Fieldwork on High Heels: Eine ethnographische Studie über Hostessen auf Automobilmessen 9783839443491

Glossy cars and long-legged hostesses: the automobile trade fair as a stage of hetero-normative gender stereotypes. An i

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Fieldwork on High Heels: Eine ethnographische Studie über Hostessen auf Automobilmessen
 9783839443491

Table of contents :
Inhalt
Danksagung
Prolog
Einleitung: Boliden, Blech und lange Beine
Methoden: Fieldwork on High Heels
Forschungsfeld Automobilmesse
Becoming Hostess: Wie man Hostess wird
Die Hostess als schöne Frau
Hostessen als Emotionsarbeiterinnen
Doing Hostess: Die Interaktion mit Besucher*innen
Hostessen in den Medien
Inszenierte Geschlechterdichotomien
Epilog
Quellenverzeichnis

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Tanja Kubes Fieldwork on High Heels

Gender Studies

Tanja Kubes (Dr. phil.) ist Soziologin und Ethnologin und lehrt Gender Studies an der Technischen Universität München. Sie forscht zu den Feldern Körpersoziologie, Autoethnographie, Ethnologie der Sinne, Science & Technology Studies, Transhumanismus und Mensch-Maschine-Interaktion.

Tanja Kubes

Fieldwork on High Heels Eine ethnographische Studie über Hostessen auf Automobilmessen

© 2018 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld, nach einem Konzept der Autorin Umschlagabbildung: 21411312-stock.adobe-com (© 2018 Adobe Systems Incorporated. All rights reserved. 345 Park Avenue, San Jose, CA 95110 USA) Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-4349-7 PDF-ISBN 978-3-8394-4349-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Danksagung | 7 Prolog | 9 Einleitung: Boliden, Blech und lange Beine | 11

Im Fokus: Hostessen und Automobilmessen | 16 Aufbau der Arbeit | 23 Methodisches Vorgehen: Kurzer Vorausblick | 26 Wer sind die Akteurinnen? | 28 Automobile und Frauen: Eine lange Geschichte | 32 Methoden: Fieldwork on High Heels | 39

Feldforschung in Ethnologie und Soziologie | 41 Der Einbezug der Sinne | 43 Becoming, doing, being hostess | 52 Forschen auf Automobilmessen | 55 Klassische Methoden der Datenerhebung | 59 Grenzen und Probleme der totalen Teilhabe im Feld | 62 Forschungsfeld Automobilmesse | 71

Plattform der Inszenierung: Der Messestand | 76 Akteur*innen am Messestand | 79 Das ‚vertikale Gewerbe‘: Der Begriff Hostess | 82 Tätigkeitsbereiche am Messestand | 86 Frauen neben Autos: Die Produktpräsentation | 91 Becoming Hostess: Wie man Hostess wird | 93

Die Hostessenagenturen | 94 Vermessen, kategorisieren und retuschieren: Die Sedcard | 95 Sich live in Szene setzen: Das Casting | 102 Auswahlkriterien der Automobilkonzerne | 107 Das Ausgewähltwerden | 110 Prestigezuweisung und die Präferenz für eine Automobilmarke | 113 Formell Hostess werden: Der Hostessenvertrag | 118 Mit dem Bus in die Produktionsstätte – das echte Fahrgefühl selbst erleben | 127 Mit Flieger und Luxusschlitten das Upper-Class-Gefühl erfahren | 130 Verortung am Messestand, und wie man lernt, ein Auto zu enthüllen | 131

Die Hostess als schöne Frau | 137

Homogene Hostessenkörper | 143 Hostessenstyling: Einheits-Make-Up und die perfekte Frisur | 145 Uniformierung von Hostessen | 151 Beinbekleidung, High Heels und die idealtypische Hostessenpose | 158 Der Hostessenhabitus | 165 Hostessen als Emotionsarbeiterinnen | 169

Emotionen als Ware | 170 Der Klassiker: Arlie Russell Hochschild und das gekaufte Herz | 172 Doing Emotion oder die Verallgemeinerung von Emotionen? | 176 Produktberatung vs. Produktpräsentation | 178 Emotionsarbeit als Technik und professionelle Kompetenz | 180 Doing Hostess: Die Interaktion mit Besucher*innen | 193

Die Königsdisziplin: Dauerlächeln und Posen | 203 Die Automobilenthüllung | 208 Das Fotografiertwerden und Fotoobjektsein | 212 Hostessen in den Medien | 229

Beine, Beine, Beine | 234 Being hostess: Fragmentierte Identitäten | 238 Ich zeige mich, also bin ich – Selbstverobjektivierung als Agency? | 244 Inszenierte Geschlechterdichotomien | 247

Exkurs: Der Security-Mitarbeiter als hegemonial inszenierter Beschützer | 250 Geschlechtergerechte Personalpolitik oder Wissensdefizit in Genderfragen? | 252 Heteronormative Messeinszenierung als Vermarktungsstrategie? | 254 Brüche und Veränderungen | 255 Trend zur Diversität? | 260 Zukunft Automobilmesse – Normierung, Heterogenität oder Cyborgs? | 262 Epilog | 265 Quellenverzeichnis | 267

Verwendete Literatur | 267 Zusätzliche Internetquellen | 293 Videos | 295

Danksagung

Eine ethnographische Arbeit ist nie das Werk einer Einzelnen, sondern entsteht immer erst durch das Zusammenwirken vieler Menschen. Mein größter Dank gilt deshalb meinen Hostessenkolleginnen, ohne die diese Forschung nicht möglich gewesen wäre. Ihr habt mit mir lustige, emotionale und anstrengende Momente geteilt und mir ungeachtet aller vertraglichen Schweigeklauseln ausführlich über eure Messeerfahrungen berichtet. Wenn es mir gelungen ist, für eine Weile tatsächlich Teil der Hostessenwelt zu werden, dann wegen euch. Liebe Hostessen, wo immer ihr auch seid – thank you for becoming, doing, being hostess and never forget to smile for yourself! Im Kontext Messe habe ich auch den vielen internen und externen Mitarbeiter*innen von Automobilkonzernen zu danken, die sich zu Interviews bereit erklärt haben und mir bereitwillig ihre Messestandkonzepte erläuterten. Ein Dankeschön auch an die vielen Messebesucher*innen die sich nicht nur äußerst offen zu Interviews bereitfanden, sondern mir auch Einblicke in ihre fotografischen Praxen gewährten. Danke auch an die Mitarbeiter*innen der Hostessenagenturen, die mir für Gespräche zur Verfügung standen. Jenseits der Messewelt geht mein erster und größter Dank an meine Doktormutter Frau Prof. Dr. Corinna Onnen. Sie brachte mir genau die richtige Balance zwischen Vertrauen und Ansporn entgegen, und ihre inspirierende Art und prägnanten Nachfragen gaben mir stets das Gefühl, exakt die Betreuung und Unterstützung zu erfahren, die für das Gelingen der Arbeit nötig war. Prof. Dr. Burkhart Lauterbach, dem Zweitgutachter meiner Arbeit, danke ich für seine offene und lockere Art im Doktorand*innen-Kolloquium und für konstruktive Gespräche, die meinen kreativen Freiraum nie eingeschränkt, sondern erweitert haben. Den Teilnehmenden des Doktorand*innen-Kolloquiums der LMU München danke ich für die vielen spannenden Diskussionen – nicht nur im Kolloquium selbst, sondern auch, im Anschluss daran, im Stammlokal. Der Universität Vechta danke ich für den großzügigen Druckkostenzuschuss, mit dem diese Publikation verwirklicht werden konnte, und insbesondere für die

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Aufnahme ins Stipendienprogramm des Promotionskollegs Gender Studies. Diese finanzielle Unterstützung trug ganz entscheidend dazu bei, mich ‚mit High Heels, Haut und Haaren‘ auf mein Promotionsthema einlassen zu können. Sie erlaubte mir auch die Teilnahme an zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen, um dort die von mir entwickelte multisensorische, autoethnographische Feldforschungsmethode der living fieldwork vorstellen und über heteronormative Schönheitsideale auf Automobilmessen sprechen und diskutieren zu können. Die LAGEN-Landesarbeitsgemeinschaft der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterforschung in Niedersachsen bot mir Gelegenheit, viele inspirierende Menschen kennenzulernen und Teile meiner Arbeit zu präsentieren. Mein Dank gilt hier allen Organisator*innen und Teilnehmer*innen. Auch möchte ich allen Kolleg*innen danken, die mich als Vortragende zu Konferenzen, Tagungen und Ringvorlesungen eingeladen und zu Beiträgen in Sammelbänden ermuntert haben. Ein Dank geht auch an die Nachwuchsforschungsgruppe Gender Studies der Universität Vechta. Gemeinsam haben wir nicht nur den Sammelband (Un-)typisch Gender Studies herausgegeben, sondern auch die Vechtaer Gender Movie Days ins Leben gerufen. Danke für die gewinnbringende Zusammenarbeit! Und last, but not least, möchte ich meiner Familie danken. Besonders meiner Mutter, die immer an mich geglaubt hat, und meinem Mann Thomas. Er hat mich in allen Phasen meiner Forschung unterstützt und mich immer wieder daran erinnert, dass es auch ein Lächeln jenseits von Messen gibt.

Prolog

Sie zeigt sich gerne, und der Platz neben der Automobilneuheit scheint die ideale Bühne für sie zu sein. Seit drei Stunden steht sie da, auf ihren hohen Absätzen. Eine Hand abgestützt in der leicht geknickten Hüfte, lächelt sie verführerisch mit ihren rot geschminkten Lippen. Das knappe Kleid sitzt, zeigt viel Bein und umschmeichelt ihre schlanke Figur. Die Scheinwerfer blenden, ihr Mund ist trocken, ihre Beine sind angeschwollen, ihre Zehen fühlt sie kaum noch, ihr Rücken schmerzt, sie spürt wie ihre Gesichtshaut trotz Make-Up und Puder langsam zu glänzen beginnt – sie lächelt. Ohne sich viel zu bewegen und ihre grazile Haltung aufzugeben, verlagert sie alle paar Minuten ihr Gewicht auf das andere Bein – sie lächelt. Gerne würde sie die ihr zugewiesene Stelle für ein paar Minuten verlassen, sich kurz bewegen, die immer schlimmer drückenden Schuhe ausziehen, Kühlspray auf die Beine auftragen, die Pflaster an den Zehen erneuern, etwas trinken und essen, den Kommentaren und Blicken kurz entfliehen und neue Energie tanken – an Pause ist jedoch gerade nicht zu denken - sie lächelt weiter. Gerade wird sie wieder von drei jungen Männern fotografiert die etwas Anzügliches rufen. Sie verzieht keine Miene, schaut mit ihren geschminkten dunklen Augen durch die Besucher*innen hindurch und lächelt. Wie viele hundert Mal sie heute schon fotografiert wurde, sie weiß es nicht, sie hat aufgehört zu zählen. Eigentlich steht sie gerne im Mittelpunkt – besonders die Pressetage hat sie genossen. „Na wie fährt sich der Schlitten?“ – immer wieder die gleiche Frage. Sie lächelt mit zuckersüßem Blick. „Wenn man den kauft, kriegt man dann dich dazu?“ Sie überhört die meisten Kommentare, die ihr von den überwiegend männlichen Besuchern zugerufen werden, an die seichten Sprüche hat sie sich inzwischen gewöhnt, das ist normal hier – sie lächelt weiter und schaut in die Masse der Besucher*innen. Sie blickt um sich, bei den anderen Hostessen ist es nicht anders: Fotos und Anmachen, hin und wieder mal ein Wichtigtuer mit Fachgesimpel und auch ein schönes Kompliment. Wie ihre Kolleginnen präsentiert sie eines der neuen glänzend polierten in Szene gesetzten Fahrzeuge. Dies

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wird sie auch die nächsten Tage tun, das Automobil präsentieren, perfekt gestylt im kurzen Kleid, auf hohen Schuhen, in einheitlicher Pose, immer mit einem Lächeln auf den Lippen.

Einleitung: Boliden, Blech und lange Beine

„Sie sind das Salz in der Suppe, die Sahne auf dem Himbeerkuchen, das Öl im Kreislauf der Trockensumpfschmierung: Die Messe-Hostessen.“ Anonymus 25, 2015, Auto Motor Sport Online

Besucht man zum ersten Mal eine Automobilmesse, ist die Flut von Sinneseindrücken überwältigend. Man betritt eine künstlich erschaffene Erlebniswelt aus einer unüberschaubaren Anzahl von mit Licht bespielten Automobilneuheiten, farblich abgestimmten Standelementen und imposanten Herstellerlogos. Die Ausstellungsobjekte verzaubern durch glänzenden Lack, polierte Felgen und innovatives Design. Neben den Fahrzeugen und Messestandkomponenten fesselt noch etwas anderes den Blick: Bei fast allen Herstellern ist eine Vielzahl auffallend attraktiver Frauen am Messestand. Diese Frauen sind weder firmeninterne Mitarbeiterinnen noch Besucherinnen, sondern werden extra für den jeweiligen Messeauftritt als Hostessen engagiert. Hostessen begrüßen Gäste, verteilen Werbeartikel oder erklären einfache Details am Exponat. Darüber hinaus gibt es Hostessen, die keiner offensichtlich aktiven Tätigkeit nachzugehen scheinen, sondern ‚einfach‘ nur in gleichförmig wirkender Pose neben den Fahrzeugen stehen und lächeln. Wollte man herausfinden, welches Ideal von weiblicher Schönheit in unserer Gesellschaft öffentlichkeitswirksam transportiert wird, man müsste nur diese Frauen beobachten, die es in paradigmatischer Weise widerspiegeln: Nahezu

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ausnahmslos sind sie jung, groß und sehr schlank und entsprechen einem Frauenbild, das von den Medien als attraktiv vermittelt wird. Sie sind immer perfekt gestylt, und sie tragen ein deutlich hervorstechendes, uniformes Outfit, das in der Regel aus kurzem Rock oder Kleid und sehr hohen Schuhen besteht. Schaut man sich an, was sie eigentlich tun, sieht man sie durchwegs freundlich und höflich agieren. Lächelnd scheinen sie jede Minute ihrer Tätigkeit zu genießen. Die Tätigkeit selbst wirkt dabei, von außen betrachtet, nicht sehr komplex: „Die Aufgabe einer Hostess ist ziemlich einfach. Man soll das Auto und sich einfach nur gut aussehen lassen und so viele Blicke auf sich ziehen“ (Anonymus 7, 2011, Der Mann – Das Online Magazin für Männer, Hervorh. i. Orig). Das Zitat deutet bereits eine Verschiebung der semantischen Reichweite des Begriffs Hostess an. Wie im Verlauf meiner Arbeit gezeigt werden wird, hat die ursprüngliche Bedeutung des Wortes als Synonym für Gastgeberin nur wenig mit der Realität auf einer Messe zu tun. Das gilt gleichermaßen für das, was Besucher*innen und Fotograf*innen wahrnehmen, wie für das, was wirklich von Hostessen gefordert wird. Die Gastgebertätigkeit tritt häufig in den Hintergrund und die Inszenierung des Körpers in den Vordergrund. Dass die Darstellungsund Inszenierungspraxis von Hostessen indes alles andere als einfach ist, ist unter anderem Gegenstand meiner Forschung. Das von den Hostessen verkörperte Frauenbild scheint aus der Zeit gefallen. Man sollte meinen, dass technische Neuerungen heutzutage für sich selbst stehen können und nicht von langbeinigen jungen Frauen in kurzen Röcken flankiert werden müssen. Gleichwohl sind der Einsatz und die Inszenierung von Hostessen als ‚sexy Schauobjekte‘ bei der Präsentation von Automobilneuheiten seit vielen Jahrzehnten ein Phänomen, das mit geringfügigen kulturellen Modifizierungen in annähernd gleicher Weise rund um den Globus praktiziert wird. „Egal ob IAA, Genf oder Pariser Autosalon. Neben den automobilen Neuheiten stehen immer auch weibliche Blickfänge im Mittelpunkt“ (Anonymus 9, o. J., Auto Motor Sport Online). Versuche, das stereotype1 Hostessenbild zu verändern oder ganz abzuschaffen wurden immer wieder unternommen, haben aber weder bei den Messeausrichtern noch bei den ausstellenden Automobilkonzernen oder den berichtenden Medien ernsthaft gefruchtet. Als etwa die belgische Innenministerin Joëlle Milquet 2012 nach einem Fall schwerwiegender sexueller Belästigung durch männliche Messebesucher die „sexistischen und frauenfeindlichen“ (Anonymus 30, 2012, Tageblatt Lëtzeburg Online) Outfits der Hostessen des Brüsseler Auto-

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Das besondere an Stereotypen ist, dass ihr Inhalt über die Zeit eine erstaunliche Stabilität aufweist (vgl. Mühlen-Achs 1998: 14).

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salons mit der Begründung verbieten wollte, „Autos sind Objekte, Frauen nicht“ (Anonymus 31, 2012, Grenzecho Online), war das mediale Echo größtenteils von Unverständnis und Häme geprägt: „Gemein! Auto-Messe verbietet sexy Hostessen“ (Anonymus 32, 2013, Bild Online). Mehr noch, nicht nur ist der Vorschlag, die Hostessen etwas ‚züchtiger‘ zu kleiden, praktisch wirkungslos verpufft, die Innenministerin selbst wurde durch ihren Appell in Leserblogs und sozialen Medien zum „Spott Objekt“ (Anonymus 30, 2012, Tageblatt Lëtzeburg Online). Noch einen Schritt weiter als der belgische Vorstoß gingen Forderungen auf der Auto Show 2015 in Shanghai. Aufgrund der zunehmenden Präsenz „aufreizender“ und „leicht bekleideter Hostessen“ (Anonymus 28, 2015, FAZ Online) wurde nicht nur die Bekleidungspolitik angeprangert, sondern der Hostessenjob ganz verboten (vgl. ebd.). Auch dieses Verbot wurde in hiesigen Medien mit Verständnislosigkeit und Bedauern zur Kenntnis genommen (u.a. in Auto Bild, Manager Magazin, FAZ, Welt, Focus). „Ohne Hostessen gibt es doch nichts zu sehen. [...] Wer will schon die Autos sehen“ (Anonymus 28, 2015, FAZ Online). Eine Online-Umfrage von Auto Bild zur Thematik bestätigt diese Tendenz. Die Mehrheit der Befragten war der Meinung, dass „sexy Hostessen“ auf Automessen einfach dazugehören (vgl. Anonymus 46, 2015, Auto Bild Online).2 In Shanghai selbst fanden die betroffenen Aussteller kreative Lösungen, das Verbot zu umgehen. Die Hostessen wurden nicht abgeschafft, sondern kurzerhand zu „Informationsassistentinnen, Protokollmitarbeiterinnen oder Verkaufsberaterinnen“ (Doll und Ehrling, 2015) ernannt (vgl. Anonymus 29, 2015, Auto Bild Online). Lediglich das auf chinesischen Automobilmessen häufig zu beobachtende laszive Räkeln auf Motorhauben sollte wegen befürchteter „negativer sozialer Folgen“ (Doll und Ehrling, 2015) unterlassen werden. Der chinesische Vorstoß war in mancher Hinsicht nicht nur erfolglos, sondern sogar kontraproduktiv. Zwar folgte die Pekinger Autoshow dem Shanghaier Beispiel und soll im Jahr 2016 ebenfalls ohne „Motorhauben-Mädchen“ (Anonymus 45, 2016, Neue Züricher Zeitung Online) stattfinden, doch rückte das Stereotyp der freizügig gekleideten, stets freundlich lächelnden und vermeintlich ‚zugänglichen‘ Messehostess durch die massenhafte Berichterstattung letztlich nur noch stärker in den medialen Fokus. Das gilt umso mehr, als auch die kritische Berichterstattung über den Einsatz von Hostessen – genau wie diese Arbeit – kaum ohne Bilder auskommt, die genau das kritisierte Frauenbild medial re-

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80% stimmten dafür, 15% stimmten dagegen. Insgesamt wurden 281 Stimmen abgegeben [29.04.2016].

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produzieren und die Leser*innen zugleich durch Verweise und Verlinkungen an ein globales Bilderarchiv stereotyper Darstellungen anschließen. Abbildung: Hostessen auf der Changchun International Automobil Expo 2011 in China

Foto: Frank Grunwald Photography, 2011

Es scheint, als würde – zumindest vorläufig – auf Seiten der Verantwortlichen wenig Interesse daran bestehen, an der Praxis des Hostesseneinsatzes zu rütteln. Und das, obwohl sie in starker Spannung zu den sonstigen Bemühungen der Hersteller steht, die Aufmerksamkeit eines möglichst breiten Spektrums potentieller Käufer*innen auf sich zu ziehen. Denn wenngleich das Gros der Autowerbung in der Regel weiterhin aus männlicher Perspektive und für männliche Betrachter konzipiert wird (vgl. Schneeberger 2015), spielt das Prinzip ‚Sex sells‘ als verkaufssteigernde Marketingstrategie nur noch in Ausnahmefällen eine Rolle. Viel wichtiger ist inzwischen die Betonung von Freiheitsgefühl, Sicherheit und Alltags- und Familientauglichkeit. Hinzu kommt, dass Frauen mittlerweile auch ein großes Käuferinnenpotenial darstellen: gut ein Drittel aller Neufahrzeu-

Einleitung: Boliden, Blech und lange Beine | 15

ge wird in Deutschland auf Frauen zugelassen (vgl. Dudenhöffer 2014; vgl. Kraftfahrtbundesamt 2011: 7). Um so verwunderlicher ist es deshalb, dass die Standdramaturgie auf Automobilmessen nach wie vor praktisch ausschließlich auf eine technik- und mobilitätsinteressierte männliche „Erlebnisgesellschaft“ (Schulze 1992) ausgerichtet ist. Fast überall dominiert ein heteronormativer ‚männlicher Blick‘ die Inszenierung, Darstellung und Medialisierung. Für viele Messestände scheint weiterhin ungebrochen zu gelten, was der Focus vor einigen Jahren lakonisch konstatierte: „Ob Normalo-Auto oder Supersportler – es gibt keinen fahrbaren Untersatz, den man nicht mit einem menschlichen Fahrgestell noch attraktiver machen könnte“ (Anonymus 1, 2013, Focus Online). Dies gilt firmenübergreifend und quer durch alle Preissegmente: „Inzwischen werden nicht nur Concept Cars und extravagante Autos mit einer Prise Erotik aufgepeppt, sondern auch ganz gewöhnliche Allerweltsfahrzeuge“ (Zerback 2011: 195). Diese wenig subtile Marketingstrategie soll Besucher*innen (respektive: Besucher) an den Messestand locken und ihr Interesse schließlich auch auf die ausgestellten Automobile lenken. Als Besucher*in nimmt man demzufolge neben den dargebotenen Innovationen immer eine Fülle an weiblichen Körpern wahr, die in auffallend gleichartig inszenierter Weise die Messehallen bevölkern. Nicht die Person als Individuum mit bestimmten Kompetenzen und Kenntnissen steht dabei im Vordergrund, sondern nahezu ausschließlich ihre einheitlich arrangierte äußere Hülle. Dies führt dazu, dass zumindest manche Besucher*innen Automobilmessen weniger als Plattform für die Präsentation von Innovationen wahrnehmen, als vielmehr als eine dem Blick schmeichelnde „Ansammlung vieler schöner junger Frauen“ (Messebesucher H, 37)3. Die Hostessen dienen dabei als schier unerschöpfliches Reservoir an Schauund Fotoobjekten. Sie stehen beispielhaft für ein idealisiertes, ebenso normiertes wie reduziertes Frauenbild. Dieses verkörpern sie in mehrfacher Hinsicht: Zum einen, indem sie mit dem, was sie tun, eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Geschlecht, Weiblichkeit, Schönheit, etc. produzieren und reproduzieren – sie also mit ihrem Körper darstellen und ihr dadurch ‚Körper geben‘ und sie sichtbar machen. Zum anderen aber auch, indem sie sich Techniken und Weiblichkeitsideale im wahrsten Sinne des Wortes ‚einverleiben‘, um überhaupt tun zu kön-

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Die Angabe in der Klammer bezeichnet den jeweiligen Messegast mit dem jeweiligen Alter, falls dieses im Interview angegeben wurde. Wenn der Gast die Messe beruflich besucht hat, wird dies in der Klammer mit „beruflich“ vermerkt. Wenn keine weitere Angabe gemacht wird, sind die Gäste Privatbesucher*innen. Falls bestimmte Angaben zusätzlich relevant sind, werden auch diese in der Klammer vermerkt.

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nen, was sie tun. Das Ergebnis ist erstaunlich homogen. Und es ist, wie ich zeigen werde, kein Zufall, sondern das Resultat harter Arbeit an Darstellungsressourcen und –praxen. Um diesem statisch produzierten Frauenbild gerecht zu werden, müssen Hostessen zwar ‚von Natur aus‘ über gewisse körperliche Eigenschaften verfügen, vor allem aber müssen sie sich normierende Körpertechniken (Mauss 1975) und Techniken zur Emotionsregulierung (Hochschild 1975, 1979, 1983) aneignen. Die externen Schönheitspraxen und Schönheitszuschreibungen wirken sich dabei nicht nur auf ihr äußeres Erscheinungsbild aus, sie beeinflussen auch die eigenleibliche Wahrnehmung. Konstruierte Geschlechterdualismen werden also nicht allein visuell sichtbar gemacht, sie wirken sich auch auf das körperliche Handeln und leibliche Empfinden der Akteurinnen aus.4 Unbeeindruckt von vielen Jahrzehnten feministischer Kämpfe um Gleichberechtigung und gegen Sexismus besteht die Symbiose von Automobil und schöner Frau auf Automobilmessen ungetrübt fort. Journalist*innen können auch heute noch unwidersprochen schreiben: „die heimlichen Stars der IAA sind wie jedes Jahr die wunderschönen Frauen, die teils lasziv, teils sehr professionell vor den verschiedenen Autos posen“ (Anonymus 7, 2011, der Mann – Das Online Magazin für Männer). Diese Koexistenz beginnt sich erst aufzulösen, wenn die Messe vorüber ist. Erst dann werden beide ‚Ausstellungsobjekte‘ aus ihrer inszenierten Starre entlassen und verschwinden wieder aus dem medialen Fokus. Das Fahrzeug wird wieder Fortbewegungsmittel, und die als Hostess arbeitende Frau entledigt sich ihrer uniformen Kleidung und der hohen Schuhe und gewinnt wieder festen Boden unter den Füßen – solange jedenfalls, bis die nächste Messe beginnt.

