rechtswidriger Körperverletzung nach sich. Die Ärzteschaft selbst, der die Literatur den Ruch des Rechtswidrigen durch Ablehnung des Körperverletzungscharakters nehmen möchte, hat diesen Zusammenhang schon lange – wenn auch nicht mit Blick auf rechtliche Wertungen – ihrem Selbstverständnis zugrunde gelegt: vulnerando sanamus lautet noch heute die Inschrift über dem Eingang einer chirurgischen Universitätsklinik – wir heilen, indem wir verwunden.178 Aber auch in rechtlicher Sicht zielte der Begriff der Körperverletzung von Beginn an nur darauf ab, einen umfassenden Schutz der körperlichen Integrität aufzustellen, der von jeglichen Beweggründen des Handelnden zunächst absieht. Die Rechtsprechung hat das bereits in ihrer ersten grundlegenden Entscheidung zum Ausdruck gebracht, wenn sie sich für ihren Standpunkt auf die Gesetzesmaterialien beruft: „Als man statt der mehr kasuistischen Fassung des § 187 des preußischen Strafgesetzbuchs: ‚wer vorsätzlich einen Anderen stößt oder schlägt, oder demselben eine andere Mißhandlung oder Verletzung des Körpers zufügt‘, die jetzige Formulierung des § 223 St.G.G.’s wählte: ‚wer vorsätzlich einen Anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt‘, wollte man mit dem Ausdrucke ‚körperlich mißhandeln‘ im weites-

ten Rechte gerade nicht auf einen (auch nur unkörperlichen) Gegenstand bezieht, vgl. Brox/ Walker, Besonderes Schuldrecht, § 41 Rz. 22. Ein äußerlicher Einwand wäre es, gegen diese Auffassung den Wortlaut des § 823 I BGB anzuführen, der nicht von sonstigen Rechtsgütern spricht, sondern von ‚sonstigen Rechten‘, zumal mit dem Gedanken des Rechts anders als beim Rechtsgut immer schon die Übertragbarkeit impliziert ist. Wenn von dogmatischen Begriffen andererseits aber kein heuristischer Erkenntniswert erwartet werden kann, sondern immer nur ein systematischer Orientierungsgesichtspunkt, vgl. Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 115 ff., setzt eine begriffliche Umorientierung entscheidend voraus, dass sie unter Ordnungsgesichtspunkten überlegen erscheint. Das ist für die Klassifizierung des Selbstbestimmungsrechts als Rechtsgut statt als Recht im Sinne des § 823 I BGB bislang allerdings nicht erkennbar, weshalb im Rahmen dieser Untersuchung an der Einordnung des Selbstbestimmungsrechts als sonstigem Recht festgehalten wird. 178 Wörtlich ‚durch das Verwunden heilen wir‘, also nicht etwa – wie es dem kritischen Schrifttum entsprechen würde, der ärztlichen Heilbehandlung den Verwundungscharakter zu nehmen – ‚den Verwundeten heilen wir‘ (vulneratum sanamus). Die genannte Inschrift findet sich über dem Eingang des Chirurgie-Altbaus des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in der Klinikstr. 29 in Gießen.

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ten und allgemeinsten Sinne alle unmittelbar und physisch dem körperlichen Organismus zugefügten Verletzungen zusammenfassen“.179

Mit dem Anliegen umfassenden Integritätsschutzes verbunden war dann von Anbeginn die Absolutheit dieses Schutzes, also die Losgelöstheit von ‚einschränkenden, selbständigen Rechten‘ des Handelnden, wie das Reichsgericht in der vorgenannten Entscheidung formuliert. Unhaltbar war es daher bereits für das Reichsgericht, „das ‚nicht rechtswidrige‘ darein sehen zu wollen, daß der Zweck oder gar der Erfolg der Körperverletzung sich als dem Verletzten heilsam, als vernünftig darstelle“.180 Mit erfrischendem Scharfsinn wies das Reichsgericht überdies auf die Inkonsequenz hin, lediglich ärztliches Handeln aus dem Tatbestand der Körperverletzung herauszunehmen: „Weshalb beispielsweise das, was dem Arzte um seiner physischen Heilzwecke willen ohne weiteres erlaubt sein soll, nicht ebenso dem um das Heil der Seele besorgten Geistlichen zu gestatten ist, nicht auch Freiheitsberaubung, Nötigung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und zahlreiche ähnliche Delikte aus dem Bereiche rechtswidriger Handlungen herauszuheben geeignet ist, bleibt in diesem Gedankengange dunkel“.181 „Daß jemand nach eigener Überzeugung oder nach dem Urteile seiner Berufsgenossen die Fähigkeit besitzt, das wahre Interesse seines Nächsten besser zu verstehen, als dieser selbst, dessen körperliches oder geistiges Wohl durch geschickt und intelligent angewendete Mittel vernünftiger fördern zu können, als dieser es vermag, gewährt jenem entfernt nicht irgend eine rechtliche Befugnis, nunmehr nach eigenem Ermessen in die Rechtssphäre des Anderen einzugreifen“.182 „Das Absurde einer solchen Unterstellung springt mit besonderer Schärfe in die Augen, wenn man erwägt, daß das hier behauptete, durch den vernünftigen Zweck begründete ‚Recht‘, will man demselben überhaupt einen Sinn beilegen, folgerichtig dahin führt, das subjektive Belieben, den rein subjektiven guten Glauben des Einzelnen an seine Fähigkeit und Geschicklichkeit im Wohlthun zum rechtsbildenden, Rechte schaffenden und Rechtsnormen aufhebenden Faktor zu erheben“.183

Die Einschätzung der Rechtsprechung hat sich seit dieser Entscheidung vom 31. Mai 1894 im Grunde nicht mehr gewandelt,184 sie präjudiziert in Deutschland praktisch die gesamte delikts- und strafrechtliche Arzthaftung bis auf den heutigen Tag,185 wie zugleich auch die Rechtsprechung in Österreich und der 179 RGSt 25, 375 (378). Für einen weiter zurückreichenden Überblick zum Strafrechtsschutz vor Körperverletzungen vgl. Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsverhältnis zwischen Patientenautonomie und Lex artis, S. 48 ff. 180 RGSt 25, 375 (378). 181 RGSt 25, 375 (379). 182 RGSt 25, 375 (378). 183 RGSt 25, 375 (378 f.). 184 Vgl. nur die Fortentwicklung der Rechtsprechung in den strafrechtlichen Entscheidungen des BGH, BGHSt 11, 111; 12, 379; 16, 309; 35, 246; BGH NStZ 1996, 34 f.; wie aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung insbesondere RGZ 68, 431 (433 f.); BGHZ 29, 46; 29, 176 (179 f.); 67, 48 (49); 90, 96 (99); 106, 391 (397 f.). 185 So Brüggemeier, Deliktsrecht, Rz. 752; dem folgend Katzenmeier, Arzthaftung, S. 112 (Fn. 224).

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Schweiz diesem Ansatz folgt.186 Auf den Einwand mancher Stimme in der Literatur, zwischen körperlicher Integrität und Selbstbestimmungsrecht differenzieren zu müssen, vertritt die Rechtsprechung heute vielmehr den Standpunkt, dass der Schutz dieser absolut geschützten Rechtsgüter kein Selbstzweck ist, sondern die Dispositionsfreiheit des Rechtsgutträgers mit einschließe.187 Mit Tag lässt sich dieser Gedanke auch dahin wenden, dass eine Trennung der Rechtsgüter Körper und Gesundheit vom hierauf gerichteten menschlichen Willen als nicht sachgerecht empfunden wird, weil der Zustand von Körper und Gesundheit immer schon durch den Umgang des Rechtsgutträgers mit den ihm zugeordneten Gütern bestimmt wird.188 Besonders deutlich zutage tritt diese Einschätzung in der sogenannten Sperma-Entscheidung des BGH, in der er über das betroffene Schutzgut bei der Vernichtung vom Körper isolierten Spermas zu entscheiden hatte. Selbst hier, wo der Leib des Rechtsgutträgers insgesamt zweifellos nicht betroffen ist, hat der BGH eine Körperverletzung angenommen.189 Er versteht „das Recht am eigenen Körper als gesetzlich ausgeformten Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und erblickt eine Verletzung des Körpers, die § 823 I BGB ausdrücklich neben der Verletzung der Gesundheit erwähnt, in jedem unbefugten, weil von der Einwilligung des Rechtsträgers nicht gedeckten Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit“.190 Schutzgut des § 823 I BGB sei demnach „nicht die Materie, sondern das Seins- und Bestimmungsfeld der Persönlichkeit, das in der körperlichen Befindlichkeit materialisiert“ sei.191 Konsequenterweise begreift das Gericht damit auch Körpersubstanzen, die bereits vom Körper getrennt wurden, nach dem Willen des Rechtsträgers jedoch mit diesem wieder zur Bewahrung der Körperfunktionen oder zu ihrer Verwirklichung vereinigt werden sollen, als vom Schutzgut Körper in § 823 I 186

Vgl. die Nachweise bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 126. So die Formulierung von MüKo-Wagner, § 823 Rz. 700, ähnlich Rz. 663. 188 Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsverhältnis zwischen Patientenautonomie und Lex artis, S. 440, die zudem, S. 91, „eine nach heutigen medizinischen Erkenntnissen verfehlte Trennung von Körper, Seele und Geist“ als Argument anführt, damit allerdings empirischen Wissenssätzen ein auf diesem Abstraktionsniveau zu weitreichendes Präjudiz für die Ausgestaltung des positiven Rechts beimessen dürfte. 189 Wenn auch nur erwidernd auf die Einordnung der Spermavernichtung als Sachbeschädigung durch das Berufungsgericht, vgl. BGH NJW 1994, 127. 190 BGH NJW 1994, 127, mit Verweis auf BGH NJW 1980, 1452 (1453). 191 BGH NJW 1994, 127 (127 f.), im Anschluss an RGRK-Steffen, § 823 Rz. 9. Zur Aufnahme der Entscheidung in der Literatur vgl. insbesondere die Darstellung des Meinungsspektrums in der scharf kritisierenden Untersuchung von Voß, Vernichtung tiefgefrorenen Spermas als Körperverletzung?, S. 10 ff.; Ehrlich, Gewinnabschöpfung des Patienten bei kommerzieller Nutzung von Körpersubstanzen durch den Arzt?, S. 28 ff. Als auf das Zivilrecht begrenzt sieht diese Rechtsprechung aus Analogiebedenken heraus Erlinger an, in: Dierks/Wienke/Eberbach/Schmidtke/Lippert (Hrsg.), Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht, S. 71 (73 f.). 187

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BGB umfasst. Das folge aus dem Schutzzweck der Norm, wonach § 823 I BGB „die körperliche Integrität in Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Rechtsträgers umfassend schützt“, und daher Körpersubstanzen auch während ihrer Trennung vom Körper umfasst, die „mit diesem weiterhin eine funktionale Einheit bilden“.192 Ihre Zuordnung zum Schutzgut Körper verlören solche Substanzen erst dann, wenn der Wiedereingliederungswille des Rechtsgutträgers fehle. Eine Vernichtung derartiger Substanzen kann also auch aus der Sicht des BGH nicht mehr zu einer Haftung wegen Körperverletzung führen, wohl aber zu Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, „dies aber nur unter den besonderen, für die Fälle einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entwickelten einschränkenden Voraussetzungen“.193 Blicken wir nun zunächst auf die Konsequenzen, die dieser Standpunkt eines mit dem Rechtsgut Körper tatbestandlich erfassten ‚körperlichen Selbstbestimmungsrechts‘194 nach sich zieht, bevor die ihm entgegengesetzten Einwände der Literatur beleuchtet werden. Entsprechend dem jeweiligen Haftungsmodell, in das die Körperverletzungsdoktrin eingebettet ist, fallen sie für Zivilrecht (aa) und Strafrecht (bb) teilweise unterschiedlich aus.

aa) Konsequenzen für die zivilgerichtliche Rechtsprechung Von geringerer Bedeutung sind hinsichtlich der Konsequenzen dabei die Fallgruppen des Behandlungsfehlers (1) wie der Behandlung lege artis bei wirksamer Einwilligung (2), die hier denn nur angesichts ihrer systematischen Grundlegung kurz in den Blick zu rücken sind. Näher zu betrachten sind vielmehr die Fälle der Behandlung lege artis bei defizitärer Einwilligung (3).

(1) Der Behandlungsfehler und die grundlegende Bedeutung des Schadens als Haftungsvoraussetzung im Zivilrecht Was die Fallgruppe des Behandlungsfehlers betrifft, kann er in den folgenden Überlegungen jedenfalls insofern vernachlässigt werden, als hierin nach Rechtsprechung und Literatur gleichermaßen eine rechtswidrige Körperverletzung liegt, die zur Haftung des Arztes führt. Weder kommt es angesichts des Zuwiderhandelns gegen die Regeln der ärztlichen Kunst auf die Wirksamkeit einer Einwilligung überhaupt noch an – da sie nie in die Vornahme sorgfaltswidri192

BGH NJW 1994, 127 (127 f.). BGH NJW 1994, 127 (128), der mit dieser Formulierung die leichte Irritation ausräumt, die sein unmittelbar vorangehend aufgeworfener Gedanke einer ‚Überlagerung des Sacheigentums vom Persönlichkeitsrecht‘ hervorruft, und sich insoweit bezieht auf Deutsch, MDR 1985, 177 (179); Heldrich, JuS 1969, 455 (461); Laufs, JZ 1986, 769 (772); Püttner/Brühl, JZ 1987, 532; Taupitz, JZ 1992, 1089 (1093). 194 So MüKo-Wagner, § 823 Rz. 83. 193

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ger Handlungen erteilt wird –,195 noch führt der nicht lege artis vorgenommene Heileingriff zu einem Tatbestandsausschluss. Bedeutsam ist die Fallgruppe des Behandlungsfehlers hier daher nur insoweit, als sich an ihr das zivilrechtliche Haftungsmodell, wie es die Rechtsprechung verfolgt, plastisch illustrieren lässt. Nehmen wir als Beispiel eine internistische Operation, die lege artis eingeleitet wird, in deren Zuge jedoch ein benachbartes inneres Organ verletzt wird, was in der Folge zu gesundheitlichen Komplikationen und zur Notwendigkeit eines zweiten chirurgischen Eingriffs führt, der trotz kunstgerechter Durchführung einen schmerzhaftem Heilungsprozess zur Folge hat. In der Folge kann das Organ selbst dann zwar als vollständig wiederhergestellt begriffen werden, es lässt sich aber nicht vermeiden, dass sich in den folgenden Monaten der Genesungsphase eine chronische Kreislaufschwäche manifestiert. Anknüpfungspunkt für die Haftung ist hier die in der Verletzung des Nachbarorgans liegende Körperverletzung, die schon mangels operativer Notwendigkeit von der Einwilligung des Patienten nicht gedeckt war. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist der Arzt nun gemäß § 249 I BGB verpflichtet, „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Das bedeutet zunächst einmal, dass er zur Beseitigung des Primärschadens verpflichtet ist, also zur Beseitigung der in der Verletzung des Organs liegenden Einbuße an dem damit betroffenen Rechtsgut Körper, soweit dies medizinisch möglich ist.196 Praktisch wird der Patient hierzu freilich meistens einen anderen Arzt aufsuchen und vom schädigenden Arzt dann nach § 249 II 1 BGB Geldersatz verlangen. Die zweite Operation und der damit verbundene Klinikaufenthalt stellen sich damit zwar einerseits als geschuldete Wiederherstellungsmaßnahmen dar. Wie besonders plastisch die damit verbundenen Schmerzen zeigen, beinhalten sie jedoch, ebenso wie die mit der neuerlichen Operation erfolgenden tatbestandlichen Körperverletzungen, zugleich eigenständige Schädigungen des Patienten. Da der Patient sich diesen Wiederherstellungsmaßnahmen freiwillig unterzieht, können sie allerdings nicht selbst haftungsbegründend als unerlaubte Handlung gewertet werden. Ersatzfähig sind sie also nicht deshalb, weil sie ihrerseits durch tatbestandliche Körperverletzungen ausgelöst werden, sondern weil sie die Folge des ursprünglichen Behandlungsfehlers darstellen, also sogenannte Sekundärschäden. Das gilt erst recht für die chronische Kreislaufschwäche des Patienten, die sich erst nach erfolgreicher Wiederherstellung 195

Vgl. bereits oben § 3 I 2. Soweit der Körper selbst durch innere physiologische Vorgänge zum Heilungsprozess beiträgt, wird dies allerdings nicht als Fall (teilweiser) Unmöglichkeit der Naturalrestitution begriffen. Auf die Abgrenzung von Fällen, in denen eine Schadensbehebung – etwa aufgrund des Verlusts eines Körperglieds – gar nicht oder nur teilweise möglich ist, sowie auf weitere schadensrechtliche Differenzierungen soll es hier und im Folgenden allerdings nicht weiter ankommen. Vgl. hierzu nur etwa MüKo-Oetker, § 249 Rz. 325. 196

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des Organs einstellt. Das erste haftungsbegründende Ereignis bildet damit im Zivilrecht gleichsam das Einfallstor für einen Haftung für sämtliche Sekundärschäden, soweit sie nur als dessen adäquate Folge einzuschätzen sind. Die Beweislast liegt dabei für den Behandlungsfehler grundsätzlich, für den Nachweis der Sekundärschäden ausnahmslos beim Geschädigten. So kehrt sich die Beweislast insbesondere bei einem groben Behandlungsfehler zugunsten des Geschädigten um, während ihm Beweiserleichterungen im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität nicht zugute kommen.197

(2) Die konsentierte Heilbehandlung lege artis und die Beweislast für die Einwilligung Hinsichtlich der Konsequenzen ebenfalls keiner breiteren Erörterung bedürfen dann jene Fälle, in denen die Behandlung lege artis und unter wirksamer Einwilligung des Patienten erfolgt. Kommt es hier in der Folge zu einem Gesundheitsschaden, so scheitert eine Haftung des Arztes angesichts der wirksamen Einwilligung des Patienten unproblematisch dann, wenn über das Risiko dieses Gesundheitsschadens zuvor auch aufgeklärt wurde. Denn dann hat sich keine andere Sachlage verwirklicht als jene, die der Patient mit der Behandlung in Kauf genommen hat. Gleiches gilt aber auch in jenen Fällen, in denen sich ein Schaden einstellt, über den nicht aufgeklärt wurde, solange denn eine Aufklärung über dieses Risiko gar nicht, etwa da sehr unwahrscheinlich und die Lebensführung des Patienten auch nicht besonders belastend,198 erforderlich war. Bleibt die Einwilligung also ungeachtet des verwirklichten Risikos wirksam, fehlt es an einer Haftungsgrundlage. Die Beweislast des Arztes für Abgabe und Wirksamkeit der Einwilligung folgt dabei für die Rechtsprechung zwanglos aus der von ihr verfolgten Körperverletzungsdoktrin.

(3) Einwilligungsdefizite und die Haftungseinschränkungen fehlenden Zurechnungszusammenhangs und rechtmäßigen Alternativverhaltens Als eigentlich interessante Fallgruppe erweist sich dann die Behandlung lege artis bei unzureichender Einwilligung des Patienten, wobei wiederum zwischen gänzlich fehlender (a) und lediglich defizitärer Einwilligung (b) zu unterscheiden ist. 197 Kritik an diesem Haftungsmodell übt jüngst Eike Schmidt, MedR 2007, 693 ff., der der Rechtsprechung vorwirft, systemwidrig von der Integritäts- zur Leistungsebene zu wechseln, und dafür plädiert, die Haftung für Behandlungsfehler künftig nur noch im Vertragsrecht anzusiedeln, womit es allein auf die Fehlerhaftigkeit des ärztlichen Handelns ankäme, nicht mehr auf eine Gesundheitsbeeinträchtigung, und für die Beweisaufnahme statt auf § 286 ZPO auf § 287 ZPO zurückgegriffen werden könne. Kritisch hierzu Gödicke, MedR 2008 (im Druck). Zu Fragen der Beweisführung im Einzelnen näher unten § 7 II. 198 Zu diesen beiden Hauptkriterien der Risikoaufklärung vgl. unten § 5 II.

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(a) Zur vollen Haftung bei gänzlich fehlender Einwilligung Nehmen wir zunächst den Fall, dass es an einer Einwilligung des Patienten gänzlich fehlt, der Arzt also komplett eigenmächtig vorgegangen ist. Als Beispiel möge die erfolgreiche Durchführung einer indizierten Operation dienen, an die sich in der Folge sowohl ein typisches Risiko des Eingriffs wie auch ein völlig fernliegender, die Lebensführung des Patienten auch nicht besonders belastender Gesundheitsschaden einstellt. Ersatzfähiger Schaden ist hier zunächst wiederum die Einbuße am Rechtsgut, also der Primärschaden. Da die Operation selbst geglückt ist, können die hierzu erforderlichen Einbußen am Rechtsgut selbst – also etwa die aufgeschnittene Haut, ihre Beeinträchtigung durch die Operationsnadel beim Zunähen und die zunächst zurückgebliebene, dann aber ausgeheilte Wunde – nicht mehr als ersatzfähig begriffen werden. Hier richtet sich der Blick vielmehr auf die eingetretenen Sekundärschäden. Soweit sie sich nicht beheben lassen und auch sonst keine Vermögensschäden des Patienten zur Folge haben, kann dieser den Arzt immerhin noch gemäß § 253 II BGB auf den Ersatz immaterieller Schäden in Anspruch nehmen, weil hierfür die Körperverletzungsqualität der wenn auch lege artis durchgeführten Operation ausreicht und keine Einwilligung des Patienten vorliegt. Lassen sich die eingetretenen Sekundärschäden hingegen beheben, schuldet der Arzt – soweit möglich – deren Beseitigung bzw. Geldersatz, § 249 I bzw. § 251 II 1 BGB. Ob es sich dabei um typische oder atypische Risiken handelt, eine Aufklärung des Patienten hierüber also geboten war oder nicht, ist mangels insgesamt erteilter Einwilligung für die zivilgerichtliche Rechtsprechung unerheblich.

(b) Zur Haftungsdifferenzierung bei unzulänglicher Aufklärung Wandeln wir den Fall nun aber dahin ab, dass die Einwilligung nicht insgesamt fehlt, sondern lediglich ihre Wirksamkeit angesichts von Aufklärungsdefiziten in Frage steht, und fassen wir hierbei zunächst den Fall ins Auge, dass der Patient über ein an sich aufklärungsbedürftiges Risiko nicht informiert wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH hat dieses Aufklärungsdefizit in einem ersten gedanklichen Schritt die Unwirksamkeit der Einwilligung insgesamt zur Folge. Das beruht auf der Erwägung, dass die Einwilligung eines Patienten in einen ärztlichen Eingriff keine Erklärung sei, „die sich aufspalten läßt in eine solche, die sich auf die Verletzung der körperlichen Integrität einerseits bezieht, und in eine solche, die andererseits die Selbstgefährdung durch Inkaufnahme etwaiger Risiken betrifft“. Zwar umfasse sie inhaltlich beide Momente. Das habe mit dem Erklärungsinhalt gegenüber dem Arzt aber nichts zu tun, der vielmehr eindeutig sei: „Wird die Einwilligung wirksam erteilt, gilt sie uneingeschränkt. Wird sie versagt (oder, was dem gleich steht, ist sie mangels ausreichender Aufklärung rechtsunwirksam), ist die Willenserklä-

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rung nicht anders gemeint, und kann auch nicht anders verstanden werden, als daß der Patient die ihm angeratenen ärztlichen Maßnahmen nicht dulden will, und zwar insgesamt nicht“.199 Aus Sicht des BGH kann demnach „die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff nur insgesamt erteilt oder verweigert werden“. Im Grundsatz gelte deshalb, „daß Aufklärungsdefizite, unabhängig davon, ob sich ein aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht hat oder nicht, den Eingriff insgesamt wegen der fehlenden Einwilligung des Patienten rechtswidrig machen und deswegen bei Vorliegen eines Verschuldens des Arztes im Grundsatz zur Haftung für alle Schadensfolgen aus der Behandlung führen“, weil der eigenmächtige Eingriff insgesamt nicht vorgenommen werden durfte. 200 Fehlt es damit in einem ersten gedanklichen Schritt an der Wirksamkeit der Einwilligung, kann eine Haftung des Arztes nun allerdings gleichwohl vor allem unter zwei Gesichtspunkten ausscheiden. Zum einen kann eine Haftung des Arztes mit Blick auf den Schutzzweck der Aufklärungspflicht dann entfallen, wenn es zwischen dem Aufklärungsfehler und dem verwirklichten Risiko am erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt. Wird ein Patient also etwa im Fall einer Rektoskopie nicht darüber aufgeklärt, dass der Eingriff mit erheblichen Schmerzen verbunden sein kann, führt dieses Aufklärungsdefizit nicht zur Haftung, wenn im konkreten Fall nicht erhebliche Schmerzen eintreten, sondern es zu einer Darmperforation kommt, über deren Möglichkeit der Patient nicht aufzuklären war. 201 Hat die verletzte Aufklärungspflicht also gar nicht die Verhinderung des konkret eingetretenen Schadens im Blick, führt die bloße Tatsache, dass dem Arzt überhaupt ein Aufklärungsfehler anzulasten ist, nicht zu seiner Haftung, wenn über das eingetretene Risiko gerade nicht aufzuklären war. 202 Gleiches gilt dann, wie der BGH später konsequenterweise klarstellt, auch für den Fall, dass sich „gerade dasjenige Risiko verwirklicht, über das aufgeklärt werden musste und tatsächlich auch aufgeklärt worden ist“. Ob bei der Aufklärung auch andere Risiken der Erwähnung bedurften, spielt also „regelmäßig keine Rolle“, wenn sie sich gar nicht verwirklichen. 203 Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. Berührt der Aufklärungsfehler nämlich den Bereich der sogenannten Grundaufklärung, behandelt der BGH den Fall genauso, wie wenn der Patient insgesamt nicht aufgeklärt worden wäre. Unter diesem weiterhin schillernden Begriff versteht der BGH dabei zu-

199 So grundlegend BGH NJW 1984, 1395 (1396). Zu Fragen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs vgl. auch den Überblick bei Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 67 Rz. 5 ff. 200 BGH NJW 1989, 1533 (1535). 201 BGH NJW 1984, 1395 (1396). 202 Vgl. BGH NJW 1989, 1533 (1535). 203 BGH NJW 2000, 1784 (1786); NJW 2001, 2798; Palandt-Thomas, § 723 Rz. 52.

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nächst „eine Aufklärung über Verlauf, Chancen und Risiken der Behandlung ‚im Großen und Ganzen‘“. Dem Patienten müsse „als medizinischem Laien eine zutreffende Vorstellung darüber vermittelt werden, wie ihm nach medizinischer Erfahrung durch Diagnosemaßnahmen und Therapie geholfen werden kann, aber auch welchen Gefahren er sich dabei aussetzt. Dazu müssen ihm nicht alle denkbaren Risiken des Eingriffs medizinisch exakt beschrieben werden. Es genügt, daß der Patient einen zutreffenden Eindruck erhält von der Schwere des Eingriffs, und daß er erfährt, welche Art von Belastungen für seine Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen kann“. 204

Nachdem dieser Aufklärungsumfang noch mit dem allgemeinen Anspruch an die Aufklärung deckungsgleich zu sein scheint, nimmt der BGH dann vor allem solche Aufklärungsfehler aus einer Verletzung der Grundaufklärung heraus, die „etwa nur im Unterlassen einer genaueren Beschreibung eines Einzelaspekts im Rahmen des gesamten Risikospektrums“ liegen, „der zwar dem Patienten besonders hätte dargestellt werden müssen, ohne dessen Kenntnis der Patient aber dennoch wenigstens über den allgemeinen Schweregrad des Eingriffs nicht im Unklaren gelassen worden ist. In der Regel wird es sich dabei um eher fernliegende oder für den Patienten durchaus tragbare Risiken handeln, deren Kenntnis für die Entscheidungsfindung der meisten betroffenen Patienten angesichts aller sonstigen Umstände nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein wird“. 205 Umgekehrt setzt die Grundaufklärung „voraus, dass der Patient auch einen Hinweis auf das schwerste in Betracht kommende Risiko erhalten hat, welches dem Eingriff spezifisch anhaftet“. 206 Verletzt der Arzt also die Pflicht zur Aufklärung über ein außerhalb der Grundaufklärung liegendes Risiko, führt die alleinige Verwirklichung eines nicht aufklärungsbedürftigen Risikos nicht zu seiner Haftung, verletzt er hingegen schon seine Pflicht zur Grundaufklärung, steht der Aufklärungsmangel haftungsrechtlich dem gänzlichen Fehlen einer Einwilligung gleich: „Vielmehr ist bei fehlender Grundaufklärung das Selbstbestimmungsrecht im Kern genauso verletzt, als wenn der Arzt den Eingriff vorgenommen hätte, ohne den Patienten überhaupt um seine Zustimmung zu ersuchen“. 207 In diesem Fall haftet der Arzt also auch dann, wenn sich statt des aufklärungspflichtigen Risikos ein nur äußerst seltenes, nicht aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht hat. Wird ein Patient also, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, vor Durchführung einer Myelographie – also der Röntgendarstellung des Rückenmarks nach Injektion eines Kontrastmittels in die Rückenmarksflüssigkeit – nicht über das Risiko einer Querschnittslähmung aufgeklärt und verwirklicht sich nun auch 204 BGH NJW 1989, 1533 (1535); vergleichbar auch BGH NJW 1991, 2346 (2347); 1996, 777 (779). 205 BGH NJW 1989, 1533 (1535). 206 BGH NJW 1996, 777 (779). 207 BGH NJW 1996, 777 (779).

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nicht dieses Risiko, sondern kommt es zu einem aus sachverständiger Sicht nicht vorhersehbaren epileptischen Anfall, entfällt die Haftung des Arztes nicht, weil er sich mangels ordnungsgemäßer Grundaufklärung des Patienten auf das Fehlen des Zurechnungszusammenhangs zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Risikoverwirklichung nicht berufen kann. 208 Risiken, über die jenseits einer Grundaufklärung aufzuklären ist, lassen diesen Einwand hingegen zu, wie schließlich die bloße Vorenthaltung von Informationen über nicht aufklärungsbedürftige Risiken gar nicht zu einer Haftung führt. Der zweite Gesichtspunkt, der zum Entfallen der Haftung führen kann, ist dann der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens. Ist also davon auszugehen, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung seine Einwilligung in den Eingriff erteilt hätte, kann der Arzt wiederum unter Schutzzweckgesichtspunkten nicht in Anspruch genommen werden. Denn in diesem Fall hat sich der Fehler in der Entscheidung des Patienten gar nicht niedergeschlagen, sei es, dass der Patient gar nicht in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, oder sei es, dass er sich bei reiflichem Überlegen gleichwohl für den Eingriff entschieden hätte.209 Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens ist dem Arzt dabei stets möglich, also sowohl bei einfachen Aufklärungsfehlern wie auch bei Verletzung seiner Pflicht zur Grundaufklärung des Patienten. Wie eng dies beieinander liegen kann, hat sich jüngst in zwei Entscheidungen des BGH zur Aufklärung über neuartige Behandlungsmethoden gezeigt. So erachtete der BGH die fehlende Aufklärung über ein nicht verwirklichtes Risiko als irrelevant, wenn denn die entscheidende Information über den Neulandcharakter der Behandlungsmethode erfolgte, 210 während den Arzt selbst die Aufklärung über das verwirklichte Risiko nicht entlastete, nachdem die Klägerin plausibel dargelegt hatte, bei Kenntnis des Neulandcharakters ihre Entscheidung über die Behandlung überdacht zu haben. 211 Beweisbelastet für das Vorliegen des Aufklärungsfehlers ist nach der Konzeption der Rechtsprechung nicht der Patient, vielmehr muss der Arzt nachweisen, dass er diesen ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Der Beweis fehlenden Zurechnungszusammenhangs oder rechtmäßigen Alternativverhaltens obliegt dagegen – schon nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts – dem Arzt. 212 208

BGH NJW 1996, 777 (779). Ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. nur etwa Palandt-Thomas, § 823 Rz. 51; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 45, jeweils mit zahlreichen Nachweisen. Zum Einwand rechtmäßigen Alternativverhalten auch unten § 7 II. 210 BGH NJW 2006, 2477 (2479) (Robodoc). 211 BGH NJW 2007, 2774 (2776) (Racz-Katheter). 212 Vgl. hierzu nur etwa Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 123, 151 f.; Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 333 f. 209

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(4) Überblick Die Grundsätze der zivilgerichtlichen Judikatur lassen sich damit vereinfacht wie folgt zusammenfassen: (1) Der Behandlungsfehler beinhaltet eine rechtswidrige Körperverletzung und löst damit eine Haftung des Arztes dem Grunde nach aus, die sich zum einen auf die Beseitigung der Rechtsguteinbuße als Primärschaden richtet, zum anderen auf Ersatz für weiter eingetretene Sekundärschäden des Patienten. Der Patient trägt die volle Beweislast, soweit ihm nicht für den Nachweis des objektiven Haftungstatbestands, im Fall des groben Behandlungsfehlers, eine Umkehr der Beweislast zugute kommt. (2) Bei der konsentierten Heilbehandlung lege artis scheidet eine Haftung dem Grunde nach aus, so dass weder der Ersatz von Primär- noch von Sekundärschäden im Raum steht. (3) Bei Einwilligungsdefiziten hinsichtlich der lege artis durchgeführten Heilbehandlung ist zu differenzieren: (a) Fehlt die Einwilligung gänzlich, führt dies zu einer Haftung des Arztes dem Grunde nach. Angesichts des lege artis durchgeführten Heileingriffs wird dabei jedoch häufig nicht der Ersatz von Primärschäden im Raum stehen, sondern von Sekundärschäden, also der Verwirklichung jener Risiken, die im Fall hinlänglicher Aufklärung von der Einwilligung des Patienten umfasst gewesen wären. (b) Liegt eine Einwilligung vor, erweist sich die Aufklärung jedoch als unzulänglich, gilt grundsätzlich das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Mangels Aufspaltbarkeit der Einwilligungserklärung als Bilanzentscheidung ist die Einwilligung insgesamt unwirksam. Dies zieht grundsätzlich die volle Haftung des Arztes für sämtliche Schäden nach sich. Aus den gleichen Gründen wie unter (a) reduziert sich die Haftung jedoch häufig auf den Ersatz von Sekundärschäden und Schmerzensgeld. Ausnahmsweise führt das Aufklärungsdefizit nicht zur Haftung, wenn sich nicht das defizitär dargelegte, sondern ein anderes Risiko verwirklicht, über das nicht aufzuklären war. Als Rückausnahme gilt dies jedoch nicht, wenn der Arzt dem Patient eine Grundaufklärung vorenthält; in diesem Fall steht der Aufklärungsmangel dem gänzlichen Fehlen einer Einwilligung gleich und führt zur Haftung auch für entfernteste Risiken. Berührt der Aufklärungsmangel hingegen Risiken, die sich gar nicht verwirklichen, während über das verwirklichte Risiko auch aufgeklärt wurde, scheidet eine Haftung aus. Eine Haftung für Aufklärungsdefizite jeglicher Art scheidet jedoch aus, wenn sie für die Entscheidung des Patienten irrelevant waren. Wäre der Patient bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Arztes, nämlich hinlänglicher Aufklärung, entweder schon nicht in einen Entscheidungskonflikt geraten oder hätte er gleichwohl eingewilligt, bleibt der Aufklärungsfehler des Arztes für die Entscheidung des Patienten bedeutungslos.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

(c) Die Beweislast für Abgabe und Wirksamkeit der Einwilligung liegt beim Arzt. Ausnahmen von der Relevanz des Aufklärungsdefizits hat der Arzt darzulegen und zu beweisen. Dem Patienten obliegt es lediglich beim Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, plausibel einen hypothetischen Entscheidungskonflikt darzulegen.

bb) Konsequenzen im Strafrecht Was die Konsequenzen des höchstrichterlichen Haftungskonzepts für das Strafrecht betrifft, so kann es auf Fragen einer differenzierten Darlegungs- und Beweislastverteilung anders als im Zivilrecht von vornherein nicht ankommen, obliegt die Beweislast für die Strafbarkeit des Arztes doch in vollem Umfang dem Staat, der in Zweifelsfällen von dessen Unschuld auszugehen hat, in dubio pro reo. Stellt man diese grundlegend anders gelagerte Beweislast für alle Fallgruppen vorab in Rechnung, ergeben sich Unterschiede vor allem nur dadurch, dass dem Strafrecht die Voraussetzung eines Schadens fremd ist, wie bereits in der Fallgruppe des Behandlungsfehlers deutlich wird (1). 213 In den übrigen Fallgruppen ergeben sich praktisch hingegen große Übereinstimmungen, auch wenn der Umfang der strafgerichtlichen Entscheidungen des BGH insgesamt geringer ausfällt (2).

(1) Die Irrelevanz von Sekundärschäden für die Sanktionierung von Aufklärungsfehlern in der strafgerichtlichen Rechtsprechung Für die tatbestandliche Beurteilung des Behandlungsfehlers als Körperverletzung scheinen kaum Unterschiede zwischen Zivil- und Strafgerichtsbarkeit zu bestehen. Nach beiden Sichtweisen stellt der fehlerhafte Heileingriff eine Körperverletzung dar, was im Strafrecht die Strafbarkeit nach §§ 223 ff. StGB zur Folge hat, praktisch insbesondere den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung, § 229 StGB. Und aus beiden Perspektiven kann dann auch selbst der wirksam erteilten Einwilligung keine rechtfertigende Wirkung zukommen, willigt der Patient doch nur in die Ausführung lege artis ein. Ein bedeutsamer Unterschied ergibt sich gleichwohl bereits auf Tatbestandsseite. Denn während im Zivilrecht der objektive Tatbestand der Körperverletzung zunächst nur die Grundlage für eine Haftung schafft, fehlt dem strafrechtlichen Tatbestand schon nur die Unterscheidung zwischen Haftungsgrundlage und Haftungsausfüllung. Während im Zivilrecht also nur jene Schäden ersatzfähig sind, die durch die Körperverletzung verursacht wurden – nämlich zunächst unmittelbar die Einbuße am Rechtsgut als Primärschaden und alsdann sämtliche materiellen und immateriellen Sekundärschäden –, ist dem Strafrecht 213 Auf die Anforderungen an den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht, vgl. unten § 5 II, soll hier im Rahmen eines Vergleichs der Haftungskonzeptionen auch für das – insoweit restriktivere – Strafrecht noch nicht eingegangen werden.

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eine solche Einschränkung auf Tatbestandsseite fremd. Welche Folge eine Körperverletzung im Einzelnen hat, spielt vielmehr – von explizit auf den Erfolg abstellenden Qualifikationstatbeständen abgesehen – erst auf Ebene der Strafzumessung eine Rolle.

(2) Zum weitgehenden Gleichlauf mit den zivilrechtlichen Haftungseinschränkungen Von einem Gleichlauf geprägt ist dann auch das Entfallen einer Haftung im Sinne strafrechtlicher Verantwortlichkeit, wenn der Patient wirksam in die lege artis durchgeführte Heilbehandlung eingewilligt und auf seinen Rechtsgüterschutz verzichtet hat. Betrachten wir stattdessen daher nun auch für das Strafrecht eingehender die Fallgruppe des lege artis durchgeführten, aber von Einwilligungsdefiziten begleiteten Heileingriffs. Fehlt eine Einwilligung gänzlich, ist die in dem lege artis durchgeführten Heileingriff liegende tatbestandliche Körperverletzung nicht gerechtfertigt. Ebenso wie beim Behandlungsfehler kommt es darüber hinaus für die Strafbarkeit des Arztes auf die Entstehung weiterer Schäden nicht an. Vielmehr kommt es nach § 8 StGB allein auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Tat an, so dass der Eintritt des Heilungserfolgs keinen Einfluss mehr auf die Strafbarkeit haben kann. Anders liegen die Dinge hingegen auch im Strafrecht, wenn die Aufklärung nicht insgesamt fehlt, sondern lediglich unzulänglich erscheint. Prinzipiell führt die Unabhängigkeit der Haftung von weiteren Schäden hier zur Strafbarkeit des Arztes auch für den Fall, dass die defizitär konsentierte Heilbehandlung keine Schäden nach sich zieht. Allerdings hat der BGH auch für das Strafrecht Einschränkungen angedeutet. So hat er in seiner viel beachteten Entscheidung vom 29. Juni 1995 zwar nicht darüber entscheiden müssen, „wann im einzelnen unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckgedankens die Strafbarkeit eines Arztes wegen unzureichenden Patientenaufklärung entfällt, wenn sich als Folge eines mit Einwilligung des Patienten vorgenommenen Eingriffs ein Risiko realisiert, das nicht in den Schutzbereich der verletzten Aufklärungspflicht fällt“. 214 Dass er jedoch zu einer Übernahme der dargestellten Grundsätze der zivilrechtlichen Judikatur tendiert, hat er mehr als deutlich gemacht. Zum einen folge aus dem Grundsatz mangels Einwilligung rechtswidriger Körperverletzung „nicht, daß der Arzt sich mit jedem nach einer mangelhaften Aufklärung (und folglich aufgrund unwirksamer Einwilligung) vorgenommenen Eingriff wegen Körperverletzung strafbar macht oder für alle sich aus dem Eingriff ergebenden Risiken strafrechtlich einzustehen hätte. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich insbesondere unter dem Gesichts214

BGH NStZ 1996, 34 (35).

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punkt des Schutzzweckgedankens ergeben.“215 Der BGH bezieht sich hierzu auf Ulsenheimer, 216 der, im Einklang mit seiner sonst skeptischen Einschätzung einer ins Uferlose tendierenden zivilrechtlichen Haftungsjudikatur, eine Übernahme dieser zivilrechtlichen Haftungseinschränkungen für das Strafrecht anmahnt. Zudem führt der BGH in seinem Urteil dann auch konkret aus, dass eine solche Ausnahme „jedenfalls dann in Betracht zu ziehen sein [wird], wenn sich der Aufklärungsmangel lediglich aus dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen ergibt, der Patient eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrade des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerwiegendste Beeinträchtigung informiert worden ist“. 217 Wird man daher die vom VI. Zivilsenat entwickelten Grundsätze zur Haftungseinschränkung unter dem Gesichtspunkt fehlenden Zurechnungszusammenhangs nebst ihrer Verfeinerung durch die Relevanz einer Grundaufklärung auch als in der strafgerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile verankert ansehen müssen, gilt gleiches dann auch für den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Auch hier hat sich der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung ausdrücklich auf die zivilgerichtliche Rechtsprechung bezogen, wenn er ausführt, dass Aufklärungsmängel „eine Strafbarkeit des Arztes wegen Körperverletzung nur begründen [können], wenn der Patient bei einer den Anforderungen genügenden Aufklärung in den Eingriff nicht eingewilligt hätte“, was „dem Arzt – anders als im Zivilrecht – nachzuweisen“ sei.218

b) Ansätze einer Differenzierung zwischen Körperverletzung und Freiheitsdelikt in der Literatur Bedeutsame Unterschiede zum Standpunkt der Rechtsprechung haben nun hingegen jene Auffassungen zur Folge, die in der Literatur dafür plädieren, den ärztlichen Heileingriff rechtlich nicht als Körperverletzung zu qualifizieren und bloße Einwilligungsdefizite gesondert als Verletzung des Selbstbestimmungsrechts zu sanktionieren. Insoweit sei nun umgekehrt zunächst ein Blick auf das Strafrecht als geistige Heimat dieses Standpunkts geworfen (aa), bevor dann die Konsequenzen dieses Meinungsspektrums auch für das Zivilrecht beleuchtet werden (bb). 215

BGH NStZ 1996, 34 (35). BGH NStZ 1996, 34 (35), mit Blick auf Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, Rz. 131. 217 BGH NStZ 1996, 34 (35). Angesichts der langen Dauer des Verfahrens, die den Arzt bereits für sich genommen in den Ruin führen könne, mahnt Ulsenheimer zudem, NStZ 1996, 132 (133), eine Beschränkung ärztlicher Verantwortlichkeit auf Fälle grober Pflichtverletzungen an. Zur Entscheidung des BGH vgl. ferner Rigizahn, JR 1996, 72; Jordan, JR 1997, 32; Puppe, GA 2003, 764. 218 BGH NStZ 1996, 34 (35), mit Blick auf Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 40; Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, Rz. 130 ff.; sowie die Urteile des VI. Zivilsenats des BGH NJW 1980, 1333 (1334); 1984, 1395 (1395 f.). 216

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Keine Unterschiede zur Rechtsprechung ergeben sich allerdings, um dies vorab klarzustellen, soweit kein ärztlicher Heileingriff im unmittelbaren Sinne betroffen ist. So sind daher auch nach Auffassung der Literatur Eingriffe in die körperliche Integrität Körperverletzungen, wenn sie in Drittinteresse erfolgen, etwa die Spende von Blut oder die Entnahme von Körperorganen und -geweben zwecks Übertragung auf einen anderen. Aber auch diagnostische Eingriffe, prophylaktische Maßnahmen, rein kosmetische Eingriffe und solche im Zuge wissenschaftlicher Forschungsvorhaben sollen nach verbreiteter Auffassung den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen, soweit sie dem Handeln mangels medizinischer Indikation den Charakter des Heileingriffs nehmen.219

aa) Zur strafrechtlichen Sanktionslücke in Fällen alleiniger Verletzung des Selbstbestimmungsrechts Auch hinsichtlich der Auswirkungen im Strafrecht sei zwischen der Fallgruppe des Behandlungsfehlers (1), der konsentierten Heilbehandlung (2) und Fällen von Einwilligungsdefiziten (3) unterschieden.

(1) Zum Gleichlauf mit der Rechtsprechung bei Bewertung des Behandlungsfehlers als Körperverletzung Was zunächst die Fallgruppe des Behandlungsfehlers betrifft, so liegt auch nach dem die Rechtsprechung kritisierenden Schrifttum tatbestandlich eine Körperverletzung vor. 220 Denn diese Fallgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass es sowohl an einer Vorgehensweise lege artis wie auch am Erfolg der Heilbehandlung fehlt. Ob und in welchem Umfang es zu Schäden an der körperlichen Integrität des Patienten über die tatbestandsmäßige Handlung des Arztes hinaus kommt, ist für die Strafbarkeit des Arztes hingegen auch nach dem strafrechtlichen Schrifttum irrelevant, da das strafrechtliche Haftungskonzept zwischen Primär- und Sekundärschäden nicht unterscheidet und auch die Literatur an diesem Punkt der Haftungssystematik keine Korrekturen vornimmt.

(2) Zum Tatbestandsausschluss konsentierter Heilbehandlung nach dem lex artis- und dem Erfolgs-Ansatz Nicht im Ergebnis, wohl aber in der Begründung unterscheiden sich die Konsequenzen der herrschenden strafrechtlichen Literatur hingegen für die Fallgruppe der ärztlich nicht zu beanstandenden und konsentierten Heilbehandlung. Denn anders als die Rechtsprechung nimmt die Literatur hier an, dass es 219 Vgl. nur MüKo-Joecks, § 223 StGB Rz. 39 f.; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT/1, § 8 Rz. 31 ff.; Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 50. 220 Vgl. Maurach/Schröder/Maiwald, Strafrecht BT 1, § 8 Rz. 30: „Hier besteht im wesentlichen Einigkeit“.

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nicht erst an der Rechtswidrigkeit, sondern schon am Tatbestand einer Körperverletzung fehlt. Der ausschlaggebende Wertungsgesichtspunkt ist dabei die von Bockelmann am drastischsten ausgedrückte Überlegung, einen heilbehandelnden Arzt nicht auf eine Stufe mit einem Messerstecher stellen zu können. 221 Begründet wird der Tatbestandsausschluss dann allerdings in unterschiedlicher Weise. Am weitesten gehen dabei jene Stimmen, die dem Heileingriff schon seiner Intention wie seinem sozialen Sinngehalt nach den Typus der Körperverletzung absprechen, also schon den für die Tatbestandsmäßigkeit der Körperverletzung erforderlichen Handlungsunwert nicht erkennen können. Sie seien im Folgenden vereinfachend als lex artis-Ansatz bezeichnet:222 ist der Eingriff von einer – objektiven 223 – Heilungstendenz getragen und wird er lege artis durchgeführt, scheidet der Tatbestand der Körperverletzung aus, konsequenterweise also auch dann, wenn er misslingt.224 Um tatbestandslos zu sein, muss die Behandlung dabei zum einen indiziert sein, zum anderen aber auch, soweit möglich, auf evidenzbasierte Therapiemethoden zurückgreifen. 225 Insbesondere mit Welzel wurzelt dieser Ansatz denn auch der Person nach in der finalen Handlungslehre, die über das Strafrecht hinaus insbesondere auch das Verständnis des zivilrechtlichen Haftungsmodells des § 823 I BGB erfasst hat und bis heute – insbesondere bei der Lehre von den Verkehrspflichten – nachhaltig prägt. 226 221 Bockelmann, NJW 1961, 945 (946); JZ 1962, 527. Gegen diesen Gedanken MüKoJoecks, § 223 StGB Rz. 44 (‚unsinniges Argument‘); MüKo-Wagner, § 823 Rz. 663 (‚die Verletzung des deliktischen Schutzbereichs als moralisches Urteil missverstanden‘); StaudingerHager, § 823 Rz. I 3 (‚hochgradig emotionell gefärbt‘); Steffen, in: FS-Medicus, S. 637 (S. 645); umfassende Literaturnachweise bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 114 (Fn. 231). 222 Insbesondere Engisch, Die rechtliche Bedeutung der Operation, S. 20; ders., ZStW 1958, 1 (5); Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, S. 69 ff. Vgl. für einen Überblick ferner Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (540); Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 30. 223 Unmissverständlich vor allem Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, S. 69 f. 224 Vgl. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 289; Engisch, ZStW 58 (1939), 1 (5); LK-Hirsch, vor § 223 Rz. 4 f. Auch Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 33 ff., der jedoch, Rz. 37, zusätzlich noch die Zustimmung des Patienten als tatbestandsausschließendes Einverständnis fordert, um eine Körperverletzung zu verneinen. Wessels/Hettinger, Strafrecht BT/1, Rz. 326, ordnen dem lex artis-Ansatz zwar die Notwendigkeit einer erfolgreichen Heilbehandlung zu, deuten auf die Irrelevanz des Erfolgs hingegen hin, wenn sie ebenfalls auch bei misslungener Heilbehandlung lege artis den Körperverletzungstatbestand entfallen sehen. Zu weiteren Differenzierungen Wessels/Hettinger, Strafrecht BT/1, Rz. 328 f. Damit wird freilich, wie Gropp plastisch formuliert, ZaeFQ 1998, 536 (539), die Problematik einer Umformulierung von Aufklärungsmängeln zu Körperverletzungen lediglich von der Rechtswidrigkeits- auf die Tatbestandsebene verschoben. 225 Zur näheren Bestimmung der lex artis vgl. nur etwa Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 35, mit einer umfangreichende Darstellung von Fällen, in denen die Rechtsprechung einen Behandlungsfehler angenommen hat, Rz. 35a. 226 Auf diese Kontroverse kann hier nicht weiter eingegangen werden. Für einen beide Rechtsgebiete mit einbeziehenden Überblick vgl. insbesondere Schapp/Schur, Einführung in

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Es nimmt daher kaum wunder, dass dem lex artis-Ansatz ein der kausalen Handlungslehre verhafteter Erfolgs-Ansatz gegenüber steht, der für eine rechtliche Bewertung des Geschehens entscheidend oder zumindest zusätzlich auf den Ausgang der Heilbehandlung blickt.227 In den Blickpunkt wird dabei die Überlegung gerückt, dass es bei der Heilbehandlung nicht um die Verletzung im Interesse der Heilung gehen kann, sondern um die Heilung als solche. Bei einer Blinddarmoperation 228 stellt demnach also die Befreiung von Schmerzen und die Rettung des Lebens den Erfolg des Heileingriffs dar, nicht die Herbeiführung einer blutenden Wunde. Ob eine tatbestandsmäßige Körperverletzung vorliegt oder nicht, entscheidet sich also erst am Ende der Behandlung. 229 Es ist vor allem dieser Gesichtspunkt, der diesen Standpunkt für das Strafrecht zweifelhaft erscheinen lässt. Denn wenn das spätere Ausbleiben eines (Behandlungs-) Erfolgs über das Vorliegen eines (Unwert-) Erfolgs in der Handlung des Arztes entscheiden soll, lässt sich die nach § 8 S. 2 StGB erforderliche Gewissheit des Arztes über den Unwertcharakter seines Tuns nicht mehr gewinnen. 230 Problematisch ist dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sich längst nicht bei jeder Heilbehandlung der Erfolg überhaupt klar definieren oder zeitlich abschätzen lässt. Wo soll dann aber die zeitliche Zäsur liegen? Eine einstweilige Verurteilung des Straftäters lediglich dem Grunde nach, wie dies im Zivilprozess durch Zwischenurteil über die Schadensersatzklage nach § 304 ZPO möglich ist, kennt das Strafprozessrecht schließlich nicht. Kann im Strafrecht das bloße Schadensrisiko selbst keine Grundlage der Verurteilung sein, 231 wählt der Erfolgs-Ansatz also einen auch prozessual bedenklichen Ausgangspunkt. Anders als der lex artis-Ansatz führt er damit nur bei misslungener Heilbehandlung zur Bewertung des Geschehens als Körperverletzung. Hat der Arzt dabei zugleich auch die Grenzen der lex artis missachtet, liegt wie vorstehend bereits unter (1) erörtert ein Behandlungsfehler vor. Ließ sich der Misserfolg hingegen trotz Einhaltung der lex artis nicht vermeiden, kommt es nach dem das Bürgerliche Recht, Rz. 226 ff., 209 ff., m.w.N. Einen Überblick über diese Kontroverse im Strafrecht gibt insbesondere Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rz. 1 ff. 227 Insbesondere Bockelmann, Strafrecht des Arztes, S. 67 ff.; Hardwig, GA 1965, 163. Als systematischen Gliederungsgesichtspunkt ihres jeweiligen Überblicks wählen die Kontroverse zwischen der Lehre vom Handlungs- und vom Erfolgsunrecht auch Gropp, ZaeFQ 1998, 536, 538 ff.; Hartmann, Eigenmächtige Heilbehandlung, S. 45 ff. Nachweise zu Vertretern des Erfolgs-Ansatzes bei Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 30. 228 Beispiel von Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (538). 229 Zur Gesamtbetrachtungslehre insbesondere Maurach/Schröder/Maiwald, Strafrecht BT/1, § 8 Rz. 23 ff.; Bockelmann, NJW 1961, 945 (947); ders., JZ, 1962, 527; ders., Strafrecht des Arztes, S. 66 ff.; Hardwig, GA 1965, 163. 230 Vgl. Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (539 f.). 231 Vor einer Umdeutung von Erfolgs- in Gefährdungsdelikte warnt mit Blick auf BGH NJW 1998, 833, Wolfslast, NStZ 1999, 133 (134), und fordert eine präzise Unterscheidung zwischen der bloßen Erhöhung der Verwirklichung eines Risikos – als Grundlage allenfalls für die Zurechnung eines Erfolgs – und dessen Eintritt.

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Erfolgs-Ansatz nun auf die Einwilligung des Geschädigten an, um dem Eingriff seine nunmehr indizierte Rechtswidrigkeit zu nehmen.232 Von einer anderen Gewichtung gekennzeichnet ist hingegen die häufig mit dem Erfolgs-Ansatz in einem Atemzug genannte Auffassung, Heilbehandlungen ohne oder mit nur unwesentlichem Substanzverlust aus dem Tatbestand der Körperverletzung auszugliedern.233 Zwar kann man auch derartige Fälle noch vor dem Hintergrund einer Gesamtbetrachtung erklären, wenn man etwa wegen sofortiger Behebung des im Eingriff liegenden Primärschadens – um insoweit einmal die terminologische Parallele zum Zivilrecht zu ziehen – insgesamt schon eine Körperverletzung verneint. 234 Eine Erheblichkeitsschwelle gilt für den Tatbestand der Körperverletzung aber nicht nur speziell im Hinblick auf die ärztliche Heilbehandlung, sondern allgemein sowohl für den Tatbestand der körperlichen Misshandlung wie auch der Gesundheitsbeschädigung. 235 Dann liegt in diesem Wertungsgesichtspunkt aber kein Rechtsprechung und Literatur unterscheidender, sondern gleichermaßen erfassender Rechtsgedanke des minima non curat praetor. Wer hingegen für die Frage der körperlichen Misshandlung eine Erheblichkeitsschwelle anlegt und für die Gesundheitsverletzung eine Zeitachse, vertritt in letzterer Hinsicht sachlich den Erfolgsansatz.236

(3) Die fehlende Erfassung von Fällen der alleinigen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten Wie wirken sich die beiden Hauptansätze der Literatur nun im Fall von Einwilligungsmängeln aus? Nach dem lex artis-Ansatz kommt es allein auf das Vorgehen in Heilungstendenz lege artis an. Hat der Patient hierin eingewilligt, scheitert der Tatbestand der Körperverletzung also nicht erst hieran – gleichsam als Lösung eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses –, sondern bereits am fehlenden Verstoß gegen die lex artis. 237 Nach dieser Auffassung ist dann vielmehr ein Freiheitsdelikt verwirklicht. 238 Da der Gesetzgeber indes bis heute einen Straftatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung nicht geschaffen hat, 232

So Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, Vor § 223 Rz. II 3 ff. So insbesondere Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 32, der in Fällen gravierender Verstöße gegen die lex artis jedoch den Tatbestand der körperlichen Misshandlung vorbehält; vgl. ferner MüKo-Joecks, § 223 StGB, § 223 Rz. 49 ff.; SK-Horn, § 223 Rz. 35 ff.; Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (538). 234 Zum zivilrechtlichen Parallelfall oben § 3 II 2 a) aa) (3). 235 Vgl. nur etwa BGHSt 36, 1 (6 f.). Zum Bezug dieser Erheblichkeitsschwelle allein zum verwirklichten denn zum möglichen Erfolg Wolfslast, NStZ 1999, 133 (134). 236 So etwa MüKo-Joecks, § 223 StGB Rz. 51, im Anschluss an SK-Horn, § 223 Rz. 40, der jedenfalls für Fälle fehlender Indikation oder Durchführung lege artis eine Gesamtbetrachtung wählt. 237 Anders freilich Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 37, dessen Hauptanliegen denn auch gerade dahin geht, die Fälle defizitärer Einwilligung in ein Haftungskonzept zu integrieren. 238 So der Engisch zugeschriebene Sprachgebrauch, vgl. Laufs/Uhlenbruck, § 63 Rz. 2. 233

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bleibt dieses ärztliche Handeln sanktionslos, solange denn nicht ausnahmsweise einmal die Tatbestände der Beleidigung (§ 185 StGB), Nötigung (§ 240 StGB) oder Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) erfüllt sind. 239 Nur die klinische Prüfung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers hat der Gesetzgeber entsprechend sanktioniert, wobei er den Strafrahmen allerdings deutlich reduziert hat, wenn die Höchststrafe für ein Zuwiderhandeln gegen § 96 Nr. 10, 3. Alt. i.V.m. § 40 I 3 Nr. 3 AMG bzw. gegen § 41 Nr. 4 1. Alt. i.V.m. § 20 I Nr. 2 MPG lediglich ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt, nach § 223 I StGB hingegen fünf Jahre. Allein für diese Spezialstraftatbestände erscheint also überhaupt die Möglichkeit relevant, entsprechend den zivilrechtlichen Grundsätzen die Erheblichkeit von Aufklärungsdefiziten je nach Schutzzweck und Kausalität im Einzelfall eventuell zu verneinen.240 Nach dem Erfolgs-Ansatz kommt es allein auf den Erfolg der Heilbehandlung an. Hat der Patient in die erfolgreiche Heilbehandlung eingewilligt, scheitert also auch hier der Tatbestand der Körperverletzung nicht erst am Willen des Verletzten, sondern bereits am eingetretenen Heilungserfolg. Fehlt hingegen die (wirksame) Einwilligung des Patienten, ist dies allein für die Fälle relevant, in denen nach dieser Auffassung eine tatbestandsgemäße Körperverletzung vorliegt, es auf die Einwilligung also überhaupt ankommt. Damit rechtfertigt die Einwilligung die erfolglose Heilbehandlung lege artis, während der Patient in eine erfolglose Heilbehandlung, die nicht lege artis erfolgt, schon nicht einwilligt. Die alleinige Verletzung des Selbstbestimmungsrechts – also die Durchführung einer erfolgreichen Heilbehandlung lege artis ohne (wirksame) Einwilligung, führt aus denselben Gründen wie vorstehend unter (a) zu keiner strafrechtlichen Konsequenz.241

(4) Übersicht Damit stellen sich die strafrechtlichen Konsequenzen aus Sicht der Literatur zusammengefasst wie folgt dar: (1) Der Behandlungsfehler – also der Verstoß gegen die lex artis – beinhaltet auch aus Sicht der Literatur eine Körperverletzung. Für den lex artis-Ansatz folgt dies schon aus dem bloßen Verstoß selbst. Für den Erfolgs-Ansatz kommt es hingegen entscheidend noch auf den Misserfolg der Heilbehandlung an. Denn erst der Misserfolg führt überhaupt zu einer Körperverletzung, die mangels Einwilligung in ein Zuwiderhandeln gegen die lex artis auch nicht gerechtfertigt sein kann. Wertet man hingegen auch den zwar gegen die lex artis verstoßenden, aber erfolgreichen Heileingriff als Behandlungsfehler, wäre es für den Erfolgs-Ansatz an sich konsequent, weiterhin eine Körperverletzung 239 240 241

Vgl. Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (539). Hierzu oben § 3 II 2 a) aa) (3) (b) und § 3 II 2 a) bb) (2). Gegen beide Ansätze daher Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 31.

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zu verneinen. Sofern dies nicht geschieht, dürfte aber immerhin der Zurechnungszusammenhang zwischen Handeln und Erfolg zu verneinen sein. (2) Bei der ärztlich nicht zu beanstandenden konsentierten Heilbehandlung entfällt auch nach der Literatur die Strafbarkeit des Arztes. (a) Für den lex artis-Ansatz kommt es dabei allein auf ein Handeln in Heilungstendenz lege artis an, so dass auch bei Misserfolg der Heilbehandlung keine tatbestandliche Körperverletzung vorliegt. (b) Der Erfolgs-Ansatz differenziert hingegen entscheidend nach dem Heilungserfolg. Nur wenn die Heilbehandlung erfolgreich war, liegt keine Körperverletzung vor, anderenfalls ist das Handeln des Arztes objektiv tatbestandsgemäß und bedarf der rechtfertigenden Einwilligung. Sinnvoll wird dies hingegen nur bei eingehaltener lex artis, also regulärer Risikoverwirklichung, weil der Patient regelmäßig nicht in eine Verletzung der lex artis einwilligen wird. Damit liegt der Erfolgs-Ansatz – wie sollte es anders sein – auf der Linie des zivil- und strafgerichtlichen Indikationsmodells und läuft darauf hinaus, dessen Anwendungsbereich um Fälle erfolgreicher Heilbehandlung zu beschränken. (3) Auch bei Einwilligungsdefiziten ist zwischen dem lex artis-Ansatz und dem Erfolgs-Ansatz zu unterscheiden. (a) Nach dem lex artis-Ansatz ist die Einwilligung des Verletzten für die Tatbestandsgemäßheit ärztlichen Handelns als Körperverletzung insgesamt irrelevant. Erfolgt der Eingriff also lege artis, hat der Arzt aber das Selbstbestimmungsrecht des Patienten verletzt – indem er dessen Einwilligung insgesamt nicht eingeholt oder ihn fehlerhaft aufgeklärt hat – existiert allein hierfür, von den wichtigen Ausnahmefällen des AMG und MPG abgesehen, keine Strafnorm. (b) Nach dem Erfolgs-Ansatz kommt es auf die Einwilligung des Verletzten nur dann an, wenn die Heilbehandlung erfolglos blieb, da nur dann überhaupt eine tatbestandsgemäße Körperverletzung vorliegt. War die Heilbehandlung also erfolgreich und beschränkt sich der Vorwurf gegen den Arzt daher auf eine Missachtung des Selbstbestimmungsrechts, erfolgt de lege lata keine strafrechtliche Sanktion.

bb) Zur Haftungsexpansion und zur Verschiebung der Beweislast als zivilrechtliche Konsequenzen dieser Auffassungen Bleibt zum Abschluss noch, einen Blick darauf zu werfen, zu welchen Konsequenzen das zivilrechtliche Schrifttum führt, soweit es das Haftungskonzept der Rechtsprechung nicht teilt, wobei der Anteil dieser kritischen Strömungen allerdings noch deutlich geringer ist als im strafrechtlichen Schrifttum.242 Da-

242 So folgen immerhin die namhaften Standardkommentare zum Zivilrecht dem Standpunkt des BGH, vgl. nur etwa Palandt-Sprau, § 823 Rz. 134; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 700.

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bei soll auch hier von einer Unterscheidung eines lex artis-Ansatzes von einem Erfolgs-Ansatz ausgegangen werden, auch wenn sich diese Unterscheidung im Zivilrecht weniger prägnant wiederfindet, da die Kontroverse dort in erster Linie um die Alternative Körperverletzung – Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt wird. Indem auch die zivilrechtliche Unterscheidung gedanklich aber im Kern auf der für das Deliktsrecht seinerseits bedeutsamen Kontroverse von Handlungs- und Erfolgsunrecht fußt, sind auch hier beide Standpunkte in gleicher Weise denkbar und gebieten daher eine hieran orientierte Gegenüberstellung. Die Frage der Verletzung des Selbstbestimmungsrechts ist dann nicht mehr als eine systematische Konsequenz, die Haftungskonzeption weiterhin auf der Verletzung eines absolut geschützten Rechts aufbauen zu müssen. Die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts wird ihrer dogmatischen Konstruktion nach dabei allerdings als Konkretisierung einer Rechtsverletzung begriffen, ohne noch in das klassische Indikationsmodell des § 823 I BGB eingebunden zu sein. Denn entsprechend dem zivilistischen Verständnis des Selbstbestimmungsrechts als zu konkretisierende Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht wird die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts nun unmittelbar geprüft. 243 Es wird also nicht etwa – wie immerhin vorstellbar und noch bei Zitelmann anklingend – die Vornahme der Aufklärung selbst als objektiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht gedeutet, der der Rechtfertigung bedarf, etwa durch Einwilligung in die Aufklärung. 244 Aber auch die übrige Literatur favorisiert zu großen Teilen diesen Standpunkt und dies nicht nur, soweit ihre Vertreter, wie im Fall von Müller, in: FS-Geiß (2000), S. 461 (462), dem VI. Zivilsenat als zuständigem Spruchkörper des BGH selbst angehören. Trotz kritischer Grundtendenz wohl auch Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 67 Rz. 2. Für eine umfangreiche Übersicht über das zivilrechtliche Meinungsspektrum insgesamt vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 114 (Fn. 232). 243 Zum Rahmenrechtsgedanken vgl. Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 1571 ff.; Fuchs, Deliktsrecht, S. 49 ff; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 I 4b. 244 Zitelmann, AcP 99 (1906), 1 (93), begreift den Aufklärungsfehler als Haftungsumstand, also als mittelbar wirkende Handlung, die – da sie für die Einwilligungserklärung und die daran anschließende Körperverletzung ursächlich wird – schon ihrerseits der Rechtfertigung bedarf: „Mag der Kranke auch in die Behandlung selbst eingewilligt haben: auf die Rechtswidrigkeit der fahrlässigen Raterteilung selbst bezog sich die Einwilligung selbstverständlich nicht“. Das grenzt an die Vorstellung, jede Aufklärung als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht zu deuten, die ihrerseits der Rechtfertigung bedarf. Mag das heute auch auf den ersten Blick absurd erscheinen, macht Zitelmann damit aber doch bereits auf die Doppelnatur der Einwilligung aufmerksam, die mit der Körperverletzung zugleich auch das Selbstbestimmungsrecht des Patienten tangiert. Fehlt also die Einwilligung in die nicht lege artis ausgeführte Raterteilung – so wie beim Behandlungsfehler die Einwilligung in die nicht lege artis durchgeführte Körperverletzung –, kann die Raterteilung nur rechtswidrig und die hieran anknüpfende Einwilligung aus diesem Grund unbeachtlich sein. Die Unwirksamkeit der Einwilligung erklärt sich bei dieser Perspektive also aus dem Fehlen einer Rechtfertigung für die fehlerhafte Aufklärung. „Hat der Arzt ihn aber nicht aufgeklärt, so liegt eben darin

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Liegt ein Behandlungsfehler vor, führt dies zur Haftung des Arztes wegen Körperverletzung. Nach dem lex artis-Ansatz liegt schon mangels Beachtung der lex artis eine Körperverletzung vor, nach dem Erfolgs-Ansatz entscheidend deshalb, weil es hier typischerweise auch am Heilerfolg fehlt.245 Das führt in der Konsequenz zum Ersatz sämtlicher Primär- und Sekundärschäden, wobei dem Patienten ebenso wie nach der Rechtsprechung grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast obliegt. Bei der ärztlich nicht zu beanstandenden konsentierten Heilbehandlung entfällt auch nach dem zivilrechtlichen Schrifttum eine Haftung des Arztes. Für den lex artis-Ansatz lässt das Handeln in Heilungstendenz lege artis den objektiven Tatbestand des § 823 I BGB entfallen, während der Erfolgs-Ansatz nach dem Heilungserfolg differenziert. War die Heilbehandlung also erfolgreich, liegt keine Körperverletzung vor, anderenfalls bedarf sie der rechtfertigenden Einwilligung. Erfolgt der Eingriff lege artis, aber ohne wirksame Einwilligung, ist dies nach dem lex artis Ansatz für den Tatbestand der Körperverletzung unerheblich. Gleiches gilt nach dem Erfolgs-Ansatz für den Fall, dass der Heileingriff erfolgreich durchgeführt wird, einerlei ob lege artis oder nicht. Anders als im Strafrecht führt im Deliktsrecht nach §§ 823 ff. BGB nun aber die Möglichkeit, das Selbstbestimmungsrecht als eigenständig geschütztes absolutes Recht zu begreifen, dazu, dessen Verletzung auch als eigenständig haftungsbegründendes Geschehen zu bewerten. Willigt der Patient also in die Heilbehandlung nicht ein bzw. ist seine Einwilligung infolge von Aufklärungsfehlern nicht wirksam, haftet der Arzt zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der Körperverletzung, wohl aber unter dem Gesichtspunkt des verletzten Selbstbestimmungsrechts. Während der Standpunkt der Literatur im Strafrecht also Sanktionslücken nach sich zieht, ist dies im Zivilrecht nicht der Fall. Damit erweist sich der Rechtsschutz im Zivilrecht insgesamt nicht als angetastet. Zu einem Gleichklang mit der zivilgerichtlichen Judikatur führt dies allerdings nur, soweit man die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts nun nicht sogar völlig unabhängig von jeglichen körperlichen Einbußen als haftungsbegründend versteht. Denn wenn die Schmerzensgeldgewährung nach der Rechtsprechung des BGH immerhin an eine erfolgte tatbestandsgemäße Körperverletzung anknüpft, fehlt diesem Teil des zivilrechtlichen Schrifttums mit dem Bezug zur Körperverletzung tendenziell jegliche Haftungsbegrenzung.

schon der durch keine Einwilligung gedeckte Beginn der rechtswidrigen Verursachung, und daß es am Verschulden des Arztes hier nicht fehlt, bedarf keines Beweises“, Zitelmann, AcP 99 (1906), 1 (94). 245 Auch hier wird man die Fälle erfolgreicher Heilbehandlung entgegen der lex artis mangels Zurechnungszusammenhang aus dem Tatbestand ausscheiden müssen.

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Zu denken gibt insoweit ein Urteil des OLG Jena, das streitwertbedingt nicht zur Revision vor den BGH gelangte.246 Der Fall betraf die Ausräumung einer Fehlgeburt, die komplikationsbedingt zu einer Operationserweiterung führte, in deren Folge die Klägerin die Fähigkeit zu künftigen Schwangerschaften verlor. Über dieses Risiko war die Klägerin vor der Operation, obwohl erforderlich, nicht aufgeklärt worden, der Arzt konnte jedoch erfolgreich darlegen, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung ihre Einwilligung erteilt hätte. Gleichwohl hat das Gericht der Klägerin einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 15.000,00 DM zuerkannt. Die Aufklärungspflicht entspringe dem Recht des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung über seine Person. Dieses Recht sei aber „stets verletzt, wenn nicht hinreichend aufgeklärt wird. Schon dann ist die auf der fehlerhaften Aufklärung beruhende Reduzierung der Entscheidungsgrundlage des Patienten ein Eingriff in seiner Persönlichkeit und körperliche Integrität. Inwieweit sich diese Pflichtverletzung dann im weiteren Verlauf der Behandlung niederschlägt, ist für diese Rechtsmissachtung zunächst ohne Belang. Denn Schmerzensgeld ist immer auch Sanktion für die Verletzung der Rechte auf Wahrung der körperlichen Integrität und der Persönlichkeit als solche“. 247

Dass der BGH dieser Lösung skeptisch gegenüber gestanden hätte, liegt nicht nur in der Konsequenz seiner Rechtsprechung, sondern wird auch in der Stellungnahme von Müller, Vorsitzende des VI. Zivilsenats, deutlich. Müller wirft dem OLG Jena zum einen gedankliche Inkonsistenz vor, wenn es den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens nur auf die Körperverletzung bezieht, nicht aber auch auf die gesonderte Verletzung des Selbstbestimmungsrechts. Auf dieser Linie weist sie zudem auf die sonst für die Gewährung von Schmerzensgeld beachtliche Voraussetzung der schwerwiegenden, nicht anders ausgleichbaren Beeinträchtigung hin und stellt auch zu Recht die Frage, an welchen Umständen man hier denn überhaupt ansetzen solle, wenn denn die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität angesichts des Einwands rechtmäßigen Alternativverhaltens gerade nicht ins Gewicht fallen darf.248 Schadensersatz wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch dann zuzubilligen, wenn der eigenmächtige fehlerfreie Heileingriff gar keinen Körperschaden zur Folge hat, berge vielmehr die Gefahr einer „kaum noch zu überblickende[n] Ausuferung des Persönlichkeitsrechts.“249 Diese ebenso scharfe wie berechtigte Kritik führt eindringlich vor Augen, dass es nicht nur zweifelhaft erscheint, das Selbstbestimmungsrecht in Fällen 246

OLG Jena, VersR 1998, 586. OLG Jena, VersR 1998, 586 (588). 248 Zur Differenzierung des Schadensumfangs je nach Auswirkung des Aufklärungsfehlers auf Integritäts- und Autonomieschutz vgl. die Darstellung bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 123 ff. 249 Müller, in: FS-Geiß, S. 461 (464). 247

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der Disposition über die körperliche Integrität von den Rechtsgütern Leben, Körper und Gesundheit zu trennen, sondern vor allem, eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts sogar dann anzunehmen, wenn keinerlei Substanzbeeinträchtigung dieser Rechtsgüter erfolgt. Das Selbstbestimmungsrecht zur Disposition über Leben, Körper und Gesundheit wird hierdurch nicht nur deliktsrechtlich abstrahiert, sondern auch von seinem eigenen Schutzzweck isoliert. In prozessualer Hinsicht ist der Ansatz im Zivilrecht dann zudem auch deshalb fragwürdig, weil er konsequenterweise zu einer Beweislast des Patienten für die Verletzung seines Selbstbestimmungsrechts führen müsste, obwohl die etablierte Beweislastverteilung für Aufklärungsfehler heute überwiegend auch sachlich für angemessen erachtet wird. 250

c) Zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers Stellt man Rechtsprechung und diese kritisierende Literatur schließlich gegenüber, so sprechen, wie bereits mehrfach angeklungen, nach der hier vertretenen Auffassung die besseren sachlichen Gründe dafür, an einem auf dem Indikationsmodell der kausalen Handlungslehre aufbauenden Haftungskonzept des absoluten Klageschutzes festzuhalten. Zwar erlauben die Lehre vom Verhaltensunrecht und die ihr nahestehenden Strömungen des lex artis-Ansatzes in der Literatur möglicherweise eine größere Feinzeichnung des Unrechts. Gegen sie spricht dann aber im Kern die Aufgabe der Sicherheit, die mit dem Begriff des absolut geschützten Rechtsguts verbunden ist. Wenn zudem der Schutz des Selbstbestimmungsrechts wie dargestellt für einen Teilbereich der Fälle im Strafrecht verkürzt und umgekehrt im Zivilrecht erweitert wird, können Ansätze aber auch der Sache nach wenig überzeugen, die sich doch gerade einer feineren Unterscheidung von Integritäts- und Selbstbestimmungsschutz annehmen möchten. Mögen damit auch die besseren Gründe für die Rechtsprechung sprechen, kann man andererseits aber sicherlich nicht sagen, dass eine der beiden Haftungskonzeptionen dem Recht auch nur aufgrund seiner Systematik zwingend vorgegeben ist. Dem Gesetzgeber bleibt es also unbenommen, die eigenmächtige Heilbehandlung als eigenständigen Tatbestand in Strafrecht und Zivilrecht 250

So schon Laufs, NJW 1969, 529 (533); Franzki, Die Beweisregeln im Arzthaftungsprozess, S. 123; Taupitz, Gutachten 63. DJT, A 31; Katzenmeier, Arzthaftung S. 125 f. Wem die sogenannte ‚Aufklärungsrüge‘ seit längerer Zeit als Auffangtatbestand der Arzthaftung ein Dorn im Auge ist, wird eine solche Kehrtwende freilich begrüßen; so tendenziell auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 125 f., der meint, den Beweisnöten des Patienten durch „einen flexiblen Einsatz des vorhandenen beweisrechtlichen Instrumentariums, hier insbesondere durch die Gewährung von Beweiserleichterungen – ggf. eine Umkehr der Beweislast – bei der Verletzung von Dokumentationspflichten des Arztes“ angemessen entgegenkommen zu können, ebenso a.a.O., S. 502. Zur Beweislast eingehender § 7 II 1. Zum Schutzbereich des unerlauten Heileingriffs bereits Deutsch, NJW 1965, 1985 ff.

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einzuführen, wie auch, Schadensersatz auf der Grundlage allein einer Verletzung des Selbstbestimmungsrechts zu gewähren – wenn die Abkopplung des Wertungsbezugs auch die Frage aufwirft, wo der Schutz des Selbstbestimmungsrechts, insbesondere mit Blick auf das Vertragsrecht, dann noch eine sinnvolle Begrenzung finden soll. 251 Auch die proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union vermag die dogmatische Konzeption des nationalen Haftungsregimes kaum zu präjudizieren, auch wenn man sie tendenziell sogar mehr als Ausdruck einer untrennbaren Verbindung zwischen Integritätsund Autonomieschutz deuten mag. 252 Was die gesetzliche Grundlage betrifft, ist der Gesetzgeber nun allerdings bis heute, trotz Kenntnis einer Vielzahl von Reformvorschlägen und intensiven Auseinandersetzungen zwischen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung, nicht tätig geworden. 253 Unter methodischen Gesichtspunkten kann dieses fehlende Einschreiten aber nur dahin verstanden werden, dass der Gesetzgeber nicht nur die praktischen Ergebnisse, sondern auch die Begründung der Rechtsprechung billigt. Bilden Rechtsprechung und Rechtswissenschaft also auch prinzipiell gleichrangige Protagonisten bei der Herausbildung künftiger Dogmatik, 254 fehlt der Rechtswissenschaft doch jene Verbindlichkeit für die Lebenswelt, die zu revidieren sich der Gesetzgeber ernsthaft veranlasst sehen könnte. Die Untersuchung legt daher nicht nur aus sachlichen, sondern auch aus methodischen Gründen das Konzept der Rechtsprechung zugrunde, da es allein als derzeit geltendes Recht begriffen werden kann.255 Allerdings bedarf dies 251 Als nicht minder problematisch ist vor dem Hintergrund der herrschenden Rechtsprechung freilich der Grundsatz nulla poena sine lege certa anzusehen. Gegen einen Reformentwurf wendet ihn z.B. Kargl, GA 2001, 538 (543 ff.). 252 So heißt es in Art. 3 I der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Rechtsakt 2000/C 364/01, zunächst „Jede Person hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit“ und dem folgt unmittelbar in Absatz 2 mit erstem Spiegelstrich „Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden: die freie Einwilligung der betroffenen Person nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Modalitäten“ (Kursivdruck vom Verfasser). Auch wenn die Bestimmung nicht vom europäischen Gesetzgeber geschaffen wurde, findet sie aus Sicht des Europäischen Gerichts erster Instanz richtiger Weise als allgemeiner Rechtsgrundsatz im Europarecht Anwendung, vgl. hierzu Schroeder, bei Purnhagen, DVBl 2005, 26 (28), in Bezug auf die Entscheidung EuG, Rs T-54/99, Slg. 2002, II-313 (max.mobil Telekommunikation Service GmbH ./. Kommission). 253 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 117, verweist auf E 1911 § 279; E 1919 § 313; RadbruchE 1922 § 235; E 1925 § 238; E 1927/30 §§ 263, 281; E 1936 §§ 419, 431; E 1960/1962 §§ 161, 162; AE 1970 – Straftaten gegen die Person – § 123; E 1996 § 229. Einen Überblick über die Reformdiskussion sowie zur Diskussion um die eigenmächtige Heilbehandlung insgesamt geben Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 31; Zipf, in: FS-Bockelmann, S. 557; Katzenmeier, ZRP 1997, 152; Hartmann, Eigenmächtige und fehlerhafte Heilbehandlung; Cramer, in: FSLenckner, S. 761 ff. 254 Eingehend Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 146 ff., 155 ff. 255 Wenn dies überhaupt – was angesichts der Vielzahl der über Zeiten hinweg aufge-

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doch der Einschränkung. Die Rechtsprechung selbst setzt im Kern am Selbstbestimmungsrecht als tangiertem Recht an, wenn sie schon die Notwendigkeit der Aufklärung seit mittlerweile rund 100 Jahren aus dessen autonomer Entscheidungsfreiheit herleitet. Entsprechend kann der Anwendungsbereich der Körperverletzungsdoktrin auch nur so weit reichen, wie die Schutzgüter Leben, Körper und Gesundheit gegenständlich überhaupt betroffen sind. Welche Gratwanderung hier in der Medizin mitunter ansteht, hat die oben erörterte Sperma-Entscheidung des BGH deutlich gemacht. 256 Gerade der Bereich der medizinischen Forschung macht insoweit auch in rechtlicher Hinsicht eine saubere Differenzierung zwischen Integritäts- und Autonomieschutz erforderlich, sobald die körperliche Integrität des Rechtsgutträgers, etwa bei einer Blutspende zu Forschungszwecken, künftig nicht mehr tangiert werden soll – anders als bei der Konservierung von Sperma zu Fertilisationszwecken und anders auch schon bei der Eigenblutspende. Nur bedeutet die Tatsache, dass eine solche Differenzierung eine Unterscheidung von Integritäts- und Autonomieschutz zugrunde legt, nicht, dass diese Differenzierung notwendig auch schon für die Preisgabe von Leben, Körper und Gesundheit anzulegen ist, sondern umgekehrt, dass sie erst jenseits der Betroffenheit dieser Rechtsgüter überhaupt sinnvoll wird. 257

III. Güterschutz durch informierte Einwilligung im Vertragsrecht Wendet man den Blick nun abschließend noch vom Deliktsrecht auf das Vertragsrecht, so führen Einwilligungsdefizite des Rechtsgutträgers auch hier zu einer Haftung des Arztes. Die vertrags- und deliktsrechtlichen Anforderungen an die Aufklärung und die Erteilung der Einwilligung gelten dabei nach herrschender Auffassung als kongruent. Anders als im Deliktsrecht ist die informierte Einwilligung im Vertragsrecht jedoch kein haftungskonzeptionell notwendiges Instrument. Wird der Patient unzureichend aufgeklärt, verletzt der Arzt vielmehr ebenso eine ihm obliegende Vertragspflicht, wie wenn er ihn fehlerhaft behandelt oder, Vertragsschluss vorausgesetzt, einen Eingriff gänzworfenen Vorschläge mehr als zweifelhaft erscheint – lediglich auf ‚Zufälligkeiten und einige ungeklärte Detailfragen‘ zurückzuführen ist, vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 118, mit Verweis auf Tröndle, ZStW 99 (1987), 25 (33), vermag dies am Gewicht gesetzgeberischer Abstandnahme nichts zu ändern. Mit Blick auf die Untätigkeit des Gesetzgebers an der Auffassung der Rechtsprechung festhaltend denn auch etwa SK-Hirsch, § 228 Rz. 11. 256 Vgl. oben § 3 II 2 a). 257 Zu einer scharfen Unterscheidung im Rahmen der Einbeziehungs-, vor allem jedoch der Inhaltskontrolle von Formularerklärungen zur Überlassung isolierter Körpersubstanzen zu Forschungszwecken unten § 10 III 2 und vor allem § 11 II 3 b).

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lich ohne Einwilligung vornimmt. Anders als im Deliktsrecht vollzieht sich der Güterschutz des Rechtsgutträgers im Vertragsrecht also nicht durch einseitige Reduzierung eines bereits bestehenden Haftungsrahmens, sondern durch zweiseitige Begründung eines solchen. Das macht Modifikationen am regulären vertraglichen Pflichtenprogramm erforderlich, um den angestrebten Gleichlauf mit dem deliktischen Autonomie- und Integritätsschutz des Rechtsgutträgers zu gewährleisten. Als Instrument des Leistungsaustauschs wird der Vertrag hier also um Elemente eines Güterschutzverhältnisses angereichert, was – wie ein abschließender Überblick vor Augen führen mag – Konsequenzen sowohl für die Rechtsstellung des Arztes nach sich zieht (1.) wie auch für die des Patienten (2.).

1. Die Leistungspflicht des Arztes als aufgewertete Sorgfaltspflicht zum Schutz absoluter Rechtsgüter Auf Seiten des Arztes lassen sich vor allem drei Gesichtspunkte als Wandlungen des vertraglichen Pflichtenmodells betrachten. Zum einen wird der Schutz der körperlichen Integrität des Vertragspartners im Rahmen der Heilbehandlung vom Arzt nicht mehr nur als Sorgfalts-, sondern unmittelbar als Leistungspflicht geschuldet (a). Dann korrespondiert der Leistungspflicht des Arztes auch kein Leistungsbewirkungsrecht (b). Und schließlich sind die Pflichten des Arztes nicht nur auf die körperliche Integrität bezogen, sondern auch schon vorab auf den Schutz seines Patienten in dessen Selbstbestimmung über diese Integrität. Mit der Aufklärungspflicht zerfällt das Vertragsgeschehen in der Medizin also in eine Beratungsphase und eine – hieran gedanklich anknüpfende, bei Abstandnahme von einer Behandlung ggf. aber auch unterbleibende – Leistungsphase (c).

a) Zur Abgrenzung von Leistungs- und Sorgfaltspflichten des Arztes zum Schutz absoluter Rechtsgüter des Patienten Der vertragliche Schutz absoluter Rechtsgüter des Vertragspartners findet seinen Niederschlag heute vor allem in § 241 II BGB, wonach das Schuldverhältnis jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten kann. Klassisch sind dabei vor allem die Fälle, in denen die Seite, die ein Geschäftslokal unterhält, dafür zu sorgen hat, dass es von Risiken für die Gesundheit des anderen frei gehalten wird. Ob sich das Schulbeispiel des Ausrutschens auf einer Bananenschale dabei vor oder nach Vertragsschluss ereignet, wirkt sich im Wesentlichen nur auf die Frage der einschlägigen Anspruchsgrundlage aus – ersterenfalls also §§ 280 I i.V.m. §§ 311 II Nr. 1, 241 II BGB, letzterenfalls § 280 I i.V.m. 241 II BGB.

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Der Vertragsschluss über die ärztliche Heilbehandlung macht diese Unterscheidung nicht obsolet, aber doch eine Abgrenzung erforderlich. Die körperliche Integrität des Patienten ist im Rahmen des Behandlungsvertrags nicht nur Gegenstand einer vertraglichen Sorgfaltspflicht, sondern unmittelbarer einer vertraglichen Leistungspflicht, wenn der Arzt auch keinen kurativen (oder palliativen) Erfolg schuldet, sondern nur ein hierauf bezogenes Tätigwerden.258 Darin liegt allerdings noch keine Besonderheit medizinischer Behandlungsverträge. Auch dem Kfz-Schlosser und dem Restaurator werden Gegenstände anvertraut, die absoluten Klageschutz genießen können, also etwa der in Reparatur gegebene Pkw oder das zu restaurierende Möbels. 259 Eine Besonderheit des medizinischen Vertrags liegt so betrachtet eher darin, dass die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit überhaupt zum Gegenstand von Vertragspflichten gemacht und damit aus der bloßen Motivsphäre – wie wohl auch noch bei Abschluss eines Fitnessvertrags zur Inanspruchnahme von Geräten und Dienstleistungen eines Sportstudios – herausgehoben werden. Diesem Inhalt der ärztlichen Leistungspflicht gegenüber steht dann allerdings jener Bereich, in dem auch der Arzt den Schutz der körperlichen Integrität seines Patienten nur als Sorgfaltspflicht schuldet. Es macht also einen Unterschied, ob der Arzt dem Patienten eine Injektion verabreicht, oder ob der Patient – nun einmal nicht im Kaufhaus, sondern im Krankenhaus – auf einer Bananenschale ausrutscht. 260 Und auch der Kfz-Schlosser und der Restaurator schulden zwar die Ausbesserung des Pkw bzw. des Möbelstücks, womit nun ihrerseits häufig der Eingriff in die physische Substanz dieser Gegenstände verbunden sein wird. Den Schutz des Eigentümers vor einer Verschlechterung oder einem Verlust seiner Sache, die nicht auf die Leistungshandlung des Unternehmers zurückgehen, schuldet dieser hingegen nicht als Leistungs-, sondern allenfalls als Sorgfaltspflicht. Wenn die Sache also infolge Brands oder Überschwemmung in der Werkstatt beschädigt wird oder gar untergeht, möglicherweise auch infolge grob fahrlässig durch den Unternehmer ermöglichten Diebstahls, dann liegt hierin jeweils keine Leistungs-, sondern allenfalls nur eine Sorgfaltspflichtverletzung. Wenn die Leistungspflicht des Arztes gedanklich also häufig vom absoluten Güterschutz her konstruiert wird, so liegt dies zunächst einmal an der Hegemonie des Deliktsrechts für die gesamte Arzthaftung, aber auch daran, dass aus der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter eine Reihe weiterer Nebenpflichten des Arztes abgeleitet wird, insbesondere zur Dokumentation, zur Gewährung von Einsicht in die Krankenunterlagen, zur Wahrung des Datengeheim258

Zur Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag bereits oben § 2 I 1. Zu dieser Perspektive auch MüKo-Wagner, § 823 Rz. 663. 260 Zu der für das Deliktsrecht entscheidenden Abgrenzung zwischen allgemeiner Verkehrssicherungspflicht und voll beherrschbarem Risiko vgl. freilich bereits oben § 2 II 1. Für das Vertragsrecht hat sich diese Differenzierung bislang allerdings nicht etabliert. 259

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nisses und der ärztlichen Schweigepflicht, zur Ausstellung von Attesten und Bescheinigungen usw.261 Vor allem lässt sich die Unterscheidung von Sorgfaltsund Leistungspflichten des Arztes zum Schutz absoluter Rechtsgüter dann aber auch für den Fall der eigenmächtigen Heilbehandlung fruchtbar machen. Denn wird nur der konsentierte Rechtsgütereingriff überhaupt zum Inhalt der Leistungspflicht, 262 ist der Arzt bis zur Erteilung einer Einwilligung gehalten, jeglichen Eingriff am Patienten zu unterlassen. Die eigenmächtige Heilbehandlung kann demnach vertragsrechtlich nur Sorgfaltspflichtverletzung sein, nicht Leistungspflichtverletzung.

b) Die Behandlungspflicht des Arztes ohne korrespondierendes Leistungsbewirkungsrecht Was nun die Behandlungspflicht des Arztes als zentrale Hauptleistungspflicht des Arztes betrifft, so geht sie wiederum mit einer Unterscheidung einer Vielzahl eigener Pflichteninhalte einher, die hier nun allerdings nicht im Einzelnen erörtert werden sollen. Es mag genügen, auf die Pflicht des Arztes zur Anamnese hinzuweisen, gefolgt von Pflichten zur Untersuchung des Patienten, zur Diagnose, zur Indikationsstellung, vor allem zur Behandlung, begleitend aber auch zur Verschreibung geeigneter Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, zur Anwendung medizinischer Technik, wie schließlich auch zur Nachsorge und Kontrolle, zur posttherapeutischen Beratung oder auch zum vorzeitigem Behandlungsabbruch. 263 Anders als bei den meisten übrigen Verträgen geht mit dieser Leistungspflicht des Arztes hingegen kein Leistungsbewirkungsrecht einher, also das Recht des Schuldners, die Leistung zu erbringen, wie es vom Gesetz insbesondere in § 271 BGB vorausgesetzt wird, wonach zweifelhaft nicht sein kann, ob, sondern lediglich, wann der Schuldner seine Leistung bewirken darf, bei fehlender Zeitbestimmung nämlich sofort (§ 271 I BGB) und selbst bei einer solchen im Zweifel schon vor Fälligkeit (§ 271 II BGB). Zwar hat der Schuldner damit nicht das Recht auf Erfüllung, weil die bloße Vornahme der Leistungshand261 Hierzu im Einzelnen nur etwa Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 53; Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Schlund, Handbuch des Arztrechts, §§ 59 f.; Laufs/Uhlenbruck-Schlund, Handbuch des Arztrechts, §§ 69 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 90 f., 605 ff.; MüKo-Müller-Glöge, § 611 Rz. 91 ff. Zum Fall einer Haftung des Arztes bei verzögerter Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses für den Schaden, der aus dem unterlassenen Abschluss einer auf den mittlerweile verstorbenen Patienten bezogenen Lebensversicherung folgt, unlängst BGH NJW 2006, 687 f.; zu der immer wieder streitigen Frage, welche Einsichts-, Kopier- bzw. Herausgabeansprüche der Patient hinsichtlich der ärztlichen Dokumentation hat und ob der Arzt verpflichtet ist, die Vollständigkeit der Dokumentation eidesstattlich zu versichern, unlängst OLG München, NJW-RR 2007, 273 f. 262 Näher hierzu sogleich § 3 III 3. 263 Vgl. Laufs /Uhlenbruck-Uhlenbruck/Laufs, §§ 48 ff.; Deutsch / Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 89 ff.; MüKo-Müller-Glöge, § 611 Rz. 114.

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lung je nach Erforderlichkeit einer Mitwirkung des Gläubigers nur den Eintritt von Annahmeverzug bewirkt (§§ 293 ff. BGB). Wie bedeutsam dieses Recht im Einzelfall andererseits aber sein kann, zeigen die Fälle, in denen der Schuldner den Gläubiger nun seinerseits sogar auf Annahme der Leistung verklagen kann, also insbesondere in den Fällen einer eigenständigen Abnahmeverpflichtung nach § 433 II BGB oder § 640 I BGB. Ein vergleichbares Recht des Arztes, allein aufgrund des Vertragsschlusses auch nur eine Handlung vornehmen zu dürfen, die in die Rechtsgüter des Patienten eingreift, existiert nun aber nicht. Der Arzt hat also keinen Anspruch darauf, eine Injektion zu verabreichen, einen Zahn zu ziehen, einen Herzschrittmacher zu implantieren oder eine Chemotherapie durchzuführen. Grundlage einer entsprechenden Handlungsbefugnis ist vielmehr nur die Zustimmung des Patienten zu der jeweiligen Maßnahme, die daher – wenn auch äußerlich häufig als ein Kontinuum erscheinend – für jede Maßnahme verweigert und daher theoretisch auch jeweils gesondert geprüft werden kann. Anders als im Deliktsrecht dient die Einwilligung des Patienten in vertraglicher Hinsicht also weniger dazu, dem jeweiligen Eingriff seine Unerlaubtheit zu nehmen – die er nur deliktsrechtlich hat –, sondern ihn jeweils mit einer causa zu unterlegen, ihn also zum Inhalt der Leistungspflicht zu erheben. Überspitzt formuliert, stellt sich hier nicht die Frage des jederzeit möglichen Widerrufs der Einwilligung, sondern ihrer kontinuierlichen Erteilung. Deutlich wird das etwa, wenn man sich einen regulären Arztbesuch vor Augen führt, bei dem der Patient im Rahmen der Untersuchung mit einer Reihe von Vorgängen konfrontiert wird, über die zuvor meist gar nicht gesprochen wird. Er wird etwa gebeten, sich zunächst in Behandlungszimmer Nr. 2 zu begeben und den Oberkörper frei zu machen, sich Elektroden zur Durchführung eines Belastungstests anlegen zu lassen, sich einer Röntgenaufnahme zu unterziehen, eine Urinprobe abzugeben, sich Blut abnehmen zu lassen usw. Was hier – soweit als Körper- oder Gesundheitsverletzung schon erheblich – deliktsrechtlich als rechtfertigende Einwilligung begriffen wird, ist vertragsrechtlich also zunächst einmal Pflichtenbegründung und Erfüllungsermöglichung, die unter den Vorbehalt entsprechender Selbstbestimmung des Patienten gestellt werden, weshalb dieser die Durchführung sogar bereits eingeleiteter und damit zum Inhalt der Leistungspflicht erhobener Maßnahmen jederzeit unterbinden kann.

c) Die Pflicht des Arztes zur Risikoaufklärung und Konsequenzen ihrer Verletzung Auch der Pflicht des Arztes zur Risikoaufklärung fehlt an sich das Leistungsbewirkungsrecht, wenn dies hier auch weniger drastisch ins Auge fällt. Bedeutsam wird dieser Gesichtspunkt allerdings in jenen Fällen, in denen der Patient wünscht, eine nur reduzierte oder überhaupt keine Information zu erhalten.

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Auch hier zieht das Selbstbestimmungsrecht des Patienten dem Leistungsbewirkungsrecht des Arztes also eine Grenze, die dieser nicht überschreiten darf, ohne sich vertragswidrig zu verhalten. Der Normalfall der Aufklärungspflichtverletzung liegt demgegenüber freilich in der fehlerhaften Aufklärung, in der insbesondere die Komplikationen eines Eingriffs nicht hinreichend, in verzerrter, gänzlich unzutreffender, verharmlosender oder umgekehrt übertriebener Weise dargestellt werden. Anders als im Deliktsrecht wird diese Pflichtverletzung im Vertragsrecht unmittelbar als haftungsbegründend begriffen, also als Anknüpfungspunkt für eine Schadensersatzhaftung nach § 280 I BGB. Ob es in der Konsequenz des Aufklärungsfehlers auch zu der Erteilung einer sonst (so) nicht abgegebenen Einwilligung kam und in deren Folge zu einem Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten, der wiederum einen Körper- oder Gesundheitsschaden nach sich zog, ist im Vertragsrecht also von vornherein eine Frage des Schadensumfangs. Im Deliktsrecht folgt die Einbuße an diesen Rechtsgütern als Primär- und Sekundärschäden hingegen einem Integritätseingriff, der seinerseits überhaupt erst – nach der oben dargestellten Körperverletzungsdoktrin – die Grundlage für eine Haftung des Arztes schafft. Damit ist der Einzugsbereich denkbarer Schadensfälle im Vertragsrecht prinzipiell bei weitem größer als im Deliktsrecht. Denn immer dort, wo die Aufklärungspflicht gar nicht den Eingriff in die körperliche Integrität selbst betrifft, fehlt es am objektiven Haftungstatbestand des § 823 I BGB. Bedeutsam ist dies insbesondere für solche Dispositionen, die der Patient im Hinblick auf die bevorstehende Behandlung trifft, ohne sie hiervon abhängig zu machen. Nehmen wir folgenden Fall: einem Unternehmer wird von seinem Arzt dringend angeraten, sich einem Kathetereingriff am Herzen zu unterziehen und sich anschließend zwei Wochen lang strikt zu schonen. Eigentlich hatte der Unternehmer die Gelegenheit, durch Teilnahme an einer strapaziösen Vertragsverhandlung eine Woche später ein gutes Geschäft abzuschließen. Mit Rücksicht auf seine Gesundheit sagt er diese Verhandlung nun ab, wohlwissend, dass der Auftrag dann einem anderen übertragen wird. War der Rat des Arztes, sich strikt zu schonen, falsch, ist für eine deliktische Haftung kein Raum. Zwar stellt der Kathetereingriff nach der hier vertretenen Auffassung eine Körperverletzung dar, die der rechtfertigenden Einwilligung des Unternehmers bedurfte. Der Aufklärungsfehler des Arztes wirkt sich auf die Durchführung des Eingriffs aber gar nicht aus, da der Unternehmer diesem ohnehin zugestimmt hätte. Kann der Aufklärungsfehler dem Arzt aber nicht mit der Folge einer Verantwortlichkeit wegen Körperverletzung zugerechnet werden, fehlt es an dem für § 823 I BGB erforderlichen Eingriff in ein absolut geschütztes Rechtsgut des Unternehmers. Und auch als Behandlungsfehler – in Form einer Verletzung der Pflicht zur Sicherheitsaufklärung – lässt sich der Beratungsfehler nicht deuten, wirkt sich das Verhalten des Unternehmers nach dem Herzeingriff doch gar nicht auf dessen Körper und Gesundheit beeinträchtigend aus.

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Anders die vertragsrechtliche Situation: hier ist die fehlerhafte Aufklärung selbst unmittelbar Anknüpfungspunkt für eine Haftung. Mithin kommt es nicht darauf an, dass sich der Schaden des Unternehmers gerade an seiner körperlichen Integrität auswirkt, vielmehr ist auch ein bloßer Vermögensschaden geeignet, Gegenstand eines Schadensersatzanspruchs nach § 280 I BGB zu sein. Sofern der Unternehmer also nachweisen kann, dass ihm infolge der aufklärungsbedingten Terminabsage ein Gewinn in zu beziffernder Höhe entgangen ist, steht ihm gegen den Arzt grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz in dieser Höhe zu. Ist die vertragsrechtliche Haftung des Arztes somit – entsprechend allgemeinen Grundsätzen – schärfer als seine deliktische, lassen sich Eingrenzungen denn auch nur über den Schutzzweck der Aufklärungspflicht gewinnen, wie dies etwa im verwandten Bereich der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Arztes kontrovers diskutiert wird. 264

2. Die Steuerung des Leistungsgeschehens durch den Gläubiger als vertragliche Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts Wie die vorangestellten Überlegungen zeigen, führt die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten im Hinblick auf seine körperliche Integrität zu einer Verschiebung des vertraglichen Pflichtenprogramms, die die Steuerung des Leistungsgeschehens während Vertragsdurchführung weitgehend in die Hände des Patienten als Rechtsgutträger legt. Es kommt hier also im wesentlichem dem Gläubiger zu, den Inhalt der geschuldeten Leistung sowohl hinsichtlich der Behandlung wie auch der Aufklärung selbst festzulegen (a). Dem korrespondiert dann, dass der Patient, obwohl die geschuldete Leistung im wesentlichen an seinem Körper zu erbringen ist, rechtlich nur in sehr begrenztem Maße zu einer Mitwirkung gehalten ist (b). Entscheidendes Steuerungsinstrument ist dabei die – konkludente oder ausdrückliche – Willensäußerung des Patienten. Mag es auch geläufig sein, sie mit einer engen deliktischen Perspektive als Einwilligung zu bezeichnen, dürfte in vertraglicher Hinsicht zwischen einem deliktische Eingriffe rechtfertigenden und einem vertragliche Pflichten konkretisierenden Erklärungsverhalten zu differenzieren sein, womit neben der Trennung insbesondere auch eine Abstrahierung zwischen schuldvertraglichem Kausalverhältnis und der Einwilligung als quasidinglicher Erklärung einhergeht (c).

264 Hierzu etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 116, 279 ff.; Solbach, JA 1986, 419 (421 f.); Taupitz, NJW 1992, 713 (716) m.w.N.

§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung

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a) Das Recht zur schrittweisen Festlegung der Leistungsund Aufklärungspflicht durch den Patienten Wenn es häufig heißt, die ärztliche Behandlungspflicht finde ihre Grenzen im Selbstbestimmungsrecht des Patienten, die Rechtsordnung kenne kein ärztliches Behandlungsrecht gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten, 265 so schlägt sich dies notwendigerweise auch auf vertraglicher Ebene nieder. Präzise betrachtet, ist insoweit allerdings nicht nach den Grenzen der Leistungspflicht des Arztes zu fragen. Denn dieses Gedankenmodell setzt an einer zunächst als unbeschränkt gedachten Leistungsfreiheit an, die erst der Begrenzung bedarf, was aber nicht nur konträr zu dem das Medizinrecht überstrahlenden Modell des negatorischen Abwehrschutzes steht, sondern, noch diesseits der besonderen Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts in der Medizin, schon mit dem ganz regulären bürgerlichen Vertragsmodell in Widerspruch gerät. Denn Leistungsfreiheit und ihr vorausgehend eine Leistungspflicht kann nur durch die Vertragsparteien selbst begründet werden, geht dem Vertragsschluss also weder voraus, noch ist ihre Unbeschränktheit dessen notwendige Folge. Ihre Grundlage findet diese Vorstellung vielmehr in der öffentlich-rechtlichen, insbesondere berufsrechtlichen Frage nach einer Behandlungspflicht des Arztes. Mit dieser Behandlungspflicht ist aber nicht die vertragliche Leistungspflicht gemeint, sondern die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Übernahme einer Handlung, also zur Begründung einer vertraglichen Leistungspflicht, die auch längst nicht jeden Fall einer Heilbehandlung erfasst, sondern den Abschluss eines Behandlungsvertrags grundsätzlich auch auf Seiten des Arztes in dessen Entscheidungsfreiheit stellt. 266 Ob und inwieweit diese Pflicht besteht, ist für den konkreten Inhalt der erst anschließend begründeten vertraglichen Leistungspflicht systematisch betrachtet irrelevant. Sie kann auch deshalb eine präjudizierende Bedeutung gar nicht haben, weil die Besonderheit des Behandlungsvertrags vor allem darin liegt, dass zu Beginn der Vertragsbeziehung noch gar nicht feststeht, ob es über eine Anamnese und Indikationsstellung hinaus überhaupt zu irgendwelchen diagnostischen oder Heilbehandlungsmaßnahmen kommt. So wie der Arzt selbst erst im Laufe der Zeit seine medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisse im Hinblick auf diesen konkreten Patienten anwenden kann, einigen sich Arzt und Patient also notwendig nur schrittweise auf den Inhalt der Leistungspflicht. Es wäre allerdings verfehlt, den Gedanken einer schrittweisen Leistungspflichtfestlegung durch den Patienten mit einem Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315 ff. BGB gleichzusetzen. Zum einen fehlt es schon an der Voraussetzung dieser Bestimmungen, dass die Vertragsparteien einen Vertrag fest ge265

Vgl. etwa Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 52

Rz. 9. 266

Vgl. Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 52 Rz. 1 ff.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

schlossen und lediglich die Bestimmung der Leistung oder Gegenleistung einer Vertragspartei anheim gegeben haben, sich also rahmenmäßig geeinigt haben. 267 Zwar ist der Vertragsschluss zwischen Arzt und Patient bindend, auch wenn er durch den Patienten jederzeit beendigt werden kann. Wenn die ärztliche Notwendigkeit einzelner Leistungen vorab aber kaum feststehen kann, bleibt der Inhalt des Vertrags anders als in den Fällen der §§ 315 ff. BGB notwendig offen, ist die Leistung mangels Bestimmbarkeit also nicht einmal rahmenmäßig festgelegt. Auch die zentrale Rechtsfolge des § 315 I BGB, die Leistungsbestimmung im Zweifel einer Kontrolle billiger Ermessensausübung zu unterwerfen, ist mit dem Gedanken des Selbstbestimmungsrechts ersichtlich in einer Weise unvereinbar, die nicht etwa eine prinzipielle Anwendung der §§ 315 ff. BGB unter teleologischen Reduktionen, sondern überhaupt keine Anwendung der §§ 315 ff. BGB gestattet. Denn der Sinn dieser Vorschriften, die eine Vertragsseite vor der Willkür der anderen Seite zu schützen, kann bei einem Vertrag, dessen Durchführung sogar von Verfassungs wegen in die Willkür einer Seite gestellt ist, schon im Ansatz nicht greifen. Aber auch der allgemeinere Gedanke einer Konkretisierung der Leistungspflicht durch den Patienten weckt Zweifel. Denn dieser Gedanke setzt ebenfalls an der Vorstellung einer prinzipiell festliegenden Leistungspflicht an, die nur noch nach Lage der Dinge ihrer konkreten Ausgestaltung bedarf. Überzeugend erscheint es daher allein, sich die Leistungspflicht als in einen wachsenden Entwicklungsprozess eingebettet vorzustellen. Führt man sich den typischen Ablauf einer ambulanten Arztkonsultation vor Augen, liegt die Leistungspflicht des Arztes zunächst allein darin, ein Gespräch mit dem Patienten über dessen Beschwerden zu führen und eine Anamnese zu erheben. Schon die Durchführung der ersten körperlichen Untersuchungen ist hingegen nur Leistungspflicht, soweit der Patient ihn gewähren lässt, und Entsprechendes gilt dann auch für diagnostische und insbesondere therapeutische Eingriffe. Dass es dabei der Patient ist, von dem aus der Inhalt der ärztlichen Leistungspflicht festgelegt wird, steht insbesondere auch nicht im Widerspruch zur Therapiefreiheit des Arztes. Denn diese bezieht sich nur darauf, in welchem Rahmen der Arzt Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel seinen Empfehlungen gegenüber dem Patienten zugrunde legen darf und lässt sich bekanntlich nur darauf überprüfen, ob die gewählte Therapie dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und fachärztlichen Erfahrungen entspricht, ob sie zur Erreichung des Behandlungsziels geeignet und erforderlich ist, und ob sie sich in der fachärztlichen Praxis bewährt hat.268 Ob die jeweiligen Empfehlungen dann tatsächlich Grundlage der Leistungsbeziehung 267 268

(4933).

Vgl. MüKo-Gottwald, § 315 Rz. 12 ff; Palandt-Grüneberg, § 315 Rz. 4. Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung nur etwa OLG Naumburg, NJOZ 2005, 4932

§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung

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zwischen Arzt und Patient werden, liegt hingegen in der Entscheidungshoheit des Patienten. Der Arzt genießt im Rahmen seiner Therapiefreiheit also zwar jenen Spielraum, der schon unter fachlich-wissenschaftlichen Gesichtspunkten unerlässlich ist, um im Einzelfall zu einer sinnvollen Diagnose und zu probaten Therapievorschlägen zu gelangen. Das ändert aber nichts daran, dass die Konkretisierung der ärztlichen Behandlungspflicht, wenn auch nach fachkundiger Beratung durch den Arzt, einseitig durch den Patienten erfolgt und der Arzt an die Entscheidung des Patienten – ob vernünftig oder nicht – gebunden ist.

b) Die Begrenzung der Mitwirkung des Patienten auf unvollkommene Pflichten und Obliegenheiten Liegt die Festlegung des Leistungsinhalts damit aber in der Hand des Patienten, begrenzen sich auch die rechtlichen Anforderungen an seine Mitwirkung am Behandlungsgeschehen. So ist er weder zur Erteilung der Einwilligung verpflichtet, noch bindet ihn die einmal erteilte Einwilligung für die Zukunft. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten schlägt sich vielmehr gerade auch darin nieder, dem Fortgang der ärztlichen Konsultation jederzeit Einhalt gebieten zu können. Dass er gehalten ist, die Einwilligung in einen Eingriff zu erteilen, bevor der Arzt überhaupt zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet ist, steht also auf einem anderen Blatt. Der Fall, dass ein Patient einen Eingriff wünscht, jedoch seine Einwilligung hierin verweigert, ist praktisch freilich wenig naheliegend. Wenn dem Patienten also eine rechtliche Mitwirkungspflicht insoweit obliegen soll, „als er die rechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Behandlung oder Operation zu schaffen hat, wie z.B. durch die Erteilung der Einwilligung“, 269 so kann damit sicherlich nicht eine Rechtspflicht zur Einwilligung verbunden sein.270 Ebenso wie die Verweigerung der Zustimmung also nicht eine zunächst als unbeschränkt gedachte Leistungsfreiheit des Arztes beschränkt, sondern umgekehrt die Zustimmung erst dessen Leistungspflicht begründet, beschränkt die Verweigerung der Zustimmung auch nicht zunächst feststehende Mitwirkungspflichten des Patienten, sondern werden diese nur durch die Zustimmung überhaupt begründet.271 Aber selbst soweit man vertragliche Pflichten des Patienten annimmt, also etwa dazu, den Anforderungen des Arztes Folge zu leisten, Untersuchungen, Behandlungen und Eingriffe zu dulden, 272 korrespondieren diesen Pflichten doch zumindest keine klagbaren Ansprüche des Arztes, da es sich bei den Pflichten des 269

Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 78 Rz. 2. So nun freilich auch Kern selbst, Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 79 Rz. 1. 271 Anders offenbar Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 78 Rz. 5. Auf gesetzliche Duldungspflichten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, vgl. hierzu etwa Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 78 Rz. 2 ff. 272 So die Beispiele von Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 78 Rz. 5. 270

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

Patienten nur um Naturalobligationen handeln kann, die sich also nicht erst, analog § 888 III ZPO, der Zwangsvollstreckung entziehen, sondern schon der Titulierung im Erkenntnisverfahren.273 Und entsprechend kann der Arzt aus der Absage einer weiteren Behandlung durch den Patienten keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn herleiten. Soweit man hier überhaupt eine Ersatzpflicht des Patienten über § 628 BGB hinaus nicht nur für erbrachte, sondern auch für bereits konkret ins Auge gefasste Maßnahmen erwägt, die nicht mehr rechtzeitig für andere Patienten erbracht werden können – etwa die vereinbarte Magnetresonanztomographie, der bereit stehende Operationssaal mit sämtlichen Operateuren, Anästhesisten und OP-Schwestern –, wird man eine Haftung über § 280 I BGB allenfalls daraus herleiten können, dass der Patient im Sinne einer Nebenpflicht gehalten war, das Nichteintreten der Leistungspflicht bzw. – je nach Auffassung – deren Wegfall nicht zur Unzeit anzukündigen.274 Mitwirkungshandlungen treffen den Patienten damit in erster Linie nur als Obliegenheiten, also etwa, an der Anamnese durch vollständige und zutreffende Beantwortung der ärztlichen Fragen mitzuwirken, 275 den ärztlichen 273 Zu diesem Sinngehalt und den unterschiedlichen Bezeichnungen derartiger Schulden mit unvollkommener Haftung vgl. MüKo-Kramer, Einleitung vor §§ 241 ff., Rz. 49. Zum Gedanken der Naturalobligation bei den Leistungspflichten im Rahmen medizinischer Forschungsvorhaben vgl. oben § 2 I 2 b) bb). Zur fehlenden Klagbarkeit insbesondere auch der Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB-I Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 79 Rz. 7. 274 Anders offenbar Laufs/Uhlenbruck-Uhlenbruck/Kern, Handbuch des Arztrechts, § 78 Rz. 13 f.; Rieger-Kern, Lexikon des Arztrechts, Nr. 335 Rz. 57 ff., der auf der Grundlage als vereinbart gedachter ärztlicher Maßnahmen zu einem Vergütungsanspruch des Arztes nach wegen vom Gläubiger herbeigeführter Unmöglichkeit nach § 324 I BGB a.F. bzw. wegen Annahmeverzug des Patienten nach § 615 I BGB gelangt. So allerdings nicht das dort zitierte Urteil des LG München, NJW 1984, 671, das vielmehr sowohl mit Rücksicht auf § 621 Nr. 5 BGB wie auch mit Rücksicht auf die Beschränkung von § 628 BGB auf bereits erbrachte Dienste ein Recht des Arztes verneint, Vergütungen über die Liquidation von Verweilgebühren hinaus zu verlangen. Die Liquidation von Verweilgebühren mit Rücksicht auf fehlende Üblichkeit und Verkehrssitte absprechend demgegenüber sogar AG Waldbröl, NJW 1989, 777. Wie Kern hingegen AG Osnabrück, NJW 1987, 2935; LG Konstanz, NJW 1994, 3015; AG München, NJW 1994, 3014, zum Fall einer mangels vom Patienten mitgebrachter Unterlagen nicht durchführbaren Operation. Zu § 280 I BGB als maßgeblicher Anspruchsgrundlage mangels Anwendbarkeit von § 615 BGB auf Kassenpatienten AG Tettnang, MedR 2002, 155 (156), sowie unabhängig hiervon auf der Grundlage eines entsprechenden Hinweises im Anamnesebogen jüngst OLG Stuttgart, VersR 2007, 951 ff. Überwiegend wird ein Vergütungsanspruch hingegen angesichts der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit des Patienten abgelehnt, vgl. die Nachweise bei Rieger-Kern, Lexikon des Arztrechts, Nr. 325 Rz. 60, mit Verweis auf LG München, NJW 1984, 671; AG München, NJW 1990, 2939; LG Heilbronn, NZS 1993, 424; AG Calw, NJW 1994, 3015. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 125, unterscheiden hingegen danach, ob der Behandlungsvertrag insgesamt gekündigt wurde – dann gemäß § 627 BGB kein Ersatz – oder trotz Terminsabsage fortbesteht – dann Aufwendungsersatz nach § 615 BGB. 275 Vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 124; Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 80 Rz. 1 ff.

§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung

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Handlungsempfehlungen im Sinne einer compliance Folge zu leisten, um den Eintritt eines Behandlungserfolgs überhaupt zu ermöglichen oder die Verschlimmerung eingetretener Gesundheitsschäden auch im Fall eines Behandlungsfehlers nach dem Maßstab eines Verschuldens gegen sich selbst zu vermeiden (§ 254 BGB). 276

c) Zum Verhältnis von Einwilligung und Kausalverhältnis Bestimmt der Patient damit das gesamte Behandlungsgeschehen dadurch, dass er beginnend von der Konsultation über die Bereitschaft, Auskunft über die eigene Befindlichkeit zu erteilen, weiterhin der Durchführung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen zustimmt, kommt dieser Zustimmung – wie auch ihrer Verweigerung – ein doppelter Charakter zu. Zum einen folgt dieser Zustimmung, wie vorstehend skizziert, der Inhalt der beiderseitigen Vertragspflichten und -obliegenheiten, ohne dass die Einwilligung dabei etwas wäre, worauf sich Arzt und Patient einigten. Zum anderen bewirkt die Entscheidung über die Zustimmung aber auch die Gestaltung des negatorischen Abwehrschutzes, indem Eingriffe in der Folge entweder als erlaubt oder weiterhin als unerlaubt gelten. Mit dieser rechtlichen Trennung von Kausal- und Einwilligungsebene verbunden ist dann aber auch eine Abstraktion beider Sphären. Weder führt also die Nichtigkeit des Behandlungsvertrags zur Unwirksamkeit der Einwilligung – vielmehr kann ein Mangel lediglich beide Ebenen ergreifen, etwa im Fall der Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB –, noch führt umgekehrt die Unwirksamkeit der Einwilligung oder gar deren Ausbleiben zur Unwirksamkeit des Behandlungsvertrags. Einwilligung und Schuldverhältnis sind also nur insoweit aufeinander bezogen, als insbesondere eine Heilbehandlung ohne Einwilligung zugleich eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellt277 und der zur Unwirksamkeit der Einwilligung führende Aufklärungsfehler zugleich eine Leistungspflichtverletzung des Arztes. Die Notwendigkeit dieser Unterscheidung zeigt sich dann vor allem auch in Fällen des Widerrufs der Einwilligung. Erfolgt ein solcher, wird die Einwilligung – ex nunc – unwirksam, ohne dem geschlossenen Vertrag seine Wirksamkeit zu nehmen. Vertragsrechtlich liegt hierin lediglich eine – ebenfalls nur ex nunc wirkende – Kündigung, ohne dass der Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen entfiele. Anspruch auf Entrichtung der vereinbarten Vergütung für bereits erbrachte Leistungen können dem Arzt im Fall des Widerrufs also nicht aus Bereicherungsrecht, sondern nur aus Vertrag zustehen. Darüber hinaus kann diese ex nunc-Wirkung dann aber auch für das Schicksal des Vertrags und dasjenige der Einwilligung unterschiedlich ausgestaltet sein. Das gilt insbeson276 277

Vgl. auch Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 79 Rz. 8 f. Vgl. oben § 3 III 1 a).

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

dere für die Einwilligung in Beschränkungen des Datenschutzes, die der Teilnehmer einer klinischen Arzneimittelprüfung regelmäßig erklärt. Ohne dass hier auf die mindestens unglücklich formulierte Regelungssystematik dieser Bestimmung weiter eingegangen werden kann, 278 führt der Widerruf der Einwilligung in die Prüfungsteilnahme für den Datenschutz gemäß § 40 IIa 2 Nr. 3 AMG dazu, dass die gespeicherten Daten weiterhin verwendet werden dürfen, soweit dies erforderlich ist, um Wirkungen des zu prüfenden Arzneimittels festzustellen (hier soll die Validität der Studie also nicht unter der Absage einzelner Teilnehmer leiden), um sicherzustellen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden (hier soll der Teilnehmer also auch noch nach seinem Ausscheiden auf das Risiko erst später bekannt werdender Nebenwirkungen und die Indikation von follow up-Untersuchungen hingewiesen werden können), oder um der Pflicht zur Vorlage vollständiger Antragsunterlagen gegenüber der Zulassungsbehörde genügen zu können.

278 Missglückt ist die Regelung insbesondere insofern, als die Einwilligung zur Datenverwendung zwar in § 40 IIa 2 Nr. 2 AMG als unwiderruflich bezeichnet wird, an den Widerruf der Einwilligung in die Studienteilnahme dann aber Folgen gerade auch für die weitere Verwendung der Daten geknüpft werden, obwohl eine solche Regelung bei Unwiderruflichkeit der Datenschutzerklärung von vornherein irrelevant sein müsste.

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§ 4. Zusammenfassung Der erste Teil der Untersuchung hat sich mit den Grundlagen des Formulargebrauchs in der Medizin beschäftigt, nämlich mit seinen Hauptanwendungsgebieten (§ 1), seinen rechtlichen Besonderheiten gegenüber dem Formularvertragsverkehr (§ 2) und seinem zentralen Regelungsgegenstand, der informierten Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers (§ 3).

§ 1. Hauptanwendungsgebiete formulargetragener Regelungen in der Medizin I. Der praktisch bedeutsamste Bereich medizinischer Formularerklärungen liegt zweifellos in der etablierten Gesundheitsversorgung, wo beginnend mit dem Versicherungsverhältnis bis hin zur Abrechnung der ärztlichen Leistungen zahlreiche Rechte und Rechtsgüter des Patienten betroffen sind. Diese Formulare haben heute überwiegend einen hohen inhaltlichen und gestalterischen Standard erreicht. II. Lediglich von quantitativ geringerer Bedeutung sind medizinische Formularregelungen in der medizinischen Forschung am Menschen, deren enge Schnittstelle zur ärztlichen Heilbehandlung vor allem in der klinischen Arzneimittelprüfung deutlich wird. Im Unterschied zur Standardversorgung existieren hier regelmäßig keine etablierten, sondern individuell studienbezogen erstellte Aufklärungs- und Einwilligungsbögen. Infolgedessen weisen sowohl der Inhalt wie die Gestaltung dieser Formulare erhebliche qualitative Unterschiede auf, was angesichts der deutlich höheren Anforderungen an die Aufklärung von Studienteilnehmern schwer wiegen muss. 1. Im Rahmen klinischer Studien steht bei der Aufklärung der Charakter der Studienbehandlung als Neulandmedizin im Vordergrund, was dem Teilnehmer von vornherein ein erhöhtes Verständnisvermögen, bezogen auf den Hypothesencharakter der Behandlung, abverlangt. Daneben ist der Teilnehmer aber auch insbesondere über den Datenschutz aufzuklären wie auch ggf. seine Einwilligung über die Isolierung und Verwendung von Körpersubstanzen einzuholen, insbesondere von Blut. Auch Haftungs- und Versicherungsregelungen gehören zum typischen Inhalt derartiger Formulare.

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

2. Bei reinen Probandenstudien – die also nicht im Hinblick auf eine Krankheit, sondern auf reguläre Körperfunktionen der Teilnehmer durchgeführt werden – wachsen die Aufklärungsanforderungen angesichts eines fehlenden Gesundheitsvorteils noch einmal, wie hier zu geringen Kompensationszwecken häufig auch eine Aufwandsentschädigung festgelegt wird. III. Hinsichtlich der Zielsetzungen und praktischen Auswirkungen des Formulargebrauchs ließ sich zwischen Arzt und Patient unterscheiden. 1. Das Interesse des Arztes an der Verwendung von Formularen liegt auch in einer Effektivierung von Arbeitsabläufen, in erster Linie jedoch in einer Beweissicherung für etwaige Haftungsprozesse. Werden entsprechende Klagen heute meist zugleich auch auf einen Aufklärungsfehler gestützt, sorgt der Arzt mit Hilfe derartiger Formulare also dafür vor, die ihm obliegenden Beweisführung abzusichern. Das führt tendenziell zu einem extensiven Gebrauch von Formularen, der die Beimessung auch nur eines Indizienwerts für den Beweis der mündlichen Aufklärung fragwürdig erscheinen lässt. 2. Auf Seiten des Patienten erscheint der Formulargebrauch ambivalent. Eröffnet er ihm einerseits die Möglichkeit, Informationen in Ruhe, angepasst an das individuelle Lese- und Verständnisvermögen, zur Kenntnis zu nehmen, mag das Formular andererseits auch zu Desinteresse führen oder gar zu Unruhe und Verängstigung.

§ 2. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Besonderheit formulargetragener Regelungen in der Medizin I. Soweit medizinische Formularregelungen vertragliche Bestimmungen zum Inhalt haben, unterscheiden sie sich rechtlich nicht von sonstigen Formularverträgen und unterliegen unmittelbar den Kontrollmaßstäben der §§ 305 ff. BGB. 1. Das gilt in erster Linie für Regelungen des Vertrags über die ärztliche Heilbehandlung zwischen Arzt und Patient, neben dem auf die ambulante Krankenversorgung bezogenen Dienstvertrag also insbesondere auch für den Vertrag über die stationäre Krankenbehandlung in Gestalt des totalen Krankenhausvertrags, des Belegarztvertrags, des totalen Krankenhausvertrags mit Arztzusatzvertrag oder des gespaltenen Krankenhausvertrags. 2. Für die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben kann hingegen schon der Vertragscharakter noch nicht als gesichert angesehen werden. Der quantitativ gegenüber der Heilbehandlung vergleichsweise geringe Stellenwert medizinischer Forschungsvorhaben kann die Vertragsnatur der Studienteilnahme allerdings nicht in Frage stellen. So wird der Teilnehmer hier regelmäßig

§ 4. Zusammenfassung

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ein Interesse daran haben, insbesondere die Kostenfrage für das nicht selten kostspielige Studienarzneimittel auf eine sichere rechtliche Grundlage im Verhältnis zum behandelnden Arzt zu stellen, aber auch die Haftungsfrage, wenn er sich denn schon bereit erklärt, freiwillig an einem Vorhaben teilzunehmen, dessen hypothesengeleitete Grundlage neben potenziellen Vorteilen stets auch Risiken birgt. Aber auch der forschende Arzt wird ein Interesse haben, mit dem Teilnehmer eine vertragliche Bindung einzugehen, die sowohl dessen compliance, wenn auch nur im Sinne einer Naturalobligation, gewährleistet wie auch die Verwendung isolierter Körpersubstanzen. Begrifflich wurde dabei der Vertrag über die Teilnahme an klinischen Studien als ‚Studienvertrag‘ bezeichnet, an reinen Probandenstudien hingegen als ‚Probandenvertrag‘. Eine vertragliche Grundlage lässt sich dabei auch bei der Teilnahme nicht einwilligungsfähiger Patienten annehmen, solange denn eine vertretungsbefugte Person – regelmäßig also Betreuer oder Eltern als gesetzliche Vertreter – in die Teilnahme einwilligen. Lediglich in Notfallsituationen, in denen eine Heilbehandlung nach den Grundsätzen der mutmaßlichen Einwilligung – teilweise spezialgesetzlich geregelt – statthaft ist, kann ein Vertragsschluss frühestens erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, ab dem der Patient seine Einwilligungsfähigkeit wieder erlangt hat bzw. ein Vertreter erreicht wurde und nun über die zukünftige Teilnahme an dem Forschungsvorhaben entschieden wird. II. Nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB fallen hingegen jene Regelungen, die nicht vertraglicher Natur sind, sondern mit denen Patient oder Teilnehmer an einem Forschungsvorhaben über ihre absolut geschützten Rechtsgüter disponieren. 1. Bei der medizinischen Heilbehandlung steht insoweit die Disposition über die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit im Vordergrund. Preisgegeben werden diese Rechtsgüter schon während der Diagnose – vor allem bei psychiatrischen Erkrankungen mitunter auch schon während der Anamnese –, vor allem aber während des medizinischen Eingriffs selbst. Angesichts der Komplexität medizinisch-wissenschaftlicher Risikozusammenhänge kann dabei insbesondere auch das Rechtsgut Leben stets als mitpreisgegeben begriffen werden, auch wenn tödliche Folgen bei der ganz überwiegenden Zahl medizinischer Eingriffe typischerweise die Ausnahme bilden. Das Rechtsgut Leben wird also im Sinne einer Gefahr preisgegeben, die Rechtsgüter Gesundheit und vor allem Körper hingegen auch im Sinne bewusster Beeinträchtigung zu Heilungszwecken. 2. Der Kreis betroffener Rechtsgüter wird bei Vorhaben der medizinischen Forschung dann einerseits reduziert, andererseits auch erweitert. So sehen insbesondere viele Vorhaben der medizinischen Grundlagenforschung die Durchführung invasiver Eingriffe schon gar nicht vor, während sie umgekehrt den Datenschutz des Teilnehmers nachhaltiger berühren als den des Patienten, ins-

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besondere auch das Recht des Teilnehmers auf ‚bio-materielle Selbstbestimmung‘, wie ein im Schrifttum zunehmend verbreiteter Sprachgebrauch lautet.

§ 3. Der Schutz von körperlicher Integrität und Selbstbestimmung als ambivalenter Bezugspunkt einer Einwilligung nach Aufklärung Der zentrale rechtliche Mechanismus einer Disposition über absolut geschützte Rechtsgüter ist die informierte Einwilligung des Rechtsgutträgers. Dabei zielt das Erfordernis der Einwilligung unmittelbar auf den Schutz körperlicher Integrität ab, das Erfordernis der Aufklärung hingegen auf den Schutz von Selbstbestimmung. I. Der Gedanke eines Schutzes körperlicher Integrität durch Einwilligung entspringt dem Modell des negatorischen Abwehrschutzes, wie er für das Eigentum der Inhaltsbeschreibung des § 903 S. 1 BGB entspringt und in § 1004 I BGB als Abwehranspruch einerseits und in § 823 I BGB als Schadensersatzanspruch andererseits seinen Niederschlag findet. Auch der Schutz von Leben, Körper und Gesundheit folgt diesem Modell absolut gewährten Klageschutzes. 1. Die Risikoeinwilligung des Rechtsgutträgers ist damit zunächst Ausdruck eines freien Verfahrenkönnens nach Belieben des Rechtsgutträgers. Diese Uneingeschränktheit hat gedanklich die Tatbestandsqualität jedes Eingriffs zur Folge, unabhängig davon, wer ihn mit welchen Motiven vornimmt. Hieran schließt sich die herrschende Auffassung der Rechtsprechung an, wonach auch der ärztliche Eingriff lege artis tatbestandlich eine Körperverletzung darstellt, die allerdings einer Rechtfertigung durch Einwilligung zugänglich ist. Die Freiheit bei Entscheidung über die Einwilligung nimmt an der Absolutheit dieses Klageschutzes insofern teil, als auch die Zwecksphäre des Rechtsgutträgers losgelöst von den Wertvorstellungen anderer ist. Als Ausdruck seines verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts kommt dem Rechtsgutträger damit vor allem auch das Recht zu, unvernünftige Entscheidungen zu treffen. 2. Disponiert der Rechtsgutträger dann in der Weise, dass er seinen Rechtsgüterkreis dem Arzt öffnet, folgen aus den damit verbundenen Zwecken zugleich die Grenzen der dem Arzt eingeräumten Handlungsbefugnis. Der Arzt ist also nur befugt, solche Eingriffe vorzunehmen, die zur Herbeiführung der vom Rechtsgutträger verfolgten Zwecke erforderlich und deshalb von diesem konsentiert sind, aber auch, Eingriffe nur in Grenzen der lex artis als regelmäßigem Handlungsstandard vorzunehmen. Hiervon unterscheiden lassen sich äußere Grenzen der Einwilligung, wie sie die spezialgesetzlichen Regelungen zur wissenschaftlichen Forschung darstellen (vor allem §§ 40 ff. AMG, §§ 19 ff. MPG) oder schließlich die guten Sitten (§ 138 I BGB).

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3. Ebenfalls noch dem Schutz körperlicher Integrität dienen dann die therapeutische und die Sicherheits-Aufklärung, die sich anders als in der bisherigen Dogmatik gegenständlich schärfer voneinander abgrenzen lassen, in dem sie sich einmal auf Verhaltensmaßgaben für den Patienten beziehen, die den Erfolg der Heilbehandlung sicherstellen sollen, und ein anderes Mal auf solche, durch die der Patient vor einer weiteren Gefährdung seiner Rechtsgüter bewahrt werden soll. Denn indem diese Informationen unmittelbar nur noch für ein Verhalten des Rechtsgutträgers selbst relevant werden, besteht ein Unterschied zur Risikoaufklärung, die sich unmittelbar nur für die Entscheidung über die Abgabe der Einwilligungserklärung auswirkt und erst mittelbar – über die damit konsentierten ärztlichen Handlungen – auf die körperliche Integrität. II. Die Risikoaufklärung des Rechtsgutträgers dient so betrachtet nicht dem Schutz körperlicher Integrität, sondern dem Schutz von Selbstbestimmung, ohne dass dies jedoch eine Absage an die etablierte Körperverletzungs-Doktrin zur Folge hätte. 1. Im medizinrechtlichen Sprachgebrauch wird das Rechtsinstitut der informierten Einwilligung überwiegend als informed consent bezeichnet, auch wenn dieser Begriff die heutige Haftungskonzeption im anglo-amerikanischen Rechtskreis nicht mehr oder allenfalls noch partiell zutreffend erfasst. a) In Deutschland reicht das Modell des informed consent in das ausgehende 19. Jahrhundert zurück, wo es in Form ministerieller Dienstanweisungen zunächst medizinischen Forschungsvorhaben zugrunde gelegt wurde und dann, zunächst nur über das Einwilligungserfordernis, auch in Gestalt des Aufklärungserfordernisses Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung fand, die dann schließlich in der jungen Bundesrepublik unter dem besonderen Eindruck des Nationalsozialismus sowohl für das Zivilrecht wie für das Strafrecht die informierte Einwilligung des Rechtsgutträgers zum tragenden Rechtfertigungselement ärztlichen Handelns festschrieb. Auch international bildet der informed consent heute die in zahlreichen Deklarationen, Richtlinien und Selbstverpflichtungserklärungen ausgesprochene Basis für die Achtung von Patientenrechten. b) Ungeachtet der einhelligen Anerkennung dieses Modells ist die genaue dogmatische Begründung einer Abhängigkeit der Einwilligung von vorheriger Aufklärung bis heute weitgehend unklar geblieben. So hat sich die Einwilligungslehre zwar im Zivilrecht von den Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre – insbesondere den Regeln über die Geschäftsfähigkeit und über die bloße Anfechtungsmöglichkeit bei Willensmängeln – gelöst. Die dadurch in erster Linie ausgelöste Diskussion über die Rechtsnatur der Einwilligung hat die Frage des Wirkungsmechanismus der Aufklärung allerdings bis heute nicht befriedigend

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beantwortet, der sich insbesondere nicht in die Lehre vom inneren Anspruchsaufbau integrieren lässt. Wird das Aufklärungserfordernis heute denn mehr apodiktisch vorausgesetzt als dogmatisch näher ausgeleuchtet, fußt diese Voraussetzung im wesentlichen auf dem hohen Rang, den nicht nur die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit einerseits und das Selbstbestimmungsrecht andererseits genießen, sondern der sich vor allem aus dem Bezug des Selbstbestimmungsrechts auf die körperliche Integrität des Rechtsgutträgers ergibt. Zum anderen ist allerdings auch die fehlende Anschauung des Rechtsgutträgers von den Zusammenhängen der Medizin wesentliche Ursache dafür, bei Dispositionen über die körperliche Integrität in der Medizin eine Einwilligung nach vorheriger Aufklärung für unverzichtbar zu erachten. Die sachliche Begründung des Aufklärungserfordernisses liegt so betrachtet in einer von den Wertungen der Rechtsgeschäftslehre abweichenden, rechtsgutsbezogenen Verlagerung von Verständnisrisiken. Auf eine kurze Formel betrachtet: im Vertragsrecht bindet auch die Risikoerklärung, im Medizinrecht erst die Risikoaufklärung. 2. Wenig verwundern kann angesichts dieser ungesicherten Grundlagen die bis heute schwelende Kontroverse über die Auswirkungen von Aufklärungsfehlern auf die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes, die hier im Unterschied zu den meisten anderen Darstellungen nicht rechtsgebietsdifferenzierend betrachtet wurde, sondern anhand einer Gegenüberstellung der in Rechtsprechung und Schrifttum polarisiert vertretenen Standpunkte. a) Die Rechtsprechung geht insoweit von einer Einheit von Integritäts- und Autonomieschutz aus, wertet die ärztliche Heilbehandlung also als nur durch nach hinlänglicher Aufklärung erteilte Einwilligung gerechtfertigte Körperverletzung. Das führt für die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes zu übereinstimmenden, aber auch divergierenden Konsequenzen. Die zivilrechtliche Haftung des Arztes hängt neben der Körperverletzung als objektiver Tatbestandsverwirklichung entscheidend vom Eintritt eines Schadens ab – mindestens also eines Primärschadens in Gestalt einer Einbuße des beeinträchtigten Rechtsguts, darüber hinaus von Sekundärschäden. Die Haftung bei bloßen Aufklärungsfehlern hängt nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung dann ebenfalls vom Eintritt gesundheitlicher Schäden ab, also der Verwirklichung jener Risiken, über die fehlerhaft aufgeklärt wurde. Dieses einschränkende Kriterium ist dem Strafrecht fremd, wo es schon mit Rücksicht auf § 8 StGB allein auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Tathandlung ankommt und nicht auf die Verwirklichung späterer Folgen. Reicht die strafrechtliche Haftung damit prinzipiell weiter, steht die Verantwortlichkeit des Arztes in beiden Rechtsgebieten allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Aufklärungsfehler dem Arzt auch haftungsbegründend zugerechnet werden kann, diesem insbesondere nicht der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zukommt.

§ 4. Zusammenfassung

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b) Die Literatur tendiert hingegen – im Strafrecht überwiegend, im Zivilrecht zunehmend – dafür, eine Haftung wegen Eingriffs in die körperliche Integrität und eine Haftung wegen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts zu unterscheiden. Vor allem das strafrechtliche Schrifttum ist dabei bemüht, dem ärztlichen Heileingriff lege artis den Unwertcharakter zu nehmen, den es ihm mit der objektiven Tatbestandsqualität als Körperverletzung zugemessen erachtet. Konsequenzen hat dies gegenüber der Rechtsprechung vor allem insoweit, als das Strafrecht bei derartiger Beschränkung der Körperverletzungstatbestände eine isolierte Strafbarkeit ärztlicher Eigenmacht trotz zahlreicher Reformvorschläge nicht kennt. Damit führt diese Auffassung hier zu Strafbarkeitslücken. Diese Konsequenz lässt sich im Zivilrecht vermeiden, wenn eine Haftung wegen ärztlicher Eigenmacht dort auf eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts verlagert wird. Problematisch erscheint dann allerdings eine Gewährung von Schmerzensgeld unter völliger Loslösung vom Eintritt körperlicher Schäden, lässt sich doch ein Kriterium nachhaltiger Beeinträchtigung des Rechtsgutträgers, wie dies nach der persönlichkeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur erforderlich ist, bei Außerachtlassung der körperlichen Integrität kaum sinnvoll aufstellen. Anders als im Strafrecht führt diese Auffassung im Zivilrecht also umgekehrt zu bedenklichen Haftungserweiterungen. c) Sowohl aus sachlichen wie nicht zuletzt auch aus methodischen Gründen wurde der Untersuchung die Auffassung der Rechtsprechung zugrunde gelegt, die angesichts der bisherigen Untätigkeit des Gesetzgebers in dieser dogmatisch weitgehend indifferent erscheinenden haftungskonzeptionellen Frage allein als geltendes Recht begriffen werden kann. III. Auch im Vertragsrecht wirkt sich das Rechtsinstitut einer informierten Einwilligung aus, mangels Bezugs zu einem absoluten Klageschutz allerdings durch Umgestaltung des vertraglichen Pflichtenprogramms. 1. So wird die dem Vertragspartner sonst nur als Sorgfaltspflicht obliegende Pflicht, die Rechtsgüter des Vertragspartners nicht zu gefährden, in der Person des Arztes zur Leistungspflicht, soweit diese Rechtsgüter zu Behandlungszwecken preisgegeben werden. Gefährdungen dieser Rechtsgüter, die nicht aus der Heilbehandlung resultieren, sondern aus der allgemeinen Rechtskreisöffnung der Vertragspartner, hat der Arzt hingegen – ebenso wie der Patient – im Rahmen einer Sorgfaltspflicht zu vermeiden. Dogmatisch betrachtet obliegt es dem Arzt damit auch im Sinne einer Sorgfaltspflicht, keine eigenmächtigen Heileingriffe durchzuführen. Soweit der Arzt hingegen zur Behandlung verpflichtet ist, wirkt sich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten weiter dahin aus, dass dem kein Behandlungsrecht im Sinne eines Leistungsbewirkungsrechts korrespondiert. Das gilt grundsätzlich auch für die Aufklärungspflicht des Arztes, über deren Umfang ebenfalls der Patient entscheiden kann. Wird diese Pflicht

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Erster Teil. Tatsächliches Auftreten und rechtliche Besonderheiten

verletzt, führt der fehlende Bezug der vertraglichen Aufklärungspflicht zu einer Einwilligung in die Verletzung absoluter Rechtsgüter allerdings prinzipiell zu einer weiteren Haftung wegen Aufklärungsfehler aus Vertrag denn aus Delikt, weil es hierzu einer körperlichen Substanzbeeinträchtigung nicht bedarf und damit auch der Ersatz bloßer Vermögensschäden – je nach Schutzzweck der Aufklärungspflicht – denkbar ist. 2. Die Modifikationen am vertraglichen Pflichtenprogramm wirken sich damit im Ergebnis dahin aus, dass die Steuerung des Leistungsgeschehens im Kern beim Patienten liegt, ist dessen Entscheidung auch mangels Sachkenntnis von einer hinlänglichen Aufklärung durch den Arzt abhängig. Dem Arzt steht durch den Vertragsschluss mit dem Patienten also kein zunächst uneingeschränkter Handlungsspielraum zu, der durch Verweigerung der Einwilligung begrenzt wird; vielmehr führt erst die Zustimmung des Patienten zu den einzelnen Schritten der Heilbehandlung dazu, dass entsprechende Leistungspflichten des Arztes überhaupt entstehen. Entsprechend kann der Patient auch nur in äußerst begrenztem Maße als rechtlich zur Mitwirkung an der Heilbehandlung verpflichtet begriffen werden, nämlich allenfalls nur im Sinne von Naturalobligationen, überwiegend jedoch nur im Sinne von Obliegenheiten, deren Verletzung zum Verlust oder zur Einschränkung von Schadensersatzansprüchen gegen den Arzt führt. Soweit der Rechtsgutträger sich dann dafür entscheidet, eine Heilbehandlung durchführen zu lassen, ist diese Zustimmung rechtlich zu differenzieren. Zum einen beinhaltet sie die deliktsrechtlich bedeutsame Einwilligung, zum anderen wirkt sie aber auch in der geschilderten Weise in das Vertragsgeschehen ein. Beide Elemente sind nicht nur von einander zu trennen, sondern in ihrer rechtlichen Bedeutung auch abstrakt. Weder führt also die Unwirksamkeit der Einwilligung zur Unwirksamkeit des Behandlungsvertrags, noch steht die Unwirksamkeit des Behandlungsvertrags der Wirksamkeit der Einwilligung entgegen. Dass es Fälle gibt, in denen der gleiche rechtliche Grund sowohl zur Unwirksamkeit des Vertrags führt wie auch der Wirksamkeit der Einwilligung entgegensteht, ist hiervon zu unterscheiden.

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Zweiter Teil

Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung persönlicher Motivsphären bei der Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers Der erste Teil der Untersuchung hat sich mit den Besonderheiten des Formulargebrauchs in der Medizin befasst, der dem Schwerpunkt nach nicht auf eine Gestaltung vertraglicher Regelungen abzielt, sondern auf einseitige Dispositionen von Patienten (oder Studienteilnehmern) über ihren Rechtsgüterschutz. Wenn man nach geeigneten Maßstäben für die Kontrolle medizinischer Formularerklärungen fragt, geht dieser Frage also eine gestaffelte Gefährdungsperspektive voraus: noch losgelöst von jeder Formulargestaltung wird der Rechtsgüterschutz allein schon durch den Eingriff als gefährdet angesehen, der dem Rechtsgutträger von ärztlicher Seite angetragen wird. Auf dieser ersten Stufe wird der Rechtsgutträger durch die Notwendigkeit seiner Einwilligungserklärung geschützt, ohne die jeder Eingriff in seine körperliche Integrität rechtswidrig ist.1 Auf einer zweiten Stufe wird der Rechtsgutträger dann aber auch bei Ausübung seiner Entscheidungsfreiheit als gefährdet begriffen. Hier liegt das rechtliche Schutzinstrument in der Notwendigkeit vorheriger Aufklärung durch den Arzt. 2 Beargwöhnt man nun den Gebrauch von Formularen in der Medizin, so wird hiermit eine dritte Stufe der Rechtsgefährdung eingezogen, die an die ersten beiden Stufen nur anschließen kann. Indem derartige Formulare das rechtlich geforderte Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen verkörpern oder gar ersetzen, tangiert der Formulargebrauch inhaltlich also keine anderen Rechtsgüter. Die entscheidende Frage muss hier vielmehr lauten, inwieweit der Formulargebrauch den auf den ersten beiden Stufen verfolgten Rechtsgüterschutz beeinträchtigt, welche spezifischen Gefahren also darin liegen, Aufklärung und Einwilligung schriftlich zu begleiten oder gar zu ersetzen. Anders als der in seiner Sichtweise mehr rechtlich-instrumentell angelegte erste Teil wendet sich der zweite Teil der Untersuchung daher nun in inhaltlicher Perspektive dem Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen zu. Ausge1 2

Eingehender oben § 3 I. Eingehender oben § 3 II.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

hend vom Beispiel der medizinischen Heilbehandlung wird dabei die Überlegung zugrunde gelegt, dass schon das mündliche Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen notwendig eine Vereinfachung gegenüber der Lebenswelt des Einzelnen darstellt. Was dabei zunächst pejorativ klingt, ist positiv gewendet allerdings nichts anderes als eine Abstrahierung, die nicht nur praktisch erforderlich, sondern auch ethisch und schließlich sogar rechtlich geboten ist. Um es vereinfacht auszudrücken: nicht jedes für die Entscheidung erhebliche Motiv des Patienten geht den Arzt etwas an, und nicht jedes völlig unwahrscheinliche und irrelevant erscheinende medizinische Risiko braucht der Arzt dem Patienten zuzumuten, solange dieser nicht auf eine ungewöhnlich detaillierte Aufklärung wert legt.3 Trotz seines notwendigen Einzelfallbezugs wohnt also schon den rechtlichen Anforderungen an die Aufklärung ein objektivierendes Moment inne. Und auch der Prozess der Entscheidungsfindung selbst trägt dann im Sinne einer typischen Vergleichsüberlegung des Patienten allgemeine Züge (§ 5). Aufklärungsumfang und Entscheidungsprozess unterliegen damit aber bereits im Rahmen der regulären ärztlichen Heilbehandlung objektivierenden Momenten, noch mehr dort, wo am Entscheidungsprozess weitere Personen beteiligt werden, also bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit (§ 6). Wirft man ausgehend von diesem mündlichen Geschehen nun einen Blick auf die Besonderheiten des Aufklärungs- und Einwilligungsformulars, so liegt dessen Wesenszug vor allem darin, nicht nur objektivierende Züge zu tragen, sondern, trotz eventueller Aussparungen für handschriftliche Eintragungen, gleichsam ein Musterbild vernünftiger Entscheidungsfindung darzustellen. Damit kann es der Wirklichkeit der Entscheidungsfindung nicht nur kaum gerecht werden, vielmehr suggeriert es den Entscheidungsmaßstab eines ‚vernünftigen Patienten‘, der mit Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers an sich gerade nicht maßgeblich sein. Wenn andererseits aber schon der mündliche Aufklärungs- und Einwilligungsprozess von Abstraktionen begleitet wird, erscheint es ebenso unfruchtbar wie unangemessen, zwischen mündlichem und schriftlichem Geschehen eine unüberwindbare Frontstellung aufzubauen. Vielmehr kann die Frage – anders gewendet – nicht sein, ob Abstraktionen überhaupt legitim sind, sondern nur, innerhalb welcher Grenzen jene Abstraktionen legitim sind, die mit dem Gebrauch von Formularen typischerweise verbunden sind.4 3 So auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 247; a.A. wohl Giesen, Jura 1981, 10 (19), der dem Patienten das Recht zuschreibt, die „volle und ungeschminkte Wahrheit“ vom Arzt zu erfahren, da nur so das Selbstbestimmungsrecht wirksam ausgeübt werden könne und auch das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient anderenfalls Schaden zu nehmen drohe. 4 Gegen eine „pauschale Verdammung“ von Aufklärungsformularen denn auch bereits Giesen, JZ 1982, 391 (400), solange die Grenzen der Formulare im Bewusstsein blieben, wo-

Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

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Die medizinrechtliche Dogmatik hat sich dieser Frage bislang nur unzureichend angenommen. Schutz vor Formularmissbrauch wird hier in erster Linie dadurch angestrebt, dass die Dogmatik – in Gestalt einer vom Schrifttum weitgehend gebilligten Rechtsprechung des BGH – medizinischen Formularerklärungen jede materiellrechtliche Bedeutung abspricht und Konsequenzen nur für die Beweisführung zulässt. Damit fehlt es aber nicht nur an Kontrollmaßstäben für jene Fälle, in denen der BGH – freilich nur in eng umrissenen und kontrovers diskutierten Ausnahmekonstellationen – eine Verlagerung des Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens auf Formulare auch materiellrechtlich billigt. Vielmehr erweist sich die Reduktion der Formularbedeutung auf eine prozessuale Ebene als stumpfes Schwert, wenn der Formularerklärung dem Wort nach ‚nur‘ ein Indizienwert beigemessen wird, dieser Indizienwert in vielen Fällen aber faktisch nicht nur über die Beweisführungslast des Arztes, sondern im Ergebnis auch über den Ausgang des Prozesses entscheidet (§ 7).

runter Giesen in erster Linie ihre Vorbereitungsfunktion für die mündliche Aufklärung versteht und Formularen insoweit die Eignung beimisst, einen höheren Aufklärungsbedarf zu stabilisieren. Vgl. auch ders., Arzthaftungsrecht, Rz. 334 f.

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§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen Die Entscheidung, sich einer ärztlichen Heilbehandlungsmaßnahme zu unterziehen, vollzieht sich in einem vielschichtigen Prozess, der sich mit den Begriffen Aufklärung und Einwilligung nur sehr rudimentär fassen lässt und in dem eine Vielzahl von Motiven mitschwingt, die im eigentlichen Aufklärungsgespräch nicht notwendig thematisiert werden, seinen Ausgang aber nachhaltig beeinflussen können. Auch können Gesichtspunkte im Verlauf dieses Prozesses plötzlich eine Bedeutung gewinnen, die zunächst Patient oder Arzt unwesentlich erschienen, wie andere für wesentlich erachtete Fragen sich dann auch als bedeutungslos erweisen können. Die Entscheidungsfindung unterliegt also einer ganzen Reihe inhaltlicher, struktureller, sprachlicher und emotionaler Momente, die sich einer näheren Analyse weitgehend entziehen. Soweit im Folgenden der Versuch unternommen wird, diesem Prozess inhaltliche Konturen abzugewinnen, kann dies daher nur unter dem Vorbehalt geschehen, in keinem Fall ein vollständiges Bild zeichnen zu können. Lediglich skizzenhaft sei daher das Spektrum der hier zutage tretenden Gesprächsfaktoren in einer von den rechtlichen Anforderungen zunächst noch weitgehend absehenden Weise nachgezeichnet (I.). Um vor diesem Hintergrund überhaupt justiziable Anforderungen an die Aufklärung des Patienten aufstellen zu können, geht die medizinrechtliche Dogmatik der Sache nach in zwei Schritten vor. Wie insbesondere der neuere Begriff einer ‚Grundaufklärung‘, aber auch das etablierte Gebot einer Aufklärung ‚im Großen und Ganzen‘ vor Augen führen, setzt der Umfang der Aufklärung im Kern objektiv an der Gefährdungsintensität des Patienten an, bevor dessen subjektiver Verständnisbedarf das so festgelegte Aufklärungsmaß individuell entweder erweitern oder reduzieren mag (II.). Den Entscheidungsprozess selbst kann man dann – freilich wieder nur mit den genannten Vorbehalten einer idealtypischen Betrachtung – als eine doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung durch den Patienten begreifen, der Nutzen und Risiko jeweils sowohl für den Fall der Durchführung wie für den Fall der Ablehnung der empfohlenen Heilbehandlung vergleicht (III.)

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

I. Die Öffnung der eigenen Motivwelt durch Verschränkung zweier Verständnissphären im Aufklärungsgespräch Wie in vielen Eidesleistungen, Präambeln und Rechtsvorschriften niedergelegt, ist der Arzt dem Wohlergehen des Patienten verpflichtet, also, ihn nach den derzeit bekannten Regeln der Heilkunst zu untersuchen und zu behandeln.1 Entsprechend ist der Arzt darauf bedacht, dem Patienten seinen Gesundheitszustand zu erläutern, ihn über die in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und Empfehlungen für einen aus seiner Sicht optimalen Therapieverlauf auszusprechen. Ein Freiraum kommt den Überlegungen des Arztes lediglich im Rahmen der anerkannten Regeln medizinischer Wissenschaft zu – und zwar auch dann, wenn die Behandlung den Standard der Schulmedizin verlässt. 2 Ganz anders die Situation des Patienten, dessen freier Wille – jedenfalls der Idealvorstellung nach – die gesamte Heilbehandlung dirigieren soll. So gibt etwa schon derjenige, der in problematischeren Fällen eine zweite ärztliche Expertise einholt, zu erkennen, dass er sich einer breiteren Abwägungsbasis für seine Entscheidung versichern möchte. Dann gewinnt in verzweifelten Situationen verbreitet auch der Standpunkt an Boden, die Möglichkeiten der modernen Medizin nur beschränkt oder schließlich gar nicht mehr zu nutzen, auch wenn dies ärztlicherseits empfohlen wird und de lege lata auch empfohlen werden muss.3 Noch wieder gänzlich anderen Erwägungen unterliegen dann Entscheidungen, die vordringlich durch religiöse Motive bestimmt werden.4 Und sogar die von erwogenen Motiven ganz losgelöste, noch so grob unvernünftig 1

Vgl. nur etwa den Eid des Hippokrates, in der Übersetzung von Karl Deichgräber abgedruckt in Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 4 Rz. 13, wo es u.a. heißt: „Die Verordnung werde ich treffen zum Nutzen der Kranken nach meinem Vermögen und Urteil […] In welches Haus immer ich eintrete, eintreten werde ich zum Nutzen des Kranken“; oder § 1 I BÄO, wonach der Arzt „der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes“ dient wie auch etwa die Gelöbnisformel der Hessischen Berufsordnung für Ärzte, die u.a. die Formulierung enthält „Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein“. 2 Zu den Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung nachfolgend § 6 I und II 2. 3 Zur erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Beantwortung von das Lebensende berührenden Rechtsfragen vgl. insbesondere BGH NJW 2003, 1588; Bertram, NJW 2004, 988 ff.; Taupitz, NJW 2000, Beilage zu Heft 25, 6 ff.; ders., Zivilrechtliche Regelungen zur Absicherung der Patientenautonomie am Ende des Lebens; Holzhauer, ZRP 2004, 41; Keilbach, FamRZ 2003, 969 ff.; Chiusi, ZRP 2004, 119; Gödicke, ZRP 2004, 274; Spickhoff, VersR 2006, 1569 (1576 ff.). 4 Vgl. etwa die Fälle beschränkter Einwilligungserklärungen, in denen insbesondere Angehörige der ‚Zeugen Jehovas‘ die Gestattung von Bluttransfusionen verweigert haben, BVerfG NJW 2002, 206 ff., mit Anm. Ohler/Weiß, NJW 2002, 194 f.; Bienwald, FamRZ 2002, 312 ff.; OLG Celle, NJW 1995, 792 ff.; OLG München, NJW-RR 2002, 811 ff.; AG Dülmen, FamRZ 1999, 1300 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 814 ff.

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung

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erscheinende Entscheidung ist zu respektieren, so lange sie denn auf der freien Willensbildung des Rechtsgutträgers beruht.5 Sind mithin sowohl der Ausgangspunkt wie auch der Radius der Willensbildung bei Arzt und Patient deutlich entgegengesetzt, werden sich der Wille des Patienten und die Empfehlungen des Arztes freilich in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle decken. Der Patient ist typischerweise an der Vorgehensweise interessiert, die sich aus Sicht des konsultierten Arztes empfiehlt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Willensbildung des Patienten in der Willensbildung des Arztes aufgeht, der Patient sie sich also gleichsam zu eigen macht. Der Patient kann immer nur versuchen, für sich ein gedankliches Abbild der ärztlichen Überlegungen zu schaffen, also ‚Parallelwertungen in der Laiensphäre‘ anzustellen. Kein professionelles, sondern nur ein laienhaftes Verständnis kann vom Patienten also verlangt werden, und das bedeutet, dass sich der Patient vor allem ein sehr viel gröberes Bild von den medizinischen Zusammenhängen macht. Um auch nur annähernd ein laienhaftes Verständnis zu ermöglichen, ist der Arzt daher gehalten, sein Fachwissen auf einem Niveau zu präsentieren, das dieser notwendigen Grobheit entspricht, ohne doch andererseits wesentliche Inhalte ganz auszublenden.6 Die gleichen Überlegungen treffen dann umgekehrt allerdings auch auf die Gedankenwelt des Patienten zu und auf ihre Präsentation gegenüber dem Arzt. So wie der Patient Laie in der Fachwelt des Arztes ist, ist der Arzt umgekehrt Laie in der Gedankenwelt des Patienten. Schon bei der Anamnese und dann bei der eingehenden Untersuchung gilt es für den Arzt also, seinerseits durch eine Art ‚Parallelwertung in der Laiensphäre‘ eine Vorstellung davon zu entwickeln, was sein Patient meint, wenn er von Schmerzen spricht, wenn er dies gegenüber Beschwerden oder bloßen Missempfindungen abgrenzen möchte, wenn er eine Behandlungsfolge als für ihn belastend bezeichnet, wenn er sich Sorgen macht, den Arzt verstört ansieht, Angst eingesteht usw. 7 Entsprechendes gilt über die Anamnese hinaus also auch für die Fragen des Patienten im Rahmen der Risikoaufklärung wie auch für sein Verhalten während einer eventuellen thera5 Vgl. nur etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 666; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 324, 335 f. Ähnlich bereits RGSt 25, 375, zu einem die Reichweite des elterlichen Sorgerechts betreffenden Fall, in dem der behandelnde Arzt wegen Körperverletzung verurteilt wurde, weil er einem sieben Jahre alten Mädchen, das an einer tuberkulösen Vereiterung der Fußwurzelknochen litt, entgegen der ausdrücklichen Weigerung des Vaters den Fuß amputierte. Der Vater hatte den Eingriff nicht genehmigt, da er Anhänger der Naturheilkunde war. 6 So denn auch dezidiert der bereits in der ärztlichen Ausbildung vermittelte Anspruch an die Gesprächsführung bei Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 1, wonach der Arzt dem Patienten die Informationen in einer „für ihn verständlichen Sprache“ zu vermitteln habe. Mehr problemorientiert im Hinblick auf eine ‚Befolgung‘ von Therapieempfehlungen des Arztes – compliance und non-compliance – die Darstellung von Renz-Polster/Krautzig/ Braun, Basislehrbuch Innere Medizin, 14.8.3 (S. 1194 ff.). 7 Von Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 10 f., auch als fünfte Phase des Patientengesprächs zwecks ‚Schaffung eines Konsens hinsichtlich der Beschwerden‘ bezeichnet.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

peutischen oder Sicherheits-Aufklärung.8 Der Arzt muss in all diesen Fällen stets versuchen, ein gedankliches Abbild von den Überlegungen seines Gegenübers zu schaffen. Mag ihm hierbei auch eine gewisse Erfahrung helfen, steht er damit doch immer wieder vor der Anforderung, eine Wirklichkeit hinter den Äußerungen des Patienten aufzudecken, der sich der Patient selbst bei mangelnder Kenntnis von der konkreten medizinischen Relevanz seiner Äußerungen häufig gar nicht bewusst ist.9 Selbst wenn der Patient seinen Informationsbedarf überblickt, wird er möglicherweise ungern zugestehen wollen, angesprochene Zusammenhänge gleichwohl nicht verstanden zu haben. Die einer Abhängigkeitssituation zumindest nicht fernstehende Konstellation zwischen dem gesundheitlich angeschlagenen oder leidenden Patient und dem hilfeverheißenden Arzt dürfte in psychologischer Hinsicht durchaus eine gewisse Bereitschaft nahe legen, fehlendes Verständnis zu überspielen, um den Beginn der ärztlichen Behandlung nicht unnötig zu belasten oder zu verzögern. Auch die hohe Autorität des Arztberufs und die traditionelle weiße Berufskleidung sind Faktoren, deren Erwähnung übersteigert wirken mag, es dem Patienten aber sicherlich nicht einfacher machen, etwaig fehlendes Verständnis offen anzusprechen.10 Dann mögen auch lange Wartezeiten und ein für den Patienten erkennbarer hoher Zeitdruck des Arztes zu einer Selbstdarstellung des Patienten verleiten, die sich mit dessen tatsächlichem Verständnis der Situation nicht deckt,11 ganz abgesehen von etwaigen charakterlichen Eigenheiten, keine intellektuellen Schwächen zeigen oder sich eine Krankheit nicht eingestehen zu wollen. Nur andeuten lässt sich dann schließlich die Sphäre der Erlebnisse und Erzählungen, die der Patient mit einem Krankheitsbild oder auch mit dem fachlichen oder gesellschaftlichen Ruf des behandelnden Arztes verbindet, und die der ärztlichen Konsultation zeit8

Vgl. auch Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 10 f. In der medizinischen Ausbildungsliteratur unterscheiden etwa Renz-Polster/Krautzig/ Braun, Basislehrbuch Innere Medizin, 14.8.1 (S. 1191), eine in erster Linie auf ‚Sachebene‘ gelagerte Motivsphäre des Arztes von einer ‚Beziehungsebene‘, die auf Seiten des Patienten das Gespräch maßgeblich präge. Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 11, unterscheidet für die Ermittlung der Sichtweise des Patienten sechs verschiedene Aspekte: Die Gedanken des Patienten über Art und Ursache der Beschwerden; die Gefühle des Patienten bezüglich der Beschwerden, insbesondere Ängste; Erwartungen des Patienten an den Arzt und die medizinische Versorgung; Auswirkungen der Beschwerden auf das Leben des Patienten; ähnliche Erfahrungen im Leben des Patienten oder seiner Familie und schließlich Schritte, die der Patient unternommen hat, um die Beschwerden zu lindern. 10 Zur freilich ambivalenten Wirkung von Kleidung als das Gespräch mit dem Patienten situationsabhängig vertrauensfördernd oder vertrauenshindernd auch Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 5. Auf empirische Untersuchungen, wonach der Gesprächsanteil des Patienten am Aufklärungsgespräch äußerst gering ist und sich meist in aufgreifenden Reaktionshandlungen erschöpft, weist Jacob hin, Jura 1982, 529 (534, 536). Zu Hemmschwellen des Patienten „gegenüber der Suggestivkraft der Expertenautorität und des Apparates, aber auch aus unterschwelliger Loyalität“ bereits Steffen, MedR 1983, 88 (91). 11 So auch Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 5. 9

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung

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lich vorausgehen. Ganz zu schweigen schließlich von Gesichtspunkten, die nur noch locker mit eigentlichen medizinischen Erwägungen im Zusammenhang stehen, faktisch für den Patienten aber doch eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen. Also etwa die Frage, welche Konsequenzen sich aus der Behandlung des Patienten für die Lebenswelt seiner Angehörigen ergeben, welche Kosten die Behandlung verursacht usw. Der Vielschichtigkeit dieses Prozesses entspricht es, dass die Anforderungen schon an die Gestaltung und Durchführung des Patientengesprächs hoch sind. So weist die medizinische Ausbildungsliteratur darauf hin, sich für den Aufbau der Arzt-Patienten-Beziehung die Bedeutung auch nonverbaler Kommunikation deutlich zu machen, also auf Blickkontakt zu achten, Körperhaltung, Kopfhaltung und -bewegung, insbesondere Kopfschütteln oder -nicken, den Abstand zum Patienten, die Haltung von Armen oder Beinen, etwa verschränkt oder gekreuzt, neutral oder geöffnet. Dann soll der Patient je nach Situation aber auch ermuntert werden, mehr zu sagen, ohne dadurch das Thema von ärztlicher Seite aus zu bestimmen. Insbesondere die Wiederholung dessen, was der Patient gesagt hat, wird dann als Möglichkeit zur Aufdeckung von Gefühlen gesehen.12 Der Arzt mag dann auch zwecks Verdeutlichung nachfragen und schließlich die Ergebnisse des Gesprächs vorläufig zusammenfassen, um dem Patienten nicht nur zu vermitteln, zugehört zu haben, sondern auch die Möglichkeit zu geben, seitens des Patienten noch Punkte nachzuschieben. Besonders hingewiesen wird dann auch auf die Bedeutung mitfühlender Reaktionen, um, abgesehen von einer durchaus therapeutischen Wirkung dieses Mitgefühls, die Arzt-Patienten-Beziehung weiter aufzubauen. Als hinderlich und die Kommunikation tendenziell blockierend wird hingegen eine vorzeitige Beruhigung des Patienten angesehen.13 12 Prägnant das Beispiel von Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 12 f.: Patient: „Die Schmerzen wurden schlimmer und breiteten sich aus.“ (Pause) Arzt: „Sie breiteten sich aus?“ Patient: „Ja, sie strahlten bis in meine Schulter aus und den linken Arm hinunter bis in die Finger. Sie waren so schlimm, dass ich dachte, ich müsste sterben.“ (Pause) Arzt: „Sie dachten, Sie müssten sterben?“ Patient: „Ja, es war wie bei meinem Vater, als er seinen Herzanfall hatte, und ich hatte Angst, dass mir dasselbe passieren würde.“ 13 Vgl. insgesamt Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 12 ff., auch mit einer ausführlichen Einzeldarstellung vieler für die Anamneseerhebung problematischer Themen wie Vorurteile und kulturelle Unterschiede (S. 15 ff.), Alkohol und Drogen (S. 18 f.), Sexualanamnese (S. 19 ff.), körperliche Gewalt in der häuslichen Umgebung (S. 21), psychische Erkrankungen (S. 21 f.), Tod und sterbender Patient (S. 22 f.), der Umgang mit Kindern und Jugendlichen (S. 24 ff.). Dort ferner dann auch eine Darlegung einzelner Strategien, um besondere situationsbezogene Gesprächsprobleme zu meistern, etwa der Umgang mit schweigsamen oder im Gegenteil redseligen Patienten, ängstlichen, wütenden, feindseligen, betrunkenen, randalierenden oder weinenden Patienten (S. 29 ff.). Hierzu zählt dann auch das Gespräch mit gehörlosen, schwerhörigen oder blinden Patienten wie schließlich auch das Gespräch mit Familienangehörigen oder Freunden, soweit ein Gespräch mit ihnen rechtlich opportun ist (S. 34 f.).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

Schon dieser sehr geraffte Überblick mag vor Augen führen, dass mit Patient und Arzt zwei reiche Erfahrungs- und Gedankenwelten aufeinander treffen, in die jeder dem anderen nur einen sehr begrenzten Einblick gewährt und auch nur gewähren kann. Wenn das gegenseitige Verstehen durch die Verschränkung zweier Laiensphären gekennzeichnet ist – die des Patienten als Laie in der Medizin und die des Arztes als Laie in der persönlichen Lebenswelt des Patienten –, so erscheint schon die Objektivität der medizinischen Expertise als ein Mittel zur Reduktion von Komplexität, die im Gespräch wieder zurückgedrängt, aber doch nicht vollständig aufgehoben wird.14 Wie jedes Gespräch, ist also auch das Aufklärungsgespräch nicht durch eine starre Verschränkung zweier Lebenswelten geprägt. Stellt man es sich auf einer zeitlichen Achse gelagert vor, wechseln sich vielmehr Momente des Sich-Öffnens und des Sich-Zurücknehmens auf beiden Seiten kontinuierlich ab, in immer wieder wechselnder Intensität und inhaltlicher Zielrichtung. Beginnt der Arzt nach Begrüßung des Patienten15 etwa das Gespräch mit der Frage, was den Patienten denn zu ihm führt, so wird der Patient ihm zunächst seine unmittelbaren Beschwerden schildern.16 Der Arzt wird dabei häufig nachfragen, um zu ergründen, welche Intensität die Beschwerden haben, ob sie mit anderen Auffälligkeiten einhergehen, wie lange sie bereits bestehen, ob sie mit äußeren Ereignissen in Zusammenhang stehen oder sich weitgehend von selbst ergeben haben usw.17 Der Patient wird auf die Fragen des Arztes eingehen, neue Perspektiven öffnen und spontane Vermutungen des Arztes dann auch wieder ausräumen, möglicherweise selbst die Vermutung von Zusammenhängen äußern usw.18 Der Arzt wird dann eine Reihe von diagnostischen Maßnahmen in Erwägung ziehen und dies dem Patienten darstellen. Bereits das gesamte Eingangsgespräch erweist sich damit als Einzugsbereich der Diagno14 Zum Gesichtspunkt des Vertrauens als Mittel zur Reduktion von Komplexität Laufs/ Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 61 Rz. 2, mit Blick auf Luhmann, Vertrauen – ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Allgemein zum Gedanken einer Reduktion von Komplexität durch Objektivität mit Blick auf die Funktionen juristischer Dogmatik vgl. Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, S. 15 f., 19; ähnlich Krawietz, Recht als Regelsystem, S. 7 f., 12; hierzu Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 48 ff., 115 ff. 15 Begrüßung des Patienten und Kontaktaufnahme werden von Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 6 f., als erste von sieben Phasen des Patientengesprächs bezeichnet. 16 In der medizinischen Ausbildung als gesprächseinleitende „offene Frage“ bezeichnet, vgl. Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 7 f., womit das Gespräch in die zweite Phase einer ‚Aufforderung zum Erzählen der Krankengeschichte‘ übergeht. 17 Zum Inhalt einer umfassenden Anamnese beim Erwachsenen einerseits und Kindern andererseits vgl. Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 36 ff., 40 ff. 18 Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 9 f., unterscheidet insoweit eine dritte Phase der ‚Festlegung des Gesprächsinhalts‘ von einer vierten Phase eines ‚Aufstellens und Überprüfens von Hypothesen hinsichtlich der Art der Beschwerden durch Vertiefung und Präzisierung der Krankengeschichte‘.