IM FOKUS: HOSTESSEN UND AUTOMOBILMESSEN „Der menschliche Körper ist das mikroskopische Abbild einer Gesellschaft.“ Douglas 1974: 109

Hostessen prägen sowohl die Atmosphäre der Messe, als auch die Wahrnehmung einer Marke ganz entscheidend. Auf Automobilmessen kann zwischen fünf

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Im Folgenden unterscheide ich im phänomenologischen Sinne zwischen Körper und Leib. Mit Körper bezeichne ich den menschlichen Körper in seiner Materialität, mit Leib den Körper als wahrnehmende Instanz (vgl. Schmitz 2007, Merleau-Ponty 1966, Plessner 1976).

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Hostessenarten unterschieden werden. Erstens, reine Produktpräsentationshostessen, welche das Automobil mit ihrer körperlichen Anwesenheit präsentieren, ohne es zu erklären. Produktpräsentationshostessen werden oft auch als Modelhostessen oder schlicht Model bezeichnet und kombinieren eine vordefinierte Pose mit einem permanent gezeigten Lächeln. Diese hostessentypische Mimik werde ich im Folgenden mit Dauerlächeln bezeichnen. Zweitens, ein relativ neuer Arbeitsbereich, Hostessen als Produktberaterinnen. Jegliche Form von Beratung wurde bis vor wenigen Jahren ausschließlich von (männlichen) Automobilverkäufern durchgeführt. Drittens, eine Mischform aus den ersten zwei Tätigkeitsbereichen. Hostessen, die teils in der Produktpräsentation arbeiten, zeitweise aber auch die Fahrzeuge (oberflächlich) erklären und den Kund*innen spezielle Features vorführen. Viertens, Hostessen, die am Empfangs- bzw. Informationscounter als Ansprechpartnerinnen für die Besucher*innen fungieren, Adressen generieren, Informationsmaterial weitergeben und Kaufinteressent*innen an die Verkäufer vermitteln. Und schließlich Promotionshostessen, die Werbegeschenke oder Flyer an die Messegäste verteilen. Die beiden letztgenannten Hostessenarten finden sich auch auf Messen jenseits der Automobilbranche. Sie stehen jedoch, im Gegensatz zu den ersten drei Hostessenarten, nicht im direkten Kontakt mit den Ausstellungsstücken. Auf Automobilmessen verrichten sie ihre Arbeit offensichtlich unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle von Fotograf*innen und Kameraleuten. In den Medien jedenfalls sind sie kaum präsent und wirken entsprechend wenig ‚stilbildend‘ für ein gesellschaftlich vermitteltes und reproduziertes Frauenbild. In meiner Arbeit beschäftige ich mich daher vorrangig mit den drei erstgenannten Hostessenarten, die vielfach medial rezipiert werden und paradigmatisch für ein spezifisches Bild der ‚schönen Frau‘ stehen. Insbesondere die Modelhostessen in der Produktpräsentation sind dabei durch ihre offensichtliche Objektfunktion von ganz speziellem Interesse. Je nach Hersteller kann in jüngster Zeit vor allem das zweite Tätigkeitsfeld (die Beratung), auch von männlichen Mitarbeitern, sogenannten Hosts, bedient werden.5 Nach wie vor stellt das ein Novum dar, das den Medien durchaus die eine oder andere Schlagzeile wert ist. So titelt die online-Ausgabe der Schweizer Zeitung Blick noch 2015: „Salon-Hostessen bekommen Konkurrenz. Jetzt kommen die Jungs!“ (Anonymus 11, 2015, Blick Online). Von Rivalität oder Wettbewerb zwischen Hostessen und Hosts kann jedoch keine Rede sein. Denn weder gelten für Hosts die gleichen Einstellungskriterien wie für Hostessen, noch

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Auf Automobilmessen gibt es natürlich auch männliche Mitarbeiter (v.a. interne Mitarbeiter als Verkäufer), auf die ich weiter unten noch eingehen werde.

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arbeiten sie unter den gleichen Bedingungen. Der Einsatz von Hosts wird den Hostessen deshalb kaum ihren ‚Platz‘ (im wahrsten Sinne des Wortes) streitig machen. Noch immer übersteigt nicht nur die Anzahl der weiblichen Hostessen die ihrer männlichen Kollegen um ein Vielfaches, an fast allen Messeständen gibt es zudem auch klar gegenderte Bereiche, in denen praktisch ausschließlich Frauen oder ausschließlich Männer anzutreffen sind. Ein Mitarbeiter und ein Projektmanager von jeweils unterschiedlichen Automobilmarken verdeutlichen dies im Interview sehr gut: „Also es gibt generell am Counter die Vorgabe, dass dort Frauen sehr gerne gesehen werden, weil es Männer sehr leicht haben, auf sie zuzugehen. Frauen haben eher Servicepositionen. Bei den reinen Lounge- oder Vorstandscountern sind Frauen doch mehr vertreten, also eigentlich 99% Frauen.“ (Automobilkonzernmitarbeiter G) „Unser Bedürfnis ist schon, dass vom ersten Eindruck ein Lächeln auf die Lippen der Herrschaften gezaubert wird. Das heißt, wir haben Bereiche, z.B. den Vorstandsbereich, oder auch Bereiche bei den sogenannten Einflugschneisen, wo wir ganz gerne ein Mädel haben, das sehr viel lächelt. Das ist halt unser Wunsch. Und so treffen wir auch unsere Auswahl.“ (Projektmanager V)

Tatsächlich gibt es auf Automobilmessen keine Männer, deren Aufgabe sich darin erschöpfte, als Blickfang in der „Einflugschneise“ „ein Lächeln auf die Lippen der Herrschaften“ (sic) zu zaubern. Und es gibt auch keine männlichen Mitarbeiter, die allein aufgrund ihrer Optik ausgewählt werden, um schließlich stumm lächelnd neben einem Fahrzeug zu posieren. Weder werden männliche Körper sexualisiert und als reine Ausstellungsstücke zur Schau gestellt, noch werden sie in der gleichen Weise wie ihre Kolleginnen medial rezipiert. Bestimmte Positionen am Messestand, wie die Produktpräsentation, gibt es für sie schlichtweg nicht. Hosts haben deshalb sowohl bei Standbetreiber*innen als auch bei Besucher*innen und Medien eine ganz andere Symbolkraft als ihre weiblichen Kolleginnen. Aus diesem Grund werde ich auf Hosts nur Bezug nehmen, wenn diese an der Konstruktion stereotyper Geschlechterdichotomisierungen beteiligt sind. Diese Einschränkung ist nicht Ausdruck eines female bias, sondern ergibt sich aus dem Gegenstand meiner Studie: dem hostessenspezifischen Einsatzgebiet und der Inszenierungspraxis von Hostessen. Die spezifische Fokussierung meiner Arbeit auf (weibliche) Hostessen ist der entlang von bipolar konstruierten Geschlechtergrenzen verlaufenden Aufteilung von Tätigkeitsbereichen geschuldet.

Einleitung: Boliden, Blech und lange Beine | 19

Bei der Hostessentätigkeit wird, wie in vielen postfordistischen Arbeitsfeldern, Arbeit am und mit dem Körper in Form von Emotionsarbeit (Hochschild 1975, 1979, 1990) und ästhetischer Arbeit (bzw. aesthetic labour, Nickson et al. 2003) vereint. Ästhetische Arbeit wird bei Hostessen vor allem durch normative Körperüberformungspraxen deutlich, muss jedoch jenseits der vorbereitenden Praxen zusätzlich durch ein kontinuierliches Tun performativ aufrechterhalten werden. Diese Art der Hostessenperformanz werde ich im Folgenden in Anlehnung an das von West und Zimmermann entwickelte Konzept des doing gender (West und Zimmermann 1987) mit doing hostess bezeichnen. Mit dem Begriff aesthetic labour wird die im Dienstleistungsbereich häufig erforderliche Anpassung der äußeren Erscheinung an kulturell und historisch bedingte ästhetische Normen bezeichnet (vgl. Nickson et al. 2003). Zudem wird ästhetische Arbeit gezielt eingesetzt wie in der klassischen Ästhetik, um Atmosphären zu schaffen (vgl. Böhme 2013: 35). „Die ästhetische Arbeit besteht darin, Dingen, Umgebungen oder auch dem Menschen selbst solche Eigenschaften zu geben, die von ihnen etwas ausgehen lassen. D.h. es geht darum, durch Arbeit am Gegenstand Atmosphären zu machen“ (Böhme 2013: 35, Hervorh. i. Orig.). Nickson, Warhurst, Cullen und Watt subsumieren unter aesthetic labour sowohl Schlüsselelemente wie das Selbstmanagement der äußeren Erscheinung („management of appearence“), als auch die körperliche und leibliche Anpassungsleistung („corporal management“), die sich im Gutaussehen („looking good“) und im sprachlich angemessenen Ausdruck („sounding right“) manifestiert (vgl. Nickson et al. 2003: 191).6 Die genannten Schlüsselelemente treffen in unterschiedlicher Gewichtung auch auf die Hostessenarbeit zu. Aesthetic labour ist eine Art von Körperarbeit, bei der Körperkapital (bodily capital) im Sinne Wacquants gezielt organisiert werden muss (vgl. Wacquant 1995): „[I]t requires an extraordinary efficient relation to the specific capital constituted of one’s physical resources, at the edge of rational management“ (Wacquant 2004: 127). Körperkapital ist also nicht etwas, das man hat, sondern v.a. etwas, das ständig aktiv erhalten und „als unternehmerisches Selbst“ (Bröckling 2007: 61) optimiert werden muss. Displaytätigkeiten erfordern, je nach Art der Tätigkeit, ein unterschiedliches Management von körperlichem Kapital. Ob beim Boxen (Wacquant 2004), Strippen und erotischen Tanz (u.a. Frank 2002, Egan 2006, Wesely 2003, Ronai 1998), bei der Arbeit in Clubs und Bars (u.a. Allison 1994, Spradly und Mann

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Vgl. dazu etwa auch Warhurst und Nickson (2001); Witz, Warhurst und Nickson (2003); Nickson, Warhurst, Cullen und Watt (2003). Für die deutschsprachige Rezeption siehe Rastetter (2008).

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1975), beim Modeln (u.a. Mears und Finlay 2005, Mears 2010, 2011, 2014; Entwistle und Mears 2012) oder, falls man das heute überhaupt noch als Displaytätigkeit bezeichnen will, als Flugbegleiter*in (Hochschild 1983, Rastetter 2008) – allen Tätigkeiten gemein ist die spezifische Arbeit am und mit dem Körper, in der Körperkapital nach normativen Vorgaben zugerichtet und eingesetzt wird und mit bestimmten vorgegebenen Formen der Körperdisziplinierung (Foucault 1994) einhergeht. In Interaktion mit Boxpartner*innen, Kund*innen, Fotograf*innen oder Modelagent*innen und Gästen wird neben der vorausgesetzten Körperzurichtung (Training, Diät, Styling usw.), auch permanente Körperarbeit ausgeübt (fighting hard, looking good, being sexy, being kind usw.), um nach dem jeweils kulturell erforderlichen Skript angemessen auf das Handeln des Gegenübers reagieren zu können. Ähnlich verhält es sich bei Hostessen. Zwar sind die vorbereitenden Körperarbeiten durchaus vergleichbar mit denen anderer Displaytätigkeiten, die eigentliche Arbeit am und mit dem Körper unterscheidet sich, wie gezeigt werden wird, jedoch ganz wesentlich davon. Besonders offensichtlich wird dies während der Produktpräsentation, dem Stehen und Posieren neben einem Ausstellungsobjekt. Denn hier soll auf Dauer, ohne konkrete/n Adressat*in und ohne wirkliche Interaktion über lange Strecken hinweg ein immer gleiches Körperbild erzeugt werden. Arbeiten über Messehostessen stellen fächerübergreifend ein Forschungsdesiderat dar. Dies gilt insbesondere für Studien aus emischer Perspektive.7 Wenn der Terminus Hostess im Sinne von Messehostess überhaupt in der Literatur erwähnt wird, dann in Texten über Eventmanagement, Handbüchern zur Tagungs- und Kongressplanung oder für das Event- bzw. Dienstleistungsmarketing (u.a. Balster 2002: 79; Benkenstein 2001: 167; Gietl 2013: 112; Förster und Kreuz 2003: 99; Busch, Dögl und Unger 2001: 508; Kalka und Mäßen 2014: 97; Klein 2004). Der Verweis beschränkt sich dabei in der Regel auf ein bis zwei Sätze, in denen Hostessen als notwendige Messemitarbeiterinnen angeführt werden. Sie werden dabei oft in einem Atemzug mit anderem externen Messestandund Aushilfspersonal (Service- und Putzkräfte, Dekorateur*innen, Standbauer*innen, etc.) genannt (ebd.). Welche Anforderungen an Hostessen gestellt werden oder welche Funktion genau sie ausüben, wird hingegen in der Regel nicht definiert.

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Die Innenansicht einer Kultur beruht auf dem Verstehensprozess zwischen Informant*in und Forscher*in und kann auch als emische Sichtweise bezeichnet werden. Im Gegensatz dazu wird unter etischer Perspektive die auf Beobachtung basierende Außensicht einer Gesellschaft verstanden (vgl. Hauschild 2000: 63).

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Vereinzelt wird der Begriff in der Literatur auch in Verbindung mit Unternehmenskleidung und Brand- bzw. Corporate Fashion gebracht (u.a. Giese 2007:471-479; Carvajal Vargas 2009: 146, Szodruch 2012). So beschäftigt sich etwa Kerstin Szodruch in einem kurzen Aufsatz mit dem Einsatz von Hostessenkleidung (Szodruch 2007: 221-235). Mittels Fragebögen, fotografischer Dokumentation und Expert*inneninterviews untersucht sie dabei, wie Kleidung auf Messen dazu beiträgt, Unternehmenswerte zu vermitteln. Am Beispiel der CeBit Hannover, einer Messe für Informationstechnik, zeigt sie, wie sich Hostessenkleidung am Messestand eines Computerherstellers als Blickfang einsetzen lässt (ebd.: 226).8 Wie auf den von mir erforschten Automobilmessen fungieren die Hostessen auch hier als „sexualisiertes Dekorationselement“ (ebd.). Im Kontrast dazu werde Seriosität und Fachkompetenz dadurch vermittelt, dass für alle anderen internen und externen Mitarbeiter*innen auf formelle, männlich konnotierte Kleidungselemente wie Anzug, Hosenanzug oder aber dessen weiblich definierte Variante, das Kostüm, zurückgegriffen wird (vgl. ebd.: 226f.).9 Parallelen zu meiner Arbeit über Automobilmessen gibt es in Bezug auf die Kleidungspraxen von Hostessen insofern, als auch auf Automobilmessen überkommene Geschlechterrollen inszeniert und tradiert werden. Meine Forschung geht jedoch, wie gezeigt werden wird, weit über die Betrachtung von Kleidungspraxen hinaus. Auch ist aufgrund der weit größeren Anzahl von Hostessen auf Automobilmessen und ihrer starken medialen Präsenz die gesellschaftliche Beeinflussung durch das idealtypische Hostessenbild deutlich größer als dies bei anderen Messearten der Fall ist. Nicht nur das Forschungsfeld Messe, auch Automobilität ist aus Genderperspektive noch ungenügend erforscht. Selbst wenn Frauen und Männer als Kategorien inzwischen häufig in die jeweiligen Analysen einbezogen werden, geschieht dies meist unreflektiert in essentialisierender Weise. Eine erste detaillierte Studie zum Verhältnis von Automobil und Geschlecht ist jüngst von Marc

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In ihrer 2012 erschienenen Monographie analysiert sie zudem anhand von drei Fallbeispielen (Deutsche Telekom, Siemens Communications und BMW Group) die Fragestellung, wie Kleidung zur Sichtbarmachung von Corporate Identity eingesetzt werden kann (Szodruch 2007: 221; 2012).

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Um mir selbst von dieser Messe ein Bild zu machen, habe ich die CeBit 2015 besucht, war jedoch überrascht, dass auf der gesamten Messe nur am Messestand eines südkoreanischen Mobiltelefonherstellers eine größere Anzahl ‚typischer‘ Hostessen anzutreffen war. Viel mehr als der atypische Einsatz von Hostessen fiel während meines Messebesuchs die Menge an männlichen Mitarbeitern und männlichen Messegästen auf.

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Vobker erschienen (Vobker 2016). Vobker fragt hierbei nach genderspezifischen Aneignungstendenzen, symbolischen Repräsentationen und Ideologisierungen. Seine Arbeit liefert einen ausführlichen Überblick und eine gut aufgeschlüsselte Systematisierung der relevanten Fachliteratur (ebd.: 57-128) und zeigt, wie in der Literatur Geschlecht gerade nicht relational und mehrdimensional begriffen wird (ebd. 120, 123). Auf die Hostessenthematik auf Automobilmessen geht Vobker in seiner Arbeit indes nur an zwei Stellen kurz ein. Er weist darauf hin, dass Autos häufig mit Hilfe von Frauen präsentiert werden und bezeichnet den Einsatz von Hostessen als „automobile[n] Sexismus“ (ebd.: 240; vgl. ebd: 21). Was Hostessen ungefähr tun und wie sie ungefähr aussehen gehört durch ihre häufige Präsenz in den Medien und im öffentlichem Raum zum Allgemeinwissen in unserer Gesellschaft. Was jedoch alles dafür getan werden muss, um dem entsprechenden Ideal zu genügen, bleibt im Verborgenen. Genauso unausgesprochen bleibt, dass ihr Tätigkeitsbereich weit mehr umfasst als einfache Gastgeberinnentätigkeiten. In meiner Arbeit beschäftige ich mich daher vorrangig mit folgenden Fragen: Wie wird man Hostess? Was ist die Funktion von Hostessen im Feld Automobilmesse? Warum werden sie eingesetzt, und welche Aufgaben sollen sie erfüllen? Welche Voraussetzungen müssen Hostessen mitbringen, und wie eignen sie sich die weiteren zur Ausübung des Berufs notwendigen Fertigkeiten und Techniken an? Welche Körperüberformungspraxen und Darstellungsleistungen müssen die Frauen erbringen um ihren Körper in dieser zeitlich begrenzten Inszenierung nach dem kulturell vorgegebenen Idealbild in Szene setzen zu können? Welcher kultureller Ressourcen wird sich dabei bedient? Was tun Hostessen, wenn sie ‚einfach‘ nur neben einem Auto stehen und auf den ersten Blick nichts zu tun scheinen? Was machen Praxen wie das adressatenlose Dauerlächeln oder das stundenlange Stehen auf hohen Schuhen mit den als Hostessen arbeitenden Frauen? Welche körperlichen und emotionalen Leistungen müssen sie dabei erbringen? Und was macht das tausendfache Fotografiertwerden mit ihnen? Welche Geschlechterrollen werden auf Automobilmessen von wem auf welche Weise konstruiert, erzeugt und perpetuiert, und welche Rolle kommt dabei den unterschiedlichen Akteur*innen und Medien zu? Und wieso arbeiten die Frauen als Hostessen? Schließlich, wie lassen sich diese Fragen beantworten, wenn Hostessen einerseits schwer zu beobachten sind, da sich weite Teile dessen, was sie tun, auf nonverbaler, häufig auch gänzlich unbewusster Ebene abspielen und es ihnen andererseits vertraglich verboten ist, Auskunft über ihren Job zu geben? Wie kann man methodisch so vorgehen, dass man unter die homogen konstruierte Oberfläche nicht nur blicken, sondern auch fühlen kann?

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AUFBAU DER ARBEIT Automobilmessen können exemplarisch für geschlechterkonstruierende Vergesellschaftungsprozesse stehen, denn auf ihnen wird Gender geschlechterdichotom und heteronormativ inszeniert. Der Körper von Hostessen ist dabei der Ort, an dem sich diese soziokulturelle Konstruktion einschreibt, permanent reproduziert wird, symbolisch sichtbar und leiblich wirksam ist. Der menschliche Körper ist immer zugleich Produkt und Produzent von Gesellschaft (vgl. Gugutzer 2006: 13). Dies gilt umso mehr für Bereiche, in denen der Körper nicht nur als eine Facette des Individuums wahrgenommen wird, sondern die Identitätszuschreibung praktisch allein über den normativ erzeugten Idealkörper erfolgt. Um die Reziprozität der (Konstruktions-)Prozesse darzustellen und das Phänomen Messehostess in seiner Vielfalt fassbar zu machen, werde ich im Folgenden beide Perspektiven mit einbeziehen. Ich beschäftige mich mit Repräsentationsarten von Hostessen, untersuche die hierfür notwendigen Körperüberformungspraxen und -techniken und zeige, wie die gekonnte Anwendung von Emotionsregulierungsstrategien unabdingbar für die Umsetzung eines rollenkonformen, stereotypen Handelns der Hostess ist. Ich setzte mich mit dem medialen Diskurs auseinander und stelle dar, wie dieser nicht nur das allgemeine Wissen über Hostessen prägt, sondern sich auch auf das leibliche Empfinden der Akteurinnen auswirkt. Zudem werde ich zeigen, wie der Hostessenkörper in den Rang eines heteronormativen Objekts erhoben und wie durch den Hostesseneinsatz eine alldurchdringende Geschlechterdichotomisierung konstruiert und tradiert wird. Die Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Das Einleitungskapitel wirft einen globalen Blick auf die Hostessentätigkeit und steckt den inhaltlichen Rahmen der Untersuchung ab. Zudem gebe ich einen kurzen Vorausblick auf mein methodisches Vorgehen und stelle exemplarisch einige meiner Informantinnen vor. Das Kapitel schließt mit einer historischen Betrachtung der symbiotischen Tradition von Frauen und Automobilen. In Kapitel zwei erläutere ich mein methodisches Vorgehen und stelle die Methode der living fieldwork (vgl. Kubes 2014) vor, die sich dadurch auszeichnet, dass sie die eigene Körperlichkeit und Leiblichkeit als Forschungsinstrument fruchtbar macht. Die besondere Herausforderung der Forschungssituation, die aus der Kombination von erschwertem Zugang und schlechter Beobachtbarkeit dessen, was Hostessen eigentlich tun, resultiert, wird erörtert. Darüber hinaus gebe ich einen kurzen Überblick über die für meine Forschung relevanten Feldforschungsmethoden in Soziologie und Ethnologie und die Signifikanz des Einbezugs der Sinne für den Erkenntnisprozess. Aufbauend auf der methodischen Diskussion vor allem der letzten beiden Dekaden entwickle ich dabei ein auf

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multisensorisches Verstehen ausgerichtetes dreigliedriges Konzept, das die unterschiedlichen Aspekte der Hostessentätigkeit beleuchtet. Unterschieden werden dabei drei Phasen: das Hostess-Werden (becoming hostess), das Hostess-Tun (doing hostess) und das Hostess-Sein (being hostess). Anschließend werden die von mir verwendeten Methoden der Datengenerierung (Interview, teilnehmende Beobachtung und Medienanalyse) kurz dargestellt und kritisch beleuchtet. Dabei wird deutlich, dass die totale Teilhabe im Feld – ungeachtet der Grenzen und Probleme eines solchen multiperspektivischen Ansatzes – unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Feldern mit großem Gewinn eingesetzt werden kann. Das anschließende Kapitel drei erfasst das Forschungsfeld als ethnographischen Ort. Hier finden sich allgemeine Informationen über Automobilmessen sowie eine Definition des Messestands und eine Vorstellung der jeweils dort anzutreffenden externen und internen Mitarbeiter*innen. Der Begriff Hostess wird erläutert und mit Blick auf die Probleme seiner Ein- und Abgrenzung diskutiert. Schließlich werden der Tätigkeitsbereich von Hostessen im Allgemeinen und die prototypische Hostessenarbeit der Produktpräsentation im Speziellen näher beschrieben. Kapitel vier untersucht, welche Voraussetzungen für die Tätigkeit notwendig sind, und was im Vorfeld alles geleistet werden muss, um überhaupt Hostess werden zu können und sich für einen Messeeinsatz vorzubereiten. Es wird auf die Funktion von Hostessenagenturen und die Bedeutung der Sedcard eingegangen. Die Hostessenauswahl wird am Beispiel einer Castingsituation beschrieben, und die jeweiligen Entscheidungskriterien der Automobilkonzerne und Hostessenagenturen werden kritisch beleuchtet. Darüber hinaus zeigt das Kapitel, auf welchen Faktoren die Präferenzen der Bewerberinnen beruhen, auf Automobilmessen und für bestimmte Marken arbeiten zu wollen. Weiter wird nachgezeichnet, wie Hostessen durch die Arbeit im Hochpreissegment selbst eine Art Prestigezuweisung erfahren können. Auf nicht unproblematische vertragliche Aspekte der Hostessenarbeit wird eingegangen und dargestellt, welchen Verpflichtungen Hostessen mit der Vertragsunterzeichnung zustimmen (Schweigeklausel, vertragliche Abtretung von Bildrechten, etc.). Zudem wird erläutert, wie Hostessen im Vorfeld der Messe auf ihren Job vorbereitet werden. Das Kapitel endet mit einer Vignette über das Enthüllen einer Automobilpremiere. Die äußeren Körperüberformungen werden im fünften Kapitel in den Blick genommen. Es wird eruiert, was Schönheit im Kontext Messe bedeutet und wie der Körper von Hostessen verändert werden muss, um das Stereotyp Hostess erfolgreich verkörpern zu können. Hierbei zeige ich, wie Styling, Uniformierung, Schuhwerk und die Einnahme einer idealtypischen Hostessenpose dazu beitra-

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gen, homogen wirkende Hostessenkörper zu erschaffen, die es wiederum im komplexen Zusammenspiel von Körperüberformungen, Körpertechniken und Emotionsregulierungsmaßnahmen erlauben, einen spezifischen Hostessenhabitus auszubilden. Im sechsten Kapitel wird mit Fokus auf Emotionsarbeit auf die innere Leibeszurichtung von Hostessen eingegangen. Die Literatur zum Thema wird kritisch aufgearbeitet und bestehende Konzepte werden für eine Anwendung auf die Tätigkeit von Hostessen erweitert. Die Notwendigkeit des eigenleiblichen Erlebens für das Verstehen des doing hostess wird bekräftigt und die unterschiedliche Art der Emotionsarbeit an Hand der Tätigkeitsbereiche Produktberatung und Produktpräsentation aufgezeigt. Schließlich wird dargestellt, wie Hostessen Emotionsarbeit als Technik und professionelle Kompetenz variabel und selbstermächtigend einsetzen. Das sichtbare Tun der Hostessen steht im Zentrum des siebten Kapitels. Es wird nach den Anforderungen an die Akteurinnen, den von ihnen angewendeten Strategien und den Auswirkungen des doing hostess gefragt. An den Beispielen Beratungstätigkeit, Dauerlächeln und Posieren während der Produktpräsentation, Premierenenthüllung während der Pressevorstellung und Fotoobjektsein wird dargestellt, was Hostessen tun müssen, um das Idealbild der Hostess verkörpern zu können. Zudem wird gezeigt, wie sich Hostessen durch die Typisierung der Messegäste von diesen zu distanzieren wissen. Wie Hostessen medial rezipiert werden und wie die Berichterstattung dazu beiträgt, das Bild der Hostess in idealtypischer Weise aufrecht zu erhalten, wird im achten Kapitel demonstriert. Zudem wird auf die Auswirkung dieser Darstellungsart auf unterschiedliche Zielgruppen (Besucher*innen, Automobilhersteller und Hostessen) eingegangen. Am Beispiel der medialen Fragmentierung wird analysiert, wie sich die Identifikation mit diesen Bildern auf das Selbstempfinden der Hostessen (being hostess) auswirkt. Es wird gefragt, wie mit dem medial vermittelten Wissen, den leiblichen Empfinden und den daraus abgeleiteten Dissonanzen kompetent umgegangen wird. Ich vertrete dabei die These, dass eine spezifische Art von Selbstobjektivierung durchaus auch als Form von Selbstermächtigung und Handlungsmacht begriffen werden kann. Im neunten und letzten Kapitel wird die auf Automobilmessen inszenierte bipolare Geschlechterkonstruktion systematisch in den Blick genommen und danach gefragt, welches Verständnis von Gender und Geschlecht dem geschlechterdichotomen Personaleinsatz zugrunde liegt. Die heteronormative Messeinszenierung als scheinbar selbstverständliche, strategisch sinnvolle Vermarktungsstrategie wird dabei in Frage gestellt. Weiter werden Veränderungen und Brüche im Hostesseneinsatz aufgezeigt und wird diskutiert, wieso der allgemein erkenn-

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bare Trend zu Diversität in Displayberufen nicht auch bei der Hostessenarbeit erkennbar ist. Die Arbeit endet mit einem kurzen Ausblick auf mögliche Perspektiven des Hostesseneinsatzes. Ein Wort noch zur Sprache: In meinem Forschungsfeld wird permanent hegemoniale Zweigeschlechtlichkeit konstruiert und tradiert. Umso wichtiger erscheint es mir, sozial definierte Geschlechtlichkeit bzw. Geschlechtsidentität jenseits bipolarer Normen auch in der Sprache sichtbar zu machen. Meine Arbeit ist deshalb in gendergerechter Sprache geschrieben. Um zu verdeutlichen, dass Gender ein kulturelles Konstrukt ist, bediene ich mich des sogenannten ‚GenderSternchens‘. Dieses soll als Platzhalter für eine beliebige Anzahl an Möglichkeiten von Gender stehen. Es macht also nicht nur – wie es Formulierungen tun, die männliche und weibliche Form hintereinanderstellen (liebe Leserinnen und Leser) – Frauen im Text sichtbar, sondern markiert zugleich den gesamten Bereich zwischen ‚Mann‘ und ‚Frau‘. Das generische Maskulinum gebrauche ich immer dann, wenn ich aus der Literatur oder aus Interviews zitiere und es in der Originalquelle genutzt wird. Alle Zitate werden selbstverständlich im Wortlaut wiedergegeben. Dasselbe gilt für feststehende Fachbegriffe. In seltenen Fällen ist die Verwendung des Gender-Sternchens wenig praktikabel, weil sie allzu sperrig wirkt oder missverständlich wäre. In diesen Fällen weiche ich auf die Nennung der weiblichen und männlichen Form aus (z.B. er/sie). Auch hier jedoch möchte ich betonen, dass alle Gendervarianzen mitgemeint sind. Wenn ich im Folgenden explizit nur die weibliche oder die männliche Form benenne (z.B. Mitarbeiter, Besucher etc.) spreche ich nicht im Sinne eines generischen Maskulinums oder Femininums, sondern möchte explizit nur das jeweils genannte sozial hergestellte Geschlecht im Sinne einer bipolaren Genderkonstruktion erkennbar machen.

METHODISCHES VORGEHEN: KURZER VORAUSBLICK Für die vorliegende Studie habe ich mich für eine Annäherung entschieden, die theoretische und methodische Ansätze aus Soziologie und Ethnologie kombiniert und die analytische Beschreibung von außen immer wieder mit der Innensicht der Akteurinnen abgleicht. Nun ist eine solche Innensicht leider nichts, worüber sich in Expert*inneninterviews besonders gut reden ließe. Weite Teile der Hostessentätigkeit fallen in den Bereich des sogenannten tacit knowledge (Polanyi 1966) und lassen sich nur aus einer Position heraus beschreiben, die zwischen empathischem Innen und distanziertem Außen oszilliert und so die rationale Analyse mit einem möglichst umfassenden sensorischen und emotionalen Erleben koppelt. Darüber hinaus erschwert eine strukturelle Gegebenheit die Kom-

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munikation mit Hostessen ganz erheblich. Die meisten Hostessenverträge beinhalte eine Schweigeklausel, welche die Teilnahme an Interviews untersagt. Für meine Studie genügte es daher nicht, Hostessen zu beobachten und mit ihnen zu reden. Ich musste vielmehr selbst Hostess werden. Und genau das habe ich getan. Ich habe eine Sedcard erstellt, habe mich bei Hostessenagenturen beworben, bin zu Castings gefahren, habe Auswahlprozesse durchlaufen und an Schulungen teilgenommen. Und stand schließlich selbst als Hostess neben einem Auto und wurde von Pressefotograf*innen und Privatbesucher*innen tausendfach fotografiert. Nicht nur erlebte ich so alle Phasen des Hostesswerdens und die dafür erforderlichen Maßnahmen10, auch die Auswirkungen des Hostess-Seins konnte ich ohne dazwischen geschaltete vermittelnde Instanz leiblich erfahren. Zudem war es mir möglich durch meine eigene Teilnahme hinter die Kulissen der Automobilmesse zu blicken. Ich hatte in realen Situationen mit allen signifikanten Akteur*innen zu tun.11 Da ich mit den verschiedenen Akteur*innengruppen auch Interviews als Forscherin geführt habe, konnte ich das eigene Interviewmaterial, die Beobachtungsprotokolle und die selbst erlebten Daten miteinander in Beziehung setzten und Widersprüchlichkeiten herausarbeiten. Vor allem aber konnte ich bei alldem mit allen Sinnen, sozusagen mit Haut, Haaren und High Heels, sowohl die der Performanz inhärenten Komplexität als auch deren Ambivalenzen erleben. Für meine Feldforschung habe ich mich auf zwei der fünf weltweit bedeutendsten Automobilmessen beschränkt. Diese stellen nicht nur für die Automobilbranche die Weichen für das Geschäftsjahr, sondern werden auch am stärksten medial rezipiert: Die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt und den Internationalen Automobilsalon Genf in der Schweiz. Auf beiden habe ich empirische Forschung betrieben – in Genf mit einem stärkeren Fokus auf der Innensicht der an den Messeinszenierungen beteiligten Hostessen, in Frankfurt mit einer stärkeren Gewichtung rezeptionsästhetischer sowie sozial- und medientheoretischer Aspekte. Wie ich während meiner Forschung genau methodisch vorgegangen bin, wie sich mein Vorgehen von traditionellen Methoden unterscheidet und was unter (multi-)sensorischer Feldforschung zu verstehen ist, wird im Methodenkapitel detailliert erörtert.

10 U.a. Emotionsarbeit, Körpertechniken, Körperüberformung und Homogenisierung. 11 Hierzu zählen Hostessen, Verkäufer*innen, Expert*innen, interne und externe Automobilkonzernmitarbeiter*innen, Marketingmitarbeiter*innen diverser Automobilmarken, Besucher*innen, Fotograf*innen, Pressevertrete*innen und Hostessenagenturmitarbeiter*innen.

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„Heute ist der dritte Messetag. Langsam begreife ich, was es bedeutet, eine Hostess zu sein: Auf hohen Absätzen still in einer bestimmten Pose stehen, permanent lächeln und schön sein, nie die Miene verziehen, egal wie man sich fühlt, an einem zugewiesenen Platz, ohne, dass man sich wegbewegen kann, der Körper immer angespannt, der Bauch immer eingezogen, im hautengen Kleid, perfekt gestylt, im selben Outfit wie meine Kolleginnen, von vielen hunderten Besuchern fotografiert, als Schauobjekt neben einem glänzenden und strahlend beleuchteten Automobil inszeniert – stundenlang – das ist der Job einer Messehostess. Aber das ist noch nicht alles. Es gibt auch die Momente in denen man es genießt im Mittelpunkt zu stehen, das Auto oder vielmehr sich selbst zu präsentieren. Im Licht der vielen Scheinwerfer und blitzenden Kameras, kann sich das Objektsein auch sehr gut anfühlen. Man vergisst die schmerzenden Beine und die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit und geht ganz darin auf, ein nichtexistierendes Idealbild zu verkörpern“ (Hostessentagebuch, T. Kubes).

WER SIND DIE AKTEURINNEN? „Ich komme aus einer autoaffinen Familie. Schon als Kind war ich mit meinem Papa auf der IAA und bewunderte die Hostessen neben den tollen Autos, und nun stehe ich auch hier.“ Hostess N, 27

Neben meinem eigenen Erleben als Hostess, eröffneten mir einzelne Personen den Zugang zur Messewelt. Hostessen sind, auch wenn sie auf Messen als homogene Masse inszeniert werden, Individuen mit ihren eigenen Geschichten. Intention meiner Arbeit ist aber nicht, einzelne Hostessenbiografien nachzuzeichnen, sondern jene Mechanismen und Handlungsmuster aufzuzeigen, die für den Großteil der als Hostessen arbeitenden Frauen während der Messezeit gelten. Hostessen sind junge Frauen, die mindestens drei Gemeinsamkeiten teilen: Sie erfüllen bestimmte optische Voraussetzungen. Sie sind bereit, für einen definierten Zeitraum gegen eine finanzielle Entlohnung ein kulturell geschaffenes Idealbild zu verkörpern. Und sie bewahren (selbst wenn sie die Automobilbranche nach einigen Messen verlassen haben) meist eine Faszination für die Tätigkeit sowie eine positiv besetzte Beziehung zum Automobil. Das Alter der von mir befragten Hostessen variierte zwischen 20 und 34 Jahren. Der Großteil meiner Kolleginnen und Informantinnen bestand aus Studentinnen. Ihre Studienfächer waren weit gestreut und reichten von Jura, BWL oder Medizin über Literatur-, Kommunikations- und Sprachwissenschaften bis hin zu

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Biologie und Modedesign. Diejenigen, die nicht Studentinnen waren, arbeiteten entweder selbstständig als Hostess, Promoterin, Model und Fitnesstrainerin oder hatten sich extra für die Messe von ihrem Hauptberuf als Flugbegleiterin, Bankkauffrau, oder Kosmetikerin beurlauben lassen. Angehörige der letztgenannten Gruppe waren im Durchschnitt älter, betonten in der Regel kaum den finanziellen Aspekt, sondern führten vor allem atmosphärische Beweggründe für die Messetätigkeit an. „Ich arbeite als Hostess wegen der tollen Stimmung auf der Messe“ (Hostess I, 28). „Das ist hier ein echt schönes Event. Alles glitzert und glänzt, hier ist so eine gewisse Stimmung, so ein gewisser Glamourfaktor“ (Hostess J, 29). Wenn finanzielle Aspekte als Grund angeführt wurden, ging es hier häufig um die Erfüllung exklusiver Wünsche. Den Kauf von Luxusartikeln etwa, oder die Verwirklichung von Fernreisen. Zudem wurde von drei Hostessen berichtet, dass sie das erwirtschaftete Geld dafür verwenden möchten, um ihren Körper zu optimieren. Eine Hostess erzählte von einer geplanten Nasenkorrektur, eine Andere von einer angedachten Lippenvergrößerung, und eine Dritte wollte sich die Haare verlängern und verdichten lassen. Neben den finanziellen Motiven gibt es viele individueller Art. Eine Hostess hoffte darauf, durch die Tätigkeit bei einem Automobilhersteller ihre Chance auf einen Praktikumsplatz im Unternehmen zu erhöhen. Eine Andere meinte, sie habe sich gerade von ihrem Freund getrennt, und da kamen zwei Wochen in einer anderen Stadt gerade recht. Wiederum eine Andere bezeichnete die Messe als angemessene Bühne, um sich und ihre frisch vergrößerte Oberweite präsentieren zu können. Eine Vierte schließlich meinte, ihre beste Freundin habe sie auf die Idee gebracht, auf Messen zu arbeiten, und seitdem ließen sie und ihre Freundin keine Automesse mehr aus, etc. Wer also sind diese Frauen? Exemplarisch möchte ich im Folgenden fünf von ihnen vorstellen. Aus Gründen, auf die noch einzugehen sein wird, war es nötig, die Interviews zu anonymisieren. Statt mit Namen werden die von mir Befragten daher lediglich mit einem Großbuchstaben bezeichnet, der nicht dem Anfangsbuchstaben ihres Namens entspricht. Das Alter füge ich, wo bekannt, hinzu. S., 24 Jahre, BWL-Studentin, typische Hostessenmaße, lange, hellbraune Haare. Kam durch eine Freundin zum Casting, für das sie extra 400 km angereist ist. Auf einer Messe arbeitet sie zum ersten Mal. Sie findet, der Job hat Vorzüge gegenüber anderen Studierendenjobs, da man in kurzer Zeit, relativ viel Geld verdienen kann. Sie möchte gerne auf verschiedenen Automobilmessen für verschiedenen Hersteller arbeiten, vor allem im Premium- und Luxusbereich. Dort findet sie nicht nur die Automobile ansprechender, sondern auch die Kund*innen. Später möchte sie auch hauptberuflich im Marketing von Luxus-

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firmen arbeiten. Für den Job hat sie sich einen Push-Up BH gekauft der ihre Brüste besonders groß erscheinen lässt. Die Tätigkeit hat sie sich nicht so anstrengend vorgestellt. Auch wenn sie zum Weggehen gerne hohe Schuhe und kurze Kleider trägt, hätte sie nicht gedacht, dass das permanente Immittelpunktstehen und Angeschautwerden auf Dauer auch eine psychische Herausforderung sein kann. Sie hofft, dass sie das Hostessenoutfit, das ihr sehr gefällt, nach der Messe behalten darf. Es nervt sie in der Regel, wenn sie ungefragt Visitenkarten von männlichen Besuchern oder Mitarbeitern aufgedrängt bekommt, wenn ihr jemand gefalle, dann sei das jedoch OK. L., 26 Jahre, hauptberuflich Flugbegleiterin, lange hellblonde lockige Haare, ca. 175cm groß, sieht in Automobilmessen eine willkommene Abwechslung zum Flugalltag und hat sich extra für die Messe freigenommen. Zur Messe kam sie über eine Ausschreibung einer Agentur im Internet. Automobilmessen gefallen ihr wegen der guten Stimmung und den netten Kolleginnen. Sie trägt gerne schöne Kleider und hohe Schuhe, findet aber die knappen und freizügigen Outfits an manchen Messeständen unzumutbar. Während der Messe selbst achtet sie noch mehr auf ihre Figur und isst keine Süßigkeiten, da sie meint, man sehe ihr jedes Stückchen Schokolade gleich an. Sie freut sich darauf, nach der Messe wieder täglich Sport treiben zu können. Die Hostessenarbeit vergleicht sie mit ihrer Tätigkeit als Flugbegleiterin und meint, dass ihre Berufserfahrung ihr dabei hilft, immer freundlich zu bleiben. Auf ein bis zwei Messen möchte sie auf jeden Fall noch arbeiten, dann, fürchtet sie, wird sie für Automobilmessen zu alt sein. Für andere Messearten interessiert sie sich nicht. M., 30 Jahre, beschreibt sich selbst als Hostess, Fotomodell und Fitnesstrainerin und arbeitet schon seit längerem freiberuflich in diesen Bereichen. Sie ist groß, schlank, solariumgebräunt, hat lange, glatte, schwarze Haare und auffallende Wimpernextensions. Sie treibt sehr viel Sport, präsentiert sich gerne und beschreibt ihren Körper als ihr Kapital. Sie hat viel Erfahrung in sämtlichen Bereichen der Hostessentätigkeit. Am liebsten arbeitet sie am Infocounter, „da man da meist einen Stuhl zum Sitzen hat“, und in der Produktpräsentation auf Automobilmessen, denn „da liegen einem die Männer zu Füßen. Und mit etwas Glück kommt man in die Presse“. Gebucht wird sie laut ihren Angaben eigentlich immer. Sie meint das liege wohl daran, dass sie einen „guten Body“ habe. J., 22 Jahre, hat blonde, schulterlange Haare, studiert Wirtschaftswissenschaften und arbeitet zum zweiten Mal auf einer Automobilmesse. Mit ihrem Körper kann sie gut umgehen, da sie auch schon als Model gearbeitet hat. Auch wenn sie die hohen Schuhe, die sie tragen muss, sehr „schick“ findet, beklagt sie sich über Fußschmerzen und geschwollene Beine. Am liebsten steht sie neben „ihrem Lieblingsauto“ und unterhält sich mit netten Messebesu-

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cher*innen. Im Outfit der letzten Messe hat sie sich jedoch deutlich wohler gefühlt. Dieses war zwar auch „feminin und sexy“, aber nicht ganz so freizügig. Für ein oder zwei Tage findet sie ihr Outfit auch toll, nur „zwei Wochen im Minikleid und das auch noch ohne BH, das geht an die Substanz“, vor allem da man „oft von den Besuchern nicht ernst genommen“ wird, wenn man etwas erklären soll. Die Pressetage findet sie spannend und freut sich über schöne Fotos von sich. Im Gegensatz dazu findet sie die vielen fotografierenden Privat-Besucher nervig bis unangenehm. Sie versteht nicht, wieso manche Männer versuchen, unter die Röcke zu fotografieren. Auf der nächsten Messe möchte sie für eine andere Agentur und einen anderen Fahrzeughersteller arbeiten, da sie dort sehr nett sein sollen und „sehr stilvolle Kleider“ haben. Nach ihrem Studium könnte sie sich auch vorstellen, selbst eine Hostessenagentur zu gründen. Und schließlich: Ich. Zu Beginn meiner Feldforschung Anfang 30, 175cm groß, dunkelbraune, gewellte lange Haare. Ich habe langjährige Erfahrung mit Messen, Kongressen, Sportveranstaltungen und Galas im In- und Ausland. Hauptgrund, im Event, Messe- und Teamleitungsbereich zu arbeiten, war während meines Studiums zunächst der finanzielle Aspekt. Später kam Neugierde hinzu und der Wunsch, verschiedene Veranstaltungsarten hautnah mitzuerleben. Ich habe im Rahmen der Tätigkeit geholfen, nationale und internationale Messen und Events zu organisieren und umzusetzen und habe große und kleine Teams geleitet. Darüber hinaus habe ich bei einer Filmpremiere einem Hollywoodschauspieler Blumen überreicht und während der FIFA WM 2006 VIP-Gäste im Stadion betreut. Bei einer von einem bayrischen Minister gegebenen Abendveranstaltung habe ich Gäste begrüßt und verabschiedet. Ich habe internationale Topmanager am Flughafen empfangen, bin für eine sechswöchige internationale Pressevorstellung in die USA geflogen, war für eine Produktschulung in England, habe für ein Formel 1 Team gearbeitet und während einem ATP Tennisturnier die Spieler betreut. Mich stören plumpe Anmachen und doofe Sprüche und die häufige Annahme, dass man nicht attraktiv und intelligent zugleich sein kann. Von Anbeginn der Tätigkeit war ich von der schauspielerischen Leistung, der veränderten Optik und den speziell angeeigneten Verhaltensweisen der Hostessen fasziniert, die sich in der extremsten Ausprägung bei Hostessen auf Automobilmessen ausmachen lässt, was schließlich dazu führte, dass ich für mein Promotionsprojekt auch für diverse Automobilmarken arbeitete.

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AUTOMOBILE UND FRAUEN: EINE LANGE GESCHICHTE „Oft mußte ich hören, daß ich mich gar nicht wie ein Mädchen zu benehmen wüßte und noch schlimmer als die Jungens sei.“ Clärenore Stinnes (zitiert in Helmes 2015)

Einzelne Frauen schrieben schon früh Automobilgeschichte. Die Rennfahrerin Clärenore Stinnes umrundete Ende der 1920er Jahre als erster Mensch die Welt in einem Automobil (vgl. Stinnes und Söderström 1929). Noch einmal rund 30 Jahre früher absolvierte Bertha Benz die erste erfolgreiche Überlandfahrt überhaupt (vgl. Schadwinklel 2010). Auch in Kunst und Medien wurde das Motiv Automobil und Frau im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts vielfach aufgegriffen und symbolisierte die neue, emanzipierte, von Fortschritt und Freiheit angetriebene Frau (vgl. Hertling 2004: 2f.).12 Automobilistinnen – wenngleich im Alltag noch Exotinnen – zierten häufig die Titelbilder von Magazinen und Unterhaltungsschriften. Einige dieser Bilder haben sich tief ins kollektive Bildgedächtnis eingegraben. So etwa das bekannte Selbstportrait der polnischen Künstlerin Tamara de Lempicka, Die Dame Tamara im grünen Bugatti (ebd.). Oder die von Georges Lapape entworfenen Bilder der Künstlerin Sonia Delaunay neben einem Automobil auf der Titelseite der britischen Vogue.13 Interessant ist in diesem Zusammenhang sowohl die grafisch umgesetzte Einheit zwischen attraktiver Frau und Automobil als auch die konkrete Art der Darstellung der Designerin: Das Titelbild zeigt sie nicht allein als aktive Akteurin, die sowohl die Autokarosserie als auch die Reisebekleidung entworfen hat, es zeigt sie auch als weiblich inszeniertes Schauobjekt in hostessentypischer Pose. Diese Doppelsinnigkeit der bildlichen Darstellung sollte für das 20. Jahrhundert bald Modellcharakter annehmen. Zwar wurden ab den 1920er Jahren Frauen als eigenständige Fahrerinnen und Konsumentinnen langsam gesellschaftlich akzeptiert, betrachtet man aber ihre mediale Inszenierung, wurden sie im Laufe der Jahre in immer freizügigerer Weise als „verführerische Auto-Botschafterinnen“ (Gunkel 2011) werbestrategisch eingesetzt. Erstmals 1912 wurden weibliche Reize und Automobile auf Werbeplakaten der Mercedes Benz AG miteinander kombiniert und waren fortan aus der Automobilwerbung nicht mehr wegzuden-

12 Mehr zur historische Entwicklung der Selbstfahrerinnen ist im Werk Eroberung der Männerdomäne Automobil: Die Selbstfahrerinnen Ruth Landshoff-Yorck, Erika Mann und Annemarie Schwarzbach von Anke Hertling (2013) zu erfahren. 13 http://www.vogue.co.uk/magazine/archive/issue/1925/January [10.12.2015].

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ken (vgl. Gunkel 2011). Zusehends wurde dabei nicht nur der ganze Frauenkörper, sondern auch weiblich definierte Körperteile mit Automobilen in Verbindung gebracht. Ab den 1960ern etwa führte Veith-Pirelli schlanke Frauenbeine und Automobilteile zusammen. Abbildung: Zwei Werbeplakate der Reifenwerbung von Pirelli aus der Werbekampagne „Die Beine Ihres Autos“ Mitte der 1960er Jahre.

Quelle: http://www.vw-karmann-ghia.de/forum/viewtopic.php?t=4841 [02.01.2018]; http://www.zwischengas.com/de/blog/2015/04/07/Die-Beine-Ihres-Autos-.html [02.01.2018].

In der bekannten Werbekampagne des Reifenherstellers wurden saisonabhängig (un-)bekleidete Frauenbeine gezeigt, und Reifen mit dem Slogan „Die Beine Ihres Autos“ beworben. Die Werbung wurde zwar schon in den 60er Jahren von Vielen als „anstößig“ (Anonymus 42 1965: 52) und „entwürdigend“ (ebd.) angesehen, brachte Pirelli aber eine überdurchschnittliche Absatzsteigerung und prägte über Jahrzehnte hinweg die Werbebranche (vgl. Gunkel 2011). Dass diese Verbindung letztlich bis heute besteht und in der medialen Darstellung von Automobilmessen weiter zelebriert wird, wird in meiner Arbeit gezeigt werden. Auch in den 1970er Jahren hält das Interesse an der Kombination Frau und Automobil an. „Auch jenseits der Messehallen stehen die Autos von nun an nicht mehr einsam vor den Objektiven der Lichtbildner“ (Eisele 2006: 24). Das Zitat stammt aus dem 360 Seiten starken Fotoband „Cars & Girls“ des Automobil-

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und Rennsportfotografen Werner Eisele (Eisele 2006). Der Band, der auf der Rückseite des Buchcovers mit den Worten „(Männer) Träume auf vier Rädern und zwei Beinen“ (Eisele 2006) wirbt, ist das einzige umfangreiche Druckwerk, das neben einer Vielzahl allgemeiner fotografischer Darstellungen von Frauen und Autos der 1970er Jahre auch Hostessenfotos dieser Zeit dokumentiert.14 Das Kapitel „Fair Girls“ zeigt auf gut 40 Seiten die von Eisele fotografisch inszenierten Messehostessen neben, auf oder in den damaligen Autoneuheiten. Die Fotos sind allesamt zwischen 1969 und 1974 datiert. Das älteste abgebildete Foto eines „Fair Girls“ zeigt eine über das Autoheck lehnende blonde Hostess auf der IAA, die jüngsten Fotos zeigen Hostessen in Minikleid, Minirock, Netzkleid, Schlaghose, Kostüm, Hotpants und Overknee-Stiefeln. „Ich hatte die Idee, mit der Kombination aus Autos und Frauen die Modewelt zu erobern, und nahm Kontakt zur ‚Vogue‘ und zur ‚Madame‘ auf“ (Eisele zitiert in Raidt 2014). Neben den Pressefeatures für Modezeitschriften machte der Fotograf Eisele auch Werbefotografie für Automobile. Für eine Werbereihe entstanden „Bilder die rund um die Welt gedruckt wurden. Warum? Der Rennbaron schmunzelt... Sie wissen schon: ‚kurze Röcke, Hot Pants und sowas‘. Die Fotos gingen weg wie warme Semmeln“ (Eisele 2006: 229). Springen wir gut 40 Jahre in die heutige Zeit, hat sich die kulturell konstruierte Beziehung zwischen sexy Frau und Automobil weitgehend erhalten. Gibt man bei der Google-Bildersuche „cars“ und „girls“ ein, erscheinen Automobile in Kombination mit überwiegend leicht bekleideter Frauen und Hostessen in PinUp Posen. Wählt man im Gegensatz dazu die ‚männliche‘ Variante „cars“ und „boys“ werden überwiegend kleine Jungen und Betten in Form von Automobilen oder Spielzeugautos gezeigt. Auf die Kombination aus Fahrzeug und sexy Frau wird auch in der Modekampagne „Hybrid by Nature“ eines deutschen Automobilherstellers gesetzt (vgl. Mercedes Benz 2015a). Unter der Leitung einer französischen Moderedakteurin (Carlyne Cerf de Dudzeele) wird ein international bekanntes Model im kurzen schwarzen, schulterfreien Kleid und nackten Beinen auf der Motorhaube eines weißen SUVs platziert. Das Model steht auf Zehenspitzen und scheint unsichtbare High Heels zu tragen. Im Fokus des Bildes sind die endlos wirkenden Beine der Frau, blickt man durch diese hindurch ist die Weite des Himmels zu erkennen.