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung

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seaufklärung, auch wenn diese selbst sich dann meist auf die Aufklärung über den zu erwartenden Gewinn und etwaige Risiken einer vorgeschlagenen diagnostischen Maßnahme reduzieren wird. Liegen die Untersuchungsergebnisse vor, entspinnt sich zwischen Patient und Arzt dann ein zweites Gespräch über die Frage, von welchem Befund nun auszugehen und wie er einzuschätzen ist.19 Hier wiederholt sich der Art und Weise nach dann das gleiche Bild von Gesprächsbewegungen, von denen bereits der erste Dialog gekennzeichnet war. Allerdings wird nun ein größeres Gewicht auf der Frage der weiteren Vorgehensweise liegen. Sind viele diagnostische Methoden noch von vergleichsweise geringer Auswirkung auf die Gesundheit des Patienten, geht es nun um die Frage, für welchen Weg man sich entscheidet. Je nach Eindeutigkeit des Krankheitsbildes kann diese Entscheidung mal naheliegend sein, ein anderes Mal aber auch, etwa bei Differentialdiagnosen, sehr komplex und entsprechend kompliziert, schon für den Arzt, erst recht aber für den Patienten, von dem auf dieser Grundlage gleichwohl, gar noch bei bestehender vitaler Gefahr, eine eigenverantwortliche Entscheidung erwartet wird. 20 Kann man bei diesen Überlegungen aber tatsächlich davon ausgehen, dass das Gespräch mit dem Arzt in der überwiegenden Zahl der Fälle dem Patienten eine freie eigene Entscheidung ermöglicht, die von laienhaftem Sachverstand geleitet wird und dann das gesamte weitere Behandlungsgeschehen autonom bestimmt? Tatsächlich wird der Patient vielfach auf den guten Rat seines Arztes angewiesen sein und dieser Angewiesenheit dadurch Rechnung tragen, dass er seine erste und nicht selten sogar seine Hauptmühe auf die Auswahl des Arztes legt. Für diese Entscheidung wird er wiederum Ratgeber hinzuziehen, die ihm entweder aus fachlichen oder emotionalen Gründen vertrauensvoll erscheinen, und die Kette der Entscheidungsfindung ließe sich auf diese Weise zu immer weiteren Ratgebern fortsetzen, bis sie sich in den Lebensgeschichten des Einzelnen allmählich verliert. Nicht von ungefähr wird das Verhältnis zwischen Patient und Arzt also bis heute als ein besonderes Vertrauensverhältnis begriffen,21 das sich nicht in rein rechtliche Elemente zerlegen lässt. 22 19 Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 11, spricht insoweit von einer sechsten Phase der Besprechung eines Behandlungsplans, worunter sie auch die weitere diagnostische Beurteilung, Behandlung und Patientenaufklärung versteht. 20 Entsprechend bildet dann bei Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 11 f., die Planung des weiteren Vorgehens und der Abschluss des Gesprächs eine siebte und letzte Phase des Patientengesprächs. 21 Gerade in Standardwerken aus der medizinischen Lehre wird dies deutlich betont, vgl. Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 2 ff.; Renz-Polster/Krautzig/Braun, Basislehrbuch Innere Medizin, 14.8.1 (S. 1191 f.); aus der juristischen Literatur vgl. nur etwa Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 17; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 5; Giesen, Jura 1981, 10 (19). 22 Katzenmeier, Arzthaftung, S. 5, geht vom Gedanken der ‚Liebe‘ als konstitutivem Element aus, bezeichnet dann jedoch (S. 9) das Verhältnis zwischen Arzt und Patient als ‚Freund-

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

Auch dieses Vertrauen des Patienten resultiert nicht allein aus der Hochrangigkeit der Rechtsgüter, die der Patient dem Arzt anvertraut.23 Natürlich besteht hier ein großer Unterschied zu Vertragsbeziehungen der Wirtschaftswelt, etwa zum Eigentümer eines Pkw, der seinen Wagen zwecks Reparatur einer Fachwerkstatt anvertraut. Zu der Hochrangigkeit der in der Medizin betroffenen Rechtsgüter hinzu kommt aber auch hier entscheidend die Unkenntnis des Patienten von den medizinischen Zusammenhängen der Bedrohung seiner Rechtsgüter. 24 Erst diese Unkenntnis erfordert die besondere Vertrauensbasis – man könnte auch sagen, die Schutzbedürftigkeit des Patienten –, von der das Behandlungsverhältnis geprägt ist, und die das Recht immer nur partiell erfassen kann. Schon der Begriff der Aufklärung ist insoweit eine grobe Vereinfachung, sind Arzt und Patient doch durchweg in einen Gesprächsprozess eingebunden, ohne Beginn und Ende eines hierin isoliert stattfindenden Aufklärungsgesprächs näher ausmachen zu können. In der Gesprächsführung schlagen sich also eine Vielzahl ärztlich-ethischer Verhaltensweisen nieder, die sich schon einer näheren Kategorisierung weitgehend entziehen und gerade die ärztlich-ethische Dimension des Gesprächs ausmachen. Das Spiegelbild dieser Vertrauensbasis ist damit auch, dass sich der Patient zwangsläufig ein Stück weit dem Ratschluss des Arztes hingeben muss, ihm insbesondere in seiner fachlichen Einschätzung vertrauen können muss. Jeder Patient erklärt sich also notwendig zu guten Teilen über seine Einwilligung, ohne alle medizinischen Detailaspekte seiner Entscheidung zu kennen, also im Bewusstsein der notwendigen Unzulänglichkeit seiner Information. Das gilt selbst noch für den Patienten, der selbst Arzt ist, wenn er nicht gerade derselben Fachrichtung angehört.25 Auf dieser abstrakten Betrachtungsebene ist die Erklärung des Patienten also notwendigerweise immer zu guten Teilen Risikoerklärung, da Ungewissheitserklärung, und in diesem Sinne Abstraktion vom individuellen Verstehen. Die rechtlichen Anforderungen an die Aufklärung des Patienten tragen diesem Zusammenhang dadurch Rechnung, dass sie den

schaft‘. Zur Besonderheit der Vertragsbeziehungen zwischen Arzt und Patient und ihrer zunehmenden Verrechtlichung eingehend Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 39 Rz. 1 ff.; auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 5 ff. 23 Vgl. zu diesen Maßstäben als Grundlage für die Wirkungsweise des informed consent oben § 3 II 1 b) bb). 24 Dass es sich daher bei medizinischen Formularen nicht um ein selbstgemachtes Recht der Wirtschaft handeln kann, sondern mit ihnen in erster Linie der Zweck verfolgt wird, dem Patienten ein Wissen über seine Krankheit zu verschaffen, stellt bereits Deutsch fest, NJW 1982, 2585 (2588). 25 So auch Renz-Polster/Krautzig/Braun, Basislehrbuch Innere Medizin, 14.8.3 (S. 1192 f.), die zudem die Beobachtung äußern, dass Ärzte als Patienten sich auch in der Wahl ihres Lebensstils nicht häufiger an die von ihnen selbst propagierten Gesundheitsratschläge halten als ihre Patienten.

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Umfang der Aufklärung von der Rechtsgutgefährdung einerseits und dem Verständnisvermögen andererseits abhängig machen.

II. Die Abhängigkeit des Aufklärungsumfangs von der Gefährdungsintensität und dem Verständnisvermögen im Einzelfall Mit dem Rang der betroffenen Rechtsgüter, der Unkenntnis des Patienten von medizinischen Zusammenhängen und der notwendigen Individualität seiner gesundheitlichen Konstitution basiert das Modell der informierten Einwilligungserklärung auf wohlüberlegten Gründen, die praktisch keine Alternative zulassen.26 Einer Differenzierung sehr wohl zugänglich und auch bedürftig ist dann allerdings der nächste Schritt, in welcher Weise von der Notwendigkeit individueller Aufklärung auf deren gebotenen Umfang und auf die Art und Weise ihrer Durchführung rückzuschließen ist. So versteht es sich von selbst, dass einem Laien nicht binnen kürzester Zeit jenes medizinische Wissen und jene medizinische Erfahrung vermittelt werden kann, die selbst Studenten der Medizin nur durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium und sich anschließende praktische Berufsausübung erwerben können. 27 Auch die noch so umfassende ärztliche Aufklärung bleibt also immer lückenhaft. Selbst im Fall einer schonungslosen Totalaufklärung kann das Recht hinter der Vorstellung eines vollständigen Verständnisses aller Zusammenhänge durch den Patienten nur zurückbleiben, 28 ganz abgesehen davon, dass sie im Normalfall weder geleistet werden kann noch vom Patienten gewünscht wird.29 Was bei der Aufklärung der Normalfall ist, und wie es einen solchen angesichts der Individualität körperlicher und seelischer Konstitution überhaupt geben kann, dürfte nun allerdings die Crux der gesamten Aufklärungsdogmatik sein. Der dargelegte einzelfallabhängige Aufklärungsmaßstab steht einer Typisierung der Aufklärungsanforderungen im Ansatz entgegen.30 Soll man die Wirksamkeit der Einwilligung deshalb aber allein in eine Beurteilung der Besonderheiten des Einzelfalls entlassen? Der erste Anspruch an rechtliche Entscheidungen ist, dass sie auf einer nachvollziehbaren Begründung beruhen statt auf Willkür. Dieser Anspruch stellt sich im Grunde noch vor einem Gleichbe26

Vgl. oben § 3 II 1 b) bb). Deutlich Uhlenbruck, in: FS-Laufs, S. 1123 (S. 1140, zurückhaltender S. 1133): „Die ärztliche Aufklärungspflicht darf nicht zu einem kostenlosen Medizinstudium für Laien mutieren.“ 28 Deutlich auch Deutsch, AcP 192 (1992), 161 (168). 29 Vgl. hierzu Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 327; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 337; Deutsch, AcP 192 (1992), 161 (168); Knoche, NJW 1989, S. 757 (758 f.). 30 So auch Deutsch, VersR 1981, 293 (295). 27

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handlungsgebot, weil erst die Begründung der Entscheidung klar macht, welche Erwägung überhaupt auf Gleichbehandlung hin zu beurteilen ist. Für den Aufklärungsmaßstab bedeutet dies, dass Überlegungen zu seiner Typisierung zulässig sein müssen, ohne sich stets dem Einwand des Gebots der Einzelfallbeurteilung auszusetzen. Und in der Tat haben sich Rechtsprechung und Literatur in einem mittlerweile viele Jahrzehnte umfassenden Entwicklungsprozess bemüht, einen dogmatischen Konsens über die in einer Art Normalfall geltenden Anforderungen an die Aufklärung des Patienten zu erzielen, auch wenn diese Anforderungen notwendig auf einem mittleren Abstraktionsniveau verharren und die Besonderheiten des Einzelfalls in zweiter Hinsicht stets vorbehalten bleiben müssen.31 Dabei besteht jedenfalls innerhalb des Zivilrechts Einigkeit darüber, dass sich die Aufklärungsanforderungen nach Vertrags- und Deliktsrecht nicht unterscheiden.32 Auch das Strafrecht knüpft an diese Dogmatik weitgehend an, wenn insoweit auch – vor allem im Hinblick auf die einschneidenden Konsequenzen nicht nur strafrechtlicher Sanktionen, sondern auch schon der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens – teilweise Abweichungen gefordert werden.33 Hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs verbleibt es hingegen freilich an den Unterschieden zwischen beiden Rechtsgebieten, also einem subjektiven strafrechtlichen Fahrlässigkeitsmaßstab und einem objektiven zivilrechtlichen. Der BGH fordert von der ärztlichen Aufklärung insoweit seit geraumer Zeit, dass sie den Patienten lediglich „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung informiert.34 Nicht erforderlich ist es demnach, alle denkbaren Risiken exakt medizinisch zu beschreiben oder auch nur die Details solcher Risiken, die für die Entscheidung des Patienten im Blickpunkt 31

Auch die spezialgesetzlichen Regelungen der Aufklärung treffen insoweit nur bruchstückhafte und ihrerseits allgemein gehaltene Regelungen. Vgl. etwa Art. 3 II erster Spiegelstrich der Charta der Grundrechte der EU, § 8 II 1 TPG und die im übrigen häufig anzutreffende Formulierung einer Aufklärung über „Wesen, Bedeutung und Durchführung“ der medizinischen Maßnahme, die nicht näher konkretisiert wird, so etwa für die Blutspendeentnahme § 6 I 1 TFG, für die klinische Prüfung eines Arzneimittels § 40 II 1 AMG, eines Medizinprodukts in § 20 I Nr. 2 MPG oder von radioaktiven Stoffen und ionisierender Strahlung in § 87 I 3 StrlSchVO. Konkreter gefasst hingegen § 3 I KastrG. Weniger in diesen Zusammenhang passend hingegen die Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch, die nicht in erster Linie dem Rechtsgüterschutz der Schwangeren dient, sondern dem Schutz des ungeborenen Lebens, § 219 I 1 StGB. 32 Vgl. nur etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 643. 33 So insbesondere von Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, Rz. 53; ders., Anm. zu BGH NStZ 1996, 132 f., NStZ 1996, 34 (35). Vgl. aber auch etwa MüKo-Joecks, § 223 StGB Rz. 77. Für einen Überblick auch Tempel, NJW 1980, 609 (611 ff.). 34 BGH NJW 2000, 1784 (1786); 1992, 2351 (2352 f.); 1992, 755 f.; OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 24 (25), jeweils m.w.N. Aus dem Schrifttum nur etwa Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 13 Rz. 85; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 327; Lepa, in: FS-Geiß, S. 449 (453 f.); Heilmann, NJW 1990, 1513 (1516).

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stehen.35 Eine Grundaufklärung wird dem Patienten aber nur dann erteilt, „wenn ihm ein zutreffender Eindruck von der Schwere des Eingriffs und von der Art der Belastungen vermittelt wird, die für seine Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen können“, was in aller Regel „einen Hinweis auf das schwerste möglicherweise in Betracht kommende Risiko“ erforderlich macht.36 Dieses Grundbekenntnis zur Möglichkeit und Notwendigkeit einer Ausfilterung regelmäßig uninteressanter Detailinformationen – das mittlerweile auch der Gesetzgeber anerkennt37 – kann in seiner Bedeutung gar nicht überschätzt werden. Es ermöglicht dem Arzt – natürlich nur idealtypisch gedacht –, das Aufklärungsgeschehen in einem ersten Schritt auf einer objektiven Ebene anzusiedeln, um dann in einem zweiten Schritt die notwendigen einzelfallbezogenen Korrekturen vorzunehmen. Leitend für die erste Stufe objektiver Aufklärungsanforderungen ist dabei die Intensität der Rechtsgutgefährdung, die den vorläufigen Maßstab für die inhaltlichen, zeitlichen und personellen Anforderungen an die Aufklärung bildet (1.). Die auf der zweiten Stufe vorzunehmenden Korrekturen setzen hingegen am subjektiven Verständnisbedarf des Patienten an und können den Aufklärungsumfang ebenso erweitern wie reduzieren (2.).

1. Die Intensität der Rechtsgutgefährdung als vorläufiger Maßstab für die inhaltlichen, zeitlichen und personellen Anforderungen an die Risikoaufklärung des Patienten Bereits die zitierten Urteilspassagen machen deutlich, dass die inhaltlichen Anforderungen an die Aufklärung maßgeblich davon abhängen, wie intensiv die mit der Behandlung verbundenen Belastungen für den Patienten eingeschätzt 35 Vgl. auch nur etwa Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 1 ff.; Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, Rz. 329, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 36 BGH NJW 1991, 2346 (2347) m.w.N. Anders etwa noch Deutsch, VersR 1981, 293, der mit seiner Lehre vom juristischen Gemeinschaftsakt der Aufklärung der Sache nach tendenziell eine stets umfassende Aufklärung anstrebt. Hieran anknüpfend und explizit das Ziel einer umfassenden Aufklärung zugrunde legend Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag (S. 143 f.); ähnlich Fischer/Uthoff, MedR 1996, 115 (116). 37 Deutlich freilich nur in der Spezialbestimmung des § 40 II AMG, nach dessen Satz 1 der Teilnehmer einer klinischen Arzneimittelprüfung zwar „über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung“ aufzuklären ist, ihm nach Satz 2 aber „ferner Gelegenheit zu einem Beratungsgespräch mit einem Prüfer über die sonstigen Bedingungen der Durchführung der klinischen Prüfung zu geben“ ist. Soll diese Bestimmung Sinn machen – statt nur eine missglückte Konsequenz der Umsetzung von Art. 3 II b) der Ril. 2001/20/ EG vom 4.4.2001 darzustellen – kann dies nur bedeuten, dass die Aufklärung sich nicht auf Inhalte des Beratungsgesprächs erstrecken muss, also eine Unterscheidung essentieller und lediglich flankierend interessierender Gesichtspunkte zulässig und geboten ist.

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werden, also zum einen die gesundheitlichen Risiken, aber auch die damit einhergehenden Belastungen in der Lebensführung des Patienten (a). Die Intensität der Rechtsgutgefährdung beinhaltet dann aber auch eine zeitliche Komponente, die die Anforderungen an die Aufklärung mitunter drastisch reduzieren kann (b), wie von der Rechtsgutgefährdung schließlich auch Folgen für die Person sowohl des Aufklärenden wie auch des Aufzuklärenden ausgehen (c). Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich dabei auf den Fall der Risikoaufklärung, gelten in vergleichbarer Weise aber auch für die – den Formularverkehr ungleich weniger bestimmenden – Fälle der therapeutischen Aufklärung und der Sicherheitsaufklärung. 38

a) Die Maßgeblichkeit medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Bestimmung spezifischer belastender Risiken Steht die Intensität der Rechtsgutgefährdung für das Maß der Aufklärung heute im Grundsatz außer Frage, hat sich die Rechtsprechung bereits seit geraumer Zeit davon gelöst, diese Intensität rein statistisch zu bestimmen. Ausschlaggebend für die Aufklärungspflichtigkeit eines Risikos ist demnach nicht allein die Komplikationsdichte, also die Häufigkeit, mit der sich ein Risiko in Fällen dieser Art verwirklicht.39 Statistischen Risikowerten komme „nur ein vergleichsweise geringer Wert“ zu, maßgebend sei „vielmehr, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet“.40 Grundsätzlich ist daher auch über „äußerst seltene Risiken“ aufzuklären – im konkreten Streitfall einer RoutineImpfung schwankten die aus Sicht des BGH nicht klärungsbedürftigen Einschätzungen der Parteien zwischen 1 : 750.000 und 1 : 5 Millionen.41 Und selbst dann, wenn die Risikodichte z.B. durch die Umstellung einer Arzneimitteltherapie verringert, ist über diese – objektiv betrachtet für den Patienten günstigere – Therapieumstellung allein schon mit Rücksicht auf die auch der neuen Therapie spezifisch anhaftenden Risiken aufzuklären.42 Als im Kern ausschlaggebend erweist sich damit für die heutige Aufklärungsdogmatik die Intensität

38 Zur gebotenen Unterscheidung dieser beiden häufig synonym bezeichneten Aufklärungspflichten oben § 3 I 3. 39 Vgl. aber noch BGHZ 29, 46 (60); 29, 176 (182). 40 BGH NJW 2000, 1784 (1785), mit Verweis insbesondere auf BGH NJW 1996, 779 (781); 1994, 3012 (3012 f.); in jüngerer Zeit bestätigt etwa durch BGH NJW 2005, 1716 (1717), mit zahlreichen Nachweisen, vgl. auch etwa OLG Köln, Urteil vom 25.04.2007, Az. 5 U 180/05; OLG Hamm, NJOZ 2005, 4925 (4927 f.). Weitgehend an arithmetische Vorgaben anknüpfend hingegen zahlreiche ausländische Rechtsordnungen, vgl. die Nachweise bei Katzenmeier, Arzthaftung, S. 330 (Fn. 61). 41 BGH NJW 2000, 1784 (1785); vgl. auch OLG Zweibrücken, NJW 2005, 74 (75). 42 So jüngst dezidiert BGH NJW 2007, 2771 (2772).

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der Belastung, die der Patient entweder gesundheitlich oder auch nur in seiner Lebensführung bei Verwirklichung des Risikos zu befürchten hat.43 Mit der Belastung in der Lebensführung öffnet sich nun allerdings zweifellos eine subjektive Perspektive auf die Lebensumstände des individuellen Patienten, die sich dem Arzt nur bedingt aufdrängen, etwa wenn er weiß, dass der Patient, dessen Behandlung das Risiko einer rechtsseitigen Handgelenkversteifung birgt, Rechtshänder oder gar Pianist ist, der Patient, dessen Gehör sich infolge der Behandlung verschlechtern könnte, Tonmeister ist, die Patientin, die sich dem Risiko der Unfruchtbarkeit aussetzt, noch jung ist usw. Ergibt sich der Inhalt der Aufklärungspflicht hier also weitgehend von selbst, hängt sie in anderen Fällen von den Äußerungen des Patienten und je nach Lage des Einzelfalls gebotenen Fragen des Arztes ab, etwa über den ausgeübten Beruf, die familiäre Situation usw. Ist die Auswirkung des Eingriffs auf die Lebensführung des Patienten objektivierenden Kriterien mithin nur bedingt zugänglich, schließt die Beurteilung gesundheitlicher Auswirkungen dann vergleichsweise prägnant an die objektivierenden Erfahrungssätze der medizinischen Wissenschaft an, die für den Inhalt der rechtlichen Aufklärungspflicht nur übernommen werden können, auch wenn dem Arzt insoweit kein Ermessen zusteht.44 Jedenfalls in negativer Hinsicht kann dabei dann auch durchaus der Komplikationsdichte eine Bedeutung zukommen. So entfällt die Aufklärungspflicht über das fragliche Risiko, wenn es sich bei ihm „nicht um ein spezifisches Risiko der durchgeführten Operation handelt, sondern – wenn überhaupt ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Operation und Lähmung besteht – um eine außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Folge des Eingriffs“, weil das Risiko unter diesen Umständen „für den Entschluß des Patienten, ob er in die Operation einwilligt, keine Bedeutung haben konnte“.45 Sinkt die Rechtsgutgefährdung also allein in ihrer durch Kausalität und Häufigkeit vermittelten Intensität auf ein Maß ab, 43 Vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 13 Rz. 85; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 2; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 328. 44 Vgl. bereits BGHZ 29, 46 (57). Zu diesem Verhältnis medizinischer Wissenssätze und rechtlicher Pflichten vgl. nur etwa Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 61 Rz. 4, 12, zur Therapiefreiheit des Arztes aus jüngerer Zeit insbesondere Katzenmeier, Arzthaftung, S. 304 ff. Zu den damit zusammenhängenden Fragen, welchen Einfluss Richtlinien der Bundesausschüsse (Zahn-) Ärzte und Krankenkassen sowie in der Medizin herausgebildete Behandlungsrichtund Leitlinien auf die individuelle Leistungs- und Sorgfaltspflicht des Arztes haben, vgl. die Beiträge in dem von der Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im Medizinrecht e.V. herausgegebenen Sammelband Leitlinien, Richtlinien und Gesetz – wie viel Reglementierung verträgt das Arzt-Patienten-Verhältnis, dort insbesondere die Beiträge von Stegers (S. 11 ff.), Figgener (S. 33), Ollenschläger (S. 47 ff.), Bergmann (S. 65 ff.) und Schwenzer (S. 81 ff.), sowie aus der Rechtsprechung jüngst OLG Düsseldorf, GesR 2007, 110 ff., zur Frage der Veralterung von Operationsmethoden im Hinblick auf Leitlinien der chirurgischen Fachgesellschaften. 45 Vgl. BGH NJW 1991, 2346, mit Verweis auf BGH NJW 1989, 1533; 1984, 1807; 1984, 1397; 1959, 811.

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das das Risiko nahezu irrelevant erscheinen lässt, besteht grundsätzlich – die zweite Stufe subjektiv erhöhten Aufklärungsbedarfs vorbehalten – keine Aufklärungspflicht des Arztes. Aber auch in umgekehrter Richtung kann sich die Häufigkeit zu erwartender Komplikationen auf die Aufklärungspflicht auswirken. So hat die Rechtsprechung immer wieder daran festgehalten, dass etwa ein Operateur „grundsätzlich bei jedem Patienten die Kenntnis der allgemeinen Risiken operativer Eingriffe voraussetzen darf, also solcher „Risiken, die mit jeder größeren, unter Narkose vorgenommenen Operation verbunden sind und mit denen ein Patient im allgemeinen rechnet, z.B. Wundinfektionen, Narbenbrüche, Embolien“.46 Hier sind die denkbaren Risiken nun also umgekehrt so häufig, dass sie regelmäßig nicht nur als bekannt vorausgesetzt werden können,47 sondern – angesichts der großen Zahl trotz dieser Risiken durchgeführter Operationen – auch ihrerseits als im Zweifel irrelevant: „Der Arzt kann im allgemeinen davon ausgehen, daß auch sein Patient – ebenso wie die Allgemeinheit – dieses medizinische Basiswissen besitzt […]. Einzelhinweise sind danach gegenüber einem Patienten, dem diese allgemeinen Risiken nicht verborgen sind, nur erforderlich, soweit sich Komplikationen in eine Richtung entwickeln können, die für ihn als Laien überraschend sein muß, und auch da nur, wo sie zu Ausfällen führen können, die in seinen besonderen Lebensverhältnissen erkennbar besonders schwerwiegend wären“.48

Entsprechendes gilt dann auch für das Gewicht des Eingriffs selbst. So ist „nicht in jedem Fall eine ins einzelne gehende Aufklärung erforderlich, weil, je schwerwiegender der Eingriff seiner Natur nach ist, umso eher ein verständiger Patient auch von sich aus mit gewissen Gefahren für den Fall eines unglücklichen Verlaufs rechnen muß“.49 Und umgekehrt ist es – wie bereits frühzeitig judiziert – nicht „erforderlich, den Patienten darauf hinzuweisen, daß auch die geringfügigsten operativen Eingriffe unter ungünstigen Verhältnissen trotz Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen zu irgend welchen Komplikationen führen können. Das weiß im allgemeinen jeder Patient und bedarf keines besonderen Hinweises“.50 46

BGH NJW 1992, 743, mit umfangreichen weiteren Nachweisen. Zu zahlreichen Einzelfällen allgemeiner Operationsrisiken, die als bekannt vorausgesetzt werden können und daher grundsätzlich nicht der Aufklärungspflicht unterliegen, vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 47. 48 BGH NJW 1992, 743, im Anschluss an Giesen, Arzthaftungsrecht, 1990, S. 162, m.w.N. Offen gelassen hat der BGH in der zitierten Entscheidung, ob ein Patient regelmäßig auch damit rechnet, dass während einer größeren Operation eine Bluttransfusion erforderlich werden kann. Eine deutliche Grenze hat das Gericht jedoch markiert, wenn es für das Jahr 1987 ablehnt, dem Patienten die Kenntnis von den Gefahren einer Aids-Infektion durch kontaminierte Fremdblutspenden zu unterstellen, a.a.O. (S. 744). 49 BGH NJW 1976, 363 (364). 50 So das zweite Elektroschock-Urteil vom 9.12.1958 BGHZ 29, 46 (58); mit Verweis auf die bereits vorangehende Entscheidung vom 11.04.1956, VersR 1956, 479. 47

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Richten sich die Aufklärungsanforderungen materiellrechtlich somit auf einer ersten Stufe nach objektivierter Relevanz für den Patienten,51 findet diese Relevanz ihr haftungsrechtliches Pendant im Einwand fehlender Ursächlichkeit des Aufklärungsfehlers. Wird auf die Behauptung des Arztes, der Patient hätte sich auch ungeachtet des Aufklärungsfehlers für den Eingriff entschieden, gefragt, ob er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung auch nur in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, so setzt auch hier eine objektivierendeinzelfallbezogene Betrachtung der Relevanz potenzieller Risiken ein.52 Allerdings nicht erst die Ursächlichkeit eines Aufklärungsfehlers, sondern besteht – grundsätzlich, also vorbehaltlich subjektiv erweiterten Aufklärungsbedarfs53 – schon materiell keine Aufklärungspflicht, wenn ein Risiko mangels seiner Belastung typischerweise so irrelevant ist, dass es für den Patienten regelmäßig keine Bedeutung hat.54 51 Von diesem Gesichtspunkt geprägt ist insbesondere auch die kontroverse Diskussion über eine Aufklärungspflicht hinsichtlich wirtschaftlicher Belange oder der Qualität der Behandlung, die sich nun allerdings mit der Frage überschneidet, ob diese Belange – auch wenn sie, wie etwa bei der Offenbarung eigener Fehler offensichtlich – für den Patienten sehr wohl relevant wären, in rechtlicher Hinsicht überhaupt der Verantwortlichkeit des Arztes übertragen werden dürfen. Für einen Überblick über dieses Meinungsspektrum vgl. Laufs/ Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 65 Rz. 14 ff.; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 743; Bergmann, Die Arzthaftung, S. 132 ff.; Prütting, in: FS-Laufs, S. 1009 ff. Ausführlich Schelling, Die ärztliche Aufklärung über die Qualität der Behandlung, der zwischen einer Aufklärung über die Sachausstattung (S. 51 ff.), über die Fachkompetenz (S. 101 ff.) und über wirtschaftliche Belange (S. 131 ff.) unterscheidet. In letzter Hinsicht nimmt Schelling eine Aufklärungspflicht des Arztes dann an, wenn er die wirtschaftlichen Folgen der vorgeschlagenen Behandlung besser beurteilen kann als der Patient (S. 149). Was hingegen die Aufklärung darüber betrifft, dass ein besseres Verfahren bzw. optimale Behandlungsbedingungen nicht zur Anwendung kommen, weil sich der Arzt auf die vom Leistungskatalog der Krankenversicherung erfasste Behandlung beschränkt, weist er eine Aufklärungspflicht des Arztes in enge Grenzen (S. 155 ff.). Vgl. auch Schelling, MedR 2004, 422. 52 Zum objektiven Moment bei der Überprüfung des dargelegten Entscheidungskonflikts auf Plausibilität näher bereits oben § 3 II 1 b) bb) (2). Zum Einwand hypothetischer Einwilligung als Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. Österr. OGH JBl 1992, 391, die umfassenden Nachweise aus der Rechtsprechung bei Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht, Rz. 137 ff., und insbesondere zu den Substantiierungsanforderungen auf Seiten des Patienten Rz. 143 ff.; aus der Literatur Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 333 ff.; Stellpflug/Meier/ Tadayon-Meier, Medizinrecht, F 1000 Rz. 106 ff.; Nüßgens, in: FS-Nirk, S. 725 (749 f.). Zu der bislang ungeklärten Frage, ob der Einwand hypothetischer Einwilligung auch noch in der Berufungsinstanz erhoben werden kann, vgl. die Zulassung der Revision durch OLG Oldenburg, VersR 2008, 124 f., sowie zur Parallelproblematik der Zulassung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz die Vorlage des XI. Zivilsenats des BGH an den Großen Senat durch Beschluss vom 04.12.2007, Az. XI ZR 144/06. 53 Hierzu sogleich § 5 II 2. 54 Vgl. bereits BGHZ 29, 176 (182): „Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, daß eine Aufklärung des Patienten über mögliche schädliche Folgen einer vorgesehenen Heilbehandlung nicht erforderlich ist, wenn Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten und anzunehmen ist, daß sie bei einem verständigen Patienten für einen Entschluß, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen“.

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Die Intensität der Rechtsgutgefährdung oder auch nur der Beeinträchtigung der Lebensführung erweist sich damit als ein Maßstab, der über den engen Bereich der Risikoaufklärung hinaus auch sämtliche weitere Bereiche der Aufklärung inhaltlich erfasst. Besonders deutlich wird dies etwa bei der Aufklärung über Behandlungsalternativen, soweit sie dem Arzt trotz der ihm zustehenden Therapiefreiheit obliegt, weil mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen zur Verfügung stehen, also eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten besteht.55 Aber auch die Aufklärung über den Verlauf der Erkrankung und die Auswirkungen bei Nichtbehandlung werden von diesem Maßstab erfasst, steht hierbei doch stets im Hintergrund, dass die mit den einzelnen Entscheidungsalternativen verbundenen Belastungen für den Patienten grundsätzlich gerade nicht als irrelevant eingestuft werden können.56

b) Die Dringlichkeit des Eingriffs Die Intensität der Rechtsgutgefährdung berührt dann aber auch die zeitlichen Anforderungen an die Aufklärung. So wohnt dem Gesundheitsrisiko immer auch ein Zeitfaktor inne, wenn für die Dringlichkeit der empfohlenen Heilbehandlung die Auswirkungen verschiedener hypothetischer Kausalverläufe – sofortiger Behandlungsbeginn, späterer Behandlungsbeginn, keine Heilbehandlung – auf die Gesundheit des Patienten abgeschätzt werden. Schon dem Begriff der medizinischen Indikation selbst wird dieser Zeitfaktor mitunter beigelegt (vitale Indikation, relative Indikation usw.). 57 Erscheint ein Heileingriff dabei als dringlich, um eine möglichst hohe Chance auf Heilung, Besserung oder Linderung zu erzielen, hat dies zur Folge, dass die Anforderungen an Umfang und Genauigkeit der Aufklärung im therapeutischen Interesse sinken, ohne freilich

55

Vgl. nur etwa Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 21 ff. Zur Aufklärungspflicht über den Verlauf, über Behandlungsalternativen und über die Abstandnahme von der Behandlung vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 268, 275; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 64 Rz. 4 ff.; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 331; jeweils mit weiteren Nachweisen. Zur Aufklärungspflicht über Behandlungsalternativen vgl. aus der Rechtsprechung insbesondere BGH NJW 1988, 763, sowie aus dem Strafrecht BGH NStZ 1996, 34. Einen Überblick über die sachlichen Anforderungen an die Aufklärung insgesamt geben neben Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 266 ff.; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, §§ 61 ff., sämtliche namhaften Kommentare zum BGB, vgl. nur MüKoWagner, BGB, § 823 Rz. 703 ff. Ein äußerst geraffter Überblick findet sich auch bei Schlund, Der Anaesthesist 1998, 1007 ff., mit kritischer Anmerkung von Weißauer, Der Anaesthesist 1999, 284 (284 f.), und erneut bei Schlund, KHuR 2001, 1 ff. Zur Festlegung der Aufklärungspflicht durch das einfache Recht vgl. das Sondervotum der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger, BVerfGE 52, 131 (177); Krämer, in: FS-Geiß, S. 437 ff. 57 Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Registerwort ‚Indikation‘. Gegenüber dieser Begriffsprägung kritisch, aber nicht ablehnend Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 63 Rz. 6. 56

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den Arzt von jeglicher Aufklärungspflicht zu entbinden.58 Von ihm zu verlangen, selbst bei akut äußerst bedrohlichem Krankheitsverlauf unverzüglich dem Patienten zwar in der „gebotenen Kürze“, aber doch „alle für den gemeinsamen Entschluss erheblichen Fakten zu vermitteln“,59 dürfte hingegen nur in wenigen Ausnahmefällen eine realistische Forderung sein. Es liegt auf der Hand, dass umgekehrt umso weniger Einschränkungen des Aufklärungsumfangs in Betracht kommen, je weniger dringend ein Eingriff indiziert ist. Besonders deutlich wird das bei gänzlich fehlender Indikation, also einer kosmetischen Operation oder der Teilnahme an einer Probandenstudie, die definitionsgemäß mit keinerlei Gesundheitsvorteilen für den Studienteilnehmer verbunden ist.60 Aber auch der nicht dringend indizierte kurative oder diagnostische Eingriff setzt voraus, dass dem Patienten ausreichend Zeit für seinen Entscheidungsprozess belassen wird, um jeden überflüssigen Zeitdruck zu nehmen, unter dem gerade medizinische Laien sich sonst nicht selten veranlasst sehen werden, dem Vorschlag ihres Arztes ohne weitere Reflexion zu folgen.61 Dass auch hier im Kern die Intensität der Rechtsgutgefährdung über den Zeitpunkt der Aufklärung bestimmt, zeigen dann vor allem die Fälle, in denen Eingriffe gleichermaßen nur relativ indiziert sind, aber ein unterschiedliches Ausmaß aufweisen. So entspricht es herrschender medizinrechtlicher Auffassung, dass jedenfalls bei einfachen stationären Eingriffen sowie bei solchen mit geringeren bzw. weniger einschneidenden Risiken eine Aufklärung auch erst am Tag vor der Operation noch rechtzeitig sei, um dem Patienten Gelegen58 Vgl. Katzenmeier, Arzthaftung, S. 328 f., mit Blick etwa auf BGH NJW 1973, 556; 1977, 337; 1982, 2121; 1994, 801; OLG Saarbrücken, VersR 1988, 95; Tempel, NJW 1980, 607 (612), und weiteren Nachweisen. Deutlich – mit Blick auf BGH NJW 1972, 335 (337), das Sondervotum der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger in BVerfGE 52, 131 (183): „Wenn der Bundesgerichtshof […] ausführt, auch bei geringer Wahrscheinlichkeit schädlicher Folgen des Eingriffs komme eine Aufklärung über diese Folgen umso eher in Betracht, je weniger der mit dem Eingriff bezweckte Erfolg einem vernünftigen Menschen dringlich und geboten erscheinen müsse, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu verfassungswidrigen Ergebnissen aber muß es führen, diese allgemeine Aussage in dem Sinne umzukehren, daß eine Aufklärung umso weniger geboten sei, je notwendiger der Eingriff aus medizinischer Sicht ist. Dies kann allenfalls für die zeitliche Dringlichkeit eines Eingriffs gelten, wenn sofortiges Handeln erforderlich ist“. Zum Aufklärungsrisiko bei der Sofortversorgung, in deren Rahmen angesichts dringlich gebotener Behandlung eine Verwendung von Aufklärungsformularen abzulehnen sei, Ludolph, MedR 1988, 120 (121); wie hier auch denn bereits Giesen, JZ 1982, 391 (396 f.), wenn er die Aufklärungsanforderungen nach vitaler und nicht vitaler Indikation differenziert, nach irreversiblen Eingriffen und nach der Sicherheit des Erfolgs. 59 Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 271, 279. 60 Vgl. Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 65 Rz. 1 ff., dort auch zum Bereich der Fortpflanzungsmedizin; Giesen, JZ 1982, 391 (397). 61 Vgl. BGH NJW 1984, 1395 (1396); OLG Zweibrücken, NJW 2005, 74 (75); Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 5, 8, § 66 Rz. 4; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 343; Hoppe, NJW 1998, 782 (783); Müller, VersR 2001, 487 (488); Giesen, JZ 1982, 391 (39 6 f.).

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heit zur erforderlichen Abwägung von Nutzen und Risiken der Operation zu geben. Hintergrund dieser Rechtsprechung zur Aufklärung am Vortag ist die Überlegung, dass die Entscheidungsfreiheit des Patienten bei stationären Eingriffen durch den Umstand beeinträchtigt werden könnte, dass er schon deshalb, weil er durch die stationäre Aufnahme in den Krankenhausbetrieb eingegliedert worden ist, Hemmungen haben könnte, sich noch gegen den Eingriff zu entscheiden. Auch auf ambulante Operationen seien diese Grundsätze anzuwenden, da nicht generell davon auszugehen sei, „daß solche Eingriffe stets einfach und nur mit geringen Risiken behaftet seien“.62 Bei „normalen“ ambulanten Eingriffen – der konkrete Streitfall betraf die Operation eines Karpaltunnel-Syndroms in der rechten Hand – reiche es hingegen „grundsätzlich aus, wenn die Aufklärung am Tag des Eingriffs erfolgt. Das trägt auch den organisatorischen Möglichkeiten des Krankenhausbetriebs Rechnung. In solchen Fällen muß jedoch dem Patienten durch die Art und Weise der Aufklärung verdeutlicht werden, daß ihm nicht nur der Eingriff und seine Risiken beschrieben werden, sondern daß die Aufklärung ihm die eigenständige Entscheidung ermöglichen soll, ob er den Eingriff durchführen lassen will. Für diese Überlegung und Entscheidung muß dem Patienten ausreichend Gelegenheit gegeben werden“,

was jedenfalls nicht der Fall sei, wenn die Aufklärung erst vor der Tür des Operationssaals erfolge.63 Erfährt der Patient hingegen erstmals und für ihn überraschend von gravierenden Risiken, die seine persönliche zukünftige Lebensführung entscheidend beeinträchtigen können, reicht nach der Rechtsprechung sogar die Aufklärung am Vortag nicht mehr aus.64 Als Grundsatz kann daher gelten, dass die Aufklärung so frühzeitig wie möglich zu erfolgen hat,65 was bei umfang- und risikoreichen Eingriffen zur 62 BGH NJW 1994, 3010 (3011). Vgl. auch etwa OLG Stuttgart, VersR 1998, 1111; OLG Bamberg, VersR 1998, 1025. Hoppe, NJW 1998, 782 (783), fordert insoweit eine Aufklärung nicht erst am Vorabend, auch wenn die Abgrenzung des Vortags vom Vorabend praktisch nur bedingt durchführbar sein dürfte. Für einen Überblick über die Rechtsprechung zum Aufklärungszeitpunkt vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 97 ff. 63 BGH NJW 1994, 3010 (3011). Zur Aufklärung vor ambulanten Eingriffe am gleichen Tag auch bereits BGH NJW 1979, 1251 ff. Das Schrifttum schließt sich diesen Grundsätzen nahezu einhellig an, vgl. nur etwa Bergmann, Die Arzthaftung, S. 72 ff. 64 Vgl. BGH NJW 1992, 2351 (2352). 65 Vgl. BGH NJW 1992, 2351 m.w.N. Zur Rechtzeitigkeit der Aufklärung als eigenständiges Wirksamkeitserfordernis der Einwilligung vgl. auch etwa Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 634; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 343 f.; ferner einen umfassenden Überblick über den Zeitpunkt der Aufklärung bei Hoppe, NJW 1998, 782 ff.; Laufs/Uhlenbruck-Kern, Handbuch des Arztrechts, § 162 Rz. 27 ff. kritisch hierzu Bolsinger, Dogmatik der Arzthaftung, S. 27 f. Gesetzlich geregelt ist der Zeitpunkt der Aufklärung freilich nicht. Keine Leitlinie kann insbesondere auch § 218a I Nr. 1, 2. HS. StGB geben, da die hier ins Auge gefasste Entscheidung der Schwangeren angesichts des von § 219 I 1 StGB verfolgten Lebensschutzes mit der Abwägung über die Risiken und Vorteile einer Heilbehandlung schon im Ansatz nicht vergleichbar ist.

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Aufklärung spätestens bei Vereinbarung des Operationstermins verpflichtet,66 während über die Risiken einer Narkose auch noch am Vorabend der Operation aufgeklärt werden darf.67 Allerdings existieren hier auch zeitliche Untergrenzen. Die Aufklärung darf also auch nicht zu früh erfolgen, weil dann die Gefahr besteht, dass sie mangels Bezugs auf die konkrete Situation für den Patienten „weitgehend theoretisch“ bleibt.68 Zudem kann eine verfrühte Aufklärung dazu führen, dass der Patient sich im späteren Moment seiner Einwilligungserklärung nur noch bruchstückhaft an den Inhalt der Aufklärung erinnert, erst recht dann, wenn sein Gedächtnis krankheits-, konstitutions- oder altersbedingt geschwächt ist oder die Informationen einem verdrängenden Vergessensprozess unterliegen.69 Indem auch diese zeitlichen Anforderungen subjektiven Einschränkungen oder Auflockerungen unterliegen, erweisen sich somit aber auch die in der Rechtsprechung festgelegten Zeitpunkte der Aufklärung in einem ersten Schritt als objektive Festlegung.

c) Die je nach Rechtsgutgefährdung mit dem Aufklärungsgeschehen befassten Personen Die Relevanz des gesundheitlichen Risikos für die Gestaltung der Patientenaufklärung schlägt sich schließlich auch in personeller Hinsicht nieder. Da die Aufklärung von der kunstgerechten Einschätzung des Risikos nach den aktuellen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ausgeht, kann die Aufklärung nur durch Personen erfolgen, die über die hierzu erforderlichen Kenntnisse und die Fähigkeit verfügen, sie angemessen und auf den Einzelfall bezogen einschätzen zu können. Daher kommt für die Aufklärung des Patienten an sich nur die Person eines Arztes in Betracht. In spezialgesetzlich geregelten Materien ist diese Anforderung nahezu durchweg ausdrücklich normiert,70 und auch in den gesetzlich nicht geregelten Bereichen besteht insoweit Konsens über die prinzipielle Notwendigkeit einer ärztlichen Aufklärung des Patien66

Vgl. BGH NJW 1985, 1399. Vgl. BGH NJW 1992, 2351 (2352), Bolsinger, Dogmatik der Arzthaftung, S. 28. Über diagnostische Eingriffe kann dann noch am Tag der Operation selbst aufgeklärt werden, vgl. BGH NJW 1993, 2372 (2374). Selbstverständlich darf der Patient auch hier nicht unter Druck gesetzt werden, beispielsweise durch das Hervorrufen des Empfindens, dass die Operation am Folgetag ohne diesen diagnostischen Eingriff nicht stattfinden könne. Hierzu Hoppe, NJW 1998, 782 (783). 68 So die – für den konkreten Fall mehr als zweifelhafte – Entscheidung des OLG Karlsruhe, GesR 2005, 263 (264), zu einer mangels gesicherter Diagnose zunächst nicht erforderlichen Aufklärung über Nutzen und Risiko einer Kaiserschnitt-Entbindung bei makrosomem Kind. 69 Vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 311. 70 Vgl. nur etwa § 40 II 1 AMG, § 20 I Nr. 1 MPG, § 87 III 1 StrlSchVO oder § 8 II 1 TPG. § 6 I 1 TFG stellt hingegen das Erfordernis einer ‚sachkundigen Aufklärung‘ auf, auch wenn der Gesetzgeber damit wiederum in erster Linie auf einen Arzt abzielte (vgl. BT-Drs. 13/9594, S. 18). 67

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ten.71 Um zudem die geschilderte Risikoabschätzung im Hinblick auf den konkreten Patienten durchführen zu können, trifft die Aufklärungspflicht dann auch nicht generell irgendeinen, sondern den behandelnden Arzt,72 erst recht dann, wenn er Neulandmethoden anwendet.73 Rechtsprechung und Literatur gehen aus dieser Überlegung heraus zudem von einer Pflicht des behandelnden Arztes aus, im Falle seiner Verhinderung einen anderen Arzt vorab auch über die Person des Patienten zu informieren74 und bei Delegation der Aufklärung die tatsächliche Durchführung einer ordnungsgemäßen Aufklärung zu kontrollieren.75 Dass die Intensität der Rechtsgutgefährdung allerdings auch insoweit die Anforderungen sinken lassen kann, zeigt die Auffassung, jedenfalls in Bagatellefällen die Aufklärung auch entsprechend geschultem nichtärztlichem Personal zu übertragen.76 Bezüge zur Rechtsgutgefährdung weist dann auch noch der Aspekt der Fachkompetenz auf, der insbesondere bei der Aufklärung nicht einwilligungsfähiger Personen teilweise auch gesetzlich eine entsprechende Aufklärungskompetenz vom Arzt fordert. So hat der Gesetzgeber nun etwa, unter Aufgreifen europarechtlicher Vorgaben, für die klinische Arzneimittelprüfung mit Minderjährigen in § 40 IV Nr. 3 S. 2 AMG die Aufklärung durch einen „im Umgang mit Minderjährigen erfahrenen Prüfer“ vorgeschrieben, soweit eine Aufklärung im Hinblick auf das Alter und die geistige Reife des Minderjährigen möglich ist.77 Deutlich wird die Intensität der Rechtsgutgefährdung als Kriterium für die personellen Anforderungen dann in jenen Fallgruppen, in denen der Patient akut nicht einwilligungsfähig ist. Ist seine Behandlung so dringend indiziert, dass das Wiedererlangen des Bewusstseins nicht – wie an sich geboten – abgewartet werden kann, ohne dass dem Patienten erhebliche Nachteile drohen, wird Adressat der Aufklärung – soweit vorhanden – ein Vertretungsbefugter, also ein für diesen Fall Bevollmächtigter oder ein etwa durch einstweilige An71 BGH NJW 1959, 814; 1974, 604; 1984, 1807; BGHSt 12, 379 (383); Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 306; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 337 ff.; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 11. 72 BGH DRiZ 1981, 310 (311); OLG Karlsruhe, VersR 1998, 718; Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 635; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 11. 73 Zur laufenden Nutzen-Risiko-Abwägung und persönlichen Untersuchungspflicht vor Ort bei der Anwendung nicht etablierter Therapiemethoden jüngst BGH NJW 2007, 2774 ff. 74 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 306; vgl. auch BGH DRiZ 1981, 310 (311); Kern/ Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 11. 75 So jüngst – mit besonderen Anforderungen an die Delegation der Aufklärung durch Chefärzte – BGH VersR 2007, 209 f. 76 Vgl. MüKo-Wagner, § 823 Rz. 722. Zu den damit zusammenhängenden Fragen einer horizontalen Arbeitsteilung von Ärzten verschiedener Fachgebiete oder einer Delegation der Aufklärungspflicht vgl. etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 306 ff.; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 337 ff.; Deutsch, VersR 2007, 40 ff. 77 Die Vorschrift gilt entsprechend für nicht einwilligungsfähige volljährige Personen, § 41 III Nr. 2 S. 2 AMG.

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ordnung des Vormundschaftsgerichts eingesetzter Betreuer gemäß § 69 f I, II FGG. Ist dies nicht mehr rechtzeitig möglich, entfällt die Aufklärungspflicht für den Arzt schließlich ganz, der nun nach den Grundsätzen der mutmaßlichen Einwilligung unmittelbar zur Vornahme der objektiv indizierten Heilbehandlungsmaßnahmen berechtigt und verpflichtet ist.78

2. Der subjektive Verständnisbedarf als entscheidender Maßstab für Erweiterungen und Reduzierungen der Aufklärung Knüpfen damit bereits die von der Rechtsprechung allgemein aufgestellten Kriterien für eine Bemessung des Aufklärungsumfangs mit dem Gedanken der Belastung für die Lebensführung des Patienten an eine persönliche Tragweite gesundheitlicher Risiken an, bleiben diese Maßstäbe zunächst noch einer objektivierenden Sphäre verhaftet. Sie von einer subjektiven Perspektive zu trennen, steht zu dem Dogma einer vom individuellen Verständnis abhängigen Einwilligungserklärung scheinbar im Widerspruch. Tatsächlich ist diese Unterscheidung allerdings unausweichlich und man kann sogar die These wagen, dass in der fehlenden Schärfe dieser Unterscheidung ein wesentlicher Grund dafür liegt, dass die Aufklärungskasuistik in der Praxis verbreitet als unberechenbar empfunden wird.79 Ein erster objektivierender Zugriff auf das Aufklärungsgeschehen ist für den Arzt dann aber nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig. Vielmehr bringt es schon der Kontakt zwischen Arzt und Patient als regelmäßig einander unbekannte Personen mit sich, dass die Annäherung beider Motivsphären, wie sie oben skizziert wurden,80 zunächst auf einem allgemeinen Niveau stattfindet und erst allmählich auf die Besonderheiten der konkreten Gesprächssituation eingehen kann, also auf den subjektiven Informationsbedarf des Patienten. Welche Informationen der Patient benötigt, hängt dabei entscheidend von seinem Bildungsstand ab, also insbesondere von seiner Vertrautheit mit akademischen Gesprächen, von seinem medizinischen Wissensstand und seinem naturwissenschaftlichen Verständnishorizont. 81 Vom Patienten schlichten 78 Zur Motivsphäre des Patienten in Fällen mutmaßlicher Einwilligung nachfolgend § 6 II 1 b). 79 Vgl. nur etwa die umfassende Darstellung arzthaftungsrechtlicher Judikate bei Geiß/ Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C. 80 Oben § 5 I. 81 Vgl. BGH NJW 1976, 363 (364), wonach sich „der Grad der erforderlichen Aufklärung über mögliche unerwünschte Folgen nicht zuletzt nach Intelligenz und Bildungsgrad des Patienten sowie vor allem nach dessen Erfahrungen aus der Kranken-Vorgeschichte zu richten hat“. Aus dem Schrifttum vgl. etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 284; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 15; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 333; Tempel, NJW 1980, 609 (613); Büttner, in: FS-Deutsch, S. 353 (360).

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Bildungsstands bis hin zum selbst in medizinischer Behandlung befindlichen leitenden Arzt besteht also eine enorme Bandbreite unterschiedlichen Informationsbedarfs, den es im Einzelfall konkret auszuloten gilt. 82 Welche Informationen der Patient im Einzelnen wünscht, entzieht sich weitgehend einer typisierenden Betrachtung. Zwar besteht im Grundsatz keine Aufklärungspflicht, soweit der Patient auf eine Aufklärung teilweise oder ganz verzichtet.83 Andererseits darf der Arzt nicht ohne weiteres davon ausgehen, selbst bei schweren Krankheitsbildern im Interesse des Patienten zu handeln, wenn er ihm dramatische Informationen auch nur zunächst vorenthält. Ein solchermaßen in der Entscheidung allein des Arztes liegendes „therapeutisches Privileg“84 hat bis heute keine Anerkennung gefunden. Vielmehr ist im Zweifel auch dem unheilbar Kranken die Diagnose – in schonender Weise – bekannt zu geben.85 Nur dann, wenn die mit der Aufklärung verbundene Eröffnung der Natur des Leidens zu einer ernsten und nicht behebbaren Gesundheitsschädigung des Patienten führen würde, kann nach Auffassung des BGH ein Absehen von der Aufklärung gerechtfertigt sein.86 Von solchen gravierenden Ausnahmesituationen abgesehen kann eine Beschränkung des Informationsbedürfnisses somit stets nur vom Patienten ausgehen.87 82 So auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 333; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 16; zur Entbehrlichkeit der Aufklärung bei Kenntnis der von der Behandlung ausgehenden Gefahren vgl. nur etwa BGH VersR 1961, 1036 (1038); 1983, 957 (958); NJW 1984, 1807 (1808); 1990, 2928 (2929); OLG Köln, VersR 1995, 1237; OLG Celle, VersR 2004, 385; Palandt-Sprau, § 823 Rz. 156; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 333. 83 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 320; Deutsch, NJW 1983, 1351 (1354); Roßner, NJW 1990, 2291, jeweils m.w.N. 84 Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 61 Rz. 9, meidet schon den Begriff, um die Fehlvorstellung zu vermeiden, dass es um ein Vorrecht des Arztes statt um den Schutz des Patienten gehe. 85 Vgl. Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 19 f.; Renz-Polster/ Krautzig/Braun; Basislehrbuch Innere Medizin, 14.8.2 (S. 1194), halten eine Aufklärung des todkranken Patienten gar für medizinisch geboten, um ihm nicht die Möglichkeit vorzuenthalten, sich auf seinen Tod vorzubereiten, und geben hierfür sogar (Abb. 14.18, S. 1195) eine – wenig nachvollziehbare – schematische Darstellung einer typischen Verarbeitung des bevorstehenden Todes als sich mehrfach wendender und nicht linear verlaufender Prozess. Ebenso deutlich Mattheis in Wolfslast/Schmidt, Suizid und Suizidversuch, S. 127 (130 f.). Vgl. auch Giesen, Jura 1981, 10 (18 f.). 86 Vgl. etwa BGHZ 29, 176 (185). 87 Deutlich Giesen, Jura 1981, 10 (19); im Ergebnis auch Höfling/Demel, MedR 1999, 540 (546). Weitaus drastischer hingegen noch das Reichsgericht, das ursprünglich jegliche Aufklärung unter Verweis auf ihre abschreckende Wirkung auf den Patienten ganz ablehnte. So in der berühmten Entscheidung vom 1. März 1912, RGZ 78, 432 (433 f.), in der das Reichsgericht ausführt: „Eine umfassende Belehrung des Kranken über alle möglichen nachteiligen Folgen der Operation würde nicht selten sogar falsch sein, sei es daß der Kranke dadurch abgeschreckt wird, sich der Operation zu unterwerfen, obwohl sie trotz der damit verbundenen Gefahren geboten oder doch zweckmäßig ist, sei es daß der Kranke durch die Vorstellung der mit der Operation verbundenen Gefahren in Angst und Erregung versetzt und so der günstige Verlauf der Operation und der Heilung gefährdet wird.“ Zur Zurückhaltung der heu-

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Damit zeigt sich nun allerdings auch für den subjektiven Verständnisbedarf, dass seine Feststellung gedanklich in zwei Schritte zerfällt. Vollzieht das Aufklärungsgespräch auch eine Annäherung der beiderseitigen Motivsphären, bedeutet dies nicht, dass der Arzt hinsichtlich des Verständnisbedarfs letzte Klarheit gewinnen wird. Auch hier muss es dem Arzt mithin gestattet sein, auf allgemeine Erfahrungssätze zurückzugreifen, also aus dem Gespräch – den Äußerungen und Fragen des Patienten, seiner Mimik, seiner Gestik – Rückschlüsse auf das Verständnis und den Informationsbedarf des Patienten zu ziehen. Bestätigt der Patient schließlich, sich ausreichend informiert zu fühlen, oder macht er auch nur deutlich, sich nunmehr den anempfohlenen Maßnahmen zu unterziehen, muss der Arzt ab einem gewissen Punkt davon ausgehen dürfen, dass der Patient die Informationen, die der Arzt ihm zunächst als objektiv maßgeblich vermittelt, auch für sich persönlich ausreichend erachtet und verstanden hat. Wenn der Arzt also nicht nur die Verantwortung für die Richtigkeit der Aufklärung trägt, sondern auch für das Verständnis der Aufklärung durch den Patienten, mit diesem Verständnis aber eine rein subjektive Wirksamkeitskomponente geschaffen wird,88 kann die entscheidende Frage nicht nur lauten, wann dieses Verständnis tatsächlich hergestellt ist, sondern vor allem auch, wann der Arzt davon ausgehen darf, dass der Patient die ihm überlassenen Informationen subjektiv als ausreichend erachtet und auch verstanden hat. Das bedeutet nun nicht, dass der Patient gehalten ist, sich durchgängig aktiv am Gespräch zu beteiligen, jeder Unsicherheit mit einer Frage an den Arzt zu begegnen und sich stets Rechenschaft über sein Verständnis abzugeben. Gerade geschwächte Personen wären hierzu häufig gar nicht in der Lage. Die Verantwortlichkeit des Arztes wirkt sich vielmehr dahin aus, dass der Arzt den subjektiven Aufklärungsbedarf und das subjektive Verständnis sehr wohl zu einem guten Teil zu erforschen hat. Verhält sich der Patient also ausschließlich passiv, gibt er mit seiner Mimik zu erkennen, dass ihn das Anliegen des Arztes im Grunde gar nicht erreicht, verrät sein Reaktion ersichtlich nur aus Scham vorgespieltes Verständnis, muss sich der Arzt bemühen, den Patienten erneut, insbesondere auch auf sprachlicher Ebene zu erreichen. Die Informationen des Arztes können z.B. sprachlich zu unverständlich sein, zu schnell vorgetragen, möglicherweise aber auch zu detailliert und verwirrend. Es mag dann je nach Lage der Dinge auch hilfreich sein, eine Skizze anzufertigen oder Beispiele aus der dem Patienten vertrauten Gedankenwelt zu suchen, also etwa eine Parallele zwischen Herzkranzgefäß und häuslichem Wasserleitungssystem zu ziehen, zwischen Klavieranschlagsmechanik und Kniegelenk usw. Insgesamt wird der Arzt damit gehalten sein, zunächst von einem niedrigen Verständnishorizont tigen Rechtsprechung vgl. Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 21, und generell zu Einschränkungen der Risikoaufklärung ders., a.a.O. Rz. 15 ff. 88 Eingehender oben § 3 II.

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auszugehen, der sich dann je nach Rückmeldung seitens des Patienten erst allmählich anheben lässt.89 Setzt das Gespräch hingegen bereits auf einem hohen Niveau ein, etwa durch die Verwendung vieler Fremdwörter und medizinischer Fachausdrücke, wird der Arzt den Patienten im Gespräch nicht ‚abholen, wo er ist‘, sondern schlimmstenfalls ein reines Selbstgespräch führen.90 Die Verantwortlichkeit des Arztes muss aber dort ihre Grenze finden, wo sich weitere Zweifel am Verständnisbedarf des Patienten sinnvollerweise nicht mehr stellen. Die Rechtsprechung behandelt diesen Punkt vor allem unter dem Gesichtspunkt einer auf den Patienten wechselnden Frageobliegenheit, die dann im Raum steht, wenn der Patient unzureichende Aufklärung rügt, seine Einwilligungserklärung jedoch formulargetragen ohne weitere Nachfrage abgibt.91 So ist der BGH nach eigenem Bekunden zwar immer schon davon ausgegangen, dass die Aufklärung über die Gefahren eines ärztlichen Eingriffs nur die ‚im Großen und Ganzen‘ bestehenden Risiken zum Gegenstand haben müsse. Das schließe allerdings nicht aus, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten „gegebenenfalls auch den Anspruch auf eine vollständige und sogar in alle Einzelheiten gehende Aufklärung umfaßt, wenn der Patient seine Einwilligung in einen Eingriff ausdrücklich von einer solchen Unterrichtung abhängig macht“. Insoweit sei es jedoch Sache des Klägers, gegebenenfalls noch um nähere Aufklärung über die im Einzelnen möglichen Auswirkungen des als solches durch den Arzt deutlich angesprochenen Risikos zu ersuchen.92 Dem Patienten könne es daher zugemutet werden, seinen Wunsch nach solchen zusätzlichen Einzelheiten gegebenenfalls deutlich zu machen.93 Für das Handeln des Arztes sei demgegenüber maßgeblich, ob er lediglich erkennbare Sonderwünsche missachtet hat. Bedeutsam sei hier insbesondere, dass ein Eingriff medizinisch indiziert sei. Das verleihe dem Arzt zwar keine Verfügungsbefugnis über die körperliche Unversehrtheit des willensfähigen Patienten, weil auch ob89

Vgl. auch Lepa, in: FS-Geiß, S. 449 (453). Techniken, den intellektuellen Horizont des Patienten zu ermitteln, sieht Bickley, Bates’ großes Untersuchungsbuch, S. 32 f., etwa darin, nach der Schulbildung oder dem schulischen Fortkommen zu fragen, bis hin zur Durchführung einfacher Rechenaufgaben und einer Beurteilung des Wortschatzes. Praktisch wird hier freilich häufig der subjektive Eindruck des Arztes maßgeblich sein und nicht zuletzt auch von seiner intellektuellen Aufgeschlossenheit abhängen. 91 Eingehender im Kontext der Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse unten, § 7 II 3. 92 BGH NJW 1973, 556 (557 f.). 93 BGH NJW 1973, 556 (558). Vgl. auch BGH NJW 1976, 363 (374), wo das Vorwissen des Patienten den Arzt „zwar nicht überhaupt von einer Aufklärung über die Risiken der Operation“ befreite. „Wohl aber konnten diese Umstände auf Art und Intensität der unumgänglichen Aufklärung nicht ohne Einfluß bleiben, nicht zuletzt deshalb, weil dem Kl. im Gegensatz zu einem geistig einfachen und der Materie ganz fremd gegenüberstehenden Patienten gegebenenfalls auch zuzumuten war, durch Fragen selbst auf eine Vervollständigung der Belehrung hinzuwirken […], falls sie ihm zu knapp und unvollständig erschien“. 90

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jektiv unvernünftige Entscheidungen zu beachten seien. Die objektive Indikation biete aber einen Anhalt dafür, dass der Arzt weiteren Aufklärungsbedarf nur dann annehmen und hierauf eingehen muss, wenn er vom Patienten zum Ausdruck gebracht wird.94 Plastisch wird die Grenzziehung zwischen objektiviertem und subjektivem Verständnisbedarf schließlich auch dort, wo dem Patienten – trotz unveränderter Beweislast des Arztes – die Darlegungslast auferlegt wird, einen hypothetischen Entscheidungskonflikt für das Gericht plausibel zu machen. Er muss hier nun gewissermaßen darlegen, weshalb eine Information, die der Arzt bei vorläufiger Betrachtung für irrelevant erachten durfte, für seine konkrete Entscheidungsfindung sehr wohl erheblich gewesen wäre. Die Rechtsprechung zum hypothetischen Entscheidungskonflikt weist also nicht nur auf eine inhaltliche Grenze hin, sondern macht auch nachvollziehbar, weshalb die Verantwortlichkeit für den Aufklärungsumfang ab einem bestimmten Punkt nicht mehr allein beim Arzt liegen kann, wenn einzelne Risiken „für die meisten betroffenen Patienten nicht von ausschlaggebender Bedeutung“ sind.95 Auch der subjektive Verständnisbedarf unterliegt damit, wenn auch in verhaltener Weise, objektivierenden Kriterien, soweit es um eine individuelle Erweiterung oder Reduzierung der Aufklärung geht. Einer weitaus stärkeren Objektivierung zugänglich sind hingegen die an den Verständnisbedarf des Patienten anzulegenden Untergrenzen. Wenn die Aufklärung also in einer Sprache erfolgen muss, die der Patient beherrscht, ist dies nichts anderes als eine objektive Bestimmung subjektiven Verständnisvermögens. Und auch bei entsprechenden Schriftstücken muss der Patient dann überhaupt in der Lage sein, es zu lesen, und mit der Frage eingeschränkter Sehkraft verwandt ist dann auch – wie noch eingehender zu behandeln sein wird – die äußere Gestaltung von Schriftstücken, also deren Schriftgröße und Übersichtlichkeit.96 Obliegt dem Arzt damit die Verantwortung dafür, Inhalt und Art und Weise des Aufklärungsgesprächs ausgehend von objektivierenden Kriterien dem individuellen Fall anzupassen, bedeutet dies nun allerdings nicht, dass dem 94 BGH NJW 1973, 556 (558). Ein Mitverschulden des Patienten wird hier aber nur selten in Betracht kommen, da es Sache des Arztes ist, den Patienten nicht nur überhaupt aufzuklären, sondern auch, das Aufklärungsbedürfnis und den Aufklärungswunsch des Patienten festzustellen, soweit dies im Rahmen des Gesprächs zumutbar ist, was auch für die Anamnese und die persönlichen Verhältnisse des Patienten gilt. Vor allem in diesem letzten Bereich scheint der BGH aber eine Mitschuld des Patienten in Betracht zu ziehen, etwa wenn er den unzutreffenden Eindruck erweckt, nicht unvertraut mit der Materie zu sein, oder unzureichende Auskünfte über seine Person gibt, vgl. BGH NJW 1976, 363 (364), ferner die Nachweise bei Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. A 100. 95 Um die Wortwahl des BGH im Kontext der von ihm entwickelten Grundaufklärung aufzugreifen, BGH NJW 1989, 1533 (1535). Zu einer in begrenztem Umfang berechtigten Erwartung des Arztes, dass der Patient Einzelheiten erfragt, auch Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 5. 96 Unten § 12 III 2 a).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

Arzt insoweit heute noch ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum97 zukäme.98 Denn wie bereits gesehen, obliegt die Konkretisierung der ärztlichen Leistungspflicht – und damit auch seiner Aufklärungspflicht – schon nicht dem Arzt, sondern dem Patienten, der mit seiner wenn auch laienhaften Beeinflussung des Aufklärungsgesprächs allein entscheidend sein Selbstbestimmungsrecht ausübt.99 Möchte man also überhaupt so präzise zwischen zwei verschiedenen Pflichtenkreisen unterscheiden, so ist eine in ihrem Inhalt und Umfang praktisch erst retrospektiv feststehende Aufklärungspflicht des Arztes von einer weiteren Pflicht zu unterscheiden, diesen Inhalt und Umfang durch das Gespräch behutsam aufzudecken. Für die eine wie für die andere Pflichterfüllung beschränkt sich der Spielraum des Arztes aber immer nur darauf, die Erfahrungssätze der medizinischen Wissenschaft nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf den Einzelfall zu beziehen. Eine Art Beurteilungsspielraum ist dem Arzt damit nur dafür eingeräumt, wie er dem Patienten das im Einzelfall lege artis anzunehmende Für und Wider des Eingriffs darstellt, solange diese Darstellung jedenfalls das gebotene Verständnis beim Patienten gewährleistet.100

III. Der Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers als doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung Wie vollzieht sich nun aber der Entscheidungsprozess des Patienten, nachdem er in subjektiv hinlänglicher Weise über die vorgeschlagene Maßnahme aufgeklärt wurde? Mit der Abwägung des Für und Wider, deren Ermöglichung durchgängiges Ziel sämtlicher Aufklärungsanforderungen ist, ist dieses Geschehen nur sehr vage bezeichnet, was der Tatsache Rechnung trägt, dass die Entscheidungsfindung des Patienten den Kern seines von Wertvorstellungen 97 Um einmal die aus dem öffentlichen Recht vertraute Unterscheidung zwischen einem Wertungsspielraum auf Rechtsfolgenseite einerseits und Tatbestandsseite andererseits zu bemühen. In diesem Sinne für den Umfang der Aufklärungspflicht und die Auswirkungen dieser Unterscheidung auf das Arzthaftungsrecht etwa Bodenburg, NJW 1981, 601 (604). Die Unterscheidung von Ermessens- und Beurteilungsspielraum geht maßgeblich auf Bachof, JZ 1955, 79, zurück und ist mittlerweile in Forschung und Lehre weitgehend anerkannt, vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rz. 26 ff.; Bamberger, VerwArch 2002, 217 ff.; Beaucamp, JA 2002, 314 ff.; Lemke, JA 2000, 150; Ossenbühl, DVBl. 1974, 309. Gegen diese Sicht sprechen sich in neuerer Zeit vor allem Koch/Rubel/Heselhaus aus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rz. 83 ff., 98 ff.; sowie Koch, Unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensbeeinträchtigungen im Verwaltungsrecht. 98 So aber noch das Reichsgericht, vgl. JW 1937, 3087, das dem Arzt sogar einen Ermessensspielraum in einem „rechtsfreien Raum“ zugestand, innerhalb dessen er Art und Umfang der Aufklärung selbst bestimmen könne. 99 Oben § 3 III 2. 100 Vgl. BGHZ 29, 176 (183); BGH NJW 1990, 2928 (2929); auch Katzenmeier, Arzthaftung, S. 337; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 282; jeweils m.w.N.

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung

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anderer losgelösten – absoluten – Selbstbestimmungsrechts berührt und damit nun auch Gesichtspunkte einfließen lässt, die mit den Informationen des Arztes gar nicht mehr sachlich zusammenhängen – etwa die diffuse Angst vor weißen Krankenhausfluren, die Sorge vor dem gleichen Schicksal wie ein naher Angehöriger, der Wille, nahestehenden Personen die eigene Pflegebedürftigkeit möglichst lange zu ersparen, die religiöse Überzeugung, Bluttransfusionen abzulehnen101 usw. Jeder Versuch, die Abwägung all dieser höchst unterschiedlichen Gesichtspunkte in einer Formel zu erfassen, ist also insoweit zum Scheitern verurteilt, als das Ergebnis dieses Nachdenkens weder vorhersehbar noch im Nachhinein überhaupt eine Analyse des komplexen Zusammenhangs psychischer Einzelakte möglich ist. Sehr wohl lässt sich die Entscheidungsfindung des Patienten hingegen modellhaft beschreiben, sind doch alle Anforderungen an die Aufklärung des Patienten gerade darauf ausgerichtet, Für und Wider fassbar zu machen. Nur mit den größten Vorbehalten soll im Folgenden daher die Entscheidungsfindung des Patienten als eine doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung beleuchtet werden. Der Patient, der nach Aufklärung durch den Arzt rechtlich betrachtet stets die Wahl hat, seinem Rat zu folgen oder nicht, wägt also nicht nur Durchführung und Verweigerung der medizinischen Maßnahme gegeneinander ab. Vielmehr geht dieser Abwägung jeweils eine subjektive Bewertung von Nutzen und Risiko beider Alternativen voraus.102 Sie erweist sich gleichsam als subjektive Spiegelung jener Nutzen-Risiko-Bewertung, die zunächst der Arzt aus medizinischer Sicht vornimmt und an den Patienten heranträgt.103 Nehmen wir etwa den Fall, dass einem Patienten, der an einer gering ausgeprägten Form von Epilepsie leidet, geraten wird, zur sicheren Vermeidung epileptischer Anfälle ein entsprechendes Arzneimittel einzunehmen. Als Nachteile 101

So die mit 1. Mose 9, 3 f.; 3. Mose 17, 13 f.; Apostelgeschichte 15, 28 f. begründete Auffassung der Zeugen Jehovas; hierzu BVerfG NJW 2002, 206 ff., mit Anm. Ohler/Weiß, NJW 2002, 194 f.; Bienwald, FamRZ 2002, 312 ff.; ferner OLG Celle, NJW 1995, 792 ff.; OLG München, NJW-RR 2002, 811 ff.; AG Dülmen, FamRZ 1999, 1300 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 814 ff. 102 Darauf, dass eine der Motivsphäre zuzurechnende Vorteils-Nachteils-Bewertung auch jedem Vertragsschluss vorausgeht, hat bereits W. Schapp hingewiesen, Der Vertrag als Vorgegebenheit, S. 2 ff. Die Vernunft des Austauschvertrags liegt für ihn darin, dass beide Vertragspartner jeweils den Gegenstand des anderen für sich selbst als wertvoller einschätzen, also jeweils umgekehrte Wertgleichungen anstellen. 103 Dem Nutzen-Risiko-Verhältnis kommt damit eine Bedeutung zu, die den subjektiven Entscheidungsprozess des Patienten bei weitem übersteigt. So ist sie nicht nur auch für den Arzt und seine Expertise bedeutsam, sondern auch für die Abwägung öffentlich-rechtlicher Gefahrenabwehrmaßnahmen, insbesondere für die Zulassung von Arzneimitteln. Auf den Begriff gebracht wurde dies mit der 14. AMG-Novelle, seit der § 4 AMG in seinem Absatz 28 das „Nutzen-Risiko-Verhältnis“ als Bewertung der therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu seinem Risiko definiert, wobei unter Risiko insbesondere, vgl. § 4 Abs. 27 a) AMG, „jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit des Patienten“ gemeint ist.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

schlagen insoweit die typischen Nebenwirkungen des Wirkstoffs zu Buche, also etwa Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Übelkeit. Der Vorteil der Arzneimitteleinnahme ist hingegen, dass die Wahrscheinlichkeit epileptischer Anfälle gegen Null tendiert und er damit hieraus keine nachhaltigen Beeinträchtigungen seiner Lebensführung befürchten muss. Die Abstandnahme von dem ärztlichen Rat bewirkt als Nachteil umgekehrt, dass die zwar geringe, nach medizinischem Ermessen aber doch immerhin vorhandene Wahrscheinlichkeit epileptischer Anfälle bestehen bleibt, während der Vorteil für den Patienten nun darin liegt, dass er in seiner Lebensführung nicht durch Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Übelkeit beeinträchtigt wird. Der Patient muss nun – beide Alternativen abwägend – für sich entscheiden, welcher Vorteil ihm wichtiger und welcher Nachteil ihm insoweit in seiner aktuellen Lebensführung billigenswerter erscheint. Hier wird sich möglicherweise ein Patient, der sein Berufsleben bereits abgeschlossen hat, aber weiterhin auf seinen Führerschein nicht verzichten möchte, anders entscheiden als der Student, der kurz vor dem Examen steht. Der Rentner mag also Müdigkeit und Konzentrationsstörungen, aber auch Übelkeit, weniger fürchten, wenn es ihm wichtiger ist, weiterhin mobil sein zu können, während der Student möglicherweise eher bereit ist, das geringe Risiko eines epileptischen Anfalls auf sich zu nehmen, um das Examen, das seinen künftigen Lebensweg nachhaltig bestimmen wird, mit möglichst optimalem Ergebnis abzuschließen. Oder wählen wir das Beispiel einer medizinisch nicht dringend indizierten Kaiserschnittentbindung. Den Nachteil einer solchen Schnittentbindung wird die Mutter vor allem im längeren Wundheilprozess sehen, der sie wenn auch nicht dauerhaft, so doch einige Wochen im Alltag einschränken wird; hinzu treten aber auch die typischen Operationsrisiken, die insbesondere der Arzt häufig zu vermeiden empfehlen wird. Der Vorteil einer solchen Entbindung liegt dann vor allem in der vergleichsweise geringen Schmerzbelastung und der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass der Säugling komplikationslos das Licht der Welt erblickt. Als Nachteile einer natürlichen Geburt wird die Mutter hingegen vor allem die Schmerzen empfinden, möglicherweise aber auch die fehlende Planbarkeit des Geburtstermins, als Vorteil hingegen den vergleichsweise zügigen Erholungsprozess und die Vermeidung operationsbedingter Komplikationen. Für welche Methode sie sich entscheidet, hängt auch hier wiederum davon ab, welcher Vorteil der Mutter in ihrer aktuellen Lebenssituation wichtiger und welcher Nachteil ihr insoweit billigenswerter erscheint. Die bereits mehrfache Mutter, die die Schmerzen einer Geburt einschätzen und möglicherweise relativieren kann, wird die Operationsrisiken und den verlängerten Erholungsprozess also möglicherweise anders beurteilen als die erstgebärende junge Frau, die sich vor starken Schmerzen fürchtet und gerade hierin eine zwar nur kurze, aber doch kaum erträgliche Belastung erblickt.

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung

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Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen und auch erheblich komplexer gestalten, kombiniert man etwa die Alternativen Behandlung – Nichtbehandlung mit einer Alternative konventionelle – minimal-invasive Operationstechnik usw. Für die hier verfolgten Darstellungszwecke reicht es indes, vor Augen zu führen, dass der Entscheidungsprozess stets auf einer Beurteilung von Alternativen beruht, die ihrerseits ihre Vor- und Nachteile haben, ohne dass allein Vorteil gegen Vorteil oder Nachteil gegen Nachteil verglichen würde. Vielmehr macht gerade die Abwägung verschiedener Nutzen-Risiko-Bewertungen die Schwierigkeit und Komplexität des Abwägungsprozesses aus. Zwar wird sich für viele Patienten insbesondere bei mittelschweren Erkrankungen die Alternative Nichtbehandlung meist nicht ernsthaft oder nur sehr unterschwellig stellen. Das kann das skizzierte Modell einer Abwägung insgesamt jedoch nicht in Frage stellen, wie die Alternative Nichtbehandlung dann auch etwa bei äußerst schweren und aussichtslosen Erkrankungen nicht selten ernsthaftes Nachdenken auslöst, um die verbleibende Lebenszeit etwa nicht mit einer Chemotherapie zu belasten, sondern nach Möglichkeit bis zum Ende ohne Schmerzen, Übelkeit und Haarverlust leben zu können. Uneingeschränkt gilt dieses Abwägungsmodell allerdings nur für die ärztliche Heilbehandlung, wie sie hier zunächst allein betrachtet wurde. Denn hier kann durch den klaren Bezug auf die Gesundheit des Patienten prinzipiell jedem Nachteil ein Vorteil greifbar gegenübergestellt werden. Die weiteren Entscheidungsmotive schließen sich also an diese gesundheitlichen Überlegungen erst an – das Examen setzt möglichst uneingeschränkte körperliche Fitness voraus, die Betreuung der Geschwisterkinder die möglichst geringe Belastung der Mutter mit den Folgen der Niederkunft usw. Anders liegen die Dinge hingegen in den im folgenden Abschnitt zu erörternden Fallkonstellationen. Denn hier kann sowohl der Bezug auf einen Gesundheitsvorteil entgleiten – so etwa bei der reinen Probandenforschung –, wie bei der Erforschung des mutmaßlichen Willens die wirkliche Motivsphäre des Rechtsgutträgers schließlich ganz wegbrechen kann.

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§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit Das Modell einer doppelten Nutzen-Risiko-Bewertung basiert auf der Überlegung, dass der Rechtsgutträger die ihm überlassenen Informationen vor dem Hintergrund seiner persönlichen Motivwelt individuell für sich gewichtet. Bestimmt sich also auch der Umfang der ärztlichen Aufklärung zunächst objektiviert an der Intensität der Rechtsgutgefährdung,1 ist sowohl schon für den endgültigen Umfang der Aufklärung, erst recht aber für die Entscheidung des Rechtsgutträgers dessen persönliche Motivsphäre maßgeblich, die bei der ärztlichen Heilbehandlung vor allem durch seine Gesundheitsinteressen konturiert wird, sich hierin aber nicht erschöpft.2 Nachhaltige Konsequenzen für die Entscheidung über medizinische Maßnahmen muss es daher haben, sobald dieses Modell der Entscheidungsfindung Abweichungen erfährt. Besonders plastisch wird dies zunächst für den Bereich der medizinischen Forschung. Indem die Durchführung einer Maßnahme hier auch oder gar allein wissenschaftlichen Zwecken dient, stellt sich die Frage nach dem Einfluss altruistischer Motive auf die Entscheidungsfindung des Rechtsgutträgers (I.).3 Eine Veränderung erfährt der Entscheidungsprozess dann aber auch in Fällen fehlender Einwilligungsfähigkeit, schon für die ärztliche Heilbehandlung, erst recht jedoch für die medizinische Forschung. Die subjektive Motivsphäre des Rechtsgutträgers erfährt hier bereits dann Einschränkungen, wenn ein Vertreter an der Stelle des Rechtsgutträgers entscheidet, die persönliche Motivsphäre also zwar Richtschnur der Einwilligung ist, aber eben nicht mehr originär durch den Rechtsgutträger umgesetzt wird, sondern durch einen 1

Oben § 5 II 1. Oben § 5 II 2. 3 Zum Gedanken einer Relation der mit dem Forschungscharakter zusätzlich einhergehenden Schutzkriterien zum möglichen Eigennutzen für den Teilnehmer ebenfalls im Sinne eines zunehmend strenger werdenden Maßstabs für die Nutzen-Risiko-Abwägung vgl. die plastische Übersicht bei Taupitz, in: Lippert/Eisenmenger (Hrsg.), Forschung am Menschen, S. 13 (31). 2

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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anderen. Entgleiten – und gegebenenfalls vollständig wegbrechen – kann die subjektive Motivsphäre dann in Fällen, in denen eine Vertretungsperson gänzlich fehlt und daher allein aus objektiver Sicht der mutmaßliche Wille der betroffenen Person zu fingieren ist. Für die medizinische Forschung mit einwilligungsunfähigen Personen hat dies zur Konsequenz, dass grundsätzlich nur die Kombination persönlicher Gesundheitsvorteile und altruistischer Motive die Einbeziehung in Forschungsmaßnahmen rechtfertigt, nicht allein ein wissenschaftliches Ziel (II.).

I. Die Beeinflussung der Nutzen-Risiko-Bewertung durch altruistische Motive bei der medizinischen Forschung an einwilligungsfähigen Personen Die reguläre Heilbehandlung ist davon geprägt, dass sie dem Patienten eine nach derzeitigem Fachwissen erfolgversprechende und als Standardbehandlung etablierte Therapie in Aussicht stellen kann.4 Erst diese Vorteilsaussicht legt es dem Rechtsgutträger überhaupt nahe, sein Leben, seinen Körper und seine Gesundheit einem anderen anzuvertrauen. Es bedarf also eines zureichenden Grundes, damit er seine Rechtsgüter preisgibt – etwa den Einstich und die Injektion einer Spritze akzeptiert, bei einer Operation die Verletzung seiner körperlichen Integrität durch das Operationsbesteck usw. –, um sein Leben, seinen Körper oder seine Gesundheit zu erhalten. Und diese Vorteilsaussicht ist es regelmäßig auch, die in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle den Patienten veranlassen wird, sich im Rahmen seiner Abwägung für die empfohlene Heilbehandlung zu entscheiden statt dagegen. Bei der medizinischen Forschung bleibt dieser leitende Gesichtspunkt individueller Vorteilsaussicht – der im Folgenden lediglich der prägnanten Abgrenzung halber, keineswegs pejorativ als ‚egozentrisches‘ Motiv gekennzeichnet sein soll – solange vorhanden, wie die Forschung therapeutisch angelegt ist, also auf eine Einbeziehung von Patienten zur Verbesserung des schulmedizinischen Behandlungsregimes. Hier treten altruistische Motive, die Forschung zu fördern, also allenfalls entscheidungsleitend hinzu.5 Für viele Patienten wird sich hingegen allein die Frage stellen, ob die Studientherapie relevante Nachteile mit sich bringt, womit die Entscheidung im Kern einer gesundheitsbezogenen, egozentrischen Motivsphäre verhaftet bleibt (1.). Größere Bedeutung gewinnen al4 Auf die Beschränkungen der Behandlungsqualität in der gesetzlichen Krankenversorgung unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit, vgl. §§ 2 I, 12 I SGB-V, soll es in diesem Zusammenhang nicht weiter ankommen. 5 Aus strafrechtlicher Sicht zum Kriterium eines Betroffeneninteresses im Unterschied zu Maßnahmen im Drittinteresse Loose, Strafrechtliche Grenzen ärztlicher Behandlung und Forschung.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

truistische Motive daher erst dort, wo die Forschung von vornherein gar nicht darauf ausgerichtet ist, dem konkreten Teilnehmer bereits zum jetzigen Zeitpunkt gesundheitliche Vorteile in Aussicht stellen zu können. Zwar wird es dem Teilnehmer auch hier in erster Linie – erst recht – darum gehen, keine nennenswerten Risiken einzugehen. Damit erscheint die Teilnahme aber bestenfalls nur als irrelevant, ohne einen positiv leitenden Entscheidungsgesichtspunkt aufzudecken. Insoweit kommen nur altruistische oder aber solche egozentrischen Motive in Betracht, die jenseits eines Gesundheitsvorteils liegen (2.). Dabei bedarf es allerdings einer begrifflichen Präzisierung, die bereits für die obige Abgrenzung von Studien- und Probandenvertrag im Hintergrund stand.6 Wenn hier und im Folgenden von Forschungsvorhaben gesprochen wird, so geschieht dies in einem weiten Sinne, der die Forschung mit Patienten ebenso umfasst wie mit gesunden Probanden.7 Erst die Kennzeichnung des Forschungsvorhabens als ‚klinisches‘ stellt also den Bezug zu einer Forschung mit kranken Personen her, während die Kennzeichnung als ‚reine Probandenforschung‘ den Bezug zur Forschung mit gesunden Personen bezeichnen soll. Andere sprechen in Bezug auf Patienten hingegen von Studien und lediglich in Bezug auf Probanden von Forschungsvorhaben,8 der Begriff der Studie wird hier also synonym mit dem Begriff der klinischen Prüfung gebraucht, den das Arzneimittelgesetz und das Medizinproduktegesetz für die Erprobung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte freilich an Patienten und Probanden gleichermaßen verwenden.9 Wieder andere sprechen hingegen im Hinblick auf Patienten und Probanden gleichermaßen von Studien, verwenden den Begriff der Studie also in demselben umfassenden Sinne, der hier mit dem Begriff des Forschungsvorhabens gemeint sein soll. Klarer Konsens besteht freilich trotz unterschiedlicher Terminologie darüber, den Bereich der medizinischen Forschung scharf vom Bereich einzelfallbezogener Neulandmedizin abzugrenzen. Nicht unter den Begriff der medizinischen Forschung fällt damit insbesondere der Heilversuch, der ohne Intention weiteren Erkenntnisgewinns lediglich in einem Einzelfall unter rein ärztlicher Verantwortung durchgeführt wird, oftmals bei verzweifelten, insbesondere onkologischen Krankheitsbildern. Dass hieraus aufgrund einer Vielzahl von Beobachtungen auch ein klinisches Forschungsvorhaben entstehen kann, ändert nichts an der Tatsache, dass der Heilversuch im Moment seiner Durchführung 6

Vgl. § 2 I 2 c). Zum Verständnis des BVerfG vom Begriff der Forschung in Art. 5 III 1 2. Alt. GG, wonach wissenschaftliche Forschung jede Tätigkeit ist, „die nach Inhalt und Form als ernsthafter und planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist“, vgl. BVerfGE 35, 79 (113); vgl. ferner Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 2 Rz. 62; § 75 Rz. 16; Höfling/Demel, MedR 1999, 540 ff. 8 So etwa Sobota, in: FS-Kriele, 1997, S. 367 (S. 369 ff.). 9 Vgl. § 4 XXIII und §§ 40 ff. AMG, §§ 20 ff. MPG. 7

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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nicht hierauf abzielt und damit vor allem auch rechtlich anderen Anforderungen unterliegt.10 Die im Rahmen eines Heilversuchs vorgenommene Anwendung eines Arzneimittels außerhalb seines zugelassenen Indikationsbereichs fällt also insbesondere nicht unter den Begriff der klinischen Prüfung im Sinne der §§ 40 ff. AMG.11

1. Weitgehend unveränderte doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung bei Vorhaben der klinischen Forschung an Patienten Die Einbeziehung von Patienten in ein klinisches Forschungsvorhaben fordert schon nach dessen Intention die Aussicht auf einen Gesundheitsvorteil, liegt hierin doch gerade die zu erprobende Hypothese, die durch die vorangegangene Forschung entwickelt wurde. Die Forschung zielt hier also auf eine Verbesserung jenes Krankheitsbildes ab, unter dem der Patient und potenzielle Teilnehmer leidet. Diese Vorteilsaussicht wird dann auch nicht nur für die Entscheidung des Patienten leitend sein, vielmehr erhebt das Gesetz diese Voraussetzung unter Gefahrenabwehrgesichtspunkten auch zum entscheidenden Kriterium für die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Forschungsvorhabens. Ausnahmslos galt dies bis zum Sommer 2004 für die Einbeziehung kranker Personen in Arzneimittelstudien, vgl. § 41 Nr. 1 AMG a.F., und gilt dies auch weiterhin für Medizinproduktestudien, vgl. § 21 Nr. 1 MPG. Aber auch das neue Arzneimittelgesetz hält in seinem Ausgangspunkt an der Aussicht auf einen Gesundheitsvorteil fest, vgl. § 41 I 1 Nr. 1 AMG, und präzisiert an einer anderen Stelle den dort verwendeten Begriff der ‚Angezeigtheit‘ der Studienteilnahme ganz explizit durch den Begriff der medizinischen Indikation.12 Selbstverständlich ist dabei, dass es sich zwar um eine begründete Aussicht, aber eben doch nur um eine Aussicht zu handeln braucht. Wäre der Vorteil gewiss, würde 10 Wie hier das überwiegende Schrifttum, vgl. Deutsch/Lippert, AMG, § 40 Rz. 6; Rehmann, AMG, vor §§ 40–42a Rz. 3; Roxin/Schroth-Rieger, Handbuch des Medizinstrafrechts, S. 536, 557; Helle/Frölich/Haindl, NJW 2002, 857; Lippert/Strobel, VersR 1995, 637. Zuweilen werden hingegen auch über einen Einzelfall hinausgehende Forschungsansätze mit dem darauf schon sprachlich wenig passenden Begriff des ‚Heilversuchs‘ oder des ‚klinischen Experiments‘ gekennzeichnet; kritisch hierzu bereits Habermann/Lasch/Gödicke, NJW 2000, 3389 (3390 f.). Zur Terminologie auch Hennies, ArztR 1996, 95 ff. 11 So etwa nur Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1314. Zu welchen Schwierigkeiten diese subjektive Abgrenzung anhand des Handlungsziels führt, wird derzeit vor allem an der kontroversen Diskussion über die Definition nicht-interventioneller Prüfungen im Sinne von § 4 Abs. 23 S. 2 AMG deutlich, vgl. bereits oben § 2 I 2 a). 12 Vgl. § 40 IV Nr. 1 S. 2 AMG: „Angezeigt ist das Arzneimittel, wenn seine Anwendung […] medizinisch indiziert ist.“ Auf die Besonderheiten eines zureichenden ‚Gruppennutzens‘ wird nachfolgend noch unter § 4 I 3 eingegangen. Zur synonymen Verwendung der Angezeigtheit und Indikation bereits vor der 12. AMG-Novelle Höfling/Demel, MedR 1999, 540 (541).

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es sich bei den beabsichtigten Maßnahmen nicht um Forschung, sondern um Anwendung gesicherter Erkenntnis handeln. Der Hypothesencharakter der Forschungsansätze bedingt also von vornherein eine Herabstufung des persönlichen Vorteils auf eine begründete Vorteilsaussicht.13 Auch wenn die Indikation der Studienteilnahme die Hauptmotivation des Patienten darstellen mag, muss sie freilich nicht das einzige Begründungselement sein. Vielmehr kann selbst bei Patienten der Aspekt einer Förderung wissenschaftlicher Erkenntnis hinzutreten, und damit ein im Kern altruistischer Gesichtspunkt, auch wenn er durch die medizinische Indikation weitgehend überlagert wird. Auf einer im Aufklärungsgespräch kaum thematisierten Ebene wird dieser Gesichtspunkt dann allerdings häufig wieder Konturen eines persönlichen Vorteils annehmen. So mag sich (vor allem) mancher (Kassen-) Patient eine engmaschigere Behandlung erhoffen, ein Patienten sich die Gunst des behandelnden Arztes durch Einwilligung in eine Studienteilnahme erhalten oder den Erhalt eines angesichts bereits bekannter öffentlicher Informationen sehr aussichtsreichen Arzneimittels sichern wollen, das anderenfalls mangels Zulassung gar nicht eingesetzt würde oder mit hohen Eigenkosten verbunden wäre. Solange sie der freien Motivsphäre des Patienten entstammen, machen solche Überlegungen eine Einwilligung nicht per se unwirksam.14 Entscheidendes Gewicht wird allerdings der persönliche Gesundheitsvorteil behalten. Das wird noch deutlicher, wenn man den Gesichtspunkt der in die Abwägung einzustellenden Risiken stärker in den Blickpunkt rückt. Hier ist es entscheidend das Krankheitsbild und der Leidensdruck des Patienten, der in einer Waagschale den einzugehenden Risiken gegenübertritt; der Aspekt einer Förderung der Wissenschaft ist insoweit viel zu schwach, um die Eingehung erhöhter Risiken zu rechtfertigen. Sind kranke Personen also auch besonders schutzbedürftig, rechtfertigt gerade die Erkrankung, erhöhte Risiken einzugehen, von denen man einen gesunden Organismus verschonen würde.15 Wie lässt sich aber die Aussicht auf einen gesundheitlichen Vorteil im Rahmen klinischer Forschungsvorhaben einem Laien gegenüber plausibel machen? 13 Wie dies in einem strengen naturwissenschaftlichen Sinne natürlich auch für die Standardtherapie gilt, bei der sich der Behandlungserfolg ebenfalls nie als Gewissheit erwarten, sondern nur in unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden prognostizieren lässt; zu der hiermit verbundenen Einstufung des Behandlungsvertrags als Dienstvertrag bereits oben § 2 I 1. 14 Dies ergibt sich schon aus dem mindestens analog heranzuziehenden Grundsatz, dass sich der Inhalt eines Rechtsgeschäftes nicht nach den Motiven der Parteien, sondern allein nach deren Geschäftswillen richtet, vgl. Schur, AcP 204 (2004), 883 (886). Diese Grundsätze werden auch dort angewendet, wo die Einwilligung nicht als Rechtsgeschäft aufgefasst wird, vgl. BGH NJW 1980, 1903 (1904); NJW 1992, 1558 (1559); Bamberger/Roth-Spindler, § 823 Rz. 15. 15 So wohl auch etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1317.

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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In rechtlicher Sicht wird angesichts des Neulandcharakters der hier anstehenden Behandlungsformen in erster Linie eine umfassendere Aufklärung gefordert als bei standardisierten Therapien und ein entsprechend noch größeres Gewicht auf das mündliche Gespräch gelegt.16 In der praktischen Konsequenz setzen die an klinischen Studien beteiligten Firmen in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle dann aber Aufklärungsinformationen ein, die das gebotene Maß an Länge und Verständlichkeit bei weitem überschreiten. Die umfassende Aufklärung gerät hier nicht selten zu einer schonungslosen Aufklärung, die das intellektuelle Verständnis der meisten Patienten, zumal in ernsten gesundheitlichen Krisen, praktisch ignoriert. Der Studienteilnehmer wird auf diese Weise gleichsam mit der nahezu vollständigen Motivwelt des Arztes konfrontiert, von der dieser sonst in einer behutsamen Art und Weise abstrahiert.17 Auf dieser Grundlage eine Entscheidung für oder gegen eine Studienteilnahme zu treffen, muss den Patienten tendenziell überfordern. Nicht selten wird sich die Entscheidung der Sache nach also auf den Arzt verlagern, dessen Empfehlung sich der Patient anvertraut.18 Dieses das reguläre Behandlungsverhältnis noch einmal deutlich übersteigende Maß an persönlichem Vertrauen geht zudem einher mit dem Konfliktpotential einer Abhängigkeitssituation. Auf ärztlicher Seite bedarf es nun größter Besonnenheit, damit es im Spannungsverhältnis zwischen ärztlicher Fürsorge und medizinischem Forschungsgeist nicht zu einer einseitigen Begünstigung der Wissenschaft kommt. Es hat sicherlich historische Hintergründe, wenn diese Gefahr gerade in Deutschland und verstärkt durch manch reißerische Medienberichterstattung allzu grell dargestellt wird. Dass diese Gefahr grundsätzlich besteht, darf andererseits aber auch heruntergespielt werden. Begegnet wird ihr in der Praxis insbesondere durch die Existenz von Ethik-Kommissionen, also öffentlich-rechtlich eingesetzten unabhängigen Gremien, die in Deutschland bei sämtlichen Universitätskliniken und den Landesärztekammern eingerichtet sind.19 Sie beurteilen ethische, medizinisch-wissenschaftliche und rechtliche Aspekte in der medizinischen Forschung am Menschen, in16 Zur Aufklärungspflicht bei Neulandtherapiemethoden BGH NJW 2006, 2477 ff.; OLG Köln, VersR 2000, 493; sowie zur Aufklärungspflicht bei Forschungsvorhaben insgesamt Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 940. 17 Hierzu oben, § 3 I. 18 Indirekt auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 940, wenn sie von „viel Einfühlungsvermögen und Überzeugungskraft des Arztes“ sprechen, um den Patienten zur Teilnahme an einer Studie zu bewegen. 19 Zur Bedeutung und Organisationsstruktur von Ethik-Kommissionen Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 75 Rz. 17 ff. m.w.N.; insbesondere zur historischen Entwicklung auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1001 ff. Die medizinischen Ethik-Kommissionen sind dabei abzugrenzen von Gremien der Patientenvertretung, wie sie etwa in den USA als ethics committees den Ethik-Kommissionen, dort als ethical review boards bezeichnet, gegenübertreten; hierzu Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1000. Auf die Besonderheiten der wenigen privaten Ethik-Kommissionen soll im Folgenden nicht weiter eingegangen werden.

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dem sie durch das Zusammenwirken der Kommissionsmitglieder als Fachleute verschiedener Disziplinen (Ärzte, Juristen, Biometriker, Pharmakologen und Apotheker)20 ebenso einen umfassenden Schutz der an der Forschung teilnehmenden Personen sichern, wie auch eine hohe Qualität und wissenschaftliche Aussagekraft der medizinischen Forschung am Menschen gewährleisten sollen. Ihnen kommt also zwar keine individuelle Überwachungsfunktion zu, 21 wohl aber konkretisieren sie bereits auf einer sehr niedrigen Abstraktionsstufe des jeweiligen Forschungsvorhabens die Frage der persönlichen Vorteilhaftigkeit, wenn auch gegenüber der individuellen Situation potenzieller Teilnehmer noch zwangsläufig verallgemeinernd. Auch wenn der Patient für seine Teilnahmeerklärung und der Arzt für die Durchführung eines Forschungsvorhabens jeweils selbst verantwortlich bleiben, hat der Gesetzgeber mit der Ethik-Kommission also eine zusätzliche Ebene der Entscheidungsfindung geschaffen, die geeignet ist, die Motivsphäre des Studienteilnehmers zu entlasten. So wie es der Standard einer ärztlichen Heilbehandlung dem Arzt erlaubt, von medizinischen Detailinformationen zu abstrahieren, kommt der Ethik-Kommission bei klinischen Studien die vergleichbare Bedeutung zu, die Eignung der Studientherapie im Hinblick auf ihre potenzielle Standardisierbarkeit zu überprüfen, 22 und nicht selten weisen Studienaufklärungsbögen heute denn auch dezidiert auf die positive Beurteilung des Forschungsvorhabens durch die zuständige Ethik-Kommission hin. Mag man auch nicht den durch die Ethik-Kommission beratenen und mit seinem Vorhaben positiv beschiedenen Arzt als den eigentlichen Entscheidungsträger ansehen, wäre es also gerade im Bereich der Forschung überzogen, diesen gesamten Abwägungsprozess als originäres Erkenntnis- und Willensereignis des 20

Zur gebotenen Zusammensetzung von Ethik-Kommissionen näher Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1036 ff. 21 So haben die Ethik-Kommissionen grundsätzlich einen reinen Beratungscharakter, vgl. etwa für die hessischen universitären Ethik-Kommissionen § 60 I HHG oder für die Ethik-Kommission der hessischen Landesärztekammer § 15 HBOÄ. Auch die Aufgabe von Ethik-Kommissionen, nach § 42 I AMG über eine zustimmende Bewertung klinischer Arzneimittelprüfungen oder nach § 20 VII 1 MPG über eine zustimmende Stellungnahme zu Medizinprodukteprüfungen zu entscheiden, ändert nichts daran, dass die eigentliche Überwachungsfunktion bei den zuständigen Behörden liegt (vgl. §§ 64 ff., 77 ff. AMG, §§ 25 ff., 32 ff. MPG). Das gilt für Arzneimittelstudien über die 12. AMG-Novelle hinaus auch insoweit, als mit § 42a AMG eine spezialgesetzliche Regelung zu Rücknahme und Widerruf nur für die bundesoberbehördliche Genehmigung geschaffen wurde, nicht für die zustimmende Bewertung der Ethik-Kommission. Zu den Aufgaben einer Ethik-Kommission insgesamt auch Deutsch/Lippert, Ethikkommission und klinische Prüfung, S. 27 ff.; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 75 Rz. 19. 22 Zur Bedeutsamkeit dieses Abwägungsergebnisses eines unabhängigen Expertengremiums für die Anforderungen an die Aufklärung mit Blick auf die rechtlichen Maßstäbe einer Einbeziehungskontrolle § 9 I 1 d) bb), einer Inhaltskontrolle § 10 I 2, II 3 b) cc) und einer Transparenzkontrolle § 11 II 3 b) aa).

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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Patienten zu deuten. 23 Noch deutlicher als bei der medizinischen Heilbehandlung zeigt sich hier also die Gefahr, dass der Patient aufgrund seines Laienstatus mit seiner Einwilligung eine Risikoerklärung im Sinne einer Ungewissheitserklärung abgibt, obwohl das Rechtsinstitut der informierten Einwilligung gerade die Absage an die Risikoerklärung im zivilrechtsdogmatischen Sinne beinhaltet. 24

2. Einseitige Nutzen-Risiko-Bewertung bei individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben Von vornherein um die Motivationssphäre persönlicher Gesundheitsvorteile gebracht sind dann jene Forschungsvorhaben, die gar nicht therapeutisch angelegt sind, also reine Forschungsvorhaben an Personen, die entweder gesund sind (a) oder die zwar erkrankt sind, deren Erkrankung für das Forschungsvorhaben jedoch völlig irrelevant ist, da es eine ganz andere Fragestellung betrifft (b). Äußerlich betrachtet ist die Teilnahme an solchen Forschungsvorhaben altruistisch motiviert, wenn auch hier selbstbezogene Vorteile denkbar sind. Da für den Rechtsgutträger im Rahmen seiner Entscheidungsfindung kein Gesundheitsvorteil in Sicht gerät, muss es für ihn maßgeblich – wie die einschlägigen rechtlichen Regelungen denn auch zugrundelegen – auf ein geringes Maß an Risiken ankommen. Konzentrieren sich die Überlegungen damit auch auf den Bereich der medizinischen Forschung, lassen sich die Ausführungen freilich auf andere Bereiche der Medizin übertragen, in denen körperliche Eingriffe im Ausgangspunkt altruistisch motiviert erscheinen, also insbesondere auf Fälle der Blut- oder Organspende zugunsten Dritter.

a) Altruistische Preisgabe intakter Gesundheit bei medizinischer Forschung an Probanden Angesichts der definitionsgemäß fehlenden medizinischen Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit lässt sich die Motivation des Probanden gerade nicht aus einer medizinischen Indikation seiner Teilnahme plausibel machen. Der Teilnahme an reinen Forschungsvorhaben wird daher typischerweise altruistischer Aufopferungscharakter für die Wissenschaft beigemessen.25 Auch hier kommt freilich ein weit gespanntes Spektrum an Motiven in Betracht, das diesem Altruismus seinerseits zugrundeliegt. So mögen es die schmerzlichen Erfahrungen mit dem Schicksal eines Angehörigen sein, die den Probanden dazu drängen, zu einem Fortschritt bei der Behandlung des jeweiligen Krankheitsbildes aktiv 23 24 25

Kritisch auch Sobota, in: FS-Kriele, S. 367 (S. 372 f.). Vgl. bereits oben § 3 II 1 b) bb) (2). Vgl. nur etwa BGHZ 20, 61 (63 f.); Deutsch, Arztrecht und Arzneimittelrecht, S. 292.

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beizutragen. Nicht selten, da praktisch einfacher realisierbar, sind es dann aber auch Angehörige der forschenden Einrichtung selbst, die sich als Probanden zur Verfügung stellen. Auch hier ist dann eine ganze Reihe von Motiven denkbar, angefangen vom bloßen forscherischen Streben nach Erkenntnis, über die Erlangung einer für studentische Budgets allemal beachtlichen Aufwandsentschädigung, bis hin zur Gunst des Abteilungsleiters im Hinblick auf die eigene berufliche oder wissenschaftliche Karriere, das mit dieser in fernerer Zukunft erhoffte soziale Ansehen usw. Soweit die Entscheidung des Probanden eine freie Entscheidung darstellt, besteht auch hier kein Grund, solche ferneren Motive zum Anlass für die Unwirksamkeit der Einwilligungserklärung zu nehmen. Leitender Gesichtspunkt bleibt also auch bei der Probandenerklärung die freie Selbstbestimmung, die allerdings schon aus Sicht des Studienteilnehmers Einschränkungen unter dem Aspekt des akzeptablen Risikos erfahren wird. Erscheint der gesunde Proband damit auf den ersten Blick weniger schutzbedürftig als der erkrankte Patient, weil er körperlich nicht geschwächt ist, besteht gerade angesichts seiner Gesundheit also gar keine Notwendigkeit zur Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter. So mögen selbst ernst zu nehmende letale Risiken noch die Studientherapie von Patienten rechtfertigen, deren Risiko, bei standardisierter Behandlung zu versterben, dramatisch hoch ist. Derartige Risiken als gesunder Proband in Kauf zu nehmen, wäre hingegen kaum jemand zu akzeptieren bereit, wie auch die zuständigen Ethik-Kommissionen ihre Zustimmung zu derartigen Studien verweigern würden. Die rechtlichen Anforderungen, die an die Teilnahme an einem Forschungsvorhaben gestellt werden, sind bei der Beteiligung gesunder Probanden denn auch hoch. Nicht nur der Studiencharakter als solcher, sondern auch die fehlende Indikation erhöht also die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung, 26 wie denn auch die Gewährung höherer Aufwandsentschädigungen allgemein als problematisch empfunden wird, da sie den Teilnehmer verleiten könnten, aus finanziellen Erwägungen Risiken in Kauf zu nehmen, die er bei Beschränkung auf gesundheitliche Überlegungen nicht einzugehen bereit wäre. Auch hier erweisen sich die in der Praxis häufig anzutreffenden schriftlichen Aufklärungsinformationen als problematisch. So trifft man häufig auf Informationen, die das Verständnis des potenziellen Teilnehmers angesichts ihrer Kompliziertheit und ihres Umfangs vor große Anforderungen stellen, mag der Rekrutierungskreis von Probanden auch häufig der Wissenschaft näher stehen als derjenige klinischer Studien. Umgekehrt finden sich dann gerade bei Probandenstudien aber auch häufig Informationen, die so überaus kurz und spär26 Vgl. nur BGHZ 20, 61 (66 f.); Deutsch/Lippert, AMG, § 40 Rz. 9; ebenso bei anderen medizinisch nicht indizierten Maßnahmen wie etwa kosmetischen Operationen, vgl. BGH MedR 1991, 85. Ähnlich OLG Zweibrücken, NJW 2005, 74 (75).

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lich gehalten sind, dass daraus kaum noch hervorgeht, welchen Hintergrund, welche Maßnahmen und welche Risiken das Forschungsvorhaben überhaupt beinhaltet. Das betrifft insbesondere Forschungsvorhaben, die rein institutsintern mit Hilfe von Mitarbeitern und Studenten durchgeführt werden. Soweit sich das Vorhaben auf die Abnahme einer geringen Blutmenge oder gar auf die Überlassung von Ausscheidungen wie Urin oder Atemluft beschränkt, steht dem fehlenden Gesundheitsvorteil freilich ein zu vernachlässigender Gesundheitsnachteil gegenüber, der vielen Forschern schon nur das Erfordernis der Befassung einer Ethik-Kommission häufig kaum noch plausibel macht. Im einen wie im anderen Fall wird sich der Teilnehmer praktisch also kaum mit allen Detailfragen des Forschungsvorhabens auseinandersetzen. Gerade weil die Risiken einer Probandenteilnahme von vornherein vergleichsweise niedrig ausfallen müssen und der Proband zumindest diese Information zur Kenntnis nehmen wird, wird für ihn häufig allerdings auch gar nicht die Notwendigkeit bestehen, sich mit dem genaueren Inhalt und Hintergrund der beabsichtigen Maßnahmen näher vertraut zu machen. Auch bei reinen Forschungsvorhaben mit Probanden stellt die Einwilligung des Teilnehmers also häufig eine Risikoerklärung im Sinne einer Ungewissheitserklärung dar. War der Grund hierfür bei der klinischen Forschung mit Patienten die Komplexität der Zusammenhänge, die den Patienten ein gutes Stück weit überfordern, ist es bei der Forschung mit gesunden Probanden also nicht selten die Belanglosigkeit, von der die wenigen Risiken der Teilnahme begleitet werden, oder anders gewendet, die äußerst geringe Intensität der dem Probanden drohenden Rechtsgutgefährdung, die das Interesse an näherer Information nicht selten sinken lässt.

b) Altruistische Preisgabe geschwächter Gesundheit in Fällen sogenannter gruppennützlicher Forschungsvorhaben Noch wieder verlagert wird die Motivsphäre des Teilnehmers, wenn er zwar erkrankt ist, das Forschungsprojekt sich auch mit der Erforschung dieser Erkrankung bzw. einer Verbesserung der Therapiemöglichkeiten befasst, mit der Teilnahme aber kein Gesundheitsvorteil verbunden ist. Ist der Patient also beispielsweise bei einer Krebserkrankung bereits austherapiert oder gehört er zu einer Subgruppe von Patienten, bei der sich zwar besonders klare Aussagen für die Erkrankung finden lassen, für die sich aus anderen Gründen jedoch voraussichtlich keine persönlichen therapeutischen Konsequenzen mehr ergeben oder auch vom Charakter des Forschungsprojektes her gar nicht angestrebt werden, kann das Forschungsprojekt den Teilnehmern keinen Gesundheitsvorteil auch nur in Aussicht stellen, sondern nur die Erwartung wecken, dass erkrankten Personen künftig eine bessere Therapie vorgeschlagen werden kann. Betroffen ist hier also meist die Grundlagenerforschung von Krankheitsbildern unabhängig von oder auch im Kontext der zugelassenen Standardmedikation.

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Rechtlich werden diese Forschungsvorhaben als Fallgruppen eines „Gruppenvorteils“ oder eines „mittelbaren Vorteils“ bezeichnet, der sich nur im Fall der therapeutischen Umsetzbarkeit der so gewonnenen Erkenntnisse und damit nur bei künftigen Patienten in Aussicht stellen lässt. Treten damit der persönliche Vorteil und der Gruppenvorteil einander gegenüber, wird dann verbreitet eine weitere Abgrenzung zum Bereich der rein fremdnützlichen Forschung gezogen. Gruppennutzen und Fremdnützlichkeit werden dabei danach unterschieden, ob der Teilnehmer am Forschungsvorhaben selbst noch zu der Gruppe von Personen zählt, der später die neu gewonnenen Erkenntnisse zugute kommen sollen, oder ob eine solche Zugehörigkeit und damit potenzielle Selbstbetroffenheit nach derzeitigem Kenntnisstand ausscheidet. 27 Diese Unterscheidung muss auf den ersten Blick befremden, ändert die Unterscheidung von Gruppennützlichkeit und reiner Fremdnützlichkeit doch nichts an der Nichtexistenz einer persönlichen Vorteilsaussicht im Moment der Teilnahme. Die Vehemenz, mit der die Diskussion über diese Differenzierungen geführt wird, zeigt aber, dass hiermit doch zwei inhaltliche Unterschiede angesprochen werden, denen dann auch in rechtlicher Hinsicht Rechnung getragen werden soll. Der Gesetzgeber hat zu dieser Diskussion mit der 12. Novellierung des AMG und damit an einem für die medizinische Forschung ganz zentralen Regelungsort Stellung bezogen. Bis zum Inkrafttreten der Novelle durfte die klinische Prüfung von Arzneimitteln an Patienten gemäß § 41 Nr. 1 AMG a.F. nur durchgeführt werden, „wenn die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern“. Gefordert war also stets die Aussicht auf einen persönlichen Gesundheitsvorteil des Teilnehmers. 28 Diese Anforderung hat der Gesetzgeber im neuen AMG als Ausgangspunkt beibehalten, alternativ aber auch die Absenkung auf einen Gruppenvorteil zugelassen. Die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels muss nun also entweder beim Patienten angezeigt sein oder, so die neue Bestimmung des § 41 I 1 Nr. 2 AMG, „sie muss für die Gruppe der Patienten, die an der gleichen Krankheit leiden wie diese Person, mit einem direkten Nutzen verbunden sein.“ Der direkte Nutzen, von dem hier gesprochen wird, kann freilich kein unmittelbarer und sicher feststehender sein. Auch hier gilt, dass Forschung hypothesengeleitet arbeitet und eine evidenzbasierte Therapie erst zum Ziel hat. Mit dem ‚direkten Gruppennutzen‘ wird also in tendenziell euphemistischer Weise die Abwesenheit einer persönlichen Vorteilsaussicht ausgedrückt. Denn für die ‚Gruppe der Patienten‘ sind die im Rahmen des Forschungsvorhaben durchgeführten Maßnahmen zunächst einmal zwangsläufig vorteilslos, 27 Vgl. zur Begriffsbildung selbst-, gruppen- und fremdnützlicher Forschung bereits Deutsch, Arztrecht und Arzneimittelrecht, S. 274 ff. 28 So die zum alten AMG ganz h.M., vgl. nur etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., Rz. 938.

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da die Unterscheidung zwischen Studienteilnehmer und ‚Gruppe der Patienten‘ notwendig beinhaltet, dass die Gruppenmitglieder eben keine Studienteilnehmer sind. Schon deshalb kommt eine direkte Vorteilsaussicht also gar nicht in Betracht, sondern nur die Aussicht auf einen künftigen Vorteil. Hier ist die ‚Gruppe der Patienten‘ also nur durch das lockere Band einer Übereinstimmung des Krankheitsbilds mit dem Studienteilnehmer verbunden, und nur insoweit lässt sich in Bezug auf diesen dann auch überhaupt von Gruppennützlichkeit sprechen statt von Fremdnützlichkeit. Das ändert aber nichts daran, dass der Patient hier nüchtern betrachtet an einem Forschungsvorhaben teilnimmt, das weder ihm noch – derzeit – einem anderen einen persönlich Gesundheitsvorteil in Aussicht stellt, sondern nur die wissenschaftliche Erkenntnis fördert, auf der dann künftige Therapien und Gesundheitsvorteile erst aufbauen können. Die Kausalbeziehung zwischen Studienteilnahme und Standardverbesserung ist hier im Prinzip also vergleichbar mit der medizinischen Grundlagenforschung. Sie unterscheidet sich allenfalls nur durch die Anzahl der bis zur praktischen Umsetzbarkeit zu erwartenden Kausalstufen, die bei der klinischen Forschung am Menschen meist weitaus absehbarer ist als bei der dafür breiter verwertbaren medizinischen Grundlagenforschung. Der Gesetzgeber hat seine Entscheidung in den zugehörigen Materialien nur formal und damit im Grunde sachlich gar nicht näher begründet.29 Hauptgegenstand der in der Literatur geführten Kontroverse war vor der Novellierung des AMG denn auch weniger die gruppen- oder fremdnützliche Forschung mit einwilligungsfähigen Patienten, als diejenige mit nicht einwilligungsfähigen Patienten.30 Für die Einbeziehung einwilligungsfähiger Personen in Forschungsvorhaben ohne individuelle Vorteilsaussicht stellt sich im Grunde nur die Frage, wie sich die Eigenschaft als Patient mit der einem Probanden vergleichbaren Bereitschaft zu reiner Forschungsförderung verbinden lässt. Die Frage lediglich gruppennützlicher Forschung erfordert also eine Kombination der vorstehend dargestellten Grundsätze für Patienten- und Probandenstudien. Leitlinie muss dabei sein, dass der Teilnehmer zwar an einer Krankheit leidet, dass die im Rahmen des Forschungsvorhabens vorgesehenen Maßnahmen medizinisch aber nicht indiziert sein können, weil dies definitionsgemäß ja gerade die Aussicht auf einen individuellen Gesundheitsvorteil zur Voraussetzung hätte. Genau genommen macht das Fehlen einer individuellen Vorteilsaussicht 29 Explizit äußert sich der Gesetzgeber nur zum Gruppennutzen bei minderjährigen Prüfungsteilnehmern, vgl. am ausführlichsten BT-Drs. 15/2109 (S. 31). Konkrete Begründungen zum Gruppennutzen bei Erwachsenen hat es hingegen auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht gegeben, vgl. BT-Drs. 15/2360 (S. 16); 15/2849 (S. 61). 30 Zum damaligen Meinungsspektrum vgl. trotz der Beschränkung der Perspektive auf die Forschung mit Kindern den Überblick von Taupitz, JZ 2003, 109 ff. Auf die mit der fehlenden Einwilligungsfähigkeit verbundenen Besonderheiten der Entscheidungsfindung soll hier erst anschließend eingegangen werden, § 6 II.

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also aus jedem Teilnehmer notwendig einen Probanden, auch wenn es sich dabei um eine erkrankte Person handelt. Mangels dieser fehlenden Vorteilsaussicht kann die Forschungsmaßnahme dann auch nicht, wie sonst bei Patienten, in einer Waagschale den mit der Maßnahme einhergehenden Risiken gegenübertreten. Vielmehr gilt hier die gleiche Überlegung wie bei Probanden. Ist es dort gerade die Gesundheit des Teilnehmers gewesen, die es gebietet, keine hohen forschungsbedingten Gesundheitsrisiken einzugehen, 31 gilt dies genauso und erst recht bei körperlich ohnehin geschwächten Patienten, die an einer nur gruppennützlichen Studie teilnehmen. Die hier anstehende Risikobewertung hat somit grundsätzlich nicht anders zu erfolgen, als wenn der Patient gesund, also Proband wäre. Allerdings wäre es verkürzt, wenn man kranke Teilnehmer an gruppennützlichen Studien deshalb als „insoweit Gesunde“ bezeichnen würde. Denn von wirklich Gesunden unterscheiden sich diese Teilnehmer gerade durch ihre Krankheit, die prinzipiell eine Schwächung des Rechtsgutträgers und damit ein gegenüber tatsächlich Gesunden erhöhtes Schutzbedürfnis zur Folge haben muss. Die Risikoabwägungen bei Patienten eines nur gruppennützlichen Forschungsvorhabens einerseits und bei Probanden andererseits liegen also zwar dicht aneinander, fallen im Hinblick auf die Patienten aber noch strenger aus. Während bei Probanden die möglichen Auswirkungen des vorhabensbedingten geringen Risikos auf einen gesunden Organismus abzuschätzen sind, sind bei Patienten die Auswirkungen auf einen ohnehin bereits angeschlagenen Organismus zu prüfen. 32 Im Gesetz ist dieser Wertungszusammenhang insbesondere in den Vorschriften der §§ 40 I 3 Nr. 2 AMG, 20 I Nr. 1 MPG zum Ausdruck gekommen sowie darin, dass die Anforderungen an die Einbeziehung von kranken und anderen schutzbedürftigen Personen in die Forschung noch rigider gefasst wird, vgl. §§ 40 IV Nr. 4, 41 II 1 Nr. 2 d), III Nr. 1 AMG.33 Damit wird in dieser Fallgruppe besonders deutlich, dass sich bei individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben nicht nur das Fehlen einer Gesundheitsvorteilsaussicht auf den Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers auswirkt, sondern auch hier bei der entscheidenden Frage nach dem Risiko wiederum die Intensität der Rechtsgutgefährdung für die Motivsphäre des Rechtsgutträgers leitend sein wird.34 31

Oben § 6 I 2 a). Deutlich wird dies überall dort, wo insofern ein angemessenes Verhältnis zwischen Vorteil und Gefahr gefordert wird, vgl. etwa Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 957, für den Heilversuch, dies., Rz. 1317, für die klinische Arzneimittelprüfung. 33 Eingehender zur medizinischen Forschung an Minderjährigen unten § 6 II 2 b) bb). 34 In der Literatur gehen die Fragen nach der individuellen Vorteilsaussicht und nach der Einwilligungsfähigkeit gelegentlich ineinander über, wenn sie praktisch auch bei Einwilligungsunfähigen besonders relevant erscheinen, vgl. etwa Quaas/Zuck, Medizinrecht, Rz. 40 ff. 32

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II. Die Objektivierung der persönlichen Motivsphäre bei Entscheidungen in Vertretung nicht einwilligungsfähiger Personen Ist eine Person nicht in der Lage, darüber zu entscheiden, zu welchem Zweck und in welcher Weise auf ihre Rechtsgüter eingewirkt werden darf, bedarf schon die Notwendigkeit der Entscheidung über eine solche Einwirkung der Rechtfertigung. Im Ausgangspunkt steht dabei die Pflege der Interessen und Rechtsgüter des Einwilligungsunfähigen, derer sich dieser selbst nun nicht mehr annehmen kann. Entscheidungen, die er noch im Zustand bestehender Einwilligungsfähigkeit getroffen hat, sind nun durch einen anderen umzusetzen, erst jetzt notwendig werdende Entscheidungen von diesem eigenständig zu fällen. Die Entscheidung beinhaltet also immer zwei Ebenen, zum einen die der persönlichen Willensrichtung des Rechtsgutträgers, die er entweder noch geäußert hat oder die es nun zu erforschen gilt, und zum anderen die Frage der Umsetzung dieser persönlichen Entscheidung des Rechtsgutträgers durch einen anderen. Da der Rechtsgutträger für die erste Ebene das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit reklamieren kann, die zweite Ebene sich hingegen hieran orientieren muss, erfährt die Verwirklichung seiner Motivsphäre auf der zweiten Ebene zwangsläufig Objektivierungen. Bei der medizinischen Heilbehandlung lassen sich beide Ebenen der Entscheidung noch weitgehend zur Deckung bringen, beschränkt sich die Entscheidungsfindung hier doch im Ausgangspunkt auf das gesundheitliche Wohl des Rechtsgutträgers. Welchen Beschränkungen der Entscheidungsspielraum eines Vertreters unterliegt, zeigt sich hier aber in Grenzsituationen des Lebens, in denen der Vertreter mitunter gar einen unmissverständlich geäußerten Behandlungswunsch des ihm Anvertrauten von Rechts wegen nicht mehr umsetzen kann (1.). Noch wieder anders liegen die Dinge dann bei der medizinischen Forschung. Indem sie mit dem Fortschritt für die Wissenschaft einen altruistischen Gesichtspunkt mit sich bringt und eine Willensäußerung in Zeiten bestehender Einwilligungsfähigkeit regelmäßig nicht existiert, unterliegt schon die Erforschung eines entsprechenden Willens engen Grenzen, die dann auch den Entscheidungsspielraum des Vertreters erheblich einengen (2.).

1. Doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung bei der ärztlichen Heilbehandlung einwilligungsunfähiger Personen Das Spektrum der Ursachen und damit auch die Ausprägungsformen fehlender Einwilligungsfähigkeit ist groß. In einem ganz groben Sinne dürfte sich noch am ehesten die konstitutionell bedingte von der akuten Einwilligungsunfähig-

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keit unterscheiden lassen, also die alters- oder krankheitsbedingt auf längere Zeit angelegte Einwilligungsunfähigkeit von der im voraus als kurzfristiges Ereignis absehbaren Einwilligungsunfähigkeit etwa unter Narkose oder künstlichem Koma.35 Mit der Willensbildungsfähigkeit verwandt, aber doch präzise hiervon zu unterscheiden ist dann die inhaltliche Sphäre der individuellen Ausgestaltung des persönlichen Willens, die für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens einwilligungsunfähiger Personen von entscheidender Bedeutung ist. Ihre Ausprägung setzt voraus, dass der Einwilligungsunfähige zumindest noch in der Lage ist, einen natürlichen Willen zu bilden und zu äußern bzw., dass er vor dem Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit zu einer Persönlichkeitsausprägung bei geistigem Bewusstsein in der Lage war. So liegt es auf der Hand, dass sich der mutmaßliche Wille des verheirateten Rentners, der einen Schlaganfall erlitten hat, weitaus wirklichkeitsgetreuer ermitteln lässt als die Willensrichtung eines Kindes, das erst im Begriff ist, seine Persönlichkeit zu entfalten. Liegen nun verbindliche Willensäußerungen des nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten vor, ist die Entscheidungsfindung auf ihrer ersten Ebene abgeschlossen. Es versteht sich von selbst, mag aber auch als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder der Menschenwürde begriffen werden, 36 dass der Vertreter an diese Willensrichtung inhaltlich gebunden ist. Für den Regelfall der Betreuung fließt diese Verpflichtung aus § 1901 III 2 BGB, da nur die Verwirklichung des früher geäußerten Willens dem Wohl des Betreuten entspricht, solange keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der früher geäußerte Wille unter den mittlerweile veränderten Umständen der Lebensführung nicht mehr verbindlich sein soll.37 Liegen derartige Willensäußerungen hingegen nicht vor, ist es nun an der zur Entscheidung berufenen Person, also insbesondere dem Betreuer oder den 35

So sind denn auch etwa die Fälle einer unter der Operation auftretenden Indikation für eine Operationserweiterung grundsätzlich nicht unter dem Aspekt der Einwilligungsunfähigkeit zu behandeln. Die Rechtsprechung geht hier vielmehr davon aus, dass in diesem Fall die Operation zu unterbrechen und der aus der Narkose erwachte Patient auf seine Einwilligung zu dem erweiterten Eingriff zu befragen ist, vgl. etwa BGH NJW 1993, 2372 (2373 f.), unter Hinweis auf ein Urteil des OLG Hamm vom 10.12.1990; im Einzelfall kann das Selbstbestimmungsrecht jedoch hinter den gesundheitlichen Interessen zurücktreten, vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 1370, oder jüngst für den Fall einer erst intraoperativen Entdeckung einer Knochenzsyste OLG Naumburg, VersR 2008, 224 f. Für die Wirksamkeit dieser Einwilligung wird freilich je nach Situation empfindlich darauf zu achten sein, inwieweit eine dann abgegebene Einwilligung des Patienten unter zeitlichen Aspekten noch als wirksam begriffen werden kann (hierzu oben § 3 II 2 b). Nach den für fehlende Einwilligungsfähigkeit entwickelten Grundsätzen sind hingegen Situationen zu beurteilen, die – wie etwa eine Entbindung – nicht beliebig unterbrochen werden können, vgl. BGH NJW 1993, 2372 (2374). 36 Vgl. die eingehende verfassungsrechtliche Würdigung durch Höfling/Demel, MedR 1999, 540 (542 f.). 37 Vgl. nur etwa MüKo-Schwab, BGB, § 1901 Rz. 13; Bamberger/Roth-Müller, § 1901 Rz. 4.

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Eltern, sich Gewissheit über den mutmaßlichen Willen des Patienten zu verschaffen. Auch diese Notwendigkeit fließt aus der Pflicht, die Betreuung bzw. das elterliche Sorgerecht zum Wohl der anvertrauten Person auszuüben.38 Mag die eigentliche Entscheidung später also auch Ausfluss allein der gesetzlich eingeräumten Vertretungsmacht sein, geht hiermit keine isolierte Entscheidungsmöglichkeit unter Zugrundelegung allein der eigenen Motive und Wertvorstellungen des Vertreters einher. Vielmehr bleibt der mutmaßliche Wille des Patienten der leitende Gesichtspunkt, auch wenn der Arzt sich gerade nicht auf das Rechtsinstitut der mutmaßlichen Einwilligung zu stützen braucht oder auch nur darf, sondern allein auf die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters. 39 Mit dieser (Re-) Konstruktion des mutmaßlichen Willens des Patienten wird nun die zweite Ebene der Entscheidungsfindung betreten, also die Ebene der Willensbildung des Vertreters. Praktisch ist damit die Situation des Aufklärungsgesprächs angesprochen, in dem nun statt des Patienten dessen Vertreter dem Arzt gegenübersitzt. Bei einem hohen Grad persönlicher Nähe, insbesondere dem Fall, dass bei intakter und liebevoller Partnerschaft der Ehegatte zum Betreuer seines einwilligungsunfähig gewordenen Ehegatten bestellt wurde, wird sich der Betreuer durch ein hohes Maß an Identifikation mit der Gedanken- und Gefühlswelt des anderen an dem Gespräch beteiligen, ähnlich als ginge es um seine eigene Behandlung. Er wird aber nicht nur die Ängste, Sorgen und Fragen in das Gespräch mit einbringen, die er sich seitens seines Ehegatten vorstellt, sondern auch die eigene Sorge um den Ehepartner. Überdies wird er auch die Beratung, die der Patient sonst mit ihm nahestehenden Personen sucht,40 gedanklich und in gleichsam vertauschten Rollen mit seinem einwilligungsunfähigen Ehepartner vollziehen. Und Vergleichbares gilt auch, soweit der Angehörige nicht als Vertreter befragt wird, sondern als dem Patienten nahestehende Person, die dem Arzt Auskunft über Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen des Patienten geben kann.41 Ist auf diese Weise noch ein dichter Anschluss an die subjektive Motivwelt des Patienten möglich, verblasst dieser Prozess umso mehr, je größer der persönliche Abstand zwischen Patient und Vertreter wird, je weniger beide also – um es mit einem Gedanken der Geschichtenphilosophie auszudrücken – mit38

§ 1901 II 1 BGB bzw. § 1627 S. 1 BGB. Zu dieser jedenfalls nach ganz überwiegender Auffassung Maßgeblichkeit des mutmaßlichen Willens vgl. für das Betreuungsrecht nur etwa MüKo-Schwab, § 1901 Rz. 10, m.w.N., nach dessen Einschätzung Wohl und Wille grundsätzlich keine Gegensätze darstellen. 40 Vgl. hierzu oben § 3 I. 41 So jedenfalls die Rechtslage de lege lata, während der Gesetzgeber mit dem 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes für die Fälle krankheitsbedingter Einwilligungsunfähigkeit die Einführung einer gesetzlichen Vertretungsmacht naher Angehöriger beabsichtigte, dies unter dem Eindruck erheblicher Vorbehalte im juristischen Schrifttum jedoch wieder fallen ließ, vgl. Gödicke, FamRZ 2003, 1894 ff.; ZRP 2004, 274 f., und hieran anschließend Chiusi, ZRP 2004, 119 ff.; Dodegge, NJW 2004, 2636; ders., FGPrax 2004, 153 ff. 39

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einander in Ich- und Wir-Geschichten verstrickt sind.42 Weitgehend vollständig bricht die subjektive Motivwelt dann ab, wenn der Patient professionell, also von einem Berufsbetreuer vertreten wird und weder Angehörige noch Freunde, Bekannte oder Nachbarn existieren. Ist also schon das innigste Vertretungsverhältnis zwischen Ehegatten nicht frei von einer gewissen Objektivierung, die sich allein aus der Notwendigkeit einer Interpretation des bisherigen Verhaltens des Patienten ergibt, nimmt das Maß an Objektivierung mit zunehmendem persönlichen Abstand zum Vertreter zu. Auf Seiten des Arztes hat dies zur Konsequenz, dass der objektive ärztliche Standpunkt als vorläufiger Maßstab für die Aufklärung sich immer weniger im Hinblick auf den betroffenen Patienten konkretisieren lässt.43 In diesem Fall kann sich die anstehende Entscheidung also tatsächlich allein am mutmaßlichen Willen eines ‚vernünftigen Patienten‘ in der Situation des konkret betroffenen Patienten orientieren, enden Aufklärung und Einwilligung also an einem Punkt, der dem rechtlichen Ideal einer von individuellem Verständnis und individuellen Wünschen geprägten Einwilligung entgegengesetzt ist. Es mag ein Trost sein, dass diese Vorgehensweise dem Willen der überwiegenden Mehrheit der Patienten tatsächlich gerecht werden dürfte.44 Es gibt allerdings auch Bereiche, in denen der Vertreter sehenden Auges diese Übereinstimmung zwischen seiner Entscheidung und dem Willen des Patienten nicht herstellen kann, weil ihm dies rechtlich verwehrt ist. Gemeint sind die Fälle sogenannter Patiententestamente oder -verfügungen, die heute immer mehr Menschen im Hinblick auf eine etwaige Einwilligungsunfähigkeit niederlegen, und die auf der Grundlage laiengerechter Ratgeber dann häufig von der

42 Der Gedanke eines in-Ich- und in-Wir-Geschichten-Verstricktseins ist bereits im Grundwerk W. Schapps zur Geschichtenphilosophie ausgesprochen, vgl. ders., In Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und Ding, S. 85 ff., und findet sich dann breiter ausgezogen als Grundlage einer Auseinandersetzung mit Welt und Weltverständnis in W. Schapp, Philosophie der Geschichten. 43 Hierzu oben § 5 II 1 und 2. 44 Zu den vielgestaltigen Fragestellungen, die das Rechtsinstitut der mutmaßlichen Einwilligung aufwirft, vgl. etwa Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 64 Rz. 11 ff.; Fischer, in FS-Deutsch, S. 545 ff.; Taupitz, NJW 1986, 2851; Rigizahn, JR 1996, 72 (73 f.); Ulsenheimer, NStZ 1996, 132; Wachsmuth-Schreiber, NJW 1981, 1985; Steffen, MedR 1983, 88 (90 f.). Speziell mit Blick auf das Zivilrecht MüKo-Wagner, § 823 Rz. 673 ff.; SoergelZeuner, § 823 BGB, Rz. 232; für das Strafrecht jüngst Kuhlen, JR 2004, 227; ders., JZ 2005, 713; Rönnau, JZ 2004, 801; Otto, Jura 2004, 679; Puppe, JT 2004, 470; Mitsch, JZ 2005, 279. Nach Gropp, ZaeFQ 1998, 536 (537), stellt die mutmaßliche Einwilligung eine Fallgruppe des Handelns (des Arztes) aufgrund eines erlaubten Risikos dar (dass der gemutmaßte vom wirklichen Willen abweicht). Einen Überblick über die Unterschiede des Rechtsinstituts in beiden Rechtsgebieten Böcker, JZ 2005, 925 ff. Sprachliche Zweifel am Begriff der mutmaßlichen Einwilligung äußert bereits Zitelmann, AcP 99 (1906), 1 (102), weil entgegen sonstigen Gepflogenheiten hiermit ein Wille bezeichnet werde, „der sicher nicht wirklich ist, sondern nur wirklich sein würde, wenn die Person Kenntnis der Verhältnisse hätte“.

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Erklärung einer sog. Vorsorgevollmacht begleitet wird.45 Hat entgegen dem so niedergelegten Willen –weil er in einer Notfallsituation nicht schriftlich dokumentiert oder sonst verfügbar war – eine medizinische Behandlung erst einmal begonnen, sind die rechtlichen Anforderungen insbesondere an einen Abbruch der Behandlung bekanntlich hoch. So hat der BGH unmissverständlich deutlich gemacht, dass der Abbruch der Behandlung an restriktive Vorgaben gebunden ist, die neben einem irreversiblen tödlicher Krankheitsverlauf und einer je nach Sachlage unmittelbaren Todesnähe auch das vom BGH entwickelte Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung umfassen.46 Dass man hierdurch in einer Vielzahl von Fällen dem Willen der Patienten nicht gerecht wird, war aus Sicht des BGH de lege lata in Kauf zu nehmen. Hier verfolgt der Gesetzgeber weiterhin das Ziel, zur Verwirklichung für das Lebensende getroffener autonomer Entscheidungen das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht zu stärken.47

2. Die Aussicht auf einen Gesundheitsvorteil bei der medizinischen Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen Führt die fehlende Einwilligungsfähigkeit mithin bereits bei der medizinischen Heilbehandlung dazu, dass sich der Rechtsgüterschutz in zunehmender Weise auf einen körperlichen Integritätsschutz nach objektiven Wertvorstellungen beschränkt, muss sich diese Folge eines Entgleitens der persönlichen Motivsphäre besonders empfindlich dort auswirken, wo der Rechtsgüterschutz einwilligungsunfähiger Personen mit wissenschaftlichen Anliegen der medizinischen Forschung konfrontiert wird. Sie hat sich daher grundsätzlich am gesundheitlichen Wohl des einwilligungsunfähigen Patienten auszurichten, muss diesem also einen Gesundheitsvorteil in Aussicht stellen, um studienbedingte Risiken rechtfertigen zu können (a). Ob hingegen auch die Teilnahme einwilligungs45 Vgl. etwa den Leitfaden von Bittler, Patientenverfügung und andere Vorsorgemöglichkeiten. So entscheiden Sie über Ihr Leben autonom, rezensiert von Gödicke, BtPrax 2004, 191 f. 46 BGH NJW 2003, 1588 (1589 f.). 47 Vgl. hierzu den vormaligen Entwurf eines 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes (BTDrs. 15/2494) sowie die am 10.6.2004 vorgestellten Überlegungen der vom Bundesjustizministerium eingesetzten Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“; hierzu Gödicke, ZRP 2004, 274 f. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Sterbehilfe im deutschen und amerikanischen Verfassungsrecht hat unlängst Kämpfer vorgelegt, Die Selbstbestimmung Sterbewilliger; zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen in jüngerer Zeit vor allem Taupitz/Weber-Hassemer, in: FS-Laufs (2006), S. 1107 ff.; Nationaler Ethikrat, Patientenverfügung. Ein Instrument zur Selbstbestimmung (Stellungnahme); Lipp, FamRZ 2004, 317 ff., und zuvor bereits ders., DRiZ 2000, 231 ff.; Milzer, NJW 2004, 2277 f.; ders., NJW 2003, 1836 ff.; vgl. auch bereits Reimann, NJW 1973, 2240 f.

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unfähiger Patienten an individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben rechtlich zulässig sein kann, wird bis heute äußerst kontrovers diskutiert, und ist vom Gesetzgeber bis heute lediglich für einen – praktisch freilich bedeutsamen – Teilbereich geklärt worden (b).

a) Die Wirksamkeit der Einwilligung bei individuell vorteilhafter Forschung Nur äußerst selten wird sich ein Patient zu Zeiten noch bestehender Einwilligungsfähigkeit dazu geäußert haben, unter welchen Umständen er bereit ist, an einem medizinischen Forschungsvorhaben teilzunehmen. Selbst Patienten, die ihre künftige Einwilligungsunfähigkeit bedenken und entsprechende Vorsorge treffen, werden diesen Punkt kaum jemals angesprochen haben, ist doch nur den wenigsten Laien überhaupt bewusst, dass vor allem die medizinische Versorgung an Universitätskliniken in vielen Fachgebieten häufig auch die Möglichkeit der Teilhabe an Projekten der medizinischen Forschung umfasst.48 Leitender Gesichtspunkt für die Teilnahme nicht einwilligungsfähiger Personen an medizinischen Forschungsvorhaben muss daher die Ausrichtung am gesundheitlichen Wohl des Patienten sein, auch wenn eine solche Teilnahme – wie bei jedem klinischen Forschungsvorhaben – zugleich einen Vorteil für den wissenschaftlichen Fortschritt in Aussicht stellt. Maßgeblich für das konkret tolerable Maß an Risiken ist dann grundsätzlich – wie auch sonst bei der klinischen Forschung – die Frage, wie kritisch der Gesundheitszustand des Patienten ist, wie erfolgversprechend eine zur Verfügung stehende Standardtherapie erscheint und welche Vorteilsaussichten demgegenüber die Studientherapie eröffnet. Je weniger Heilungschancen nach Standardtherapie bestehen, desto größere Risiken werden im Rahmen der Studientherapie akzeptabel erscheinen, und umgekehrt.49 In den wenigen Spezialgesetzen zur klinischen Forschung am Menschen kommt dieser Zusammenhang dadurch zum Ausdruck, dass die Teilnahme nicht einwilligungsfähiger Personen grundsätzlich die Aussicht auf einen Behandlungsvorteil erfordert. So enthält auch das AMG zunächst im Hinblick auf nicht einwilligungsfähige volljährige Personen zwei Regelungen, die beide eine Vorteilsaussicht für den betroffenen Patienten zur Voraussetzung für die Teilnahme an der klinischen Prüfung aufstellen. So lässt § 41 I 2 AMG die Notfallstudienbehandlung an nicht einwilligungsfähigen Patienten zu, wenn sie 48 Vgl. denn auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1295, die Statistiken anführen, wonach zwar ein substantieller Prozentsatz der Bevölkerung klinische Prüfungen für erforderlich hält, nur 12 % jedoch Arzneimittel an sich testen lassen wollen, während dies 71 % ablehnen und 17 % unentschieden sind. 49 So implizit auch Deutsch/Lippert, AMG, § 40 Rz. 8, die als Abwägungsmaßstab für die medizinische Vertretbarkeit einer Studienteilnahme die Schwere der Erkrankung und die Besserungserwartung mit einbezogen wissen wollen.

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ohne Aufschub erforderlich ist, „um das Leben der betroffenen Person zu retten, ihre Gesundheit wiederherzustellen oder ihr Leiden zu erleichtern“. Die bei einwilligungsfähigen volljährigen Patienten nun neuerdings nach § 41 I 1 Nr. 2 AMG auch bestehende Möglichkeit der Einbeziehung in individuell vorteilslose klinische Arzneimittelprüfungen gilt in diesem Spezialfall der Notfallsituation also nicht. Auch § 41 III AMG, der auf die Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Volljährigen abzielt, lässt lediglich die Forschung mit erkrankten Einwilligungsunfähigen zu und fordert hierfür zudem die Indikation der Studienteilnahme, § 41 III Nr. 1 S. 1, 1. HS. AMG. Soweit der deutsche Gesetzgeber am Ende dieser Bestimmung in § 41 III Nr. 1 S. 2, 2. Alt. BGB die Formulierung aus Art. 5 S. 2 i) der Richtlinie 2001/20/EG „oder keinerlei Risiken mit sich bringt“ aufführt, kann dies daher nicht im Sinne einer echten Alternative zur Notwendigkeit einer Vorteilsaussicht begriffen werden. Aus der dort geschaffenen Möglichkeit nationaler Zulassung fremdnützlicher Forschung bei Nichtbestehen von Risiken50 wird in der deutschen Formulierung im AMG vielmehr die bald schon selbstverständliche Erwähnung, dass eine medizinisch indizierte Teilnahme des Einwilligungsunfähigen auch dann zulässig ist, wenn sie keine Risiken mit sich bringt. Individuell vorteilslose Arzneimittelprüfungen mit einwilligungsunfähigen Volljährigen sind damit auch nach dem neuen AMG unzulässig.51 Dieser Regelung entsprechen dann auch die Bestimmungen im MPG und in der Strahlenschutzverordnung. So erfordert auch die klinische Medizinprodukteprüfung nach § 21 Nr. 1 MPG, dass die Prüfung „nach Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern“, und auch die Notfalleinbeziehung von Patienten nach § 21 Nr. 3 S. 2 MPG entspricht der den oben für das AMG dargestellten Regelung. Entsprechendes gilt auch für die Einbeziehung eines Patienten in die klinische Prüfung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung, § 88 IV 1 Nr. 2 StrlSchVO.

50

So die Interpretation von Taupitz, JZ 2003, 109 (111). So auch die Bundesregierung, BT-Drs. 15/2109 (S. 32), die ihre Auffassung zur Interpretation des Art. 5 S. 2 i) Ril. 2001/20/EG allerdings nur schwer erkennen lässt, wenn sie sich mit dieser Fassung von § 41 III AMG einerseits im Einklang mit europäischem Recht – also offenbar auch der genannten Richtlinie – sieht, andererseits aber davon spricht, dass mit dem Gesetz die in Art. 5 Ril. 2001/20/EG enthaltenen Bestimmungen „im übrigen“ umgesetzt würden. In den weiteren einschlägigen Drucksachen wird die Frage dann nicht mehr thematisiert, vgl. BT-Drs. 15/2360 (S. 15 f.); 15/2849 (S. 61); 15/3384 (S. 2). 51

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

b) Die altersbedingte Schutzbedürftigkeit des Rechtsgutträgers als gesetzliches Kriterium für die Zulässigkeit individuell vorteilsloser Forschung Bleibt die Erforschung von Krankheitsbildern einwilligungsunfähiger Patienten und ihre Behandlung angesichts dieser Spezialregelungen aber auch außerhalb ihres Anwendungsbereichs an eine je nach Dramatik der Situation auch nur noch so geringe gesundheitliche Vorteilsaussicht gebunden? Oder ist in äußerst engen Grenzen auch die Durchführung von Forschungsmaßnahmen zulässig, die dem betroffenen, nicht einwilligungsfähigen Patienten keinen Gesundheitsvorteil mehr in Aussicht stellen können? Kann das gesundheitliche Wohl des Patienten als Begründungsmoment der hier anstehenden Entscheidung also gegenüber einem Vorteil für die Wissenschaft bis zu einem bestimmten Punkt an Gewicht verlieren, an dem ein sehr geringes Maß an Risiken letztlich den Ausschlag für die Wissenschaft gibt? Die hierüber in den letzten Jahren verstärkt geführte Kontroverse ist von einem sehr heterogenen Spektrum ethischer Standpunkte geprägt, das zumal in Deutschland denn auch von vornherein einer besonderen Akzentsetzung unterliegt.52 Es soll hier nicht darauf ankommen, diese Diskussion im Einzelnen nachzuzeichnen oder den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rahmen für die Entscheidung dieser Frage näher auszuleuchten, kommt es für den hier gewählten Untersuchungsgegenstand doch nur auf die Erweiterbarkeit der persönlichen Motivsphäre des Rechtsgutträgers um altruistische Motive für die Forschung an. Durchaus deutlich gemacht werden soll aber, dass gerade angesichts dieses weitgefächerten Meinungsspektrums die Frage nach der Zulässigkeit fremdnützlicher Forschungsmaßnahmen mit nicht einwilligungsfähigen Patienten schwerlich von vornherein präjudiziert, dem Gesetzgeber also kaum jeder Ermessensspielraum genommen sein kann. 52 Als Überblick über das Aufkommen dieser Diskussion vgl. nur etwa Bork, NJW 1985, 654–659; Holzhauer, NJW 1992, 2325 ff.; Lippert, DMW 1994, 1796 ff.; ders., VersR 1997, 457 ff.; Deutsch, in: Am Beispiel Demenz und Schlaganfall, S. 43 ff.; die Beiträge bei Helmchen/Lauter, Dürfen Ärzte mit Demenzkranken forschen?; die Stellungnahme der „Zentralen Ethikkommission“ bei der Bundesärztekammer „Zum Schutz nicht-einwilligungsfähiger Personen in der medizinischen Forschung“, DÄB 1997, A-1011–A-1012; ferner Freund/Heubel, MedR 1997, 347 ff.; Elzer, Allgemeine und besondere klinische Prüfungen an Einwilligungsunfähigen; ders., MedR 1998, 122 ff.; Taupitz/Fröhlich, VersR 1997, 911 ff.; Taupitz, VersR 1998, 542 ff.; ders., in: Atypische Neuroleptika in der Jugendpsychiatrie, 1999, S. 47 ff.; ders., JZ 2003, 109 (114 ff.); Wolfslast, KritV 1998, 74 ff.; Jürgens, KritV 1998, 34 ff.; Lilie, in: Forschung am Menschen, S. 1 ff.; Höfling/Demel, MedR 1999, 540 ff.; Emmrich, SuP 1999, 275 ff.; Fröhlich, Forschung wider Willen? Rechtsprobleme biomedizinischer Forschung mit nichteinwilligungsfähigen Personen; Peter, Forschung am Menschen. Eine Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen unter besonderer Berücksichtigung einwilligungsunfähiger Patienten; Spranger, MedR 2001, 238 ff.; Köhler, NJW 2002, 853 ff.; unlängst Spickhoff, MedR 2006, 707 ff.

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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Im Arzneimittelgesetz als jüngst novelliertem Gesetz zur klinischen Forschung am Menschen hat der Gesetzgeber insoweit nun erstmals Neuland betreten. So hat er zwar die individuell vorteilslose Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen weiterhin nicht zugelassen, soweit sie gesund sind. Das gilt sowohl für (abgesehen von ihrer Einwilligungsfähigkeit) gesunde volljährige Teilnehmer, für die die §§ 40 ff. AMG keine entsprechende Regelung enthalten, wie auch für gesunde Minderjährige, bei denen das Arzneimittel gemäß § 40 IV Nr. 1 S. 1 AMG „zum Erkennen oder zum Verhüten von Krankheiten bei Minderjährigen bestimmt“ und „die Anwendung des Arzneimittels nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt“ sein muss, um bei „dem“ – also dem konkret betroffenen – Minderjährigen Krankheiten zu erkennen oder ihn vor Krankheiten zu schützen (ebenso § 20 IV Nr. 1 und 2 MPG). Anders hingegen die Regelung für individuell vorteilslose Forschung mit erkrankten nicht einwilligungsfähigen Personen. Zwar hat der Gesetzgeber solche Forschung bei volljährigen Patienten ausweislich einer fehlenden Regelung in § 41 III AMG weiterhin nicht zugelassen, folgt insoweit also seiner Haltung, die Bioethik-Konvention des Europarats mit ihren entsprechenden Inhalten nicht zu ratifizieren,53 wohl aber für Minderjährige. Bei ihnen darf die Einbeziehung in eine Arzneimittelprüfung – trotz der fehlenden Einwilligungsfähigkeit und der insoweit bestehenden Vergleichbarkeit mit einwilligungsunfähigen Erwachsenen im Sinne von § 40 III AMG – auch bei fehlender medizinischer Indikation erfolgen. So gestattet § 40 II 1 Nr. 2 AMG alternativ zu dem in § 40 II 1 Nr. 1 AMG geregelten Fall der medizinisch indizierten Studienteilnahme die Einbeziehung kranker Minderjähriger auch dann, wenn die klinische Prüfung nur „für die Gruppe der Patienten, die an der gleichen Krankheit leiden wie die betroffene Person, mit einem direkten Nutzen ver53 Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin: Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin vom 4. April 1997. Zu den Regelungen individuell vorteilsloser Forschung an Einwilligungsunfähigen vgl. dort Art. 17 II Nr. 1 und 2 i.V.m. Art. 17 I Nr. 1, 3 bis 5. Seitens der Ärzteschaft sind diese Grundsätze außerordentlich begrüßt worden, vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15 (11.4.1997), Seite A-1011 ff. Der Gesetzgeber sah sich angesichts massiver Bedenken in der Öffentlichkeit veranlasst, von einer Ratifizierung des Abkommens einstweilen Abstand zu nehmen, vgl. die Debatte nach Unterrichtung durch die Bundesregierung am 17.10.1996 – Bericht über den Verhandlungsstand des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin (früher: Bioethik-Konvention) (BT-Drucksache 13/5435), und wertete es denn auch als derzeit noch lückenhaft, vgl. Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17.10.1996 zur Unterrichtung durch die Bundesregierung – BT-Drucksache 13/5435 – Bericht über den Verhandlungsstand des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin (früher: Bioethik-Konvention) (BT-Drucksache 13/5841). Am 25.3.1998 hat der Petitionsausschuss des Bundestages dann unter Beteiligung von Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD eine Ablehnung des Übereinkommens empfohlen.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

bunden“ ist. Hinter dieser euphemistischen Formulierung, die über die definitionsbedingte Abwesenheit eines direkten Gesundheitsvorteils für andere hinweggeht,54 verbirgt sich bei Lichte betrachtet für den Spezialbereich der Forschung mit Minderjährigen die Zulassung fremdnützlicher Forschung mit einwilligungsunfähigen Personen. Beurteilt man diese gesetzliche Zulassung auf einer ganz neutralen Ebene, so hat der Gesetzgeber mit der 12. Novelle des AMG die rechtlichen Rahmenbedingungen der individuell vorteilslosen Forschung auf seine Weise interpretiert. Es bedarf in der weiteren Diskussion also überlegener Argumente, um die so geschaffenen Regelungen für verfassungswidrig zu erachten. Vorgetragen werden hierzu im Wesentlichen zwei Überlegungen. Zunächst wird eine hiermit verbundene Ungleichbehandlung von Einwilligungsunfähigen und Einwilligungsfähigen beanstandet, bei denen fremdnützliche Forschung eine persönliche Einwilligung voraussetze.55 Dieser Ansatz ist insoweit schief, als die fehlende Einwilligungsfähigkeit zwangsläufig zur Folge hat, dass rechtsverbindliche Erklärungen des Betroffenen nur in Vertretung, also nie persönlich möglich sind, und dies etwa der Durchführung einer Heilbehandlung an Einwilligungsunfähigen auch nicht entgegensteht. Die eigentliche Ungleichbehandlung verläuft hier also nicht anhand der Grenze Einwilligungsfähiger – Einwilligungsunfähiger, sondern an der Grenze minderjähriger Einwilligungsunfähiger – volljähriger Einwilligungsunfähiger bzw. Heilbehandlung – Forschung. Das zeigt aber, dass sich die Frage der Notwendigkeit einer höchstpersönlichen Einwilligungserklärung nicht allein mit der Tatsache fehlender Einwilligungsfähigkeit begründen lässt, sondern nur mit der bei fremdnützlicher Forschung fehlenden gesundheitlichen Vorteilsaussicht, die der Gesetzgeber bei volljährigen Einwilligungsunfähigen für nicht ausreichend erachtet (§ 41 III AMG), bei Minderjährigen hingegen schon (§ 41 II 1 Nr. 2 AMG). Das eigentliche Sachargument läuft damit aber nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zu, sondern auf die These, dass fremdnützliche Forschung mangels individueller Vorteilsaussicht Aspekte der Motivsphäre des Rechtsgutträgers berührt, die von einem solch höchstpersönlichen Charakter sind, dass hier – anders als bei der ärztlichen Heilbehandlung – nur der Rechtsgutträger selbst über deren Gewichtung entscheiden kann. Angesichts der in § 41 II 1 Nr. 2 AMG für Minderjährige geschaffenen Regelung fremdnützlicher Forschung beinhaltet diese These also die Prämisse, dass die Zulassung einer Vertreterentscheidung zur Einbeziehung in fremdnützliche Forschung entweder unverhältnismäßig in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 I 1 GG eingreift oder dem Schutz der Menschenwürde gemäß Art. 1 I GG zuwiderläuft.56 54

Zu dieser mindestens unpräzisen Diktion bereits oben § 6 I 2 a). Picker, JZ 2000, 693 (699 ff.); dagegen Wunder, JZ 2001, 344. 56 So in der Tat der Standpunkt von Höfling/Demel, MedR 1999, 540 (546). Hiergegen Taupitz, JZ 2003, 109 (115 ff.). 55

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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Dieses Ergebnis dürfte nun aber angesichts der in beiden Fällen gebotenen Güter- und Interessenabwägung keineswegs von vornherein feststehen. Das gilt umso mehr, wenn man das Erfordernis eines minimalen Risikos und einer minimalen Belastung in Erwägung zieht, wie es für derartige Forschungsvorhaben in § 41 II 1 Nr. 2 d) AMG normiert ist. Noch weiter entfernt sich ein sicherer Ergebnishorizont für diese Abwägung dann, wenn man einmal den tatsächlichen Hintergrund der hier legalisierten Forschung betrachtet. Soll man ernsthaft davon ausgehen, dass sich derjenige, der sich in der juristischen Fachdiskussion für eine eng gezogene Verhältnismäßigkeitsgrenze und einen weit gefassten Menschenwürdebegriff ausspricht, diesen Standpunkt auch dann noch vertritt, wenn er am Behandlungsbett seines akut und lebensbedrohlich erkrankten Kindes sitzt? Gebietet die Menschenwürde hier tatsächlich, Maßnahmen zu unterlassen, die für das erkrankte Kind nur mit einem minimalen Risiko und einer minimalen Belastung verbunden sind, voraussichtlich aber zu einem Fortschritt in der künftigen Therapie dieses Krankheitsbildes beitragen, der sich ohne die Einbeziehung solcher Patienten nicht erzielen lässt? Stellen die Eltern, wenn sie in die Entnahme z.B. von 10ml Blut aus einem ohnehin gelegten Katheter einwilligen, tatsächlich die Subjektqualität ihres Kindes in Frage oder erweist sich diese Einwilligung auch nur als unverhältnismäßige Beschränkung des kindlichen Persönlichkeitsrechts? Soll die Tatsache, dass diese Blutentnahme streng genommen nicht zum Wohl des Kindes gereicht (§ 1627 S. 1 BGB), sondern nur dem Fortschritt künftiger Behandlung dient, aus dem Hilfewillen der Eltern für andere Kinder wirklich einen Missbrauch des elterlichen Sorgerechts machen? Diese Fragen sind zweifellos emotional formuliert. Ist es aber unzulässig, diese Emotionen zu wecken, wenn doch schon die tatsächliche Situation, die hier der rechtlichen Beurteilung harrt, von hoher emotionaler Zerrissenheit geprägt ist? Im Grunde kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass in der rechtlichen Diskussion Standpunkte leichter an Boden gewinnen, die sich an einem sehr formalen Verständnis von Dogmatik und am bisherigen Gefüge gesetzlicher und rechtswissenschaftlicher Hilfsnormen orientieren. Dann kann man aber bald schon umgekehrt nur eine stärkere Berücksichtigung emotionaler Entscheidungsgesichtspunkte fordern, hinter denen sich letztlich ja nichts anderes als ethische Wertvorstellungen verbergen, die das Recht nur aufgreifen kann und gerade in solchen Bereichen nicht einseitig betonen darf.57 Wer etwa auf einem Verstoß gegen die Menschenwürde und demzufolge einer restriktiven Auslegung des Gesetzes besteht, führt auf seine Weise ja ebenfalls emotionale Gesichtspunkte ein, blendet eben nur die mit der heutigen Forschung 57 Zu dieser Akzentuierung des Verhältnisses von Ethik und Recht als ein die Zeiten überdauerndes anthropologisches Kontinuum menschlicher Gesellschaft und Rechtskultur Schapp, Freiheit, Moral und Recht.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

wohlgemeinten Gesichtspunkte weitgehend aus und befrachtet die Auslegung mit einem tendenziell gar nicht weiter hinterfragten Gefahrenbewusstsein. Wer selbst keine Anschauung von der medizinischen Forschung hat, wem die Nöte der modernen Medizin beispielsweise in der Notfall- und Intensivmedizin, in der Erwachsenen- und Kinderonkologie nicht vor Augen stehen, stellt seine rechtlichen Überlegungen zudem aber auch auf einer Grundlage an, die der ethischen Substanz der jeweiligen Situation kaum noch Rechnung trägt. Damit sollen formal-rechtliche Argumente selbstverständlich nicht für obsolet erklärt werden. Ganz entscheidend muss aber sein, beide Seiten angemessen zu würdigen. Was etwa die Gefahr eines Missbrauchs betrifft, so hat die Praxis längst Standards entwickelt, die den Schutz nicht einwilligungsfähiger Patienten über das gesetzliche Maß hinaus bezwecken. So empfiehlt der Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland seinen Mitgliedern seit langem, bei der Einbeziehung einwilligungsunfähiger Notfallpatienten in klinische Arzneimittelprüfungen dem Vorschlag einer deutschen Ethik-Kommission zu folgen,58 das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Notfallstudienbehandlung, soweit zeitlich noch möglich, durch einen unabhängigen Arzt überprüfen und dokumentieren zu lassen. Und tatsächlich macht denn mittlerweile auch die Mehrzahl der deutschen Ethik-Kommissionen diese Vorgehensweise zur Auflage bei entsprechenden Forschungsvorhaben, soweit die pharmazeutischen Unternehmen, wie vielfach geschehen, nicht bereits von sich aus dazu übergegangen sind, die Verwendung des empfohlenen Konsiliararzt-Formulars im Studienprotokoll vorzusehen. Mögen die geschilderten Gedanken in diesem Rahmen auch nur das denkbare Feld abstecken, auf dem weitere verfassungsrechtliche Überlegungen anzustellen sind, zeigen sie doch, dass sich von einem eindeutig festgelegten verfassungsrechtlichen Rahmen in dieser Frage jedenfalls nicht ernsthaft sprechen lässt. Vielmehr kann gegenwärtig nur von einem verfassungsrechtlichen Graubereich gesprochen werden, und es erscheint dabei keineswegs fernliegend, dass sich selbst im Fall einer höchstrichterlichen Entscheidung ein Standpunkt durchsetzt, der fremdnützliche Forschung – jenseits der spezialgesetzlich geregelten Bereiche – jedenfalls dann für zulässig erachtet, wenn die Zulassung solcher Forschung wie im Fall des § 41 II Nr. 2 AMG nur mit minimalen Risiken für den Betroffenen einhergehen darf. Ist fremdnützliche Forschung an einwilligungsunfähigen Personen somit nach der hier vertretenen Überzeugung nicht per se unzulässig, sondern nur an äußerst enge Grenzen gebunden, bedeutet dies umgekehrt freilich nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, hierzu einen Standpunkt für das gesamte, ohnehin nur fragmentarisch geregelte Medizinrecht einzunehmen. Insbesondere steht ihm auch frei, ob er fremdnützliche Forschung nur an einem bestimm58

Vorgestellt durch Habermann/Lasch/Gödicke, NJW 2000, 3389 ff.

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses

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ten Ausschnitt der Personengruppe Einwilligungsunfähiger zulässt, also etwa im AMG nur an Minderjährigen, weil die Arzneimittelentwicklung für Kinder seit jeher – freilich gerade aufgrund des bisherigen Rechtszustands – als unzureichend empfunden wird.59 Da es hier um die Absenkung eines Schutzniveaus konkret betroffener Patienten im Interesse künftiger Behandlungsfortschritte geht, steht dem Gesetzgeber also anheim, in welchen Bereichen er eine Absenkung des Schutzniveaus aus wohlüberlegten Gründen für angezeigt hält und in welchen nicht. Auch wenn es im Interesse eines Erkenntnis- und Behandlungsfortschritts bei vielen Krankheiten durchaus wünschenswert gewesen wäre, klinische Arzneimittelprüfungen unter denselben restriktiven Voraussetzungen wie bei minderjährigen auch an volljährigen Einwilligungsunfähigen zuzulassen, ist die insoweit getroffene Entscheidung des Gesetzgebers auf dem Sektor der Arzneimittelforschung also abschließend. Dieser sektoriale Charakter der Regelung bedeutet gleichzeitig aber auch, dass die für die Arzneimittelprüfung aufgestellten Regelungen nicht verallgemeinerungsfähig sind. Die in § 41 II 1 Nr. 2 und III AMG vorgenommene Differenzierung ist also kein bindender Unterscheidungsmaßstab, der jegliche fremdnützliche Forschung an einwilligungsunfähigen Volljährigen notwendig für unzulässig erklärt. In den nicht spezialgesetzlich geregelten Bereichen hat der Gesetzgeber die Praxis der medizinischen Forschung vielmehr weiterhin in dem Dilemma eines rechtlichen Graubereichs gelassen, auch wenn er mit der Regelung des § 41 II 1 Nr. 2 AMG zumindest zu erkennen gegeben hat, dass er fremdnützliche Forschung an Einwilligungsunfähigen nicht generell für unzulässig erachtet. Für die Frage der Zulässigkeit klinischer Forschung außerhalb der spezialgesetzlich geregelten Sachbereiche stellt sich also weiterhin die Frage, welcher Auslegungsmaßstab für die gesetzlichen Vertretungsregeln anzulegen ist, ob das Wohl des Einwilligungsunfähigen also auch bei minimalem Risiko stets nur durch eine Entscheidung gegen die Unterstützung des Forschungsvorhabens gewahrt wird. Insoweit bleibt die bislang geführte Kontroverse weiterhin aktuell. Die Objektivierung der Motivsphäre erweist sich damit hier als ein de lege ferenda nicht abgeschlossener und noch vielschichtigerer Prozess, als dies oben zunächst für die Heilbehandlung nicht einwilligungsfähiger Patienten skizziert wurde. Die Frage nach dem mutmaßlichen Willen, die auch für die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters als Richtschnur maßgeblich ist,60 ist dort eine unausweichliche Vereinfachung, wobei das Recht den mutmaßlichen Willen allein am gesundheitlichen Wohl des Patienten ausrichtet, seine Motivsphäre also allein auf seine Gesundheitsinteressen reduziert. Praktisch wird hier regelmäßig eine Gleichsetzung mit der Motivsphäre ärztlicher Fürsorge erfolgen, was am 59 60

Vgl. nicht zuletzt die Erwägungen in Ril. 2001/20/EG, Präambel III 7. Näher oben, § 6 II 1.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

deutlichsten in Regelungen wie § 41 I 2 AMG ausgesprochen wird. Dabei kann allerdings gar nicht überschätzt werden, wie bedeutsam es ist, dass bereits diese Gleichsetzung beider Motivsphären eine rechtlich verbindliche Wertentscheidung beinhaltet, wonach die Maßstäbe ärztlicher Fürsorge bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte für die persönliche Motivsphäre als im Zweifel vom Einzelnen gewollt zu begreifen sind. Der tragende Grund für diese Gleichsetzung liegt im Sicherheitsinteresse des Patienten, das als gesellschaftlicher Konsens kaum ernsthafter Kritik unterliegt.61 Die Frage, auf welcher Grundlage eine Objektivierung der Motivsphäre nicht einwilligungsfähiger Personen erfolgen darf, ist für die individuell vorteilslose Forschung also deshalb weitaus schwerer zu beantworten, weil sie sich mangels Indikation gerade nicht auf das Sicherheitsinteresse der betroffenen Person stützen kann. Soweit der Gesetzgeber derartige Forschung wie in § 41 II 1 Nr. 2 AMG für zulässig erklärt, erklärt er also die Anreicherung der objektiv maßgeblichen Motivsphäre um Gesichtspunkte des wissenschaftlichen Altruismus für zulässig. Wenn der Gesetzgeber hier vom ‚besonderen Schutzbedürfnis‘ minderjähriger Patienten spricht,62 zielt dies bei Lichte betrachtet auf die Vitalität und offene Lebensperspektive von Minderjährigen ab, auf die Tatsache eines für Minderjährige vergleichsweise wenig gesicherten Erkenntnisstands der klinischen Pharmakologie und auf die Praxis einer Arzneimittelversorgung von Minderjährigen mit in der Dosis heruntergerechneten Präparaten für Erwachsene ohne vorliegende evidenzgebende klinische Studien. Hier schien dem Gesetzgeber also eine Konsensgrundlage zu bestehen, die nunmehr auch zur Verpflichtung geführt hat, mit Wirkung ab dem 26. Juli 2008 für jedes neu zuzulassende Arzneimittel ein pädiatrisches Prüfkonzept bei Einreichung der Zulassungsunterlagen vorzulegen,63 und die zwar nicht an das Sicherheitsinteresse erkrankter Personen heranreicht, aber doch gefestigter ist als ein Konsens über die Notwendigkeit medizinischen Fortschritts bei der Behandlung einwilligungsunfähiger Erwachsener – auch ein Stichwort wie Demenzkrankheiten genügen mag, um dies in Frage zu stellen. 64 Gleichwohl hat der Gesetzgeber mit § 41 II 1 Nr. 2 AMG nun erstmals die Aussage verbunden, dass in den von ihm gezogenen Grenzen für die Objektivierung der persönlichen Motivsphäre auch Motive für die Entscheidung herangezogen werden dürfen, die über das bloße Wohl des betroffenen Minderjährigen hinausgehen. Das hat zur 61 Für die Ausrichtung der ärztlichen Heilbehandlung an einem mutmaßlichen Willen, der unter Berücksichtigung der jeweils einschlägigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu ermitteln ist, vgl. nur etwa Hoppe, NJW 1998, 782 (784). 62 So insbesondere Ril. 2001/20/EG Präambel III, und hierauf zurückgreifend auch der deutsche Gesetzgeber, vgl. BT-Drs. 15/2109 (S. 31 f.). 63 VO 1901/06 vom 12.12.2006 über Kinderarzneimittel. 64 Entsprechend denn auch die politische Akzentuierung in Ril. 2001/20/EG, wenn man dort die Bestimmungen der Präambel in ihren Absätzen III und IV vergleicht.

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Konsequenz, dass jedenfalls die von Sorgeberechtigten im Rahmen von § 41 II 1 Nr. 2 i.V.m. IV Nr. 3 AMG getroffenen Entscheidungen zwingend nicht mehr als Missbrauch des Sorgerechts im Sinne von § 1627 S. 1 BGB begriffen werden dürfen. Damit steigen aber zugleich die argumentativen Anforderungen, weshalb nach § 1627 S. 1 BGB oder auch nach § 1901 II BGB ergehende Entscheidungen außerhalb dieser Spezialregelung selbst bei schweren Krankheitsbildern und minimalem Teilnehmer-Risiko zwingend unwirksam sein sollen.

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§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin Die bisherigen Ausführungen haben deutlich gemacht, dass der Prozess der Aufklärung und Einwilligung des Patienten in einem ambivalenten Verhältnis von Abstraktion und Einzelfallbezug steht. Einerseits – so die materiellrechtliche Anforderung – soll die Aufklärung in Inhalt, Umfang und Art und Weise dem im Einzelfall gebotenen Ausmaß entsprechen, wobei dem Arzt nur hinsichtlich der Art und Weise der Aufklärung ein gewisser Spielraum zusteht, während Inhalt und Umfang der Aufklärung zwar von einer objektivierten ärztlichen Einschätzung ausgehen, dann aber durch das subjektive Aufklärungsbedürfnis des Patienten konkretisiert werden müssen. Andererseits – so die Perspektive auf den Gesprächsablauf – lässt sich die rechtlich angestrebte Konkretisierung nur durch eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient erzielen, die – wie bei jeder Form von Kommunikation – auf beiden Seiten Abstraktionen erforderlich macht, die sich nur in begrenztem Maße und nur bei äußerst wachsamen Gesprächspartnern reduzieren lässt, und die dann auch Grenzen auf beiden Seiten unterliegt, nämlich in der weitgehend ausbleibenden Thematisierung höchstpersönlicher Entscheidungsmotive durch den Patienten und höchst diffiziler medizinisch-wissenschaftlicher Zusammenhänge durch den Arzt.1 Akzeptiert man deshalb aber, dass Abstraktionen in tatsächlicher Hinsicht unausweichlich sind, so müssen die entsprechenden rechtlichen Regelungen diese Tatsache angemessen zugrundelegen. Wer ein – egal auf welchem Informationsniveau angesiedeltes – wirkliches Verständnis des Rechtsgutträgers fordert, verfolgt ein Ideal, das sich auf beiden Seiten nicht in reiner Form realisieren lässt. Haften Abstraktionen somit aber bereits dem mündlichen Aufklärungsprozess an und stellt ein Formular seinerseits nichts anderes als eine Abstraktion dar, kann der Formulargebrauch nicht von vornherein unzulässig oder dem Rang der in der Medizin betroffenen Rechtsgüter unangemessen sein. 2 Sucht man – wie dies nachfolgend im Dritten der Teil der Untersuchung 1 2

Hierzu näher oben § 3 I. Wenig überzeugend denn auch die Überlegung, dass die Einwilligung bei Aushändi-

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

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geschehen soll – nach rechtlichen Kontrollmaßstäben für die Abgabe, Wirksamkeit und äußere Gestaltung medizinischer Formularerklärungen, erfordert dies vielmehr noch eine genauere Betrachtung der spezifischen Gefahren, die von der Formularverwendung ausgehen. Da das Charakteristikum von Formularen in ihrer Abstraktion liegt, also in einer Vereinheitlichung vieler unterschiedlicher Situationen durch Reduzierung auf einen kleinsten gemeinsamen medizinischen Nenner,3 ist entsprechend der bereits für die mündliche Aufklärung zugrunde gelegten Unterscheidung daher zunächst danach zu fragen, inwieweit und aus welchen Gründen genau Formulare tatsächlich ungeeignet sind, die subjektive Rechtsgutgefährdung und das subjektive Verständnisbedürfnis des Patienten hinreichend zu berücksichtigen (I.). In rechtlicher Hinsicht bemüht sich die medizinrechtliche Dogmatik, geleitet durch die Rechtsprechung des BGH, den Gefahren des Formulargebrauchs dadurch zu begegnen, dass sie in teilweise geradezu emphatischer Weise am vertrauensvollen Gespräch zwischen Arzt und Patient als entscheidendem Aufklärungsgeschehen materiellrechtlich festhält und dem Gebrauch von Formularen nur eine prozessuale Bedeutung für die Beweisaufnahme zugesteht. Das ist in zweierlei Hinsicht unbefriedigend. Zum einen erweist sich der Beweiswert der Formularerklärung bei näherer Betrachtung als weitaus bedeutsamer, als es der Verweis auf eine bloß prozessuale Bedeutung suggeriert; nicht selten bestimmt das unterzeichnete Schriftstück entscheidend den Ausgang des Prozesses (II.). Zum anderen fehlt es dann aber auch weitgehend an Kontrollmaßstäben für jene Fälle, in denen die Rechtsprechung – freilich nur in eng umrissenen und kontrovers diskutierten Konstellationen, etwa für Schutzimpfungen und Blutspenden – zu erkennen gibt, eine weitgehende Verlagerung des Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens auf Formulare ausnahmsweise auch materiellrechtlich zu billigen. Denn hier beschränkt sich die tragende Begründung darauf, die Intensität der Rechtsgutgefährdung und den subjektiven Verständnisbedarf – vorwiegend objektiv beurteilt – sehr niedrig einzustufen. Die Kontrolle derartiger Schriftstücke beschränkt sich also vorwiegend auf eine Bewergung eines Aufklärungsformulars durch nichtärztliches Personal an einem Aufklärungsmangel leiden könne, vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 316. Der entscheidende Kommunikationsakt ist hier ja nicht die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an dem Papier, sondern die Abfassung des an den Patienten gerichteten Textes, der üblicherweise von Ärzten erstellt wurde. Entscheidend kann damit aber weniger sein, wer das Papier aushändigt, als vielmehr, ob im Rahmen der Aufklärung überhaupt ein Aufklärungsformular – egal, durch wen – ausgehändigt werden darf. 3 Vgl. Laufs/Kern, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50, wonach Formulare vielfach Ungleiches gleich behandelten und die mannigfachen Möglichkeiten oft nicht abschließend kasuistisch fassen könnten, zumal der Arzt auch äußerst seltene Risiken offenbaren müsse; statt verbesserter Information drohe daher Verschlechterung infolge Nichtunterrichtung durch Überinformation. Vgl. hierzu auch Lepa, in: FS-Geiß, S. 449 (453).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

tung des Inhalts, ohne die äußere Erscheinungsweise des Formulars als dann aber entscheidendem Informationsträger und damit Kommunikationsmittel zwischen Arzt und Patient eingehender zu thematisieren (III). Das Problem der bisherigen Rechtsentwicklung liegt damit im Kern darin, dass mit dem Rechtsinstitut der informierten Einwilligung zwar materiellrechtlich eine Absage an die Risikoerklärung der Rechtsgeschäftslehre erteilt wird, die Einwilligungserklärung im Prozess aber ähnlich einer Risikoerklärung behandelt wird, wenn dem Patienten unterzeichnete Erklärungsinhalte in der Beweisaufnahme – wenn auch „nur“ als Indiz – sehr wohl zugerechnet werden. Und noch sehr viel näher steht die Einwilligungserklärung einer Risikoerklärung, wenn es nach der jüngeren Rechtsprechung in wenigen Ausnahmekonstellationen auf eine Überprüfung des konkreten Verständnisses durch den Arzt materiellrechtlich nicht mehr ankommt, weil der Patient Fragebedarf anzumelden hat. Das bedeutet nicht, dass diese Rechtsentwicklung verfehlt wäre. Sie erscheint aber unzulänglich, soweit sie der von Formularen ausgehenden Gefahr, als Informationsmedium für den Patienten zu versagen, lediglich durch Herabstufung auf eine prozessuale Bedeutung und Ausnahmefallgruppen entgegentritt und das Problem damit mehr beiseite schiebt, als ihm durch geeignete Kontrollmaßstäbe zu begegnen.

I. Die Vereinheitlichung von Gesundheitsrisiko und Verständnisvermögen im Aufklärungsformular Die mit dem Gebrauch von Formularen einhergehende Vereinheitlichung von Situationen läuft dem Gebot einer nur nach konkret gebotener Aufklärung wirksamen Einwilligung tendenziell entgegen. Entsprechend muss der Gebrauch von Formularen umso problematischer sein, je größere Besonderheiten die Situation aufweist, in der der Rechtsgutträger mit der Frage einer Preisgabe seiner Rechtsgüter konfrontiert ist. Je weiter sich diese Besonderheiten nivellieren, desto weniger zweifelhaft erscheint hingegen auch der Gebrauch von Formularen. Ebenso wie im mündlichen Aufklärungsgespräch stellt sich also auch bei Formularen das Problem einer Situationsvereinheitlichung in zweierlei Richtung,4 nämlich zum einen im Hinblick auf die Rechtsgutgefährdung (1.) und zum anderen im Hinblick auf das Verständnisvermögen (2.).

4

Vgl. bereits oben § 3 II 2.

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

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1. Zur Standardisierbarkeit medizinischer Risikoeinschätzungen Betrachtet man zunächst die Situation erkrankter Personen, so hängt die Möglichkeit einer Vereinheitlichung nun allerdings weniger von der Intensität der dem Patienten drohenden Gefahren ab, als von der Komplexität der mit dem Krankheitsbild einhergehenden Varianten und dem Grad an medizinisch-wissenschaftlichem Konsens über die bestmögliche Therapieform.5 Soweit Aufklärungsformulare in der Rechtsprechung inhaltlich gewürdigt werden, stellt die Frage der für das betroffene Krankheitsbild medizinisch hinlänglich erscheinenden Information denn auch den Kernpunkt der Überlegungen dar.6 So ist etwa denkbar, dass eine in ihrer Gesundheitsbedrohung zunächst längst nicht vital erscheinende Erkrankung, wie etwa der Rheumatismus, so unterschiedliche Verläufe nehmen kann, die mit ihr einhergehenden Belastungen so unterschiedliche Auswirkungen haben können und so unterschiedliche Therapieoptionen in Betracht kommen, dass sich die Frage ihrer Risikoeinschätzung einer einheitlichen Sichtweise weitgehend entzieht. Umgekehrt ist aber auch denkbar, dass selbst eine akute vitale Gesundheitskrise in ihrem Ablauf so feststeht und nach Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft nur auf eine einzige Weise behandelt werden kann, dass sich jede Diskussion über abweichende Therapiemöglichkeiten, da nach derzeit gesicherten Erfahrungen sinnlos, aus ärztlicher Sicht verbietet. Man denke etwa an eine durch einen definierten Erreger ausgelöste Infektionskrankheit, für deren Behandlung sich die Therapieoptionen auf ein gezieltes Antibiotikum beschränken, und die, wie etwa bei der Syphilis 5

Auf das Gewicht des Risikos hebt hingegen MüKo-Wagner ab, § 823 Rz. 724. So hat etwa das OLG Düsseldorf einen unter der Überschrift „Welche Komplikationen können auftreten?“ abgedruckten Hinweis unter anderem auf die Verletzung von Blutgefäßen, kleinere Nachblutungen und Gelenkergüsse bis hin zu Gelenkinfektionen als ausreichende Erläuterung eines im Allgemeinen als nicht schwerwiegend anzusehenden Risikos der Hämatombildung infolge einer Arthroskopie des Kniegelenks erachtet, vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 88 (89). Umgekehrt hält es das OLG Zweibrücken für unzureichend, wenn ein Blutspender lediglich über das Risiko der „Schädigung eines Nervs“ aufgeklärt wird; damit werde dem Spender das (im konkreten Fall verwirklichte) Risiko nicht hinreichend vor Augen geführt, dass die Einführung der Punktionskanüle zu einem Durchstechen der Vene führen und dies eine mechanische Traumatisierung des nervus cutaneus antibracchii medialis zur Folge haben könne, vgl. OLG Zweibrücken, NJW 2005, 74 (75), und nachfolgend BGH MedR 2006, 588 ff., mit Anmerkung Gödicke, MedR 2006, 568 ff. Als Risikoverharmlosung wurde dann eine Formularaufklärung zu den Risiken einer Oberschenkelfettabsaugung in dem vom OLG Düsseldorf, zu entscheidenden Fall NJWE-VHR 1998, 209 (210), eingeschätzt, in der die Komplikation einer Wundheilungsstörung als „sehr selten geworden“ bezeichnet und der Hinweis gegeben wurde, dass man heute „mehr als in früherer Zeit dagegen tun“ könne. Ähnlich zu einer defizitären Aufklärung über das Misserfolgsrisiko einer nichtdringlichen Eröffnung des Hüftgelenks OLG Oldenburg, NJW 1997, 1642, oder schließlich zu der für eine Risikoeinwilligung gänzlich unzureichend befundenen Formulierung „Wir wissen, daß die Möglichkeit von Komplikationen besteht“ OLG Schleswig, NJW-RR 1995, 348 (349). 6

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oder Tuberkulose, einen geradezu sturen Verlauf nimmt. Oder man denke, für akutere Krankheitsbilder, an die Therapie eines schweren allergischen Schocks, für den die sofortige Gabe von Adrenalin und die langfristige Gabe von Glucocorticoiden und Antihistaminika nach medizinisch-wissenschaftlicher Einschätzung heute noch die einzige Therapie der Wahl ist. So umständlich der Variationenreichtum das eine Mal wirken und so tragisch das Fehlen von Wahlmöglichkeiten in Fällen der zuletzt genannten Art sein mag – nur der zuletzt geschilderte Fall ist einer einheitlichen Sichtweise auf das Gesundheitsrisiko zugänglich, da der Facettenreichtum im ersten Fall keine einheitliche Beschreibung des (wenn auch geringen) Gesundheitsrisikos zulässt. Entsprechende Überlegungen gelten dann auch für die klinische Forschung mit Patienten. Diese Forschung steht immer im Kontext der Heilbehandlung7 und kann damit im Prinzip ebenso facettenreiche wie facettenarme Therapieabläufe umfassen. Sicherlich ist die mit dem klinischen Forschungsvorhaben einhergehende Studientherapie numerisch betrachtet stets die zweite Therapiemöglichkeit, und dies auch dann, wenn gar keine Standardbehandlung zur Verfügung steht, weil sie schlicht eine bislang noch nicht bekannte Hypothese aufstellt. Daraus kann aber nicht folgen, dass sich die bei klinischen Forschungsvorhaben vorzunehmende Risikoeinschätzung von vornherein nicht standardisieren ließe. Denn dass dem Patienten hier die Wahl zwischen zwei Therapieformen eröffnet und damit an die Aufklärung des Patienten die Anforderung gestellt wird, beide Therapieformen angemessen gegenüberzustellen, berührt nicht die Frage der für die jeweilige Therapie vorzunehmenden Risikoeinschätzung, sondern die Frage der Verständlichkeit einer solchen Aufklärung, die hier erst im zweiten Schritt betrachtet werden soll.8 Entscheidend muss hier vielmehr zunächst, ebenso wie bei der Heilbehandlung, allein die Frage sein, ob anzunehmen ist, dass die Studientherapie in vielen sehr individuell vom Patienten abhängigen Facetten verlaufen wird, oder ob die Studientherapie lediglich darauf geprüft wird, ob sie mit dem einen allein denkbaren Therapieverlauf den erhofften Erfolg tatsächlich bietet oder nicht. Denkt man etwa an die klinische Erforschung maligner hämatologischer Erkrankungen bei Kindern, so macht es einen erheblichen Unterschied, ob die spezifische Wirkung eines Arzneimittels auf die Behandlung eines genau definierten malignen Lymphoms geprüft werden soll oder die breitere Wirkung des Arzneimittels auf mehrere Subtypen der unter dem Oberbegriff der lymphatischen Leukämie zusammengefassten Krankheitsbilder. Auch bei der klinischen Forschung am Menschen ist die Möglichkeit einer Vereinheitlichung der gesundheitlichen Risikoeinschätzung also weniger vom Grad der dem Patienten drohenden Gefahren abhängig, als vom Facettenreich7 8

Näher oben § 6 I 2. Hierzu sogleich nachfolgend § 7 I 2.

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tum der denkbaren Therapieverläufe in Abhängigkeit von der Konstitution des Patienten.9 In entsprechender Weise trifft der Gedanke dann aber auch auf medizinische Maßnahmen zu, die gar nicht an erkrankten Personen, sondern an Gesunden durchgeführt werden. Angesichts der fehlenden medizinischen Indikation dürfen Maßnahmen an Gesunden regelmäßig mit weitaus geringeren Risiken behaftet sein, da für die Eingehung höherer mit der Maßnahme verbundener Risiken kein Gesundheitsvorteil im Sinne einer Heilung oder Besserung in die Waagschale geworfen werden kann.10 Entsprechend beschränkt sich die Risikoeinschätzung hier auch von vornherein auf diesen reduzierten Bereich hinnehmbarer Risiken. Gemeint ist damit zum einen im Unterschied zur klinischen Forschung an Patienten die klinische Forschung an Probanden, also an gesunden Prüfungsteilnehmern; bei der Entwicklung von Arzneimitteln berührt dies also insbesondere die sogenannte Phase I-Prüfung, also die Prüfung des neuen Wirkstoffs auf Resorption, Pharmakodynamik und Verträglichkeit im gesunden Organismus. Gemeint ist aber auch die Vielzahl von Probandenstudien in der medizinischen Grundlagenforschung, die mit der Entnahme geringer Blutmengen einhergehen, mit der Belastung des Körpers oder schließlich, etwa bei epidemiologischen Forschungsvorhaben der Psychiatrie oder der Umweltmedizin, mit der bloßen Befragung des Teilnehmers. Je weniger Risiken zu erwarten sind, vor allem aber je weniger facettenreiche Risiken dem Probanden hier drohen, desto eher lässt sich die Risikoeinschätzung standardisieren. Entsprechendes gilt dann auch für andere ihrem Charakter nach altruistische medizinische Maßnahmen wie etwa das Spenden von Blut. Auch hier ist das Spektrum der denkbaren Risiken von vornherein weitaus eingegrenzter als bei der Behandlung der meisten schweren Krankheitsbilder. Auf dieser Linie dürfte sich auch noch die Teilnahme an einer Schutzimpfung einreihen lassen, die der Teilnehmer regelmäßig nicht aufgrund eines akuten Gesundheitsrisikos erhält, sondern mit der er lediglich ein abstraktes Gesundheitsrisiko prophylaktisch minimieren möchte. Auch hier lässt sich aufgrund der breiten Erfahrungen, die für diese medizinische Maßnahme gewonnen wurden, das Spektrum denkbarer Risiken weitgehend reduzieren und ist damit tendenziell einer Vereinheitlichung eher zugänglich.

9

Vgl. zum Folgenden auch bereits oben § 6 I 2 a). Von diesem Grundsatz gibt es freilich Ausnahmen. So erfolgt auch die kosmetische Operation in den meisten Fällen ohne medizinische oder auch nur psychologische Indikation, ist aber nicht selten mit beträchtlichen Risiken verbunden. Für die Standardisierbarkeit der Risikoeinschätzung gelten dann die für den potenziellen Facettenreichtum medizinischer Heilbehandlungen dargestellten Überlegungen. 10

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2. Zur Standardisierbarkeit menschlichen Verstehens Zeigt sich damit auch, dass die gesundheitliche Risikoeinschätzung weniger abhängig ist von der Schwere, als vor allem von der Varianz der Risiken und der Komplexität von Krankheitsverlauf und Therapieoptionen, stellt sich nun sehr viel eindringlicher die Frage, in welcher Weise das persönliche Verstehen einer Vereinheitlichung zugänglich sein soll. Wenn Ausgangspunkt des Modells einer informierten Einwilligung doch gerade die Überlegung ist, dass es nicht auf den Verständnishorizont eines Dritten in der Situation des Patienten ankommt, also auf den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstab der §§ 133, 157 BGB – muss sich dann nicht jede Abkehr vom individuellen Verständnishorizont per se verbieten? In der Tat fehlt es nicht an Stellungnahmen der medizinrechtlichen Literatur, die einem solchen apodiktischen Standpunkt nahe zu stehen scheinen. Der mit dem persönlichen Gespräch notwendig einhergehende Prozess einer Abstrahierung wird dabei freilich meist schon gar nicht oder doch nicht näher thematisiert.11 Wenn auch jedes Aufklärungsgespräch seinen Ausgangspunkt notwendig auf einer vom Arzt durchschnittlich niedrig angenommenen Verstehenssphäre nimmt,12 so ist zunächst einmal die Art und Weise des Formulargebrauchs von großer Bedeutung. Beginnt der Arzt sein Aufklärungsgespräch auf einem vergleichsweise standardisierten Verständnisniveau, kann auch der Einsatz von Formularen solange nicht illegitim sein, als dies im Ausgangspunkt, praktisch also im Vorfeld eines Aufklärungsgesprächs geschieht. Problematisch wird der Gebrauch von Formularen also erst dort, wo das Gespräch sich zunehmend auf das Verständnis des Patienten hin konkretisiert. Auch hier muss man sich dann allerdings des entscheidenden Unterschieds zwischen einer Vereinheitlichung der Risikoeinschätzung und einer Vereinheitlichung des Verständnishorizonts bewusst sein.13 Die Frage nach einer Vereinheitlichung des Verständnishorizonts stellt sich also von vornherein nur in 11 Recht pauschal etwa Knoche, NJW 1989, 757 (758), der aus der Beobachtung, dass zahlreiche Formularaufklärungen „ganze Litaneien von möglichen Folgen eines geplanten Eingriffs darlegen“, folgert, dass hier statt Aufklärung Verunsicherung und Verwirrung stattfände und daraus die zweifelhafte These entwickelt, Aufklärungsfehler künftig auf die Ebene ärztlicher Kunstfehler zu heben. Die damit – wegen der auf den Patienten verlagerten Beweislast – bezweckte Zurückdrängung der Aufklärungsrüge kann das Grundproblem eines angemessenen Umfangs der – schriftlichen ebenso wie mündlichen – Aufklärung nicht lösen. 12 Zur Frage des vom Arzt anfänglich zugrunde zu legenden Verständnisniveaus bereits oben § 5 II 2. 13 Zur Vereinheitlichung der Risikoeinschätzung zuvor § 5 I 1. Wenig differenzierend und zudem generell hohe Anforderungen an die Aufklärung stellend Jacob, Jura 1982, 529 (532 f.), der die schriftliche Abfassung einer Standardaufklärung angesichts der Abhängigkeit von Vorwissen, Informationsbedürfnis und psychischer Situation für gar nicht machbar hält und meint, dass Broschüren mehr der Verwirrung als der Aufklärung dienten, so dass es im Ergebnis keine gleich zu erteilende und deshalb standardisierbare Basiserklärung gäbe.

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Fällen, in denen die Risikoeinschätzung überhaupt einer gewissen Vereinheitlichung zugänglich erscheint. In diesen Fällen ist dann freilich aber auch der Umfang dessen, was der Rechtsgutträger verstanden haben muss, von vornherein begrenzter als in den Fällen facettenreicher Therapierisiken. Wären damit aber auch im mündlichen Aufklärungsgespräch die Anforderungen an ein Verständnis des Rechtsgutträgers von vornherein sehr viel geringer, kann für die Anforderungen an das Verständnis schriftlicher Informationen nichts anderes gelten. Das bedeutet durchaus nicht, dass das Modell einer konkret gebotenen Aufklärung für diese Teilbereiche notwendig aufgegeben wird. Es soll damit lediglich deutlich gemacht werden, dass erst in diesen Teilbereichen die Frage, auf welche Weise sich das persönliche Verständnis des Rechtsgutträgers alternativ sicherstellen lässt, überhaupt ernsthaft stellt. Das persönliche Verständnis setzt nun aber nicht notwendig das persönliche Gespräch voraus, auch wenn es nach Auffassung vieler das hierfür geeigneteste Instrument darstellt. Eine solche Auffassung liefe tendenziell darauf hinaus, dass kaum jemand in der Lage ist, anders als durch persönliche Gespräche Erfahrung zu sammeln. Dürfte das auch sicherlich die Ausnahme sein, weist die Überlegung aber doch darauf hin, dass viele Menschen durchaus gar nicht gewohnt sind, schriftliche Informationen zu lesen und zu verarbeiten. Dieser fehlenden Übung lässt sich freilich – wenn auch nur begrenzt – durch eine übersichtliche Gestaltung und laiengerechte Formulierung Rechnung tragen, so dass auch dieser Einwand nicht per se gegen den Gebrauch von Formularen sprechen kann, wohl aber auf die hohen Anforderungen hindeutet, die an die Abfassung solcher Schriftstücke anzulegen sind.14 Ob man selbst dann, wenn eine solche Gestaltung für einzelne medizinische Maßnahmen möglich erscheint, den Gebrauch von Formularen aus berufsethischen Gründen ablehnt, ist eine andere Frage, die man von der Möglichkeit der Formulargestaltung trennen muss. Sie stellt sich vor allem dann, wenn man befürchten muss, dass der Rechtsgutträger allein schon durch den Gebrauch eines Formulars abgeschreckt oder in Angst versetzt wird. Das dürfte aber kaum ein Gesichtspunkt sein, der gegen jeglichen Formulargebrauch spricht, sondern lediglich darauf hinweist, dass eine vollständige Verlagerung des Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens auf Formulare stets nur die Ausnahme darstellen kann.15

14

Hierzu eingehender unten § 12. Vgl. Jacob, Jura 1982, 529 (530 f.), nach dem die Schriftlichkeit der Formulare geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zum Arzt und damit dessen Hauptfunktion, Rat zu erteilen, zu stören. Ähnlich auch Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50, die von einer schockierenden Wirkung auf Patienten ausgehen. Eingehender zu einem abgestuften Modell rein mündlicher, kombiniert schriftlich-mündlicher und vorwiegend schriftlicher Aufklärung unten § 10 II. 15

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II. Die Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse Erweist sich damit – jedenfalls im gedanklichen Ausgangspunkt – weder das Gesundheitsrisiko noch das Verständnis des Patienten als einer Typisierung von vornherein unzugänglich, ist die medizinrechtliche Dogmatik freilich gegenüber einer Verlagerung des Aufklärungsgeschehens vom Gespräch auf schriftliche Informationen durch tiefes Misstrauen geprägt. Die große Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung im Prozess muss insoweit überraschen. Dass von solchen Formularen „nur“ ein Indiz insbesondere für Tatsache und Inhalt des mündlichen Aufklärungsgesprächs ausgehen soll,16 stellt jedenfalls in forensischer Hinsicht eine bemerkenswerte Verharmlosung dar. „Nur“ ein Indiz, kommt dem vom Patienten unterzeichneten Aufklärungs- oder Einwilligungsformular in der gerichtlichen Praxis vielmehr geradezu eine „überragende Bedeutung“ zu, wie Lepa unlängst feststellte,17 seit seiner Ernennung 1982 bis zum Ausscheiden 2001 zunächst beisitzender und seit 1996 stellvertretender Vorsitzender Richter des für Arzthaftungssachen zuständigen VI. Zivilsenats des BGH. Gehen von der Bedeutung medizinischer Formularerklärungen aber auch und sogar in erster Linie prozessual bedeutsame Konsequenzen für die Rechtsstellung des Patienten aus, kann sich die hier unternommene Untersuchung rechtlicher Kontrollmaßstäbe nicht auf eine materielle Ebene beschränken. Wie sich zeigen wird, ist die Ebene materieller Anforderungen jedenfalls für die ärztliche Heilbehandlung in weiten Teilen durch jahrzehntelange Bemühungen der medizinrechtlichen Dogmatik ausgearbeitet, denen eine formularrechtliche Perspektive vergleichsweise wenig hinzuzusetzen hat.18 In längst nicht gleichem Maße gilt dies hingegen für die Anforderungen, die an entsprechende Erklärungen im Hinblick auf ihren Beweiswert und ihre Transparenz anzulegen sind.19 Betrachten wir daher etwas genauer die Grundsätze für die Beweisaufnahme über behauptete Aufklärungsversäumnisse, die Rechtsprechung und Litera16

BGH NJW 1985, 1399; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 336. Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (455); ihm folgend MüKo-Wagner, § 823 Rz. 745 (‚kaum zu unterschätzende Beweiswirkung‘ für die Aufklärung als solche und über einzelne auf dem Formular genannte Risiken). Anders Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (365), der mit Blick auf BGH NJW 1985, 1399, meint, dass der Beweiswert von Formularen als „eher gering“ einzustufen sei. 18 Vgl. einerseits der Überblick über die Anforderungen an den Umfang der Aufklärung oben § 5 II und andererseits den Vorrang dieser Maßstäbe gegenüber den Voraussetzungen des AGB-Rechts unten § 10 I und § 11 I, soweit sie die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen betreffen könnten. 19 Zu den materiellrechtlichen und prozessualen Konsequenzen der hier analysierten Kontrollmaßstäbe für Formularerklärungen in der Medizin später § 13. 17

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tur über Jahrzehnte hinweg herausgebildet haben. Die Richtung der Beweisaufnahme ist dabei von der Beweislast des Arztes geprägt, an der Rechtsprechung und Literatur insbesondere auch für das Vertragsrecht – trotz problematischer Begründung – festhalten (1.). In seiner Beweisführung selbst kann der Arzt dann freilich leicht in eine beweisnotähnliche Situation geraten, stehen für das Vier-Augen-Gespräch mit dem Patienten doch nur selten Zeugen zur Verfügung, und wird er sich angesichts der Vielzahl von Aufklärungsgesprächen häufig auch nicht an den Inhalt des konkreten Gesprächs erinnern. Nach herrschender Auffassung sind in der Beweisführung daher beträchtliche Konzessionen zu seinen Gunsten zu machen, die freilich in ein Spannungsverhältnis zur Beweissituation des Patienten treten und die Beweislast des Arztes nicht konterkarieren dürfen (2.). Ein ambivalentes Verhältnis haben Rechtsprechung und Schrifttum vor diesem Hintergrund gegenüber der vom Patienten unterzeichneten Formularerklärung als faktisch entscheidendem Beweisinstrument. Äußerlich das greifbarste Beweismittel, ist nahezu jede Urteilsbegründung um starke Relativierung seiner Beweiskraft bemüht. Sachlich begründen lässt sich eine solche Relativierung freilich nur, wo ein Beweismittel zum Nachweis der relevanten Tatsache nicht oder doch nur eingeschränkt geeignet ist. Das macht es aber erforderlich, zwischen einer Bedeutung für den Beweis des Aufklärungsgeschehens – als äußerer Tatsache – und einer Bedeutung für den Beweis des Verstehens durch den Patienten – als innerer Tatsache – schärfer als bislang zu unterscheiden. Die in Rechtsprechung und Schrifttum der Sache nach längst vertretene Differenzierung der Beweiskraft lässt sich auf diese Weise im Sinne einer absteigenden Skala plastisch machen (3.).

1. Die Beweislast des Arztes für den Nachweis ordnungsgemäßer Aufklärung des Patienten Dass der Arzt nach der Rechtsprechung die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten trägt, stößt seit jeher auf breite Zustimmung der Literatur. 20 Diese Beweislastverteilung entspringt freilich dem Deliktsrecht (a) und ist, zumal seit der Reform des Schuldrechts, für das Vertragsrecht durchaus nicht selbstverständlich (b).

20 Vgl. nur etwa Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 358; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 66 Rz. 16; Hk-BGB-Schulze, § 280 Rz. 15; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 50. Aus der Rechtsprechung nur etwa BGH NJW 2005, 2072 (2072 f.) mit zahlreichen weiteren Nachweisen.

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a) Die aus dem Modell des absoluten Güterschutzes resultierende Beweislastverteilung im Deliktsrecht Die Beweislast des Arztes für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung erfasst mit der Tatsache der Aufklärung sämtliche Voraussetzungen, unter denen die Aufklärung hinlänglich erscheint. Der Arzt muss also nicht nur beweisen, den Patienten überhaupt aufgeklärt zu haben, sondern auch, dass diese Aufklärung sämtliche gebotenen Inhalte umfasste, durch ihn als hierfür verantwortliche Person durchgeführt wurde und zum richtigen Zeitpunkt wie auch in der gebotenen Art und Weise erfolgte. 21 Darüber hinaus trägt der Arzt nach herrschender Auffassung aber auch die Beweislast dafür, dass der Patient die Aufklärung verstanden hat, und zwar nicht nur in sprachlicher Hinsicht, auch wenn dies in der Rechtsprechung den Hauptfall fehlenden Verständnisses ausmacht. 22 Erst recht und schon allgemeinen Beweislastgrundsätzen folgend hat der Arzt dann auch zu beweisen, dass der Patient nicht aufklärungsbedürftig war, eine Aufklärungspflicht im konkreten Fall also ausnahmsweise gar nicht bestand. 23 Ihre Grenze findet diese Beweislastverteilung erst am Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität. Hier muss nun, entsprechend allgemeinen Grundsätzen, der Patient darlegen und ggf. beweisen, dass der geltendgemachte Schaden auch gerade auf jener Behandlung beruht, über die unzureichend aufgeklärt wurde. Anderes kann hier nur gelten, wenn der aufgetretene Schaden zwar Sekundärschaden, aber typische Folge des Primärschadens ist, sich von der in der Körperverletzung liegenden Einbuße am geschützten Rechtsgut also kaum näher unterscheiden lässt und sich eine Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärfolge daher sachlich nicht rechtfertigen lässt.24 Grundlage dieser auf Primärebene 21

Näher zu diesen materiellrechtlichen Anforderungen oben § 5 II 1. Vgl. etwa OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771 (771 f.), zum Fall der Sterilisation einer Jugoslawin, die zwar in der Lage war, im Rahmen der Anamneseerhebung Fragen zu beantworten, über deren Sprachkenntnisse sich der behandelnde Arzt jedoch nach Einschätzung des Gerichts angesichts naheliegender Zweifel eingehender hätte vergewissern müssen; ähnlich KG Berlin GesR 2004, 409, und eingehender hierzu noch unten, § 7 II 3 b) aa). Erst recht trägt der Arzt die Beweislast dafür, dass er selbst sprachlich imstande war, den Patienten angemessen aufzuklären, so zu Recht AG Leipzig, MedR 2003, 582 f. 23 Vgl. BGH NJW 1980, 633 (634), zur Frage der kollegialen ärztlichen Voraufklärung des Patienten; auch OLG Jena, NJW-RR 2006, 135; OLG Naumburg, NJOZ 2005, 4934 (4941). Für einen Überblick über die Beweislastgrundsätze der Rechtsprechung vgl. auch die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 123 ff. 24 Klarstellend BGH NJW 2005, 427 (429). Zur Abgrenzung etwa BGH NJW 1998, 3417 (3418), wo Verhaltensstörungen nicht lediglich als Folgeschäden einer Hirnschädigung als Primärschaden eines Geburtseinleitungsfehlers eingestuft wurden, sondern als der nach § 286 I ZPO zu beweisende Hirnschaden selbst. Vgl. zur Abgrenzung ferner BGH NJW 1988, 2948 (2948 f.); BGH NJW 1986, 1541 (1541 f.), jeweils m.w.N. Aus der Literatur nur etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 735, freilich unter Hinweis auf die auch für den Aufklärungsfehler eingreifenden Beweiserleichterungen nach § 287 ZPO; Palandt-Sprau, § 823 Rz. 162; Baum22

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zulasten des Arztes gehenden Beweislastverteilung ist im Deliktsrecht die Beweislast des Schädigers für das Eingreifen von Rechtfertigungsgründen, 25 hier also des Vorliegens einer wirksamen Einwilligung zur Rechtfertigung der im ärztlichen Eingriff liegenden tatbestandlichen Körperverletzung i.S.v. § 823 I BGB. 26

b) Zur Geltung der deliktischen Beweislastverteilung auch im Rahmen der vertraglichen Haftung Dieses Haftungsmodell des absoluten Rechtsgüterschutzes lässt sich auf das Vertragsrecht nun an sich nicht ohne weiteres übertragen, da Anknüpfungspunkt für eine Schadensersatzpflicht hier die Verletzung einer Vertragspflicht ist, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Leistungsstörungsrechts vom Anspruchssteller darzulegen und ggf. zu beweisen ist, da ihm nach § 280 I 2 BGB nur hinsichtlich des hierauf bezogenen Verschuldens des Schuldners eine gesetzliche Vermutung zugute kommt. Die Bemühungen, eine Beweislast des Arztes für Aufklärungsfehler in das System der leistungsstörungsrechtlichen Haftung einzuordnen, stoßen denn auch auf beträchtliche Schwierigkeiten (aa). 27 Im Ergebnis lässt sich das offen ausgesprochene Ziel einer Harmonisierung der deliktischen und vertraglichen Beweislastverteilung nur auf die Grundsätze über die Verantwortung für Risiko- und Gefahrenbereiche stützen, womit sich insbesondere auch der scheinbare Widerspruch zur entgegengesetzten Beweislastverteilung für Behandlungsfehler auflösen lässt (bb).

gärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 38; Thomas/ Putzo, Vorbem § 284 ZPO Rz. 33; Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (460); Laufs, Der Gynäkologe 1989, 364 (365). Kritisch gegenüber dem Institut der Beweislastumkehr mit Blick auf den Arzthaftungsprozess Prütting, in: FS-150 Jahre Landgericht Saarbrücken, S. 257 ff., der die Gefahr eines Missbrauchs des Beweisrechts „zum Motor für Haftungsverlagerungen“ sieht und dafür plädiert, S. 274, statt „das Institut des Anscheinsbeweises und der Schadensschätzung zu überdehnen oder einer verfehlten Beweislastumkehr das Wort zu reden […] beim Nachweis des Kausalverlaufs zu einer generellen Beweismaßreduzierung zu gelangen, und zwar in Analogie zu Normen, die dies im Einzelfall vorsehen“. 25 Vgl. nur, unter Rückgriff auf die Rosenberg’sche Formel – hierzu Rosenberg, Die Beweislast, S. 124 ff. –, Baumgärtel/Wittmann, in: FS-Schäfer, S. 13 (21 ff.); Baumgärtel, in: FSBruns, S. 93 (102 ff.); ders., Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 49; hierzu Prütting, in: FS-150 Jahre Landgericht Saarbrücken, S. 257 (S. 271 ff.). 26 Ausführlicher zur Kontroverse einer Einstufung des ärztlichen Heileingriffs als Körperverletzung oben § 3 II 2. 27 Hierzu vor allem, unter Berücksichtigung der Schuldrechtreform, Hk-BGB-Schulze, § 280 Rz.15; Spindler/Riekers, JuS 2004, 273; Schulze/Ebers, JuS 2004, 270; Deutsch, JZ 2002, 588; Katzenmeier, VersR 2002, 1066; Spickhoff, NJW 2002, 2530 (2532). Häufig wird denn auch ohne weitere Begründung von dieser Beweislastverteilung ausgegangen, vgl. etwa Katzenmeier, Arzthaftung, S. 420 f.

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aa) Die unzureichende Begründung der Beweislastverteilung aus dem System der leistungsstörungsrechtlichen Haftung Darlegungs- und beweisbelastet für das Aufklärungsversäumnis des Arztes als vertragliche Pflichtverletzung wäre nach allgemeinen leistungsstörungsrechtlichen Grundsätzen der Patient. Unter der Hegemonie des Deliktsrecht war diese Frage bis zum Inkrafttreten des Schadensrechtsänderungsgesetzes allerdings kaum von Relevanz, wurden Ansprüche aus Arzthaftung, auch gestützt auf Aufklärungsfehler, doch in den meisten Fällen auf unerlaubte Handlung gestützt. Seitdem wegen § 253 II BGB n.F. auch vertragliche Schadensersatzansprüche eine Haftung auf Schmerzensgeld beinhalten können, gilt dies freilich nicht mehr in gleicher Weise, wenngleich die entsprechenden Ansprüche auch weiterhin auf Delikt gestützt werden können, dies aber nicht mehr stets vorteilhafter erscheinen muss. 28 Dass es bei einer dem Deliktsrecht entsprechenden Beweislastverteilung gleichwohl auch für das Vertragsrecht bleiben soll, steht für das Schrifttum freilich fest.29 Konstruktiv stößt dieses Ergebnis allerdings auf nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten. So käme etwa in Betracht, auch für das Vertragsrecht eine dem Deliktsrecht nachgebildete Pflicht anzunehmen, selbst lege artis in die körper28 So weisen bereits Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 27 Rz. 19, darauf hin, dass vertragliche Schadensersatzansprüche insbesondere bei der Einschaltung eines Gehilfen von Interesse sind, wenn wegen der Exkulpationsmöglichkeit nach § 831 I 2 BGB die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung nicht vorliegen, wohl aber die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung, bei der es im Rahmen von § 278 BGB keine Exkulpationsmöglichkeit gibt. Zu den Auswirkungen ärztlicher Pflichtverletzungen auf den Honoraranspruch unlängst Schütz/Dopheide, VersR 2006, 1440 ff. 29 So dezidiert vom Ergebnis her argumentierend Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 172: „Dabei sollte es auch in Zukunft bleiben“, die – wie bereits Spickhoff, NJW 2002, 1758 (1762) – auch auf den Gedanken der Sphärentheorie verweisen, die Gesetzesmaterialien, den europäischen Standard und schließlich den nachfolgend eingehender thematisierten Rang der betroffenen Rechtsgüter. Ähnlich wie Deutsch/Spickhoff auch MüKo-Ernst, 4. Aufl., § 280 Rz. 160: „Daran ist auch nach dem Inkrafttreten des SMG festzuhalten“; ebenso MüKoWagner, § 823 Rz. 744. Vgl. auch Lepa, in: FS-Geiß, S. 449 (S. 450), der ohne nähere Begründung eine Parallele zur Beweislastverteilung bei § 362 zieht, was freilich der grundsätzlichen Beweislastverteilung des § 280 I 2 BGB zuwiderläuft, derzufolge grundsätzlich der Gläubiger nur für das Verschulden in den Genuss der Beweislastumkehr kommen soll, nicht für den Nachweis der Pflichtverletzung. Greift man für die Beweislastfrage auf § 362 I BGB zurück, müsste man den Schuldner konsequenterweise immer beweisen lassen, dass er seine Pflicht erfüllt hat, ohne dem Gläubiger jemals diesen Nachweis auferlegen zu können. Die Aufklärungsrüge wird aber gerade nicht in einem Erfüllungs-, sondern in einem Schadensersatzprozess erhoben. Unklar Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 88, der angesichts der Missbrauchsgefahr der Aufklärungsrüge offenbar zu einer Restriktion der Beweislastverteilung neigt, für den Fall der vorgetragenen Pflichtverletzung durch Aufklärungsversäumnis an ihr aber festhält. Anders Giebel/Wienke/Sauerborn/Edelmann/Mennigen/Dievenich, NJW 2001, 863 (867 f.), und Büttner, in: FS-Deutsch (1999), S. 353 (361 ff.), die fordern, jedenfalls im Grundsatz dem Patienten die Beweislast auch für Versäumnisse bei der Risikoaufklärungspflicht aufzuerlegen.

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liche Integrität des Patienten prinzipiell überhaupt nicht einzugreifen, so dass erst die durch zureichende Aufklärung unterlegte Einwilligung einem solchen Eingriff auch vertragsrechtlich die Rechtswidrigkeit nähme.30 Nach Deutsch und Spickhoff widerspräche die Konstruktion einer solchen Pflicht aber dem tatsächlichen und rechtlichen Geschehen, da der Patient mit dem Arzt gerade den Eingriff in seine körperliche Integrität im Wege der Behandlung vertraglich vereinbare.31 Dieses Argument lässt das Bemühen erahnen, dem ärztlichen Tun zumindest für das Vertragsrecht das Verdikt grundsätzlicher Unerlaubtheit zu nehmen, das ihm für das Delikts- und Strafrecht nach herrschender Meinung anhaftet. Sachlich ist es freilich keineswegs zwingend und eine entsprechende Pflicht durchaus nicht abwegig. Vielmehr ist die Durchführung von Verträgen, wie noch eingehender zu zeigen sein wird, 32 durchgängig mit Eingriffen in absolut geschützte Rechtspositionen verbunden, namentlich in das Eigentum des Vertragspartners, ohne dass hierfür einheitliche Rechtsgrundsätze gälten. Dass Verfügungen über das Eigentum also sowohl durch Verträge wie durch einseitige Erklärungen möglich sind, bedeutet nicht, dass die Disposition über die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit im Rahmen einer vertraglichen Heilbehandlung den gleichen Regelungen folgen muss wie rechtsgeschäftliche Verfügungen über dingliche Rechte. Und umgekehrt bedeutet auch die fehlende Thematisierung der Gestattung einer dinglichen Substanzverletzung beim Schuldvertrag, etwa zwecks Ausbesserung eines wertvollen Möbelstücks im Rahmen eines Werkvertrags nach § 631 BGB, nicht, dass der Eigentumsschutz des Bestellers angesichts der vertraglichen Vereinbarung hinfällig wäre. Dass die Frage der Rechtswidrigkeit bei Eingriffen in die absolut geschützten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit eigenständig thematisiert wird, lässt sich auch nicht allein schon mit der Entscheidungsfreiheit oder dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten allein begründen. Denn dem Eigentümer einer Sache kommt nach § 903 S. 1 BGB in durchaus vergleichbarer Weise das Recht zu, über die Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Wenn nach Deutsch und Spickhoff ausschlaggebend sein soll, dass „hinter der herkömmlichen Verteilung der Beweislast – nicht anders als im deliktsrechtlichen Kontext – vor allem der Schutz der Entscheidungsfreiheit“ steht, „der ‚Entscheidungschance‘ des Patienten hinsichtlich der eigenen körperlichen Integrität und damit der Schutz der unmittelbarsten Ausprägung des Persönlichkeitsrechts“,33 dann lassen sich Besonderheiten bei der Beweislastverteilung 30 Den Gedanken aufwerfend Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 172; identisch Spickhoff, NJW 2002, 2530 (2534 f.). 31 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 172. 32 Unten § 9 I. 33 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 173, mit Blick auf Baumgärtel, in: FS-Bruns (1980), S. 93, 105 f.: Der Patient solle über seine Gesundheit selbst bestimmen können, und zwar unabhängig von paternalistischen Verobjektivierungen. Dem sei auch beweisrechtlich

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nicht aus der Betroffenheit der Entscheidungsfreiheit allein, sondern nur aus ihrem Bezug gerade auf die von der Entscheidung berührten, mit überragendem Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit rechtfertigen.34 Weshalb soll nun aber der Schutz der Entscheidungsfreiheit die Beweislast des Arztes rechtfertigen, weil sie auf überragend bedeutsame Rechtsgüter abzielt? Immerhin sind dieselben Rechtsgüter im Fall eines Behandlungsfehlers ja nicht minder gravierend berührt, ohne dass dies die hier seit jeher anerkannte Beweislast des Patienten in Frage stellen würde.35 Und entsprechend rechtfertigt die Schutzbedürftigkeit dieser absoluten Rechtsgüter auch sonst im Vertragsrecht nur die Statuierung entsprechender Sorgfaltspflichten.36 Wie lässt sich die vom Ergebnis her gedachte Harmonisierung der Beweislastverteilung mit dem Deliktsrecht dann aber noch begründen? Ernst hat hierzu den Gedanken aufgeworfen, dass die Aufklärungspflicht des Arztes mit dem „Aufgeklärtsein“ des Patienten auf einen Leistungserfolg bezogen sei und deutet entsprechend das „Ausbleiben der Aufklärung“ als Pflichtverletzung. Damit macht er deutlich, dass der Arzt die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten nicht nur als vertragliche Sorgfaltspflicht schuldet, sondern diese Pflicht unmittelbar auf den Leistungsinhalt des Behandlungsvertrags bezogen ist, mithin als Leistungspflicht geschuldet wird. Indem der Arzt mit einer defizitären Aufklärung also eine mittelbare Ursache für die Schädigung des Patienten an dessen Rechtsgütern setzt,37 verletzt er eine Pflicht, deren Inhalt notwen‚besonders wirkungsvoll‘ Rechnung zu tragen, weshalb das Bedenken zurückzustellen sei, dass ein ärztlicher Eingriff meistens mit Einwilligung des Patienten geschähe. Überdies entspräche die herkömmliche Beweislastverteilung europäischem Standard, so dass diese Sicht auch aus europäisch-rechtsvergleichender Sicht gestärkt werde. 34 Vgl. etwa Deutsch, AcP 192 (1992), 161 (179), der den tieferen Grund für diese Beweislastverteilung im Persönlichkeitsrecht des Patienten sieht: „In der existentiellen Situation der Heilbehandlung ist der Patient dem Arzt in vielfacher Weise zum Vertrauen verpflichtet. Dafür soll er auch in die Behandlung und ihre Modalitäten einbezogen werden, und diese Einbeziehung geschieht durch die Aufklärung und das Abwarten auf die Einwilligung. Insofern ist auch die Beweislastverteilung für Aufklärung und Einwilligung dem Persönlichkeitsrecht, jedenfalls dem Schutz der Person des Patienten verpflichtet“. 35 Erst recht kaum überzeugend daher auch die Rechtfertigung einer dem Arzt obliegenden Beweislast für ordnungsgemäße Aufklärung „unter sozialen Gesichtspunkten“, weil jeder Behandlungsfehler, vgl. Heidelk, Gesundheitsverletzung und Gesundheitsschaden, S. 162, „die Gefahr außerordentlich hoher Schäden“ berge, gegen die der Patient nur unzureichend versichert sei, während der Arzt „in der Regel“ durch seine Berufshaftpflichtversicherung voll abgesichert sei. 36 Umfassend hierzu die Monographie von Schur, Leistung und Sorgfalt, der näher zwischen Sorgfaltspflichten zum Schutz absoluter Rechtsgüter (S. 207 ff.), Sorgfaltspflichten zum Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit (S. 267 ff.) und Sorgfaltspflichten zum Schutz der Beteiligung des anderen am Schuldverhältnis (S. 331 ff.) unterscheidet. Zur Umgestaltung des regulären vertraglichen Pflichtenprogramms bei der ärztlichen Heilbehandlung eingehender bereits oben § 3 III. 37 Darin sieht Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 88, den entscheidenden Anknüpfungspunkt für die Haftung.

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dig in den Inhalt seiner Hauptleistungspflicht mündet, eben diese Rechtsgüter zu schützen und zu bewahren.38 Dass Ernst damit das Ausbleiben der Aufklärung als Pflichtverletzung deutet, entspringt dem durch die Gesetzesfassung nahegelegten, freilich überaus zweifelhaften Standpunkt, schon die bloße Nichterfüllung der Leistungspflicht als Pflichtverletzung zu deuten. Dieser Standpunkt – gegen den im Kern die fehlende Bezugsmöglichkeit des Verschuldens auf eine Handlung und daraus folgend die unzureichende Begründung der Verschuldenshaftung und eine verblassende Typologie der Pflichtverletzungen spricht – kann hier nicht weiter hinterfragt werden.39 Selbst unter Zugrundelegung dieser Auffassung kann aber vom bloßen Charakter der Pflichtverletzung gerade noch nicht auf eine Beweislastverteilung zulasten des Schuldners geschlossen werden, trägt die Beweislast für Pflichtverletzungen doch auch nach dieser Auffassung der Gläubiger.40

bb) Zur Rechtfertigung einer einschränkungslosen Beweislast des Arztes für Aufklärungsfehler mit dem Gedanken einer Verantwortlichkeit für Risiko- und Gefahrenbereiche Die tiefere Berechtigung der Argumentation Ernsts liegt darin, dass sie auf die fachliche Verantwortlichkeit des Arztes für das Aufklärungsgeschehen hinweist, der die Aufklärung initial lenkt, während dem Patienten nur die Möglichkeit verbleibt, das Aufklärungsgeschehen durch Reaktionen in Form von Schilderungen seiner physischen und psychischen Befindlichkeit, von Wünschen und Fragen, auch im Hinblick auf den Umfang und die Verständlichkeit der ärztlichen Aufklärung, zu beeinflussen. Darüber hinaus deutet das Argument auch auf die praktische Überlegenheit des Arztes hin, seine Beweislage durch Anfertigung schriftlicher Dokumentation im Krankenblatt, durch Aushändigung zu unterzeichnender Aufklärungs- und Einwilligungsbögen oder

38 Zur Aufklärungspflicht nicht nur als Neben-, sondern als Hauptleistungspflicht des Arztes Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 61 Rz. 13; Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (450); während etwa Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 88, jedenfalls das gänzliche Unterlassen der Aufklärung als Fall der positiven Vertragsverletzung einordnet. Ausführlich zum Gedanken eines Schutzes absoluter Rechtsgüter durch Sorgfaltspflichten als Folge der Personalität des Schuldverhältnisses Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 207 ff. 39 Zu dieser Kontroverse mit Blick auf die Reform des Leistungsstörungsrechts insbesondere Haberzettl, Versprechen und Verschulden, S. 58 ff.; Schapp, JZ 2001, 583 ff.; Schur, JA 2006, S. 223 ff.; gegen die Auffassung der bloßen Nichterfüllung als Pflichtverletzung zuvor bereits ders., Leistung und Sorgfalt, S. 63 ff., 78 ff.; Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 275 f. 40 Vgl. MüKo-Ernst, § 280 Rz. 30a; Bamberger/Unberath, § 280 Rz. 78; Hk-BGB-Schulze, § 280 Rz. 13; noch zum alten Schuldrecht BGH NJW 1996, 2571.

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durch Hinzuziehung von ärztlichen oder auch nichtärztlichen Kollegen als künftigen Zeugen zu verbessern. Als eigentlichen Kern einer Beweislastverteilung zulasten des Arztes wird man daher nur die Überlegung ansehen können, dass dem Arzt jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Verantwortlichkeit für Gefahrenbereiche das Risiko unzureichender Aufklärung zuzuweisen ist. Damit bewegt sich die Beweislastverteilung auch in dogmatisch jedenfalls für den Bereich der positiven Vertragsverletzung gesicherten Bahnen, wonach es einem früher überwiegend vertretenen Standpunkt entsprach, Ausnahmen von der grundsätzlich dem Gläubiger obliegenden Beweislast für die Verletzung einer Sorgfaltspflicht unter Risikogesichtspunkten zuzulassen.41 Dass diese Konzeption auch dem neuen Leistungsstörungsrecht erhalten bleiben sollte, haben die Gesetzesverfasser selbst unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, wenn sie in den Gesetzesmaterialien ausführen, dass der Gläubiger zwar die Beweislast für die Pflichtverletzung trage, ihm „hier allerdings unter dem Gesichtspunkt der Sphärentheorie [….] Beweiserleichterungen zugute“ kämen, bevor dann auf einer weiteren – gedanklich stets nachgelagerten – Stufe erst die Verschuldensvermutung greifen kann.42 Entsprechend hält denn auch das Schrifttum an dem bisherigen Standpunkt fest, Ausnahmen von der gesetzlich vorgegebenen Beweislastverteilung nach Risiko- und Gefahrenbereichen zuzulassen.43 Dass dem Arzt die Aufklärung des Patienten dabei nicht nur als Sorgfalts-, sondern als Leistungspflicht obliegt, vermag die Zulässigkeit dieser Beweislastverteilung nicht in Frage zu stellen. Die darin zum Ausdruck kommende gesteigerte Bedeutung der vom Arzt verantwortlich wahrzunehmenden Aufklärungspflicht spricht im Gegenteil dafür, eine für die Sorgfaltspflichtverletzung angemessene Beweislastverteilung erst recht auch auf die Aufklärungspflichtverletzung als zur Leistungspflichtverletzung erstarkten Sorgfaltspflicht zu erstrecken. Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beweislast für Behandlungsfehler umgekehrt, und in Delikts- und Vertragsrecht ebenfalls gleichermaßen, beim Patienten liegt, ebenso wie die Beweislast für Fehler bei der thera41 Ausführlich zur Gefahrenbereichslehre vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform in jüngerer Zeit Haberzettl, Verschulden und Versprechen, S. 118, mit Blick insbesondere auf Larenz, Schuldrecht I, § 24 I b (S. 371 ff.); Keilmann, Dem Gefälligen zur Last, S. 21 ff. 42 BT-Drs. 14/6040 (S. 136). 43 Vgl. Haberzettl, Verschulden und Versprechen (S. 118), mit Blick insbesondere auf Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rz. 15; Henssler/Graf von Westphalen-Dedek, Praxis der Schuldrechtsreform, § 280 Rz. 5 f.; Hk BGB-Schulze, § 280 Rz. 9; MüKo-Ernst, § 280 Rz. 147 f.; Palandt-Heinrichs, § 280 Rz. 34; Schwab/Witt-Mattheus, Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 72. Einen Überblick über das jüngere Schrifttum zur Beweislastumkehr im Arzthaftungsbereich gibt – mit scharfer Kritik an den Stellungnahmen des Gesetzgebers zur Gefahrenbereichslehre, S. 210 ff. – Keilmann, Dem Gefälligen zur Last, S. 195 ff., ohne dabei allerdings die Beweislast für Aufklärungspflichtverletzungen in die Überlegungen miteinzubeziehen.

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peutischen und bei der Sicherheits-Aufklärung, die nach herrschender Auffassung einem Behandlungsfehler gleichstehen.44 Denn diese Beweislastverteilung gilt bekanntlich nicht uneingeschränkt, sondern kehrt sich für den praktisch bedeutsamen Fall des groben Behandlungsfehlers – von ganz eng umrissenen Ausnahmekonstellationen abgesehen45 – um.46 Ist ein solcher grober Behand44 Vgl. statt vieler nur etwa Katzenmeier, Arzthaftung, S. 423 ff.; Laufs/UhlenbruckLaufs, Handbuch des Arztrechts, § 67 Rz. 1; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 695; OLG Köln, NJW-RR 2001, 91 (93); OLG Oldenburg, NJW-RR 2000, 240 (241); Müller, MedR 2001, 487 (489). Die Rechtsprechung kompensiert die regelmäßige Laienstellung des Patienten freilich dadurch, dass sie die Substantiierungsanforderungen an den Klagevortrag seit jeher sehr niedrig hält, wie jüngst in eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25.02.2008, Az. 5 W 10/08, besonders deutlich wird, in der das Gericht ein Ablehnungsgesuch zurückweist, weil ein Gericht „im Arzthaftungsprozess nicht an die vom Patienten vorgebrachten Gründe für eine vermutete Fehlerhaftigkeit des ärztlichen Handelns gebunden [ist], sondern […] den Sachverständigen darüber hinaus mit der Prüfung beauftragen [darf], ob sonstige für den behaupteten Schaden ursächliche Behandlungsfehler zu erkennen sind“. Auf die vielen weiteren Besonderheiten von Beweiserleichterungen im Bereich der Arzthaftung kann im Folgenden nicht weiter eingegangen werden, also etwa auf die Fallgruppen des Organisationsverschuldens (BGH NJW 1996, 2429; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 742; Müller, NJW 1997, 3049 [3050]), des Dokumentationsmangels (grundlegend BGH NJW 1989, 2330 [2331], vgl. auch BGH NJW 1993, 2375 [2376]; BGH NJW 1999, 3408 [3410]; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 111; Müller, NJW 1997, 3049 [3054]; dies., MedR 2001, 487 [491]; Mehrhoff, NJW 1990, 1524 f.; zu den Besonderheiten der elektronischen Behandlungsdokumentation Jorzig, MDR 2001, 481 [484]; Bittner, Die virtuelle Patientenakte), der unterlassenen Befunderhebung (BGH VersR 2007, 541 ff.; BGH NJW 1999, 860; OLG Brandenburg, NJW NJWRR 1999, 967; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 740 f.; Müller, NJW 1997, 3049 [3053 f.]; dies., MedR 2001, 487 [491]; Gross, in: FS-Geiß [2000], S. 429 ff.), des Diagnosefehlers (BGH VersR 2007, 541 ff.; OLG Köln, NJW 2006, 69; MüKo-Wagner, § 823 Rz. 738 f.), des Koordinationsfehlers bei Arbeitsteilung (OLG Schleswig, NJW 1997, 3098; BGH NJW 1993, 2989; BGH NJW 1984, 655; Müller, NJW 1997, 3049 [3050]) oder des voll beherrschbaren Risikos (BGH NJW 2007, 1628 f.; VersR 2007, 1416 f.; NJW 1991, 983; OLG Köln, VersR 2000, 974; OLG Celle, VersR 1990, 50; insgesamt Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 109; Müller, NJW 1997, 3049 [3050]). Zur moderaten Darlegungslast bei § 84 AMG unlängst BGH, Entscheidung vom 1.7.2008, Az. VI ZR 287/07. 45 So insbesondere – vgl. den aktuellen Überblick bei BGH NJW 2005, 427 (428), mit zahlreichen Nachweisen aus der eigenen Rechtsprechung – wenn im konkreten Einzelfall ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (weil etwa mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass die Einnahme des fehlerhaft verordneten Arzneimittels überhaupt zu Folgen der eingetretenen Art führt), wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen lässt, oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann. Das Vorliegen solcher Ausnahmen hat selbstverständlich, wie der BGH a.a.O. klarstellt, die Behandlungsseite zu beweisen. 46 Vgl. zuletzt nur etwa BGH, Entscheidung vom 08.01.2008, Az. VI ZR 118/06; bereits Baumgärtel/Wittmann, JA 1979, 113 (114 ff.); Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 110; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. B 251 ff.; Spickhoff, NJW 2004, 2345 ff.; jeweils mit zahlreichen Nachweisen. Diese Beweislastumkehr erfasst insbesondere auch den Fall einer groben Verletzung der Pflicht zur Sicherheitsaufklärung, vgl. Laufs/Uhlenbruck-

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lungsfehler geeignet, den Schaden der tatsächlich eingetretenen Art zu verursachen, obliegt es also dem Arzt, sich zu entlasten, und der BGH hat in jüngerer Zeit wiederholt klargestellt, dass dem Tatrichter ein – in § 286 I ZPO verankerter – Spielraum lediglich dafür zusteht, das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers zu beurteilen, nicht hingegen für den Eintritt der Beweislastumkehr für den Fall eines solchen groben Behandlungsfehlers.47 Liegt damit bei Lichte betrachtet aber auch der Behandlungsfehlerhaftung eine Beweislastverteilung nach Risiko- und Gefahrenbereichen zugrunde, kann die Frage nur dahin gehen, weshalb die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht erst für grobe, sondern für sämtliche Aufklärungsfehler beim Arzt liegen soll. Das lässt sich aber aus der Grundwertung dieser Beweislastverteilung erklären, unter dem Gesichtspunkt verantwortlicher Ursachensetzung den Nachweis einer Tatsache nur bis zu einem gewissen Punkt der einen, sodann der anderen Seite zuzuweisen. Die Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen zielt also nicht allein auf eine Verantwortlichkeit für die in der Pflichtverletzung zum Ausdruck kommende Gefahr selbst ab,48 sondern auch auf die – hiermit freilich eng verbundene – Verantwortlichkeit für die Beweislosigkeit.49 Im Fall der Behandlungsfehlerhaftung wird diese Verteilung erst bei einem groben Fehler des Arztes zulasten des Arztes vorgenommen, also dann, wenn sein Verhalten eindeutig gegen gesicherte und bewährte medizinische Erkenntnisse und Erfahrungen verstößt.50 Die Aufklärung des Behandlungsgeschehens ist hier also durch einen Behandlungsfehler erschwert worden, dessen Gewicht es nach Treu und Glauben unzumutbar erscheinen lässt, dem PaLaufs, Handbuch des Arztrechts, § 62 Rz. 2; aus der Rechtsprechung etwa OLG Köln, VersR 2002, 1285 (1286); OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 24 (26). Angedeutet wird die Ausnahme einer Beweislastumkehr bei Behandlungsfehlern bereits in RGZ 78, 432 (436), wonach „das Unterlassen einer genügenden Aufklärung der Ursachen der Verletzung bei freier Beweiswürdigung unter Umständen zu Ungunsten des Arztes verwertet werden“ kann, ohne dass diese Umstände freilich näher dargelegt würden. Aus jüngerer Zeit vgl. Heidelk, Gesundheitsverletzung und Gesundheitsschaden, S. 138 ff. Kritisch zu einer Verschärfung der Berufshaftung durch Beweisrecht Katzenmeier, in: FS-Laufs, S. 909 ff. 47 BGH NJW 2004, 2011 (2013). 48 Zu diesem Grundgedanken der Sphärentheorie, dem Gläubiger nicht die Beweislast für den objektiven Pflichtenverstoß aufzubürden, wenn er im Herrschafts- und Organisationsbereich des Schuldners zu Schaden gekommen ist und dessen Vertragspflichten (auch) dahin gingen, den Gläubiger gerade vor einem solchen Schaden zu bewahren, vgl. speziell für den Bereich der Arzthaftung nur etwa Müller, NJW 1997, 3049 (3050), mit Blick insbesondere auf die entsprechende Judikatur des BGH etwa in NJW 1969, 269; 1977, 501; 1991, 1540, sowie zahlreichen konkreten Beispielsfällen aus der Rechtsprechung. 49 So treffend Prölss, Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, S. 72; beipflichtend Wallenberg, Der zivilrechtliche Arzthaftungsprozess aus beweisrechtlicher Sicht, S. 90. 50 Zu dieser ganz herrschenden Definition des groben Behandlungsfehlers vgl. aus jüngerer Zeit nur BGH NJW 2002, 2944 (2945); OLG Schleswig, NJOZ 2004, 205 (208); NJOZ 2003, 3539 (3541); OLG Koblenz, NJOZ 2002, 1298 (1307); OLG Stuttgart, NJOZ 2001, 1702 (1705).

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tienten den (vollen) Kausalitätsbeweis zuzumuten.51 Es liegt hier also – um es mit Blick auf die richterliche Überzeugungsbildung zu formulieren – weitaus näher, dass die Pflichtverletzung des Arztes ursächlich für die Gesundheitsbeschädigung des Patienten war.52 Eine solche Abgrenzbarkeit nach Schweregraden der Pflichtverletzung kann es bei der Verletzung der Aufklärungspflicht indes nur schwer geben. Denn ob der Patient in seiner Entscheidungsfreiheit verletzt wurde, weil er fehlerhaft aufgeklärt wurde, lässt sich durch die Grobheit des Aufklärungsversäumnisses – entwickelt etwa anhand der statistischen Komplikationsdichte – gar nicht hinreichend beurteilen, wenn dem Patienten doch gerade die Freiheit zuzubilligen ist, auch unvernünftige Entscheidungen zu treffen.53 Auch objektiv irrelevant erscheinende Aufklärungsversäumnisse können sich also persönlich bei dem betroffenen Patienten als relevant niederschlagen.54 Ist damit aber das Spektrum denkbarer Ursachen für die Verletzung der Entscheidungsfreiheit bei weitem größer, kann die Grobheit eines Aufklärungsfehlers auch keinen entscheidenden Maßstab für die Verteilung der Beweislast haben, 55 die vielmehr auch zu berücksichtigen hat, dass ein Aufklärungsfehler von vornherein weitaus weniger einem empirischen Nachweis zugänglich ist als ein Behandlungsfehler. Für den Regelfall liegt es dann aber auch auf der Hand, dass der Eingriff 51

BGH NJW 1992, 754 (755). Was freilich nichts daran ändert, dass schon die bloße Eignung des in Frage stehenden groben Behandlungsfehlers für die Verursachung des Primärschadens zur Umkehr der Beweislast führt, ohne dass diese Ursächlichkeit nahe liegen oder gar wahrscheinlich sein muss, so klarstellend BGH NJW 2005, 427 (429), in Fortführung insbesondere von NJW 2004, 2011 (2012 f.). 53 Vgl. aber den – freilich de lege ferenda aufgeworfenen – Vorstoß von Giebel/Wienke/ Sauerborn/Edelmann/Mennigen/Dievenich, NJW 2001, 863 (867 f.), die anmahnen, vom Arzt lediglich die ‚übliche Aufklärung‘ als geschuldet anzusehen. Gegen die daraus resultierende Beweislast des Patienten für Aufklärungsversäumnisse des Arztes führen die Autoren an, dass der Patient zwar in aller Regel nicht in der Lage sein werde, den Nachweis unterbliebener oder unzulänglicher Aufklärung zu führen, hier aber Beweiserleichterungen denkbar seien bis hin zur Umkehr der Beweislast, etwa wenn der Arzt seine Dokumentationspflichten verletzt. Zu einer Beschränkung der Haftung wegen fahrlässiger Körperverletzung auf Fälle grober Pflichtverletzungen mit Blick auf das Strafverfahren Ulsenheimer, NStZ 1996, 132 (133). 54 Treffend Müller, MedR 2001, 487 (488), die für die Beweisführung unterscheidet zwischen dem Behandlungsfehler als Fehler medizinisch-fachlicher Natur, der regelmäßig nur durch einen Sachverständigen beurteilt werden kann, und dem Aufklärungsfehler, der „schon vom Ansatz her“ wesentlich durch die rechtliche Betrachtungsweise geprägt sei. Mit einer Unterscheidung zwischen leichten und groben Fehlern beim Aufklärungsfehler sympathisierend, allerdings ohne Einbeziehung des subjektiven Entscheidungshorizonts, andererseits Müller, in: FS-Geiß (2000), S. 461 (465), die entsprechende Unterscheidungen schließlich freilich, S. 472 ff., vor allem beim Verschulden ansiedelt. 55 Gegen die Kategorie eines „groben Aufklärungsfehlers“ denn auch BGH NJW 1992, 754; BGH NJW 1986, 1541; OLG Oldenburg, Urteil vom 06.02.2008, Az. 5 U 30/07; OLG Hamm, VersR 1995, 709; OLG Celle, VersR 1990, 658; OLG Stuttgart, VersR 1987, 391; OLG Stuttgart, VersR 1979, 849. 52

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bei sachgerechter Aufklärung unterblieben und der Gesundheitsschaden ausgeblieben wäre.56 Zwar kommt es häufig genug vor und ist prozessual auch von erheblicher Bedeutung, dass sich ein Patient ungeachtet des Aufklärungsfehlers gleichwohl für den Eingriff entschieden hätte. Das kann aber kein Gesichtspunkt sein, der die grundsätzliche Verteilung der Beweislast begründet. Vielmehr ist dieses Argument – je nach dogmatischer Konzeption und Terminologie – auf einer Ebene fehlender Kausalität, hypothetischen Alternativverhaltens oder fehlenden Pflichtwidrigkeitszusammenhangs anzusiedeln, womit die Beweislast aber ohnehin schon nach allgemeinen Grundsätzen beim Schuldner liegt.57 Das zeigt aber, dass eine an einer Verantwortung für Risiko- und Gefahrenbereichen anknüpfende Verteilung der Beweislast für den Nachweis eines Aufklärungsfehlers nicht erst ab einem gewissen Grad an Schädigungswahrscheinlichkeit und Beweiserschwernis, sondern dem Patienten einschränkungslos nicht zugemutet werden kann, der dem Aufklärungsgeschehen – ob nur mündlich oder auch schriftlich – weitgehend passiv ausgesetzt ist. 58

2. Konzessionen in der Beweisführung im Spannungsverhältnis zwischen Beweislast und Beweisnot des Arztes Obliegt dem Arzt damit sowohl im Kontext seiner deliktischen wie seiner vertraglichen Haftung die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten, werden ihm schon im nächsten Schritt beträchtliche Konzessionen gemacht. Sie sind Ausfluss des im Gleichheitssatz und im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots der ‚Waffengleichheit‘ im Zivilprozess, um das Risiko am Verfahrensausgang in fairer Weise auf beide Parteien 56 So treffend MüKo-Wagner, § 823 Rz. 744, der im unmittelbaren Anschluss allerdings auf eine äußerlich bleibende Argumentationsebene wechselt, wenn er die Beweislastverteilung für die dem Behandlungsfehler gleichstehende Verletzung der Pflicht zur Sicherheitsaufklärung formal damit begründet, dass es sich hierbei um eine Nebenpflicht handele und hier nun auf § 280 I 1 BGB ausweicht. Für die Beweislast hinsichtlich des Behandlungsfehlers in der vertraglichen Haftung grundsätzlich auf § 282 BGB a.F. rekurrierend schon etwa BGH NJW 1969, 553 (554). 57 Für das Medizinrecht vgl. auch die umfangreichen Nachweise aus der Rechtsprechung bei Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Rz. C 137 ff. 58 Im Ergebnis auch MüKo-Wagner, § 823 Rz. 744, nach dessen Auffassung diese Beweislastverteilung unabhängig von ihrer deliktsrechtsdogmatischen Grundlage für das Vertragsrecht schon deshalb überzeugt, „weil der Arzt am besten dazu in der Lage ist, die Aufklärung des Patienten zu dokumentieren und Beweismittel zu sichern“. Folgerichtig gälten sie „trotz des § 280 Abs. 1 S. 1 auch im Bereich der vertraglichen Arzthaftung“. Ohne Rücksicht auf etwaige Widersprüche zur Verteilung der Beweislast bei Behandlungsfehlern begründet Krämer, in: FS-Geiß (2000), S. 437 (S. 446), die Verteilung der Darlegungs- und Substantiierungspflicht beim Aufklärungsfehler aus einem ‚verfassungsrechtlichen Ansatz‘, der dem ‚Informationsgefälle‘ zwischen Arzt und Patient Rechnung tragen müsse.

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gleichermaßen zu verteilen. Ihren Niederschlag finden sie zum einen in der dem Arzt obliegenden Darlegungslast, aber auch in den Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung nach § 286 I ZPO (a). Damit die Beweislast des Arztes nun allerdings nicht zum Nachteil des Patienten konterkariert wird, haben diese Konzessionen nicht nur enge Voraussetzungen. Vielmehr beharrt die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang auch – wie man mittlerweile sagen muss, grundsätzlich60 – auf der alleinigen Maßgeblichkeit des mündlichen Aufklärungsgesprächs. Damit wird die beweisrechtliche Perspektive allerdings mit einer materiellrechtlichen Überlegung konfrontiert, was den freien Blick auf die mögliche Beweiskraft insbesondere medizinischer Formularerklärungen unnötig erschwert (b).

a) Die Reduzierung der Beweisanforderungen an den Arzt, soweit „einiger Beweis“ für die Richtigkeit seiner Behauptung erbracht ist Wenn der BGH betont, dass es im Arzthaftungsprozess einer „verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände“ bedürfe, für die der Tatrichter „einen erheblichen Freiraum“ habe,61 so betont er ebenso die besondere Bedeutung der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 286 I ZPO, wie er sie zugleich für Beweiserleichterungen im Arzthaftungsprozess öffnet.62 So soll nach ständiger Rechtsprechung insbesondere „dem Arzt im 59 Grundlegend für die verfassungsrechtliche Anerkennung der einfachrechtlichen Beweislastgrundsätze im Arzthaftungsprozess BVerfGE 52, 131 ff., mit der in Stimmengleichheit abweichenden Meinung der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger für den Bereich des Behandlungsfehlers, BVerfGE 52, 131 (143 ff.), sowie dem Sondervotum der Richter Hirsch, Niebler und Steinberger für die Grundsätze zur Aufklärungspflichtverletzung, BVerfGE 52, 131 (171 ff.). Nach der die Entscheidung tragenden Argumentation sollen sich aus dem Gebot prozessualer ‚Waffengleichheit‘ freilich keine unmittelbaren verfassungsrechtlichen Folgerungen ableiten lassen; sie reduziert den Gesichtspunkt daher auf die Kontrolle, ob Anhaltspunkte für eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips oder des Willkürverbots vorliegen, vgl. BVerfGE 52, 131 (144 f., 157 ff.). Kritisch Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 463: „Während die höchstrichterliche Rechtsprechung im Behandlungsfehlerbereich das Beweisrecht auch in den letzten Jahren weiter entwickelt hat […], ist sie mit den Anforderungen an die Beweislast im Bereich der eigenmächtigen Heilbehandlung eher zurückhaltend geblieben. Ärzte haben diese Zurückhaltung bisher kaum positiv gewürdigt, sondern eher gründlich mißverstanden; ob sie sie verdient haben, steht auf einem anderen Blatt“. 60 Zu den reduzierten Aufklärungserfordernissen des BGH bei Routine-Impfungen NJW 2000, 1784, nachfolgend § 7 III. Der BGH rückt hier, wie unten § 10 II noch eingehender zu erörtern sein wird, in engen Grenzen von seinem Anspruch ab, dass die wirksame Einwilligung stets die mündliche Aufklärung des Patienten voraussetzt. 61 BGH NJW 1985, 1399; ebenso die Literatur, vgl. nur etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 745; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 44, 48; jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 62 Zum Erfordernis einer gesteigerten Aufmerksamkeit des Richters bei der besonders schwierigen und verantwortungsvollen Tatsachenfeststellung im Arztfehlerprozess vgl. auch Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 107 Rz. 4 f. Für einen Überblick zu der von der Rechtsprechung beigemessenen Beweiskraft medizinischer Formularerklärun-

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

Zweifel geglaubt werden“, wenn „einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht“ sei.63 Diese Aussage zielt auf das Beweismaß nach § 286 I ZPO ab, das freilich schon nach allgemein geltenden Grundsätzen nicht mit absoluter Gewissheit gleichgesetzt werden kann. Schon im regulären Streitfall ist also ein ‚für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit‘ ausreichend, also ein für einen vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass er „den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“.64 Mit der Wendung „einiger Beweis“ reduziert der BGH diese Anforderungen also noch weiter, wenn er eine nach allgemeinen Grundsätzen insbesondere lückenhaft und damit nicht hinreichend erscheinende Tatsachengrundlage als ausreichende Basis für die Überzeugungsbildung erachtet. Begründet wird dies damit, dass „der Tatrichter die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen“ habe „wie die Gefahr, die sich aus dem Mißbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann.“ Um diese Gefahr zu bannen, dürften „an den dem Arzt obliegenden Beweis der ordnungsmäßigen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden“.65 Soweit diese Grundsätze bislang Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle waren, haben sie ihr standgehalten.66 Die ‚besondere Situation‘ sieht der BGH dabei zum einen darin, dass sich zunächst die Patienten aus vielerlei verständlichen Gründen im nachhinein regelmäßig nicht mehr an den genauen Inhalt solcher Gespräche erinnern können. 67 Die Schilderung der Aufklärung unterliegt aus Sicht des BGH also regelmäßig schon auf Patienten-, mithin auf Bestreitensseite, Bedenken. Wenn der Kläger die ordnungsgemäße Aufklärung gen auch Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 463 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 545 ff.; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, §§ 107 ff.; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 417 ff.; Uhlenbruck, in: FS-Laufs, S. 1124 (1133 f.); Jungbecker, in: Risiko Aufklärung, S. 31 (S. 35 ff.). 63 BGH NJW 1985, 1399. 64 BGHZ 53, 254 (256); BGH NJW 2000, 953; Thomas/Putzo, § 286 ZPO Rz. 2. 65 Dem folgend auch die einhellige Rechtsprechung der Instanzgerichte und die Literatur, vgl. nur etwa Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (454 f.); Prütting, in: FS-150 Jahre Landgericht Saarbrücken, 257 (258 ff.), macht freilich darauf aufmerksam, dass die Besonderheiten der Beweisprobleme vorwiegend allein schon aus der Natur des menschlichen Körpers resultieren, also der Individualität der organisch-physiologischen Geschehensabläufe. 66 Vgl. die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.7.1979, BVerfGE 52, 131, das die für die Beweisführung geltenden Grundsätze freilich weitgehend der einfachgesetzlichen Rechtsentwicklung überlassen und von Verfassungs wegen lediglich das Gebot ausgewogener Regelungen aufgestellt hat. Auf dieser Ebene der Argumentation finden sich auch keine entscheidenden Unterschiede zwischen der tragenden Argumentation und den abgegebenen Minderheitenvoten. 67 BGH NJW 1985, 1399.

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also nicht ohnehin nur pauschal bestreitet, so unterliegt eben auch seine substantiierte Schilderung den genannten Zweifeln. Dann – so die gedankliche Konsequenz des BGH – dürfen in diesem Punkt aber auch den Arzt keine überzogenen Anforderungen treffen. Bei der Erinnerung an das konkrete Gespräch sind vielmehr erst recht auch dem Arzt Konzessionen einzuräumen, dessen Erinnerungen angesichts der Vielzahl von Aufklärungsgesprächen mindestens ebenso verblassen. ‚Einigen Beweis‘ kann der Arzt daher nach der sogenannten „immer-soRechtsprechung“ auch dann erbringen, wenn er sich zwar nicht an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnern kann, aber vorträgt, dass eine bestimmte Aufklärung nach Art und Inhalt einer von ihm bzw. in der betroffenen Klinik 68 ständig praktizierten und ausnahmslosen Übung entspricht. Das setzt zwar voraus, dass zuvor die Tatsache unstreitig gestellt oder festgestellt wurde, dass ein Aufklärungsgespräch überhaupt stattgefunden hat.69 Auch hierbei werden ihm jedoch Konzessionen gemacht, indem das vom Patienten unterzeichnete Formular ein Indiz hierfür darstellt. Unterlässt der Patient hier also näheren Gegenvortrag, kann der Richter je nach Prozess-Situation auch ohne weitere Beweisaufnahme davon ausgehen, dass ein solches Gespräch überhaupt stattgefunden hat, obwohl das Formular insoweit an sich nur Indiz ist, es unter normalen Umständen also weiterer unstreitiger Hilfstatsachen bedürfte, um seine Überzeugung zu tragen. ‚Einiger Beweis‘ reicht dann in einem zweiten Schritt auch gleichsam auf Rechtsfolgenseite dieser „immer-so-Rechtsprechung“ aus. Denn auch hinsichtlich der Behauptung, dass diese Art und Weise der Aufklärung regelmäßiger Übung entspreche, darf der Richter keine überzogenen Anforderungen stellen. Vielmehr führt dieser Vortrag bereits zu jener gewissen Wahrscheinlichkeit an Richtigkeit, die es regelmäßig gebieten wird, den Arzt nach § 448 ZPO von Amts wegen als Partei über die Richtigkeit seiner Behauptung anzuhören, was dem Gericht dann je nach Sachlage als alleinige Tatsachengrundlage oder neben zunächst zweifelhaft gebliebenen Zeugenaussagen als Tatsachengrundlage ausreichen kann. Mag das Formular also für sich auch von geringem Beweiswert sein, kann seine Bedeutung als Weichenstellung zu § 448 ZPO für den Ausgang des Prozesses gar nicht überschätzt werden.70 68

BGH NJW 1985, 1399; OLG Schleswig, NJW-RR 1996, 348 (349); OLG Karlsruhe, NJW 1998, 1800; Müller, NJW 1997, 3049 (3050); Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (455); BGH NJW 1986, 2855. 69 Denn „wie der Volksmund weiß: das kann jeder sagen“, so treffend MüKo-Wagner, § 823 Rz. 745. 70 In der Literatur erscheint dieser Punkt häufig unterschätzt, wenn die harmlos erscheinende Diktion der Rechtsprechung wiedergegeben wird. Vgl. etwa Katzenmeier, Arzthaftung, S. 497 f.: „Ergänzend kann dann der Arzt nach § 448 ZPO vernommen werden. In jedem Fall trägt das erkennende Gericht eine besondere Verantwortung für eine sorgfältige Beweiserhebung und Beweiswürdigung“.

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Damit wird zugleich deutlich, dass die Beweiserleichterungen sich nicht nur beim Beweismaß, sondern auch beim Spektrum der in Betracht zu ziehenden Beweismittel auswirken.71 Während die Frage des Zeugenbeweises von der Personenkonstellation im Einzelfall abhängt und insbesondere je nach Passivrubrum auch zur Vernehmung des behandelnden Arztes selbst führen kann,72 kommt also je nach Prozess-Situation auch die – häufig freilich schon nicht beantragte – Parteivernehmung des Patienten auf Antrag des Arztes nach §§ 445 f. ZPO in Betracht, vor allem aber gemäß § 448 ZPO seine eigene Parteivernehmung, „um letzte Zweifel auszuräumen“.73

b) Die Maßgeblichkeit mündlicher Aufklärung für die materiellrechtliche Bestimmung des Beweisthemas Werden dem Arzt somit beträchtliche Konzessionen in der Beweisführung eingeräumt, ist der Rechtsprechung freilich bewusst, dass dies, da konträr zur Beweislast des Arztes liegend, nur in engen Grenzen in Betracht kommt. In besonderer Weise wird die Prozess-Situation des Patienten dabei durch Heranziehung von ihm unterzeichneter Formularerklärungen gefährdet. Selten offen ausgesprochen, war die Rechtsprechung denn auch schon frühzeitig bemüht, die Bedeutung dieses Beweismittels in engen Grenzen zu halten. In seiner Entscheidung vom 8. Januar 1985, die sich bis dato am breitesten mit dem Problem auseinandersetzte, kombinierte der BGH nun allerdings in einer Weise materiellrechtliche und beweisrechtliche Perspektiven, die eine differenzierte Beurteilung der Beweisbedeutung nicht einfacher machte. Geht man zunächst unbefangen von den Grundsätzen über die Beweisbedeutung von Privaturkunden aus, kommt solchen Erklärungen nach § 416 ZPO die Beweiswirkung zu, dass die enthaltene Erklärung vom unterzeichnenden Patienten abgegeben wurde. Darüber hinaus geht nach ganz gefestigter Auffassung von der unterschriebenen Vertragsurkunde dann aber auch die Vermutung ihrer Vollständigkeit und Richtigkeit aus.74 Weshalb kann auf diese Grundsätze im Arzthaftungsrecht nur eingeschränkt zurückgegriffen werden? Besteht die 71 Vgl. hierzu auch Laufs/Uhlenbruck-Ulsenheimer, Handbuch des Arztrechts, § 114 Rz. 3 ff. 72 Zu den vielgestaltigen Möglichkeiten der Passivlegitimation im Arzthaftungsprozess eingehend Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 115; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 127 ff. 73 BGH NJW 1985, 1399. Eine Parteivernehmung nach § 447 ZPO wird hingegen ebenso wie sonst im Zivilprozess mangels Einverständnis des Gegners praktisch ausscheiden. 74 So bereits BGH NJW 1956, 665, wonach grundsätzlich von dem Erfahrungssatz auszugehen ist, dass die Vertragschließenden auch bei einem unzulänglichen oder widerspruchsvollen Wortlaut mit dem Vertragsabschluß einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck ins Auge gefasst und verfolgt haben und mit der von ihnen gewählten Formulierung zum Ausdruck haben bringen wollen. Ebenso BGH NJW 1999, 1702 (1703); Thomas/Putzo, § 416 ZPO Rz. 3; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast I, § 133 Rz. 2.

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Gefahr, an eine solche Beweisgrundlage gebunden zu sein, nicht für Fälle ärztlicher Behandlung wie für Fälle anderer Vertragsschlüsse gleichermaßen? Warum ist ihr dann aber im Arzthaftungsrecht schärfer zu begegnen? Die Rechtsprechung verweist insoweit auf den entscheidenden Stellenwert der mündlichen Aufklärung. In der Folge ist sie nur widerwillig bereit, Schriftstücken eine Beweisbedeutung einzuräumen und drückt dies denn auch bevorzugt in negativen Wendungen aus. 75 So dürfe etwa das Fehlen solcher Unterlagen „nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt“.76 Ein Rückzug des Arztes auf Formulare und Merkblätter, die er vom Patienten hat unterzeichnen lassen, könne „nicht ausreichen und […] zudem zu Wesen und Sinn der Patientenerklärung geradezu in Widerspruch geraten“. „Allein entscheidend bleiben“ müsse vielmehr „das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patienten“, das „möglichst“ von jedem bürokratischen Formalismus frei bleiben sollte, zu dem auch das Beharren auf einer Unterschrift des Patienten gehören könne.77 Wenn der BGH das Aufklärungsgespräch hier als „allein entscheidend“ bezeichnet, ist dies nun allerdings in erster Linie eine materiellrechtliche Wertung, wonach die alleinige schriftliche Aufklärung nie – oder wie die spätere Rechtsprechung des Gerichts zeigen sollte, im Regelfall78 – nicht ausreicht, um den Anforderungen an die Aufklärung zu genügen. Prozessual bedeutsam sind diese Äußerungen also nur insoweit, als dem Arzt aus dem Fehlen einer schriftlich dokumentierten Aufklärung nicht ohne weiteres Beweisnachteile geschaffen werden sollen.79 Damit berührt der BGH einen ganz entscheidenden Punkt, nämlich das Verhältnis von Beweisthema und Hilfstatsachen. Die schriftliche Erklärung ist also nur Hilfstatsache, ohne dass ihr Fehlen dem Arzt die Möglichkeit nähme, das eigentliche Beweisthema – die Aufklärung des Patienten – auf anderem Weg nachzuweisen. Dass Beweisthema die mündliche Aufklärung ist, relativiert zugleich auch das Verdikt schriftlicher Formulare, das der BGH in dieser Schärfe denn auch gar nicht ausgesprochen haben wollte. Vielmehr bezeichnet er im Gegenteil „schriftliche Aufzeichnungen“ über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt in gleichem Atemzug „als nützlich und dringend zu empfehlen“.80 75 In der Zusammenstellung der einschlägigen Anforderungen bis heute grundlegend geblieben die Entscheidung des BGH vom 8.1.1985, NJW 1985, 1399 ff. 76 BGH NJW 1985, 1399. 77 BGH NJW 1985, 1399. 78 BGH NJW 2000, 1784, hierzu nachfolgend § 7 III. 79 Obwohl dies an anderer Stelle durchaus der Fall ist, wenn etwa bei einer nicht dokumentierten medizinischen Maßnahme bis zur Widerlegung durch den Arzt vermutet wird, dass die Maßnahme unterblieben ist, vgl. nur etwa BGH NJW 1988, S. 2949. 80 BGH NJW 1985, 1399. Das Gericht bezog sich hiermit auch keineswegs nur auf Eintragungen im Krankenblatt; vielmehr hat es auch – und erst recht – die Indizwirkung gerade jener Schriftstücke gewürdigt – vgl. BGH a.a.O., S. 1399 f. –, die nicht allein vom Arzt ange-

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Die hier zum Ausdruck kommende Unterscheidung von Beweisthema und Beweismittel kann in ihrer Bedeutung gar nicht überschätzt werden. Dass eine Formularaufklärung materiellrechtlich nicht ausreichend ist – entweder generell (so der BGH im Jahre 1985) oder doch im Regelfall (so der BGH im Jahre 2000) –, berührt lediglich die materiellrechtliche Ebene der Beweisführung, also die Benennung des relevanten Beweisthemas.81 Als Beweismittel scheidet das unterzeichnete Formular hingegen weder generell noch auch nur grundsätzlich aus. Die mit ihm verbundenen Gefahren einer Aushöhlung der ärztlichen Beweislast können also nicht durch eine generelle Zurückweisung als Beweismittel gebannt werden, sondern gebieten es, die einzelnen Unterschiede zu benennen, die eine unterschiedliche Handhabung gegenüber dem Beweiswert von privaten Vertragsurkunden gebieten.

3. Die abnehmende Beweiskraft von Formularerklärungen für den Nachweis äußerer und innerer Tatsachen des Aufklärungsgeschehens Wenn vorstehend die mündliche Aufklärung des Patienten als das maßgebliche Beweisthema beim Vorwurf von Aufklärungsfehlern bezeichnet wurde, ist dies nun freilich noch wieder unpräzise. Nach völlig herrschender Auffassung besteht die Aufklärung schließlich nicht allein schon in der bloßen Übermittlung von Informationen an den Patienten, sondern setzt vor allem auch das Verstehen dieser Informationen durch den Patienten voraus, das sich wiederum mindestens in ein sprachliches und ein intellektuelles Verständnis unterscheiden lässt. Wenn also nach der Beweiskraft der vom Patienten unterzeichneten Formularerklärung gefragt wird, müssen diese einzelnen Tatsachen jeweils gesondert beurteilt werden. Das macht es notwendig, zumindest idealtypisch zwischen zwei unterschiedlich gelagerten Ebenen des Beweisthemas zu unterscheiden, nämlich zwischen der Informationsübermittlung an den Patienten als einem äußeren Tatsachenereignis (a), und dem Verstehen dieser Informationen durch den Patienten als innerem Tatsachenereignis (b).82 In der Rechtsprechung ist diese Unterscheidung zwar angelegt, die jeweils relevanten Gesichtspunkte werden aber doch meist im Zusammenhang und dafertigt, sondern immerhin auch dem Patienten ausgehändigt und von ihm persönlich unterzeichnet wurden. Zum gut geführten Krankenblatt als insgesamt geeigneteren und ausreichenden Beweismittel Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (367). 81 Bei genauerer Betrachtung besteht freilich auch nach BGH NJW 2000, 1784, die Pflicht zur Eröffnung einer mündlichen Aufklärungsebene, wenn auch nur noch in Form einer bloßen Gesprächsgelegenheit. Hierzu eingehender unten § 7 III und § 10 II 3 b) bb). 82 Damit deuten sich bereits die beiden großen Komponenten des später eingehender zu erörternden Gebots äußerer und inhaltlicher Transparenz medizinischer Formularerklärungen an, unten § 12 III 2.

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mit ungegliedert abgehandelt. So führt etwa der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 8. Januar 1985 aus, dass sich die Vorinstanz „nicht mit der formularmäßigen Einverständniserklärung der Kl. [hätte] begnügen dürfen. Das ganz allgemein abgefaßte Schriftstück war weithin inhaltslos. Abgesehen davon beweist die Unterzeichnung derartiger Formulare für sich allein noch nicht, daß der Patient sie auch gelesen und verstanden hat, geschweige denn, daß der Inhalt mit ihm erörtert worden ist. Aushändigung und Unterzeichnung von Formularen und Merkblättern ersetzen nicht das erforderliche Aufklärungsgespräch, und erst recht kann ihnen nicht entnommen werden, daß der Patient über ein nicht ausdrücklich erwähntes Risiko informiert worden ist“.83

Das Beispiel zeigt, dass die beweisrechtliche Beurteilung von Formularerklärungen nicht nur durch die Einbeziehung einer materiellrechtlichen Ebene erschwert wird,84 sondern auch durch eine fehlende Trennung der einzelnen Unter-Beweisthemen. Die betroffenen Formulare selbst greifen die einzelnen Beweisthemen hingegen mehr aus Gründen eines sprachlich ökonomischen Aufbaus im Zusammenhang auf. Für die ärztliche Heilbehandlung lautet der zentrale Inhalt eines entsprechenden Vordrucks sinngemäß etwa – auf die einzelnen Unterschiede der vielen im Umlauf befindlichen Erklärungen kann es insoweit nicht ankommen – wie folgt: Über den geplanten Eingriff sowie eventuell erforderliche Erweiterungsmaßnahmen hat mich Frau / Herr Dr. … in einem Aufklärungsgespräch ausführlich informiert. Dabei konnte ich alle mir wichtig erscheinenden Fragen über Art und Bedeutung des Eingriffs, über spezielle Risiken und mögliche Komplikationen sowie über Neben- und Folgemaßnahmen und ihre Risiken stellen. Ich habe keine weiteren Fragen, fühle mich ausreichend aufgeklärt und willige hiermit nach ausreichender Bedenkzeit in die geplante Operation ein. Mit unvorhersehbaren, erforderlichen Erweiterungen des Eingriffs bin ich ebenfalls einverstanden. (Es folgen die handschriftliche Angabe von Ort, Datum und Uhrzeit sowie die Unterschrift des Patienten.)

Der wesentliche Kern der Formularerklärungen zur Teilnahme an einer klinischen Prüfung unterscheiden sich hiervon häufig nur marginal. Sie lauten sinngemäß etwa: Ich bin in einem persönlichen Gespräch durch den Prüfarzt … ausführlich und verständlich über das Prüfmedikament und die Vergleichstherapie sowie über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden. Ich habe darüber hinaus den Text der Patienteninformation sowie die hier nachfolgend abgedruckte Datenschutzerklärung gelesen und verstanden. Ich hatte die Gelegenheit, mit dem Prüfarzt über die Durchführung der klinischen Prüfung zu sprechen. Alle meine Fragen wurden 83 BGH NJW 1985, 1399. Zum Verständnis des Patienten noch pointierter OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771: „Die erwähnten Urkunden belegen aber keineswegs auch, daß die Kl. überhaupt in der Lage war, die ihr etwa zuteil gewordene Aufklärung über die Art und Weise des geplanten Eingriffs zu verstehen.“ Vgl. auch Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (366). 84 Vorstehend unter § 7 II 2.

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zufrieden stellend beantwortet. Ich hatte ausreichend Zeit, mich zu entscheiden. Mir ist bekannt, dass ich jederzeit und ohne Angabe von Gründen meine Einwilligung zur Teilnahme an der Prüfung zurückziehen kann (mündlich oder schriftlich), ohne dass mir daraus Nachteile für meine medizinische Behandlung entstehen. Ich erkläre mich bereit, an der oben genannten klinischen Prüfung freiwillig teilzunehmen. Ein Exemplar der Patienten-Information und -Einwilligung habe ich erhalten.85

Die Beispiele zeigen, dass die Formulare selbst die einzelnen Beweisthemen zwar in fließendem Übergang abhandeln, aber doch gedanklich und chronologisch gegliedert. Während zunächst die Durchführung der Aufklärung (und gegebenenfalls die vorab erfolgte Aushändigung der schriftlichen Aufklärungsinformationen) bestätigt wird, beschreibt die Erklärung sodann den Inhalt dieses Gesprächs, wie schließlich dann das Verständnis dieser Informationen und das fehlende Bedürfnis nach weiterem Wissen zum Ausdruck gebracht wird.

a) Zur gestuften Beweiskraft von Formularerklärungen für die Durchführung und den Inhalt der mündlichen Aufklärung Betrachten wir insoweit nun zunächst das äußere Aufklärungsgeschehen. In der Beweisführung zerfällt es wiederum in zwei Schritte. So wird zunächst gefragt, ob der Arzt mit dem Patienten überhaupt ein Aufklärungsgespräch geführt hat (aa), bevor es dann erst in einem zweiten Schritt darauf ankommen kann, ob Gegenstand dieses Gesprächs auch das konkret verwirklichte Risiko war (bb).86

aa) Die vorherige mündliche Aufklärung als typischer Geschehensablauf? Die größte Beweiskraft misst die Rechtsprechung der Formularerklärung noch für den Nachweis bei, ob ein Aufklärungsgespräch überhaupt stattgefunden hat. Wenn der BGH dabei die Formulierung gewählt hat, dass „die Unterzeichnung derartiger Formulare für sich allein noch nicht“ beweist, dass der 85 Von den weiteren Einzelheiten, insbesondere der nach § 40 I 3 Nr. 3 c), 2. HS. AMG erforderlichen Ausdrücklichkeit der Einwilligungserklärung in die Datenverarbeitung bei der Teilnahme an einer klinischen Arzneimittelprüfung, sei insoweit abgesehen. 86 Die hier im Einzelnen denkbaren Fallgruppen sollen dabei weitgehend außer Betracht bleiben. Wurde der Patient etwa zwar über das konkret verwirklichte Risiko aufgeklärt, wurde ihm jedoch keine ‚Grundaufklärung‘ zuteil, scheint auf den ersten Blick schon die Aufklärung insgesamt zu fehlen. Tatsächlich geht es hier aber um den konkreten Inhalt der Aufklärung und die Frage, ob dieser Inhalt zum essentiellen Bestandteil der Aufklärung gehörte. Wurde umgekehrt über das konkret verwirklichte Risiko nicht aufgeklärt, wäre der Schaden aber gleichwohl eingetreten oder hätte der Patient gleichwohl eingewilligt, berührt dies zwar auch den Inhalt der Aufklärung, das eigentliche Problem der rechtlichen Beurteilung liegt aber beim fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang bzw. beim Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens; vgl. hierzu die oben insbesondere zu § 3 II 2 a) aa) (3) erörterten Fallkonstellationen.

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Inhalt mit dem Patienten erörtert worden ist, wird die Formularerklärung freilich nicht nur überhaupt als Hilfstatsache, sondern auch als für sich genommen nicht hinreichende Hilfstatsache gewertet. In beweisrechtliche Kategorien gewendet, erwägt der BGH hier also keinen Anscheinsbeweis, 87 sondern allein einen Indizienbeweis, was er denn auch unmissverständlich zum Ausdruck bringt: „Die Existenz einer unterschriebenen Einwilligungserklärung des Patienten kann nur ein Indiz dafür sein, daß vor der Unterzeichnung überhaupt ein Aufklärungsgespräch über die Operation und deren mögliche Folge geführt worden ist“.88 Die Absage an den Anscheinsbeweis bereits auf dieser ersten Stufe der Beweiswürdigung hat weitreichende Folgen für die heutige Einschätzung der Beweiskraft medizinischer Formularerklärungen. Der Sache nach ist der BGH der Überzeugung – anders ließe sich der Ausschluss des Anscheinsbeweises jedenfalls nicht rechtfertigen –, dass bei der Aufklärung des Patienten nicht die Annahme eines typischen Geschehensablaufs möglich ist, wie sie der Anscheinsbeweis erfordert.89 Das ist nun sicherlich richtig, wenn man mit den Worten ‚Aufklärung des Patienten‘ den gesamten Geschehensprozess vor Augen hat oder sich vereinfachend auf den Standpunkt stellt, dieses Geschehen lasse sich (auch nur in rechtlicher Hinsicht) nicht näher in einzelne Abschnitte aufspalten – obschon die heutigen Formulare diese Schritte im Einzelnen aufführen. Präziser dürfte es demgegenüber sein, das Geschehen nicht nur in seinen einzelnen tatsächlichen Bestandteilen zu würdigen, sondern auch die Frage der Typisierbarkeit für jeden einzelnen Abschnitt der Aufklärung gesondert zu beantworten. Kann man von der Abgabe einer Einwilligungserklärung nun also darauf schließen, dass ihr typischerweise eine mündliche Aufklärung – noch ungeachtet ihres Inhalts – überhaupt vorausging oder ist eine Vielzahl individueller Verhaltensweisen denkbar, die ebenso wie die Durchführung eines Aufklärungsgesprächs zur Abgabe der Einwilligungserklärung führen können?90 Tatsäch87

So aber OLG München, VersR 1979, 848. BGH NJW 1985, 1399. 89 Zum Typizitätspostulat als Grundlage des Anscheinsbeweises und zu dessen Entstehung als Schöpfung der Rechtsprechung Lepa, in: FS-Deutsch (1999), S. 635 f., mit Blick auf den vom Reichsgericht entschiedenen Schiffskollisionsfall, RGZ 21, 104 (110), und zuvor bereits ders., Beweislast und Beweiswürdigung im Haftpflichtprozeß, S. 57 ff. 90 Zur fehlenden Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für individuelle Verhaltensweisen vgl. nur etwa Thomas/Putzo, § 286 ZPO Rz. 15; BGH NJW 1983, 1548 (1551). Mit Blick auf die Beweislastverteilung spricht Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (454), denn entsprechend davon, dass der Arzt nicht nur die Beweislast für das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten trägt, sondern auch für „ein der Situations- und Personenbezogenheit des Selbstbestimmungsrechts des Patienten genügendes Aufklärungsgespräch“. Bedeutung erlangt der Anscheinsbeweis in erheblichem Umfang für den Nachweis des Behandlungsfehlers, vgl. hierzu etwa die Übersicht bei Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 108 Rz. 1 ff., der freilich zu Recht darauf aufmerksam macht, dass den Befunden selbst vielfach schon die Typizität fehlt, a.a.O. Rz. 3, was natürlich nicht selten auch für ein je nach Konstitution und 88

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lich wird die mündliche Aufklärung vor Abgabe einer solchen Erklärung die Regel sein. Dass sich andererseits auch derjenige Patient, der nicht aufklärungsbedürftig oder hierzu nicht willens ist, kaum der Bitte um eine Unterschrift „nur für die Akten“ verschließen wird, gehört allerdings nicht minder zum heutigen Klinikalltag.91 Nur die wenigsten Ärzte werden trotz entsprechender Dienstanweisungen und nahezu stets präsenten Haftungssorgen von einer solchen Unterschrift absehen, sondern gleichwohl die Unterzeichnung der Aufklärungsbestätigung fordern. Auch die schriftliche Bestätigung des Verzichts auf die mündliche Aufklärung ist hier zwar denkbar, wird aber angesichts der strengen materiellrechtlichen Anforderungen an die Wirksamkeit eines solchen Verzichts erst recht die Ausnahme darstellen. Im Ergebnis kann dem BGH daher nur beigepflichtet werden, die Kategorie des Anscheinsbeweises abzulehnen. Denn wenn hier auch nur zwei bis drei alternative Geschehensabläufe in jedem Einzelfall denkbar sind, ist die vorausgegangene mündliche Aufklärung gerade nicht mehr typisch. Anders als sonst in Fällen des Anscheinsbeweises kann von den Besonderheiten des Einzelfalls hier also gerade nicht abgesehen werden. Mag es also bei einem Auffahrunfall unerheblich sein, welche Gründe genau für das Auffahren ursächlich waren, weil der Auffahrende jedenfalls „irgendwie schuldhaft“ gehandelt hat,92 kann von den Ursachen für die Abgabe der Einwilligungserklärung gerade nicht abgesehen werden. Wenn also die mündliche Aufklärung die Regel bildet, aber auch Ausnahmen denkbar sind, kommt statt des Anscheinsbeweises nur der Indizienbeweis in Frage.93 Wenn die Indizientatsachen dabei einer Gewichtung zugänglich sind, liegt es auf dieser Ebene nun allerdings nahe, der Abgabe einer Gesundheitszustand beträchtlich variierendes Behandlungsgeschehen gelten kann. Vgl. ferner MüKo-Wagner, § 823 Rz. 730 f., m.w.N. 91 Wie denn gelegentlich sogar das Abzeichnen des Aufklärungsvermerks im Krankenblatt vom Patienten erbeten wird, vgl. etwa den vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall, NJOZ 2001, 1960 (1964). Sowohl das Recht zur Einwilligung als einer Bilanzentscheidung des Patienten wie auch zu seinem jederzeitigen Widerruf wird schließlich erheblichen Gefahren ausgesetzt, wenn die weitere Aufklärung nicht selten unter den Vorbehalt gestellt wird, dass sich der Patient zunächst einmal für den Eingriff entscheidet, wenn also – um zeitliche und personelle Ressourcen zu sparen – z.B. die Anästhesieaufklärung davon abhängig gemacht wird, dass der Patient zunächst seine Einwilligung in die Operation erklärt. 92 So die plastische Formulierung von Lepa, in: FS-Deutsch (1999), S. 635 f., mit der dieser auf die mit der Typizität verbundene höhere Abstraktionsebene der rechtlichen Bewertung aufmerksam macht. 93 Zur Abgrenzung von Anscheinsbeweis und Indizienbeweis eingehend Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, § 25 (S. 94 ff.). Lediglich Indizienkraft kommt denn auch der Behauptung des Arztes zu, die von ihm behauptete Aufklärung entspräche ständiger Übung, vgl. Müller, NJW 1997, 3049 (3051 f.); dies., DRiZ 2000, 259 (264); BGH NJW 1986, 2885. Zur Einordnung der sog. „immer-so-Rechtsprechung“ des BGH als Fall des Anscheinsbeweises hingegen Lepa, in: FS-Deutsch (1999), S. 635 (641), was ohne näheres Eingehen auf die Maßgeblichkeit der typischen Verhaltensweise lediglich eines individuellen Arztes allerdings wenig überzeugt.

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Einwilligungserklärung dann ein umso höheres Gewicht beizumessen, wenn sie explizit die mündliche Aufklärung bestätigt. Für die Prozessposition des Patienten ist der Indizienbeweis – und das wird für den Standpunkt des BGH unausgesprochen nicht ohne Bedeutung gewesen sein – günstiger. Müsste er beim Anscheinsbeweis die Überzeugungsbildung des Richters erschüttern, indem er die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs substantiiert darlegt,94 kann das Formular im Rahmen eines Indizienbeweises nicht allein, wohl aber in widerspruchsfreiem Zusammenhang mit weiteren Hilfstatsachen, die Überzeugung des Richters nach § 286 I ZPO tragen, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen. Dass dies angesichts der höchstrichterlichen Vorgabe für den Richter, keine überzogenen Anforderungen an die Beweisführung des Arztes zu stellen,95 nicht selten dazu führen wird, als weiteres Indiz lediglich die Aussage des Arztes in seiner Parteivernehmung nach § 448 ZPO heranzuziehen, lässt diesen Prozessvorteil freilich nicht weitreichend erscheinen, wirkt er sich in diesem längst nicht seltenen Fall doch umgekehrt zugunsten des Arztes aus.96

bb) Der Inhalt des Aufklärungsformulars als typischer Gegenstand der mündlichen Aufklärung? Stellen wir nun die gleiche Frage der Typizität des Geschehensablaufs für den Inhalt der mündlichen Aufklärung, wobei auf der Hand liegt, dass hier nun erst recht kein Anscheinsbeweis in Betracht kommt. Würde der Arzt im Gegenteil mündlich lediglich über die im Aufklärungsformular erwähnten Risiken aufklären, würde er vielmehr – selbst bei idealer inhaltlicher Gestaltung des Formulars – regelmäßig seine Aufklärungspflicht verletzen. Denn dass der Gesundheitszustand des Patienten und das Risikospektrum des geplanten Eingriffs so gleichförmig sind, dass jeder Patient in nahezu identischer Weise aufgeklärt werden kann, ohne dass individuelle Unterschiede noch eine spürbare Relevanz besäßen, wird man, wenn überhaupt, nur ganz ausnahmsweise sagen können. Das lebhafte Echo, das der entsprechende Vorstoß des BGH für Routine-Impfungen im Jahr 2000 geerntet hat, gibt insoweit ein beredtes Zeugnis ab. Besteht der typische Geschehensablauf aber darin, dass die mündliche Auf94 Zu der neueren Tendenz der Rechtsprechung – vgl. etwa BGH VersR 1996, 772 –, als Zwischenstufe zwischen typischem Geschehensablauf und Erschütterung des Anscheinsbeweises zunächst noch zu prüfen, ob der Geschehensablauf auch dann noch als typisch zu werten ist, wenn der übrige – unstreitige oder festgestellte – Prozessstoff in die wertende Betrachtung miteinbezogen wird, Lepa, in: FS-Deutsch (1999), S. 635 (637). 95 Hierzu oben § 7 II 2 a). 96 Wie der BGH es denn an anderer Stelle offenbar sogar für möglich hält, allein vom Formular auf die mündliche Aufklärung zu schließen, wenn er die Indizwirkung der schriftlichen Einwilligungserklärung lediglich „unter diesen Umständen“ – nämlich angesichts substantiierten Gegenvortrags der Patientin – für unzureichend erachtet, um den dem Arzt obliegenden Beweis „ohne weiteres“ als geführt anzusehen, vgl. BGH NJW 1989, 863 (864).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

klärung von der schriftlichen Information abweicht, um den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen, kann hier ein Anscheinsbeweis schon nicht ernsthaft in Betracht kommen. Welcher – damit wiederum nur verbleibender – Indizienwert kommt der Formularerklärung nun aber für den Inhalt der mündlichen Aufklärung zu? Die Rechtsprechung verfährt hier vergleichsweise großzügig. Wenn der BGH feststellt, dass von der Existenz einer unterschriebenen Einwilligungserklärung nur, aber eben immerhin, ein Indiz dafür ausgeht, „daß vor der Operation überhaupt ein Aufklärungsgespräch über die Operation und deren mögliche Folgen geführt worden ist“,97 so erstreckt er die Indizienkraft schon im Ansatz über die bloße Tatsache einer mündlichen Aufklärung hinaus (‚überhaupt ein Aufklärungsgespräch‘) auch auf deren Inhalt (‚über die Operation und deren mögliche Folgen‘).98 Nur ‚weithin inhaltlosen‘ Pauschalerklärungen wird diese Indizienkraft ganz abgesprochen.99 Diese Indizienbedeutung trägt also zunächst in positiver Hinsicht. Besteht Streit über den Inhalt des Aufklärungsgesprächs, wird das vom Patienten unterzeichnete Formular in der Praxis der Gerichte geradezu Punkt für Punkt überprüft.100 Damit wird der Inhalt der mündlichen Aufklärung weitgehend nach dem Inhalt der Risikoerläuterung in der unterschriebenen Einwilligungserklärung bestimmt, und auch für den Beweis des Aufklärungszeitpunkts wird das Formular herangezogen.101 Die Bedenken, die gegen die Annahme eines 97 BGH NJW 1985, 1399; BGH NJW 1994, 3010. Vgl. auch etwa OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771; OLG Frankfurt, VersR 1994, 986 (987). Aus der Literatur nur etwa Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 15 f.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, § 823 Anhang C II Rz. 44. Diese Indizienbedeutung wird dann auch für die Behandlungsfehlerhaftung fruchtbar gemacht, soweit ein Behandlungsfehler in Form der Verletzung einer Sicherheitsaufklärungspflicht des Arztes behauptet wird, vgl. etwa OLG München, NJW-RR, 1995, 85 (87). 98 Was dann im Übrigen nicht nur Konsequenzen für die Beweisführung im Prozess hat, sondern sich auch materiellrechtlich auf die Sorgfaltspflichten eines weiter behandelnden Arztes auswirken kann, der unter den gleichen Voraussetzungen davon ausgehen kann, dass der Patient von dem auf dem Aufklärungsbogen genannten Arzt bereits hinlänglich informiert wurde und daher keiner weiteren Aufklärung bedarf; vgl. hierzu etwa OLGR Karlsruhe 2001, 147 (148). Freilich trägt der Arzt auch hierfür die Beweislast, vgl. nur etwa Laufs, Gynäkologe 1989, 364. Zu einem Indizienwert allein für die Tatsache der Durchführung eines Aufklärungsgesprächs hingegen Stellpflug/Meier/Tadayon-Meier, Medizinrecht, F 1000 Rz. 90. 99 BGH NJW 1985, 1399; auch Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (365). 100 Lepa, in: FS-Geiß (2000), 449 (455), mit Blick auf BGH VersR 1984, 465 (467). 101 Lepa, in: FS-Geiß (2000), 449 (455). Aus der Rechtsprechung jüngst etwa OLG München, Entscheidungen vom 29.11.2007, Az. 1 U 4986/07 (Spinalanästhesie), und 15.5.2008, Az. 1 U 4810/07 (Dekompressions-OP); vgl. ferner OLG Stuttgart, MedR 2003, 413 (415); Schlund, JR 2001, 107 (108). Zur Indizienkraft eines unterzeichneten Aufklärungsformulars auch für den dort eingetragenen Zeitpunkt vgl. jüngst OLG München, Urteil vom 17.01.2008, Az. 1 U 1541/07: „Der Aufklärungsbogen datiert vom 28.07.1999, so dass davon auszugehen ist, dass dieses Aufklärungsgespräch am Tag vor der Operation stattgefunden hat.“

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

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Anscheinsbeweises sprechen, schlagen sich dann freilich auch hier bei der Gewichtung der einzelnen Indizien nieder. Während das lediglich unterzeichnete Aufklärungs- und Einwilligungsformular also eine mittlere Indizienkraft besitzt, steigert sich diese erheblich, wenn sich in dem Formular – wie durch entsprechende Aussparungen häufig schon vorgesehen – handschriftlichen Ergänzungen finden.102 Hier drängt sich die vorherige Durchführung eines Aufklärungsgesprächs also auf, weil die handschriftlichen Einträge nur als Ausdruck eines Ergänzungsbedarfs begriffen werden können. Die erhöhte Beweiskraft dieses handschriftlichen Eintrags wird der Patient in der Regel kaum untergraben können. Hier bleibt ihm praktisch nur der Einwand, der handschriftliche Eintrag sei nach seiner Unterschrift eingefügt worden. Die Beweislast für diese Behauptung wird nun allerdings dem Patienten aufgebürdet, insoweit wird also doch auf den zu Vertragsurkunden entwickelten Grundsatz zurückgegriffen, dass sie die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des verlautbarten Inhalts begründen.103 Weniger weitreichende Konsequenzen hat hingegen der Einwand des Patienten, der Arzt habe entgegen dem Formularinhalt mündlich verharmlosende Erklärungen gleichsam in Korrektur oder Rücknahme des Erklärungstextes abgegeben. In einem solchen Fall bleibt der Arzt für eine ordnungsgemäße, insbesondere auch mündlich einschränkungslose Risikoaufklärung voll beweisbelastet.104 Über diese positive Beweisbedeutung hinaus geht von dem unterzeichneten Aufklärungsformular dann aber auch eine negative Indizienkraft aus. Werden 102 Vgl. Lepa, in: FS-Geiß (2000), 449 (455). Lediglich von einer gesteigerten Substantiierungslast des Patienten als Folge handschriftlicher Ergänzungen spricht hingegen OLG Oldenburg, VersR 1994, 1426 (1427). 103 Lepa, in: FS-Geiß (2000), 449 (458), mit Blick auf das nicht zur Revision angenommene Urteil des OLG Frankfurt, VersR 1994, 986 (987), das diese Grundsätze scheinbar uneingeschränkt anwendet – der Sache nach behaupte die Kl. eine Urkundenfälschung – und Erörterungsbedarf lediglich im Hinblick auf die an sich zur Klägerin nicht bestehenden Vertragsbeziehungen des behandelnden Arztes sieht. Erneut OLG Frankfurt, VersR 1999, 758 (759), wenn es „die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der von der Kl. in der Urkunde vom 10.4.1991 niedergelegten Einverständniserklärung bestätigt“ sieht. Schon als unsubstantiierte Behauptung „ins Blaue“ wurde ein Vorbringen gewertet, durch das die geschädigte Patientin die nachträgliche Einfügung eines handschriftlichen Eintrags – freilich in die Behandlungsunterlagen – behauptete, ohne hierfür auch im Rahmen ihrer Anhörung als Partei nach § 141 ZPO überhaupt nur einen konkreten Anhaltspunkt vortragen zu können, vgl. OLG Bremen, VersR 2000, 1414 (1414 f.). Ebenso Palandt-Sprau, § 823 Rz. 163; ablehnend hingegen, unter Verweis auf §§ 6 und 11 Nr. 15b AGBG Teichner, NJW 2002, 276. Zur Vermutung, dass der Text über der Unterschrift des Patienten mit seinem Willen dort steht und somit echt ist, Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (366); OLG München, VersR 1988, 1136. 104 Was genau genommen eine Abkehr von dem Grundsatz darstellt, dass die Beweislast für außerhalb der Urkunde liegende Umstände die Partei trifft, die sich auf sie beruft, vgl. hierzu BGH NJW 1999, 1702 (1703); Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht I, § 133 Rz. 2. Dass das Fehlen der Unterschrift des Patienten kein Indiz dafür ist, dass er seine Einwilligung nicht oder nicht wirksam abgegeben hätte, betont denn auch Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (367).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

also einzelne Risiken im Formular aufgeführt, das streitrelevante Risiko hingegen nicht, ist die Erklärung des Patienten kein Indiz dafür, dass er über dieses streitrelevante Risiko informiert worden ist.105 Das bedeutet nicht notwendig, dass nun umgekehrt ein Indiz dafür bestehen muss, dass der Patient nicht entsprechend aufgeklärt wurde. Allerdings wird der Richter hieran angesichts der Lücke im Aufklärungsformular doch zumindest erhebliche Zweifel haben.106 Für den Arzt hat das bereits die bedeutsame Konsequenz, dass ihm für die weitere Beweisführung gerade nicht die Möglichkeit zur Verfügung steht, gemäß § 448 ZPO als Partei vernommen zu werden. Denn angesichts der fehlenden Indizwirkung des Formulars und im Gegenteil aufkommender Zweifel des Gerichts fehlt es gerade an der hierfür erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit oder dem sogenannten ‚Anbeweis‘ für die Richtigkeit der ärztlichen Behauptung. Hier bleibt dem Arzt praktisch also nur noch der Zeugenbeweis, wobei die Rechtsprechung je nach Tragweite des schriftlichen Aufklärungsfehlers dem Arzt allerdings eine hohe Substantiierungslast hinsichtlich der mündlichen Klarstellung aufbürdet.107 Stehen Zeugen nicht zur Verfügung, wird der Arzt regelmäßig den Prozess verlieren. Unterbleiben in einem Formular vorgesehene Ankreuzungen, ist es nur eingeschränkt geeignet, als Indiz für eine ordnungsgemäße Aufklärung herangezogen zu werden, wie schließlich das Fehlen einer Eintragung in einem für die Bezeichnung des mündlich aufklärenden Arztes vorgesehen Feld dafür spricht, dass eine mündliche Aufklärung des Patienten überhaupt nicht erfolgt ist.108

105 BGH NJW 1985, 1399; auch BGH NJW 1984, 1397 (1398 f.), zur Aufklärung über vom Rückgrat ausgehende Lähmungsfolgen bei Bestrahlungstherapie; BGH NJW 1994, 793 (793 f.), zur fehlenden Aufklärung über die naheliegende Gefahr von Verletzungen der Augenhöhle mit dadurch eintretenden Sehstörungen bei einer endonasalen Siebbeinoperation. Vgl. auch OLG München, VersR 1988, 525 (526), sowie für die Übernahme dieser Grundsätze zum Beweis eines Behandlungsfehlers durch Verletzung der Sicherheitsaufklärungspflicht OLG München, NJW-RR 1995, 85 (87). 106 So Lepa, in FS-Geiß (2000), 449 (455 f.). Noch weitergehend Deutsch, NJW 1984, 1399, als Anmerkung zu BGH NJW 1984, 1397, der – allerdings ohne nähere Festlegung auf eine beweis- oder materiellrechtliche Argumentationsebene – der schriftlichen Aufklärung die Bedeutung beimisst, den Inhalt der Aufklärung zu begrenzen, „sofern nicht ein Aufklärungsgespräch mit feststellbarem Inhalt daneben stattgefunden hat“. 107 Noch schärfer BGH NJW 1992, 2351 (2352 f.), der im angeführten Fall einer Stimmbandverletzung infolge Kropfoperation gebilligt hat, dass die erste Instanz „einen etwaigen mündlichen Hinweis des Bekl. gegenüber der Kl., das Risiko einer Schilddrüsenoperation bestehe vor allem in einer Schädigung des Stimmbandnervs und als deren Folge in einer bleibenden Heiserkeit, nicht als ausreichende Richtigstellung des vorher der Kl. ausgehändigten Merkblattes angesehen hat, in dem die Komplikationsdichte bei Rezidivoperationen verharmlost worden war“. Ähnlich OLG Stuttgart, NJWE-VHR 1997, 256 (257), zur Notwendigkeit einer mündlichen Richtigstellung des schriftlich verharmlosten Risikos. 108 Vgl. jüngst OLG Brandenburg, Urteil vom 25.10.2007, Az. 12 U 79/06, sowie zur fehlenden Eintragung des Namens BGH NJW 1994, 793 (794); Müller, NJW 1997, 3049 (3052).

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

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Aus dem Fehlen einer schriftlichen Einwilligungserklärung überhaupt dürften sich hingegen kaum entscheidende Beweisnachteile ableiten lassen. Zwar meint etwa das OLG Hamburg, „die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arztes zum Zeitpunkt und Inhalt des Aufklärungsgesprächs“ seien in einem solchen Fall erhöht, weil die schriftliche Einverständniserklärung des Patienten „in der klinischen Praxis an sich zu fordern“ sei.109 Diese Sichtweise übergeht aber die berechtigte Forderung des BGH, dass „auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall keine Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben [muss], den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen“.110 Weitgehend ausgeblendet haben Rechtsprechung und Literatur schließlich hingegen die Frage, inwieweit die Länge und Detailfülle eines unterzeichneten Aufklärungstextes Einfluss auf die Indizienkraft des Formulars nehmen.111 Die von den verschiedenen Fachverlagen herausgegebenen Formulare zu Standardeingriffen der Schulmedizin enthalten häufig auf einem gefalteten DIN A3Bogen die wesentlichen Kernaussagen zum bevorstehenden Eingriff. Sie geben etwa einen Überblick über den anatomischen Hintergrund, die Art und Weise der Durchführung des Eingriffs, über die mögliche Notwendigkeit einer Eingriffserweiterung, die Erfolgsaussichten und denkbare Komplikationen, eventuelle Behandlungsalternativen und auch schon postoperative Verhaltensmaßgaben. Lässt sich noch gut vorstellen, dass ein Arzt diese Informationen – gleichsam als geistiges Formular – auch als Programm für seine mündliche Aufklärung vor Augen hat, wird man dies bei längeren Aufklärungsbögen zunehmend bezweifeln können.112 Bei den ausufernden Aufklärungsinformationen für die Teilnehmer an klinischen Arzneimittelprüfungen schließlich er109

OLGR Hamburg 2004, 324 (332). Ähnlich OLG München, MedR 2006, 431 (432), wonach die fehlende Ausfüllung eines Aufklärungsformulars ein Indiz dafür bildet, dass es im konkreten Fall nicht verwendet wurde. 110 BGH NJW 1985, 1399 (1399 f.). Unklar Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (365), wenn es dort einerseits heißt, jeder Formulartext müsse ausreichende individuelle Zusätze enthalten, um als beweistauglich gelten zu können, andererseits die Ergänzungsbedürftigkeit spezialisierter Formulare dann aber doch, S. 366, von den Umständen des Einzelfalls abhängig gemacht wird. 111 Vgl. aber OLG Nürnberg, VersR 1996, 1372 (1373), wo eine sachgerechte Vorabaufklärung durch Aushändigung einer 91 Seiten starken Schrift über Operationen in der Frauenheilkunde offenbar schon nicht für möglich gehalten wurde, die Indizienkraft für die mündliche Aufklärung denn auch gar nicht weiter thematisiert wurde. 112 Anders noch Laufs/Kern, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 47, die damals nur für den Bereich der HNO-, der Frauenheilkunde und der Bauchchirurgie anerkannten, dass ‚recht brauchbare Formulare‘ vorlägen, und für die absehbare Fortentwicklung dieses Formularwesens anmahnten, dass die Formulare „unbedingt immer Raum für individuelle ergänzende Einträge“ vorsähen und auch genutzt würden; grob gefasste Routineformulare genügten keineswegs. Von positiven Erfahrungen mit Aufklärungsformularen für Standardoperationen bestimmter Fächer berichtet hingegen dann Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (366).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

scheint die Vorstellung schon bald abwegig. Ob ein streitrelevantes Risiko in einem Formular überhaupt erwähnt wurde, kann so betrachtet allein noch nicht ausschlaggebend für dessen Indizienkraft sein. Vielmehr wird man auch die weitere Überlegung einzubeziehen haben, ob es neben einer geringen Zahl weiterer konkret einschlägiger Risiken aufgeführt wird oder in einer Liste sämtlicher je bekannt gewordener Komplikationen. Als neuralgischer Punkt für die rechtliche Beurteilung derartiger Formulare erweist sich damit ihre Transparenz. Inwieweit sich diese anhand der formularvertraglich herausgebildeten Maßstäbe beurteilen lässt, wird noch eingehender zu erörtern sein.113 Betrachten wir zunächst hingegen über die Indizienkraft von Formularerklärungen für den Inhalt der Aufklärung hinaus nun auch die Indizienkraft für das Verstehen des Patienten.

b) Zur begrenzten Beweiskraft von Formularerklärungen für individuelles Verstehen Während die Indizienkraft von Formularerklärungen für Durchführung und Inhalt der mündlichen Aufklärung groß ist, gilt dies in längst nicht vergleichbarer Weise dafür, ob der Patient die Aufklärung des Arztes auch verstanden hat. Tatsächlich ist die Rechtsprechung in diesem Punkt ambivalent. Überlagert wird sie durch das dictum des BGH, dass die „Unterzeichnung derartiger Formulare für sich allein noch nicht [beweist], daß der Patient sie auch gelesen und verstanden hat, geschweige denn, daß der Inhalt mit ihm erörtert worden ist.“114 Ohne dies überhaupt zu verbalisieren, steht hier die Überlegung im Hintergrund, dass das menschliche Verstehen von so vielen und individuellen Faktoren abhängig ist, dass es keiner Typisierbarkeit zugänglich erscheint. Man denke nur, um längst nicht alle Umstände aufzuzählen, insbesondere an das Alter, den Bildungsgrad und die Intelligenz des Patienten, seine akademischen oder krankheitsbedingten Vorkenntnisse, seine psychisch und physisch bedingte Aufnahmekapazität usw. Kann von der Unterzeichnung entsprechender Formularerklärungen hier also ein Anscheinsbeweis schon nicht mehr ernsthaft in Frage kommen, wird der Formularerklärung durch solche apodiktischen Äußerungen aber im Grunde auch die Bedeutung eines Indizes abgesprochen. Das bedarf kritischer Würdigung. Denn zum einen werden beweisrechtliche Verbindungslinien zwischen Formularerklärung und Verstehen in der Rechtsprechung sehr wohl gezogen, soweit sprachliche Verständnisdefizite betroffen sind (aa). Auf das Verstehen des Patienten wird dann aber auch zurückgeschlossen, wenn in der Rechtsprechung – freilich sehr zurückhaltend – Frageobliegenheiten des Patienten für über das Formular hinausgehende Aufklärungsinformationen aufgestellt werden (bb). Sehr viel grundlegender kann man die 113 114

Unten § 12. BGH NJW 1985, 1399.

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

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Zweifel auch dahin formulieren, auf welche anderen Anhaltspunkte die Beweiswürdigung hier überhaupt zurückgreifen soll, wenn nicht auf das Verhalten des Patienten. Dass die Unterzeichnung einer Einwilligungserklärung nach erfolgter Aufklärung nicht einmal ein Indiz dafür sein soll, dass der Patient sich über die Bedeutung seiner Erklärung auch im Klaren war – die Aufklärung also verstanden hat –, erscheint vor diesem Hintergrund zu weit gegriffen (cc).

aa) Zum Problem des Sprachvermögens Dass das Sprachvermögen für die mündliche Aufklärung des Patienten von entscheidender Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Bestehen hieran Zweifel, findet es entsprechend Eingang in die Beweisaufnahme oder führt doch zumindest zur Anhörung des Patienten als Partei nach § 141 ZPO.115 Scheitern kann die Aufklärung dabei allerdings nicht nur am fehlenden Sprachvermögen des Patienten,116 sondern auch an entsprechenden Defiziten des Arztes.117 Ist mit Sprachvermögen dabei auch in erster Linie die jeweilige Landessprache gemeint, stellt dann freilich auch die Unkenntnis nur einzelner Wörter ein Sprachdefizit dar, das zu fehlendem Verständnis führen kann. Das betrifft vor allem den auch gegenüber Patienten häufig anzutreffenden Gebrauch medizinischer Fachbegriffe meist lateinischen Ursprungs.118 Behauptet etwa der Arzt, er habe den Patienten vor Durchführung einer Zahnimplantatbehandlung darüber aufgeklärt, dass das Knochenaufbaumaterial ‚boviner Herkunft‘ sei, so ist eine solche Aufklärung unbeachtlich, wenn der Patient glaubhaft und nachvollziehbar

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Vgl. OLG Nürnberg, VersR 1996, 1372 (1373). Auch aus den anamnestischen Angaben aus der Aufnahmeuntersuchung kann ggf. geschlossen werden, dass der Kläger entgegen seiner Behauptung sehr wohl der deutschen Sprache mächtig ist, wenn diese so detailliert auf Vorerkrankungen, Art und Entwicklung der Beschwerden und Lebensgewohnheiten eingehen, dass sie nur von ihm selbst stammen können, vgl. OLG Hamm, VersR 2002, 192 (193). 116 Vgl. etwa OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771. 117 So erneut für den Fall der Aufklärung über das Risiko einer Stimmbandlähmung infolge einer Schilddrüsenoperation AG Leipzig, MedR 2003, 582 (582 f.), wo der Arzt auch in der Gerichtsverhandlung erhebliche Schwierigkeiten hatte, sich in der deutschen Sprache auszudrücken und erkennbar immer wieder nach dem passenden Begriff für das suchte, was er ausdrücken wollte. Dies sei eine „denkbar schlechte Voraussetzung“ für die Durchführung eines Aufklärungsgesprächs, so das Gericht, ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch sei damit kaum möglich. 118 Vgl. etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 714: „Im Gegenteil, es stellt keine sachgerechte Aufklärung dar, wenn der Patient mit Fachbegriffen überschüttet wird, die ihm unverständlich bleiben müssen“. Zu der Vielzahl sprachlicher Einflüsse auf die medizinische Fachsprache vgl. nur den gerafften Überblick bei Ziegler, VersR 2002, 541 ff., der eine verständliche Form der Aufklärungsinformation in deutscher Sprache fordert, eine Parallele zu den insoweit strengeren Anforderungen der Auskunftspflicht nach §§ 259 ff. BGB zieht und diese Anforderungen jedenfalls auf den nachträglich geltend gemachten Auskunftsanspruch überträgt (schriftlich, in leserlicher, deutscher, unabgekürzter und verständlicher Sprache).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

darlegt, dass ihm die Bedeutung des Worts „bovin“ nicht bekannt gewesen sei und es an entsprechenden Beweisangeboten des Arztes fehlt.119 Sprachliche Defizite berühren nun selbstverständlich die mündliche Sprache gleichermaßen wie die Schriftsprache.120 Soweit für die Aufklärung des Patienten allein das Gespräch materiell maßgeblich ist, kommt es auf sprachliche Defizite schriftlicher Aufklärungsinformationen in materiellrechtlicher Hinsicht freilich nicht an. Dass solche Defizite in der Rechtsprechung gleichwohl thematisiert werden, zeigt aber, dass den Formularerklärungen des Patienten sehr wohl eine Beweiskraft auch für sein Verständnis beigemessen wird, wenn auch vorwiegend in negativer Hinsicht. Ohne dass der Indiziencharakter insoweit eingehender verbalisiert würde, dient die Unverständlichkeit der schriftlichen Information also sehr wohl dazu, Defizite des mündlichen Aufklärungsgeschehens zu begründen. Das wird in der Praxis schon in Fällen deutlich, in denen ein Risiko nicht mit der gebotenen Eindringlichkeit angesprochen wird, also zu einem fehlerhaften Verständnis des Patienten durch Verharmlosung führt. So lag es etwa in einem Fall, in dem die schriftliche Aufklärungsinformation aufgrund ihrer Formulierung den Eindruck erweckte, dass von der vorgesehenen Strahlentherapie keine oder nur geringfügige Bestrahlungsschäden zu erwarten seien. Diese Information, so der BGH, „mußte bei der Kl. die Vorstellung erwecken, daß von der Bestrahlung des Rückgrats keine spezifischen Nebenwirkungen zu erwarten waren“. Da die Behauptung der Gegenseite, die Klägerin über die zu erwartenden Nebenwirkungen einer Strahlenbehandlung in einem eingehenden Gespräch vor und während der Bestrahlungsplanung aufgeklärt zu haben, als zu unsubstantiiert gewertet wurde, war ein Aufklärungsfehler als erwiesen anzusehen.121 Ähnliches galt in einem Fall, in dem der Kläger vor Durchführung einer Schilddrüsenoperation ein Aufklärungsblatt erhielt, in dem nicht auf eine dauerhafte Schädigung der Stimmbänder hingewiesen wurde, sondern lediglich da119 OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 1389 (1389 f.). Da die Patientin auch plausibel dargelegt hatte, dass sie sich zumindest in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn sie gewusst hätte, dass das Kieferknochenaugmentationsmaterial aus Rinderknochen gewonnen wurde, gab das Gericht ihrer Klage konsequenterweise statt. 120 In der Möglichkeit einer Abfassung von Formularen in fremder Sprache sieht Schlund, in: FS-Deutsch, S. 757 (761), dann umgekehrt deren entscheidenden Vorteil für Situationen, in denen nicht immer ein der entsprechenden Sprache mächtiger Ansprechpartner vorhanden ist. Ist eine sprachliche Verständigung nicht möglich, greifen nach herrschender Auffassung hingegen die Grundsätze über die mutmaßliche Einwilligung, vgl. Palandt-Sprau, § 823 Rz. 151. 121 Was allerdings mangels plausibler Darlegung eines Entscheidungskonflikts nicht zum Erfolg der Klage führte, vgl. BGH NJW 1984, 1397 (1399). Zu den Konsequenzen verharmlosender Formularinhalte auch MüKo-Wagner, § 823 Rz. 714. Umgekehrt können freilich auch nicht gebotene Übertreibungen zur Haftung führen, vgl. jüngst etwa OLG Bamberg, NJOZ 2007, 2787 ff. (im Ergebnis verneinend).

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rauf, dass diese Strumektomie „gelegentlich auftretende Heiserkeit, Sprach- und Atemstörungen“ zur Folge haben könnte, die sich „meist zurückbilden“, und darauf, dass „bleibende Schäden selten“ seien.122 Erst recht zu Fehlvorstellungen führen dann Formulare, die das Risiko der Behandlung gar nicht in seiner Wahrscheinlichkeit benennen, sondern nur einen hierauf hindeutenden Begriff verwenden. Enthält eine schriftliche Information vor einer Leistenbruchoperation also lediglich den Hinweis „Hodenschwellung, Durchblutungsstörung des Hodens“, so bringt das Wort ‚Durchblutungsstörung‘ nicht hinreichend zum Ausdruck, dass die möglichen Folgen der Operation auch – wie im Fall der beim Kläger eingetretene Hodenatrophie – dauerhaft sein könnten.123 Ein Fall fehlenden Verständnisses liegt schließlich auch dann vor, wenn die Aufklärungsinformation selbst zwar inhaltlich hinlänglich sein mag, der Patient bei Unterzeichnung seiner Formularerklärung aber gar nicht weiß, welcher konkrete Eingriff hiervon überhaupt abgedeckt sein soll. So lag es im Fall folgender Einwilligungserklärung: „Ich bescheinige hiermit, daß ich mit einer Luftauffüllung der Hirnräume (Encephalographie), einer Arteriographie des Gehirns, einer Myelographie, einer Insulin-Elektro- oder Cardiazoldurchflutungsbehandlung bei meiner Tochter I. A. einverstanden bin.“ Therapeutische und diagnostische Eingriffe wurden hier also wahllos nebeneinander aufgeführt, was nach Auffassung des Gerichts beim Erklärenden nicht zu einer falschen, sondern zu gar keiner Vorstellung über den Gegenstand der Einwilligung führen konnte. Konsequenterweise wurde der Erklärung daher jede Beweiskraft abgesprochen.124

122 BGH NJW 1992, 2351 (2352 f.); vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall auch AG Leipzig, MedR 2003, 582 (583) – keine Erforderlichkeit und keine Eignung plakativer Aufklärung –, wie auch OLG Oldenburg, NJWE-VHR 1998, 117 (118), für einen ebenfalls ähnlich gelagerten Fall der während einer Schilddrüsenoperation verminderten Durchblutung der Nebenschilddrüsen mit der Konsequenz einer verminderten Produktion eines den Calcium-Haushalt regulierenden Hormons und der daran anknüpfenden Folge schwerer Muskelkrämpfe: Der im schriftlichen Aufklärungsbogen enthaltene „Hinweis auf eine Krampfbereitschaft der Muskulatur (Tetanie) bei Mitentfernung der Nebenschilddrüsen besagt nichts über das Risiko einer unbeabsichtigten Schädigung dieser Drüsen aufgrund anderer Umstände“. Zur Frage der Verharmlosung von Risiken im Einwilligungsformular auch etwa BGH NJW 2003, 2012 (2013), und OLG Nürnberg, NJW-RR, 2004, 1543, das folgende Formulierung eher für geeignet hielt, Risiken zu verschleiern als über sie zu informieren: „Besondere Probleme bei mir kamen ausführlich zur Sprache, insbesondere Misserfolg (rezidiv. bzw. erneutes Auftreten) Nachblutung, Infektion, Gefäß- und Nervenverletzung, Thrombose, Embolie, Morbus Sudeck, Implantatlockerung und Bruch, (Re-OP erforderlich), anhaltende Schmerzen insbesondere des Oberschenkels, Beinlängendifferenz.“ 123 Vgl. OLG Stuttgart, NJWE-VHR 1997, 256 (257). 124 Vgl. BGH NJW 1971, 1887 (1887 f.). Wie Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 51, zu Recht betonen, beweist ein solches Schriftstück „so gut wie nichts“. Generell gegen eine Indizienkraft allgemein gehaltener Formulare Palandt-Sprau, § 823 Rz. 163.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

bb) Zum individuellen Aufklärungsbedarf und Frageverhalten des Patienten Beschleicht einen bei diesen Fällen nun aber nicht die Frage, weshalb der Patient denn nicht nachgefragt hat? Welche dieser Maßnahmen soll nun durchgeführt werden? Was heißt ‚bovin‘? Kann es wirklich allein dem Arzt obliegen, das Verständnis des Patienten auszuloten, ohne dass dieser Beweisnachteile bei unterlassenen Nachfragen befürchten muss?125 Eine Antwort auf diese Frage will wohlbedacht sein. Wirkliche Aufklärungsfehler in Form von Informationsdefiziten oder Unklarheiten können auch nicht in Form einer Frageobliegenheit zulasten des Patienten gehen, wenn man die Verantwortung für die Aufklärung aus guten Gründen allein bei dem hierfür fachkompetenten Arzt ansiedelt. Frageobliegenheiten können also nur dort in Betracht kommen, wo die Aufklärung inhaltlich nicht zu beanstanden ist, weil sie den sich aus der individuellen Situation ergebenden Anforderungen genügt. Erst wo der Patient darüber hinaus zu erkennen gibt, entgegen dem bisherigen Eindruck aus dem Aufklärungsgespräch weitere Informationen zu wünschen oder aber bestimmte Punkte nicht verstanden zu haben, können weiterreichende Anforderungen an die Aufklärung in Betracht kommen.126 Entsprechend wird von Frageobliegenheiten des Patienten in der Rechtsprechung denn nur zurückhaltend Gebrauch gemacht, auch wenn der Nachweis des Verstehens als psychischer Tatsache nach allgemeinen Grundsätzen umgekehrt nahe legen würde, die Anforderungen an die Beweisführung herabzusenken. Methodisch betrachtet verfährt die Rechtsprechung hier in negativer Weise, wobei der schriftlichen Formularerklärung wiederum ein erheblicher Stellenwert beigemessen wird. Steht also fest, dass die schriftliche Aufklärung für sich genommen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise über die vorgesehene Maßnahme – ihre Durchführung, ihre Erfolgsaussichten, denkbare Komplikationen usw. – informiert, entfaltet dies, wie oben erörtert,127 zunächst eine Indizwirkung für die entsprechende Durchführung auch der mündlichen Aufklärung. Wendet der Patient gleichwohl ein Aufklärungsversäumnis des Arztes ein, muss nun er darlegen, worin die Unzulänglichkeit der Aufklärung

125

Sarkastisch Büttner, in: FS-Deutsch (1999), S. 353 (364): „Wer aus Uninteressiertheit, Unwissenheit, blindem Vertrauen oder Angst nichts über die Einzelheiten der Behandlung und deren Risiken wissen will, die schriftlichen und mündlichen Risikohinweise schweigend entgegennimmt und von jeder ergänzenden Frage Abstand nimmt, hat später vor Gericht die besten Chancen, unter Hinweis auf sein verletztes Selbstbestimmungsrecht einen bloßen ‚Entscheidungskonflikt‘ als Grundlage für den vollen Erfolg seiner Klage geltend zu machen“. 126 Schärfer hingegen Jacob, Jura 1982, 529 (534), wenn er entgegen der im Folgenden dargestellten Rechtsprechung Frageobliegenheiten insgesamt ablehnt. 127 § 7 II 3 a).

§ 7. Die Gefährdung des Rechtsgüterschutzes

241

liegen soll und weshalb er die schriftliche Einwilligungserklärung gleichwohl ohne Rückfrage unterzeichnet hat.128 So hat der BGH bereits vor geraumer Zeit in mancher Entscheidung darauf abgehoben, ob es dem Patienten „zuzumuten war, durch Fragen selbst auf eine Vervollständigung der Belehrung hinzuwirken […], falls sie ihm zu knapp und unvollständig erschien“129 und dabei neben der ausreichend erscheinenden Aufklärungsinformation sogar – äußerst weitreichend – die objektive Indikation als Anhalt dafür gedeutet, dass der Arzt „weiteren Aufklärungsbedarf nur dann annehmen und hierauf eingehen muss“, wenn dies vom Patienten zum Ausdruck gebracht werde.130 Ähnlich wurde es als treuwidriges Verhalten des Patienten auch gewertet, wenn der Patient „im Aufklärungsbogen, in den Aufnahmeuntersuchungen sowie im Aufklärungsgespräch den Eindruck erweckt, der deutschen Sprache mächtig zu sein“, im Prozess aber gleichwohl behauptet, sie nicht ausreichend zu beherrschen.131 Verneint hat der BGH hingegen eine Frageobliegenheit insbesondere auch des akademisch vorgebildeten Patienten, wenn sich die Information selbst für diesen als unklar darstellen musste. So könne auch bei einem akademisch vorgebildeten Patienten im bereits geschilderten Fall der Hodenatrophie nach Leistenbruchoperation nicht vorausgesetzt werden, dass er „aus dem Hinweis auf eine Durchblutungsstörung den Schluß auf eine deshalb mögliche dauerhafte Schädigung des Hodens zieht“.132 Die Beispiele machen deutlich, dass die Annahme von Frageobliegenheiten des Patienten durch die Beweislast des Arztes auch für das individuelle Verständnis der Aufklärung stark in Schach gehalten wird. Konsequenz der materiellrechtlichen Pflicht zur verständlichen Aufklärung ist vielmehr, dass im Grundsatz der Arzt nachfragen muss, nicht der Patient.133 Das kann im Einzelfall so weit gehen, dass der Arzt sich gar durch Hinzuziehung eines Dolmetschers vergewissern muss, ob der erklärte Behandlungswunsch des Patienten 128 Das Unterlassen einer Rückfrage wird hier also zwar als zusätzliche Hilfstatsache gewertet, ihre Bedeutung knüpft aber erst an das inhaltlich ansonsten für einwandfrei befundene – ein Verständnis des Patienten grundsätzlich ermöglichende – Formular an. 129 BGH NJW 1976, 363 (364); vgl. auch BGH NJW 1973, 556 (557 f.). Ähnlich OLG München, VersR 1988, 525 (526), das die Bestätigung einer Patientin „über die Größe der geplanten Operation und die möglichen Komplikationen“ aufgeklärt worden zu sein, als grob gefasstes Routineformular einstufte, das schon angesichts seiner erheblichen Lücken zum Beweis der Aufklärung keinesfalls genügen könne. 130 BGH NJW 1973, 556 (558). Inhaltlich eng verwandt lässt sich auch die gesteigerte Substantiierungslast des Patienten für einen hypothetischen Entscheidungskonflikt als Obliegenheit deuten, angesichts der objektiven Indikation des Eingriffs die persönliche Motivation zu einem nicht der Erwartung entsprechenden Verhalten näher darlegen zu müssen. 131 KG Berlin GesR 2004, 409 (409 f.). 132 OLG Stuttgart, NJWE-VHR 1997, 256 (257). 133 Nur für in Grenzen dem Patienten zumutbar erachtet denn auch etwa Steffen es, Fragen zu stellen, „wenn ihm in dem gezeichneten Situationsbild etwas unklar geblieben ist oder ihn Einzelpunkte im Detail interessieren“, vgl. ders., MedR 1983, 88 (91).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

möglicherweise auf einem sprachlichen Missverständnis beruht. So lag es etwa im Fall der Sterilisation einer jugoslawischen Staatsangehörigen, deren Hausarzt sie mit der Diagnose ‚prim. Sterilität z.B. Cystovare bds.‘ zur Vornahme einer Bauchspiegelung in eine Klinik überwiesen hatte, wo die Angaben des Hausarztes jedoch als Wunsch der Klägerin zur Durchführung einer endoskopischen Sterilisation gedeutet wurden. Hier verneint das Gericht auch nur ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 BGB) mit dem Hinweis, ihre Erwartung sei berechtigt gewesen, dass der Hausarzt den Grund für die Vorstellung in der Klinik in seiner Überweisung hinreichend deutlich gemacht habe.134

cc) Zur Unterscheidung von Formularunterzeichnung und sonstigem Verhalten des Patienten als Indizien für sein Verstehen Welche Konsequenzen lassen sich aus den beiden vorgenannten Fallgruppen für die Indizienkraft von Formularerklärungen ziehen? Sprachliche Defizite der schriftlichen Information führen zunächst zu der Annahme, dass dem Patienten schon die Möglichkeit eines angemessenen Verständnisses genommen wurde. Der Sache nach führt dies für das eigentliche Beweisthema – die mündliche Aufklärung und das hierbei entwickelte Verständnis des Patienten – zu der Annahme, dass der Patient auch mündlich in derselben defizitären Weise aufgeklärt wurde und entsprechend nur eine Fehlvorstellung entwickeln konnte. Hier muss also der Arzt beweisen, dass dem nicht so war. Inhaltlich hinlängliche Aufklärungsinformationen führen umgekehrt hingegen zu der Annahme, dass der auch mündlich entsprechend aufgeklärte Patient an sich in der Lage war, die Aufklärung zu verstehen. Dann ist es Sache des Patienten, substantiiert darzulegen, weshalb die Aufklärung in seinem konkreten Fall gleichwohl unzureichend war, auch wenn der Arzt daraufhin selbstverständlich – unverändert – die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung respektive das Verständnis des Patienten trägt.135 Als was anderes, wenn nicht als Indiz für das Verständnis des Patienten, wird die Unterzeichnung der Formularerklärung dann aber herangezogen? Geht nicht umgekehrt von der Abgabe der Einwilligungserklärung das wichtigste Indiz – freilich auch nicht mehr als ein Indiz – für das Verständnis des Patienten aus? Zwar zeigt sich dieses Verstehen auch auf vielerlei andere Weise. Der Patient 134 Vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771 (772). Beipflichtend OLG Frankfurt, VersR 1994, 986 (987), in einem ähnlich gelagerten Fall der Sterilisation einer türkischen Staatsangehörigen. Gegen die Hinzuziehung professioneller Dolmetscher freilich MüKo-Wagner, § 823 Rz. 715, wonach die Hinzuziehung einer Krankenschwester – OLG München, VersR 1993, 1488 (1489) –, einer Reinigungskraft – OLG Karlsruhe, VersR 1997, 241 –, gar eines Angehörigen – OLG Karlsruhe, VersR 1998, 718 – oder eines Mitpatienten genügen soll. Zur Aufklärungsproblematik bei ausländischen Patienten eingehender Schlund, KHuR 2003, 1 ff. 135 Näher zu der damit zusammenhängenden Frage der Beweiskonsequenzen intransparenter Formularerklärungen unten § 13.

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mag etwa während des Aufklärungsgesprächs nicken, die Stirn runzeln, Fragen stellen oder in anderer Weise auf die Informationen reagieren, die der Arzt ihm vermittelt. Wenn die Wirksamkeit der Einwilligung aber vom Verständnis über die Tragweite der Einwilligungserklärung im konkreten Einzelfall abhängt, sind diese einzelnen Reaktionen zunächst nur vorgelagerte Momentaufnahmen. Ebenso wie die Einwilligungserklärung selbst als Bilanzentscheidung begriffen wird, muss auch das Verständnis des Patienten als Grundlage dieser Erklärung auf einem umfassenden, die Aufklärung insgesamt betreffenden Wissen um die relevanten Gesichtspunkte basieren. Kann es dann aber auch nur in beweisrechtlicher Hinsicht einen Unterschied machen, ob er erklärt, die Darlegungen des Arztes verstanden zu haben, nickt, sich unmittelbar in die dargelegte Behandlung begibt oder eine entsprechende Unterschrift leistet? Soll der Arzt in den genannten Beispielen also von der Wirksamkeit der Erklärung – und damit auch dem Verständnis des Patienten – ausgehen können, nicht jedoch bei schriftlicher Bestätigung der Einwilligung? Oder soll das Verhalten des Patienten umgekehrt überhaupt keine Rückschlüsse auf sein Verständnis ermöglichen – woran sich die Frage anschließt, wie Beweis hierüber überhaupt noch geführt werden soll? Das Verdikt jeglicher Beweiskraft von Formularerklärungen für das Verständnis des Patienten ist erkennbar von dem Anliegen getragen, weder die materielle Pflicht des Arztes zur verständlichen Aufklärung zu konterkarieren noch seine prozessuale Obliegenheit, diese Aufklärung auch zu beweisen. Es in dieser apodiktischen Weise auszusprechen, schießt aber über das Ziel hinaus. Wie die einzelnen betrachteten Fallgruppen zeigen, hält die Rechtsprechung dieses Verdikt denn auch gar nicht konsequent durch. Vielmehr führen sie erst näher an das eigentliche Problem heran, nämlich die Typisierbarkeit menschlichen Verstehens.136 Die Formularaufklärung selbst kann über das individuelle Verstehen tatsächlich wenig aussagen. Sie kann aber zumindest daraufhin gewürdigt werden, ob sie dem Patienten überhaupt eine Verständnismöglichkeit eröffnet hat oder nicht, und von hier aus dann im Rahmen der regulären Indizienkraft Rückschlüsse auf die mündliche Aufklärung des Patienten erlauben. Unterzeichnet der Patient also eine Formularaufklärung, die ihm schon keine hinlängliche Aufklärungsmöglichkeit anbietet, so kann dies auch nicht als Indiz seines Verstehens gedeutet werden. Sehr wohl lässt sich hingegen die Unterschrift als Indiz eines solchen Verstehens deuten – und wird in der Rechtsprechung teilweise denn auch explizit so gedeutet137 –, wenn nicht ersichtlich ist, 136

Hierzu eingehender bereits oben § 5. Vgl. OLG Frankfurt, VersR 1999, 758 (759): „Die Aufklärung der Kl. über Operationsrisiken ist in der Einverständniserklärung für Operationen und Eingriffe in der Orthopädischen Klinik W., von der Kl. am 10.4.1991 unterzeichnet, schriftlich niedergelegt. Daraus geht hervor, daß die geplante Operation von dem Arzt Dr. S. mit ihr besprochen wurde. Es ist eine Gesprächsdauer von 20 Minuten vermerkt. Als Risiken der am nächsten Tag an137

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

weshalb die Formularaufklärung keine hinlängliche Verständnismöglichkeit eröffnen sollte. Dass der Patient die Erklärung vorbehaltlos oder gar in bewusstem Verzicht auf eine Aufklärung unterzeichnet hat, mag damit nicht ausgeschlossen sein und auch nicht selten vorkommen. Das spricht aber lediglich gegen die Annahme eines Anscheinsbeweises, nicht dagegen, den Patienten auch im Rahmen eines Indizienbeweises davon zu entbinden, ein solches Verhalten zumindest substantiiert vorzutragen. Als eigentliches Problem der Indizienkraft schält sich damit aber auch im Hinblick auf das Verstehen des Patienten nicht die Frage heraus, ob die Unterzeichnung einer Formularerklärung überhaupt ein geeignetes Indiz sein kann, sondern wie sich hier genauer die erst recht gebotenen Grenzen einer solchen Indizienkraft ziehen lassen. Soweit also etwa von einer uferlosen schriftlichen Aufklärungsinformation überhaupt noch ein Indiz dafür ausgeht, dass die mündliche Aufklärung entsprechend durchgeführt wurde, wird hier kaum noch ein Indiz bestehen, dass der Patient sie auch verstanden hat. Wenn solche Erklärungen vor allem in der klinischen Forschung verbreitet sind, wird also auch für das Verstehen des Patienten insbesondere zwischen Formularerklärungen über schulmedizinische Standardeingriffe einerseits und über die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben andererseits zu unterscheiden sein. Auch die Länge selbst birgt also ein Verständnisproblem, auch wenn sich dieses bei ansonsten inhaltlich hinlänglicher Aufklärung häufig auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Aufklärung reduziert.138 Auch und erst recht hinsichtgesetzten Implantation einer Hüftendprothese werden besonders angeführt: ‚Lockerung, Entzündung, Embolie, Nervenlähmung, Knochenbruch, Thrombose, Embolie, Beinlängenunterschied, Girdlestone-Hüfte‘. Demnach war die Kl. auch auf das Risiko eines Knochenbruchs, wie es sich dann während des Eingriffs verwirklichte, hingewiesen worden. Ihre Einwilligungserklärung umfaßte daher auch dieses Risiko.“ Vergleichbar die Auseinandersetzung von OLG Oldenburg, NJW-RR 2000, 24 (25), allein mit dem Inhalt des Aufklärungsbogens als Anhaltspunkt für die Wirksamkeit der Einwilligung: „Im vorliegenden Fall hat die Kl. am Tage vor der Operation einen Aufklärungsbogen unterzeichnet, in dem über die Behandlungsalternativen – Lateroskopie und Laparotomie – ausreichend informiert, auf die Möglichkeit des Wechsels der Operationsmethode während der Operation hingewiesen und die Möglichkeit einer Verletzung unter anderem auch der großen Gallengänge, der Entstehung einer Fistel, des Austritts von Galle in den Bauchraum sowie einer Infektion des Bauchraums aufgezeigt wird. Damit hat die Beklagtenseite ihrer Aufklärungspflicht genügt. Eine zusätzliche Aufklärung in Bezug auf etwaige mit der früheren Omphalozelenoperation verbundene Risiken war hier nicht geboten.“ Und auch OLG München, VersR 1993, 752, mit Anmerkung Schlund, VersR 1993, 753, lässt unter diesem Blickwinkel eine Aufklärung, in deren Anschluss keine zusätzliche Fragen vom Patienten gestellt wurden, genügen: „Eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegt nicht vor. Die Kl., die im übrigen am anderen Bein eine gleichartige Operation schon einmal hatte machen lassen, hatte den eingehenden Aufklärungsbogen mit der Einwilligung unterschrieben (Erklärung vom 12.11.1986). In diesem Einwilligungsbogen war u.a. auch auf die Gefahr von Nervenverletzungen hingewiesen worden. Die Kl. hatte trotz Möglichkeit keiner weitere Fragen gestellt. Damit hatte der Arzt seine Aufklärungspflicht erfüllt“. 138 Entsprechend wird die Länge von Aufklärungsinformationen in der Rechtsprechung

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lich des Verstehens des Patienten erweist sich damit als Hauptproblempunkt medizinischer Formularerklärungen die Transparenz schriftlicher Aufklärungsinformationen.139

III. Die Tendenz zu einer Öffnung des Formulargebrauchs für medizinische Standardsituationen in der Rechtsprechung des BGH Der Überblick über die Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung im Arzthaftungsprozess hat in materiellrechtlicher Hinsicht an die Voraussetzung einer mündlichen Aufklärung des Patienten angeknüpft, die entsprechend auch für die Beweisaufnahme das eigentliche Beweisthema bildet. Wird dieses Erfordernis für die Mehrzahl aller Fälle auch weiterhin die arzthaftungsrechtliche Judikatur bestimmen, wäre die Betrachtung gleichwohl unvollständig, wenn sie abschließend nicht auch die jüngere Rechtsprechung in den Blick nähme, durch die – wenn auch nur in engen Grenzen – von diesem Erfordernis erstmals abgerückt wird. Angesprochen ist das Urteil des BGH vom 15. Februar 2000, das die Anforderungen an eine mündliche Aufklärung für den Fall einer Routine-Impfung erheblich herabgesenkt hat. Was den BGH zu diesem Kurswechsel bewegt, wird in dem Urteil nicht ausgesprochen, liegt allerdings angesichts jahrzehntelanger Klagen über die Ausuferung der arzthaftungsrechtlichen Judikatur und entsprechender Appelle, übertriebene und lebensfremde Anforderungen an die ärztliche Aufklärung auf ein vernünftiges Maß zu beschränken,140 auf der Hand. Worum ging es in dieser Entscheidung? Die 1994 geborene Klägerin verlangte von der Beklagten Kinderärztin Schadensersatz wegen eines Impfschadens. Erstmals bei der Kinderärztin vorgestellt wurde die Klägerin am 17.3.1994 zur Kindervorsorgeuntersuchung U 3; weitere Vorstellungen durch die Mutter am 18.3. und 5.4.1994 schlossen sich an. Als die Klägerin am 11.5.1994 zur Vorsorgeuntersuchung U 4 erneut bei der Ärztin vorgestellt wurde, verabreichte ihr diese mit Zustimmung der Mutter eine Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Haemophilus Typ B, sowie im Wege der Schluckimpfung mit einem dreifach-lebend Impfstoffpräparat eine weitere Immunisierung gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis).

denn auch überwiegend unter diesem Gesichtspunkt bewertet. Vgl. etwa OLG Hamm, NJOZ 2005, 4925 (4929). 139 Eingehender unten § 12. 140 So nur etwa Wendehorst, LM BGB § 823 (Dd), Nr. 26 (2/2001), Bl. 241, in ihrer Anmerkung zu der hier erörterten Entscheidung des BGH.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

Zuvor war der Mutter von der Sprechstundenhilfe ein Merkblatt der regionalen Kinderärzte zu den Impfungen ausgehändigt worden, von dem sie im Wartezimmer Kenntnis nahm und das sie anschließend wieder zurückgab, ohne es unterzeichnet zu haben. Als Nebenwirkungen der Impfung gegen Kinderlähmung war in dem Merkblatt unter anderem aufgeführt: „Selten treten fieberhafte Reaktionen auf, extrem selten Lähmungen (1 Fall auf 5 Millionen Impfungen)“. Beim Eintritt in das Behandlungszimmer war sie dann von der Beklagten befragt worden, ob sie das Merkblatt gelesen habe, was sie bejahte. Nach Untersuchung der Tochter erklärte die Kinderärztin, wenn die Mutter es wolle, könne man jetzt impfen, was im Beisein der schweigenden Mutter dann auch geschah. Am 13.6.1994 kam die Mutter mit dem Kind wegen eines Hautausschlags erneut zur Beklagten, die bei diesem Anlass auch die zweite Impfung gegen Poliomyelitis vornahm. Wenige Tage später wurden bei dem Kind Fieber und schließlich am 25.6.1994 eine Schonhaltung des linken Beines festgestellt. Die danach vorgenommenen Untersuchungen ergaben, dass die Klägerin an Kinderlähmung erkrankt war. Wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 % wurde ihr durch das zuständige Versorgungsamt eine Impfschadensrente bewilligt. Die vom BGH entschiedene Klage hatte die Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 100.000 DM sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Kinderärztin für alle Folgeschäden aus den Polioimpfungen zum Gegenstand.141 Das mit der Berufung befasste OLG Karlsruhe hatte der Klage unter anderem mit der Begründung stattgegeben, dass die Aushändigung des Merkblatts den Anforderungen an eine ordnungsgemäße, insbesondere auch rechtzeitige Aufklärung nicht genügt. Dem ist der BGH entgegengetreten. Dabei hat der BGH freilich nicht das Erfordernis einer Aufklärung insgesamt verneint. Zwar sei die damals von der Ständigen Impfkommission des Bundesgesundheitsamts (STIKO) öffentlich ausgesprochene Empfehlung der zur Anwendung gelangten Impfmethode gemäß § 14 III BSeuchenG für den jeweiligen Kinderarzt maßgebend gewesen und bedeutete, dass das Verhältnis zwischen Nutzen und Schadensrisiko für den Impfling von diesen Gremien bereits abgewogen gewesen sei.142 Das ändere aber nichts daran, dass die Impfung gleichwohl freiwillig sei und sich der einzelne Impfling auch dagegen entscheiden könne, was allerdings eine Vermittlung der mit der Impfung verbundenen Gefahren durch ärztliche Aufklärung voraussetze.143 Unzutreffend sei hingegen die Auffassung des OLG, die Aufklärung könne im Hinblick auf die Art und Weise, wie sie hier vorgenommen worden sei, nicht als rechtzeitig angesehen werden. Damit über141 142 143

BGH NJW 2000, 1784 (1784 f.). BGH NJW 2000, 1784 (1786). BGH NJW 2000, 1784 (1785 f.).