14 Das Kapitel „Fair Girls“ zeigt von Seite 16-55 Fotos von Hostessen.

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Abbildung: Das in Szene gesetzte Model steht mit nackten Beinen barfuß auf der Motorhaube einer Automobilneuheit.

Quelle: http://www.fashionweek-berlin.mercedes-benz.de/2015/06/news-and-stories% 20/die-modekampagne-fuer-fruehjahrsommer-2016/ [02.01.2018].

Würde man hingegen den Platz der Fahrzeugführerin/des Fahrzeugführers einnehmen, könnte man dem Model direkt unter den Rock schauen. Was die Inszenierung einer Frau als Blickfang auf der Motorhaube jenseits einer Sex-sellsIntention darstellen soll, und inwiefern hier das Model als „unbekümmertes Sinnbild für Stärke und Freude“ (Mercedes Benz 2015c) portraitiert wird, erschließt sich der/dem Betrachtenden auch nicht wirklich, wenn das Kampagnenmotto „Glamour trifft auf Nachhaltigkeit“ (Mercedes Benz 2015b) miteinbezogen wird. Dies gilt auch für den dazugehörigen Werbefilm. In diesem bekommen die Zuschauer*innen einen umfassenden Eindruck von der Unterwäsche das Models (vgl. ebd.). Das im Pop-Art-Stil gestaltete Video zeigt das Model durch eine grellbunte Welt fliegen und tanzen, wobei der Rocksaum des Minikleides immer wieder bis weit über die Hüfte nach oben geweht wird. In anderen Einstellungen zieht die junge Frau ohne erkennbaren Anlass den Rocksaum gar bis zu den Schultern hoch und zeigt immer wieder ihren Slip. Sie streichelt das Automobil als wäre es ein Liebhaber, reckt, auf der Motorhaube kniend, ihren Po in Richtung Windschutzscheibe und streckt schließlich ihre nackten Beine durch das Schiebedach und wippt auf und ab, als würde sie im (respektive mit dem) Wagen kopulieren. Bei alldem schaut sie mit verführerischem Blick in die Kamera. Die gelieferte Begründung für all das wirkt bestenfalls ‚bemüht‘:

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„‚Umweltschutz muss nicht streng sein, er kann im Gegenteil sehr glamourös sein.‘ So wie beim Mercedes-Benz GLC, der dank des Plug-In Hybrid-Motors nicht nur bis zu 34 Kilometer rein elektrisch und emissionsfrei zurücklegen kann, sondern auch durch ausgezeichnete Fahrdynamik und eine sinnlich-klare Designsprache besticht. Einen derartigen natürlichen Glamour verkörpert auch Doutzen Kroes. Wenn das niederländische Model und Mutter zweier Kinder vor der Kamera posiert, dann wirkt dies nie angestrengt, sondern stets unbeschwert und voller Lebensfreude“ (Mercedes Benz 2015b).

Das Beispiel mag im Bereich der Automobilwerbung heute ein Einzelfall sein, es bestätigt aber gleichwohl, dass die Kombination schöne Frau und Automobil immer noch eingesetzt werden kann, ohne bei den Herstellern allzu große Irritation auszulösen. Insbesondere im Messekontext lässt sich das auch im großen Maßstab beobachten. Hier gehört zur ‚angemessenen‘ Repräsentation des Artefakts Automobil offenbar weiterhin ein weibliches Objekt. „Zum eitlen Anspruch der Automobilsalons gehören seit je schöne Frauen: sportlich und jung für die dynamischen Modelle, damenhaft elegant für die Repräsentationskarossen.“ (Seidl zitiert in Eisele 2006: 21)

Über Beginn und historische Entwicklung des Hostesseneinsatzes konnten mir die Vertreter*innen der Frankfurter und der Genfer Messe keine genauen Angaben machen, da Hostessen nicht separat registriert, sondern in die allgemeine Kategorie „externe Mitarbeiter*innen und Dienstleister“ gezählt werden. Aber selbst wenn das „seit je“ (ebd.) nicht definiert bzw. die Frage, seit wann es auf Automobilmessen Hostessen gibt, von keiner/m der Befragten beantwortet werden kann, besteht doch Konsens darüber, dass die Koexistenz von Automobilen und schönen Frauen auf Automobilmessen sehr weit in die Vergangenheit zurückreicht. „Hostessen auf Automessen? Na die gab es dort schon immer. Schöne Frauen und Autos das gehört einfach zusammen“ (Marketingverantwortlicher J). Anhand von Interviews mit Automobilkonzernmitarbeiter*innen, Hostessenagenturen und Besucher*innen sowie aufgrund meiner eigenen Beobachtungen lässt sich dessen ungeachtet eine eindeutige Tendenz feststellen. Der Einsatz von Hostessen hat in den letzten 15 Jahren zahlenmäßig stark zugenommen. „Früher hatten wir viel weniger Personal, heute haben wir an unserem Messestand über 150 Hostessen und Hosts“ (Marketingverantwortliche A). Auch ein Berufsschullehrer, der seit Mitte der 1970er Jahren regelmäßig die IAA in Frankfurt besucht, bestätigt den historischen Wandel: „Früher gab es Hostessen eigentlich überwiegend nur bei den Nobel- und Sportmarken, weniger bei den Alltagsautos, das hat sich auf jeden Fall geändert“ (Berufsschullehrer, 59). Die Art der Inszenierung

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sowie das medial verbreitete Image der Hostessen hat sich gleichwohl kaum gewandelt. Ein neuer, noch recht schleichender Trend verlagert zwar inzwischen die Aufgabenverteilung mancher Hostessen von reinen Displaytätigkeiten hin zur kompetenten Beratung. Die rege mediale Berichterstattung über Automobilmessen hält jedoch größtenteils an der nach wie vor dominierenden traditionellen, stereotypen Darstellungsweisen von Messehostessen als sexy Schauobjekte fest und hält dadurch den normativen ‚Idealtypus‘ weiterhin aufrecht. Auch die von mir befragten Besucher*innen definierten Hostessen über ihre Funktion als Schauobjekt. Dasselbe gilt, wenn auch nicht immer in den Ausschreibungstexten offen ausgesprochen, für die meisten aktuellen Jobanforderungen: „Eine Frau mit langen Beinen wird hier natürlich eher genommen als eine mit einem Einserabitur. Am besten ist natürlich sie hat beides“ (Agenturmitarbeiter I). Die kulturell geschaffene Symbiose zwischen der Anziehungskraft der Marke und der Attraktivität der jeweiligen Hostessen besteht fort: „Heute gilt wie damals: Je schöner die Autos, umso schöner die Hostessen“ (häufiger Messebesucher I, 65).

Methoden: Fieldwork on High Heels

„Sie steht da und lächelt und verzieht keine Miene, egal was passiert. Sie lächelt für alle oder für niemanden. Für Fotografierende mit Spiegelreflexkameras, mit Handys, mit Teleobjektiven, für Gäste, die einfach nur gucken wollen und nicht fotografieren und für Männer, die ihr Anzüglichkeiten zurufen. Der Versuch zu beobachten, wie die junge Frau das macht und ob ihr Agieren ihr so viel positive Emotionen bereitet, wie sie auszustrahlen scheint, scheitert daran, dass ihre nonverbale Kommunikation monoton die ganze Zeit das Gleiche signalisiert: Freude – sie lächelt stundenlang.“ Feldtagebuch, T. Kubes1

Soziokulturell angeeignete Körperpraxen zu erforschen ist kein einfaches Unterfangen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um uniform ausgeführte Körperpraxen handelt, die für außenstehende Betrachter*innen kaum veränderliches Verhalten erkennen lassen. Die im Fokus meiner Studie stehenden Hostessen haben als eine ihrer Hauptaufgaben neben einem ihnen zugewiesenen Automobil zu stehen und zu lächeln – nicht mehr und nicht weniger. Mit traditionellen qualitativen Methoden lassen sich die zugrundeliegenden kulturellen Codes zahlreicher symbolischer Handlungen beschreiben und oberflächlich dechiffrieren. Die Basis solcher Deutungen gründen jedoch stets auf visuell erkennbaren prozessualen

1

In meinem Feldtagebuch habe ich meine Forschungsbeobachtungen und Eindrücke während meiner Feldforschung als Wissenschaftlerin festgehalten. Es unterscheidet sich deutlich von meinem Hostessentagebuch, in dem ich während meiner Teilnahme als Hostess versucht habe, die erlebte Innensicht als Hostess darzustellen.

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Handlungsabläufen. Wie aber lassen sich Handlungen erfassen, bei denen sich während langer ‚Aktivitätsphasen‘ kaum sichtbare Veränderungen ausmachen lassen? Und wie ist es möglich die körperlichen und leiblichen Auswirkungen dieser Performanzleistung zu verstehen? Wenn wir von der Bourdieuschen Annahme ausgehen, dass sich soziale Ordnungen in den Körper einschreiben und wir ‚mit dem Körper‘ lernen (Bourdieu 2000: 141, zitiert in Wacquant 2004: vii), lässt sich ein umfassendes Verstehen dieser ‚eingeschriebenen Ordnungen‘ wiederum nur auf körperlichem Weg erreichen. Um einen tiefen Einblick in die Tätigkeit von Messehostessen zu bekommen, wende ich in meiner Forschung daher einen Mix aus qualitativen ethnographischen und soziologischen Methoden an.2 Hierbei versuche ich, verschiedene qualitative Forschungsperspektiven miteinander zu kombinieren und strategisch aufeinander aufzubauen. Ziel dieser Verfahrensweise ist ein auf multisensorischer Wahrnehmung gegründetes Verstehen der Hostessentätigkeit. Der angewandte Methodenpluralismus hilft zusätzlich, mögliche Abweichungen zwischen Aussagen und Handeln aufzudecken und zu hinterfragen. Anne Honer spricht in ihren Überlegungen zur Lebensweltanalyse zu Recht von einer „intrinsiche(n) Non-Verbalität“ von Kenntnissen und Fähigkeiten (Honer 1989: 302).3 Beschreibungen dieser Wissensfelder seien entsprechend wenig authentisch und letztlich „Außendarstellungen, die das Geschehen nicht erschließen, sondern verschlüsseln“ (Knorr Cetina 1988: 99; zitiert nach Honer 1989: 302). Übertragen auf meine Studie bedeutet dies, dass ich mich nicht auf Beobachtungen und Interviews beschränke und nicht nur als Forscherin, sondern auch selbst als Hostess ins Feld gehe und so die verschiedenen Stufen des Hostess-Werdens und Hostess-Seins ‚am eigenen Leib‘ multisensorisch wahrnehmend erfahre.4

2

Vgl. dazu Anne Honers (1989) Forderung eines Methodenpluralismus als Grundlage der „Lebensweltlichen Ethnographie“.

3

Auch Honers Interesse galt den subjektiven Befindlichkeiten ihrer Forschungsobjekte. Für ein Verständnis einer Verstehenden Soziologie ist eine auf Subjektivität gründende Sozialforschung unabdingbar, die über die reine Interviewbefragung hinausgeht (vgl. Honer 2011: 261).

4

Zum Konzept einer solchen „living fieldwork“ vgl. Kubes (2014).

Methoden: Fieldwork on High Heels | 41

FELDFORSCHUNG IN ETHNOLOGIE UND SOZIOLOGIE „Wer sich beim Hören irrt, schneidet nicht sein Ohr ab, sondern schult sein Gehör.“ Spittler 2001: 19

Im Feld als Forscher*in teilzunehmen, zu beobachten und bewusst wie auch unbewusst sensorisch wahrzunehmen ist keine neue Methode und wurde sowohl in der Soziologie als in der Ethnologie schon Anfang des 20. Jahrhunderts mit unterschiedlicher Gewichtung als methodisches Prinzip formuliert und umgesetzt. Auffällig ist, dass Versuche einer Weiterentwicklung der partizipatorischen Forschungsmethode jenseits der jeweiligen Fachgrenzen und nationalen Wissenschaftstheorien oft nicht wahrgenommen wurden. So vielfältig wie die betroffenen Disziplinen sind die terminologischen Prägungen, die vorgenommen wurden. Diese reichen von Teilnehmender Beobachtung bzw. participant observation (Malinowski, Chicago-School) über Dichte Teilnahme (Spittler) zur beobachtenden Teilnahme oder Lebensweltanalyse (Honer) bis schließlich zur namentlich betonten Inklusion aller Sinne in der Sensorischen Ethnologie (Howes, Classen, Ingold, Pink) bzw. deren methodischer Umsetzung, der sensory ethnography (Pink). Allen genannten Ansätzen ist gemein, dass eine mehr oder weniger bewusst betonte Beteiligung der sensorischen Wahrnehmung am Feldforschungsprozess propagiert wird. Seit knapp hundert Jahren gilt die von Bronislaw Malinowski begründete Methode der Teilnehmenden Beobachtung als Königsweg der ethnographischen Datenerhebung. Bereits in Malinowskis Entwurf findet sich ein methodischer Pluralismus, der heute mit „Triangulation“ (Flick 2004) beschrieben werden könnte. Malinowski fordert dabei im Wesentlichen drei Wege der Annäherung an kulturelle Praxen: die „Organisation des Stammes und die Anatomie seiner Kultur", die synoptischen Tafeln und exakten Daten bildeten gewissermaßen das „Skelett der Stammesorganisation [...] aber ihnen fehlt Fleisch und Blut" (Malinowski 1984: 41, 48). Die Exaktheit der Regeln und Ordnungen nämlich stehe in einem scharfen Kontrast zur tatsächlichen Praxis und müsse daher ergänzt werden durch „die Beobachtung der Art und Weise, in der ein bestimmter Brauch ausgeführt wird", die „Imponderabilien des wirklichen Lebens", wie Malinowski es nennt (ebd.: 44, 48). Durch sie erst gewinne eine Ethnographie jene „Anschaulichkeit und Lebhaftigkeit" (ebd.) in der Darstellung, durch die sich die Arbeiten zahlreicher „Amateure" (ebd.) gegenüber denen professioneller Ethnolog*innen ausgezeichnet hatten. Hinzu komme noch das „corpus inscriptionum als Dokument der Mentalität der Eingeborenen" (ebd.: 42), bestehend aus einer

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Sammlung von Erzählungen, magischen Formeln und typischen Äußerungen. Am Ende dieses Vorgehens sollte dann eine Darstellung stehen, die den „Standpunkt des Eingeborenen“ (ebd: 49) möglichst umfassend beschreibe und der es gelinge, „sich seine Sicht seiner Welt vor Augen zu führen“ (ebd.). Statt, wie es die zeitgenössischen ‚Lehnstuhlethnologen‘ taten, Wissen über die beforschte Kultur allein auf der Basis von Interviews zu gewinnen, forderte Malinowski die Feldforschenden auf, über einen ausgedehnten Zeitraum im Feld zu leben, die Sprache der Beforschten zu lernen und im Feld eine soziale Rolle zu übernehmen (ebd.). In der Soziologie wurden vergleichbare Forderungen nach dem Einsatz qualitativer Erhebungsmethoden etwa zeitgleich von den Vertretern der Chicago School vorgebracht, die die amerikanische Soziologie damit von ihren evangelikalen Wurzeln befreiten (Lindner 2007: 130).5 Die Problemstellung war hier jedoch eine andere: Die von den Soziologen um Robert Park, William Thomas und Ernest Burgess untersuchten sozialen Subkulturen und Milieus in Chicago waren nicht in der gleichen Weise fremd wie jene der Ethnologen. Die Forschungsobjekte waren Teil der urbanen Gesellschaft, aber dennoch meist durch Desintegration gezeichnet. Die gemeinsame Sprache und der geteilte nationale Kontext erleichterten jedoch den Zugang. Ziel der Forschung war entsprechend nicht das völlige Eintauchen ins Feld (Kubes 2014), sondern lediglich die Einnahme eines neutralen Standpunkts, von dem aus soziale Phänomene und Praktiken möglichst wertfrei betrachtet werden sollten. Insbesondere Park verglich die Arbeit des Soziologen dabei wiederholt mit der eines lediglich besonders genau arbeitenden und stärker in die Tiefe gehenden „reporter in depth“ (vgl. Lindner 2007: 141) und forderte seine Schüler*innen auf: „become acquainted with the people“, „get the feeling“ (zitiert in

5

Zu den Klassikern der Chicagoer Schule zählen u.a. die Studien The Hobo: The Sociology of the Homeless Man von Nels Anderson (Anderson 1923); The City von Robert Ezra Park, Ernst Burgess und Roderick McKenzie (Park et al. 1925); The Ghetto von Louis Wirt (Wirth 1928) und The Taxi-Dance Hall: A Sociological Study in Commercialized Recreation and City Life von Paul Goalby Cressey (Cressey 1932). Ein später datierter Klassiker der Teilnehmenden Beobachtung ist die Studie Street Corner Society von Wiliam Foote Whyte (1943), der mittels verdeckter Teilnahme eine italienische Jugendgang in Chicago erforschte. Ein soziologischer Klassiker der frühen deutschsprachigen ethnographischen Forschung, in der qualitative und quantitative Methoden systematisch kombiniert wurden, ist die 1933 veröffentlichte Studie Die Arbeitslosen von Marienthal (1975) von Marie Jahoda, Paul Felix Lazarsfeld und Hans Zeisel.

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Lindner 2007: 10).6 Diese scheinbare phänomenologische Offenheit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Park letztlich vor allem darum ging, eine „Kunst des Sehens“ zu vermitteln (ebd.) und der Gesichtssinn sein primäres Erkenntnisinstrument blieb. Sowohl in der ethnologischen Feldforschung Malinowskis als auch in der soziologischen Feldforschung der Chicagoer Schule wurden andere Sinneswahrnehmungen methodisch meist nur unbewusst eingesetzt. Im Zentrum der angewandten Methoden standen okularzentrierte Methoden (Beobachtung), allenfalls noch ergänzt durch Interviews, bei denen es freilich weniger darauf ankommt zu hören, als vielmehr darauf zuzuhören. Der Einbezug und der Einsatz aller Sinne als multisensorische Forschungsmethode war bei beiden Disziplinen jedoch keine explizite Forderung.

DER EINBEZUG DER SINNE „Perception, like cognition, must be studied in its ,natural‘ setting.“ Howes 1991: 275

Mit dem Primat des Gesichtssinns als privilegierte Instanz der Wissensgenerierung brechen eine Reihe neuerer Bestimmungen ethnologischer und soziologischer Feldforschung. Die Ansätze unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Terminologie und in Detailfragen. Auch scheinen sie nahezu vollständig unabhängig voneinander entwickelt worden zu sein und tatsächlich weitgehend originäre Parallelschöpfungen der beteiligten Fächer und nationalen Wissenschaftstraditionen darzustellen. Gemeinsam ist ihnen jedoch die Forderung nach einem stärkeren Einbezug der Sinne in die Feldforschung, so dass hier durchaus disziplinenübergreifend von einem Trend gesprochen werden kann. Für die deutschsprachige Ethnologie radikalisierte Gerd Spittler die Teilnehmende Beobachtung indem er sie zur Dichten Teilnahme weiterentwickelte (Spittler 2001).7 Für einen tieferen Erkenntnisgewinn sei laut Spittler nicht nur die soziale Nähe zu den Erforschten ausschlaggebend, sondern das Erleben des Feldes mit allen Sinnen (vgl. ebd.: 19f.). Soziale Nähe bedeutet in diesem Kon-

6

Er handelte sich dafür prompt den Vorwurf ein, er betreibe keine Wissenschaft, sondern lediglich „journalism in disguise“ (vgl. Lindner 1996: 99,179).

7

Die Bezeichnung „dichte Teilnahme“ ist eine Anlehnung an Clifford Geertz’ Konzept der dichten Beschreibung (Geertz 1983).

44 | Fieldwork on High Heels

text (wie bei Malinowski), als Forschende*r am sozialen Leben teilzunehmen. Ähnlich wie Malinowski und die Vertreter der Chicago School plädiert Spittler für einen Mix aus Handeln, Beobachten und ‚natürlichem‘ Gespräch. Er weist darauf hin, dass besonders in ungezwungenen Gesprächen unerwartet neue erkenntnisreiche Themen entdeckt werden können (vgl. ebd.: 18). Wichtiger als das Gespräch oder die Beobachtung sei aber am Ende das „Erleben“ (ebd.:19) des Feldes. Unter dem Begriff fasst Spittler mehr als das, was uns über die traditionellen fünf Sinne zu Bewusstsein gelangt: „Zu diesem Erleben gehören alle Sinne. Nicht nur das Sehen und Hören, sondern auch das körperliche und seelische Fühlen“ (Spittler ebd.: 19, Hervorh. i. Orig.). Trotz der Gefahr von Sinnestäuschungen und Missinterpretationen sieht Spittler die sinnliche und emotionale Erfahrung im Feld als zentralen Erkenntniszugang (ebd.). Feldforschung soll für ihn im Sinne von Michael Jackson (1989) zu einer „lived experience and participation“ werden (vgl. Spittler 2001: 20). Ich würde allerdings aufgrund der Notwenigkeit der ständigen Performanz im Feld eher von einer „living experience“ (Kubes 2014) sprechen. Denn die im Feld gemachte Erfahrung ist in ihrer Reflexivität nie abgeschlossen und hört nie auf sich weiterzuwirken. Den Einbezug der sensorischen Wahrnehmung in die Feldforschung fordert Spittler, ohne sich auf die anglo-amerikanische Sensory Ethnography zu beziehen.8 Hier lässt sich seit den 1980er Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks eine Aufwertung multisensorischer Forschungsansätze beobachten. Eine konkrete Umsetzung dieser Entwicklung ist die Entstehung einer Ethnologie der Sinne, die sich zunächst mit der historischen und kulturell bedingten Hierarchisierung der Sinne auseinandersetzte und versuchte, deren kulturelle Gewachsenheit und Determiniertheit aufzuzeigen.9 Schon bald aber trat das epistemologische Potential einer multisensorischen Annäherung deutlich zutage.

8

Eine Ausnahme ist der Bezug auf Paul Stoller (1989).

9

Howes weist darauf hin, dass sich schon lange vor der Entstehung einer Subdisziplin der Ethnologie der Sinne Ethnolog*innen für kulturelle Sinneswahrnehmungen interessierten (vgl. Howes 2011: 437). Er führt hier exemplarisch u.a. die Torres StraitExpedition im Jahr 1898 an, in der sich W.H.R. Rivers als Experte für visuelle Perzeption verstand und indigene sinnliche Wahrnehmung messen, ordnen und kulturell vergleichen wollte (ebd.; vgl. River 1901: 3f.). Ausnahmen in Bezug auf diese Sichtweise waren auch Margaret Mead und Rhoda Métreaux (1953), Marshall McLuhan (1962), Walter Ong (1962) und Edmund Carpenter (1973) die schon lange vor der interpretativen Wende eine sensorische Annäherung an die Ethnologie postulierten (vgl. Howes 2001: 437). Margaret Mead und Rhoda Métreaux zeigten, dass sinnliche Wahrnehmungen kulturellen Mustern unterliegen und genauso kulturell strukturiert

Methoden: Fieldwork on High Heels | 45

Die Sinne können in den Kultur- und Sozialwissenschaften eine Doppelrolle einnehmen: Sie können Gegenstand und Instrument der Forschung sein. Oft auch beides zugleich (vgl. Classen 1997: 409). Diese Qualität teilen sie mit anderen Phänomenen wie Gender oder Körper. Die genannten Kategorien stehen im Verhältnis zueinander, sie sind historisch gewachsen und kulturell überformt aber dennoch individuell spürbar und erfahrbar. In Bezug auf Sinne als Wahrnehmungs- und Empfindungsmesser kann man sich allerdings nicht auf die fünf traditionellen Sinne nach Aristoteles beschränken (visuelle, auditive, olfaktorische, gustative und taktile Wahrnehmung), sondern sollte die Liste um eine Reihe weiterer Sinne ergänzen. Im Falle der vorliegenden Studie zählen dazu insbesondere die Propriozeption (Körperempfinden, Tiefensensibilität, Wahrnehmung von Körperbewegung und Lage im Raum), Nozizeption (Schmerzempfinden) und Kinästhesie (Raumwahrnehmung, Bewegungsempfinden). Die Aufwertung der Sinne kann verstanden werden als eine Konsequenz aus der „Krise der ethnographischen Repräsentation“ (Berg & Fuchs [Hg.] 1993), die die Ethnologie ab den 1970er Jahren erfasst hatte. Während sich zunächst der Großteil der Kritik vorrangig mit Problemen der Repräsentation auseinandersetzte (vgl. Clifford & Marcus [Hg.] 1986) und die sinnliche Wahrnehmung als Forschungspraxis wenig beachtete oder explizit ausschloss (Tyler 1986: 137)10, wandte sich eine wachsende Zahl von Forscher*innen der Rolle des menschlichen Körpers als Forschungsobjekt und Erkenntnisinstrument zu.11

und systematisiert sein können wie Sprache (vgl. Mead & Métreaux1953: 16f.). Walter Ong (1967) und Marshall McLuhan (1962) beschäftigten sich mit der Auswirkung des Kommunikationstechnologiewandels und deren Effekten auf kognitive Prozesse und sensorische Wahrnehmung (vgl. Howes 1990:58). Edmund Carpenter (1973) illustrierte die Wichtigkeit des Einbezugs sensorischer Wahrnehmung anhand seiner Forschung über multiperspektivische indigene Bilddarstellungen. Diese Bilder können nicht zentralperspektivisch gelesen werden, da sie gleichzeitig alle Seiten synchron zeigen. Neue sensorische Konzepte müssen greifen, um ein tieferes Verstehen zu ermöglichen (Carpenter 1973: 30). Eine genauere Darstellung der historischen Entwicklung der sensorischen Ethnologie von 1950 bis 1990 liefert Howes (1990; 2011). 10 Im Sammelband Writing Culture (Clifford & Marcus 1986) weist etwa Stephen Tyler explizit darauf hin, dass Wahrnehmung nichts mit Ethnographie zu tun hat: „Perception has nothing to do with [ethnography]“ (Tyler 1986: 137; Hinzufügung T.K.). 11 Auch in der Soziologie wurde spätestens durch den „body turn“ der 1990er Jahre der Körper als Forschungsobjekt entdeckt (Gugutzer 2006: 9). Frühe Annäherungen an das Feld des Körpers, v.a. in Bezug auf Kulturvergleich, finden sich bei Mauss (1975 [1936]), Douglas (1974 [1966]) und Blacking (1977).