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spanne das Gericht die Anforderungen an die Aufklärung bei einer RoutineImpfung. Betrachten wir die hierzu gegebene Argumentationslinie etwas genauer, wobei sich die Darstellung allerdings nicht an der Argumentationsabfolge des Urteilstexts orientieren soll, sondern an der oben angestellten Unterscheidung zwischen der objektiven Informationsübermittlung (1.) und dem subjektiven Verstehen des Patienten (2.).

1. Zur reduzierten Aufklärungspflicht des Arztes und der Auferlegung von Frageobliegenheiten des Patienten bei Routinemaßnahmen einfachster Risikostruktur Der BGH greift zunächst seine bisherige Rechtsprechung auf, dass die Verwendung von Aufklärungsformularen jedenfalls als zusätzliches Aufklärungsmedium keinen grundsätzlichen Zweifeln unterliege. Schriftliche Hinweise, in denen die notwendigen Informationen zu dem Eingriff einschließlich seiner Risiken festgehalten sind, „sind heute weitgehend üblich und haben den Vorteil einer präzisen und umfassenden Beschreibung des Aufklärungsgegenstands sowie der für den Arzt wesentlichen Beweisbarkeit“.144 Schon diese Formulierung betritt – wenn auch sehr verhalten – Neuland, wenn sie nicht nur offen mit der Beweiskraft des Aufklärungsformulars zugunsten des Arztes sympathisiert, sondern dem Formular nun sogar in inhaltlicher Hinsicht ein Vorteil gegenüber dem doch immer für maßgeblich erachteten Gespräch konzediert wird. Das Formular erscheint hier nun erstmals nicht nur als nicht ungeeignet, sondern im Gegenteil als geeigneter, um den Aufklärungsgegenstand „präzise“ und „umfassend“ zu bezeichnen. Findet sich die grundsätzliche Zulässigkeit einer Verwendung von Aufklärungsformularen damit nicht nur bestätigt, sondern sogar gestärkt, ist für die Entscheidung anschließend bedeutsam, ob das Aufklärungsformular inhaltlich überhaupt hinlänglich war, weil es anderenfalls auf die konkrete Verständnismöglichkeit schon nicht mehr ankommen kann.145 Hierzu prüft der BGH zunächst in traditioneller Weise, ob das Merkblatt die naheliegenden wie auch die seltenen, dem Eingriff aber spezifisch anhaftenden und bei ihrer Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastenden Risiken einer Impfung aufführt. Das war aus seiner Sicht zu bejahen. Sowohl der im Merkblatt enthaltene Hinweis auf die Gefahr des Auftretens von Lähmungen sei ausreichend gewesen, wie es auch nicht einer Aufklärung der Mutter darüber bedurft hätte, dass alternativ auch eine Impfung mit abgetöteten Polioerregern 144 145

BGH NJW 2000, 1784 (1787). Vom Fall ohnehin bestehenden Vorwissens einmal abgesehen.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

möglich ist, nachdem die STIKO ihre Impfstoffempfehlung insoweit erst 1998 geändert habe.146 Darüber hinaus begrenzt sowohl der Routinecharakter wie die öffentliche Impfempfehlung dann aber auch den weiteren Inhalt der Aufklärung: „Bei einer Routineimpfung wie hier durfte die Bekl. bei dem Hinweis, man könne jetzt die Impfung vornehmen, erwarten, dass die Mutter einen etwaigen Wunsch nach weiterer Aufklärung zu erkennen gibt“.147 Der nähere Hintergrund für diese Wandlung gleichsam des Selbstbestimmungsrechts in eine ‚Selbstbestimmungsobliegenheit‘148 ist dann aber nicht nur die öffentliche Impfempfehlung selbst, sondern auch die – hieran freilich anknüpfende – tatsächliche Impfpraxis in der Bevölkerung. So betont der BGH, dass die Notwendigkeit der Impfung in der Bevölkerung „seit langem allgemein anerkannt“ sei und von Eltern „allseits veranlasst“ werde, um bei ihren Kindern die gefürchtete Kinderlähmung zu vermeiden. Bei dieser Sachlage habe die beklagte Kinderärztin davon ausgehen dürfen, „dass auch die Mutter der Kl. mit der Impfung vertraut und über die allseits akzeptierte Notwendigkeit im Bilde war. Sollte der Sorgeberechtigte in einem solchen Fall ausnahmsweise eine Bedenkzeit wünschen, so kann von ihm erwartet werden, dass er dies gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringt“.149 Diese Überlegung ist von dem Gedanken, dem Patienten das aufklärungsrelevante Wissen zu unterstellen oder ihm zumindest grob fahrlässige Unkenntnis anzulasten, nicht mehr weit entfernt. Das soll dem Gericht freilich durchaus nicht unterstellt werden, das seine Überlegungen lediglich im Rahmen der Rechtzeitigkeit der Aufklärung äußert. Wie sich andererseits eine Frageobliegenheit des Patienten überhaupt anders rechtfertigen lassen soll, als mit einem objektiv bestimmten Erwartungshorizont des Arztes, mag man sich freilich fragen. Vielmehr besteht auch in den übrigen Fällen angenommener Frageobliegenheiten die Gemeinsamkeit, dass der Patient in einer für den jeweiligen Fall an sich – objektiv – hinlänglich erscheinenden Weise aufgeklärt wurde und daher weiterer Aufklärungsbedarf ohne entsprechendes Nachfragen nicht anzunehmen war. Anders als in diesen Fällen setzt die Frageobliegenheit des Patienten im hier erörterten Fall allerdings nicht erst nach Abschluss der für sich genommen hinlänglich erscheinenden mündlichen Aufklärung an, sondern bereits bei der schriftlichen Aufklärungsinformation. Hier wird also nicht nur der subjektive Zusatzaufklärungsbedarf in die Frageobliegenheit verlagert, sondern bereits die objektiv erforderlich erscheinende Darstellung des Für und 146 Auf das erwiesene Aufklärungsdefizit des Merkblatts über die Möglichkeit einer Ansteckung von Kontaktpersonen kam es mangels Verwirklichung eines solchen Schadens schon nicht an, BGH NJW 2000, 1784 (1786 f.). 147 BGH NJW 2000, 1784 (1787). 148 So die begrifflich pointierte Gegenüberstellung von Wendehorst, LM BGB § 823 (Dd), Nr. 26 (2/2001), Bl. 241. 149 BGH NJW 2000, 1784 (1787).

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Wider selbst. Durch die von den Gesundheitsbehörden vorgenommene Abwägung des Für und Wider und der von ihnen ausgesprochenen Impfempfehlung wird dem Patienten hier also, wie der BGH explizit formuliert, „der Entscheidungskonflikt […] weitgehend abgenommen“.150

2. Zur reduzierten Verständniskontrolle durch den Arzt und seiner Obliegenheit zu einer Gesprächsgelegenheit Erscheint eine Reduzierung des Aufklärungsinhalts in vergleichbaren Fällen mithin so weitgehend zulässig, dass hieran nicht nur der Umfang der relevanten Information, sondern auch die Art und Weise ihrer Übermittlung teilhaben können, senkt das Gericht dann aber auch die Anforderungen, die an die Gewährleistung des Verstehens auf Patientenseite gestellt werden. Selbstverständlich „vermögen solche Merkblätter nicht das erforderliche Arztgespräch zu ersetzen“, in dem sich der Arzt „davon überzeugen muss, ob der Patient die schriftlichen Hinweise gelesen und verstanden hat, und das ihm die Möglichkeit gibt, auf die individuellen Belange des Patienten einzugehen und eventuelle Fragen zu beantworten“.151 Dieses Erfordernis eines Aufklärungsgesprächs, an dem grundsätzlich – jeder Jurist weiß, was dieses unscheinbare Wort bedeutet – festzuhalten sei, gebiete aber nicht in jedem Fall eine mündliche Erläuterung der Risiken.152 Der eigentliche Wandel, den dieses Urteil zum Ausdruck bringt, liegt in der Überlegung, dass für wirklich unverzichtbar nicht mehr das Gespräch selbst, sondern die Pflicht des Arztes begriffen wird, sich davon zu überzeugen, dass der Patient die Information zur Kenntnis genommen und verstanden hat. Damit gelingt es dem Gericht nun, weitaus präziser als in seiner bisherigen Rechtsprechung den tieferen Grund des Gesprächs zu berühren, das im Regelfall eben nicht aus Formgründen maßgeblich sein muss, sondern deshalb, weil sich allein mit seiner Hilfe die Kenntnisnahme und das Verstehen des Patienten nachvollziehen lässt. Dass diese Kontrolle in jedem Fall – also gerade nicht nur grundsätzlich – erforderlich bleibt, stellt das Gericht allerdings unmittelbar folgend

150

BGH NJW 2000, 1784 (1787). So BGH NJW 2000, 1784 (1787), im Anschluss an BGH NJW 1985, 1399. Ebenso Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 14; Giesen, Arzthaftungsrecht, Rz. 334; RGRK-Nüßgen, § 823 Anh. II Rz. 95 f.; Spickhoff, NJW 2001, 1757 (1761); Laufs, NJW 1983, 1345 (1349). 152 BGH NJW 2000, 1784 (1787). Nahezu abwegig erscheint denn der Gedanke, dass ein aufklärendes Gespräch schon rein begrifflich zur Aufklärungspflicht über mögliche Risiken einer Behandlung gehöre. So aber – ohne jegliche Begründung – LG Kiel, NJW 1999, 3418 (3419). 151

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fest, wenn es dem Arzt eine Obliegenheit auferlegt, dem Patienten zumindest eine Gesprächsgelegenheit anzubieten: „Unter Umständen, wie sie beim vorliegenden Sachverhalt im Hinblick auf den Routinecharakter der öffentlich empfohlenen Impfung gegeben sind, kann der Arzt ausnahmsweise davon ausgehen, dass der Patient auf eine zusätzliche gesprächsweise Risikodarstellung keinen Wert legt. Bei derartigen Routinemaßnahmen kann es genügen, wenn dem Patienten nach schriftlicher Aufklärung Gelegenheit zu weiteren Informationen durch ein Gespräch mit dem Arzt gegeben wird.“153

Welchen Anforderungen das Angebot einer Gesprächsgelegenheit genügen muss, stellt das Gericht nun nicht generell, sondern nur im Hinblick auf den betroffenen Streitfall fest. Dass die Mutter also die Frage der Kinderärztin bejaht hat, das Merkblatt gelesen zu haben, und auf den Hinweis, dass nunmehr geimpft werden könne, wenn sie es wolle, der Impfung schweigend beiwohnte, erschien dem BGH ausreichend. Über die Obliegenheit, zusätzlichen Aufklärungsbedarf zu äußern,154 hinaus wurden der Mutter im Hinblick auf ihr Verständnis also zwei weitere Obliegenheiten auferlegt. Zum einen durfte die Ärztin erwarten, dass die Mutter auf etwaige Hindernisse bei der Informationsübermittlung selbst zu sprechen kommt.155 Zum zweiten war aber auch zu erwarten, dass die Mutter von sich aus die Ärztin angesprochen hätte, wenn sie die Informationen nicht verstanden und deshalb eine mündliche Erläuterung gewünscht hätte. Da hier beides nicht geschehen war, durfte die Kinderärztin aus Sicht des BGH „aus dem Schweigen entnehmen, dass ein 156 Damit war die Aufklärung aus Sicht derartiges Bedürfnis nicht bestand“. des BGH insgesamt fehlerfrei. Insbesondere sei sie auch nicht im Hinblick auf ihren Zeitpunkt angreifbar. Denn so wie den Eltern aufgrund der öffentlichen 153

BGH NJW 2000, 1784 (1787). Hierzu oben § 7 III 1. 155 Im Streit stand insoweit die Frage, ob die Mutter möglicherweise durch den Säugling auf ihrem Arm bei der Lektüre abgelenkt gewesen sei. Vor allem Probleme im Sprach- oder Sehvermögen lassen sich hier als weitere Hindernisse für die Informationsvermittlung vorstellen. 156 BGH NJW 2000, 1784 (1787 f.) Noch weitergehend LG Dortmund, MedR 2000, 331, das eine regelrechte Pflicht des Patienten annahm, die Packungsbeilage eines Arzneimittels zur Kenntnis zu nehmen, und spiegelbildlich eine korrespondierende Aufklärungspflicht des Arztes entfallen ließ. Hier wird die ärztliche Aufklärungspflicht also auf eine Sekundärebene verlagert und hinter eine primäre Kenntnisnahmepflicht des Patienten verlagert, die sich richtigerweise aber allenfalls nur als Obliegenheit, etwa im Rahmen eines Mitverschuldens nach § 254 BGB, auffassen lassen dürfte. Kritisch auch Kern, ArztuR 2001, 103 (106 f.); Spickhoff, NJW 2001, 1757 (1761). Zur Aufklärungspflicht des Arztes auch über die Risiken und Nebenwirkungen von ihm empfohlener Arzneimittel vgl. nur Laufs/Uhlenbruck-Laufs, § 62 Rz. 11; insbesondere reicht – wie der BGH erst in jüngerer Zeit betont hat, vgl. BGH NJW 2005, 1716 ff. m. Anm. Laufs, LMK 2005, 154726 – auch ein ausdrücklicher Hinweis in der Packungsbeilage des Arzneimittels nicht aus, den Arzt von seiner Aufklärungspflicht über solche schwere Risiken zu entbinden. 154

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Impfempfehlung ein Entscheidungskonflikt weitgehend abgenommen war, habe die Schluckimpfung, auch wenn sie nicht völlig risikolos war, die Mutter nicht vor eine schwierige Entscheidung gestellt. Auch hier wäre es vielmehr an ihr gewesen, sich auf die Frage der Kinderärztin eine längere Bedenkzeit zu erbitten.157

3. Zur geteilten Aufnahme dieser Tendenz in der Literatur In der Literatur ist diese Rechtsprechung auf ein ambivalentes, überwiegend aber eher positives Echo gestoßen, bisweilen freilich auch auf scharfe Kritik. So vermisst Deutsch etwa die allgemeine Aufforderung an den aufklärenden Arzt, festzustellen, ob der Patient die Aufklärung in schriftlicher Form verstanden habe, also nicht nur zu fragen, ob der Patient das Formular gelesen habe, sondern auch auszuloten, wie viel Erklärung er vertragen kann und gerne hören möchte.158 Dass all dies durch das Urteil des BGH beiseite geschoben wird,159 erscheint nun allerdings doch überzogen. Die – beiden – Fragen der Ärztin, ob die Mutter das Merkblatt gelesen habe und man jetzt impfen könne, wird man schwerlich anders deuten können denn als Frage danach, ob weiterer Bedarf nach einem Gespräch besteht. Auch dass der BGH damit erstmals die „Tür zur Stufenaufklärung aufgestoßen habe“,160 kann als Einwand kaum überzeugen. Zum einen billigt der BGH seit langen Jahrzehnten eine Form der Stufenaufklärung, wenn er den unterstützenden Wert von Aufklärungsinformationen nicht erst in seinem Urteil vom 15. Februar 2000 anerkennt, sondern diese Praxis seit langem hinnimmt und ihr sogar eine große Beweisbedeutung beimisst. Auch der Gesetzgeber hat diese Art der Aufklärung mittlerweile anerkannt, wenn er seit der 12. Novelle des AMG nunmehr in § 40 II 1, 2. HS. AMG vorschreibt, dass dem Prüfungsteilnehmer eine allgemein verständliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen ist, was sinnvollerweise nur als Vorabinformation neben dem nach § 40 II 1, 1. HS. AMG weiterhin vorgeschriebenen eigentlichen Aufklärungsgespräch verstanden werden kann, dem überdies dann noch

157 BGH NJW 2000, 1784 (1787), unter Rückgriff auf die hierzu in BGH NJW 1994, 3010 (3011), entwickelten Grundsätze. Dass die Mutter unter dem Eindruck gestanden haben könnte, sich nicht mehr aus einem bereits in Gang gesetzten Geschehensablauf lösen zu können, war hier in der Tat eher fernliegend. 158 Ebenso Spickhoff, NJW 2004, 1710 (1717, Fn. 121), und bereits zuvor ders., NJW 2001, 1757 (1761): Ob bereits mit einer solchen, außerordentlich passiven und gegenüber weiterer Bitte um Aufklärung durch den Patienten (bzw. dessen Sorgeberechtigten oder Vertreter) eher abwehrenden Frage hinreichend deutlich und offen auf die Gelegenheit eben zu weiteren Informationen hingewiesen worden ist, erwecke Bedenken. 159 So Deutsch, JZ 2000, 898 (902). 160 Deutsch, JZ 2000, 898 (902).

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

die Gelegenheit zu einem weiteren „Beratungsgespräch […] über die sonstigen Bedingungen der Durchführung der klinischen Prüfung“ folgen muss (§ 40 II 2 AMG).

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§ 8. Zusammenfassung Der erste Teil der Untersuchung hatte zunächst den Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich die medizinische Formularpraxis gegenständlich und rechtlich bewegt (§ 1). Als Inhalte derartiger Formulare erwiesen sich dabei zum einen formularvertragliche Regelungen, dem entscheidenden Gewicht nach aber die Disposition von Patienten und Probanden über ihre Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit in Form von Formularerklärungen zu medizinischen Eingriffen (§ 2). Bildet demnach die Einwilligung nach Aufklärung den zentralen Gegenstand medizinischer Formularerklärungen, schloss der erste Teil der Untersuchung mit einer ausführlicheren Skizze dieses Rechtsinstituts, das mit dem Einwilligungserfordernis körperlichen Integritätsschutz verfolgt und mit dem Aufklärungserfordernis Selbstbestimmungsschutz (§ 3). Damit ließ sich im ersten Teil zunächst vor Augen führen, wie der Schutz des Rechtsgutträgers vor Gefährdungen seiner körperlichen Integrität und seiner Autonomie rechtlich prinzipiell gewährleistet wird. Hierauf aufbauend stellte sich nun im zweiten Teil der Untersuchung die Frage, inwieweit dieses Modell eines Rechtsgüterschutzes durch informierte Einwilligungsentscheidung seinerseits einer Gefährdung unterliegt, wenn es von einer Formulargestaltung begleitet wird. Als zentrales Gefährdungspotential wurden dabei in Übereinstimmung mit Rechtsprechung und Literatur die Abstraktionen gedeutet, die dem Formular im Hinblick auf ein Geschehen anhaften, das doch gerade individuell ablaufen soll. Das machte es nicht nur erforderlich, den Abstraktionscharakter von Formularen kritisch zu hinterfragen, sondern auch, zuvor Rechenschaft darüber zu geben, ob und inwieweit nicht auch das mündliche Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen von Abstraktionen begleitet wird, zunächst bei der ärztlichen Heilbehandlung (§ 5), dann aber auch in den Fallgruppen medizinischer Forschung und fehlender Einwilligungsfähigkeit des Rechtsgutträgers (§ 6). Ein rechtlich zu missbilligendes Gefährdungspotential kann sich dabei – so die hier verfolgte These – erst ab jenem Punkt ergeben, ab dem die Abstraktionen des Formulars jene des mündlichen Gesprächs übersteigen, aber auch dort, wo Formularen faktisch eine Bedeutung eingeräumt wird, die im Widerspruch zu ihrer materiellrechtlichen Bedeutungslosigkeit steht, nämlich als (häufig entscheidendes) Indiz in der Beweisaufnahme über Aufklärungsfehler (§ 7). Nur, aber auch immer dann, wenn diese Grenzlinien überschritten werden, ist berechtigterweise die Frage nach

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

geeigneten Kontrollmaßstäben zu stellen, wie dies im abschließenden dritten Teil geschehen soll.

§ 5. Der Prozess der mündlichen Aufklärung und Einwilligung, entwickelt für die ärztliche Heilbehandlung einwilligungsfähiger Personen Die Frage nach dem Abstraktionscharakter des mündlichen Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens wandte sich zunächst der ärztlichen Heilbehandlung als praktischem Hauptanwendungsfall der informierten Einwilligungsentscheidung zu. I. Dabei zeigte sich zunächst in einer von den rechtlichen Anforderungen an das Aufklärungsgespräch noch weitgehend losgelösten Perspektive, dass bereits das mündliche Gespräch zwischen Arzt und Patient von beträchtlichen Abstraktionen und Ausblendungen begleitet wird, wenn beide Gesprächspartner jeweils nur begrenzt Einblick in ihre das mündliche Aufklärungsgespräch leitenden Motivsphären gewähren. Beide Seiten können nur bemüht sein, sich in einem möglichst hohen Grad an die tatsächliche Vorstellungswelt des anderen anzunähern, ohne doch wirklich Einsicht hierin zu erhalten. Unter Rückgriff auch auf die medizinische Ausbildungsliteratur ließ sich insoweit zeigen, dass der Arzt durch eine eingehende Reflektion fein abgestimmter Gesprächstechniken bemüht sein muss, eine Gesprächsbeziehung aufzubauen, in der jene Informationen, die für ihn medizinisch relevant sind, überhaupt authentisch vom Patienten geäußert werden, ohne dass dabei aber doch sämtliche den Patienten leitenden Motive zutage träten. Das Arzt-Patienten-Gespräch ist damit gewissermaßen durch Verschränkung zweier Laiensphären gekennzeichnet, nämlich der Laiensphäre des Patienten in der Medizin, aber auch einer Laiensphäre des Arztes in der persönlichen Motivwelt des Patienten. Die Ausblendung medizinisch-wissenschaftlicher Einzelzusammenhänge aus dem Gesprächsinhalt einerseits wie persönlicher Motive des Rechtsgutträgers andererseits erwies sich dabei, ebenso wie schon die Objektivität der ärztlichen Expertise, als Mittel zur Reduktion von Komplexität. Die im mündlichen Aufklärungsgespräch auftretenden Abstraktionen sind also zu guten Teilen nicht nur legitim, sondern auch essentiell erforderlich, um überhaupt ein verständliches Gespräch zwischen Arzt und Patient zu ermöglichen. Es ist im Kern diese trotz Individualität stets erforderlich bleibende Abstraktion, die es rechtfertigt, das Arzt-Patienten-Verhältnis als besonderes Vertrauensverhältnis zu charakterisieren. II. Wohnen damit bereits dem mündlichen Gespräch erhebliche Abstraktionsmomente inne, ließ sich nun fragen, wie sie sich mit dem rechtlichen Ziel in-

§ 8. Zusammenfassung

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dividueller Aufgeklärtheit des Rechtsgutträgers sinnvoll vereinbaren lassen. Für das mündliche Aufklärungsgeschehen ließen sich dabei idealtypisch zwei Schritte unterscheiden. 1. Überblickt man die grundlegenden medizinrechtlichen Anforderungen an den Aufklärungsumfang, so bestimmt in einem ersten Schritt – im Sinne eines vorläufigen Maßstabs – die Intensität der konkreten Rechtsgutgefährdung die Anforderungen an die Aufklärung vor allem in inhaltlicher, aber auch in zeitlicher und personeller Hinsicht. Der Aufklärungsbedarf eines ‚vernünftigen Patienten‘ ist also nicht das maßgebliche, wohl aber ein zunächst leitendes Kriterium, um dem Arzt überhaupt einen Einstieg in die Aufklärung des Patienten zu ermöglichen und dabei den Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen, sämtliche dem Eingriff spezifisch anhaftenden und die Lebensführung besonders belastenden Risiken darzulegen und dem Patienten die erforderliche Grundaufklärung zu gewähren. Auf einer ersten Stufe setzt der Aufklärungsumfang also sehr wohl an Kriterien an, die zwar auf den konkreten Fall ausgerichtet sind, dies aber zunächst in objektivierter Weise, nämlich mit den gleichsam den Durchschnittspatienten typischerweise interessierenden Inhalten. Jeder andere als objektive Ausgangspunkt ließe die rechtliche Überprüfung der ärztlichen Aufklärung auch notwendig in Willkür enden. Maßgeblich ist dabei die ärztliche Einschätzung nach dem anerkannten Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, bei der dem Arzt zwar kein Ermessensspielraum zusteht, die aber stets auf einer Abwägung verschiedener Erfahrungssätze der Medizin als einer empirischen Wissenschaft beruht. Über diese inhaltlichen Anforderungen hinaus (a), unterliegen dann aber auch die zeitlichen (b) und personenbezogenen (c) Anforderungen in ihrem Ausgangspunkt objektiven Festlegungen, die erst in einem zweiten Schritt subjektiver Korrektur zugänglich sind. 2. Setzt der Aufklärungsprozess damit zunächst in objektivierter Weise an, ist er in einer zweiten Stufe dann Erweiterungen und Reduzierungen zugänglich, die von der Verständniskapazität und dem Aufklärungsbedürfnis des konkret betroffenen Patienten abhängen – auf einen Begriff gebracht also von seinem subjektiven Verständnisbedarf. Zur Bestimmung dieses subjektiven Verständnisbedarfs geht der Arzt nun allerdings neuerlich notwendig in zwei Schritten vor. Ist ihm die Person des Patienten zunächst weitgehend unbekannt – Alter, Beruf und Krankheitsbild können nur ein erstes Vor-Urteil hierüber erlauben –, muss er vielmehr auch hier von einem konkret-objektiven Verständnishorizont ausgehen, bevor sich im Gespräch näherer Aufschluss über Bildungsstand, Intelligenz, medizinische Vorkenntnis, Aufklärungswillen und Leidensfähigkeit ergibt. Wenn das Rechtsinstitut der informierten Einwilligung also mit der Maßgeblichkeit des individuellen Verstehens dem Rechtsverkehr auch gerade keinen Vertrauensschutz gewährt, findet dieser Grundsatz doch dort seine Grenzen,

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

wo dem Arzt Verständnisdefizite trotz der ihm auch hierfür obliegenden Sorgfalt verborgen bleiben. In der Rechtsprechung ist diese Unterscheidung eines objektiv zu Tage tretenden von einem subjektiv geäußerten Verständnisbedarf dort angelegt, wo der Arzt entweder davon ausgehen darf, dass der Patient über ein bestimmtes medizinisches Basiswissen verfügt oder davon, dass ein Risiko typischerweise für die Entscheidungsfindung des Patienten ohne Interesse ist. In diesen Fällen wird dem Patienten also trotz Aufklärungspflicht des Arztes eine Frageobliegenheit aufgebürdet, bevor den Arzt intensivere Anforderungen an die Aufklärung treffen. III. Der eigentliche Entscheidungsprozess – der sich ebenso wie die zuvor getroffenen Unterscheidungen freilich nur idealtypisch betrachten ließ – wurde dann als eine doppelte Nutzen-Risiko-Bewertung des Patienten begriffen. Der Patient bewertet also – vereinfacht betrachtet – zum einen das Verhältnis von Nutzen und Risiko der vorgeschlagenen Behandlung, zum anderen aber auch Vorteil und Gefahren einer Ablehnung der empfohlenen Behandlung und stellt dann beide Nutzen-Risiko-Bewertungen für seine endgültige Entscheidung (als dritte Bewertung) einander gegenüber. Damit setzt dieses Abwägungsmodell bei der ärztlichen Heilbehandlung im Kern auf einer Ebene gesundheitlicher Motive an, auch wenn mit den gesundheitlichen Vor- und Nachteilen – wie die Rechtsprechung des BGH verdeutlicht – stets Vor- und Nachteile in der Lebensführung des Patienten als substantiell relevanter Motivsphäre verbunden sind.

§ 6. Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit Gesondert betrachtet wurden sodann die Besonderheiten, denen der Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers jenseits der schulmedizinischen Heilbehandlung unterliegt. So ist die Teilnahme an Vorhaben der medizinischen Forschung zusätzlich durch wissenschaftliche Motive gekennzeichnet, die für den Rechtsgutträger im Grunde nur negativ – im Sinne einer Risikoabwehr – zu seinen gesundheitlichen Motiven hinzutreten, während der Entscheidungsprozess bei fehlender Entscheidungsfähigkeit durch eine starke Objektivierung der Motivsphäre zugunsten der Gesundheitsinteressen des Einwilligungsunfähigen gekennzeichnet ist. I. Während sich die Motivsphäre des Patienten bei der ärztlichen Heilbehandlung auf eine Abwägung der gesundheitlichen Vor- und Nachteile konzentrieren kann, lässt die Teilnahme an Vorhaben der medizinischen Forschung mit dem Vorteil für die Wissenschaft ein weiteres Motiv einfließen, das im Kern

§ 8. Zusammenfassung

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altruistischen Charakter besitzt, dem sich die Motive bei der Heilbehandlung – nicht pejorativ, sondern nur zu Abgrenzungszwecken – als egozentrische Motive gegenüberstellen lassen. 1. Als vergleichsweise unverändert lässt sich insoweit der Abwägungsprozess bei klinischen Studien an Patienten begreifen, wo die Teilnahme des Patienten wiederum entscheidend von einem gesundheitlichen Vorteil geleitet wird, der dem Patienten als möglich in Aussicht gestellt wird. Altruistische Motive, die Forschung zu unterstützen, werden für den Patienten hier also wenig relevant sein, vielmehr wird sich im Rahmen der Nutzen-Risiko-Bewertung zum einen die Frage stellen, ob der in Aussicht gestellte Vorteil der Studientherapie höher zu veranschlagen ist als die Therapiechancen der schulmedizinischen Behandlung, zum anderen, welche spezifischen Risiken mit der noch nicht etablierten Studientherapie verbunden sind. 2. Stimmt der Entscheidungsprozess damit bei klinischen Forschungsvorhaben an Patienten noch weitgehend mit jenem bei der ärztlichen Heilbehandlung überein – stellt die Studientherapie gewissermaßen nur eine Behandlungsalternative dar –, so reduziert sich das Modell bei individuell vorteilslosen Forschungsvorhaben auf eine einseitige Nutzen-Risiko-Bewertung. Denn indem für derartige Probandenstudien charakteristisch ist, dass sie nicht mit gesundheitlichen Vorteilen für den Teilnehmer einhergehen, reduziert sich dessen Blick regelmäßig allein auf die mit der Teilnahme verbundenen Risiken. Das gilt zunächst für die Teilnahme gesunder Probanden (a), deren intakte körperliche und gesundheitliche Integrität es nicht gestattet, höhere Risiken einzugehen. Erst recht gilt dies jedoch für erkrankte, also bereits geschwächte Personen, die an einem Forschungsprojekt teilnehmen sollen, ohne dass ihnen die Aussicht auf einen gesundheitlichen Vorteil eröffnet werden kann (b). Die Fallgruppen eines ‚Gruppenvorteils‘ oder ‚mittelbaren Vorteils‘ spielen also nicht erst bei einwilligungsunfähigen Personen eine Rolle, wenn sie dort auch besonders problematisch sind. Vielmehr wird auch schon der Entscheidungsprozess des einwilligungsfähigen Patienten betroffen, wenn die Studienteilnahme für ihn nicht mit Gesundheitsvorteilen verbunden ist. War entsprechende Forschung speziell nach dem AMG früher denn sogar unzulässig, hat der Gesetzgeber mit dessen 12. Novelle nun erstmals auch die Einbeziehung erkrankter Personen in Arzneimittelprüfungen für den Fall gestattet, dass hiervon kein Gesundheitsvorteil für diese Patienten zu erwarten ist, wohl aber – euphemistisch formuliert – ein „direkter“ Nutzen für die Gruppe vergleichbar erkrankter Patienten (§ 41 I 1 Nr. 2 AMG). II. Die Besonderheit des Entscheidungsprozesses bei nicht einwilligungsfähigen Personen lag dann in einer zunehmenden Objektivierung der persönlichen Motivsphäre.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

1. Bei der ärztlichen Heilbehandlung lässt sie sich noch weitgehend zur Deckung bringen, weil sich die Entscheidungsfindung auf das gesundheitliche Wohl des Patienten ausrichten muss. Hier folgt die Entscheidung der Vertretungsperson also der gleichen doppelten Nutzen-Risiko-Bewertung wie bei ärztlicher Heilbehandlung des einwilligungsfähigen Patienten. Objektiviert wird der Entscheidungsprozess hier allein dadurch, dass entweder ein noch zuvor geäußerter Wille des Patienten nun von einem anderen – dem Vertreter – umgesetzt wird, oder aber dadurch, dass der Vertreter nun seinerseits die persönliche Motivsphäre des Vertretenen erforschen muss oder schließlich – in stärkster Objektivierung – dadurch, dass der Arzt seine Heilbehandlung allein nach einem mutmaßlichen Willen seines aktuell nicht vertretenen und ihm oft auch nicht bekannten Patienten ausrichtet. 2. Bei der Einbeziehung einwilligungsunfähiger Personen in medizinische Forschungsvorhaben war zunächst die Fallgruppe abzugrenzen, in denen einer erkrankten einwilligungsunfähigen Person im Rahmen einer Studie ein gesundheitlicher Vorteil in Aussicht gestellt wird. Hier ließ sich neuerlich weithin an die Grundsätze zur ärztlichen Heilbehandlung anschließen, die durch den Studiencharakter der Behandlung auch bei einwilligungsfähigen Personen nur in begrenztem Umfang verändert werden. Diese Ausrichtung am gesundheitlichen Wohl des Einwilligungsunfähigen ist denn auch durch den Gesetzgeber im Zuge der 12. AMG-Novelle für Volljährige gar nicht und für Minderjährige nur in geringem Umfang angetastet worden (a). In empfindlicher Weise berührt wird die subjektive Motivsphäre damit schließlich in solchen Fallgruppen, in denen einwilligungsunfähige Personen in individuell vorteilslose Forschung eingeschlossen werden sollen (b). War dies bislang ausnahmslos unzulässig, hat der Gesetzgeber in Umsetzung der GCP-Richtlinie mittlerweile erstmals Neuland betreten. Zwar hat er sich nicht dafür entschieden, solche Forschung an volljährigen Personen zuzulassen sowie an solchen Minderjährigen, die nicht alters-, sondern konstitutionsbedingt einwilligungsunfähig sind (also auch über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus einwilligungsunfähig bleiben werden); hier vertritt der deutsche Gesetzgeber weiterhin einen strikten Standpunkt, der ihn bislang auch von einer Ratifizierung der Bioethik-Konvention des Europarats hat Abstand nehmen lassen. Wohl aber hat er es – zur Optimierung der Arzneimittelversorgung von Kindern – zugelassen, erkrankte und nicht einwilligungsfähige Minderjährige in klinische Arzneimittelprüfungen einzuschließen, die nicht den Studienteilnehmern selbst, wohl aber künftigen Patienten einen gesundheitlichen Vorteil in Aussicht stellen. Damit wird der Entscheidungsprozess in diesem Bereich nicht nur durch die Einwilligungsunfähigkeit objektiviert, vielmehr wird der Entscheidung des Vertreters sogar, wenn auch in sehr engen Grenzen, die Berücksichtigung rein objektiver – altruistischer – Motive eröffnet. Diese Wertung ist zwar bereichsspezifisch, lässt nach der hier vertre-

§ 8. Zusammenfassung

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tenen Ansicht aber die Argumentationslast jener Auffassungen erheblich anwachsen, die die Einwilligung in individuell vorteilslose, aber nur minimal riskante und minimal belastende Forschungsmaßnahmen einschränkungslos als Missbrauch des elterlichen Sorgerechts bzw. als Verstoß gegen das Wohl des Betreuten auffassen.

§ 7. Die spezifische Gefährdung des Rechtsgüterschutzes durch den Gebrauch von Formularen in der Medizin Ausgehend von der Feststellung, dass bereits das mündliche Aufklärungsgeschehen von objektivierenden Abstraktionen ausgeht, wandte sich der letzte Abschnitt des zweiten Teils dann dem spezifischen Gefährdungspotential medizinischer Formularerklärungen in der Medizin zu. I. In einer materiellen Perspektive birgt der Formulargebrauch in erster Linie die Gefahr, die im Einzelfall bestehenden Unterschiede des vom Formular betroffenen Krankheitsbildes, aber auch den individuellen Verständnisbedarf des jeweiligen Rechtsgutträgers zu nivellieren. Nach herrschender medizinrechtlicher Auffassung sind für die Wirksamkeit der Einwilligung daher nicht der Inhalt des Formulars, sondern allein die mündliche Aufklärung und das tatsächliche Verständnis des Rechtsgutträgers maßgeblich. Damit werden beide aufklärungsbestimmenden Faktoren – Intensität der Rechtsgutgefährdung und subjektiver Verständnisbedarf – materiellrechtlich jeder Vereinheitlichung entzogen. Beides lässt sich kritisch hinterfragen. 1. Was zunächst die Intensität der Rechtsgutgefährdung betrifft, so steht sie einer vereinheitlichenden Darstellung nicht per se entgegen, sondern an sich nur insoweit, als Verlauf und Therapieoptionen zu komplex und variantenreich sind, um sie einem Laien in gedrungener Form vor Augen zu führen. Selbst eine vitale Gesundheitskrise kann also in standardisierbarer Weise darstellbar sein, wenn Krankheitsverlauf und Therapieoptionen ohne jede Alternativen nahezu stur feststehen (wie etwa in Fällen von Syphilis oder Tuberkulose), auch wenn der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen schon aus berufsethischen Gründen von einer Verlagerung der Gesprächs- auf eine Formularebene Abstand nehmen wird. Umgekehrt können sich aber auch längst nicht vital erscheinende Krankheitsbilder einer Formalisierung von vornherein entziehen, wenn Krankheitsverlauf und Therapieoptionen (wie etwa beim Rheumatismus) praktisch unübersehbar und weithin ungeklärt sind. Sind damit aber durchaus Krankheitsverläufe und Therapieoptionen denkbar, die sich in weitgehend vereinheitlichter Weise darstellen lassen, geht zumindest für einen solchen Teilbereich, wie von der Rechtsprechung mittlerweile denn auch anerkannt, eine

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

weitaus geringere und unter Umständen sogar überhaupt keine Beeinträchtigung des Rechtsgüterschutzes durch Verlagerung der Aufklärung auf ein Formular aus. Je schwerer und komplexer hingegen die Rechtsgutgefährdung zu bewerten ist, vor desto höheren Anforderungen steht die medizinische Formularerklärung, die hier zu einer mündlichen Aufklärung stets nur hinzutreten kann. 2. Als eigentlich neuralgischer Punkt des Formulargebrauchs erwies sich damit weniger das Problem medizinischer Risikokomplexität als vielmehr die Frage nach der Standardisierbarkeit von Verstehen. Sie von vornherein für unmöglich zu erachten, wie durch manche apodiktische Stellungnahme suggeriert wird, läuft tendenziell auf den Standpunkt hinaus, dass menschliches Verstehen nur in Gesprächen möglich ist. Das erscheint schon allgemein kaum überzeugend, zumal aber für solche Maßnahmen in der Medizin, die eine äußerst einfache Risikostruktur aufweisen. Hier kann die Frage stattdessen nur lauten, wie sich individuelles Verstehen wirksam absichern lässt. Damit erscheint eine Verlagerung des Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens aber auch in dieser zweiten Hinsicht – des subjektiven Verständnisbedarfs – grundsätzlich durchaus als möglich, auch wenn dies im Ergebnis nur wenige, praktisch und zahlenmäßig aber durchaus bedeutsame Fallgruppen betreffen wird (wie Routine-Impfungen und Blutspenden). Rein empirisch betrachtet, ist die vollständige Absage an jegliche materielle Bedeutung von Formularen also weder unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Risikokomplexität geboten noch unter dem Blickwinkel eines nur durch Gespräche zu erzielenden Verständnisses. II. Angesichts des großen Misstrauens, dass die medizinrechtliche Dogmatik dem praktischen Gewicht medizinischer Formularerklärungen entgegenbringt, muss die Bedeutung, die solchen Formularen im Prozess eingeräumt wird, überraschen. Hier wird die Absage an jegliche materiellrechtliche Bedeutung weitgehend relativiert, teils sogar nivelliert, wenn es zwar materiell nicht auf das Formular ankommen soll, die Beweisführung über das allein maßgebliche Aufklärungsgespräch an zentralen Punkten aber nicht selten entscheidend von der Unterzeichnung und dem Inhalt des Formulars abhängt. 1. Die Verteilung der objektiven Beweislast wird durch die Vorlage einer unterzeichneten Einwilligungserklärung allerdings nicht angetastet. Sie liegt nach ganz herrschender Auffassung beim Arzt, wenn sich dies plausibel auch nur aus deliktsrechtlichen Grundsätzen ableiten lässt (a), während die völlig einhellige Übertragung dieser Beweislastverteilung auf das Vertragsrecht erhebliche Begründungsprobleme mit sich bringt. Der Sache nach lässt sich hier nur unter Rückgriff auf die vom Gesetzgeber nicht für obsolet erklärte Lehre vom Risiko- und Gefahrenbereich eine Ausnahme zu dem sonst geltenden Grundsatz

§ 8. Zusammenfassung

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formulieren, dass Darlegung und Beweis der Pflichtverletzung dem Gläubiger obliegt (b). 2. Die erhebliche prozessuale Bedeutung medizinischer Formularerklärung resultiert aus den beträchtlichen Konzessionen, die die Rechtsprechung der Beweisführung des Arztes generell einräumt, soweit „einiger Beweis“ für die Richtigkeit seiner Behauptung erbracht ist. Beweisthema ist nach dem materiellrechtlichen Grundsatz allein mündlicher Aufklärung dabei das Aufklärungsgespräch, so dass die Formularerklärung insoweit auf die Bedeutung eines Beweismittels reduziert wird. 3. Hinsichtlich der Beweiskraft von Formularerklärungen ist allerdings zu differenzieren. a) Was zunächst den Beweis von Durchführung und Inhalt des Aufklärungsgesprächs betrifft, so greift die Rechtsprechung in großzügiger Weise auf das Formular zurück. Hat der Patient eine entsprechende Erklärung unterschrieben, führt dies faktisch zu der Vermutung, dass ein mündliches Aufklärungsgespräch überhaupt stattgefunden hat und auch mit dem Inhalt – in positiver wie negativer Hinsicht –, wie er sich dem Formular nach darstellt. Dem Formular kommt insoweit allerdings nicht die Bedeutung einer Anscheinsbeweistatsache zu. Hier wirkt sich also die Individualität der Rechtsgutbedrohung im Einzelfall dahin aus, dass kein typischer Geschehensablauf angenommen werden kann, sondern nur ein Indiz, das erst im Zusammenhang mit anderen Tatsachen bekräftigt oder auch entwertet werden kann. Und gleiches gilt auch für die Frage, ob der Patient das Formular überhaupt auch nur gelesen hat oder meinte, lediglich eine formale Unterschrift leisten zu müssen. Das bloße Indiz reicht jedoch aus, um dem Arzt, der sich nicht selten in Beweisnot befindet, den nach § 448 ZPO erforderlich Anfangsbeweis zu liefern, der regelmäßig zu seiner Parteivernehmung führen wird. An dieser Stelle wendet sich das Blatt dann also nicht selten zugunsten des Arztes, da eine Parteivernehmung des Patienten nach § 447 ZPO am mangelnden Einverständnis des Arztes scheitern wird und § 448 ZPO für den Beweis des Gegenteils keine Anwendung findet. Kann diesen Beweisgrundsätzen im Hinblick auf die typischen Beweisschwierigkeiten des Arztes prinzipiell auch beigepflichtet werden, erscheinen sie aber doch insoweit unbefriedigend, als die Rechtsprechung den Indizienwert meist unbesehen an die Existenz einer unterzeichneten Formularerklärung knüpft, ohne deren Gestaltung – also ihren Sprachgebrauch, ihren Umfang oder ihre Übersichtlichkeit – näher zu thematisieren. b) Ähnliche, wenn auch geringere Beweiskraft lässt sich den Formularerklärungen dann auch für das individuelle Verstehen des Patienten – als weiterer Beweistatsache – beimessen.

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Zweiter Teil. Notwendigkeit und Grenzen einer Abstrahierung

So werden in der Rechtsprechung sprachliche Defizite nicht nur für das mündliche Aufklärungsgespräch thematisiert, sondern auch für Formulare. Das bedeutet aber nichts anderes, als der Unterzeichnung eines Formulars auch Indizienwert für das subjektive Verständnis beizulegen (aa). Aber auch für den subjektiven Verständnisbedarf, insbesondere den Wunsch nach weitergehenden Informationen, erlangt das Formular Bedeutung, wenn dem Patienten mit Rücksicht auf das unterzeichnete Formular entgegengehalten wird, weiteren Aufklärungsbedarf mündlich nicht gewünscht zu haben (bb). Beide Fälle zeigen, dass das materielle Verdikt einer Maßgeblichkeit von Formularerklärungen praktisch nicht durchgehalten wird. Erweist es sich aber als richtig, der Unterzeichnung der Formularerklärung ebenso Indizienbedeutung beizumessen wie dem übrigen Verhalten des Patienten während der mündlichen Aufklärung, so stellt sich umso eindringlicher die Frage nach den Grenzen dieser Indizienbedeutung, wie dies im anschließenden Dritten Teil vor allem unter Transparenzgesichtspunkten geschehen soll (cc). III. Dass die Rechtsprechung an ihrem Verdikt von Formularerklärungen heute auch materiell gar nicht mehr ausnahmslos festhält, hat schließlich ein Blick auf die Öffnung des Formulargebrauchs für medizinische Standardsituationen in der Rechtsprechung gezeigt. 1. So hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 15. Februar 2000 für öffentlich empfohlene Schutzimpfungen entschieden, dass der Arzt seiner Aufklärungspflicht auch materiell durch eine Verlagerung auf ein Aufklärungsformular genügt, und ähnlich wurde eine entsprechende Lösung in der Rechtsprechung für Blutspenden bereits erwogen. 2. Erscheint dieser Weg insoweit überzeugend, als nach der hier zugrunde gelegten Überlegung die Darstellung medizinischer Risikoeinschätzungen einer Vereinheitlichung nicht von vornherein unzugänglich, sondern zunächst vor allem von der Risikokomplexität der betroffenen medizinischen Maßnahme abhängig ist, hat der BGH die Verwendung des Formulars materiell dann auch hinsichtlich der Verständnisebene gebilligt. Konstruktiv hat er dabei die Fallgruppe der Frageobliegenheiten des Patienten fortgebildet, indem die Subjektivität des Verständnisbedarfs nun auf die Obliegenheit des Patienten reduziert wird, den Arzt zu fragen, wenn er das Aufklärungsformular nicht verstanden hat oder zusätzlichen Informationsbedarf wünscht. 3. Die Literatur hat diese Tendenz ambivalent aufgenommen. Von den einen als pragmatische Lösung für Routineeingriffe begrüßt, stieß das Urteil des BGH bei anderen auf kategorische Ablehnung oder führte zumindest zur Forderung einer Pflicht des Arztes, sich nach dem Verständnis des Rechtsgutträgers jeweils noch konkret zu erkundigen.

§ 8. Zusammenfassung

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Damit wird aber deutlich, dass den spezifischen Gefahren medizinischer Formularerklärungen differenziert zu begegnen ist. Zwar kann eine Verlagerung des Aufklärungsgeschehens auf Schriftstücke in der überwiegenden Zahl aller Fälle nicht in Betracht kommen, weil sie der Risikokomplexität medizinischer Maßnahmen und dem individuellen Verständnisvermögen des Rechtsgutträgers regelmäßig nur unzulänglich gerecht werden können. Wo dies nicht der Fall ist, bedarf die apodiktische Festlegung des allein maßgeblichen Aufklärungsgesprächs aber, wie denn auch der BGH für Routineeingriffe andeutet, kritischer Revision. Zum anderen muss aber auch dann, wenn das mündliche Aufklärungsgespräch allein maßgeblich ist, der vergleichsweise hohe Beweiswert medizinischer Formularerklärungen in Schach gehalten werden, soll die materielle Maßgeblichkeit des Gesprächs nicht konterkariert werden. Auch hier reicht also nicht die kategorische Lösung, Formularerklärungen als lediglich prozessual relevant abzutun. Vielmehr ist der anzustrebende Rechtsgüterschutz auch in den Prozess hinein konsequent und differenziert auszubauen, die Beweiskraft von Formularen also rechtlichen Kontrollmaßstäben zu unterwerfen, wie sie nun im folgenden dritten Teil der Untersuchung skizziert werden sollen.

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Dritter Teil

Rechtliche Kontrollmaßstäbe für die Abgabe, den Inhalt und die Transparenz medizinischer Formularerklärungen Die beiden vorangegangenen Teile der Untersuchungen haben vor Augen geführt, dass der Schwerpunkt medizinischer Formulare darin liegt, die mündliche Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers zu dokumentieren – ausnahmsweise gar weitgehend zu ersetzen –, und dass die spezifische Gefahr dieses Formulargebrauchs darin liegt, die im Modell der informierten Einwilligungsentscheidung liegende Absage an das Institut der rechtsgeschäftlichen Risikoerklärung zu konterkarieren. Erklärungsinhalte, die materiell-medizinrechtlich durch bloße Unterzeichnung gar nicht wirksam in Geltung gesetzt werden können, drohen dem Rechtsgutträger später also sehr wohl, wenn auch „nur“ auf Beweisebene, entgegengehalten zu werden. Wo mit der neueren Rechtsprechung des BGH das mündliche Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen ausnahmsweise auf eine weitgehend schriftliche Ebene verlagert werden kann, läuft das Formular dann sogar Gefahr, auch das materiellrechtliche Gebot individueller Aufklärung und individuellen Verstehens zu unterlaufen. Der damit umrissene Konflikt zwischen dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts durch informierte Einwilligungsentscheidung und einer Gefährdung dieses Schutzes durch vom Formular ausgehende mindestens prozessuale Konsequenzen bedeutet nun nicht, dass der Gebrauch von Formularen per se unzulässig wäre, wie denn heute auch nur noch vereinzelt vertreten wird. Wenn der neuralgische Punkt der Einwilligungsentscheidung allerdings gerade die Individualität der Situation ist, die sich in der Medizin – anders als im vertraglichen Massenverkehr – einer Formalisierung weitgehend entzieht, erscheint es erforderlich, diesen Formulargebrauch strengen Kontrollmaßstäben zu unterwerfen, soll der im Medizinrecht so hochgestellte Rechtsgüterschutz auch nicht nur prozessual relativiert werden. Klargestellt sei dabei, dass Gegenstand einer solchen Kontrolle an sich nur die Einwilligungserklärung selbst als vom Rechtsgutträger ausgehende und für ihn vorformulierte Erklärung sein kann. Soweit sie inhaltlich jedoch durch die dem Rechtsgutträger ausgehändigte und in seiner Unterschrift in Bezug genommene Aufklärungsinformation ausgefüllt wird, nimmt die formulargetragene Aufklärung an der Kontrolle stets ebenfalls teil.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Im Medizinrecht sind diese Kontrollmaßstäbe bislang nur partiell ausgearbeitet. Das dürfte zum einen daran liegen, dass der Schwerpunkt der dogmatischen Bemühungen in den vergangenen Jahrzehnten darauf lag, die rechtlichen Anforderungen an die ärztliche Aufklärung immer feiner zu präzisieren und auszubauen, zum anderen aber auch daran, dass die medizinrechtliche Dogmatik bis heute kein klares Verhältnis zum medizinischen Formulargebrauch geschaffen hat. Einerseits aus dem medizinischen Alltag gar nicht mehr wegzudenken und zur Beweissicherung denn auch seitens des BGH empfohlen, rekurriert die Rechtsprechung in problematischen Fällen rasch auf den Gedanken, dass entscheidend allein das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient bleibe. Und soweit demnach überhaupt Raum für eine Erörterung des Formulars bleibt, konzentrieren sich die Überlegungen dann meist auf dessen Inhalt, ob das relevante Risiko dort also überhaupt und insbesondere auch nicht verharmlosend angesprochen wurde. Der abschließende dritte Teil der Untersuchung ist demgegenüber von der Überzeugung getragen, dass es nicht nur möglich, sondern für einen umfassenden Schutz des Selbstbestimmungsrechts in der Medizin auch unabdingbar ist, die in der bisherigen Rechtsentwicklung angelegten Kontrollmaßstäbe eingehender zu reflektieren und systematisch, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots, weiter auszubauen. Was die Methodik betrifft, soll allerdings nicht induktiv am Fall angesetzt, also gleichsam versucht werden, aus den einschlägigen Judikaten originär medizinrechtsdogmatische Grundsätze zu entwickeln. Die Entwicklung der Aufklärungsdogmatik hat gezeigt, dass die – hier freilich unvermeidbare – fehlende Anbindung an gesetzliche Regelungen zu einer tiefen Verunsicherung sowohl der ärztlichen Praxis wie auch der juristischen Konfliktbewältigung geführt hat. Sucht man daher eine Anbindung an gesetzliche Kontrollmaßstäbe, bedeutet das allerdings nicht, dass sich gesetzliche Regelungen unbesehen auf den Bereich der Medizin übertragen lassen. Vielmehr darf auch eine Erwägung gesetzlicher Kontrollmaßstäbe die Besonderheiten des Rechtsgüterschutzes in der Medizin nicht aus den Augen verlieren – im Kern also die weitgehende Loslösung der persönlichen Entscheidungsfreiheit von Vertrauensgesichtspunkten des Rechtsverkehrs. Um beiden Aspekten Rechnung zu tragen, liegt das Grundmotiv der abschließenden Überlegungen vielmehr darin, gesetzliche Lösungsmöglichkeiten zu erwägen, deren Reichweite aber stets vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Rechtsgüterschutzes kritisch zu hinterfragen. Der erste Abschnitt wird sich insoweit zunächst mit der Frage auseinandersetzen, welche rechtlichen Kontrollmaßstäbe für eine Überprüfung medizinischer Formularerklärungen überhaupt geeignet erscheinen. Dabei wird sich zeigen, dass ein tragfähiger Ansatz nur in den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen in den §§ 305 ff. BGB liegt. Die Anwendung dieses Regelungskomplexes auf Formularerklärungen in der Medizin wird denn auch,

Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

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vor allem in der Literatur, seit geraumer Zeit erwogen. Ob eine – direkte oder analoge – Anwendung dieser Vorschriften überhaupt möglich ist, unter welchen Voraussetzungen sie sich auf den Bereich des absoluten Rechtsgüterschutzes übertragen lassen und in welchem Verhältnis ihre Anwendung zum dogmatisch gesicherten Bestand des Medizinrechts steht, kann bislang allerdings nicht als hinlänglich gelöst gelten. Das liegt vor allem daran, dass sich die hierzu angestellten Überlegungen auf eine weitgehend äußerlich bleibende Ähnlichkeitsbetrachtung beschränken, ohne zuvor das Bestehen einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke eingehender zu reflektieren (§ 9). Der sich anschließende Gedankengang wählt daher einen anderen Weg. Ihm liegt methodisch zwar ebenfalls die Überprüfung einer Analogie zugrunde. Anders als in mancher Stellungnahme des Schrifttums soll die Frage der Analogie aber nicht für die §§ 305 ff. BGB insgesamt, der Sache nach also im Sinne einer Gesamt- oder Rechtsanalogie angegangen werden. Wenn Rechtsanwendung die Bejahung einzelner Rechtsfolgen wegen des Vorliegens sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen ist, eine Gesamtanalogie aber darauf hinausläuft, einen ganzen Komplex von Rechtsfolgen zur Anwendung zu bringen, konsequenterweise also unter Begründung durch eine Vielzahl, aber doch nicht notwendig aller in den jeweiligen Tatbeständen liegenden Wertungen, kann man schon ernste Zweifel hegen, ob hier methodisch betrachtet nicht die analoge Anwendung von Rechtssätzen mit einer Konkretisierung von Rechtsprinzipien gleichgestellt wird. Man kann die Frage auch dahin formulieren, ob unter der Firma der Gesamtanalogie letztlich nicht Rechtsfolgen aus dem AGB-Recht abgeleitet werden, die sich in Wahrheit nur auf ein angenommenes – und wie später noch zu sehen, problematisches1 – Prinzip der Unwirksamkeit von Verträgen bei strukturellem Ungleichgewicht der Vertragspartner zurückführen lassen, nicht auf die in den Tatbeständen der §§ 305 ff. BGB konkret niedergelegten Rechtsgedanken. Droht der Gedanke einer Gesamtanalogie damit aber zugleich, inhaltliche Differenzierungen zu nivellieren, unterscheidet die Untersuchung nicht nur der Übersichtlichkeit halber drei am Gesetz orientierte Bereiche einer denkbaren Analogie, sondern greift das fruchtbare Potential konkreter Konfliktbewertungen auch auf, um den nur partiellen Weiterentwicklungsbedarf des Medizinrechts nachvollziehbar von einem Bestand dogmatischer Rechtssätze zu unterscheiden, der im Medizinrecht aus guten Gründen als etabliert und abschließend begriffen werden muss. In Anschluss wird daher in einem ersten Schritt zu fragen sein, inwieweit die Vorschriften über die Einbeziehungskontrolle einen geeigneten Kontrollmaßstab für medizinische Formularerklärungen bilden (§ 10). Dabei wird sich zeigen, dass es mit der Absage an das Rechtsinstitut der Risikoerklärung unvereinbar wäre, Formularerklärungen des Patienten in gleicher Weise in Geltung 1

Unten § 9 II 1.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

zu setzen wie Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Einbeziehungsmodus kann sich hier also nur nach den etablierten Grundsätzen des Medizinrechts richten, die für diesen Bereich methodisch betrachtet der Annahme einer Regelungslücke entgegenstehen, auch wenn sie noch nicht Gesetzescharakter angenommen haben und der weiteren Ausarbeitung bedürfen, soweit es um die Reduktion auf ein weitgehend schriftliches Aufklärungsgeschehen für risikoarme Ausnahmebereiche geht. Als im Rahmen der Einbeziehungskontrolle anwendbar erscheint daher nur der Maßstab des Überraschungsverbots nach § 305c I BGB, allerdings auch nur, soweit er auf andere Fallgruppen als die ärztliche Risikoaufklärung abzielt, wie sich schließlich eine Anwendung auf vorformulierte Vertragswerke in der Medizin zwanglos und direkt ergibt. Der zweite Schritt der Überlegungen wendet sich dann der Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen zu (§ 11). Auch hier erweist sich die medizinrechtliche Dogmatik als erschöpfend, soweit sie die Anforderungen an die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Risikoaufklärung betrifft. Mit dem Gebot der im Einzelfall erforderlichen Aufklärungsinformation wäre aber auch der Maßstab einer unangemessenen Benachteiligung für den medizinischen Sektor schief. Denn wenn dem Arzt bei der Aufklärung inhaltlich gar kein Spielraum zukommt, ist nicht erst die unangemessene Benachteiligung unzulässig, sondern jegliche Abweichung von den medizinrechtlichen Vorgaben. Auch hier kommt eine Anwendung dieser Vorschriften – nun der §§ 307 ff. BGB – erst dort in Betracht, wo die Formularerklärung Inhalte betrifft, die jenseits der medizinrechtlichen Aufklärungsdogmatik liegen und bislang auch sonst keine eigenständige rechtliche Regelung erfahren haben, so insbesondere die Formulareinwilligung in die Überlassung isolierter menschlicher Körpersubstanzen zu Forschungszwecken. In einem dritten Schritt widmet sich die Untersuchung dann schließlich der Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen (§ 12). Ausgehend von den hierzu im Vertragsrecht herausgebildeten Grundsätzen wird sich zeigen, dass das Medizinrecht diesen Vorgaben allenfalls nur unzureichend herausgebildete eigene Kontrollmaßstäbe entgegenzusetzen hat. Werden unterzeichnete Formularerklärungen also auch nur im Prozess einem Kläger entgegengehalten, dessen subjektives Verständnis zentrales Postulat der Einwilligungslehre ist, muss dies entscheidend davon abhängen, ob das Formular überhaupt einen Aufklärungs- und Einwilligungsprozess widerspiegelt, der geeignet war, ein entsprechendes Verständnis des Patienten zu verwirklichen. Die Untersuchung differenziert dabei entsprechend dem mittlerweile im AGB-Recht herrschenden Standpunkt auch für die Medizin zwischen dem Gesichtspunkt einer Einbeziehungstransparenzkontrolle und dem einer Inhaltstransparenzkontrolle. Intransparent ist ein Formular also sowohl dann, wenn es – vorwiegend aus Gründen der äußerlichen Gestaltung – schon nicht lesbar ist, also keine Kenntnisnahmemöglichkeit einräumt, wofür im

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Medizinrecht, anders als im Arzneimittelrecht, bislang konkretere Maßstäbe weitgehend fehlen. Intransparent kann ein Formulartext vor allem aber auch sein, wenn er selbst bei äußerer Kenntnisnahmemöglichkeit das Verständnis des Lesers nur unzureichend oder gar überhaupt nicht ermöglicht, etwa weil die Zusammenhänge zu unübersichtlich und umfangreich oder auch sprachlich zu kompliziert dargestellt werden, was sich vor allem für Aufklärungsinformationen in der medizinischen Forschung als neuralgischer Punkt erweist. Lassen sich insoweit also im Rahmen einer Analogie die Transparenzmaßstäbe der §§ 305 ff. BGB – vor allem also des § 305 II Nr. 2 und des § 307 I 2 BGB – auf medizinische Formularerklärung übertragen, bleiben diese Regelungen gleichwohl den geringen Anforderungen der rechtsgeschäftlichen Verweisungserklärung verhaftet. Nach der hier vertretenen Auffassung können die notwendig strengeren Transparenzanforderungen in der Medizin daher nicht bei einer Analogie zum AGB-Recht stehen bleiben, sondern müssen sich vor allem an den Vorgaben orientieren, die heute auf der Grundlage europarechtlicher Leitlinien für die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen aufgestellt werden, die daher ebenfalls in die Überlegungen einzubeziehen sind. Die Untersuchung schließt mit einer Betrachtung der Rechtsfolgen, die sich aus den in den §§ 10 bis 12 gefundenen Ergebnissen ergeben (§ 13). Für sie sind zwei Prämissen leitend. Zum einen ist in der Reichweite der Rechtsfolgen nach dem Inhalt der Formularerklärung zu differenzieren. Wo die Formularerklärung also – wie insbesondere bei der Risikoeinwilligung – eine Bilanzentscheidung darstellt, wird ihre rechtliche Relevanz schon durch einzelne Mängel insgesamt in Frage gestellt. Die intransparente Darstellung eines einzelnen maßgeblichen Risikos führt also, anders als bei analoger Heranziehung von § 306 I BGB, regelmäßig dazu, dass die Erklärung insgesamt keinen Beweiswert für eine verständliche Aufklärung liefert – unbeschadet des auch hier natürlich stets denkbaren Einwands rechtmäßigen Alternativverhaltens. Wo die Formularerklärung hingegen eine Einwilligung zum Gegenstand hat, die rechtlich nicht von einer Abwägung verschiedener Vor- und Nachteile abhängig ist, oder inhaltlich trennbare Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz enthält, wirken sich Mängel der Formularerklärung grundsätzlich auch nur punktuell auf den jeweils betroffenen Erklärungsinhalt aus. Zum anderen schlägt sich die Rechtsfolge gegenständlich dann aber auch nur auf der Ebene nieder, auf der die Formularerklärung rechtlich erheblich ist. Soweit also materiell allein das mündliche Aufklärungsgespräch maßgeblich und die Formularerklärung nur bedeutsam für die Beweisführung ist, sind die Konsequenzen einer Formularkontrolle auf Beweisebene anzusiedeln. Wo die Formularerklärung selbst hingegen – wie bei Routine-Eingriffen mit einfachster Risikostruktur ausnahmsweise denkbar – das materiell tragende Einwilligungsgeschehen darstellt, muss sich ihre rechtliche Kontrolle auch unmittelbar auf den rechtlichen

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Bestand der Erklärung auswirken. Hier sind intransparent gestaltete Erklärungen also schon materiellrechtlich unwirksam. Den ausnahmsweise erleichterten Anforderungen an die Aufklärung entspricht in diesen Fällen also die schärfere Sanktion.

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§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen Der abschließende dritte Teil der Untersuchung greift eine vor allem im Schrifttum verbreitete Tendenz auf, dem skizzierten Gefährdungspotential medizinischer Formulare durch eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB zu begegnen. Diese Tendenz wird im Wesentlichen von der äußeren Betrachtung getragen, dass sich vorformulierte Einwilligungserklärungen und vorformulierte Vertragsbedingungen sowohl ihrem Erscheinungsbild wie auch ihrer Zielrichtung nach weitgehend zu ähneln scheinen. Vor allem werden dann aber auch sachlich die Situationen als vergleichbar begriffen, in denen sich Patient und Arzt einerseits sowie Kunde und Verwender andererseits typischerweise befinden, nämlich als Situationen strukturellen Ungleichgewichts. Können diese Gesichtspunkte nun aber allein eine – direkte oder analoge – Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Formularerklärungen in der Medizin rechtfertigen? Was zunächst den Zweifel betrifft, formularvertragliche Regelungen könnten auf Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz keine Anwendung finden, so lässt sich dieser schon anhand eines kurzen Überblicks ausräumen, der vor Augen führt, dass die vorformulierte Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen längst Bestandteil auch der bürgerlichen Vertragswelt ist (I.). Aber auch die Frage, ob sich neben oder anstelle der §§ 305 ff. BGB nicht andere geeignete Kontrollmaßstäbe heranziehen lassen, lässt sich, wie ein Blick insbesondere auf die Vorschrift des § 138 BGB und auf die modernen verbrauchervertraglichen Regelungen zeigt, weitgehend verneinen (II.). Für eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB reicht die Ausräumung dieser Zweifel aber noch nicht aus, vielmehr schärft sie nur den Blick darauf, dass als geeignete Kontrollmaßstäbe tatsächlich nur die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB in Betracht kommen. Vielmehr lässt der spezifisch vertragliche Ansatz des AGB-Rechts starke Vorbehalte gegen eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB im Medizinrecht aufkommen, liegt der entscheidende Unterschied beider Rechtsgebiete doch – vereinfacht ausgedrückt – darin, dass das AGB-Recht mit der Risiko-Erklärung arbeitet, das Medizinrecht hingegen mit der Risiko-Aufklärung. Das Meinungsspektrum zur analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB wird daher abschließend

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

kritisch mit den methodischen Anforderungen an eine Analogie zu konfrontieren sein (III.), bevor eine solche analoge Anwendung abschließend für die drei zentralen Regelungskomplexe des AGB-Rechts – Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle – im Einzelnen erwogen werden kann.1

I. Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen als Gegenstand der Vertragsdurchführung Der Schwerpunkt des medizinischen Formulargebrauchs und zugleich ihrer rechtlichen Problematik liegt in der formulargetragenen Aufklärung und Einwilligung des Patienten. Was äußerlich Ähnlichkeiten mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufweist, zielt in der Medizin nicht auf vertragliche Vereinbarungen ab, sondern auf eine Disposition über den absoluten Rechtsgüterschutz. Der untergeordnete Stellenwert vertraglicher Regelungen bedeutet umgekehrt nun allerdings nicht, dass Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz eine Besonderheit allein medizinischer Formularerklärungen wären. Vielmehr kennt das Vertragsrecht des BGB nicht nur eine Sphäre absoluten Rechtsgüterschutzes, sondern diese ist auch Gegenstand vertraglicher Regelungen. Eine ein Vertragsgeschehen begleitende Gestaltung des absoluten Rechtsgüterschutzes ist also keine Besonderheit des Medizinrechts, mag im sonstigen bürgerlichen Vertragsrecht auch nur in Randbereichen Bedarf bestehen, diese Sphäre so wie im Medizinrecht einer gesonderten Regelung zu unterwerfen. So berühren etwa Dispositionen über das Eigentum ebenfalls stets den absoluten Rechtsgüterschutz des Eigentümers, ohne dass die zivilrechtliche Dogmatik dazu übergehen würde, vertragliche Dispositionen über das Eigentum stets vor dem Hintergrund des § 903 S. 1 BGB oder gar des § 823 I BGB zu deuten. Die Rechtsgestaltung wird beim Eigentum vielmehr vom Vertrag her gedacht, während die Rechtsgestaltung in der Medizin von der rechtfertigenden Einwilligung und damit vom Delikt her gedacht wird. Geläufig ist der Schutz absoluter Rechtspositionen in der vertraglichen Güterwelt in erster Linie als entsprechender Inhalt vertraglicher Sorgfaltspflichten. Mit der Schuldrechtsreform hat diese Perspektive Eingang in das Gesetz gefunden, wenn es dort nun in § 241 II BGB heißt, dass das Schuldverhältnis „nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten“ kann. Klargestellt ist dabei dann auch, dass entsprechende Pflichten nicht nur aus einem entstandenen vertraglichen Schuldverhältnis resultieren, sondern gemäß § 311 II Nr. 1 BGB auch aus einem Schuldverhältnis der Vertragsverhandlungen und vergleichbaren, in

1

Nachfolgend §§ 10 bis 12.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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§ 311 II Nr. 2 und 3 BGB genannten Schuldverhältnissen. 2 Mit dem in § 241 II BGB verwandten Begriff einer Rücksicht wird freilich eine Abwehrperspektive eingenommen, die Eingriffe in absolut geschützte Rechtspositionen als Pflichtwidrigkeit erscheinen lässt. Die Vorstellung geht hier also dahin, dass die Vertragspartner durch den Abschluss und die Durchführung des Vertrags einander notwendig ihre Rechtsgütersphären öffnen und in dieser unfreiwilligen Weise ihre Rechtsgüter einander preisgeben,3 ohne doch in deren Verletzung einzuwilligen. Vielmehr soll der Eingriff in diese Rechtsgüter gerade vermieden werden und stellt sich bei Verwirklichung daher nicht nur als unerlaubte Handlung, sondern auch als Vertragspflichtverletzung dar. Umgekehrt liegen jene Fälle, in denen die Preisgabe einer absolut geschützten Rechtsposition gerade Gegenstand der jeweiligen Vertragsbeziehung ist. Wer ein Buch verkauft, gibt in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 433 I 1 BGB das Eigentum daran weg, wer sich einer Operation unterzieht, ist mit invasiven Eingriffen in seine Körpersubstanz einverstanden, wer sich als Werbeträger für ein Unternehmen zur Verfügung stellt, billigt den Abdruck seines Bildes in Druckerzeugnissen, ebenso wie der Teilnehmer einer für den Rundfunk aufgezeichneten Theater- oder Musikdarbietung usw.4 Die Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen ist hier also keine unliebsame Notwendigkeit, sondern dient im Gegenteil dazu, den konkreten Vertrag überhaupt durchführen zu können. Wenn die vorliegende Untersuchung die formulargetragene Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen zum Gegenstand hat und damit die einwilligungsgetragene Öffnung der eigenen Rechtsgütersphäre, nimmt sie somit nicht die vorgenannte Abwehrperspektive ein, sondern die Perspektive einer zweckgerichteten Einschränkung des Rechtsgüterschutzes. Dass das Überschreiten der durch Vertrag und Einwilligung gesetzten Eingriffsgrenzen seinerseits den Abwehrschutz berührt, steht dem nicht entgegen. Das Eingreifen des Abwehrschutzes ist hier lediglich die gedankliche Konsequenz einer Inhaltsbestimmung des zugelassenen Eingriffs. Rechtlich wirkt sich dies im Grunde nur für die Frage aus, welche Konsequenzen man aus einem Überschreiten der zugelassenen Eingriffsgrenzen auf Ebene der Pflichtverletzung ziehen soll. So lässt sich die Verletzung absolut geschützter Rechtsposi2 Die Abgrenzung der einzelnen Ziffern des § 311 II BGB ist vom Wortlaut aus betrachtet freilich nicht einfach und wird denn häufig auch nur durch Rückgriff auf die Gesetzgebungsmaterialien vorgenommen; kritisch gegenüber den von der Gesetzesbegründung vorgegebenen Abgrenzungskriterien etwa Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht, § 311 Rz. 10. Zum Rechtsgüterschutz im Zuge der Vertragsanbahnung ausführlich Keller, Schuldverhältnis und Rechtskreisöffnung. 3 Vgl. hierzu Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 223. In dieser Weise bereits Stoll, AcP 136 (1932), 257 (298). 4 Zum kleingedruckten Einverständnis in solche Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz etwa, vor allem mit Blick auf die Aufzeichnung des eigenen Bildes, Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 437.

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tionen sonst in erster Linie als Sorgfaltspflichtverletzung nach §§ 280 I 1, 241 II BGB auffassen oder im Fall der sogenannten Mangelfolgeschäden auch gar als Schlechtleistung, ebenfalls aber noch im Sinne von § 280 I 1 BGB.5 Anders liegen die Dinge hingegen bei einer vertragszweckbezogenen Einschränkung des Rechtsgüterschutzes. Denn hier verletzt der Vertragspartner nicht einfach eine Sorgfaltspflicht, sondern kommt zugleich seiner Leistungspflicht nicht in der gebotenen Weise nach. Mag also etwa ein medizinischer Behandlungsfehler durchaus sowohl eine unerlaubte Handlung nach § 823 I BGB darstellen wie auch eine Sorgfaltspflichtverletzung nach §§ 280 I 1, 241 II BGB, stellt sich also noch die weitere Frage, ob hierin nicht vor allem auch ein Fall der Schlechtleistung liegt, der den Arzt vertraglich – auch oder nur – zur Leistung von Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 I 1, III, 281 I 1 BGB verpflichtet.6 Und entsprechend folgt dem dann die weitere Frage, ob ein solcher Schadenersatzanspruch sämtliche Nachbehandlungskosten erfasst, oder ob insoweit nicht auf den Gedanken des Mangelfolgeschadens wegen Schlechtleistung nach § 280 I 1 BGB zurückzugreifen ist. Diese leistungsstörungsrechtlichen Fragen sind nun zwar zweifellos von nicht geringer Bedeutung, wie der Bereich der Arzthaftung auch insgesamt noch nicht umfassend vor dem Hintergrund des neuen Leistungsstörungsrechts untersucht worden ist.7 Gegenstand dieser Arbeit sind aber nicht die Konsequenzen, die sich bei Überschreiten einer zugelassenen Rechtsgüterbeeinträchtigung ergeben – vereinfacht gesprochen also Fälle des Behandlungsfehlers. Indem die Untersuchung nach den Anforderungen fragt, die an den Inhalt und die äußere Gestaltung formulargetragener Regelungen anzulegen sind, die den absoluten Rechtsgüterschutz zum Zwecke der Vertragsdurchführung einschränken, ist statt einer Überschreitung zuvor gesetzter Grenzen vielmehr allein die vorgelagerte Frage von Interesse, in welcher Weise diese Grenzen durch den Gebrauch von Formularen gesetzt werden können.8 Wenn die Gestaltung des absoluten Rechtsgüterschutzes nun aber nicht auf das Medizinrecht beschränkt ist, sondern auch sonstigen bürgerlichen Ver5

Vgl. Haberzettl, Verschulden und Versprechen, S. 38. Zur Abschichtung von Fällen der Schlechtleistung und einer Beschränkung des § 281 I 1 2. Alt. BGB auf die Verzögerung der Nacherfüllung mit Blick auf das Kaufrecht Schur, JA 2006, 223 ff. 7 Insbesondere auch nicht durch Katzenmeier, Arzthaftung, dessen Schrift vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform abgeschlossen wurde und diese daher nur noch im Entwurfsstadium kursorisch berücksichtigen konnte, a.a.O., S. 81 ff. Vgl. aber z.B. den Überblick bei Hk-BGB-Schulze, § 280 Rz. 15; Spindler/Riekers, JuS 2004, 273; Schulze/Ebers, JuS 2004, 270; Deutsch, JZ 2002, 588; Katzenmeier, VersR 2002, 1066; Spickhoff, NJW 2002, 2530 (2532). 8 Die Abschichtung der leistungsstörungsrechtlichen Perspektive auf ein Überschreiten zugelassener Beeinträchtigungsgrenzen gilt daher in entsprechender Weise auch für die hier denkbaren Konsequenzen aus §§ 823 ff. BGB und aus §§ 812 ff. BGB. Näher zum Güterschutz durch informierte Einwilligung im Vertragsrecht bereits oben § 3 III. 6

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tragsverhältnissen innewohnt, so lassen sich die in der Medizin auftretenden Besonderheiten umso klarer herausarbeiten, wenn man sich einmal vor Augen führt, inwieweit der absolute Rechtsgüterschutz in anderen Bereichen der vertraglichen Güterwelt Gestaltungen unterliegt. Es liegt nahe, hierfür zunächst mit den Dispositionen des Eigentümers über das Eigentum an Grundstücken und beweglichen Sachen zu beginnen, die das praktische Schwergewicht der vertraglichen Güterwelt ausmachen (1.). Dann sollen aber auch die Dispositionen über immaterielle Rechte betrachtet werden, wobei es nahe liegt, solche Dispositionen, die auf eine Güterbewegung abzielen (2.), von solchen Dispositionen zu unterscheiden, die immaterielle Rechte zwar ebenfalls bewusst beschränken, der Sache nach aber doch vom Gedanken eines Güterschutzes geleitet werden (3.).

1. Die wirtschaftliche Ausschöpfung der Eigentümerbefugnisse durch Vertragsschluss Die Überlegung, dass der Eigentümer einer Sache die von diesem Eigentum ausgehende Sphäre eines absoluten Rechtsschutzes gestaltet, wenn er auch nur schuldvertragliche Regelungen über die Sache trifft, ist für die zivilrechtliche Dogmatik so fernliegend, dass sie kaum je auch nur thematisiert wird.9 Wenn der Eigentümer eines Wohnhauses einen Mietvertrag über sein Wohngrundstück eingeht, denkt der Zivilrechtler auf Seiten des Vermieters also nicht an absolute Rechte oder an die Eigentümerbefugnisse aus § 903 S. 1 BGB, sondern zunächst einmal nur an § 535 I 1 BGB, wonach der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Da hierzu auch jeder andere Vermieter verpflichtet wäre, der selbst gar nicht Eigentümer der Mietsache ist, kommt es auf die Frage des Eigentums auch gar nicht an. Das ändert aber nichts daran, dass der Vermieter, so er denn Eigentümer ist, beschließt, durch Vermietung den wirtschaftlichen Wert seines Grundeigentums auszuschöpfen. Die Vermietung vollzieht sich also durch Vertrag, stellt sich aber auch als Umgestaltung des absoluten Rechtsschutzes dar. Das wird deutlich, wenn man sich die Inbesitznahme durch den Mieter vor Augen führt, die nun angesichts des Mietvertrags den aus dem Eigentum fließenden Herausgabeanspruch aus § 985 BGB gemäß § 986 I 1 BGB blockiert. Dann erhält der Vermieter, der Eigentümer der Mietsache ist, aber auch ebenso wenig wie jeder andere Vermieter Schadensersatz für die gebrauchsbedingte Abnutzung des Eigentums, § 538 BGB, was bei ihm nun auch auf das Eigentum gestützte deliktische Ansprüche ausschließt.10 Neben dieser Verwertung 9 10

Eingehend allerdings Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 447 ff. Palandt-Weidenkaff, § 538 Rz. 1; Blank/Börstinghaus, Miete, § 538 Rz. 1.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

durch Nutzungsüberlassung ist dann auch an den Abschluss von Werkverträgen zwecks Instandhaltung des Gebäudes zu denken oder auch zwecks seines Abrisses, um einer neuen Bebauung Platz zu machen oder das Baugrundstück, wirtschaftlich heute meist interessanter, in unbebautem Zustand veräußern zu können. Auch hier muss der Eigentümer seinen Eigentumsschutz beschränken, wenn die von ihm eingegangenen Verträge überhaupt durchführbar sein sollen, und entsprechende Linien lassen sich dann auch für den Abschluss vergleichbarer Schuldverträge über bewegliches Sacheigentum ausziehen. Damit wird aber deutlich, dass sich schon die Vornahme schuldrechtlicher Regelungen auf den absoluten Rechtsschutz des Eigentümers auswirkt. Gibt der Eigentümer in dieser Perspektive also sein Eigentum zu unterschiedlichen Zwecken und in unterschiedlicher Intensität einem Vertragspartner preis, gilt dies erst recht für die Vornahme dinglicher Rechtsgeschäfte, bei denen die Auswirkung auf den absoluten Rechtsschutz nicht mehr Reflexwirkung, sondern unmittelbare Rechtsfolge des dinglichen Geschäfts ist. Wer etwa eine Hypothek oder eine Grundschuld bestellt, spaltet hiermit eine Teilbefugnis, hier die Verwertungsbefugnis, mit dinglicher Wirkung aus seinem Eigentum zugunsten des Hypothekars (§ 1113 I BGB) oder Grundschuldgläubigers (§§ 1192 I, 1113 I BGB) ab. Entsprechendes gilt dann auch für die Einräumung von Nutzungsrechten in Gestalt von Dienstbarkeiten, also einer Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB), eines Nießbrauchs (§§ 1030 ff. BGB) oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB). Auch die Erwerbsrechte wie das dingliche Vorkaufsrecht (§ 1103 BGB) oder das Aneignungsrecht (nach § 956 I 1 BGB oder auch etwa das Aneignungsrecht des Jagdberechtigten) stellen derartige Abspaltungen von Teilbefugnissen aus dem Eigentum dar, die eine Beschränkung des absoluten Rechtsschutzes zur Folge haben.11 Lässt sich mit dem beschränkten dinglichen Recht gedanklich denn auch noch am ehesten das Bild einer Beschränkung der Rechtsschutzsphäre verbinden, haftet eine solche Beschränkung freilich auch der denkbar stärksten Verfügung an, nämlich der Übertragung des dinglichen Rechts, auch wenn sie den Verlust der Eigentümerstellung und damit des Bezugspunkts für einen Schutz zur Folge hat. Entscheidend ist nun, dass der Eigentümer einer Sache in all diesen Fallgestaltungen, wenn auch auf unterschiedliche Weise, seinen absoluten Rechtsschutz beschränkt, um auf diese Weise – meist wirtschaftliche – Zwecke verfolgen zu können. Gleichwohl wird diese Art der Beschränkung des absoluten Rechtsschutzes weder über das Rechtsinstitut der Einwilligung des Eigentümers erfasst, noch überhaupt als auf dieser Ebene regelungsbedürftiger Gegenstand begriffen. Mit dem Abschluss des kodifizierten schuldrechtlichen Vertragstyps, 11 Zum beschränkten dinglichen Recht als im Rahmen des sachenrechtlichen Typenzwangs abgespaltene Teilbefugnis aus dem Eigentum eingehend Schapp/Schur, Sachenrecht, Rz. 37 f., 320 ff.; sowie speziell mit Blick auf das Grundpfandrecht Rz. 381 ff.; Schapp, in: Freundesgabe für Söllner (1990), S. 477 ff.; ders., JuS 1979, 544 ff.

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mit der Vornahme der im Rahmen des sachenrechtlichen Typenzwangs zugelassenen Verfügung geht diese Beschränkung der Rechtsschutzsphäre vielmehr ohne weiteres einher, ohne noch einer eigenständigen Regelung zu bedürfen. Die geschuldete Gebrauchsgewährung des Vermieters wird also nicht als Einwilligung in die Verletzung des Eigentums an der Mietsache begriffen, ebenso wenig die Besitzüberlassung an einer durch einen Werkunternehmer auszubessernden beweglichen Sache. Und auch für die Bestellung einer Hypothek ist die Einwilligung des Eigentümers weder erforderlich noch überhaupt genügend, sieht das Gesetz hierfür doch eine dingliche Einigung zwischen Grundeigentümer und künftigem Hypothekar nach § 873 I 2. Alt. BGB vor, wie denn auch die Übertragung des beweglichen Sacheigentums der dinglichen Einigung nach § 929 S. 1 2. HS. BGB bedarf, ohne dass eine hiermit verbundene Einwilligung des Eigentümers von Bedeutung wäre. Und selbst die Ermächtigung zur Vornahme einer Verfügung nach § 185 I BGB zielt ihrem Verständnis nach nicht darauf ab, eine Beschränkung des Eigentumsschutzes zu rechtfertigen, sondern eine solche Beschränkung mit Wirkung für den Rechtsinhaber überhaupt wirksam vornehmen zu können.12 Dann beinhaltet bei Lichte betrachtet aber eine große Reihe schuldrechtlicher Verträge und dinglicher Verfügungen eine Beschränkung des absoluten Rechtsschutzes, ohne dass rechtlich Anlass bestünde, die Wirksamkeit dieser Rechtsschutzbeschränkung gesondert unter dem Aspekt einer Einwilligung zu erfassen. Hierin liegt auch durchaus kein Defizit oder ein bewusstes Zurückbleiben des Rechts hinter einem an sich aus § 903 S. 1 BGB bzw. § 1004 II BGB resultierenden Einwilligungserfordernis. Vielmehr dürfte umgekehrt die Perspektive einer Rechtsschutzbeschränkung durch Einwilligung der jüngere Betrachtungswinkel sein, für den erst Bedarf bestand, nachdem im Hinblick auf andere absolut geschützte Rechtspositionen überhaupt das Bedürfnis nach einem ebenfalls ausgeprägten Schutz verspürt wurde. Die Regelungstechnik ist dabei insoweit archaisch, als sie auf einer denkbar abstrakten Ebene der Einwilligung des Rechtsgutträgers ansetzt, während das Zivilrecht im Bereich des Güterverkehrs mit einer Vielzahl an Rechtsinstituten und Hilfsnormen arbeitet. Mit dem dinglichen Vertrag statt einer dinglich wirkenden Einwilligung greift das Gesetz hinsichtlich des Eigentums dann aber auch viel weiter, als sich mit der einseitig bleibenden Einwilligung greifen ließe, deren Wesen denn auch gerade in ihrer Widerruflichkeit gesehen wird.13 Der geistesgeschichtliche Kern dieser Unterscheidung liegt dann freilich nicht nur in einem unterschiedlichen dogmatischen Entwicklungsgrad, sondern in der für die Einwilligungsdogmatik bis heute grundlegend gebliebenen Unterscheidung der Naturrechtslehre 12 Zu dem hier ansetzenden Gedanken einer „Stufenleiter der Gestattungen“ vgl. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 141 ff. 13 So Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 176 ff., insbesondere aber S. 178 ff. und S. 271 f.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

zwischen verfügbaren und nicht verfügbaren Persönlichkeitsrechten.14 Für die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit bestand also nicht nur kein dem Eigentum vergleichbares Verkehrsbedürfnis, vielmehr wird schon der Begriff des absolut geschützten Rechtsguts bis heute gerade durch seine fehlende Übertragbarkeit definiert und vom übertragbaren Eigentum abgegrenzt.15 Das bedeutet aber zugleich, dass eine explizite Thematisierung des absoluten Rechtsgüterschutzes für den Verkehr mit Wirtschaftsgütern zwar allenfalls nur in Randbereichen erforderlich erscheint, dass diese Ebene hier aber gleichwohl vorhanden ist. Ist dies aber der Fall und werden denn auch formularvertraglich geregelte Dispositionen über das Eigentum nach ganz herrschender Auffassung insbesondere auch der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterworfen,16 bedeutet dies zugleich, dass die bloße Berührung des absoluten Rechtsgüterschutzes einer Heranziehung vertraglicher Kontrollmaßstäbe nicht entgegensteht. Für den Bereich des Eigentums werden freilich die gesetzlichen Regelungen nur selten – soweit überhaupt möglich – abbedungen.

2. Die auf Güterbewegung abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte Erweist sich damit die Frage einer Beschränkung des absoluten Rechtsschutzes, insbesondere des Eigentums, für den Bereich vertraglicher Rechtsgestaltung weitgehend als fernliegend, gilt dies nur noch bedingt für jene Fallgestaltungen, in denen der Inhaber eines sonstigen absoluten Rechts seinen damit einhergehenden Schutz zum Zwecke der Vertragsdurchführung beschränkt. Dabei sollen hier zunächst nur solche Fälle interessieren, in denen die Regelung zu dem betroffenen absoluten Recht den eigentlichen Vertragsinhalt bildet, also dem Recht der Güterbewegung zuzuordnen ist.17 Gemeint sind hier also etwa Verträge über die Nutzung eines Urheberrechts, eines Patents, Markenrechts und vergleichbarer absolut geschützter Rechte. Ähnlich wie beim Sacheigentum eröffnen auch bei diesem sogenannten ‚geistigen‘ Eigentum Verträge den entscheidenden Spielraum, um derartige Rechte wirtschaftlich ausschöpfen zu können. Anders als bei dem mit einem körperlichen Gegenstand verbun14

Ausführlich Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 179 ff. Schapp/Schur, Sachenrecht, Rz. 3 ff. 16 Vgl. nur etwa Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 4; MüKo-Basedow, § 305 Rz. 9; Ulmer/ Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 15; Stoffels, AGB-Recht, Rz. 1007. Der BGH hat sogar den formularvertraglich vorgesehenen Eigentumsübergang von durch Patienten bei Entlassung aus dem Krankenhaus zurückgelassenen Gegenständen auf den Klinikträger gebilligt, vgl. BGH NJW 1990, 761 (763 f.). 17 Zur auf Güterschutz abzielenden Disposition über sonstige absolute Rechte sogleich § 9 I 3. 15

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denen Eigentum ist die rechtliche Perspektive hier aber durchaus auf den Deliktsschutz des Rechtsinhabers ausgerichtet und auf die einzelnen prinzipiell daneben stehenden sondergesetzlichen Schutzansprüche.18 Nahezu sämtliche Regelungen zur Nutzung von Immaterialgüterrechten lassen sich als nähere Inhaltsfestlegung der Gestattung durch den Rechtsinhaber auffassen, ohne dass das Gesetz hierfür ein auch nur annähernd so komplexes Regelungsgeflecht zur Verfügung stellen würde wie zum Sacheigentum. Die Notwendigkeit einer Heranziehung insbesondere formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe erscheint hier freilich gering, werden mit der Festlegung der Nutzungsberechtigung des Vertragspartners doch die essentialia negotii einer entsprechenden Regelung berührt, die zumindest einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen sind. Vor allem sind die typischen Vertragskonstellationen bei Immaterialgüterrechten dann aber regelmäßig auch nicht von einem strukturellen Ungleichgewicht beider Vertragsseiten geprägt, weil es sich meist um Verträge zwischen Unternehmern handelt. Damit erweist sich die Beschränkung des absoluten Rechtsschutzes aber auch bei Immaterialgüterrechten als zumindest notwendige Nebenfolge vertraglicher Regelungen. Vergleichbares gilt dann auch für eine Ausschöpfung des Rechts am eigenen Namen oder am eigenen Bild unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach sind diese an sich dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zuzurechnenden Rechte heute den vorgenannten Immaterialgüterrechten mindestens ebenbürtig und entsprechend wirken sich auch hier rechtliche und vertragliche Regelungen unmittelbar als Gestaltung des absoluten Rechtsschutzes aus.

3. Die auf Güterschutz abzielende Disposition über sonstige absolut geschützte Rechte Anders liegen die Dinge hingegen bei der Disposition über solche absolut geschützten Rechte, deren Preisgabe gerade nicht den eigentlichen Leistungsgegenstand des Vertrags ausmachen soll, sondern lediglich der Vertragsdurchführung dient. Berührt werden hier in erster Linie die besonderen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Besonders bedeutsam sind dabei Regelungen, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berühren. Aus dem heutigen Geschäftsleben kaum noch wegzudenken sind etwa vertragliche Regelungen zum Einverständnis des Vertragspartners mit der Speicherung und Weiterverarbeitung seiner vertragsbezogenen Daten, von der ausschließlich internen Archivierung weniger relevanter Daten innerhalb desselben Unter18 Etwa nach dem Patentgesetz, nach den §§ 42 ff. Geschmacksmustergesetz, nach §§ 8 ff. UWG oder § 97 III UrhG.

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nehmens bis hin zur umfassenden Analyse dieser Datenbestände nach Alter, Branche, Finanzkraft, Einkaufsgewohnheiten usw. durch externe Marktanalysten oder gar zum Weiterverkauf dieser Daten an angeschlossene oder fremde Unternehmen zwecks weiterer Kundenakquirierung. Zu denken ist dann aber auch an die Entbindung beruflicher Geheimnisträger von ihrer Schweigepflicht bei Anbahnung eines Vertrags. So fordern etwa Versicherungsunternehmen regelmäßig bei Versicherungsverhältnissen, die auf die Gesundheit einer Person bezogen sind – insbesondere also einer Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Krankenoder Unfallversicherung – die Entbindung von der Schweigepflicht der behandelnden Ärzte, um eine individuelle Risikoschätzung vornehmen zu können.19 Aber auch im Rahmen bestehender Verträge kommt eine solche Entbindung von der Schweigepflicht in Betracht, wenn sich etwa ein privat krankenversicherter Patient mit einer Weiterleitung seiner Gesundheitsdaten an eine externe Abrechnungsstelle einverstanden erklärt, um dem Arzt auf diese Weise eine personalkostensenkende Honorarabrechnung zu ermöglichen. 20 Wiederum auf Ebene der Vertragsanbahnung anzusiedeln ist dann das Einverständnis des Kunden mit der Weiterleitung seiner persönlichen Daten in einer Anfrage an die Schutzgesellschaft für allgemeine Kreditsicherung, um dem Vertragspartner die Abschätzung des Insolvenzrisikos zu ermöglichen.21 Regelungen, die der Vertragspartner hier akzeptiert, um den Vertrag abschließen oder durchführen zu können, gestalten ebenfalls notwendig seinen absoluten Rechtsschutz, indem er keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung rügen kann, soweit er sich mit der entsprechenden Verwendung seiner Daten zuvor einverstanden erklärt hatte. Zugleich sind damit dann aber auch Regelungen angesprochen, die nicht nur formulargetragen vorgenommen werden, sondern typischerweise auch in Situationen auftreten, die von einem strukturellen Ungleichgewicht beider Vertragsseiten geprägt sind, also zwischen einem Unternehmer einerseits und einem Kunden, meist ei19 Hierzu bereits im Zeitraum des Inkrafttretens des AGBG Hollmann, NJW 1978, 2332 f., mit scharfer, wenn auch spärlicher Kritik von Schütte, NJW 1979, 592 f. Monographisch aufgearbeitet wurde die Problematik vor allem von Schäfer, Ärztliche Schweigepflicht und elektronische Datenverarbeitung; Schmidt, Ärztliche Schweigepflicht und Sozialdatenschutz. Zu Problemen der Offenbarungsbefugnis von Ärzten und Sozialleistungsträgern bei besonders schutzwürdigen Daten; Timm, Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht; für das jüngere Schrifttum vgl. insbesondere die Darstellung von Weichert, NJW 2004, 1695 (1698). 20 Zur Nichtigkeit einer Abtretung ärztlicher Honoraranforderungen an gewerbliche Verrechnungsstellen bei fehlender Einwilligung des Patienten gemäß 134 BGB i.V.m. § 203 I Nr. 1 StGB BGH NJW 1991, 2955 ff., mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsspektrum in der Literatur auch hinsichtlich der Frage eines durch Privatpatienten regelmäßig schlüssig erklärten Einverständnisses mit der externen Honorarabrechnung. Vgl. auch Wolf, Externer Honorareinzug und ärztliche Schweigepflicht. Der BGH selbst hat eine zur Verkehrssitte erstarkte Üblichkeit externer Honorarabrechnung abgelehnt, BGH NJW 1991, 2955 (2957). 21 Hierzu Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 436 f. m.w.N.

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nem Verbraucher, andererseits. In der Rechtsprechung bestand hier schon früh eine Tendenz, derartige Klauseln einer rechtlichen Kontrolle zu unterwerfen, die sich vor allem an die Maßstäbe der heutigen §§ 305 ff. BGB anlehnen. 22 So verwarf der BGH etwa die frühere Fassung der ‚Schufa-Klausel‘ ganz, während er eine neuerliche Klausel zur Datenverarbeitung nicht notwendig aus sachlichen, aber doch aus Gründen fehlender Transparenz für unwirksam erklärt hat. 23 Neben dieser formularvertraglichen Perspektive wird das Recht der Datenverarbeitung freilich weitgehend durch die gesetzlichen Spezialbestimmungen beherrscht, insbesondere durch das auch die private Datenverarbeitung durch Unternehmen betreffende Bundesdatenschutzgesetz. Maßgeblich sind danach insbesondere zwei Ebenen der rechtlichen Anforderungen. Zum einen beschreibt § 28 BDSG, wann das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten überhaupt zulässig ist. Bei der Verfolgung von Geschäftszwecken ist die Datenverarbeitung danach zulässig, wenn sie entweder „der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses mit dem Betroffenen dient“ (§ 28 I 1 Nr. 1 BDSG) oder soweit „es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, daß das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt“ (§ 28 I 1 Nr. 2 BDSG). Neben dieser Grenzziehung ist dann vor allem die Einwilligung des Betroffenen das entscheidende Mittel, um die Datenverarbeitung vornehmen zu können (§ 4 I a.E. BDSG). Die Anforderungen an diese Einwilligung hat das BDSG dabei eigenständig geregelt. Danach ist sie gemäß § 4a I 1 BDSG nur wirksam, „wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht“. Hierunter versteht das Gesetz offenbar nur eine solche Entscheidung, die nach dem Hinweis gemäß § 4a I 2 BDSG getroffen wurde, wonach der Betroffene „auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen“ ist. Gemäß § 4a I 3 BDSG bedarf die Einwilligung dann grundsätzlich zudem der Schriftform. Für den Bereich des Datenschutzes hat der Gesetzgeber damit ein dem Medizinrecht zumindest ähnliches Modell einer informierten Einwilligung zugrunde gelegt.24 Zugleich hat er in vergleichsweise allgemein gehaltener Form Anforderungen aufgestellt, die nicht nur eine inhaltliche Richtschnur vorgeben, sondern auch Vorgaben für die äußere Gestaltung. So 22 In den neunziger Jahren betraf dies zunehmend auch vorformulierte Vertragsklauseln über die Weitergabe von Personendaten in Automietverträgen, Partnervermittlungsverträgen oder Telekommunikationsverträgen. Ausführlicher zur historischen Entwicklung MüKoKieninger, § 307 Rz. 51 ff. 23 BGH NJW 2003, 1237 (1241). 24 Ausführlicher hierzu oben § 3.

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sieht § 4a I 4 BDSG vor, dass die Einwilligung „besonders hervorzuheben“ ist, wenn sie zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden soll, trifft also eine dem Transparenzgebot verpflichtete Regelung.

II. Instrumente zum Schutz der Privatautonomie in der vertraglichen Güterwelt Wenn Kontrollmaßstäbe für medizinische Formularerklärungen einen Schutz des Rechtsgutträgers bei Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts gewährleisten sollen, bieten die §§ 305 ff. BGB nur ein Instrumentarium unter anderen, die im Zivilrecht dem Schutz der Privatautonomie dienen. Wenn die nachfolgenden Partien daher ihr Blickfeld auf die §§ 305 ff. BGB beschränken, liegt dem zum einen die Überlegung zugrunde, dass es weder im Zivilrecht noch in der hierauf aufbauenden Dogmatik des Medizinrechts einen allgemeinen Maßstab gibt, der sich für die Gefährdungen des medizinischen Formulargebrauchs konkret fruchtbar machen ließe (1.). Die stattdessen in Erwägung zu ziehenden konkreten Maßstäbe erweisen sich dann aber auch entweder, wie im Fall des § 138 BGB, als zu kurz gegriffen (2.), oder aber als – schon von ihrer Rechtsfolge her betrachtet – wenig ergiebig, so im Fall der vertraglichen Verbraucherrechte (3.).

1. Der Schutz vor strukturellen Ungleichgewichtslagen als allgemeines Prinzip des Zivilrechts? Das Ungleichgewicht zwischen den am Rechtsverkehr teilhabenden Personen ist so alt wie das Recht selbst. Es entspricht daher althergebrachten Grundsätzen, die Wirksamkeit vertraglicher Regelungen nicht von der Ebenbürtigkeit der Vertragsparteien im Hinblick auf ihre intellektuellen Fähigkeiten, ihr Wissen, ihre soziale Stellung oder ihren finanziellen Hintergrund abhängig zu machen, sondern rechtliche Schranken der Wirksamkeit erst dort anzulegen, wo eine kritische Schwelle zum Übergewicht einer Seite überschritten wird und die Aufrechterhalten der vertraglichen Regelung nicht mehr hinnehmbar erscheint. 25 Die Gefahr einer solchen Schwellenüberschreitung ist mit dem modernen Massenumsatz von Wirtschaftsgütern und der diesen Umsatz flankie25 Von diesem Gedanken ist insbesondere auch die Schrift von Schmidt-Rimpler zu den ‚Grundfragen einer Erneuerung des Privatrechts‘, AcP 147 (1941), 130 ff., getragen, der die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonders verpflichtet ist, wie sich etwa anhand der Bürgschaftsentscheidung BVerfGE 89, 214 ff., zeigen lässt; hierzu ausführlich Schapp, ZBB 1999, 30 ff.; ders., in: FS-Söllner, S. 974 ff. Schmidt-Rimpler selbst hatte diese Perspektive später in einem Aufsatz klargestellt, in: FS-Nipperdey, S. 1 (8). Vgl. ferner Kötz, Gutachten zum 50. DJT, A 29 ff.; Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 91 ff.

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renden Vielfalt außerordentlich schneller Kommunikationsformen zwar gestiegen. Entsprechend hat sich schon die bloße Anzahl rechtlicher Reaktionen zunächst durch die Rechtsprechung, dann aber auch durch den Gesetzgeber stetig erhöht, wie die Frage unter dem Aspekt einer Verwirklichung grundrechtlich geschützter Privatautonomie in den letzten Jahren dann auch verstärkt aus verfassungsrechtlicher Sicht behandelt und bereits mehrfach zur Entscheidung durch das höchste deutsche Gericht gestellt wurde. 26 Erst aus dieser Entwicklung stammt denn auch der moderne Begriff einer ‚strukturellen Ungleichgewichtslage‘, der gerade nicht auf die notwendig immer bestehende Ungleichheit zweier Menschen abzielt, egal ob sie einen Vertrag schließen oder in anderen Zusammenhängen einander gegenübertreten. Als strukturell wird die Ungleichgewichtslage vielmehr nur in dem Sinne begriffen, dass die jeweils ins Auge gefasste Fallkonstellation typischerweise mit einem erhöhten Maß an Ungleichgewicht einhergeht, das Anlass gibt, über die Notwendigkeit rechtlicher Reaktionen nachzudenken. Dabei ist das Spektrum an expliziten gesetzlichen Reaktionen im bürgerlichen Vertragsrecht vergleichsweise gering, auch wenn sich weite Teile des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter dem Aspekt eines Schutzes vor strukturellen Ungleichgewichtslagen begreifen lassen mögen.27 Mit dem Gedanken der strukturellen Ungleichgewichtslage ist indes kein allgemeiner Maßstab geschaffen, der sich ohne weiteres im Hinblick auf einzelne Fallkonstellationen anwenden ließe. 28 Auch das Bundesverfassungsgericht setzt in seiner berühmten Bürgschaftsentscheidung vom 19. Oktober 1993 im Ergebnis an einer Auslegung der Generalklauseln des § 138 BGB und des § 242 BGB an, nicht an einem unmittelbar anwendbaren allgemeinen Prinzip, auch wenn es ein solches mit der Pflicht der Zivilgerichte zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind, offenbar 26 Grundlegend Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht; Naumann, Sittenverstoß und Vertragsautonomie; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen; Schmidt, Vertragsfreiheit und Schuldrechtsreform; Bäuerle, Vertragsfreiheit und Grundgesetz. Normativität und Faktizität individueller Vertragsfreiheit in verfassungsrechtlicher Perspektive. Für das Arbeitsrecht insbesondere Britz/Volkmann (Hrsg.), Tarifautonomie in Deutschland und Europa; Dieterich, Grundgesetz und Privatautonomie im Verfassungsrecht; Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht. Hieran knüpft auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, vgl. BVerfGE 81, 242; 89, 214. 27 Vgl. Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 101 ff.; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität; BVerfGE 89, 214. 28 Anders aber offenbar Schemitsch, Identitätsdaten als Persönlichkeitsgüter, S. 111 ff., dem eine in § 242 BGB verortete allgemeine „Dispositionskontrolle zum Ausgleich von Vertragsdisparität“ vorzuschweben scheint, bei der auf Tatbestandsseite dann nur noch nach einer unangemessen starken Benachteiligung des unterlegenen Vertragsteils gefragt wird, S. 117 f.

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– nämlich im Sinne eines Postulats annähernd ausgewogenen Kräfteverhältnisses der Vertragspartner – für möglich hält. 29 Tatsächlich wäre eine solche Sichtweise auch schief. Am ehesten plausibel erscheint sie noch für Fälle der Angemessenheits- oder präziser Unangemessenheitskontrolle,30 wie sie etwa der Vorschrift des § 307 BGB zugrundeliegt oder auch – von der Rechtsprechung entwickelt – der Bestimmung des § 242 BGB, soweit sie für eine Inhaltskontrolle in speziellen Bereichen des Zivilrechts fruchtbar gemacht wird, insbesondere bei der Anwendung auf Arbeitsverträge und Kapitalanlageverträge. 31 Nicht mehr als strukturelle Ungleichgewichtslagen lassen sich hingegen die Fallgruppen des § 138 BGB auffassen. Denn diese Bestimmung erfasst nur in ihrem zweiten Absatz und damit nur partiell überhaupt Ungleichgewichtslagen zwischen Vertragsschließenden. Dann haftet selbst dem Falltyp des Wuchers aber auch nicht notwendig ein Charakter des Strukturellen an, während das Postulat vom annähernd ausgewogenen Kräfteverhältnis von den Besonderheiten des Einzelfalls gerade abstrahiert und das Ungleichgewicht mehr unter dem Gesichtspunkt der typischen Kräftekonstellation vergleichbarer Fälle erfasst.32 Prägend ist dann aber auch für den Wucher selbst noch nicht ein Ungleichgewicht zwischen beiden Seiten, sondern vor allem die zu missbilligende Art und Weise, wie die stärkere Seite die Unterlegenheit der anderen Seite ausbeutet. Auch wenn dem Zivilrecht und den es anwendenden Fachgerichten daher in öffentlich-rechtlicher Perspektive die Aufgabe obliegt, strukturell unterlegene Vertragsparteien vor einem Missbrauch vertraglicher Gestaltungsfreiheit zu schützen, kann diese Aufgabe also nicht unter Rückgriff auf ein allgemeines Prinzip gelöst werden. Die weitere Rechtsprechung des BGH hat die Bürgschaftsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts denn auch nur zum Anlass genommen, die bislang herausgearbeiteten Grundsätze zur Anwendung des § 138 BGB zu überdenken, diese Bestimmung also weiterhin neben einer Unangemessenheitskontrolle nach § 242 BGB und einer wertungsgeleiteten Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB als zentrales Instrument zum Schutz der Privatautonomie fruchtbar zu machen.33

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So insbesondere die Deutung von Schapp, ZBB 1999, 30 (36 ff.). Zur Bedeutung der Unterscheidung von positiver und negativer Formulierung für die bürgerliche Vertragsfreiheit Schapp, ZBB 1999, 30 (37 ff.). 31 Vgl. BGHZ 101, 350 m.w.N. Grundlegend Lieb, AcP 178 (1978), 196 ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrechts. 32 Scharfe Kritik an der Herangehensweise des Bundesverfassungsgerichts an die Bestimmungen der §§ 242 und 138 BGB übt auf dieser Linie denn auch Schapp, ZBB 1999, 30 (34 ff.). 33 Eingehend zu der unmittelbar der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.1993 nachfolgenden Rechtsprechung des BGH Schapp, ZBB 1999, 30 (38 ff.), sowie – unter noch eindringlicher methodischer Reflexion dieser Rechtsentwicklung – ders., in: FSSöllner, S. 973 (980 ff.). 30

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2. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor sittenwidrigen Rechtsgeschäften durch Anordnung ihrer Nichtigkeit in § 138 BGB Dass § 138 BGB gleichwohl nicht als geeigneter Maßstab für eine Kontrolle medizinischer Formularerklärungen erscheint, resultiert in erster Linie daraus, dass die vom Formularcharakter ausgehende Gefährdung vorformulierter Vertragsbedingungen heute gar nicht mehr als Problem des § 138 BGB, sondern der §§ 305 ff. BGB begriffen wird, wenn § 138 BGB auch lange Zeit den Orientierungspunkt für eine Kontrolle formularvertraglicher Regelungen bildete.34 Frühzeitig flankiert wurde die Kontrolle formulargetragener Regelungen dabei durch eine Heranziehung von § 242 BGB.35 Dem lag der Gedanke einer noch vertragsnäheren und damit spezifischeren Kontrollmöglichkeit einzelner Klauselbestimmungen zugrunde, die sich mit der doch sehr wuchtigen Generalklausel des § 138 BGB in dieser Feinheit nicht leicht herstellen ließ.36 So wie § 242 BGB ausnahmsweise auch zur Begründung von Schuldverhältnissen herangezogen wurde, diente § 242 BGB umgekehrt also ausnahmsweise auch zur Begründung der Unwirksamkeit wenn auch nicht sittenwidriger, so doch entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligender Klauseln. Das mochte die systematische Inkonsistenz rechtfertigen, die mit der Heranziehung von § 242 BGB zur Unangemessenheitskontrolle zwangsläufig einhergeht, zielt § 242 BGB doch auf die Beurteilung des Inhalts bereits bestehender Schuldverhältnisse ab und nicht auf die Beurteilung des wirksamen Zustandekommens von Schuldverhältnissen. Mit Erlass des AGB-Gesetzes wie auch nunmehr mit dessen Eingliederung in das BGB ist der Maßstab der §§ 138, 242 BGB zur Kontrolle formularvertraglicher Bestimmungen auf ihre Unangemessenheit hingegen weitgehend weggebrochen. So wird denn heute mehr schon nur noch das Verhältnis der §§ 305 ff. BGB zu § 138 BGB angesprochen als die Frage nach einem weiteren Verhältnis zu § 242 BGB.37 Die §§ 305 ff. BGB werden dabei aber durchaus nicht als Spezialfall zu § 138 BGB begriffen, da § 138 BGB mit der Sittenwidrigkeit einen 34 Vgl. das seine bisherige Rechtsprechung referierende Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1933, RGZ 143, 24 (28), ferner die Übersicht bei Stoffels, AGB-Recht, Rz. 20 ff.; Ulmer/ Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, Einl. Rz. 11; Raiser, Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 302 ff. 35 Vgl. zur Anwendung von § 138 I BGB durch das Reichsgericht RGZ 99, 107 (109); 103, 82 (84); 143, 24 (28); zur Anwendung von § 242 BGB RGZ 39, 177 (179); 168, 321 (327). Zur zunehmenden Zugrundelegung von § 242 BGB für die Inhaltskontrolle in der Rechtsprechung des BGH vgl. BGHZ 22, 90 (97); 38, 183 (185); 41, 151 (154). 36 Vgl. MüKo-Basedow, BGB, Vor § 305 Rz. 8 f.; ferner Stoffels, AGB-Recht, Rz. 28 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, Einl. Rz. 11. 37 Vgl. etwa BGH NJW 1981, 1206; Soergel-Hefermehl, § 138, Nachtrag zu Rz. 75–77; Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, AGB-Recht, § 306 Rz. 21 f.; Nüßgens, FS-Werner, S. 594 ff.; Löwe, NJW 1980, 2078 (2079).

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weitaus milderen Maßstab aufstellt als § 307 I 1 BGB mit der unangemessenen Benachteiligung.38 Die Herausbildung eigenständiger Vorschriften der Formularkontrolle hat es allerdings mit sich gebracht, dass § 138 BGB hinsichtlich der Beurteilung des Inhalts von Klauselbestimmungen für nicht einschlägig erachtet wird, soweit die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB eingreift, ohne dass zusätzliche sittenwidrigkeitsbegründende Umstände ersichtlich sind.39 Das Eingeständnis, dass § 138 BGB schon früher nicht der angemessene Kontrollmaßstab zur Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung war, wird damit freilich hintan gehalten, wohl wissend, dass die insoweit inhaltlich näherliegende Bestimmung des § 242 BGB aus den dargelegten systematischen Gründen ebenfalls nur eine Behelfslösung war. Der Maßstab des § 138 BGB erweist sich damit heute als ebenso scharfes wie stumpfes Schwert. Scharfe Maßstäbe legt die Bestimmung insoweit an, als sich die maßgeblichen Begründungselemente für die Sittenwidrigkeit sowohl aus dem Inhalt der Regelung ergeben können40 wie auch aus den situationsbezogenen Umständen41 oder den persönlichen Motiven der Beteiligten.42 Stumpf bleibt § 138 BGB dann allerdings insoweit, als er mit der Sittenwidrigkeit einen sehr hochgezogenen Beurteilungsmaßstab aufstellt, der sich nur mühsam in typisierende Hilfsnormen konkretisieren lässt. Für die Gefahren des Formulargebrauchs liefe die bevorzugte Heranziehung von § 138 BGB damit im Grunde auf eine Rückkehr zu den Ursprüngen der Rechtsprechung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinaus und damit auf eine Abwendung von den §§ 305 ff. BGB als mittlerweile weitaus feiner abgestimmtem Kontrollinstrumentarium, dessen Rechtsfolge zudem nicht die gesamte, sondern nur eine partielle Nichtigkeit zu missbilligender Inhalte ist, § 306 I BGB. Dass § 138 BGB auch bei Anwendung der §§ 305 ff. BGB für hierüber hinaus betroffene Defizite anwendbar bleibt, ist damit nicht ausgeschlossen.43 Damit muss sich die Trennlinie zwischen § 138 BGB und den §§ 305 ff. BGB aber an den auch sonst hierfür geltenden Grundsätzen orientieren. Nicht überzeugen kann es also, auch nur für den Bereich der medizinischen Formularerklärungen § 138 BGB und die §§ 305 ff. BGB gleichermaßen oder beliebig alternativ für anwendbar zu halten, 38 BGH NJW 1983, 2817; Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, AGB-Recht, § 306 Rz. 21 f.; Bruse, BB 1986, 478 (481 f.). 39 So Palandt-Heinrichs, § 138 Rz. 16; Bruse, BB 1986, 478 (482 f.); Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schmidt, AGB-Recht, § 306 Rz. 21 f. 40 RGZ 140, 184 (190); Palandt-Heinrichs, § 138 Rz. 7; MüKo-Mayer-Maly/Armbrüster, § 138 Rz. 9. 41 BGH NJW 1990, 704; 2001, 1127; Palandt-Heinrichs, § 138 Rz. 8; MüKo-Mayer-Maly/ Armbrüster, § 138 Rz. 9. 42 BGH NJW-RR 1998, 590; Palandt-Heinrichs, § 138 Rz. 8; MüKo-Mayer-Maly/Armbrüster, § 138 Rz. 9. 43 Vgl. etwa die Erörterung der Sittenwidrigkeit formularvertraglicher Ehevermittlungsverträge in BGHZ 87, 309 (314, 317); Bruse, BB 1986, 482 f.

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wie dies zuweilen immer noch geschieht.44 Für die hier interessierende Frage einer Gefährdung des Rechtsgutträgers durch den Formularcharakter seiner Erklärungen wird § 138 BGB also durch die Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB verdrängt.45

3. Der Schutz des strukturell unterlegenen Verbrauchers vor unbedachten Rechtsgeschäften Konzentrieren sich die Überlegungen damit naheliegenderweise auf das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, erscheint es doch erforderlich, das übrige und vergleichsweise junge Instrumentarium kurz in den Blick zu nehmen, das das BGB zum Schutz vor dem Missbrauch struktureller Ungleichgewichtslagen aufstellt. Am deutlichsten wird dies in den Regelungen des Verbraucherschutzes, die in den vergangenen Jahren zunehmend und insbesondere mit der Schuldrechtsmodernisierung zum 1. Januar 2002 in das BGB inkorporiert wurden. Der Schutz vor inhaltlich belastenden Rechtsgestaltungen kommt dabei vor allem in den besonderen Bestimmungen zum Verbrauchsgüterkauf nach §§ 474 ff. BGB oder zu Verbraucherkreditgeschäften nach §§ 499 ff. und § 505 BGB zum Ausdruck, wo für Geschäfte mit Verbrauchern inhaltlich abweichende Regelungen aufgestellt werden, aber auch die Beweislast verbraucherfreundlich verteilt wird.46 Auch noch von einer Art struktureller Ungleichge44 Vgl. etwa ein Urteil des OLG Saarbrücken, wo der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärte Haftungsverzicht eines Patienten, ohne näheres Eingehen auf die Bestimmungen des damals geltenden AGBG, für unwirksam erklärt wird, dann aber auch darauf hingewiesen wird, dass „ein durch seine Not bedrängter Patient von Rechts wegen einem Ausschluß nicht zustimmen“ könne, so dass seine Einwilligung „regelmäßig als sittenwidrig zu gelten hätte“, vgl. NJW 1999, 871, unter Verweis auf Laufs, Handbuch des Arztrechts, 1. Aufl., § 97 Rz. 16; MüKo-Mertens, 3. Aufl., § 823 Rz. 349. 45 Einer Kontrolle nach „§§ 138, 242 BGB“ unterzogen (und im Ergebnis nicht beanstandet) hat etwa das OLG Düsseldorf die – durch Individualvereinbarung vorgenommene – Verzichtserklärung einer Patientin im Nachgang zu einer fehlgeschlagenen Schönheitsoperation, vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 123; eine Individualvereinbarung anhand der §§ 138, 242 BGB geprüft hat auch das OLG Saarbrücken, NJW 1999, 871 ff. Ohne näheren Hinweis auf diese Abgrenzung vgl. auch die allgemein gehaltene Äußerung von Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 126, dass es trotz Vertragsfreiheit auch beim Arztvertrag Grenzen der Gestaltungsfreiheit gäbe, wonach abgesehen von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sittenwidrige oder gesetzeswidrige Abreden nach §§ 134, 138 BGB untersagt seien. Auf die Anwendung von § 138 BGB in der medizinischen Forschung am Menschen weisen Lippert/Adler, VersR 1993, 277 (278), hin, wenn sie den Probandenvertrag nicht per se als sittenwidrig einstufen, sondern allenfalls dann, wenn das Probandenhonorar oder die Zusage, Auslagen zu übernehmen, völlig außer Relation zu den möglichen Schädigungsrisiken liegt. 46 So in den Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf in den §§ 474 ff. BGB, über Teilzeit-Wohnrechteverträge in den §§ 481 ff. BGB, über den Verbraucherdarlehensvertrag in den §§ 491 ff. BGB, über Finanzierungshilfen in den §§ 499 ff. BGB, über den Ratenlieferungsver-

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wichtslage, freilich mehr schon im Sinne einer sozial motivierten Einschätzung ökonomischer Ungleichverteilungen, ist dann aber neben dem Arbeitsrecht vor allem auch das Wohnraummietrecht geprägt, auch wenn dort der Begriff des Verbrauchers gerade nicht verwendet wird, im Gegensatz etwa zu den gleichsam allgemeinen Verbraucherregelungen in den §§ 241a, 286 III, 288 II BGB. Die vorgenannten Arten des Verbraucherschutzes haben gemeinsam, dass sie unmittelbar auf die Rechtsgestaltung selbst Einfluss nehmen, also inhaltlich und damit denkbar tief in die Substanz des Vertragsgeschehens eingreifen. Hiervon unterscheiden sich jene Verbrauchervorschriften, die nicht den Inhalt, sondern allgemein den Vertragsschluss mit Verbrauchern berühren und Sondervorschriften für das Zustandekommen von Verträgen aufstellen. Gemeint sind hier in der Spitze die Vorschriften der §§ 355, 356 BGB, also jene Vorschriften, die die Ausübung eines anderweitig eingeräumten Widerrufsrechts regeln. Verbraucherschutz wird hier dadurch realisiert, dass der Verbraucher in besonders angelegten Situation vor einem übereilten Abschluss von Verträgen geschützt wird, indem ihm die Möglichkeit eines Widerrufs eingeräumt wird. Das betrifft zum einen Situationen, die strukturell zu zeitlicher Übereilung verführen. Widerrufsrechte hat der Gesetzgeber also etwa angesichts des Überrumpelungscharakters von Haustürgeschäften aufgestellt (§§ 312 f. BGB), dann aber auch umgekehrt die fehlende persönliche Nähe als Herabsetzung einer Hemmschwelle zum Vertragsschluss begriffen, so etwa bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312b ff. BGB, wie schließlich auch die erleichterte Kommunikation des Vertragsschlusses als zeitlich bedeutsamem Faktor für den Vertragsschluss (§ 312e BGB) – um jeweils eine nur ganz grobe Typisierung der wesentlichen gesetzgeberischen Motive zu nennen. Dann wird das Widerrufsrecht aber auch dort eingeräumt, wo weniger die Übereilungsgefahr, als vor allem das Ausmaß des eingegangenen Risikos im Vordergrund steht, so insbesondere die Widerrufsrechte bei Verbraucherkreditgeschäften (§§ 485, 495, 503, 505 BGB). Die entsprechende Vertragserklärung des Verbrauchers ist in diesen Fällen also nicht, auch nicht schwebend, unwirksam, sondern wirksam, wenn auch mit der Möglichkeit des Widerrufs versehen. In welcher Form und Frist der Verbraucher dabei sein Widerrufsrecht ausüben kann, hat der Gesetzgeber im Wesentlichen von den ihm übermittelten Informationen abhängig gemacht, so wie dies aus der belehrungsabhängigen Dauer der Rechtsbehelfsfristen im öffentlichen Recht her bekannt ist. Die Ausgestaltung des Verbraucherwiderrufsrechts ist dabei zugleich auch die einzige wesentliche Form einer Sanktion auf seitens des Unternehmers missachtete Informationspflichten und erfasst denn auch nicht alle Verbraucherregelungen.47 Schon gar kein Widerrufsrecht eintrag in § 505 BGB oder den Darlehensvermittlungsvertrag in den §§ 655a ff. BGB. Vgl. auch die besondere Regelung zu Vereinbarungen über die Verjährung in § 475 II BGB. 47 Auf Schadensersatzebene führt die Verletzung von Informationspflichten hingegen in erster Linie nur zur Vertragsanpassung, wie denn auch in den verbleibenden Fallgruppen ei-

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geräumt hat das Gesetz etwa für den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs (§ 312e BGB), für den Verbrauchsgüterkauf als solchen (§§ 474 ff. BGB) – unbeschadet freilich der gewählten Vertriebsform – oder für den Darlehensvermittlungsvertrag (§§ 655a ff. BGB). Hier beschränkt sich der Verbraucherschutz also auf die Wahrung von Informationspflichten, was freilich ein vergleichsweise stumpfes Schwert ist, nehmen viele Verbraucher die ihnen zugedachten Informationen doch ebenso wie Allgemeine Geschäftsbedingungen gar nicht erst zur Kenntnis. Mit der Vorstellung eines infolge vorheriger Information aufgeklärten Vertragsschlusses hat die Praxis dieser Verbrauchergeschäfte kaum etwas gemein. Lässt sich mit Hilfe dieser Bestimmungen nun aber ernsthaft ein Schutz des Rechtsgutträgers vor im medizinischen Formularverkehr liegenden Gefährdungen erzielen? An sich muss schon nur die Erwägung einer solchen Anwendbarkeit befremden, hat doch die Einwilligungserklärung in der Medizin ersichtlich nichts mit einem Verbrauchsgüterkauf, einem Teilzeitwohnrechtevertrag, dem Abschluss eines Kaufvertrags im Internet oder vergleichbaren Verbrauchergeschäften gemein. Vielmehr hat der Gesetzgeber hier ganz vereinzelte ausgewählte Situationen gezielt einer Regelung zugeführt, was schon methodisch einer Übertragung dieser Anforderungen vor allem auf den Vertragsschluss durch Verbraucher insgesamt entgegensteht, und erst recht dann einer Übertragung auf sonstige vergleichbar erscheinende ausgewählte Situationen wie die Aufklärung von Patienten. Ein Blick auf diese Vorschriften zeigt indes, dass eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen auch schon sachlich gar nicht ernsthaft in Betracht kommen kann. So erscheint der mit diesen Regelungen verbundene Rechtsgedanke, den Verbraucher vor besonderen situativen Gefahren zu schützen, die aus dem fehlenden menschlichen Kontakt (§§ 312b ff. BGB) oder umgekehrt aus dem unvermittelten persönlichen Kontakt (§ 312 BGB) resultieren, auf den ersten Blick zwar auch im Medizinrecht als einschlägig. Die Parallele ist aber schon im Ansatz vergleichsweise dünn, lässt sich eine Heilbehandlung oder auch die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben doch gar nicht ohne persönlichen Kontakt mit einem Arzt durchführen, wie dann auch die plötzlich notwendig werdende Heilbehandlung ihre Ursachen in einer Gefahr für die Rechtsgüter des Patienten hat und nicht in einer eigenmächtigen Störung der Privatsphäre des Patienten. Die Vorschriften können damit im Grunde nur als Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens begriffen werden, dass die Bedenkzeit für eine Entscheidung ein wesentlicher Faktor ist, der bei äußerster Kürze schließlich auch rechtliche Bedenken an der Wirksamkeit einer Einwilnes Schadensersatzanspruchs erforderlich ist, dass der geltendgemachte Schaden überhaupt in den Schutzbereich der verletzten Informationspflicht fällt. Vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, Einf v BGB-InfoV Rz. 8 ff.

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ligungserklärung aufwerfen kann.48 Die Regelungen der §§ 312 ff. BGB sind aber viel zu schematisch und auf den Massenumsatz großer Unternehmen zugeschnitten, um Aussagen auch nur zu den zeitlichen Anforderungen an die medizinische Aufklärung und Einwilligung des Patienten treffen zu können, wie sie denn auch das besondere Gefährdungspotential von Formularerklärungen gar nicht eigenständig berühren. Entsprechende Überlegungen gelten schließlich aber auch für die Informationspflicht des Unternehmers, die doch auf den ersten Blick eine recht enge Parallele zur Aufklärung des Patienten nahe legt. Denn während das Rechtsinstitut der informierten Einwilligungserklärung die Wirksamkeit der Einwilligung nicht nur von der Übermittlung, sondern sogar vom Verständnis der einschlägigen Informationen abhängig macht, hält das Verbrauchervertragsrecht die von ihm suggerierte Bedeutsamkeit unternehmerischer Informationspflichten gar nicht konsequent durch, sondern lässt die Pflichten des Unternehmers schon an der Übermittlung entsprechender Informationen enden, ohne dass deren Verständnis noch eine weitere Rolle spielte. Muss sich die Frage nach einer analogen Anwendung verbrauchervertragsrechtlicher Bestimmungen angesichts der fein ausgearbeiteten Aufklärungsdogmatik des Medizinrechts dann aber ohnehin auf die Frage konzentrieren, worin das spezifisch geeignete Instrumentarium liegen soll, um dem Gefährdungspotential von Formularerklärungen zu begegnen, so enthält das Verbraucherinformationsrecht auch gar keine erwägenswerten Regelungen. Vielmehr stellen insbesondere die Vorgaben der BGB-Informationsverordnung49 nur, vergleichbar der medizinrechtlichen Aufklärungsdogmatik, konkrete Inhaltsvorgaben dar, ohne mit Blick auf den etwaigen Formularcharakter der vorgegebenen Informationen eigenständige Regelungen zu schaffen. 50 Im Gegenteil erscheint hier vielmehr der mit der BGB-Informationsverordnung nahe gelegte Formularcharakter der Verbraucherinformationen als das einzig probate Mittel, um realistischerweise überhaupt einer Übermittlung der Informationen an den Verbraucher entgegensehen zu können. Damit setzt das Verbrauchervertragsrecht aber an einer dem Medizinrecht diametral entgegengesetzten Prämisse an, nämlich, dass taugliches Instrument der Informationsvermittlung nicht das Gespräch, sondern typischerweise nur das Formular ist. Eine Bedeutung können diese Regelungen daher nur insoweit haben, als sie auch 48 Vgl. die hierzu entwickelten Grundsätze des BGH NJW 1994, 3010 (3011), aufgegriffen in NJW 2000, 1784 (1787); und zuvor nur etwa OLG Köln, NJW 1992, 1564 (1565 f.). 49 Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-Informations-Verordnung) vom 5.8.2002, BGBl. 2002 I 3002, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2.12.2004 (BGBl. 2004 I 3102). 50 Von den in den Anlagen 1 und 2 zur BGB-InfoV abgedruckten Musterinformationstexten einmal abgesehen, deren Gestaltungshinweise allerdings wiederum nur inhaltliche Regelungen treffen.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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Anforderungen an die äußere Gestaltung der Informationen enthalten; soweit solche Anforderungen bis heute auch unter Geltung des Transparenzgebots im AGB-Recht weitgehend fehlen, kann von ihnen allerdings nur ein Orientierungswert ausgehen, um die hier fehlenden Transparenzanforderungen in Zusammenschau mit anderen vergleichbaren Regelungen gemeinsam zu entwickeln.51 Aber auch in seinen Rechtsfolgen kann das Verbrauchervertragsrecht schließlich eine Parallele zum Medizinrecht schwerlich rechtfertigen. So beschränkt sich die Informationspflicht des Unternehmers im Wesentlichen auf die Rückabwicklung eines zunächst eingegangenen Geschäfts, wie schon die Regelung eines Rückgaberechts in § 356 BGB als Alternative zu einem Widerrufsrecht nach § 355 BGB zeigt, vor allem dann aber die einzelnen Regelungen der Widerrufs- und Rückgabefolgen in § 357 BGB mit ihren Besonderheiten bei verbundenen Verträgen, §§ 358 ff. BGB.52 Die Aufklärung des Patienten hat hingegen nicht die nähere Ausgestaltung der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufsrechts zur Folge. Zwar existieren in der Medizin auch hierüber entsprechende Aufklärungspflichten, etwa was die datenschutzrechtlichen Konsequenzen einer Widerrufserklärung betrifft oder die Frage der weiteren Verwendbarkeit gespendeter Körpersubstanzen wie Blut, Haut- oder Knochenpartikel usw. für die wissenschaftliche Forschung. Ein gravierender Unterschied besteht aber darin, dass Eingriffen in der Medizin die Perspektive einer Rückabwicklung gar nicht anhaftet. Ist in die Substanz des Körpers eingegriffen oder die Gesundheit beeinflusst worden, so lässt sich dieser tatbestandliche Verletzungserfolg im Sinne des § 823 I BGB nicht rückgängig machen, sondern allenfalls durch weitere medizinische Maßnahmen beheben, wie der Rechtsgutträger mit der Verletzung seines Lebens gar seine Rechtsfähigkeit insgesamt verliert. Der Widerruf der Einwilligungserklärung kann hier also nur Folgen für die Zukunft haben, während ein mit Einwilligung vorgenommener körperlicher Eingriff bei Widerruf nicht nachträglich rechtswidrig wird. Die §§ 355 ff. BGB und die auf diese Vorschriften verweisenden Hilfsnormen verfolgen hingegen die nahezu vollständige Kompensation sämtlicher mit dem widerrufenen Geschäft erlittenen Vermögensnachteile. Diese Perspektive nimmt im Medizinrecht aber das Arzthaftungsrecht ein, während sich die Widerrufsmöglichkeit medizinischer Einwilligungserklärungen nicht erst durch analoge Anwendung anderer Bestimmungen begründen lassen muss, sondern zum Kernbestand medizinrechtlicher Dogmatik gehört.53 51 Eingehender unter Einbeziehung vor allem des Arzneimittelrechts und seinen Anforderungen an die Packungsbeilage in § 11 AMG unten § 12 III 1. 52 Zum weiteren Spektrum denkbarer Rechtsfolgen vgl. nur die Übersicht bei PalandtGrüneberg, Einf BGB-InfoV Rz. 3 ff. 53 Vgl. nur Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 258; Kuhnert, Die vertragliche Aufklärungspflicht des Arztes, S. 137; Laufs, Gynäkologe 1989, 364.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Damit erscheinen verbrauchervertragliche Regelungen aber nicht nur angesichts ihrer speziellen Erfassung ausgewählter Verbrauchersituationen ungeeignet, um – schon unter methodischen Gesichtspunkten – auf medizinische Formularerklärungen angewandt zu werden. Vielmehr begegnen sie gar nicht dem mit dem Formularcharakter verbundenen spezifischen Gefährdungspotential, das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers durch Fehlverständnis auch nur auf Beweisebene zu beeinträchtigen, sondern versuchen lediglich, die vor allem situationsbedingte, auf Uninformiertheit oder aber auf ökonomische Schwäche zurückgehende Unterlegenheit des Verbrauchers durch geeignete Regelungen abzufangen. Wie der Rechtsgutträger vor seinem Laienstatus und den hiermit verbundenen Fehlentscheidungen bewahrt werden kann, ist im Medizinrecht aber längst das breit ausgearbeitete Thema der informierten Einwilligungserklärung und der ihr zugehörigen Aufklärungsdogmatik. Dann ist einer Analogie zu verbrauchervertragsrechtlichen Bestimmungen aber auch sachlich der Boden entzogen.

III. Der Schutz vor einseitiger Rechtsgestaltung nach §§ 305 ff. BGB Erweist sich damit das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als das alleinige ernsthaft in Betracht zu ziehende Instrumentarium einer rechtlichen Kontrolle formulargetragener Erklärungen in der Medizin, ist eine Übertragung dieser Regelungen bei näherer Hinsicht nun allerdings bei weitem problematischer, als es die pauschale Befürwortung oder Ablehnung einer Analogie zu den §§ 305 ff. BGB suggeriert. So werfen schon nicht nur die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 305 ff. BGB zahlreiche Fragen auf, die eine Analogie zweifelhaft bzw. nur partiell durchführbar erscheinen lassen und entsprechend eine differenzierte Betrachtung der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrollmaßstäbe erforderlich machen. Vielmehr wird in der bisherigen Diskussion der Analogieproblematik auch die Frage der Rechtsfolge weitgehend ausgeblendet, wenn einzelne Formularinhalte unter Rückgriff auf die Bestimmungen des AGB-Rechts in einer unklaren Weise für unbeachtlich erachtet werden, ohne dass dabei deutlich würde, ob sich die Missbilligung der Formularerklärung materiellrechtlich oder beweisrechtlich auswirkt.54 Um die Reibungspunkte einer denkbaren Analogie für das Medizinrecht umso markanter hervortreten zu lassen, sei im folgenden Abschnitt daher zunächst die Funktionsweise des AGB-Rechts in Kürze rekapituliert. Grundlegend ist dabei die Beobachtung, dass das AGB-Recht mit der Verweisungserklärung Konzessionen an den modernen Massenvertragsverkehr macht, die es 54

Eingehender hierzu unten § 13.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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durch die Statuierung einer scharfen Inhaltskontrolle vor Exzessen in Schach zu halten versucht. Das AGB-Recht setzt also am Gedanken einer bei unangemessener Benachteiligung abgeschnittenen Gestaltungsfreiheit an, deren Verwirklichung instrumentell auf der fehlenden Notwendigkeit inhaltlicher Klauselkenntnisnahme aufbaut (1.). Wenn im Medizinrecht umgekehrt dem Arzt für die Aufklärung des Patienten eine Gestaltungsfreiheit praktisch nicht zusteht und dessen Einwilligungserklärung in ihrer Wirksamkeit nicht nur von der Kenntnisnahme, sondern sogar vom Verstehen des Aufklärungsinhalts abhängt, stellt das Medizinrecht so grundlegend verschiedene Anforderungen auf, dass eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB für diese Bereiche ausscheiden muss. Damit wird allerdings zugleich auch deutlich, wo die Grenzen eines solchen Analogieverdikts liegen. Zum einen erscheint es allzu äußerlich, eine Analogie allein unter Rückgriff auf die Einseitigkeit der Formularerklärung oder ihren fehlenden Rechtsgeschäftscharakter abzulehnen. Zum anderen kristallisiert sich als entscheidendes Kriterium für die Analogiebildung aber nicht nur die Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssituation heraus, sondern vor allem die Spezialität der medizinrechtlichen Dogmatik, die einer Analogie dort – konsequenterweise aber auch nur dort – im Sinne einer fehlenden Regelungslücke entgegensteht, wo sie etablierte Regelungen aufstellt (2.). Inwieweit dies für die Abgabe, den Inhalt und die Transparenz medizinischer Formularerklärungen der Fall ist, bedarf unter Absage an den Gedanken einer Gesamtanalogie also für jeden einzelnen der drei großen Regelungskomplexe des AGB-Rechts gesonderter Überprüfung. 55

1. Die Ausgleichung der gegenläufigen Interessen von Unternehmer und Kunde in den §§ 305 ff. BGB Historisch geht die Entwicklung des AGB-Rechts auf den Massenverkehr von Waren zurück, der als Folge der Industrialisierung seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert und mit immer größerer Dynamik den Wirtschaftsverkehr beherrschte. Das für die einzelne Geschäfte und handwerklichen Verträge des römischen Rechts entwickelte dispositive Recht passte also zunehmend nicht mehr für das eingeläutete Zeitalter der modernen Industriegesellschaft, machte der Massenumsatz von Gütern doch nicht nur eine Rationalisierung des Fertigungs- und Lieferungsprozesses erforderlich, sondern vor allem auch der rechtlichen Abwicklung. Das Risiko, sich Mängelansprüchen des Kunden ausgesetzt zu sehen, stets der vollen Verschuldenshaftung zu unterliegen, einen Prozess an einem unbekannten Gerichtsstand führen zu müssen usw. sollte nach dem Willen der Unternehmer also kalkulierbarer werden. Das machte es erforderlich, 55

Unten §§ 10 bis 12.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

sämtliche Kunden den gleichen Regeln des Unternehmers auszusetzen, die von den gesetzlichen Regelungen nun allerdings teilweise erheblich abwichen. Nicht nur die Folge, sondern das wesentliche Motiv dieser Entwicklung war also eine Risikoverschiebung zulasten des Kunden. 56 Daneben gewährten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber auch die Möglichkeit, Regelungen überhaupt erst zu schaffen, die das Recht so gar nicht zur Verfügung stellte, also Regelungen für neue, in der modernen Wirtschaft erst herausgebildete Vertragstypen – wie Leasing-Verträge, Franchising-Verträge usw. Und entsprechend liegt diese doppelte Sichtweise auf die Funktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch heute noch dem Modell der Inhaltskontrolle zugrunde, wenn § 307 II BGB zwischen der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht (Nr. 1) und der Gefährdung von Zwecken unterscheidet, die ein jenseits des Gesetzes entwickelter Vertragstyp verfolgt (Nr. 2). Mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellten Unternehmer also ihre eigenen Regelwerke auf, die die hier gar nicht mehr vorstellbaren oder zumindest doch nicht praktikablen Individualverträge, von denen das Gesetz weiterhin ausging, zu guten Teilen ersetzten. Der Vertragspartner des Verwenders akzeptierte diese Geschäftsbedingungen dann schon deshalb, weil er in der Situation des Vertragsschlusses – intellektuell, zeitlich oder beides – überfordert war, das Regelwerk inhaltlich zu überprüfen und auszuhandeln. Die faktische Notwendigkeit des Vertragsschlusses, die auch schon unter der Ägide allein des Gesetzesrechts den Wirtschaftsverkehr von Privatpersonen bestimmte, verschärfte sich nun also entscheidend dadurch, dass der Kunde zudem mit einer einseitigen Rechtsgestaltung konfrontiert wurde, der er sich realistischerweise nicht entziehen konnte. Die Notwendigkeit einer Anerkennung, gleichzeitig aber auch einer Beschränkung Allgemeiner Geschäftsbedingungen führte nun zu einer Reihe von Konsequenzen, die sich nur vor dem Hintergrund erklären lassen, dass zunächst die Rechtsprechung, dann aber auch der Gesetzgeber am Vertragskonzept des BGB auch für die Ingeltungsetzung Allgemeiner Geschäftsbedingungen festhielt, dem Unternehmer also keine wie auch immer geartete Rechtssetzungsbefugnis eingeräumt sein sollte. Die seit dem 1. Januar 2002 dann aus dem vormaligen speziellen AGB-Gesetz57 in die §§ 305 ff. BGB überführten Regelun56 Dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch den Wirtschaftsverkehr unter Kaufleuten leiten und die §§ 305 ff. BGB mit den sich vor allem aus § 310 I 2, IV 1 BGB ergebenden Einschränkungen auch derartige Klauselwerke betreffen, soll mit der hier angelegten Perspektive auf das Verhältnis von Unternehmer und Kunden selbstverständlich nicht in Frage gestellt sein, wie die §§ 305 ff. BGB dann auch vom Verbraucherbegriff des § 13 BGB zunächst absehen und Sonderregelungen hierzu in § 310 III BGB aufstellen. Da der Konflikt von Unternehmer- und Kundeninteressen aber den eigentlichen Spannungsbogen für die Regelungstechnik der §§ 305 ff. BGB vorzeichnet, sind diese Besonderheiten für die hier angestellten Überlegungen nur von untergeordnetem Interesse. 57 Zu dessen Entstehungsgeschichte näher MüKo-Basedow, Vor § 305 Rz. 10 ff.; Hensen, in: FS-Heinrichs, S. 335 ff.

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gen zur Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträgen stellen damit heute einen behutsam abgefederten Kompromiss zwischen den Interessen beider Vertragsseiten dar. Mit der Anerkennung Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird dem Unternehmer damit im Ergebnis ein Freiraum faktischer Rechtssetzungsbefugnis eingeräumt, der den Gedanken einer dem Kunden verbleibenden freien Entscheidungsmöglichkeit verblassen lässt, wie er etwa im Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als ‚Wahlnormen‘ bei MeyerCording durchaus mitschwingt.58 Dem Recht obliegt damit die Aufgabe, diese beständig zum Exzess neigende faktische Rechtssetzungsfreiheit auf ein Maß zu beschränken, das die Interessen des Kunden zwar beschneidet, sie aber doch noch nicht unangemessen beschränkt. Wo die Benachteiligung hingegen nicht mehr erträglich erscheint, greift das AGB-Recht im Interesse des Kunden inhaltsbegrenzend ein.59 Das AGB-Recht dient damit – wie heute häufig formuliert wird – einer Kompensation des Marktversagens, trägt also dem Umstand Rechnung, dass unangemessene Rechtsgestaltungen nicht durch den Markt selbst reguliert werden, weil der Kunde, der hierin mit einer reduzierten Nachfrage eingreifen könnte, die Klauselwerke schon nicht zur Kenntnis nimmt. 60 Die dem Recht damit obliegende Aufgabe einer Kompromisslösung drückt sich dabei allerdings durchaus nicht nur auf der Ebene der Inhaltskontrolle aus. Vielmehr vollzieht das Gesetz den Kompromiss durch eine Reihe von Einzelwertungen, die denn auch bei jeder Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Einzelnen abzuschreiten sind. Wählt man für die gesetzgeberische Abwägung einmal das Bild des Pendels, so schlägt es bei der Frage der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in § 305 II BGB zunächst weit in Richtung auf den Unternehmer, da ohne große Konzessionen an eine erleichterte Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen deren Umlauffähigkeit bereits im Ansatz konterkariert wäre (a). Bei der Inhaltskontrolle schlägt das Pendel dann andererseits weit in Richtung des Kunden aus, indem es in seiner äußersten Ausrichtung zunächst mit § 309 BGB zwingende Klauselverbote aufstellt und dann über Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit in § 308 BGB 58 Freilich mit der Intention einer Einbettung dieser Normsetzung in den Vertragsschluss, vgl. Meyer-Cording, Die Rechtsnormen, S. 45 ff., 92 ff. 59 Und steht damit als Kontrollinstrumentarium einem Informationsmodell gegenüber, dass das Marktversagen durch die Statuierung insbesondere von Verbraucherinformationspflichten zu kompensieren versucht, deren Nichteinhaltung nicht notwendigerweise auch rechtliche Sanktionen folgen müssen, vgl. hierzu bereits oben § 9 II 3. Dass das Informationsmodell in einem weiteren Sinne auch dem AGB-Recht als zugrunde gelegt angesehen werden kann, betont insbesondere mit Blick auf die §§ 2 und 3 AGBG Koller, in: FS-Steindorff, S. 667 (674 ff.); zur Wiederherstellung von Vertragsgerechtigkeit im AGBG Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 215 ff.; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 105 ff. 60 Zum Gedanken einer Kompensation des Marktversagens vgl. nur etwa Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 106 f.; Armbrüster, DNotZ 2004, 437; Basedow, VersR 1999, 1045; Köndgen, NJW 1989, 943 (946 f.); Metz, NJW 1991, 668; Müller, VersR 2003, 933.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

zurück zu den beiden Leittypen der Generalklausel in § 307 II Nr. 1 und 2 BGB und schließlich zur Generalklausel des § 307 I 1 BGB selbst schwingt (b). Bleibt dabei eine Kontrolle der essentialia negotii zugunsten des Unternehmers – oder präziser gesagt zugunsten des Marktgefüges – einer Inhaltskontrolle grundsätzlich entzogen, schwingt das Pendel dann noch einmal zurück in Richtung des Kunden, wenn § 307 I 2, III 2 BGB das gesamte Klauselwerk, aber auch die essentialia negotii einer Überprüfung auf Transparenz zuführen und schließlich in § 305c II BGB eine Auslegungsregel zulasten des Unternehmers aufgestellt wird (c). Ob Allgemeine Geschäftsbedingungen dabei einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags darstellen oder unmittelbar Eingang in einen Formularvertrag finden, ist dabei gemäß § 305 I 2 BGB gleichgültig (d).

a) Zur erleichterten Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen durch eine Risikoerklärung des Kunden (§ 305 II BGB) Die zivilrechtliche Dogmatik und dem folgend der Gesetzgeber haben sich hinsichtlich der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträge für die Vertragslösung entschieden, wonach hierfür eine entsprechende Einigung beider Seiten erforderlich ist.61 Tatsächlich ist die hiermit ins Auge gefasste Einigung freilich nur noch ein Rudiment dessen, was die Rechtsgeschäftslehre sonst unter einem Vertragsschluss versteht. So stuft § 305 II 1. HS. Nr. 1 BGB die Erklärung des Verwenders von dem hier an sich erforderlichen Vertragsantrag im Sinne der §§ 145 ff. BGB zu einem bloßen Hinweis auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen herab, auch wenn die Anforderungen an diesen Hinweis dann wiederum durch das in § 305 II 1. HS. Nr. 1 BGB enthaltene spezielle Formerfordernis der Ausdrücklichkeit des Hinweises oder des deutlich sichtbaren Aushangs eine gewisse Anhebung erfahren. Noch deutlicher wird die Herabstufung der Anforderungen dann allerdings hinsichtlich der auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bezogenen Willenserklärung des Vertragspartners. Die Gesetzesverfasser des BGB sahen das Wesen des Rechtsgeschäfts und synonym der Willenserklärung darin, dass sie auf die „Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges“ gerichtet ist, „der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist“, dass also „ein auf die Hervorbringung rechtlicher Wirkungen gerichteter Wille sich bethätigt, und daß der Spruch der Rechtsordnung in Anerkennung dieses Willens die 61 Vgl. für die Literatur nur Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, Einl. Rz. 39 ff. m.w.N. Die Normauffassung wird allerdings weiterhin erwogen, vgl. Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen; Schmidt, JuS 1987, 929 ff. Die Vertragslösung gilt auch für den Handelsverkehr, wo freilich an das Zustandekommen von Verträgen wiederum erleichterte Anforderungen gestellt werden, so etwa beim Schweigen auf Anträge eines in Geschäftsverbindung stehenden Handelspartners nach § 362 HGB oder beim gemäß § 346 HGB maßgeblichem Handelsbrauch eines Schweigens auf kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit vertragskonstitutiver oder vertragsändernder Wirkung.

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gewollte rechtliche Gestaltung in der Rechtswelt verwirklicht“.62 Eine solche Maßgeblichkeit des Willens als von der Rechtsordnung anerkannter Geltungsgrund bedingt allerdings, dass der Erklärende die Rechtsfolgen, die er rechtsgeschäftlich will, überhaupt kennt, auch wenn diese Kenntnis durchaus nicht die rechtliche Qualifikation der Rechtsfolgen voraussetzt. Hinsichtlich der an die Allgemeinen Geschäftsbedingungen anknüpfenden Rechtsfolgen wird der Vertragspartner regelmäßig aber allenfalls eine vage Vorstellung haben. Regelmäßig sind dem Vertragspartner hingegen die einzelnen Rechtsfolgen und ihre Voraussetzungen nicht einmal in laienhafter Weise, sondern überhaupt nicht bekannt. Wenn § 305 II 2. HS. BGB das Einverständnis des Vertragspartners als Geltungsvoraussetzung normiert, ist mit diesem Einverständnis also auch nicht annähernd das gemeint, was die Rechtsgeschäftslehre normalerweise unter einer Willenserklärung versteht. 63 An regulären Maßstäben gemessen, würde dem Vertragspartner hier vielmehr konsequent ein großer Inhaltsirrtum nach § 119 I 1. Alt. BGB unterlaufen, weil er sich bei seinem Einverständnis zwar nicht verspricht, aber nicht weiß, was er damit sagt. Dieses Anfechtungsrecht ist ihm hinsichtlich des Einverständnisses mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber gerade entzogen,64 kommt doch in § 305 II 1. HS. Nr. 2 BGB zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber selbst von einer tatsächlichen Kenntnisnahme des Vertragsinhalts gar nicht ausgeht. Man mag sogar so weit gehen, das Einverständnis des Vertragspartners auch bei Nichteinhaltung der Anforderungen nach § 305 II 1. HS. Nr. 2 BGB durch den Verwender als wirksam anzusehen, nicht hingegen die Willenserklärung des Verwenders. Jedenfalls aber wird deutlich, dass der Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Gesetzgeber auch ohne Kenntnisnahme als gewollt aufgefasst wird. Der Sache nach lässt sich diese bedeutsame Konzession an den Verwender vor allem mit dem Charakter des Massengeschäfts begründen, der nicht nur das Rationalisierungsinteresse zum Ausdruck bringt, sondern gleichzeitig auch die Vertrautheit weiter Teile 62

Motive I, 126. Ebenso Medicus, AT, Rz. 175; Soergel-Hefermehl, Vor § 116 Rz. 2. Zur Anerkennung eines solchen ‚schwachen‘ Geltungsgrundes Allgemeiner Geschäftsbedingungen eingehender Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, S. 75 ff. (78 f.), der die Bedürfnisse des Verkehrs als den letzten Grund der Entscheidung ansieht, einen Vertrag mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzuerkennen. Schapp präzisiert diesen Gedanken dahin, dass die Störung des Äquivalenzverhältnisses im Vertrag, die sich aufgrund der Wandlungen des Lebensgebildes Vertrag ergeben hat, zunächst den Verkehr zur Herausbildung dieses Vertragstyps und dann die Rechtsordnung zu seiner Anerkennung geführt hat. Gewandelt habe sich dabei allerdings nicht das in dem Äquivalenzprinzip liegende Leitprinzip des Vertragsrechts, vielmehr stelle sich die im Hinblick auf eine bestimmte Art von Verträgen im dispositiven Recht liegende Konkretisierung dieses Leitprinzips für den Typus Massenvertrag nicht mehr als angemessene Lösung dar. 64 Nur wenn sich der Vertragspartner hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ganz bestimmte Vorstellungen macht, die angesichts des Texts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzutreffend sind, mag ein solches Anfechtungsrecht in Betracht kommen, so etwa Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 498. 63

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

der Bevölkerung zumindest mit dem Typus und der Grundintention des zu schließenden Vertrags.65 Das Gesetz knüpft hier also an die Grundsätze zur Risiko- oder Verweisungserklärung an, wonach der Inhalt einer Urkunde auch dann als von dem Unterzeichnenden rechtsgeschäftlich gewollt aufgefasst wird, wenn der Unterzeichnende den Text tatsächlich gar nicht gelesen hat und der Inhalt ihm auch nicht auf andere Weise bekannt gemacht ist.66 Bei der klassischen Risikoerklärung werden die Vorstellungen des Vertragspartners von den Rechtsfolgen seiner Erklärungen freilich weniger vage und er sich überdies der Tatsache bewusst sein, dass es von seiner Entscheidung abhängig ist, ob der inhaltlich gar nicht oder nur unvollständig bekannte Text Rechtsfolgen zeitigt. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen formuliert hingegen schon den Hinweis auf sein Klauselwerk häufig in einer Weise, die unverblümt zum Ausdruck bringt, dass für ein Aushandeln einzelner Klauseln prinzipiell kein Spielraum besteht. Wenn es etwa heißt ‚Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen‘, so bedarf es schon eines gewissen Scharfsinns oder juristischer Vorbildung, dies nur als Hinweis auf den Inhalt des Vertragsangebots zu deuten und nicht etwa als Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Ladenlokal des Verwenders, gar unabhängig vom konkreten Vertragsschluss. Diese erleichterte Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen macht freilich zwei Abgrenzungen erforderlich. Wenn in dieser Herabstufung der Einbeziehungsvoraussetzungen der maßgebliche Grund für die schärfere Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu sehen ist, muss das Gesetz diesen scharfen Kontrollmaßstab konsequenterweise zurücknehmen, wenn sich die tatsächlich erfolgte Art und Weise der Einbeziehung als weitgehende Annäherung an einen regulären Vertragsschluss darstellt. Entsprechend regelt § 305b BGB den Vorrang individueller Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen und entzieht in § 305 I 3 BGB im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbedingungen dann schon begrifflich dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB. Andererseits markiert das Gesetz dann in § 305c BGB auch Grenzen, jenseits derer selbst ein in erleichterter Weise einbeziehbarer Vertragsinhalt dem Vertragspartner nicht mehr zugerechnet wird. So lassen sich unter dem Aspekt der Risikoerklärung solche Bestimmungen dem Vertragspartner nicht mehr zurechnen, „die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht“, § 305c I BGB. Hier hat das Gesetz also recht deutlich, wenn auch in negativer Formulierung, zum Ausdruck gebracht, dass es beim Vertragspartner eine vage Vorstellung zumindest 65 Deutlich insbesondere BT-Drucks. 7/3919, S. 13 und 17; Stoffels, AGB-Recht, Rz. 260; vgl. auch MüKo-Basedow, § 305 Rz. 48. 66 Vgl. Staudinger-Dilcher, § 119 Rz. 22; MüKo-Kramer, § 119 Rz. 51 ff.

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vom denkbaren Gegenstand der Klauselbestimmungen unterstellt, auch wenn deren Kenntnisnahme durch den Vertragspartner dann gar nicht erfolgt. Klauseln, mit denen der Vertragspartner der Sache nach überhaupt nicht zu rechnen braucht, werden ihm also auch nicht mehr zugerechnet. Ähnlich lässt § 305c II BGB dann Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Mutet das Gesetz dem Vertragspartner also schon ein willentliches Einverständnis mit den einzelnen Klauselbestimmungen zu, so soll er doch nicht auch noch mit der Frage belastet werden, welchen Inhalt die potenziell zu seiner Kenntnisnahme stehenden Klauseln tatsächlich haben.

b) Zur schärferen Kontrolle des Inhalts formularvertraglicher Regelungen auf die Unangemessenheit der Benachteiligung (§§ 307 ff. BGB) Konzediert der Gesetzgeber dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen somit einen großen Freiraum für die Einbeziehung seiner Klauselbestimmungen, so unterwirft er den damit zugleich eröffneten Regelungsspielraum mit der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB deutlichen Grenzen. Mit dem Inhalt ist dabei allerdings durchaus nicht der gesamte Vertragstext gemeint, wie er nach Unterzeichnung durch den Kunden feststeht, sondern nur ein bestimmter Bereich inhaltlicher Regelungen. Hinsichtlich der Anforderungen der Inhaltskontrolle stellt das Gesetz dann in den §§ 307 ff. BGB auch wiederum unterschiedlich scharf gefasste Maßstäbe auf, wie es schließlich der Schärfe der Inhaltskontrolle mit § 306 BGB Konsequenz auch auf Rechtsfolgenseite verleiht. Der Begriff der Inhaltskontrolle hat durch die Schuldrechtsreform nun auch von Gesetzes wegen den Charakter eines Oberbegriffs erhalten. Die Überprüfung vorformulierter Vertragsbedingungen auf die Unangemessenheit der mit ihnen verbundenen Benachteiligung des Vertragspartners stellt zwar weiterhin den Kernbereich der Inhaltskontrolle dar. Dieser Kernbereich einer Inhaltskontrolle im engeren Sinne wird nun allerdings durch eine Transparenzkontrolle der Vertragsbedingungen flankiert, die ebenfalls zur Inhaltskontrolle zu zählen ist. Insoweit lässt § 307 I 2 BGB kaum eine andere systematische Auslegung zu, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung „auch daraus“ ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Beschränkt man die Sichtweise zunächst auf den Kernbereich der Inhaltskontrolle,67 so sind Gegenstand dieser Kontrolle gemäß § 307 III 1 nur „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden“. Damit beschränkt sich die Inhaltskontrolle zunächst einmal auf rechtliche Regelungen, womit die Richtigkeit oder Angemessenheit tatsächlicher Informationen jedenfalls vom unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift nicht 67

Zur Transparenzkontrolle sogleich § 9 III 1 c).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

erfasst wird. Dann erfasst sie auch nur solche rechtlichen Regelungen, die den Regelungsinhalt einschlägiger Rechtsvorschriften modifizieren oder ergänzen. Im Sinne der Rechtsgeschäftslehre sind hier also nur die accidentalia negotii des Vertragsschlusses gemeint, mit denen die dispositiven gesetzlichen naturalia negotii modifiziert oder ergänzt werden. Gerade nicht gemeint ist hingegen der Bereich der essentialia negotii, also der Inhalt der vertraglich festgesetzten Leistung und Gegenleistung. Ob die hierzu von den Vertragsparteien getroffenen Regelungen den Vertragspartner überhaupt benachteiligen und ob diese Benachteiligung unangemessen ist, ist einer rechtlichen Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB vielmehr entzogen. Hier verbleibt es bei der Regelung des § 138 BGB und insbesondere dem Wuchertatbestand nach § 138 II BGB. Für die Anwendung der Inhaltskontrolle ist dabei von erheblicher Bedeutung, dass die einzelnen Regelungen nicht auf ihre Angemessenheit zu beurteilen sind, sondern das Gesetz auch hier nur negativ nach der Unangemessenheit der im Prinzip durchaus akzeptierten Benachteiligung fragt, die mit der Vorformulierung des Vertragsinhalts einhergeht. Durchaus unterschiedlich gefasst ist dabei allerdings die Schärfe dieses negativen Kontrollmaßstabs. So folgt bekanntlich der strengste Maßstab aus § 309 BGB, der zwingend die Rechtsfolge aufstellt, dass eine dort erfasste Klausel unwirksam „ist“, während § 308 BGB die dort aufgeführten Klauseln nur als „insbesondere unwirksam“ bezeichnet und damit an das Abwägungserfordernis der Generalklausel in § 307 I 1 BGB anknüpft. Liegt die Unangemessenheit der Benachteiligung für die in § 308 BGB bereits näher ins Auge gefassten Klauseltypen immerhin nahe, erfordert die Generalklausel nach § 307 I 1 BGB dann eine vollständige Beurteilung der Unangemessenheit. Als Richtschnur kann hierfür nur noch auf die Zweifelsregelung des § 307 II BGB und die darin niedergelegten Leittypen einer unangemessenen Benachteiligung zurückgegriffen werden. Dabei besteht allerdings weitgehend Konsens darüber, dass sich die Regelung des § 307 II Nr. 2 BGB nicht auf die kodifizierten Vertragstypen des BGB bezieht, sondern auf neue im Verkehr herausgebildete Vertragstypen, wie andererseits die Bedeutung des § 307 II Nr. 1 BGB verbreitet als vergleichsweise gering eingeschätzt wird, setzt sie doch voraus, dass man einem gewissen Kernbestand des dispositiven Vertragsrechts gegenüber ein wie auch immer begründetes Rationalisierungsinteresse für unmaßgeblich hält.68 Erweisen sich damit die einzelnen Maßstäbe der Inhaltskontrolle durchaus als in sich abgestuftes Reaktionsinstrumentarium, tritt die Schärfe der Inhaltskontrolle gegenüber den erleichterten Einbeziehungsvoraussetzungen auf Rechtsfolgenseite dann allerdings auch in noch konkreterer Weise in Erscheinung. Der Gesetzgeber stand hier vor der Notwendigkeit, zur Auswirkung der Nichtigkeit einzelner Klauselbestimmungen auf die Wirksamkeit des Vertrags 68

Pointiert Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 517.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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insgesamt Stellung zu nehmen. Die Rechtsprechung hatte insoweit bereits seit längerem die an sich naheliegende Zweifelsregelung des § 139 BGB nicht angewandt, und hierin mag sogar ein weiteres nicht unbedeutendes Motiv für den zunehmenden Rekurs auf § 242 BGB statt auf § 138 BGB als Maßstab der Inhaltskontrolle vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes gelegen haben. Mit der heute in § 306 I BGB geregelten Vorschrift hat sich dann auch der Gesetzgeber dieser Auffassung angeschlossen und damit die Wertung des § 139 BGB für die Auswirkung der Nichtigkeit einzelner Klauselbestimmungen umgekehrt. Zugleich ist mit § 306 II BGB dann auch klargestellt, dass an die Stelle der nichtigen Klauselregelung die Regeln des dispositiven Gesetzesrechts treten bzw. – wo eine solche Regelung nicht existiert, aber ein Festhalten am Vertrag nicht gemäß § 306 III BGB unzumutbar ist – die Lücke im Sinne einer beide Seiten angemessen berücksichtigenden ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.69 Damit hat das Gesetz insbesondere der Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion eine Absage erteilt, also die Anpassung der unwirksamen Klausel an einen dem Willen des Verwenders noch am ehesten entsprechenden Inhalt.70 Der Inhalt der in § 305 II BGB für ausreichend befundenen Einigung der Vertragsparteien wird vom Gesetz also durchaus nicht auf eine Stufe mit einem individuell ausgehandelten Vertrag gestellt, bei dem aufgrund dieses ausgewogenen Zustandekommens auch bei etwaigen Nichtigkeitsfolgen die bereits vorgesehene Regelung reduziert fortgedacht werden kann. Vielmehr hat die Einseitigkeit der Inhaltsgestaltung bei vorformulierten Vertragsbedingungen auf Rechtsfolgenseite zur Konsequenz, dass in Fällen von Klauselnichtigkeit zum Grundmodell eines inhaltlich gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben verpflichtenden Vertragsschlusses zurückgekehrt wird.

c) Zum Schutz des Kunden vor Intransparenz Mit der Überführung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in das BGB hat der Gesetzgeber zugleich neue Regelungen geschaffen, durch die das in der Rechtsprechung bereits zuvor anerkannte und durch europarechtliche Vorgaben getragene Prinzip einer Transparenzkontrolle auch gesetzlich ausdrücklich bestätigt werden sollte.71 Der zentrale gesetzliche Standort der 69 BGHZ, 117, 98; 137, 157; NJW 1998, 451; NJW 2000, 1110; OLG Düsseldorf, BB 1986, 1466; Bamberger/Roth-Schmidt, § 306 Rz. 11; Hk-BGB-Schulte-Nölke, § 306 Rz. 6; Jauernig-Stadler, § 306 Rz. 5. 70 Die Rechtsprechung kennt allerdings sehr wohl Fälle relativer, insbesondere personeller oder sachlicher (Teil-) Unwirksamkeit, etwa die Unwirksamkeit einer überlangen Mietbefristung nur zulasten des Verwenders, während der Mieter sehr wohl ordentlich kündigen kann oder die Unwirksamkeit einer Nachfolgeklausel in einem Bierlieferungsvertrag, vgl. BGH NJW 1998, 2286, kritisch hierzu Hk-BGB-Schulte-Nölke, § 306 Rz. 5, sowie JauernigStadler, § 306 Rz. 3, die in diesen Fällen im Ergebnis eine verbotene geltungserhaltende Reduktion sehen. 71 Vgl. BT-Drs. 14/6040 (S. 150 f., 153 f.), sowie Art. 5 S. 1 der Ril. 1993/13/EWG.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Transparenzkontrolle ist dabei § 307 I 2 BGB, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung „auch daraus“ ergeben kann, „dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“. Das Gesetz verankert die Transparenzkontrolle hier also als Bestandteil einer Inhaltskontrolle im weiteren Sinne. Mit der zusätzlichen Vorschrift des § 307 III 2 BGB stellt es dann allerdings zugleich klar, dass das Transparenzgebot einerseits mehr als die accidentalia negotii erfasst, wenn es die inhaltlich sonst nicht kontrollfähigen Regelungen der essentialia negotii ebenfalls diesem Kontrollmaßstab unterwirft. Andererseits führt die Bezugnahme des § 307 III 2 BGB nicht nur auf § 307 I 2 BGB, sondern ausdrücklich auch auf § 307 I 1 BGB zu der Frage, ob die bloße Intransparenz für sich genommen als Unwirksamkeitsgrund ausreichen kann oder zusätzlich noch eine inhaltliche unangemessene Benachteiligung erforderlich ist. 72 Als Hauptanwendungsfälle inhaltlicher Intransparenz können dabei Preisgestaltungsklauseln gelten, durch die für den Kunden schwer durchschaubar wird, wie sich ein Preis genauer berechnet, unter welchen Umständen einseitige Preisänderungen möglich sind oder welche Leistungsbausteine im Einzelnen die bestellte Leistung ausmachen.73 Vom Gedanken der Transparenz – wörtlich dem „Durchscheinen“ von lat. trans „(hin)durch“ und parere „scheinen, sich zeigen“74 – werden dann aber auch jene Regelungen des AGB-Rechts erfasst, die dem Verwender bereits auf Einbeziehungsebene Grenzen ziehen. So wird heute neben den Anforderungen an die vom Verwender zu ermöglichende Kenntnisnahme des Vertragspartners nach § 305 II BGB insbesondere auch das Überraschungsverbot nach § 305c I BGB als Ausdruck des Transparenzgedankens aufgefasst wie auch das Gebot kundenfreundlicher Auslegung nach § 305c II BGB.75 Noch weitergehend, lässt sich das Transparenzgebot dann schließlich aber auch als ein allgemeines Prinzip des AGB-Rechts begreifen, wenn man die zentrale Regelungsintention der §§ 305 ff. BGB darin sieht, das aus der Nichtkenntnisnahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen resultierende Versagen des Markts als Kontrollinstanz zu kompensieren.

72

Hierzu unten § 12 I 3 b). Für die Vielzahl der mittlerweile von der Rechtsprechung anhand des Transparenzgebots beurteilten Fallbeispiele vgl. nur etwa die Übersichten bei MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 54 ff.; Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 21 ff.; Thalmair, Vom Postulat der Überraschungsfreiheit von AGB-Klauseln zu ihrer Transparenzkontrolle, S. 85 ff. Zu den Besonderheiten der Rechtsfolgen des Transparenzgebots für den unternehmerischen Geschäftsverkehr vgl. jüngst Berger/Kleine, NJW 2007, 3526 ff. 74 Weitere Bedeutungen von trans sind ‚hinüber‘, ‚hindurch‘, parere wird auch mit ‚vorzeigen‘, ‚(auf jemandes Befehl) erscheinen‘, ‚untertan‘ oder ‚unterworfen sein‘ übersetzt, vgl. Pertsch, Langenscheidts Handwörterbuch Lateinisch-Deutsch, S. 634, 449. 75 Vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 16; MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 52. Näher hierzu unten § 12 I. 73

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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Damit zeigt sich aber, dass das Transparenzgebot schärfere Konturen erst durch ein Spannungsverhältnis erfährt, in dem Allgemeine Geschäftsbedingungen stehen, wenn sie einerseits typischerweise nicht zur Kenntnis genommen werden, gleichwohl aber ihre Unverständlichkeit zur Unwirksamkeit führen soll. Wird also zwar äußerlich die Kenntnisnahme nach den Vorgaben des § 305 II BGB ermöglicht (so ließe sich der Gedanke auch formulieren), würde die Kenntnisnahme aber dem Leser den Inhalt der Klauseln gar nicht erschließen, so soll der Verwender im Ergebnis nicht anders behandelt werden, als wenn er schon nicht die Anforderungen an die äußere Kenntnisnahmemöglichkeit einhält. Auch das Transparenzgebot basiert damit, wie im Rahmen der unten anzustellenden Analogieüberlegungen von entscheidender Bedeutung sein wird, auf dem Modell der Risikoerklärung.

d) Zur Irrelevanz des äußeren Erscheinungsbildes Allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB Die vorstehende Skizze eines differenzierten Kontrollinstrumentariums bezog sich unausgesprochen auf den klassischen Text Allgemeiner Geschäftsbedingungen, also etwa auf den eingerahmten Text einzelner nummerierter Absätze auf der Rückseite eines Vertrags, auf den Abdruck von Klauselbestimmungen auf einem im Kassenraum angeschlagenen Plakat usw. Die Vorstellung einer gesonderten Zusammenstellung vorformulierter Vertragsbedingungen stammt freilich aus Zeiten, in denen der schriftliche Verkehr zwischen den Vertragsparteien weitaus mühsamer war als im heutigen Zeitalter moderner Informationstechnologien. Demgegenüber hat sich heute nicht nur für viele Alltagsgeschäfte, allein schon aus Gründen der Beweissicherung, die Verwendung computerausgedruckter Vertragsformulare, Bestellungen und Bestätigungen etabliert. Vielmehr hat die Entwicklung immer branchenspezifischerer software-Lösungen auch dazu geführt, dass in einer ganzen Reihe von Geschäften Vertragsunterlagen scheinbar individuell, entsprechend den kundenspezifischen Anforderungen erstellt werden, tatsächlich aber längst als unterschiedlichste Textbausteine in der software des Verwenders bereit liegen. Wer heute beispielsweise einen Vertrag über die Nutzung und den Kauf eines Handys schließt, gibt, ob mündlich in einem Ladenlokal oder elektronisch im Internet, zunächst eine Vielzahl an Spezifikationen an, die über den eigenen Namen, Anschrift usw. insbesondere den gewünschten Leistungsinhalt des Vertrags betreffen. Ist die Datenerfassung abgeschlossen, wird auf dieser Grundlage dann eine geschlossene Urkunde oder Bildschirmdarstellung erstellt, die der Kunde dann nur noch schriftlich unterzeichnet oder elektronisch absendet. Nicht selten beinhalten diese Vertragstexte bereits sämtliche vorformulierten Vertragsbedingungen, die dann nur an einzelnen relevanten Punkten durch den individuell eingegebenen Inhalt ergänzt werden. Die Situation ist vergleichbar dem Abschluss ei-

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

nes Formularmietvertrags, der lediglich noch die notwendig individuell festzulegenden Aussparungen enthält. Dass dem Vertragspartner dann möglicherweise zusätzlich auch noch eine gesonderte Zusammenstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ausgehändigt wird, ändert hieran wenig, handelt es sich dann doch meist um übereinstimmende Regelungen in beiden Dokumenten, wobei die Vertragsurkunde dann nur noch den spezifisch einschlägigen Ausschnitt enthält. Unterfällt diese Art der Vertragsgestaltung aber einer Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, wenn sie doch gerade durch eine individuelle Aufbereitung des Vertragstextes gekennzeichnet ist? Wirft die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB hier also insbesondere Zweifel unter dem Gesichtspunkt individueller Aushandlung (§ 305 I 3 BGB) oder Vertragsabrede (§ 305b BGB) auf? Tatsächlich liegt diese Konsequenz doch eher fern und wird denn auch nur vereinzelt gezogen. Wer auf die geschilderte Art und Weise einzelne Vertragselemente zusammenstellt, ist ja nicht bereit, diese einzelnen Elemente auszuhandeln, sondern gewährt seinem Vertragspartner nur die Wahl zwischen verschiedenen inhaltlichen Gestaltungen, die sich denn auch weitgehend auf den Inhalt der seitens des Verwenders geschuldeten Leistung beschränken, die seitens des Vertragspartners geschuldete Gegenleistung, die Laufzeit des Vertrags usw. Andere individuelle Angaben sind dann schon zur Identifikation des Vertragspartners erforderlich und berühren insoweit gar keine Regelung, die als solche Gegenstand einer rechtlichen Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB wäre. Der Bereich einer individuellen Vertragsaushandlung wird damit entsprechend den hergebrachten Grundsätzen in Rechtsprechung und Literatur erst dort betreten, wo der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner die reale Chance gewährt, auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zur Wahrung eigener Interessen Einfluss zu nehmen. 76 Entsprechend ist denn auch nach § 305 I 2 BGB gleichgültig, „ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat“.77 Das hat für Formularverträge aber notwendig zur Konsequenz, dass darin enthaltene Vertragsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen können und in diesem Fall nur im Rahmen der Schranken der §§ 305 ff. BGB 76

MüKo-Basedow, § 305 Rz. 34, m.w.N. Etwas anderes ist es, § 305 II BGB auf Formularverträge nicht anzuwenden, insbesondere also weder einen besonderen Hinweis auf die Geltung bzw. Einbeziehung der Formularbedingungen noch eine besondere Einverständniserklärung des Vertragspartners zu fordern, weil dessen Unterschrift unter dem gesamten Formularvertrag bereits dessen vollen Inhalt deckt, vgl. BGH NJW 1988, 2465 (2466 f.). Denn die prinzipielle Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auch auf Formularverträge wird damit nicht in Frage gestellt. 77

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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wirksam sind.78 Die eigenständige Thematisierung dieser Frage macht aber zugleich deutlich, dass aus dem bloßen Charakter eines Formularvertrags noch nicht notwendig die Einstufung des dort enthaltenen Texts als vorformulierte Vertragsbedingungen folgt. Zugleich zeigt sie, dass für die Frage der Einbeziehung und Inhaltskontrolle formularvertraglicher Regelungen, soweit sie vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, keine zusätzlichen rechtlichen Anforderungen gelten, sondern die §§ 305 ff. BGB nicht anders als sonst auch Anwendung finden.79

2. Zur analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen Die Erörterung der Frage, ob die §§ 305 ff. BGB – vormals die Bestimmungen des AGBG80 – ein geeignetes Instrumentarium zur rechtlichen Kontrolle medizinischer Formularerklärungen darstellen, wird stark von dem Zwiespalt geprägt, mit dem Rechtsprechung und Literatur den Gebrauch von Formularen in der Medizin insgesamt betrachten. Kritische Stimmen, die sich gegen eine Anwendung dieser Vorschriften aussprechen, zielen daher nicht selten darauf ab, mit der Ablehnung dieser Kontrollmaßstäbe einen missbilligten Gebrauch von Formularen insgesamt zurückzudrängen.81 Die Probleme für den Rechtsgüterschutz des Patienten, die eine in der Praxis längst etablierte Verwendung schriftlicher Aufklärungs- und Einwilligungsunterlagen schafft, werden hiermit freilich nicht gelöst. Überwiegen dürften heute denn auch die Stimmen, die 78

So auch MüKo-Basedow, § 305 BGB Rz. 29. Damit ist insbesondere auch die später noch interessierende Unterscheidung abstrakter und konkreter Formulare keine aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebene Unterscheidung des Medizinrechts, sondern resultiert vielmehr aus den besonderen Anforderungen an die ärztliche Aufklärung. Hierzu unten § 9 III 2 a) bb) (1) (c). 80 Im Folgenden wird der Übersichtlichkeit halber auch für das ältere Schrifttum nur auf die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zurückgegriffen, soweit die mit der Kodifizierung im BGB verbundenen Änderungen, die bessere Verständlichkeit oder Lesbarkeit keine Bezugnahme auf die Bestimmungen des AGBG sinnvoller erscheinen lassen. 81 Gegen eine Anwendung der heutigen §§ 305 ff. BGB insbesondere Kuhnert, Die vertragliche Aufklärungspflicht des Arztes (1982), S. 137; Giesen, JZ 1982, 391 (400); ders., JZ 1996, 519 (520); Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50; Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (368); offen gelassen von dems., Arztrecht, Rz. 184; weiterhin wohl auch von Laufs/ Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 17, wenn er für die Beurteilung der Hinlänglichkeit von Aufklärungsformularen nicht das auf Willenserklärungen zugeschnittene AGBG für maßgeblich erachtet, sondern die „speziellen für die Einwilligung geltenden Voraussetzungen“. Aus strafrechtlichen Erwägungen ablehnend Jacob, Jura 1982, 529 (536); Zilkens, Zur Rechtfertigung lebensnotwendiger Operationen, S. 67; Fischer/Uthoff, MedR 1996, 115 (119 f.), weil die Vorschriften des bürgerlichen Rechts die strafrechtlichen Rechtfertigungsvoraussetzungen nicht erweitern oder beschränken könnten. 79

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

sich – mindestens grundsätzlich – für eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB aussprechen. Ob es sich hierbei um eine direkte Anwendung handeln soll oder um eine analoge, wird dabei häufig allerdings gar nicht weiter thematisiert, ebenso wenig, ob sie uneingeschränkt gelten soll oder nur partiell. 82 Soweit hingegen im Anwendungsbereich differenziert wird, betrifft dies vor allem die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung, deren Voraussetzungen sich nicht nach den Regeln der §§ 305 ff. BGB bestimmen oder sich auch nur hieran messen lassen,83 aber auch die Überlegung, ob dem Rechtsgutträger der Erklärungsinhalt insgesamt vorgegeben oder gemeinsam mit ihm – insbesondere durch handschriftliche Eintragungen in das Formular – entwickelt wurde.84 Auch die Rechtsprechung hat sich zuweilen für eine Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB ausgesprochen, jedoch selten nur überhaupt hierzu Stellung genommen,85 so dass sich hier bislang auch keine feste Spruchpraxis des BGH etabliert hat, insbesondere keine des in Arzthaftungssachen zuständigen VI. Zivilsenats. Der bislang erreichte Stand rechtlicher Aufarbeitung des Analogieproblems erweist sich damit in mehrfacher Hinsicht als unbefriedigend. Zum einen konzentriert sich die bisherige Diskussion weitgehend auf die Frage der Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssachverhalte, ohne die Frage einer Gesetzeslücke zuvor oder überhaupt eingehender zu reflektieren. Das ist nicht nur aus methodischen Gründen misslich, weil die Frage nach einer Gesetzeslücke überhaupt erst über die Notwendigkeit einer Ähnlichkeitsbetrachtung entscheidet und ihr auch inhaltlich wesentliche Prämissen vorgibt. 86 Vielmehr 82 Vgl. etwa Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 6; MüKo-Basedow, § 305 Rz. 10; StaudingerSchlosser, § 305 Rz. 7; Staudinger-Coester, § 307 Rz. 411; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 17; Schmidt; BGB Allgemeiner Teil, Rz. 1506; Uhlenbruck, in: FSLaufs, S. 1124 (1133 f.); Teichner, NJW 2002, 276; Schlund, ChirInfo 1977, 124 (126); Niebling, MDR 1982, 193 (196); Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 211 ff. Für eine uneingeschränkte Anwendung der heutigen §§ 305 ff. BGB offenbar – thematisch allerdings nur auf Sektionseinwilligungsklauseln ausgerichtet – Solbach, MedR 1991, 27 (28 ff.); Ehlers, MedR 1991, 227 (229 f.); Ackmann, JZ 1990, 925 (927); Lippert, MedR 2001, 406 (407), sowie – auf die formularmäßige Schweigepflichtentbindung bezogen – Hollmann, NJW 1978, 2332. Explizit für eine Analogie insbesondere Stoffels, AGB-Recht, Rz. 113 f.; Gounalakis, NJW 1990, 752. Offen der Standpunkt von Medicus, in: Arzt und Gesellschaft, S. 85 (S. 100). 83 Vgl. etwa Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rz. K 31; i. E. auch Fischer/Uthoff, MedR 1996, 115 (119 f.); dem Gedanken nach wohl auch Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 17. Ebenso – freilich mit dem zweifelhaften Argument fehlenden intellektuellen Ungleichgewichts, hierzu unten § 9 III 2 a) bb) (1) (b) – Jungbecker, MedR 1990, 173 ff. 84 So Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 145 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 315. 85 Vgl. insbesondere die Entscheidungen zur Wirksamkeit sog. Sektionseinwilligungsklauseln – hierzu näher unten §§ 10 III 1, § 11 II 3 a) –, BGH NJW 1990, 2313 mit Anmerkung Deutsch, NJW 1990, 2315; OLG Koblenz, NJW 1989, 2950; ferner Ackmann, JZ 1990, 925 ff.; Ehlers, MedR 1991, 227 ff.; Solbach, MedR 1991, 27 ff.; Mehrhoff/Müller, MedR 1990, 125 ff.; Schlaudraff, MedR 1991, 250 ff. 86 Zu den Voraussetzungen des Analogieschlusses eingehender nur etwa Larenz, Metho-

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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läuft diese Sichtweise nicht nur Gefahr, sich einer gewissen argumentativen Beliebigkeit auszusetzen, sondern trägt auch das Risiko pauschaler Beurteilung in sich, wenn die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB in der Konsequenz entweder gleich insgesamt befürwortet oder aber insgesamt abgelehnt wird. Wenn die Untersuchung sich im Folgenden ihrerseits zunächst der Frage der Rechtsähnlichkeit zuwendet, geschieht dies daher ausschließlich deshalb, um den Diskussionsstand möglichst authentisch nachzuzeichnen und auf diese Weise umso eindringlicher vor Augen zu führen, dass eine auf die Regelungsintention der §§ 305 ff. BGB insgesamt bezogene Erörterung der Rechtsähnlichkeit notwendig auf einem mittleren Abstraktionsniveau verharren muss, Aussagen zur analogen Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen auf dieser Basis daher gar nicht möglich sind (a). Die anschließende Betrachtung bestehender Regelungslücken wird dann nicht nur zeigen, dass eine analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB dort schon nicht in Betracht kommt, wo die medizinrechtliche Dogmatik etablierte Lösungen bereitstellt. Vielmehr lässt sich ein tatsächlich identifiziertes Regelungsdefizit dann auch nicht unbesehen – qua bloßer Rechtsähnlichkeit – aus den §§ 305 ff. BGB heraus schließen. Wenn mit Rechtsähnlichkeit allein ein reduziertes Maß an Übereinstimmung zwischen tragenden Wertungsgesichtspunkten einzelner Konfliktentscheidungen gemeint sein kann, muss die entscheidende Frage für eine Analogie vielmehr lauten, ob die medizinrechtliche Dogmatik selbst – für das ungeregelte Problem konsequent fortgedacht – Modifikationen vorgibt, die lediglich eine reduzierte Anwendung der analog herangezogenen Vorschrift gestattet (b).

a) Die bislang vorrangig diskutierte Frage einer Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssachverhalte Die Frage der Rechtsähnlichkeit wird in dem hierauf bezogenen Schrifttum vorwiegend unter zwei Aspekten behandelt. Der erste Aspekt setzt am Wortlaut der §§ 305 ff. BGB an, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse zu gestalten, also vorformulierte Vertragsbedingungen zum Inhalt einer Vielzahl von Verträgen zu machen. Damit steht die Frage im Raum, ob sich Formularerklärungen in der Medizin, mit denen der Rechtsgutträger einseitig über seinen absoluten Rechtsgüterschutz disponiert, nicht so grundlegend vom Regelungsgegenstand dieser Bestimmungen unterdenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rz. 476 ff.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 67 ff.; Arzt, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 88 ff. Den mit dem Analogieschluss verwandten Schlussweisen der Deduktion und der Induktion stellt Kaufmann neuerdings die Abduktion gegenüber als unsichere problematische Schlußweise, deren Ergebnis zunächst lediglich im Erbringen einer Hypothese liegt, und die den anderen Schlußweisen daher zeitlich vorangehe, vgl. ders., Das Verfahren der Rechtsgewinnung, S. 6 f., 51 ff., und hierzu Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 147 ff.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

scheiden, dass ihrer analogen Anwendung schon von vornherein der Boden entzogen ist. Auf diese Weise wird nun teilweise allerdings nur eine Kontroverse auf dem Gebiet des AGB-Rechts fortgesetzt, die schon für die Einwilligungserklärung selbst geführt wird und oben skizziert wurde, also, ob die Einwilligung ein Rechtsgeschäft darstellt, rechtsgeschäftsähnliche oder rein tatsächliche Handlung,87 wie sich die Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis konzeptionell in das Rechtsinstitut der Einwilligungserklärung einbinden lässt88 oder, ob diese den Inhalt des Vertrags konkretisiert, ihn nur begleitet, der Patient zu ihr verpflichtet ist oder ihr stets eine causa fehlt usw.89 Das macht aber deutlich, dass sich die Frage der Rechtsähnlichkeit durch eine Nähe oder Ferne zum Vertragsgeschehen im Grunde nur äußerlich beantworten lässt, mögen auf dieser Ebene auch viele Einwände gegen eine Analogie verblassen (aa). Ausschlaggebend für die Beurteilung der Rechtsähnlichkeit müssen demgegenüber die sachlichen Gründe sein, die den Gesetzgeber zur Normierung der §§ 305 ff. BGB veranlasst haben, also die Frage, ob nicht dieselben Wertungsgesichtspunkte, die eine Kontrolle formularvertraglicher Regelungen angezeigt erscheinen lassen, auch eine Kontrolle medizinischer Formularerklärungen gebieten (bb).

aa) Äußerliche Analogiegesichtspunkte: zum Stellenwert des Vertragscharakters für die Regelungsintention der §§ 305 ff. BGB Der fehlende Vertragscharakter medizinischer Formularerklärungen lässt sich vor allem unter vier Gesichtspunkten näher beleuchten. So lässt sich zunächst bezweifeln, ob sich die §§ 305 ff. BGB auch nur analog auf einseitige Erklärungen anwenden lassen, wenn zentraler Regelungsgegenstand dieser Vorschriften offenbar doch nicht nur der Abschluss von Verträgen zu sein scheint, sondern das damit verbundene Machtgefüge zweier Personen, dessen Verschiebung Gegenstand rechtlicher Korrekturen ist (1). Dann scheint der entscheidende Gegenstand der Einwilligungserklärung, wie sie in dem Formular ihren Niederschlag findet, aber auch gar keine rechtliche Regelung zu sein, soweit die darin formulierte Aufklärung lediglich die Mitteilung von Tatsachen darzustellen scheint, nämlich von medizinischen Erfahrungssätzen (2). Aber auch ihrer Bedeutung nach zielt die Einwilligungserklärung offenbar auf etwas ganz anderes ab, wenn sie nicht die vertragliche Vermögenswelt des Einzelnen berührt, sondern den Schutz seiner Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit (3). Die Frage nach der Rechtsähnlichkeit scheint sich damit auf den ersten Blick auf eine gewisse Nähe zum Vertrag zu reduzieren, auf eine vertragsgestaltende oder gar pflichtenerfüllende Wirkung ärztlicher Aufklärung (4). 87 88 89

Hierzu oben § 3 II 1 b) aa). Hierzu oben § 3 II 1 b) bb). Hierzu oben § 3 III.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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(1) Die Einseitigkeit und die Rechtsnatur der Einwilligung als Hindernis analoger Rechtsanwendung? Die §§ 305 ff. BGB betreffen, wie die neugefasste Überschrift dieses Abschnitts lautet, die Gestaltung „rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse“ durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, deren Begründung nach § 311 I BGB den Abschluss eines Vertrags erfordert. Aber auch der in § 305 I 1 BGB gebrauchte Begriff der „vorformulierten Vertragsbedingungen“ setzt einen Vertrag voraus, um den es sich bei einseitigen Einwilligungserklärungen gerade nicht handelt. Das scheint auf den ersten Blick jede Rechtsähnlichkeit zwischen Einwilligung und Gegenstand der §§ 305 ff. BGB auszuschließen und wurde denn auch bereits Ende der siebziger Jahre gegen eine Analogie angeführt.90 Auch lasse sich eine Ähnlichkeit zum Vertrag nicht etwa dadurch herstellen, dass man das Wesen der Aufklärung in einem ‚Gemeinschaftsakt‘ sieht, bei dem Arzt und Patient zusammenwirken.91 Die Einwilligungserklärung sei aber auch nicht nur einseitiger Natur, vielmehr fehle ihr auch schon der Rechtsgeschäftscharakter, betreffe sie doch allein, so Schütte, die „Gestattung eines Eingriffs in Persönlichkeitsrechte“.92 Als Erklärung höchstpersönlicher Natur sei sie zudem gar keinen schematisierenden Regeln zugänglich.93 Nun ist es zweifellos richtig, dass sich weder das Zustandekommen der Aufklärung für sich genommen noch das Ineinandergreifen von Aufklärung und Einwilligung mit dem Modell des Vertragsschlusses erfassen lässt, gar etwa durch die Einstufung der Formularaufklärung als Angebot gestellter AGB, das der Patient mit seiner Einwilligung im Sinne einer Risikoerklärung annähme. Das schließt nach der hier vertretenen Auffassung aber nur eine direkte Anwendung des AGB-Rechts aus, ohne zugleich die Frage der Analogie präjudizieren zu können. Wenn insbesondere schon für die Einwilligungserklärung selbst zweifelhaft ist, ob es sich bei ihr um eine rechtsgeschäftliche, rechtsgeschäftsähnliche oder tatsächliche Erklärung handelt,94 kann diese offenbar gar nicht feststehende dogmatische Einordnung aber auch nicht entscheidend gegen eine zumindest analoge Rechtsanwendung sprechen, möchte man nicht einer rein begriffsjuristisch verfahrenden Dogmatik das Wort reden.95 90

Vgl. etwa Dietlein, JZ 1977, 637 (638). Vgl. Deutsch, VersR 1981, 293 (297); Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 243, 250. 92 So, mit Blick auf Schweigepflichtverzichtserklärungen in Versicherungsanträgen, Schütte, NJW 1979, 592, als Replik auf den entgegengesetzten Standpunkt Hollmanns, NJW 1978, 2332; hiergegen aus jüngerer Zeit etwa Weichert, NJW 2004, 1695 (1698). Wie Schütte die Anwendung des AGBG mit Rücksicht auf die Einseitigkeit der Einwilligungserklärung ablehnend hingegen auch Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (368). 93 Siebert, Strafrechtliche Grenzen ärztlicher Therapiefreiheit, S. 215. 94 Eingehender oben § 3 II 1 b) aa) (1). 95 Ohne dass dies bedeuten soll, dass die heutige Dogmatik im Sinne einer pragmatischen Jurisprudenz trotz des großen Einflusses der Interessenjurisprudenz nicht weiterhin auch methodisch vom Vermächtnis der Begriffsjurisprudenz geprägt wäre. Angemessener dürfte 91

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Umgekehrt wäre es nun allerdings auch verkürzt, die Aufklärung – und korrespondierend die Einwilligung – von vornherein als so höchstindividuelles Ereignis zu deuten, dass sich schematisierende Regelungen gar nicht aufstellen ließen. Diese Überlegung muss schon methodisch gravierenden Bedenken unterliegen, läuft sie ihrer Tendenz nach doch auf ein Plädoyer beliebiger Rechtsanwendung heraus, die sich in bloßer Willkür zu verlieren droht.96 Wie der Überblick über die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung deutlich gemacht hat, trifft der Eindruck nicht bestehender schematisierender Lösungen auch gar nicht zu, hat die medizinrechtliche Dogmatik unter der Ägide des BGH doch eine Vielzahl von Vorgaben zum Aufklärungsvorgang gemacht, auch wenn deren Überprüfung im Einzelfall stets vorbehalten bleiben muss.97 Nach überwiegender Auffassung kann denn auch weder die Frage der Einseitigkeit noch die des Rechtsgeschäftscharakters über eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB entscheiden. Deutlich wird dies vor allem, wenn man bedenkt, dass auch zahlreiche Vertragsgeschehen mit der Abgabe einseitiger Erklärungen einhergehen, die nicht nur nach nahezu unbestrittener Auffassung dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB unterliegen. Das gilt im Rahmen dinglicher Verträge etwa für grundbuch- und verfahrensrechtliche Erklärungen wie die Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO oder auch für Bevollmächtigungen, für den Verzicht auf Schuldnerrechte – soweit nicht ohnehin Vertrag im Sinne von § 397 I BGB –, für Überweisungen im Rahmen eines Girovertrags usw.98 Sogar das Gesetz selbst greift dann – wenn auch nur an es insoweit sein, vom heutigen Faktum einer Methodenkoexistenz unter Absage an die Verirrungen einer Puchta’schen Begriffspyramide zu sprechen. Eingehender hierzu Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 60 ff. 96 Bekannt ist das Dictum, dass sich jede ‚schematisierende Lösung‘ verbietet, um auf ‚Besonderheiten des einzelnen Falles‘ abzustellen, vor allem aus der Rechtsprechung des BGH zum Bereicherungsrecht, dort vor allem zur Behandlung der Dreipersonenkonstellationen. Auch der BGH geht dabei aber nicht willkürlich vor, sondern veranschaulicht lediglich, dass sich die rechtliche Behandlung dieser Konstellationen noch auf einer Entwicklungsstufe befindet, die sich von der Ebene der Falltypen weitgehend noch nicht gelöst hat, vgl., erstmals unter Rückgriff auf die Formulierung v. Caemmerers, JZ 1962, 385 (386), dass sich „jede schematisierende Lösung“ verbietet, BGHZ 61, 289 (292). Der Sache nach v. Caemmerer zuneigend bereits zuvor BGHZ 50, 227 (229); 58, 184 (187). Aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BGH NJW 1999, 1393 (1394), sowie, mit umfangreichen Nachweisen, BGHZ 105, 365 (368 f.). Zum Meinungsspektrum ausführlich Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 23 ff., sowie zur Gewichtung systemorientierter und fallorientierter Methoden der Rechtsfindung in der Entwicklung der bereicherungsrechtlichen Dogmatik ders., a.a.O., S. 255 ff. 97 Eingehender oben § 5 II. 98 Weitere Nachweise bei MüKo-Basedow, § 305 Rz. 10; Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 6; Erman-Roloff, § 305 Rz. 6. Bereits Stürner, JZ 1977, 431, der sich insbesondere dem formularmäßigen Verzicht auf die Schuldnerrechte nach §§ 1160, 1161 BGB, dem formularmäßigen abstrakten Schuldanerkenntnis nach § 780 BGB und der doppelten formularmäßigen Vollstreckungsunterwerfung zuwendet, wies darauf hin, dass mit ‚Vertragsbedingung‘ „alle Re-

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wenigen Stellen – einseitige Erklärungen als Beurteilungsgegenstand der §§ 305 ff. BGB auf. Das gilt insbesondere für die Vorschrift des § 309 Nr. 12 b) BGB – vormals § 11 Nr. 15 b) AGBG – wonach Bestimmungen unwirksam sind, durch die der Verwender den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt.99 Aber auch andere Vorschriften lassen erkennen, dass einseitige Erklärungen selbst oder auch nur der vertragliche Vorbehalt ihrer Abgabe in den Einzugsbereich der §§ 305 ff. BGB fallen sollen, sowohl auf Verwender- wie auf Kundenseite, denkt man etwa an kurzfristige Preiserhöhungen des Verwenders (§ 309 Nr. 1 BGB), den Vorbehalt von Rücktrittsrechten in § 308 Nr. 3 BGB oder die Fiktion des Zugangs von Erklärungen des Verwenders (§ 308 Nr. 6 BGB) bzw. umgekehrt der Abgabe (oder Nichtabgabe) von Erklärungen des Kunden (§ 308 Nr. 5 BGB).100 Der BGH hat den diese Falltypen übergreifend erfassenden Rechtsgedanken plastisch dahin formuliert, dass es mit Rücksicht auf den Schutzzweck des Gesetzes geboten sei, auch die vom Verwender vorformulierten einseitigen Erklärungen, „die weder eine Nebenabrede enthalten noch zum notwendigen Inhalt eines gleichzeitig abgeschlossenen Vertrags gehören, den Regelungen des Gesetzes zu unterstellen, sofern sie nur im Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung stehen, ohne deren rechtlicher Bestandteil zu sein“.101 Entscheidend sei, dass der Verwender „die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch nimmt wie bei der Vorformulierung eines Vertragstexts und der Kunde nur darauf, ob er die Erklärung abgeben will, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluß hat“.102 Nichts anderes dürfte denn aber auch für die ärztgelungen gemeint sind, welche die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Verwender und dem Kunden gestalten, gleichgültig, ob sich die Klauseln im schuldrechtlichen oder dinglichen Vertrag finden, ob es sich um materiellrechtliche oder grundbuch- bzw. verfahrensrechtliche Regelungen handelt und ob die Parteierklärungen im Kontext mit Erklärungen der Gegenseite oder isoliert abgegeben werden“. Hiergegen Dietlein, JZ 1977, 637 (638), der die Anwendbarkeit des AGBG nur insoweit bejaht, als sich der Schuldner zur Abgabe derartiger Erklärungen vertraglich verpflichtet. Kritisch hierzu freilich Stürner, JZ 1977, 639. 99 So denn auch ein ganz häufig angeführtes Argument, vgl. nur etwa MüKo-Basedow, § 305 Rz. 9, der auch auf die Vorschrift des § 308 Nr. 5 BGB verweist, obschon diese eine vertragliche Vereinbarung der Fiktionswirkung künftiger (nach Vertragsschluss liegender) einseitiger Handlungen betrifft. Vgl. ferner Kohte, AcP 185 (1985), 105 (129); Heinrichs, NJW 1977, 1505 (1506); Jungbecker, MedR 1990, 173 (175); ders., Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 156; Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 145; auch bereits Niebling, MDR 1982, 193 (194); OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2951). Für vorformulierte Sektionseinwilligungen insbesondere auch BGH NJW 1989, 2950 (2951). 100 Ebenso MüKo-Basedow, § 305 Rz. 9. 101 So, aus Anlass eines in einem Kontoeröffnungsformular abgedruckten Einverständnisses mit Telefonwerbung, BGH NJW 1999, 1864; ebenso Soergel-Stein, § 1 AGBG Rz. 8; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 16; Wolf/Horn/Lindacher, § 1 AGBG Rz. 7 ff. 102 BGH NJW 1999, 1864. Enger hingegen offenbar Pickel, Datenübermittlungsklauseln,

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

liche Heilbehandlung gelten, wenn argumentativ am Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB angesetzt wird, der eine Anwendung dieser Bestimmungen auf medizinische Einwilligungserklärungen gebiete.103

(2) Bloßer Tatsachencharakter der Aufklärungsinformation? Greift die vom Schutzzweck geleitete Überlegung einer Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Einwilligungserklärungen des Rechtsgutträgers nun aber nicht doch insofern zu weit, als die überlassenen Aufklärungsinformationen lediglich Tatsachen, nämlich medizinisches Wissen vermitteln? Und gibt mit dieser Information nicht überhaupt der Arzt die maßgebliche Erklärung ab, nicht der Rechtsgutträger, so dass eine Anwendung des AGB-Rechts unter diesem Gesichtspunkt – kein Schutz des Verwenders, sondern nur des Kunden104 – nun doch ausscheidet? Es liegt auf der Hand, dass diese Überlegungen verkürzt sind. Sicherlich stellt die Aufklärungsinformation eine Tatsachenmitteilung dar – nicht anders als der Bezugspunkt der Patientenerklärung, wenn der Patient bestätigt, die Aufklärungsinformation gelesen und verstanden zu haben, derzeit keine weiteren Frage zu haben usw. Der Arzt übermittelt hier also in laiengerechter Form jene Erfahrungssätze, über die die medizinische Wissenschaft derzeit für das jeweilige Krankheitsbild verfügt. Und selbstverständlich kann der Inhalt der Aufklärungsinformation als solcher – also die medizinisch-wissenschaftlichen Erfahrungssätze selbst – weder überhaupt Gegenstand juristischer Überlegungen noch gar einer rechtlichen Kontrolle sein, fehlt dem Juristen doch jegliche Sachkompetenz, medizinische Fragestellungen eingehend zu beurteilen. Auch dass der Arzt mit seiner Aufklärung eine Rechtspflicht erfüllt, ändert an der fehlenden Beurteilbarkeit der Information selbst nichts. Hier gilt also nichts anderes als etwa im Kaufrecht für den Fall, dass der Verkäufer dem Käufer eine Montageanleitung oder Betriebsinformation aushändigt. Weder hat der Jurist hier die Kompetenz, die technische Hinlänglichkeit dieser Information zu beurteilen, noch führt die damit erfolgende Erfüllung einer von § 434 II 2 BGB S. 79, und Stürner, JZ 1977, S. 639, wonach zwar ein zweiseitiger Vertrag erforderlich sei, die Erklärung selbst jedoch nicht vertraglicher Natur sein müsse, sondern es ausreiche, wenn sie Bestandteil des Gesamtvertrags werde. 103 Vgl. Staudinger-Schlosser, § 305 Rz. 8; Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 6; Stoffels, AGBRecht, Rz. 113 f.; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rz. 17, 19; Kohte, AcP 185 (1985), 105 (129); Jacob, Jura 1982, 529 (536); Dietlein, JZ 1977, S. 637 (638); Schlund, ChirInfo 1977, 124 ff.; Niebling, MDR 1982, 193 (196); Pfost, Die ärztliche Formularaufklärung im Lichte des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 45 ff. Für eine Anwendung der heutigen §§ 305 ff. BGB auch OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2951), das die Frage der Rechtsnatur der Einwilligungserklärung offen lässt, was von der nachfolgenden Revision nicht gerügt und vom BGH ausdrücklich gebilligt wurde, NJW 1990, 2313 (2314). 104 Vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 7; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGBRecht, § 305 Rz. 18.

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vorausgesetzten Nebenpflicht zur Inhaltskontrolle der Montageanleitung nach §§ 305 ff. BGB. Wenn die medizinischen Formularerklärungen ihrem ganz überwiegenden Umfang nach aus Aufklärungsinformationen bestehen und die textliche Gestaltung Ähnlichkeiten mit vorformulierten Vertragsbedingungen aufweist, kann beides allein also noch nicht maßgeblich für eine rechtliche Kontrolle dieser Erklärungen sein. Der entscheidende Vergleichsgesichtspunkt kann vielmehr nur darin gesehen werden, dass die Aufklärungsinformationen durch ihre Inbezugnahme in der Einwilligungserklärung deren gesamten Inhalt konturieren und in dieser Weise dann auch rechtlich erheblich werden. Stellt die Formularerklärung also – wie regelmäßig – lediglich eine Verkörperung des mündlichen Aufklärungsgeschehens dar, liegt die entscheidende Rechtswirkung in ihrer Beweisbedeutung. Reduziert sich das Aufklärungsgeschehen ausnahmsweise auf eine Formularerklärung, kommt ihr unmittelbar sogar eine materiellrechtliche Wirkung bei. In beiden Fällen aber wird die jeweilige Rechtswirkung inhaltlich entscheidend von der Aufklärungsinformation geleitet. Der Aufklärungstext entscheidet also darüber, welche Risiken mitgeteilt wurden, welche Risiken Eingang in den Entscheidungsprozess finden konnten, welche Risiken infolge der Einwilligungserklärung als freiwillig eingegangen gelten, und welche Risiken im Fall ihrer Verwirklichung daher nicht Grundlage einer erfolgreichen Arzthaftungsklage sein können. Die Inbezugnahme der Aufklärungsinformation in der Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers führt damit zu einer „Gefahrverlagerung durch Wissensmitteilung“,105 die der Arzt einseitig vorgibt, indem er mit seinem Formular je nach dessen Umfang entweder nur den Basisbereich einer Grundaufklärung einer hinlänglichen Dokumentation zuführen möchte oder gar sämtliche bisher bekannte Risiken des Eingriffs. So betrachtet, mag der Aufklärungstext zwar ursprünglich eine Tatsachenmitteilung darstellen, bildet mit der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung aber deren gesamten Inhalt, so dass rechtlich betrachtet der gesamte Aufklärungsbogen als Einwilligungserklärung zu deuten ist.106 Das macht aber deutlich, dass auch die Tatsachenqualität der Aufklärungsinformation der Sache nach kein entscheidendes Gegenargument gegen eine Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen darstellen kann.

105

Deutsch, NJW 1982, 2585 (2588). So auch bereits Deutsch, NJW 1982, 2585 (2588), wenn man das Gewicht seiner Argumentation auf die Existenz der Bestätigungsklausel statt auf die Erfüllung der vertraglichen Nebenpflicht durch den Arzt legt. 106

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

(3) Der absolute Rechtsgüterschutz als vertragsrechtsfremder Regelungsgegenstand? Aber auch das rechtliche Ziel solcher Formularerklärungen, den absoluten Rechtsgüterschutz wenn nicht gar materiell zu gestalten, so doch zumindest die Beweisführung entscheidend zu lenken, kann nicht entscheidend gegen eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB sprechen. Das gilt zunächst einmal für den geradezu abwegig erscheinenden Einwand, dass die Einwilligungserklärung angesichts der ihr innewohnenden Verfügung über ein grundrechtlich geschütztes Recht gar nicht zum Gegenstand einer vorformulierten Formularerklärung gemacht werden kann.107 Denn wenn man nicht ernsthaft anzweifeln wird, dass der Rechtsgutträger über seine unter den Schutz der Grundrechte gestellten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit zumindest in den Grenzen des Gesetzes und der Verfassung disponieren kann, kann hiervon auch kein Verdikt formulargetragener Disposition ausgehen. Der hierbei zu verwirklichende Schutz des Selbstbestimmungsrechts vor Fremdbestimmung hat also nicht dadurch zu erfolgen, dass man Formularerklärungen per se für unzulässig erachtet – was denn auch denkbar praxisfern wäre –, sondern dass man konkrete Vorgaben für die an solche Erklärungen zu stellenden Anforderungen und für die Grenzen ihrer Maßgeblichkeit entwickelt. Die obigen Überlegungen zur Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen in der vertraglichen Güterwelt haben dann aber auch sachlich bereits vor Augen geführt, dass formulargetragene Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz dem Vertragsrecht nicht nur nicht unbekannt sind, sondern dort sowohl – vor allem im Bereich der Immaterialgüterrechte – zum Zwecke der Güterbewegung erfolgen wie auch – vor allem im Bereich informationeller Selbstbestimmung – zum Zwecke des Güterschutzes.108 Sind formulargetragene Dispositionen über absolut geschützte Rechte und Rechtsgüter damit aber bereits denkbarer Bestandteil eines Vertragsgeschehens, kann hierin auch kein Gegenargument gegen eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB im Bereich der Medizin liegen. Vielmehr erweist es sich umgekehrt erst recht als erforderlich, der besonderen Sensibilität des Rechtsgüterschutzes in der Medizin durch eine nähere Ausgestaltung und Anwendung rechtlicher Kontrollmaßstäbe Rechnung zu tragen.

107 108

So der Einwand der Revision im Verfahren BGH NJW 1990, 2313 (2314 f.). Oben § 9 I.

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(4) Vertragsnähe, Vertragsgestaltung und Vertragserfüllung als hinreichende Gründe analoger Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen? Erweisen sich die vorgenannten Gesichtspunkte damit insgesamt nicht als durchgreifende Einwände gegen eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB, bleibt nun umgekehrt der Versuch, die für eine Analogie erforderliche Rechtsähnlichkeit der betroffenen Lebenssachverhalte mit der Vertragsnähe der Einwilligungserklärung zu begründen, mit der vertragsgestaltenden oder gar -erfüllenden Wirkung, gleichermaßen unzureichend. Die entscheidenden sachlichen Argumente können auf dieser Vergleichsebene bestenfalls nur thematisiert, ihre Wertungsgesichtspunkte aber kaum plausibel gemacht werden. Am farblosesten erscheint insoweit zunächst das Argument der Vertragsnähe, das der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung als ein Argument unter anderen fruchtbar gemacht hatte und das denn auch im Schrifttum verbreitet aufgegriffen wird.109 Denn dass die bloße Vertragsnähe die Anwendung entsprechender rechtlicher Regelungen aus sich heraus nicht tragen kann, wird schon deutlich, wenn man sich die Parallelität des vertraglichen und deliktischen Haftungsrahmens vor Augen führt. Hier mag es zwar einleuchten, vor der Notwendigkeit übereinstimmender Ergebnisse einzelne rechtliche Maßstäbe des Vertrags- und Deliktsrecht einander anzupassen, wie das im Medizinrecht insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an die Aufklärung geschieht. Hier von einer Deliktsnähe zu sprechen, wie es konsequenterweise das Schwergewicht des deliktischen Haftungsmodells für die medizinrechtliche Aufklärungsdogmatik gebieten würde, liefe aber auf eine bloße Verschleierung jener Erwägungen hinaus, die hinter einer Harmonisierung beider Haftungsrahmen stehen. Nicht die bloße Nähe zu einem vertraglichen oder deliktischen Geschehen rechtfertigt es also, das jeweilige Regelungsinstrumentarium zu übernehmen oder zumindest anzupassen, sondern nur das tertium comparationis, das beide rechtlichen Bewertungen eines einheitlichen Lebensvorgangs überhaupt erst miteinander verbindet. Dieses tertium comparationis kann bei medizinischen Formularerklärungen aber nicht in ihrer Vertragsnähe liegen – einmal ganz abgesehen da109 BGH NJW 1999, 1864, unter Verweis auf MüKo-Kötz, 3. Aufl., § 1 AGBG Rz. 4; Soergel-Stein, § 1 AGBG Rdnr. 8; Ulmer/Brandner/Hensen, 8. Aufl., § 1 AGBG Rz. 16; Wolf/ Horn/Lindacher, 3. Aufl., § 1 AGBG Rz. 6 f. Vgl. neben diesen Autoren auch etwa PalandtHeinrichs, § 305 Rz. 6 („im Zusammenhang mit den vertraglichen Beziehungen“), Gounalakis, NJW 1990, 752 („in Zusammenhang mit der Erfüllung vertraglicher Pflichten“). Von einer ‚künstlichen Nachbarschaft‘ zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen spricht Giesen, Wandlungen des Arzthaftungsrechts, S. 79, der daraus freilich den seinerseits fragwürdigen Schluss zieht, dass die Formulare eigentlich nur der Vorbereitung des Aufklärungsgesprächs dienten und daher von vornherein keiner Rechtskontrolle analog den Maßstäben des AGBRechts bedürften. Noch allein auf eine Erörterung von § 8 AGBG beschränkte sich die Entscheidung BGH NJW 1986, 46, in der das Gericht über die Zulässigkeit der sog. „SchufaKlausel“ zu befinden hatte.

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von, dass dieser Vertrag auch nichtig sein kann, ohne dass dies eine rechtliche Kontrolle hiervon abstrakt wirksamer Einwilligungserklärungen obsolet machen sollte –, sondern allein in der einseitigen Veränderung der Rechtsposition des Patienten.110 Aber auch der Gedanke einer Vertragsgestaltung bleibt aus entsprechenden Erwägungen ein unbefriedigendes Analogieargument. Die Gegner einer Analogie berufen sich insoweit auf die Überlegung, dass die Erklärung über die Einwilligung nicht Inhalt eines schuldrechtlichen Vertrags werden soll, dies insbesondere deshalb nicht, weil sie jederzeit widerruflich sei.111 Das ist nun zwar seinerseits ein formales Argument, dessen Begründung insbesondere mit dem Gedanken der Widerruflichkeit auch überaus schwach erscheint, steht es den Vertragsparteien doch prinzipiell stets frei, die Widerruflichkeit ihrer Erklärungen zu vereinbaren, auch wenn dies vom Grundsatz des pacta sunt servanda abrückt und in jeden Behandlungsvertrag auch erst durch Auslegung hineinzulesen wäre. Aber auch die sachlich einleuchtenderen Argumente, die sich für einen vertragsgestaltenden Charakter der Einwilligungserklärung aussprechen, beschreiben damit im Grunde mehr eine Rechtswirkung, als ihre Relevanz für die Analogiefähigkeit der §§ 305 ff. BGB sachlich zu begründen. Zu weit gehen dürfte es dabei allerdings, die Einwilligung mit Schlund als eine „Zusatzvereinbarung zwischen Arzt und Patient über den bestehenden Dienstvertrag hinaus“ zu deuten, ihr also nicht nur vertragsgestaltende Wirkung, sondern schon bald unmittelbaren Vertragscharakter beizumessen.112 Entscheidend kann vielmehr nur sein, dass Formularerklärungen auch ohne Vertragscharakter „für die Rechtsbeziehungen zwischen Kunde und Verwender von Bedeutung sind und die Stellung des Kunden verändern“,113 weil sie als Verkörperung der Einwilligung in der bereits oben114 beleuchteten Weise auf das vertragliche Pflichtenprogramm einwirken. Vertragsgestaltend ist die Einwilligungserklärung also zum einen deshalb, weil sie die vom Arzt zunächst nur vorgeschlagene Behandlung nunmehr als Leistungspflicht festlegt. Dann 110

Hierzu eingehender sogleich § 9 III 2 bb) (1). Vgl. insbesondere Kuhnert, Die vertragliche Aufklärungspflicht des Arztes, S. 137; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50; ähnlich Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (368). 112 Vgl. Schlund, ChirInfo 1977, 124 (125); während Jungbecker sich darum bemüht, beim Gebrauch von Formularen zwischen einer tatsächlich bereits erteilten Einwilligung und dem Nachweis des Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehens im Formular zu differenzieren, vgl. Jungbecker, MedR 1990, 173 (177 ff.). Als Bestandteil des Behandlungsvertrags deutet das Aufklärungsformular jedenfalls für die Überlassung menschlicher Körpersubstanzen hingegen Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 211. 113 So mit Blick auf Einwilligungserklärungen in der Medizin Ulmer/Brandner/HensenUlmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 17; so wohl auch Stürner, JZ 1977, 431. 114 Zur Steuerung des Leistungsgeschehens durch die Einwilligung des Patienten oben § 3 III 2, zur Beweisfunktion von Formularerklärungen oben § 7 II sowie zu ihrer ausnahmsweise materiellen Bedeutung oben § 7 III sowie nachfolgend § 10 II 3. 111

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bewirkt sie aber auch, dass Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind, soweit es sich um die Verwirklichung konsentierter Risiken handelt. Der Patient erwirbt also nicht nur einen inhaltlich festgelegten Leistungsanspruch, vielmehr verliert er zugleich auch potenzielle Rechte bei Risikoverwirklichung. Gedanklich noch vorausgelagert, wird die Nähe zum Vertragsgeschehen denn auch damit begründet, dass der Arzt mit der Aufklärung des Patienten seine entsprechende Pflicht aus dem Behandlungsvertrag erfüllt. So sieht etwa Gounalakis in dieser Erfüllungswirkung einen zentralen Ansatzpunkt, die für eine analoge Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB erforderliche Vertragsnähe herzustellen.115 Auch dieser Gedanke bleibt nun allerdings zweifelhaft, führt die bloße Erfüllung einer Vertragspflicht doch noch nicht vor Augen, weshalb die Formularinformation – also gleichsam der Leistungsgegenstand der schriftlichen Aufklärungsebene – einer rechtlichen Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen soll. Ob der Leistungsgegenstand erfüllungstauglich und erfüllungsbewirkend ist, ist doch vielmehr eine Frage des § 362 I BGB, über die Beweis zu erheben sein mag, die aber – ganz unabhängig von der damit berührten Frage einer Inhaltskontrolle der essentialia negotii – keine Rechtskontrolle des Leistungsgegenstands plausibel macht. Zweifelhaft ist die Vorstellung einer Erfüllungswirkung dann vor allem aber auch deshalb, weil der Patient selbst, auf den Gounalakis entscheidend abhebt, gar nicht zur Abgabe einer Einwilligungserklärung verpflichtet ist.116 Damit wird aber deutlich, dass äußerliche Gesichtspunkte einer gewissen Nähe zwischen Einwilligungsgeschehen und Vertragsgeschehen einer Analogie zwar nicht entgegenstehen mögen, sie aber allein nicht tragen können. Entsprechendes gilt schließlich auch für die Frage, ob nicht der Zeitpunkt der Formularverwendung einer solchen Nähe und infolgedessen der Möglichkeit analoger Rechtsanwendung entgegensteht, also die Überlegung, dass der Patient das Formular regelmäßig erst unterzeichnet, nachdem er bereits längst den Behandlungsvertrag geschlossen hat. Im Schrifttum wird hierzu mitunter mühsam argumentiert, dass auch die dem Vertragsschluss nachfolgende Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen an der Anwendung der §§ 305 ff. BGB schon aufgrund des Schutzzwecks dieser Vorschriften nichts ändere.117 115 Vgl. Gounalakis, NJW 1990, 752. Mit Blick auf das Kreditsicherungsrecht bereits Dietlein, JZ 1977, 367 (368). 116 Vgl. Gounalakis, NJW 1990, 752, der „die formularmäßige Aufgabe einer Rechtsposition im Zuge der Erfüllung eines Vertrags“ als entscheidend ansieht. 117 Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 146; Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 158 ff.; ders., MedR 1990, 173 (176 f.). Auch bereits nach Deutsch, NJW 1982, 2585 (2588), kommt es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrags nicht an, sondern auf die formularmäßige Aufgabe einer Rechtsposition. Anschaulich Niebling, MDR 1982, 193 (195), der es für abwegig hält, „die mit AGB (rückseitig) bedruckte Annahmeerklärung anders zu beurteilen als eine Sekunden nach Vertragsschluss erfolgte Übergabe von AGB“, der dann allerdings zu

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Das ist zwar sicherlich richtig. Nur dürfte es darauf bei einer analogen Anwendung der §§ 305 ff. BGB gar nicht ankommen. Denn die zeitliche Nähe zum Abschluss des ärztlichen Behandlungsvertrags ist bei der analogen Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf schriftliche Aufklärungs- und Einwilligungsformulierungen im Grunde der falsche Bezugspunkt, beziehen sich diese Erklärungen doch nicht auf den Vertragsschluss über die Heilbehandlung, sondern auf die Durchführung des zu konsentierenden Eingriffs in die Rechtsgüter des Betroffenen.118 So betrachtet, wird es aber kaum je am Merkmal eines Stellens ‚bei Abgabe der Einwilligungserklärung‘ fehlen, wie man das Tatbestandsmerkmal „bei Abschluss eines Vertrages“ in analoger Anwendung lesen müsste. Allenfalls kann man hier fragen, ob nicht im Fall der mündlichen Aufklärung und Einwilligung die Unterzeichnung des Formulars der Erklärung erst nachfolgt – in Analogieperspektive gleichsam der Vertrag schon geschlossen ist –, bevor er durch AGB ausgestaltet wird. Auch insoweit greift aber neuerlich der schon für das Vertragsrecht geltende Grundsatz, die Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB schon dann anzuwenden, wenn sie dem Vertragsschluss auch nur nachfolgen und diesen ausgestalten.

bb) Sachliche Analogiegesichtspunkte: zum Schutz strukturell unterlegener Vertragsparteien vor Fremdbestimmung Lässt sich eine Ähnlichkeit zwischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und medizinischen Formularerklärungen mithin nur über die Wertungen herstellen, die den Gesetzgeber zur Normierung der §§ 305 ff. BGB veranlasst haben (1), so lässt sich hiervon der weitere Vergleichsgesichtspunkt einer Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts unterscheiden, der für die Anwendung der §§ 305 ff. BGB von vornherein nur partiell bedeutsam ist, nämlich allein für die Inhaltskontrolle, selbst dann aber eine Analogie für das Medizinrecht nicht insgesamt in Frage zu stellen vermag (2).

(1) Die von medizinischen Formularerklärungen ausgehende Gefahr einseitiger Rechtsgestaltung Was zunächst die von medizinischen Formularerklärungen ausgehende Gefahr einseitiger Rechtsgestaltung betrifft, so sind vor allem drei Gesichtspunkte entscheidend. Zum einen schafft die Behandlungsseite mit vorformulierten Aufklärungs- und Einwilligungstexten eine Situation, die ihrem Anspruch nach zwar stets mündliche Abweichungen und schriftliche Korrekturen vorbehält, restriktiv meint, dass ärztliche Aufklärungsformulare regelmäßig zu spät einbezogen, da zu kurzfristig vor einem Eingriff ausgehändigt würden, vgl. Niebling, MDR 1982, 193 (195 f.). 118 Zu Recht betont daher auch Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 440, dass es für die Wirksamkeit der Einwilligungserklärung ganz unerheblich sei, wann der Behandlungsvertrag geschlossen wird.

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tatsächlich aber die Gefahr birgt, den Patienten in gleicher Weise der Entscheidung über seine Einwilligung auszusetzen wie den Kunden des AGB-Verwenders, nämlich im Sinne eines take it or leave it (a). Die Vorformulierung der schriftlichen Information und Erklärung beinhaltet darüber hinaus – nicht anders als die kautelarjuristische Ausarbeitung Allgemeiner Geschäftsbedingungen – die Möglichkeit für den Verwender, den Inhalt in Ruhe, sorgsam und unter fachkundiger ärztlicher und juristischer Beratung so präzise auszufeilen, dass Einwände medizinisch-wissenschaftlicher oder haftungsrechtlicher Unzulänglichkeit jedenfalls zu einem Großteil ausgeschlossen werden. Das Ungleichgewicht zwischen Arzt und Patient beschränkt sich aber nicht auf dieses mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen schon allgemein einhergehendes Benachteiligungsrisiko. Vielmehr ist anders als im Vertragsrecht auch schon die Situation insgesamt von einem strukturellen Ungleichgewicht geprägt, besteht zwischen Arzt und Patient doch ein geradezu drastisches Wissens- und Erfahrungsgefälle, das durch eine mündliche Aufklärung bestenfalls nur abgefangen, nie aber ausgeglichen werden kann. Dann besteht hier aber nicht nur ebenfalls, sondern erst recht die Notwendigkeit, von Formularen ausgehende Gefährdungen der Rechtsstellung des Patienten zu reduzieren (b). Wenig überzeugend erscheint es daher auch, hinsichtlich einer Analogie zu den §§ 305 ff. BGB danach zu differenzieren, ob die Formulare detailliert ausgeführt sind oder weiträumige handschriftliche Eintragungen ermöglichen. Denn eine vom Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB wegführende Möglichkeit echten Aushandelns im Sinne des § 305 I 3 BGB wird man schwerlich schon dann annehmen können, wenn ein Formulartext – gar in bewusst hierfür vorgesehenen Feldern – handschriftliche Eintragungen enthält. Was beim Vertrag für eine echte Diskussion über einen Regelungsgegenstand sprechen mag, scheitert bei der ärztlichen Aufklärung im Zweifel schon daran, dass eine der Vertragsgestaltung vergleichbare Wahlfreiheit hinsichtlich der Erörterung medizinischer Risiken fachlich nur begrenzt in Betracht kommt. Handschriftliche Eintragungen werden hier vielmehr nicht selten – wie der Terminus der sog. „immerso-Rechtsprechung“ zur Aufklärung schon sprachlich auf den Punkt bringt –, allein schon auf die Initiative des Arztes zurückgehen, der sich der erhöhten Indizienkraft solcher Einträge bewusst ist. Dann tragen derartige Einträge aber die Züge eines geistigen Formulars, das nach herrschender Auffassung ebenfalls den §§ 305 ff. BGB unterliegt (c).

(a) Die Vorformuliertheit der Erklärung – take it or leave it Die Abgabe formulargetragener Einwilligungserklärungen in der Medizin wird bereits seit geraumer Zeit mit der für Allgemeine Geschäftsbedingungen typischen take it or leave it-Situation in Verbindung gebracht. So meinte bereits

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Kuhnert, konstatieren zu müssen, dass der Patient die Formulare nur akzeptieren oder ablehnen könne.119 Man wird hier auch kaum vertreten können, dass Aufklärungsblätter das Selbstbestimmungsrecht nur erweiterten, indem sie das mündliche Aufklärungsgespräch lediglich vorbereiteten, und deshalb keinerlei Ähnlichkeit mit einem take it or leave it bestünde.120 Zweifeln kann man hier vielmehr nur insoweit, als das Ergebnis – eine individuell vollzogene Einwilligungserklärung – anders als die Güter und Dienstleistungen des vertraglichen Massenverkehrs im Ausgangspunkt keiner Typisierung zugänglich sein soll.121 Sind persönliche Entscheidungen nicht massenweise typisierbar, so ließe sich argumentieren, müssen sie sich auch an anderen Maßstäben messen lassen.122 Soll ein Erklärungsinhalt nun aber nur deshalb, weil er individuell zustandegekommen sein soll, rechtlich stets so zu behandeln sein, also ob er auch individuell zustandegekommen ist? Soll der mit dem Aufklärungsformular als Vorabaufklärung verbundene Gedanke zusätzlicher Information auch dann noch als Erweiterung des Selbstbestimmungsrecht begriffen werden, wenn dem Patienten unmissverständlich klar gemacht wird, dass man vor der Operation in jedem Fall noch seine Unterschrift benötigt, nur damit alles seine Ordnung hat? Das eigentliche Problem, um das es hier geht, ist so betrachtet gerade die Divergenz zwischen rechtlichem Anspruch und Wirklichkeit. Dass der Patient also nicht zusätzlich schützenswert erscheint, wenn der rechtliche Maßstab eingehalten wird, steht auf einem Blatt, dass das Formular später unabhängig von der konkreten Aufklärung suggeriert, sie sei ordnungsgemäß vorgenommen worden, auf einem anderen. Ebenso äußerlich bleibt es daher, die Bestimmungen des AGB-Rechts allein schon deshalb für anwendbar zu halten, weil es sich bei den Einwilligungsformularen in der Regel um standardisierte Vordrucke handelt.123 Denn das hat zunächst einmal nur zur Folge, Formularerklärungen auf einer begrifflichen Ebene mit für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen gleichzusetzen, wie dort nach § 305 I 1 1. HS. BGB erforderlich. Entscheidend muss aber sein, dass der Arzt mit der Formularerklärung nicht nur überhaupt die Möglichkeit einer ihm günstigen Dokumentation schafft, sondern dabei zugleich deren Inhalt vorgibt. Unterzeichnet der Patient also das Formular, kann der Arzt es ihm in einem etwaigen Haftungsprozess als Indiz dafür entgegenhalten, dass er sehr wohl 119

Kuhnert, Die vertragliche Aufklärungspflicht des Arztes, S. 137. So aber Giesen, JZ 1982, 391 (400); ders., Wandlungen des Arzthaftungsrechts, S. 79. 121 Zur Typisierbarkeit des Produkts als entscheidender Regelungshintergrund des AGBRechts vgl. nur etwa Wolf/Horn/Lindacher, Einl. AGBG Rz. 1 122 Dieser Gedanke wird etwa von Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rz. K 33, aufgeworfen, ohne dass dort allerdings eine Anwendung des AGB-Rechts verworfen wird, sondern vielmehr – bezogen auf den Fall der sogenannten Sektionsklauseln – von einer Unwirksamkeit „nach § 9 in Verbindung mit dem Schutzzweck des § 10 Nr. 5“ angenommen wird. 123 Vgl. Teichner, NJW 2002, 276. 120

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mündlich über dieses Risiko aufgeklärt wurde. Und diese Möglichkeit steigert sich, wenn das Risiko handschriftlich aufgeführt wird. Der Arzt wird also darauf bedacht sein, zumindest all jene Risiken in der Aufklärung zu erwähnen, die einen Durchschnittspatienten nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen zur Grundaufklärung interessieren müssen. Divergenzen zur mündlichen Aufklärung muss der Patient dann erst einmal plausibel vortragen, und für den Einwand nachträglicher Ergänzungen des Formulars trägt er sogar die Beweislast.124 Damit schafft das Formular aber einseitig zumindest auf Beweisebene ein beträchtliches Risiko, die Rechtsstellung des Patienten zu verschlechtern, ohne dass sich der Patient diesem Risiko realistischerweise entziehen kann.125 So erscheint es schon schwer vorstellbar, dass ein Patient die Unterzeichnung einer Einwilligungserklärung ablehnt – ob nun aus Unverständnis ihres Inhalts oder aus anderen Gründen –, gleichwohl aber bereit ist, sich dem Eingriff zu unterziehen. In solchen Fällen wird der Arzt regelmäßig vielmehr vom Eingriff insgesamt absehen, müssen doch erhebliche Zweifel am Vorliegen oder zumindest an der Wirksamkeit einer mündlichen Einwilligungserklärung bestehen. Dürften dann aber auch die Fälle überwiegen, in denen sich die Patienten der Bitte um Unterzeichnung der Erklärung fügen, wird man kaum sagen können, dass Motivation für diese Unterzeichnung allein das vollständige Verständnis aller aufklärungsbedürftigen Zusammenhänge ist. Vielmehr dürfte die Überlegung, dass der Arzt anderenfalls zu einer Behandlung nicht bereit ist, einen keineswegs untergeordneten Gesichtspunkt darstellen. Zur strukturellen Unterlegenheit des Kunden gegenüber einem Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendenden Unternehmen ist es in dieser Perspektive also nur ein kleiner Schritt. Und entsprechend sind solche Situationen auch mit dem das AGBRecht dirigierenden Rechtsinstitut der Risikoerklärung vergleichbar. Auch der Patient setzt dann mit seiner Erklärung dann Rechtsfolgen unabhängig davon, ob er deren Grundlagen tatsächlich überblickt oder nicht. Denn tut er dies nicht, ist die Erklärung zwar materiell unwirksam. Prozessual bleibt sie hingegen solange taugliches Indiz, bis der Patient substantiiert darlegt, die ihm zugekommenen Informationen nicht verstanden zu haben. Und dieser Nachweis wird für ihn umso schwieriger, wenn das Formular hierfür keinerlei Anhaltspunkte liefert, sondern in verständlicher und kurzer Form die wesentlichen Risiken des Eingriffs darstellt und gar handschriftliche Eintragungen enthält. 124 Ausführlich zur Bedeutung medizinischer Formularerklärungen für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse oben § 7 II. 125 Kaum noch nachvollziehbar daher die mehr als wohlwollende Prämisse von Jacob, Jura 1982, 529 (536), dass der Arzt an einer umfassenden Aufklärung interessiert sei und es daher an der für Allgemeine Geschäftsbedingungen typischen Motivation zur Durchsetzung einseitiger Vertragsinteressen fehle. Für die einseitige Gestaltungsmacht des Arztes in einer take it or leave it-Situation als tragendem Analogiegesichtspunkt hingegen auch Stoffels, AGBRecht, Rz. 113 f.; Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 3; Kohte, AcP 185 (1985), 105 (129).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

(b) Das Wissensgefälle zwischen Arzt und Patient Der eigentliche Wertungsgedanke strukturellen Ungleichgewichts liegt im AGB-Recht so betrachtet auf zwei Ebenen. Zum einen führt die Einseitigkeit der Gestaltungsmacht zu einem Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern, zum anderen ist es die besondere Marktsituation, einen Gegenstand nur unter Akzeptanz der AGB der anderen Seite zu erhalten, die dieser Gestaltungsmacht überhaupt erst ihre Umsetzung in konkrete Vertragsverhältnisse erlaubt. Dass der Verwender also mit Hilfe seiner Kautelarjuristen seine Interessen einseitig durchsetzen kann, ist überhaupt nur deshalb relevant, weil die andere Seite sich faktisch hierauf einlassen wird. Dieses grundsätzliche Ungleichgewicht, das sich mit den vorstehenden Überlegungen in der Medizin wiederfinden lässt – Ermöglichung ärztlicher Beweissicherung als faktische Voraussetzung der Heilbehandlung –, wird durch das Wissensgefälle zwischen Arzt und Patient nun noch weiter verschärft. Besteht zwischen beiden dem Ideal nach auch eine paritätische vertrauensvolle Beziehung, so kann sie nur das Ergebnis eines Konsultations- und Aufklärungsprozesses sein, dessen Erfordernis gerade von einem grundlegenden Informationsgefälle ausgeht.126 Ist der Patient damit auch nicht faktisch den Weisungen des Arztes unterworfen,127 fehlt es ihm doch an einer der Vertragswelt vergleichbaren Erfahrung, die eine rechtliche Kontrolle allein auf das Formularrisiko beschränken würde. Vielmehr setzt eine erste Stufe rechtlichen Schutzes schon im Erfordernis der Aufklärung selbst an, bevor dieser Schutzmechanismus dann des weiteren Schutzes vor einer Konterkarierung durch Formularverwendung bedarf. Dieser Zusammenhang wird nun grundlegend verstellt, wenn man der Auffassung zuneigt, dass bei der Operationseinwilligung gar kein intellektuelles Übergewicht geschaffen werde. So soll es nach Jungbecker angesichts des ‚Zwangs zu einem Gemeinschaftsakt der Aufklärung‘ schon nur an der Möglichkeit einseitiger Interessendurchsetzung fehlen. Bei bloßer Unterzeichnung eines Formulars sei die Einwilligung vielmehr schon aus materiellen Gründen unwirksam, ohne dass es überhaupt einer AGB-Überprüfung bedürfte.128 Damit werden nun aber die zumindest beweisrechtliche Bedeutsamkeit der Formularerklärungen und das Wissens- und Erfahrungsgefälle zwischen Arzt und Patient gleichermaßen beiseite geschoben, obwohl hier umgekehrt ein Erstrecht-Schluss weitaus näher lag. Gedanklich inkonsistent ist diese Argumentation dann aber auch insoweit, als ein intellektuelles Übergewicht mit einem ‚Zwang zum Gemeinschaftsakt 126 Noch schärfer MüKo-Wagner, § 823 Rz. 700, der eine selbstbestimmte Entscheidung über den Fortgang der Behandlung ohne ärztliche Aufklärung gar für unmöglich hält. 127 Zu weitgehend Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 171 f. 128 Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 84 f., 90 f.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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der Aufklärung‘ abgelehnt wird.129 Einmal ganz abgesehen von dem Widerspruch, der schon in der Konstatierung eines Zwangscharakters einerseits und der These eines strukturellen Gleichgewichts der Situation andererseits liegt, kann sich das intellektuelle Gleichgewicht doch gerade erst aufgrund dieses Aufklärungsgeschehens einstellen, was aber umgekehrt bedeutet, dass vor der Aufklärung ein Ungleichgewicht besteht. Aber auch schon die Möglichkeit einseitiger Interessendurchsetzung aufgrund des gemeinschaftlichen Charakters der Aufklärung beiseite zu schieben, geht an der psychischen Realität der hinter diesem Gespräch liegenden beiderseitigen Motivsphären vorbei.130 Wenn Jungbecker dann im Ergebnis eine Anwendung der heutigen §§ 305 ff. BGB ablehnt, Aufklärungsbestätigungsklauseln des Patienten jedoch unter Verweis auf die vormalige Bestimmung des § 11 Nr. 15 b) AGBG einer Inhaltskontrolle unterzieht, fragt man sich aber auch, wie sich dieses Ergebnis noch mit der Prämisse fehlenden Ungleichgewichts vereinbaren lässt. Das gilt umso mehr, als schließlich die Überlegung, „alle konkret aufklärungsbedürftigen Risiken und auch notwendigen Folgen des betreffenden Eingriffs, eventuell auch Risiken einer möglichen Eingriffserweiterung“ als zulässigen Inhalt derartiger Empfangsbestätigungen anzusehen, der Sache nach nichts anderes als eine Inhaltskontrolle des materiellen Aufklärungsumfangs selbst darstellt und daher nur unter der Chiffre des § 11 Nr. 15 b) AGBG erfolgt statt unter der vormaligen Generalklausel des § 9 AGBG.131

(c) Das verzerrte Bild ‚im Einzelnen ausgehandelter‘ Inhalte der Einwilligungserklärung Nach § 305 I 3 BGB liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Damit gibt das Gesetz nun umgekehrt erneut den Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB wieder, den Vertragspartner vor einseitiger Gestaltungsmacht zu schützen. Entsprechend misst die herrschende Auffassung den Bestimmungen des § 305 I 1 2. HS. BGB und des § 305 I 3 BGB reziproken Charakter bei: ‚Gestellt‘ sind Vertragsbedingungen demnach immer dann, wenn es an den Voraussetzungen des § 305 I 3 fehlt, der Verwender die Bedingungen also fertig in den Vertrag eingebracht und dem Kunden einseitig auferlegt hat.132 ‚Aushandeln‘ im Sinne des § 305 I 3 BGB bedeutet dabei allerdings mehr 129 Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 84 f., 90 f. 130 Zum Gedanken einer verschränkten und jeweils nur begrenzt geöffneten Motivsphäre beider Gesprächspartner bereits oben § 3 I. 131 So denn auch Jungbecker selbst, wenn er zur Ausfüllung von § 11 Nr. 15, 2. HS. AGBG auf § 9 II Nr. 1 AGBG zurückgreift, vgl. ders., MedR 1990, S. 173 (180). Zu Jungbeckers Standpunkt vgl. ferner im Rahmen der Überlegungen zur Inhaltskontrolle unten § 11 II 1 a). 132 MüKo-Basedow, § 305 Rz. 21; vgl. auch Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 10 ff.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

als bloßes ‚Verhandeln‘. So genügt es nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere nicht, „daß das gestellte Formular dem Verhandlungspartner bekannt ist und nicht auf Bedenken stößt, daß der Inhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Partners entspricht“. Von einem Aushandeln in diesem Sinne könne vielmehr nur dann gesprochen werden, „wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen ‚gesetzesfremden Kerngehalt‘, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muß sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären“.

In aller Regel schlage sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen könne ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines ‚Aushandelns‘ gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt.133 Wohnt ein solches Moment des Aushandelns nun aber nicht jedem Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen in der Medizin inne, wenn Ziel der Aufklärung dort die individuelle Kenntnisnahme und das persönliche Verständnis der Aufklärungsinformationen durch den Rechtsgutträger ist? Zielen die schriftlichen Aufklärungstexte nicht gerade darauf ab, gelesen und erörtert zu werden, während schon nur die Lektüre Allgemeiner Geschäftsbedingungen typischerweise die Ausnahme dieses Massenvertragsgeschehens darstellt, geschweige denn deren Erörterung oder gar Verständnis? In der Literatur ist nun in der Tat zuweilen erwogen worden, die Anwendbarkeit der heutigen §§ 305 ff. BGB an der Bestimmung des § 305 I 3 BGB scheitern zu lassen.134 So vertritt Jungbecker den Standpunkt, dass die einseitige Auferlegung, die mit dem Begriff des Stellens verbunden sei, „ohne jeden Sinn“ sei, um die Legitimation des ärztlichen Eingriffs zu erreichen,135 könne der Arzt dem Patienten doch nicht einseitig zur Bedingung für den geplanten Eingriff machen, „ein Formular durchzulesen und anschließend seine Einwilligung for-

133

BGH NJW 2000, 1110 (1111 f.), mit zahlreichen Nachweisen zu seiner ständigen Rechtsprechung. Vgl. aus der Literatur nur etwa MüKo-Basedow, § 305 Rz. 37, mit Verweis auch auf die sich deckende Abgrenzung zu Individualvereinbarungen in Art. 3 I Ril. 1993/13/ EWG; Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 21 f. 134 Vgl. auch Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (368), der jedenfalls für den Fall, dass das Aufklärungsformular „als Stufenaufklärungsformular oder besser noch durch eingehende handschriftliche Zusätze […] der individuellen Situation gebührend Rechnung trägt“ die Voraussetzung des vormaligen § 1 II AGBG als erfüllt ansieht. 135 Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 86; ebenso ders., MedR 1990, 173 (175).

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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mularmäßig zu erklären“.136 Das ist materiellrechtlich betrachtet zwar zweifellos richtig, erfordert die Aufklärung doch regelmäßig ein Gespräch zwischen Arzt und Patient, ohne allein auf eine schriftliche Ebene reduziert werden zu können.137 Jungbeckers Argumentation läuft hier allerdings erneut auf eine petitio principii heraus. Denn dass die Aufklärungsinformationen mündlich zur Kenntnis genommen werden sollen, bedeutet ja nicht, dass diesen materiellen Anforderungen auch tatsächlich Genüge getan wird. Vielmehr birgt das Formular gerade die Gefahr, dass darin ein mündliches Aufklärungsgeschehen dokumentiert wird, das sich so nicht ereignet hat, und zum anderen, dass es – wie sonst auch Allgemeine Geschäftsbedingungen – vor Unterzeichnung gar nicht gelesen, also gar nicht auf seinen Inhalt kontrolliert wird. Jungbecker verkennt diese Beweisdimension nun nicht, sondern erachtet derartige Formulare für den Arzt „in der Regel allein unter dem Gesichtspunkt ihres prozessualen Beweiswertes“ für interessant.138 Wenig einleuchtend erscheint es insoweit aber, aus materiellrechtlichen Erwägungen die Anwendung der §§ 305 ff. BGB abzulehnen, dann aber eine Inhaltskontrolle allein der Aufklärungsbestätigungsklauseln durchzuführen.139 Vielmehr ist es schlicht inkonsequent, das „Stellen“ bei einer formulargetragenen Einwilligungserklärung abzulehnen, für eine darin enthaltene Aufklärungsbestätigung hingegen zu bejahen und nur im Hinblick auf den Zeitpunkt zu problematisieren.140 Gestellt wird dem Patient der Formularinhalt entweder im Ganzen oder überhaupt nicht. Sprechen aus den dargelegten Überlegungen heraus die besseren Gründe aber dafür, eine dem ‚Stellen‘ in § 305 I 1 BGB vergleichbare Situation anzunehmen, können Reduktionen des Anwendungsbereichs der §§ 305 ff. BGB hiermit nicht begründet werden. In eine ähnliche Richtung wie Jungbecker weist allerdings ein weiterer, in jüngerer Zeit entwickelter Standpunkt, wonach für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB danach zu unterscheiden sein soll, ob ein Formular ‚abstrakt‘ oder ‚konkret‘ gehalten ist. Letzterenfalls seien die §§ 305 ff. BGB einschlägig, ersterenfalls scheitere ihre Anwendung an § 305 I 3 BGB, weil die Ergänzungen abstrakter Formulare einem ‚Aushandeln‘ gleichkämen und somit keine dem vorformulierten Vertragsschluss vergleichbare Situation mehr vorläge.141 Schon 136 Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 85. 137 So insbesondere auch nicht im Fall einer dem Schwerpunkt nach schriftlich erfolgenden Aufklärung, bei der die Möglichkeit einer Gesprächsgelegenheit stets vorbehalten bleiben muss, vgl. unten § 10 II 3 b) bb). 138 Jungbecker, MedR 1990, 173 (181). 139 Vgl. Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 130 ff.; ders., MedR 1990, 173 (175 ff.). 140 So Jungbecker, Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 158 ff.; ders., MedR 1990, 173 (175 f.). 141 Vgl. Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 145, in Anknüp-

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

die Definition des ‚abstrakten‘ und des ‚konkreten‘ Aufklärungsformulars ist dabei nun alles andere als glücklich, um nicht zu sagen missverständlich, wenn unter dem abstrakten Aufklärungsformular solche vorgedruckten Bögen verstanden werden, die gesonderten Raum für handschriftliche Eintragungen zu speziellen Inhalten des konkret geführten Aufklärungsgesprächs enthalten, während unter konkreten Aufklärungsformularen solche verstanden werden, die konkret auf ein Krankheitsbild bzw. eine Behandlungsmaßnahme zugeschnitten sind, ohne solche gesonderten Eintragungen vorzusehen, und damit von der individuellen Situation des Patienten abschließend abstrahieren. Diese Begriffsbildung setzt also am äußeren Erscheinungsbild des Formulars vor Durchführung des Aufklärungsgesprächs an statt – was näher läge – an dem durch das Formular dargestellten Inhalt einer erfolgten Aufklärung. Dass nun die in dieser Weise als ‚konkret‘ bezeichneten Aufklärungsformulare analog der §§ 305 ff. BGB rechtlich überprüfbar sind, entspricht den bisherigen Überlegungen, eine Rechtsähnlichkeit beider Situationen kaum entscheidend ausräumen zu können.142 Kann es aber auch nur ein ‚abstrakter‘ Charakter von Aufklärungsinformationen, also die ermöglichte Eintragung konkreter Umstände des Aufklärungsgesprächs in das Formular, rechtfertigen, solche Informationen von einer Überprüfung analog §§ 305 ff. BGB herauszunehmen? Greift der Rechtsgedanke des § 305 I 3 BGB also auch nur für solche Formularerklärungen nicht – ist also auch nur hier kein Schutz vor einseitiger Rechtsgestaltung erforderlich –, weil der Inhalt der Erklärung gar nicht einseitig bestimmt wird, sondern auf die tatsächliche Einflussnahmemöglichkeit auch der strukturell unterlegenen Seite zurückgeht? Tatsächlich werden hier unterschiedliche Ebenen der rechtlichen Bewertung miteinander vermengt. Selbstverständlich liegt es in der Hand des Rechtsgutträgers, sich für oder gegen eine Behandlung zu entscheiden, für oder gegen eine spezielle Art der Diagnostik, zwischen mehreren Alternativen der Behandlung zu wählen usw. Dieser Entscheidungsspielraum bleibt ihm aber immer, unabhängig davon, ob schriftliche Formulare abstrakt oder konkret vorformuliert sind. Auf diese Wahlmöglichkeit kann es daher für die Frage der analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB – nur auf ‚konkrete‘ oder auch auf ‚abstrakte‘ Formulare – gar nicht ankommen. Vielmehr ließe sich eine Nichtanwendung der §§ 305 ff. BGB auf ‚abstrakte‘ Formulare im Kern nur damit rechtfertigen, dass der Patient bei solchen Formularen Einfluss nicht nur auf seine Entscheidung, sondern auch auf den Inhalt und die Gestaltung des Aufklärungsgesprächs und damit auf den Gegenstand der Aufklärungsinformafung an Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 315 f., die die Anwendung der §§ 305 ff. BGB – insbesondere des § 309 Nr. 12 b) BGB – ebenfalls nur für konkrete Formulare erwägen. 142 So denn auch Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 146, die dies sogar unter Vornahme handschriftlicher Eintragungen vertritt; vgl. auch Niebling, MDR 1982, 193 (195).

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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tion selbst hat. Lässt sich die Einflussnahme auf den Aufklärungsinhalt nun aber tatsächlich mit der Situation vergleichen, in der Vertragsbedingungen „im Einzelnen ausgehandelt“ werden? Lassen sich empirische medizinisch-wissenschaftliche Erfahrungssätze überhaupt aushandeln oder stehen sie nicht von vornherein fest? Und erscheint ein Patient nun weniger schutzwürdig, weil er auf bestimmte Aufklärungsinhalte verzichtet oder umgekehrt zusätzliche Informationen wünscht? Im Grunde geht diese Perspektive am eigentlichen Problem vorbei. Die spezifische Gefährdung medizinischer Formularerklärung kann rechtlich nur in einer formularverursachten Verschlechterung der Rechtsstellung des Patienten liegen, insbesondere in der Verschlechterung seiner Beweissituation.143 Ob zur Abwehr derartiger Gefährdungen die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB tauglich erscheinen, kann kein weitgehend bildlich bleibender Vergleich zwischen dem ‚Aushandeln‘ bei Vertragsschluss und dem ‚Aufklären‘ in der Medizin bestimmen. Enthält ein Formular handschriftliche Eintragungen, geht von ihm nicht nur weiterhin ein Indizienwert für die mündliche Aufklärung aus, vielmehr erhöht er sich sogar. Jede Nachfrage des Patienten wird also – zynisch formuliert – mit einer Verschlechterung seiner Beweissituation honoriert, ohne dass diese Nachfrage das Ergebnis gleichberechtigter Einflussnahme auf das Aufklärungsgeschehen wäre. Die Möglichkeiten des Patienten reduzieren sich vielmehr darauf, Wissen beim Arzt abzufragen, das bei diesem von vornherein bereitliegt. Dann geht es bei dem Aufklärungsgespräch aber nicht darum, einseitig vorgegebene und gar nicht zur Disposition stehende Inhalte zu verändern, sondern nur darum, die Intensität ihrer Kenntnisnahme zu steuern. Für die analoge Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB hat dies zur Folge, dass es auf die ‚abstrakte‘ oder ‚konkrete‘ Gestaltung des Formulars überhaupt nicht ankommen kann. Das wird umso deutlicher, wenn man sich einmal den Ablauf näher vor Augen hält, der mit dem Ausfüllen eines ‚abstrakten‘ Aufklärungsformulars einhergeht. Erfolgen die handschriftlichen Eintragungen nach Durchführung des Aufklärungsgesprächs, stellen sie also lediglich dessen Niederschrift unter Herausgreifen besonders markanter Gesprächsinhalte dar, so ging dieser Auswahl bestimmter Umstände ja die gesamte Gesprächsführung voraus und damit zunächst einmal die Konfrontation des Rechtsgutträgers mit den derzeit maßgeblichen medizinisch-wissenschaftlichen Erfahrungssätzen, über deren Inhalt der Patient sich dann in der einen oder anderen Hinsicht nähere Kenntnis verschaffen wollte. Nichts anderes gilt aber auch dann, wenn der Patient selbst, nach Lektüre der schriftlichen Aufklärungsinformationen, entsprechende Gesprächswünsche schriftlich fixiert hat, da sich dieser Vorgang nicht strukturell, sondern nur in der Zeitabfolge und der Gewichtung schriftlicher und mündlicher Informationen von der vorherigen 143

Eingehend oben § 7.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Situation unterscheidet.144 Und selbst dann, wenn ein ‚abstraktes‘ Aufklärungsformular im Sinne eines nahezu vollständigen Blanketts gebraucht wird, in das – naheliegenderweise nicht durch den Patienten, sondern durch den Arzt – einzelne Inhalte der Aufklärung eingetragen werden, ändert dies an der Einseitigkeit des auf dem Formular nunmehr fixierten Aufklärungsinhalts nichts, ebenso wenig wie es auch im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unschädlich ist, wenn Vertragsklauseln nicht schriftlich vorformuliert sind, sondern seitens des Verwenders lediglich gedanklich bereitliegen und dann stereotyp schriftlich niedergelegt werden.145 Damit sind Fälle, in denen eine dem ‚Aushandeln‘ von Vertragsbedingungen vergleichbare Situation in der Medizin besteht, praktisch allerdings kaum denkbar. Der Patient wird sich hier vielmehr durchweg der fachlich überlegenen Expertise des Arztes ausgesetzt sehen. Die Situation ähnelt damit nicht einem Aushandeln, sondern bei weitem mehr einer bloßen Erläuterung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die im Vertragsrecht nach h.M. ebenfalls nicht zur Annahme eines ‚Aushandelns‘ führt.146 Mag das Aufklärungsgespräch also noch so individuell geführt und das Formular entsprechend ergänzt worden sein, wird die weitere Behandlung faktisch doch davon abhängen, dass der Patient das ihm schließlich vorgegebene Formular unterzeichnet – take it or leave it. Die Unterscheidung konkreter und abstrakter Einwilligungsformulare berührt so betrachtet vielmehr das zentrale Problem medizinischer Formularerklärungen, nämlich die Frage, inwieweit der rechtliche Stellenwert solcher Schriftstücke von der äußeren Gestaltung abhängen kann. Die Weiche für entsprechende Differenzierungen bereits am Merkmal des ‚Aushandelns‘ zu stellen, erscheint aber bei weitem zu grob, da sie im Sinne einer tabula rasa eine Heranziehung der §§ 305 ff. BGB nur insgesamt befürworten oder ablehnen kann.

(2) Die Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts als Voraussetzung und Grenze formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe Damit ist nun auch bereits der Standpunkt in der Frage vorgezeichnet, ob die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB nicht an der fehlenden Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts scheitern muss. Wenn die Aufklärungspflicht des Arztes 144 Schlund, ChirInfo 1977, 124 (125), greift zudem auf den heutigen § 305 I 2 BGB zurück, wenn er meint, dass es schon deshalb auf die Abfassung des Formulars gar nicht ankomme und etwa auf Bitten des Arztes vom Patienten selbst geschriebene Bestätigungsklauseln ebenso einer Kontrolle unterworfen seien. 145 Vgl. hierzu nur etwa BGH NJW 2001, 2635 (2636): „Der Begriff der AGB erfordert nicht die Schriftform“; deutlich auch Stoffels, AGB-Recht, Rz. 119. Das Gesetz verwirft damit insbesondere den früher von Schmidt-Salzer, AGB (1971) Rz. 10, vertretenen Standpunkt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen gedruckt sein müssen, so auch Heinrichs, NJW 1977, 1505 (1507). 146 So bereits BGH NJW 1977, 624 (625). Dem folgend die Literatur, vgl. bereits Heinrichs, NJW 1977, 1505 (1507), a.A. hingegen noch Schmidt-Salzer, NJW 1977, 133.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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gesetzlich gar nicht geregelt ist, so ließe sich hier argumentieren, gibt es gar keine Rechtsvorschriften, von denen zum Nachteil des Patienten in Aufklärungsformularen abgewichen werden könnte.147 Dieser Einwand ist nun schon im Ansatz nicht geeignet, die Heranziehung der §§ 305 ff. BGB insgesamt abzulehnen, greift der Gedanke einer Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts doch schon nur für den Bereich der Inhaltskontrolle, wenn es in § 307 III 1 BGB heißt, dass die „Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 […] nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen [gelten], durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden“. Weder das Überraschungsverbot nach § 305c I BGB noch die Transparenzkontrolle nach § 307 III 2 BGB setzen also zwingend eine Abbedingung gesetzlicher accidentalia negotii voraus.148 Nun ist dieser Einwand freilich seinerseits schwach, wenn das Schwergewicht Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerade in einer solchen Abbedingung gesetzlicher Regelungen liegt. Aber auch insoweit greift das Argument doch zu kurz. Denn dass beispielsweise ein vom Markt entwickelter Vertragstyp bislang keine gesetzliche Regelung gefunden hat, bedeutet ja ebenfalls nicht, dass eine Inhaltskontrolle entsprechender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht möglich wäre. Vielmehr hat dies für den Maßstab der Inhaltskontrolle in § 307 II Nr. 2 BGB lediglich zur Konsequenz, dass sich eine unangemessene Benachteiligung nun nicht an der Abbedingung gesetzlicher Rechte und Pflichten zu orientieren hat, sondern an einer Veränderung von Rechten und Pflichten beider Seiten, die einseitig in Widerspruch zur ‚Natur des Vertrags‘ und dem damit verfolgten ‚Vertragszweck‘ steht.149 Der Sache nach bezweckt die Vorschrift des § 307 III 1 BGB damit aber gar keine Grenzziehung zwischen solchen Vertragsbedingungen, die gesetzlich geregelt sind und solchen, die sich nur aufgrund einer entsprechenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB ergeben. Der entscheidende Gesichtspunkt der Bestimmung liegt vielmehr darin, vertragliche Leistungsangebote und Preise einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB zu entziehen, weil es hierfür sowohl an einem geeigneten Kontrollmaßstab der §§ 305 ff. BGB fehlt, wie sich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auch grundsätzlich nur nach dem Markt und den hier wirkenden Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage richten soll.150 Darüber hinaus soll damit aber auch klargestellt

147 So tatsächlich Kuhnert, Die vertragliche Aufklärungspflicht des Arztes, S. 137; Kern/ Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 50. 148 Zur Anwendbarkeit der §§ 305a ff. insgesamt mit Ausnahme der §§ 307 ff. BGB denn auch nur etwa MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 19, m.w.N. 149 Zur Leitbildfunktion des dispositiven Rechts für die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits Schapp, DB 1978, S. 621 ff. 150 Vgl. nur etwa MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 1.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

sein, dass die bloße Wiedergabe des Gesetzes keinen Kontrollgegenstand der §§ 305 ff. BGB darstellen soll.151 Damit wird aber deutlich, dass die Anwendung der §§ 305 ff. BGB durchaus nicht auf Fälle beschränkt ist, in denen Allgemeine Geschäftsbedingungen von gesetzlichen Regelungen abweichen. Das gilt schon nicht für die Inhaltskontrolle nach § 307 II Nr. 1 BGB, also die Unvereinbarkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen mit den wesentlichen „Grundgedanken“ der gesetzlichen Regelung. Mag der praktische Anwendungsbereich dieser Bestimmung auch gering sein,152 wird mit ihr doch bereits deutlich, dass die §§ 305 ff. BGB gerade nicht auf die gesetzliche Regelung selbst beschränkt sein sollen. Dispositives Recht in diesem Sinne sind vielmehr „nicht nur gesetzliche Einzelregelungen (z.B. Schadensersatz- oder Gewährleistungsvorschriften), sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, so etwa das Dispositionsrecht des Käufers über Art und Menge der zu kaufenden Waren […] oder der Grundsatz der Vertragsfreiheit hinsichtlich der Verfügung über die in das Eigentum des Käufers übergegangene und voll bezahlte Ware“,153 noch weitergehend aber auch sämtliche „Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten“.154 Gegenstand der Inhaltskontrolle sind so betrachtet also sämtliche Rechtssätze, die das vertragliche Pflichtenprogramm nach herrschender Auffassung leiten, unabhängig davon, ob sie ihren Niederschlag im Gesetz gefunden haben oder von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entwickelt wurden, also von der juristischen Dogmatik. Über die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB bestimmt mithin nicht die Formalität des Rechtssatzes als Gesetz, sondern allein, ob der Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingung seiner Art nach weder einer Regelung durch das Gesetz noch durch andere Rechtsvorschriften unterliegt, wie dies insbesondere für das Preis-Leistungs-Gefüge gilt.155 Damit erweist sich aber auch der Einwand fehlender Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts als zu kurz gegriffen. Wenn mit diesem Standpunkt vielmehr den Aufklärungsgrundsätzen der medizinrechtlichen Dogmatik ihr Rang be151

MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 1. Vgl. Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rz. 517. 153 BGH NJW 1984, 1182 (1182 f.), m.w.N. 154 BGH VersR 1998, 898 m.w.N. Dem folgend der ganz herrschende Standpunkt der Literatur, vgl. Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rz. 5; MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 63. 155 Zur Kontrollfähigkeit auch von Leistungsbeschreibungen, soweit sie die vertragstypische Leistung verändern, vgl. die Übersicht bei Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rz. 12; die grundsätzliche Anwendbarkeit des AGBG auf Leistungesbeschreibungen klarstellend auch schon Heinrichs, NJW 1977, 1505 (1506). Umfassend mit Blick auf Leistungsbeschreibungen in der Versicherungsbranche Dreher, Die Versicherung als Rechtsprodukt. Die Privatversicherung und ihre rechtliche Gestaltung. 152

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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wahrt bleiben soll, ist es also der falsche Ansatz, diesen Grundsätzen schon ihre Rechtssatzqualität abzusprechen. Vielmehr kann die entscheidende Frage auch hier nur lauten, ob einer Analogie – hier zu den §§ 307 ff. BGB – die Spezialität dieser Dogmatik entgegensteht, die einen Rückgriff auf die Wertungsmaßstäbe des AGB-Rechts methodisch ebenso inopportun erscheinen lässt, wie wenn die in ihr enthaltenen Grundsätze Inhalt gesetzlicher Rechtssätze wären.156

b) Die primäre Bedeutung des Regelungsdefizits als Grundlage einer Analogiebildung Die bisherigen Überlegungen haben deutlich gemacht, dass die bloße Erörterung der Rechtsähnlichkeit zwischen dem Stellen Allgemeiner Geschäftsbedingungen und der Aushändigung medizinischer Formularerklärungen unzureichend bleibt, um die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB entscheidend zu leiten. Das von den kritischen Stimmen verfolgte Ziel, an das Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen keine sachfremden Kontrollinstrumentarien anzulegen, ist also zweifellos legitim. Die hierzu unter dem Mantel der Rechtsähnlichkeit vorgebrachten Gegenargumente bleiben aber doch weitgehend farblos. Gleiches gilt jedoch auch für das Meinungsspektrum, das eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB befürwortet. Soweit es hierzu überhaupt auf sachlich maßgeblich erscheinende Argumente eingeht, insbesondere also auf die einseitige Vorgabe der von den Formularen ausgehenden Rechtswirkungen und die dem Patienten faktisch fehlende Möglichkeit, sich der Unterzeichnung solcher Formulare zu entziehen, kann auch dieser Standpunkt zumindest dann nicht mehr überzeugen, wenn er undifferenziert für eine – direkte oder analoge – Anwendung der §§ 305 ff. BGB insgesamt plädiert. Ob eigenständige medizinrechtliche Kriterien tatsächlich nicht das gleiche Maß an Genauigkeit erreichen wie die §§ 305 ff. BGB und daher sowohl dem Einwilligenden weniger Schutz bieten wie auch der Kautelarpraxis der Krankenhäuser weniger Sicherheit,157 ist damit zwar eine entscheidende Frage, kann aber nur bezogen auf die einzelnen Sachbereiche der §§ 305 ff. BGB beantwortet werden, gerade wenn man den Vorteil dieser Vorschriften in ihrer Genauigkeit sieht. Diesem Defizit in der bisherigen Meinungsbildung lässt sich daher nach der hier vertretenen Auffassung nur dadurch begegnen, dass für die drei großen Regelungskomplexe des AGB-Rechts – Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle – jeweils gesondert präzise danach zu fragen ist, ob es der Heranziehung AGB-rechtlicher Kontrollmaßstäbe überhaupt bedarf oder ob nicht Rechtssätze des Gesetzes oder der medizinrechtlichen Dogmatik existieren, die einer Analogie entgegenstehen (aa). 156 Hierzu eingehender unten § 11 I sowie zur analogen Anwendung der Einbeziehungsvorschriften des § 305 II noch zuvor § 10 I. 157 So die These Ohlys, „Volenti non fit iniuria“, S. 439.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Nicht gehindert wird eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB hingegen unter dem Gesichtspunkt der Spezialgesetznatur, hat der Gesetzgeber die frühere Spezialmaterie des AGBG doch – freilich weiterhin unter Bereichsausnahmen und Spezialregelungen für Verbraucher – in das BGB inkorporiert und dabei die Intention verfolgt, eine jedenfalls für Verträge allgemein geltende Regelung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu schaffen (bb).

aa) Der Vorrang der medizinrechtlichen Dogmatik gegenüber einer Lückenfüllung analog §§ 305 ff. BGB Soweit die analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB methodisch betrachtet in einem ersten Schritt die Feststellung einer Regelungslücke erfordert, existiert eine solche von vornherein nicht, soweit der medizinische Formulargebrauch inhaltlich vertragliche Regelungen betrifft, die schon dem unmittelbaren Anwendungsbereich dieser Vorschriften unterliegen und denn auch seit geraumer Zeit Gegenstand formularvertraglicher Kontrolle sind. Es mag insoweit reichen, auf die Problemkreise zur Abrechnung mit Klinikträger und behandelndem Arzt im sogenannten gespaltenen Krankenhausvertrag hinzuweisen,158 zur Substitution chefärztlicher Wahlleistungen durch Vertreterleistungen159 oder zur externen Abrechnung der vereinbarten Gegenleistung durch externe Honorarverrechnungsstellen.160 Zwar mag die Aufnahme derartiger Regelungen in Aufklärungsformulare nicht die Regel sein, da derartige vertragsbezogene Regelungen, insbesondere im stationären Bereich, meist mit Abschluss des Krankenhausaufnahmevertrags vorgenommen werden.161 Sehr wohl unmittelbar im Aufklärungsformular platziert sind aber nicht selten vertragliche Regelungen, die mit den Teilnehmern medizinischer Forschungsvorhaben verein158

Vgl. Laufs, Arztrecht, Rz. 564; MüKo-Müller-Glöge, § 611 BGB, Rz. 110. Hierzu jüngst BGH ArztR 2008, 46 f.; vgl. auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 86. 160 BGH MedR 1991, 327; vgl. ferner Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 111, 89; Berger, NJW 1995, 1584 ff.; Thalmair, Vom Postulat der Überraschungsfreiheit von AGBKlauseln zu ihrer Transparenzkontrolle, S. 13 ff. 161 Gegenstand der Formularkontrolle waren dort denn insbesondere auch Vertragsbestimmungen zur Behandlung selbst, etwa ein Haftungsausschluss für Fälle leicht fahrlässiger Behandlungsfehler, OLG Köln, VersR 1989, 372, in einem vergleichbaren Fall vom OLG Stuttgart gar als sittenwidrig eingestuft, NJW 1979, 2355, oder die Freizeichnung von einer Haftung für Verrichtungsgehilfen, OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 884 (887). Einen Überblick über die Rechtsprechung zu formularvertraglichen Regelungen im Krankenhausaufnahmevertrag bieten Thamm/Pilger, AGB-Gesetz, Anhang § 9 Krankenhausaufnahmevertrag, Rz. 1 ff. Eingehend zum formulargetragenen Haftungsausschluss des Krankenhausträgers für ärztliche Leistungen Spickhoff, VersR 1998, 1189 ff.; Uhlenbruck, in: FS-Laufs, S. 1124 ff; sowie zur formulargetragenen Regelung zahlreicher Einzelfragen des Arztvertrags wie Honorarabsprachen, externe Abrechnung, Aufbewahrungspflichten, Haftung oder Kündigungsmodalitäten aus jüngerer Zeit insbesondere Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag. 159

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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bart werden, etwa die Übereignung von Körpersubstanzen zur Forschung, der Verzicht auf etwaige Beteiligung an einer kommerziellen Verwertung der eigenen Studienteilnahme,162 die Vereinbarung einer Aufwandsentschädigung, die Verabredung von Terminen, die Einhaltung von Verhaltensmaßgaben usw.163 Nur soweit Formulare nicht ohnehin vertragliche Regelungen enthalten, sondern einseitige Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz betreffen, ist also nach dem Bestehen einer Regelungslücke zu fragen, was nach allgemeinem methodischem Verständnis voraussetzt, dass eine Frage, die dem gesamten Regelungsbereich des Gesetzes nach der Regelung bedurft hätte, tatsächlich durch das Gesetz – dem Wortsinn nach – nicht geregelt ist, so dass eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegt. Der Begriff der Planwidrigkeit darf dabei freilich nicht im Sinne einer subjektiven Zielsetzung des Gesetzgebers verstanden werden, ist doch schon der historische Wille des Gesetzgebers nach modernem methodischem Verständnis keine bindende Richtschnur, sondern nur ein Auslegungstopos unter anderen bei Ermittlung eines vernünftigerweise anzunehmenden Gesetzesinhalts.164 Wenn die Vernunft des historischen Gesetzgebers im Zivilrecht also darin gelegen hat, seit vielen Jahrhunderten bewährte Lösungen der Jurisprudenz zu übernehmen und die Lösungen erforderlichenfalls fortzuentwickeln, dann kann das Ziel der Auslegung des Gesetzes im Zivilrecht nur die Erforschung dieser Art von Vernunft sein.165 Die Disposition über absolut geschützte Rechtsgüter in der Medizin ist nun allerdings eine Problematik, die vom Gesetz selbst, wie die nachfolgenden Par162 Dass eine derartige Beteiligung in der Sache insbesondere aus Gründen fehlender Kausalität der individuellen Studienteilnahme für die Kommerzialisierung des Erkenntnisgewinns meist schon gar nicht in Betracht kommen mag, ändert an der Tatsache der Vornahme solcher Regelungen nichts. Zu etwaigen materiellen Ansprüchen näher Taupitz, AcP 191 (1991), 201 (224 ff.); ders., in: Damm, Rechtliche Regulierung von Gesundheitsrisiken, S. 51 (S. 61 ff.). 163 Zur Vertragsnatur des Verhältnisses von Teilnehmer und Prüfarzt bereits oben § 2 I 2. 164 Prägnant Schapp, Methodenlehre des Zivilrechts (S. 87), der darauf hinweist, dass sich die Auslegungslehre mit der Unterscheidung zwischen dem historischen Willen des Gesetzgebers und der Vernunft des Gesetzes das alte philosophische Problem des Verhältnisses von Wille und Vernunft auflädt. Dessen Lösung durch die gemischte subjektiv-objektive Theorie zur Gesetzesauslegung, wie sie insbesondere Larenz vertritt, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 318 f., entspräche dann aber nicht dem seit der Aufklärung von der Philosophie erreichten Lösungsstandard, vereine doch schon der Begriff der Autonomie selbst Wille und Vernunft miteinander. Soweit der historische Gesetzgeber aber über Autonomie in diesem aufklärerischen Sinne verfügt, müsse schon der historische Wille als vernünftig begriffen werden. Der häufig gemachte Versuch, die Notwendigkeit einer vernünftigen Auslegung des historischen Willens mit der Änderung der Verhältnisse seit Erlass des Gesetzes zu begründen, gehe daher an der eigentlichen Problematik vorbei. Das durch den Begriff der Autonomie gelöste Problem ist danach vielmehr das Verhältnis von Wille und Vernunft schon im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes. 165 Schapp, Methodenlehre des Zivilrechts, S. 88.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

tien im Einzelnen zeigen werden, nur ganz rudimentären Regelungen unterzogen wurde. Existiert so betrachtet keine allgemeine gesetzliche Regelung insbesondere zur Aufklärungs- und Einwilligungsprozedur, kann die Frage der Lückenhaftigkeit aber auch gar nicht in Bezug auf das Gesetz selbst gestellt werden, sondern nur in Bezug auf die das Gesetz an dieser Stelle ersetzende Dogmatik des Medizinrechts, deren Existenz und Funktionieren in der Praxis den Gesetzgeber denn auch seit geraumer Zeit immer wieder veranlasst hat, von Reformvorhaben Abstand zu nehmen, die eine Kodifizierung dieser Dogmatik anmahnten.166 Und entsprechend lässt sich auch die Frage der planwidrigen Unvollständigkeit hier nicht anhand eines vernünftigerweise anzunehmenden Gesetzesinhalts beantworten, sondern nur durch eine Betrachtung des gesamten dogmatischen Regelungstableaus, das das Medizinrecht zur Disposition über absolut geschützte Rechtsgüter aufstellt. Wer demgegenüber der Auffassung zuneigt, dass eine Analogie nur in Bezug auf gesetzliche Regelungsdefizite möglich ist, bezieht der Sache nach einen formalen Standpunkt, der die überragende Bedeutung juristischer Dogmatik für die Herausbildung und Fortentwicklung von Rechtssätzen bei weitem unterschätzt und die Stellung des Gesetzes in geradezu positivistischer Weise überhöht.167 Vielmehr wird sich zeigen, dass die feinverästelten Anforderungen der medizinrechtlichen Dogmatik an die informierte Einwilligungsentscheidung des Rechtsgutträgers eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB in weiten Teilen – insbesondere innerhalb der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle – entbehrlich macht. Wo die Dogmatik des Medizinrechts bislang hingegen entgegen der in ihr zum Ausdruck kommenden Wertungen rechtliche Kontrollmaßstäbe vermissen lässt, ist eine solche analoge Rechtsanwendung – so insbesondere im Bereich der Überraschungs- und Transparenzkontrolle – sorgsam in Erwägung zu ziehen. Von geringerer methodischer Brisanz ist dann schließlich die Frage, ob man die Herausbildung von Überraschungs- und Transparenzkontrollmaßstäben dann noch als analoge Anwendung von § 307 III BGB begreift oder als originäre Fortbildung der medizinrechtlichen Dogmatik unter der Richtschnur des § 307 III BGB. Wenn die Untersuchung letztlich vor allem mit Rücksicht auf das methodische Ideal des kontinentaleuropäischen Rechts, bevorzugt auf 166 Vgl. etwa zur Frage der gesetzlichen Regelung der ärztlichen Aufklärungspflicht insbesondere Schmidt, Gutachten für den 44. Deutschen Juristentag (1962), in: VHDJT 1962, Band I (Gutachten), S. 7 ff.; zu ergänzenden Regelungen für das ärztliche Vertrags- (Standes-) und Haftungsrecht im Interesse der Patienten und Ärzte Weyers, Gutachten für den 52. Deutschen Juristentag (1978), in: VHDJT 1978, Band I (Gutachten, A 7 ff.). 167 Zu einer der juristischen Dogmatik heute allenthalben zugeschriebenen Funktion, Vorschläge für die Auslegung und Anwendung von Normen zu unterbreiten und ihnen im Fall ihrer Übernahme durch die herrschende Auffassung den Status des geltenden Rechts zu verleihen, vgl. den Überblick bei Gödicke, Bereicherungsrecht und Dogmatik, S. 79 ff., 146 ff. Wie hier denn auch Pfost, Die ärztliche Formularaufklärung im Lichte des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 84 f.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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kodifiziertes Recht zurückzugreifen, einer Analogie zuneigt, setzt die Entwicklung ergänzender Kontrollmaßstäbe für beide Standpunkte die vorherige Feststellung eines Regelungsdefizits voraus, also einer wenn auch nicht gesetzlichen, so doch zumindest rechtlichen Regelungslücke.

bb) Zum Spezialgesetzcharakter des AGB-Rechts Kann eine analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB schließlich aber noch dem Einwand standhalten, dass diese Vorschriften dem früheren AGBG entstammen, also einer gesetzlichen Spezialmaterie, was nach gängigen methodischen Gepflogenheiten die Bildung eines Analogieschlusses verhindert? Im bisherigen Schrifttum zur Frage einer analogen Anwendbarkeit ist dieser Gesichtspunkt nicht thematisiert worden, zu offensichtlich erschien offenbar die Parallele zu einer Gefahr formulargetragener einseitiger Gestaltungsmacht. Der Spezialgesetzcharakter ließ sich freilich auch schon unter Geltung noch des AGBG durchaus in Frage stellen. Immerhin enthielt das Gesetz in seinen §§ 23 f. explizite Bereichsausnahmen, war also offenbar für den von diesen Ausnahmen nicht betroffenen Bereich bürgerlicher Verträge durchaus als insgesamt anwendbarer Regelungskomplex gedacht. Speziell waren die Bestimmungen also nur insoweit, als sie in Abkehr vom sonstigen Vertragsrecht die Anforderungen an den Vertragsschluss absenkten und dafür die Kontrolle des vertraglichen Inhalts verschärften.168 An dieser Regelungstechnik hat die Überführung des AGBG in die §§ 305 ff. BGB denn auch nichts geändert. Sehr wohl verändert hat sich mit dieser Normierung aber der Stellenwert, der dem AGB-Recht nunmehr für das gesamte bürgerliche Vertragsrecht beigemessen wird. So sollte, wirft man einen Blick in die Gesetzgebungsmaterialien zur Schuldrechtsreform, mit der Integration des AGBG „das Bürgerliche Gesetzbuch als zentrale Zivilrechtskodifikation“ gestärkt werden.169 „Speziell das AGB-Gesetz“, so lautet die Begründung, „hat sich seit seinem Inkrafttreten zu einer zentralen Materie des Schuldrechts entwickelt und überlagert und ergänzt inzwischen die einschlägigen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in erheblichen Teilen. Es ist damit inhaltlich zu einem eigenen Abschnitt im Bürgerlichen Gesetzbuch geworden und sollte deshalb auch dort im Gesetzestext erscheinen. Die Integration der schuldrechtlichen Sondergesetze weist schließlich diesen Gesetzen auch den Platz zu, der ihnen wegen ihrer zentralen Bedeutung für den Rechtsverkehr gebührt.“ Nur durch die Integration der zivilrechtlichen Nebengesetze in das Bürgerliche Gesetzbuch sei zudem dann auf längere Frist gewährleistet, wieder eine Homogenität in der Regelung des Privatrechts her-

168 169

Hierzu bereits oben, § 9 III 1. BT-Drs. 14/6040 (S. 79).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

zustellen und das zivilrechtliche Verbraucherrecht an den Grundprinzipien des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszurichten.170 Damit wird nun zweierlei deutlich. Zum einen strebt der Gesetzgeber mit der Integration der bislang spezialgesetzlich kodifizierten Verbraucherbestimmungen in das BGB eine Anpassung an die praktische Bedeutsamkeit des Verbraucherrechts an, verfolgt damit also rechtspolitische und ordnungssystematische Ziele. Zum anderen bleibt damit grundsätzlich auch der Spezialgesetzcharakter dieser Verbraucherbestimmungen erhalten, sind sie doch weiterhin ihrem sachlichen Zuschnitt nach auf explizite Verbrauchersituationen ausgerichtet, was ihre analoge Anwendung nicht nur methodisch zweifelhaft erscheinen ließe, sondern sie auch weitgehend uninteressant macht.171 Das gilt für das in die §§ 305 ff. BGB aufgegangene Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nun aber durchaus nicht in gleicher Weise. Denn diese Bestimmungen sind schon nicht auf Verbraucherverträge beschränkt, sondern stellen für solche Verträge in § 310 III BGB umgekehrt lediglich Zusatzvorschriften auf. Das AGB-Recht gilt also weiterhin für jeden bürgerlichen Vertrag unter Privaten, soweit seine Vorschriften nicht den Bereichsausnahmen des § 310 BGB unterfallen oder – wie insbesondere unter Kaufleuten gemäß § 310 I 2 BGB – nur in beschränktem Umfang zur Anwendung gelangen. Dann ist die Intention des Gesetzes aber gerade nicht, eine Regelungsmaterie aufzustellen, die auf den vom Wortlaut erfassten Anwendungsbereich beschränkt sein soll, sondern die umgekehrt in möglichst weitem Umfang angewandt werden soll.172 Wenn das Verdikt einer analogen Anwendung spezialgesetzlicher Vorschriften auf dem Gedanken basiert, dass es der Gesetzgeber über den speziell geschaffenen Regelungskomplex hinaus bei den allgemeinen Vorschriften bewenden lassen möchte, greift dieser Gesichtspunkt also angesichts der weiten Regelungsintention, die die Schuldrechtsreform dem AGB-Recht für das gesamte bürgerliche Vertragsrecht beimisst, gar nicht ein. Und entsprechend postuliert denn auch der Gesetzgeber selbst, dass die Integration des AGB-Rechts in die §§ 305 ff. BGB einer Anwendung der Vorschriften „z.B. auf Verträge des Sachenrechts (wie Sicherungsgeschäfte) oder auf einseitige Rechtsgeschäfte, die mit einer vertraglichen Beziehung im Zusammenhang stehen“, nicht entgegen170

BT-Drs. 14/6040 (S. 79). Zu den Aspekten situationsspezifischer Regelungen einerseits und fehlender Übertragbarkeit der Rechtsfolgen des Verbraucherrechts auf den Bereich der Medizin bereits oben § 9 II 3. 172 Entsprechend wird denn auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten für eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs der §§ 305 ff. BGB plädiert, auch wenn sich diese Vorgabe im Hinblick auf den Anwendungsbereich der insoweit einschlägigen Richtlinie streng genommen nur für Verbraucherverträge aufstellen lässt. Vgl. Palandt-Heinrichs, Überbl v § 305 Rz. 13 und § 305 Rz. 5: „Regelungen jeglicher Art“. Einen weiten Anwendungsbereich sieht bereits Schlund, ChirInfo 1977, 124 (125), mit Erlass des AGB-Gesetzes intendiert, der dies als ein zusätzliches Argument für die Anwendbarkeit der Bestimmungen anführt. 171

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe

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steht.173 Spätestens dieser auf medizinische Einwilligungserklärungen direkt übertragbare Gedanke macht aber deutlich, dass sich ein denkbarer Einwand fortbestehenden Spezialgesetzcharakters zumindest nach Kodifizierung der §§ 305 ff. BGB nicht ernsthaft durchhalten lässt.

173

BT-Drs. 14/6040 (S. 149).

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§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen Der erste Sachkomplex des AGB-Rechts, der im Folgenden auf seine analoge Anwendung hin zu überprüfen ist, betrifft die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträge und damit die Vorschriften der §§ 305 bis 305c BGB. Auf das Medizinrecht übertragen stellt sich hier also die Frage, ob die Inhalte des Formulars analog diesen Bestimmungen Bestandteil der Einwilligungserklärung des Patienten werden. Sie ist in Hinblick auf den Mechanismus der Verweisungserklärung, auf dem § 305 II BGB aufbaut, ganz entschieden zu verneinen (I.). Das die Vorschrift des § 305 II BGB der Sache nach verdrängende Gebot individuellen Verstehens bedarf nun allerdings seinerseits kritischer Betrachtung, soweit es mündliche Aufklärung und schriftliche Aufklärung um jedes sinnvolles Verhältnis bringt. Denn mit der Maßgeblichkeit allein des mündlichen Aufklärungsgesprächs wird das von § 305 II BGB auf seine Weise angegangene Problem der Formularverwendung für das Medizinrecht mehr geleugnet denn gelöst. Der eigentliche Regelungsbedarf besteht auf Ebene der Einbeziehungskontrolle also darin, zwischen mündlicher und schriftlicher Ebene der Aufklärung einen sinnvollen Bezug herzustellen. Hierfür soll anhand der beiden Faktoren der Risikokomplexität einerseits und der Typisierbarkeit des Verständnishorizonts andererseits ein Dreistufenmodell entwickelt werden, das zwischen einer rein mündlichen Aufklärung, einer kombiniert schriftlichmündlichen Aufklärung und einer schriftlichen Aufklärung unter Angebot einer Gesprächsgelegenheit differenziert (II.). Einer Analogie zugänglich erscheint auf Einbeziehungsebene hingegen das in § 305c I BGB niedergelegte Verbot überraschender Formularinhalte (III.). Nur ein kursorischer Überblick soll schließlich über die Einbeziehung echter (vorformulierter) Vertragsbedingungen in der Medizin gegeben werden, die den hier gewählten Untersuchungsgegenstand nur am Rande berühren (IV.).

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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I. Die Verdrängung der Verweisungserklärung nach § 305 II BGB durch die Notwendigkeit einer informierten Einwilligungserklärung Mit § 305 II BGB trägt das Gesetz dem Rationalisierungsinteresse des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen sehr weiträumig Rechnung, wenn es die Voraussetzungen für eine Einbeziehung des Klauselwerks auf Seiten des Verwenders darauf beschränkt, auf die AGB ausdrücklich (§ 305 II 1. HS., Nr. 1, 1. Alt. BGB) oder gar nur durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses (§ 305 II 1. HS., Nr. 1, 2. Alt. BGB) hinzuweisen und dem Vertragspartner die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme der Inhalte zu verschaffen (§ 305 II, 1. HS., Nr. 2 BGB). Auf Seiten des Vertragspartners bedarf es dann lediglich dessen Einverständnisses mit der Geltung der AGB (§ 305 II, 2. HS. BGB), das nun allerdings allein schon aus dessen vorbehaltlosen Vertragsschluss folgt, regelmäßig also aus der Unterzeichnung des Formulars. Diese Reduktion sämtlicher Aktivitäten des AGB-Verwenders auf einen Hinweis und die Verschaffung zumutbarer Kenntnisnahmemöglichkeit lässt sich mit den oben dargestellten Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht nicht vereinbaren.1 Wenn das Ziel der Aufklärung darin besteht, dem Rechtsgutträger Informationen zu vermitteln, setzt dies materiellrechtlich vielmehr gerade die Kenntnisnahme und darüber hinaus auch das Verständnis der Aufklärung voraus. Hiervon wird auch im nachfolgenden Abschnitt keine Ausnahme gemacht, wenn dort auf einer dritten Stufe für eng umrissene Sachkonstellationen die schriftliche Aufklärung für zulässig erachtet wird. Denn wie sich zeigen wird, ist auch damit keine ausschließlich schriftliche Aufklärung gemeint, sondern lediglich eine Aufklärung, die zwar rein schriftlich ansetzt, aber stets eine Gesprächsgelegenheit offen halten muss. Rein schriftlich wird diese Aufklärung also erst dort, wo der Rechtsgutträger die Gesprächsgelegenheit gar nicht sucht. Der Grund für die Anerkennung einer solchen Aufklärung liegt aber selbst dann nicht in einer dem § 305 II BGB vergleichbaren Risikoerklärung. Vielmehr zielt die Aufklärung auch auf dieser dritten Stufe weiterhin auf die tatsächliche Kenntnisnahme und das Verstehen des Rechtsgutträgers ab. 2 Damit sind die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung aber durch die in Rechtsprechung und Literatur entwickelte Dogmatik des Medizinrechts materiell vorgezeichnet bzw. lassen sich nur aus diesen materiellrechtlichen Grundsätzen heraus weiterentwickeln, nicht durch eine Analogie zu § 305 II BGB. Schon insofern greift das oben dargestellte, eine Analogie pauschal be1 Zum Modell des informed consent oben § 3, zum Umfang der Aufklärungspflicht insbesondere § 5 II. 2 Näher sogleich unten § 10 II 3.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

fürwortende Schrifttum also zu weit.3 Das bedeutet freilich nicht, dass insbesondere die Anwendung schriftlicher Aufklärungsinformationen mangels analoger Anwendbarkeit von § 305 II 1. HS. BGB umgekehrt gar unzulässig wäre, wie freilich auch – erst recht – der Patient die Möglichkeit haben muss, in zumutbarer Weise vom Inhalt der ihm ausgehändigten Informationen Kenntnis zu nehmen. Die Absage an eine analoge Anwendung von § 305 II 1. HS. BGB soll also lediglich eine pauschale Reduzierung der Aufklärungserfordernisse auf die Vorgaben dieser Vorschrift und damit insbesondere eine unreflektierte Ausdehnung schriftlicher Aufklärungsinformationen verhindern, weil hier die Grundsätze des Medizinrechts nicht nur restriktiver angelegt sind als § 305 II BGB, sondern zugleich auch differenzierter. Scheitert eine analoge Anwendung von § 305 II BGB damit aber schon an einer hierfür erforderlichen Regelungslücke, weil das Medizinrecht eine Einbeziehung schriftlicher Aufklärungsinformationen in die Einwilligungserklärung allein auf der Basis schriftlicher Hinweise verwehrt, gilt dies zunächst allerdings auch nur für die Frage der Einbeziehung selbst. Soweit § 305 II, 1. HS. Nr. 2 BGB unter der zumutbaren Weise der Kenntnisnahme nur eine solche versteht, „die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei berücksichtigt“, stellt das Gesetz hingegen Ansprüche an die Formulargestaltung, die auch vom Medizinrecht geteilt werden. Diese auf Ebene der Verständlichkeit anzustellenden Überlegungen sollen hier jedoch einstweilen zurückgestellt und erst im Rahmen der später zu erörternden Einbeziehungstransparenzkontrolle wieder aufgegriffen werden.4

II. Die drei materiellrechtlichen Stufen der Formularverwendung in Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont Wie oben näher dargestellt, lassen sich die Maßstäbe für den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht im Wesentlichen auf zwei Faktoren reduzieren, nämlich einerseits die Gefährdungsintensität der Gesundheitsbedrohung und andererseits den subjektiven Verständnisbedarf des Rechtsgutträgers.5 Übertragbar 3 Vgl. oben § 9 III 2 a). Neben der medizinrechtlichen Dogmatik stets vorbehalten bleiben freilich spezielle gesetzliche Anforderungen an die Art und Weise der Aufklärung, also etwa die Vorschriften, wonach die Einwilligungserklärung schriftlich abzugeben oder zu bestätigen ist, vgl. §§ 40 I Nr. 3 a) und b) AMG, § 6 TFG, § 8 II TPG, oder die Regelung einer ausnahmsweise (zusätzlich) erforderlichen Schriftlichkeit der Aufklärungsinformationen in § 40 II 1 2. HS. AMG. 4 Hierzu unten § 12 III 2 a). 5 Eingehend oben § 5 II sowie zu den Modifikationen dieses Modells bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit oben § 6.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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sind beide Maßstäbe dann aber auch für den Zeitpunkt und für die Art und Weise der Aufklärung, also vor allem die personenbezogenen und sprachlichen Anforderungen. Nur als ebenfalls unter der Richtschnur dieser beiden Aspekte stehend kann daher auch das Verhältnis von mündlicher und schriftlicher Aufklärung begriffen werden. Wenn der entscheidende Akzent in der Gewichtung mündlicher und schriftlicher Aufklärung dabei nach herrschender und zutreffender Auffassung darauf liegt, dass grundsätzlich allein das mündliche Gespräch geeignet erscheint, um den Rechtsgutträger aufzuklären, hängt die gebotene Art und Weise der Aufklärung also entscheidend davon ab, welcher Informationsweg geeignet erscheint, um den materiellrechtlich erforderlichen individuellen Informationsfluss zu gewährleisten. Das beinhaltet nun weniger einen zeitlichen Aspekt. Ob die Bedrohung der Rechtsgüter also vital ist oder nicht, kann die an sich geltenden Anforderungen an die Aufklärung im Interesse des medizinisch gebotenen Zeitgewinns vielmehr nur insgesamt – ausnahmsweise – sinken lassen. In Bezug auf die Informationsvermittlung als kognitiven Vorgang ist hier also nur ein Teilaspekt der Gefährdungsintensität gemeint, nämlich die Komplexität und die Individualität des medizinischen Risikozusammenhangs. Entscheidend muss hier also sein, welches Ausmaß an Risiken droht, wie sicher sich der weitere Gesundheitsverlauf bei Verwirklichung des Risikos vorhersagen lässt, ob Voraussagen generalisierender Art überhaupt möglich erscheinen oder weitgehend von der individuellen körperlichen Konstitution abhängig sind, aber auch, wie nachhaltig sich die Risikoverwirklichung typischerweise auf die weitere Lebensführung der betroffenen Person auswirkt.6 Mit dem Verstehen komplexer Zusammenhänge ist dann zugleich der zweite wesentliche Faktor für die Frage nach dem geeigneten Informationsweg angesprochen, nämlich die Typisierbarkeit des individuellen Verständnishorizonts. Wenn das Medizinrecht insoweit gerade vom objektiven Empfängerhorizont der §§ 133, 157 BGB abrückt und das Verstehen des individuellen Rechtsgutträgers verlangt, liegt hierin der sachlich schwerstwiegende Einwand gegen eine schriftliche Vorformulierung medizinischer Aufklärungsinformationen. Das 6 Anhand der Risikokomplexität differenzierend denn auch das Schrifttum; so für die Zulässigkeit schriftlicher Aufklärungsinformationen nach Risikokomplexität differenzierend etwa MüKo-Wagner, § 823 Rz. 724 (mit dem Schwerpunkt auf der Schwere des Risikos); Palandt-Sprau, § 823 Rz. 154. Lediglich als Ergänzung schriftliche Informationen zulassend etwa Schlosshauer-Selbach, DRiZ 1982, 361 (365); ebenso, allerdings mit noch deutlicheren Reserven, Deutsch, NJW 1978, 1657 (1660). Im Ergebnis tendenziell für eine rein mündliche Aufklärung offenbar Simon-Weidner, ArztR 1986, 173 (174 f.); Fischer, JR 1981, 501 (502 f.); Tempel, NJW 1980, 609 (615 f.). Aus dem Strafrecht vgl. etwa Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rz. 43; wohl auch Lackner/Kühl, § 228 Rz. 14; Hartmann, Eigenmächtige und fehlerhafte Heilbehandlung, S. 150 ff.; Für eine bloße Indiz- statt materiellrechtliche Bedeutung von Formularen auch Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis, S. 342 f.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

im Folgenden zu skizzierende Dreistufenmodell greift diesen Gedanken auf, indem es auf einer ersten Stufe zunächst den rigidesten Standpunkt beleuchtet, nämlich die Eignung allein des Gesprächs für die Aufklärung des Rechtsgutträgers. Dieser Standpunkt lässt sich nun allerdings kaum durchhalten, beruht er doch auf der Prämisse, dass allein das Gespräch frei von jeglichen Typisierungen ist und ein wirkliches Verständnis ermöglicht. Das ist schon deshalb überzogen, weil jeder Form menschlicher Kommunikation ein Moment der Abstraktion innewohnt. Ein Postulat rein mündlicher Aufklärung wird denn auch rechtlich, insbesondere spezialgesetzlich, gar nicht aufgestellt (1.). Der eigentliche Vorteil des Gesprächs liegt so betrachtet nur darin, sich dem tatsächlich vorhandenen Verständnishorizont anpassen zu können, ob dieser nun über- oder unterschätzt wurde. Wenn der schriftlichen Informationsvermittlung diese Möglichkeit fehlt, lässt sich dieses Defizit im Grunde nur auf zwei Weisen kompensieren. Die eine besteht darin, der schriftlichen Information zwingend das mündliche Aufklärungsgespräch folgen zu lassen, die Aufklärung also kombiniert schriftlich-mündlich zu gestalten, wie dies insbesondere auch dem Modell der sogenannten Stufenaufklärung zugrundeliegt (2.). Der andere Weg besteht darin, den Rechtsgutträger selbst entscheiden zu lassen, ob er weitere Informationen wünscht, die mündliche Kontrolle seines Verständnisses also auf eine selbst wahrzunehmende Gesprächsgelegenheit zu reduzieren. Es liegt insoweit allerdings auf der Hand, dass der Laie mit der Einschätzung weiteren Informationsbedarfs häufig überfordert sein wird. Gangbar erscheint eine solche Reduktion des mündlichen Aufklärungswegs daher nur dort, wo die darzustellenden Risikozusammenhänge eine äußerst geringe Komplexität aufweisen und typischerweise so wenige individuelle Abweichungen aufweisen, dass sich die Konsequenzen der medizinischen Maßnahme laiengerecht und mit überaus großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen lassen (3.). Wenn die Einschätzung der Risikokomplexität und des Verlaufs eingeleiteter Maßnahmen allein von medizinisch-wissenschaftlichen Erfahrungssätzen abhängt, muss die folgende Darstellung freilich notwendig auf eine juristische Abstraktionsebene begrenzt bleiben, deren praktische Umsetzung entscheidend von der Einschätzung der medizinischen Wissenschaft abhängt. Die hier in Betracht kommenden drei Fallgruppen sollen also nur in einer idealtypischen Weise vor Augen führen, aus welchen Gründen welcher Weg in welchen Situationen geeignet erscheint. Dabei wird sich zeigen, dass die geeigneteste Aufklärungsform regelmäßig in der Mitte des Dreistufenmodells anzusiedeln ist, also zwischen der rigidesten Stufe einer nur mündlich zulässigen Aufklärung und der gemäßigtesten Stufe weitgehend verschriftlichter Aufklärung. In eng umrissenen Ausnahmekonstellationen erscheint dann aber auch die als dritte Stufe beleuchtete weitgehend schriftliche Aufklärung zulässig, während sich ein Postulat ausschließlicher mündlicher Aufklärung praktisch nicht ernsthaft vertreten lässt.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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Vorausgeschickt sei dabei, dass sich die Frage der Mündlichkeit und Schriftlichkeit nur bezüglich der Aufklärung selbst stellt, nicht bezüglich der Einwilligungserklärung. Denn für das Verständnis des Rechtsgutträgers – und damit erst in der Folge auch für die Wirksamkeit seiner Einwilligungserklärung – kommt es nicht auf die Form seiner Einwilligungserklärung an, sondern allein auf die Art und Weise seiner Aufklärung. Eine besondere Form der Einwilligungserklärung lässt sich also nur aus den auch sonst im bürgerlichen Recht mit Formvorschriften verbundenen Zwecken verfolgen, also insbesondere aus Warn- und Beweissicherungszwecken. Eine solche Formgebundenheit der Einwilligungserklärung ist freilich die Ausnahme, unterliegt sie einer Form doch nur dort, wo sie durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist.7 Diese aufklärungsdogmatische Irrelevanz der Einwilligungsform steht auch durchaus nicht im Widerspruch zu der Einschätzung, dass das spezifische Gefährdungspotential medizinischer Formularerklärungen in ihrer Beweisfunktion liegt.8 Denn indem der Vorwurf des Aufklärungsfehlers am Defizit der Aufklärung ansetzt, liegt die entscheidende Beweistatsache ja nicht in der Abgabe der Einwilligungserklärung, sondern in ihrem streitigen Inhalt. Und wo schon die Abgabe einer Einwilligungserklärung selbst im Streit steht – also in den Fällen vollständig eigenmächtiger Heilbehandlung –, handelt es sich bei der Vorlage einer unterzeichneten Einwilligungserklärung ebenfalls nicht um die Frage medizinrechtlicher Unzulänglichkeit dieser Erklärung, sondern allenfalls um die Frage einer Urkundenfälschung. Dass eine Klage auf gänzliche Nichtabgabe einer Einwilligungserklärung trotz unterzeichnetem Formular gestützt wird, ist praktisch betrachtet freilich auch eher fernliegend.

1. Das Verdikt jeglicher Formularverwendung bei rein mündlicher Aufklärung Was nun zunächst die erste Stufe der Aufklärungsform betrifft, so ist die Aufklärung keinerlei schriftlicher Unterstützung zugänglich, wenn sie zwingend mündlich zu erfolgen hat. Mag das Dictum des BGH, wonach allein entscheidend „das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patienten“ bleiben müsse,9 auf den ersten Blick als ein Postulat reiner Mündlichkeit erscheinen, wird ein solches allerdings schon vom BGH selbst nicht vertreten, stuft er doch wenige Absätze später schriftliche Aufzeichnungen hierüber „als nützlich und 7 Ganz h.M., vgl. nur BGH NJW 1976, 48; OLG Düsseldorf, ArztR 1988, 98; Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 308 f.; Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 44; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 342; Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 14. 8 Zu dieser These oben § 7. 9 BGH NJW 1985, 1399.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

dringend zu empfehlen“ ein.10 Dass eine Aufklärung nur ausschließlich mündlich erfolgen dürfe, wird denn auch in der Literatur von nahezu keiner Seite vertreten, weder für die ärztliche Heilbehandlung (a), noch für spezialgesetzlich geregelte Fälle medizinischer Aufklärung, insbesondere im Rahmen der Spende von Körpersubstanzen (b), aber auch nicht für die Aufklärung von Teilnehmern medizinischer Forschungsvorhaben (c).

a) Ausschließlich mündliche Aufklärung des Patienten in Fällen der ärztlichen Heilbehandlung? Gesetzliche Regelungen, die eine ausschließlich mündliche Aufklärung bei der ärztlichen Heilbehandlung vorschrieben, wurden bis heute nicht aufgestellt, ebenso wenig Regelungen, die eine schriftliche Aufklärung explizit gestatten würden und damit im Umkehrschluss auf ein auch nur grundsätzliches Verdikt schriftlicher Aufklärung schließen ließen. Damit kann sich die Zulässigkeit einer ausschließlich mündlichen Aufklärung des Patienten nur aus den vorstehend entwickelten beiden Gesichtspunkten ableiten lassen. Gewendet auf die ausschließlich mündliche Aufklärung stellt sich also einerseits die Frage, ob ärztliche Heilbehandlungen denkbar sind, deren Risikokomplexität ein solches Ausmaß annehmen, dass dies jeglicher schriftlicher Aufklärung entgegenstünde. Das erscheint aber nun schon deshalb sinnlos, weil eine solche Forderung darauf hinausliefe, der mündlichen Aufklärung die alleinige Eignung zu einer Informationsverschaffung beizumessen, die durch das Einfließen schriftlicher Aufklärung so empfindlich gestört würde, dass sie ihr Ziel verfehlt. Das ist praktisch aber nicht vorstellbar. Das Gebot einer rein mündlichen Aufklärung kann hier also nur aus anderen, ganz pragmatischen Überlegungen folgen. So scheidet eine schriftliche Information von vornherein aus, wo diese Information aufgrund körperlicher Schwächen gar nicht zur Kenntnis genommen werden kann, also etwa bei Blinden oder bei Personen, die aus anderen Gründen des Lesens gar nicht mächtig sind. Soweit die Art und Weise der Aufklärung hingegen allein unter dem Blickwinkel der Risikokomplexität der ärztlichen Heilbehandlung beurteilt wird, lässt sich selbst in Fällen hoher Risikokomplexität kein Grund finden, der jegliche auch nur unterstützende Hinzuziehung schriftlicher Informationen verböte.

b) Ausschließlich mündliche Aufklärung aufgrund spezialgesetzlicher Anforderungen an die Spende menschlicher Körpersubstanzen? Anders könnten nun freilich die Dinge liegen, soweit der Gesetzgeber die Anforderungen an die Aufklärung des Rechtsgutträgers einer gesetzlichen Regelung unterzogen hat. Betrachtet man insoweit zunächst die gesetzlichen Regelungen 10

BGH NJW 1985, 1399.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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für die Spende menschlicher Körpersubstanzen, enthalten allerdings auch sie kein Gebot einer rein mündlichen Aufklärung des Spenders. Einschlägig sind insoweit vor allem die Regelungen zur Spende von Blut und Blutbestandteilen nach dem Transfusionsgesetz und die Spende von Organen insbesondere durch lebende Organspender nach dem Gewebegesetz.11 So stellt § 6 I 1 TFG die Voraussetzung auf, dass die Blut spendende Person „in einer für sie verständlichen Form über Wesen, Bedeutung und Durchführung der Spendeentnahme und der Untersuchungen sachkundig aufgeklärt worden ist und in die Spendeentnahme und die Untersuchungen eingewilligt hat“. Nach § 6 I 2 TFG sind Aufklärung und Einwilligung „von der spendenden Person schriftlich zu bestätigen“, ebenso gemäß § 6 II 2 TFG die Aufklärung des Blutspenders über die mit der Spendeentnahme verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten. Mit dieser Regelung bezweckte der Gesetzgeber eine umfassende Aufklärung der spendenden Person über das Entnahmeverfahren, die auch mögliche Risiken umfasst, die notwendigen Untersuchungen und den Umgang mit spenderbezogenen Daten.12 Dass sich dies allein auf mündlichem Weg erreichen lässt, ist damit freilich nicht gesagt, vielmehr würde dies unterstellen, dass eine schriftliche Aufklärung per se unzureichend ist, eine umfassende Vorstellung zu vermitteln.13 Wie oben bereits gesehen, unterläuft dieser Prämisse allerdings der gedankliche Fehler, die Frage der Schriftlichkeit von Informationen mit der Frage ihrer Typisierung zu verwechseln. Maßgeblich kann aber gerade nicht sein, ob schriftliche Informationen generell zur Aufklärung geeignet sind, sondern nur, inwieweit konkret für den jeweiligen Fallbereich der betroffenen medizinischen Maßnahme die erforderliche Aufklärungsinformation typisierbar ist.14 Ob diese Typisierung der Information dann in der schriftlichen Formularfassung liegt oder in der stereotypen Darbietung mündlicher Informationen, erscheint von nachrangigem Interesse. Mehr für das Gebot einer mündlichen Aufklärung spricht hingegen die genannte Vorgabe des Gesetzes, dass die Aufklärung schriftlich „zu bestätigen“ ist. Wenn die Schriftlichkeit dieser Bestätigung vor allem aber dazu dienen soll, dass dem Blutspender „das Geschehen voll bewusst wird“,15 scheint der Gesetzgeber hier im Grunde doch mehr eine Warnfunktion zu verfolgen. Das legt es aber nahe, dass der Zweck dieser Formvorschrift gegenüber der Form der Auf11 Der Begriff der Körpersubstanz wird im Rahmen dieser Untersuchung als Oberbegriff verwendet, der Gewebe und Blut gleichermaßen umfassen soll, um Missverständnisse mit der gesetzlichen Terminologie zu vermeiden, die zwischen Gewebe und Blut unterscheidet, vgl. insbesondere § 1 II Gewebegesetz. 12 BT-Drs. 13/9594 (S. 18). 13 So bezogen auf § 6 I TFG in der Tat OLG Zweibrücken, NJW 2000, 74 (76). 14 § 5 I. 15 BT-Drs. 13/9594 (S. 18).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

klärung abstrakt, da auf ganz andere Zwecke als die Verständlichkeit bezogen ist. Der Rückschluss auf die zwingende Mündlichkeit der Aufklärung von dieser warnzweckbehafteten Formvorschrift ist also keineswegs zwingend. Entsprechend kann es schließlich auch nicht überzeugen, aus dieser Warnfunktion auf eine der Blutspende anhaftende besonders ungewöhnliche Risikokomplexität zu schließen, die schon für sich genommen, wie zur ärztlichen Heilbehandlung gesehen, kaum die rein mündliche Aufklärung gebieten kann.16 Zwar mag man den Standpunkt vertreten, dass eine rein schriftliche Aufklärung nicht ausreichend wäre. Selbst die diesen Standpunkt vertretende Rechtsprechung geht aber nicht so weit, aus diesem Grund eine rein mündliche Aufklärung zu fordern. Zwar hat insbesondere das OLG Zweibrücken zu § 6 TFG ausgeführt, dass eine Aufklärung, die in einer für den Spender verständlichen Form erfolgen soll, „notwendig nur mündlich erfolgen“ könne.17 Dass das Gericht damit die begleitende, insbesondere vorbereitende schriftliche Aufklärung für unzulässig hält, kann dem Urteil aber nicht entnommen werden, weil es sonst schon nicht erfindlich wäre, weshalb es zunächst ausführlich die Hinlänglichkeit der schriftlichen Informationen prüft, um anschließend deren komplette Irrelevanz festzustellen. Gemeint scheint hier vielmehr der gegenteilige Standpunkt, dass § 6 I TFG nicht die rein mündliche Aufklärung gebietet, sondern umgekehrt die ausschließlich schriftliche Aufklärung untersagt. Nur bei diesem Verständnis des Urteils leuchtet dann auch die umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Urteil des BGH zum Routinecharakter von Polio-Impfungen ein, das sich gerade für eine Reduzierbarkeit der Patienteninformation auf eine schriftliche Aufklärung aussprach.18 Damit lässt sich im Ergebnis § 6 I TFG aber auch aus sachlichen Gründen der Risikokomplexität kein Gebot ausschließlich mündlicher Aufklärung entnehmen. Im Ergebnis nichts anderes gilt dann auch für die Aufklärung lebender Organspender über die Risiken einer Organentnahme nach § 8 II TPG. Zwar wird hier noch eindringlicher als bei § 6 I TFG deutlich, dass der Gesetzgeber von einer mündlichen Durchführung der Aufklärung ausging, wenn es in § 8 II 1 TPG heißt, dass der Organspender auch über sonstige Umstände aufzuklären ist, „denen er erkennbar eine Bedeutung für die Spende beimisst“. Es wäre verzerrt, mit dem Begriff der ‚Erkennbarkeit‘ etwas anderes zu meinen als das in einem mündlichen Gespräch zum Ausdruck kommende Fragebedürfnis des Spenders. Auch die weiteren Bestimmungen des Gesetzes, wonach die Aufklärung gemäß § 8 II 3 TPG „in Anwesenheit eines weiteren Arztes“ zu erfolgen hat, lässt auf den vorausgesetzten Gesprächscharakter schließen, wie schließlich auch die gegenüber § 6 I TFG noch deutlichere Formulierung, dass der Inhalt 16 17 18

Vorstehend § 10 II 1 a). OLG Zweibrücken, NJW 2005, 75 (76). Vgl. OLG Zweibrücken, NJW 2005, 75 (76), zu BGH NJW 2000, 1784 ff.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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der Aufklärung und die Einwilligungserklärung des Organspenders „in einer Niederschrift aufzuzeichnen“ sind. Auch aus dieser vorausgesetzten Mündlichkeit der Aufklärung folgt aber noch nicht notwendig, dass die Aufklärung ausschließlich mündlich erfolgen dürfe. Angesichts des schweren Eingriffs in die körperliche Integrität des Spenders, der in der Entnahme eines vitalen Organs und der damit regelmäßig verbundenen Beeinträchtigung der regulären Körperfunktionen liegt, wird es sich hier vielmehr empfehlen, den Spender durch umfassende Informationen behutsam an seine Entscheidung heranzuführen, was aber die zusätzliche Verwendung schriftlicher Informationen nicht unzulässig, sondern im Gegenteil geboten erscheinen lässt. Dann kann aber auch aus § 8 II TPG nicht das Gebot einer rein mündlichen Aufklärung des Organspenders entnommen werden.

c) Ausschließlich mündliche Aufklärung bei Maßnahmen der medizinischen Forschung am Menschen? Auch für die Aufklärung über die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben lässt sich keine spezialgesetzliche Vorgabe finden, wonach der Teilnehmer ausschließlich mündlich aufzuklären wäre. Betrachtet man insbesondere die Voraussetzungen, die nach der 12. Novellierung des Arzneimittelgesetzes an die klinische Prüfung von Humanarzneimitteln gestellt werden, so macht es § 40 II 1 2. HS. AMG sogar zu einer gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzung der klinischen Prüfung, dass der betroffenen Person für ihre Entscheidungsfindung „eine allgemein verständliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen“ ist. Hier lässt sich der einschlägigen Spezialnorm also nicht nur kein Mündlichkeitsgebot entnehmen, sondern im Gegenteil die Unzulässigkeit einer rein mündlichen Aufklärung. Das gilt auch, soweit das Gesetz in § 40 IV Nr. 3 S. 3 AMG im Fall der Einbeziehung von Minderjährigen auch dessen Aufklärung verlangt, soweit dies im Hinblick auf sein Alter und seine geistige Reife möglich ist, und hierzu nun aber nicht auf die Vorschrift des § 40 II 1 2. HS. AMG verweist, sondern in § 40 IV Nr. 3 S. 5 AMG lediglich auf das Angebot des weiteren Beratungsgesprächs nach § 40 II 2 AMG. Dass dem Minderjährigen mangels eines solchen Verweises keine schriftliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen „ist“, wie es in § 40 II 1 2. HS. AMG heißt, bedeutet aber durchaus nicht, dass eine solche Aushändigung von Rechts wegen unzulässig wäre, auch wenn hinsichtlich der äußeren Gestaltung eines solchen Aufklärungstextes sicherlich andere Vorgaben gelten müssen als für volljährige Personen. Einmal ganz abgesehen davon, dass § 40 II Nr. 3 AMG nicht nur die reguläre Form einer informierten Aufklärung zum Regelungsgegenstand hat, sondern mit der dort geregelten Aufklärung auch schon auf die bloße Berücksichtigung einer nach § 40 II Nr. 3 S. 3, 2. HS. AMG stets maßgeblichen ablehnenden natürlichen Willensrichtung des Minderjährigen

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

abzielt, während die reguläre Einwilligung eines einwilligungsfähigen Minderjährigen erst in § 40 IV Nr. 3 S. 4 AMG geregelt wird und parallel zu einer Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorgesehen ist. Ebenfalls nicht für das Gebot einer zwingend rein mündlichen Aufklärung heranziehen lassen sich schließlich auch die Vorschriften über die klinische Prüfung von Medizinprodukten oder die Anwendung von radioaktiven Stoffen oder ionisierender Strahlung am Menschen in der medizinischen Forschung. So stellt § 20 I Nr. 2, IV Nr. 4 S. 1 MPG lediglich das Erfordernis einer Aufklärung durch einen Arzt auf, was die gebotene Form dieser ärztlichen Aufklärung kaum noch näher beschreibt. Mag hier der Gedanke an ein mündliches Gespräch nahe liegen, kann daraus allein also ebenso wenig wie bei den übrigen bereits erörterten Vorschriften das Gebot einer zwingenden Mündlichkeit entnommen werden. Entsprechendes gilt dann schließlich auch für § 87 III StrlSchVO, der zwar die Vorgabe macht, dass der Proband „zu befragen“ ist, ob an ihm bereits radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung angewandt worden sind, was aber auch nicht notwendig gegen die Schriftlichkeit einer solchen Befragung spricht – man denke nur an die mittlerweile weit verbreiteten Anamnesebögen –, jedenfalls aber kaum gegen die Zulässigkeit zumindest begleitender schriftlicher Informationen. Lassen sich somit aber für die medizinische Forschung keine spezialgesetzlichen Regelungen finden, die explizit eine ausschließlich mündliche Aufklärung vorschreiben, besteht kein Anlass, anders als bereits oben zur ärztlichen Heilbehandlung auch nur hier von einem Gebot ausschließlich mündlicher Aufklärung auszugehen. Zwar mögen die heute verbreiteten äußerst umfangreichen, fachlich hoch differenzierenden und sprachlich für Laien vielfach unverständlichen Aufklärungsbögen zu Arzneimittelprüfungen als Aufklärungsinformation ungeeignet und damit auch in ihrem intendierten Beweiswert noch weitaus niedriger anzusiedeln sein als die standardisierten Aufklärungsformulare insbesondere für die stationäre Krankenversorgung. Von der Untauglichkeit im Umlauf befindlicher Aufklärungsinformationen kann aber nicht auf die rechtliche Unzulässigkeit von schriftlichen Aufklärungsinformationen in der spezialgesetzlich nicht geregelten medizinischen Forschung generell geschlossen werden.

2. Zur Gewichtung formulargetragener und mündlicher Aufklärung bei zulässiger schriftlicher Erstaufklärung Die vorstehenden Überlegungen haben deutlich gemacht, dass eine ausschließlich mündliche Aufklärung weder bei der medizinischen Heilbehandlung noch in der medizinischen Forschung rechtlich geboten ist und dass sich ein entsprechendes Erfordernis auch nicht den wenigen hier repräsentativ ausgewählten spezialgesetzlichen Regelungen einer medizinischen Aufklärung entnehmen lässt. Wenn umgekehrt die rein schriftliche Aufklärung ihrerseits die Aus-

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nahme darstellt und sich auch nicht die Frage stellt, wo sie rechtlich allein geboten, sondern vielmehr umgekehrt ausnahmsweise zulässig ist, bedeutet dies, dass die Aufklärung über medizinische Maßnahmen am Menschen praktisch nie ausschließlich mündlich erfolgen muss, sondern stets von einer schriftlichen Aufklärung begleitet werden darf. Damit stellt sich aber nicht mehr die Frage der Zulässigkeit, sondern der Gewichtung einer schriftlichen Aufklärung neben dem mündlichen Aufklärungsgespräch. Wenn die maßgebliche Bedeutung des Gesprächs darin liegt, den individuellen Verständnishorizont des Rechtsgutträgers auszuloten, kommt der schriftlichen Aufklärung in erster Linie eine unterstützende Funktion zu, entweder im Sinne einer Vorabinformation oder als nachträgliche Überlassung weiterer, den regulären rechtlich gebotenen Aufklärungsumfang übersteigender Detailinformationen. Praktisch dürfte freilich die Aushändigung schriftlicher Aufklärungsinformationen im Sinne einer Vorabinformation bei weitem überwiegen. Hiermit wird zunächst bezweckt, den späteren Einstieg in das Gespräch für beide Seiten zu erleichtern und die Gliederung und den Aufbau des Gesprächs zu fördern. Dann sollen derartige Aufklärungsbögen aber auch dazu dienen, wichtige Fragen der Risiken und ihrer Häufigkeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und den Patienten auch bereits im Sinne einer therapeutischen Aufklärung ausführlich über etwaige Verhaltensmaßgaben nach Durchführung der medizinischen Maßnahme zu informieren. Außerdem lässt sich hierdurch die Anamnese durch spezielle Befragung über Unverträglichkeiten, Voroperationen etc. ergänzen wie beide Seiten auch Gelegenheit erhalten, individuelle Schwerpunkte und besondere individuelle Risiken für das Aufklärungsgespräch vorzumerken.19 Positiv gewendet kann die Verwendung verständlicher und übersichtlicher Aufklärungsbögen zugleich einen beruhigenden und die Arzt-Patienten-Beziehung insgesamt stärkenden Effekt haben. 20 19 So mit Blick auf die sich dem Arzt bietenden Vorteile von Aufklärungsbögen Schlund, Der Anaesthesist 1998, 1007 (1009). In ihrer Grundtendenz berechtigt freilich die Kritik am Beitrag von Schlund durch Weißauer, Der Anaesthesist 1999, 284 (286 f.), und der darin erkennbaren Zielrichtung einer ‚glasklaren und unumwundenen‘ Aufklärung des Patienten zwecks Betreten eines juristisch möglichst ‚sicheren Terrains‘ für den Arzt, vgl. Schlund, Der Anaesthesist 1998, 1007 (1010). Das Erfordernis eines Verständnisses ‚im Großen und Ganzen‘ wird dabei durch die zusätzlichen Überlegungen Weißauers gestützt, hinsichtlich der Abfassung von Aufklärungsinformationen insbesondere deren Auswirkung auf das Angstniveau des Patienten zu bedenken als einem medizinisch anerkannten potenziellen Risikofaktor. Vgl. auch die Hinweise Weißauers auf entsprechende Studien zur Wirkungsweise von Aufklärungsbögen, Der Anaesthesist, 1999, 284 (286). 20 Der empirisch sichere Nachweis dieser Effekte kann allerdings bis heute nicht als geführt angesehen werden. Während etwa aus medizinischer Sicht Maiwald, Möglichkeiten zur Aufklärung der Patienten vor bauchchirurgischen Operationen, S. 101 f., eine erhebliche Steigerung der Informiertheit des Patienten bei kombiniert mündlich-schriftlicher Aufklärung konstatiert ebenso wie eine Steigerung der emotionalen Stabilität, führt Jacob, Jura 1989, 529 (534 f.), Studien an, die derartige Effekte in Frage stellen.

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Auf die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben kann diese Zielrichtung übertragen werden. Wie § 40 II 1 2. HS. AMG zeigt, wird es hier anders als bei der ärztlichen Heilbehandlung meist sogar geboten sein, dem Teilnehmer zusätzlich eine schriftliche Aufklärungsinformation auszuhändigen. Denn sind für viele Laien die medizinischen Zusammenhänge schon bei vergleichsweise risikoarmen und im Gesamtgeschehen wenig komplexen ärztlichen Heilbehandlungsmaßnahmen nicht leicht durchschaubar, gilt dies in gesteigerter Weise für Maßnahmen der medizinischen Forschung. Hier wird dem Laien meist schon nicht vor Augen stehen, welche Besonderheiten mit einem Forschungsvorhaben verbunden sind, insbesondere mit dessen Studiendesign – also etwa die einfach oder mehrarmig, mono- oder multizentrisch, offen oder ein- bis mehrfach verblindet, placebokontrolliert und randomisiert angelegte Studie. Erst recht schwer durchschaubar werden für ihn dann die dem Forschungsvorhaben zugrunde liegenden Hypothesen sein, deren Verständnis meist einen fundierten medizinischwissenschaftlichen Hintergrund erfordert und deren laiengerechte Erläuterung häufig den neuralgischen Punkt der Aufklärungsinformation bildet – ob mündlich oder schriftlich. Sind hier also auch keine Gründe ersichtlich, hinsichtlich der Verständnisanforderungen beim Laien vom Maßstab eines Verständnisses ‚im Großen und Ganzen‘ abzurücken, den der BGH in ständiger Rechtsprechung an die Aufklärung über medizinische Heilbehandlungsmaßnahmen anlegt, 21 kann das allerdings nur bedeuten, dass der Teilnehmer eines Forschungsvorhaben seinerseits nicht im Sinne einer Totalaufklärung mit sämtlichen Einzelheiten vertraut gemacht zu werden braucht, wie dies manchem Pharmaunternehmen im Interesse umfassender Haftungsvorsorge und unter Missverständnis ethischer Aufklärungsgebote vorschwebt, wenn es zur Genehmigung klinischer Arzneimittelprüfungen den Entwurf eines broschürengleichen Aufklärungstextes vorlegt. Damit unterscheidet sich das Aufklärungsgeschehen bei medizinischen Forschungsvorhaben aber nicht strukturell von jenem bei der ärztlichen Heilbehandlung, sondern lediglich hinsichtlich seines Umfangs und seiner Komplexität. Entsprechend ist auch hier also – auch über die geschilderten spezialgesetzlichen Vorgaben hinaus – eine kombiniert schriftlich-mündliche Aufklärung prinzipiell zulässig und ebenso wie in der jedenfalls stationären ärztlichen Heilbehandlung der Regelfall.

21 Nachweise bereits oben § 5 II. Zur Übertragung dieses Maßstabs auch auf die klinische Arzneimittelprüfung der Sache nach Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1318.

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3. Zur Bedeutung der Formularverwendung bei Reduzierbarkeit der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit Die kombiniert schriftlich-mündliche Aufklärung erscheint damit nicht nur rechtlich zulässig, vielmehr dürfte sie zumindest für den Bereich der stationären Krankenversorgung auch den Regefall darstellen. Das bedeutet nun nicht, dass einer sogenannten Stufenaufklärung blind das Wort zu reden ist, wie schon der Begriff der Stufenaufklärung selbst nicht einheitlich verwendet wird.22 Wer hierunter die schriftliche Voraufklärung mit nachfolgender ausführlicher Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte im Gespräch begreift, hat den hier als zweite Stufe beleuchteten Weg der Aufklärung vor Augen, gegen den wie gesehen grundsätzlich keine rechtlichen Einwände zu erheben sind. 23 Wer hingegen den Schwerpunkt des Aufklärungsgeschehens auf die schriftliche Vorabaufklärung legt und ein anschließendes Gespräch auf die Klärung von verbleibenden Rückfragen reduziert, verfolgt der Sache nach den hier abschließend zu erörternden dritten Aufklärungsweg, der dem Gespräch nur noch Kontrollcharakter beimisst und es unter Umständen gar auf eine bloße Gesprächsgelegenheit reduziert. Der schriftlichen Aufklärung kommt hier also ein echter Abschichtungseffekt zu, während auf der zweiten Stufe beide Wege der Informationsvermittlung kumulativ zur Anwendung kommen und die zentrale Bedeutung des Gesprächs bewahrt wird. Das zentrale Problem der nun noch zu erörternden dritten Stufe besteht also nicht in der Einführung einer schriftlichen Aufklärungsebene überhaupt, sondern darin, den Schwerpunkt des Aufklärungsgeschehens vom mündlichen auf das schriftliche Geschehen zu verlagern. Auch für die Beurteilung dieses Aufklärungswegs müssen die beiden eingangs genannten Faktoren der Risikokomplexität einerseits und des Verständnishorizonts andererseits maßgeblich sein. Noch konkreter lässt sich hier in zwei Unterschritten zum einen nach der Verständlichkeit der Information und zum anderen nach dem tatsächlichen Verstehen dieser Information fragen. So entscheidet der Gedanke der Risikokomplexität zunächst darüber, ob Aufklärungsinformationen schriftlich überhaupt verständlich übermittelt werden können oder ob insoweit eine Überforderung des Laien befürchtet werden muss (a). Der Gedanke des Verständnishorizonts macht es dann in einem zweiten Schritt erforderlich, der Individualität menschlichen Verstehens Rechnung zu tragen. Dass eine Information verstanden werden kann, bedeutet also noch nicht, dass sie auch tatsächlich verstanden worden ist. Wenn an diesem Anspruch des Medizinrechts aber mit Rücksicht auf den Schutz des Selbstbestim22 Grundlegend zur Stufenaufklärung Weißauer, ArztKH 1980, 284 f.; vgl. auch Kern/ Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 46 f. Scharfe Kritik an einem durch BGH NJW 2000, 1784, eingeführten Modell der Stufenaufklärung übt Deutsch, JZ 2000, 902 (902 f.). 23 Vorstehend § 10 II 2.

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mungsrechts weiterhin festzuhalten ist, muss die Möglichkeit einer rein schriftlichen Aufklärung abgelehnt werden. Vielmehr bleibt es selbst bei weitgehender Reduktion des Aufklärungsgeschehens auf eine schriftliche Ebene notwendig, dem Rechtsgutträger stets und unmissverständlich eine Gesprächsgelegenheit zu eröffnen (b).

a) Die Verständlichkeit der Aufklärungsinformation Wenn die Verständlichkeit der Aufklärungsinformation in erster Linie von der Risikokomplexität des Geschehens abhängt, so setzt eine Verlagerung des Schwerpunkts auf schriftliche Informationen voraus, dass diese schriftliche Information die Funktion eines Schwerpunkts tatsächlich erfüllen kann. Wenn hier also sämtliche typischerweise entscheidenden Risiken mitzuteilen sind, kann dies einem Laien gegenüber nur dort in Frage kommen, wo diese Risiken in wenigen Hinweisen genannt werden und individuelle Risikoentwicklungen weitgehend ausgeschlossen werden können (aa). Ob öffentlich bestellte Expertengremien die entsprechende Maßnahme befürworten, kann ein gewichtiges Indiz für die geringe Risikokomplexität sein, vermag eine situationsbezogene Risikobewertung aber nicht obsolet zu machen. Für den Bereich der medizinischen Forschung scheitert die Indizfunktion von Voten der beteiligten EthikKommissionen freilich regelmäßig schon daran, dass der Forschungscharakter eine noch nicht gesicherte und in der Regel komplexe Risikostruktur der vorgesehenen Maßnahme mit sich bringt (bb).

aa) Die geringe Risikokomplexität und -individualität des Geschehens als Voraussetzung einer Verschriftlichung der Aufklärung Als Schwerpunkt des Aufklärungsgeschehens geeignet ist die schriftliche Aufklärungsinformation nur dann, wenn sie lediglich einen begrenzten Umfang von Informationen übermitteln muss, die zudem von den Besonderheiten des Einzelfalls weitgehend absehen können, weil individuelle Risikoausprägungen nach Einschätzung der medizinischen Wissenschaft nahezu ausgeschlossen werden können. Je weniger Risiken die medizinische Maßnahme also überhaupt mit sich bringt, je unwahrscheinlicher diese Risiken sind, je sicherer sich der weitere Gesundheitsverlauf bei Verwirklichung eines Risikos vorhersagen lässt, je weniger sich ein verwirklichtes Risiko typischerweise auf die Lebensführung Betroffener auswirkt und je unabhängiger etwaig drohende Risiken von der individuellen körperlichen Konstitution sind, desto beschränkter und stereotyper wird der Inhalt der Aufklärungsinformation – ob mündlich oder schriftlich. Ob den jeweiligen Rechtsgutträger zusätzliche Gesichtspunkte oder ergänzende Erläuterungen interessieren, ist in diesem ersten Schritt, ob Informationen überhaupt auf schriftlichem Wege vermittelbar erscheinen, noch irrelevant. Vielmehr ist diese Sphäre einer Individualisierung der Aufklärung erst

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eine Frage des nachfolgend zu behandelnden konkreten Verstehens.24 Umgekehrt umso weniger in Betracht kommt eine Verlagerung des Aufklärungsschwerpunkts auf Schriftstücke hingegen, soweit die ins Auge gefasste Situation schon ihrer Struktur nach an Komplexität gewinnt. Das gilt etwa für medizinische Maßnahmen an Erkrankten, wo die Auswirkungen der medizinischen Maßnahme zusätzlich die Regelwidrigkeit der Körperfunktionen ins Auge fassen müssen. Komplexer werden die medizinischen Zusammenhänge aber auch schon dann, wenn eine Kombination von Arzneimitteln oder generell Therapien eingesetzt wird oder die Konsequenzen der Maßnahme noch insgesamt – wie im Bereich der medizinischen Forschung – ungesichert sind, ihr vermuteter Verlauf vielmehr erst mit Hilfe der Maßnahme empirisch gesichert werden soll. Diese Einschätzung des entscheidenden Stellenwerts geringer Risikokomplexität für eine Verschriftlichung der Aufklärung liegt auch der bereits oben skizzierten Entscheidung des BGH zur Routineimpfung vom 15. Februar 2000 zugrunde, 25 wenn das Gericht dort für die Frage der Risikoeinschätzung auf die medizinisch-wissenschaftliche Diskussion und die Meinungsbildung durch ein hierzu berufenes öffentliches Gremium abhebt. Dabei soll hier zunächst noch nicht der Rekurs auf das Expertengremium interessieren.26 Vielmehr wird deutlich, dass der BGH materiell eine Risikoeinschätzung billigt, die sich von den Besonderheiten des Einzelfalls nahezu vollständig löst. Erheblich erschien dem BGH für die Aufklärung nicht die individuelle Konstitution der Klägerin, sondern – allein dies wird als relevant erörtert – die durch millionenfache Anwendung gewonnenen Erfahrungen. Hier wird die Komplexität der Risikoeinschätzung so weit reduziert, dass sie sogar nur noch auf einer rein objektiven Ebene der medizinischen Wissenschaft vollzogen wird. Die schriftliche Schwerpunktsetzung lässt sich also der Sache nach damit begründen, dass der Eingriff gerade keine ambivalente Nutzen-Risiko-Struktur aufweist, wie dies denn auch Deutsch in seiner Urteilskritik als Hindernis einer schriftlichen Aufklärung für schwerwiegende Eingriffe anführt. 27 In solchen Fällen ambivalenter Nutzen-Risiko-Struktur kann mangels anzunehmender Verständlichkeit der schriftlichen Schwerpunktinformation eine vorwiegend schriftlich erfolgende Aufklärung also in der Tat nur abgelehnt werden, weil sie ungeeignet erscheint, den Anforderungen des Medizinrechts an die Informiertheit des Rechtsgutträgers gerecht zu werden.28 24

Nachfolgend § 10 II 3 b). BGH NJW 2000, 1784, hierzu oben § 7 III. 26 Hierzu sogleich § 10 II 3 a) bb). 27 Vgl. Deutsch, JZ 2000, 898 (902); zur Aufklärung über mögliche Komplikationen durch den Impfarzt ders., in: FS-Laufs, S. 753 ff. 28 Zur Kritik an der Entscheidung des BGH ausführlicher bereits oben, § 7 III. Wie hier insbesondere auch die in dieser Frage publizierenden Mitglieder des VI. Zivilsenats, vgl. Lepa, in: FS-Geiß (2000), S. 449 (453), und Müller, VersR 2001, 487 (489). 25

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Welche Situationen nun typischerweise eine äußerst geringe Risikokomplexität aufweisen, kann hier angesichts der eingenommen rechtlichen Perspektive nicht vertieft erörtert werden. Es liegt aber nahe, dass dies vor allem solche Fallgruppen sind, in denen die medizinische Maßnahme der gesamten Bevölkerung öffentlich anempfohlen wird, also vor allem Blutspenden. Dass schon eine Routine-Impfung ein höheres Risikospektrum aufweist, zeigen indes die detaillierten Erörterungen, mit denen sich der BGH der Frage zuwendet, ob eine bestimmte Form der Schutzimpfung zur fraglichen Zeit in Fachkreisen unumstritten war oder nicht. 29 Und entsprechend muss dann auch bei der Spende von Körpersubstanzen selbstverständlich entscheidend weiter danach differenziert werden, ob es sich lediglich um die Spende von Blut handelt – und ob diese durch Venenpunktion erfolgt oder durch Kapillarblutentnahme, ob sie in geringem oder größerem Umfang erfolgt, an Erwachsenen oder an Kindern usw. – oder um die Spende anderer Körpersubstanzen, etwa der Spende von Knochenmark oder der Lebendspende vollständiger Organe wie etwa einer Niere. Die Einschätzung der Risikokomplexität kann hier also nur der medizinischen Wissenschaft überlassen bleiben. Für die Zwecke der hier angestellten Überlegungen kommt es allein darauf an, den an Konstellationen zwar nicht weit gezogenen, aber doch immerhin vorhandenen und quantitativ jeweils erheblichen Fallbereich geringst risikobehafteter medizinischer Maßnahmen aufzuzeigen. Eine dem Schwerpunkt nach schriftlich erfolgende Aufklärung hingegen gänzlich abzulehnen und in der Konsequenz selbst noch für eine Spende von 10ml Blut erwachsener Personen zu Forschungszwecken ein umfassendes mündliches Aufklärungsgespräch zu fordern, ließe jedes gebotene Augenmaß bei der Erarbeitung rechtlicher Kontrollmaßstäbe vermissen. Wenn der BGH also in seinem am 14. März 2006 ergangenen Urteil zu Recht betont hat, dass die Aufklärungsanforderungen angesichts des Altruismuscharakter einer Blutspende steigen,30 kann dies noch nicht bedeuten, dass die insoweit unmissverständlich zum Ausdruck zu bringenden Risiken nicht auch dem Schwerpunkt nach schriftlich darstellbar wären. Der Reduktion auf eine bloße Gesprächsgelegenheit steht in dem dort erörterten Fall einer Blutspende vielmehr allein entgegen, dass § 6 I TFG im Sinne eines jedenfalls auch erforderlichen Gesprächs auszulegen ist.31 Wo eine solche Regelung – wie im Fall der ebenfalls altruistischen Spende geringer Blutmengen zu Forschungszwecken – nicht besteht, kommt es für die Zulässigkeit einer dem Schwerpunkt nach schriftlich erfolgenden Aufklärung hingegen allein auf die hier entwickelten materiellen Voraussetzungen an. Hier steht einer Reduktion des Aufklärungsgeschehens auf eine schriftliche Information nebst Angebot einer bloßen Gesprächsgelegenheit also rechtlich nichts im Wege. Ist 29 30 31

BGH NJW 2000, 1784 (1786 f.). BGH MedR 2006, 588 ff., mit Anm. Gödicke, MedR 2006, 568 ff. Hierzu oben § 10 II 1 b).

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die Information nun im dargestellten Umfang beschränkt, setzt ihre schriftliche Vermittlung allerdings – selbstverständlich – ihre Vollständigkeit voraus. Wenn also etwa, wie in dem der genannten BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall, die schriftliche Information über das spezifische Risiko einer Nervtraumatisierung infolge einer durch Venenpunktion erfolgenden Blutspende unzulänglich ist, weil dort lediglich von „Schädigungen von Blutgefäßen oder Nerven“ die Rede ist,32 fehlt es in der Tat an der gebotenen Aufklärung. Nur liegt das Defizit, das man der Transfusionseinrichtung anlasten muss, nicht darin, vor dem mündlichen Aufklärungsgespräch ein schriftliches Formular verwendet zu haben. Vielmehr reduziert sich der Fehler allein darauf, dass die schriftliche Vorinformation nicht vollständig, sondern tedenziell verharmlosend abgefasst war.

bb) Zur begrenzten Indizkraft von Stellungnahmen öffentlich bestellter Expertengremien Wie weit kann nun aber tatsächlich die Stellungnahme eines öffentlich bestellten Expertengremiums reichen? Der BGH hat in seinem Fall zur Routineimpfung verschiedentlich den Gedanken angeführt, dass dem Rechtsgutträger angesichts einer Abwägung sämtlicher Nutzen und Risiken durch ein solches Gremium der Entscheidungskonflikt „weitgehend abgenommen“ wird.33 Das soll nun sicherlich nicht bedeuten, dass an die Stelle der individuellen NutzenRisiko-Bewertung durch den Betroffenen die Abwägung eines Expertengremiums treten soll. Gemeint sein kann hier vielmehr nur, dass eine objektive Abwägung von Nutzen und Risiken zum einen das Risikopotential als akzeptabel erscheinen lässt, dass sie sich zugleich aber auch in der Weise standardisieren lässt, dass Abweichungen zunächst der ärztlichen Risiko-Nutzen-Abwägung im Einzelfall praktisch kaum denkbar sind. Die öffentliche Stellungnahme ersetzt hier also gleichsam weitgehend die Notwendigkeit einer individuellen Therapie- (hier: Immunologisierungs-) Empfehlung, so dass die schriftliche Aufklärung gewissermaßen als generelle Empfehlung des konkret konsultierten Arztes gelten kann. Abgenommen wird dem Rechtsgutträger hier also nicht der Entscheidungskonflikt, sondern allenfalls nur der Zweifel an einer positiven Bewertung der Risiko-Nutzen-Struktur durch den Arzt, auch wenn dies praktisch in vielen Fällen auf das Gleiche hinauslaufen wird. Damit wird aber zugleich deutlich, dass die öffentliche Expertenempfehlung noch nicht über die Komplexität der Risikostruktur entscheiden kann, auf die es bei der Verschriftlichung der Aufklärung zentral ankommt. Sie kann bestenfalls nur insoweit ein Indiz für eine geringe Risikokomplexität sein, als die 32

Zum Sachverhalt vgl. die Ausgangsentscheidung des OLG Zweibrücken, NJW 2005,

74 f. 33

Vgl. BGH NJW 2000, 1784 (1787).