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Der Ethnologe David Howes, ein prominenter Vertreter der Anthropologie der Sinne, kritisiert die ‚Entkörperlichung‘ der Forschung durch den „textual turn“ und weist auf die sensorische Blindheit des Faches hin (Howes 2003: 26f.). Vor allem in der so genannten ‚postmodernen‘ Ethnologie werde Wörtern zwar eine gewisse Mächtigkeit zur Schaffung von Realität(en) zugeschrieben, repräsentieren aber können sie Realität nicht (vgl. Howes 1990: 56). Für Howes hingegen ist Ethnographie nicht – wie für Geertz – „a kind of writing“ (Howes 1988: 1) sondern, wie ich es ausdrücken würde, ‚a kind of feeling‘. Für ein tieferes Erkenntnisinteresse will er daher die sensorische Dimension in die ethnologische Interpretation miteinbeziehen und betont die kulturelle Bedeutung von sensorischer Erfahrung (Howes 2003: 26f.).12 Denn sensorische Erfahrungen sind kulturelle Kategorien, sie sind sozial gemacht und vermittelt (vgl. Hsu 2008: 433). Eine sensorische Kulturanalyse kann sich daher nicht darauf beschränken, Kulturen als Text zu lesen (Geertz 1984) bzw. zu (er-)schreiben (Clifford & Marcus, Hg. 1986). Sie muss sich ihren vielfältigen Facetten multisensorisch annähern (vgl. Howes 2011: 447). Wie das in der Praxis aussehen kann, lässt sich ab den 1990er Jahren im anglo-amerikanischen Raum beobachten.13 Klassiker aus dieser Zeit, in der sen-

12 Sinneswahrnehmungen sind für Howes „the medium through which all the values and practices of society are enacted“ (2003: XI). Um als Forscher*in eine ganzheitliche, körperliche Erfahrung von sozialem Leben zu erlangen, müssen sensorische Phänomene als kulturell codiert betrachtet werden (ebd.). Mit Einbezug eines sensorischen Modells interpretiert Howes den Kula-Ring Malinowskis neu (2003). Howes erweitert die Bedeutung das Tauschsystem der Trobriander*innen, indem er die verschiedenen Ritualphasen zueinander in sensorische Beziehungen setzt und u.a. die genderspezifische Bedeutung von Gerüchen und Tönen während des Gabentausches aufzeigt (2003: 61-94). Die Objekte des Kula sind für ihn nicht einfache Tauschobjekte, die ein Allianzsystem erhalten, sondern „bundles of sensory power“ (ebd.:112). Er entwickelt ein dreistufiges Sinnesmodell, und rückt die Sinne in den Mittelpunkt des Interpretationsprozesses (ebd.: 244f.). Kulturelle, sensorische Merkmale sollen von den Ethnolog*innen analysiert, in den kulturellen Kontext eingebettet und interkulturell verglichen werden (ebd.: 245). Dieses Vorgehen wird u.a. von Tim Ingold kritisiert, welcher Howes vorwirft, subjektive Wahrnehmungsprozesse nicht mit in den Interpretationsprozess einzubeziehen und inkorporiertes Wissen bzw. leibliche Praktiken zu vernachlässigen (Ingold 2000: 156, 243f.) 13 Vgl. beispielsweise Bendix (2005; 2006); Carpenter (1973); Classen (1993; 1997; 1998; 2005); Desjarlais (1992); Farquhar (2002); Feld (1982); Feld & Basso (1996); Guerts (2002); Howes (1990;1991; 2003; 2005; 2011); Howes & Classen (1991); Hue

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sorische Wahrnehmungen zum genuinen Forschungsgegenstand avancieren, sind Constance Classens Monographie World of Sense (1993) und das gemeinsam von Classen, David Howes und Anthony Synnott verfasste Werk Aroma: The Cultural History of Smell (1994), das sich mit kulturell unterschiedlichen Bedeutungen und Wahrnehmungen von Gerüchen beschäftigt. Wie der Titel des letztgenannten Werks erahnen lässt, besteht eine der Errungenschaften der sensorischen Ethnologie in der Relativierung des eurozentrisch überhöhten Sehsinns und der Aufwertung und Untersuchung anderer Sinnesarten (vgl. Ingold 2011: 316).14 Den Sinnen wurde in diesem Zug nicht mehr nur ihre vermeintlich natürliche Ordnung, sondern auch deren ebenso ‚natürliche‘ genderspezifische Zuweisung aberkannt (Howes 2003, Classen 1997). Auch ist Ingold zweifellos zuzustimmen, wenn er auf die massive Vernetzung aller Sinne während der Wahrnehmung hinweist (Ingold 1996: 109). Paul Stoller hat das im Vorwort zu The Taste of Ethnographic Things prägnant formuliert: „Now I let the sights, sounds, smells, and tastes of Niger flow into me. This fundamental rule in epistemological humility taught me that taste, smell, and hearing are often more important for the Songhay than sight, the privileged sense of the West. In Songhay one can taste kinship, smell witches, and hear the ancestors.“ (Stoller 1992: 5)

Exemplarisch dafür, ganz vom westlichen sensorischen Interpretationsschema abzukommen, steht Stollers Erklärungsversuch für die sensorische, nicht rational erklärbare leibliche Erfahrung, die ihm während eines Initationsprozesses bei den Songhay in Niger zuteilwurde (Stoller 1997). Das Erlebnis überzeugte Stoller, Phänomene nicht weiter mit eurozentrisch geprägten rationalen Mustern und Hypothesen erklären zu wollen, sondern zu versuchen, Sinneszusammenhänge anders zu denken (vgl. Stoller 1997: 22f.). In ähnlicher Weise rückt Robert Desjarlais von eurozentrischen Kategorien der Wahrnehmung ab. Desjarlais erforscht die körperlichen Erfahrungen während der schamanistischen Heilrituale

(2008); Ingold (1998; 2000; 2008; 2011a; 2011b); Ingold & Lee Vergunst (2008); Pink (2004; 2005; 2007; 2009; 2012); Seremetakis (1994); Stoller (1992, 1997); Taussig (1992), Vinge (1975). 14 Howes betont schon 2003, dass ethnologische Analysen von Wahrnehmungssystemen auf keinen Fall auf okularzentrierten Konzepten basieren sollten (Howes 2003: 49f.). Ingold, der sich intensiv mit dem Visuellen befasst, widerspricht Howes (2011: 316; 2000). Der Sehsinn ist seiner Ansicht nach für Menschen weltweit ein sehr wichtiger Sinn, sich mit ihm wissenschaftlich zu befassen und über ihn zu schreiben habe deshalb nichts mit westlichem Okularzentrismus zu tun (Ingold 2011: 316f.).

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der Yolmo Sherpas in Nepal (1992). Während seiner Feldforschung geht er bei einem Schamanen in die Lehre und fällt bei der Teilnahme an Heilungszeremonien mehrere Male in Trance (vgl. Desjarlais 1992: 30f.). Diese sensorische Erfahrung möchte er dem Lesenden weniger deskriptiv als evokativ vermitteln (vgl. Desjarlais 1992: 30).15 Mit sensorischen Wahrnehmungsprozessen und deren genderspezifischen Ausprägungen in der westlichen Welt setzt sich hingegen Sarah Pink auseinander (Pink 2004, 2012). So erforscht sie u.a. die sinnliche Erfahrung und Bedeutungszuschreibung von Hausarbeit und Haushaltsobjekten (2004). In Doing Sensory Ethnography (Pink 2009) befasst sie sich theoretisch und methodologisch mit der Rolle der Sinne für die Feldforschung. Ihr Fokus liegt hier auf der Bedeutung der sensorischen Wahrnehmung als Medium der Datengewinnung. Pink plädiert für einen ethnographischen Ansatz, in dem sowohl Wahrnehmung als auch Wissen und Praxis multisensorisch gedacht werden (vgl. Pink 2009: 1). „[...] ethnography is a process of creating and representing knowledge (about society, culture and individuals) that is based on ethnographers’ own experience. It does not claim to produce an objective or truthful account of reality, but should aim to offer versions of ethnographers’ experiences of reality that are as loyal as possible to the context, negotiations and intersubjectivities through which the knowledge was produced.“ (Pink 2007: 22)

Für Pink ist doing ethnography ein Prozess der Datengenerierung jenseits bloßer Repräsentationspraxen (vgl. Pink 2007: 22). Forschung und das Schreiben einer Ethnographie werden von ihr zwar als Entwicklungsgänge gedacht, die Wissen16

15 Seine Monographie über die schamanistischen Heilmethoden der Yolmo Sherpas in Nepal ist ein Versuch, den Körper der Rezipienten mit einzubeziehen und die erlebten sensorisch fremdartigen Erfahrungen auch für nicht-Nepalis verständlich zu machen (ebd.). Ähnliche methodische Ansätze haben auch Judith Okley (1994) und Nadia Seremetakis (1994) entwickelt. 16 Pink bezieht sich hier auf das Wissensvermittlungskonzept von Etienne Wenger, der betont, dass, folgt man dem Konzept „knowing in practice“ (Wenger 1998: 137,141), Wissen nur in der angewandten Praxis mit anderen Akteur*innen vermittelt werden kann (vgl. Pink 2009: 34, Wenger 1998: 4f.). Pink weitet das Konzept Wengers aus, indem sie Wissensaneignung auch als verkörperten und multisensorischen Prozess ansieht. Zusätzlich unterscheidet Pink zwischen zwei sensorischen Wissenskategorien der sensory subjectivity, welche die Subjektivität der Wissensart unterstreicht, und der sensory intersubjectivity, welche die Wichtigkeit intersubjektiver Beziehungsprozesse während der Wahrnehmung betont (vgl. Pink 2009: 53).

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erschaffen und später repräsentieren, sie fußen allerdings bei all dem stets auf der Basis eigenen Erlebens (vgl. Pink 2007: 22). Die zugrundeliegende sensorische Wahrnehmung ist dabei zugleich eine individuelle und eine kulturelle Erfahrung (ebd.).17 Pinks Ansatz des doing sensory ethnography ruht auf fünf Grundprinzipien: Wahrnehmung, Ort, Wissen, Erinnerung und Vorstellung (vgl. Pink 2009: 23). Die fünf genannten Kategorien stehen in reziproker Verbindung zueinander. In Anlehnung an die Arbeiten des Ethnologen Tim Ingold (2008)18, der Geographin Doreen Massey (2005) und des Phänomenologen Edward Casey (1996) entwickelt Pink darüber hinaus eine Theorie des ethnographischen Orts („ethnographic place“), der im Rahmen der Forschung erschaffen wird (2009: 42).19 Dieser „ethnographische Ort“ darf nicht verwechselt werden mit den ‚realen‘ Orten, an denen die Forschung stattfindet: „Ethnographic places are [...] not the same actual, real, experienced places ethnographers participate in when they do fieldwork. Rather, they are the places that we, as ethnographers, make, when communicating about our research to others. Whatever medium is involved, ethnographic representation involves the combining, connecting and interweaving of theory, experience, reflection, discourse, memory and imagination.“ (Pink 2009: 42)

Im deutschsprachigen Raum weist neben Gerd Spittler vor allem die Europäische Ethnologin Regina Bendix (2005, 2006) auf das Zusammenspiel verschiedener Sinne bei menschlichen Handlungs- und Wahrnehmungsprozessen hin (vgl. Bendix 2006: 71). Bendix fordert explizit eine Schärfung der sinnlichen Wahrnehmung während der Feldforschung sowie eine intensivere Einbeziehung in die Ethnographie (ebd.). Durch den Einbezug aller Sinne sollen die zwei do-

17 Eine radikalere Ansicht vertritt u.a. Hsu, die jegliche sensorische Erfahrungen als sozial gemacht und vermittelt ansieht (Hsu 2008: 433). 18 Ingold wird u.a. durch den Phänomenologen Maurice Merleau-Ponty (1966) und den Psychologen Gibson (1966; 1979) inspiriert (vgl. Pink 2009: 28). 19 Für alle vier genannten Wissenschaftler*innen ist eine Neudefinition von Ort („place“) und Raum („space“) essentiell. Auf diese Erkenntnis aufbauend sieht Pink im Feldforschungsort, bzw. im „ethnographic place“, eine Verstrickung von Personen, Dingen, Bewegungsbahnen, Gefühlen und Diskursen (Pink 2009: 41f.). Sowohl Casey (1998) als auch Massey (2005) sehen Orte als belebte, fluide Ereignisse (vgl. Pink 2009: 32). „They both refer to place as ‚event‘, and as such recognise the fluidity of place“ (Pink 2009: 32).

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minanten okular- und verbalzentrierten Feldforschungsmethoden, Beobachtung und Interview, durch andere, in der Regel vernachlässigte, Sinneszugänge ergänzt werden. Zusätzlich betont Bendix den Zusammenhang von sensorischer Wahrnehmung und Emotionen20, den sie im Sinne der englischsprachigen Sensory Ethnography als „nicht nur individuell, sondern auch kulturell geprägt“ beschreibt (Bendix 2006: 72). Auch bezieht sie sich in ihrem Plädoyer für eine ganzheitliche ethnographische Praxis (anders als Spittler) explizit auf die Arbeiten der angelsächsischen sensorischen Ethnologie. Die Sinne, fordert sie, seien als methodisches Werkzeug zu nutzen und als integraler Bestandteil der methodischen Forschung anzuerkennen (vgl. Bendix 2006: 72). Durch die zeitweise „entkörperlichte“ Europäische Ethnologie sei die Selbstverständlichkeit der Sinne jenseits des Okularzentrismus ‚übersehen‘ worden (ebd.). Die Rolle sensorischer Wahrnehmung solle und müsse jedoch bei jeder Art von kulturellen Prozessen (von der Kommunikation bis zur kulturellen Praxis) mitgedacht werden (vgl. Bendix 2006: 72). Der Körper als Medium der Erkenntnis solle während der Feldforschung Wahrnehmungen wie ein Schwamm aufsaugen. Die dadurch gewonnene sinnliche Dimension ergänze die auf althergebrachte Weise gewonnenen Forschungsdaten und müsse selbstreflexiv in diese Eingang finden (vgl. Bendix 2006: 79). Als Konsequenz aus der Diskussion um die Rolle der Sinne für die Feldforschung habe ich meine eigene Feldstudie als subjektiven, multisensorischen, performativen, und produktiven Prozess der Wirklichkeitskonstruktion konzipiert. Ich habe dies an anderer Stelle bereits ins Programm einer „living fieldwork“ überführt (Kubes 2014). Zentrales Merkmal der living fieldwork ist das bewusst geplante vollständige Eintauchen ins Feld, das weit über die gelegentlich geforderte „zweite Sozialisation“ (vgl. Illius 2003:81) hinausgeht. Ich habe in den Feldforschungsphasen nicht lediglich die eine oder andere Hostessentätigkeit ausgeübt und dabei so getan, als ob ich eine Hostess wäre. Ich war während langer Perioden der empirischen Forschung tatsächlich Hostess – 24 Stunden lang, viele Tage am Stück. Nur auf diese Weise war es mir möglich, Zugriff auf nicht verbalisierte Wissensbereiche zu erhalten. Living fieldwork ist eine intensivere Ausprägung des „doing sensory ethnography“ nach Pink (2009) bzw. der Dichten Teilnahme nach Spittler (2001), indem der/die Feldforschende leiblich total in das Forschungsfeld eintaucht und (für einen definierten Zeitraum) selbst zum Forschungsgegenstand wird. Im Vergleich zu Pinks methodologischen Ansatz, bei welchem der/die Wissenschaftler*in zwar sensorisch wahrnimmt, dabei aber stets aus der Rolle der/des

20 Die Begriffe Emotion und Gefühl werden im Folgenden synonym verwendet.

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Forschenden heraus agiert, wird bei der Methode der living fieldwork versucht, die Rolle der/des Forschenden während der Forschungsphase bewusst abzulegen und zum vollwertigen Teil des Feldes zu werden. Ziel ist ein tiefer bzw. totaler Zugang zu leiblichen und körperlichen Prozessen. Die leibliche Selbsterfahrung dieser interozeptiven Methode erlaubt es, das sensorische Zusammenspiel während der Performanz zu erleben und schließlich auch zu verstehen. Die Frage, wie sich durch die Anwesenheit der Feldforscherin Orte und Räume verändern, nimmt in einer solchen Forschung einen anderen Stellenwert ein als in anderen Entwürfen einer multisensorischen Ethnographie. Im Gegensatz zum ethnographic place (Pink 2009), in dem der Forschungsort durch die Anwesenheit und die Interventionen der Forschenden stark beeinflusst wird, bleibt bei der Methode der living fieldwork das ‚natürliche Setting‘ weitgehend erhalten und liegt der Fokus auf dem Prozess der leiblichen Erfahrung des Feldes. Die totale Mitgliedschaft im Feld ist insbesondere bei fest definierten kulturellen Feldern mit geringer zeitlicher Konstanz und wechselnden Gruppenzusammensetzungen, möglich. Der Gruppeneintritt erfolgt durch Forschende und den Akteur*innen zum selben Zeitpunkt. Das gemeinsame Startereignis wirkt sich in der Regel stark auf das Zusammengehörigkeitsgefühl aus. Die Methode unterscheidet sich also von traditioneller Methoden insofern, als die/der Forschende nicht als Neuankömmling in die schon existierende Gruppe aufgenommen wird, sondern den Entstehungsprozess der Gruppe von der Bildung der Gruppe bis zu deren Auflösung als vollwertiges Mitglied miterlebt und mitgestaltet. Dadurch erlaubt die Methode eine deutlich intensivere und vollständigere Form der existentiellen Teilhabe als Akteur*in als es klassische Feldforschungsmethodiken vorsehen.21 Besonders dann, wenn die für einen Gruppen-

21 Damit unterscheidet sich meine Studie auch von der klassischen kulturwissenschaftlichen Forschung zu Arbeitskulturen (u.a. Götz 1997, 2000, Lauterbach 2000). Auch wenn dort „die subjektive Seite des menschlichen Arbeitshandelns“ (Lauterbach 2000: 34) im Fokus stehen kann, ist die Herangehensweise eine andere. Da in der Arbeitskulturforschung der/die Forschende über eine feststehende Gruppe forscht, die schon vor der Forschung existiert und über das Ende der Forschung auch weiterbesteht und der/die Forschende während der teilnehmenden Beobachtung eben keine totale Mitgliedschaft im Feld anstrebt, sondern vielmehr eine „Hofnarrenperspektive“ (Götz 2000: 64) einnimmt, durch die man hier und dort ganz ungeniert (aber eben immer in der Rolle der/des Forschenden) teilnehmend beobachten kann. Zudem ist, die Intention als Hostess zu arbeiten eine andere. Denn deren Tätigkeit stellt für diese in der Regel, eben nicht wie gewöhnliche Erwerbsarbeit, „eine materielle Notwendigkeit“ (Lauterbach 2000: 34) dar.

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eintritt erforderlichen Qualifikationen und Ressourcen schon größtenteils vorhanden sind, ist der Einsatz der Methode der living fieldwork durchführbar. Sie ist eine Möglichkeit, die Intensivierung der Forschung jenseits traditioneller Zugangsweisen auf multisensorische, autoethnographische und leibempirische Art umzusetzen.

BECOMING, DOING, BEING HOSTESS „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ Simone de Beauvoir 1992: 334

Mein Ansatz der totalen Teilnahme zielt auf ein multisensorisches Verstehen der Hostessentätigkeit ab. Hierbei hilft mir besonders das eigene sensorische Erleben als Akteurin. Dieses Erleben beginnt, sobald der Entschluss feststeht, als Hostess arbeiten zu wollen, und wächst, je mehr man in die Welt der Hostessen eintaucht. Es gliedert sich in drei Schritte, die zwar aufeinander aufbauen, aber dennoch einen fließenden Übergang haben, und die ich im Folgenden mit becoming hostess, doing hostess und being hostess bezeichne. Abbildung: Die drei Phasen des multisensorischen Verstehens nach dem Prinzip der Living Fieldwork

Quelle: Grafik Tanja Kubes

Die erste Phase, das becoming hostess, fasst alle Aktionen und Prozesse zusammen, die mit dem Hostesswerden zusammenhängen. Dazu gehören Castings und Schulungen ebenso wie verschiedene Körperzurichtungen und die Aneignung spezifischer Techniken. Die zweite Phase, das doing hostess, bezeichnet das aktive performative Handeln als Hostess. In der dritten (Entwicklungs-)Phase, dem being hostess, liegt der Fokus auf Selbstzuschreibungen und Identifikatio-

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nen. Die Wesensmerkmale des Stereotyps Messehostess sind in dieser Phase so weit inkorporiert und verinnerlicht, dass es nicht mehr nur darum geht eine Hostess in ihrer sozialen Rolle darzustellen und zugeschriebene Verhaltensweisen auszuführen. Stattdessen wollen die Betroffenen tatsächlich Hostess sein. Being hostess baut also auf dem doing hostess auf, geht jedoch über dieses hinaus. Am Beispiel der Medienrezeption durch Hostessen während und nach der Messe wird gezeigt werden, dass sich Hostessen mit dem dort gezeichneten Hostessenbild so weit identifizieren, dass die Darstellungsart sogar das leibliche Empfinden der Akteurinnen beeinflusst. Alle drei Phasen sind Konstruktionsprozesse, und implizieren ein ständiges am Stereotyp Hostess orientiertes Handeln der Akteurinnen. Ähnlich wie im Konzept des Doing gender von West und Zimmerman (1987) ist auch das Hostessenagieren bzw. das doing hostess emergentes Ergebnis aktiver sozialer Handlungsprozesse. Die typische Körperhaltung von Hostessen, bzw. die dafür angeeigneten Köpertechniken (Mauss 1975) sowie Gestik, Mimik und Gefühlsregulierung (Hochschild 1983), jede Art von Verhalten – die Art Kleidung zu tragen, den Raum zu nutzen und sich in ihm zu platzieren – bestätigt beständig das kulturell geschaffene Idealbild der Hostess und reproduziert es in unreflektierten Wiederholungen. Diese körperliche und leibliche Abfolge vom Werden (becoming) über das Tun (doing) zum Sein (being) im Sinne einer Selbstidentifikation und -wahrnehmung kann mit Butler (1997) als eine Sequenz performativer Akte verstanden werden,22 die unterschiedliche konstruktivistische und (re)produktive Effekte aufweist, bzw. mit Fischer-Lichte als ein Effekt von „Performativität“: „Der Begriff bezeichnet bestimmte symbolische Handlungen, die nicht etwas Vorgegebenes ausdrücken oder repräsentieren, sondern diejenige Wirklichkeit auf die sie verweisen, erst hervorbringen. Sie entstehen, indem die Handlung vollzogen wird. Ein performativer Akt ist ausschließlich als ein verkörperter zu denken.“ (Fischer-Lichte 2013: 44, Hervorh. i. Orig,)

22 Der Begriff Performativität kann auf polydisziplinäre Wurzeln zurückblicken. Hierzu zählen u.a. der französische Ethnologe Arnold van Gennep, der mit seiner 1909 vorgestellten Theorie der Übergangsriten (van Gennep 2005) die Ritualtheorie Victor Turners entscheidend beeinflusste, der Sprachphilosoph John L. Austin (1985), der den Begriff Performanz bzw. Performativität definierte, die Philologin und Philosophin Judith Butler, welche aufbauend auf Austins Sprechakttheorie den Performanzbegriff auf körperliche Handlungen anwendete und von performativen Akten (Butler 2002: 301f.) sprach, sowie die Theaterwissenschaftlerin Fischer-Lichte die v.a. für die deutschsprachige Performativitätstheorie wegweisend ist.

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Judith Butler hatte schon in den 1990er Jahren in der Auseinandersetzung mit Derridas Differenzphilosophie deutlich gemacht, dass Geschlechtsidentität ein Verkörperungsprozess ist, der durch „stilisierte Wiederholungen der Akte“ ein performativ hervorgebrachtes Konstrukt ist (Butler 1991: 206, Butler 1990: 270f.): „Die ‚performative‘ Dimension der Konstruktion ist genau die erzwungene unentwegte Wiederholung der Normen“ (Butler 1997: 139, Hervorh. im Orig). Hostessen inszenieren sich durch immer wieder selbstzitierte normierte idealtypische vollzogene Handlungen und Praktiken als homogen wirkende Masse. Die Theaterwissenschaftlerin Erika Fischer-Lichte greift diese Thesen Butlers auf und entwickelt sie weiter: „[D]er geschlechtsspezifische Körper [agiert] innerhalb eines körperlichen Raumes, der durch bestimmte Vorgaben eingeschränkt ist, und setzt Interpretationen innerhalb der Grenzen vorgegebener Regieanweisungen in Szene“ (Fischer-Lichte 2014: 43). Die fortwährend wiederholten Handlungspraktiken der Hostessen können selbst dann als „ritualisierte Produktion, [als] ein Ritual, das unter Zwang und durch Zwang wiederholt wird“ (Butler 1997: 139) angesehen werden, wenn dieser Zwang zuerst in nicht mehr besteht, als dem abstrakten Wissen, wie man hostessenkonform zu handeln hat. „Man verhält sich so, weil man halt weiß, wie sich eine Hostess zu verhalten hat“ (Hostess A, 26). Die Wirklichkeit von Hostessen wird erst durch eine Form von iterativer Autoreferentialität hervorgebracht und aufrechterhalten. Die Möglichkeit eines Durchbrechens der starren tradierten Handlungs- und Darstellungsweisen wird trotz phasenweise verbal geäußerter subversiver Tendenzen abseits der Messebühne von den Hostessen kaum als ernsthafte Option angesehen. Das normative Handeln der Hostessen besteht größtenteils eben nur aus denjenigen inszenierten performativen Wiederholungsakten, die im Kontext der Messe als ganz selbstverständlich angesehen werden, und kann deshalb in Analogie zu Austins Sprechakttheorie (Austin 1985) tatsächlich als wirklichkeitskonstituierend bezeichnet werden.