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stereotype Einschätzung von Gesundheitsrisiken schon per se einen sehr begrenzten Umfang von Risiken voraussetzt, weil ein Absehen von den Besonderheiten der individuellen Gesundheitskonstitution sonst schon medizinischwissenschaftlich gar nicht vertretbar wäre. Nur mit allen Vorbehalten lässt sich daher erwägen, ob man eine so bemessene Indizienkraft öffentlicher Expertenempfehlungen auch auf andere Gremien übertragen kann, etwa auf die ‚Arbeitsgruppe Blut‘ als beim Robert-Koch-Institut angesiedeltes Gremium zur Erarbeitung von Standards für Blutspenden, oder auf andere vergleichbar konkret sachbezogene Gremien, vor allem auf öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen zur Beurteilung medizinischer Forschungsvorhaben am Menschen. Hier werden nun allerdings doch rasch klare Grenzen erkennbar. So setzt das positive Votum einer Ethik-Kommission zwar voraus, dass die vom Forschungsvorhaben ins Auge gefasste Nutzen-Risiko-Struktur aus ärztlicher Sicht als angemessen eingeschätzt wird, wie ein solches Votum denn auch die Bereitschaft potenzieller Patienten oder Probanden zu ihrer Teilnahme fördern mag.34 Hieraus kann aber keinesfalls eine Schwerpunktverlagerung der Aufklärung auf ein schriftliches Geschehen folgen, geht die Durchführung zumindest klinischer Arzneimittelprüfungen doch regelmäßig mit äußerst komplexen Risikostrukturen einher, die sich dem Laien nicht in wenigen Sätzen erschließen. Wo hingegen eine weitgehende Verlagerung auf schriftliche Aufklärungsinformationen auch in der wissenschaftlichen Forschung ausreichend erscheint, lässt sich dies nicht mit dem Votum einer Ethik-Kommission begründen, sondern allein mit der geringen Risikokomplexität der Maßnahme. Das gilt insbesondere für die Spende von Blut, erst recht aber für die Einwilligung in die nachträgliche Überlassung zu medizinischen Zwecken isolierter Körpersubstanzen für Forschungszwecke, bei denen der von der ärztlichen Aufklärung bezweckte Schutz körperlicher Integrität durch Selbstbestimmung gar nicht mehr tangiert wird. Vielmehr beschränkt sich der Schutzgegenstand hier jenseits der körperlichen Integrität allein auf ein hieran erst anknüpfendes Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung. Hier kommt es zur möglichen Rechtfertigung einer schriftlichen Aufklärung also entscheidend nicht auf das Votum einer Ethik-Kommission an, sondern darauf, dass die strengen Aufklärungsanforderungen des Medizinrechts verlassen werden, wenn der damit verfolgte körperliche Integritätsschutz gewahrt ist und es nun nur noch um die Aufklärungsanforderungen zur Weiterverwendung dieser Substanzen ankommt.35

34 Wenngleich etwa die klinische Prüfung eines Arzneimittels ohne eine solche zustimmende Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission auch gar nicht statthaft wäre, vgl. § 40 I 2 1. HS. AMG. 35 Zu dieser präzisen Unterscheidung als Grundlage insbesondere auch einer Inhaltskontrolle entsprechender Formulareinwilligungen unten § 11 II 3 b).

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b) Das Verstehen der Aufklärungsinformation Mit der geringen Risikokomplexität und dem entsprechend geringen Informationsumfang ist nun allerdings zunächst nur gewährleistet, dass die Aufklärungsinformation verständlich und damit überhaupt geeignet ist, vom Rechtsgutträger zur Kenntnis genommen und verstanden zu werden. Wenn die Wirksamkeit der medizinischen Einwilligungserklärung entscheidend jedoch weiter davon abhängt, dass der Rechtsgutträger auch tatsächlich einen hinlänglichen Überblick über die spezifisch drohenden Risiken erhalten und die Zusammenhänge zumindest laiengerecht verstanden hat, stellt sich für die Verschriftlichung der Aufklärung in einem zweiten Schritt dann die Frage, wie sich dieses individuelle Verstehen angesichts der Schriftform überhaupt noch sicherstellen lässt. Insoweit sind zunächst jene Fälle auszuscheiden, in denen die Rechtsprechung schon bislang dem Rechtsgutträger ein gewisses medizinisches Basiswissen unterstellt. Denn hier geht es gar nicht um die Sicherstellung individuellen Verstehens, vielmehr wird die Kenntnis der erforderlichen Zusammenhänge von vornherein vorausgesetzt (aa). Wenn der Haupteinwand gegen eine Verschriftlichung der Aufklärung in der Außerachtlassung des individuellen Verständnishorizonts liegt, kann im Ergebnis aber auch keine ausschließlich schriftliche Aufklärung in Betracht kommen, da sich das Verstehen des Rechtsgutträgers dann im Grunde auf eine bloße Verstehensaussicht reduziert, ohne den Arzt, der die Verantwortung für das individuelle Verstehen trägt, noch zu einer Kontrolle dieses Verstehens zu verpflichten. Die Schwerpunktverlagerung auf eine schriftliche Aufklärung setzt unter Fortdenken der medizinrechtlichen Aufklärungsanforderungen daher ausnahmslos den Anschluss einer mündlichen Aufklärungssphäre voraus (bb). Das bedeutet allerdings nicht, dass sie zwingend in einem sich anzuschließenden Gespräch bestehen muss. Vielmehr kommt hier auch in Betracht, den mündlichen Gesprächsanteil entweder auf eine Nachfragepflicht des Arztes zu reduzieren oder dem Rechtsgutträger schließlich nur noch eine Gesprächsgelegenheit anzubieten, die er nun von sich aus zu ergreifen hat. Soweit freilich gesetzliche Vorgaben zusätzlich die Durchführung eines Gesprächs fordern, kann eine bloße Gesprächsgelegenheit nicht in Betracht kommen (cc).

aa) Zur Irrelevanz des Verstehens bei unterstelltem medizinischen Basiswissen Nicht vom Anwendungsbereich einer dem Schwerpunkt nach auf schriftliche Informationen verlagerten Aufklärung erfasst werden jene Fallgruppen, in denen dem Rechtsgutträger ein medizinisches Basiswissen unterstellt und daher konsequenterweise schon eine entsprechende Aufklärungspflicht des Arztes verneint wird.36 Hier stellt sich also gar nicht die Frage nach der Zulässigkeit 36

Vgl. bereits oben § 5 II 1 a).

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einer Reduktion der Aufklärung auf schriftliche Informationen, vielmehr ist diese Frage mangels Aufklärungsbedürftigkeit der fraglichen Information von vornherein irrelevant. Deutlich wird hieran aber immerhin, dass die Rechtsprechung bei solchen Risiken – also etwa „Risiken, die mit jeder größeren, unter Narkose vorgenommenen Operation verbunden sind und mit denen ein Patient im allgemeinen rechnet, z.B. Wundinfektionen, Narbenbrüche, Embolien“37 – den denkbar weitesten Schritt geht, wenn sie Informationen für den Rechtsgutträger gänzlich ausblendet. Damit thematisiert diese Rechtsprechung zugleich eine entscheidende Grenze des Aufklärungsgeschehens, nämlich die Eigenverantwortlichkeit des Patienten. Der Schutz des Selbstbestimmungsrechts geht also nicht so weit, dem Arzt die gesamte Verantwortung für das Aufklärungsgeschehen aufzubürden. Vielmehr lässt sich auch die gesamte Rechtsprechung des BGH zur Grundaufklärung und den hiermit im Zusammenhang entwickelten Frageobliegenheiten des Patienten38 nur dahin deuten, dass die Aufklärungsdogmatik bereits seit langem die Eigenverantwortlichkeit des Rechtsgutträgers als Grenze der Aufklärungspflicht kennt. Konsequent fortgedacht, kann sich diese Grenze aber nicht nur am Umfang auswirken, sondern muss sich auch in der Art und Weise der Aufklärung niederschlagen. Gerade nicht hiermit gleichgesetzt werden darf nun allerdings der vorstehend angeführte Gedanke des BGH von einer Entlastung des Rechtsgutträgers durch die Empfehlungen öffentlich bestellter Expertengremien, wird man doch kaum so weit gehen können, aus einer solchen Empfehlung auch abzuleiten, dass weite Teile der Bevölkerung aufgrund dieser Empfehlung ein sachbereichsspezifisches Wissen erlangt haben. Der BGH scheint nun zwar in diese Richtung zu tendieren, wenn er angesichts der langen Anerkennung entsprechender Impfungen in der Bevölkerung meint, die beklagte Kinderärztin habe „bei dieser Sachlage […] davon ausgehen [können], dass auch die Mutter der Kl. mit der Impfung vertraut und über die allseits akzeptierte Notwendigkeit im Bilde war“.39 Dass dies nicht im Sinne eines Wissens um die relevanten Aufklärungsinformationen gemeint gewesen ist, kann man allerdings nur aus der Tatsache schließen, dass das Gericht dann konsequenterweise die Frage einer konkreten Aufklärung – einerlei, ob mündlich oder schriftlich erfolgt – überhaupt nicht hätte zu erörtern brauchen. Wenn hierauf jedoch gerade der Schwerpunkt des Urteils lag, wird man nicht annehmen können, dass der BGH der Expertenempfehlung die Wirkung beimessen wollte, in der Bevölkerung nicht mehr aufklärungsbedürftiges medizinisches Basiswissen zu verbreiten.

37 So (im Hinblick auf Embolien recht weitgehend) BGH NJW 1992, 743, mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 38 Eingehender oben § 5 II 2. 39 BGH NJW 2000, 1784 (1787).

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Wie ambivalent die Annahme medizinischen Basiswissens sein kann, zeigt dann aber auch der vom OLG Zweibrücken entschiedene Blutspende-Fall.40 Hier wird man zwar möglicherweise noch am ehesten ein gewisses in der Bevölkerung vorhandenes Basiswissen um die Risiken einer Venenpunktion voraussetzen können. Mangels jeglicher medizinischer Indikation der Venenpunktion trat den mit dieser Punktion einhergehenden Risiken aber keinerlei Notwendigkeit gegenüber, sondern lediglich das altruistische Motiv eines Diensts für die Allgemeinheit. Dann stiegen aber allein schon angesichts des Fehlens einer medizinischen Indikation die Aufklärungsanforderungen,41 so dass selbst ein vorhandenes Basiswissen des Rechtsgutträgers es kaum hätte rechtfertigen konnte, das mit einer Venenperforation verbundene Risiko einer Nervschädigung zu vernachlässigen. Hierin lag, wie der BGH in seiner Revisionsentscheidung zu Recht betonte,42 das entscheidende Versäumnis, das man den Verfassern des Aufklärungsformulars vorwerfen konnte.43

bb) Zur Ablehnung allein schriftlicher Aufklärung Ist somit ein Risiko überhaupt aufklärungsbedürftig, bedeutet die Möglichkeit schriftlicher Schwerpunktsetzung nun allerdings nicht, dass sich die Aufklärung auf eine rein schriftliche Ebene reduzieren ließe. Denn das hätte die Annahme zur Konsequenz, dass es entweder auf das individuelle Verständnis im Einzelfall gar nicht mehr ankommt – was nun allerdings der herrschenden Aufklärungsdogmatik diametral entgegenliefe – oder dass sich allein aufgrund der Handreichung schriftlicher Aufklärungsinformationen unabhängig vom individuellen Verständnishorizont ein Verstehen der Information mit Sicherheit annehmen ließe. Die Verschriftlichung der Aufklärungsinformation setzt also zwar die Typisierung des Verständnishorizonts voaus, indem die Information auf einen Laien zugeschnitten wird und insbesondere äußerlich – wie später noch eingehender zu betrachten sein wird – den strikten Anforderungen der Transparenz genügen, also insbesondere dem typischen Lesevermögen potenzieller Leser Rechnung tragen muss.44 Das vermag aber nur schriftliche Aufklärungsinformationen überhaupt als geeignet zur Informationsvermittlung einzustufen. Stets gewahrt bleiben muss hingegen die Vorgabe, dass der Leser der schriftlichen Aufklärungsinformationen den Inhalt auch tatsächlich verstanden hat. Da diese Einschätzung nun allerdings ihrer Grundtendenz nach der ärztlichen Expertise unterliegt, bedarf auch eine Verschriftlichung der Auf40

OLG Zweibrücken, NJW 2005, 74 f. Hierzu bereits oben § 5 I 1. So denn auch BGH MedR 2006, 588 (589). Zur einseitigen Motivationslage in Fällen altruistischer medizinischer Maßnahmen vgl. für den Bereich der Probandenforschung bereits oben § 6 I 2 a). 42 BGH MedR 2006, 588 (589 f.), mit Anm. Gödicke, MedR 2006, 568 ff. 43 Siehe bereits zuvor § 10 II 3 a) aa). 44 Unten § 12 III 2 a). 41

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

klärung stets noch der Verbindung zu einer mündlichen Aufklärungssphäre mit dem Arzt. Die Frage kann hier also nicht lauten, ob, sondern nur, in welchem Maße hier ein Gespräch zu fordern ist.

cc) Zur Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine Gesprächsgelegenheit in Fällen zumutbarer Selbstverantwortung Die Reduktion des mündlichen Aufklärungsanteils bei dem Schwerpunkt nach schriftlich erfolgender Aufklärung steht damit entscheidend im Kontext einer Kontrolle individuellen Verstehens. Wer auch hier am Gespräch festhält, vertritt der Sache nach den Standpunkt, dass diese Kontrolle nur durch den Arzt erfolgen kann.45 Die Möglichkeit einer Reduzierung des mündlichen Aufklärungsanteils auf die Gewährung einer bloßen Gesprächsgelegenheit, wie sie der BGH konzediert hat,46 verlagert die Verständniskontrolle hingegen ab einem gewissen Punkt vom Arzt auf den Patienten selbst. Das ist grundsätzlich allein schon deshalb überzeugend, weil der Arzt, wie der vorstehende Hinweis auf die Vorgaben einer Grundaufklärung und etwaiger Frageobliegenheiten des Patienten deutlich gemacht hat, schon für das mündliche Aufklärungsgespräch nicht die volle Verantwortlichkeit trägt und sich dem Arzt insbesondere die Motivsphäre des Patienten nur erschließt, wenn dieser sich auch äußert.47 Wo lässt sich hier aber unter dem Gedanken der Eigenverantwortung die Grenze ziehen? Es wäre ein untauglicher Versuch, hierzu von juristischer Seite aus klare Vorgaben machen zu wollen. Maßgeblich kann hier vielmehr nur der zuvor entwickelte Gedanke geringer Risikokomplexität und -individualität sein, der weithin der medizinisch-wissenschaftlichen Einschätzung überlassen bleiben muss. Gleiches gilt für die Vorgabe der Aufklärungsdogmatik, auch über entfernte, dem Eingriff aber spezifisch anhaftende und bei ihrer Verwirklichung die Lebensführung besonders belastende Risiken aufklären zu müssen. Die schriftliche Aufklärungsinformation kann hier nur typische Lebenssituationen ins Auge fassen. Eine Verschriftlichung der Aufklärung kommt also nicht in Betracht, wenn solche spezifischen Risiken zwar nicht von der individuellen Gesundheitssituation, wohl aber auch nur von der individuellen Lebensführung abhängen. Ist beides allerdings schon für die materiellrechtliche Zulässigkeit einer Verschriftlichung des Aufklärungsgeschehens entscheidend, muss der Gedanke einer aus Eigenverantwortung erwachsenden Obliegenheit zur Gesprächswahr45

So etwa Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 14 ff. BGH NJW 2000, 1784. Noch weitergehend offenbar Roxin/Schroth-Bruckmüller/ Schumann, Handbuch des Medizinstrafrechts, S. 661, die es für letztlich ausschlaggebend allein erachten, „ob der Patient tatsächlich ausreichend informiert war“, was entgegen der hier vertretenen Auffassung auch die Zulässigkeit einer von vornherein ausschließlich schriftlich konzipierten Aufklärung impliziert. 47 Zur Verschränkung der Motivsphären beider Gesprächspartner oben § 5 I. 46

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nehmung am potenziellen Verständnis des Rechtsgutträgers ansetzen. Wo also davon auszugehen ist, dass ein Laie selbst einfachste medizinische Zusammenhänge nur schwer verstehen wird, kann die Reduktion auf eine Gesprächsgelegenheit nicht in Frage kommen. Erscheint eine weitgehend schriftliche Aufklärung also auch unter dem Aspekt inhaltlicher Verständlichkeit der Risikostruktur als zulässig, hängt sie doch entscheidend noch davon ab, dass auch die äußere Gestaltung der schriftlichen Information so verständlich gehalten ist, dass für die überwiegende Zahl der Fälle die Annahme berechtigt ist, das relevante Wissen tatsächlich zu vermitteln. Denn nur in diesem Fall erscheint umgekehrt auch die Annahme berechtigt, dass Verständnisdefizite dem Leser vor Augen treten und er daher das Gespräch suchen wird. Ein weiterer Gesichtspunkt für eine Grenzziehung anhand des Prinzips der Selbstverantwortung ist dann auch der Grad der Rechtsgütergefährdung. Je höher das Risiko einer medizinischen Maßnahme also ist, desto weniger wird es in Frage kommen können, den Schutz der körperlichen Integrität unter dem Aspekt der Eigenverantwortung einzuschränken. Je geringer risikobehaftet oder gar nur belastend eine medizinische Maßnahme ist, desto eher lässt sich dem Rechtsgutträger dann hingegen auch das Gebot der Selbstverantwortung entgegenhalten. Wenig überzeugend ist es demgegenüber, den Formulargebrauch insgesamt oder auch nur die Möglichkeit einer Gesprächsreduktion unter Hinweis auf eine „außerordentlich passive Haltung“ des Patienten zurückzuweisen.48 Passiv wird die Haltung des Patienten in der überwiegenden Zahl der Fälle auch bei Beginn des mündlichen Aufklärungsgesprächs sein, wenn der Arzt es notwendigerweise auf einem vorgefassten Abstraktionsniveau beginnt.49 Wird dem Patienten nach Aushändigung eines schriftlichen Aufklärungsformulars Gelegenheit zu einem Gespräch gegeben, geschieht von der Situation her betrachtet aber nichts anderes, als wenn der Arzt nach anfänglichen Bemerkungen innehält und weitere Reaktionen des Patienten abwartet. Zwar mag die Gefahr bei der schriftlichen Aufklärung größer sein, dass der Patient vergisst, einen nicht verstandenen Punkt gesprächsweise anzuschneiden, auch wenn der empirische Beweis hierfür aussteht. Dieser Gefahr wird nach den hier entwickelten Kriterien aber schon dadurch Rechnung getragen, dass die Möglichkeit einer Gesprächsreduktion auf Fälle geringer Risikokomplexität und -individualität beschränkt wird. Eine zwingende Grenze wird dem hier erörterten dritten Aufklärungsweg hingegen dort gezogen, wo das Gesetz selbst die Mündlichkeit der Aufklärung im Sinne eines jedenfalls auch durchzuführenden Gesprächs vorschreibt, so insbesondere in den oben erörterten Vorschriften der §§ 6 TFG, 8 TPG, 40 AMG, 20 MPG und 87 StrlSchVO.50 48

So aber offenbar die Tendenz von Spickhoff, NJW 2001, 1757 (1761). Vgl. bereits oben § 10 II 1. 50 Während aus dem Gebot einer für die betroffene Person verständlichen Aufklärung nach der hier vertretenen Auffassung gerade nicht umgekehrt auf ein solches Formgebot ge49

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

III. Zur Kontrolle überraschender Formularinhalte analog § 305c I BGB Die bisherigen Überlegungen haben deutlich gemacht, dass die medizinrechtliche Dogmatik für die „Einbeziehung“ schriftlicher Aufklärungsinformationen in die Einwilligungserklärung gänzlich andere Wege beschreitet als § 305 II BGB für die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen. Nach medizinrechtlichen Grundsätzen ist die schriftliche Einwilligungserklärung regelmäßig überhaupt nur als Dokumentation einer mündlichen Aufklärung relevant, besteht das Grundmodell der Aufklärung hier doch im Gespräch zwischen Arzt und Patient, das von schriftlichen Erklärungen nur begleitet, hierdurch aber nicht vollständig ersetzt wird. Nur dort, wo ausnahmsweise überhaupt eine Reduktion des Aufklärungsgeschehens auf schriftliche Informationen unter Angebot einer Gesprächsgelegenheit zulässig erscheint, kann der schriftlich niedergelegten Einwilligungserklärung zugleich eine materiellrechtliche Bedeutung zukommen. Denn sucht der Rechtsgutträger hier das Gespräch gar nicht, sondern unterzeichnet er lediglich das Formular, dann dokumentiert dieses Schriftstück nicht nur seine Erklärung, vielmehr ist die Unterzeichnung dann auch die einzige Tatsache, in der seine Einwilligung nach außen tritt. Kommt angesichts dieser speziellen medizinrechtsdogmatischen Vorgaben eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 305 II BGB mithin nicht in Betracht, kann dies allerdings nicht mit der gleichen Schärfe für § 305c I BGB gelten, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil werden, wenn sie nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. § 305c I BGB beschreitet dabei eine Gratwanderung zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, wenn der ungewöhnliche Inhalt einer Bestimmung als Hindernis für die Einbeziehung fungiert.51 Indem die Vorschrift den Erwartungshorizont des Kunden zum Kontrollmaßstab erhebt, erscheint die Anwendung auf Konstellationen in der Medizin freilich im Ausgangspunkt nicht minder fraglich. Denn der Erwartungshorizont des Laien ist in der Medizin notwendig pauschal, stehen ihm die einzelnen medizinischen Zusammenhänge doch gerade nicht vor Augen, weshalb es schlossen werden kann, da dies auf die These der Individualverständlichkeit nur eines Gesprächs hinausliefe. So aber die Auslegung des OLG Zweibrücken zu § 6 I TFG, NJW 2000, 74 (76). 51 Dass die Bestimmung des § 305c I BGB überwiegend zur Einbeziehungskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerechnet wird, dürfte in erster Linie aus der dort ausgesprochenen Rechtsfolge resultieren, dass derartige Klauseln „nicht Vertragsbestandteil“ werden, statt, wie etwa nach § 307 I 1 BGB, „unwirksam“ zu sein.

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ja überhaupt seiner Aufklärung bedarf.52 Ein Patient wird hier meist nur den Wunsch haben, gesund zu werden oder Linderung zu erfahren. Dass hierfür dann mitunter medizinische Wege existieren, von deren Existenz der Patient noch nie, auch nur im Sinne einer überhaupt bestehenden Behandlungsmöglichkeit, gehört hat, ist dabei keineswegs fernliegend, sondern schon eher umgekehrt der Regelfall. Die ganze Situation ist für den Patienten von vornherein so ungewöhnlich, dass sich ein gesteigertes Maß noch ungewöhnlicherer Umstände kaum ausmachen lassen wird. Und das gilt selbstverständlich nicht nur für die Kenntnisse etwaiger Behandlungsmöglichkeiten, sondern erst recht für die mit diesen verbundenen spezifischen Risiken. Soweit man daher eine analoge Anwendung des § 305c I BGB auf Formularerklärungen in der Medizin erwägt, kann dies nicht den medizinischen Umfang der auf den körperlichen Integritätsschutz bedachten Aufklärung betreffen, und zwar auch nicht unter dem möglichen weiteren Gesichtspunkt, dass die in der Einwilligungserklärung in Bezug genommene schriftliche Aufklärung bei weitem zu ausführlich und detailliert erscheint. Denn ob den Rechtsgutträger eine rechtlich gebotene Information überrascht oder ob er nicht mit einem bei weitem zu detailliert erscheinenden, gar nicht aufklärungsbedürftigen Risiko rechnet, lässt sich schon sachlich kaum unterscheiden. Das Problem überintensiver und unter diesem Gesichtspunkt fragwürdiger Formularerklärungen soll hier daher nicht unter dem Gesichtspunkt eines Überraschungseffekts behandelt werden, sondern unter dem Aspekt der Intransparenz, die den Indizienwert oder ausnahmsweise die materiellrechtliche Erheblichkeit der Erklärung in Frage stellen kann.53 Für eine Analogie in Betracht zu ziehen bleiben hier somit nur solche Erklärungen, die neben dem Inhalt der Einwilligungserklärung stehen. Als überraschend qualifizierbar erschiene etwa eine versteckte Formulierung in dem Formular, worin der Patient erklärt, auf weite Teile der Aufklärung gänzlich zu verzichten.54 Realistischer ins Auge zu fassen ist eine analoge Anwendung von § 305c I BGB dann aber vor allem auf Erklärungen, mit denen Maßnahmen konsentiert werden sollen, die gar nicht notwendiger Gegenstand der betroffenen medizinischen Vorgehensweise sind. Eine der kontroversesten Diskussionen zur analogen Anwendung des § 305c I BGB betrifft daher nicht zufällig die Zulässigkeit sogenannter Sektionsklauseln, also die vorformulierte Einwilligung des Patienten in die innere Leichenschau im Fall seines Versterbens 52 Zur fehlenden Anschauung von der Lebenswelt der Medizin als sachlicher Rechtfertigung des informed consent oben § 3 II 1 b) bb) (1) sowie als Gesichtspunkt eines Analogieschlusses zu den §§ 305 ff. BGB oben § 9 III 2 a) bb) (1) (b). 53 Hierzu unten § 12 III sowie, zu den Rechtsfolgen von Intransparenz, § 13 II 3. 54 Zu diesem freilich recht akademisch anmutenden Fall bereits Niebling, MDR 1982, 193 (195); aus jüngerer Zeit aber auch etwa Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 440. Vgl. auch Kohte, AcP 185 (1985), 105 (130).

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in der Klinik (1.). Ebenfalls jenseits der medizinischen Heilbehandlung liegen dann aber auch medizinische Forschungsmaßnahmen, deren Konsentierung in einem Einwilligungsformular daher ebenfalls auf ihren Überraschungseffekt zu beurteilen sind (2.). Nur mittelbar mit dem weiteren nicht medizinischen Teil der Vertragsdurchführung befassen sich dann hingegen Einwilligungserklärungen in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, insbesondere solche Klauseln, die die externe Honorarabrechnung ermöglichen sollen (3.).

1. Die Einwilligung in die innere Leichenschau Gesetzlich zugelassen ist die innere Leichenschau nur bei Eingreifen der wenigen hier existierenden Spezialbestimmungen.55 Viele Kliniken sehen es hingegen als eine Notwendigkeit an, die innere Leichenschau bei in der Klinik verstorbenen Patienten durchzuführen. Der dahinter stehende Gedanke ist dabei praktisch durchweg eine Verbesserung künftiger medizinischer Behandlung aufgrund einer Sicherung und Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität. Damit steht die klinische Sektion in engem Kontext mit der medizinischen Forschung, soweit sie sich an lebenden Personen nicht oder nicht aussagekräftig genug durchführen lässt. Die Zulässigkeit einer solchen Sektion hängt entscheidend von der Einwilligung des Patienten zu Lebzeiten ab, ansonsten von jener des totenfürsorgeberechtigten Angehörigen.56 Da der Patient selbst mit der Bitte um eine solche Erklärung jedoch kaum jemals konfrontiert werden wird, um Missverständnisse und Ängste zu vermeiden, da die meisten Kliniken jedoch auch gegenüber den Angehörigen eines Verstorbenen die Pietät wahren und entsprechende Gespräche vermeiden möchten, sind in den vergangenen Jahren nicht wenige Krankenhäuser dazu übergangen, eine vorformulierte Sektionseinwilligung in die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Krankenhausaufnahme aufzunehmen. In der Literatur sind derartige Klauseln ganz überwiegend auf scharfe, berechtigte Kritik gestoßen. Mag ein Todesfall im Krankenhaus auch nicht außerhalb der objektiven Wahrscheinlichkeit liegen,57 so liegt der eigene Tod regelmäßig gerade außerhalb dessen, womit der Patient auch nur einer vagen

55 Vgl. insbesondere §§ 78 ff. StPO und § 26 III IfSG. Zu den mit der gerichtsmedizinischen Obduktion in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen zulässiger Datenübermittlung für Forschungszwecke Taupitz/Pitz/Wicklein, MedR 2005, 262 (266 ff.). 56 OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2952); OLG München, NJW 1976, 1805 m. abl. Anm. Linck, NJW 1976, 2310; Soergel-Zeuner, § 823 Rz. 64; Staudinger-Hager, § 823 Rz. C 44; Dufková, MedR 1998, 304 (306 ff.); vgl. auch Nixdorf, VersR 1997, 740 ff.; Pluisch, NJW 1994, 2377 ff.; sowie, mit umfangreichen Literatur-Nachweisen, BGH NJW 1990, 2313 (2314). 57 So Bunte, NJW 1986, 2351 (2354).

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Erwartungshaltung nach rechnet, wenn er ein Krankenhaus aufsucht. 58 Diese Erwartungshaltung zu pauschalieren, ist zwar insofern problematisch, als die gesamte medizinische Behandlungssituation für den Laien innerhalb seiner Lebenswelt ungewöhnlich ist. Ausschlaggebend dürfte hier aber auch gar nicht sein, womit genau der Laie typischerweise rechnet oder nicht, als vielmehr die Tatsache, dass sich die Einstellung zu Leiden, Sterben und Tod jeglicher Typisierung entzieht. Wie in der Bevölkerung also schon erheblich abweichende Einstellungen zum Tod existieren und der Gedanke an das Ende menschlicher Existenz ganz überwiegend einem gleichermaßen individuellen wie gesamtgesellschaftlichen Verdrängungsprozess unterliegt, gilt dies auch für in ein Krankenhaus aufgenommene Patienten, mag die Schicksalhaftigkeit des Lebens hier auch präsenter sein als in anderen Lebensbereichen. Es mag daher in der Konsequenz zwar zunächst einleuchten, hinsichtlich der Wirksamkeit einer Sektionseinwilligung danach zu differenzieren, ob der Patient bei Aufnahme in das Krankenhaus seinen eigenen Tod konkret in Betracht zieht oder nicht.59 Die einheitliche Regelung in einem Formular ist einer solchen Differenzierung aber nicht zugänglich. Eine differenzierende Klausel wäre zudem auch im Hinblick auf das Verbot salvatorischer Klausel mehr als zweifelhaft. Denn wenn § 306 II BGB nach ganz herrschender Auffassung dahin verstanden wird, dass an die Stelle einer unwirksamen Bestimmung eine interessengerechte Lösung treten soll und nicht eine solche, die den Interessen des Verwenders noch am weitesten entgegenkommt,60 muss diese Überlegung auch für die Einbeziehungskontrolle nach § 305c I BGB gelten. Zwar mag man insoweit auf den Gedanken kommen, die Klausel für sachlich teilbar zu halten, was die teleologische Reduktion einer unwirksamen Klausel ausnahmsweise rechtfertigen kann.61 Dieser Weg dürfte sich aber kaum als gangbar für eine Klausel erweisen, deren sachliche Teilung entlang einer Grenzlinie verläuft, die an den subjektiven Wertvorstellungen des Formularadressaten ansetzt und damit keine typisierbaren Züge mehr aufweist. In einem prominenten Urteil zu einer Sektionsklausel konnte sich der BGH angesichts des damals gemäß § 13 AGBG als Verbandsklage anhängig gemachten Verfahrens zur Frage einer Überraschungswirkung der Klausel nicht äußern.62 Der BGH hat daher nur ausgeführt – und auch dies bereits unter 58

Entsprechend scharf die Kritik von Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 441, am vorgenannten Argument von Bunte, NJW 1986, 2351 (2354), das aus der Sicht von Ohly an Zynismus grenzt. Wie hier neben Ohly ferner Kohte, AcP 185 (1985), 105 (129). Ähnlich auch Soergel-Stein, § 1922 Rz. 20; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305c Rz. 50; Haas, NJW 1988, 2929 (2933). Vgl. ferner Hengstler, KHuR 2003, 57 ff. 59 So in der Tat Zimmermann, NJW 1979, 569. 60 Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, AGB-Recht, § 306 Rz. 32; MüKo-Basedow, § 306 Rz. 27. 61 BGH NJW 1989, 831 (833); MüKo-Basedow, § 306 Rz. 17 f. 62 Unter näherer Ausführung der insoweit geltenden Grundsätze BGH NJW 1990, 2313

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dem für die Klage durch einen Verbraucherverband bestehenden Gebot kundenfeindlichster Auslegung –, dass es sich bei der Klausel überhaupt um die Regelung einer Einwilligung handelt, was sich nicht schon aus dem Wortlaut der Klausel ergab, in der die Sektion bei fehlendem Widerruf lediglich als „zulässig“ bezeichnet wurde.63 Vor allem hat der BGH die Klausel dann aber auch auf eine unangemessene Benachteiligung geprüft und dies im Ergebnis verneint, worauf im Abschnitt zur Inhaltskontrolle noch zurückzukommen sein wird.64 Beurteilt man derartige Klauseln aber allein unter dem Gesichtspunkt des Überraschungseffekts, können sie mit Rücksicht auf die fehlende Differenzierungsmöglichkeit persönlicher Wertvorstellungen nur als überraschend eingestuft werden. Damit scheitern derartige Bestimmungen im Ergebnis nur dann nicht an der analogen Anwendung von § 305c I BGB, wenn ihnen dieses Überraschungsmoment genommen wird.65 Hierzu ist zwar die Hervorhebung in Druckbild und Aufbau grundsätzlich geeignet, weil damit das ‚äußere Erscheinungsbild‘ geändert wird. Allerdings muss dies erwarten lassen, dass der Patient die Klausel aufgrund dieser Hervorhebung auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt.66 Spätestens dies wird beim Abdruck in den Allgemeinen Vertragsbedingungen eines Krankenhauses aber regelmäßig nicht der Fall sein, da der Patient meist schon wenig Veranlassung sehen wird, diese Vertragsbedingungen überhaupt näher zur Kenntnis zu nehmen. Den aussichtsreicheren Weg, eine solche Klausel gesondert, möglicherweise auf einem auch farblich anders gehaltenem Stück Papier markant abzudrucken, werden die meisten Krankenhausträger dann aber wiederum aus Gründen des Takts gerade nicht gehen wollen.67 Das kann es aber nicht rechtfertigen, den versteckten Kleindruck nun doch für zulässig und die Klausel als wirksam zu erachten. Eine solche Vorgehensweise (2314); keine Stellungnahme zum damaligen § 3 AGBG enthält denn auch die zugrunde liegende berufungsgerichtliche Entscheidung des OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 ff. 63 BGH NJW 1990, 2313 (2313 f.). 64 Unten § 11 II 3 a). 65 Anders aber Hengstler, KHuR 2003, 57 (67), die hiergegen allerdings nur mühsam einen ‚inneren Zusammenhang aus dem Behandlungsvertrag‘ herleitet, wonach eine dem ärztlichen Standard entsprechende Behandlung nur durch medizinischen Fortschritt zu gewährleisten sei, der nun allerdings auch Sektionen voraussetze. Das ist zweifellos richtig. Aber soll man deshalb ernsthaft annehmen können, dass auch dem Patienten dieser Zusammenhang nicht nur überhaupt vor Augen steht, sondern er sich ihn insbesondere auch bei Aufnahme in das Krankenhaus bewusst macht? 66 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 722. 67 Vgl. auch Bunte, NJW 1986, 2351 (2354); Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 440. Gleiches gilt – gerade auch – für vorformulierte Sektionsklauseln in der Probandenaufklärung für Teilnehmer an klinischen Forschungsvorhaben; auch wenn der Teilnehmer hier je nach zu erforschendem Krankheitsbild um die Lebensbedrohlichkeit seiner Erkrankung wissen mag und ihn die Thematisierung seines eventuellen Versterbens daher nicht überraschend treffen muss, wird man ihn kaum mit dem Anliegen einer vorsorglichen Sektionseinwilligung konfrontieren wollen.

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würde im Ergebnis vielmehr der Auffassung gleichkommen, von einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten sowohl mit der Sektion selbst wie auch mit ihrer gänzlichen Nichterwähnung auszugehen. Die Annahme einer solchen mutmaßlichen Einwilligung verbietet sich aber ohne Frage, wie denn ja auch der Verwender solcher Klauseln selbst durch die Aufnahme einer sonst überflüssigen Klausel seinen gegenteiligen Standpunkt zu erkennen gäbe. Erst recht verbietet sich dann aber auch das Kaschieren einer solchen Regelung im mutmaßlichen Einverständnis des Formularadressaten. Das eigentliche Problem, das mit den Sektionsklauseln bewältigt werden soll, ist damit bei Lichte betrachtet ein ganz anderes, nämlich das Problem des Bestehens und der Rechtfertigung eines öffentlichen Interesses an Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Gesundheitssorge.68 Soweit dieser Fortschritt auch auf die Forschung mit dem menschlichen Leichnam angewiesen ist, die Zulässigkeit einer Sektion außerhalb spezialgesetzlicher Regelungen aber von der Einwilligung des Betroffenen bzw. der Totenfürsorgeberechtigten abhängt, kann über diese Voraussetzung nicht mit Hilfe von Formularregelungen hinweggegangen werden, die aus Gründen des Takts dem Betroffenen gar nicht erst in der gebotenen Weise zur Kenntnis gebracht werden. Hier soll die Einwilligungserklärung vielmehr eine Funktion haben, die die Grenzen der Typisierung autonomer Entscheidung durch formulargetragene Regelungen deutlich überschreitet. Geboten wäre hier eine gesetzliche Regelung, die die Zulässigkeit klinischer Sektionen, entsprechend etwa den Vorschriften zur Organspende, auf eine eigenständige Grundlage stellt.69 Insoweit mag manchem dann praktisch betrachtet auch eine – politisch freilich ohnehin schwer durchsetzbare – Widerrufslösung probat erscheinen. Das rechtfertigt es aber nicht, sich über die fehlende gesetzliche Regelung durch den Abdruck überraschender Klauseln hinwegzusetzen. Scheidet demnach eine formulargetragene Sektionseinwilligung jedenfalls bei fehlender Hervorhebung aus, gilt dies erst recht für formulargetragene Widerrufslösungen, durch die der Patient in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Notwendigkeit einer Widerrufserklärung informiert wird, wenn er eine Sektion verhindern möchte.70 Denn angesichts des gleichen Überraschungseffekts einer solchen Widerrufsregelung läge einem Schweigen des Patienten bloße Nichtkenntnis zugrunde und damit gerade nicht sein Einverständnis mit der Sektion.71 Damit sind vorformulierte Sektionsklauseln aber unabhängig von ihrer positiven oder negativen Ausgestaltung regelmäßig analog § 305c I BGB unwirksam. 68 So im Kern denn auch das tragende Argument für die vom OLG Koblenz vorgenommene Interessenabwägung nach § 9 AGBG, NJW 1989, 2950 (2953). 69 So auch Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 441. Zum Berliner Sektionsgesetz, das ebenfalls auf der Einwilligungslösung basiert, Hengstler, KHuR 2003, 57 (58 ff.). 70 So aber die Abfassung der vom BGH gebilligten Sektionsklausel, NJW 1990, 2313. 71 So auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 719.

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2. Die Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zur klinischen Forschung Ebenfalls mit den Zwecken eines medizinischen Erkenntnisgewinns konfrontiert werden Patienten, soweit sie um die Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zu Forschungszwecken gebeten werden. Auch diese Einwilligung ist Gegenstand kontroverser Diskussionen72 und gibt Anlass auch zu einer formularrechtlichen Beurteilung.73 Beschränkt man die Beurteilung solcher Klauseln im Rahmen dieses Abschnitts zunächst erneut allein auf den Überraschungseffekt, so legt es nun allerdings schon das weitaus größere Spektrum einzelner Körpersubstanzen und unterschiedlicher Möglichkeiten ihrer Isolierung nahe, den Überraschungscharakter derartiger Erklärungen differenzierter zu beurteilen. Üblicherweise werden entsprechende Erklärungen erst im Vorgriff auf einen bevorstehenden indizierten Heileingriff eingeholt, bei dem die für die Forschung erforderliche Substanz ohnehin isoliert wird. In einer großen Zahl von Fällen handelt es sich dabei um die Entnahme von Blut, denkbar ist hier letztlich aber das gesamte Spektrum an Körpersubstanzen, die bei Operationen ohnehin entnommen werden, etwa als Biopsie für diagnostische Zwecke, um die Bösartigkeit der Substanz auszuschließen, zu entfernendes krankes Gewebe, Blutproben zur Blutgasbestimmung, wie schließlich auch bei Entbindungen verbleibende Gewebereste wie Plazenta oder Nabelschnur. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung solcher Erklärungen muss dabei sein, dass die Isolierung derartiger Körpersubstanzen ohnehin die notwendige Folge der medizinischen Maßnahme ist und der Patient regelmäßig gar kein Interesse daran hat, diese Substanzen – die zivilrechtlich betrachtet mit Trennung vom Körper in sein Eigentum fallen74 – zu behalten.75 Dann liegt der eigentliche Überraschungseffekt für den Patienten aber auch nicht darin, dass mit diesen Substanzen, statt sie zu entsorgen, zunächst noch geforscht werden soll. Vielmehr wird er sich typischerweise gar keine Gedanken darüber machen, dass isolierte Körpersubstanzen überhaupt anfallen und dann kostspielig entsorgt werden. Eine Einwilligungserklärung in die Entsorgung solcher Körpersubstanzen ließe sich bei dieser Betrachtung zwar als ungewöhnlich einstufen, dies aber nur deshalb, 72

Vgl. nur etwa Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 273 ff., sowie aus deutsch-französisch rechtsvergleichender Sicht Zerr, Abgetrennte Körpersubstanzen im Spannungsverhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht. Näher hierzu auch unten § 11 II 2 d). 73 Nur mehr thesenartig erörtert bei Lippert, MedR 2001, 406 (409). 74 Wolf, Sachenrecht, Rz. 12; vgl. auch Deutsch, AcP 192 (1992), 161 (173). Ausführlich zu den unterschiedlichen weiteren Ansätzen einer rechtlichen Einordnung vom Körper getrennter biologischer Substanzen Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 20 ff.; vgl. auch Brohm, JuS 1998, 197 ff. 75 So auch deutlich Nitz/Dierks, MedR 2002, 400 (401).

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weil die Entsorgungsfrage üblicherweise gar nicht Thema zwischen Arzt und Patient ist, sondern statt dessen im Wege entsprechender Auslegung des Patientenverhaltens davon ausgegangen wird, dass er sein Eigentum an den anfallenden Körpersubstanzen aufgibt bzw. in dessen Vernichtung einwilligt. 76 Es dann aber analog § 305c I BGB als überraschend einzustufen, dass die Substanz nicht sogleich entsorgt, sondern zunächst noch weiter für die Forschung nützlich verwendet wird, kann nicht überzeugen.77 Die entscheidenden Fragen an die Zulässigkeit solcher Formularerklärungen sind vielmehr inhaltlicher Natur, etwa was die Erforderlichkeit der Angabe konkreter Forschungszwecke betrifft, die Aussagekraft der Forschung als Kriterium für die Wirksamkeit entsprechender Einwilligungserklärungen, die Gebote des Datenschutzes usw., worauf im Rahmen der Inhaltskontrolle zurückzukommen sein wird.78 Ist es dem Patienten daher aber wenn überhaupt bewusst, dann doch regelmäßig einerlei, was mit seinen Körpersubstanzen geschieht, so können derartige Einwilligungserklärungen nicht schon als überraschend eingestuft und verworfen werden. Das gilt ohnehin schon dann, wenn der Patient durch das Formular konkret um Zustimmung zu einem bestimmten Forschungsanliegen der Klinik angesprochen wird, weil die Erklärung dann schon nicht „nach den Umständen so ungewöhnlich“ ist, dass der Patient mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Etwas anderes dürfte allerdings auch nicht gelten, wenn eine solche Erklärung in die Allgemeinen Vertragsbedingungen des Krankenhauses aufgenommen wird. Denn dann stellt sich die Frage der Weiterverwendung zunächst einmal nur als ein Zusatzaspekt des Entsorgungsproblems, gegen dessen formularvertragliche Regelung nun allerdings kaum Einwände denkbar sind, wird der Patient doch regelmäßig mit einer Übernahme der Entsorgung durch die Klinik einverstanden sein, so dass die Willenssphäre hier – anders als bei 76

Vgl. zu dieser typischerweise anzunehmenden Willensrichtung nur etwa Taupitz, JZ 1992, 1089 (1092); ders., Zentralbl Kinderchir 1996, 73 (75); ders., JBl. 2000, 152 (155); ferner Hamerl, in: Plöchl (Hrsg.), Ware Mensch, S. 41 (58 f.), sowie – ausführlich auch zu den darüber hinaus bestehenden Möglichkeiten gesetzlichen Eigentumsverlustes insbesondere nach §§ 946 ff. BGB und §§ 929 ff., 932 BGB – Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 60 ff. 77 So insbesondere auch nicht Freund/Weiss, MedR 2004, 315 (317), die sich mit ihrer an Lippert, MedR 2001, 406 (406 f.), anschließenden Feststellung, „dass die Zeit endgültig vorbei sein sollte, zu der argumentiert worden ist, der Patient, der sich in ein Universitätsklinikum zur Behandlung begebe, müsse damit rechnen, auch als Objekt der Forschung ungefragt zur Verfügung zu stehen, weil in derartigen Einrichtungen eben Forschung betrieben werde“, ihrerseits nur auf das Einwilligungserfordernis als solches abzielen, das hier nicht in Frage gestellt wird. Wie hier auch Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 212, der § 305c I BGB allerdings schon dann für relevant erachtet, „wenn sich die formularmäßige Aufklärungsbestätigung an einer Stelle befände, an der sie ein vernünftiger […] Patient nicht erwarten kann“, und die Frage an anderer Stelle (S. 222) offen lässt. Halàsz betont dabei ebenfalls, dass ein gänzlicher Verzicht auf eine Autorisation seitens des Rechtsgutträgers ausscheiden müsse, vgl. ders., Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 259 ff. 78 Unten § 11 II 3 b).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Sektionsklauseln – sehr wohl einer Typisierung zugänglich ist. Analog § 305c I BGB kann hier also nur dort etwas anderes gelten, wo sich die entsprechenden Regelungen nicht auf Operationsrückstände beschränken, sondern gezielte Eingriffe zur Entnahme von Körpersubstanzen ausschließlich zu Forschungszwecken gestatten. Dass solche Erklärungen auch formularrechtlich analog § 305c I BGB nur unbeachtlich sein können, dürfte sich allerdings ohne Notwendigkeit weiterer Diskussion von selbst verstehen.79

3. Die Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht Unter dem Gesichtspunkt eines Überraschungseffekts erörtert wird dann insbesondere auch die Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht.80 Betroffen hiervon sind etwa Anträge auf Abschluss von Versicherungen, die entweder – im Fall von Kranken-, Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen – das Gesundheitsrisiko selbst versichern oder – wie bei Lebensversicherungen – den Tod selbst als von der Gesundheit vital abhängiges Risiko. Allerdings hat sich insoweit ebenfalls der Standpunkt durchgesetzt, derartige Klauseln nicht schon unter dem Gesichtspunkt des Überraschungseffekts als nicht abgegeben zu bewerten, sondern erst in inhaltlicher Hinsicht zu prüfen.81 Was etwa die Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zur Ermöglichung der externen Honorarabrechnung betrifft, besteht das rechtlich umfangreich erörterte Problem kaum in einem Überraschungseffekt vorformulierter Einwilligungsklauseln, als vielmehr in der Tatsache, dass eine solche Einwilligung entweder überhaupt nicht – also auch nicht formulargetragen – erklärt wurde oder derartige Klauseln je nach Reichweite ihrem Inhalt oder ihrer Form nach zu beanstanden sind.82

79

Zum Verhältnis von körperlicher Entnahme und daran anknüpfender Forschung mit isolierten Körpersubstanzen ebenfalls im Rahmen der Inhaltskontrolle unten § 11 II 3 b). 80 Wolf, Externer Honorareinzug und ärztliche Schweigepflicht; Hollmann, NJW 1978, 2332 (2333). 81 So offenbar auch Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 642, soweit sie nach dem Ausmaß des Verzichts differenzieren. 82 Vgl. etwa § 4a I S. 3 BDSG, wonach eine solche Vereinbarung der Schriftform bedarf, ein Aushang im Wartezimmer genügt also nicht, vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1994, 2421. Zur Notwendigkeit einer Aufklärung des Patienten und einer Klauselkontrolle gemäß § 307 BGB Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 121 f.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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IV. Die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen Erweist sich die Einbeziehungskontrolle nach §§ 305 II, 305c I BGB damit als nur sehr begrenzt auf Formularerklärungen in der Medizin übertragbar, so unterliegt die Einbeziehung echter vorformulierter Vertragsbedingungen in der Medizin selbstverständlich einschränkungslos dem unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB,83 wie hier abschließend nur kurz mit Blick sowohl auf die medizinische Krankenversorgung (1.) wie auch auf Verträge über die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben deutlich gemacht werden soll (2.).

1. Vertragsbedingungen der medizinischen Krankenversorgung Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträge über die medizinischen Krankenversorgung reduziert sich auf die Voraussetzungen des § 305 II BGB, auf Seiten des Verwenders also insbesondere auf die im zweiten Halbsatz dieser Vorschrift genannten Obliegenheiten zu einem Hinweis und der Verschaffung der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme durch den Vertragspartner. Was die Auslegung dieser Vorschriften betrifft, insbesondere Einzelprobleme wie die Frage rückseitigen Abdrucks, des Weiterverweises auf nicht unmittelbar auf der Vertragsurkunde abgedruckte Klauselwerke usw., legen Rechtsprechung und Literatur denn auch keinen speziell medizinrechtlichen Blickwinkel an. Sachnäher erörtert wird hier im Grunde nur die Unwirksamkeit überraschender medizinvertraglicher Klauseln nach § 305c I BGB. Als überraschend eingestuft wurde etwa die formularvertraglich eröffnete Möglichkeit einer Substitution der Ausführung wahlärztlicher Leistung durch einen Stellvertreter anstelle des Chefarztes. Gegenstand entsprechender Kontrolle waren Fallgestaltungen, in denen durch das entsprechende Formular der Eindruck erweckt wurde, der Patient könne sein Bestreben nach der bestmöglichen medizinischen Betreuung am einfachsten und sichersten durch Einschaltung und Inanspruchnahme der namentlich aufgeführten und drucktechnisch deutlich herausgestellten Chefärzte verwirklichen. Tatsächlich wurde dem liquidationsberechtigten Arzt dann aber ohne nennenswerte Einschränkung die Befugnis eingeräumt, ‚alle persönlichen oder von seinen Mitarbeitern unter seiner Verantwortung erbrachten ärztlichen Leistungen gesondert zu berechnen‘, auch im Fall von Ortsabwesenheit wegen Urlaub, Krankheit oder aus sonstigen wichtigen Gründen.84 83

So auch klarstellend Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 437. OLG Düsseldorf, NJW 1995, 2421; ähnlich, unter Rückgriff auf § 613 S. 1 BGB, OLG Karlsruhe, NJW 1987, 1489. 84

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Ebenfalls als überraschend eingestuft wurde auch das Recht zur Berechnung des Höchsthonorars ohne Rücksicht auf die konkreten Schwierigkeiten der medizinischen Behandlung,85 die Überwälzung des Kostenrisikos für den Fall, dass der Sozialversicherungsträger die Kosten nicht übernimmt,86 und insbesondere die Spaltung des Krankenhausvertrags in der Weise, dass der Träger nicht Schuldner der ärztlichen Leistungen ist und daher auch nicht haftet. Eine solche Aufspaltung hat der BGH mit der Überlegung angegriffen, dass sie „in einem solchen Maß vom vertraglichen Leitbild und den hieraus resultierenden Erwartungen des Vertragspartners über den Umfang der ihm gebührenden Leistungen abweicht“, dass der Vertragspartner in der Folge so deutlich auf die Abweichung hingewiesen werden müsse, dass „der durchschnittliche Vertragspartner sie regelmäßig zur Kenntnis nehmen wird“. Eine pauschale und in ihrer Bedeutung für den Patienten nicht erkennbare Bezugnahme auf Allgemeine Vertragsbedingungen reiche hier nicht aus. Vielmehr müsse dem Patienten „durch mündliche Erläuterung oder innerhalb des von ihm unterzeichneten Vertragstextes verdeutlicht werden, daß im Fall der Beantragung privatärztlicher Behandlung als Wahlleistung sowohl der Leistungsumfang wie auch die Haftung der Klinik in diesem Punkt eingeschränkt werden bzw. entfallen“.87

2. Vertragsbedingungen der medizinischen Forschung Auch vorformulierte Vertragsbedingungen für die Teilnahme an einem Vorhaben der medizinischen Forschung unterliegen dem unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB. Freilich sind derartige Vertragsbedingungen noch weniger als Verträge über die medizinische Heilbehandlung Gegenstand entsprechender Überlegungen in Rechtsprechung und Schrifttum, wie dort schon der Vertragscharakter der Teilnahme an einem Forschungsvorhaben selbst meist nur eher beiläufig erwähnt wird.88 Was dabei einzelne Vertragsbedingungen betrifft, sind überraschende Klauseln mit der Folge ihrer Nichteinbeziehung in den Vertrag gemäß § 305c I BGB sicherlich denkbar. Das Hauptaugenmerk bei der Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben liegt aber in erster Linie auf den Voraussetzungen der Zulässigkeit des konkreten Forschungsvorhabens. Sämtliche Regelungen, die 85

OLG Düsseldorf, VersR 1984, 370. OLG Köln, NJW-RR 2003, 1699; OLG Bremen, NJW 1991, 2354. 87 BGHZ 121, 107 (113). Bei Beachtung dieser Vorgaben sieht der BGH hingegen keinen Anlass dafür, eine solche Regelung inhaltlichen Zweifeln nach den vormaligen §§ 9 ff. AGBG zu unterziehen, BGHZ 121, 107 (114 f.). 88 Vgl. Lippert, MedR 2001, 406 (408); Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 39 Rz. 88 ff.; auch Nitz/Dierks, MedR 2002, 400 (401); Lippert/Adler, VersR 1983, 277 (278). Zur Begründung der Vertragsnatur eingehender oben § 2 I 2. 86

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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hierzu existieren, haben durchweg einen Schutz des Rechtsgutträgers in der Weise vor Augen, dass zunächst die Frage gestellt wird, ob das Vorhaben überhaupt stattfinden darf und erst anschließend, ob der konkret als Teilnehmer geeignet erscheinende Patient oder Proband auch die Einschlusskriterien erfüllt. Greifbar sind dabei zunächst die medizinisch-wissenschaftlichen, aber auch biometrischen Voraussetzungen,89 also etwa die Gesundheit eines Probanden in der medizinischen Grundlagenforschung oder umgekehrt die spezifische Erkrankung, für deren Behandlung ein Arzneimittel geprüft werden soll, wie auch das Alter, das Geschlecht usw. Damit einher gehen dann die rechtlichen Anforderungen, die etwa die Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen unzulässig erscheinen lassen können,90 den Abschluss einer im Umfang spezialgesetzlich vorgeschriebenen verschuldensunabhängigen Haftpflichtversicherung vorschreiben91 usw. Liegen diese Zulässigkeitsvoraussetzungen aber fest, so unterzeichnet der Teilnehmer an einem medizinischen Forschungsvorhaben praktisch nie ein gesondertes Formular, das den Probanden- oder Studienvertrag zum Gegenstand hätte.92 Die dem Teilnehmer regelmäßig ausgehändigten Unterlagen beschränken sich meist vielmehr auf die Aufklärungsinformationen und die vorformulierte Einwilligungserklärung. Zwar steht dies einer Anwendung der formularvertraglichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB nicht entgegen, soweit in diesen Formularen vertragliche Regelungen getroffen werden. Auch in der Sache wird es solche aber nur in sehr begrenztem Umfang geben. In Betracht kommt etwa die Regelung eines dinglichen Vertrags für die Übereignung der mit Isolierung in das Eigentum des Teilnehmers fallenden Körpersubstanzen an die forschende Einrichtung, der allerdings regelmäßig aus den oben erörterten Gründen ebenfalls keinen Überraschungseffekt besitzen wird, ist der Patient typischerweise sogar mit der Entsorgung einverstanden.93 Ernsthaft zu erwägen ist der Überraschungseffekt hingegen für den Verzicht des Teilnehmers auf eine Beteiligung an einem möglicherweise eines Tages erzielbaren kommerziellen Gewinn der medizinischen Forschung. Soweit ein solcher Anspruch überhaupt bestünde – was angesichts der meist untergeordneten Kausalität der Teilnahme des einzelnen Patienten oder Probanden und dem entscheidenden Gewicht des forscherischen Anteils an der Entwicklung etwa eines Arzneimittels mehr als zweifelhaft sein dürfte94 – wäre in einer solchen 89

Zum Gedanken numerischer Ethik Habermann, B.I.F. Futura 1997, 264 ff. Hierzu oben § 6 II. 91 Insbesondere § 40 I 3 Nr. 8, III AMG, § 20 I Nr. 9, III MPG. 92 Zur Terminologie oben § 2 I 2 c). 93 Oben § 10 III 2. 94 Weshalb schon die hier erörterte Problematik einer Verzichtsklausel harte Anforderungen anlegt, während viele in der Praxis geläufigen Formulare sich mit einer Bestätigungsklausel beschränken, dass sich der Unterzeichnende bewusst ist, keinerlei Ansprüche auf 90

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Regelung eine vertragliche Verzichtserklärung auf einen künftigen Anspruch zu erblicken. Ein solcher Vertrag geht nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung zwar ins Leere, weil gemäß § 397 BGB nur auf Forderungen verzichtet werden kann, die zumindest ihrem Grunde nach bereits angelegt sind und man hiervon zum Zeitpunkt der Teilnahme kaum schon ausgehen können wird.95 Nach herrschender Meinung bewirkt ein solcher Vertrag in diesem Fall allerdings, dass die Forderung zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht erst entsteht, wirkt sich im Ergebnis also doch in gleicher Weise aus.96 Wenn die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben als Patient aber im Wesentlichen unter dem Motiv des eigenen Gesundheitsvorteils erfolgt und die Teilnahme als Proband im Wesentlichen aus dem Motiv eines wissenschaftlichen Altruismus, ist eine etwaige künftige Gewinnbeteiligung jedoch nicht nur äußerst vage,97 sondern auch gar nicht typischer Gegenstand einer solchen Teilnahme.98 Damit kann aber auch eine Gewinnverzichtsklausel im Rahmen medizinischer Forschungsvorhaben nicht als überraschend im Sinne von § 305c I BGB qualifiziert werden. Zwar mag ein Gewinnverzicht unbillig erscheinen, soweit sowohl die Gewinnerzielung wie auch der eigene ursächliche Anteil des Teilnehmers hieran klar absehbar sind.99 Das ändert aber nichts daran, dass der eine Beteiligung an finanziellen Vorteilen und Gewinnen zu haben, die eines Tages möglicherweise auf der Basis der von ihm unterstützten Forschung erlangt werden. 95 Zu dieser Voraussetzung eines gesicherten Rechtsbodens für die künftige Forderung vgl. nur etwa Palandt-Heinrichs, § 397 Rz. 3. 96 Palandt-Heinrichs, § 397 Rz. 3. 97 Vgl. auch Ehrlich, Gewinnabschöpfung des Patienten bei kommerzieler Nutzung von Körpersubstanzen durch den Arzt?, S. 123 ff., 163 ff.; Taupitz, AcP 191 (1991), 201 (224 ff.); ders., in: Damm/Hart (Hrsg.), Rechtliche Regulierung von Gesundheitsrisiken (1993), S. 51 (72 ff.); ders., JBl. 2000, 152 (160 f.). Gegen Ansprüche auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr oder auf Gewinnabschöpfung aus §§ 823 ff. BGB Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 265 ff., der insoweit lediglich einen Schmerzensgeldanspruch auf der Basis tatsächlich entstandener materieller Schäden bzw. eines ‚immateriellen (Gefühls-) Schadens‘ in Betracht zieht, wohl aber Ansprüche auf Gewinnabschöpfung bei unredlichem bzw. vorsätzlichem Handeln des Verletzers aus Eingriffskondiktion oder angemaßter Eigengeschäftsführung, S. 290 ff. 98 Zu diesen beiden in ihrem Hauptgewicht unterschiedlich gelagerten Motiven vgl. bereits oben § 6 I. 99 So im Fall John Moore v. Regents of University of California et al., 51 Cal.3d 120 (1990), wo die Milz-Zellen von John Moore bestimmte weiße Blutkörperchen aufwiesen, die sich durch Weiterkultivierung zur Produktion eines für das Immunsystems wichtigen Proteins einsetzen ließen. Eingehend geschildert bei Taupitz, AcP 191 (1991), 201 (204 ff.); ders., VersR 1991, 369 ff.; ders., JBl. 2000, 152 ff.; vgl. hierzu auch Hamerl, in: Plöchl (Hrsg.), Ware Mensch, S. 41 (46). Zur anders gelagerten Frage zulässiger Entgeltlichkeit einer Weitergabe von Körpersubstanzen vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut: verwendbar nach Belieben des Arztes?, S. 71 ff.; Taupitz, in: Damm/Hart, Rechtliche Regulierung von Gesundheitsrisiken, S. 51 (S. 67 f.).; ders., JBl. 2000, 152 (157 f.); Zerr, Abgetrennte Körpersubstanzen im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht, der neben spezialgesetzlich geregelten Verboten entgeltlicher Weitergabe insbesondere den Maßstab der Sittenwidrigkeit heranzieht, S. 205 ff.

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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Erwartungshorizont des Teilnehmers an einer medizinischen Forschung regelmäßig nicht in Richtung einer Gewinnbeteiligung ausgerichtet sein wird, sondern im Sinne einer altruistischen Unterstützung der Wissenschaft.100 Dann erscheint es aber sachgemäßer, entsprechende Vereinbarungen zwischen Teilnehmer und Forschungseinrichtung nicht schon an § 305c I BGB, sondern nur im Fall einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung an § 307 BGB scheitern zu lassen.101

100 Von den hier ebenfalls denkbaren subjektiven Motiven des Teilnehmers einmal abgesehen, über die sich allerdings nur spekulieren lässt, vgl. oben § 6 I 2. 101 Anders – freilich nicht auf die hier erörterten Gewinnverzichtsklauseln bezogen – Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 158, der Verzichtsklauseln ohne nähere Begründung für gemäß §§ 305c I und 307 BGB unwirksam erachtet, also beide Maßstäbe nebeneinander zur Anwendung bringt. Zur Inhaltskontrolle derartiger Klauseln unten § 11 II 2 d).

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§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen Was gegenüber der Einbeziehungskontrolle nun die Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen betrifft, muss sich die Beantwortung der Frage nach geeigneten Kontrollmaßstäben auch hier von der Überlegung leiten lassen, dass die §§ 305 ff. BGB zwar prinzipiell einer analogen Rechtsanwendung zugänglich erscheinen, eine solche aber entscheidend davon abhängen muss, ob die medizinrechtliche Dogmatik keine speziellen Anforderungen aufstellt, die einer solchen Analogie entgegenstehen.1 Der Fall ist dies insbesondere für die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Risikoeinwilligungserklärung des Patienten, für deren Inhalt das Medizinrecht Voraussetzungen aufstellt, die nicht erst eine unangemessene Benachteiligung, sondern schon jedes Fehlverständnis des Rechtsgutträgers ausschließen sollen. Eine Inhaltskontrolle solcher Einwilligungsbögen analog §§ 307 ff. BGB scheidet also aus (I.). Nur soweit der Bereich der Risikoaufklärung und -einwilligung verlassen wird, kann eine Inhaltskontrolle nach diesen Vorschriften überhaupt in Betracht gezogen werden (II.).

I. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auf die Risikoaufklärung und -einwilligung des Rechtsgutträgers Wenn sich die folgenden Überlegungen auf die Risikoaufklärung und -einwilligung beschränken, sei vorausgeschickt, dass dies selbstverständlich nur aus Gründen der Plastizität erfolgt, die der weitaus größeren praktischen Bedeutung von Formularerklärungen für diese Art der Aufklärung Rechnung tragen. Sie lassen sich aber selbstverständlich auch auf sonstige Erklärungen übertragen, in denen der Rechtsgutträger die freiwillige Eingehung eines medizinischen Risikos für seine körperliche Integrität zum Ausdruck bringt, soweit sie in ihrer Wirksamkeit von dessen vorheriger Aufklärung abhängen. Das gilt insbesondere für die Sicherheitsaufklärung des Patienten nach Behandlungs1

Oben § 9 III 2 b).

§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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beendigung; soweit vor allem die Mitteilung postoperativer Verhaltensmaßgaben hingegen schon vor Behandlungsbeginn erfolgt, fällt sie freilich – da nun regelmäßig schon für die Entscheidung des Patienten über die Durchführung der empfohlenen Maßnahmen erheblich – in den Bereich der Risikoaufklärung selbst. Der Anwendungsbereich wirklicher Sicherheitsaufklärung, die dem Patienten formulargetragen mitgeteilt und von diesem gegengezeichnet wird, ist denn praktisch auch bei weitem kleiner als der der Risikoeinwilligung. Eine analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB auf die Risikoaufklärung und die Risikoeinwilligung des Rechtsgutträgers scheidet im Ergebnis allerdings aus. Denn indem die medizinrechtliche Dogmatik hinsichtlich des Umfangs der im konkreten Einzelfall gebotenen Aufklärung dem Arzt gar keinen Gestaltungsspielraum belässt, erweist sich der Maßstab einer unangemessenen Benachteiligung in den §§ 307 ff. BGB nicht nur als sachlich gar nicht passend, vielmehr scheitert eine solche Analogie schon daran, dass ihr die medizinrechtliche Dogmatik vorgeht, es also an einer rechtlichen Regelungslücke fehlt (1.).2 Entgegen einem ersten Anschein gilt dies insbesondere auch dort, wo öffentlich bestellte Sachverständigengremien die Risiko-Nutzen-Struktur der fraglichen medizinischen Maßnahme bewerten, da auch diesen kein Gestaltungsspielraum für die erforderlichen Aufklärungsinformationen eingeräumt ist (2.).

1. Zur Irrelevanz der Unangemessenheit einer Benachteiligung angesichts des gänzlich fehlenden Gestaltungsspielraums des Arztes Wie oben bereits ausführlicher dargestellt,3 steht die gegenüber sonstigen vertragsrechtlichen Maßstäben schärfere Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB in untrennbarem Zusammenhang mit der erleichterten Möglichkeit der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag, § 305 II BGB. Soweit dieser erleichterte Einbeziehungsmechanismus für medizinische Formularerklärungen nicht gilt,4 ist einer Analogie zu den §§ 307 ff. BGB im Grunde bereits im Ansatz der Boden entzogen, fehlt es doch schon an einer durch diese Vorschriften auszugleichenden Interessenbegünstigung auf Verwender-, sprich hier auf ärztlicher Seite. Vielmehr missbilligt das Medizinrecht schon die Risikoerklärung selbst, ohne dass es auf den Inhalt einer solchermaßen abgegebenen Risikoerklärung überhaupt noch ankäme. An dieser Überlegung ändert sich auch nichts dadurch, dass das spezifische Gefährdungspotential medizinischer Formularerklärungen vor allem in ihrem Beweiswert als Indiz für die 2 Zum Gedanken des Fehlens einer rechtlichen Regelungslücke bei etablierten Grundsätzen der Dogmatik oben § 9 III 2 b) aa). 3 Oben § 9 III 1. 4 Zuvor § 10 I.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

mündliche Aufklärung durch den Arzt liegt.5 Zwar besteht hier insoweit eine Parallele, als dem Patienten auf Beweisebene faktisch der Inhalt eines unterzeichneten Formulars auch dann entgegengehalten zu werden droht, wenn er es gar nicht gelesen hat und auch sonst nicht aufgeklärt wurde. Ob das Formular tatsächlich als Beweismittel tauglich ist oder nicht, lässt sich aber nicht durch die Regeln zur Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beantworten, wie dies im Rahmen einer Analogie konsequenterweise geschehen müsste. Denn die Tauglichkeit des Beweismittels hängt hier ja gar nicht von seinem Inhalt ab, sondern von anderen äußeren Umständen, also dem Lesen der Information, dem Unterlassen des mündlichen Gesprächs usw. Ob eine Formularerklärung demgegenüber taugliches Indiz für den Inhalt eines mündlichen Aufklärungsgesprächs oder – ausnahmsweise, nämlich bei dem Schwerpunkt nach schriftlicher Aufklärung – für das Verstehen der schriftlichen Aufklärungsinformation ist, ist dann aber eine Frage, die am Verstehensprozess ansetzt, genauer formuliert an den Voraussetzungen, die das Formular für das Verstehen des Rechtsgutträgers schafft. Das hat aber zur Folge, dass eine von diesen Voraussetzungen abhängige Bestimmung des Indizienwerts nicht am Inhalt, sondern nur an der Verständlichkeit des Formulars ansetzen kann, also an für das Verstehen des Lesers ausschlaggebenden Transparenzgesichtspunkten.6 Die vielfach unreflektierte Befürwortung einer vollständigen Anwendung der §§ 305 ff. BGB und damit auch der §§ 307 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen, insbesondere auf schriftliche Einwilligungserklärungen,7 macht es dann allerdings erforderlich, die Unzulänglichkeit einer Übertragung der Inhaltskontrolle auch sachlich näher zu beleuchten. Wenn Laufs völlig zu Recht betont, dass die Hinlänglichkeit formularmäßiger Aufklärung nicht nach dem AGB-Gesetz, sondern „nach den speziellen für die Einwilligung geltenden Voraussetzungen“ zu beurteilen sei,8 so steht dies unter der zentralen Prämisse, dass schon der Maßstab einer unangemessenen Benachteiligung für die medizinrechtlichen Einwilligungsvoraussetzungen falsch gewählt wäre. Denn wenn der Patient durch Aufklärung in den Stand versetzt werden soll, autonom über seinen körperlichen Integritätsschutz zu entscheiden,9 so verbietet sich nicht erst die Aufklärung, die ihn in seinem Entscheidungsprozess unangemessen benachteiligt, sondern jede Aufklärung, die ihn überhaupt benachteiligt, weil sie von den konkreten Vorgaben des Medizinrechts abweicht. Schon soweit nur eine Handbreit von den im Einzelfall geltenden Anforderungen abgewichen 5

Hierzu oben § 7 II. Unten § 12 III und § 13 II 3. 7 Vgl. die Nachweise oben einleitend zu § 9 III 2; explizit auch für eine Inhaltskontrolle vorformulierter Aufklärungserklärungen Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 212 f. 8 Laufs/Uhlenbruck-Laufs, Handbuch des Arztrechts, § 66 Rz. 17. 9 Ausführlich zum Schutz von Selbstbestimmung durch Aufklärung oben § 3 II. 6

§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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wird, besteht also die Gefahr, dass dem Patienten ein für ihn relevanter Aspekt vorenthalten wird, der ihn möglicherweise anders entscheiden ließe. Der Gedanke der Unangemessenheit setzt damit schon die für die Vertragswelt typische Sphäre des Aushandelns voraus, die im medizinischen Aufklärungsgeschehen gar nicht besteht. Denn ein Spielraum besteht hier nicht für den Arzt, sondern nur umgekehrt für den Patienten, wenn dieser etwa zusätzliche oder weniger Aufklärungsinformationen wünscht. Noch grundlegender, kann man den Einwand auch dahin formulieren, dass bereits das gesamte dispositive Gesetzesrecht selbst als eine geronnene Fassung des Gebots von Treu und Glauben erscheint, also als ein gesetzlicher Interessenausgleich beiderseitiger Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Die Aufklärungsdogmatik setzt demgegenüber nicht an einem Interessenausgleich zwischen Arzt und Patient an, vielmehr ist sie als im Kern allein dem Güterschutz verhaftete Regelungsmaterie einseitig auf den Integritätsschutz des Rechtsgutträgers ausgerichtet und damit gerade auf die Loslösung seiner Motivsphäre von den Wertvorstellungen jedes anderen.10 Die nicht zuletzt deshalb auch jederzeit widerrufliche Verfügung über Leben, Körper und Gesundheit steht also, nicht anders als die hierauf bezogene Ausübung des Selbstbestimmungsrechts,11 schon gar nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, wie dies die §§ 307 ff. BGB für die Interessen für Verwender und Kunde voraussetzen. Vielmehr ist der Arzt – überspitzt formuliert – nicht Vertragspartner, sondern Ratgeber in einer Situation, über die der Patient selbst entscheidet. Ein anderes Bild zeichnet sich insoweit auch nicht in der medizinischen Forschung, wo den Interessen des Patienten an einer noch besseren Gesundheitsversorgung die wissenschaftlichen Interessen des forschenden Arztes gegenübertreten. Denn ihrer Zielrichtung nach liegt der Schwerpunkt der nach Aufklärung erfolgenden Einwilligungsentscheidung hier auch – und erst recht – allein auf den Risiken, die mit der Forschungsmaßnahme für den Patienten verbunden sind.12 Dass ärztliche Interessen den entscheidenden Anstoß für das Geschehen bilden, heißt also noch nicht, dass sie dadurch in ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu den körperlichen Risiken für den Teilnehmer träten. Der hohe Grad therapeutischer Bedeutung mag also zwar im Einzelfall geeignet erscheinen, ein höheres, aber doch insgesamt noch ärztlich vertretbares Gesundheitsrisiko der Teilnehmer einzugehen. Die Entscheidung hierüber liegt aber erneut allein beim Patienten, zu dessen Information die Aufklärung allein dient. 10 Zum Verhältnis von Güterbewegung und Güterschutz bei einseitigen Dispositionen über absolut geschützte Rechtspositionen bereits oben § 9 I; zum Recht auf Unvernunft oben § 5 I und II 2. 11 Zum Verhältnis von Integritäts- und Autonomieschutz ausführlicher oben § 3 I und II. 12 Zur Beeinflussung der Nutzen-Risiko-Bewertung des Rechtsgutträgers durch altruistische Motive bei der medizinischen Forschung oben § 6 I sowie, für die Fälle fehlender Einwilligungsfähigkeit, § 6 II.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Scheidet damit eine analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB aus, weil die Aufklärungsdogmatik die Unterscheidung zwischen einem für den Arzt festgelegten und einem durch den Arzt veränderbaren Inhalt der Aufklärung gar nicht kennt, die gesamten Aufklärungsanforderungen also zwingender Natur sind, gilt dies insbesondere auch dann, wenn das Aufklärungsgeschehen ausnahmsweise seinem Schwerpunkt nach auf schriftliche Aufklärungsinformationen reduziert werden darf.13 Vielmehr gilt hier erst recht, dass der Arzt das nun auch als materielle Erklärung erscheinende Einwilligungsformular nicht nach eigenem Ermessen gestalten darf. Das gilt insbesondere auch für solche Informationen, die medizinrechtlich nicht geboten sind, also überobligatorisch erfolgen. Denn darin kann in inhaltlicher Perspektive gar keine Benachteiligung liegen, erlaubt eine solche Aufklärung dem Entscheidenden doch nur die Einbeziehung zusätzlicher Gesichtspunkte. Problematisch wird eine solche Überinformation vielmehr für den Verstehensprozess, der schon durch wenige überobligatorische Risikohinweise empfindlich gestört werden kann. Aufklärungsfehler in Form von Verständlichkeitsfehlern stellen nach der hier zugrunde gelegten Überzeugung aber nicht den Gegenstand einer Inhalts-, sondern allein einer Transparenzkontrolle dar. Im Ergebnis scheidet damit eine Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen stets aus, wenn und soweit die für die Wirksamkeit der Einwilligung erforderliche Aufklärung für den Arzt rechtlich nicht disponibel ist.14

2. Zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB auch auf Risikoabwägungen öffentlich bestellter Sachverständigengremien Besteht ein ärztlicher Gestaltungsspielraum nun aber nicht dort, wo die in Formularen enthaltenen Risikodarstellungen einer Bewertung durch öffentlich bestellte Sachverständigengremien unterliegen, weil diese Bewertung offenbar doch gerade das Bestehen eines solchen Spielraums voraussetzt, so insbesondere die Bewertung medizinischer Forschungsvorhaben durch medizinische Ethik-Kommissionen?15

13

Zu diesen engen Ausnahmen oben § 10 II 3. Dass es insbesondere auch verkürzt wäre, in der Außerachtlassung medizinrechtlicher Aufklärungsvorgaben selbst zugleich eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der §§ 307 ff. BGB zu sehen, liegt auf der Hand. So aber Fischer/Uthoff, MedR 1996, 115 (119), die damit den dogmatischen Rahmen der §§ 307 ff. BGB hinter sich lassen, ist Maßstab der Inhaltskontrolle doch nicht schon jede beliebige Rechtswidrigkeit. 15 Auch hier lassen sich die Ausführungen sinngemäß auch auf andere vergleichbare Konstellationen übertragen, insbesondere auf die Erarbeitung von Aufklärungsformularen durch die beim Paul-Ehrlich-Institut gebildete ‚Arbeitsgruppe Blut‘ und vergleichbare Gremien. 14

§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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In der Tat sehen die Statuten der öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen auch die rechtliche Beratung des Antragstellers vor,16 und regelmäßig liegt hierbei ein entscheidendes Gewicht auf der Erarbeitung geeigneter Aufklärungsinformationen. Es wäre nun allerdings eine grundlegende Fehlvorstellung, hiervon auf einen Gestaltungsspielraum des verantwortlichen Projektleiters zu schließen.17 Auch der Ethik-Kommission selbst kommt bei der Beurteilung eines Forschungsvorhabens ja nur dort ein Beurteilungsspielraum zu, wo ihr Meinungsbild erst unter Abwägung medizinisch-wissenschaftlicher Erfahrungssätze entstehen kann, für die das Recht keine inhaltlichen Maßstäbe aufstellen kann. Auch Ethik-Kommissionen können damit stets nur versuchen, auf der Grundlage eines aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstands Aussagen zur Risikobehaftetheit von Forschungsmaßnahmen anzustellen, die möglichst nahe an das tatsächliche Risiko heranreichen. Mehr zu erwarten, liefe darauf hinaus, den Hypothesencharakter wissenschaftlicher Forschung zu ignorieren. Sind somit auch nur Annäherungen im Rahmen bislang geltender Erfahrungssätze möglich, wird damit aber doch auf Tatbestandsseite der einschlägigen Rechtsnormen das Zulässigkeitsmerkmal der „ärztlichen Vertretbarkeit“ des Risikos ermittelt. Der Kommission steht hier also, öffentlich-rechtlich betrachtet, gerade kein Ermessensspielraum zu.18 Erst recht gelten muss dies für den Antragsteller, der seinerseits nicht darüber entscheiden kann, wo die Untergrenze der Risiken liegt, über die es den Teilnehmer aufzuklären gilt. Wird er auch gut beraten sein, den Empfehlungen der Ethik-Kommission hinsichtlich des Inhalts der Aufklärung zu folgen, steht deren gebotener Umfang also gleichwohl von Rechts wegen fest. Dann eröffnet aber auch die Beurteilung von Aufklärungsinformationen durch öffentlich bestellte Expertengremien wie Ethik-Kommissionen keinen 16 Vgl. nur etwa die vom Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland verabschiedete Mustersatzung für öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen, zugänglich unter http://www.ak-med-ethik-komm.de/pdf/mustersatzung.pdf. Einschlägige gesetzliche Regelungen sehen dann meist speziell die berufsrechtliche Beratung des Antragstellers voraus, vgl. für Hessen etwa § 60 I 1 HHG oder die in § 26 Nr. 16 HHeilbG eröffnete Pflicht zur ‚Einschaltung‘ einer Ethik-Kommission, was dann implizit aber auch die Berücksichtigung jener rechtlicher Anforderungen umfasst, die zwar nicht originär berufsrechtlicher Natur, aber für die Berufstätigkeit des Arztes doch ebenso maßgeblich sind. 17 Die für Studien nach dem Arzneimittelgesetz insoweit an sich gebotene, aber doch überaus missverständliche Ausdrucksweise, den für die Durchführung der klinischen Prüfung verantwortlichen Antragsteller als Sponsor zu bezeichnen, soll im Folgenden auch deshalb vermieden werden, weil sich die Aussagen nicht auf Arzneimittelprüfungen nach dem AMG beschränken. 18 Die öffentlich-rechtliche Einordnung der Stellungnahmen medizinischer Ethik-Kommissionen kann freilich auch nach Inkrafttreten der 12. AMG-Novelle nicht als abschließend geklärt gelten. Vgl. hierzu unlängst Lippert, in: FS-Laufs, S. 973 ff. Zu dem hiervon abhängigen Haftungsrahmen Gödicke, MedR 2004, 481 (482 ff.).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

inhaltlichen Gestaltungsspielraum. Vielmehr erschöpft sich die Bedeutung einer solchen Beurteilung darin, eine möglichst dichte Annäherung an die Beantwortung der Frage zu erzielen, ob ein Vorhaben in ethischer, medizinisch-wissenschaftlicher und rechtlicher Hinsicht zulässig ist oder nicht, was der Sache nach aber bereits vor einer solchen Beurteilung objektiv feststeht. Somit lässt sich eine Inhaltskontrolle medizinischer Aufklärungs- und Einwilligungsformulare analog §§ 307 ff. BGB auch nicht für solche Sachbereiche rechtfertigen, in denen die Risikobehaftetheit Gegenstand einer Beurteilung durch öffentlich bestellte Expertengremien ist.

II. Zu den Grenzen des Gestaltungsspielraums für sonstige Inhalte medizinischer Formularerklärungen Scheitert eine Analogie zu den Bestimmungen der §§ 307 ff. BGB für die Einwilligungserklärung am Vorhandensein spezifischerer Vorgaben der medizinrechtlichen Dogmatik, kommt umgekehrt eine solche Analogie nun freilich dort in Betracht, wo das Medizinrecht kein solches festes Regelungsgerüst zur Verfügung stellt. Das bedeutet allerdings nicht, dass dies allein eine analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB rechtfertigen könnte. Vielmehr bestätigt sich hier die oben angestellte Überlegung, dass sich erst mit Feststellung der präzisen Regelungslücke auch genauer nach der Rechtsähnlichkeit zwischen beiden regelungsbedürftig erscheinenden Sachkomplexen fragen lässt.19 So lässt sich zunächst zeigen, dass die im Schrifttum überwiegend propagierte analoge Anwendung des § 309 Nr. 12 b) BGB bei näherer Betrachtung abzulehnen ist, weil die durch Formularerklärungen ausgehende Beweiskraft im Sinne der Rechtsähnlichkeit gar nicht zu einer Änderung der von der Rechtsprechung für den Aufklärungsfehlerprozess entwickelten Beweisgrundsätze führt (1.). Dann kommt umgekehrt statt einer analogen eine direkte Anwendung dort in Betracht, wo Formularerklärungen der Sache nach keine einseitigen, sondern vertragliche Regelungen aufstellen. Wenn die Untersuchung formulargetragene Dispositionen über absolut geschützte Rechtspositionen zum Gegenstand hat, stehen unmittelbar vertragsbezogene Regelungen freilich nicht im Zentrum der Erörterung und sollen hier daher nur in begrenztem Umfang zur Schärfung der Perspektive herangezogen werden (2.).20 Als eigentlicher praktisch relevanter Gegenstand einer Inhaltskontrolle analog §§ 307 ff. BGB erweisen sich damit 19

Zu dieser methodischen Frage näher oben einführend zu § 9 III 2 und § 9 III 2 b). Gänzlich ausgeblendet werden soll hingegen die weit verzweigte Rechtsprechung zu einzelnen vorformulierten Versicherungsvertragsbedingungen, da sie die hier behandelte Problematik allenfalls nur peripher berühren. Für eine Übersicht hierzu vgl. Stoffels, AGBRecht, Rz. 442 (Fn. 63); auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, AGB-Recht, § 307 Rz. 55. 20

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im Ergebnis neuerlich nur die wenigen bereits oben unter dem Überraschungsaspekt erörterten Formularregelungen, nämlich die Einwilligung in die innere Leichenschau und die Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Forschungszwecke (3.).

1. Die Rechtsverfolgung erschwerende Formularinhalte Als Hauptgegenstand von Analogieüberlegungen im Schrifttum kann die Vorschrift des § 309 Nr. 12 b) BGB gelten, vormals § 11 Nr. 15 b) AGBG. Die große Übereinstimmung, mit der die Anwendung dieser Bestimmung seitens der Literatur propagiert wird, kann angesichts der vom BGH seit Jahrzehnten herausgearbeiteten und stets aufs Neue bestätigten Grundsätze über die Indizfunktion unterzeichneter Formulareinwilligungen nur Verwunderung hervorrufen. Tatsächlich ist eine solche Analogie zu verwerfen. Denn indem der mit der Formularerklärung geschaffene Beweiswert den vom BGH entwickelten Beweisgrundsätzen für den Aufklärungsfehlerprozess entspricht, fehlt es für eine Analogie gerade an einer von § 309 Nr. 12 b) vorausgesetzten Änderung der Beweisposition (a). Als sehr wohl einer Analogie zugänglich – praktisch aber nahezu irrelevant – erscheint hingegen die Statuierung gesonderter Formerfordernisse, die dem Rechtsgutträger insbesondere den Widerruf seiner Einwilligung erschweren (b).

a) Zur Unanwendbarkeit von § 309 Nr. 12 b) BGB mangels Änderung richterrechtlicher Beweisgrundsätze für den Arzthaftungsprozess Nach § 309 Nr. 12, 1. HS. BGB sind Vertragsbestimmungen unwirksam, durch die der Verwender „die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert“. Der Begriff der Beweislast ist dabei nach ganz herrschender Auffassung nicht eng im Sinne der objektiven Beweislast auszulegen, also nur im Sinne der Regeln, die darüber entscheiden, wie bei Nichterweislichkeit von Tatsachen zu entscheiden ist und wer infolgedessen den Nachteil der Nichterweislichkeit, also des non liquet trägt. Vielmehr erfasst die Vorschrift auch Veränderungen der subjektiven Beweislast oder Beweisführungslast, die bestimmt, welche Partei einen Beweis zu erbringen hat.21 Aber auch die Veränderung von Beweisanforderungen fällt unter das Verbot des § 309 Nr. 12 BGB, also etwa das Vorschreiben oder umgekehrt der Ausschluss bestimmter Beweismittel, eine Erhöhung oder Ermäßigung der Anforderungen an die richterlichen Überzeugungsbildung wie auch die Zulassung oder der Ausschluss eines Anscheinsbeweises. 22 21

Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen-Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rz. 8. Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen-Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rz. 9 ff.; MüKoKieninger, § 309 Nr. 12 Rz. 9 f., jeweils m.w.N. 22

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Medizinische Formularerklärungen, in denen der Rechtsgutträger meist ausdrücklich bestätigt, aufgeklärt worden zu sein, alles verstanden, derzeit keine weiteren Fragen sowie in die Maßnahme eingewilligt zu haben, fallen dabei begrifflich unter das Regelbeispiel des § 309 Nr. 12 b) BGB, weil es sich bei ihnen um die Bestätigung – sowohl äußerer wie innerer – Tatsachen handelt. Zwar kommt der Formularerklärung nur die Bedeutung eines Indizes dafür zu, dass mit dem Unterzeichneten ein Aufklärungsgespräch überhaupt geführt wurde und dabei insbesondere die im Formular erwähnten und vor allem die handschriftlich eingetragenen Inhalte angesprochen wurden. 23 Auch der bloße Indizienwert einer Tatsachenbestätigung fällt aber prinzipiell in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 12 b) BGB. 24 Spricht damit nun nicht aber doch alles für eine analoge Anwendung von § 309 Nr. 12 b) BGB auch auf medizinische Formularerklärungen? Im Schrifttum wird diese Konsequenz nun in der Tat überwiegend gezogen, und zwar zuweilen einschränkungslos.25 So meint etwa Pfost, der Arzt sei durch die formularmäßige Aufklärungsbestätigung durch den Patienten „des von ihm zu führenden Nachweises enthoben, daß er den Patienten entsprechend dem im Aufklärungsformular verankerten Umfang auch tatsächlich verständlich aufgeklärt hat“, weshalb nun dem Patienten „der Gegenbeweis [obliege], daß diese Aufklärung in dem im Aufklärungsformular genannten Umfang nicht erfolgt ist“, womit eine Beweislaständerung herbeigeführt werde. 26 Pfost legt seinem Standpunkt damit nun allerdings Beweisgrundsätze zugrunde, die mit der Rechtsprechung des BGH nicht übereinstimmen. Denn wie oben eingehender dargestellt, misst der BGH der Formulareinwilligung des Patienten nur die besagte Indizbedeutung zu und legt dem Patienten damit gerade nicht den Gegenbeweis auf. 27 Der Standpunkt Pfosts bringt damit allerdings lediglich in der Spitze das als solches zweifellos anerkennenswerte Anliegen der Literatur zum Ausdruck, den Patienten vor unbilligen Beweisnachteilen zu schützen, die aus dem Formulargebrauch resultieren können. Den Formularen deshalb jedoch jegliche Beweisbedeutung abzusprechen, kann schon angesichts der vorgenannten Beweisgrundsätze des BGH nicht überzeugen. Einschränkungslos vertreten wird dieser Standpunkt denn auch nur vereinzelt.28 Das Bemühen um eine Begren23

Näher hierzu oben § 7 II 3. Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen-Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rz. 18 ff. 25 Anders freilich all diejenigen, die schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus eine analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB ablehnen, vgl. hierzu oben § 9 III 2; unter Bezug konkret auf die heute in § 309 Nr. 12 b) BGB überführte Regelung Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (386). 26 Pfost, Die ärztliche Formularaufklärung im Lichte des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 99. 27 Näher oben § 7 II. 28 Für eine einschränkungslose Unwirksamkeitsfolge nach § 309 Nr. 12b BGB offenbar Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 309, 316. 24

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zung des Beweisverdikts innerhalb des übrigen Schrifttums kann dabei im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilt werden. Die eine Gruppe beschränkt sachlich die Beweiskraft der Formularerklärung, indem sie insbesondere nur die Tatsache bestätigen soll, dass überhaupt ein Aufklärungsgespräch geführt wurde. So meint etwa Deutsch, dass das Formular darüber hinaus nicht „als Mitteilung über den Inhalt des Aufklärungsgesprächs“ Beweis bieten könne, 29 und ähnlich erachtet dann auch Kieninger „alle Formen formularmäßiger ärztlicher Aufklärung“ für unwirksam, „soweit mit ihnen mehr bewiesen werden soll, als dass mit dem Patienten ein Aufklärungsgespräch geführt wurde“,30 wie schließlich auch Manfred Wolf „die Aufklärungsklausel“ nicht als unwirksam nach dieser Vorschrift einstuft, wenn sie sich nur die Bedeutung eines Indizes dafür beimesse, „daß überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, ohne Vermutung für dessen Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit“.31 Wird damit der Horizont für eine Differenzierung des Beweiswerts für die Tatsache und den Inhalt der Aufklärung eröffnet, unterscheidet sich hiervon die zweite Gruppe der Autoren, die für die Aufklärungsbestätigung die Ausnahmereglung des § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB fruchtbar macht und sie folgerichtig nicht der Inhaltskontrolle unterwirft, soweit die Aufklärungsbestätigung als gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis gelten kann. Hier wird die Intention des Gesetzes aufgegriffen, Quittungen von § 309 Nr. 12 b) BGB auszunehmen, für deren Erlangung dem leistungspflichtigen Schuldner ein anerkennenswertes Beweisbedürfnis konzediert wird. Für medizinische Formularerklärungen erwogen hat diesen Gedanken bereits Schlund, der ihn jedoch zugleich wieder verworfen hat, gebe der Patient seine Erklärungen üblicherweise doch in einer einzigen Erklärung ab, ohne eine Aufklärungsbestätigung gesondert zu unterzeichnen.32 Während sich in der Folgezeit dann Niebling diesem Standpunkt unmittelbar anschloss,33 misst Jungbecker in seiner Untersuchung dem Einwand praktischer Irrelevanz eine nur sehr geringe Bedeutung bei. Jungbecker versucht vielmehr, der Aufklärungsbestätigung eine Beweisprovinz zu retten, indem er einerseits davon ausgeht, dass eine Quittung alles enthalten müsse bzw. dürfe, „was zu ihrem Zweck, dem Schuldner den Beweis einer korrekten, pflichtgemäßen Leistung zu ermöglichen, dienlich ist“, andererseits freilich auch sieht, dass „das gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnis, um gegenüber einer Tatsachenbestätigung i.S.d. § 11 Nr. 15b AGB-Gesetz privilegiert zu sein, keine

29 Deutsch, NJW 1982, 2588, der dann aber bei handschriftlichen Eintragungen des Arztes umgekehrt sogar die Möglichkeit eines Anscheinsbeweises über den Inhalt eröffnet sieht. 30 MüKo-Kieninger, § 309 Nr. 12 Rz. 18. 31 Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rz. K 31. 32 Schlund, ChirInfo 1977, 124 (126). 33 Niebling, MDR 1982, 193 (196).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

oder höchstens ganz wenige kurze Zusatzerklärungen enthalten“ dürfe.34 Der Arzt müsse aber „an einer näher spezifizierten Aufschlüsselung interessiert sein, und man muß davon ausgehen, daß dieses Interesse auch durch den Privilegierungstatbestand des S. 2 geschützt werden soll“.35 Dem Standpunkt Jungbeckers angeschlossen haben sich in der Folge dann vor allem Coester 36 sowie in jüngerer Zeit Paulic, die den Standpunkt nun allerdings mit jenem der ersten Meinungsgruppe kombiniert, wenn sie nur dann für eine Anwendung der Ausnahmeregelung des § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB plädiert, wenn sich die Aufklärungsbestätigung auf die bloße Tatsache der Aufklärung beschränkt.37 Zu welchen Problemen es hingegen führt, wenn man § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB mit Jungbecker auch auf den Inhalt der Aufklärung ausdehnt, zeigen die von ihm selbst gezogenen Konsequenzen.38 So meint Jungbecker, dass auch bei Anwendung dieser Ausnahmeregelung – die immerhin ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit darstellt – „ein gewisser Wertungsspielraum […] auch bei der Abgrenzung des Privilegierungstatbestandes des ‚gesondert unterschriebenen Empfangsbekenntnisses‘ vom Regelfall der Unwirksamkeit einer formularmäßigen Tatsachenbestätigung gegeben [sei], weil eben nur das zur Beweissicherung Erforderliche in eine Quittung aufgenommen werden“ dürfe.39 In systematisch noch größerer Schieflage meint Jungbecker nun, dass „zur Ausfüllung dieses Wertungsspielraumes […] § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz“ herangezogen werden müsse.40 Das bringt ihn zu dem mehr als zweifelhaften Ergebnis, dass die Aufklärungsbestätigung gemäß „§§ 9 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 11 Nr. 15 S. 2 AGB-Gesetz […] diejenigen Umstände des konkreten Eingriffs erwähnen“ dürfe, hinsichtlich derer „der Arzt ein Interesse daran haben kann, die Aufklärung hierüber im Prozeß nachzuweisen“. Dies seien aber „alle konkret aufklärungsbedürftigen Risiken und auch notwendigen Folgen des betreffenden Eingriffs“, eventuell auch die Risiken einer möglichen Eingriffserweiterung.41 Eine Grenze zieht Jungbecker mangels legitimen Bestätigungsinteresses erst dort, wo Informationen nicht mehr Inhalt einer Operationseinwilligung seien, sondern Bestandteil 34 Jungbecker, MedR 1990, 173 (180). Jungbecker bringt damit seinen bereits zuvor in ders., Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, S. 173 ff., entwickelten Standpunkt zur Darstellung. 35 Jungbecker, MedR 1990, 173 (180). 36 Der allerdings das bei Jungbecker erörterte Problem des Umfangs übergeht, wenn er suggeriert, dass dieser § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB schon dann zur Anwendung bringe, „wenn eine entsprechende Klausel auf einem gesondert unterschriebenen Formular erscheint“, vgl. Staudinger-Coester, § 307 Rz. 411. 37 Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 148 f. 38 Vgl. auch bereits oben § 9 III 2 a) bb) (1) (b). 39 Jungbecker, MedR 1990, 173 (180). 40 Jungbecker, MedR 1990, 173 (180). 41 Jungbecker, MedR 1990, 173 (180); ebenso ders., in: Risiko Aufklärung, S. 31 (S. 41 f.).

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der Sicherheitsaufklärung.42 Auch sei es „nicht zulässig, alle Eingriffsrisiken aufzuführen, die etwa in einem medizinischen Lehrbuch genannt oder zur eingehenden fachlichen Information des Arztes bestimmt sind. Diese Ausführlichkeit würde dem Grundsatz der Rechtsprechung widersprechen, den Patienten nur ‚im großen und ganzen‘ über die Behandlung aufzuklären“.43 Lässt Jungbecker damit die schon systematische Anbindung an die Ausnahmeregelung des § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB weit hinter sich, kann sein Standpunkt nun aber auch in der Sache nicht überzeugen. Denn indem ihm nicht anders als den übrigen Autoren die Prämisse zugrunde liegt, dass die Formularerklärung zu einer Veränderung der Beweislage führt, muss Kritik schon auf dieser Ebene ansetzen. So besteht im Formularvertragsrecht Einigkeit darüber, dass keine Veränderung der Beweislage dort anzunehmen ist, wo die Klausel einer gesetzlichen Beweislastverteilung entspricht oder einen Sachverhalt umschreibt, bei dem ein Anscheinsbeweis ohnehin gegeben ist.44 Das ist hier nun freilich noch nicht deshalb der Fall, weil die Formularerklärung jene Indizfunktion bezweckt, die ihr von der Rechtsprechung des BGH beigemessen wird.45 Denn die Beweislast für Vornahme und Ordnungsgemäßheit der Aufklärung liegt nun einmal im Delikts- wie im Vertragsrecht beim Arzt,46 und entsprechend begünstigt schon die Schaffung eines bloßen Indizes den Arzt.47 Allerdings wird ein solches Indiz nicht erst dann geschaffen, wenn der Rechtsgutträger ausdrücklich die Durchführung und subjektive Hinlänglichkeit der Aufklärung bestätigt, vielmehr knüpft die Rechtsprechung insoweit schon an die bloße Unterzeichnung der Einwilligungserklärung als solche an. Dann kann die eigentliche Frage aber nur sein, ob der schon von der bloßen Unterzeichnung eines Schriftstücks ausgehende Indizienwert analog § 309 Nr. 12 b) BGB missbilligt werden muss. Das wird für die Unterzeichnung von Vertragsurkunden nun freilich niemand ernsthaft behaupten. Vielmehr sind hier Bestätigungsklauseln deshalb wirksam, weil sie „mit individueller Wirkung nur deklaratorisch festhalten, was sich aus der mit ihnen verbundenen Unter42

Jungbecker, MedR 1990, 173 (181). Jungbecker, MedR 1990, 173 (181). 44 Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 15 AGBG Rz. 6. 45 Ausführlicher hierzu oben § 7 II 3. 46 Vgl. oben § 7 II 1. 47 Anders Gounalakis, NJW 1990, 752, der Formularerklärungen von vornherein so auslegen zu können meint, dass sie nur den seitens der Rechtsprechung konzedierten Indizienwert besitzen sollen und schon deshalb mangels Beweislaständerung § 309 Nr. 12 b) BGB verneint; salvatorisch formulierend Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 441 f.: „Angesichts des § 309 Nr. 12b BGB mißt die Praxis der vom Patienten unterzeichneten Erklärung jedoch nur Indizwert bei. Damit kommt es nicht zu einer Beweislastumkehr, vielmehr beurteilt der Richter die Erklärung lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung, wogegen nichts einzuwenden ist“. Mangels Beweislaständerung § 309 Nr. 12 b) BGB ablehnend, dann aber gleichwohl den Gedanken Jungbeckers zur ‚Aufklärungsquittung‘ i.S.v. § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB aufgreifend Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 212. 43

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

schrift bereits von selbst als Indiz ergibt, wie z.B. die Tatsache, daß Gespräche oder Verhandlungen, auf die sich die Unterschrift bezieht, überhaupt stattgefunden haben oder eine Kenntnisnahmemöglichkeit besteht“.48 Dass dieser für die Unterzeichnung von Privaturkunden allgemein geltende Indizienwert der Unterschrift auch für die Einwilligungserklärung gilt, ließ sich oben bereits anhand der in der Sache auf vertragliche Beweisgrundsätze zurückgreifenden Rechtsprechung nachweisen.49 Dass die Anwendung dieses Erfahrungssatzes sogar erst recht für medizinische Formularerklärungen geboten ist, lässt sich nun allerdings noch weiter präzisieren. Bei Formularverträgen bildet die Kenntnisnahme ihres Inhalts die Ausnahme und die Risikoerklärung des Kunden die Regel, so dass man den Erfahrungssatz inhaltlicher Vollständigkeit hier an sich auf die einzige wirkliche Willenserklärung beschränken müsste, nämlich jene, die zur Einbeziehung der AGB führt, also auf das Einverständnis des Vertragspartners mit ihrer Geltung, § 305 II 2. HS. BGB. Ist in der Medizin umgekehrt aber die Risikoerklärung die Ausnahme und die Kenntnisnahme der Aufklärungsinformationen die Regel, weshalb eine erleichterte Einbeziehung analog § 305 II 2. HS. BGB denn auch gerade ausscheidet,50 besteht aber auch kein Anlass, der Unterschrift des Patienten eine geringere Indizienkraft beizumessen als bei Unterzeichnung einer außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 305 ff. BGB liegenden Vertragsurkunde. Als neuralgischer Punkt der Indizienkraft erweist sich hier also nicht der Formularcharakter als solcher, sondern allein die damit einhergehende Gefährdung des Verstehensprozesses. Damit zeigt sich aber, dass § 309 Nr. 12 b) BGB nicht nur ein überaus zweifelhafter, sondern vor allem ein bei weitem zu pauschaler Bezugspunkt ist, um Kontrollmaßstäbe für die Beweiskraft medizinischer Formularerklärungen aufzustellen. Wenn die Beweiswirkung vielmehr – worauf sämtliche referierten Ansätze der Sache nach zu Recht abzielen – angesichts der begrenzten Verständnismöglichkeiten des Patienten maßgeblich von diesen abhängen muss, muss es entscheidend darauf ankommen, einen Zusammenhang zwischen Beweiskraft und Verständnisbedingungen selbst herzustellen. Solche Differenzierungen sind bei einschränkungsloser Anwendung von § 309 Nr. 12 b) BGB nun aber überhaupt nicht möglich, bleiben bei einer Begrenzung der Beweiskraft auf die bloße Tatsache der Aufklärung auch AGB-rechtlich ungelöst und werden bei vollständiger Anwendung der Ausnahmereglung des § 309 Nr. 12, 2. HS. BGB 48 Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 15 AGBG Rz. 22. Auch nicht nach § 307 BGB zu beanstanden sind daher beim Formularvertrag solche „Vollständigkeitsklauseln“, in denen es heißt, dass der Verwender keine in dem mündlich oder schriftlich geschlossenen Vertrag nicht enthaltenen Zusagen gemacht habe und keine weiteren mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen getroffen worden seien. Denn damit wird nur die ohnehin geltende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde bestätigt. So MüKo-Kieninger, § 305b Rz. 13; BGH NJW 1985, 623 (630); 1985, 2329 (2331); 2000, 207 (208). 49 Oben § 7 II 3. 50 Oben § 10 I.

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sachlich gar nicht mit Hilfe des AGB-Rechts bewältigt, weil nun doch wieder allein medizinrechtliche Grundsätze über den Umfang des Formulars entscheiden. Dann bringt eine Anwendung von § 309 Nr. 12 b) BGB im Ergebnis aber überhaupt keinen Fortschritt, sondern führt im Gegenteil nur zu der Gefahr undifferenzierter Pauschallösungen. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung ist daher richtigerweise einschränkungslos abzulehnen und das sachliche Problem einer Beschränkung der Beweisfunktion unter Fortentwicklung der bestehenden richterrechtlichen Beweisgrundsätze zu bewältigen. Dass hier also ein Wertungsspielraum besteht, wie Jungbecker formuliert,51 ist zweifellos richtig. Nur ist zur Ausfüllung dieses Wertungsspielraums § 309 Nr. 12 b) BGB ein denkbar ungeeigneter Bezugsrahmen. Vielmehr müssen Beschränkungen der Indizfunktion gerade angesichts des entscheidenden Bezugs zum Verstehensprozess des Rechtsgutträgers am Gedanken des Transparenzgebots ansetzen, das hier allein ernsthaft Gegenstand von Analogieerwägungen sein kann.52 Ist diese These in der Literatur bislang auch noch nicht aufegeworfen worden, kann zumindest ein Vorrang richterrechtlicher Beweisgrundsätze gegenüber der analogen Anwendung von § 309 Nr. 12 b) BGB im Schrifttum aber doch vereinzelt als angelegt begriffen werden. So betont etwa Ohly, dass die Anwendung von § 309 Nr. 12 BGB auf sämtliche Einwilligungserklärungen dazu führen würde, dass formularmäßige Einwilligungserklärungen insgesamt unwirksam wären, läge die Beweislast für die Einwilligung doch stets beim Handelnden. Das sei aber nicht der Sinn des § 309 Nr. 12 BGB, der „die Ausschöpfung gesetzlicher Rechtsinstitute in AGB nicht vollständig verhindern will“. Während Ohly in der Konsequenz ohne weitere Ausführungen eine Interessenabwägung „im Rahmen von § 307 BGB (= § 9 AGBG a.F.)“ ins Auge fasst, den Gedanken der Transparenz also offenbar nicht miteinbezieht, 53 argumentiert Paulic dann schließlich ganz ohne konkretere gesetzliche Anbindung auf alleiniger Wertungsebene. „Würde man einem solchen Formular jegliche Beweiskraft absprechen“, so ihre Überlegung, „so ginge der Schutz des Patienten zu weit, denn an den Arzt dürfen bezüglich einer ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden“.54 Damit wird aber lediglich ein Differenzierungsrahmen angesprochen, ohne auch nur ansatzweise konkrete Kontrollmaßstäbe erkennen zu lassen.

51 52 53 54

Jungbecker, MedR 1990, 173 (180). Nachfolgend § 12 sowie zu den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen § 13 II 3. Vgl. Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 441 f. Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag, S. 149.

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b) Zur Unwirksamkeit formulargetragener Formerfordernisse für Anzeigen und Erklärungen analog § 309 Nr. 13 BGB Weitaus geringeren Bedenken als § 309 Nr. 12 b) BGB unterliegt hingegen eine analoge Anwendung von § 309 Nr. 13 BGB, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, die Anzeigen oder Erklärungen gegenüber dem Verwender an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernis binden. Unter § 309 Nr. 13 BGB fallen damit alle einseitigen Anzeigen oder Erklärungen des Kunden, ohne Rücksicht darauf, ob sie die Rechtslage umgestalten, also Mahnungen, Fristsetzungen, Zustimmungsoder Ablehnungserklärungen, Mängelanzeigen, Kündigungs- und Rücktrittserklärungen, das Nachbesserungsverlangen usw.55 Als Gegenstand eines solchen Formerfordernisses erscheint in der Medizin insbesondere der Widerruf der Einwilligungserklärung in die ärztliche Heilbehandlung oder in die Teilnahme an einem medizinischen Forschungsvorhaben. Im Ausgangspunkt scheint hier sogar eine direkte Anwendung des § 309 Nr. 13 BGB möglich, wenn man die Begründung eines Formerfordernisses als Vertragsbedingung des Arzt- oder der Studien- bzw. Probandenvertrags deutet.56 Da die Regelung inhaltlich auf die Einwilligungserklärung abzielt, nämlich auf die Bedingungen ihrer Außerkraftsetzung, dürfte der Sache nach richtigerweise aber allein eine Analogie in Betracht kommen, muss ebenso wie die Einwilligungserklärung selbst doch auch ihr Widerruf vom zugrunde liegenden Vertragsverhältnis rechtlich abstrahiert werden.57 Auch hinsichtlich dieser Bestimmung erscheint es allerdings fraglich, ob überhaupt eine Regelungslücke besteht, die ihre analoge Anwendung erforderlich machen würde. So ist es im Medizinrecht ein eherner Grundsatz, dass dem Patienten der Widerruf seiner Einwilligungserklärung angesichts des hohen Rangs der von seinem Selbstbestimmungsrecht betroffenen Rechtsgüter in keiner Weise, also auch nicht durch Formerfordernisse, erschwert werden darf. Das gilt daher auch, soweit die Einwilligungserklärung selbst ausnahmsweise in den oben beschriebenen Fällen58 schriftlich abgegeben oder doch niedergelegt sein muss. Ist die Frage damit aber bereits medizinrechtlich gelöst, dürfte im Kern nur das methodische Postulat kodifikationsnaher Rechtsanwendung eine analoge Anwendung von § 309 Nr. 13 BGB mit gleichem Ergebnis nahe legen. Dem 55

Vgl. nur etwa MüKo-Kieninger, § 309 Nr. 13 Rz. 3, m.w.N. Einmal abgesehen davon, dass man mehr formal an einer analogen Anwendung auch noch zweifeln könnte, weil der Widerruf der Einwilligungserklärung – zum Zwecke der Analogie auf eine Vergleichsebene gerückt – im Grunde nur mit der Aufhebung des Vertrags und nicht mit einer einseitigen Erklärung im Sinne des § 309 Nr. 13 BGB vergleichbar erscheint, Aufhebungsverträge aber – vgl. etwa MüKo-Kieninger, § 309 Nr. 13 Rz. 3 – gerade nicht der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 13 BGB unterfallen. 57 Vgl. bereits oben § 3 III 2 c). 58 § 10 II 1. 56

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unmittelbaren Anwendungsbereich des § 309 Nr. 13 BGB unterliegen hingegen dann Formerfordernisse für sonstige Erklärungen des Rechtsgutträgers, insbesondere also etwa für die Anzeige von Schadensfällen im Rahmen einer klinischen Studie. Denn da es sich insoweit um vertragliche Erklärungen zum Studien- bzw. Probandenvertrag handelt, bedarf es hiefür keiner Analogie.

2. Vermögensrechtlich ausgerichtete Formularinhalte Was nun die materiellrechtliche Seite der Formularinhalte betrifft, sind in einem ersten Schritt zunächst jene auszusondern, die gar nicht unmittelbar den hier gewählten Untersuchungsgegenstand betreffen, also solche Regelungen, die unmittelbar vertraglicher Natur sind. Sie sollen hier daher nur in Kürze beleuchtet werden und betreffen zunächst auf Seiten des Arztes vor allem Regelungen zu dem vom Patienten zu entrichtenden Honorar (a). In der medizinischen Forschung sind dann aber auch Regelungen denkbar, nach denen umgekehrt dem Teilnehmer eine Zahlung in Gestalt einer Aufwandsentschädigung zufließt (b). Dem praktischen Ergebnis nach ebenfalls eine vermögensrelevante Regelung enthalten dann auch Haftungsregelungen, insbesondere Haftungsbegrenzungen (c), wie mit dem Gedanken einer Rechtseinbuße schließlich dann auch – wie nun auf Ebene der Inhaltskontrolle erneut zu erörtern – der Verzicht eines Forschungsteilnehmers auf etwaige künftige Gewinnbeteiligung verwandt ist (d).

a) Regelungen zur ärztlichen Honorarberechnung Was zunächst das dem Arzt geschuldete Honorar betrifft, so hat sich die Inhaltskontrolle entsprechender Formularinhalte unmittelbar an den §§ 307 ff. BGB zu orientieren, da es sich insoweit um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt. Daher finden sich entsprechende Regelungen denn auch regelmäßig nicht in den Aufklärungs- und Einwilligungsformularen, sondern in den Allgemeinen Vertragsbedingungen für die vor allem stationäre Heilbehandlung.59 Hinzuweisen bleibt hier allerdings auf die Verwechslungsgefahr, die Aufklärung über die finanziellen Folgen einer Heilbehandlung zum Inhalt der Patientenaufklärung zu rechnen. Nur soweit die finanzielle Seite für die Entscheidungsfindung des Patienten zum Heileingriff tatsächlich relevant erscheint, kann eine solche Zurechnung in Betracht kommen, die schlimmstenfalls auch zur Unwirksamkeit der Einwilligung insgesamt führen mag.60 Für den Regel59 Hierzu in jüngerer Zeit insbesondere Paulic, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arztvertrag. 60 Für den Regelfall wird dies freilich zu verneinen sein, so auch Taupitz, AcP 191 (1991), 201 (208).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

fall wird der Arzt hingegen nur im Sinne einer sonstigen vertraglichen Aufklärungspflicht gehalten sein, über etwaige gesondert zu berechnende Leistungen aufzuklären, so dass ein Versäumnis hier regelmäßig nur als Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsanbahnung erscheinen kann mit der Folge etwaiger Schadensersatzhaftung aus § 280 I 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo.61 Formularrechtlich betrachtet wurde insoweit eine Vertragsbedingungen für unangemessen benachteiligend erachtet, in der eine andere Art der Honorarabrechnung festgelegt wird, als sie in §§ 5, 5a GOÄ insbesondere unter Bezug auf die dort enthaltenen Steigerungssätze enthalten ist.62 Hier geht die Rechtsprechung also so weit, selbst das Preis-Leistungs-Gefüge einer Inhaltskontrolle zu unterwerfen, was sich nur durch den Charakter der Gebührenordnung für Ärzte als Rechtsverordnung rechtfertigen lässt. Argumentativ lässt sich dabei bei § 307 III 1 BGB selbst ansetzen, der lediglich von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle unterwirft. Wo Rechtsvorschriften also ausnahmsweise Preisregelungen enthalten, sind die §§ 307 ff. BGB auch ausnahmsweise (und unmittelbar) anwendbar.63 Ebenfalls nach § 307 BGB für unwirksam erachtet wurden dann auch Klauseln, die den unzutreffenden Anschein erwecken, dass eine rückwirkende Erhöhung des Pflegesatzes stets wirksam sei64 oder auch Hinweise in gespaltenen Krankenhausverträgen, bei denen der Patient in getrennte Vertragsbeziehungen mit dem Krankenhausträger und den einzelnen privatliquidierenden Ärzten tritt, wenn dem Patienten nicht hinreichend – etwa durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext – verdeutlicht wird, dass der Krankenhausträger nicht Schuldner der ärztlichen Leistungen ist und er entsprechend zwar zwei Gläubigern gegenüber tritt, für ärztliche Fehler aber nur einen Schuldner hat.65 61 In dieser Hinsicht ist auch die Bestimmung des § 4 V GOÄ grundsätzlich der Vertragsperspektive zuzuordnen, wonach der Arzt den Patienten für den Fall, dass Leistungen durch Dritte erbracht werden sollen, die sie diesem unmittelbar berechnen, zuvor zu unterrichten hat. 62 MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 110; BGH BB 1991, 2469. 63 Vgl. Stoffels, AGB-Recht, Rz. 444. 64 MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 113; BGHZ 105, 160 (166). Dass die Anwendung des AGBRechts auf Honorarvereinbarungen von Verfassungs wegen nicht generell zu beanstanden ist, hat denn auch das BVerfG bestätigt. Das Gericht hat dabei allerdings Zurückhaltung angemahnt, dürfe doch nicht daraus, dass nach gebührenrechtlichen Vorgaben bestimmte Vertragsteile in einer Individualvereinbarung aufgenommen sein müssen, geschlossen werden, dass es sich im übrigen um AGB handelt. Damit verenge man den Behandlungsspielraum des Arztes „ohne Legitimation durch den Regelungszweck, der die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit rechtfertigt“, BVerfG MedR 2005, 160 (161). 65 Vgl. MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 113; BGH NJW 1993, 779; Kramer, NJW 1996, 2398. Vgl. auch bereits zur Kontrolle entsprechender Vertragsbedingungen unter dem Aspekt eines Überraschungseffekts nach § 305c I BGB oben, §§ 8 II 3 a), 9 III 1.

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Ebenfalls auf Ebene der Honorarregelungen anzusiedeln sind dann aber auch die Klauseln zu den Modalitäten der ärztlichen Abrechnung, also insbesondere die vorformulierte Einwilligung in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, die nach zutreffender Auffassung ebenfalls der analogen Anwendung des § 307 BGB unterliegt.66

b) Regelungen zu einer Aufwandsentschädigung bei Teilnahme an der medizinischen Forschung Von finanziellen Überlegungen in umgekehrter Stoßrichtung getragen ist die Frage nach der formularrechtlichen Regelung von Geldzahlungen an den Teilnehmer medizinischer Forschungsvorhaben. Da es sich hier jedoch nicht um die Modalitäten der Abrechnung oder andere eine solche Zahlung lediglich flankierende Regelung handelt, sondern allein um die Zulässigkeit einer solchen Zahlung überhaupt, vor allem in Abhängigkeit von ihrer Höhe, wirft die Frage nach einer formularrechtlichen Inhaltskontrolle von vornherein starke Zweifel auf, auch wenn sie rechtlich betrachtet in die Vertragsbeziehung zwischen Teilnehmer und Forschungseinrichtung eingebettet ist und daher auch hier statt einer analogen sogar eine direkte Anwendung der §§ 307 ff. BGB in Betracht kommt.67 Problematisch erscheint insoweit schon, die Vereinbarung und die Höhe einer Aufwandsentschädigung überhaupt der Inhaltskontrolle zu unterwerfen. Zwar stellt diese Zahlung sicherlich keine in einem Äquivalenzverhältnis zu einer Leistung der Forschungseinrichtung stehende Gegenleistung dar.68 Vielmehr versteht sich eine solche Teilnahme ihrem Charakter nach als uneigennütziger, nicht in einem Austauschverhältnis stehender Beitrag zur Förderung wissenschaftlicher Erkenntnis und künftiger Behandlungsmöglichkeiten. 69 Auch wird man schwerlich sagen können, dass eine solche Zahlung keiner Inhaltskontrolle unterliegen soll, weil ihr Umfang unter den Wettbewerbsbedingungen des Markts durch die Entscheidungen der am Marktgeschehen Beteiligten

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Vgl. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 121 ff. Zur Vertragsnatur der Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben oben § 2 I 2. 68 Kaum schon wird man die Vereinbarung einer Aufwandsentschädigung hingegen nur als nach herrschender Auffassung durchaus kontrollfähige Preisnebenabrede deuten können, die also nicht das Ob und den Umfang von Entgelten regelt, sondern die Art und Weise seiner Erbringung, insbesondere seine einseitige Bestimmung oder Änderung oder die Art und Weise seiner Berechnung, vgl. Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rz. 17 ff.; Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, AGB-Recht, § 307 Rz. 18 ff.; MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 18. Mit der Frage der Aufwandsentschädigung ist vielmehr nichts anderes als deren Ob und Umfang angesprochen. 69 Zur denkbaren Erweiterung der Motivsphäre des Teilnehmers um egozentrische Motive oben insbesondere § 6 I 2. 67

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

gebildet werden soll, wie dies im Kern gegen eine Inhaltskontrolle von Preisvereinbarungen spricht.70 Nachdenklich muss allerdings stimmen, dass die Leistung einer Aufwandsentschädigung den Teilnehmer an sich gar nicht zu benachteiligen scheint, wird ihm doch nicht etwas vorenthalten, sondern kommt er im Gegenteil in den Genuss eines Vermögenswertes. Bedenklich kann eine Aufwandsentschädigung also nur insoweit werden, als sie auf die den körperlichen Integritätsschutz betreffende Risikoabwägung des Teilnehmers unsachlich Einfluss nimmt. Die Zahlung hoher Aufwandsentschädigungen soll also nicht zur Eingehung unverhältnismäßiger Risiken verleiten. Wenn damit zum einen zu fragen ist, ob eine solche Beeinflussung vorliegt, und zum anderen, ob sie als unsachlich einzuschätzen ist, stellt § 307 I BGB hierfür aber, nicht anders als bei normalen Preisvereinbarungen, gar keine spezifisch geeigneten Kontrollmaßstäbe zur Verfügung.71 Soweit sich der Gesetzgeber der Frage angenommen hat, hat er vielmehr zu erkennen gegeben, dass er rechtliche Kontrollmaßstäbe für die Höhe von Aufwandsentschädigungen nur partiell überhaupt für erforderlich hält. So schreibt insbesondere das AMG vor, dass an den Teilnehmer einer klinischen Arzneimittelprüfung Vorteile nur im Umfang einer angemessenen Entschädigung gewährt werden dürfen, wenn es sich beim Teilnehmer entweder um einen erkrankten einwilligungsunfähigen Volljährigen handelt (§ 41 III Nr. 4 AMG) oder um einen Minderjährigen, unabhängig davon, ob er gesund (§ 40 IV Nr. 5 AMG) oder erkrankt ist (§ 40 IV Nr. 5 i.V.m. § 41 II 1 AMG) und unabhängig davon, ob er aufgrund seiner Entwicklung bereits selbst einwilligungsfähig ist. Damit wird aber deutlich, dass das Gesetz Kontrollmaßstäbe nur für diese besonders schutzbedürftig erscheinenden Personengruppen aufstellt und die Frage der Aufwandsentschädigung im übrigen nicht maßgeblich präjudizieren möchte.72 Vielmehr wird die Zahlung einer hohen Aufwandsentschädigung 70 Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, AGB-Recht, § 307 Rz. 21; MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 16; Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rz. 13. 71 Zu diesem Argument für die Herausnahme von Preisvereinbarungen aus der Inhaltskontrolle vgl. nur Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rz. 13; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, AGB-Recht, § 307 Rz. 19. 72 Vgl. denn auch die entsprechende Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drs. 15/2109, S. 31, mit der die Vorgabe aus Artikel 4 d) der Ril. 2001/20/EG aufgegriffen wird: „Schutzgut ist die körperliche Integrität des Minderjährigen und seine durch Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde, aus der abzuleiten ist, dass der Minderjährige nicht zum Objekt finanzieller Interessen degradiert werden darf. Es dürfen keine Vorteile mit Ausnahme einer angemessenen Entschädigung gewährt werden. Erfasst sind grundsätzlich alle Vorteile, die sich nicht einer objektiven Bewertung entziehen, also insbesondere Geldzuwendungen oder sonstige Leistungen, auf die der Empfänger keinen Anspruch hat und die ihn materiell oder immateriell besser stellen. Die Gewährung einer angemessenen Entschädigung ist zulässig. Nicht angemessen sind Vermögensvorteile, die in einem Missverhältnis zu einer Leistung im Rahmen der Teilnahme an einer klinischen Prüfung stehen. Angemessen sind insbesondere Auslagenerstattungen z.B. für Fahrtkosten.“

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schon unter ethischen Gesichtspunkten zweifelhaft erscheinen, die die hierfür entscheidungsberufenen Ethik-Kommissionen im Einzelfall veranlassen können, das vorgesehene Verfahren zur Rekrutierung und zum Einschluss von Prüfungsteilnehmern nach § 42 I 8 AMG i.V.m. § 7 II Nr. 11, III Nr. 4 und 14 GCP-V zu missbilligen. Steht die Zahlung der Aufwandsentschädigung damit aber zugleich in einem untrennbaren Zusammenhang mit der medizinisch-wissenschaftlichen Einschätzung der Nutzen-Risiko-Struktur, kann ein geeigneter Kontrollmaßstab für derartige Vereinbarungen auch außerhalb solcher spezialgesetzlichen Regelungen nur aus dem Medizinrecht selbst heraus entwickelt werden. Weshalb es demgegenüber sinnvoller erscheinen sollte, die so entwickelten Maßstäbe schließlich wieder über § 307 II Nr. 1 oder 2 BGB doch ins AGB-Recht zu übernehmen, lässt sich umso weniger erkennen, wenn man sich vor Augen führt, dass das spezifische Gefährdungspotential solcher Regelungen bereits von ihrer Existenz und ihrem Inhalt selbst ausgeht und nicht erst von ihrem Formularcharakter. Denn gerade dort, wo eine ungewöhnlich hohe Aufwandsentschädigung gezahlt wird, dürfte die forschende Institution ja auf die Kenntnisnahme durch den potenziellen Teilnehmer abzielen, damit dieser sich für die Teilnahme entscheidet. Damit muss für derartige Vereinbarungen eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB aber insgesamt ausscheiden und die Aufstellung entsprechender Maßstäbe allein dem materiellen Medizinrecht überlassen bleiben. Ob man diesen Rahmen dann eng zieht oder weit – und entsprechende Regeln gar nur dem Maßstab der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB anheim stellt – bedarf im Rahmen der hier zu erörternden formularrechtlichen Kontrollmaßstäbe keiner Entscheidung, sondern muss der Entwicklung der medizinrechtlichen Dogmatik überlassen bleiben.73

c) Haftungsregelungen Was nun die Haftung des Arztes betrifft, so sind formulargetragene Regelungen zum einen hinsichtlich der verschuldensabhängigen Haftung denkbar, also insbesondere für Behandlungsfehler, aber auch für eine verschuldensunabhängige Haftung bei Verwirklichung forschungsbedingter Risiken, also die Modalitäten der Rechtswahrnehmung aus einer abgeschlossenen Probandenversicherung. Auch bei solchen Haftungsregelungen handelt es sich um vertragliche Regelungen, die dem unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 307 ff. BGB unterliegen. Denn zum einen werden solche Haftungsregelungen, wenn auch formulargetragen, so doch immerhin vereinbart, und zum anderen berühren sie insbesondere auch nicht, wie die oben erörterten Formbestimmungen zur Widerrufserklärung, die Einwilligungsentscheidung des Rechtsgutträ73 Für eine Aufopferungsentschädigung in Gestalt einer für Probanden abzuschließenden Unfallversicherung plädiert Deutsch, AcP 192 (1992), 161 (176 f.).

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gers.74 Zwar enthält auch die Einwilligungserklärung eine Haftungsregelung insoweit, als der Rechtsgutträger seinen Verzicht auf die Geltendmachung von Schäden erklärt, die bei lege artis durchgeführter medizinischer Maßnahme aus der Verwirklichung konsentierter Risiken resultiert. Damit erfasst die Einwilligungserklärung aber gerade nicht Haftungsregelungen zu Behandlungsfehlern. Soweit solche Regelungen daher als Vertragsbestandteile angesehen werden müssen – entweder des ärztlichen Heilbehandlungsvertrags oder des Probandenvertrags – sind die Bestimmungen der §§ 307 ff. auch auf solche Regelungen unmittelbar anwendbar. Nichtig sind damit insbesondere alle Haftungsfreizeichnungen, soweit sie mit den hierfür bestehenden Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB nicht vereinbar sind. Erfasst wird dann aber auch eine Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen des Rechtsgutträgers.75 In der Praxis wird eine solche Pauschalierung allerdings sowohl für den Bereich der ärztlichen Heilbehandlung wie auch für den Bereich der medizinischen Forschung selten vorkommen. Insoweit die spezialgesetzlich vorgegebenen Haftungshöchstbeträge im Rahmen von Probandenversicherungen unterschritten werden (vgl. §§ 40 III AMG, 20 III MPG), ergibt sich die Unwirksamkeit der jeweiligen Formularbestimmung freilich schon aus der Nichtbeachtung dieser Vorgaben, ohne dass es auf eine Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 7 BGB noch ankäme. In den übrigen Bereichen der medizinischen Forschung ist § 309 Nr. 7 BGB hingegen sowohl hinsichtlich einer Begrenzung des Verschuldensgrads wie auch eines Haftungshöchstbetrags direkt anwendbar.

d) Gewinnverzichtsklauseln bei Teilnahme an der medizinischen Forschung Neben einem Verzicht auf Haftung kommt in der medizinischen Haftung dann zunehmend auch die weitere Erklärung eines Verzichts auf Beteiligung an dem Gewinn in Betracht, der aus der kommerziellen Umsetzung der erzielten Forschungsergebnisse eines Tages gezogen werden mag. Dass derartige Verzichtsklauseln jedenfalls nicht überraschend sind, weil der Teilnehmer an dem Forschungsvorhaben regelmäßig gar nicht den Erwartungshorizont hat, an etwaigen Gewinnen beteiligt zu werden und vielmehr aus altruistischen Motiven teilnimmt, wurde oben bereits dargelegt.76 Hingegen unterliegen derartige Klauseln, wie übrige sonstige formulargestaltete Verzichtsklauseln auch,77 durchaus einer 74

Oben § 11 II 1 b). Dass auch die summenmäßige Beschränkung der Haftung unter § 309 Nr. 7 BGB fällt, ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, vgl. nur etwa MüKo-Kieninger, § 309 Nr. 7 Rz. 23. 76 Oben § 10 IV 2. 77 So jedenfalls im Grundsatz MüKo-Schlüter, § 397 Rz. 20; Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 158; Hk-BGB-Schulze, § 397 Rz. 2. 75

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Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Mangels Einschlägigkeit eines der konkreten Klauselverbote nach §§ 308, 309 BGB ist die Inhaltskontrolle dabei anhand der Generalklausel nach § 307 I 1 BGB vorzunehmen. Insbesondere kann man sich insoweit auch nicht auf etwaige Grundgedanken einer diese Thematik derzeit erst zunehmend entdeckenden medizinrechtlichen Dogmatik im Sinne von § 307 II Nr. 1 BGB stützen,78 wie andererseits auch ein Zusammenhang zur Vertragszweckerreichung nach § 307 II Nr. 2 BGB kaum herstellbar erscheint. Entscheidend ist damit aber die Frage, ob derartige Klauseln den Forschungsteilnehmer nach Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ein solcher Nachteil kann freilich nur dort in Betracht kommen, wo die Entstehung derartiger Ansprüche überhaupt ernsthaft in Betracht kommt. Das wird allerdings nur in den seltensten Fällen so sein. Zwar dürfte es zu weit gehen, aus der Einwilligung in eine ärztliche Heilbehandlung pauschal auf die Zulässigkeit auch von Forschung mit bei der Behandlung anfallenden Körpersubstanzen zu schließen. Wo seitens des Rechtsgutträgers aber in rechtlich hinlänglicher Weise der Forschung mit isolierten Körpersubstanzen zugestimmt wird, dürfte einem Anspruch auf Gewinnbeteiligung etwa unter schadensersatzrechtlichen oder bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten von vornherein die Einwilligung des Rechtsgutträgers entscheidend entgegenstehen.79 Hier ist ein Gewinnbeteiligungsanspruch im Grunde also nur denkbar, wenn dem Teilnehmer bereits bei Durchführung der medizinischen Maßnahme die potenzielle Gewinnträchtigkeit gerade der Teilnahme des konkreten Patienten oder Probanden verschleiert wird.80 Und selbst dann dürfte der eigentliche Gewinnfaktor noch nicht in der Teilnahme des Patienten oder Probanden liegen, sondern in dem intellektuellen Wissen, aus dieser Teilnahme, die ja auch schon vom For78 Vgl. zur Problematik etwaiger Gewinnbeteiligung von Teilnehmern an der späteren Anwendung der Erkenntnisse aus medizinischen Forschungsvorhaben neben den im Folgenden genannten Einzelbeiträgen insbesondere die mongraphischen Erörterungen durch Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung. Grenzen und Möglichkeit der Weiterverwendung von Körpersubstanzen (2004); Zerr, Abgetrennte Körpersubstanzen im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht. Deutsch-französischer Rechtsvergleich über die Zulässigkeit der Kommerzialisierung von Körpersubstanzen (2004); Tschangizian, Die ärztliche Haftung hinsichtlich entnommener Körpersubstanzen. Deliktsrechtliche Probleme der Transplantationsmedizin unter besonderer Berücksichtigung von anenzephalen Säuglingen (2001); Ehrlich, Gewinnabschöpfung des Patienten bei kommerzieller Nutzung von Körpersubstanzen durch den Arzt? (2000); Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen. Rechtliche Grundlagen und Grenzen (1997). 79 Vgl. Taupitz, JBl. 2000, 152; ders., in: Damm/Hart, Rechtliche Regulierung von Gesundheitsrisiken, S. 51; ders., AcP 191 (1991), 201; ders., VersR 1991, 369; Ehrlich, Gewinnabschöpfung des Patienten bei kommerzieller Nutzung von Körpersubstanzen durch den Arzt?, legt den Akzent auf die Anfechtung der Übereignungserklärung des Rechtsgutträgers, S. 123 ff. 80 Zur Haftungsrelevanz unredlichen bzw. vorsätzlichen Handelns für die Anspruchsgrundlagen Eingriffskondiktion und angemaßte Eigengeschäftsführung auch Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 290 ff.

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scher festgelegt wird, neue Erkenntnisse zu erzielen, diese richtig in Beziehung zu anderen Erkenntnissen zu setzen und technische Herstellungsmethoden anzuwenden, um dann anschließend erst nach meist immensem Aufwand an Sach- und Personalmitteln ein Produkt herstellen und es mit neuerlichem Investitionsaufwand in den Verkehr bringen zu können. Ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung erscheint bei dieser Betrachtung für die meisten Fälle schon fast als abwegig. Jedenfalls aber ist nicht denkbar, dass ein überhaupt entstehender, insbesondere in seinem Umfang nachweisbarer Gewinnbeteiligungsanspruch angesichts des vielfältigen Einsatzes von Ressourcen durch den kommerziell Verantwortlichen des Forschungsvorhabens jemals eine nennenswerte Höhe erlangen könnte. Bei dieser Sachlage erscheint eine vorformulierte Gewinnverzichtsklausel zwar im Grunde schon eher überflüssig und als bloßer Ausdruck weitgehend unreflektierter anglo-amerikanisch inspirierter Haftungssorgen. Ist damit für den einzelnen Teilnehmer mit einer entsprechenden Verzichtsvereinbarung regelmäßig aber schon kein Nachteil verbunden, erscheint es erst recht nicht möglich, ein noch erträgliches von einem unangemessenen erscheinenden Maß dieses faktisch zu vernachlässigenden Nachteils zu unterscheiden. Dann werden vorformulierte Gewinnverzichtsklauseln aber, auch wenn man sie grundsätzlich dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift unterstellen muss, bei nahezu sämtlichen Forschungsvorhaben auch nicht nach § 307 I 1 BGB zu missbilligen sein.

3. Formularinhalte zur Preisgabe absolut geschützter Rechtspositionen Was nun schließlich Inhalte von Formularerklärungen betrifft, die weder auf die Risikoaufklärung des Rechtsgutträgers noch auf vertragliche Regelungen abzielen, verbleiben praktisch gesehen nur noch solche Bereiche, in denen Formularerklärungen einseitige Erklärungen zum Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers zum beinhalten, die nicht mehr den Integritätsschutz berühren. Für die rechtliche Beurteilung derartiger Erklärungen kann diese Abschichtung des Integritätsschutzes in ihrer Bedeutung gar nicht überschätzt werden, muss sie sich nun doch entscheidend von den anerkannten Grundsätzen über Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen leiten lassen.81 81 Für eine strikte Trennung körperbezogener und persönlichkeitsrechtsbezogener Eingriffe auch Nationaler Ethikrat, Biobanken für die Forschung (Stellungnahme), S. 51. Hierzu Wellbrock, DuD 2004, 561 ff.; und bereits zuvor dies., MedR 2003, 77 ff.; ferner Taupitz, Die Neue Ärztliche 38/1991, S. 2; ders., in: Damm/Hart (Hrsg.), Rechtliche Regulierung von Gesundheitsrisiken (1993), S. 51 (61 ff.); ders., Zentralbl Kinderchir 1996, 73 (74 f.); ders., JBl. 2000, 152 (154 ff.).

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Ein erster Fallbereich berührt dabei neuerlich die vorformulierte Einwilligung in die innere Leichenschau, die oben zunächst nur Gegenstand einer analogen Anwendung des in § 305c I BGB niedergelegten Überraschungsverbots gewesen ist. Da entsprechende Klauseln regelmäßig schon hieran scheitern werden, bleiben die Ausführungen freilich überhaupt nur für einen verbleibenden Restbereich bedeutsam, in dem insbesondere aufgrund der äußeren Gestaltung der von § 305c I BGB missbilligte Überraschungseffekt – praktisch kaum denkbar – vermieden wird (a).82 Von bei weitem größerer Bedeutung sind dann hingegen vorformulierte Einwilligungserklärungen in die Forschung an bereits isolierten Körpersubstanzen – die zuvor vom lebenden Organismus isoliert wurden –, die nach der hier vertretenen Auffassung regelmäßig gerade nicht als überraschend eingestuft werden können.83 Hier muss Gegenstand inhaltlicher Kontrollmaßstäbe also die Beeinträchtigung des Rechtsgutträgers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sein, die allerdings nur in Ausnahmefällen zur Unwirksamkeit entsprechender Einwilligungserklärungen führen wird (b).

a) Die vorformulierte Einwilligung in die innere Leichenschau Für die Einwilligung in die innere Leichenschau gelten die allgemeinen deliktischen Einwilligungsgrundsätze. Von spezialgesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit einer Sektion abgesehen, bedarf es also entweder einer Einwilligung zu Lebzeiten oder nach dem Tod des Betroffenen der Einwilligung der Totenfürsorgeberechtigten, regelmäßig also der Angehörigen. Allerdings können an diese Einwilligung nicht die spezifischen Anforderungen gestellt werden, die für die Risikoaufklärung und -einwilligung von Patient oder Proband gelten, hat die Information über die beabsichtigte Sektion doch nicht die dort bedeutsame Funktion, durch ihren Inhalt die Reichweite anschließend konsentierter Risiken festzulegen. Dann kann die analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB aber auch nicht an der dort tragenden Überlegung scheitern, dass der Inhalt einer entsprechenden Risikoaufklärung und entsprechenden Einwilligungserklärung durch medizinrechtliche Grundsätze vorgegeben ist, ohne dem Formularverwender überhaupt noch einen Gestaltungsspielraum einzuräumen. Soweit Sektionsklauseln daher überhaupt formulargetragen wirksam abgegeben werden können – also nicht wie regelmäßig anzunehmen schon an § 305c I BGB scheitern84 – besteht für ihre Inhaltskontrolle eine Regelungslücke, die grundsätzlich die analoge Anwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB eröffnet. In der für die analoge Anwendung dieser Bestimmungen bis heute allein maßgeblichen Entscheidung hat der BGH – allerdings der IX. Zivilsenat und nicht der mit Arzthaftungssachen betraute VI. Zivilsenat – eine solche Klausel 82 83 84

Näher oben § 10 III 1. Oben § 10 III 2. Oben § 10 III 1.

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hingegen, und dies unter dem für ein Verbraucherverbandsverfahren geltenden Gebot kundenfeindlichster Auslegung, inhaltlich gebilligt und einen Verstoß gegen die heutige Bestimmung des § 307 I 1 BGB abgelehnt. Das Verbot vorformulierter Erklärungsfiktionen nach § 308 Nr. 5 BGB hielt der BGH schon nicht für einschlägig, da die Vorschrift lediglich Erklärungsfiktionen betreffe, die sich auf ein zeitlich nach der Einbeziehung liegendes Verhalten stützten, die in der Klausel vorgesehene Einwilligung jedoch bereits mit Einbeziehung in den Vertrag als abgegeben gelte.85 Zwingend war dieser Standpunkt durchaus nicht. Zwar mag man mit dem BGH zu Recht der Auffassung sein, die Einwilligungserklärung selbst aus den von ihm genannten Gründen nicht am Verbot von Erklärungsfiktionen nach § 308 Nr. 5 BGB messen zu können. Schon die Überlegung, dass es sich hier überhaupt um die Abgabe einer Einwilligungserklärung handelt, lag nun allerdings durchaus nicht auf der Hand, enthielt die Klausel doch die Formulierung „Die innere Leichenschau kann vorgenommen werden, wenn sie zur Feststellung der Todesursache aus ärztlicher Sicht notwendig ist oder wenn ein wissenschaftliches Interesse besteht“, und darüber hinaus lediglich eine Widerspruchsmöglichkeit des Betroffenen zu Lebzeiten bzw. nach seinem Tod eine solche der Totenfürsorgeberechtigten.86 Sieht man damit in der Klausel überhaupt eine mit Einbeziehung der Allgemeinen Vertragsbestimmungen des Klinikums in den Behandlungsvertrag abgegebene Sektionseinwilligung, stand angesichts der Klauselformulierung für die Zeit nach Vertragsschluss doch noch die Frage eines Widerrufs im Raum. Damit lag aber die weitere Frage nahe, ob die Klausel nicht zumindest umgekehrt dem Schweigen nach Vertragsschluss nun doch einen Erklärungswert beimisst, nämlich, die formulargetragen erteilte Einwilligung weiterhin zu erteilen. Zweifel an einer Erklärungsfiktion lassen sich hier also im Grunde nur damit begründen, dass das Schweigen bei Lichte betrachtet lediglich einen negativen Erklärungswert hat, also, nicht zu widerrufen. Gar keine (doppelte) Analogie zu § 308 Nr. 5 BGB zu erwägen, ist insoweit aber wenig nachvollziehbar. Betrachtet man stattdessen nun den weiteren Argumentationsverlauf des BGH, so hat er der Sache nach eine Interessenabwägung vorgenommen, in der von der medizinischen Notwendigkeit der Sektion auf deren Zulässigkeit geschlossen wurde. Die diese Notwendigkeit wiederum tragenden Gesichtspunkte waren aber lediglich die oben bereits angesprochenen Gesichtspunkte eines Interesses der öffentlichen Gesundheitssorge an einem durch klinische Sektionen zu erzielenden Erkenntnisgewinn für die Behandlung künftiger Patienten. Hält man diesen Ansatz überhaupt für zulässig, was unter dem Aspekt öffentlich-rechtlicher Regelungsbedürftigkeit nicht unproblematisch sein 85 BGH NJW 1990, 2313 (2314); so bereits OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2951). Vgl. aber Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, § 10 Nr. 5 AGBG Rz. 7. 86 BGH NJW 1990, 2313.

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dürfte,87 sind sämtliche auf Seiten des Patienten beachtlichen Interessengesichtspunkte, die eine Sektionsklausel unangemessen erscheinen lassen könnten, vom BGH dann als geringer beachtlich eingestuft worden. Dass die Klausel die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Behandlungsvertrag unberührt lässt, wie das Ausgangsgericht feststellte,88 dürfte insoweit das Mindeste sein, was man von ihr fordern muss und kann schon deshalb kein ernsthaftes Argument darstellen. 89 Verblieb dem BGH für die Interessenabwägung damit an sich nur, auf das postmortale Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und das Totenfürsorgerecht seiner Angehörigen zurückzugreifen, so hat das Gericht diese Interessen dann allerdings übereinstimmend mit dem Berufungsgericht als „weniger gewichtig“ als das medizinische Erkenntnisinteresse eingeschätzt.90 Die fehlende Strafbewehrung einer ohne Einwilligung vorgenommenen Sektion kann dabei allerdings nur ein schwaches Argument sein, beurteilt sich die unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts zu entscheidende Frage nach der Erforderlichkeit einer Einwilligungserklärung doch auch sonst nicht nach dem insoweit gerade nur marginal bestehendem Strafrechtsschutz.91 Steht die Interessenabwägung der Rechtsprechung damit aber insgesamt auf schwachen Füßen, weil sie mit dem Argument der wissenschaftlichen Erforderlichkeit im Grunde auf einer petitio principii basiert, so fehlt vor allem jedoch eine Auseinandersetzung mit dem ebenso naheliegenden wie tragenden Gegenargument, dass ein Konsens über die Bereitschaft zur klinischen Sektion in der Bevölkerung bis heute nicht ausgemacht werden kann, und sich entsprechend auch nicht der Gesetzgeber bis heute zu einer entsprechenden Lösung durchringen konnte. Die Absage an eine Widerspruchslösung für die Entnahme von Organen zu Transplantationszwecken im Gesetzgebungsverfahren zum Transplantationsgesetz spricht vielmehr gegen eine solche Konsensbereitschaft.92 87 Vgl. bereits oben § 10 III 1 zu der hier vertretenen Auffassung, dass eine solche Entscheidung, die, wie Ohly zu Recht betont, auf eine Einschränkung des postmortalen Persönlichkeitsrechts hinausläuft, dem Gesetzgeber innerhalb der Grenzen der Verfassung obliegt. Vgl. auch Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 440 f. 88 OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2952). 89 Ähnlich Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 441. 90 BGH NJW 1990, 2313 (2314 ff.); OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2953). 91 Hierzu für die Fälle der eigenmächtigen Heilbehandlung näher oben § 3 II 2. 92 Für einen Überblick über die Entstehungsgeschichte des (unter Beibehaltung der früheren Abkürzung nunmehr in ‚Gewebegesetz‘ umbezeichneten) Transplantationsgesetzes vgl. Höfling, JZ 1995, 26 ff.; Dufková, MedR 1998, 304 ff.; für eine haftungsrechtliche Perspektive auf die Auswirkungen des Gesetzes vgl. Tschangizian, Die ärztliche Haftung hinsichtlich entnommener Körpersubstanzen. Deliktsrechtliche Probleme der Transplantationsmedizin unter besonderer Berücksichtigung von anenzephalen Säuglingen, S. 86 ff., 133 ff.; zur deutschen Zustimmungslösung aus österreichischer Sicht Etzl, in: Plöchl, Ware Mensch, S. 29 (S. 36 f.). Kritisch zu den Hirntodkriterien als Grenzen der Organgewinnung Wolfslast, MedR 1989, 163 ff.

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Schon zum Zeitpunkt der Entscheidung war es damit aber näherliegend, dass bei einer solchermaßen in der Bevölkerung überaus kontroversen Einschätzung der Problematik erst recht nicht der Weg akzeptiert werden kann, durch vorformulierte Rechtsgestaltung einen solchen Konsens einseitig durch denjenigen fingieren zu lassen, der – aus welchen anerkennenswerten Gründen auch immer – den Bedarf an solchen Sektionen anmeldet. Die Vorformulierbarkeit muss hier also schon daran scheitern, dass die mutmaßliche Einstellung des Rechtsgutträgers zu einer Sektion bislang und vermutlich auch auf längere Sicht nicht typisierbar ist und sich deshalb die Frage nach einem gegenzugewichtenden Argument für eine solche Sektion, insbesondere also die Frage nach der medizinisch-wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Notwendigkeit, gar nicht erst stellt.93 In dem ohnehin eher abwegig erscheinenden Fall, dass derartige Klauseln nicht schon überraschend im Sinne von § 305c I BGB erscheinen, stellen sie daher zumindest eine unangemessene Benachteiligung des Rechtsgutträgers dar und sind damit analog § 307 I 1 BGB unwirksam. Hier bleibt es vielmehr bei der praktischen Notwendigkeit, mit dem gebotenen Takt auf die Angehörigen als Totenfürsorgeberechtigten zuzugehen, um sie um ihre Einwilligung zu bitten, wie denn entsprechend auch § 4 I TPG gerade keine Ausnahme von der Notwendigkeit einer Einwilligung aufstellt. Dass dies für die Praxis der medizinischen Forschung überaus misslich und für die betroffenen Ärzte ein menschlich schwieriges Unterfangen ist, ist evident, muss aber angesichts der hierzu bestehenden äußerst heterogenen Wertvorstellungen solange in Kauf genommen werden, bis der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine abweichende Vorgehensweise klar normiert hat.

b) Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Zwecke der medizinischen Forschung Anders als vorformulierte Sektionseinwilligungen erscheinen vorformulierte Einwilligungserklärungen in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zu Forschungszwecken hingegen regelmäßig weder als überraschend im Sinne von § 305c I BGB, noch sind sie unter dem Gesichtspunkt der Inhaltskontrolle analog §§ 307 ff. BGB zu missbilligen. Das gilt allerdings nur, soweit die entsprechende Formularerklärung auch tatsächlich allein die Verwendung 93 Von vornherein anders gelagert sind daher solche Sektionsklauseln, die etwa in Versicherungsbedingungen für klinische Prüfungen enthalten sind und bei Versterben des Prüfungsteilnehmers die Durchführung einer Sektion zur Klärung der Todesursache gestatten. Angesichts des grundsätzlichen Einverständnisses mit der klinischen Prüfung werden derartige Klauseln schon nicht als überraschend, aber auch kaum als unangemessen benachteiligend eingestuft werden können. Freilich kann die Zulässigkeit der inneren Leichenschau hier je nach den Umständen auch bereits aus § 87 StPO folgen, wenn der Verdacht einer fahrlässigen Tötung im Sinne von § 222 StGB nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, vgl. RiStBV Nr. 33 I 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 87 Rz. 3.

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der Substanz für Forschungszwecke und hiermit einhergehende Maßnahmen betrifft, also insbesondere auch die Kennzeichnung, Verarbeitung, Lagerung und Vernichtung entsprechender Substanzen. Soweit Gegenstand der Erklärung hingegen auch schon die Isolierung der Körpersubstanz selbst ist, greifen die Grundsätze über die Risikoaufklärung und -einwilligung, womit eine Inhaltskontrolle analog §§ 307 ff. BGB von vornherein ausscheidet94 (aa). Die Vorformulierung entsprechender Forschungseinwilligungen begegnet dann in der Sache auch hier unter dem Gesichtspunkt mutmaßlichen Desinteresses des Rechtsgutträgers regelmäßig keinen Bedenken, da insbesondere auch die wissenschaftliche Aussichtslosigkeit eines Forschungsvorhabens ein Kriterium nur für die Selbstbestimmung des Rechtsgutträgers über die Gewinnung der Körpersubstanz darstellen kann, nicht für ihre Verwendung (bb). Besonderheiten sind hier daher allenfalls nur dort in Betracht zu ziehen, wo die durchzuführenden Forschungsmaßnahmen mit der genetischen Analyse der Körpersubstanz einhergehen. Insoweit ist trotz bestehender Regelungslücke aber unter dem Gesichtspunkt der Rechtsähnlichkeit eine Analogie zu den §§ 307 ff. BGB abzulehnen und stattdessen eine entsprechende Anwendung datenschutzrechtlicher Bestimmungen als sachnähere Regelungsmaterie vorzuziehen (cc).

aa) Die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Einwilligung in die invasive Isolierung der Körpersubstanz Ist für die Gewinnung der Körpersubstanz ein körperlicher Eingriff am Menschen erforderlich – also etwa das Setzen eines Venenkatheters, die Entnahme einer Haut- oder Gewebeprobe, die Biopsie eines inneren Organs usw. –, so gelten für die Einwilligung des Rechtsgutträgers keine anderen Grundsätze als für die Maßnahmen der ärztlichen Heilbehandlung. Handelt es sich beim Teilnehmer dabei nun, wie häufig, um Patienten, wird diese Voraussetzung freilich schon durch das Aufklärungs- und Einwilligungsverfahren zur ärztlichen Heilbehandlungsmaßnahme erfüllt. Entsprechend beschränkt sich die zusätzliche forschungsbezogene Erklärung des Rechtsgutträgers solange darauf, allein der zusätzlich beabsichtigten Verwendung zuzustimmen, wie der Umfang der Substanzentnahme nicht forschungsbedingt erhöht wird. Einer auf den körperlichen Integritätsschutz bezogenen forschungsbedingten Risikoaufklärung bedarf es hier also nur dann, wenn der von der rein ärztlichen Indikation gedeckte Umfang überschritten wird. Das ist freilich allerdings schon dann der Fall, wenn aus einem ohnehin liegenden Venenkatheter auch nur ein Milliliter Blut mehr allein zu Forschungszwecken entnommen wird, mag es auch auf einem anderen Blatt stehen, dass die für diagnostische Zwecke erforderliche Blutmenge unterschiedlicher ärztlicher Einschätzung unterliegt. Etwas anderes ist es, dass sich aus der zusätzlichen Probenentnahme praktisch meist nur 94

Oben § 11 I.

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eine kaum messbare Steigerung des Gesundheitsrisikos ergeben wird, so dass die Anforderung an eine Risikoaufklärung unter diesem Gesichtspunkt im Ergebnis dann kaum Änderungen erfahren wird. Hier ist es im Kern also – jedenfalls bei der Entnahme geringer Zusatzblutmengen – meist nur die mit der Entnahme zusätzlicher Substanzmengen verbundene weitere Zweckverfolgung, die die entsprechende Zusatzinformation gebietet. Schon unter Risikogesichtspunkten anders liegen können die Dinge allerdings, wenn man einmal über das Regelbeispiel der Blutentnahme hinausgeht. Beabsichtigt ein Vorhaben etwa die Erhebung von Daten zur histologischen Struktur von erkranktem Herzgewebe und ist zu diesem Zweck beabsichtigt, bei diagnostischen Herzbiopsien etwas mehr Gewebe zu Forschungszwecken zu entnehmen, so kann sich schon eine zusätzliche Biopsienahme gravierend auf die Gesundheit des Patienten auswirken. Hier steigen die Anforderungen an die Aufklärung und Einwilligung des Patienten also auch unter Risikogesichtspunkten erheblich. Vergleichbar liegen die Dinge dann aber auch bei der Isolierung von Körpersubstanzen an Probanden, also an gesunden Teilnehmern eines medizinischen Forschungsvorhabens. Auch hier muss man den invasiven Eingriff von der späteren Verwendung der Körpersubstanz zu Forschungszwecken scharf unterscheiden. Invasive Eingriffe an gesunden Probanden stehen dabei freilich von vornherein unter dem Vorbehalt eines geringen Risikos.95 Um etwa beim Beispiel einer orthopädischen Operation zu bleiben, so liegt es auf der Hand, dass es sich ärztlich nicht vertreten ließe, einen gesunden Probanden einer solchen Operation zu unterziehen, nur um Normalwerte zu erzielen.96 Anders als beim Patienten ist der Proband nun allerdings auch schon unter Risikogesichtspunkten selbst über einen minimalen invasiven Eingriff aufzuklären, ist eine solche Maßnahme ja nicht zuvor bereits Gegenstand eines Aufklärungs- und Einwilligungsverfahrens aus Gründen medizinischer Heilbehandlung. Ob der Proband dabei mündlich, auch oder sogar dem Schwerpunkt nach schriftlich aufzuklären ist, entscheidet sich dabei grundsätzlich nach den oben dargestellten Grundsätzen des Drei-Stufen-Modells.97 Auch hier wird die Reduktion der Aufklärung auf ein Aufklärungsformular nebst Angebot einer Gesprächsgelegenheit also nur ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die Risikokomplexität äußerst gering erscheint – die transparente Darstellung der Informationen und das unmissverständliche Angebot einer Gesprächsgelegenheit ebenso wie dort stets vorbehalten.98 In beiden Fällen kommt es aber nicht zu 95

Vgl. bereits oben § 6 I 2 a). Soweit noch aussagekräftig, bedingt ein solches Forschungsziel vielmehr meist die Durchführung klinischer Sektionen. 97 Zu den drei materiellrechtlichen Stufen der Formularverwendung in Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont oben § 10 II. 98 Vgl. oben § 10 II 3 sowie zum Gedanken des Transparenzgebots nachfolgend § 12 III. 96

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einer Inhaltskontrolle analog §§ 307 ff. BGB, weil diesen Vorschriften die medizinrechtlichen Risikoaufklärungsanforderungen vorgehen.99 Schon gar keiner Risikoaufklärung bedürfen Probanden erst dort, wo die Gewinnung der Körpersubstanz keine auch nur als körperlichen Eingriff klassifizierbare Handlung voraussetzt. Wer als potenzieller Proband also mit der Bitte konfrontiert wird, Haare, Ausscheidungen oder gar nur Atemluft zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen, braucht nicht unter gesundheitlichen Risikoaspekten aufgeklärt zu werden, sondern nur mit Rücksicht auf sein Selbstbestimmungsrecht. Etwas anderes gilt hier nur dann, wenn der Rechtsgutträger ein körperliches Integritätsinteresse auch an den isolierten Körpersubstanzen selbst verfolgt, also etwa Forschungsvorhaben mit menschlichen Keimzellen. Soweit solche Forschung rechtlich überhaupt zulässig ist,100 ist das mit der Forschung stets einhergehende Risiko einer Beschädigung oder gar Vernichtung solcher Substanzen ausnahmsweise also auch als Gesundheitsrisiko zu verstehen, weil ihre spätere Verwendung der Aufrechterhaltung regulärer Körperfunktionen dienen soll.101 Das betrifft neben Spermien und Eizellen insbesondere auch die sogenannte Eigenblutspende oder die perioperative Herstellung von für Operationszwecke geeigneten Blutzubereitungen, wie auch für die Ausgliederung, Aufbereitung und Wiedereingliederung z.B. von Hautoder Knochenbestandteilen. In diesen Spezialfällen wiedereinzugliedernder Körpersubstanzen bedarf es also auch für die Einwilligung zur Durchführung von Forschungsmaßnahmen einer Aufklärung, die den Anforderungen an die gesundheitliche Risikoaufklärung genügt. Auch hier gelten deshalb dann aber allein die medizinrechtlichen Anforderungen, ohne dass die §§ 307 ff. BGB analog anwendbar wären.

bb) Die auf das Selbstbestimmungsrecht bezogene Einwilligung in die Forschung mit der isolierten Körpersubstanz Was nun die Einwilligung in die Forschung mit der isolierten Körpersubstanz betrifft, so beinhaltet sie zunächst – zivilrechtlich betrachtet – die Überlassung des unmittelbaren Besitzes an der Körpersubstanz sowie die Übertragung des 99

Oben § 11 I. Insbesondere nach den Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes; vgl. zu dem hiermit angeschnittenen Fragenkreis, insbesondere zur Zulässigkeit der in besonders kontrovers diskutierten Präimplantationsdiagnostik, den Überblick über das Meinungsspektrum etwa bei Deutscher Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.), Enquete-Kommission Recht und Ethik in der modernen Medizin. Stammzellforschung und die Debatte des Deutschen Bundestages zum Import von menschlichen embryonalen Stammzellen. 101 Vgl. BGH NJW 1994, 127 (127 f.), und zu dieser Problematik Laufs/Reiling, NJW 1994, 775 f.; eingehend Voß, Vernichtung tiefgefrorenen Spermas als Körperverletzung? Gegen eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf das Strafrecht aus dem Blickwinkel unzulässiger Analogie Erlinger, in: Dierks/Wienke/Eberbach/Schmidtke/Lippert (Hrsg.), Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht, S. 71 (73 f.). Vgl. auch bereits oben § 3 II 2 a). 100

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mit Trennung vom Körper entstehenden Eigentums an der Körpersubstanz gemäß § 929 S. 1 BGB auf die forschende Institution.102 Dass die Einräumung von Besitz und die Übereignung beweglicher Sachen im sonstigen Zivilrecht formulargetragen vorgenommen werden kann, ist unbestritten. Für die Besitzeinräumung sind die §§ 307 ff. BGB freilich wiederum streng genommen auch dort nur analog anwendbar, handelt es sich bei der natürlichen Willensrichtung von Besitzverlierendem und Besitzergreifendem doch – mit wenigen akademischen Ausnahmen – weder um rechtsgeschäftliche Erklärungen noch überhaupt um einen Vertrag. Und auch die antizipierte Übereignung der Körpersubstanz beinhaltet genau genommen ja nicht nur einen dinglichen Vertrag, sondern darüber hinaus die für das Rechtsgeschäft ‚Übereignung‘ erforderliche Übergabe des Besitzes. Stellt das Medizinrecht selbst für eine entsprechende Formularregelung nun keine spezifischen Voraussetzungen auf, erscheint die analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB unter dem Gesichtspunkt einer Regelungslücke durchaus möglich, wobei sie sich mangels Einschlägigkeit eines speziellen Klauselverbots nach §§ 308, 309 BGB auf eine Unangemessenheitsprüfung nach § 307 I 1 BGB beschränken würde. Führt man sich nun allerdings vor Augen, dass diese dingliche Ebene der Substanzüberlassung ebenso wie sonstige dingliche Geschäfte für sich betrachtet gar nicht im Spannungsverhältnis divergierender Interessen steht, wird eine solche Analogie unter dem so präziser zu beurteilenden Aspekt der Rechtsähnlichkeit beider Lebenssachverhalte doch problematisch. Denn die Unangemessenheitsprüfung nach § 307 I 1 BGB zielt notwendig auf die Beurteilung der Interessen beider Vertragspartner ab, die sich nun aber allein aus der dinglichen Perspektive heraus gar nicht erschließen. So wie die Besitzüberlassung einen bloßen Realakt darstellt, ist die in der Übereignung liegende dingliche Verfügung nicht nur in ihrer Wirksamkeit abstrakt von einem Kausalverhältnis, sondern auch in ihrem Sinn. Was mit einer Verfügung bezweckt wird, lässt sich der Verfügung selbst also gar nicht entnehmen, vielmehr ist sie losgelöst von der schuldrechtlichen causa „etwas Perplexes, Unsinniges, Verrücktes“.103 In der Rechtsgeschäftslehre schlägt sich dieser Zusammenhang

102 Ganz h.M., vgl. nur etwa Lippert, MedR 1997, 457 (458 f.), der allerdings auch nach Übereignung von einem Nachwirken des Persönlichkeitsrechts ausgeht, das den Forscher insbesondere zur Offenlegung des Forschungszwecks verpflichten können soll; ders., MedR 2001, 406 (408). Anders Nietz/Dierks, MedR 2002, 400 (401), die den Eigentumserwerb auf dem Boden eines dem Arzt eingeräumten Aneignungsrechts konstruieren, was freilich angesichts der Nichtverkehrsfähigkeit des Körpers problematisch ist, da damit mangels Eigentum am Körper der für die Gewährung von Aneignungsrechten erforderliche Rechtsboden im Moment der Rechtseinräumung schon nicht besteht und die allenfalls nur denkbare antizipierte Einräumung eines frühestens mit Trennung entstehenden Aneignungsrechts der Sache nach auf eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB hinausläuft. 103 So die erfrischende Blickrichtung der bereits im Kontext der späteren Geschichten-

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nieder, wenn sie Willensmängel für die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts regelmäßig für irrelevant hält, so dass sich deren ausnahmsweise Bedeutsamkeit denn auch nur mühsam begründen lässt.104 Dann kann die vorformulierte Regelung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse für sich genommen aber auch nicht am Maßstab einer unangemessenen Benachteiligung gemessen werden. Ausschlaggebend für die Inhaltskontrolle einer vorformulierten Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanz zu Forschungszwecken müssen vielmehr die hiermit verfolgten Zwecke sein. Die Besonderheit der hier anzustellenden Interessenabwägung liegt freilich darin, dass den insoweit zu untersuchenden Interessen der forschenden Institution im Regelfall keine andersgearteten Interessen des Rechtsgutträgers gegenübertreten, die es nun in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen gälte. Während also etwa beim Kaufvertrag die Beschränkung der Mängelgewährleistung einerseits das Interesse des Verwenders berührt, den mit der Mängelhaftung verbundenen Kostenaufwand betriebswirtschaftlich reduzieren oder doch zumindest kalkulieren zu können, tritt diesem Anliegen ein Interesse des Käufers gegenüber, für sein Geld eine intakte Ware zu erhalten, die er dann auch zu den von ihm verfolgten Zwecken uneingeschränkt verwenden kann. Hier geraten also zwei völlig unterschiedlich gelagerte Interessen in Widerstreit, die es angesichts der Formulargebundenheit der Mängeleinschränkung kraft Gesetzes tendenziell zugunsten des Kunden in Ausgleich zu bringen gilt. Die einseitige Preisgabe absolut geschützter Rechtsgüter zu Forschungszwecken unterscheidet sich hiervon hingegen markant, stellt der Rechtsgutträger dem Interesse des Forschers typischerweise doch kein Eigeninteresse gegenüber, vielmehr kann sein Anliegen nur dahin gehen, die Preisgabe seines Rechtskreises so gering wie möglich zu halten. Das Problem der Inhaltskontrolle ist hier also weniger der Ausgleich zweier völlig unterschiedlicher Interessen als vielmehr die Intensität der Durchsetzung des einen Interesses oder umgekehrt der Grad des mangelnden Interesses des Rechtsgutträgers. Das gilt auch für den Fall, dass der Rechtsgutträger an derartigen Forschungsvorhaben ausnahmsweise auch ein eigenes Interesse verfolgt, etwa weil die Analyse der Körpersubstanz eine gegenüber der sonstigen Heilbehandlung exaktere Diagnostik ermöglicht, um einmal mehr beim Beispiel der Blutanalysen zu bleiben. Auch hier ist das verfolgte Eigeninteresse dann aber kein strukphilosophie stehenden Rechtsphänomenologie W. Schapps, Der Vertrag als Vorgegebenheit, S. 73. 104 So schon etwa die Frage des sogenannten Doppelfehlers, der nach h.M. im Fall einer arglistigen Täuschung zur Anfechtbarkeit auch des dinglichen Rechtsgeschäfts führt. Hier wird selten auch nur versucht, die exakte Kausalkette einer in der Motivsphäre liegenden Fehlvorstellung über den Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts bis hin zur Tätigung der dinglichen Verfügung näher zu beschreiben. Aus dem jüngeren Schrifttum zum Problemkreis insgesamt vor allem Grigoleit, AcP 199 (1999), S. 379 ff.

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turell anderes, das dem Interesse des Forschers entgegengesetzt wäre, vielmehr verfolgt der Patient zunächst einmal nicht anders als der Arzt das Ziel feinerer Diagnostik. Unterschiede weisen hier nur die beiderseitigen Motivsphären auf, indem auf Seiten des Arztes neben das Behandlungsziel ein Forschungsziel tritt, während sich das Motiv des Patienten dem Schwerpunkt nach auf die Verbesserung der Diagnose ausrichten wird. Häufig wird bei der Analyse von Körpersubstanzen ein solches Eigeninteresse dann freilich auch gar nicht in Betracht kommen, nämlich dann, wenn die anstehenden Analysen dem Patienten nicht zugute kommen können, sei es, dass die Auswertung viel zu umfassend ist, um bereits in einer hierfür erforderlichen kurzen Zeitspanne zu patientenbezogenen Aussagen gelangen zu können, oder sei es, dass das Forschungsziel von vornherein ganz andere Parameter betrifft, die gar nicht darauf angelegt sind, die ursächliche oder auch nur symptomatische Therapie des Patienten zu beeinflussen. Erst recht kein Eigeninteresse in Betracht zu ziehen ist dann bei der Analyse der Körpersubstanzen von Probanden, da ihnen schon definitionsgemäß kein Vorteil in Aussicht gestellt werden kann.105 Werden damit aber durch die Forschung an der isolierten Körpersubstanz keine körperlichen Integritätssinteressen des Rechtsgutträgers tangiert, hat dies zum einen die Konsequenz, dass die Information des Rechtsgutträgers über das Forschungsvorhaben zunächst einmal nicht den rigiden Anforderungen an die ärztliche Risikoaufklärung unterliegt. Mangels tangierter Gesundheitsinteressen ist hier also nicht ersichtlich, weshalb eine Aufklärung auch nur im Regelfall notwendig mündlich erfolgen müsste. Wenn man also überhaupt meint, dass die Wirksamkeit einer solchen Einwilligung von einer hinlänglichen Aufklärung abhängt und dem Rechtsgutträger nicht das Recht belässt, entsprechend den Grundsätzen zur Risikoerklärung auch ohne Kenntnisnahme der Forschungsziele in die Durchführung von Forschungsmaßnahmen an der bereits isolierten Substanz wirksam einzuwilligen,106 so sind doch keine Gründe ersichtlich, den Teilnehmer auch nur regelmäßig gerade mündlich aufzuklären. Mangels Bezugs auf den körperlichen Integritätsschutz muss es hier vielmehr bei den herrschenden Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht verbleiben, wonach Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur im Fall nachhaltiger Eingriffe den Charakter des Unerlaubten im Sinne von § 823 I BGB annehmen.107 105 Von der auch hier denkbaren Motivsphäre immaterieller Interessen abgesehen, vgl. oben § 6 I 2. 106 Zu diesem kritischen Seitenblick auf die Aufklärung als zwangsläufige Beschränkung einer Freiheit vor Aufklärung oben § 3 II b). 107 Speziell für die Bewertung der Weiterverwendung menschlicher Körpersubstanzen auch Taupitz, JBl. 2000, 152 (155 f.), sowie ausführlich zur Qualifizierung von Eingriffen in den Schutzbereich eines bio-materiellen Selbstbestimmungsrechts Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 192 ff.

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Das bedeutet für die hier zu erörternde Frage nach spezifisch formularrechtlichen Kontrollmaßstäben aber, dass die bloße Verlagerung von Aufklärungsinformationen in schriftliche Formulare grundsätzlich unbedenklich erscheinen muss, solange etwa erforderliche Risikoaufklärungen denn den hierfür geltenden Anforderungen genügen. Den medizinrechtlichen Anforderungen können entsprechende Formularinhalte also nur deshalb unterliegen, weil sie faktisch in einen Bogen aufgenommen werden, der Risikoinformationen und Studienerläuterung gleichermaßen umfasst, zwischen den beiden Sphären des Rechtsgüterschutzes – körperlicher Integritätsschutz einerseits, Selbstbestimmungsschutz andererseits – also schon den Formulierungen nach kaum unterschieden werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass in der hier eingenommenen analytischen Perspektive zwischen den Anforderungen an eine integritätsschutzbezogene Risikoaufklärung und eine allein autonomiebezogene Forschungszweckaufklärung scharf zu unterscheiden ist. Während also auch bei der Risikoaufklärung Selbstbestimmungsschutz stattfindet, indem das Recht zur Selbstbestimmung über die eigene körperliche Integrität geschützt wird, reduziert sich die Aufklärung über Forschungszwecke allein darauf, die Selbstbestimmung im Umgang mit bereits gewonnenen Körpersubstanzen – rechtlich also mit Sacheigentum – zu schützen. Nun lässt sich gegen eine solche Unterscheidung freilich der Einwand erheben, dass sich jedenfalls bei Probanden eine Differenzierung zwischen körperlichem Integritätsschutz und späterem Forschungsziel gar nicht durchhalten lässt, gibt der Rechtsgutträger seine körperliche Integrität doch allein aus Forschungsgründen preis. Damit kann aber allenfalls nur versucht werden, die Unterschiede zwischen der eigenen Gesundheitssorge und den mit der medizinischen Forschung verbundenen Wertvorstellungen einzuebnen. Tatsächlich bringt die Überlegung vielmehr einen anderen Bewertungsmaßstab zum Ausdruck, nämlich das typische Interesse gerade des Probanden, nur möglichst geringe Gesundheitsrisiken einzugehen, sich also nicht grundlos auch nur eine geringe Menge Blut abnehmen zu lassen. Als eigentliche inhaltliche Beschränkung von derartigen Einwilligungserklärungen erscheint damit im Kern aber die Aussagekraft des Forschungsvorhabens selbst, wie sie etwa von den medizinischen Ethik-Kommissionen im Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung zu beurteilen ist.108 Denn wo Forschung völlig sinnlos ist, erscheint jede Eingehung gesundheitlicher Risiken inopportun. Man kann den Gedanken auch dahin wenden, dass so, wie im Bereich der Heilbehandlung erst die ärztliche Indikation eines Eingriffs überhaupt die Frage nach der wirksamen Einwilligung des Patienten aufwirft, auch in der medizinischen Forschung erst 108 Vgl. insbesondere für klinische Arzneimittelprüfungen das Kriterium der Ungeeignetheit, den Nachweis der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels zu erbringen, § 42 I 7 Nr. 2 AMG, ebenso den entsprechenden Prüfmaßstab für die zuständige Bundesoberbehörde nach § 42 II 3 Nr. 2 AMG.

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die wissenschaftliche Indikation es für Probanden rechtfertigen kann, gesundheitliche Risiken einzugehen. Soweit also die – entweder an Probanden isoliert erfolgende oder im Rahmen der Heilbehandlung zusätzlich stattfindende – Gewinnung der Körpersubstanz völlig unnötig ist, weil das Forschungsprojekt sinnlos ist, kann es auf die Einwilligung des Rechtsgutträgers mit der Forschung nicht mehr ankommen. Damit macht dieser denkbare Einwand aber nur umso deutlicher, dass es für die rechtlichen Anforderungen an die Einwilligungserklärung entscheidend darauf ankommt, zwischen körperlichem Integritätsschutz und ausschließlich betroffenem Selbstbestimmungsrecht scharf zu unterscheiden. Der Rechtsgutträger ist mangels jeglichen körperlichen Bezugs umgekehrt also nicht gehindert, auch noch einer völlig sinnlosen Forschung mit seinen Körpersubstanzen zuzustimmen, vielmehr kann nur ihm – um die Unterscheidung einmal drastisch vor Augen zu führen – das Recht konzediert sein, auch dann noch über die Verwendung von Körpersubstanzen zu entscheiden, wenn die Substanz rechtswidrig erlangt worden ist. Denn sein Rechtsschutz beschränkt sich auch in dieser Perspektive – überspitzt formuliert – allein auf seine Eigentümerbefugnisse im Umgang mit der Körpersubstanz, weil der auf die körperliche Integrität bezogene Rechtsguteingriff bereits stattgefunden hat. Handelt es sich damit aber selbst beim Kriterium der wissenschaftlichen Aussagekraft der Sache nach um ein materielles Kriterium nur für die Isolierung menschlicher Körpersubstanzen, so kann es für die Einwilligung in Forschungszwecke selbst keine Einschränkungen begründen. Das bedeutet aber zugleich, dass in der hier angelegten formularrechtlichen Perspektive allein danach gefragt werden kann, ob die vorformulierte Einwilligung in die Verwendung von Körpersubstanzen zu Forschungszwecken eine unangemessene Benachteiligung des Rechtsgutträgers beinhaltet. Sinnvoll stellen lässt sich diese Frage damit aber im Kern nur dort, wo der Rechtsgutträger bereits aus anderen Gründen eine Erklärung zur Gewinnung der Körpersubstanz abgibt, da er mit dem Forschungszweck anderenfalls zwangsläufig bereits mit der Bitte um Einwilligung in die Gewinnung der Substanz konfrontiert wird. Wo Körpersubstanzen nun aber aus anderen Gründen – also aus Gründen der medizinischen Heilbehandlung – ohnehin anfallen, wird das Interesse des Rechtsgutträgers typischerweise allenfalls dahin gehen, dass die entsprechende Substanz nicht von ihm, sondern von ärztlicher Seite entsorgt wird, hat sie für ihn doch regelmäßig gar kein Interesse mehr. Dann kann in der Vorformulierung einer Einwilligung in Forschungszwecke für sich genommen aber auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 I 1 BGB liegen. Entscheidend zu fragen ist bei solchen Formularerklärungen vielmehr nur, ob die für die Gewinnung der Körpersubstanz erforderliche Risikoaufklärung den medizinrechtlichen Vorgaben genügt und insbesondere auch eine Aufklärung über die Entnahme von Körpersubstanzen über den medizinisch indizierten

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Umfang hinaus überhaupt vorliegt. Die vom körperlichen Integritätsschutz nicht mehr berührte Frage nach der Verfolgung von Forschungszwecken in Formularerklärungen aufzunehmen, kann grundsätzlich hingegen nicht als unangemessen benachteiligend analog § 307 I 1 BGB qualifiziert werden, ist dem Rechtsgutträger typischerweise doch gerade einerlei, ob die Substanz entsorgt oder noch für Forschungszwecke genutzt wird.109 Fehlt es damit der Sache nach aber an einer unangemessenen Benachteiligung durch vorformulierte Einwilligungserklärungen in die Überlassung bereits isolierter Körpersubstanzen zu Forschungszwecken, muss dies konsequenterweise auch für den Fall gelten, dass entsprechende Erklärungen bereits bei Aufnahme in das Krankenhaus abgegeben werden. Denn ob die Verortung entsprechender Erklärungen dort geschieht oder im Rahmen heilbehandlungsbezogener Aufklärungsinformationen, ist keine Frage der Inhaltskontrolle, sondern ein vorgelagertes Problem des bereits bei Einbeziehung zu erörternden Überraschungseffekts entsprechender Erklärungen.110

cc) Zur analogen Anwendung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auf die Einwilligung in genetische Analysen Basiert der Gedanke fehlender unangemessener Benachteiligung damit aber im Kern auf der Überlegung, dass der Rechtsgutträger bei seiner Einwilligung in die Forschung mit bereits isolierten Körpersubstanzen allein in seinen Selbstbestimmungs- und Eigentumsinteressen tangiert wird und die weitere Verwendung statt Entsorgung solcher Substanzen für ihn typischerweise ohne Belang ist, macht dies abschließend noch eine gesonderte Betrachtung solcher Forschungsvorhaben erforderlich, die auf eine genetische Analyse solcher Substanzen bezogen sind. Welche rechtlichen Anforderungen an derartige Forschungsvorhaben anzulegen sind, ob insbesondere der Aufbau sogenannter Biobanken 109 Noch weitergehend hält Lippert, MedR 2001, 406 (408 f.), sogar die Annahme einer stillschweigenden Einwilligung durch Patienten in die Überlassung von Körpersubstanzen zu Forschungszwecken für zulässig, wo die Person des Trägers, also der Persönlichkeitsbezug der Körpersubstanz, nicht im Vordergrund steht. Hiergegen Nitz/Dierks, MedR 2002, 400 (401 f.), die zwar ebenfalls das Persönlichkeitsrecht als das entscheidende Rechtsgut für die Frage der Einwilligungsnotwendigkeit heranziehen und damit ihrerseits eine Güterabwägung vornehmen, die nun allerdings bei der Frage nach einer durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließenden Regelungslücke vorgenommen wird. Im Ergebnis ist dieser Standpunkt freilich noch weiter, wenn er regelmäßig schon mangels Regelungsbedürfnis eine Vertragslücke verneint und damit vom Grundsatz der Verwertbarkeit der Körpersubstanzen zu Forschungszwecken ausgeht. Wie hier auch Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 222 ff., der eine unangemessene Benachteiligung nur für den Fall in Betracht zieht, dass „eine freiwillige, bewusste und informierte Einwilligung des Patienten“ behindert wird (S. 225), was auf der hier vertretenen Linie liegt, dass dem Rechtsgutträger selbst bei geringer Risikokomplexität zumindest noch eine Gesprächsgelegenheit angeboten werden muss. 110 Zur Ablehnung auch eines solchen Überraschungseffekts oben § 10 III 2.

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mit Rücksicht auf die Möglichkeit genetischer Analysen Einschränkungen unterliegen muss, ob hierzu die Pseudonymisierung oder gar Anonymisierung der eingelagerten Substanzen erforderlich ist oder umgekehrt eine vollständige Anonymisierung angesichts denkbarer wissenschaftlicher Entwicklungen gar nicht möglich ist, ob nur die Einlagerung für bereits begonnene oder auch nur für künftige Forschungsprojekte zulässig ist, und wie lange solche Substanzen maximal aufbewahrt werden dürfen, sind nur einige wenige der Fragen, die durch den Fortschritt in der Gentechnologie und Genforschung heute mitunter kontrovers diskutiert werden.111 Es ist hier nun nicht der Ort, das angedeutete Spektrum an Rechtsfragen im Einzelnen auszuleuchten. Unter formularrechtlichen Gesichtspunkten kann es hier vielmehr nur darum gehen, die prinzipielle Lagerung der Problematik zu betrachten, wofür nun neuerlich entscheidend ist, dass auch durch die zusätzlichen Aspekte der Genforschung an bereits isolierten Körpersubstanzen nicht mehr der körperlichen Integritätsschutz betroffen ist, sondern allein das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers. Vom Gefährdungspotential entsprechender Forschung her betrachtet, kann es damit aber nur darum gehen, den Träger der mit diesen Substanzen vorhandenen genetischen Informationen vor deren missbräuchlicher Verwendung etwa durch Versicherungsunternehmen, Arbeitgeber, Kreditgeber oder auch 111 Vgl. zu diesem Fragenkreis nur etwa Nationaler Ethikrat, Biobanken für die Forschung (Stellungnahme), der im Spannungsverhältnis körper- und persönlichkeitsrechtlicher Grundrechte einerseits und forschungs- und berufsfreiheitsbezogener Grundrechte andererseits für das Erfordernis einer Einwilligung des Trägers plädiert, S. 50 ff., sich jedoch für die Verwendbarkeit bereits vorhandener Proben im Rahmen einer Übergangsphase ausspricht, S. 85 f. (zurückhaltender insoweit Wellbrock, DuD 2004, 352 [354 f.]); zur Erfassung, Verwendung und Weitergabe genetischer Daten ders., Infobrief Nr. 2/2004, S. 4 ff.; zu Perspektiven und Grenzen des genetischen Wissens ders., Infobrief 1/2003, S. 4 ff. Vgl. ferner Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 339 ff.; Schemitsch, Identitätsdaten als Persönlichkeitsgüter, S. 119 ff.; sowie speziell mit Rücksicht auf die Genforschung Nationaler Ethikrat, Zur Patentierung biotechnologischer Erfindungen unter Verwendung biologischen Materials menschlichen Ursprungs (Stellungnahme). Zum Rechtsrahmen für Genanalysen Simon, in: Hessischer Datenschutzbeauftragter, Genanalysen und Datenschutz, S. 49 ff.; Taupitz, JZ 1992, 1089 (1094 ff.); zu datenschutzrechtlichen Schranken von Genanalysen Ronellenfitsch, NJW 2006, 321 ff.; Schaar, in: Hessischer Datenschutzbeauftragter, Genanalysen und Datenschutz, S. 73 ff.; Menzel, MedR 2006, 702 ff.; zur Frage der Patentierbarkeit von Erbgut Ahrens, GRUR 2003, 89 ff.; insbesondere zu Ril. 1998/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen Calliess/Meiser, JuS 2002, 426 ff., ferner, mit Blick auf die menschliche Stammzellforschung, Krauß/Engelhard, GRUR 2003, 985 ff.; vgl. auch Gehrlein, NJW 2002, 3680 ff.; Haedicke, JuS 2002, 113 ff.; Holzapfel/Nack, GRUR 2002, 519 ff.; Holzapfel/Schneider, GRUR 2001, 860 ff.; Meyer-Dulheuer, GRUR 2000, 179 ff. Zu den Grundrechtskollisionen, zu denen die das Persönlichkeitsrecht tangierende DNA-Diagnostik führt, aus verfassungsrechtlicher Sicht Kluth, in: Dierks/Wienke/Eberbach/Schmidtke/Lippert (Hrsg.), Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht, S. 85 ff. Um eine begriffliche Klärung der auf diese und verwandte Fragen abzielenden Bezeichnung „Recht der Biomedizin“ bemüht sich jüngst Zuck, MedR 2008, 57 ff.

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Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden zu schützen.112 Das macht aber deutlich, dass das von solchen Analysen ausgehende Gefahrenspektrum im Kern datenschutzrechtlicher Natur ist, muss der vorgelagerte Akt der Isolierung selbst doch, ebenso wie allgemein bei der Forschung an isolierten Körpersubstanzen, den Grundsätzen der ärztlichen Risikoaufklärung und -einwilligung unterliegen.113 Soweit das Medizinrecht daher bis heute noch keine breit anerkannten Grundsätze für die Forschung mittels genetischer Analysen im Sinne einer bereits gefestigten Dogmatik aufgestellt hat, lässt sich also zwar von einer Regelungslücke für Regelungen zum Schutz eines bio-materiellen Selbstbestimmungsrechts in der medizinischen Forschung sprechen. Die §§ 307 ff. BGB stellen insoweit aber gar keine geeigneten Kontrollmaßstäbe auf, vielmehr ließe sich hierzu allein auf die Generalklausel des § 307 BGB zurückgreifen, die nun allerdings ihrerseits erst die Identifizierung eines medizinrechtlichen dogmatischen Konsenses voraussetzt. Dann erscheint es aber bei weitem überzeugender, die Problematik bis zu einer gesetzlichen Regelung nicht analog der §§ 307 ff. BGB zu behandeln, sondern in Analogie bzw. in Herausarbeitung medizinrechtlicher Grundsätze unter Orientierung an die bestehenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen, also einerseits der Länder, soweit es sich um öffentlich-rechtlich institutionalisierte Forschungsprojekte handelt, und andererseits des Bundes, soweit private Forschungsvorhaben betroffen sind.114 Soweit also etwa § 4a BDSG die Einwil112 Zum Recht auf Nichtwissen in Bezug auf unerlaubte Diagnostik und entsprechende das Selbstbestimmungsrecht tangierende Fallgruppen vgl. etwa Kern, in: Dierks/Wienke/ Eberbach/Schmidtke/Lippert (Hrsg.), Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht, S. 55 (58 ff.). Zu der zusätzlichen Problematik einer Einbeziehung von Verwandten des Patienten oder Probanden bei Koppelungsanalysen Lippert, MedR 1998, 413 ff. 113 Zuvor § 11 II 3 b) bb). 114 Für die Relevanz datenschutzrechtlicher Bestimmungen als Vergleichsperspektive für die Bestimmung rechtlicher Kontrollmaßstäbe im Umgang mit Körpersubstanzen vgl. insbesondere die Einbecker Empfehlungen „Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht“ der Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht vom 29.9.2002, in: Dierks/Wienke/ Eberbach/Schmidtke/Lippert (Hrsg.), Genetische Untersuchungen und Persönlichkeitsrecht, S. 112 ff., ferner Nationaler Ethikrat, Biobanken für die Forschung (Stellungnahme) vom 2.10.2003, S. 52 ff.; Breyer, MedR 2004, 660 ff.; Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, MedR 2000, 226 (228). Auch der Gesetzgeber selbst zieht diese Parallele, wenn er unter Bezug auf Erwägung 26 der Ril. 1998/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen das Erfordernis der Einwilligung des Trägers betont und meint, dass dem neben Regelungen im Gesundheitsrecht und im Strafrecht insbesondere auch das Datenschutzrecht Rechnung trage, vgl. BT-Drs. 15/1709 (S. 8). Gegen den Einwand vom Datenschutzrecht ausgehender Forschungsblockaden Weichert, MedR 1996, 258 ff., während Bochnik, MedR 1994, 398 ff., unter Zugrundelegung dieses Gedankens ein ‚medizinisches Forschungsgeheimnis‘ fordert und dies auch gegenüber der Kritik von Weichert, a.a.O., verteidigt, vgl. Bochnik, MedR 1996, 262 ff.; vgl. auch Burger, in: Forschung am Menschen, S. 111 ff.; Damm, in: FS-Heinrichs, S. 115 ff.; ders., JZ 1998, 926 ff. Kritisch eine Schweigepflichtbegrenzung zugunsten der Forschung fordernd auch Helle, MedR 1996, 13 ff.; zum Verhältnis von ärztlicher Schweigepflicht und Datenschutz in der medizinischen Forschung

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

ligung unter vorherigem Hinweis verlangt,115 wird hier ein dem medizinischen informed consent nachgebildetes Rechtsinstitut geschaffen, dessen Anforderungen im Einzelnen auch bei einer analogen Gesetzesanwendung nur aus diesen Vorschriften und nicht unter Rückgriff auf die §§ 307 ff. BGB folgen können. Denn das Datenschutzrecht stellt bereits eine bereichsspezifische Interessenabwägung dar, die insbesondere auch für die Gewichtung des aus dem Persönlichkeitsrecht fließenden informationellen Selbstbestimmungsrechts gegenüber Forschungsinteressen konkrete Vorgaben enthält. Das wird schon etwa in § 4a BDSG deutlich, der insbesondere je nach Bedeutung des Forschungsprojekts die datenschutzrechtlichen Anforderungen absenkt, aber auch in einer Vielzahl weiterer Vorschriften dieses Gesetzes, die jeweils den Besonderheiten wissenschaftlicher Datenverarbeitung Rechnung tragen.116 Die Analogie zum Datenschutzrecht ist in der Praxis dann aber auch insofern von gar nicht zu überschätzender Bedeutung, als sie insbesondere mit dem Kriterium des Anonymisierungsgrads eine angemessene Bewertung des Interessenkonflikts zwischen persönlichem Geheimnisschutz und öffentlichem Forschungsinteresse ermöglicht, wenn eine Einwilligung des Rechtsgutträgers selbst gar nicht mehr eingeholt werden kann, eine analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB auf Formularerklärungen des Betroffenen also schon gar nicht mehr im Raum steht. Vorzuziehen sind die Maßstäbe dieses Gesetzes dabei insbesondere auch, soweit sie eigenständig Transparenzgesichtspunkte an die Information des Rechtsgutträgers anlegen, also etwa die besondere Hervorhebung im Aufklärungstext vorschreiben, wie dies in § 4a I 3 BDSG oder § 7 II 2 und 3 HDSG geschieht. Auch im folgenden Abschnitt zur Transparenzkontrolle wird auf datenschutzrechtliche Formularinhalte daher nur noch am Rande einzugehen sein, erweisen sich die Vorschriften der Datenschutzgesetze insoweit doch auch Taupitz/Pitz/Wicklein, MedR 2005, 262 ff.; Lippert/Strobel, VersR 1996, 427 ff., dort auch zum Vorrang spezialgesetzlicher Datenschutzbestimmungen in der Gesundheitssorge (430); Hollmann, MedR 1992, 177 ff.; dies., NJW 1995, 762 ff.; Vahle, ArztR 1990, 139 ff., sowie bereits Kilian, NJW 1984, 1792 ff.; Deutsch, NJW 1984, 2611 ff. Eine die Humangenetik umfassende Gesamtkodifikation mahnt vor dem Hintergrund, dass Genanalysen keinen eigenen Sachbereich berühren, sondern eine Methode der Datenerhebung darstellen, die in verschiedenen Sachbereichen angewandt wird, Ronellenfitsch an, NJW 2006, 321 (324). 115 Entsprechend die Landesdatenschutzgesetze, vgl. für Hessen etwa § 7 HDSG. 116 Vgl. § 13 II Nr. 8, § 14 II Nr. 9, V, § 28 III 1 Nr. 4, VI Nr. 4, § 33 II 1 Nr. 5, § 40 BDSG. Entsprechend auch die Landesdatenschutzgesetze der Länder, vgl. nur etwa § 33 HDSG, § 4 V, § 14 III Nr. 7, § 15 III 1, § 19, § 33 II, § 35 LDSG-BW, § 13 I 2, 3, § 15 VII 1 Nr. 7, § 17 II Nr. 11, § 23 BayDSG, § 25 LDSG-NS, § 30 SDSG, § 10 II Nr. 9, § 26 I 1 Nr. 6, § 27 DSGLSA. Gegen eine analoge Anwendung datenschutzrechtlicher Bestimmungen hingegen unter Rückgriff auf Simitis, § 1 BDSG Rz. 188, Halàsz, Das Recht auf bio-materielle Selbstbestimmung, S. 262 f., weil sich „ohne weiteres menschliches Zutun (Genanalyseverfahren, biochemische oder biomolekulare Untersuchungen etc.) […] dem biologischen Material […] keine Angaben entnehmen“ ließen – was aber nur gegen eine direkte Anwendung dieser Bestimmungen sprechen kann.

§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen

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als sachnähere und damit gegenüber einer Analogie zu den §§ 305 ff. BGB vorzugswürdigere Regelungen. Im Ergebnis ist damit weder für formulargetragene Einwilligungserklärungen in die Genforschung an menschlichen Körpersubstanzen noch für formulargetragene Erklärungen zum Datenschutz in der Medizin insgesamt hinsichtlich einer Inhaltskontrolle auf die §§ 307 ff. BGB zurückzugreifen. Insoweit wird vielmehr die weitere Entwicklung einer das Datenschutzrecht zugrunde legenden medizinrechtlichen Dogmatik abzuwarten bleiben, die nun allerdings außerhalb des hier gewählten Untersuchungsgegenstands liegt.117

117 Vgl. aus jüngster Zeit insbesondere die Überlegungen von Damm, in Kern/Wadle/ Schroeder/Katzenmeier (Hrsg.): FS-Laufs, S. 725 ff., mit zahlreichen Nachweisen.

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§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen Die vorstehenden Überlegungen haben deutlich gemacht, dass eine analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Formularerklärungen in der Medizin nur in äußerst begrenztem Maße möglich ist. Als Hauptgrund hierfür hat sich die Überlegung herausgestellt, dass das Medizinrecht hinsichtlich der Risikoaufklärung und -einwilligung des Rechtsgutträgers spezifische Vorgaben macht, die einer rechtlichen Regelungslücke weitgehend entgegenstehen, dass die Einwilligungsdogmatik mit dem Institut der informierten Einwilligungserklärung vor allem aber auch der rechtsgeschäftlichen Risiko- bzw. Verweisungserklärung eine klare Absage erteilt und umgekehrt nicht nur die Kenntnisnahme, sondern auch das Verstehen von Aufklärungsinformationen verlangt, die anschließend zum Inhalt der Einwilligungserklärung werden. Auf Einbeziehungsebene schälte sich damit als eigentliches Problem der medizinrechtlichen Dogmatik nicht die Frage heraus, unter welchen Umständen eine Risikoerklärung im Sinne des § 305 II, 2. HS. BGB statthaft ist, sondern inwiefern das Aufklärungsgeschehen überhaupt mit schriftlichen Informationen kombiniert werden darf bzw., wann die Gesprächsebene auf ein bloßes Gesprächsangebot nach schriftlicher Voraufklärung reduziert werden darf.1 Damit beschränkte sich die Frage nach einer analogen Anwendung im Wesentlichen auf die Kontrolle überraschender Formularinhalte analog § 305c I BGB. 2 Auch auf Inhaltsebene war mit dem Gebot informierter Einwilligungsentscheidung eine Absage an die analoge Anwendung formularrechtlicher Kontrollmaßstäbe nach §§ 307 ff. BGB vorgezeichnet.3 Als geeignet für Kontrollüberlegungen inhaltlicher Art erwiesen sich daher erst solche Formularerklärungsinhalte, die den eigentlichen Bereich der integritätsschutzbezogenen Risikoaufklärung und -einwilligung verließen. Nachdem sich zeigte, dass entgegen verbreiteter Auffassung insbesondere die Vorschrift des § 309 Nr. 12 b) BGB keiner analogen Anwendung zugänglich ist, erwiesen sich als Gegenstand inhaltlicher Kontrollmaßstäbe dann im Ergebnis wiederum flankierende und insbesondere für die Forschung relevante Erklärungen zur Einwilligung in die 1 2 3

Hierzu oben § 10 II. Hierzu oben § 10 III. Oben § 11 I.

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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Forschung an bereits isolierten Körpersubstanzen und am menschlichen Leichnam.4 Damit bestätigte sich zugleich die oben aufgestellte These, dass es zunächst der Feststellung einer sachbereichsspezifischen Regelungslücke bedarf, bevor die analoge Anwendung einzelner Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB auf Formularerklärungen in der Medizin überhaupt in Betracht gezogen und dann auch erst die Frage der Rechtsähnlichkeit der jeweils betroffenen Lebenssachverhalte präzise beurteilt werden kann. Die Befürwortung einer – direkten oder analogen – Anwendung der §§ 305 ff. BGB insgesamt kann also ebenso wenig überzeugen, wie es unzureichend ist, eine solche Anwendung allein aus äußeren Ähnlichkeiten zwischen medizinischer Formularerklärung und vorformulierten Vertragsbestimmungen herzuleiten.5 Steht einer analogen Anwendung der §§ 305 ff. BGB damit sowohl auf Einbeziehungs- wie auf Inhaltskontrollebene weitgehend eine spezifisch ausgearbeitete und eigenen Vorgaben folgende medizinrechtliche Dogmatik entgegen, kann dies nun allerdings in auch nicht annähernd vergleichbarem Maße für die Frage gelten, welche Anforderungen an medizinische Formularerklärungen im Hinblick auf ihre Transparenz zu stellen sind. Zwar ist es ein selbstverständliches und sogar zentrales Postulat des Medizinrechts, dass Aufklärungsinformationen – auch und erst recht, wenn sie schriftlich abgefasst sind – verständlich sein müssen. Näher konkretisiert wird dieses Gebot in Bezug auf schriftliche Informationen dann aber kaum. Vielmehr wird umgekehrt aus der Feststellung, dass schriftliche Aufklärungsinformationen häufig schwer verständlich sind und gar abschreckend wirken, der Schluss gezogen, dass dieses Aufklärungsinstrument eben nur begrenzt tauglich ist und allein entscheidend daher das vertrauensvolle Gespräch mit dem Arzt bleiben müsse. Damit wird aber im Grunde mehr der Versuch unternommen, das Problem aus der Welt zu schaffen, als es zu lösen, und der Sache nach ein paternalistischer Standpunkt ärztlicher Aufklärung vertreten, der zumindest bei der Art und Weise der Aufklärung doch wieder meint, besser als der Patient zu wissen, wie vorgegangen werden soll. Wenn das ärztliche Berufsethos heute stattdessen dahin geht, den Patienten behutsam in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, erscheint es aber notwendig, die schriftliche Aufklärungsinformation nicht stets aufs Neue in ihre Schranken zu weisen, sondern ihr einen durchaus positiven Stellenwert innerhalb des Aufklärungsgeschehens zuzuweisen, der sich ihrer typisierenden Grenzen stets bewusst bleibt. Das bedeutet allerdings auch, dass die schriftliche Aufklärungsinformation und sonstige medizinische Erklärungsinhalte so gestaltet sein müssen, dass der Entscheidungsträger sie tatsächlich für seine Meinungsbildung nutzen kann, und das ist heute schon in der medizinischen Heilbehandlung nicht immer der 4 5

Oben § 11 II 3. Vgl. oben § 9 III 2.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Fall, noch bei weitem weniger aber, wie die Erfahrungen medizinischer EthikKommissionen zeigen, in der medizinischen Forschung am Menschen. Insofern kann es im Grunde nur verwundern, dass Rechtsprechung und Rechtswissenschaft seit langem um Maßstäbe für die Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen ringen, vergleichbare Maßstäbe für medizinische Formularerklärungen bislang aber noch längst nicht als gesichert gelten können. Wenn also schon dort Transparenz gefordert wird, wo der Inhalt der Erklärung typischerweise gar nicht zur Kenntnis genommen wird, muss dies erst recht – so die tragende Prämisse dieses Abschnitts – gelten, wo Informationen über spätere Erklärungsinhalte nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch verstanden werden müssen. Anders als auf Einbeziehungs- und Inhaltskontrollebene lässt sich damit für den Bereich der Transparenzkontrolle in Ermangelung eines auch nur dogmatischen Konsenses über entsprechende Anforderungen nun also tatsächlich von einer Regelungslücke sprechen. Das gilt insbesondere auch dort, wo der Gesetzgeber das Problem der Transparenz medizinischer Formularerklärungen immerhin thematisiert hat, nämlich in der Neufassung des § 40 II 1, 2. HS. AMG, wonach dem Teilnehmer einer klinischen Arzneimittelprüfung „eine allgemein verständliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen“ ist. Denn was konkret unter ‚allgemein verständlich‘ zu verstehen ist, bleibt weiterhin unklar. Auch hier bedarf es nun allerdings einer genaueren Betrachtung der Rechtsähnlichkeit als zweiter Analogievoraussetzung. Denn wer allein aufgrund äußerlicher Ähnlichkeiten und insbesondere des Informationsgefälles zwischen Arzt und Patient unbesehen für die Übernahme formularvertragsrechtlicher Transparenzmaßstäbe plädiert, bliebe nach der hier vertretenen Auffassung hinter den für das Medizinrecht zu stellenden Anforderungen im Ergebnis doch zurück. Soweit die §§ 305 ff. BGB Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Transparenz stellen, bleiben sie vielmehr dem Institut der Risikoerklärung verhaftet. Der Kunde muss also nicht auch nur unter Transparenzgesichtspunkten vom Inhalt der vorformulierten Vertragsbedingungen Kenntnis nehmen, und entsprechend muss der Verwender ihn auch nicht über den Klauselinhalt näher aufklären. Welchen Sinn das Transparenzgebot vor diesem Hintergrund überhaupt hat, an welcher Regelungsintention sich die formularvertraglichen Transparenzanforderungen also überhaupt messen lassen müssen, ist infolgedessen – kaum verwunderlich – Gegenstand kontroverser Diskussionen im AGB-Recht. Soweit das Transparenzgebot gerade nicht auf tatsächliche Kenntnisnahme und tatsächliches Verstehen abzielt, kann es aber auch nur begrenzt die Transparenzanforderungen an medizinische Formularerklärungen präjudizieren, vielmehr lässt es sich hier nur im Sinne eines Untermaßes heranziehen (I.). Weitaus näher an die medizinische Formularerklärung heran reicht demgegenüber ein nicht minder berüchtigtes Informationsmedium für den Patienten,

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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nämlich die Packungsbeilage für Arzneimittel, wie sie § 11 AMG vorschreibt. Dass auch hier unter dem Gesichtspunkt der Lesbarkeit und Verständlichkeit erhebliche Transparenzdefizite bestehen, dürfte jedem vor Augen stehen, der sich schon einmal der Mühe unterzogen hat, die Packungsbeilage eines verordneten Arzneimittels näher zu studieren. Auch hier klaffen also rechtlicher Anspruch und Wirklichkeit erheblich auseinander, wie dies wohl am pointiertesten Nink und Schröder im Titel ihrer unlängst erschienen Untersuchung Zu Risiken und Nebenwirkungen: Lesen Sie die Packungsbeilage? 6 zum Ausdruck gebracht haben, mit dem sie den berühmten Pflicht-Hinweis nach § 4 III 1 HWG variieren. Existieren hier also konkretere arzneimittelrechtliche Regelungen, deren Einhaltung Gegenstand stets auch der behördlichen Überprüfung im Rahmen des Arzneimittelzulassungsverfahrens ist,7 kommt es nicht von ungefähr, dass sich Rechtsprechung und Literatur hier bereits seit längerem mit den konkreten Anforderungen befassen, denen die Gebrauchsinformation auch unter Transparenzgesichtspunkten genügen muss. Deutliche Unterschiede zwischen Packungsbeilage und medizinischer Formularerklärung liegen allerdings darin, dass die Packungsbeilage nicht nur eine bloße Information darstellt, also gar nicht Erklärungsinhalt des Patienten wird, sondern auch darin, dass sie praktisch ein eigenständiges, zusätzliches Informationsmedium darstellt. Denn auch wenn der Arzt seinerseits zur Aufklärung über die Wirkungsweise und insbesondere die Nebenwirkungen des Arzneimittels verpflichtet ist,8 gehen sowohl die tatsächliche Abfassung wie auch die rechtlichen Anforderungen an die Packungsbeilage deutlich weiter, indem sie sämtliche Krankheitsbilder umfassen, die von dem Arzneimittel erfasst sein können. Wenn das Grundmodell der ärztlichen Aufklärung jenseits der Arzneimittelaufklärung also die mündliche Aufklärung bleibt, bei der schriftliche Informationen nur kombiniert eingesetzt werden – insbesondere auch bei Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine bloße Gesprächsgele-

6 Nach § 4 III 1 HWG ist bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise der Text „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben, und für die Werbung im Fernsehen schreibt § 4 V 1 HWG darüber hinaus vor, dass der Text im Anschluss an die Arzneimittelwerbung vor neutralem Hintergrund gut lesbar eingeblendet und gleichzeitig – erfahrungsgemäß freilich in rekordverdächtiger Geschwindigkeit – gesprochen wird. 7 Vgl. insbesondere die von der Auflagenbefugnis nach § 28 II Nr. 2 AMG flankierte Regelung der mit der 14. AMG-Novelle neu eingeführten Vorschrift des § 22 VII 2 AMG, wonach dem Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage beizufügen sind, die in Zusammenarbeit mit Patientengruppen durchgeführt wurden. 8 Unlängst klarstellend BGH NJW 2005, 1716 (1717), der den Arzt bei erheblichen Nebenwirkungen insbesondere auch nicht aufgrund eines ausdrücklichen Warnhinweises in der Packungsbeilage von seiner Aufklärungspflicht entbindet.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

genheit9 – brauchen Aufklärungsformulare also schon deshalb nicht in gleicher Weise auf umfassende Information angelegt zu sein wie ArzneimittelPackungsbeilagen (II.). Damit wird sich aber zeigen, dass – vereinfacht ausgedrückt – einerseits eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB hinter den gebotenen Transparenzanforderungen an medizinische Formularerklärungen zurückbleibt, andererseits aber die zu § 11 AMG entwickelten Anforderungen umgekehrt zu weit gehen, weil sie von einem zusätzlich erfolgten Aufklärungsgespräch typischerweise gerade absehen. Für die anschließende Frage nach der Entwicklung konkreter Transparenzanforderungen hat dies zur Folge, dass zu ihrer Beantwortung zwar ebenfalls an eine Unterscheidung äußerer und inhaltlicher Transparenz angeknüpft werden kann, sie sich aber weder durch eine Analogie zu den bürgerlichrechtlichen noch zu den arzneimittelrechtlichen Vorschriften allein bewältigen lässt. Vielmehr können die Regelungsvorgaben beider Sachbereiche nur als Richtschnur für die Entwicklung eines eigenständigen Transparenzgebots berücksichtigt werden, das seiner systematischen Heimat nach in der medizinrechtlichen Dogmatik selbst zu verankern ist. Die abschließende Partie dieses Abschnitts stellt also keine Analogie im methodisch strengen Sinne dar, sondern verfolgt die Etablierung eines medizinrechtlichen Transparenzgebots, das in der Aufklärungsdogmatik längst angelegt, sowohl dort wie vor allem speziell in Bezug auf Formularerklärungen bislang aber nur rudimentär ausgearbeitet ist.10 Auch insoweit lässt sich also die Einschätzung, die §§ 305 ff. BGB unbesehen auf medizinische Formularerklärungen anzuwenden,11 im Ergebnis einmal mehr nicht bestätigen, hätte sie doch auch hier bei weitem zu pauschale Lösungen zur Folge. Ein Vorbehalt sei allerdings schon an dieser Stelle gemacht. Eine Patentlösung für die Hinlänglichkeit medizinischer Formularerklärungen lässt sich auch unter Transparenzgesichtspunkten nicht aufstellen. Ohne also andererseits die Rechtsanwendung allein auf die Umstände des Einzelfalls zu verweisen, können die hier zu entwickelnden Maßstäbe ein gewisses mittleres Abstraktionsniveau doch nicht unterschreiten. Denn was – wenn auch nicht im Einzelfall, so doch für die im Formular erfasste typische medizinische Situation – Wahrnehmbarkeit bedeutet und worin Verständlichkeit liegt, lässt sich gerade bei medizinischen Formularerklärungen, die einen je nach Krankheitsbild spezifisch geschwächten Leserkreis ins Auge fassen, nicht pauschal sagen. Es wäre allerdings schon viel gewonnen, wenn Maßstäbe der hier entwickelten Art bei der künftigen Abfassung entsprechender Formulare überhaupt sorgsam erwogen würden, um sowohl dem Interesse des Rechtsgutträgers an verständ9 10 11

Zur Absage an eine rein schriftliche Aufklärung oben § 10 II 3 b) bb). Unten § 12 II und III. Oben § 9 III 2.

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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licher Information Rechnung zu tragen wie umgekehrt auch dem Interesse des Arztes, mittels des Formulars eine in konkreteren Grenzen berechtigte Beweisgrundlage zu schaffen (III.).12

I. Zum Mindestmaß an Transparenzanforderungen nach den Vorgaben der §§ 305 ff. BGB Das Transparenzgebot des AGB-Rechts ist eine vergleichsweise junge Rechtsschöpfung, die trotz früherer Anlagen insbesondere in der Rechtsprechung erst Mitte der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts spürbar in das Bewusstsein der juristischen Fachwelt getreten ist. Es kann daher nicht verwundern, dass die Diskussion seines systematischen Standorts und näheren Regelungsinhalts auf den eigentlichen Gegenstand der §§ 305 ff. BGB beschränkt ist, also auf vorformulierte Vertragsbedingungen.13 Offenbar noch zu jung und ungesichert für die Konfrontation mit Randproblemen des AGB-Rechts, ist die Bedeutung des Transparenzgebots für einseitige Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz bislang denn auch noch nicht Gegenstand eigenständiger Überlegungen gewesen, erst recht nicht für das den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB überschreitende Gebiet der medizinischen Formularerklärungen.14 In seiner historischen Entwicklung ist das Transparenzgebot damit dem Formularvertragsrecht verhaftet, erfasst über die europäischen Vorgaben hinaus – die den Gesetzgeber verspätet doch noch bewogen haben, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen – allerdings nicht nur Verbraucherverträge, son-

12

Zu den Rechtsfolgen der Transparenzkontrolle näher unten § 13. Auf das umfangreiche Schrifttum kann im Folgenden nur vereinzelt eingegangen werden. Für einzelne sachbereichsspezifische Fragen des Transparenzgebots sei hingegen bereits hier verwiesen, etwa für das Versicherungsvertragsrecht auf Evermann, Die Anforderungen des Transparenzgebots an die Gestaltung von allgemeinen Versicherungsbedingungen; Nitschke, Maßstäbe für die Transparenz allgemeiner Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des englischen Rechts; Schwintoswki, NVersZ 1998, 97 ff.; Leithoff, NVersZ 1999, 555 ff.; Präve, VersR 2000, 138 ff.; Rosenow/Schaffelhuber, ZIP 2001, 2211 ff.; Müller, VersR 2003, 933 ff. Für das Verbrauchervertragsrecht vgl. die kollisionsrechtlichen bzw. rechtsvergleichenden Arbeiten von Maack, Die Durchsetzung des AGB-rechtlichen Transparenzgebots in internationalen Verbraucherverträgen – die Bestimmung des anwendbaren Rechts für die Frage der wirksamen Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen im elektronischen Geschäftsverkehr; Cian, ZEuP 1998, 586 ff.; Werber, VersR 2003, 148 ff.; Gozzo, Das Transparenzprinzip und missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – eine rechtsvergleichende Analyse des deutschen, europäischen und brasilianischen Rechts. Mit Blick auf das Bankrecht Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 2.80 ff. 14 So insbesondere auch nicht im Rahmen der abschließenden Überlegungen von Ohly, „Volenti non fit iniuria“, S. 440 ff. 13

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

dern jegliche Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB (1.).15 Welche Intention das Transparenzgebot vor diesem Hintergrund genau verfolgt, ist denn auch bis heute kontrovers geblieben. Hier steht ein auf Markttransparenz angelegtes Verständnis des Transparenzgebots einem Standpunkt gegenüber, der die zentrale Intention darin sieht, den Kunden davor zu schützen, dass ihm der Inhalt seiner Rechte und Pflichten verschleiert und daraus resultierend seine Rechtsverfolgung erschwert wird (2.). Die Regelung, die der Gesetzgeber dabei mit der Schuldrechtreform geschaffen hat, wird dann aber auch in ihrer Systematik weithin als unglücklich empfunden. Konsens dürfte dabei mittlerweile über die Notwendigkeit der Unterscheidung einer Einbeziehungs- von einer Inhaltstransparenz bestehen. Als weiterhin kontrovers muss hingegen die Frage gelten, welche Regelungssystematik dem § 307 I 2, III 2 BGB zugrundeliegt, hat der Gesetzgeber hier doch die Frage offen gelassen, ob Gegenstand rechtlicher Missbilligung allein schon die Intransparenz einer Klausel als solche sein soll oder zusätzlich auch stets noch eine inhaltlich unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 I 1 BGB erforderlich ist, um eine Klausel unwirksam werden zu lassen (3.). Können damit die Regelungsintention und die Systematik der Transparenzvorschriften des AGB-Rechts selbst noch nicht als vollständig gesichert gelten, so haben Rechtsprechung und Rechtswissenschaft bislang auch nur in begrenztem Maße den Begriffen der Klarheit und Verständlichkeit konkretere Konturen verliehen. Insoweit wird sich die Darstellung an der Unterscheidung von Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz orientieren, also zwischen der Kenntnisnahmemöglichkeit und der Verständnismöglichkeit differenzieren (4.).

1. Herausbildung und Kodifizierung des Transparenzgebots im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Das Transparenzgebot ist eine Frucht des Ringens um angemessene Kontrollinstrumentarien, die dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen faktisch konzedierte einseitige rechtliche Gestaltungsmacht in noch mal anderer Weise in Schach halten soll, als dies durch die sehr gemäßigten Voraussetzungen an die Einbeziehung und die sehr rigiden Anforderungen an den Inhalt Allgemeiner Geschäftsbeziehungen bereits geschieht. Entsprechend thematisiert denn auch schon die allgemeine Rechtsgeschäftslehre nur in sehr begrenztem Maße einen Rechtsgedanken, den man mit Transparenz in Verbindung bringen könnte. So ist nach ihr zunächst einmal entscheidend, ob einem bestimmten Verhalten überhaupt ein erkennbarer Erklärungsinhalt beigemessen werden 15

Von den Bereichsausnahmen des § 310 I, II und IV BGB einmal abgesehen.

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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kann,16 und dann vor allem, ob dieser Inhalt eindeutig ist. In der ganz überwältigenden Mehrzahl der Fälle wird dies zumindest in Auslegung des relevanten Erklärungsverhaltens nach §§ 133, 157 BGB zu bejahen sein. Nur dort also, wo eine Erklärung ausnahmsweise trotz Auslegung mehrdeutig bleibt, ist sie schon deshalb nichtig, ohne dass sich dies dem Gesetz unmittelbar entnehmen ließe.17 Diese Mehrdeutigkeit mit Intransparenz in Zusammenhang zu bringen, erscheint allerdings mehr als fraglich, dürfte es doch näher liegend sein, die mehrdeutige Erklärung gar nicht als Erklärung im Rechtssinne aufzufassen, weil sich ihr überhaupt kein rechtlich relevanter Inhalt entnehmen lässt, während die Frage der Intransparenz vor allem ein Problem der Gewichtung darstellt, nämlich des Kaschierens relevanter Inhalte durch irrelevante. Wird die Mehrdeutigkeit von Erklärungen denn auch gar nicht unter dem Gesichtspunkt der Intransparenz gehandelt, gilt dies dann aber auch für die sich an eindeutige Erklärungen weiterhin anschließende Frage, ob der Inhalt selbst bestimmt genug ist. Denn ein solches Bestimmtheitsgebot wird angesichts der Auslegungsfähigkeit von Erklärungen und der Existenz eines weit gezogenen dispositiven Gesetzesrechts im Kern doch nur für den Bereich der Verträge aufgestellt, insbesondere für die Frage, ob die Vertragsparteien Leistung und Gegenleistung, also die essentialia negotii des Vertrags hinreichend bestimmt festgelegt haben.18 Trat das Transparenzgebot daher naheliegenderweise gerade im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Erscheinung, reicht die für diese Entwicklung maßgebliche Rechtsprechung bei näherer Betrachtung bereits weit zurück bis in die Rechtsprechung des Reichsgerichts, das freilich noch nicht in den Kategorien oder gar Begriffen eines Transparenzgebots dachte. Indem das Gericht allerdings zwischen dem klaren Wortlaut und einem sich daraus in seiner gesamten Tragweite gleichwohl nicht ergebenden Inhalt unterschied, wurde der Sache nach bereits damals der Gedanke einer (inhaltlichen) Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen aufgeworfen.19 Spürbar ins Bewusstsein der juristischen Fachwelt getreten ist das Transparenzgebot dann allerdings erst mit der Entscheidung des BGH vom 24. November 1988, in der das Gericht eine Zinsberechnungsklausel, die eine Hypothekenbank verwendete, unter Verweis auf das Transparenzgebot wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz für unwirksam erklärte. 20 Die Klausel hatte im Ergebnis die Folge, dass sich die Darlehenszinsen in ihrer Berechnung zum Jahresende jeweils trotz zwischenzeitlich fort16

Vgl. nur etwa Medicus, BGB AT, Rz. 245; Brox, Allgemeiner Teil, Rz. 88. Vgl. nur Larenz/Wolf, BGB Allgemeiner Teil, § 28 Rz. 65; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, § 8 Rz. 3. 18 Vgl. Köhler, BGB Allgemeiner Teil, § 8 Rz. 3; Leipold, BGB I, Einführung und Allgemeiner Teil, § 14 Rz. 41. 19 Zu diesem und anderen konkreten Beispielen aus der reichsgerichtlichen Rechtsprechung Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 35 f. 20 BGH NJW 1989, 222. 17

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

schreitender Tilgung nach dem höheren Kapitalstand am Schluss des Vorjahres berechneten. Ergibt sich die zusätzliche Benachteiligung des Kunden aber erst aus dem Ineinandergreifen von Regelungen, so überfordere, so der BGH, „die Aufgabe, diese Konsequenz durch Zusammenschau zu erkennen“ den Durchschnittskunden. Im entschiedenen Fall werde seine Vorstellung vielmehr einer ungeschriebenen Regel des Darlehensrechts entsprechend von dem Grundsatz geprägt, dass bereits zurückgezahlte Darlehensbeträge bei der Zinsberechnung nicht mehr berücksichtigt werden. Hier sei der Verwender verpflichtet, dem Kunden „den ihn belastenden Zusammenhang zwischen dem letzten Satz des Abs. I und Abs. III deutlicher zu machen statt ihn zu verschleiern“. 21 Zwar könnten Allgemeine Geschäftsbedingungen „nicht stets so formuliert werden, daß dem Kunden jedes eigene Nachdenken erspart bleibt“. Der Verwender sei aber gehalten, auch bei der Klauselformulierung auf die Interessen des Kunden Rücksicht zu nehmen. Daher liege eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Kunden vor, wenn der Verwender „die Regelung so formuliert, daß ihre Auswirkungen vom Durchschnittskunden nur mit Mühe zu durchschauen sind, statt von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, eine leichter durchschaubare Formulierung zu wählen“. 22 Entsprechend sei der Verwender nach Treu und Glauben verpflichtet, „die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen“. Ein Verstoß gegen dieses „Transparenzgebot“ könne zur Unwirksamkeit gemäß § 9 I AGBG führen. Wenn eine Nebenabrede ihre preiserhöhende Wirkung also nicht hinreichend erkennbar werden lasse, sondern sie verschleiert, könne „gerade das den Ausschlag geben, die Regelung als eine unangemessene Benachteiligung des Kunden zu bewerten“. 23 Der BGH griff diese Formel, die er der Sache nach bereits zuvor angewandt hatte, 24 in der Folge wiederholt auf und etablierte so den Gedanken der Trans21 BGH NJW 1989, 222 (224). Der Text der Klauseln lautete wie folgt: „I. Das Darlehen ist vom Tag der Auszahlung an mit … v. H. jährlich zu verzinsen und vom 1. Januar … an mit … v. H. jährlich zuzüglich der durch die fortschreitende Minderung des Kapitals ersparten Zinsen zu tilgen. Von diesem Zeitpunkt ab ist somit zur Verzinsung und Tilgung eine gleichbleibende Jahresleistung von … v. H. des ursprünglichen Darlehensbetrages zu entrichten. Die in der Jahresleistung enthaltenen Zinsen werden jeweils nach dem Stand des Kapitals am Schluß des vergangenen Tilgungsjahres berechnet. […] III. Die vorstehenden Leistungen sind in vierteljährlichen Teilbeträgen zu entrichten, und zwar jeweils am 1. 3., 1. 6., 1. 9. und 1. 12. für das laufende Kalendervierteljahr.“ 22 BGH NJW 1990, 2383 (2384). 23 BGH NJW 1989, 222 (224). 24 Als erstmals in der Rechtsprechung in Erscheinung getreten gilt das Transparenzgebot in der Entscheidung BGH NJW 1980, 2518 (2519), wo die Wirksamkeit der Klausel davon abhängig gemacht wird, dass der Kunde „aus der Formulierung der Klausel erkennen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und daß er in der Lage ist, die Berechtigung vorgenommener Preiserhöhungen an der Ermächtigungsklausel zu messen“. Vgl. auch BGH NJW 1985, 2253 (2255), zur Belastung eines Leasingnehmers mit

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parenzkontrolle für das AGB-Recht, indem er etwa eine Wertstellungsklausel für Bareinzahlungen als „formal bereits gegen das Transparenzgebot“ verstoßend qualifizierte, weil hier nicht hinreichend deutlich werde, dass „durch die hinausgezögerte Wertstellung für Bareinzahlungen Sollzinsen für nicht in Anspruch genommene Kredite verlangt werden“. 25 Die Formulierung, dass der Verwender verpflichtet sei, „die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen“ wurde damit fortan zur zentralen dogmatischen Hilfsnorm, um das Transparenzgebot im Rahmen des § 9 AGBG zu konkretisieren. 26 Normativ anerkannt wurde das Transparenzgebot dann zunächst auf europäischer Ebene, allerdings durchaus nicht dem Begriff, sondern nur der Regelungsintention nach. So forderte die Richtlinie 1993/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5. April 1993 in ihrem Artikel Art. 5 S. 1, dass schriftlich niedergelegte Klauseln „stets klar und verständlich dem Amortisationsrisiko durch die Schlusszahlung: „Die Unwirksamkeit folgt daraus, daß diese Regelung für den Bekl. nicht hinreichend durchschaubar ist. Er kann nicht erkennen, welche Ausfälle und Nachteile die Kl. in ihre Berechnungen einbezogen und ob sie auch die ihr durch eine ordentliche Kündigung des Vertrages durch den Leasingnehmer entstehenden Vorteile berücksichtigt hat.“ 25 BGH NJW 1989, 582 (583). 26 Vgl. etwa zum verborgenen Inhalt des Erlöschens einer Bürgschaft bei isolierter Abtretung gesicherter Mietzinsansprüche BGH NJW 1991, 3025 (3027), oder zur Frage, ob eine Klauselformulierung die kundenbelastenden Folgen eines ohne ausdrückliche Abrede in Anspruch genommenen Überziehungskredits verschleiere (verneinend) BGH NJW 1992, 1751 (1752 f.). Aus jüngerer Zeit vgl. BGH NJW 2005, 1189 (1190); 2001, 2014 (2016); 2000, 651 (652), jeweils m.w.N. Dem folgend die Literatur, vgl. nur etwa die Kommentierungen von Staudinger-Coester, 13. Bearb., § 9 AGBG Rz. 121; MüKo-Basedow, 4. Aufl., § 307 Rz. 48 ff.; PalandtHeinrichs, § 307 Rz. 16 ff., jeweils mit umfangreichen Nachweisen. Zum historischen Hintergrund des Transparenzgebots in der Rechtsprechung vgl. vor allem Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (38 ff.), der insbesondere auf eine Ausdehnung des Transparenzgedankens auf die Inhaltskontrolle eingeht, und Köndgen, WM 1989, 944; zur Entwicklung des Transparenzgedankens auch Westermann, in: FS-Steindorff, S. 817 (822 f.), sowie Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 182 ff.; Matt, Das Transparenzgebot in der deutschen AGB-Rechtsprechung, S. 63 ff. Auf die Übernahme des Transparenzgebots in die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die besondere Bedeutung des Gedankens für das Arbeitsrecht kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Als grundlegend gilt insoweit bis heute die Entscheidung des BAG vom 26.5.1993, NJW 1994, 213, in der das Gericht allerdings in nicht unzweifelhafter Weise Transparenz auf eine Ebene mit vorgeschriebenen Preisangaben rückt und damit der Sache nach die Herstellung eines strukturellen Gleichgewichts verfolgt: „Dem Bundesgerichtshof ist zuzustimmen. In der Aufstellung und Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbestimmungen liegt die einseitige Festsetzung von Vertragsbedingungen durch den wirtschaftlich Stärkeren. Der Vertragspartner kann seine Verhandlungsmöglichkeiten und Marktchancen nur dann interessengerecht wahrnehmen, wenn er genügend informiert ist […]. Das ist nur dann der Fall, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seine Rechte und Pflichten möglichst klar und durchschaubar darstellen. Damit hat das Transparenzgebot dieselbe Funktion wie die Preisangabenverordnung vom 14. März 1985“. So allerdings auch bereits Metz, NJW 1991, 668 (669).

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abgefasst“ sein müssen. Auch die Doppelspurigkeit des Transparenzgedankens im heutigen § 307 I 2 BGB einerseits und in § 307 III 2 BGB andererseits27 ist in der Richtlinie bereits angelegt, wenn es in ihrem Art. 4 II weiter heißt, dass die „Beurteilung der Mißbräuchlichkeit der Klauseln“ „weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen“ betreffen, „sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind“. Der deutsche Gesetzgeber sah sich zunächst nicht veranlasst, diese Regelungen durch gesonderte Normen umzusetzen, galt für ihn doch der Transparenzgedanke bereits in § 2 I und § 3 AGBG sowie durch die richterrechtliche Fortentwicklung von § 9 I AGBG als rechtlich hinreichend ausgeformt. 28 Mit der später dann doch erfolgenden Normierung in § 307 sollten denn auch nur die Grundsätze der Rechtsprechung festgeschrieben werden. 29 Dem entsprach es denn auch, das Transparenzgebot nicht allein, wie durch die Richtlinie an sich nur vorgegeben, für Verbraucherverträge zu normieren, also lediglich eine weitere Unterziffer in § 310 III BGB aufzunehmen, sondern über den Kreis dieser Geschäfte hinaus allgemein für die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen.30

2. Die Regelungsintention des Transparenzgebots Weshalb soll der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nun aber gehalten sein, seinem Vertragspartner dessen Rechte und Pflichten klar und verständlich vor Augen zu führen oder darüber hinaus, um die Dreiteilung des Transparenzgebots nach Heinrichs an dieser Stelle aufzugreifen, seine Vertrags27

Zur Systematik der gesetzlichen Regelung sogleich § 12 I 3. Vgl. BT-Drs. 13/2713 (S. 6): „Das AGB-Gesetz enthält keine dahin gehende ausdrückliche Vorschrift. Es ist aber anerkannt, daß ein Verstoß gegen das Transparenzgebot als unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGB-Gesetz zu werten ist (vgl. BGHZ 106, 259, 264). Auch die Einbeziehungsvorschriften in § 2 Abs. 1 und insbesondere das Verbot überraschender Klauseln (§ 3 AGB-Gesetz) dienen der Klarheit und Verständlichkeit von Vertragsklauseln. Daher ist eine Änderung des AGB-Gesetzes insofern nicht erforderlich“. Vgl. hierzu die zu gesetzlicher Klarstellung ermahnende Kritik von Staudinger, WM 1999, 1546 (1549 ff.), im Unterschied zu Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (168 ff.), der keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf erkennt und den von der Richtlinie zugrunde gelegten Transparenzgedanken weniger scharf als das deutsche Recht auf Seiten der Einbeziehungskontrolle verortet sieht. Hiergegen insbesondere Coester, in: FS-Heinrichs, S. 99 (109 ff.), während sich Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 310, ebenfalls allein für eine richtlinienkonforme Auslegung aussprach, insofern aber auf die ihrerseits fehlende klare Normierung in der Richtlinie hinwies. 29 Vgl. BT-Drs. 14/6040 (S. 154), und in dieser Hinsicht übereinstimmend auch die Einschätzung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/7052 (S. 188). 30 Kritisch Weick, JZ 2002, 442 (444). 28

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klauseln auch hinreichend bestimmt zu formulieren,31 um damit insbesondere eine Täuschung des Vertragspartners zu verhindern, wenn dieser doch typischerweise vom Inhalt des Klauselwerks vor Vertragsschluss gar keine Kenntnis nimmt? In der Literatur wurde hierzu vor allem der Gedanke aufgeworfen, dass das Transparenzgebot dazu diene, die am Markt nicht erfolgende Reaktion auf Transparenzdefizite zu kompensieren. Damit wird dem Transparenzgebot nun allerdings eine wirtschaftspolitische Bedeutung beigemessen, die mehr den Grundgedanken des AGB-Rechts insgesamt zum Ausdruck bringt, denn zu erklären vermag, welcher Interessenkonflikt hierdurch zwischen konkretem Verwender und individuellem Kunden gelöst werden soll (a). Nach der hier vertretenen Auffassung ist der dem Transparenzgebot zuzuschreibende Rechtsgedanke vielmehr aus der Lösung dieses Individualinteressenkonflikts selbst zu gewinnen und der entscheidende Akzent dabei darauf zu legen, eine Verschlechterung der Rechtsposition des Kunden nach Vertragsschluss zu verhindern (b).

a) Zur geringen Aussagekraft des Gedankens einer Kompensation von Marktversagen Vor allem Köndgen hat den Gedanken aufgeworfen, dass das bei Intransparenz vorliegende Marktversagen nicht darin besteht, dass der Kunde den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht hinlänglich klar vor Augen geführt bekommt, sondern darin, dass auf die Kenntnisnahme verzichtet wird, weil sich der Aufwand regelmäßig nicht lohnt. Das Marktversagen resultiert, so betrachtet, also aus größtenteils bewussten Informationsdefiziten des Kunden. Ziel des AGB-Rechts müsse es daher im Hinblick auf das Transparenzgebot sein, „die Wahrnehmbarkeit, Durchschaubarkeit und Vergleichbarkeit von Bedingungswerken zu steigern und damit den durch informationsbedingtes Marktversagen daniederliegenden Konditionenwettbewerb zu stimulieren“, was zunächst einmal schon die Frage nach der Textverständlichkeit aufwerfe.32 Vor allem bei Dienstleistungen, wo der Inhalt der Leistungspflicht nicht schon gleichsam 31 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 20. Für eine Dreiteilung auch Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (437 f.), der allerdings lediglich fordert, dass Klauseln „verständlich, hinreichend bestimmt und vollständig“ sein müssen. 32 Vgl. Köndgen, NJW 1989, 944 (947); ferner Basedow, VersR 1999, 1045 (1046); MüKoKieninger, § 307 Rz. 52 f.; Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (163); Müller, VersR 2003, 933; Metz, NJW 1991, 668; Taupitz, JuS 1989, 520 (525 f.). Ähnlich auch Stoffels, AGB-Recht, Rz. 562, der die „abstrakte Gefahr des Verlusts von Marktchancen“ als die von § 307 BGB erfasste unangemessene Benachteiligung ansieht. Eine wettbewerbsschützende Funktion misst dem Transparenzgebot auch Fahr bei, Inhaltskontrolle, Transparenzgebot und § 8 AGBG, weshalb er konsequenterweise die bloße Intransparenz auch ohne inhaltliche Unangemessenheit als ausreichende Rechtfertigung der Unwirksamkeit entsprechender Klauseln begreift, vgl. ders., a.a.O., S. 112 f.

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physisch festliegt, sei die Gefahr besonders groß, „daß die Hauptleistungszusage, z.B. eine bestimmte Anlagerendite oder die Deckung eines Risikos durch die AGB, weitgehend oder vollständig zurückgenommen wird. Diese Gefahr besteht bei Verträgen über Sachleistungen, z.B. Kaufverträgen, in viel geringerem Maße; sie ist für Versicherungsverträge aber geradezu kennzeichnend“.33 „Die Möglichkeit einer totalen Entwertung der Hauptleistungszusage durch AGB“ impliziere daher „hohe Gefahren für die Markttransparenz. Die Kunden treffen ihre Entscheidung zwischen verschiedenen Policen nach aller Erfahrung ohne Lektüre der AVB im wesentlichen aufgrund der Prämie und einiger Kernaussagen des Deckungsversprechens. Dies geschieht im Vertrauern auf die Vergleichbarkeit jener Kernaussagen, die aber durch unterschiedliche AGB sehr stark eingeschränkt werden kann“.34 So zutreffend diese Überlegungen auf den gesamten Markt betrachtet auch sind, erscheint es doch zweifelhaft, sie als zentralen Rechtsgedanken eines für den Einzelfall maßgeblichen Transparenzgebots anzusehen. So setzt ja schon der Gedanke einer fehlenden Markttransparenz voraus, dass in einem betroffenen Sachbereich nicht nur ein Verwender, sondern eine Mehrzahl oder gar alle Verwender intransparente Klauseln formulieren und damit gewissermaßen konzertiert den Markt intransparent werden lassen, wie dies nach heutiger Einschätzung vor allem für den Versicherungsmarkt gilt. Mag dieser Standpunkt daher auch vor allem solche Vertragsbereiche vor Augen haben, kann dies an der prinzipiellen Irrelevanz einzelner intransparenter Klauseln für die Transparenz des Markts insgesamt zunächst aber doch nichts ändern. Aber auch wenn man über diesen Punkt hinweggeht, erscheint es doch mehr als zweifelhaft, die nur sehr mittelbare Folge einer Abänderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach prozessualem Obsiegen des Kunden als die zentrale Regelungsintention einer bürgerlich-rechtlichen Vorschrift zum Transparenzgebot anzusehen. Damit wird das Transparenzgebot im Grunde mit einer ordnungspolitischen Aufgabe befrachtet, die etwa den wirtschaftsrechtlichen Regelungen über die Prospekthaftung für Kapitalanlageformen 35 und vielleicht noch den Vorschriften über die Information von Privatkunden beim Abschluss von Verbrauchergeschäften zugrunde liegen mag,36 für das AGB-Recht aber doch überzogen erscheint. Der Gedanke einer Kompensation von Marktversagen durch Uninformiertheit drückt im Ergebnis damit lediglich einen Rechtsgedanken aus, der nicht erst für das Transparenzgebot zu bemühen ist, sondern sämtlichen Vorschriften zum AGB-Recht zugrunde liegt, wenn die zwar erleichterten, dann aber 33

Basedow, VersR 1999, 1045 (1045). Basedow, VersR 1999, 1045 (1045). 35 Vgl. insbesondere §§ 44 ff. BörsG, §§ 31 ff. WpHG. 36 Vgl. insbesondere die Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht vom 5.8.2002. 34

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auch scharf begrenzten Anforderungen an die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen einerseits und die gegenüber allgemeinen Maßstäben (§ 138 BGB) restriktiven Vorgaben der Inhaltskontrolle andererseits den Kunden vor Gefahren schützen sollen, die gerade aus seiner fehlenden Kenntnisnahme des Klauselwerks resultieren.37

b) Der Individualbezug des Transparenzgebots Kann sich der Rechtsgedanke des Transparenzgebots nach der hier vertretenen Auffassung daher statt aus marktbezogenen Wettbewerbszwecken nur aus seiner Bedeutung für den individuellen Rechtskonflikt zwischen Verwender und Kunden ergeben, lassen sich hier wiederum zwei unterschiedliche Sichtweisen unterscheiden. Individuell ausgerichtet, aber dem Gedanken fehlender Markttransparenz verwandt ist dabei zunächst der Standpunkt, die Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen als Instrument zur Gewährleistung autonomer Vertragsentscheidung durch Abschlusstransparenz zu begreifen (aa). Wird damit der Sache nach aber an ein Modell der Autonomie angeknüpft, das in dieser Schärfe schon dem regulären bürgerlichen Vertragsrecht nicht zugrunde liegt, so schält sich als eigentlicher Kern des Transparenzgebots heraus, den Vertragspartner im Sinne einer Abwicklungstransparenz davor zu schützen, infolge intransparenter Regelungen entweder in der Durchführung des Vertrags oder in der außergerichtlichen oder prozessualen Verfolgung seiner Rechte unangemessen beeinträchtigt zu werden (bb).

aa) Zur begrenzten Reichweite einer Sicherung vertraglicher Autonomie durch Abschlusstransparenz Der Gedanke einer Sicherung vertraglicher Autonomie durch transparente Vertragsbedingungen ist dem Gedanken einer Kompensation von Marktversagen eng verwandt, setzt im Unterschied dazu aber individuell an, weil nun mittels Transparenz die Ermöglichung einer informierten Entscheidungsfindung angestrebt wird. Die dem Transparenzgebot hier zugeschriebene Kommunikationsfunktion von AGB38 steht damit zugleich im Kontext jener Modelle, die in der Gewährung von Vertragsinformationen einen Ausgleich zur Herstellung von Vertragsparität sehen und insoweit nicht weit von einem allgemeinen Prinzip des Schutzes vor strukturellen Ungleichgewichtslagen im Zi37 Wie hier gegen eine marktbezogene Unangemessenheit intransparenter Geschäftsbedingungen insbesondere Westermann, in: FS-Steindorff, S. 817 (825 f.); Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 161 ff.; Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 254 f. Eingehender zu den dogmatischen Bezügen einer marktbezogenen AGB-Transparenz kraft § 9 I AGBG Hebestreit, Transparenz im AGB-Recht der Bundesrepublik Deutschland? Allgemeine Geschäftsbedingungen im Spannungsfeld zwischen Vertrag, Delikt und Markt. 38 So die Terminologie etwa von Basedow, VersR 1999, 1045 (1046).

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vilrecht entfernt sind. 39 So soll das Transparenzgebot etwa nach Armbrüster den Marktvergleich und eine rationale Entscheidung durch vorherigen Erhalt der relevanten Informationen ermöglichen,40 und auch der BGH hat keinen anderen Gedanken vor Augen, wenn er in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2005 meint, der Versicherungsnehmer werde „durch die fehlende Transparenz gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben“; er werde gehindert, „schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen“.41 Damit wird nun allerdings ein der idealistischen Philosophie verpflichtetes Modell des Vertragsschlusses in das Transparenzgebot hineingeblendet, das in dieser Schärfe schon für die Rechtsgeschäftslehre schwerlich Geltung beanspruchen kann. Wenn das bürgerliche Recht gerade nicht positiv nach dem Bestehen von Geschäftsfähigkeit im Einzelfall fragt, nach der Abwesenheit von Willensmängeln und insbesondere auch nicht vom wirklichen Verstehen der Vertragsbedingungen als Grundlage für einen wirksamen Vertragsschluss, kann die Gewährleistung von Vertragsautonomie erst recht nicht durch die Transparenz von Vertragsklauseln hergestellt werden, deren gänzliche Außerachtlassung umgekehrt gerade der Regelungsausgangspunkt für die §§ 305 ff. BGB ist. Der Gedanke vorheriger Information bleibt hier vielmehr ebenso wie im übrigen Verbraucherinformationsrecht ein wirtschaftspolitisches Postulat, dessen vollständige rechtliche Sanktionierung gerade unterbleiben muss, will man das Wirtschaftsgefüge zivilrechtlicher Vertragsgestaltungen nicht massiven Schwankungen aussetzen. Nicht von ungefähr sind denn ja auch im Vertragsrecht auf fehlender Information beruhende Verträge nicht unwirksam, sondern die Erklärung des Verbrauchers lediglich widerruflich, der Vertrag also gewissermaßen schwebend wirksam.42 Und entsprechend lässt sich die vom BGH im Rahmen der Transparenzdefinition aufgestellte Verpflichtung des Verwenders, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar und verständlich darzustellen, auch nicht als vertragliche Nebenpflicht auffassen, deren Verletzung entweder über §§ 280 ff. BGB zu Schadensersatz, noch gar unter diesem Gesichtspunkt zur Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen führen könnte.43 39

Zur Fragwürdigkeit eines solchen allgemeinen Prinzips oben § 9 II 1. Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (438). 41 BGH NJW 2005, 3559 (3565). 42 Eingehender mit Blick auf das Verbrauchervertragsrecht bereits oben § 9 II 3. 43 So aber der Untersuchungsgegenstand von v. Campenhausen, Das Transparenzgebot als Pflicht zur Aufklärung vor Vertragsschluss, S. 6 ff., der aus der fehlenden Möglichkeit, das ‚neue‘ Transparenzgebot in die Vorschriften des AGB-Rechts hineinzulesen, die Ausdruck eines ‚allgemeinen Transparenzgebots‘ seien, die kaum noch nachvollziehbare Konsequenz zieht, dass sich das neue Transparenzgebot mit dem geltenden Recht nicht vereinbaren lässt. 40

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Das zeigt aber, dass die Gewährung von Vertragsinformationen auch im AGB-Recht nicht die Bedeutung erlangen kann, konstitutiv zur Wirksamkeit von Verträgen beizutragen. Vielmehr kann hier umgekehrt nur danach zu fragen sein, ob dem Kunden schon nur die Möglichkeit abgeschnitten wird, Allgemeine Geschäftsbedingungen entweder überhaupt zur Kenntnis zu nehmen oder auch nur inhaltlich zu verstehen. Damit kann aber auch die Frage nach der Regelungsintention nur an dieser Regelungstechnik ansetzen. Entscheidend ist also nicht, weshalb der Kunde transparente Klauseln zur Kenntnis nehmen soll – was rechtlich gar nicht gefordert wird –, sondern nur, weshalb dem Kunden zumindest noch die Möglichkeit der Kenntnisnahme und des Verstehens zu eröffnen ist.44

bb) Zum Schutz vor Beeinträchtigungen in der Vertragsabwicklung und Prozessführung durch Abwicklungstransparenz Dass der entscheidende Ansatzpunkt des Transparenzgebots nicht in der tatsächlichen Kenntnisnahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen liegt, sondern nur in deren Ermöglichung, ist ein Gedanke, der bereits der Richtlinie 1993/13/ EWG als Erwägungsgrund vorangestellt wurde, indem es dort heißt: „Die Verträge müssen in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. Der Verbraucher muß tatsächlich die Möglichkeit haben, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen.“ Und entsprechend zielt das Transparenzgebot auch aus Sicht der Literatur nicht darauf ab, „daß Kunden die AGB bei Vertragsschluß lesen; wer dies aber dennoch tut“, so Basedow, „soll klare Auskünfte erhalten“.45 Entsprechend müssten AGB, so Koller, „so transparent sein, daß sie nach Vertragsschluß bei eingehenderem Studium in ihrer Tragweite durchschaut werden können“;46 dagegen bräuchten sie „nicht immer derart transparent sein, daß

Was hier zu verwerfen war, war vielmehr ein Modell obliegenheitsbezogener Transparenzverstöße, nicht das Transparenzgebot selbst. 44 Wie hier insbesondere Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 19 ff., der scharf zwischen der Perspektive vor und nach Vertragsschluss unterscheidet und, S. 159, die Kontrolle einer hinreichenden Kenntnisnahmemöglichkeit bei Vertragsschluss nicht als neue Ordnungsaufgabe, begreift, „die einer Rechtsgrundlage bedürfte und nur durch eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz bewältigt werden könnte“. Daher lasse sich die Transparenzkontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Rahmen des § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz nicht mit dem Argument rechtfertigen, § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz schütze auch die Möglichkeit des individuellen Kunden, vor Vertragsschluss vom Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen Kenntnis nehmen zu können, um so zu einer interessengerechten Wahrung seiner Verhandlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten in der Lage zu sein. 45 Basedow, VersR 1999, 1045 (1046). 46 Koller, in: FS-Steindorff, S. 667 (686), der denn auch fordert (S. 681), dass Allgemeine Geschäftsbedingungen „grundsätzlich nur für jemanden verständlich sein“ müssten, „der sie nach Vertragsschluß durcharbeitet“.

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Vertragspartner schon vor Vertragsschluß ohne intensive Beschäftigung mit den Klauseln sämtliche auf sie zukommenden Nachteile erkennen können“.47 Leitend muss insoweit der Gedanke sein, dass der Kunde zwar regelmäßig auf Kenntnisnahme und Verstehen der Geschäftsbedingungen verzichtet, dies aber nicht dazu führen darf, dass man ihm auch dann noch seine Rechte und Pflichten verschleiert, wenn er sich denn um deren Offenlegung bemüht. Denn werden dem Kunden nicht, um die Formulierung des BGH aufzugreifen, seine Rechte und Pflichten klar und verständlich vor Augen geführt, so wird er entweder ganz davon absehen, die Geltendmachung von Ansprüchen auch nur zu erwägen, oder er wird eine – außergerichtliche oder prozessuale – Auseinandersetzung suchen, deren Grundlage für ihn infolge Intransparenz schwer abschätzbar ist und ihn entsprechend mit einem vergleichsweise schlecht kalkulierbaren Prozess- und Kostenrisiko belastet. Auf dieser Linie hat denn auch der BGH diese Überlegung in einer jüngeren Entscheidung dahin formuliert, dass das Transparenzgebot der Gefahr vorbeugen solle, „dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“.48 Der Gedanke lässt sich auch nicht dadurch entkräften, dass die Verständlichkeit der Klausel nur unter Juristen ausreichend erscheint, wie dies denn auch bei einer Vielzahl von Gesetzen nicht anders der Fall ist. Vielmehr ist auch die Rechtsverfolgung mit professioneller Hilfe noch Gefahren durch Intransparenz ausgesetzt. Denn wenn der Verbraucher allein um den Sinn einer Regelung ringt, geschieht im Prozess kaum etwas anderes, vielmehr eröffnet schon die Möglichkeit, den Inhalt einer Regelung in diesem oder jenem Sinne zu verstehen, ein Risiko für den Kunden, das sich auf den ersten Blick zwar durch das Gebot kundenfreundlicher Auslegung abfangen lässt, § 305c II BGB. Die Anordnung der Nichteinbeziehung wegen äußerer bzw. der Unwirksamkeit wegen inhaltlicher Intransparenz beinhaltet insoweit aber die schärfere Sanktion, weil hiermit nicht nur die gravierendere von zwei alternativ im Auslegungswege denkbaren Benachteiligungen entfällt, sondern jegliche Benachteiligung durch gänzlichen Wegfall der Regelung. Der Kunde soll also durchaus auch davor geschützt werden, durch sein Einverständnis mit einem ungelesenen Klauselwerk Risiken der Rechtsverfolgung einzugehen, die sich zugunsten des Verwenders erst im Prozess klären lassen. 47

Koller, in: FS-Steindorff, S. 667 (686). BGH NJW 2006, 211 (213). So auch bereits BGH NJW 2001, 292 (298): „Denn der Käufer läuft wegen der unklaren Fassung der Klausel Gefahr, die Eigentumsverhältnisse zu seinen Lasten unrichtig einzuschätzen und von der Durchsetzung seiner Rechte abzusehen“. 48

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Intransparenz soll damit nicht zu einer „Beeinträchtigung der Rechtswahrnehmung und -durchsetzung“ führen, wie Schäfer formuliert, also weder zu einer Scheinbindung, noch zu einem Abhalten von der Rechtswahrnehmung, oder zur Schaffung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen,49 etwa bei Preisanhebungsklauseln, bei Garantieänderungsvorbehalten oder Regelungen, die – wie im Fall von Sicherungsabtretungen – auch das Verhältnis zu Dritten beeinträchtigen können.50 Mit Blick allein auf § 307 I BGB lässt sich der Gedanke mit Schäfer auch dahin ausdrücken, dass „nicht nur solche Klauseln ihre Wirksamkeit [verlieren], die inhaltlich klar, eindeutig und verständlich formuliert die Rechtsposition des Kunden unangemessen beeinträchtigen, sondern auch solche, bei denen sich die Gefahr einer materiell-rechtlich unangemessenen Benachteiligung aus deren intransparenter Gestaltung ergibt“.51

3. Die Systematik der Regelungen zum Transparenzgebot in den §§ 305 ff. BGB Seiner Systematik nach ist das Transparenzgebot zunächst nur in § 307 I 2 BGB niedergelegt, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung „auch daraus“ ergeben kann, „dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“. Es dürfte heute allerdings Konsens darüber bestehen, dass es sich nicht in einer Inhaltstransparenz erschöpft, sondern dass vorab Mängel der äußeren Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen schon ihrer Einbeziehung in den Vertrag entgegenstehen können (a). Kontrovers geblieben ist demgegenüber bis heute die sich vor allem an der unglücklichen Verweisungsregelung des § 307 III 2 BGB entzündende Frage, ob der Vorwurf inhaltlicher Intransparenz bereits für sich genommen zur Unwirksamkeit der Klausel führt oder ob hiervon noch

49 Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 32 ff. Dem folgend Fahr, Inhaltskontrolle, Transparenzgebot und § 8 AGBG, S. 83, 121 f. 50 Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 36 ff., 168 ff. 51 Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 166. Vgl. auch bereits Basedow, VersR 1999, 1045 (1046): „Im übrigen können die AGB auch später zu einer wichtigen Informationsquelle werden, wenn der Kunde sich fragt, welche Rechte und Pflichten er aus dem Vertrage hat und ob ihre gerichtliche Durchsetzung Erfolg verspricht“. Ebenso Werber, VersR 2003, 148, der den Gedanken unter Bezug auf OLG Stuttgart, VersR 1999, 832 (836), dahin formuliert, dass das Transparenzgebot dazu dient, „den rechtsunkundigen Durchschnittsbürger in die Lage zu versetzen, die ihn benachteiligende Wirkung einer Klausel ohne die Einholung eines Rechtsrats zu erkennen, ihm seine Rechte und Pflichten möglichst klar zu veranschaulichen und ihm so zu ermöglichen, die Tragweite einer eingegangenen Verpflichtung zu erkennen und im Streitfall seine Rechte und Pflichten zu erfassen und seine Rechte auszuüben“.

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eine inhaltliche Benachteiligung unterschieden werden kann und zusätzlich auch erforderlich ist (b).

a) Zur Unterscheidung von Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz Das Schrifttum ist der Herausbildung des Transparenzgebots in der Rechtsprechung nur zögerlich gefolgt und hat insbesondere die Frage, ob es sich bei ihm um ein übergreifendes Prinzip des AGB-Rechts handelt, kritisch betrachtet. Überwogen haben dürfte dabei der Standpunkt, das Transparenzgebot lediglich in einzelnen gesetzlichen Ausprägungen zum Ausdruck kommen zu sehen, so insbesondere in der Vorschrift des § 2 AGBG über die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, im Überraschungsverbot nach § 3 AGBG, in der Unklarheitenregel des § 5 AGBG und schließlich in der Generalklausel des § 9 AGBG,52 die denn nach Auffassung vor allem der Rechtsprechung das zentrale Einfallstor für das Transparenzgebot darstellte.53 Während im Schrifttum dann sogar umgekehrt vereinzelt der Standpunkt vertreten wurde, das Transparenzgebot allein auf Einbeziehungsebene zu verorten, insbesondere in § 3 AGBG,54 überwog dort doch die Einschätzung, dass es auf beiden Ebenen bedeutsam sei und deshalb zwischen einer Einbeziehungs- und einer Inhaltstransparenz un55 terschieden werden müsse. 52 Vgl. die Nachweise bei Staudinger-Coester, 13. Bearbeitung, § 9 AGBG Rz. 122. Gegen ein das AGB-Recht allgemein durchziehendes Transparenzgebot auch Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 149, und Bernreuther, BB 1993, 1823 (1827). Wohl auch noch Taupitz, JuS 1989, 520 (525), wenn er das Transparenzgebot als ein das gesamte AGBG beherrschendes Prinzip ansieht, damit aber mehr die Regelungsintention des Gesetzes insgesamt thematisiert denn einen neben Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle separat zu errichtenden Kontrollmaßstab; mit dieser Blickrichtung gegen eine Kategorisierung des Transparenzgebots Westermann, in: FS-Steindorff, S. 817 (822). 53 So vor allem die Rechtsprechung, vgl. nur etwa BGH NJW 1989, 222 (224); 1989, 582 (582 f.), jeweils mit umfangreichen Nachweisen. Vgl. hierzu auch Hansen, WM 1990, 1521; Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 149. 54 Vgl. Hansen, WM 1990, 1521. 55 Vgl. weiterhin Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 16; Erman-Roloff, § 307 Rz. 19; Präve, VersR 2000, 138; v. Hoyningen-Huene, in: FS-Trinkner, S. 177 (180); Staudinger, WM 1999, 1546 (1549); Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 71 ff., 106 ff.; Präve, VersR 2000, 138; Matt, Das Transparenzgebot in der deutschen AGB-Rechtsprechung: Ein Mittel zur Aktivierung von Art. 8 UWG?, S. 78 ff. Zum Verhältnis der einzelnen Transparenzgebote Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 188 ff. Eingehender insbesondere gegen die Überlegung, einen Kontrollmaßstab gegenüber dem anderen als ausschließlich, also im Sinne einer strengen Alternativität zu verstehen, Köndgen, NJW 1989, 943 (949), m.w.N. aus der Rechtsprechung. Der Sache nach trotz unterschiedlicher Gewichtung beider Sphären auch Müko-Kieninger, § 307 Rz. 52 f.; Basedow, VersR 1999, 1045. Weniger plastisch Bernreuther, BB 1993, 1823 (1827), wenn er meint, dass das Transparenzgebot nichts anderes sei als eine verdeckte Inhaltskontrolle oder eine Auslegung nach den anerkannten Grundsätzen der §§ 133, 157. Als Forderung nach einem Minimum an Transparenz begreift Erman-Roloff, § 307 Rz. 18, die Vorschrift des § 305 II BGB, aber auch beide Absätze des § 305c BGB. Gegen eine Kategorisierung des Transparenzgebots nach

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Dem entspricht es, dass das Transparenzgebot nach der Gesetzesbegründung eine „ganz eigenständige Prüfungskategorie“56 bilden sollte, also nicht mehr nur einen Auslegungsaspekt für die Vorschriften des AGB-Rechts. 57 Damit durchaus im Einklang steht die Kritik von Kieninger, dass das Transparenzgebot auch bei der Auslegung (§ 305c II) und der Einbeziehung (§ 305 II BGB) bedeutsam sei und diese Kontrollmechanismen auch künftig Vorrang vor einer Inhaltskontrolle haben müssten.58 Denn mit der Normierung des § 307 I 2, III 2 BGB wollte der Gesetzgeber die Inhaltskontrolle ja seinerseits nicht auf die Inhaltskontrolle beschränken, sondern nur den Gedanken der Rechtsprechung aufgreifen, dass das zentrale Problem von Intransparenz typischerweise nicht äußere, sondern inhaltliche Transparenzmängel sind, die also nicht das Lesen, sondern allein das Verstehen beeinträchtigen. Während sich das Transparenzgebot auf Einbeziehungsebene also außer in § 305 II BGB insbesondere in der Unklarheitenregel des § 305c II BGB niederschlägt, der die Verantwortlichkeit für zweideutige oder sonst unpräzise Klauselformulierung rigoros dem Verwender zuweist, wie auch im Überraschungsverbot des § 305c I BGB, das es erforderlich macht, „den Kunden auf Klauseln, die im Rahmen des geregelten Vertragstypus nicht dem Erwartungshorizont des Publikums entsprechen, ausdrücklich aufmerksam zu machen“,59 liegt das praktisch entscheidende Gewicht doch darin, mit dem Transparenzgebot ein Verschleierungs- oder Irreführungsverbot60 aufzustellen. Damit sind beide Ebenen äußerer und inhaltlicher Transparenz aber weiterhin zu unterscheiden.61

b) Zur unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 BGB allein durch inhaltliche Intransparenz Ob es nun speziell im Hinblick auf die Inhaltstransparenzkontrolle vorformulierter Geschäftsbedingungen erforderlich ist, dass eine Klausel nicht nur intransparent, sondern auch sachlich unangemessen benachteiligend ist, um unwirksam zu sein, war dann bereits vor Überführung des AGB-Rechts in die Inhalts- und Einbeziehungskontrolle angesichts seines Charakters als übergeordneter Leitidee Westermann, in: FS-Steindorff, S. 817 (822), während Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (42 f.), das Transparenzgebot seiner eigentlichen Zielrichtung nach bei der Einbeziehungskontrolle verortet. Gänzlich gegen die Annahme eines – freilich auch auf äußere und formale Merkmale reduzierten – Transparenzgebots in § 9 I AGBG Hansen, WM 1990, 1521 (1524 f.), der meint, dass es „allenfalls bei § 3 AGBG eingeordnet werden“ könne. Kritisch gegenüber der Regelungstechnik, inhaltlich intransparente Regelungen für unwirksam zu erklären statt zum Gegenstand einer Einbeziehungskontrolle zu machen, Weick, JZ 2002, 442 (444). 56 BT-Drs. 14/6040, S. 153. 57 MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 52. 58 MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 52. 59 So bereits für das frühere AGB-Gesetz Köndgen, NJW 1989, 943 (949). 60 Köndgen, NJW 1989, 943 (950). So insbesondere auch MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 51. 61 Näher hierzu sogleich § 12 I 4.

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§§ 305 ff. BGB Gegenstand einer eingehenden Kontroverse. Die vom Gesetzgeber mit § 307 I 2, III 2 BGB vorgegebene Systematik hat hieran wenig geändert, hat sie in diesem Punkt doch wenig Klarheit und Verständlichkeit geschaffen.62 So bezieht sich das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB zunächst einmal – nur diesen Absatz betrachtet – auf sämtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen, unabhängig davon, welchen Regelungsgegenstand sie haben, ob es sich also um accidentalia oder essentialia negotii handelt. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich danach nun „auch daraus“ ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Damit spricht vieles dafür, allein die Intransparenz selbst als Anknüpfungspunkt einer unangemessenen Benachteiligung aufzufassen. Die Benachteiligung liegt dann also nicht in einer nicht mehr erträglichen Beschneidung der dem Kunden nach dem dispositiven Gesetzesrecht zustehenden Rechte, sondern – um die obigen Überlegungen aufzugreifen63 – in der Erschwerung seiner Rechtsverfolgung. Zweifel an dieser Auslegung erweckt dann aber § 307 III BGB. Das gilt noch nicht für die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 307 I BGB auf accidentalia negotii, wie sie in § 307 III 1 BGB entsprechend dem früheren § 8 AGBG festgelegt wird. Problematisch ist hier vielmehr die Bestimmung des § 307 III 2 BGB, wonach „andere Bestimmungen“ „nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein“ können. Mit anderen Bestimmungen sind hier die der Inhaltskontrolle an sich entzogenen Regelungen der essentialia negotii gemeint. Sie werden nun also entgegen § 307 III 1 BGB doch einer Inhaltskontrolle zugeführt, und soweit dem an sich der Vorrang der Individualabrede nach § 305 I 1 BGB regelmäßig entgegenstehen müsste,64 wird man kaum umhin können, § 307 III 2 BGB als bereichsinterne lex specialis zu deuten. Im Einklang mit der Kontrollfreiheit der essentialia negotii stünde diese Eröffnung der Inhaltskontrolle dann noch, wenn sie allein auf die Frage der Transparenz beschränkt wäre, § 307 III 2 BGB also gerade nicht die Worte „in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1“ enthielte. Der neuralgische Punkt der Diskussion liegt heute damit am Verständnis dieser wenigen Worte, die eine Vielzahl unterschiedlicher Auslegungen ermöglichen. So wäre zunächst denkbar, dass das Gesetz mit dem Verweis auf § 307 I 1 BGB lediglich auf den Ausspruch der Unwirksamkeit abzielt und es damit bei einer Unwirksamkeit allein aus Intransparenz belässt. Gedanklich ebenso möglich ist es aber auch, dass der Verweis die kumulative Voraussetzung inhaltlicher Benachteiligung aufstellt, Intransparenz als solche bei essentialia negotii also nicht ausreichen lässt, um die 62 Scharf Weick, JZ 2002, 442 (444), der von einem „Meisterstück der Camouflage“ spricht und es zu „den wirklich grotesken Aspekten der Schuldrechtsreform“ zählt, „dass ausgerechnet im Zusammenhang mit der Klarheit und Verständlichkeit eine neue Regelung gelungen ist, die selbst für einen Kenner der Materie kaum durchschaubar ist“. 63 § 12 I 2 b) bb). 64 So die Kritik von Weick, JZ 2002, 442 (445).

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Vereinbarung unwirksam werden zu lassen. Und hieran anknüpfend stellt sich dann die entscheidende Frage, ob die Doppelverweisung des § 307 III 2 BGB nicht lediglich ein Verständnis zum Ausdruck bringen möchte, das nicht erst für essentialia negotii gelten soll, sondern dort nur wiederholt wird, weil es bereits für accidentalia negotii gilt. Vor allem auf diesem Weg lässt sich heute also auch unter systematischen Aspekten die These aufstellen, dass für die Unwirksamkeit von accidentalia negotii zusätzlich stets eine von ihnen ausgehende inhaltliche Benachteiligung erforderlich ist, die über deren bloße Intransparenz hinausgeht. Gegen eine Auslegung des § 307 III 2 BGB im Sinne zweier kumulativer Unwirksamkeitsgründe spricht dann allerdings die Überlegung, dass es kaum Sinn der neuen Regelung sein kann, die essentialia negotii in vollem Umfang einer Kontrolle auf Unangemessenheit zu unterwerfen. Vielmehr sollte es sich von selbst verstehen, dass in das Preis-Leistungs-Gefüge auch weiterhin von juristischer Seite nicht eingegriffen werden soll, sondern es insoweit bei den allgemeinen Regelungen insbesondere des § 138 BGB sein Bewenden haben muss. Beschränkt man mit dieser Sichtweise den Doppelverweis des § 307 III 2 BGB auf die Übernahme des Unwirksamkeitsausspruchs in § 307 I 1 BGB im Fall von Intransparenz, kann von der Formulierung des § 307 III 2 BGB aber auch kein Präjudiz mehr dafür ausgehen, kumulative inhaltliche Benachteiligung auch nur für accidentalia negotii zu fordern. Nach der hier vertretenen Auffassung sprechen daher die besseren Gründe dafür, den Standpunkt der Rechtsprechung zu favorisieren, also bereits die bloße Intransparenz als solche als entscheidenden Anknüpfungspunkt für die Unwirksamkeit anzusehen – und zwar sowohl bei accidentalia wie auch bei 65 essentialia negotii. Soweit dem im Schrifttum insbesondere entgegengehal65

Vgl. – Kursivdruck jeweils vom Verf. – BGH NJW 2003, 1241 (1244): „Nach diesem Grundsatz ist der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichtet, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners durch entsprechende Ausgestaltung und geeignete Formulierung durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar darzustellen […]. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des Kunden“, ebenso BGH NJW 2001, 2535 (2636), und auch bereits BGH NJW 1999, 635 (637): „Hierin liegt eine unzumutbare Benachteiligung der Vertragspartner der Bekl. in Form eines Verstoßes gegen das ‚Transparenzgebot‘. Dieser Verstoß führt – bereits für sich allein genommen – zur Unwirksamkeit der einschränkenden Regelung“; BGH NJW 1989, 222 (224): „Wenn eine Nebenabrede ihre preiserhöhende Wirkung nicht hinreichend erkennbar werden läßt, sondern sie verschleiert, kann gerade das den Ausschlag geben, die Regelung als eine unangemessene Benachteiligung des Kunden zu bewerten“. Zum neuen Recht noch nicht explizit geäußert, aber auf der Linie seiner bisherigen Rechtsprechung liegend BGH NJW 2006, 211 (213): „Gemäß § 307 I 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Nach dem Transparenzgebot muss die Klauselfassung der Gefahr vorbeugen, dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter

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ten wird, dass § 307 III 2 BGB ausdrücklich auf § 307 I 1 BGB Bezug nimmt,66 kann dem also schon unter Gesichtspunkten der Auslegung nicht gefolgt werden, die aus den dargelegten Gründen vielmehr für das gegenteilige Ergebnis sprechen. Ein Erfordernis kumulativer inhaltlicher Benachteiligung folgt dann aber auch nicht aus dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung.67 Denn soweit die Richtlinie 1993/13/EWG dem Gesetzgeber faktisch umzusetzende Inhalte auch dann vorgibt, wenn dieser über ihren Anwendungsbereich hinaus Regelungen für sämtliche statt nur für Verbraucherverträge schafft, mit einer allgemein gehaltenen Regelung zugleich aber den für Verbraucher geschaffenen Standard einhalten muss, lässt sich die Richtlinie ihrerseits nicht in einem solchen Sinne verstehen. So macht Artikel 5 S. 1 der Richtlinie lediglich die Vorgabe, dass schriftlich niedergelegte Klauseln „stets klar und verständlich abgefasst sein“ müssen. Damit ist schon für accidentalia negotii ein Bezug auf inhaltliche Benachteiligungen gerade nicht hergestellt. Das geschieht aber auch nicht durch Artikel 4 II der Richtlinie, wonach die Beurteilung der Missbräuchlichkeit weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit der Preis-Leistungs-Verhältnisses betrifft, „sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind“. Zwar lässt sich diese Formulierung sprachlich durchaus als Kondition für eine Inhaltskontrolle begreifen. Dass die Richtlinie das Preis-Leistungs-Gefüge aber auch nur in Fällen von Intransparenz einer inhaltlichen Unangemessenheitsprüfung aussetzen möchte, ließe sich wiederum nur dann halten, wenn man dem Recht die Möglichkeit zubilligt, in das Marktgefüge von Angebot und Nachfrage einzugreifen. Das lässt sich aber nicht ernsthaft vertreten,68 so dass die Formulierung nur als unglücklich eingestuft Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“. Der Rechtsprechung folgend im Schrifttum insbesondere Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 256 f., und Stoffels, AGB-Recht, Rz. 562. Auf die Bedeutung einer Begründung der Unangemessenheit allein mit Intransparenz als im Gegensatz zu § 3 AGBG auch das Verbandsklageverfahren berührendes Argument weist noch unter Geltung des AGBG Westermann hin, in: FS-Steindorff, S. 817 (825). 66 Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 20. 67 Hierzu aus methodischer Sicht Canaris, in: FS-Koziol, S. 47 ff., sowie unlängst, mit Blick auf die methodischen Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung im bürgerlichen Recht Gödicke, WM 2008, 1621 ff. 68 Vgl. insbesondere Weick, JZ 2002, 442 (445), der einer Inhaltskontrolle der essentialia negotii weitere vom Gesetzgeber außer Acht gelassene Grenzen zieht. So sei ihre Kontrolle häufig schon angesichts ihrer Individualvereinbarung nicht möglich, § 305 I 3 BGB, wovon Weick nur Ausnahmen erkennt, soweit es sich um Verbraucherverträge handelt, § 310 III Nr. 2 BGB. Dann könne bei nebulöser Hauptleistung der Vertrag auch insgesamt schon nach allgemeinen Regelungen unwirksam sein, so dass es eines Rückgriffs auf § 307 III 2 BGB gar nicht bedürfte. Und schließlich habe der Gesetzgeber offen gelassen, was mit einem Vertrag geschehe, dessen Vereinbarung über die Hauptleistungspflichten unwirksam sei, womit sich die Frage stelle, ob der Vertrag dann vielleicht im Übrigen nach § 306 I BGB wirksam bleiben solle.

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werden kann69 und ihr eigentlicher Sinn darin liegen muss, die essentialia negotii ausschließlich einer Transparenzkontrolle zu unterwerfen, hingegen – auch dann – keiner Unangemessenheitskontrolle. Auch das nationale Gesetzgebungsverfahren lässt sich für das Erfordernis kumulativer inhaltlicher Benachteiligung nicht heranziehen.70 Denn den Gesetzesmaterialien lässt sich ein solches Erfordernis zusätzlicher inhaltlicher Benachteiligung nicht entnehmen. Der Regierungsentwurf war insoweit noch eindeutig, wenn er ausführt, im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 1993/13/EWG klarzustellen, dass „intransparente Klauseln per se, ohne Hinzutreten einer inhaltlichen unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners, als unwirksam zu betrachten sind“.71 Die Stellungnahme des Rechtsausschusses, auf die das Argument der Substanz nach abzielt, hat insoweit aber keine Umkehr bezweckt. Zwar plädierte der Ausschuss dafür – wie später dann auch umgesetzt –, das Transparenzgebot aus der Zweifelsregelung des § 307 II BGB herauszunehmen und in § 307 I 2 BGB einzustellen. Damit verfolgte der Ausschuss aber lediglich den Zweck, dass „das Zusammenspiel zwischen § 305c und § 307 Abs. 1 und 2 BGB-E deutlicher gestaltet“ wird.72 Gemeint war, dass weiterhin zunächst eine Auslegung der Klausel nach der Unklarheitenregel des § 305c II BGB stattfinden solle und erst in der Folge eine Inhaltskontrolle. Auch gingen, so die weiteren Überlegungen des Rechtsausschusses, weder die bisherige Rechtsprechung noch Art. 5 der Richtlinie davon aus, dass eine intransparente Klausel im Zweifel unwirksam sei. Dies könne vielmehr zu Lasten des Vertragspartners gehen, wenn nämlich die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB-E zu einem für diesen günstigeren Ergebnis führen würde als die Anwendung des an sich „stärkeren“ § 307 Abs. 2 BGB-E.73 Indem der Verstoß gegen das Transparenzgebot deshalb aber in der Folge in § 307 I 2 BGB „als möglicher Fall einer unangemessenen Benachteiligung“ genannt wurde und nicht mehr als ein Zweifelsfall in § 307 II Nr. 3 BGB-E,74 liegt der Akzent im Ergebnis also nur auf dem Vorrang der Auslegung, um eine Zweifelsregelung zu vermeiden. Wenn nun als weiterer Einwand geltend gemacht wird, dass eine Klausel doch sicherlich nicht unwirksam sein könne, wenn sie zwar intransparent sei, die Rechte des Kunden aber lediglich erweitere,75 trifft schließlich aber auch dieses 69 Ebenso allerdings auch die englische und französischer Fassung, wenn der Nachsatz dort in der englischen Fassung „in so far as these terms are in plain intelligible language“ lautet und in der französischen Fassung „pour autant que ces clauses soient rédigées de façon claire et compréhensible“. 70 So aber Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 20. 71 Vgl. BT-Drs. 14/6040 vom 14.5.2001 (S. 154). 72 Vgl. BT-Drs. 14/7052 vom 9.10.2001 (S. 188). 73 Vgl. BT-Drs. 14/7052 vom 9.10.2001 (S. 188). 74 Vgl. BT-Drs. 14/7052 vom 9.10.2001 (S. 188). 75 Vgl. insbesondere MüKo-Kieninger, § 307 Rz. 51; Basedow, VersR 1999, 1045 (1049); v. Westphalen, NJW 2002, 12 (17); auch Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 20.

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Argument – jedenfalls in dieser Pauschalität – nicht zu. So kann es schon verkürzt sein, in der Erweiterung der Rechtsstellung einen Vorteil zu sehen, wenn es im Rahmen einer Unangemessenheitsabwägung nach § 307 I 1 BGB gerade auf das Zusammenspiel unterschiedlicher Vor- und Nachteile ankommt. Sollen hier tatsächlich Rechtserweiterungen Berücksichtigung finden – die übrige Benachteiligung des Kunden also kompensieren –, auch wenn sie intransparent gestaltet sind? Der richtige Kern des Arguments liegt so betrachtet nur darin, dass die Intransparenz im Ergebnis tatsächlich eine Benachteiligung bewirken muss. Das sollte aber, nicht erst vor dem Hintergrund der Formulierung des § 307 I 2 BGB „kann sich auch daraus ergeben“, eine Selbstverständlichkeit sein. Entscheidend ist nur, dass es nach der hier vertretenen Auffassung nicht darauf ankommt, neben einer durch Intransparenz erzeugten Benachteiligung zusätzlich noch eine durch Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts erzeugte Benachteiligung zu fordern. Wenn es vielmehr der entscheidende Rechtsgedanke des Transparenzgebots ist, den Kunden vor Nachteilen in der Rechtsverfolgung zu schützen, kann es auf die Frage, ob er zudem auch in der Beschränkung gesetzlicher Rechte unangemessen benachteiligt wird, gar nicht mehr ankommen. Vielmehr liegt in der Erschwerung der Rechtsverfolgung eine Benachteiligung, die bereits als solche vom Gesetz missbilligt wird. Die Schärfe dieses Zusammenhangs wird entscheidend verwischt, wenn man stattdessen meint, dass Intransparenz regelmäßig auch eine inhaltlich unangemessene Benachteiligung zur Folge haben wird.76 Vielmehr liegt in der inhaltlichen Intransparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen bereits für sich genommen ein besonderer Fall inhaltlicher Unangemessenheit, der keiner weiteren Begründung anhand einer Beschneidung der materiellrechtlichen Rechtstellung des Kunden bedarf. 77 76

Vgl. Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 20; Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (162). So offenbar auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, AGB-Recht, § 307 Rz. 334, der das fehlende Erkennen der wechselseitigen Rechte und Pflichten und die hieraus resultierende unterlassene Rechtsverfolgung als Problem der Abwicklungstransparenz dem vorgelagerten Problemfeld der Abschlusstransparenz gegenüberstellt, und daher – a.a.O. Rz. 331 – wie hier neben der Darlegung der Intransparenz keine gesonderte Feststellung der Unangemessenheit fordert, weil die unangemessene Benachteiligung des Kunden regelmäßig gerade aus der Unklarheit selbst resultiert. Vgl. ferner Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (439 f.); ähnlich Köndgen, NJW 1989, 943 (950): „Irreführende oder verschleiernde Geschäftsbedingungen verfallen nach § 9 I AGB-Gesetz dem Verdikt einer marktbezogenen Unangemessenheit. Auch diese neuartige und eigenständige Fallgruppe von Unangemessenheit ist nicht ‚formell‘, sondern ‚materiell‘. Entgegen dem vom BGH im Wertstellungs-Urteil erweckten Eindruck ist deshalb ein Verstoß gegen das Transparenzgebot schon für sich allein ein hinreichender Grund, die unklare Bestimmung für unwirksam zu erklären“. Dass in der Intransparenz selbst die erforderliche unangemessene Benachteiligung zu sehen ist, vertritt auch Stoffels, AGB-Recht, Rz. 562: „Richtiger Ansicht führte und führt ein Transparenzverstoß nur dann zur Unwirksamkeit der betreffenden Klausel, wenn von ihm auch eine unangemessene Benachteiligung ausgeht. Eine gesonderte Feststellung der Unangemessenheit war und ist jedoch entbehrlich, weil hierfür eine unwiderlegliche Vermutung spricht“. A.A. hingegen Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rz. 146; Staudinger-Coester, § 307 Rz. 174 ff.; Jauernig-Stadler, § 307 Rz. 6; Koch, 77

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Etwas anderes ist es freilich, die Anforderungen an die Transparenz im Rahmen des Formularvertragsrechts nicht zu überspannen. Wenn es also nicht das Ziel sein kann, ein wirkliches Verständnis jedes Kunden zu erzielen und schon gar nicht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen klarere Regelungen aufzustellen, als der Gesetzgeber selbst imstande ist,78 so kann sicherlich nicht jeder Transparenzverstoß eine unangemessene Benachteiligung beinhalten. Deshalb aber stets eine Benachteiligung durch Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts zu fordern, hieße im Ergebnis, den Kunden nur dann vor erschwerter Rechtsverfolgung zu schützen, wenn seine Rechte auch inhaltlich unangemessen verkürzt werden. Diese Beschränkung des Transparenzgedankens haben aber weder die Richtlinie 1993/13/EWG, noch der Gesetzgeber oder auch nur die den Transparenzgedanken entwickelnde Rechtsprechung des BGH zum Ausdruck gebracht. Damit muss sich aber auch das Anliegen, nicht jeden Transparenzverstoß zur Unwirksamkeit vorformulierter Vertragsbedingungen führen zu lassen, an einer entsprechenden Ausbildung der Transparenzanforderungen selbst orientieren.79 Insoweit schärft freilich schon der juristische SprachgeWM 2002, 2175; Wolf, JZ 1988, 719; wohl auch Bamberger/Roth-Schmidt, § 307 Rz. 42: „Die AGB hält dann der Inhaltskontrolle nicht stand, wenn durch sie eine Benachteiligung der Rechtsstellung des Vertragspartners begründet wird und dies durch die gewählte Formulierung nicht in ausreichendem Maße deutlich wird; beides zusammen begründet den Vorwurf unangemessener Benachteiligung“. Gegen Intransparenz als alleinigen Unwirksamkeitsgrund auch Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (162 ff.), der im Fall einer intransparenten Regelung der Hauptleistung oder des Entgelts allerdings meint (S. 175 f.), dass die entsprechende Regelung schon nicht einbezogen werde, so dass sich die Frage unangemessener Benachteiligung dann nicht mehr stelle; ferner Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (45), der zumindest ein Element ‚materiell-inhaltlicher Anstößigkeit‘ allerdings bereits (S. 42) in der früheren Rechtsprechung zum Transparenzgebot erkennt. Scharf Bruchner WM 1988, 1873 (1875), der für die frühere Rechtsprechung das Transparenzgebot als „rechtlichen Quantensprung“ auffasst und dem BGH vorwirft, sich die Funktionen des Gesetzgebers anzumaßen; vgl. zum älteren Schrifttum auch Hansen, WM 1990, 1521 (1522 ff.). Tendenziell umgekehrt wird die Perspektive bei v. Hoyningen-Huene, in: FS-Trinkner, S. 179 (182 ff.), der (S. 189 f.) mit Rücksicht auf die fehlende Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle auf essentialia negotii und deklaratorische Klauseln betont, dass es nicht um eine zusätzliche materielle Benachteiligung neben einer Benachteiligung durch Intransparenz gehen könne, sondern vielmehr umgekehrt „das Vorliegen einer materiell-rechtlichen Benachteiligung darüber entscheidet, ob überhaupt eine Transparenzkontrolle stattfindet“. Die daraus gezogene Konsequenz, dass sich die Frage einer zusätzlichen materiellen Benachteiligung gar nicht stellt (S. 190), greift dann aber doch zu kurz. Denn die in § 9 AGBG bzw. § 307 BGB normierte Tatbestandsvoraussetzung der unangemessenen Benachteiligung ist ja nicht schon mit der Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts identisch, sondern verschiebt lediglich den Grad rechtlich zulässiger Abbedingung. 78 Differenzierend Staudinger-Coester, § 307 Rz. 198; zum Gedanken der Unmöglichkeit transparenter Darstellung auch Basedow, VersR 1999, 1045 (1051), und Köndgen, NJW 1989, 943 (947): „Wo es selbst dem Gesetzgeber nicht gelungen ist, ‚volksnahes‘ Recht zu schaffen, kann er solches auch von AGB-Redaktoren nicht verlangen“. 79 Jedenfalls im Grundsatz beizupflichten daher MüKo-Basedow, 4. Aufl., § 307 Rz. 49 und 52, wonach eine Klausel nicht „nur deshalb als für den Kunden unangemessen nachteilig zu bewerten [ist], weil sich für sie ex post eine andere Formulierung denken läßt, die dem

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brauch das Problembewusstsein kaum, wenn danach auf begrifflicher Ebene stets von ‚Transparenzgebot‘ und ‚Transparenzkontrolle‘ die Rede ist. Wenn dem hier auch aus Gründen stilistischer Leichtigkeit gefolgt wird, soll dies also nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch eine Transparenzkontrolle stets negativ ansetzen muss. Statt eines Transparenz-Gebots kennt das Zivilrecht also, präzise betrachtet, nur ein Intransparenz-Verbot, und statt einer TransparenzKontrolle hat stets nur eine Intransparenz-Kontrolle zu erfolgen, so wie § 307 BGB auch sonst keine Angemessenheitsprüfung zulässt, sondern lediglich eine Unangemessenheitsprüfung.

4. Transparenzanforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen Was nun die einzelnen Anforderungen an die Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen betrifft, so hat Basedow noch im Jahre 1999 festgestellt, dass das Transparenzgebot „immer noch in weitem Umfang eine Leerformel“ ist, „die der Ausfüllung durch rechtliche Maßstäbe harrt“,80 und auch heute noch finden sich hierzu tatsächlich nur in begrenztem Maße Konkretisierungen, sowohl was die Anforderungen an die Einbeziehungstransparenz betrifft (a) als auch an die Inhaltstransparenz (b) als dem eigentlichem Gegenstand der in der Rechtsprechung relevanten Transparenzkontrolle. Auf die Frage nach weiteren Konkretisierungsmöglichkeiten, die sachlich an einzelnen Vertragsund Geschäftstypen ansetzen müsste, kommt es innerhalb des hier gewählten Untersuchungsgegenstands aber auch nicht weiter an, ist zur Herausbildung von Maßstäben für medizinische Formularerklärungen doch weniger ein Blick auf einzelne Details vertraglicher Formularklauseln entscheidend, als vielmehr die Tatsache, dass bereits bei vorformulierten Vertragsbedingungen einzelne zentrale Transparenzvoraussetzungen gelten, die für den Bereich der Medizin nur ein Minimum an Transparenz darstellen können. Als gesicherter kann demgegenüber der Maßstab gelten, der im Hinblick auf den potenziellen Leserkreis vorformulierter Vertragsbedingungen anzulegen ist. So ist es zunächst einmal nicht der flüchtige Leser, sondern der aufmerksame und sorgfältige Vertragspartner, der den Empfängerhorizont Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch unter Transparenzgesichtspunkten bildet.81 Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Vertragspartner den Inhalt des Vertrags grundsätzlich nicht verstehen muss, um ihn wirksam abschließen zu können, und dem Verwender auch nur im Rahmen des LeistbaKunden in höherem Maße durchschaubar und verständlich gewesen wäre“. Zur Zurückhaltung mahnen auch Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 18, sowie der BGH, vgl. BGH NJW 1993, 2054; NJW 1998, 3114 (3116). 80 Basedow, VersR 1999, 1045. 81 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 307 Rz. 19, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung.

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ren die Verpflichtung zukommen kann, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar und verständlich darzustellen. Dann ist grundsätzlich auch auf das Verständnis eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden abzustellen, so dass ein juristisches Vorwissen nicht unterstellt werden kann.82 Entscheidend ist damit grundsätzlich also der Verständnishorizont eines durchschnittlichen Vertreters des Kundenkreises, dem der konkrete Vertragspartner des Verwenders angehört,83 wobei allerdings besondere Kenntnisse und Fähigkeiten des Kunden nach überwiegender Auffassung zumindest im Individualprozess Berücksichtigung finden müssen.84

a) Transparenzanforderungen auf Einbeziehungsebene Wenn zwischen Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz im Sinne von Kenntnisnahme- und Verständnismöglichkeit unterschieden werden soll, so sei nun freilich vorausgeschickt, dass sich eine solche Unterscheidung nur idealtypisch durchführen lässt. Deutlich wird dies etwa dort, wo einzelne Anforderungen – etwa die Gliederung oder Übersichtlichkeit des Formulartextes – bald der Kenntnisnahme, bald dem Verstehen zugeordnet werden. Die im Folgenden vorgenommene Unterscheidung maßt sich also nicht an, Kenntnisnahme und Verstehen in einem ontologischen Sinne einer letzten Klärung zuführen zu können. Sie wird vielmehr von der Überlegung geleitet, dass das Verstehen von Text immerhin doch zunächst seine optische Wahrnehmung erfordert, wie denn vor allem auch die §§ 305 ff. BGB zwischen der Einbeziehung und der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen unterscheiden.85 Was dabei zunächst die Ebene der Kenntnisnahme betrifft, wird damit allerdings zugleich deutlich, dass unter dem Gesichtspunkt der Transparenz nun 82

Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (165). Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 57 ff.; Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 265 ff. 84 Vgl. Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (165); Hunecke, WM 1989, 553 (555); im Ergebnis ebenso Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 62 ff.; Köndgen, NJW 1989, 943 (947): „Leichte Verständlichkeit oder gar ‚kundenfreundliche‘ Formulierung sind gewiß wünschenswert und unter Marketingsgesichtspunkten für den Verwender vielleicht sogar von Vorteil; als Ausdruck eines Rechtsgrundsatzes lassen sie sich nicht darstellen. Das folgt letztlich daraus, daß das AGB-Gesetz – ökonomisch gesehen – Transaktionskosten senken will“. Zum Transparenzgebot im Licht ökonomischer Analyse näher Koller, in: FS-Steindorff, S. 667 (668 ff.). Für eine Berücksichtigung der individuellen Schutzwürdigkeit des Vertragspartners zumindest unter Analogie zum heutigen § 305 I 3 BGB Köndgen, NJW 1989, 943 (951). A.A. Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 263 ff., soweit sie, S. 267, Differenzierungen nur im Rahmen der gesetzlich angelegten Unterscheidung eines kaufmännischen und eines nichtkaufmännischen Verkehrs zubilligt. 85 Nicht näher nach Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz differenzierend allerdings etwa Armbrüster, DNotZ 2004, 437 (438), wonach das Verständlichkeitsgebot „nicht nur den Wortlaut“ betrifft, „sondern auch die systematische Anordnung der Klauseln. Inhaltlich Zusammengehöriges darf nicht getrennt werden“. 83

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nicht neuerlich jene Anforderungen zu thematisieren sind, die bereits Gegenstand der Einbeziehungskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind. Auch wenn man also insbesondere die Regelungen des § 305c BGB auf einer prinzipiellen Ebene mit dem Transparenzgedanken in Verbindung bringen kann, muss unter Transparenz auf Einbeziehungsebene doch etwas anderes verstanden werden, nämlich, so der hier zugrunde gelegte Standpunkt, die Anforderungen an die äußeren Kenntnisnahmemöglichkeiten des § 305 II Nr. 2 BGB. Mit der Überführung des § 2 AGBG in § 305 II BGB ist damit nun erstmals ein konkreter Anhaltspunkt dafür geschaffen worden, was man sich hier unter der erforderlichen Transparenz vorzustellen hat. So kommt in § 305 II Nr. 2 BGB zum Ausdruck, dass mit der zumutbaren Weise der Kenntnisnahme nicht nur der räumliche Zugriff auf das Klauselwerk als solches gemeint sein kann, sondern auch die Wahrnehmungsmöglichkeit des Klauselwerks, wenn der Verwender eine ihm erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen zu berücksichtigen hat. Soweit also zu § 2 AGBG teilweise vertreten wurde, dass die Regelung nur auf das Klauselwerk als Ganzes abzielt, während § 3 AGBG auch die einzelnen Klauseln betreffe, lässt sich dieses Verständnis jedenfalls dem § 305 II Nr. 2 BGB nicht mehr zugrunde legen.86 Denn Maßstäbe dergestalt aufzustellen, dass nur ein Teil des Klauselwerks in gut lesbarer Schrift abgefasst sein muss, kann nicht ernsthaft in Betracht kommen, gar in Differenzierung nach einem wesentlichen und einem eher nebensächlichen Inhalt. § 305 II 1. HS. Nr. 2 BGB ist dabei allerdings restriktiv auszulegen. Denn mit dem Merkmal der Erkennbarkeit zielt der Gesetzgeber nicht auf eine geschwächte, sondern auf gänzlich fehlende Wahrnehmbarkeit ab. Das wird deutlich, wenn dem Verwender laut Gesetzesbegründung nicht auferlegt wird, „seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen – je nach Kunden und Sehkraft – in unterschiedlichen Schriftgrößen bereitzuhalten“, sondern es vielmehr bei einem verobjektivierenden Maßstab bleiben soll,87 es dort aber andererseits heißt, dass von diesem verobjektivierenden Maßstab abzuweichen sei, „wenn die andere Vertragspartei an der Wahrnehmung auf Grund einer körperlichen Behinderung gehindert ist und dem Verwender diese Behinderung erkennbar war“.88 Denn würde unter ‚gehindert‘ auch die nur teilweise, sehkraftabhängige Hinderung der Wahrnehmbarkeit verstanden, müsste der Verwender seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehr wohl in unterschiedlichen Schriftgrößen bereithalten, was aber doch gerade ausscheiden soll. Während also der Maßstab eines übersichtlichen Druckbilds bereits im Merkmal der zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit berücksichtigt wird, soll die Frage der erkennbaren Be86 87 88

Zu dieser Akzentsetzung vgl. für § 2 AGBG noch Basedow, VersR 1999, 1045 (1046 f.). BT-Drs. 14/6040 (S. 150 f.). BT-Drs. 14/6040 (S. 151).

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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hinderung damit nur im Einzelfall zu einer abweichenden Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen führen.89 Lässt sich § 305 II Nr. 2 BGB nur mehr als Ausdruck der Maßgeblichkeit des Transparenzgedankens schon für die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen verstehen,90 lassen sich weitere hieran anknüpfende Anforderungen an die äußere Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen allerdings nur noch anhand der Regelungsintention des äußeren Transparenzgebots aufstellen, ist den §§ 305 ff. BGB doch kein näherer Anhaltspunkt mehr zu entnehmen.91 Mit dem Gedanken der Kenntnisnahmemöglichkeit, also der Möglichkeit, überhaupt Zugang zur Textinformation zu erhalten, sind dann einige Anforderungen aber mehr als nahe liegend. So sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, nicht erst vor dem Anspruch ‚müheloser Lesbarkeit‘,92 zunächst einmal in einer gut lesbaren Schriftgröße abzufassen, um überhaupt zur Kenntnis genommen werden zu können.93 Wo Allgemeine Geschäftsbedingungen also in winzigen Buchstaben abgedruckt werden, etwa in einer Schriftgröße und einem Zeilenabstand von jeweils 1 mm,94 ist diesem Erfordernis nicht Rechnung getragen. Gleiches gilt aber auch dann, wenn der Formulartext kaum hinreichenden Kontrast aufweist oder infolge dünner Papierqualität in einem sehr physischen Sinne so transparent ist, dass sich die Schrift, auch abhängig von der Schriftfarbe, etwa einem hellen Grauton, kaum vom Untergrund abhebt.95 Ebenfalls schon den Zugang zur Textinformation betrifft dann aber auch die Unzugänglichkeit Allgemeiner Geschäftsbedingung und damit verwandt sowohl die Unvollständigkeit des Klauselwerks wie auch ein Verweis auf andere Geschäftsbedingungen, der ebenfalls den Obliegenheiten des § 305 II Nr. 2 BGB genügen muss.96 Auf den ersten Blick mehr das Verstehen des Textes betrifft dann hingegen die Frage seiner Übersichtlichkeit, also zum einen seines Umfangs, dann aber auch seiner Strukturierung, also die Existenz und die auch 89 Wie hier MüKo-Basedow, § 305 Rz. 68, wenn auch er ausführt, dass ‚im Einzelfall‘ die Übergabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in elektronischer und akustischer Form oder auch in Braille-Schrift erforderlich sein könne. 90 Vgl. MüKo-Basedow, § 305 Rz. 69, § 307 Rz. 51; Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 41. 91 Ebenso wenig allerdings auch insbesondere der BGB-InfoV, die in ihren § 9 II 1 und § 14 III vielmehr ausdrücklich Abweichungen von Format und Schriftgröße der ihr beigefügten Muster zulässt. 92 So die Vorstellung des Gesetzgebers im Zuge der AGBG-Gesetzgebung, vgl. BT-Drs. 7/3919, S. 18. 93 Vgl. auch Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 39; Stoffels, AGB-Recht, Rz. 283; BGH NJW 1983, 2773; NJW-RR 1986, 1311. 94 Vgl. MüKo-Basedow, § 305 Rz. 67. 95 Vgl. Basedow, VersR 1999, 1045 (1047, 1052); Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 25 f. 96 Vgl. auch hierzu die Beispiele bei Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 26, 72; ferner nur etwa BGH NJW 2005, 1183 (1184 f.); Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 36; Ulmer/ Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 152a, jeweils m.w.N.

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drucktechnische Hervorhebung einer Gliederung. Da eine gänzlich fehlende Strukturierung oder ein unverhältnismäßiger Umfang regelmäßig allerdings dazu führen wird, dass der Kunde das Schriftstück von vornherein zur Seite legt, mag es gerechtfertigt erscheinen, auch diese Gesichtspunkte noch unter dem Aspekt der Kenntnisnahmemöglichkeit abzuhandeln.97 Damit wird aber zugleich deutlich, dass es unter dem Gesichtspunkt des Schriftgrads, der Papier- und Schriftfarbe sicherlich Untergrenzen der Kenntnisnahmemöglichkeiten gibt, man denke etwa an Klauseln in mittelgrauer Schriftfarbe auf hellgrauem Untergrund in einem Schriftgrad von 4 DidotPunkten (4 pt). Dass sich allerdings schon hier keine starren Grenzen empfehlen, wird bereits durch § 305 II Nr. 2 BGB selbst deutlich, der mit dem Gedanken der körperlichen Behinderung gerade dem Umstand Rechnung trägt, dass sich der in Betracht zu ziehende Adressatenkreis des Klauselwerks auch physisch durchaus unterscheiden kann. Gleichwohl von nur begrenztem Erkenntniswert, jedenfalls aber nicht als apodiktische Aufstellung entsprechender Anforderungen können daher auch entsprechende Arbeiten zum Verstehen von Text, also Untersuchungen sprachwissenschaftlicher Stilistik verstanden werden, auch wenn sich durch sie wissenschaftlich belegen lässt, was ohnehin auf der Hand liegt, nämlich dass die Kenntnisnahme und das Verstehen von Text umso eher gewährleistet ist, je einfacher, kürzer, prägnanter und optisch anregender ein Text gehalten ist.98 Mit dem Umfang und der Struktur des Textes wird zugleich aber auch der Horizont auf den Inhalt des Vertragswerks eröffnet, können diese Anforderungen doch nicht unabhängig von der Komplexität der einzugehenden Rechtsbeziehungen gesehen werden. Ohne starre Grenzen ziehen zu können, hängen die Anforderungen schon an die äußere Transparenz also auch insbesondere von der wirtschaftlichen Tragweite des Geschäfts und der Geschäftserfahrung des ins Auge zu fassenden Kundenkreises ab. Entsprechend wird das Kriterium der Zumutbarkeit denn auch dahin definiert, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „für einen Durchschnittskunden mühelos lesbar sind, des weiteren ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts vertretbaren Umfang aufweisen“.99 Ob es sich also um die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Waschstraßenbetreibers handelt oder ei97

Dem Verständlichkeitsgebot zuordnend Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 27 f. Ebenso Basedow, VersR 1999, 1045 (1054), der insoweit von ‚formaler Transparenz‘ spricht; vgl. ferner Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 152, m.w.N. 98 Vgl. die Hinweise auf entsprechende Forschungen nur etwa bei Basedow, VersR 1999, 1045 (1052 f.); Präve, VersR 2000, 138 (140 f.). 99 OLG Schleswig NJW 1995, 2858 (2859). Vgl. ferner Stoffels, AGB-Recht, Rz. 283; Palandt-Heinrichs, § 305 Rz. 39, m.w.N.; MüKo-Basedow, § 305 Rz. 67, der betont, dass auch bei geringwertigen Geschäften des täglichen Lebens ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit gewahrt werden müsse. Vgl. ferner Wolf/Horn/Lindacher, § 2 AGBG Rz. 68; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 152, 154.

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nes Lebensversicherers, muss im Hinblick auf Umfang und Strukturierung des Klauselwerks auch rechtlich einen relevanten Unterschied machen.100

b) Transparenzanforderungen auf inhaltlicher Ebene Was nun nicht den Zugang zum Text, sondern das Verstehen seines Inhalts betrifft, sind die Anforderungen an die Inhaltstransparenz weniger greifbar als die immerhin auf einem oberen Abstraktionsniveau noch nahe liegenden Hindernisse der Kenntnisnahme. Als ein noch vergleichsweise plastisches Beispiel inhaltlicher Intransparenz mag am ehesten die Abfassung des Klauselwerks in einer dem Kunden nicht geläufigen Sprache aufgefasst werden können, kann er den Text hier doch äußerlich ohne weiteres wahrnehmen, ohne aber über die psychischen Voraussetzungen für sein Verstehen zur verfügen. Allerdings wird dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbebedingungen das Risiko fehlender Sprachbeherrschung nur begrenzt auferlegt. Überwiegen dürfte hier der Standpunkt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen jedenfalls dann nicht am Sprachproblem scheitern, wenn sie in der Verhandlungssprache abgefasst sind. Wo der Verwender hingegen erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass der Kunde die Sprache nicht beherrscht, bleibt das Sprachrisiko auf seiner Seite.101 Aber auch mit diesem Gedanken verwandte Verständnishindernisse sind der Inhaltstransparenzkontrolle zuzuordnen, so etwa die Verwendung einzelner Fachausdrücke oder Fremdwörter. Als Beispiele für inhaltliche Intransparenz gilt daher auch etwa die Verwendung von Abkürzungen wie VOB, die sich dem juristischen Laien ebenso wenig erschließen wie der (heute freilich obsolete) Begriff der Wandelung.102 Dass die Abgrenzung des hier noch zulässigen Sprachgebrauchs auf ihre Grenzen stößt, wird freilich deutlich, wenn man dem Verwender andererseits zubilligt, nicht plastischer als der Gesetzgeber selbst sein zu müssen, insbesondere also dessen Sprachgebrauch aufgreifen zu dürfen.103 Mangels Fachkentnisse des Kunden werden dann sogar salvatorische Klauselzusätze oder die Abbedingung einzelner benannter Paragraphen des 100 Vgl. Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (166); Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 72. 101 So – allerdings als Einbeziehungsproblem verortetet – MüKo-Basedow, § 305 Rz. 59; vgl. ferner Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 151; aus der Rechtsprechung nur etwa BGH NJW 1995, 190; 1983, 1489. 102 Vgl. Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 11 ff., Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 152, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. Dass Worte verwendet werden, die der durchschnittliche Adressat der Klauseln inhaltlich nicht versteht, schlägt Basedow, VersR 1999, 1045 (1047), hingegen ebenfalls der formalen Intransparenz zu. 103 So betont denn etwa Heinrichs, in: FS-Trinkner, S. 157 (165), dass der Verwender insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache grundsätzlich übernehmen dürfe, ohne sie auszudifferenzieren oder ihnen Erläuterungen hinzufügen zu müssen, unter Verweis insbesondere auf BGH NJW-RR 1990, 866 (888); 1994, 1104 (1005).

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BGB missbilligt.104 In zunehmend geringerem Maße plastisch beschreibbar, aber einen wesentlichen Stellenwert bei der inhaltlichen Intransparenz nehmen schließlich dann Fälle sprachlicher Unbestimmtheit oder gar Missverständlichkeit ein.105 Hier öffnet sich der große Bereich verschleiernder Rechtsgestaltungen, wie sie auch der Entscheidung des BGH zur Zinsberechnung bei Annuitätendarlehen zugrunde lag und damit gleichsam dem juristischen Durchbruch des Transparenzgebots.106 Damit wird aber deutlich, dass es die Herausbildung konkreter Anforderungen an die inhaltliche Transparenz stets erforderlich macht, sich zunächst die inhaltlichen Regelungszusammenhänge des Vertrags- oder Geschäftstyps zu vergegenwärtigen, um hiervon ausgehend dann überhaupt erst nach der Verständlichkeit oder gar Verschleierung dieser Regelungszusammenhänge zu fragen. Das Recht der inhaltlichen Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen wird also auf längere Sicht weiterhin von einer falltypengeleiteten Konkretisierung in der Rechtsprechung abhängen, die ohne Rückgriff auf einzelne Vertragstypen nicht angemessen geleistet werden kann. Wenn sich hinter dem Problem inhaltlicher Transparenz letztlich allerdings das allgemeine hermeneutische Problem eines Verstehens von Text verbirgt,107 zeigt der hier eingenommene Blick nur auf die Leitlinien einer solchen Konkretisierung aber doch, 104 Vgl. MüKo-Basedow, § 305 Rz. 71; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGB-Recht, § 305 Rz. 153; Staudinger-Coester, § 307 Rz. 59 f.; Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 12 f., jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; differenzierend Palandt-Heinrichs, Vorb v § 307 Rz. 13; vgl. auch Lindacher, BB 1983, 154 (157); Bunte, NJW 1981, 2657 (2661). 105 Vgl. Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 11 ff., jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; ferner die Beispiele bei Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 28, 72; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer, AGBRecht, § 305 Rz. 151 ff.; Wolf/Horn/Lindacher, § 2 AGBG Rz. 27; Soergel-Stein, § 2 AGBG Rz. 19; Erman-Roloff, § 305 Rz. 38; Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, § 2 AGBG Rz. 57; Staudinger-Coester, § 307 Rz. 187, 213 f.; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1135), m.w.N.; Fahr, Inhaltskontrolle, Transparenzgebot und § 8 AGBG, S. 110 m.w.N.; Hensen, EwiR § 2 AGBG 1/88, 417 (418); Fehl, ZIP 1987, 690 (692); Lindacher, BB 1983, 154 (157). A.A. Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 76 ff.; Koch/Stübing, Allgemeine Geschäftsbedingungen, § 2 AGBG Rz. 32; Dittmann/Stahl, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Rz. 241; Dietlein/ Rebmann, Erläuterungen zum Gesetz zur Regelung der Allgeimeinen Geschäftsbedingungen, § 2 AGBG Rz. 4 f.; Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 2 AGBG Rz. 14 ff., wonach sich die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme allein auf die Art und Weise der Textverschaffung beziehe. Umfassender die sprachlich-inhaltliche Intransparenz beschreibend Basedow, VersR 1999, 1045 (1054): „Die Intransparenz kann sich dabei aus Eigenarten der verwendeten Sprache wie etwa der Länge und Schachtelung der Sätze, der Verwendung von Fachtermini und einem substantivischen Stil, dem fehlenden Einklang von Gliederung und intendiertem Sinn sowie den oben aufgezählten formalen Eigenschaften des Textes ergeben, also etwa der Verwendung von Verweisungen, dem Fehlen von Überschriften, der Verteilung der AGB auf mehrere Dokumente etc.“ 106 Eingehender oben § 12 I 1. 107 Grundlegend Gadamer, Wahrheit und Methode.

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dass die Gesichtspunkte, die für die inhaltliche Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen von Bedeutung sind, die gleichen sind, die auch für das Verstehen anderer Texte ausschlaggebend sein müssen. Auch bei medizinischen Formularerklärungen stellt sich unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Transparenz also in erster Linie die Frage nach dem Gebrauch von Fremdsprachen und Fachvokabular, insbesondere lateinischen und englischen Fachausdrücken, nach der Unbestimmtheit der Information oder der Verschleierung wesentlicher Inhalte. Der entscheidende Unterschied muss dann allerdings darin liegen, welchen Maßstab man an die ihrer Art nach gleichen Verständnisprobleme anlegt. Insoweit liegt es auf der Hand, dass Verständnisdefizite bei medizinischen Formularerklärungen bei weitem gravierender sein müssen, soweit das Medizinrecht mit der informierten Einwilligungsentscheidung vom vertraglichen Rechtsinstitut der Risikoerklärung markant abweicht. Wo Verständnisdefizite zu Gültigkeitsdefiziten werden,108 kann dem daraus resultierenden Transparenzgebot also nicht unter Rückgriff allein auf die §§ 305 ff. BGB Genüge getan sein. Die hier skizzierten Problempunkte äußerer und inhaltlicher Transparenz können dort vielmehr nur Erinnerungsposten darstellen, die mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Medizinrechts eigenständig auszuarbeiten sind.109

II. Zum Ziel umfassender Transparenz für die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen nach § 11 AMG Nach der hier vertretenen Auffassung müssen die rechtlichen Transparenzanforderungen drastisch steigen, wenn Formulare auf Kenntnisnahme und Verständnis ausgerichtet sind, um – auch nur zusätzlich neben einer mündlichen Aufklärung – den Rechtsgutträger autonom über den Schutz seiner körperlichen Integrität bestimmen zu lassen. Während dieses Problem für die ärztliche Formularaufklärung weitgehend vernachlässigt wird, indem ihr Stellenwert gegenüber einer mündlichen Aufklärung mehr negiert denn konstruktiv in Erwägung gezogen wird, gilt dies auch nicht annähernd für die Gestaltung von Packungsbeilagen für Arzneimittel als anderem praktisch bedeutsamen Bereich medizinischer Informationsvermittlung. Als nicht nur akzeptiertes, sondern in § 11 MG sogar gesetzlich vorgeschriebenes Informationsmedium ist die Packungsbeilage vielmehr bereits seit längerer Zeit auch der Herausbildung rechtlicher Kontrollmaßstäbe ausgesetzt, die sachlich unter dem Gesichtspunkt der Transparenz thematisiert werden. Der Orientierungswert dieser Anforderungen ist dabei umso höher, als sich der Informationswert der Packungsbeilage in seiner Zielrichtung mit der Aufklärung des Arztes überschneidet. So klärt die 108 109

Oben § 3 II. Näher unten § 12 III.

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Packungsbeilage ebenfalls über Risiken der Arzneimitteltherapie auf wie der Arzt im Rahmen seiner Risikoaufklärung und informiert meist zugleich über Verhaltensmaßgaben des Patienten, um den Therapieerfolg zu sichern oder ihn an seinen sonstigen Rechtsgütern zu schützen, also im Sinne einer therapeutischen oder einer Sicherheits-Aufklärung.110 Und ebenso wie die Gewährung der gebotenen Aufklärung den Arzt vor dem Vorwurf des Aufklärungsfehlers schützt, schließt in vergleichbarer Weise der pharmazeutische Unternehmer durch die Inhalte seiner Packungsbeilage weitgehend Ansprüche aus Gefährdungshaftung aus, die ansonsten allein schon aufgrund unzureichender Gebrauchsinformation drohen, vgl. § 84 I 2 Nr. 2 AMG. Welches gesteigerte Problembewusstsein im Bereich der ArzneimittelPackungsbeilagen für die von Intransparenz ausgehenden Gefahren besteht, lässt sich dabei nicht nur aufgrund von Studien illustrieren, die die Akzeptanz und Eignung von Gebrauchsinformationen im Hinblick auf ihre Lesbarkeit und Verständlichkeit empirisch untersucht haben (1.). Vielmehr hat sich in der Vergangenheit bereits eine Mehrzahl von Regelwerken um die Aufstellung konkreter Gestaltungsstandards bemüht, auch wenn ihnen nur in begrenztem Maße rechtliche Verbindlichkeit zukommt (2.). Der Sache nach lassen sich diese Anforderungen neuerlich, allerdings auch hier nur idealtypisch, auf zwei Ebenen unterscheiden. So setzt auch der mit der Gebrauchsinformation verfolgte Informationszweck zunächst voraus, dass die Packungsbeilage überhaupt zur Kenntnis genommen werden kann, also in einem äußeren Sinne transparent ist. Intransparent können Packungsbeilagen dann aber auch inhaltlich sein, indem sie insbesondere in sprachlicher Hinsicht das Verständnis des Patienten erschweren (3.).

1. Zur Akzeptanz und Eignung heutiger Packungsbeilagen als Informationsmedium für den Patienten „Patienten und Verbraucher in Deutschland sind daran gewöhnt, dass Packungsbeilagen von Arzneimitteln nur schwer lesbar und in Teilen für Laien nicht verständlich sind“. An diesem Befund setzt die bereits oben111 erwähnte, vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Institut der AOK durchgeführte Studie von Nink und Schröder an, die unter Auswertung der Packungsbeilagen der 100 verordnungsstärksten Arzneimittel des Jahres 2002 der Frage nachging, welche Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit verbraucherorientierter Packungsbeilagen zu

110 111

Zur begrifflichen und inhaltlichen Unterscheidung oben § 3 I 3. Einführend zu § 12.

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stellen sind.112 Danach schätzen zwar 65 % der Befragten die Packungsbeilage als wichtige Informationsquelle über Arzneimittel ein, vergaben gleichzeitig aber schlechte Zensuren, was den tatsächlichen Informationswert betraf. So beurteilten 42 % der Befragten die Packungsbeilagen als zu lang, 29 % fühlten sich durch sie verunsichert, 20 % erachteten sie für unverständlich und 17 % für zu klein geschrieben.113 Entspricht die zusätzliche schriftliche Information an sich auch der Wunschvorstellung, den Verbraucher gut zu informieren und ihm eine partnerschaftliche Therapieentscheidung im Sinne eines Shared Decision Making zu ermöglichen,114 sieht die Wirklichkeit also doch ernüchternd aus. Verfehlt die Packungsbeilage aber ihr Informationsziel, beschwört sie die Gefahr herauf, dass das Arzneimittel entweder trotz Indikation und ärztlicher Therapieempfehlung aus Verunsicherung insbesondere angesichts der darin enthaltenen Risiko- und Warnhinweise schließlich doch nicht eingenommen wird, dass es umgekehrt – infolge eines unzureichenden Informationsflusses – trotz bestehender Kontraindikationen eingenommen wird, oder auch nur Fehler bei der Anwendung selbst auftreten, etwa was die Dosierung betrifft, die gleichzeitige Einnahme anderer Arzneimittel oder den Verzehr wirksamkeitsbeeinträchtigender Lebensmittel.115 Indem die Packungsbeilage als Informationsmedium versagt, bleibt also entweder die ursprünglich ins Auge gefasste Wirkung aus oder es stellen sich schlimmstenfalls neue Gesundheitsgefahren ein, die bei sorgsamer Gestaltung der Packungsbeilage hätten reduziert werden können, einmal ganz abgesehen von der wirtschaftlichen Dimension sowohl der hieraus resultierenden Gesundheitsschäden wie auch der nutzlos aufgewendeten Arzneimittelkosten.116 Betrachtet man dabei die statistischen Hauptproblemfelder für die Transparenz von Packungsbeilagen, so betreffen sie zunächst vor allem die Ebene der Kenntnisnahmemöglichkeit. Nach der von Nink und Schröder publizierten Studie hatten 60 % der Befragten Probleme mit der Anzahl der Fachwörter, rund 45 % mit dem optischen Eindruck, insbesondere der Erkennbarkeit von (Warn-) Hinweisen und der Schriftgröße, über 20 % aber auch mit der Gliederung der Packungsbeilagen. Ebenso thematisiert wurden dann zu knapp 20 % Probleme mit dem Lesen, insbesondere mit der Verständlichkeit des Textes, wobei sogar rund 40 % der Befragten sich vor allem an der Verständlichkeit verwendeter Fachwörter stießen.117 Entsprechend kann es kaum verwundern, 112

Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 7. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 76. 114 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 13. 115 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 13 f. 116 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 19, geben einen Betrag von jährlich rund 125 Mio. € allein nur für nutzlos aufgewandte Arzneimittelkosten an. 117 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 59, die denn auch – sieht man von einem weiteren Bereich ‚erforderlicher Inhalte‘ einmal ab – hinsichtlich der Anforderungen an Packungsbeilagen ebenfalls zwischen der Lesbarkeit und der Verständlichkeit differenzieren, S. 93 ff. 113

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

dass die in der Studie ausgewerteten Packungsbeilagen denn auch nur in begrenztem Maße die Anforderungen erfüllen, die insbesondere seitens der EUKommission als Empfehlung ausgesprochen wurden.118 So enthielten sie zwar zu rund 98 % eine einleitende Leseaufforderung, hoben in sämtlichen Fällen die Überschriften drucktechnisch hervor und hielten zu etwa 96 % eine durch den Text leitende Frageform ein.119 Dagegen enthielten die Packungsbeilagen allerdings weiterhin eine große Anzahl an Fremdwörtern, nämlich im Durchschnitt etwa 29 pro Packungsbeilage, gestreut in einer Spannbreite von keinem bis 106 Fremdwörtern, von denen im Schnitt rund 25 % nicht übersetzt wurden.120 Auch die Erläuterung der Risikowahrscheinlichkeit nach Häufigkeitskriterien erfolgte in den untersuchten Gebrauchsinformationen nur zu 8 %,121 vor allem aber hielt sich keine der untersuchten Packungsbeilagen an die Vorgabe einer Schriftgröße von 8 pt. Vielmehr waren mehr als die Hälfte der Beipackzettel in einer Schriftgröße von weniger als 6 pt abgefasst, und der größte Schriftgrad betrug gerade einmal 7 pt.122 Nink und Schröder kommen für Arzneimittel-Packungsbeilagen damit insgesamt zu einem Befund, der auch für medizinische Formularerklärungen Geltung beanspruchen kann, dort insbesondere für Formularerklärungen in der medizinischen Forschung,123 wonach die gleichzeitige Forderung nach Vollständigkeit im Sinne der rechtlichen Absicherung der Hersteller einerseits und nach Verständlichkeit im Sinne optimaler Patienteninformationen andererseits die Verfasser von Packungsbeilagen vor ein fast unlösbares Problem stellt.124 Allein die Informationsmenge einer heute auf dem Markt verfügbaren Gebrauchsinformation führt häufig zu Unverständlichkeit, Verunsicherung und gar ausbleibender compliance des Patienten.125 Das Problem ist dabei für das Gebiet des Arzneimittelrechts allerdings im Gesetz selbst angelegt, muss die 118

Hierzu sogleich § 12 II 2. Vgl. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 46. 120 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 46 f. 121 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 47. 122 Vgl. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 46, die sich mit diesen Ergebnissen insgesamt in Übereinstimmung sehen mit der zuvor durchgeführten Studie von Fuchs, Die Packungsbeilagen als ein Mittel zur gezielten Information und Handlungsanleitung für Patienten. 123 Zum Schwergewicht von Lesbarkeits- und Verständlichkeitsproblemen vor allem in der medizinischen Forschung bereits oben § 2 I 2, II 2. 124 Auf die Vielzahl an Kontroversen, die nicht selten schon den Sinn der Packungsbeilage nach § 11 AMG selbst in Frage stellen, kann hier nicht weiter eingegangen werden. Vgl. hierzu neben Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rz. 1379 f.; Laufs/Uhlenbruck, § 62 Rz. 11; Deutsch, VersR 1998, 1053 (1055 f.); Nink/Schröder, PharmR 2006, 118; Diercksen, MedR 1984, 137; Herrmann, PharmR 1986, 191; sowie die umfangreichen Literaturnachweise bei Schlund, in: FS-Deutsch, S. 757 (767, Fn. 16). Scharf Zuck, NJW 1999, 1769, aus dessen Sicht der Beipackzettel des § 11 AMG ein „gefahrenverliebter, gelegentlich sogar Tod verheißender Zwangsgeselle unserer jedenfalls psychisch Trost spendenden Arzneimittel“ ist. 125 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 14. 119

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Gebrauchsinformation doch einerseits gemäß § 11 I 1, 1. HS. AMG ihre Angaben allgemeinverständlich in deutscher Sprache und in gut lesbarer Schrift enthalten, wie dem pharmazeutischen Unternehmer andererseits zugleich eine Vielzahl an Pflichtangaben auferlegt ist, die gemäß § 84 I 2 Nr. 2 AMG den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechen und damit insbesondere das gesamte relevante Spektrum an Neben- und Wechselwirkungen abdecken müssen.126 Zur zentralen Frage wird damit schon bald die Überlegung, ob es überhaupt möglich ist, vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Vorgaben Gebrauchsinformationen zu formulieren, die für Patienten lesbar und verständlich sind.127

2. Regelungsgrundlagen für die Gestaltung von Packungsbeilagen Was nun diese Vorgaben für Arzneimittel-Packungsbeilagen im Einzelnen betrifft, so beschränkt sich das AMG selbst im Wesentlichen darauf, nur die notwendigen Inhalte der Packungsbeilage vorzugeben. So schreibt § 11 I 1 AMG, um die Regelung nur auf einer obersten Gliederungsebene wiederzugeben, zunächst (Nr. 1) Angaben zur Identifizierung des Arzneimittels vor, also seine Bezeichnung und seine Stoffgruppe, sodann (Nr. 2) die Anwendungsgebiete, Informationen über Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen und sonstige Warnhinweise (Nr. 3), über Dosierungs- und Anwendungsregeln (Nr. 4), über Nebenwirkungen und entsprechende Gegenmaßnahmen (Nr. 5), über das Verfalldatum, die Darreichungsform und die Adresse des pharmazeutischen Unternehmers (Nr. 6) sowie schließlich über den aktuellen Stand der Packungsbeilage (Nr. 8). Damit wird die Packungsbeilage von vornherein mit einer Vielzahl von Informationen befrachtet, die die bereits in den achtziger Jahren erfolgte Abschichtung der auf den Verbraucher ausgerichteten Packungsbeilage nach § 11 AMG von einer für den Arzt bestimmten Fachinformation nach § 11a AMG deutlich relativiert.128 Was über diese Inhalte hinaus nun die Begriffe „allgemeinverständlich“ und „gut lesbar“ betrifft, hüllt sich das Gesetz dann gänzlich in Schweigen. Das AMG liegt damit bis heute auf der Linie der Richtlinie 1989/341/EWG, mit der erstmals die Beifügung einer Packungsbeilage für sämtliche Mitgliedsstaaten vorgeschrieben wurde. Danach schreibt das europäische Recht bis heute – nunmehr in Art. 56 und inhaltlich nicht abweichend auch in Art. 63 II 1 der gebündelten Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel – lediglich vor, dass die Inhalte 126

Vgl. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 36 f. Vgl. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 15. 128 Zur Gratwanderung der Arzneimittelinformation zwischen Sicherheits- und Arzthaftungsrecht bereits Hart, MedR 2003, 603 ff.; vgl. auch Hielscher, PharmR 1986, 196 ff. 127

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

der Packungsbeilage „gut lesbar, klar verständlich und unauslöschlich aufgeführt sein“ müssen. Auch hier werden also keine weiteren Konkretisierungen der Lesbarkeit und Verständlichkeit vorgenommen, vielmehr eröffnet Art. 65 S. 1, 3. Spiegelstrich der Richtlinie lediglich, dass die Kommission „Leitlinien“ festlegt, die insbesondere auch die „Lesbarkeit der Angaben auf der Etikettierung und auf der Packungsbeilage“ betreffen können. Und auch die Revision dieser Richtlinie hat an diesen Vorgaben sachlich kaum etwas geändert.129 Mit ihrer Guideline on the Readability of the label and package leaflet on medical products for human use vom 29. September 1998130 hat die Kommission dann tatsächlich entsprechende Leitlinien veröffentlicht. Kommt ihnen nach herrschender Auffassung auch gemäß § 249 V EGV keine verbindliche Rechtswirkung zu,131 wurden damit aber doch für die gesamte Europäische Gemeinschaft Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Packungsbeilagen aufgestellt, denen zumindest faktisch eine nicht unbeträchtliche Bindungswirkung zukommt. So wurden diese Empfehlungen etwa in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgegriffen, das nun seine zuvor 1994 ausgesprochenen Empfehlungen132 an die Vorgaben der Readability Guideline anpasste und auf deren Grundlage am 15. März 2002 „Empfehlungen zur Gestaltung von Packungsbeilagen nach § 11 des Arzneimittelgesetzes (AMG) für Humanarzneimittel (gemäß § 77 Abs. 1 AMG)“ herausgab,133 die am 30. November 2006 in revidierter Form veröffentlicht wurde.134 Ein pharmazeutischer Unternehmer, der seine Gebrauchsinformation unter Missachtung dieser Empfehlungen erstellt, hat praktisch betrachtet also stets mit Einwänden der zuständigen Bundesoberbehörde zu rechnen, und 129

So soll die Packungsbeilage nach Art. 59 III in der Fassung der Richtlinie 2004/27/ EG vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen widerspiegeln, mit der sichergestellt werden soll, „dass die Packungsbeilage lesbar, klar und benutzerfreundlich ist“. Und auch nach § 63 II 1, 2 der revidierten Richtlinie ist die Packungsbeilage lediglich „so zu formulieren und zu konzipieren, dass sie klar und verständlich ist, so dass sich die Verwender, erforderlichenfalls mit Hilfe von Angehörigen der Gesundheitsberufe, angemessen verhalten können. Die Packungsbeilage ist gut lesbar in der bzw. den Amtssprachen des Mitgliedstaats abzufassen, in dem das Arzneimittel in Verkehr gebracht wird“. Identisch denn auch die Formulierung der Leitlinienkompetenz für die Kommission nunmehr in Art. 65 c) der Richtlinie. 130 Bis heute existiert lediglich eine englische Fassung. 131 So auch v. Czettritz, PharmR 2001, 42 (47). 132 Bekanntmachung vom 17.8.1994 im Bundesanzeiger Nr. 161 vom 26.8.1994. 133 Bekantmachung vom 15.3.2002, Bundesanzeiger S. 9083. 134 Online verfügbar im Bereich Bekanntmachungen unter http://www.bfarm.de/. In der revidierten Fassung nimmt das BfArM insbesondere an die textbausteinartigen Formulierungsvorgaben für Packungsbeilagen in den QRD Templates der EMEA Bezug, online verfügbar im Bereich Human Medicines – Quality Review of Documents QRD unter http:// www.emea.europa.eu/htms/human/qrd/qrdtemplate.htm, ferner (weiterhin) auf die Readability Guideline vom 29. September 1998 in ihrer jeweils geltenden Fassung.

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auch die Kommentierungen des AMG greifen auf diese Leitlinien zurück, um die gesetzlichen Anforderungen des § 11 I 1, 1. HS. AMG zu kommentieren.135 Auch das nunmehr eingeführte grundsätzliche Erfordernis eines Lesbarkeitstests nach § 22 VII 2 AMG ist daher in deren Lichte zu bewerten. Die Readability Guideline von 1998 stellt damit bis heute das entscheidende Regelwerk für die Etablierung von Standards für die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Arzneimittel-Packungsbeilagen dar und geht damit insbesondere über die Vorgaben hinaus, die bereits zuvor, am 25. April 1990, durch den Europarat auf seiner 438. Ministerkonferenz in der weithin unbeachtet gebliebenen, allerdings auch schwer zugänglichen Resolution AP (90) 1 on Patient package information provided with medicines angenommen wurden.136 Auch die weiteren Empfehlungen, die seitens der Europäische Arzneimittelagentur für die Gestaltung von Packungsbeilagen ausgesprochen wurden, orientieren sich an der Readability Guideline und sprechen sich darüber hinaus für die Durchführung von Lesbarkeitstests aus sowie für eine frühzeitige Einbindung von Patientenorganisationen in die Erstellung von Arzneimittel-Packungsbeilagen.137

3. Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Arzneimittel-Packungsbeilagen Auch die auf der Grundlage der Readability Guideline empfohlenen Vorgaben unterscheiden nun zwischen der Lesbarkeit (a) und der Verständlichkeit (b) von Arzneimittel-Gebrauchsinformationen. Besonders deutlich wird dies in Anhang 2 der Guideline, wo für die Durchführung von Lesbarkeitstest zwei zentrale Kriterien formuliert werden: „Kann der Verbraucher die Information schnell und leicht in der Packungsbeilage finden? Wenn er sie gefunden hat, kann er sie verstehen und entsprechend handeln?“138 Auch die folgenden Aus135

Vgl. nur etwa Kloesel/Cyran, § 11 AMG Rz. 16 ff. Erhältlich ist der Text nur in direkter Kontaktaufnahme mit dem Europarat. Ein weiterer thematisch verwandter Text ist die Resolution des Europarats AP (99) 2 vom 17. März 1999 „on warning phrases for certain categories of medicines“. 137 Vgl. die QRD Group Guidance on User Testing of Package Leaflets for Centrally Authorised Products for Human Use vom Dezember 1999, Doc. Ref. EMEA/88/00, sowie die EMEA/CHMP Working Group with Patients Organisations. Outcome of Discussions: Recommendations and Proposals for Action Executive Summary vom 17.3.2005, Doc. Ref. EMEA/149479/2004 Final. Zur Methode von Lesbarkeitstest auch bereits die Readability Guideline vom 29.9.1998 in ihrem Anhang 2. 138 Readability Guideline vom 29.9.1998, Annex 2 unter ‚What to test?‘: „Can consumers find information quickly and easily in the leaflet, Having found the information, can they understand and act on it appropriately?“. Vergleichbar die vorgenannte Resolution AP (90) 1 des Europarats unter I. 4: „The leaflet should be written at a level and in a style intelligible to the patient and which ensures that the patient takes the right course of action“. 136

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

führungen orientieren sich daher neuerlich an dieser Unterscheidung, wobei sachlich in erster Linie an die Empfehlungen der Readability Guideline angeknüpft wird. Indem sowohl die Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte als auch die weiteren Vorschläge von Nink und Schröder auf der Readability Guideline aufbauen, wird insbesondere auf diese beiden weiteren Vorgaben daher nur dann einzugehen sein, soweit sie Vorschläge machen, die über die Readability Guideline hinaus gehen. Nink und Schröder beziehen in ihre Überlegungen dabei insbesondere die medizinische Untersuchung über die durch Packungsbeilagen ermöglichte compliance des Patienten von Fuchs ein,139 darüber hinaus das Werk von Sless und Wiseman über verbrauchergerechte Formulierungen in der Medizin140 wie schließlich auch die Beiträge von Dickinson über ein verbraucherfreundliches Design von Texten.141

a) Zur Lesbarkeit als Kriterium äußerer Transparenz Wesentliche Aspekte der Lesbarkeit sind zunächst Schriftgröße und Schriftgrad der Packungsbeilage. So empfiehlt die Readability Guideline für die äußere Kennzeichnung auf der Verpackung eine Schriftgröße von mindestens 7 DidotPunkten (7 pt) bzw. einer Größe, bei der das kleine „x“ mindestens 1,4 mm hoch ist. Für die Schrift auf der Packungsbeilage wird dann eine Schriftgröße von 8 pt empfohlen und jeweils ein Zeilenabstand von mindestens 3 mm.142 Wie das folgende Beispiel zeigt, sind schon diese Schriftgrößen durchaus an einer Untergrenze der Lesbarkeit angesiedelt:143

139 Fuchs, Die Packungsbeilagen als ein Mittel zur gezielten Information und Handlungsanleitung für Patienten. 140 Sless/Wiseman, Writing about Medicines for People: Usability Guidelines for Consumer Medicine Information. 141 Dickinson, Measurably better patient communication. Production and diagnostic testing of patient information materials, einzelne Nachweise über weitere Veröffentlichungen von Dickinson bei Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 87 f. Auch das BfArM knüpft derzeit für die Bewertung nach § 22 VII 2 AMG denn an die vorgenannten Arbeiten an und akzeptiert vom Antragsteller für den Lesbarkeitsnachweis gleichermaßen ein strukturiertes mündliches Interview nach Sless und Wiseman mit spezifischen Fragen, ein Standardisiertes schriftliches Interview nach Fuchs oder eine kommunikationswissenschaftliche Untersuchung, vgl. die entsprechende Information im Bereich Arzneimittel/FAQ-Arzneimittel unter http://www.bfarm.de/. 142 Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 1. Als europaweit verbreitete Grundeinheit zur Angabe von Schriftgrößen beträgt ein Didot-Punkt 0,376 mm. 7 Didot-Punkte entsprechen damit einer Schriftgröße von 2,632 mm. 143 Weniger konkret die Resolution AP (90) 1 des Europarats unter I. 5: „The arrangement of the text and the size of the print should be adequate to be legible particularly to the elderly and should not give undue emphasis to either the advantages or disadvantages of the product.“

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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Schriftgröße von 5 Didot-Punkten

Schriftgröße von 6 Didot-Punkten

Schriftgröße von 7 Didot-Punkten (empfohlen für die äußere Kennzeichnung)

Schriftgröße von 8 Didot-Punkten (empfohlen für die Packungsbeilage)

Schriftgröße von 9 Didot-Punkten

Schriftgröße von 10 Didot-Punkten

Schriftgröße von 11 Didot-Punkten

Schriftgröße von 12 Didot-Punkten144 Entsprechend fordern Nink und Schröder denn auch, dass die kleinste verwendete Schriftgröße 9 pt betragen müsse,145 wie Schlund dann unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH zur Lesbarkeit von Angaben in der Arzneimittelwerbung allgemein davon spricht, dass die Schrift bei normalen Sichtverhältnissen „ohne besondere Konzentration und Anstrengung“ lesbar sein müsse und meint, dass eine Schriftgröße unterhalb von 8 pt dem älteren Durchschnittspatienten nicht mehr zumutbar sei.146 Aus Gründen der Übersichtlichkeit empfiehlt die Readability Guideline zudem, Wörter in Großbuchstaben zu vermeiden, soweit dies nicht ausnahmsweise zur Verstärkung sinnvoll ist,147 während Nink und Schröder sich sogar gänzlich gegen die Verwendung von Worten in Grossbuchstaben aussprechen.148 Zudem sollte die Verwendung unterschiedlicher Schriftarten unterbleiben,149 abgesehen von der zusätzlichen Verwendung von Blindenschrift.150 Was sodann die Druckfarben betrifft, empfiehlt die Readability Guideline, solche zu verwenden, die sich klar vom Hintergrund unterscheiden.151 Nach Nink und Schröder ist daher nur weißes oder pastellfarbenes Papier zu verwenden.152 Die Größe des Papiers soll dabei nach der Readability Guideline DIN A4 oder DIN A5 betragen, weil sich Papier in dieser Größe leicht drehen und falten lasse, und die Papierstärke mindestens 40g/m 2 – nach Nink und Schröder 60g/m 2153 –, da dünneres Papier regelmäßig zu transparent und entsprechend schwer zu lesen sei.154 144 Lediglich der Zeilenabstand der 8pt-Zeile zu der 7pt- bzw. 9pt-Zeile beträgt jeweils die für die Packungsbeilage geforderten 3 mm. 145 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 146 Schlund, in: FS-Deutsch, S. 757 (761), mit Blick auf § 4 IV HWG: „Die nach Absatz 1 vorgeschriebenen Angaben müssen von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein“, und hierzu BGH NJW 1988, 766 (767). 147 Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 1., C. 3.5. 148 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 149 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. 150 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 4. 151 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 2. 152 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 153 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 154 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 5.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Aus Gründen der Übersichtlichkeit des Textes empfiehlt die Readability Guideline sodann, Überschriften und Unter-Überschriften zu verwenden, die deutlich hervorgehoben sind,155 etwa durch größeren Druck als der übrige Text und Belassen einer Leerzeile vor der Überschrift.156 Mitunter sei es auch empfehlenswert, auf Informationen innerhalb der Packungsbeilage zu verweisen, bevor sie wiederholt werden. Zu diesem Zweck empfiehlt die Readability Guideline auch, die Überschriften zu nummerieren, wobei allerdings bereits mehr als zwei Hierarchieebenen von Überschriften für tendenziell unübersichtlich erachtet werden.157 Zu Orientierungszwecken bewertet die Readability Guideline grundsätzlich auch die Verwendung von Piktogrammen als positiv, spricht sich hier allerdings gleichwohl für einen zurückhalten Gebrauch aus, um jeden reklameähnlichen Effekt zu vermeiden;158 vorzuziehen seien insoweit Aufzählungszeichen.159 Bei Verwendung verschiedener Schriftfarben sollen schließlich dann allein die Überschriften farblich hervorgehoben werden,160 und die Schriftfarbe Rot soll ausschließlich besonders wichtigen Warnungen vorbehalten bleiben.161 Grundsätzlich wird empfohlen, Überschriften lediglich fett zu drucken, Hervorhebungen im Text kursiv zu formatieren und Beispiele in Anführungszeichen zu setzen.162

b) Zur Verständlichkeit als Kriterium inhaltlicher Transparenz Was zunächst im Hinblick auf die Aufnahmekapazität des Lesers dann die Verständlichkeit der Packungsbeilage betrifft, spricht sich die Readability Guideline dafür aus, wenn irgend möglich überlange Sätze mit mehr als 20 Wörtern – bei Überschriften nach Nink und Schröder mehr als 10 Wörtern163 – zu vermeiden und die Anzahl der Zeichen pro Zeile auf 70 zu beschränken:164 Diese Zeile besteht aus 70 Zeichen in der Schriftgröße 8 Didot-Punkte.

155

Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 2. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 157 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 2. 158 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 3.3. 159 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. 160 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 2. 161 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 3.4. Zur Hervorhebung besonders wichtiger Warnhinweise vgl. insbesondere die „Kindertee-Entscheidung“ des BGH NJW 1995, 1286 (1287 ff.). 162 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 8. 163 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. 164 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. 156

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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Nach Möglichkeit vollständig zu vermeiden seien sodann Bandwurmsätze und Nebensätze, da sie ebenfalls das Erfassen des Inhalts erschwerten.165 Entsprechend empfiehlt die Readability Guideline auch, den Text so zu formulieren, dass nur in zurückhaltender Weise von Zeichensetzung Gebrauch gemacht werden müsse.166 Wo Aufzählungen erfolgten, sollten sie bei einfacheren Gesichtspunkten auf neun Aufzählungspunkte beschränkt werden, bei komplexeren auf fünf.167 Außerdem sollte zunächst der spezifische Sachverhalt genannt werden und sodann der allgemeinere. So heißt es dort als Beispiel:168 Sagen Sie Ihrem Arzt, wenn Sie leiden an: – pulmonaler Tuberkulose – Allergien, die sich auf die Lunge auswirken – chronische Lungenschwäche Was sodann den Sprachstil betrifft, empfiehlt die Readability Guideline einen aktiven und direkten Stil, bei der das Verb am Anfang steht, also etwa „Nehmen Sie 1 Tablette“ statt „1 Tablette sollte eingenommen werden“ oder auch „Sie sollten …“ statt „Es ist empfohlen, …“, soweit die jeweilige Sprache dies erlaubt.169 Um konkrete Handlungsanweisungen zu gewähren, erweiterte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die stilistischen Empfehlungen der Readability Guideline zudem bereits in seiner Bekanntmachung vom 15. März 2002 dahin, dass Überschriften in Frageform zu halten seien. Entsprechend seien die Pflichtangaben nach § 11 AMG in folgenden fünf Fragen darzustellen, wobei „/…/“ für die Bezeichnung des Arzneimittels bzw. das Warenzeichen steht: 1. 2. 3. 4. 5.

Was ist /…/ und wofür wird es angewendet? Was müssen Sie vor der Einnahme (Anwendung) von /…/ beachten? Wie ist /…/ einzunehmen (anzuwenden)? Welche Nebenwirkungen sind möglich? Wie ist /…/ aufzubewahren?

Zur besseren Übersichtlichkeit sollen dabei nicht nur inhaltliche Doppelungen vermieden, sondern die Angaben zudem auf solche Informationen oder Handlungsanweisungen beschränkt werden, die der Anwender tatsächlich umsetzen kann.170 165 166 167 168 169 170

Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 3.1. Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Wo ein wissenschaftlicher Fachausdruck oder ein Fremdwort gebraucht wird, empfiehlt die Readability Guideline, eine Erklärung zu geben.171 Das entspricht der Rechtsprechung des BGH zur Publikumswerbung für Arzneimittel, wonach eine Erläuterung der verwendeten fremdsprachlichen Begriffe zulässig und es bei für Laien unverständlichen Begriffen sogar unerlässlich ist, sie in allgemeinverständlicher Weise zu erläutern.172 Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt eine Übersetzung ins Deutsche, schrieb jedoch bereits im Jahre 2002 für die weitere Methode, Fachtermini nach Erläuterung in Klammern zu setzen, allerdings vor, hiervon nur „äußerst zurückhaltend“ Gebrauch zu machen.173 Abkürzungen sind nach der Readability Guideline nach Möglichkeit durchweg zu vermeiden,174 nach Nink und Schröder ferner, soweit möglich, die Verwendung nicht quantifizierbarer Formulierungen und des Konjunktivs, wie erst recht missverständliche Formulierungen.175 Ihrem Umfang nach soll die Packungsbeilage dann nach Nink und Schröder auf maximal zwei Seiten beschränkt werden und bereits auf der ersten Seite eine Leseaufforderung enthalten sein, die zugleich auf weitere Informationen auf der Rückseite hinweist.176

15.3.2002, Bundesanzeiger 2002, S. 9083. Identisch die in der Neubekanntmachung vom 30.11.2006 in Bezug genommene Formulierung der QRD Templates in ihrem Anhang III (Etikettierung und Packungsbeilage), B. (Packungsbeilage), online verfügbar unter http:// www.emea.europa.eu/htms/human/qrd/qrdtemplate.htm. 171 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section C. 1. 172 BGH NJW 1992, 751 (752), mit zahlreichen Nachweisen seiner Rechtsprechung zu § 11 I Nr. 6 HWG, wonach „mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind“, außerhalb der Fachkreise nicht für Arzneimittel geworben werden darf; hierzu aus jüngerer Zeit auch BGH GRUR 2001, 176 ff., m.w.N. 173 Vgl. die Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 15.3.2002, Bundesanzeiger 2002, S. 9083. Gegen die Auffassung, dass zur deutschen Sprache auch eine Reihe nicht immer einfach zu übersetzender Fremdwörter gehören, Schlund, in: FS-Deutsch, S. 757 (762 ff.), der eine Reihe ausführlicherer Beispiele anspricht, die dem Erfordernis einer verständlichen Sprache in der Tat kaum noch genügen. 174 Vgl. Readability Guideline vom 29.9.1998, Section A. 3. 175 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 94. 176 Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 95. Entsprechend denn auch die der QRD Templates in ihrem Anhang III (Etikettierung und Packungsbeilage), B. (Packungsbeilage), online verfügbar unter http://www.emea.europa.eu/htms/human/qrd/qrdtemplate. htm, wo als Anfangstext die Zeile „Lesen Sie die gesamte Packungsbeilage sorgfältig durch, bevor Sie mit der Einnahme (Anwendung) dieses Arzneimittels beginnen“ bzw. „Lesen Sie die gesamte Packungsbeilage sorgfältig durch, denn sie enthält wichtige Informationen für Sie“.

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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III. Maßstäbe für die Transparenz medizinischer Formularerklärungen Die Übernahme der vorstehend skizzierten Anforderungen an die Lesbarkeit und Verständlichkeit – Allgemeiner Geschäftsbedingungen einerseits und Arzneimittel-Packungsbeilagen andererseits – auf medizinische Formularerklärungen will nun, auch wenn sie auf den ersten Blick sehr nahe liegt, wohl bedacht sein. Um ein weiteres Mal die oben aufgestellte methodische These zu bemühen, lässt sich insoweit zwar von einer Regelungslücke sprechen, weil das Medizinrecht selbst vergleichbar konkrete Transparenzanforderungen an medizinische Formularerklärungen bislang kaum ausgearbeitet hat. Auch hier reicht es schon für die Übertragbarkeit der AGB-rechtlichen Maßstäbe aber nicht aus, allein eine äußerliche Vergleichbarkeit zwischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und medizinischen Formularerklärungen herzustellen, und nicht weniger gilt dies – ganz ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur des § 11 AMG – für die Übernahme arzneimittelrechtlicher Transparenzanforderungen. Vielmehr muss sich die Reichweite einer Übertragung derartiger Transparenzanforderungen auch hier entscheidend nach der Rechtsähnlichkeit der jeweils erfassten Regelungsbereiche bestimmen. Leitender Gesichtspunkt muss dabei sein, dass die Formularerklärung dort, wo sie als informierte Einwilligungsentscheidung den spezifischen Verständnisgeboten des Medizinrechts unterliegt, erst recht strengen Transparenzanforderungen gerecht werden muss, dass dieser strenge Maßstab aber auch auf diese besondere Art der Formularerklärung beschränkt bleiben muss. Wo medizinische Formularerklärungen also vertragliche Erklärungen darstellen oder einseitige Erklärungen, die nicht den besonderen Anforderungen des informed consent unterliegen, verbleibt es bei den allgemeinen Transparenzanforderungen (1.). Soweit die Erklärungen strengen Transparenzanforderungen unterliegen, kann für diese dann allerdings in kombinierter Weise sowohl auf die gemäßigten AGB-rechtlichen wie auf die strengeren arzneimittelrechtlichen Vorgaben zurückgegriffen werden (2.).