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FORSCHEN AUF AUTOMOBILMESSEN „You can’t take the subway to the field.“ Passero 1997:147 „Yes we can.“ Barack Obama

Bei meiner Forschung auf Automobilmessen kann zwischen drei Hauptarten der Feldforschungspraxis unterschieden werden, die auch zeitlich voneinander getrennt abliefen. Zum einen habe ich als Hostess alle Stationen von der Erstellung einer Sedcard über Castings und Briefings bis hin zur eigentlichen Arbeit als Messehostess durchlaufen und erlebt. Zum anderen habe ich mehrere Automobilmessen als Forscherin besucht, dort Interviews geführt und das Messegeschehen beobachtet. Drittens bin ich auch in die Rolle der Messebesucherin geschlüpft und habe versucht, die Messe mit den Augen einer Besucherin wahrzunehmen. Dabei habe ich mich unter anderem auch von Hostessen und Automobilkonzernmitarbeiter*innen zu den ausgestellten Fahrzeugen beraten lassen. Zusätzlich habe ich mich auf diversen automobilfernen Messen mit den dort arbeitenden Hostessen über deren Ansichten zur Tätigkeit als Hostess auf Automobilmessen unterhalten.23 Dieser multiperspektivische Forschungsansatz ermöglichte es mir, das Phänomen Messehostess auf verschiedenen Ebenen zu untersuchen und in seiner Tiefe zu verstehen. In meiner Rolle als Wissenschaftlerin erhielt ich Zugang zu Marketingexpert*innen und deren marktstrategischer Sicht auf den Hostesseneinsatz. Durch die Methode der living fieldwork wurde ich ‚mit Haut und Haaren‘ zur Hostess, erfuhr soziale Nähe in der Gruppe von Hostessen, deren Teil ich war, und erlebte deren „Lebenswelt“ (Honer 1993: 14f.) nicht als Forscherin, sondern als Hostess. Das Feld Messe als Arbeitsort war mir zu Beginn der Studie bereits wohlbekannt. Ich hatte selbst national und international (USA, England, Schweiz) über mehrere Jahre im Event- und Teamleitungsbereich gearbeitet und dadurch bereits einen umfassenden Einblick in den Messealltag erhalten. Allerdings stand seinerzeit die Eventorganisation, die Koordination von Gruppen und die Interaktion mit Besucher*innen und Kund*innen im Fokus meiner Tätigkeit. Jede der

23 Hierfür war ich zusätzlich auf einer Handwerksmesse, einer Lebensmittelmesse, einer Architektur-/Baumesse und einer IT-Messe. Dort habe ich v.a. informelle Gespräche mit Informations- und Counterhostessen sowie mit Promoter*innen geführt.

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aufgezählten Arbeiten beinhaltete, im Gegensatz zur für mich neuen Arbeit der Produktpräsentation, Interaktionsarbeit im klassischen soziologischen Sinn. In der Feldforschungsphase, in der ich selbst als Hostess agierte, erhielt ich während der kompletten Messe Zugang zum Feld. Der Zugang als Forscherin zu den Pressetagen der IAA wurde mir hingegen, trotz wiederholter Anfragen bei der Presseakkreditierungsstelle des Verbands der Automobilindustrie e.V. mit der Begründung verwehrt, dass für die ersten zwei Messetage ausnahmslos Medienvertreter*innen Einlass erhalten. Um so wichtiger war mein eigenleiblicher Zugang als Hostess, durch den ich die Hostesseninszenierungen während der Pressetage erleben konnte. Unverzichtbare Voraussetzung für mein Forschungsvorgehen war natürlich, dass ich über die von den Automobilkonzernen und Agenturen geforderten körperlichen Ressourcen verfügte. Für die Tätigkeit als Hostess in der Produktpräsentation gibt es klare Vorgaben in den Jobausschreibungen der Agenturen. Die Vorgaben variieren von Marke zu Marke leicht, einige Merkmale finden sich aber in praktisch allen Ausschreibungen. Demnach soll das Erscheinungsbild ‚weiblich‘ sein, die Bewerberinnen sollten ein bestimmtes Alter haben (meist zwischen 20-30 Jahre), sie sollen groß sein (ca. 170-185 cm) und möglichst schlank (Konfektionsgröße 34-36). Zusätzlich wird in Ausschreibungen oft eine bestimmte Haarlänge gefordert (i.d.R. lange Haare) und werden phänotypische Grobkategorien angegeben (sportlich, jugendlich, elegant, klassisch, etc.). Da ich den Anforderungen weitgehend entsprach, war es für mich möglich, mich über Jobportale und Agenturen für verschiedene Messen und Automobilmarken zu bewerben. Dies habe ich im Zeitraum von 2010 bis 2014 gemacht und habe für zahlreiche Agenturen und Internetportale eine eigene Sedcard erstellt.24 Hierfür habe ich meinen Körper vermessen und die erforderlichen Angaben in vorgegebene Eingabemasken eingetragen sowie mehrere Fotos, meist ein bis zwei Portraitfotos und ein bis zwei Ganzkörperfotos im Business-Stil hinzugefügt. Im Gegensatz zu den Sedcards der meisten Hostessenanwärterinnen waren die Bilder auf meiner Sedcard selbsterstellte Amateurbilder. Das stand in einer gewissen Spannung zu den Vorgaben der Agenturen, die in der Regel Fotos vom Fotografen vorziehen, da diese mehr Professionalität ausstrahlen und die ausgewählten Sedcards mit den Bildern an die Messeverantwortlichen der Automobilkonzerne weitergeleitet werden, damit diese eine erste Vorauswahl treffen können. Ich habe mich aber diesem Diktat nicht beugen wollen. Für meine For-

24 Das Jobportal „www.promotionsbasis.de“ vermittelt jede Art von Messearbeit. Auf der genannten Plattform können Agenturen Messejobs ausschreiben, auf die sich potentielle Hostessen online bewerben können.

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schung hatte ich auch so genügend Einladungen zu Castings erhalten, auch wenn sich durch meine Sturheit der eine oder andere Streit mit Agenturen nicht hat vermeiden lassen. An den Castings nahm ich regelmäßig als Jobanwärterin und ‚verdeckte Forscherin‘ teil und habe so verschiedenste Castingprozesse als Partizipantin durchlebt und währenddessen Gespräche mit meinen Mitbewerberinnen geführt. Zusätzlich habe ich mich im Forschungszeitraum für zwei der größten europäischen Automobilmessen, IAA und Genfer Autosalon, als Hostess für jeweils ca. 20 Fahrzeughersteller beworben. Die Ausschreibungen habe ich gesammelt und analysiert. Die Angaben der Agenturmitarbeiter*innen zu den Arbeitsbedingungen (Verträge, Löhne, Arbeitszeiten, Outfits usw.) habe ich dokumentiert, um diese Aussagen mit der praktizierten Realität auf der Messe zu vergleichen. Schon hier kann ich vorwegnehmen, dass es große Diskrepanzen zwischen den beworbenen ‚Jobs‘ und der praktizierten Wirklichkeit gibt. Als Hostess im Feld führte ich während meiner kompletten Feldforschungsphase (von den Castings bis zum letzten Arbeitstag und darüber hinaus) die auf Messen üblichen Gespräche mit Hostessen, Besucher*innen und Mitarbeiter*innen von Automobilkonzernen und Agenturen. Durch diese informellen Gespräche, die während der Arbeitszeit, in der Pause auf der Toilette oder im Hotelzimmer stattfanden, wurde ich selbst Teil des Diskurses. Als Hostess bekam ich so nicht nur selbst die positiven und negativen Seiten des Messealltags am eigenen Leib zu spüren, sondern hatte als gleichwertige Akteurin auch einen direkten Zugang zu meinen Kolleg*innen. Meine Forschung war auf Augenhöhe angelegt, und die Hostessen sahen mich in der Regel als Kollegin und nicht als Wissenschaftlerin.25 Als sehr schwierig erwies es sich jedoch, möglichst unvoreingenommen ins Feld zu gehen und die vor allem durch mediale Vermittlung produzierten Vorurteile abzulegen. Insbesondere zu Beginn der Forschung war es nicht immer einfach, mich ‚total‘ auf die Situation einzulassen. Zwar habe ich versucht Hostess ‚zu sein‘, gleichzeitig konnte ich aber meine feministische sozial- und kulturwissenschaftliche Prägung nicht in allen Fällen komplett ablegen oder unterdrücken.26 Nachdem ich jedoch gemerkt hatte, dass die auf diese Weise angestoßenen Grundsatzdiskussionen weder meine Kolleginnen noch die übrigen Mitarbeiter*innen interessierten, habe ich die entsprechenden Kommentare in späteren Phasen der Forschung vermieden. Meine Erlebnisse und Eindrücke, Gedanken

25 Die Hostessen wussten immer von meinem Forschungsvorhaben. 26 Speziell die häufig vorkommenden despektierlichen Adressierungen (z.B. „Hey Mädel“, „Na, Ladys“, etc.) konnte ich nur schwer unkommentiert hinnehmen.

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und Interpretationen während dieser Feldforschungsphase hielt ich in einem Hostessentagebuch fest, aus dem sich im vorliegenden Text immer wieder Auszüge finden. Wichtig war mir hierbei der Versuch, nicht als Forscherin ein typisches Feldtagebuch zu schreiben – dies habe ich während meinen Forschungsphasen als Messebesucherin und als Wissenschaftlerin zwar auch getan – sondern primär als Hostess den Hostessenalltag zu reflektieren.27 Das Hostessentagebuch half mir nicht nur, im Nachhinein Erlebtes besser zu erinnern und zu strukturieren, sondern auch, mich während meiner Teilnahme im Feld noch intensiver als Hostess einzufühlen. Das Bild von Hostessen wird nicht nur durch die Präsenz der Hostessen auf der Messe geprägt. Automobilmessen erfahren ein starkes mediales Echo. Fachzeitschriften, Internetportale und Autoblogs, Tageszeitungen, Wirtschafts- und Lifestylemagazine im Print- wie im Webbereich berichten regelmäßig und ausführlich über sie.28 Das große mediale Interesse an den Automobilneuheiten begründet auch die exklusiv für Pressevertreter und Journalisten reservierten ersten zwei Öffnungstage der Messen, die sogenannten Pressetage, zu denen weder normale Fachbesucher noch das breite Publikum (oder sozialwissenschaftliche Forscher*innen) Zugang haben. Die Abbildungen in den Medien zeigen häufig nicht nur die ausgestellten Fahrzeuge, sondern auch die daneben platzierten Hostessen. Für eine Medienanalyse sammelte ich umfangreiches Material zur medialen Darstellung von Automobilmessen und Hostessen. Hierfür habe ich vor allem im Internet recherchiert und mehrere Google Alerts eingerichtet.29 Zusätzlich habe ich Printmedien gesichtet und relevante Artikel und Abbildungen gesammelt. Mich interessierte hierbei nicht nur die bildliche Darstellung der Hostessen und die Berichterstattung über sie, sondern auch die häufigen Kommentare der Besucher*innen der entsprechenden Seiten. Im Fokus meiner Medienanalyse stand jedoch die Wechselwirkung aus medialer Darstellung von Hostessen in den Medien einerseits und deren Auswirkung auf Hostessen als Akteurinnen und Individuen andererseits.

27 In den von mir aufgeführten Zitaten wird deshalb zwischen “Hostessentagebuch“ und „Feldtagebuch“ unterschieden. 28 U.a. Auto Bild, Bild, Fokus, Handelsblatt, Spiegel, Süddeutsche Zeitung, GQ und viele mehr. 29 U.a. habe ich Google Alerts unter den folgenden Begriffen eingerichtet: IAA, IAA & Hostessen, Genfer Automobilsalon, Genfer Automobilsalon & Hostessen, Automesse & Hostessen, Hostessen.

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KLASSISCHE METHODEN DER DATENERHEBUNG „We use this total knowledge to make sense literally of the recorded material.“ Okely 1992: 16 (Hervorh. i. Original)

Neben meiner eigenen Teilnahme als Hostess habe ich mein Forschungsfeld auch als Wissenschaftlerin besucht. Ich führte mit zahlreichen Besucher*innen, Hostessen, Teamleiter*innen, Marketingverantwortlichen, Standmanager*innen und sonstigen Automobilkonzernmitarbeiter*innen halbstrukturierte Interviews durch, die ich mit einem Diktiergerät aufzeichnete. Den Befragten war hierbei immer bewusst, dass sie im Rahmen einer wissenschaftlichen Befragung antworten, und dass ihre Antworten, wenn auch in anonymisierter Weise, veröffentlicht werden können. Besonders in Bezug auf meine Interviews mit Automobilkonzernvertreter*innen hatte diese Konstellation offensichtliche Auswirkungen auf die Antworten. Während mir Messebesucher*innen in der Regel gerade heraus ihre Meinung über die Messe und den Hostessenauftritt mitteilten, wurden mir bei den Interviews mit Firmenvertreter*innen weitgehend stereotype, wenn auch immer etwas anders verpackte, marketingstrategische Botschaften vermittelt.30 Für die Gespräche hatte ich vier verschiedene Interviewleitfäden entwickelt. Einen für Hostessen und Teamleiter*innen, der vor allem auf die Einstellung zur Tätigkeit und die Selbstwahrnehmung der Hostessenperformanz abzielte. Einen für die Messebesucher*innen, der sehr allgemein nach Messevorlieben und Interessen und nach der Akzeptanz von Hostessen fragte. Einen Fragebogen für Standmanager*innen und Konzernmitarbeiter*innen (exklusive Hostessen), in dem es um das hinter dem Einsatz von Hostessen stehende Konzept ging. Und schließlich einen für Mitarbeiter*innen von Hostessenagenturen der auf die Hostessenauswahl, auf die Aufgabenverteilung am Messestand, die Messevorbereitung und auf die Aktualität des Hostesseneinsatzes eingeht. Die Interviewleitfäden enthielten 17-20 vorgefertigte Fragen, die ich immer alle bei jedem Interview stellte. Die Reihenfolge der Fragen war nach einem logischen Aufbau konzipiert, wurde jedoch je nach Gesprächsverlauf variiert. Als Interviewerin habe ich mir eine gewisse situative Flexibilität zugestanden und versucht, möglichst frei auf die Antworten zu reagieren und, wo immer möglich, Anschlussfragen zu formulieren. Einige Male kam es auch vor, dass mir wichtige Informationen noch nach der Beendigung des Interviews und dem Abschalten

30 Die weitgehend übereinstimmende Beantwortung der Interviewfragen der Automobilkonzernmitarbeiter*innen hat vermutlich marktstrategische Gründe.

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des Diktiergeräts gegeben wurden. Diese habe ich notiert oder selbst auf mein Aufnahmegerät gesprochen. Bei der Besucher*innenbefragung, achtete ich auf ein ausgeglichenes Sample. Auch wenn Automobilmessen zum Großteil von Männern besucht werden, habe ich versucht, sowohl Männer als auch Frauen unterschiedlicher Altersgruppen zu befragen. Ich machte Gruppeninterviews mit Männer- und Frauengruppen31, ich interviewte Pärchen, Berufsschüler und -schülerinnen, Fachpublikum, Besucher*innen, die zum ersten Mal auf einer Automobilmesse waren, und solche, die seit 30 Jahren keine Messe verpasst haben. Die jüngste Befragte war 16 Jahre alt, der älteste Befragte über 80. Insgesamt habe ich mit ca. 50 Besucher*innen Interviews geführt, die jeweils zwischen 10 und 20 Minuten dauerten. Als Ort der Befragung hatte ich Plätze vor oder zwischen den Messehallen gewählt, da hier bei der Aufnahme des Interviews eine bessere Tonqualität erzielt werden konnte als in den meist überfüllten Messehallen. Als ‚Entschädigung‘ bekamen die Befragten von mir eine kleine Packung Gummibärchen, die immer gerne angenommen wurde. Für die Gespräche mit Automobilkonzernmitarbeiter*innen, Pressesprecher*innen, Marketingexpert*innen, Trainer*innen, Messestandmanager*innen etc. hatte ich Termine vereinbart. Die Befragung dieser Personen zielte vor allem auf die Frage ab, wie die Arbeit von Hostessen legitimiert und nach außen verkauft werden soll. Die befragten Automobilkonzerne deckten das ganze Fahrzeugspektrum ab: Vom Kleinwagen über Familienkutschen und Sportwagen bis hin zum Luxusauto im siebenstelligen Preissegment. Meist wurde mir eine positive Utopie verkauft. Bei einigen Interviews kamen auch Interna zur Sprache, die ich jedoch aus Gründen des Informant*innenschutzes nicht in den Text einfließen ließ. Mit Angehörigen dieser Gruppe führte ich insgesamt 15 Interviews und konnte dadurch die marktstrategischen Überlegungen von 10 verschiedenen Automobilmarken erfragen. Die Interviews fanden meist in separaten Meetingräumen am Messestand statt. Auch hier legte ich im Voraus mein Erkenntnisinteresse als Wissenschaftlerin dar. Bis auf eine Ausnahme erwiesen sich alle Pressesprecher*innen bzw. Marketingverantworlichen als ausgesprochen kooperativ und stimmten einem Interview zu. Zwei der angefragten Mitarbeiter waren zum vorgesehenen Interviewtermin jedoch nicht erschienen und nicht mehr zu erreichen.

31 Diejenigen Frauen die ich als Besucherinnen in einer geschlossenen Frauengruppe angetroffen und interviewt habe waren allesamt Berufsschülerinnen.

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Insgesamt begegneten mir die Konzernmitarbeiter*innen sehr freundlich und mit großem Respekt – oft wurde mir ein Getränk angeboten oder die Möglichkeit eingeräumt, noch etwas am Stand oder in der Lounge zu verweilen. Einige Male kam ich auch in den Genuss einer exklusiven Standbegehung mit Erklärung aller Exponate – inklusive der Hostessen. Die Dauer der Interviews variierte stark und schwankte zwischen 15-30 Minuten. Die Befragung von Hostessen und Teamleiter*innen selbst erwies sich insofern als schwierig, als die meisten Hostessenverträge eine Schweigeklausel beinhalten. Um für die befragten Hostessen mögliche, mit dem Interview in Beziehung stehende, negative Folgen auszuschließen, wies ich immer darauf hin, dass fast alle Verträge für die Informationsweitergabe an Dritte eine hohe Vertragsstrafe vorsehen. Als Schutz vor negativen Folgen für meine Gesprächspartnerinnen versprach ich eine vollumfängliche Anonymisierung der Befragung in der fertigen Studie. Daher werden auch im Folgenden Namen, Gesprächsdaten, Automobilmarken und Messen in aller Regel nicht angegeben. Einige der zum Interview bereiten Hostessen revidierten nach dem Hinweis auf die üblichen Vertragsmodalitäten ihre Interviewzusage. Auch passierte es mehrfach, dass ich meine Gesprächspartnerinnen nicht selbst auswählen konnte, sondern mir diese vom Standmanagement zugewiesen wurden.32 Dennoch konnte ich 20 Interviews mit Hostessen und Teamleitungen führen, häufig allerdings erst, nachdem diese eine explizite Genehmigung ihrer Vorgesetzten erhalten hatten. In den Interviews mit Hostessen wurden mir meist eingeübte ‚Idealantworten‘ präsentiert, die im Einklang standen mit dem Leitbild des jeweiligen Standbetreibers. Auch wurden bei einigen der Interviews die Antworten der Befragten durch die Anwesenheit Dritter (entweder anderer Hostessen oder sonstiger Konzernmitarbeiter*innen) recht offensichtlich in Richtung des Leitbildes der Marke gelenkt. Fragen nach unbewusst verkörperten und angeeigneten Handlungsschemata wurden von den Hostessen, wenn überhaupt, nur sehr knapp beantwortet. Das deckt sich mit den Befunden anderer Studien. So stellt Anne Honer schon in den späten 1980er Jahren fest, dass die Handlungsschilderungen der von ihr untersuchten Heimwerker immer „aufgesetzt“ und „gegenständlich entäußert“ klängen (Honer 1989:302; Hervorh. i. Orig.). Zwar tausche man sich gelegentlich über bestimmte technische Details aus, aber „was dann tatsächlich zu tun ist, das scheint man einfach zu wissen“ (ebd.). Eingeübte Normalitäten dieser Art werden von den Akteur*innen in der Regel nicht hinterfragt. Das Bewusstmachen

32 Die mir zugewiesenen Hostessen waren zumeist eigens von der/dem Marketingverantwortlichen für das Interview vorbereitet worden.

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von Handlungspraxen tritt meist erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung ein. Im Fall der von mir befragten Hostessen verhielt es sich ganz ähnlich. Inkorporiertes Wissen anzuwenden ist etwas Anderes, als darüber sprechen zu können. Datenreflexion und -auswertung begannen, sobald die Felddaten vorlagen. Alle Daten aus Interviews, Befragungen, Beobachtung und Teilnahme habe ich von Beginn an transkribiert und nach den Prinzipien der „Grounded Theory“ (Glaser & Strauss 1967; Glaser 1978; Strauss 1991) kodiert und mit Memos versehen. Die Triangulationstechnik ermöglichte mir während der gesamten Forschungszeit, Daten multiperspektivisch zu reflektieren, Hypothesen zu bilden und diese mit verschiedenen qualitativen Methoden zu überprüfen. Die Spiralbewegung des hermeneutischen Zirkels oszillierte hierbei zwischen meinem Vorverständnis über Hostessen, den eigenen leiblichen und körperlichen Wahrnehmungen im Feld, den durch Befragung und Beobachtung gewonnenen empirischen Daten und den Daten der Medienanalyse. Dieses qualitative Analysekonzept machte es möglich, Sinn- und Bedeutungsstrukturen eben nicht nur durch logo- und okularzentrierte Forschungsmethoden, sondern auch durch den Einsatz ganzheitlicher Sensorik zu erschließen. Die hermeneutische Auslegung und Deutung meiner Daten wurde durch den ganzheitlichen Zugang zur Thematik erleichtert.

GRENZEN UND PROBLEME DER TOTALEN TEILHABE IM FELD Clifford Geertz glaubte nicht an die Möglichkeit eines Aufgehens der Forschenden im Feld. „We cannot live other people’s lives“ (Geertz 1986: 373) schreibt er in einem Sammelband zur Anthropology of Experience, „and it is a piece of bad faith to try. We can but listen to what, in words, in images, in actions they say about their lives“ (ebd.). Etwas weniger skeptisch sah es die Soziologin Anne Honer. Eine „Erfahrung von innen“, schreibt sie, „lässt sich, jedenfalls im strengen phänomenologischen Sinn, [...] nur gewinnen, wenn man sich auf ein Thema (auch) existenziell einlässt“ (Honer 2008: 201). Der Unterschied zwischen beiden Positionen lässt sich keineswegs nur mit den unterschiedlichen disziplinären Hintergründen ihrer Autor*innen begründen. Natürlich geht es in der Feldforschung nicht darum, dauerhaft das Leben der anderen, fremden Kultur genauso zu leben, wie es ihre Mitglieder tun. Das ist aufgrund der kulturell und historisch gewachsenen Vielfalt, in der Kulturinsider mit ihrer Kultur vertraut sind, unmöglich; und je ‚exotischer‘ die untersuchte Gruppe ist, desto schwerer fällt die Integration. Ich nehme aber dennoch an, dass

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es in den von Soziologie und Anthropology at home33 eröffneten speziellen Forschungsfeldern, in denen Menschen als soziale Akteure eines Teilbereichs der eigenen Gesellschaft erforscht werden, möglich sein kann, die traditionellen Feldforschungsgrenzen zu überschreiten und selbst ein vollwertiges (oder immerhin beinahe vollwertiges) Mitglied der beforschten Gruppe zu werden.34 Das ist immer wieder auch Forscher*innen in exotischen Gesellschaften gelungen. Die Ethnologie kennt genügend Beispiele für Wissenschaftler*innen, die ihre Rolle als Forscher*in ganz abgelegt haben und ‚im Feld geblieben‘ sind. Going native lautet die Bezeichnung für das Phänomen eines solchen kulturellen Überläufertums. Man muss jedoch gar nicht so weit gehen, um den für das going native charakteristischen „Zusammenbruch der diskursiven Differenz“ (Reinhardt 2014: 229) zwischen Forscher*in und Beforschten zu finden. Auch verschiedene Formen autoethnographischen Schreibens bauen auf einer Identifizierung von Forschungssubjekt und -objekt auf. Die ‚klassische‘ Autoethnographie befasst sich mit den erlebten Erfahrungen der/des Forschenden während der Feldforschung und versucht diese möglichst detailreich in den fertigen Text zu transportieren (vgl. Ellis, Adams und Bochner 2010: 345).35 Bereits etwas reflektierter verfährt die analytische Autoethnographie, welche die erhaltenen Erkenntnisse durch die Teilnahme als methodisches Forschungsinstrument analysiert und einsetzt (vgl. Anderson 2006: 378). Mein Forschungsansatz geht jedoch noch einen Schritt weiter und markiert quasi das andere Ende des Möglichkeitsspektrums autoethnographischer Forschung. Ein ich-zentrierter Forschungsbericht bildet dabei nicht den Endzweck der Forschungsanstrengung. Die subjektzentrierte Methode hilft mir lediglich, den totalen Zugang zum Feld zu eröffnen. Die gelebte autoethnographische Erfahrung ist also nur das Fundament auf dem dann weitere Verfahren qualitativer Forschung aufbauen. Erst durch die gezielte Triangulation (Denzin 1970) von Erfahrung und Erforschung wird aus Erleben Wissen. Mit diesem Vorgehen versuche ich nicht, den Dualismus zwischen Forscherin und Akteurin als Hostess

33 Anthropology at home bezeichnet eine ethnologische Subdisziplin die in eigenkultureller Umgebung quasi vor der eigenen Haustüre ethnologisch forscht. Mit Anthropology at home haben sich u.a. Jackson (1987), Okely (1983) und Messerschmidt (1981) befasst. 34 Für eine Diskussion der Grenzen meiner autoethnographischen Methode vgl. Kubes (2014). 35 Für weitere Literatur zu Autoethnographie siehe Bönisch-Brednich (2012), Chang (2008), Ellis und Bochner (1996), Ellis und Bochner (2003).