1. Zur Reichweite einer Übertragung AGB- und arzneimittelrechtlicher Transparenzanforderungen auf medizinische Formularerklärungen Die Übertragung der vorstehend skizzierten Transparenzanforderungen auf Formularerklärungen in der Medizin setzt voraus, dass sie in ähnlicher Weise auch für medizinische Formularerklärungen Geltung beanspruchen, weil die sie leitenden Gründe vergleichbar sind. Das lässt sich zwar grundsätzlich beja-

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

hen, muss dem Transparenzgedanken doch erst recht dort Rechnung getragen werden, wo das Verständnis zur Verfügung gestellter Informationen über die Wirksamkeit der Erklärung entscheidet. Orientierungspunkt für die Ausgestaltung des Transparenzgebots muss allerdings der Bezug des informed consent auf den körperlichen Integritätsschutz bleiben, womit sich ein Bereich allgemeiner von einem Bereich strenger Transparenzanforderungen unterscheiden lässt (a). Welcher Stellenwert dem Formular im Rahmen des Entscheidungsprozesses zukommt – ergänzende Information neben einem Aufklärungsgespräch oder entscheidende Funktion neben einer bloßen Gesprächsgelegenheit – ist für die Transparenzanforderungen hingegen gleichgültig, kann die Frage, ob das Formular nur Indizienwert hat oder ausnahmsweise die materielle Einwilligungserklärung selbst verkörpert, unter Transparenzgesichtspunkten doch keine Unterschiede rechtfertigen (b).

a) Das (nur) im Rahmen des informed consent aufzustellende Gebot strenger Transparenz medizinischer Formularerklärungen Als entscheidender Rechtsgedanke des AGB-rechtlichen Transparenzgebots hat sich der Schutz des Kunden vor Beeinträchtigungen in der Vertragsabwicklung und Prozessführung durch intransparente Geschäftsbedingungen herausgestellt.177 Diese Überlegung baut darauf auf, dass eine Information des künftigen Vertragspartners vor Vertragsschluss zwar wettbewerbspolitisch wünschenswert erscheint, dass sich dieser Gedanke angesichts der typischen Abstandnahme von einer Lektüre Allgemeiner Geschäftsbedingungen aber kaum als realistisches Regelungsanliegen der §§ 305 ff. BGB begreifen lässt. In auch nicht annähernd vergleichbarer Weise trifft der Gedanke einer durch Transparenz zu gewährleistenden Information umgekehrt aber dort zu, wo die vorherige Kenntnisnahme von Informationen dem Anliegen des Formulars nach nicht nur der Regelfall ist, sondern sogar das Verstehen von Informationen zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Erklärung wird. Wenn das Medizinrecht daher mit der informierten Einwilligungsentscheidung in markanter Abweichung von allen sonst geltenden Vorgaben der Rechtsgeschäftslehre Wissensdefizite zu Gültigkeitsdefiziten erhebt,178 müssen die Informationen, die für die Entscheidung wesentlich sind, anders als im AGB-Recht schon zwecks Ermöglichung dieser Entscheidung selbst transparent sein. Das bedeutet freilich nicht, dass der Rechtsgedanke eines Schutzes vor Beeinträchtigungen bei der Wahrnehmung und gegebenenfalls prozessualen Durchsetzung von Rechten für das Medizinrecht obsolet wäre. Vielmehr hat die oben dargestellte Bedeutung der Formulareinwilligung für die Beweisführung über Aufklärungsfehler im Gegenteil deutlich werden lassen, dass das Formular auch 177 178

Oben § 12 I 2 b) bb). Oben § 3 II.

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen

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hier geeignet ist, die Rechtsstellung des Patienten zu beeinträchtigen, indem für den Arzt schon nur das bloße Indiz der Richtigkeit seiner Behauptung über § 448 ZPO einen entscheidenden Beweisvorsprung schaffen kann.179 Rechtfertigt es daher schon die Gefahr prozessualer Nachteile, medizinische Formularerklärungen ebenso wie vorformulierte Vertragsbedingungen den Transparenzanforderungen des AGB-Rechts zu unterwerfen, gilt dies erst recht insoweit, als der Rechtsgutträger in der Medizin nur bei hinlänglichem Verständnis der ihm überlassenen Informationen überhaupt wirksame Erklärungen abgeben kann. Gegen dieses zusätzliche argumentum a fortiori spricht auch nicht, dass die Aufklärung des Rechtsgutträgers in keinem Fall durch ein Formular vollständig ersetzt werden kann, weil auch im Fall schwerpunktmäßig schriftlicher Aufklärung ein Gesprächsanteil im Sinne einer zumindest stets anzubietenden Gesprächsgelegenheit gewahrt bleiben muss.180 Denn mag eine unzulängliche schriftliche Aufklärung damit grundsätzlich in materieller Hinsicht unerheblich sein, weil es für die Wirksamkeit der Aufklärung regelmäßig entscheidend auf das mündliche Aufklärungsgespräch ankommt, knüpft doch auch noch der Indizienwert medizinischer Formularinhalte an das durch sie ermöglichte Verständnis des Patienten an. Erscheint es also nach der Abfassung des Formulars fernliegend, dass der Patient die Information überhaupt verstanden hat, war sie unvollständig oder verschleierte sie gar die spezifischen Risiken des Eingriffs, setzt auch der dem Formular beizumessende Indizienwert entscheidend an der Überlegung an, ob der Patient im Fall der Lektüre des Formulars überhaupt in der Lage war, das medizinrechtlich geforderte Verständnis zu entwickeln.181 Auch der prozessuale Wert medizinischer Formularerklärungen bleibt also dem Gedanken des informed consent verhaftet, weil sich der Indizienwert von der Möglichkeit des Verstehens gar nicht trennen lässt. Im AGB-Recht geht es hingegen schon nicht um den Nachweis einer Tatsache durch den Formulartext, sondern lediglich um die darin konstitutiv erfolgende Gestaltung von Rechtsbeziehungen. Der potenzielle Rechtsnachteil liegt hier also nicht darin, ein unzutreffendes Beweisergebnis erleiden zu müssen, sondern vorgelagert darin, Rechte entweder gar nicht erst wahrzunehmen oder sich auf ein nicht näher kalkulierbares Prozessrisiko einlassen zu müssen. Ist es vor diesem Hintergrund geboten, AGB-rechtliche Transparenzanforderungen auf medizinische Formularerklärungen zu übertragen, erscheinen die oben dargestellten Transparenzanforderungen des AGB-Rechts aber einer179 Zur spezifischen von Formularen ausgehenden Gefährdung des Rechtsgüterschutzes für die Beweisführung über Aufklärungsversäumnisse oben § 7 II. 180 Zu den drei materiellrechtlichen Stufen der Formularverwendung in Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont oben § 10 II. 181 Zur Beweiskraft von Formularerklärungen für die Durchführung, den Inhalt und das Verstehen der ärztlichen Aufklärung oben § 7 II 3.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

seits als unzureichend, wo das Modell des informed consent tatsächliches Verständnis erfordert, das AGB-Recht hingegen dem rechtsgeschäftlichen Institut der Risikoerklärung verhaftet bleibt. Hier erscheint es vielmehr erforderlich, weitaus strengere Transparenzanforderungen aufzustellen, die geeignet sind, die Lesbarkeit und Verständlichkeit schriftlicher Formularinhalte tatsächlich sicherzustellen, so wie dies das Anliegen von Arzneimittel-Packungsbeilagen ist. Umgekehrt darf die Grenze AGB-rechtlicher Transparenzanforderungen dann aber dort wiederum nicht überschritten werden, wo medizinische Formularerklärungen gerade nicht dem informed consent genügen müssen. Wo solche Formulare also vertragliche Regelungen zum Gegenstand haben oder einseitige Erklärungen, die nicht auf den körperlichen Integritätsschutz bezogen sind, lässt sich ein allein hieran anknüpfendes strengeres Transparenzgebot nicht mehr rechtfertigen. Indem die Untersuchung nach den besonderen Kontrollmaßstäben für Formularerklärungen in der Medizin fragt, werden sich die nachstehend zu entwickelnden Transparenzanforderungen daher auf den Bereich solcher Erklärungen beschränken, die dem Modell des informed consent verpflichtet sind. Nicht an besonderen Maßstäben zu messen, sondern den allgemeinen Transparenzanforderungen auf Einbeziehungsebene (§ 305 II Nr. 2 BGB)182 und auf inhaltlicher Ebene (§ 307 I 2 BGB)183 zu unterstellen sind damit zum einen sämtliche vertraglichen Regelungen in der Medizin, also die bereits genannten Fallgruppen insbesondere der Honorargestaltung, des Abrechnungsmodus beim gespaltenen Krankenhausvertrag oder der Substitution von Behandlungsleistungen.184 Das gleiche gilt aber auch für einseitige Erklärungen, soweit sie nicht mehr den körperlichen Integritätsschutz zum Gegenstand haben, sondern vermögensrechtlich ausgerichtete Formularinhalte, also etwa Gewinnverzichtsklauseln bei Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben.185 Strengeren Transparenzanforderungen unterfällt damit insbesondere auch nicht die Formulareinwilligung in die Überlassung von Körpersubstanzen zu Forschungszwecken, soweit diese Substanzen denn bereit isoliert sind bzw. sich die Einwilligung allein auf die Überlassung der Substanzen beschränkt. Denn hier ist ein erst durch die Notwendigkeit des informed consent zu rechtfertigendes Gebot strenger Transparenz solange nicht tangiert, als die Formularerklärung nicht die körperlichen Risiken der Substanzentnahme betrifft.186 Fallen die Risikoaufklärung über die Entnahme und die Erklärung zur Überlassung der Substanz hingegen äußerlich in einem Formular zusammen, lassen sich die einzelnen Formularinhalte zwar meist weiterhin präzise nach solchen unter182 183 184 185 186

Oben § 12 I 4 a). Oben § 12 I 4 b). Näher oben § 9 III 2 b) aa). Zu Fallgruppen vermögensrechtlich ausgerichteter Formularinhalte oben § 11 II 2. Eingehender oben § 11 II 3 b).

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scheiden, die einerseits den körperlichen Integritätsschutz betreffen, also die Risiken der Entnahme, und damit strengen Transparenzanforderungen unterliegen, und andererseits nach solchen, die nur noch über das weitere Schicksal von Besitz und Eigentum an diesen mit Trennung sonderrechtsfähigen körperlichen Gegenständen betreffen und daher nur den allgemeinen Transparenzanforderungen unterliegen. Soweit beide Formularinhalte nun allerdings der Formulierung nach ineinander übergehen, muss der gemäßigte allgemeine Transparenzmaßstab freilich mit Rücksicht auf den körperlichen Integritätsschutz insgesamt hinter dem strengen Transparenzmaßstab zurücktreten, an dem nun der gesamte Inhalt zu messen ist. Soweit sich die folgenden Ausführungen daher auf den mit dem informed consent verfolgten körperlichen Integritätsschutz beschränken, stellt sich nun allerdings die Frage, anhand welcher Kriterien sich ein solchermaßen strenges Transparenzgebot etablieren lässt. Insoweit muss der Gedanke einer Analogie zu arzneimittelrechtlichen Transparenzanforderungen unbefriedigend bleiben, enthält insbesondere das AMG doch gar keine konkreten Regelungen, an die angeknüpft werden könnte. Soweit die oben dargestellten Transparenzgrundsätze vielmehr insbesondere auf Empfehlungen der Europäischen Kommission und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zurückgehen, handelt es sich lediglich um Auslegungsvorschläge vor allem für die Begriffe „allgemeinverständlich“ und „gut lesbar“ in § 11 I, 1. HS. AMG im Rahmen einer noch in Entwicklung befindlichen Dogmatik des Arzneimittelrechts. Soweit die nachfolgenden Überlegungen daher sowohl auf den Transparenzanforderungen des AGB-Rechts im Sinne eines Untermaßes aufbauen wie auch auf den Vorgaben des Arzneimittelrechts, das mit der Packungsbeilage ebenfalls auf ein tatsächliches Lesen und Verstehen des Patienten abzielt, lässt sich dies nur in AGB-rechtlicher Hinsicht methodisch als Analogie begreifen. Das lässt es aber näherliegend erscheinen, die gesamte nachstehende Skizze nicht als Analogieverfahren, sondern als Fortentwicklung einer ohnehin gesetzlich kaum kodifizierten Dogmatik des Medizinrechts zu begreifen. Damit erscheint das strenge Transparenzgebot lediglich als eine konkreter herauszubildende Konsequenz aus dem Entscheidungsmodell des informed consent, die von der bisherigen Dogmatik infolge ihrer weitgehend apodiktischen Distanzierung gegenüber der medizinischen Formularerklärung nur äußerst bruchstückhaft gezogen wurde. Dass hierin ein erhebliches Defizit liegt, wird dabei nicht nur im Hinblick auf eine an Transparenzgesichtspunkten nur unzureichend ausgerichteten Beweisbedeutung medizinischer Formularerklärungen deutlich, sondern auch daran, dass mittlerweile der Gesetzgeber selbst – wenn auch begrenzt auf klinische Arzneimittelprüfungen, § 40 II 1, 2. HS. AMG – vorgeschrieben hat, dass dem Patienten „eine allgemein verständliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen“ ist. Hier liegt nun also auch ein gesetzlicher

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Anknüpfungspunkt für die Etablierung eines eigenständigen – da strengeren – Transparenzgebots für Formularerklärungen in der Medizin.

b) Die Unabhängigkeit strenger Transparenzanforderungen vom Stellenwert des Formulars im Aufklärungsprozess Soweit im Folgenden zwischen äußeren und inhaltlichen Transparenzanforderungen unterschieden wird, lassen sich diese Anforderungen an sich je nach Stellenwert der Formularerklärung im Aufklärungsprozess noch wieder unterschiedlich weit fassen. Wenn man einmal von der rechtlich und auch praktisch – jedenfalls im stationären Bereich – nahezu irrelevanten rein mündlichen Aufklärung absieht,187 ist hier insbesondere danach zu unterscheiden, ob die schriftlichen Formularinhalte lediglich dazu dienen, eine mündliche Aufklärung vorzubereiten bzw. Informationen im Nachgang zu einem solchen Gespräch zur Verfügung zu stellen, oder ob das Formular praktisch das zentrale Aufklärungsgeschehen darstellt, weil der mündliche Aufklärungsanteil ausnahmsweise auf eine bloße Gesprächsgelegenheit reduziert wird.188 Bereitet das Formular die mündliche Aufklärung lediglich vor oder folgt es ihr nach, kann sich sein Inhalt – zunächst einmal nur rein materiellrechtlich betrachtet – auf eine Basisaufklärung beschränken, die nicht einmal an das Niveau der vom BGH entwickelten Grundaufklärung heranreichen muss,189 da maßgeblich hier allein das Gespräch zwischen Arzt und Patient bleibt.190 Kommt es demnach auf das Formular an sich gar nicht an, erscheint – überspitzt formuliert – schon seine Kenntnisnahme irrelevant und entsprechend auch sein Inhalt oder gar die Transparenz seiner äußeren und inhaltlichen Gestaltung. Wo das Formular hingegen den zentralen Kern des Aufklärungsgeschehen darstellt – nämlich bei Reduktion der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit – muss es auch sämtlichen materiellen Anforderungen an die Aufklärung des Rechtsgutträgers genügen, da diesem potenziell sämtliche relevanten Informationen nur auf dem Formularweg vermittelt werden, sollte er die angebotene Gesprächsgelegenheit nicht wahrnehmen.191 Der Blick auf die Beweisbedeutung medizinischer Formulareinwilligungen hat nun allerdings deutlich werden lassen, dass es auch für den Weg einer kombiniert schriftlich-mündlichen Aufklärung bei weitem zu einseitig ist, allein diese materiellrechtliche Perspektive einzunehmen. Wenn der unterzeichneten Formulareinwilligung vielmehr der Indizienwert zukommt, dass überhaupt ein Aufklärungsgespräch geführt wurde und dies insbesondere auch über die 187 Zur rechtlich auch in gesetzlich geregelten Spezialbereichen nicht geforderten rein mündlichen Aufklärung oben § 10 II 1. 188 Zur diesen beiden Fallgruppen näher oben § 10 II 2 und 3. 189 Näher oben einleitend zu § 5 II. 190 Näher oben § 10 II 2. 191 Näher oben § 10 II 3.

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darin aufgeführten Inhalte,192 schafft das Formular trotz materiellrechtlicher Unerheblichkeit für den Patienten ein Prozessrisiko, das sich strukturell nicht von dem Fall unterscheidet, dass die im Formular verkörperte Einwilligungserklärung selbst maßgebliches Beweisthema ist. Ihm Indizienbedeutung für eine mündliche Aufklärung unabhängig davon zuzubilligen, ob die abgedruckten Risikoinformationen überhaupt hinreichend transparent gestaltet sind, hätte im Ergebnis also zur Folge, zumindest für die Beweisführung auf das Gebot tatsächlichen Verständnisses weitgehend zu verzichten. Damit würde die hohe rechtliche Bedeutung des informed consent aber auf prozessualem Wege neuerlich entscheidend in Frage gestellt. Soweit daher die Formularerklärung den Vorgaben des informed consent unterliegt, ihre Wirksamkeit mithin vom Verständnis übermittelter Aufklärungsinformationen abhängt, muss sie auch schon nur unter dem Aspekt ihrer Beweisfunktion den Anforderungen eines auf den körperlichen Integritätsschutz bezogenen strengen Transparenzgebots unterliegen.

2. Zur Skizzierung strenger Transparenzkriterien für formulargetragene Dispositionen über die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit Dass Formularerklärungen, die die Risikoaufklärung und -einwilligung des Rechtsgutträgers entweder bezeugen oder ausnahmsweise gar verkörpern, strengeren Transparenzvorgaben unterliegen müssen als gar nicht auf Kenntnisnahme ausgerichtete Allgemeine Geschäftsbedingungen, liegt einerseits auf der Hand, wird andererseits aber in der medizinrechtlichen Dogmatik nur unzureichend und gesetzlich nur an einer ganz versteckten Stelle thematisiert. Denn wenn § 40 II 1, 1. HS. BGB nunmehr fordert, dass dem Teilnehmer der klinischen Prüfung „eine allgemein verständliche Aufklärungsunterlage auszuhändigen“ ist, so lässt das Gesetz schon offen, ob es sich hierbei um eine schriftliche Vorabaufklärung handeln soll oder eine nachträgliche Informationsmöglichkeit, und entsprechend bleibt auch unklar, ob die Aushändigung der schriftlichen Information sogar für die Wirksamkeit der Einwilligungserklärung erforderlich ist, auch wenn die mündliche Aufklärung allein allen gebotenen Anforderungen gerecht wird. Unabhängig vom materiellrechtlichen Status dieses Schriftstücks hat der Gesetzgeber damit aber doch zumindest den grundsätzlichen Maßstab anerkannt, der an schriftliche Aufklärungsinformationen anzulegen ist, wenn solche denn zum Einsatz kommen sollen. Die Worte ‚allgemein verständlich‘ in § 40 II 1, 2. HS. AMG sind dabei freilich ebenso allgemein gehalten wie die Worte ‚allgemeinverständlich‘ und ‚gut 192

Näher oben § 7 II 3 a).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

lesbar‘ in § 11 I 1, 1. HS. AMG. Soweit die Europäische Kommission auch zur Klinischen Prüfung von Arzneimitteln Leitlinien herausgegeben hat, werden denn auch dort die vergleichbaren Begriffe kaum näher konkretisiert. So heißt es in der Detailed guidance ENTR/CT 2 vom April 2004 lediglich „The information sheets given to the subject and/or the parent(s)/legal representative should be kept short, clear, relevant, and understandable to a lay person. They should be in a language the subject knows.“ 193 Und ähnlich hieß es bereits zuvor in der Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis: „Die mündlichen und schriftlichen Informationen über die klinische Prüfung, einschließlich des Formblatts zur schriftlichen Einwilligungserklärung, sollten möglichst ohne Verwendung von Fachausdrücken formuliert werden und für den Prüfungsteilnehmer bzw. seinen gesetzlichen Vertreter und gegebenenfalls den unparteiischen Zeugen verständlich sein.“194 Selbst die Deklaration des Weltärztebundes zu den Rechten des Patienten spricht sich dann lediglich dafür aus, dass die dem Patienten überlassenen Informationen im Hinblick auf sein Selbstbestimmungsrecht „klar und verständlich“ sein müssen.195 Verharren diese Anforderungen ihrerseits auf einem vergleichsweise allgemeinen Niveau, bringen sie zumindest doch den Ausgangspunkt näherer Transparenzanforderungen zum Ausdruck, wenn sie den Adressatenkreis der Formularerklärung mit dem medizinischen Laien konturieren. Insoweit eröffnet der Blick auf das AGB-Recht allerdings eine noch feinere Differenzierung. Denn mit dem Laien sind zunächst einmal alle Patienten gleichermaßen erfasst, was gerade in der Medizin bei weitem zu pauschal erscheint, unterscheidet sich hier doch zuweilen schon die Aufnahmekapazität des Lesers entscheidend je nach Krankheitsbild, wobei es genügen mag, auf Krankheitsbilder zu verweisen, die die Kenntnisnahme schriftlicher Informationen entweder motorisch beeinträchtigen können, wie etwa beim Morbus Parkinson, oder mental, wie etwa beim Morbus Alzheimer, und entsprechend wird vor allem in sprachlicher Hinsicht dann von vornherein anders vorzugehen sein, wenn die Aufklärungsinformationen auf Minderjährige abzielen, die im Grenzbereich der Einwilligungsfähigkeit stehen. Wenn für das AGB-Recht also der Verständnishorizont 193 Detailed guidance on the application format and documentation to be submitted in an application for an Ethics Committee opinion on the clinical trial on medicinal products for human use vom April 2004, ENTR/CT 2, Ziffer 6.1.2.5. 194 Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis CPMP/ICH/135/95 vom Juli 1990, Ziffer 4.8.6., erlassen auf Grundlage von Art. der Ril. 1975/318/EWG vom 20.5.1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die analytischen, toxikologisch-pharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Nachweise über Versuche mit Arzneimittelspezialitäten. 195 Vgl. Deklaration des Weltärztebundes zu den Rechten des Patienten, verabschiedet von der 34. Generalversammlung des Weltärztebundes in Lissabon, im September/Oktober 1981, revidiert von der 47. Generalversammlung des Weltärztebundes in Bali, September 1995, Ziffern 3 b) und 7 c).

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eines durchschnittlichen Vertreters des Kundenkreises maßgeblich ist, dem der konkrete Vertragspartner des Verwenders angehört, so gebietet diese Sichtweise auch im Medizinrecht entsprechende Differenzierungen.196 Entscheidender Maßstab muss hier daher ein durchschnittlicher Patient des Krankheitsbildes sein, unter dem der konkrete Patient leidet, soweit eine solche Differenzierung denn möglich ist. Naheliegend erscheint dies insbesondere bei den Aufklärungsformularen zu medizinischen Forschungsvorhaben, die jeweils ein ganz spezifisches Krankheitsbild vor Augen haben. In der ärztlichen Heilbehandlung ist dies hingegen nur dort möglich, wo die Aufklärung nicht auf einen Eingriff abzielt, dessen Risiken von sonstigen Krankheiten des Patienten weitgehend unabhängig sind, wie etwa bei einer Blutentnahme, sondern ganz gezielt auf eine spezifische Maßnahme ausgerichtet sind, etwa eine Leistenbruchoperation, eine Entfernung der Gallenblase oder eine Herzkatheter-Untersuchung. Was über den Empfängerhorizont hinaus nun die einzelnen Anforderungen betrifft, denen formulargetragene Dispositionen über den körperlichen Integritätsschutz unterliegen, soll schließlich auch im Folgenden zwischen der Lesbarkeit und der Verständlichkeit von Formularinhalten unterschieden werden, also zwischen Vorgaben äußerer (a) und inhaltlicher Transparenz (b). Die Überlegungen konzentrieren sich dabei auf den Regelfall des Formularbogens, der Aufklärungs- und Einwilligungstext gleichermaßen umfasst, wodurch die abgedruckte Aufklärung vollständig für den Inhalt der Einwilligungserklärung in Bezug genommen wird. Die Maßstäbe lassen sich in gleicher Weise aber auf weitere Erklärungen des Patienten beziehen, mit denen dieser das weitere Aufklärungsgeschehen steuert, also die Vorformulierung von Ankreuztexten zur Anamnese oder zu weiteren Aufklärungswünschen über bestimmte Gesichtspunkte. Denn hier wechselt die Perspektive nur von der Frage nach etwaigen Defiziten der Aufklärung zur Frage nach der Berechtigung meist unstreitiger Aufklärungsdefizite infolge fehlerhafter Angaben oder unterlassener Aufklärungswünsche des Patienten. Da der Patient entsprechende Erklärungen aber seinerseits nur wirksam abgeben kann, wenn er sich über deren Bedeutung im Klaren ist, stellen sich auch hier qualitativ keine anderen Fragen als erneut die Probleme der äußeren und inhaltlichen Transparenz entsprechender – wenn nun auch fragender – Formulierungen.

196 Vgl. Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 57 ff.; Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 265 ff., und hierzu bereits oben § 12 I 4. Keine Differenzierung in Bezug auf den Sprachgebrauch dürfte hingegen mehr möglich sein, soweit eine klinische Prüfung auf die Einbeziehung auch nicht-deutschsprachiger Patienten abzielt; hier dürfte § 40 II 1, 2. HS. AMG lediglich dann erfüllt sein, wenn der Sponsor auch schriftliche Aufklärungsunterlagen in den einschlägigen Fremdsprachen zur Verfügung stellt.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

a) Äußere Transparenzanforderungen an die Lesbarkeit von Formularbögen Hinsichtlich der äußeren Transparenzanforderungen lässt sich gedanklich sowohl an die AGB-rechtlichen wie an die arzneimittelrechtlichen Transparenzüberlegungen anknüpfen,197 womit als kritische Punkte äußerer Transparenz auch hier Schriftgröße und Zeilenabstand (aa) erscheinen, Schrift- und Papierfarbe, Papiergröße und -qualität (bb), Struktur und Gliederung (cc) sowie inhaltliche Vollständigkeit (dd).

aa) Mühelos wahrnehmbarer Schriftgrad und Zeilenabstand Das Verständnis der Aufklärungsinformation setzt zunächst die Kenntnisnahme des Formularinhalts voraus, die vor allem mit der Schriftgröße steht und fällt. Wenn insoweit für Arzneimittel-Packungsbeilagen Schriftgrößen zwischen mindestens 7 und 9 pt diskutiert werden, um einem Erfordernis ‚müheloser Lesbarkeit‘ Rechnung zu tragen,198dürfte diese vergleichsweise moderate Forderung in erster Linie der Überlegung verpflichtet sein, dass die Packungsbeilage gefaltet noch in der Verpackung des Arzneimittels Platz finden muss. Entsprechend werden hier also schon aus praktischen Gründen Konzessionen zu machen sein, wenn man nicht stattdessen für die separate Aushändigung kleiner Packungsbeilagen-Heftchen plädieren möchte.199 Eine derartige Platzbeschränkung besteht bei Aufklärungsbögen für die medizinische Heilbehandlung hingegen nicht, ebenso wenig bei Aufklärungsformularen für medizinische Forschungsvorhaben. Entsprechend sind denn auch die meisten dieser Aufklärungsbögen in größeren Schriftgraden von zwischen 10 bis 12 pt gehalten, was denn auch unter Transparenzgesichtspunkten regelmäßig nicht zu beanstanden sein wird. 200 Problematischer erscheint insoweit der Zeilenabstand, wenn sowohl die Aufklärungsbögen der einschlägigen Fachverlage als auch wissenschaftliche Aufklärungsformulare meist einen einzeiligen Abstand von rund 2 mm bevorzugen. Ohne dass sich exakte Angaben machen ließen oder auch nur sinnvoll wären, läuft hier manches Formular Gefahr, eine erschlagende Wirkung auf den Leser zu haben. Wenn das Ziel transparenter Formulargestaltung umgekehrt aber gerade sein muss, den Adressaten zum Lesen zu animieren statt abzuschrecken, werden die Verfasser entsprechender Schriftstücke besser beraten sein, einen großzügigeren Abstand etwa von 1,5 Zeilen zu wählen, ohne nun 197

Oben § 12 I 4, II 3. Oben § 12 II 3 a). 199 So offenbar die Vorschläge einiger Teilnehmer der von Nink/Schröder publizierten Studie, vgl. dies., Zu Risiken und Nebenwirkungen, S. 77. 200 Freilich abgesehen von Formularen, die sich an stark sehbeeinträchtigte Patienten wenden. 198

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umgekehrt einen so großen Abstand zu schaffen, dass der Text gleichsam aus bedruckten Zeilen und aus weißen Zeilen gleichermaßen besteht, was den Leser ebenfalls abschrecken wird. Aus dieser Überlegung heraus erscheint es dann auch hier als unangemessen, Wörter in Großbuchstaben aufzuführen, was in erheblichem Maße zu Unübersichtlichkeit führen kann, weil sich der Text dann nicht nur vom regulären Bild der Schriftsprache erheblich entfernt, sondern vor allem den damit beabsichtigten Hervorhebungseffekt nivelliert. 201 Wenn etwa ein Aufklärungsbogen zu einer klinischen Arzneimittelprüfung, wie dies in der Praxis nicht selten vorkommt, sowohl Überschriften wie auch wichtige Textpassagen im darunter befindlichen Text in Großbuchstaben abdruckt, kann der hieraus schon für den Akademiker resultierende Effekt optischer Verwirrung Laien gegenüber nur als unvereinbar mit dem Gebot äußerer Transparenz gewertet werden.

bb) Kontrastreiche Schrift- und Papierfarbe Ebenfalls übertragbar sind dann auch die Vorgaben zur Schrift- und Papierfarbe. Wenn die Wahrnehmbarkeit von Text neben der Schriftgröße insbesondere auch vom Kontrast zwischen Text- und Papierfarbe abhängt, dürfte es sich auch für die hier zu erörternden medizinischen Formularaufklärungen grundsätzlich empfehlen, schwarze Schrift auf weißem Grund zu bevorzugen. Zwar mag es naheliegend erscheinen, im Fall mehrerer abzugebender Erklärungen auch farblich unterschiedliche Papiersorten zu verwenden. Auf Kosten der Transparenz wird dies aber nur dann nicht gehen, wenn es sich dabei um lichte Farben, insbesondere also Pastelltöne handelt. Ein besonders wichtig erscheinendes Formular hingegen etwa Schwarz auf dunklem Rot, Grün oder Blau abzudrucken, wird für den Durchschnittsleser nur noch mühsam lesbar sein. Damit wird freilich zugleich deutlich, dass auch die verwendete Papierqualität nicht ein Maß unterschreiten darf, ab dem das Formular durchscheinend wird. Hier wird man sich daher entsprechend den arzneimittelrechtlichen Überlegungen ebenfalls an den oben genannten Werten von 40 bzw. 60g/m 2 zu orientieren haben, wie dann auch das Format die dort genannte Maximalgrößen von DIN A4 nicht überschreiten sollte, um für den Leser handhabbar zu bleiben.202 In der Praxis hat sich das DIN A4-Format freilich auch überwiegend durchgesetzt, sowohl bei den regelmäßig auf die Hälfte gefalteten DIN A3-Bögen spezialisierter Fachverlage zur ärztlichen Heilbehandlung wie auch bei den Aufklärungsformularen in der medizinischen Forschung.

201 202

Zur Ablehnung des Gebrauchs von Großbuchstaben bereits oben § 12 II 3 a). Oben § 12 II 3. a).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

cc) Leicht erschließbare Struktur und Gliederung Problematischer erscheint praktisch betrachtet die äußere Struktur und Gliederung medizinischer Formularerklärungen, die unter dem Gesichtspunkt äußerer Transparenz dem Auffinden gezielter Informationen entgegenstehen kann. Bedenklich erscheinen hier wiederum vor allem die Aufklärungsinformationen für die medizinische Forschung. Der Erfahrung nach sind solche Aufklärungsbögen häufig, und verstärkt dann, wenn sie in den Rechtsabteilungen pharmazeutischer Unternehmen erstellt werden, darauf bedacht, möglichst über alle Aspekte des Forschungsvorhabens aufzuklären, um sowohl etwaige Haftungssorgen hintan zu halten wie auch das Risiko, dass studienrelevante Informationen versehentlich unterbleiben. Entsprechend finden sich hier zuweilen denn umfangreiche Gliederungen, die bereits für sich genommen Gefahr laufen, nicht mehr zur Kenntnis genommen zu werden. Eine überlange Gliederung hierarchisch gleichgeordneter Gesichtspunkte spricht hier vielmehr für eine unzureichende geistige Durchdringung inhaltlicher Zusammenhänge und Schwerpunkte. Zumal für einen medizinischen Laien lässt sich Übersichtlichkeit hiermit kaum noch erreichen, und entsprechend wird ein wesentliches Augenmerk etwa der zuständigen Ethik-Kommission darauf liegen, ob die Komplexität und Risikoträchtigkeit der klinischen Prüfung die vorgelegte Strukturierung der Informationen tatsächlich unausweichlich erscheinen lassen, was nur ausnahmsweise der Fall sein wird. Die Vorgabe, Aufklärungsinformationen für klinische Arzneimittelprüfungen short, clear and relevant zu halten, 203 ist somit ungeachtet ihrer europarechtlichen Unverbindlichkeit für die Beurteilung, ob Aufklärungsinformationen noch zur Kenntnis genommen werden können und der zuständigen Ethik-Kommission ausreichend erscheinen, rechtlich sehr wohl von Bedeutung. 204 Sofern Gliederungsebenen umgekehrt bei zurückhaltendem Gebrauch die Übersichtlichkeit des Textes erheblich steigern können, ist auch hier auf die oben entwickelten Vorgaben insbesondere zur Arzneimittel-Packungsbeilage zurückzugreifen. 205 Überschriften sollten aus Gründen äußerer Transparenz nach Möglichkeit also merklich größer als der übrige Text gedruckt sein und sich auch in der Formatierung, insbesondere durch Fettdruck, vom sonstigen Text unterscheiden, um für den Leser augenfällig zu sein. Und auch hier wird es sich empfehlen, eine einheitliche Formatierung zu wählen, Überschriften also nicht das eine Mal fett und unterstrichen, ein anderes Mal nur in größerer Schrifttypen zu halten usw. Dabei wird es auch kaum sinnvoll sein, von der 203 Detailed guidance on the application format and documentation to be submitted in an application for an Ethics Committee opinion on the clinical trial on medicinal products for human use vom April 2004, ENTR/CT 2, Ziffer 6.1.2.5. 204 Vgl. oben § 12 II 3 a). 205 Oben § 12 II 3 a).

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Farbe Rot Gebrauch zu machen, sollte diese Farbe aufgrund ihres Signalcharakters doch nicht anders als bei Arzneimittel-Packungsbeilagen nur wenigen und besonders wichtigen Informationen vorbehalten bleiben. Ob sich demgegenüber die Einführung von Piktogrammen in schriftlichen Aufklärungsinformationen empfiehlt, wird man skeptisch beurteilen müssen. Ihr Informationsgehalt hängt in einem erheblichen Maße von der Vertrautheit mit Piktogrammen ab bzw. von der Auffassungsgabe des Lesers, das Piktogramm richtig zu interpretieren. Was zunächst nach Vereinfachung aussieht, kann schon bald die Gefahr der Fehlinterpretation und Desinformation hervorrufen. Wenn etwa Nink und Schröder in ihrem eingehefteten Beispiel einer Packungsbeilage eine Vielzahl von Piktogrammen verwenden, 206 so lässt sich etwa eine durchgestrichene Sonne sowohl als Hinweis auf die Lagerung des Arzneimittels deuten als auch – wie von den Autoren beabsichtigt – auf die Lichtempfindlichkeit der Haut. Dann kann ein Piktogramm, das eine schwangere Frau mit durchgezogenem Querstrich abbildet, auf den ersten Blick auch unzureichend erfasst werden, wenn der Querstrich ausgerechnet die Bauchwölbung der Personenfigur weitgehend verdeckt. Und Darstellung einer Waage als Symbol für die Möglichkeit weiterer Nebenwirkungen erscheint schließlich schon geradezu irreführend. Die Beispiele verdeutlichen also, dass auch Piktogramme nicht nur sorgsam erstellt, sondern vom potenziellen Leser auch ihrerseits – als Symbolsprache – interpretiert und eventuell erst einmal erlernt werden müssen. Soweit dies der Fall ist, ist ihr Orientierungswert freilich überragend, setzt er sich doch sowohl über Sprachbarrieren hinweg wie auch über die Notwendigkeit, eine Überschriftenzeile lesen zu müssen. Wenn für Packungsbeilagen dann zudem Querverweise empfohlen werden, um Doppelinformationen zu vermeiden, 207 muss ebenfalls ein Zweifel angebracht sein. Zum einen sollte es schon das vorrangige Bestreben sein, Doppelinformationen gänzlich zu unterlassen, unabhängig davon, ob ein Text mehrfach abgedruckt oder neuerlich in Bezug genommen wird. Der Querverweis stellt dann zudem hohe Anforderungen an die Übersichtlichkeit der Gliederungsstruktur, wird sich der Leser sonst doch kaum die Mühe machen, sich erneut durch den gesamten Text zu suchen. Neben diesem äußerlichen Aspekt birgt der Querverweis dann aber auch die Gefahr der Fehlinterpretation, kann er uneingeschränkt doch nur dort in Frage kommen, wo sich die Information iden206 Vgl. Nink/Schröder, Zu Risiken und Nebenwirkungen, Anhang „Gebrauchsinformation Clarum“. Damit veranschaulichen Nink/Schröder – in im Übrigen überaus plastischer Weise –, wie aus einer intransparenten Packungsbeilage, als Beispiel wählen die Autoren die Gebrauchsinformation zu cotrim forte-ratiopharm auf dem Stand von Oktober 2003, eine bei weitem straffere und übersichtlichere Packungsbeilage werden kann. „Clarum“ ist dabei die fiktive Arzneimittelbezeichnung, um Verwechslungen mit der für das Arzneimittel cotrim forte-ratiopharm im Verkehr befindlichen Gebrauchsinformation zu vermeiden. 207 Oben § 12 II 3 a).

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tisch wiederholt. Gerade dann wird aber schon die Notwendigkeit eines Querverweises fraglich sein.

dd) Inhaltliche Vollständigkeit Eine Selbstverständlichkeit äußerer Transparenz ist dann die Notwendigkeit, dass der Formulartext die Informationen vollständig umfassen muss, kann er sonst doch gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Ist es bei der zivilrechtlichen Risikoerklärung also prinzipiell möglich, auch lediglich in Bezug genommene Erklärungsinhalte wirksam in Kraft zu setzen, weshalb es hier erst rechtlicher Einschränkungen etwa der Art bedarf, dass die in Bezug genommenen Klauseln ihrerseits den Anforderungen des § 305 II BGB genügen müssen, können Aufklärungsinformationen, die im Formular lediglich in Bezug genommen sind, schon mangels Kenntnisnahme weder materielle Geltung noch nur Indizienwert beanspruchen. Problematisch ist dies in der Praxis freilich auch nicht in Bezug auf die Risikoaufklärung und -einwilligung selbst, sondern lediglich für flankierende Informationen. Das wichtigste praktische Beispiel ist hier der Verweis auf die bei einer benannten Kontaktperson einzusehende Versicherungspolice für ein medizinisches Forschungsvorhaben. Da für den Teilnehmer häufig nicht die Frage relevant sein wird, mit welchen Einzelheiten, sondern nur, ob überhaupt Versicherungsschutz besteht, können derartige Verweise dann aber auch unter Transparenzgesichtspunkten nicht missbilligt werden, fehlt es hier doch gerade an der die strengen Transparenzanforderungen auslösenden Betroffenheit des körperlichen Integritätsschutzes. Problematisch ist hier häufig vielmehr ein anderes Phänomen, nämlich das der gleichzeitigen Vorlage mehrerer Formularerklärungen. Nehmen wir etwa den – realen – Fall, dass im Rahmen einer Arzneimittelprüfung zunächst eine zwölfseitige Aufklärung zur klinischen Prüfung vorgelegt wird mit vierseitiger Einwilligungserklärung, sodann eine weitere elfseitige Aufklärungsinformation über die Bestimmung weiterer besonderer Parameter der überlassenen Körpersubstanzen nebst ihrerseits dreiseitiger Einwilligungserklärung und schließlich ein vierseitiges Formular, das über den Aufbau einer Biobank beim pharmazeutischen Unternehmer für zukünftige Forschung informiert und den Teilnehmer zugleich um Einverständnis mit der Aufbewahrung der Körpersubstanzen für zukünftige Forschungsvorhaben nach Abschluss der konkreten Arzneimittelprüfung bittet. Hier besteht das Problem für den Leser nicht in einem Verweis, sondern vielmehr in der Unüberschaubarkeit bestehender oder fehlender wechselseitiger Abhängigkeit der – tatsächlich gar nicht miteinander zusammenhängenden – Erklärungen. Sind die dem Erklärenden überlassenen Informationen und Erklärungsformulierungen also auch vollständig, so resultiert aus ihnen gleichwohl die naheliegende Gefahr, dass der Teilnehmer alle drei Erklärungen in der Fehlvorstellung unterzeichnet, dass dies schon

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zur Teilnahme an der klinischen Arzneimittelprüfung selbst notwendig ist. Dann besteht aber auch in einer solchen Vorlage mehrerer Formualrerklärungen gleichzeitig ein eigenständiges Defizit äußerer Transparenz, das gerade aufgrund des unklaren Zusammenhangs notwendig alle vorgelegten Erklärungen gleichermaßen erfasst. Hier wird es nur durch äußerst markante, auch drucktechnisch hervorgehobene Erläuterungen möglich sein, den entsprechenden Zusammenhang herzustellen. Im Zweifel wird hier hingegen nur die isolierte Vorlage der jeweiligen Erklärung in größeren Zeitabständen eines ohnehin längeren stationären Krankenhausaufenthalts statthaft sein können, um Zweifel an der inhaltlichen Reichweite der einzelnen Erklärungen möglichst vollständig auszuschließen.

b) Inhaltliche Transparenzanforderungen an die Verständlichkeit von Formularinhalten Auch die inhaltlichen Transparenzanforderungen an medizinische Formularerklärungen lassen sich in Fortdenken sowohl der AGB-rechtlichen wie der arzneimittelrechtlichen Transparenzüberlegungen konkretisieren.208 Besondere Aufmerksamkeit ist hier der Satzlänge und dem Satzbau zu widmen (aa), dem Stil (bb), dem Sprachgebrauch (cc) sowie dem Umfang (dd), da Defizite auf jeder dieser Ebenen geeignet sind, die Verständlichkeit des Textes erheblich zu beeinträchtigen.

aa) Überschaubare Satzlänge und einfacher Satzbau Das gilt zunächst für die Länge der im Text verwendeten Sätze. Dass sie einen erheblichen Einfluss auf die Textrezeption hat, ist ein bekanntes Faktum, das es unabhängig von genaueren sprachwissenschaftlichen Festlegungen erforderlich macht, Texte so einfach und schlicht wie möglich zu halten, mag eine Obergrenze sinnvollerweise nun regelmäßig eher bei 10 oder aber bei 20 Wörtern liegen. 209 Die Tatsache, dass dem Patienten in laiengerechter Weise medizinisches Fachwissen vermittelt werden soll, legt es freilich nahe, im Zweifel von unteren Werten auszugehen. Gleiches gilt dann aber auch für den Gebrauch von Nebensätzen, von denen der Leser stets zurück auf die übergeordnete Sinnebene finden muss, was manchen Laien bei der Lektüre medizinischer Informationen überfordern wird. Wo Sätze stark verschachtelt, insbesondere mit mehreren Konditionalebenen verbundenen werden, gilt dies in noch einmal gesteigerter Weise. Insoweit lässt sich also neuerlich auf die oben entwickelten arzneimittelrechtlichen Vorgaben zurückgreifen, Bandwurmsätze zu vermeiden, Sätze so

208 209

Oben § 12 I 4 b), II 3 b). Vgl. oben § 12 II 3 b).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

zu formulieren, dass sie möglichst wenig Zeichensetzung erfordern, und auch die Anzahl der innerhalb einer Zeile abgedruckten Zeichen zu begrenzen. 210

bb) Aktiver und direkter Stil Dem entspricht es, auch für medizinische Formularerklärungen einen möglichst aktiven und direkten Stil zu wählen. 211 Zwar zielen Aufklärungsinformationen insbesondere im Vorfeld ärztlicher Eingriffe anders als ArzneimittelPackungsbeilagen weniger auf konkrete Handlungsanweisungen ab, soll mit ihnen doch nicht die risikoarme Einnahme eines Arzneimittels sichergestellt werden, sondern der Rechtsgutträger noch im Vorfeld seiner Entscheidung über etwaige Vorteile und Risiken informiert werden. Ebenso wie bei Packungsbeilagen wird sich der Leser aber auch hier durch einen Stil, der möglichst auf Substantive verzichtet und in Frage- und Antwortform gehalten ist, angesprochener fühlen als durch eine Aneinanderreihung von Aussagesätzen. Betrachtet man insoweit die heute verbreiteten Aufklärungsbögen hierauf spezialisierter Fachverlage, wird der Patient meist eingangs direkt angesprochen, zur Lektüre der Informationen aufgefordert und sogleich auf ein noch später folgendes Aufklärungsgespräch und damit den Vorbereitungscharakter des Formulars hingewiesen. Der Text selbst wird dann regelmäßig durch Fragen geleitet, also etwa im Fall einer Leisten- und Schenkelbruchoperation durch die Fragen Was ist ein Leistenbruch? Gefahren ohne Behandlung? Wie wird operiert? Erweiterung des Eingriffs? Vor- und Nachteile der Methoden? Wie sind die Erfolgsaussichten? Oder es heißt bei einer Aufklärung über Operationen am Herzen und den herznahen großen Gefäßen im Kindesalter eingangs „Was Sie über Herz und Kreislauf wissen sollten!“, gefolgt wiederum von den vergleichbaren Fragen „Welche Gefahren bestehen ohne Operation?“, „Gibt es andere Behandlungsmöglichkeiten?“, „Wie wird operiert?“. Und entsprechend enthalten z.B. Formulare zur Vorbereitung auf die Operation einer Hodengeschwulst zunächst die Fragen „Was sollten Sie über Hodentumoren wissen?“, „Warum ist die Operation notwendig und wie wird sie durchgeführt?“, „Ist mit einem zusätzlichen Eingriff zu rechnen?“, „Was sind die notwendigen Folgen?“ oder ein Formular zur Übertragung von Fremdblut und Fremdblutbestandteilen „Wann ist eine 210 211

Oben § 12 II 3 b). Oben § 12 II 3 b).

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Blutübertragung notwendig?“, „Wie werden Blut und Blutbestandteile übertragen?“, „Wie groß ist das Infektionsrisiko?“. Der Vorteil dieses Stils ist, dass sich der Patient allein schon durch die Frageform nicht nur angesprochen fühlen wird, sondern dabei inhaltlich zugleich die Fragen aufgegriffen werden, die für den Patienten typischerweise von entscheidendem Interesse sind. Auch für medizinische Forschungsvorhaben gilt daher nichts anderes. So empfiehlt der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland seit 2008 Mustertexte, die dem erhöhten Informationsbedürfnis des Teilnehmers entgegenkommen sollen, indem die jeweiligen Gesichtspunkte unter folgenden typischen Fragen abgehandelt werden sollen: 1. Warum wird diese Prüfung durchgeführt? 2. Erhalte ich das Prüfpräparat auf jeden Fall? 3. Wie ist der Ablauf der Studie und was muss ich bei Teilnahme beachten? 4. Welchen persönlichen Nutzen habe ich von der Teilnahme an der Studie? 5. Welche Risiken sind mit der Teilnahme an der Studie verbunden? 6. Welche anderen Behandlungsmöglichkeiten gibt es außerhalb der Studie? 7. Wer darf an dieser klinischen Prüfung nicht teilnehmen? 8. Entstehen für mich Kosten durch die Teilnahme an der klinischen Prüfung? Erhalte ich eine Aufwandsentschädigung? 9. Bin ich während der klinischen Prüfung versichert? 10. Werden mir neue Erkenntnisse während der klinischen Prüfung mitgeteilt? 11. Wer entscheidet, ob ich aus der klinischen Prüfung ausscheide? 12. Was geschieht mit meinen Daten? 13. Was geschieht mit meinen Blutproben / Gewebeproben / Aufnahmen mit bildgebenden Verfahren? 14. An wen wende ich mich bei weiteren Fragen?212 Gerade in der Forschung gibt es nun allerdings auch eine Reihe von Gegenbeispielen. So ist eine Überschrift „Einleitung“ mehr kontraproduktiv denn überflüssig, wie denn auch etwa die Zeile „Die Teilnehmer“ ein unnötig distanziertes Verhältnis zum Leser aufbaut, der sich doch persönlich angesprochen füh212 Vgl. die Mustertexte für die Patienten- bzw. Probanden-Information und -Einwilligung zur Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten, empfohlen vom Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen gemäß 9. Sommertagung vom 14.6.2008, http://www.ak-med-ethik-komm.de/.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

len soll. Auch die Überschrift „Studienbehandlungen“ wird dem Laien kaum hinreichend vor Augen führen, dass hier nun die spezifischen prüfungsbedingten Interventionen gemeint sind, vor allem dann, wenn anschließend durch die Überschrift „Verfahren“ einzelne nach Studienprotokoll geplante Visiten detailliert über mehrere Seiten hinweg beschrieben werden.

cc) Laiengerechter Sprachgebrauch Von zentraler Bedeutung für die Verständlichkeit muss dann freilich auch bei medizinischen Formularerklärungen die gewählte Sprache sein. Auch hier ist das Formular also in einer Sprache abzufassen, die der Rechtsgutträger sicher beherrscht, da ein Verständnis des Inhalts sonst von vornherein ausgeschlossen ist und vielmehr die Gefahr von Missverständnissen besteht. Als neuralgischer Punkt des Sprachverständnisses erweist sich dabei häufig der Gebrauch von Fachausdrücken lateinischen oder anglo-amerikanischen Ursprungs, und als Problem der Sprachbeherrschung kann hier grundsätzlich nichts anderes gelten als in den Fällen gänzlich fehlender Beherrschung der Aufklärungssprache. Denn sobald der Leser auch nur einzelne Begriffe nicht versteht, steht die gesamte Aufklärungsinformation in Frage. Auf Fremdwörter muss in medizinischen Formularerklärungen daher durchweg verzichtet werden, soweit nicht ausnahmsweise und mit überwältigender Sicherheit angenommen werden kann, dass sie bereits Eingang in die Alltagssprache gefunden haben, was schon bei Begriffen wie Injektion oder Infektion zweifelhaft erscheint, die sich in einem einzigen Konsonanten unterscheiden. Die heute im Umlauf befindlichen Aufklärungsbögen spezialisierter Fachverlage tragen diesem Umstand in weiten Teilen Rechnung. Gravierende Mängel sprachlicher Intransparenz finden sich hingegen seit langem in Aufklärungsbögen für medizinische Forschungsvorhaben. Praktischen Erfahrungen folgend wird man hier mindestens in jedem zweiten Formularentwurf Fremdwörter entdecken, die für die Autoren des Aufklärungsbogens so selbstverständlich sind, dass sie gleichsam von sich aus Eingang in den Aufklärungstext finden. Die fehlende Erfahrung in der Erstellung von Aufklärungsinformationen ist hier also eine ganz beträchtliche Fehlerquelle, die die zuständigen Ethik-Kommissionen stets zu besonderer Sorgsamkeit in der Überprüfung der Antragsunterlagen veranlassen wird. So werden in den ensprechenden Entwürfen nicht selten neben Fremdwörtern auch anatomische und physiologische Zusammenhänge in äußerst geraffter Weise geschildert, die schon für die Aufnahmekapazität manches Medizinstudenten eine echte Herausforderung darstellen, handelt es sich doch zudem meist um hochspezifische Funktionszusammnhänge im Rahmen einer minutiösen wissenschaftlichen Hypothese. Hier erscheint insbesondere auch ein erläuternder Klammerzusatz unzureichend, da er dem Leser eine hohe Konzentration abverlangt. Problematisch ist dies angesichts

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des häufig geschwächten Zustands des Adressatent erst recht dann, wenn dies gleich häufiger innerhalb eines Formulars geschieht oder mit dem Klammerzusatz gar ein Lerneffekt verfolgt wird im Sinne einer Definition, in deren Folge anschließend dann nur noch der für den Arzt vertraute terminus technicus verwendet wird. Das durchschnittliche Aufnahme- und Verständnisvermögen des betroffenen Personenkreises wird hier also häufig in geradezu drastischer Weise überschätzt, womit das Formular unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Transparenz nicht mehr bestehen kann.

dd) Überschaubarer Umfang Mit dem sprachlichen Verständnisvermögen eng verwandt ist dann ein weiterer und praktisch ganz erheblicher Aspekt der Aufnahmekapazität des Lesers, nämlich der Umfang der Aufklärung. Insoweit können freilich auch und erst recht hier keine konkreten Vorgaben gemacht werden, berührt der Umfang doch unmittelbar die Komplexität der medizinischen Zusammenhänge, die es das eine Mal erlauben können, das Formular auf wenige Zeilen zu reduzieren, ein anderes Mal hingegen mehrseitige Ausführungen notwendig machen. Hier sind es wiederum vor allem die Haftungssorgen der Formular-Autoren, die im Zweifel zu einem extensiven Stil verleiten. Das gilt schon für ärztliche Heilbehandlungsformulare, erst recht jedoch auch hier für die Formularerklärungen zur medizinischen Forschung. Wenn dort in den Aufklärungsinformationen sämtliche Randbedingungen der klinischen Prüfung detailliert beschrieben werden, kann man darin zwar positiv gewendet das Anliegen einer vollständigen Patienteninformation sehen. Für die ärztliche Heilbehandlung besteht insoweit freilich längst Konsens darüber, dass der Patient nicht über sämtliche auch noch so fernliegenden und dem Eingriff nicht spezifisch anhaftenden Risiken aufzuklären ist, sondern lediglich ‚im Großen und Ganzen‘, so dass er sich ein zutreffendes Bild von den Zusammenhängen machen kann.213 Sind die Aufklärungsanforderungen in der medizinischen Forschung also auch generell aufgrund des Forschungscharakters erhöht, 214 kann dies umgekehrt nun aber nicht bedeuten, dass damit für den Bereich der Forschung das Gebot der Totalaufklärung bestünde. Vielmehr besteht hier nicht minder die Gefahr, dass der potenzielle Teilnehmer angesichts der Überlänge eigene Schwerpunkte bei der Lektüre setzt, möglicherweise die falschen, weil entscheidende Gesichtspunkte der Nutzen-Risiko-Struktur neben vielen anderen Informationen aufgeführt werden, oder dass er vor allem aufgrund des Umfangs des Formulars gänzlich von der Lektüre absieht. Damit wird, speziell auf klinische Arzneimittelprüfungen bezogen, aber auch verkannt, dass der Teilnehmer einer klinischen Arzneimittelprüfung zwar nach § 40 II 1 „über We213 214

Eingehender bereits oben § 3 II 2 a) aa) (3) (b) und ausführlicher § 5 II. Oben § 6 I und II 2.

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sen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung“ aufzuklären ist, ihm nach S. 2 dieser Bestimmung aber „ferner Gelegenheit zu einem Beratungsgespräch mit einem Prüfer über die sonstigen Bedingungen der Durchführung der klinischen Prüfung zu geben“ ist. Muss sich danach aber schon die mündliche Aufklärung nicht auf die Inhalte des bloßen Beratungsgesprächs erstrecken, so muss eine Unterscheidung essentieller und lediglich flankierend interessierender Gesichtspunkte auch für die schriftliche Aufklärung nicht nur zulässig sein, sondern im Gegenteil als geboten verstanden werden. 215 So ist es bis heute durchaus keine Seltenheit, dass Aufklärungsbögen in der medizinischen Forschung acht bis zehn Seiten umfassen, vor allem bei klinischen Arzneimittelprüfungen dann aber auch bis zu fünfzehn oder zwanzig Seiten. Man kommt hier nicht um die Feststellung umhin, dass die Beteiligten angesichts einer dichten und kaum noch zu übersehenden haftungsrechtlichen Judikatur, wie auch mit Rücksicht auf zahlreiche Leitlinien der auf europäischer und nationaler Ebene mit der Klinischen Prüfung befassten Gremien so übervorsichtig sind, dass sie lieber sämtliche vorliegenden Informationen vermitteln, denn sich in den typischen Abwägungsprozess des betroffenen Durchschnittsteilnehmers hineinzuversetzen, um relevante von irrelevanten Informationen zu filtern. Schwellen Aufklärungsinformationen damit aber schon bald zu broschürenähnlichen Konvoluten an, wird man häufig nicht mehr davon ausgehen können, dass sie für Laien auch nur der Lektüre nach noch zu bewältigen sind. Muss man dann aber annehmen, dass die Möglichkeit individuellen Verstehens solcher Formulare gänzlich verloren geht, verfehlen die Aufklärungsbögen entscheidend ihren Zweck und können richtigerweise nicht einmal nur als Indiz für eine hinlängliche mündliche Aufklärung herangezogen werden, womit dem Arzt der uneingeschränkte Vollbeweis obliegt.216 Ausnahmsweise ist freilich aber auch das Gegenteil denkbar, wenn die Formularaufklärung umgekehrt einmal so knapp gehalten ist, dass der Teilnehmer schon deshalb nichts damit anfangen kann. Auch hier kann ein Indiz für eine hinlängliche Aufklärung nicht ernsthaft in Betracht kommen. Das Problem hinlänglicher Information wird bei Formularaufklärungen in der Forschung mithin meist zu einem Problem der Überinformation, die für den Laien nicht mehr bewältigt werden kann. Je detaillierter und spezialisierter die Formulare gehalten sind, umso schwerer wird es dem Teilnehmer fallen, sie aufgrund seiner Vorkenntnisse, seiner Aufnahmefähigkeit und seiner eingeschränkten körperlichen Konstitution zu verstehen. Überinformationen drohen den Teilnehmer dann also so zu verunsichern und zu verängstigen, dass er zumindest vor der Lektüre, womöglich auch vor dem dringend indizierten 215 Zu einer solchermaßen differenzierenden Auslegung von § 40 II 1 und 2 AMG bereits oben am Ende der Einführung zu § 5 II. 216 Hierzu näher sogleich § 13 II 3 a).

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Eingriff zurückschreckt. 217 Um den Vorwurf inhaltlicher Intransparenz zu verhindern, wird hier umso größeres Gewicht darauf liegen müssen, dem Leser durch übersichtliche Gestaltung und aktive Fragen das Lesen zu erleichtern, wie dies die oben genannten Musterfragen für klinische Arzneimitelprüfnungen bezwecken. 218 Wenn die Verwendung von Formularen verbreitet in ihre Schranken gewiesen wird, geschieht auch dies aus der berechtigten Sorge einer Informationsüberforderung des Rechtsgutträgers, freilich mit der halbherzigen Konsequenz, jenen Formularen gleichwohl noch Indizienkraft für die mündliche Aufklärung zuzubilligen. Will man den körperlichen Integritätsschutz aber auch nicht nur auf prozessualer Ebene entscheidend relativieren, muss die Außerachtlassung des Transparenzgebots – wie nun abschließend noch zu zeigen ist – auch auf Rechtsfolgenseite zu der Konsequenz führen, intransparenten Formularerklärungen je nach Stellenwert im Aufklärungsprozess mindestens ihren Beweiswert, ausnahmsweise sogar ihre materielle Wirksamkeit abzusprechen.

217

So Laufs, Gynäkologe 1989, 364 (366 f.). Vgl. den „Mustertext für die Patienten-Information und -Einwilligung zur Durchführung einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels mit volljährigen einwilligungsfähigen Patienten“, empfohlen vom Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen gemäß 25. Jahrestagung vom 10.11.2007, http://www.ak-med-ethik-komm.de/, und hierzu oben § 12 III 2 b) bb). 218

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§ 13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen Die bisherigen Ausführungen des Dritten Teils haben sich darauf beschränkt, die sachliche Reichweite der drei großen Kontrollmaßstäbe des AGB-Rechts für die rechtliche Beurteilung medizinischer Formularerklärungen auszuleuchten. Welche Rechtsfolgen sich im Einzelnen ergeben, wenn Formularerklärungen den in den oben §§ 10 bis 12 dargestellten Vorgaben nicht genügen, blieb damit bewusst ausgespart, um die Frage abgeschichtet einer abschließenden Würdigung unterziehen zu können, die sämtliche Kontrollmaßstäbe gemeinsam betrachtet. Die abschließenden Überlegungen orientieren sich dabei ihrerseits an der Systematik der §§ 305 ff. BGB, die zwischen den einzelnen in den §§ 305 ff. BGB niedergelegten Rechtsfolgen und den Auswirkungen dieser einzelnen Rechtsfolgen auf den Gesamtbestand des Vertrags gemäß § 306 BGB unterscheidet. Im Vordergrund soll dabei zunächst die Frage stehen, ob sich die für das AGB-Recht so typische Regelung partieller Unwirksamkeit nach § 306 BGB auf Formularerklärungen in der Medizin übertragen lässt, ob sich einzelne Defizite also auch hier lediglich punktuell auswirken, ohne die Erklärung insgesamt in Frage zu stellen. Es liegt auf der Hand, dass insoweit neuerlich zwischen Formularinhalten zu unterscheiden ist, die dem informed consent dienen – hier wären punktuelle Folgen mit dem Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers ersichtlich unvereinbar – und Formularinhalten, die lediglich sonstige rechtliche Interessen des Erklärenden berühren (I.). Zeigt sich somit, dass sich die Rechtsfolgen von Formulardefiziten nur in beschränktem Maße aus den §§ 305 ff. BGB ergeben können, soll hinsichtlich der stattdessen in Betracht zu ziehenden Rechtsfolgen noch einmal zwischen Defiziten auf Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzebene unterschieden werden (II.). Vorausgeschickt sei dabei noch, dass sich die für das Zivilrecht darzustellenden Konsequenzen nach der hier vertretenen Auffassung auch im Strafrecht auswirken müssen, muss der Grundsatz einer Einheit der Rechtsordnung1 Gel1 Zu diesem die Anwendung zivilrechtlicher Rechtfertigungsgründe im Strafrecht ebenso wie die Anwendung strafrechtlicher Rechtfertigungsgründe im Zivilrecht rechtfertigenden

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tung doch nicht nur für die Anwendung, sondern auch für die Bestimmung der Grenzen einschlägiger Rechtfertigungsgründe beanspruchen. Ob das Strafrecht dabei die hier entwickelten Kontrollmaßstäbe nun als Analogie zu den §§ 305 ff. BGB aufbaut oder zwecks Vermeidung auch nur von Irritationen im Verhältnis zu Art. 103 II GG die Anforderungen vor allem an die Transparenz formulargetragener Einwilligungserklärungen als eigenen Bestandteil der strafrechtlichen Einwilligungsdogmatik weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Nicht mehr nachvollziehbar wäre es hingegen, nur aufgrund eines Verdikts zivilrechtlicher Maßstäbe für den Strafprozess dem praktischen Ergebnis nach eine Aufklärungspraxis zu billigen, die den Rechtsgutträger mit unverständlichen Formularblättern konfrontiert. Aber auch umgekehrt für das Strafrecht die gängige Formularpraxis insgesamt zu verwerfen, käme ebenso wie im Zivilrecht statt einer angemessenen Lösung lediglich einer Kaschierung des Problems gleich. 2

I. Zur Anwendbarkeit des Grundsatzes partieller Unwirksamkeit (§ 306 BGB) lediglich auf Formularinhalte jenseits des informed consent Nach § 306 I BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind. Soweit dies der Fall ist, richtet sich der Inhalt des Vertrags vielmehr gemäß § 306 II BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Lediglich dann, wenn das Festhalten am Vertrag selbst unter Ersatz der missbilligten Klauseln durch dispositives Gesetzesrecht eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde, ist der Vertrag nach § 306 III BGB im Ganzen unwirksam. § 306 BGB kehrt damit für Allgemeine Geschäftsbedingungen die Rechtsfolge des § 139 BGB um, wonach im Fall der Nichtigkeit eines Teils eines Grundsatz vgl. nur etwa Kühl, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 9 Rz. 1; Braun, NJW 1998, 941 (941 f.); dagegen jedoch die Überlagungstheorie, die die zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe zumindest teilweise von den strafrechtlichen überlagert sieht, so Hellmann, Die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe im Strafrecht. 2 Wenig überzeugend daher Jacob, Jura 1982, S. 529 (536); Fischer/Uthoff, MedR 1996, 115 (119), wenn sie meinen, dass das Zivilrecht nicht über die Grenzen strafrechtlich relevanter Einwilligungstatbestände entscheiden könne. Denn damit wird das Problem einer den Rechtsschutz des Patienten gefährdenden Formularpraxis für das Strafrecht mehr insgesamt beiseite geschoben, als die formal begründete Stärkung der Rechtfertigungsgründe zugunsten des Arztes auch nur kritisch hinterfragt. Sämtliche Vorschriften des BGB allein schon deshalb nicht anzuwenden, weil es sich bei der Einwilligung um eine strafrechtliche Rechtsfigur handele, so Zilkens, Zur Rechtfertigung lebensnotwendiger Operationen, S. 67, trägt diesem Einwand ebenfalls nicht hinlänglich Rechnung, wie sich dies für die Heranziehung zivilrechtlicher Rechtfertigungsgründe schon gar nicht aufrechterhalten lässt.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. § 306 I BGB soll damit dem Umstand Rechnung tragen, dass die Nichtigkeit des gesamten Vertrags den typischen Interessen der Vertragspartner entgegenläuft, wenn diese den Kern des Vertragsgeschehens – also die essentialia negotii – wirksam vereinbart haben. Den Vertrag entfallen zu lassen, obwohl er regelmäßig ungeachtet der Wirksamkeit des Klauselwerks erfüllt wird, hätte zudem zur Folge, dass beide Seiten auf bereicherungsrechtliche Ansprüche verwiesen würden. Dass selbst der Verwender denn auch meist gar kein Interesse an einer solchen Gesamtnichtigkeit hat, zeigt dann schon die Vielzahl salvatorischer Klauseln, nach denen die Rechtsfolge des § 306 I BGB zum Abschluss des Klauselwerks häufig sogar deklaratorisch als eigenständige Geschäftsbedingung formuliert wird.3 Dieser Gedanke passt für das Vertragsrecht nun freilich nur deshalb, weil die Kenntnisnahme und erst recht der nähere Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Motivation des Kunden, den Vertrag überhaupt und mit diesem spezifischen Inhalt einzugehen, regelmäßig irrelevant ist. Bei der Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers in medizinische Eingriffe ist dies hingegen gerade nicht der Fall, vielmehr setzt ihre Wirksamkeit voraus, dass die gebotene Aufklärung zuvor erteilt, zur Kenntnis genommen und sogar verstanden wurde. Damit kann eine Anwendung des § 306 BGB auf Formularerklärungen in der Medizin von vornherein nur in begrenztem Maße in Frage kommen, nämlich nur dort, wo nicht der – dem informed consent unterliegende – körperliche Integritätsschutz betroffen ist. Unproblematisch ist die Anwendung dieser Bestimmung also nur dort, wo es sich trotz des Formularcharakters inhaltlich um vertragliche Regelungen handelt, für die die §§ 305 ff. BGB direkt gelten.4 Auf einseitige Erklärungen des Rechtsgutträgers kommt eine analoge Anwendung des § 306 BGB hingegen nur dann in Betracht, wenn die jeweilige Erklärung nicht den Anforderungen des informed consent unterliegt, so etwa rein vermögensrechtlich ausgerichtete Formularverzichtserklärungen eines Teilnehmers auf Gewinnbeteiligung aus einem medizinischen Forschungsvorhaben.5 Auf die informierte Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers in körperliche Eingriffe – insbesondere also auf die Risikoeinwilligung nach vorheriger ärztlicher Aufklärung – scheidet die auch nur analoge Anwendung von § 306 BGB hingegen aus. Und dies gilt gilt unabhängig davon, ob der Formularerklärung (wie im Regelfall) lediglich Beweisbedeutung für eine maßgebliche mündliche Aufklärung zukommt oder ob sie (ausnahmsweise) die materielle Einwil3 4 5

Vgl. nur etwa MüKo-Basedow, § 306 Rz. 2. Vgl. insbesondere oben §§ 10 IV, 11 II 2. Hierzu oben § 11 II 2 d).

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ligungserklärung selbst verkörpert.6 Denn ungeachtet des (beweis- oder materiell-) rechtlichen Stellenwerts eines verwendeten Formulars ist im Rahmen der Aufklärung potenziell jede Einzelinformation geeignet, den Abwägungsprozesses des Rechtsguträgers bei seiner Entscheidung und damit die Abgabe seiner Einwilligungserklärung zu beeinflussen.7 Dem stehen auch nicht die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum hypothetischen Entscheidungskonflikt entgegen. Denn mit dem hypothetischen Entscheidungskonflikt wird lediglich – innerhalb des vom Arzt zu erhebenden Einwands rechtmäßigen Alternativverhaltens – danach gefragt, ob ein Aufklärungsfehler für die Einwilligungserklärung jedenfalls nicht ursächlich wurde, weil der Betroffene auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte. Dass einzelne Aufklärungsdefizite für die Einwilligung nicht ursächlich wurden, bedeutet also schon nicht, dass die Einwilligung deshalb nun doch fehlerfrei wäre. Vor allem bestätigen die Grundsätze zum hypothetischen Entscheidungskonflikt aber auch vielmehr umgekehrt, dass potenziell jeder einzelne Aufklärungsfehler geeignet ist, die Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers insgesamt in Frage zu stellen. Soweit die Erklärung des Rechtsgutträgers daher eine Bilanzentscheidung darstellt, bei der jeder einzelne Aufklärungsumstand die Entscheidung beeinflussen kann, lässt sich § 306 BGB insgesamt nicht (auch nur analog) anwenden. Vielmehr wirken sich einzelne Erklärungsdefizite hier stets auf den gesamten Bestand der informierten Einwilligungserklärung aus.8 Ein naheliegendes Missverständnis sei allerdings vermieden. Soweit von einer Auswirkung einzelner Erklärungsdefizite auf den Gesamtbestand der infomierten Einwilligungserklärung gesprochen wird, wird damit ausschließlich nur diese Art von Einwilligungserklärung gemeint. Soweit Formulare also auch andere Regelungen zum Gegenstand haben – insbesondere Vertragsklauseln oder einseitige Erklärungen, die nicht den körperlichen Integritätsschutz des Erklärenden betreffen – kommt für solche weiteren Regelungen eine Anwendung von § 306 BGB sehr wohl in Betracht. Nur bleibt die potenzielle Gesamterheblichkeit einzelner Defizite bei der informierten Einwilligungserklärung von einer solchen Anwendung ebenso unberührt, wie die Möglichkeit einer Differenzierung einzelnen Erklärungsarten innerhalb eines Formulars nicht erst ihrerseits eine Folge von § 306 BGB wäre. Dass Formulardefizite also unterschiedliche Folgen haben – je nachdem, ob es sich um die informierte Einwililgungserklärung handelt, um sonstige einseitige Erklärungen oder um Vertragsbestimmungen – folgt also nicht seinerseits aus § 306 BGB, sondern allein 6

Hierzu sogleich § 13 II 3. Zum Entscheidungsprozess des Rechtsgutträgers als doppelter Nutzen-Risiko-Bewertung oben § 5 III, sowie, mit Blick auf die Besonderheiten des Entscheidungsprozesses bei Vorhaben der medizinischen Forschung und bei fehlender Einwilligungsfähigkeit, oben § 6. 8 Je nach Aufklärungsmodus beweis- oder schon materiellrechtlich, vgl. unten § 13 II 3. 7

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schon aus der Einschlägigkeit unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe, die durch die bloße äußere Zusammenfassung in einem einzigen Formular nicht präjudiziert werden können.

II. Die einzelnen Folgen unzulänglicher Formularerklärungen je nach einschlägigem Kontrollmaßstab Stellt man nach dem Vorstehenden in Rechnung, dass sich die Rechtsfolgen von Erklärungsdefiziten entscheidend danach unterscheiden, ob unzulängliche Formularerklärungen den körperlichen Integritätsschutz des Rechtsgutträgers berühren oder seine sonstigen rechtlichen Interessen, soll im Übrigen noch einmal zwischen Defiziten auf Einbeziehungs- (1.), Inhalts- (2.) und TransparenzEbene (3.) differenziert werden.

1. Die Nichtabgabe überraschender Formularerklärungen analog §§ 305 II, 305c I BGB Was zunächst Fehler auf Einbeziehungsebene betrifft, so ist bereits oben deutlich geworden,9 dass medizinische Formularerklärungen nicht den Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 II BGB unterliegen, soweit sie den Anforderungen des informed consent genügen müssen. Hier kommt also insbesondere keine Ingeltungsetzung medizinischer Formularinhalte durch ausdrücklichen Hinweis und Einverständnis des Patienten mit der Geltung in Betracht. Die entscheidende Frage lautet für das Medizinrecht vielmehr allein, ob die Verwendung von Formularen überhaupt neben oder gar statt eines mündlichen Aufklärungsgesprächs statthaft ist.10 Nicht anwendbar ist damit vor allem auch § 305c I BGB, da sich angesichts der fehlenden Vertrautheit des Laien mit den Zusammenhängen der medizinischen Wissenschaft ein überraschender Inhalt der ärztlichen Aufklärung gar nicht von einem nicht überraschenden Inhalt unterscheiden lässt. Auf medizinische Formularerklärungen anwendbar ist § 305c I BGB damit nur dort, wo die jeweilige Erklärung nicht den besonderen Anforderungen des informed consent genügen muss. Wo solche Erklärungen also tatsächlich überraschenden Effekt haben – wie insbesondere Sektionsklauseln zur inneren Leichenschau –,11 ist § 305c I BGB dann allerdings auch mit der entsprechenden Rechtsfolge anwendbar. Nur passt der dort ausgesprochene Gedanke einer 9 10 11

Näher oben § 10 I. Oben § 10 II. Oben § 10 III 1.

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‚Nichteinbeziehung in den Vertrag‘ natürlich nicht für einseitige Erklärungen. Hier ist stattdessen also die jeweilige Erklärung als im Rechtssinne ‚nicht abgegeben‘ zu begreifen.

2. Die Unwirksamkeit unangemessen benachteiligender Formularerklärungen analog §§ 307 ff. BGB Auch die Vorschriften über die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB erwiesen sich als nicht anwendbar auf den Inhalt und Umfang der ärztlichen Risikoaufklärung, haben hier doch die speziellen Anforderungen der medizinrechtlichen Aufklärungsdogmatik Vorrang.12 Auch hier können sich an die §§ 307 ff. BGB angelehnte Rechtsfolgen also nur dort ergeben, wo medizinische Formularerklärungen andere Inhalte als auf den körperlichen Integritätsschutz des Rechtsgutträgers bezogene Einwilligungen betreffen oder aber solche, die durch die medizinrechtliche Dogmatik nicht spezifisch vorgegeben werden.13 So sind etwa Formerschwernisse für Anzeigen und Erklärungen insgesamt analog § 309 Nr. 13 BGB materiell unwirksam, ohne dass dies nun – da für den der Risikoeinwilligung vorausgehenden Entscheidungsprozess regelmäßig irrelevant – den Bestand der Formularerklärungen im Übrigen tangieren würde, insoweit verbleibt es also an der Rechtsfolge partieller Unwirksamkeit.14 In der Bestimmung ihrer Rechtsfolgen erst recht unproblematisch ist dann auch der Verstoß sonstiger vermögensrechtlicher Formularinhalte gegen die §§ 307 ff. BGB. Sie unterliegen dann, wenn sie Vertragscharakter annehmen, ohnehin dem unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 307 ff. BGB, so insbesondere Haftungsausschlüsse.15 Anwendbar bleibt die Rechtsfolge der Unwirksamkeit dann aber auch dort, wo Erklärungen nicht den körperlichen Integritätsschutz, sondern sonstige rechtliche Interessen des Erklärenden berühren. Für den seltenen Fall also etwa, dass eine Gewinnverzichtserklärung inhaltlich überhaupt zu missbilligen sein sollte,16 würde dem konsequenterweise auch ihre Unwirk12 Oben § 11 I. Entsprechendes gilt aber auch für die – obschon vertragliche – vorformulierte Vereinbarung von Aufwandsentschädigungen mit dem Teilnehmer an einem medizinischen Forschungsvorhaben, da sie die Einwilligungsentscheidung des Teilnehmers insgesamt und damit seinen körperlichen Integritätsschutz berühren kann, näher oben § 11 II 2 b). 13 So insbesondere bei der Einwilligung in die Durchführung genetischer Analysen an Körpersubstanzen. Hier müssen sowohl die sachlichen Anforderungen wie auch die entsprechenden Rechtsfolgen in Orientierung an das Datenschutzrecht weiter entwickelt werden, ohne dass die hier eingenommene formularrechtliche Perspektive auf Rechtsfolgenseite geeignetere Maßstäbe vorgeben könnte. Vgl. hierzu bereits oben § 11 II 3 b) cc). 14 Zur Unterscheidung intergritätsschutzbezogener und sonstiger Erklärungen vorstehend § 13 I. 15 Oben § 11 II 2 c). 16 Oben § 11 II 2 d).

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samkeit analog § 306 I BGB folgen, und Gleiches würde auch für vorformulierte Sektionsklauseln gelten, sollten sie ausnahmsweise denn einmal nicht bereits analog § 305c I BGB als überraschend einzustufen sein.17 Nicht anders zu behandeln ist dann aber auch die vorformulierte Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen – soweit sie sich denn tatsächlich allein auf die Substanzüberlassung selbst beschränkt. Sofern es sich also nicht zugleich um eine Einwilligung in die Isolierung der Substanz selbst handelt – was nach der hier zugrunde gelegten Auffassung stets scharf zu unterscheiden ist18 –, wird die vorformulierte Einwilligung in eine solche Überlassung nun allerdings regelmäßig angesichts des typischerweise anzunehmenden Entsorgungsinteresses des Rechtsgutträgers inhaltlich schon gar nicht zu beanstanden sein.19 Wenn dies hingegen ausnahmsweise in Betracht kommt, weil der Rechtsgutträger ein besonderes Interesse an der Erhaltung seiner Körpersubstanzen hat – wie etwa im Fall von Spermien, Eizellen oder Knochenmark –, muss eine etwaige unangemessene Benachteiligung analog § 307 I BGB konsequenterweise dann aber auch die Unwirksamkeit der gesamten Freigabeklausel analog § 306 I BGB zur Folge haben. Für die Praxis lässt sich damit die Frage, ob sich Einwilligungserklärungen in die Überlassung von Körpersubstanzen allgemein vorformulieren lassen, grundsätzlich bejahen. Solange also nicht zugleich in die Entnahme der Körpersubstanz selbst eingewilligt wird, erscheint hier insbesondere auch die Aufnahme entsprechender Freigabeerklärungen in die Vertragsbestimmmungen des jeweiligen Klinikträgers zulässig. Analog § 307 I BGB unwirksam sind entsprechende Klauseln aber dann, wenn sie einschränkungslos sämtliche anfallenden Befundproben erfassen. Um sich nicht dem Risiko der Unwirksamkeit auszusetzen, müssen also solche Körpersubstanzen ausgenommen werden, an deren längerfristigen Erhaltung der Rechtsgutträger – wie im Fall der oben genannten sensiblen Substanzen – typischerweise ein Interesse haben kann. Für Blut wird dies hingegen regelmäßig nicht gelten. Denn ein Aufbewahrungsinteresse wird hier nur dann in Betracht kommen, wenn das Blut entweder zu therapeutischen Zwecken gewonnen und konserviert werden soll – wie etwa bei präoperativen Eigenblutspenden – oder es nur einmalig eine spezifische Diagnostik ermöglicht – wie etwa bei der Konservierung von Nabelschnur- oder Kapillar-Blut Neugeborener auf Trockenblutkarten. Welche Klauselbeschränkungen im Einzelnen geboten sind, hängt damit entscheidend davon ab, welches Spektrum an ärztlichen Leistungen und Forschungsvorhaben im Haus des jeweiligen Klinikträgers denkbar ist. Werden entsprechende Freigabeklauseln dann allerdings, obwohl – wie vor allem in universitären Einrichtungen 17 18 19

Oben § 11 II 3 a) und zum Überraschungseffekt zuvor § 10 III 1. Oben § 11 II 3 b). Näher oben § 11 II 3 b) bb).

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der Maximalversorgung – geboten, nicht entsprechend beschränkt, wird sich der Klinikträger nicht mehr mit dem Argument verteidigen können, sensible Körpersubstanzen seien nach Sinn und Zweck der Freigabeklausel nicht erfasst. Denn nach § 305c II BGB, der insoweit ebenfalls (mangels Betroffenheit des körperlichen Integritätsschutzes) analog heranzuziehen wäre, gingen Zweifel bei der Auslegung der Freigabeklausel zu Lasten der Klinik als Verwender. Bei der Durchführung genetischer Analysen sind darüber hinaus die spezifischen Vorgaben aus dem insoweit fortzuentwickelnden Datenschutzrecht zu beachten.20

3. Die je nach Aufklärungsmodus beweisrechtliche oder materiellrechtliche Auswirkung von Transparenzdefiziten Was schließlich die Rechtsfolgen bei Verstößen auf Transparenzebene betrifft, so bestehen auch hier grundsätzlich keine Besonderheiten, soweit Formularbestandteile betroffen sind, die als vertragliche Regelungen dem unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB unterworfen sind bzw. – soweit sie nicht den besonderen Wirksamkeitsvorgaben des informed consent genügen müssen – analog diesen Vorschriften beurteilt werden können. Für die Transparenzkontrolle der übrigen Formularerklärungen, die dem informed consent unterliegen, hat sich die analoge Heranziehung bestehender Transparenzmaßstäbe hingegen als neuralgischer Punkt erwiesen, macht das Medizinrecht doch unter Transparenzgesichtspunkten nur unzureichende Vorgaben, wenn es nur mehr allgemein die vor allem sprachliche Verständlichkeit schon der mündlichen Aufklärung betont und Formularerklärungen mehr insgesamt ihre Zulässigkeit abspricht, statt nähere Anforderungen an ihre Transparenz aufzustellen. 21 Als zentrales Problem und spezifisches Gefährdungspotential medizinischer Formularerklärungen hat die Untersuchung dabei ihren undifferenzierten Beweiswert begriffen, also, weitgehend ungeachtet ihrer Transparenz ein Indiz für eine ordnungsgemäße Aufklärung darzustellen. 22 Die abschließenden Überlegungen der Untersuchung gehen nun dahin, den zweifellos anzuerkennenden Beweiswert medizinischer Formularerklärungen entsprechend den entwickelten Transparenzanforderungen differenzierter davon abhängig zu machen, inwieweit das Formular für den Erklärenden überhaupt lesbar und verständlich ist. Soll das Erfordernis einer nur nach hinlänglicher Aufklärung wirksamen 20 Vgl. bereits den eingangs zu diesem Unterabschnitt genannten Vorbehalt sowie oben § 11 II 3 b) cc). 21 Zur analogen Heranziehung transparenzrechtlicher Maßstäbe im Medizinrecht oben § 12 III 1. 22 Oben § 7 II.

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Einwilligungserklärung also mit Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsgutträgers auch noch im Prozess konsequent gewahrt werden, macht dies unter Transparenzgesichtspunkten tiefere Einschnitte in den Beweiswert erforderlich, als sie bislang praktiziert werden. Wo dem Schwerpunkt nach erhebliche Transparenzmängel bestehen – was praktisch gesehen vor allem im Bereich der klinischen Forschung in Betracht kommt 23 –, darf entsprechenden Formularerklärungen ein Beweiswert nicht einfach abgesprochen werden, sondern ist ihnen stattdessen ein negativ-ergiebiger Beweiswert zuzumessen (a). Erachtet man darüber hinaus allerdings mit der hier vorgelegten Untersuchung und in Fortentwicklung der bisherigen BGH-Rechtsprechung in Ausnahmefällen von Routineeingriffen mit einfachster Risikostruktur auch einen Aufklärungsmodus für legitim, bei dem das mündliche Gespräch zwar stets vorbehalten bleiben muss, ausnahmsweise aber auf eine bloße Gesprächsgelegenheit reduziert werden darf, 24 können sich Transparenzmängel in dieser Fallgruppe nicht mehr nur beweisrechtlich niederschlagen. Denn wird eine Gesprächsgelegenheit gar nicht wahrgenommen, verkörpert das unterzeichnete Formular zugleich die materielle Einwilligungserklärung des Patienten, so dass Defizite bei Lesbarkeit und Verständlichkeit dann auch nicht anders bewertet werden können, als wenn sie sich im Rahmen der mündlichen Aufklärung selbst ereignen würden. In derartigen Konstellationen führen Transparenzmängel also ausnahmsweise schon zur materiellen Unwirksamkeit der abgegebenen Erklärung (b). 25

a) Zur negativen Beweisergiebigkeit intransparenter Formularerklärungen Wie oben gesehen, misst die Rechtsprechung medizinischen Formularerklärungen, insbesondere also der Formulareinwilligung unter dokumentierter Aufklärung, einen vergleichsweise großen Indizienwert bei. So geht von dem Formular nicht nur ein Indiz dafür aus, dass ein Aufklärungsgespräch überhaupt geführt wurde, 26 sondern auch, dass über die darin aufgeführten inhaltlichen Gesichtspunkte – insbesondere also dort genannte Risiken – mündlich gesprochen wurde. Zugleich wendet die Rechtsprechung diese Indizienkraft dann auch negativ dahin, dass von der fehlenden Erwähnung eines Risikos kein Indiz dafür ausgeht, dass hierüber mündlich gesprochen wurde. Und noch schärfer folgert die Rechtsprechung aus der gänzlich fehlenden Eintragung des 23

Ausführlicher oben § 12 III 2. Oben § 10 II 3 und zur Entwicklung der BGH-Rechtsprechung bereits zuvor § 7 III. 25 Auf die Rechtsfolgen von Transparenzmängeln bei rein mündlich zulässiger Aufklärung soll im Folgenden hingegen nicht weiter eingegangen werden, handelt es sich hierbei doch um eine Fallgruppe, deren rechtliche Existenz sich schon gar nicht verifizieren lässt, vgl. oben § 10 II 1. 26 Oben § 7 II 3 a) aa). 24

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die mündliche Aufklärung durchführenden Arztes nicht nur, dass das Formular kein Indiz für die Durchführung eines Gesprächs hergibt, sondern sieht hierin vielmehr umgekehrt ein Indiz dafür, dass ein Gespräch ganz unterblieben ist. 27 Was über Durchführung und Inhalt der Aufklärung hinaus dann das für die Wirksamkeit der Einwilligung entscheidende Verständnis des Patienten betrifft, wird die Indizienkraft von Formularerklärungen bislang hingegen nur ganz am Rande in Erwägung gezogen, etwa bei der Feststellung, dass ein Risiko verharmlost wird oder von mehreren genannten Maßnahmen der eigentliche Eingriff gar nicht genau ausgemacht werden kann. 28 Für die Frage, welche Beweiskonsequenzen Transparenzmängel nach sich ziehen, sind damit entscheidende Weichenstellungen gelegt. Wenn es nach der hier vertretenen Auffassung bei weitem zu grob wäre, Formularerklärungen analog § 309 Nr. 12 b) BGB jegliche Beweiskraft abzusprechen, 29 sind die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung vielmehr unter Transparenzgesichtspunkten weiter zu konkretisieren. Das betrifft vor allem die Frage der Gesprächsführung. Die Rechtsprechung misst dem unterzeichneten Formular insoweit das Indiz zu, dass überhaupt ein Gespräch geführt wurde und dies auch über die dort genannten Punkte. Die große Zurückhaltung gegenüber einer Heranziehung von Formularen für die Beweisführung über das Verständnis des Patienten muss dann allerdings verwundern. Selbstverständlich muss der abstrakte Charakter eines Formulars erhebliche Vorbehalte gegen einen solchen Indizienwert hervorrufen, so dass allenfalls erst angesichts der Unterzeichnung des Formulars durch den Patienten eine Indizienkraft auch für dessen Verständnis im Raum stehen kann. Sehr wohl lässt sich die Indizienkraft des Formulars aber negativ bemessen. Denn wenn es Rückschlüsse nicht nur dafür erlauben soll, dass ein Aufklärungsgespräch überhaupt geführt wurde, sondern auch über die in ihm enthaltenen Punkte, dann ist nicht ersichtlich, weshalb aus dem Formular nicht auch ein weiterer Rückschluss auf die Art und Weise der mündlichen Aufklärung gezogen werden können soll. Gebraucht das Formular also etwa eine Vielzahl von Fremdwörtern, wird zwar kein Anscheinsbeweis in Betracht kommen,30 im Sinne zumindest eines Indizienbeweises aber doch einiges dafür sprechen, dass auch das mündliche Gespräch für den Patienten nicht verständlich war. Und diese Vermutung wird umso stärker ausfallen müssen, wenn das Einwilligungsformular – wie gerade 27 Anders als beim Fehlen jedes Formulars, das dem Arzt nach h.M. – trotz seiner Dokumentationspflicht – als solches nicht entgegenzuhalten ist; hierzu unlängst OLG München, Urteil vom 24.4.2008, Az. 1 U 4364/07, unter Rückgriff auf BGH NJW 1985, 1399. Näher oben § 7 II 3 a) bb). 28 Zur begrenzten Beweiskraft von Formularerklärungen für individuelles Verstehen oben § 7 II 3 b). 29 Gegen diese im Schrifttum verbreitete Auffassung oben § 11 II 1 a). 30 Zur fehlenden Typizität des Aufklärungsgeschehens als Grundlage eines Anscheinsbeweises bereits oben § 7 II 3 a) aa).

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

bei medizinischen Forschungsvorhaben nicht selten – aus der Feder des aufklärenden Arztes oder seines kollegialen Umfelds stammt. Gleiches gilt dann aber auch für komplizierten Satzbau, eine Vielzahl von Verschachtelungen oder – auf Ebene äußerer Transparenz – die unübersichtliche Gestaltung der Aufklärungsinformation. Ist das Formular gar bereits in einer Schriftgröße gehalten, die den Text äußerlich kaum wahrnehmbar werden lässt,31 erscheint schon ein von seiner Unterzeichnung ausgehender Indizienwert dafür, dass ein Gespräch überhaupt geführt wurde, fraglich. Naheliegend erscheint es vielmehr, ein solchermaßen intransparentes Formular nicht anders zu behandeln als ein Formular, das den Aufklärungstext gar nicht enthält. Dass neben der Tatsache der Gesprächsführung dann auch die Zeitdauer des Gesprächs entscheidend sein kann, wird deutlich, wenn man sich Fälle von Aufklärungsformularen vor Augen führt, bei denen aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge ausnahmsweise 10 bis 15 Seiten Text nicht zu beanstanden sind. Denn soweit sie lediglich eine Unterschrift des Teilnehmers mit einem konkreten Datum enthalten, wird man erheblich daran zweifeln müssen, dass in diesem einen Termin der gesamte Inhalt verständlich erörtert wurde. Hier wird dem Formular ein Indizienwert meist also nur dann beizumessen sein, wenn es mehrere Kontakte zwischen Arzt und Teilnehmer zwecks sukzessiver Aufklärung dokumentiert. Im Ergebnis dürfen Verstöße gegen die oben entwickelten Transparenzanforderungen im Bereich der kombiniert mündlich-schriftlichen Aufklärung dann allerdings nicht dazu führen, die betroffenen Formulare als Indizien für eine ordnungsgemäße Aufklärung schlicht außer Acht zu lassen. Vielmehr wird bei inhaltlicher Intransparenz häufig davon auszugehen sein, dass auch das mündliche Gespräch für den Patienten unverständlich war, wie es im Fall äußerer Intransparenz allenfalls noch als Indiz dafür taugen kann, dass ein Gespräch überhaupt stattgefunden hat. Nimmt man diese Transparenzanforderungen ernst, kann dies umgekehrt dann allerdings für beide Seiten den Wert von Formularen auch erheblich steigern. Denn soweit kritische Stimmen nahezu durchweg vor allem den Abschreckungscharakter, also die Unverständlichkeit von Aufklärungsformularen betonen, lässt sich gerade diese Gefahr durch äußerlich und inhaltlich transparent gestaltete Formulare deutlich reduzieren. Ob man einem diesen Anforderungen Rechnung tragenden Formular eine das Gespräch unterstützende Funktion einzuräumen geneigt ist oder gleichwohl die mündliche Aufklärung vorzieht, lässt sich dann im Idealfall also auf eine Frage des Berufsethos reduzieren. Zugleich wird damit aber auch dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten konsequent Rechnung getragen, statt bei Lichte betrachtet nur für die mündliche Aufklärung einen Anspruch zu formulieren, der im Prozess durch die Beweisführung mit Hilfe von Formularen konterkariert zu werden droht. 31

Zu den weiteren Hauptproblemen äußerer und inhaltlicher Intransparenz oben § 12 III 2.

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Eine beweisrechtliche Besserstellung des Arztes unter weitgehender Ausblendung von Transparenzdefiziten ist auch nicht gar unter dem Gesichtspunkt erforderlich, keine überzogenen Anforderungen an die Beweisführung des Arztes zu stellen.32 Dass also Mängel der Transparenz über das oben erörterte Maß hinaus in den beweisrechtlichen Grundsätzen der Rechtsprechung nicht erörtert werden,33 dürfte vielmehr daran liegen, dass der Transparenzgedanke zum einen ein vergleichsweise junges Produkt der Aufklärungsdogmatik darstellt, dass die seit etwa Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gebräuchlichen Aufklärungsformulare zur ärztlichen Heilbehandlung den oben dargestellten Transparenzanforderungen dann aber auch in weiten Bereichen Rechnung tragen. Auf Aufklärungsfehler gestützte Arzthaftungsfälle im Bereich medizinischer Forschungsvorhaben führen demgegenüber ein so geringes Schattendasein, dass sich die Rechtsprechung bislang schon kaum veranlasst sehen konnte, ihre Beweisgrundsätze unter Leitung des Transparenzgedankens fortzuentwickeln. Die konstruktive Bedeutung einer Disziplinierung medizinischer Formulargestaltung durch den Gedanken äußerer und inhaltlicher Transparenz vermag dies aber nicht in Frage zu stellen.

b) Zur Ausnahme schon materieller Unwirksamkeit der Formulareinwilligung bei nicht wahrgenommener Gesprächsgelegenheit Stellt die kombiniert mündlich-schriftliche Aufklärung nun auch den Hauptfall des heute vor allem im stationären Bereich gängigen Aufklärungsmodus dar, sei der Vollständigkeit halber abschließend nun gleichwohl auch auf die Unterschiede in jener Fallgruppe eingegangen, in denen sich der mündliche Aufklärungsanteil ausnahmsweise auf eine bloße Gesprächsgelegenheit reduzieren darf. Wie bereits gesehen, ist der praktische Anwendungsbereich derartiger Konstellationen äußerst begrenzt, mag hier doch in erster Linie, über bewährte Schutzimpfungen hinaus, noch an Blutentnahmen und sonstige minimal belastende Routine-Eingriffe zu denken sein, die eine äußerst einfache Risikostruktur aufweisen.34 Soweit auch nur diese wenigen medizinischen Maßnahmen gerade aufgrund ihres Routinecharakters täglich tausend- und abertausendfach durchgeführt werden, ist die Bedeutung einer solchen Gestaltung des Aufklärungsprozesses andererseits aber auch quantitativ keineswegs zu vernachlässigen. Was insoweit die Auswirkungen von Formulardefiziten betrifft, sind hier zunächst jene Fälle auszusondern, in denen zwar zunächst ein Aufklärungsformular angeboten wird, dann aber doch ein Gespräch zwischen Arzt und Patient zustande kommt. Denn dann unterscheidet sich der Sachverhalt praktisch 32 33 34

Zu diesem an sich berechtigten Anspruch an das Arzthaftungsrecht oben § 7 II 2 a). Vgl. oben § 7 II. Näher oben § 10 II 3.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

nicht mehr von der vorstehend erörterten Fallgruppe einer kombiniert mündlich-schriftlichen Aufklärung, bei der das Formular nur die Dokumentation der mündlichen Aufklärung darstellt. Nur dort, wo innerhalb dieser Fallgruppe die obligatorisch anzubietende Gesprächsgelegenheit nicht wahrgenommen wird, fallen Formularaufklärung und Einwilligungserklärung also zusammen. Das hat aber zur Folge, dass die Formularerklärung hier ausnahmsweise zugleich die materielle Einwilligungserklärung des Rechtsgutträgers verkörpert, und entsprechend können sich Formulardefizite hier denn auch nicht erst auf beweisrechtlicher Ebene auswirken, sondern müssen bereits für die materielle Wirksamkeit der Einwilligung selbst entscheidend sein. Das führt für die einzelnen Transparenzanforderungen zu keinen Änderungen, soweit man die Kriterien inhaltlicher Transparenz vor Augen hat, an die auch nur eine Beweisfunktion der Formularerklärung notwendig anknüpft. 35 Wenn Mängel äußerer Transparenz hingegen bei der kombiniert mündlichschriftlichen Aufklärung dazu führen, dass die Formularerklärung allenfalls nur noch ein Indiz dafür sein kann, dass ein Gespräch überhaupt geführt wurde, kann diese gemäßigte Rechtsfolge hier nicht mehr gelten. Denn wo sich der Aufklärungsprozess im Ergebnis in einem Formular erschöpft, weil ein Gespräch nicht gesucht wird, hindert jeder Verstoß gegen das äußere Transparenzgebot schon die Kenntnisnahme der für den informed consent entscheidenden Aufklärungsinformationen, ohne dass es auf deren Verstehen noch ankäme. Damit sind der Reduktion der Aufklärung auf eine schriftliche Information unter Angebot einer bloßen Gesprächsgelegenheit aber nicht nur als Fallgruppe einfachster Risikostruktur enge Grenzen gesetzt.36 Vielmehr entspricht den deutlich reduzierten Aufklärungsanforderungen auch die schärfere Sanktion, indem die Außerachtlassung der einschlägigen Transparenzanforderungen hier dazu führt, dass durch die Unterzeichnung des Formulars keine wirksame Einwilligungserklärung mehr abgegeben wird, ohne dass insoweit der Gegenbeweis auch nur noch im Raum stünde.

35 36

Oben § 12 III 1 b). Vgl. oben insbesondere § 10 II 3 a) aa) und b) cc).

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§ 14. Zusammenfassung Dem Dritten Teil der Untersuchung ging der im Zweiten Teil entwickelte Gedanke voraus, dass die spezifischen Gefahren des medizinischen Formularverkehrs darin liegen, den mit dem Institut der informierten Einwilligungsentscheidung bezweckten Rechtsgüterschutz zu unterlaufen. So droht dem Rechtsgutträger, dass ihm Erklärungsinhalte allein schon kraft Unterzeichnung zumindest auf Beweisebene entgegengehalten werden, obwohl das Medizinrecht materiellrechtliche Verweisungserklärungen gerade nicht zulässt, und erst recht – nämlich schon materiellrechtlich – muss das unterzeichnete Einwilligungsformular dort mit dem Gebot individueller Aufklärung und individuellen Verstehens in Konflikt geraten, wo mit der neueren Rechtsprechung des BGH das mündliche Aufklärungs- und Einwilligungsgeschehen ausnahmsweise auf eine weitgehend schriftliche Ebene verlagert werden darf. Ziel des Dritten Teils war es, diesen Gefährdungen des Rechtsgüterschutzes durch Entwicklung geeigneter Kontrollmaßstäbe unter Orientierung an gesetzlichen Vorgaben des Formularvertragsrechts zu begegnen. Damit sollte zum einen verhindert werden, dass der hohe Rang des Rechtsgüterschutzes in der Medizin, der zur Besonderheit der Aufklärung als Wirksamkeitserfordernis geführt hat, nicht auch nur prozessual relativiert wird. Zum anderen sollte durch das Aufzeigen von Grenzen aber auch ein konstruktiver Beitrag zu dem die heutige Krankenversorgung beherrschenden Gebrauch von Formularen geleistet werden, der insbesondere auch die Anerkennung einer weitgehend schriftlichen Aufklärung für solche ärztliche Routinemaßnahmen gebietet, die eine ungewöhnlich einfache Nutzen-Risiko-Struktur aufweisen und tausendfach erprobt sind.

§ 9. Zur Übertragbarkeit vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe auf medizinische Formularerklärungen Methodischer Ausgangspunkt des Dritten Teils war es, zunächst die gesetzlichen Regelungsbereiche näher einzugrenzen, die als geeignete Kontrollmaßstäbe für medizinische Formularerklärungen in Betracht zu ziehen waren.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

I. Dabei hat zunächst ein Blick auf das Vertragsrecht vor Augen geführt, dass gegen eine analoge Heranziehung vertragsrechtlicher Kontrollmaßstäbe im Ausgangspunkt nicht spricht, dass medizinische Formularerklärungen auf Dispositionen über den absoluten Rechtsgüterschutz abzielen. Denn derartige Dispositionen sind dem Vertragsrecht selbst gar nicht fremd, wenn man nicht nur auf einer mehr rechtstheoretischen Ebene bereits den Vertragsschluss als eine Form der Ausschöpfung von Eigentümerbefugnissen begreifen kann (1.), sondern sich vor Augen führt, dass Dispositionen über sonstige absolut geschützte Rechte im Sinne des § 823 I BGB längst auch in der vertraglichen Güterwelt üblich sind. Das betrifft zum einen solche Dispositionen, die derartige Rechte als vertragliche Güter begreifen und damit auf das Recht der Güterbewegung abzielen, etwa die Vermarktung des Rechts am eigenen Bild oder am eigenen Namen (2.), aber auch auf Güterschutz abzielende Dispositionen, insbesondere die Einwilligung in die Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen des Vertragsschlusses (3.). II. Was sodann außerhalb des AGB-Rechts liegende Instrumente zum Schutz der Privatautonomie betraf, so zeigte sich in einem weiteren Abschnitt, dass ein allgemeines Prinzip des Schutzes vor strukturellen Ungleichgewichtslagen kaum geeignet wäre, konkrete Rechtsvorgaben an die Gestaltung medizinischer Formularerklärungen aufzustellen, dass ein solches Prinzip für das Zivilrecht aber auch gar keine allgemeine Geltung beanspruchen kann (1.). Aber auch die sodann erwogene Vorschrift der Nichtigkeit sittenwidriger Rechtsgeschäfte nach § 138 BGB erwies sich als kaum geeigneter Kontrollmaßstab, ist mit der Sittenwidrigkeit doch ein erst sehr spät eingreifender Kontrollmaßstab angesprochen, wie diese Generalklausel ihrerseits wenig greifbar für die Herausbildung konkreter Rechtsvorgaben an medizinische Formularerklärungen erscheint (2.). Ebenfalls nicht heranziehen ließen sich dann aber auch die mit der Schuldrechtsreform in das BGB überführten Regelungen zum Verbraucherschutz, die im Wesentlichen auf einen Schutz des strukturell unterlegenen Vertragsteils vor unbedachten Rechtsgeschäften abzielen. Hier erwies sich eine Analogie zum einen schon in der Rechtsfolge als unergiebig, da diese Bestimmungen vor allem lediglich ein Widerrufsrecht gewähren, das dem Patienten nach den Grundsätzen des Medizinrechts ohnehin zukommt. Vor allem erwiesen sich diese Regelungen aber auch als zu speziell auf vom Gesetzgeber gezielt als regelungsbedürftige Situationen des Verbraucherschutzes beschränkt, um auch unter methodischen Gesichtspunkten ihre analoge Anwendung im Medizinrecht ernsthaft in Betracht zu ziehen (3.).

§ 14. Zusammenfassung

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III. Als eigentlicher Gegenstand sinnvoller Analogieüberlegungen erwiesen sich damit allein die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zum Schutz vor einseitiger Rechtsgestaltung durch den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen. 1. Die Untersuchung führte dabei zunächst in Kürze den zentralen Regelungsmechanismus dieser Vorschriften vor Augen, um auf diese Weise den Blick für die Unterschiede zwischen vertraglicher Risikoerklärung und medizinrechtlicher Einwilligungserklärung zu schärfen. So trägt das Gesetz dem Rationalisierungsinteresse der im Massenverkehr von Gütern tätigen Unternehmer zunächst dadurch Rechnung, dass es deutlich erleichterte Voraussetzungen für die Inkraftsetzung Allgemeiner Geschäftsbedingungen schafft, indem es das bloße Einverständnis des Vertragspartners nach entsprechendem Hinweis genügen lässt, § 305 II BGB (a). Besteht die dünne Grundlage der Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen damit allein in einer vertraglichen Risiko- oder Verweisungserklärung des Kunden, folgt dem ein umso schärferer inhaltlicher Kontrollmaßstab, indem die §§ 307 ff. BGB nun anders als § 138 BGB bereits die unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ausreichen lassen, um einzelne einbezogene Geschäftsbedingungen für unwirksam zu erklären (b). Ein dritter und vergleichsweise junger Kontrollmaßstab liegt dann im Transparenzgebot, das nach weiterhin herrschender Auffassung sowohl – wie im Gesetz nur in § 305 II Nr. 2 BGB zum Ausdruck kommt – auf Einbeziehungsebene ansetzt wie dem Schwerpunkt nach auch – vom Gesetzgeber daher in § 307 I 2 BGB normiert – auf Ebene der Inhaltskontrolle (c). Ob Allgemeine Geschäftsbedingungen dabei als für sich zusammengestelltes Klauselwerk dem Kunden gegenübertreten oder in Gestalt eines vorformulierten Formularvertrags, der lediglich um einzelne wenige Inhaltsbausteine entweder elektronisch oder handschriftlich ergänzt wird, ist für die Geltung dieser drei Kontrollmaßstäbe irrelevant (d). 2. Gegenstand ausführlicherer Erörterungen war dann die Frage einer analogen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf medizinische Formularerklärungen. Die Darstellung orientierte sich dabei – geleitet nicht durch methodische Vorgaben, sondern durch den tatsächlichen Schwerpunkt innerhalb der juristischen Diskussion – zunächst an der Frage der Rechtsähnlichkeit zwischen Klauselwerken Allgemeiner Geschäftsbedingungen einerseits und medizinischen Formularerklärungen andererseits, bevor sie erst anschließend auf die Frage des Regelungsdefizits als Grundlage einer Analogiebildung einging. a) Innerhalb der Rechtsähnlichkeit ließen sich dabei im Schrifttum – die Rechtsprechung hat zu dieser Frage nur sehr vereinzelt überhaupt Stellung bezogen – zwei Argumentationsstränge ausmachen, nämlich zum einen auf äußere Ähnlichkeiten abzielende Analogiegesichtspunkte und zum anderen sachliche Argumente eines Schutzes strukturell unterlegener Vertragsparteien vor Fremdbestimmung.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

aa) Hinsichtlich der äußeren Analogiegesichtspunkte beherrschen vor allem vier Überlegungen die Diskussion. So wird von den Gegnern einer Analogie die Einseitigkeit der Einwilligungserklärung betont wie ihre nach herrschender Auffassung fehlende Qualität als rechtsgeschäftliche Willenserklärung, was jedoch als im Kern formaler Gedanke weder entscheidend gegen noch für eine Analogie sprechen kann, schließt dieses Argument methodisch doch lediglich zur Bildung eines juristischen Systems von Rechtssätzen auf, das an die Herausbildung materieller Konfliktentscheidungen aber immer erst anknüpfen kann (1). Als ebenfalls kaum entscheidender Einwand erwies sich dann auch der Tatsachencharakter der Aufklärungsinformation, ist entscheidender Bezugspunkt rechtlicher Kontrolle bei der medizinischen Formularerklärung doch die Einwilligungserklärung, die sämtliche Aufklärungsinformationen lediglich in Bezug nimmt. Dass der Jurist nicht überprüfen kann, ob die Aufklärungsinformation medizinisch zutreffend ist, bedeutet also nicht, dass mit ihrer Inbezugnahme in der Einwilligungserklärung diese selbst der rechtlichen Kontrolle entzogen wäre, wie denn das Medizinrecht auch seit langem – die Stichworte einer Aufklärung ‚im Großen und Ganzen‘ sowie über spezifisch anhaftende und besonders belastende Risiken mögen genügen – rechtliche Vorgaben für den medizinisch konkret auszufüllenden Inhalt der Aufklärung macht (2). Als wenig sinnvoller Einwand gegen eine Analogie stellte sich unter Rückgriff auf die obigen Überlegungen dann auch der weitere in der Literatur gelegentlich aufgeworfene Gedanke heraus, dass medizinische Formularerklärungen auf eine Gestaltung des absoluten Rechtsgüterschutzes abzielen, ist diese Zielrichtung doch auch dem vertraglichen Formularverkehr nicht fremd (3).1 Erwiesen sich diese drei Überlegungen damit nicht als schlagkräftige Argumente gegen eine Analogie, erschienen dann umgekehrt aber auch jene Gesichtspunkte unzureichend, allein eine Analogie zu tragen, die eine mehr äußerliche Nähe zur Vertragswelt herstellen. So ist hierfür zum einen der Aspekt einer Vertragsnähe unzureichend, steht die Einwilligungserklärung des Patienten doch nicht minder auch dem Deliktsrecht nahe. Aber auch eine vertragsgestaltende Wirkung der Einwilligungserklärung geht am eigentlichen Analogieproblem vorbei, bezieht sie sich doch – ebenso wie auch der Gedanke der Erfüllungswirkung – allein auf eine Wirkung der Erklärung auf das vertragliche Pflichtenprogramm zwischen Arzt und Patient, ohne die Anwendung formularvertraglicher Kontrollmaßstäbe auch auf medizinische Formularerklärungen sachlich begründen zu können (4). bb) Als sachlich relevanter Analogiegesichtspunkt erwies sich daher allein der vom AGB-Recht intendierte Schutz vor einer Gefahr einseitiger Rechtsgestaltung (1). Insoweit ließen sich in der Tat Ähnlichkeiten zwischen Allgemeinen 1

Vgl. oben § 9 I.

§ 14. Zusammenfassung

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Geschäftsbedingungen und medizinischen Formularerklärungen erkennen, wird der Patient durch Aushändigung eines Aufklärungs- und Einwilligungsbogens mit der Aufforderung, ihn vor dem Eingriff zu unterzeichnen, doch in durchaus vergleichbarer Weise wie der AGB-Kunde mit vorformulierten Erklärungen konfrontiert, die er praktisch gesehen nur akzeptieren oder ablehnen kann (a). Dann besteht zwischen Arzt und Patient aber auch nicht nur durch die Handreichung eines von ärztlicher Seite sorgsam ausgearbeiteten Formulars, sondern auch schon aufgrund der für den Laien ungewohnten Lebens- und Erfahrungswelt der Medizin ein erhebliches Wissensgefälle, das sich als strukturelles Ungleichgewicht zwischen Arzt und Patient begreifen lässt (b). Und schließlich kann hiergegen auch nicht – wie im Schrifttum vereinzelt angeführt – vorgebracht werden, dass Einwilligungsinhalte stets im Sinne des § 305 I 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt werden, ändert ein individueller Aufklärungsbedarf doch nichts daran, dass der Patient auf den Inhalt der zunächst oder auch sodann erfolgenden Aufklärung gleichwohl keinen Einfluss hat und auch gar nicht haben kann (c). Gegen eine Analogie spricht dann aber auch nicht, dass mit der Formulareinwilligung nicht von dispositivem Gesetzesrecht abgewichen wird. Zum einen ist dies schon im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB Voraussetzung nur für das Eingreifen der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach § 307 III 1 BGB. Dann zielt diese Voraussetzung aber auch nicht auf einen Kontrollausschluss für gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen ab, sondern darauf, die essentialia negotii der Inhaltskontrolle zu entziehen, um das marktwirtschaftliche Gesetz von Angebot und Nachfrage nicht juristischer Nachprüfung auszusetzen (2). b) Sprachen damit im Ergebnis jedenfalls keine Argumente entscheidend gegen eine Analogie zu den §§ 305 ff. BGB, vielmehr im Gegenteil die wenigen sachlichen Überlegungen eher dafür, hat die Untersuchung sich jedoch dagegen verwahrt, allein auf dieser Grundlage bereits den Analogieschluss zuzulassen. Indem die bisherige Diskussion den an sich methodisch primär bedeutsamen Gesichtspunkt der Regelungslücke vernachlässigt, wird vielmehr nicht nur zu pauschal gegen oder für eine Analogie plädiert. Vielmehr findet die Analogieprüfung damit zwangsläufig auf einer vergleichsweise hohen Abstraktionsebene statt, die von der Übertragbarkeit der in den §§ 305 ff. BGB im Einzelnen niedergelegten Rechtsgedanken absieht. Aussagekräftig können Überlegungen zur Analogie also nur werden, soweit sie zum einen stets fragen, ob die medizinrechtliche Dogmatik nicht spezifische Vorgaben aufstellt, die eine Analogie obsolet erscheinen lassen – womit später dann die Vorschriften zur Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle weitgehend von einer Analogie auszunehmen waren. 2 Zum anderen muss dann aber auch bei Bestehen eines Regelungsdefizits 2

§ 10 I und § 11 I.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

geprüft werden, ob der AGB-rechtliche Maßstab überhaupt geeignet ist, den ungeregelten Problembereich befriedigend zu bewältigen – was später dann für die Transparenzkontrolle zu verneinen war, wo zusätzlich auf im Arzneimittelrecht entwickelte Transparenzgesichtspunkte zurückzugreifen war (aa).3 Gegen das Bestehen eines Regelungsdefizits sprach dabei allerdings wiederum nicht ein Spezialgesetzcharakter des AGB-Rechts, hat doch der Gesetzgeber selbst ausdrücklich eine breite Anwendung der §§ 305 ff. BGB über ihren unmittelbaren Wortlaut hinaus befürwortet (bb).

§ 10. Zur Einbeziehungskontrolle medizinischer Formularerklärungen Innerhalb des ersten zu untersuchenden Kontrollmaßstabs der Einbeziehungskontrolle hat sich die Untersuchung dann zunächst gegen eine Anwendung insbesondere von § 305 II BGB auf die Inkraftsetzung medizinischer Formularerklärung ausgesprochen. I. Wenn die zentrale Aussage des informed consent vielmehr dahin geht, dass eine Einwilligungserklärung nur dann wirksam ist, wenn der Patient zuvor aufgeklärt wurde und er diese Aufklärung auch verstanden hat, stellt das Medizinrecht spezielle Wirksamkeitsvoraussetzungen auf, die mit der Risiko- oder Verweisungserklärung des § 305 II BGB gänzlich unvereinbar sind. Hier wird eine Analogie also schon angesichts des Eingreifens spezieller – wenn auch nur in der medizinrechtlichen Dogmatik herausgebildeter – Rechtssätze verhindert, weil es insoweit an einer rechtlichen Regelungslücke fehlt. II. Als eigentliches Problem des Medizinrechts erwies sich unter dem Blickwinkel einer Einbeziehungskontrolle damit nicht die Zulassung einer Risikoerklärung des Patienten, sondern vielmehr die Frage, welche Bedeutung der Formularerklärung für das Aufklärungsgeschehen materiellrechtlich überhaupt eingeräumt werden darf. Die Untersuchung unterschied insoweit drei unterschiedlich strenge Stufen materiellrechtlich zulässiger Formularverwendung. So müsste die Verwendung von Formularen von vornherein unzulässig sein, wo rechtlich nur die rein mündliche Aufklärung und Einwilligung des Rechtsgutträgers statthaft ist. Ein solches Verdikt jedes Formulargebrauchs ließ sich indes nicht begründen (1.). So ist auch unter dem Gesichtspunkt der Risikokomplexität und des individuellen Verständnishorizonts praktisch kein Fall denkbar, in dem ausschließlich nur die mündliche Aufklärung den medizinrechten Anforderungen an das Verständnis des Patienten genügen kann. Vielmehr wird in der ärztlichen Heilbehandlung stets ein kombinierter Aufklärungsmodus zulässig 3

§ 12 III.

§ 14. Zusammenfassung

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sein, bei dem der Patient entweder vorab oder auch nach einem Gespräch zusätzlich schriftliche Informationen erhält (a). Entsprechend strenge Vorgaben lassen sich dann aber auch nicht den wenigen spezialgesetzlichen Anforderungen an die Spende menschlicher Körpersubstanzen entnehmen (b), wie dann auch das Recht der klinischen Forschung weder im Rahmen der gesetzlichen Regelungen noch darüber hinaus ein striktes Verbot medizinischer Formularverwendung ausspricht (c). 2. Als entscheidender Gesichtspunkt erscheint damit weniger das Ob, als vielmehr die Gewichtung des schriftlichen Aufklärungsanteils gegenüber dem Gespräch mit dem Arzt, insbesondere die Frage, ob der mündliche Aufklärungsanteil gegenüber dem schriftlichen auf eine bloße Gesprächsgelegenheit reduziert werden darf. 3. Soweit der BGH hierfür erstmals im Jahr 2000 einen Weg geebnet hat, konnte dem grundsätzlich beigepflichtet werden, allerdings unter Betonung zugleich der äußerst engen Voraussetzungen für einen solchen Aufklärungsmodus. So hängt die Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine bloße Gesprächsgelegenheit nach vorheriger schriftlicher Aufklärung zunächst entscheidend davon ab, dass die schriftlichen Aufklärungsinformationen überhaupt verständlich sind (a). In Betracht kommt eine vorwiegend schriftliche Aufklärung also nur bei geringer Risikokomplexität und Risikoindividualität der Heilbehandlung oder Forschungsmaßnahme (aa), wofür die Stellungnahmen öffentlich bestellter Expertengremien nur einen begrenzten Indizienwert haben können (bb). Will man das Modell des informed consent aber auch nicht nur für solche begrenzten Ausnahmekonstellationen aufgeben, muss die Wirksamkeit der Einwilligungserklärung dann aber nicht nur von der Verständlichkeit der Aufklärung abhängen, sondern weiterhin davon, dass der Patient die Aufklärung auch konkret verstanden hat (b). Irrelevant ist ein solches Verstehen also nur dort, wo schon bei mündlicher Aufklärung eine weitere Aufklärung gar nicht gefordert wird, weil dem Patienten ein medizinisches Basiswissen unterstellt wird (aa). Lehnt man mit der hier vertretenen Auffassung eine rein schriftliche Aufklärung hingegen ab (bb), muss die entscheidende Frage für das tatsächliche Verstehen dahin gehen, in welcher Weise das konkrete Verständnis hinlänglich geprüft werden kann. Wird hier also ein Aufklärungsgespräch nicht mehr zur Pflicht gemacht, sondern dem Patienten lediglich eine Gesprächsgelegenheit angeboten, liegt darin die Wertung, dass es unter Risikogesichtspunkten ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint, dem Patienten die Frage, ob er die Aufklärung verstanden hat oder er aus Unsicherheit oder weiterem Informationsbedürfnis weitere Klärung verlangt, in seine eigene Beurteilung gestellt wird. Eine solche Fragobliegenheit ist der etablierten Aufklärungsdogmatik längst vertraut, soweit der Bereich der grundsätzlich geschuldeten Aufklärung im Großen und Ganzen verlassen wird. Sie wird also für die hier erörterten Ausnahmekonstel-

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lationen von Routineeingriffen mit einfachster Risikostruktur lediglich weiterentwickelt (cc). III. Was auf Einbeziehungsebene sodann die analoge Anwendbarkeit des Überraschungsverbots nach § 305c I BGB betraf, so schied auch dies für den Bereich der Risikoaufklärung des Patienten aus, sind die ihm hier gewährten Informationen typischerweise doch stets überraschend, da einem Laien unbekannt. In Betracht zu ziehen war eine Analogie zu § 305c I BGB also nur dort, wo eine Erklärung zusätzlich oder ausschließlich andere Regelungen beinhaltet, die gar nicht auf die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zwecks Heilung oder Forschung abzielen. 1. Als regelmäßig überraschend einzustufen waren dabei vorformulierte Einwilligungserklärungen in die innere Leichenschau zum Zwecke ärztlicher Qualitätskontrolle oder medizinischer Forschung. Mit der im Schrifttum herrschenden Auffassung war hier davon auszugehen, dass derartige Regelungen für einen Patienten regelmäßig nicht nur ungewöhnlich sind, sondern dass Formularerklärungen nicht dazu führen dürfen, eine hier erforderliche gesetzliche Regelung zur Zulässigkeit klinischer Sektionen zu ersetzen. 2. Als nicht überraschend eingestuft wurde hingegen die vorformulierte Einwilligung in die Überlassung isolierter Körpersubstanzen zu klinischen Forschungszwecken. Denn anders als bei der klinischen Sektion hat der Patient typischerweise nicht nur kein Interesse am weiteren Schicksal etwa von Operationsabfällen. Vielmehr wird zur rechtlichen Konstruktion der Eigentumsaufgabe sogar regelmäßig unterstellt, dass der Patient antizipiert die Aufgabe seines Eigentums erklärt oder in die Entsorgung ausdrücklich einwilligt, die sonst streng genommen seine eigene Aufgabe wäre. Allerdings gilt dies selbstverständlich nur insoweit, als sich das Formular auf die Frage der Weiterverwendung bereits isolierter Körpersubstanzen beschränkt, nicht also auch die Risiken der körperliche Entnahme selbst berührt. 3. Als ebenfalls nicht überraschend – wenn auch häufig zu Fragen der Inhaltskontrolle Anlass gebend – wurden dann schließlich vorformulierte Einwilligungserklärungen in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht begriffen, wie die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen dann – wie lediglich zur Klarstellung skizziert wurde – dem unmittelbaren Anwendungsbereich der Einbeziehungsvorschriften nach §§ 305 ff. BGB unterfällt (IV.), sowohl im Bereich der medizinischen Krankenversorgung (1.) wie auch im Bereich der medizinischen Forschung (2.).

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§ 11. Zur Inhaltskontrolle medizinischer Formularerklärungen Auch für die Inhaltskontrolle war sodann die auch nur analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB auf die Risikoaufklärung und -einwilligung des Rechtsgutträgers zu verneinen. I. So lässt sich die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Einwilligung schon gar nicht als Gegenstand eines ärztlichen Gestaltungsspielraums begreifen, wie dies § 307 I BGB für die Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts voraussetzt. Der Gedanke der Unangemessenheit setzt also eine Sphäre des Aushandelns voraus, die dem Arzt gar nicht zukommt und die es daher nicht erst im Fall ihrer Überschreitung abzuwehren gilt. Vielmehr hat sich die Aufklärung allein nach den hierzu entwickelten Vorgaben des Medizinrechts zu richten, so dass auch hier eine Analogie methodisch unter dem Gesichtspunkt eines fehlenden Regelungsdefizits ausscheidet (1.). Das gilt auch dort, wo öffentlich bestellte Sachverständigengremien zu einzelnen Risikoabwägungen Stellung nehmen. Denn auch diesen Gremien steht kein inhaltlicher Ermessensspielraum in der Weise zu, dass sie in rechtlich verbindlicher Weise den geschuldeten Aufklärungsumfang festlegen könnten (2.). II. Gegenstand von Erwägungen zur Inhaltskontrolle konnten damit ebenfalls nur Erklärungen sein, die nicht unmittelbar den körperlichen Integritätsschutz durch informierte Einwilligungserklärung betreffen. 1. Als nicht analog anwendbar erwies sich dabei allerdings entgegen dem herrschenden Standpunkt in der Literatur die Vorschrift des § 309 Nr. 12 b) BGB, also die Unwirksamkeit von die Beweislast des Kunden nachteilig verändernden Geschäftsbedingungen. Denn die Beweiskraft, die der unterzeichneten Formularerklärung heute für Durchführung und Umfang des Aufklärungsgesprächs beigemessen wird, führt bei präziser Betrachtung gar nicht zu einer Änderung auch nur der subjektiven Beweisführungslast, sondern ist vielmehr selbst ein Produkt richterrechtlicher Beweisgrundsätze für den Arzthaftungsprozess, das im Kern auch gar nicht an einer wie auch immer gearteten Bestätigungsformulierung ansetzt, sondern vielmehr – ausgehend von der Indizienkraft unterzeichneter Privaturkunden – schon an der bloßen Tatsache der Unterzeichnung des Schriftstücks selbst. In der Sache verfehlt eine pauschale Anwendung von § 309 Nr. 12 b) BGB auf medizinische Formularerklärungen dann aber auch den damit intendierten Sinn, die Rechtsstellung des Patienten nicht durch die Beweiskraft womöglich unübersichtlicher und unverständlicher Aufklärungsbögen zu beeinträchtigen. Nach der hier vertretenen Auffassung ist es vielmehr geboten, diesen Schutz im Transparenzgebot zu verorten, womit dann aber auch differenzierende Beweiswürdigungen möglich werden, anstatt

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das Formular schon im Ausgangspunkt um jegliche Beweiskraft zu bringen (a). Als durchaus analog anwendbar erwies sich hingegen die Bestimmung des § 309 Nr. 13 BGB, also die Unwirksamkeit von Formerschwernissen für Anzeigen oder Erklärungen, soweit man diesen Rechtssatz – also etwa die Unzulässigkeit der Schriftformvereinbarung für den Widerruf der Einwilligung – nicht ebenfalls bereits im Medizinrecht selbst verortet (b). 2. Von einer Inhaltskontrolle erfasst werden dann zudem vermögensrechtliche Formularinhalte. Das ist für Honorarregelungen bei der ärztlichen Heilbehandlung schon deshalb – soweit nicht die Regelung von essentialia negotii betroffen ist – selbstverständlich, weil sie vertragliche Regelungen beinhalten (a). Regelungen zu einer Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben scheiden nach der hier vertretenen Auffassung hingegen trotz vertraglicher Natur aus dem Anwendungsbereich der § 307 ff. BGB aus, weil die Gefahr der Aufwandsentschädigung darin liegt, den Rechtsgutträger allein aus finanziellen Erwägungen zu einer Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität zu veranlassen. Muss die Höhe der Aufwandsentschädigung also entscheidend von der Risikostruktur des konkreten Vorhabens abhängen, so muss ihre Regelung ebenso wie Inhalt und Umfang der Risikoaufklärung selbst allein medizinrechtlichen Vorgaben überlassen bleiben (b). Direkt anwendbar sind die §§ 307 ff. BGB dann hingegen auf Haftungsregelungen, also insbesondere die Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB, die ihrerseits Vertragscharakter besitzen (c). Lediglich analog anwendbar sind dann die §§ 307 ff. BGB hingegen auf Gewinnverzichtsklauseln bei der Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben. In der Sache wird hier allerdings eine unangemessene Benachteiligung durch vorformulierten Gewinnverzicht regelmäßig zu verneinen sein (d). 3. Was schließlich Formularinhalte zur Preisgabe absolut geschützter Rechtsposition außerhalb der auf den körperlich Integritätsschutz bezogenen Einwilligungserklärungen betraf, so erwies sich die Sektionsklausel für den Fall, dass sie nicht ohnehin schon kraft Überraschungseffekts analog § 305c I BGB unwirksam ist,4 regelmäßig auch als inhaltlich unangemessen benachteiligend analog § 307 I BGB, kann hier doch schon nicht von verallgemeinerungsfähigen Wertvorstellungen innerhalb der Bevölkerung gesprochen werden, die bislang auch nur den Gesetzgeber veranlasst hätten, sich des Themas anzunehmen (a). b) Sorgsam zu differenzieren war hingegen die Frage der Inhaltskontrolle vorformulierter Bestimmungen zur Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Forschungszwecke. Hier war zunächst klarzustellen, dass entsprechende Formulare, soweit sie auch auf die Gewinnung der Körpersubstanz selbst abzielen, den Grundsätzen zur Risikoaufklärung unterliegen, also den eigenständigen inhaltlichen Vorgaben des Medizinrechts, die einer analogen Anwendung 4

§ 10 III 1.

§ 14. Zusammenfassung

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der §§ 307 ff. BGB entgegenstehen (aa).5 Soweit die Formularerklärung hingegen allein die Weiterverwendung einer konsentiert entnommenen oder zu entnehmenden Körpersubstanz betrifft, war aus den bereits zur Einbeziehungskontrolle erwogenen Überlegungen eine unangemessene Benachteiligung des Rechtsgutträgers für den Regelfall zu verneinen. Denn wenn dieser typischerweise sogar mit der Entsorgung isolierter Körpersubstanzen einverstanden ist, leuchtet es nicht ein, die wissenschaftlich sinnvolle Nutzung der Substanz vor seiner Vernichtung zum Anlasse unangemessener Benachteiligung zu nehmen (bb).6 Etwas anderes muss erst dort gelten, wo sensible Körpersubstanzen betroffen sind, für die diese Aussage nicht ohne weiteres Geltung beanspruchen kann, insbesondere für Spermien, Eizellen, Blut und Knochenmark, da hier stets im Raum steht, dass der Rechtsgutträger diese Substanzen später noch zu eigenen Zwecken der Fortpflanzung oder Heilbehandlung verwenden möchte. Vor dem Hintergrund des Gebots kundenfreundlicher Auslegung nach § 305c II BGB, das sich hier seinerseits analog heranziehen lässt, müssen solche typischerweise sensiblen Substanzen vielmehr von den entsprechenden Einwilligungsformularen ausgenommen werden, da anderenfalls in unzulässiger Weise sämtliche zu isolierenden Körpersubstanzen für die Forschung freigegeben wären und dies den Träger unangemessen benachteiligte (cc).

§ 12. Zur Transparenzkontrolle medizinischer Formularregelungen Als entscheidender, medizinrechtlich bislang nur rudimentär ausgeleuchteter Kontrollmaßstab für medizinische Formularerklärungen erwies sich schließlich das Transparenzgebot. I. Dabei konnten die Regelungen des AGB-Rechts zu den Transparenzanforderungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen allerdings nur als ein Mindestmaß begriffen werden, da sie der vertraglichen Risikoerklärung verhaftet sind und damit nur vergleichsweise moderate Anforderungen an die Transparenz vorformulierter Vertragsbestimmungen stellen. 1. Die Untersuchung hat dabei zunächst in Kürze die Entwicklung des Transparenzgebots im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachgezeichnet, das in der Rechtsprechung bereits seit geraumer Zeit angelegt war, dann aber doch erst in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts durch als bahnbrechend empfundene Urteile des BGH in das Bewusstsein der Rechtswissenschaft getreten und vom Gesetzgeber schließlich nach anfänglicher Zurückhaltung auch kodifiziert worden ist. 5 6

§ 11 I. Zur Argumentation auf Einbeziehungsebene zuvor § 10 III 2.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

2. Die entscheidende Regelungsintention des Transparenzgebots kann dabei bis heute auch für das AGB-Recht selbst noch nicht als hinreichend gesichert gelten. a) Farblos müssen dabei nach der hier vertretenen Auffassung vor allem solche Auffassungen bleiben, die dem Transparenzgebot die Funktion einer Kompensation von Marktversagen beimessen. Denn zum einen wird damit als Prinzip mehr schon eine zentrale Regelungsintention des AGB-Rechts insgesamt angesprochen, dessen besondere Bedeutung für das Transparenzgebot hiervon kaum noch prägnant unterschieden werden kann. Zum anderen zielt ein solcher Kompensationsgedanke aber auch auf eine Praxis der Kenntnisnahme und Marktentscheidung gemäß Allgemeiner Geschäftsbedingungen ab, die vom Kunden faktisch überhaupt nicht praktiziert wird. Damit verliert sich die Überlegung einer Kompensation von Marktversagen aber in einem wirtschaftspolitischen Postulat, das die Tragweite des Transparenzgebots im Individualprozess nicht greifbar machen kann. b) Erscheint es damit unabdingbar, die Regelungsintention des Transparenzgebots unter Bezug auf die Situation des individuellen Vertragsschlusses herauszuarbeiten, erscheint es nun allerdings andererseits wenig überzeugend, das Transparenzgebot als Instrument zur Sicherung von Autonomie im Sinne einer Abschlusstransparenz zu begreifen. Denn auch hier fehlt es typischerweise schon am Interesse des Kunden am Vergleich unterschiedlicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen als Motiv für die spätere Entscheidung zum Vertragsschluss (aa). Der zentrale Rechtsgedanke des Transparenzgebots liegt nach dem hier eingenommenen Standpunkt vielmehr darin, den Kunden im Sinne einer Abwicklungstransparenz vor Beeinträchtigungen in der Vertragsabwicklung oder Prozessführung zu schützen, die sich aus intransparenten Geschäftsbedingungen ergeben können. Führt die intransparente Abfassung von Klauselwerken also dazu, dass der Kunde später seine Rechte und Pflichten nicht hinreichend überblickt, weil sie für ihn auch nach Lektüre der Geschäftsbedingungen unklar bleiben, wird er in der Wahrnehmung seiner materiellen Rechte unangemessen benachteiligt, wie ihn dies auch vom Führen eines entsprechenden Prozesses abhalten kann oder er sich auf einen solchen auch nur qua intransparenter Rechtslage ungesichert vorbereiten können wird (bb). 3. Als gesicherter kann demgegenüber die Systematik des Transparenzgebots begriffen werden. a) So dürfte es heute herrschender Auffassung entsprechen, dass unter dem Gesichtspunkt von Intransparenz nicht nur der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen problematisch sein kann, im Kern also die Verschleierung der sich aus den Klauseln ergebenden Rechtslage, sondern darüber hinaus auch schon deren Einbeziehung, also die Wahrnehmbarkeit und Lesbarkeit des Klauseltextes.

§ 14. Zusammenfassung

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b) Unterschiedlich eingeschätzt wird bis heute dagegen die Frage, ob § 307 I 2 BGB allein schon bei Intransparenz eingreift oder nur dann, wenn darüber hinaus zusätzlich auch inhaltlich eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Die Untersuchung nimmt insoweit den Standpunkt der Rechtsprechung ein, wonach die Intransparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen bereits für sich genommen zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann. So erscheint es einerseits überzeugender, schon den Wortlaut des § 307 I 2 BGB entsprechend zu deuten, wonach sich „eine unangemessene Benachteiligung […] auch daraus ergeben“ kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Aber auch der verunglückte Verweis des § 307 III 2 auf § 307 I 2 und 1 BGB kann die gegenteilige Auffassung nicht tragen, ließe sich eine solche Auslegung doch weder mit den Vorgaben der hier schließlich doch noch umgesetzten Richtlinie 1993/13/EWG begründen, noch erschiene es sinnvoll, gerade für den von § 307 III 2 BGB erfassten Bereich der essentialia negotii auch eine unangemessene Benachteiligung zur Voraussetzung zu erheben, die doch abgesehen von etwaiger Intransparenz weiterhin rechtlicher Kontrolle entzogen bleiben sollen. Im Gesetzgebungsverfahren war § 307 III 2 BGB vielmehr die Folge einer Empfehlung des Rechtsausschusses, Transparenzverstöße aus dem Katalog im Zweifel unangemessen benachteiligender Regelungen des § 307 II herauszunehmen. Als berechtigtes Anliegen der Gegenauffassung erscheint damit lediglich, die Transparenzanforderungen im AGB-Recht nicht zu überspannen, sondern es bei einem auf Ausnahmen bedachten negativen Prüfungsmaßstab zu belassen. Das kann es aber nicht rechtfertigen, die Schärfe des neuartigen Kontrollmaßstabs inhaltlicher Intransparenz zugunsten kumulativ erforderlicher inhaltlicher Benachteiligung zu verwischen. 4. Was sodann die Transparenzanforderungen im Einzelnen betraf, berührten sie auf Einbeziehungsebene insbesondere das Kriterium müheloser Lesbarkeit, aber auch die Frage unzulässiger Verweisungen oder Unvollständigkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen (a). Auf inhaltlicher Ebene war es zunächst das Gebot der Verwendung einer Sprache, die der typische Kunde des Verwenders beherrscht, vor allem aber auch das Verdikt einer verschleierten Darstellung der Rechte und Pflichten des Kunden, die Klauselwerken mit dem Einwand der Intransparenz entgegengehalten werden (b). II. Erwiesen sich die Transparenzanforderungen des AGB-Rechts damit als vergleichsweise moderat, galt Gleiches auch nicht annähernd für die Anforderungen an die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen nach § 11 AMG, deren Ziel, nicht zuletzt mit Rücksicht auf die ansonsten drohende Gefährdungshaftung nach § 84 I 2 Nr. 2 AMG, umfassende Transparenz für den Patienten ist.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

1. Dabei ließ sich aufgrund jüngerer empirischer Studien zunächst zeigen, dass Gebrauchsinformationen für Arzneimittel einerseits eine hohe Akzeptanz genießen und ihnen auch ein hoher Stellenwert eingeräumt wird, dass sie heute faktisch hingegen nur sehr begrenzt als geeignet erscheinen, das Ziel verständlicher Aufklärung vor allem über die Anwendung und die Risiken des Arzneimittels zu erreichen. 2. Grundlage für die Gestaltung von Arzneimittel-Packungsbeilagen ist dabei heute im Wesentlichen allein § 11 AMG, der mit den Anforderungen „allgemeinverständlich“ und „gut lesbar“ allerdings seinerseits kaum konkrete Transparenzvorgaben aufstellt. Für die Auslegung dieser Bestimmung orientierend sind heute daher vor allem die europarechtlichen, ihrerseits allerdings unverbindlichen Empfehlungen der EU-Kommission, die sie insbesondere in ihrer Guideline on the Readability of the label and package leaflet on medical products for human use vom 29. September 1998 ausgesprochen hat, und denen sich auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angeschlossen und damit ein ganz erhebliches praktisches Gewicht verliehen hat. 3. Entsprechend hat sich dann auch die Darstellung der einzelnen Anforderungen an die Lesbarkeit (a) und Verständlichkeit (b) von Arzneimittel-Packungsbeilagen ihrem deutlichen Schwerpunkt nach an diesen Vorgaben orientiert, die gegenüber dem AGB-Recht deutlich konkreter ausfallen. III. Für die Herausbildung eines geeigneten Kontrollmaßstabs hatte dies zur Konsequenz, dass die Untersuchung für medizinische Formularerklärungen auf die Vorgaben beider Transparenzanforderungen zurückgriff. 1. So hat sie einerseits die Transparenzanforderungen des AGB-Rechts zugrundegelegt und dabei hinsichtlich der alleinigen Maßgeblichkeit dieser Maßstäbe differenziert: soweit der Formularinhalt andere Regelungen als die auf den körperlichen Integritätsschutz bezogene Risikoeinwilligung betrifft, bildet das AGB-Recht für das gebotene Maß an Transparenz zugleich eine Obergrenze, kann sich die besondere Strenge einer Sicherung tatsächlicher Kenntnisnahme und tatsächlichen Verstehens vor Unterzeichnung des Formulars doch nicht mit dem für das AGB-Recht kennzeichnenden Institut der Verweisungserklärung rechtfertigen, sondern allein mit den besonders strengen Anforderungen des informed consent. Wo solch strenge Vorgaben nicht gemacht werden, hat es also auch unter Transparenzgesichtspunkten mit den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB sein Bewenden. Soweit der Formularinhalt hingegen den informed consent betrifft, reichen die AGB-Maßstäbe nicht aus, sondern können nur ein Untermaß dessen darstellen, was an Transparenz von entsprechenden Formularen zu fordern ist (a).

§ 14. Zusammenfassung

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Ob ein Formular hingegen lediglich kombiniert vor oder nach einem stets stattfindenden Aufklärungsgespräch eingesetzt wird, oder ob es ausnahmsweise den Schwerpunkt der Aufklärung bei bloß zusätzlich angebotener Gesprächsgelegenheit darstellt, führt nicht zu einer Differenzierung der Transparenzanforderungen. Das gilt für die kombiniert mündlich-schriftliche Aufklärung deshalb, weil dem Formular hier zwar nur, dann aber doch ein Indizienwert gerade auch für den Inhalt und die Verständlichkeit des Aufklärungsgesprächs zukommen muss. Können hier also keine geringeren Transparenzanforderungen gelten, muss dies erst recht dort gelten, wo die schriftliche Aufklärung den Schwerpunkt oder – wenn die Gesprächsgelegenheit nicht wahrgenommen wird – sogar die einzige Aufklärung darstellt, die der Patient dann auch tatsächlich gelesen und verstanden haben muss (b). 2. Sind damit lediglich für medizinische Formularerklärungen, die auf den informed consent abzielen, strengere Transparenzmaßstäbe anzulegen, hat die Untersuchung abschließend dann einzelne typische Maßstäbe skizziert, denen medizinische Formularerklärungen unter dem Gesichtspunkte äußerer und inhaltlicher Transparenz genügen müssen. a) So ist auf der Ebene äußerer Transparenz insbesondere ein mühelos wahrnehmbarer Schriftgrad und Zeilenabstand zu fordern (aa), eine kontrastreiche Schrift- und Papierfarbe (bb), eine sich leicht erschließende Struktur des Textes unter eventueller Zuhilfenahme einer einfach gehaltenen Gliederung (cc) sowie die inhaltliche Vollständigkeit der Informationen (dd), um als Text für den Erklärenden überhaupt lesbar zu sein. b) Auf der Ebene inhaltlicher Transparenz setzt die Verständlichkeit des Textes dann zumindest voraus, dass er Sätze von überschaubarer Länge und einfachem Satzbau enthält (aa), einen aktiven und direkten Stil, der den Leser zum Lesen ermuntert, statt sich von ihm zu distanzieren (bb), vor allem einen laiengerechter Sprachgebrauch unter Vermeidung von Fremdwörtern (cc) wie schließlich auch einen überschaubaren Umfang (dd). Bei diesen Kriterien handelt es sich freilich, wie vorzubehalten war, nicht um abschließende Maßstäbe, kann doch erst durch Bezug auf die konkret ins Auge gefasste medizinische Maßnahme festgestellt werden, ob Zweifel unter Gesichtspunkten äußerer oder inhaltlicher Transparenz in ihrem Zusammenspiel insgesamt dazu führen, dass ein Text als nicht mehr lesbar und verständlich erscheint. Den einzelnen strengen Transparenzkriterien für Formularerklärungen im Rahmen des informed consent kommt insoweit also zwar nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Bedeutung zu, jedenfalls für die typischen Schwachpunkte vorformulierter Aufklärungs- und Einwilligungstexte konkrete Kontrollmaßstäbe zu formulieren.

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Dritter Teil. Rechtliche Maßstäbe

§ 13. Rechtsfolgen der Einbeziehungs-, Inhalts- und Transparenzkontrolle medizinischer Formularerklärungen Die Untersuchung schloss sodann mit einer Betrachtung der Rechtsfolgen, die aus der Anwendung der vorstehend entwickelten Kontrollmaßstäbe zu ziehen sind. I. Dabei ließ sich zunächst zeigen, dass die Regelung partieller Unwirksamkeit nach § 306 I BGB für medizinische Formularerklärungen dort keine Geltung beanspruchen kann, wo Gegenstand der Erklärung eine Bilanzentscheidung des Rechtsgutträgers ist. Ist also potenziell jedes auch nur partielle Defizit geeignet, das Ergebnis dieser Abwägung anders ausfallen zu lassen, kann es nicht im Einzelnen ausgeblendet werden, sondern muss sich auf den Bestand der gesamten Erklärung auswirken. Wo medizinische Formularerklärungen hingegen keine Bilanzentscheidungen zum Gegenstand haben, sondern lediglich flankierende Regelungen – wie etwa die Gewinnverzichtserklärung eines Teilnehmers an einem medizinischen Forschungsvorhaben –, lässt sich dieser Einwand gegen eine analoge Anwendung von § 306 I BGB nicht erheben. II. Hinsichtlich der einzelnen Folgen von Verstößen gegen die in der Untersuchung analysierten Kontrollmaßstäbe war dann nach diesen selbst zu unterscheiden. 1. Soweit medizinische Formularerklärungen überhaupt der Einbeziehungskontrolle unterliegen, insbesondere dem Überraschungsverbot des § 305c I BGB, sind sie bei Verstoß gegen diese Vorgaben materiellrechtlich schon als nicht abgegeben zu begreifen, entsprechend der scheiternden Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen bei Verträgen. 2. Von den Rechtsfolgen der §§ 307 ff. BGB erfasst sind dann wiederum nur jene Formularinhalte, die nicht den auf den körperlichen Integritätsschutz bezogenen informed consent berühren. Vor allem vermögensrechtliche Regelungen sind im Fall ihrer unangemessenen Benachteiligung also analog §§ 307 ff. BGB unwirksam, soweit die Vorschriften nicht sogar direkt eingreifen. 3. Zu differenzieren sind die Rechtsfolgen hingegen bei Verstößen gegen das Transparenzgebot. Als nicht abgegeben (im Fall äußerer Intransparenz) bzw. als unwirksam (im Fall inhaltlicher Intransparenz) lassen sich hier zunächst wiederum diejenigen Formularerklärungen begreifen, die nicht den auf den körperlichen Integritätsschutz ausgerichteten informed consent berühren. Da Formularerklärungen zum informed consent anders als auf Einbeziehungs- und Inhaltskontrollebene7 hingegen sehr wohl dem Transparenzgebot unterliegen, 7

Hierzu oben § 10 I und § 11 I.

§ 14. Zusammenfassung

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ist bei ihnen nun weiter danach zu unterscheiden, welcher Stellenwert ihnen im Rahmen des Aufklärungsgeschehens zukommt. a) Beschränkt sich die Bedeutung des Formulars auf seine Beweiskraft, weil maßgebliches Beweisthema die mündliche Aufklärung bleibt, kann seine Intransparenz nicht nur zur Folge haben, dass das Formular seine positiv-ergiebige Indizienkraft einbüßt. Vielmehr sprechen Transparenzdefizite hier konsequenterweise auch umgekehrt, also negativ-ergiebig, dafür, dass schon das Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient unverständlich war, so dass der Arzt den Beweis ordnungsgemäßer Aufklärung nicht nur mit anderen Beweismitteln als dem intransparenten Formular führen muss. b) Ist hingegen ausnahmsweise eine Reduktion der Aufklärung auf eine schriftliche Aufklärung unter Angebot einer bloßen Gesprächsgelegenheit zulässig und sucht der Patient dieses Gespräch nicht, verkörpert das von ihm unterzeichnete Formular zugleich auch seine materielle Einwilligungserklärung. Hier führen Mängel an Transparenz also nicht nur zu Beweisnachteilen, vielmehr hat die Intransparenz des Formulars mangels Verständlichkeit schon die materielle Unwirksamkeit der Einwilligungserklärung zur Folge, ohne dass hier der Gegenbeweis auch nur noch im Raum stünde. Damit entspricht einem ausnahmsweise erleichterten Aufklärungsmodus hier also ausnahmsweise auch die schärfere Sanktion.

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Sachregister Abschlusskontrolle s. Einbeziehungskontrolle AGB-Recht s. auch Analoge Anwendung, Transparenz – Formularverträge 303 ff. – gegenläufige Interessen von Verwender und Kunde 293 ff. – Unangemessenheitskontrolle 299 ff. – Vertragsbedingungen in der medizinischen Forschung 372 ff., 393 ff. – Vertragsbedingungen in der medizinischen Krankenversorgung 371 f. Analoge Anwendung des AGB-Rechts auf medizinische Formularerklärungen – Abbedingung dispositiven Gesetzesrechts 328 ff. – Absoluter Rechtsgüterschutz und Vertragsrecht 314 – Einseitigkeit der Einwilligung 309 ff. – fehlender Gestaltungsspielraum bei der Aufklärung 377 ff. – im Einzelnen ausgehandelte Inhalte 323 ff. – Rechtsähnlichkeit der Lebenssachverhalte 307 ff. – Rechtsnatur der Einwilligung 309 ff. – Regelungsdefizit als Analogievoraussetzung 331 ff. – Tatsachencharakter der Aufklärung 312 f. – Vertragscharakter von Formularregelungen 308 – Vertragsnähe, -gestaltung und -erfüllung 315 ff. – Vorformuliertheit der Erklärung 318 ff. – Wissensgefälle zwischen Arzt und Patient 322 f. Anamnese 14, 38 ff., 87, 121, 125 ff., 145 ff., 348 f., 469 Arzneimittel – Haftung 21, 32, 450

– Klinische Arzneimittelprüfung 16 ff., 29 ff., 51 f., 111, 130 – Packungsbeilage 7, 449 ff. – Therapie 14 Aufklärung s. auch Aufklärungsstufen, Formularaufklärung, informed consent, Selbstbestimmung, Verstehen – Abhängigkeit vom Aufklärungswillen 125 ff. – Aufklärungsfehler s. dort – Aufklärungsunterlage nach § 40 AMG 251 f., 340, 347 ff., 418, 465 f., 467 ff. – bei einwilligungsfähigen Patienten 143 ff. – bei einwilligungsfähigen Probanden 173 ff. – bei einwilligungsunfähigen Patienten 185 ff. – bei einwilligungsunfähigen Probanden 189 ff. – Entbehrlichkeit bei medizinischem Basiswissen 156, 357 ff. – Gefährdungsintensität als Maßstab 5, 151 ff., 340 ff. – Grundaufklärung 88, 100 f., 106, 143, 153, 167, 228, 313, 321, 358, 360, 466 – im Großen und Ganzen 101, 143, 152, 166, 349, 350, 387, 479, 498 – individueller Aufklärungsbedarf 240 ff. – Risikoaufklärung s. dort – Sicherheitsaufklärung s. dort – therapeutische Aufklärung s. dort – Totalaufklärung 58, 151, 350, 479 – Verzicht 66, 164, 230, 244, 327, 363 – wirtschaftliche Aufklärung Aufklärungsfehler s. auch Beweisführung, Beweislast – als Freiheitsdelikt 106 ff. – strafrechtliche Haftung 105 f., 107 ff. – zivilrechtliche Haftung 99 ff.

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Sachregister

Aufklärungsstufen – Abhängigkeit von Risikokomplexität und Verständnishorizont 340 ff. – rein mündliche Aufklärung 343 ff. – schriftliche Erstaufklärung 348 ff. – Reduktion der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit 351 ff. – keine rein schriftliche Aufklärung 359 f. Autonomie s. Selbstbestimmung

Beweislast – für die Aufklärung nach Deliktsrecht 210 f. – für die Aufklärung nach Vertragsrecht 211 ff. – und Beweisführungslast 383 – für die Einwilligung 98 f. – Sphärentheorie 212, 216, 218

Behandlungsabbruch 121, 189 Behandlungsfehler – Beweislastverteilung 211, 216 ff. – lex artis als Grenze der Einwilligung 50 – Sorgfaltspflichtverletzung 274 – strafrechtliche Haftung 104 ff. – zivilrechtliche Haftung 19 ff., 96 ff. Betreuung s. Medizinische Forschungsvorhaben, Vorteilhaftigkeit Beweisführung über die Aufklärung – Anscheinsbeweis 211, 229 ff., 236, 244, 383, 385, 387, 491 – Beweisthema und Beweismittel 22, 224 ff., 242, 245, 467 – Durchführung der Aufklärung 228 ff. – immer-so-Rechsprechung 223, 230 – Indizienbeweis 4 ff., 22, 229 ff., 319, 327, 356, 363, 378, 384 ff., 462 ff., 474, 490 ff. – individuelles Verstehen 236 ff. – Inhalt der Aufklärung 231 ff. – Konzessionen zugunsten des Arztes 220 ff. – mündliche Aufklärung als Beweisthema 224 ff. – negative Beweisergiebigkeit intransparenter Formularerklärungen 490 ff. – Parteivernehmung, Parteianhörung 223 f., 231, 233 f., 237 – Unanwendbarkeit von § 309 Nr. 12 b) BGB 383 f. – unterzeichneter Formularaufklärung 208 ff., 226 ff. – Urkunden 66, 224 ff., 233, 388, 467 – Zeugenbeweis 21, 209, 216, 223 f., 234 f., 468

Datenschutz 2, 14, 18, 42 f., 130, 281, 291, 369, 411 ff. Diagnostik 30, 51, 65, 101, 121, 127, 133, 149, 161, 164, 217, 408

compliance 33 f., 120, 133, 452, 456

Einbeziehungskontrolle s. auch äußere Transparenz, Überraschungseffekt – Entbindung von der Schweigepflicht 370 – Forschung mit isolierten Körpersubstanzen 368 ff. – innere Leichenschau 364 ff. – medizinischer Formularerklärungen 338 ff. – Rechtsfolgen 486 f. – überraschende Formularinhalte 362 ff. – Unanwendbarkeit bei Einwilligungserklärung 339 ff. – Vertragsbedingungen der Krankenversorgung 371 f. – Vertragsbedingungen der medizinischen Forschung 372 ff. Einwilligung s. auch Beweislast, informed consent – Ergebnis doppelter Nutzen-RisikoAbwägung 168 ff. – Gegenstand von Formularregelungen 37 ff. – Kausalverhältnis, Abstraktionsprinzip 129 f. – lex artis als Grenze der Einwilligung 50 ff. – Rechtfertigung von Körperverletzungen 46 ff., 93 ff. – Rechtsgeschäftscharakter 68 ff., 309 ff. – Risikoeinwilligung als Ausdruck von Selbstbestimmung 47 ff. – tatbestandsausschließendes Einverständnis 78 ff., 110

Sachregister

– Widerruf 33 f., 42, 65, 70, 77, 85, 87, 122, 129 f., 277, 288, 291, 316, 366 f., 379, 383, 390, 395, 400 – Wissensdefizite als Gültigkeitsdefizite 54 ff., 66 ff., 77 ff. Ethik-Kommission 51, 64, 66, 177 ff., 180 f., 196, 352, 356, 380 f., 395, 409, 418, 472, 477 f., 481 Formularaufklärung s. auch Beweisführung, Inhaltskontrolle, Überraschungseffekt, Transparenz – Einbeziehungskontrolle 338 ff. – Formerschwernisse 390 f. – keine Inhaltskontrolle analog §§ 307 ff. BGB 377 ff. – konkrete und abstrakte Formulare 323 ff. – medizinische Standardsituationen 245 ff. – strenges Transparenzgebot (nur) beim informed consent 462 ff. – Vereinheitlichung der Risikoeinschätzung 203 ff. – Vereinheitlichung des Verständnisvermögens 206 f. Formularverträge – über ärztliche Heilbehandlung 26 ff. – über die Teilnahme an Forschungsvorhaben 28 ff. Forschungsvorhaben s. Medizinische Forschungsvorhaben, Arzneimittel Fragebogen 13 f., 30, 41, 128, 348 Frageobliegenheiten s. Obliegenheiten Genforschung 52, 403, 405, 411 ff., 487 ff. Geschichtenphilosophie 85 f., 187 f., 407 Gruppennutzen s. Vorteilhaftigkeit Heilversuch 29, 58, 87, 174 f., 184 Honorarabrechnung 14, 41, 280, 332, 370, 391 ff. Impfung 14, 59, 154, 201, 205, 221, 231, 245 ff., 346, 353 ff., 493 informed consent s. auch Aufklärung, Einwilligung – Deliktsrecht 54 ff. – historische Entwicklung 55 ff. – internationale Anerkennung 63 ff.

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– Rechtfertigungsmoment ärztlichen Handelns 54 ff. – strenger Transparenzmaßstab 462 ff. – Unanwendbarkeit partieller Unwirksamkeit 483 ff. – Vertragsrecht 118 ff. Inhaltskontrolle – Aufwandsentschädigungsklauseln bei medizinischer Forschung 393 ff. – Beweislastklauseln 383 ff. – Formerschwernisklauseln 390 f. – Forschung mit isolierten Körpersubstanzen 402 ff. – Gewinnverzichtsklauseln 396 ff. – Haftungsregelungen 395 f. – Honorarklauseln 391 ff. – innere Leichenschau 399 ff. – öffentliche Sachverständigengremien 380 ff. – Unanwendbarkeit auf Risikoaufklärung und -einwilligung 376 ff., 403 ff. – Rechtsfolgen 487 ff. Keimzellen 42, 95, 118, 405, 488 Körpersubstanzen – analoge Anwendung datenschutzrechtlicher Regelung 411 ff. – Befund- und Forschungsproben 43, 488 – Biobanken 18, 43, 398, 411 ff., 474 – Formulareinwilligung in die Isolierung 403 ff. – Formulareinwilligung in die Forschung 405 ff. – Recht auf biomaterielle Selbstbestimmung 42, 134, 356, 413 – Terminologie 345 – Überlassungsklauseln, Überraschungseffekt 368 ff. – Überlassungsklauseln, Inhaltskontrolle 402 ff. Körperliche Integrität – Schutz durch Aufklärung (therapeutische Aufklärung und Sicherheitsaufklärung) 52 f. – Schutz durch Einwilligung (Risikoeinwilligung) 46 ff. – und Selbstbestimmung als Bezugspunkte des informed consent 44 ff. Körperverletzungsdoktrin 93 ff., 106 ff.

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Sachregister

Kontrollmaßstäbe für medizinische Formularerklärungen – AGB-Recht 292 ff. – analoge Anwendung der §§ 305 ff. BGB s. analoge Anwendung – Rechtsfolgen 482 ff. – Schutz vor strukturellen Ungleichgewichtslagen 282 ff. – Sittenwidrigkeit 285 ff. – Verbrauchervertragsrecht 287 ff.

– vertragliche Regelung der Kosten 31 ff. – Vorteilhaftigkeit s. dort Medizinprodukte 30, 35, 51, 111, 152, 174 f., 178, 191, 348 Menschenwürde 49, 186, 193 ff., 394 Minderjährige 36, 56, 61, 69, 83, 162, 183, 184, 193 f., 197 f., 347 f., 394, 468 Motivsphäre 50, 88, 120, 139 ff., 163, 165, 169, 171, 172 ff., 200, 286, 321, 323, 359 f., 374, 379, 396, 408

Leistungspflicht s. auch Naturalobligation, Obliegenheit, Sorgfaltspflicht – des Arztes als aufgewertete Sorgfaltspflicht 119 ff. – des Arztes ohne Leistungsbewirkungsrecht 121 ff. – des Patienten zur Mitwirkung als Naturalobligation 127 ff. – Konkretisierung 126 f., 168 – Schuldrechtsreform 216, 272 ff., 299, 335 f., 436 lex artis 45 f., 48, 50 f., 90, 107 ff.

Naturalobligation 34, 127 ff., 133 Notfall- und Intensivmedizin s. Medizinische Forschungsvorhaben, Vorteilhaftigkeit

Medizinische Forschungsvorhaben s. auch Arzneimittelprüfung, Medizinprodukte – Anonymisierung, Pseudonymisierung 412 ff. – Aufwandsentschädigungsklauseln 19, 180, 333, 391, 393 ff., 477, 487 – Gewinnverzichtsklauseln 333, 396 ff. – Haftungsregelungen 395 ff. – mit einwilligungsfähigen Patienten 175 ff. – mit einwilligungsfähigen Probanden 179 ff. – mit einwilligungsunfähigen Patienten 185 ff. – mit einwilligungsunfähigen Probanden 189 ff. – mit Intensiv- und Notfallpatienten 36 f. – Rechtsentwicklung in Deutschland 56 ff. – Vertragsbedingungen 28 ff., 372 ff. – vertragliche Regelung der compliance 33 f. – vertragliche Regelung der Haftung 31 ff.

Obliegenheiten – des Arztes 249 ff. – des Patienten 18, 34, 240 ff., 358, 360 Organspende s. Spende Packungsbeilage – Akzeptanz und Eignung als Informationsmedium 450 ff. – Lesbarkeitsanforderungen 455 ff. – Regelungsgrundlagen 453 ff. – Transparenzintention nach § 11 AMG 449 ff. – Verständlichkeitsanforderungen 458 ff. Rechtmäßiges Alternativverhalten – bei Einwilligungsdefiziten 98 ff. – hypothetischer Entscheidungskonflikt 88 f., 102 ff., 157, 167, 238, 240 f., 249, 251, 355, 485 – im Strafrecht 105 f. – im Zivilrecht 102 Rechtsgeschäft 27, 66 f., 68 ff., 87 ff., 202, 213, 265, 269, 276, 285 ff., 293, 296 ff., 307 ff., 336, 406, 416, 422, 430, 462, 464, 484 Rechtsgüterschutz – u. ärztliche Heilbehandlung 38 ff. – u. Aufklärung 66 ff., 82 ff., 151 ff. – dinglicher und quasidinglicher Rechtsschutz 34, 47, 124, 213, 276 f., 310 f., 373, 406 f. – als Gegenstand der Vertragsdurchführung 272 ff.

Sachregister

– Güterbewegung und Güterschutz 12, 275, 278 ff., 314, 379 – u. medizinische Forschung 41 ff. – negatorische Abwehrschutz 47 f., 125, 129 – spezifische Gefährdung durch Formulargebrauch 200 ff. Rechtsverfolgung – Erschwerung durch Formularinhalte 383 ff. – Formerfordernisse 390 ff. Risikoärmste Routineeingriffe – geringe Risikokomplexität und -individualität 352 ff. – Indizienkraft der Stellungnahmen von Expertengremien 355 f. – Rechtsprechung des BGH 247 ff. – Reduktion der mündlichen Aufklärung auf eine Gesprächsgelegenheit 351 ff. – Verstehen der Aufklärungsinformation 357 ff. – u. zumutbare Selbstverantwortung 360 ff. Risikoaufklärung – bei risikoärmsten Routinemaßnahmen s. dort – u. Gesprächsgelegenheit – inhaltliche Anforderungen 154 ff. – personelle Anforderungen 161 ff. – u. Risikoerklärung 87 ff. – zeitliche Anforderungen 158 ff. Risikoerklärung – des Kunden im AGB-Recht 296 ff. – u. Risikoaufklärung 4 ff., 12, 55, 66 f., 87 ff., 150, 179, 181, 202, 260, 265, 267, 292, 296 ff., 303, 309, 321, 339 ff., 377, 388, 408, 416 ff., 449, 464, 474 Schaden – Geldersatz 97, 99 – Mitverschulden 167, 242, 250 – Naturalrestitution 97 – Primär- und Sekundärschäden 97 ff., 103, 104 f., 107, 114, 123, 210 – rechtmäßiges Alternativverhalten 98, 102 ff., 106, 115, 136, 157, 220, 228, 269, 485 – Schmerzensgeld 32 f., 103, 114 f., 212, 246, 374

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Schweigepflicht 2, 13, 41, 121, 280, 370, 393, 413 Schuldrecht s. Leistungspflicht, Rechtsgüterschutz Sektionsklauseln – Überraschungseffekt 364 ff. – Inhaltskontrolle 399 ff. Selbstbestimmung – Haftungslücken und Haftungsexpansion bei alleiniger Bewertung als Haftungsgrundlage 110 ff. – u. körperliche Integrität als Bezugspunkte des informed consent 44 ff. – Schutz durch Aufklärung 54 ff. – Selbstbestimmungsaufklärung s. Risikoaufklärung – Verwirklichung durch Steuerung des Leistungsgeschehens im Vertragsrecht 124 ff. Sicherheitsaufklärung – Schutz körperlicher Integrität 52 ff. – Terminologie 52 Sorgfaltspflicht 26, 40, 214 ff. – im anglo-amerikanischen Rechtskreis 91 f. – des Arztes in Abgrenzung zur Leistungspflicht 119 ff. – eigenmächtige Heilbehandlung als Sorgfaltspflichtverletzung 129 – Heilbehandlung als zur Leistungspflicht aufgewertete Sorgfaltspflicht 272 ff. – Schlechtleistung 274 Spende von Organen und Körpersubstanzen 43, 107, 118, 152, 156, 179, 201, 203 ff., 291, 344 ff., 354 ff., 359, 367, 405, 488 Spezifisch anhaftendes und besonders belastendes Risiko 21, 53, 101, 154 ff., 247, 355, 357, 360, 363, 463, 479 Sprache – aktiver und direkter Sprachstil von Formularen 476 ff. – Fremdsprache 11, 241 f., 449, 460 – Fremdwörter 15, 166, 447, 452, 460, 478, 491 – laiengerechter Sprachgebrauch 207, 312, 342, 350, 357, 475, 478 f. – Sprachvermögen 237 ff.

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Sachregister

Strukturelles Ungleichgewicht 85, 267, 271, 279 f., 282 ff., 287, 306, 319, 322 f., 429 Studien s. Arzneimittel, Medizinische Forschungsvorhaben Stufen der Formularverwendung bei der Aufklärung 340 ff. – ausschließlich mündliche Aufklärung 343 ff. – schriftliche Erstaufklärung 348 ff. – Reduktion des Aufklärungsgesprächs auf eine Gesprächsgelegenheit 351 ff. therapeutische Aufklärung – Schutz des Behandlungsverlaufs 52 ff. – Terminologie 52 Transparenzgebot – Abschlusstransparenz 429 ff. – Abwicklungstransparenz 431 ff. – äußere Transparenz 456 f., 470 ff. – Beweisfolgen 490 ff. – Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz 434 ff. – historische Entwicklung 422 ff. – inhaltliche Transparenz 458 f., 475 ff. – laiengerechter Sprachgebrauch 478 f. – materiellrechtliche Folgen 493 f. – medizinrechtliches Transparenzgebot 461 ff. – notwendiger Individualbezug 429 ff. – Kompensation von Marktversagen 427 ff. – Papierfarbe 471 – Rechtsfolgen 489 ff. – Regelungsintention 426 ff. – Satz- und Textlänge 15, 177, 235, 244, 458, 472, 475 f. – Satzbau 475 f. – Schriftfarbe 445 f., 457 f., 470 ff. – Schriftgrad 470 f. – Sprachstil 476 ff. – strenges Transparenzgebot (nur) beim informed consent 462 ff. – Systematik der §§ 305 ff. BGB 433 ff. – Textgliederung 472 ff. – Textstruktur 472 ff. – Textumfang 479 ff. – Unabhängigkeit von unangemessener Benachteiligung 435 ff. – Verweisungen 448, 474

– Vollständigkeit 474 f. – Zeilenabstand 470 f. Transparenzkontrolle s. auch Packungsbeilagen, Transparenzgebot – Anforderungen in der Medizin mindestens analog §§ 305 ff. BGB 421 ff. – Anforderungen in der Medizin zusätzlich analog § 11 AMG 449 ff. – Anforderungen in der Medizin durch ein eigenständiges Transparenzgebot 461 ff. – Abschlusstransparenz als Autonomieschutz 429 ff. – Abwicklungstransparenz als Rechtsschutz 431 ff. – Arzneimittelpackungsbeilagen 449 ff. – Beweisfolgen 490 ff. – Einbeziehungs- und Inhaltstransparenz 434 ff. – materiellrechtliche Folgen 493 f. – Rechtsfolge partieller Unwirksamkeit 483 ff. – Rechtsfolge der Nichtabgabe überraschender Erklärungsinhalte 486 f. – Rechtsfolge der Unwirksamkeit unangemessen benachteiligender Erklärungsinhalte 487 ff. – Rechtsfolge negativer Beweisergiebigkeit bei Intransparenz 490 ff. – Rechtsfolge (ausnahmsweise) materieller Unwirksamkeit bei Intransparenz 493 f. – Transparenzanforderungen an AGB auf Einbeziehungsebene 443 ff. – Transparenzanforderungen an AGB auf Inhaltsebene 447 ff. – unangemessene Benachteiligung (allein) durch inhaltliche Intransparenz 435 ff. Überraschungseffekt von Formularinhalten 362 ff. – innere Leichenschau 364 ff. – Rechtsfolgen 486 f. – Schweigepflichtentbindung 370 – Überlassung isolierter Körpersubstanzen für Forschungszwecke 368 ff. Versicherung – Krankenversicherung 13, 26 f., 157, 280

Sachregister

– Probandenversicherung 18, 32, 395 f. Verstehen der Aufklärung s. auch risikoärmste Routinemaßnahme, Verständnisvermögen – Verschränkung der Motivsphären von Arzt und Patient 144 ff. – Verständnisrisiko 82 ff. Verständnisbedarf – Basiswissen 357 ff. – Frageobliegenheiten 247 ff. – individueller Aufklärungsbedarf 240 ff. Verständnisvermögen 5, 151 ff., 163 ff., 167, 202 ff., 340 ff., 479 – Gefährdung durch Vereinheitlichung 200 ff.

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– Kontrolle durch den Arzt 249 ff. – Sprachvermögen 237 ff. Vertragsbeziehungen s. auch AGB, Formularverträge – in der ärztlichen Heilbehandlung 26 ff. – in der Forschung 28 ff. Vorteilhaftigkeit medizinischer Forschung – Fremd- und Gruppennutzen 69 ff., 175, 181 ff. – als Kriterium bei einwilligungsfähigen Patienten 181 ff. – als Kriterium bei einwilligungsunfähigen Patienten 190 f. – als Kriterium bei Intensiv- und Notfallpatienten 190 ff.