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aufzubrechen und diesen zu dekonstruieren, sondern verstehe es als geplanten methodischen Schritt der Forschung.36 Als Forscher*in neues Wissen zu generieren, ist immer Teil von Diskursen der Macht. Die Übersetzung von Wissen (ob leiblich erfahren, beobachtet oder erfragt) in die verschriftlichte Form der Monographie ist sowohl selektiv als auch machtbesetzt.37 Mein ethnologisches, soziologisches und genderspezifisches Interesse beeinflusste diesen Akt ebenso wie meine Sozialisation als europäische Frau.38 Ich sehe meine Forschung dennoch weder als klassisches studying-down oder studying-up (Nader 1972), noch als studying-sideways (Hannerz 2004) oder studying-parallel (Reinhardt 2014). In der von mir vorgefundenen Forschungssituation vereinen sich mehrere Faktoren in einer Weise, dass eine Einordnung in die genannten Kategorien nicht sinnvoll erscheint. Im Folgenden werde ich stattdessen zwischen verschiedenen machtbesetzten Akteur*innen und Beziehungen unterscheiden. In Bezug auf Überlegungen zu feldinternen Machtverhältnissen erscheint es mir essentiell, dass ich mich während der Phase der totalen Teilnahme den selben körper- und leibbeeinflussenden Prozessen ausgesetzt habe und dadurch selbst zum Untersuchungsgegenstand geworden bin. Dieser Prozess ist nicht nur die Basis meiner Methodenvarianz, vielmehr geht es mir auch um den dadurch generierten Bezug und Kontakt zu meinen Kolleginnen als Insiderin, Akteurin, Konkurrentin oder manchmal auch als ‚Leidensgenossin‘ und den damit verbundenen Abbau von Machtverhältnissen. Die Machtdifferenz ist während meiner aktiven Teilnahme im Feld daher nicht vorrangig zwischen Forscherin und Beforschten zu lokalisieren, sondern zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber (Agentur, Automobilkonzern) und betrifft mich als Hostess genauso wie meine Kolleginnen. Für diesen Forschungsabschnitt wird das positiv durchlaufene Casting zum gemeinsamen

36 Den Versuch der Vereinbarkeit unternimmt u.a. Carol Ronai (1998) in ihrer autoethnographischen Studie über Stripteasetänzerinnen, indem sie die Rollen als Feldforscherin und als Tänzerin verschwimmen lässt. Der Versuch gleichzeitig als Forscher*in und als Expert*in ins Feld zu gehen wird u.a. von Jonathan Skinner (2010) unternommen, der dies als Tänzer tut, sowie von Peter Collins (2010), der selbst Quäker ist und diese erforscht. 37 Vgl. dazu die ausführliche Diskussion von Probleme der „ethnographischen Repräsentation“ in Clifford und Marcus (Hg.) (1986) oder Berg und Fuchs (Hg.) (1993). 38 Der female Bias, ist, wie eingangs schon erwähnt, in meiner Forschung ein bewusst eingesetzter Gender Bias. Ich forsche über und blicke als sozialisierte Frau auf eine Arbeitspraxis, die nur von Frauen ausgeübt wird.

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Starterlebnis der später als Hostessen agierenden Akteurinnen. Meine Forschungssubjekte und ich wurden, sobald eine Auswahl durch die Casting-Jury getroffen war, zu einer Kohorte. Wie Judith Butler es für die soziokulturelle Konstruktion von Geschlecht beschreibt, werden auch Hostessenanwärterinnen erst durch den Akt des Ausgewähltwerdens zu Hostessen (vgl. Butler 1991: 205f.).39 Assoziative Bedeutungszuschreibungen (attraktiv, schön, sexy etc.) werden daraufhin von selbst auf die ausgewählten Frauen übertragen. Meine Teilnahme im Feld war nicht mit dem typischen ‚in die Lehre gehen‘ gleichzusetzen. Während meines Feldaufenthaltes gab es weder eine Hostess als Lehrmeisterin noch andere Personen, die die körperlich geforderten Performanzen explizit erklärt hätten. Die Hostessentätigkeit wird von den Agenturen und Automobilkonzernen als so simpel betrachtet, dass auf jegliche Anweisung jenseits eines pauschalen „seht schön aus und lächelt“ (Agenturmitarbeiterin I) verzichtet wird. Die nötige körperliche Handlungskompetenz wird entsprechend nicht durch Trainings oder Fortbildungen erworben, sondern erfolgt zum größten Teil durch die Aneignung medialer Repräsentationen. Die zahlreichen Fotos von Hostessen und Models zeigen uns, wie Hostessen zu posieren haben.40 Da alle Hostessenanwärterinnen objektiv betrachtet dieselben Grundvoraussetzungen erfüllen und die geforderten Ressourcen für den Job mitbringen, gab es oberflächlich betrachtet keinen Unterschied zwischen mir und den anderen ‚Auserwählten‘. Der subjektive Unterschied war die Intention, wobei ich den anderen Akteurinnen unterstelle, dass bei ihnen primär andere Motive für die Bewerbung zentral waren als der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn durch das leibliche Erleben der Hostessentätigkeit. Abgesehen von dieser unterschiedlichen Motivationslage aber gab es während meiner Feldforschungsphase kaum Machtunterschiede zwischen mir und den anderen Hostessen. Diese bestanden dagegen sehr deutlich zwischen Hostessen und Agenturen, bzw. Hostessen und Automobilkonzernen. So enthalten die von den Agenturen herausgegebenen und mit den Herstellern abgestimmten Arbeitsverträge in der

39 Butler (1991; 1995) bezieht sich hierbei u.a. auf Foucaults Diskursbegriff (1974; 1977; 1981; 1991) und auf Austins Sprechakttheorie. Sprache handelt immer. Diskurse sind für sie somit machtbesetzte performative Handlungen, die soziale Wirklichkeit konstruieren (vgl. Butler 1991: 205f.). 40 Das Wissen, wie z.B. auf hohen Pumps zu stehen ist, wird nicht antrainiert, sondern ist immer schon Voraussetzung für den Job. Das Bild, wie die Inszenierung auszusehen hat, ist im Unterbewusstsein gespeichert, die praktische Umsetzung erfolgt jedoch durch harte Disziplinierungsmaßnahmen an Körper und Leib. Von außen betrachtet, wirkt das Handeln von Hostessen meist von Anfang an professionell.

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Regel genaue Verhaltenskodizes sowie das oben erwähnte Verbot der Informationsweitergabe an Dritte. Dies stellt nicht nur ein Problem für die Verarbeitung und Wiedergabe meiner eigenen Erlebnisse im Feld dar (ich gerate durch meine Arbeit als Hostess selbst unter die Schweigeklausel), sondern vor allem auch auf die Durchführung von qualitativen Interviews im Feld. Umso wichtiger war mir, dass meine Kolleginnen im Feld immer von meinem Forschungsvorhaben wussten. Die Mitarbeiter*innen der Agenturen und Automobilkonzerne hingegen erfuhren davon nur in Ausnahmefällen. Eine solche Form der ‚verdeckten Forschung‘ ist auf den ersten Blick nur schwer mit den Forderungen des Ethik-Kodex‘ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) zu vereinbaren, der unter den Rechten der Untersuchten als oberstes Recht das der „informierten Einwilligung“ durch die Beforschten nennt (Ethik-Kodex I B). Eine Ausnahme von dieser Regel erkennt der Kodex jedoch an, „wenn durch eine umfassende Vorabinformation die Forschungsergebnisse in nicht vertretbarer Weise verzerrt würden“ (ebd.). Bei der Formulierung mögen andere Fälle angedacht gewesen sein, ich denke aber, sie lässt sich auch auf meine Forschung anwenden. Umso mehr, als die nicht informierten Agenturen und Standleitungen ja nicht zentraler Gegenstand meiner Untersuchung waren, sondern lediglich den Rahmen bereitstellten, innerhalb dessen die „muted group“ (Ardener 1975) der Hostessen operierte.41 In Bezug auf die durch meine Darstellung generierten textinternen Machtaspekte war es mir besonders wichtig, die als Hostessen arbeitenden Frauen als Individuen zu sehen und wenn möglich auch darzustellen. Auch wenn die zur Tätigkeit der Hostessenarbeit führenden Motive, aus einer kritischen feministischen Perspektive betrachtet, oft wenig reflektiert erscheinen mögen, war es mir ein Anliegen, sie in ihrer inneren Logik verständlich und verstehbar zu machen. Ich wollte die Ambivalenz einer Tätigkeit darstellen, die Hostessen nicht nur zu Opfern von Genderstereotypen macht, sondern auch als selbstbestimmte Akteurinnen erkennen lässt.

41 Nach Ardener (1975: 21f.) bringen die dominanten Gruppen einer Gesellschaft (in seinem Bsp. die Männer) die nicht dominanten Gruppen (Frauen) zum Schweigen, indem sie diese durch Herrschaftsstrukturen kontrollieren und beherrschen. Die verstummten Gruppen haben keine Möglichkeit wirklich gehört zu werden, da sie selbst, wenn sie gehört werden würden, die Sprache der dominanten Gruppen sprechen müssten und dadurch die Herrschaftsideologie nur noch durch Wiederholung stärken würden (ebd.).

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Ähnlich der programmatischen Forderungen der Lebensweltanalyse, die Anne Honer42 in Anlehnung an Schütz (1972: 18) als Kombination phänomenologischer mit ethnographischen Methoden definiert und ihren Fokus damit stärker auf die intensive Reflexion der eigenen subjektiven Feldforschungserfahrung in der Sozialforschung legt (vgl. Honer 2008: 200, Honer 2011a: 30), verstehe auch ich meinen methodischen Ansatz. Um über Erfahrungen reflektieren zu können, sollte man diese auch tatsächlich selbst gemacht haben (vgl. Honer 2011a: 30). Leseerfahrung, Kommunikationserfahrung und Beobachtungserfahrung können das eigene Erleben im Feld nicht ersetzen (ebd.). Für einen ethnographischen Forschungszugang bleibt dennoch ein methodenpluralistischer Mix verschiedener Datenerhebungsverfahren unumgänglich (ebd.). Honer weist aus gutem Grund darauf hin, dass im phänomenologischen Sinne eine Innensicht nur erlangt werden kann, wenn „man versucht, im Feld idealerweise einer zu werden, wie“ (2011a: 30,37). Um die Perspektive der Forschungssubjekte zu verstehen, sollte die/der Forschende sich diese aneignen und über die eigene Erfahrung reflektieren. „Der Feldforscher handelt praktisch in einer sozialen Umwelt. Deshalb muss er – und zwar deutlicher, als Geertz dies tut – seinen konkreten Standpunkt als Teilnehmer am sozialen Geschehen mit reflektieren und (sich) Rechenschaft darüber ablegen, wie und wo er selbst als ‚Beobachter‘ im Geflecht sozialer Beziehungen zu verorten ist.“ (Honer 2008: 199)

Was Honer hier versucht, ist eine Rekonstruktion sozialer Strukturen über die Verbindung von teilnehmender Beobachtung, Hermeneutik und Phänomenologie. Honer spricht vom „Doppelgängertum des Ethnographen“ indem sie die Zweiteilung des Forschungsprozesses propagiert und kurzzeitiges zirkuläres Springen zwischen den zwei „Subinseln“ Alltagswelt und Theorie vorschlägt (vgl. Honer 2011: 37, vgl. Spradley 1979). Die Forschenden sollten versuchen, sinnvoll und reflektiert zwischen der bewussten existentiellen Involviertheit und der pragmatischen theoretischen Distanziertheit zu wechseln. Dabei sei vor allem wichtig, dass man möglichst „viele und vielfältige aktuelle und sedimentierte Äußerungs- und Vollzugsformen einer zu konstruierenden (Teil-)Wirklichkeit erfasse und interpretativ verfügbar“ mache (Honer 2008: 201). Ganz im Sinne von Geertz (1984) betont Honer die Bedeutung der Darstellung der Innensicht der kulturell relevanten Teilnehmer*innen (vgl. Honer 2008: 201f.), Malinows-

42 Anne Honer befasste sich u.a. mit der Lebenswelt von Bodybuildern (1985, 1986), Heimwerkern (1993) und Demenzkranken (2011b).

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kis „native’s point of view“. Sie mahnt jedoch zugleich eine grundsätzliche Skepsis gegenüber den von den Beforschten selbst formulierten Daten und Interpretationen an (vgl. Honer 2008: 197). Die Teilhaber*innen an gesellschaftlichen Praxen sind nicht notwendig auch deren berufene Interpret*innen. In Spittlers Worten: „Die Annahme, dass die Aussagen der Informanten über deren Denken und Handeln wirklich Aufschluss geben, ist naiv. Häufig handelt es sich um nachträgliche Rationalisierungen.“ (Spittler 2001: 21)

Dem Dilemma lässt sich scheinbar kaum entkommen. Denn eine größere Vertrautheit mit der Welt der Beforschten führt keineswegs, wie Honer vermutete, zu einer Kompensation der Unzugänglichkeit des subjektiven Wissens anderer Menschen (Honer 2008: 197f.), sondern, im Gegenteil, zu einer lediglich anderen Form des Nicht-Verstehens. Im Gegensatz zu dieser pessimistischen Einschätzung sehe ich in meinem Forschungsansatz wenigstens eine potentielle Auflösbarkeit (oder zumindest Verlagerung) des zugrundeliegenden erkenntnistheoretischen Paradoxons: Das Forschungsfeld wird durch meine direkte, „existentielle Teilnahme“ (Honer 2008: 196) nicht mehr nur durch die Imitation der Tätigkeit als teilnehmende Forscherin zugänglich gemacht, sondern durch die unmittelbare leibliche Erfahrung als performativ handelnde Insiderin. Nicht nur als Forscherin ähnlich wahrzunehmen, sondern sich wirklich emotional auf das Feld einzulassen gelingt, indem man die Rolle der Forscherin soweit wie möglich ablegt und stattdessen selbst Forschungsobjekt wird. Um nicht beständig zwischen Innen- und Außenperspektive springen zu müssen, habe ich deshalb auch bewusst versucht, beide Phasen (Teilnahme und Beobachtung) zeitlich zu trennen. Wenn auch in den meisten Forschungszusammenhängen eine totale Mitgliedschaft im Feld aus vielfältigen Gründen nicht möglich erscheinen mag, bestätigen Ausnahmen doch die Regel. Insbesondere kulturelle Phänomene mit geringer zeitlicher Konstanz erlauben zweifellos eine deutlich intensivere und vollständigere Form der Teilhabe, als es die klassische Feldforschungsmethodik sieht. Gruppen, die sich für eine begrenzte Zeit über eine gemeinsame Praxis konstituieren, stellen der Vollmitgliedschaft deutlich geringere Hürden in den Weg als solche, die ihre Existenz gewachsenen Strukturen verdanken und deren Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist. Im Fall meiner Studie über Hostessen reicht es daher aus, die erforderlichen Ressourcen und Grundvoraussetzungen für eine Mitgliedschaft in möglichst allen Punkten genauso zu erfüllen wie die Beforschten. Dann kann es auch gelingen, die kleine (und manchmal auch große)

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Lebenswelt von Hostessen nicht alleine über die Chimäre eines Idealtypus im Sinne Max Webers (Weber 1976) zu rekonstruieren (vgl. Honer 2008: 198), sondern sich ihr multiperspektivistisch und erlebend zu nähern.

Forschungsfeld Automobilmesse

„Sie kamen zu Hunderttausenden. Mehr als 500.000 Menschen pilgerten im April 1951 nach Frankfurt am Main, um die Zukunft zu sehen – ihre eigene Zukunft oder zumindest den Traum davon: endlich mit dem Auto fahren, zur Arbeit, am Wochenende an den See oder mit der Familie in den Urlaub. Deswegen kamen sie zur Internationalen Automobilausstellung.“ Hengstenberg, 2011, Spiegel Online

Automobilmessen sind fast so alt wie das Automobil. Die Messen in Frankfurt und Genf ziehen seit weit über 100 Jahren das Publikumsinteresse auf sich. Die erste Internationale Automobilausstellung in Deutschland fand 1897 im Berliner Hotel Bristol statt und zeigte nur acht Fahrzeuge. Hostessen waren dabei noch keine zu sehen. Seit den 1920er Jahren aber stehen „schicke IAA-Hostessen“ (Kilimann 2010) neben den Modellen „von Borgward, Benz und Co“.1 Bis Ende der 1930er Jahre hatte die Zahl der Besucher*innen mit ca. 825.000 ihrem Vorkriegshöchststand erreicht. Seit Ende des 2. Weltkriegs findet die Messe nur noch alle zwei Jahre statt. Auch der Veranstaltungsort wechselte. Seit 1951 wird die IAA auf dem Frankfurter Messegelände abgehalten, wo auch die Besucher*innenzahl Ende der 1980er Jahre erstmals die Millionenmarke überstieg.2 In Genf werden seit 1905 einem breiten Publikum Fahrzeuge präsentiert. Auch wenn der Genfer Automobilsalon flächenmäßig nicht einmal halb so groß

1

Vgl. http://www.iaa.de/ueber-die-iaa/historie [12.09.2014].

2

Ebenda.

72 | Fieldwork on High Heels

ist wie die IAA,3 gilt er als prestigeträchtigste und wichtigste Automobilmesse der Welt. Weitere Leitmessen der Automobilbranche sind die Pariser Mondial de l’Automobile4, die North American International Auto Show in Detroit5 und die Tokyo Motor Show 6. Neben diesen fünf A-Kategorie-Messen7 gibt es zahlreiche kleinere Messen auf allen Kontinenten, auf denen zwar ebenfalls die jeweils aktuellen Fahrzeuge präsentiert werden, jedoch keine Fahrzeugpremieren stattfinden.8 Ihnen geht allerdings die internationale Strahlwirkung der genannten fünf Messen ab.9

3

Der 1982 erbaute Palexpo (Palais des Expositions et des Congrès) umfasst nach dreimaliger Vergrößerung aktuell sechs Messehallen mit etwas mehr als 108.000 Quadratmetern

Ausstellungsfläche

(vgl.

http://www.palexpo.ch/de/Palexpo/Historique

/index.php [12.09.2014]). Die Ausstellungsfläche der IAA beträgt seit der letzteren Erweiterung

im

Jahr

2011

insgesamt

ca.

262.000

Quadratmeter

(vgl.

http://www.iaa.de/ ueber-die-iaa/historie [12.09.2014]). 4

Die Pariser Mondial de l’Automobile gibt es seit 1898. Vgl. http://www.mondialautomobile.com/mondial-auto/historique/ [15.05.2016].

5

Die North American International Auto Show in Detroit wurde zum ersten Mal im Jahr 1907 durchgeführt. Vgl. http://naias.com/about/auto-show-history/ [15.05.2016].

6

Die Tokyo Motor Show wurde im Jahr 1954 eröffnet. Vgl. http://www.tokyo-

7

Unter A-Kategorie-Messen bezeichnet man im Fachjargon die fünf international be-

motorshow.com/en/history/index.html [15.05.2016]. deutsamsten Messen der Automobilbranche. 8

Um mir ein Bild von einer solchen ‚kleinen‘ und im internationalen Kontext gesehen ‚unbedeutsamen‘ Messe machen zu können, habe ich im September 2014 die Autoshow Praha in Prag besucht. Die Art der Inszenierung der Messestände glich einer Miniaturausgabe der von mir erforschten Messen. Der Messecharakter wurde jedoch kaum durch Eventisierungselemente durchbrochen. Auch der Besucher*innenzulauf war an dem Tag, an dem ich die Messe besucht habe, sehr gering. Nähere Informationen zur genannten Messe siehe auch: http://www.autoshowpraha.cz [05.01.2015]. Im Gegensatz zum International Prag Car Festival wurde bei der Autoshow Praha auch nicht exzessiv mit der medialen Darstellung von Hostessen geworben. Siehe hierzu http://www.praguecarfestival.cz/en/ [05.01.2015].

9

Das gleiche gilt etwa für eine Reihe kleinerer Automobilmessen in Deutschland, die lediglich Spartenbereiche der Branche bedienen (etwa die eCarTec in München oder die Automechanika in Frankfurt/Main). Auf der eCarTec, einer Messe für Elektromobilität, die ich 2011 besuchte, wurden zwar auch einige Hostessen eingesetzt, jedoch nicht in der Funktion als reines Schauobjekt. Für eine Liste von weiteren Automessen vgl. das Internetportal www.autokiste.de/service/messekalender.htm [23.02.2018].

Forschungsfeld Automobilmesse | 73

All diese Messen verzeichnen bis heute einen beachtlichen Besucher*innenansturm und erfahren eine große mediale Aufmerksamkeit. Abbildung: Besucher*innenmassen auf der IAA Frankfurt

Quelle: Foto T. Kubes

Sie alle sind auch deutlich von Tuning- und Oldtimermessen zu unterscheiden.10 Bei diesen zielt der Hostesseneinsatz zwar ebenfalls darauf ab, die Aufmerksamkeit der Besucher*innen zu erregen. Dennoch wird hier ein anderes Bild der ‚schönen Frau‘ produziert. Der ‚klassische‘ Attraktivitätsfaktor der Hostessen wirkt im Vergleich zu den großen Automobilmessen eher zweitrangig. Viel wichtiger scheint es, dass die Hostessen offensiv als Sexsymbole inszeniert werden und das in viel offensichtlicher Weise als auf den internationalen Leitmessen. Entsprechende Messen gleichen dadurch oft eher Erotik- als Automobilmessen. Ultraknappe Hotpants, durchsichtige Oberteile und stark vergrößerte Ober-

10 Etwa die Tuning World Bodensee in Friedrichshafen oder die Retro Classic in Stuttgart und Bremen Classic Motorshow.

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weiten sind bei Tuningmessen eher die Regel als die Ausnahme.11 Auf Oldtimermessen hingegen wird marketingstrategisch eher auf die emotionale Wirkung der Fahrzeuge selbst gesetzt, Hostessen sind hier nur sehr vereinzelt anzutreffen. Zu allen genannten Messen gibt es eine Fülle medialer Darstellungen aus dem Print- und E-Medien-Bereich. Mein Fokus liegt jedoch, wie eingangs schon erwähnt auf dem Genfer Auto-Salon und der Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Die mediale Repräsentation der übrigen genannten Messen habe ich im Forschungszeitraum mitverfolgt. Diese Daten gehen aber nur marginal in die Forschung ein. Auch für viele Tuningmessen habe ich während meiner Forschungsphase über verschiedene Agenturen und Jobportale Arbeitsangebote zugeschickt bekommen. Die Jobanzeigen habe ich systematisch gesammelt und ausgewertet, allerdings fließen auch die Ergebnisse dieser Analyse nur zu einem geringen Teil in die vorliegende Studie ein. Automobilmessen finden in feststehenden Messehallen an verschiedenen Orten statt. Das auf den Messen anzutreffende Personal bleibt dabei teilweise das gleiche.12 Meine Feldforschung lässt sich daher mit George Marcus als eine Form der Multi-Sited Ethnography (Marcus 1995) beschreiben. Ich erforsche nicht einen Messestandort mit seinen verschiedenen Messetypen, sondern einen Messetyp an unterschiedlichen Orten. Meine Feldforschung konnte darüber hinaus nicht auf ausgedehnten stationären Aufenthalten aufbauen, sondern war – da die Messen im Jahres- oder Zweijahresturnus stattfinden – zyklisch angelegt. Automobilmessen gliedern sich in zwei klar voneinander zu unterscheidende temporäre Abschnitte. Die ersten drei Öffnungstage sind Presse und Fachbesucher*innen vorbehalten, erst danach wird die Messe für ein breites Publikum geöffnet. Die Unterscheidung zwischen Fachbesucher*innen- bzw. Pressetagen und Publikumstagen ist für meine Forschung insofern relevant, als der jeweils an den Tag gelegten Hostessendarstellung sowohl von Seiten der Automobilkonzerne als auch von den Hostessen selbst eine je unterschiedliche Bedeutung zugeschrieben wird.

11 Einen Einblick hierzu gibt u.a. folgendes Video http://www.autobild.de/videos/videogirls-of-tuning-bodensee-5105523.html [02.02.2015] oder die Bilder auf der Internetseite

http://www.tuning-stories.de/termine_events/die-heissesten-hostessen-auf-der-

tuning-world-bodensee-2010/ [05.01.2015]. 12 Die gilt v.a. für das interne Personal (Marketingpersonal, Verkäufer*innen, etc.).

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Messen13 sind „Instrumente der Live-Kommunikation“ (Zanger 2014: 15) und Plattformen zur Inszenierung von Marken (vgl. Esch 2014: 272), bei welchen die direkte reziproke Kommunikation zwischen Unternehmen und Besucher*innen im Fokus steht. Die Markenpräsenz auf Messen dient neben dem Kund*innendialog vor allem der Repräsentation von markenrelevanten Innovationen und der Verbreitung von Informationen. Eine weitere Funktion von Messen ist die Selbstdarstellung der Marke (vgl. Bruhns 2013: 456, zitiert in Zanger 2014: 15).14 Heutzutage ist bei vielen Messen eine Verschmelzung von Messeund Eventelementen üblich. Im Gegensatz zu Messen steht bei Events das inszenierte Ereignis selbst im Vordergrund. Events werden vorrangig durch die Inszenierungsart und die dadurch positiv mit der Marke assoziierte emotionale Kundenadressierung definiert (vgl. Zanger 2014: 15). Dennoch können auch Messen zu Orten „sinnlich-emotionaler Wahrnehmung“ werden (vgl. Neven 2014: 6f.). Besonders Automobilmessen haben in dieser Perspektive keinen ‚reinen‘ Messecharakter, sondern zielen über den Einsatz multisensorischer Eventelemente auf die ganzheitliche Sinnesansprache der Besucher*innen ab. In Anbetracht dessen ließe sich hier auch von der „Eventisierung“ (Zanger 2014:17) von Messen sprechen.15 Der Begriff der Eventisierung kann vor allem deshalb gut auf Automobilmessen angewendet werden, da neben dem messeimmanenten Leistungsangebot der Informationsweitergabe die meisten Messestände nicht nur hinsichtlich

13 Messen gibt es zu jedem erdenklichen Thema. Die renommierten nationalen und internationalen Messen werden als Leitmessen bezeichnet und finden im Gegensatz zu kleinen Hausmessen in extra dafür gebaute Messehallen statt. Messen werden gewöhnlich zyklisch abgehalten, meist im Ein- oder Zweijahresturnus. Üblicherweise haben Messen, die sich im Messekalender etabliert haben, einen festen Termin im Jahr. Die Messedauer variiert zwischen drei und 18 Tagen. Die Öffnungszeiten für Besucher*innen von Messen sind in der Regel von 9:00 Uhr bis 18:00 bzw. 19:00 je nach Veranstaltungsart. Die größten Messeanlagen Deutschlands sind in Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hannover und München. Unterscheiden kann man zwischen Publikums und Fachbesucher*innenmessen. Bei letztgenannten werden nur registrierte Fachbesucher*innen zugelassen. Wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Messen finden v.a. im Marketingbereich und in der Eventforschung statt (vgl. Zanger 2014, Kirchgeorg, Dornscheidt und Stoeck 2012). 14 Weitere Kommunikationsziele von Messen sind u.a. Markenimagepflege und Imageaufbau (vgl. Zanger 2014: 15). 15 Zanger attestiert dem Trend zur „Eventisierung“ von Messen, bzw. der „hybriden Kommunikationsform“ von Messen und Events ein „vielfältiges Synergiepotential“ (Zanger 2014: 17).

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ihres Designs und ihrer Architektur multisensorisch ausgerichtet sind, sondern zusätzlich den Hintergrund für eindrucksvolle emotionsgeladene Shows (von der Enthüllung der Automobile bis zu mit Laserlicht untermalten Shows) liefern. Die ausstellenden Konzerne werden hierbei sowohl durch firmeninternes Personal repräsentiert als auch durch externe Dienstleister unterstützt.16 Ein wichtiges Element des Markenauftritts ist dabei der Einsatz von Hostessen. Das heißt, neben den sonstigen marktstrategisch eingesetzten visuellen, akustischen, olfaktorischen, und haptischen Sinnesreizen werden Hostessen auf der Präsentationsplattform des Messestandes gezielt als visuelle Stimuli inszeniert, über die die Hersteller versuchen, das Markenimage positiv aufzuwerten und bei den Kund*innen emotional zu verankern.

PLATTFORM DER INSZENIERUNG: DER MESSESTAND Die auf Automobilmessen ausstellenden Unternehmen haben jeweils einen eigens für die Messe entworfenen Messestand. Die Markeninszenierung wird dabei dreidimensional im Messeraum umgesetzt und beinhaltet neben der aufwändigen Gestaltung von Boden, Wänden, Decken und Infoständen die Platzierung der Fahrzeuge, die Farbgestaltung, den Einsatz von Licht und Ton, die Präsentation des Firmenlogos sowie eine spezifische Verteilung des Standpersonals im Raum. Die Inszenierung muss nicht immer so weit gehen, wie auf der IAA 2013, wo gleich etliche Hersteller auf mehreren Ebenen ‚Rennbahnen‘ für echte Fahrzeuge in die Messestände integriert hatten, sie setzt aber doch in der Regel deutlich auf Individualität und hohen (Wieder-)Erkennungswert, um sich auf diese Weise von den Mitbewerbern abzugrenzen. Eine aufwändige Standarchitektur soll Besucher*innen an den Messestand locken und Neugierde für die Produktpalette wecken. Ziel ist, durch die jeweils transportierten Markenbotschaften eine künftige Kaufentscheidung der Besucher*innen positiv zu beeinflussen. Die meisten Messestände auf Automobilmessen versuchen die Besucher*innen deshalb mit allen Sinnen anzusprechen und setzen dabei auf bewährte Elemente aus dem Eventbereich.17

16 Unterstützung bekommen die Firmen v.a. durch Catering, Standdesigner*innen und Messebau, Gebäude- und Standreinigungspersonal, Moderator*innen, Promoter*innen, Security-Personal, Mitarbeiter*innen von Eventagenturen, Halleninspektor*in usw. 17 Laut einer jüngeren Studie über Wohlfühlatmosphäre als Attraktivitätsfaktor für Publikumsmessen steht für die befragten Besucher*innen an erster Stelle eine angenehme

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Jan Drengner unterscheidet insgesamt sechs verschiedene, für erfolgreiche Events bedeutsame Erlebniskomponenten: symbolische, sensorische, intellektuelle, relationale, transzendente und atmosphärische (vgl. Drengner 2014: 121). Alle diese Komponenten lassen sich auf die eventisierte Automobilmesse übertragen. So zielt das exzessiv einstudierte Enthüllen der Fahrzeuge durch Hostessen der Schaffung sozial geteilter Emotionen (atmosphärische Komponente) und werden in der sozialen Interaktion am Stand relationale Stimuli gesetzt. Die symbolische Dimension wird durch eine spezifische Form der Identifizierung mit dem Produkt bedient, die auf Seiten der Hostessen zu einer Aneignung von symbolischem Kapital im Sinne Bourdieus führt (Bourdieu 1993), auf Seiten der Besucher*innen zur Übertragung positiver Emotionen auf die ausgestellten Fahrzeuge. Die gesamte Standinszenierung soll also nicht nur den Intellekt der Besucher*innen ansprechen, sondern vor allem deren Sinne und Emotionen. Eine gewisse Form von Transzendenz schließlich wird erreicht, wo Personen für den Zeitraum der Inszenierung (etwa im Rahmen ihres Doing Hostess) gleichsam von Zeit und Raum entkoppelt sind (vgl. Drengner 2014: 121f., 124). Da der Ausstellungsplatz auf Automobilmessen begehrt ist, reiht sich gewöhnlich ein Messestand an den anderen. Die Besucher*innen bewegen sich, wie bei jeder anderen Messe auch, auf sogenannten Messestraßen durch die Hallen. Hierbei gibt es Haupt- und Nebenstraßen, welche die Messestände der verschiedenen Aussteller trennen. Durch aufwändige Farb-, Form- und Designelemente können die diversen Messestände von den Besucher*innen klar als visuell selbständige Einheiten erkannt werden. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Messeständen unterscheiden. Die meisten Stände sind für Besucher*innen ganz oder teilweise frei begehbar, einige wenige aber dürfen nur auf persönliche Einladung, nach Anmeldung oder nach teils erheblicher Wartezeit betreten werden. Bei beiden Stand-Arten werden Fahrzeuge ausgestellt und Informationen für Besucher*innen bereitgehalten. Der Unterschied besteht also letztlich vor allem in der Exklusivität des Zugangsrechts bei der zweiten Variante. Bei der selektiven Zugangsbeschränkung wird in der Regel nicht das Alltagsautomobil beworben, sondern ein deutlich darüber angesiedeltes Preissegment. Trotz solcher Unterschiede gibt es jedoch eine Vielzahl an Elementen, die sich an fast allen Ständen finden lassen. Jeder Messestand hat einen in der Regel gut sichtbaren Info- oder Begrüßungsschalter, der mit Hostessen besetzt ist und für Besucher*innen, die eine Beratung wünschen oder konkrete Fragen haben, die erste Anlaufstelle darstellt.

Stimmung, an zweiter Stelle das ausreichende Platzangebot und an dritter Stelle eine attraktive Produktpräsentation (vgl. Ermer, Wiedmann und Kirchgeorg 2014: 105).

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Die Exponate sind nach verschiedenen ästhetischen Kriterien ausgestellt und werden entweder versetzt oder in Reihen präsentiert. Oft werden einzelne, besonders wichtige Ausstellungsobjekte, z.B. Concept Cars oder Premiummodelle,18 auf erhöhter Ebene positioniert. Zusätzlich gibt es häufig Fahrzeuge, die auf einer Drehplattform präsentiert werden. Bei den beiden ersten der genannten Präsentationsvarianten gibt es die Möglichkeit des Messestandzugangs für Besucher*innen. Das heißt, diese können die Automobile nicht nur betrachten, sondern sie auch anfassen, sich hineinsetzen, Knöpfe drücken, Schalter umlegen, Pedale treten, etc. Das Erleben der Ausstellungsobjekte mit allen Sinnen, jenseits der bloßen distanzierten okularzentrierten Objektaufnahme, soll die Neugierde der Besucher*innen auf neue Modelle sowohl wecken als auch eine ‚körperliche‘ Beziehung zu den Fahrzeugen kognitiv verankern. In der Regel steht bei jedem der ‚begehbaren‘ Automobile eine Hostess. Information über die neuen Fahrzeuge werden mit Broschüren oder durch Multimediaeinsatz19 vermittelt. Zusätzlich gibt es auf vielen Messeständen einen Fanshop mit Artikeln der Marke, Konfigurationsmodule für die ausgestellten Modelle und gastronomische Standbewirtung. Jenseits der für das Publikum zugänglichen Ausstellungsfläche gibt es an jedem Messestand einen abgeteilten Bereich der v.a. den internen Mitarbeiter*innen vorbehalten ist. Hier befinden sich sowohl Meeting- und Verkaufsräume, die einen Kommunikationsbereich für Verkaufs-, Marketing- und Pressegespräche darstellen, als auch weitere Räumlichkeiten auf meist sehr begrenztem Raum. Auf manchen Ständen gibt es in diesem exklusiven Bereich auch integrierte Lounges, Bars oder Bistros für Mitarbeiter*innen und VIP-Gäste. Schließlich sind noch Stau- und Lagerräume für Verbrauchsmaterialien und Lebensmittel vorhanden.20 Der Standaufbau variiert in seiner konkreten Ausführung erheblich, die genannten Punkte sind jedoch bei jedem größeren Automobilhersteller am Messestand anzutreffen. Ist der Messestand nicht für alle Besucher*innen frei zugänglich, kommt zur Messestandarchitektur ein wichtiges Element hinzu: die Absperrung. Diese schirmt entweder den gesamten Stand oder Teile von ihm (oft erhöht ausgestellte

18 Als Premiummodelle werden besonders hochwertig ausgestattete Modelle im höheren Preissegment einer Automobilmarke bezeichnet; Concept Cars oder Prototypen sind Automobilstudien, die nicht oder noch nicht serienmäßig produziert werden. 19 Dies geschieht z.B. durch Werbefilme, die auf Leinwände oder Monitore projiziert werden, durch bereitgestellte Infoterminals mit Touchscreens oder durch Produktvorführungen und Autoshows. 20 Hier kann z.B. auch das Crewcatering der Hostessen stattfinden.

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Fahrzeuge) von den Besucher*innen ab. Sie ist entweder aus Glas oder Plexiglas und fest im Messestand integriert, oder aber sie wird temporär mit einem Absperrband geregelt. Beide Methoden sollen zwar die Exklusivität des Zugangs untermauern, gleichzeitig aber die ausgestellten Fahrzeuge auch für die breite Masse sichtbar halten. Tatsächlich lassen sich bei diesen Ständen oft lange Warteschlangen am Einlass bzw. Infoschalter beobachten und zählen die hier präsentierten Wagen zu den beliebtesten Schau- und Fotoobjekten der Messen.

AKTEUR*INNEN AM MESSESTAND Das Gelingen einer Messe hängt einerseits stark von einer gründlichen Vorbereitung vor der eigentlichen Messe ab, andererseits von der Zusammenarbeit aller Mitarbeiter*innen während der Veranstaltung. Auf Messeständen kann zwischen internen und externen Mitarbeiter*innen unterschieden werden. Die Mehrzahl der Beschäftigten auf einem Messestand sind nicht interne Mitarbeiter*innen, sondern extra für die Dauer des Messeevents angestelltes Personal. Auch wenn man annehmen könnte, dass interne Firmenmitarbeiter*innen über ein größeres Produktwissen verfügen und deshalb den potenziellen Kund*innen Fahrzeugdetails besser erklären können als externe Mitarbeiter*innen, ist der Einsatz von firmeninternen Verkäufer*innen, vor allem beim Erstkontakt mit den Besucher*innen, die Ausnahme. Professionelle Verkäufer*innen, die genaues Fachwissen über die verschiedenen Modelle haben, gibt es auf allen Ständen. Sie werden in der Regel aber nur hinzugezogen, wenn die extern angestellten Produktberater*innen keine Antwort auf die Fragen der Kund*innen haben oder die Kundinnen deutliches Interesse an einem Fahrzeugkauf noch auf der Messe äußern. Auf die Frage, wieso für die Kund*innenberatung nicht Verkäufer*innen, sondern eigens angelernte Hostessen eingestellt werden, erhielt ich verschiedene Antworten. Gelegentlich wurde hier auf den Kostenfaktor verwiesen. Das Abziehen festangestellter Verkäufer*innen aus dem Autohaus, hieß es, würde mehr Geld kosten als der Einsatz externer Kräfte. Außerdem wäre die Anzahl der am Messestand benötigten Personen nicht mit Verkäufer*innen abdeckbar. Am häufigsten wurde mir jedoch in unterschiedlicher Ausprägung sinngemäß eine andere Antwort gegeben: Da für die meisten Kund*innengespräche kein Fachwissen vonnöten ist, sei es doch schöner, wenn die Information von einem netten und attraktiven jungen Menschen käme. Und da die meisten der Besucher*innen männlich sind, wäre es umso netter, wenn dies eine junge attraktive Dame täte.

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„Man versucht einfach die Besucher auf den Stand zu ziehen. Auf Automobilmessen ist es natürlich so, dass der Besucher eher ein Mann ist und deshalb sagt man natürlich, wenn da eine Frau steht, dann zieht das einen Mann vielleicht noch mal eher an. Man versucht am Messestand den Fokus auf die Frau zu legen [...] die kann eben mit ihrer sympathischen Ausstrahlung einem Mann viel eher was näherbringen, als wenn da jetzt ein Mann stehen würde.“ (Agenturmitarbeiterin A)

Die Aussage ist besonders interessant, wenn man berücksichtigt, dass allgemein nur bei sehr wenigen Automobilkonzernen überhaupt weibliches Verkaufspersonal angestellt ist. Auffällig ist weiterhin, dass die Verkäufer(*innen)21 zwar meist sehr gepflegt im Business-Outfit erscheinen, aber hinsichtlich Alter und BodyMass-Index doch eine deutlich größere Variationsbreite aufweisen als die am Stand arbeitenden Hostessen. Laut Auskunft eines internen Mitarbeiters ist die noch vor 10 Jahren übliche strenge Differenzierung zwischen männlichen Verkäufern mit vertieftem Produktwissen und rein dekorativen Hostessen, die mit der Produktberatung gar nichts zu tun haben und rein unterstützend wirken, bei einigen Messeständen inzwischen aufgelockert. Diese Differenzierung sei stets auch mit einer sehr strengen Hierarchisierung einhergegangen. Mittlerweile sei die Norm bei den meisten Messeständen jedoch eine Mischung aus internen Mitarbeiter*innen, den Verkäufer*innen (meist immer noch männlich) und externen Dienstleistern (den Hostessen), welche durchaus auch geringes Markenwissen über die spezifischen Ausstellungsmodelle vorweisen und den Besucher*innen einfache Details am Automobil erklären können. Die sichtbare Verteilung von Wissen und Information in ‚Oberflächenwissen‘ bei den (normierten) weiblichen Hostessen und vertieftes Fachwissen bei den männlichen Verkäufern bleibt bei den meisten Messeständen dennoch erhalten und begünstigt so weiterhin eine normierende und normative Geschlechterdichotomisierung. Auch wenn inzwischen tatsächlich einige Fahrzeughersteller versuchen mögen, die Dichotomie stückweise zu durchbrechen, indem sie einerseits mehr männliche Hosts einsetzen und andererseits den Hostessen vertieftes Fachwissen vermitteln, ist das Gesamtbild der Messe ungebrochen von der ‚klassischen‘ Rollenverteilung geprägt. Auf vielen Messeständen befinden sich die Verkäufer*innen nicht im öffentlich zugänglichen Ausstellungsbereich, sondern werden erst aus dem für Besucher*innen nicht zugänglichen Teil des Messestands für dringende Kund*innenfragen zum Beratungsgespräch geholt. In diesem ‚unsichtbaren‘ Be-

21 Verkäuferinnen gibt es so gut wie nicht.

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reich des Standes halten sich auch die übrigen internen Mitarbeiter*innen während der meisten Zeit auf. Hier finden sich Personen aus dem Marketing sowie die Pressesprecher*innen. Sie haben dort ihre kleinen Meetingräume, arbeiten im Hintergrund der Messe und entziehen sich meist dem öffentlich sichtbaren Messegeschehen. Abbildung: (unsichtbare) Carcleanerin und (sichtbare) Modelhostess

Quelle: Foto T. Kubes

Das sichtbare Standgeschehen bestimmen also paradoxerweise v.a. externe Mitarbeiter*innen. So wird der Messestand nicht nur von Messearchitekt*innen entworfen und von Standbauer*innen dreidimensional umgesetzt, sondern auch während und nach jedem Messetag von meist unsichtbar wirkenden Reinigungskräften und Carcleaner*innen gesäubert. Gut sichtbar hingegen ist, falls am Stand vorhanden, das Servicepersonal für die Standbewirtung, sowie DJs/DJanes und Moderator*innen. Und schließlich als bewusst inszenierter Blickfang und Publikumsmagnet nach wie vor: die Hostessen.

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DAS ‚VERTIKALE GEWERBE‘: DER BEGRIFF HOSTESS „Sie bewegen sich graziös in hochhackigen Schuhen, räkeln sich lasziv auf der Motorhaube und lächeln, bis die Lippe krampft: Die Messegirls sind für so manchen Besucher das eigentliche Highlight einer Automesse.“ Anonymus 1, 2013, Focus Online

Etymologisch geht das Wort Hostess zurück auf das lateinische hospes (Gast), das über das altfranzösische hoste (Gast, Gastgeber) zunächst Eingang ins Englische fand und von dort in der Bedeutung „Gastgeberin“ und „für die Gäste zuständige Dame“ ins Deutsche übernommen wurde (vgl. Kluge 1995: 385). Weiträumige Verbreitung im deutschsprachigen Raum fand der Begriff vor allem im Gefolge der Brüsseler Weltausstellung von 1958 (ebd.). Die Bezeichnung Hostess kann heutzutage Unterschiedliches bedeuten. Ein Lexikon für Eventmanagement etwa gibt folgende Definition: „Hosts/Hostessen übernehmen auf Events, Kongressen und Messen die Teilnehmerbetreuung. Sie arbeiten in allen Besucherbereichen (z.B. Einlass, Counter oder VIP-Lounge) und kümmern sich um den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung für die Teilnehmer. Hosts/ Hostessen sollten guten Umgang pflegen und sollten mehrsprachig kommunizieren können.“ (Henschel 2010: 104)

Die Definition ist geschlechtsneutral. Tatsächlich finden sich seit einiger Zeit neben Hostessen gelegentlich auch männliche Hosts an den Messeständen einiger Hersteller. Anders als bei seinem weiblichen Pendant aber ist der Begriff „Host“ (ebd.) frei von negativen Konnotationen. Denn gerade im Alltagssprachgebrauch ist mit „Teilnehmerbetreuung“ (ebd.) nur eine Dimension des Wortes Hostess umrissen. Der Duden beispielsweise nennt drei verschiedene Bedeutungen. Erstens bezeichne man mit dem Begriff eine „junge weibliche Person, die auf Messen, bei Reisebüros, in Hotels o.Ä. zur Betreuung, Begleitung oder Beratung der Gäste, Besucher, Reisegruppen o.Ä. angestellt ist“ (Duden 2007: 1873). Vor 1970 Geborene verbinden mit dieser Begriffsdimension häufig Königin Silvia von Schweden, die ihren späteren Ehemann Carl Gustav 1972 im Rahmen ihrer Tätigkeit als Olympiahostess kennenlernte. Zweitens werden damit Angestellte einer Fluggesellschaft und Flugbegleiterinnen benannt. Drittens können mit dem Terminus Prostituierte bezeichnet werden (vgl. ebd.). Allen Definitionen gemeinsam ist, dass sie sich auf Frauen beziehen, die

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im Dienstleistungssektor arbeiten. Unterschiede bestehen auf den ersten Blick vor allem hinsichtlich der Reichweite der ‚Dienstleistung‘. Auffallend ist allerdings, dass besonders die letztgenannte Kategorie bei Internetrecherche sehr häufig die Trefferlisten anführt. Entsprechend bin ich bei meinen OnlineRecherchen nach Hostessen immer wieder auf diverse Sex-Etablissements und Escortservices gestoßen und war häufig gezwungen, den Such-String durch diverse Zusätze zu modifizieren. Internetrecherchen waren deshalb meist erst mit dem Suchzusatz „Messehostess“ oder „Hostess und Automobilmesse“ für mich von Nutzen. Nicht nur im umgangssprachlichen Gebrauch wird gerne mit der Doppeldeutigkeit des Ausdrucks gespielt, auch wissenschaftliche Arbeiten sind nicht immer frei von Vermischungen. So heißt es etwa bei Naomi Wolf: „Ehe die Frauen in großer Zahl auf den Arbeitsmarkt drängten, gab es eine genau umrissene Gruppe, die für ihre Schönheit bezahlt wurde. Das waren die Frauen, die in sogenannten Display-Berufen arbeiteten – Berufe, deren Wesen darin bestand, sich zur Schau zu stellen: Schauspielerinnen, Mannequins, Tänzerinnen und höchstbezahlte Sexarbeiterinnen wie etwa Hostessen.“ (Wolf 1991: 34)

Auch wenn zweifellos zutrifft, dass die Arbeit als Messehostess eine „Display“Tätigkeit darstellt, beeinflusst und erschwert die in Wolfs Ausführungen anklingende Nähe des Hostessengewerbes zur Prostitution die positive Selbstdefinition von Hostessen erheblich. Die oft offen unterstellte Nähe zur Sexarbeit hat zur Folge, dass einige der von mir interviewten Hostessen sich selbst nicht mit dem Ausdruck bezeichnen würden. Sogar Hostessenagenturen entziehen sich zunehmend den unerwünschten Konnotationen und suchen nach alternativen Bezeichnungen, um die Arbeit von dem historisch und kulturell tradierten begrifflichen Ballast freizumachen. Statt von Hostessen ist in jüngster Zeit in Ausschreibungen zunehmend die Rede von Promoterinnen, Verkaufsförderinnen, Produktberaterinnen, Explainerinnen, Produktpräsentatorinnen oder schlicht: Models. Eine weitere Möglichkeit sich von dem doppeldeutigen Begriff Hostess zu distanzieren, ist die genauere Ausdifferenzierung der Tätigkeit und die Bildung von Komposita. So wird in Jobportalen oft gezielt nach Promotionshostessen,22 Servicehostessen,23 Produktberatungshostessen,24 Akkreditierungshostessen,25 In-

22 Promotionshostessen bewerben ein bestimmtes Produkt, tragen oft Outfits mit dem Produktnamen und verteilen Produktsamples oder Flyer. 23 Servicehostessen sind im Service auf dem Messestand eingesetzt und servieren Getränke und kleine Snacks.

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formationshostessen,26 Tagungs- bzw. Kongresshostessen,27 Fremdsprachenhostessen28 und VIP-Hostessen29 gesucht, oder eben nach den im Zentrum dieser Arbeit stehenden Produktpräsentations- oder Model-Hostessen. Der Versuch, sich durch eine Umbenennung der Berufsbezeichnung vom käuflichen Gewerbe abzugrenzen, hat sich für Agenturen und Hostessen als durchaus praktikabel erwiesen. Gerade männliche Besucher von (Automobil-) Messen halten die einzelnen Kategorien jedoch häufig (bewusst oder unbewusst) nicht so klar getrennt. Ungeachtet aller konstruierbaren Parallelen zwischen Tätigkeiten in „Display-Berufen“ (Wolf 1991: 34) und Prostitution sei daher noch einmal betont, dass sich meine Arbeit ausschließlich mit Frauen im ‚vertikalen Gewerbe‘ beschäftigt. Mit Blick auf die Fremd- und Selbstzuschreibungen von Hostessen sind für meine Forschung vor allem zwei Definitionsmöglichkeiten relevant. Erstens, über die aktive Tätigkeit. Die Zuweisung einer Position und das Tun bestimmen die Hostessenbezeichnung dabei ebenso wie die Selbstzuschreibung von als Hostess arbeitenden Frauen. So definierten sich die von mit interviewten Informationshostessen auf Handels- und Technikmessen vorrangig über ihre aktive Tätigkeit. „Wir versorgen Gäste mit Informationen“ (Hostess C, 26). Ähnlich ver-

24 Hierbei werden Hostessen durch Informationsbroschüren oder Produktschulungen für ein oder mehrere Produkte geschult, um dann auf der Messe die Besucher*innen über das Produkt beraten zu können. 25 Akkreditierungshostessen melden Besucher*innen an, geben Namensschilder oder Badges aus und verteilen ggf. Welcomepackages. 26 Es gibt zwei Arten von Informationshostessen. Einerseits werden Informationshostessen von der Messegesellschaft zur Unterstützung der Besucher*innen bei der allgemeinen Orientierung angestellt, andererseits bilden Informationshostessen auf jedem einzelnen Messestand am Infocounter die erste Anlaufstelle für die Standbesucher*innen. Im Gegensatz zu den Hostessen in der Produktberatung geben Informationshostessen keine spezifischen Auskünfte zu den einzelnen Exponaten. 27 Tagungshostessen sind bei Tagungen, Aktionärsversammlungen und Kongressen anwesend, führen Akkreditierung durch, begrüßen die Gäste und kümmern sich um ihr Wohl. 28 Fremdsprachenhostessen dienen v.a. als Übersetzerinnen. 29 VIP-Hostessen sind Hostessen, die in der Betreuung von Prominenten eingesetzt werden. Die Art der Events und die dabei anfallenden Aufgaben sind hierbei sehr unterschiedlich und können von der Betreuung der Gäste bei einem internationalen Fußballturnier oder von Prominenten auf einer Party bis hin zum Überreichen von Blumensträußen bei Filmpremieren reichen.

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hielt es sich bei Promotions- und Servicehostessen, die sich als Hostess vorrangig über das Verteilen von Flyern oder das Servieren von Getränken definierten. Die zuvorkommende, serviceorientierte, proaktive Gastgeberin bildet hier den Kern der Hostessendefinition. Dies gilt oft sowohl für Selbst- als auch für Fremdzuschreibungen. Die Assoziation von Schönheit und Jugendlichkeit schwingt hierbei zwar mit, bildet jedoch nicht den Kern der Begriffsbestimmung. Die zweite Zuschreibungsmöglichkeit ergibt sich aus der Messeart. Vor allem auf Auto- und Tuningmessen kann die aktive Tätigkeit von Hostessen deutlich zurücktreten gegenüber der Erfüllung eines normativ geprägten Frauenbildes. Statt darum, etwas zu tun, scheint es vielmehr oft darum zu gehen, auf eine bestimmte Weise zu sein. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird deutlich werden, dass es sich auch dabei letztlich weniger um Schönsein handelt als vielmehr um Schönheitshandeln (Degele 2004) in einem sehr elementaren Sinn. Für den Moment ist aber vor allem von Bedeutung, dass diese rigide Binnendifferenzierung auch von Hostessen selbst vorgenommen wird und mit starken (auch moralischen) Wertungen einhergeht. So haben mir zahlreiche Promotions- und Servicehostessen versichert, dass sie niemals auf Automobilmessen arbeiten würden. Und zwar nicht nur nicht als „Schauobjekt“ (Hostess Y, 24) neben einem Auto, sondern auch nicht in einer der aktuell von ihnen ausgeübten vergleichbaren Position. Es scheint also, als sei der Ort Automobilmesse untrennbar mit dem Bild der ‚sexy Messehostess‘ verknüpft und überlagere alle anderen in ihrem Rahmen stattfindenden Tätigkeiten. Denn natürlich gibt es auch auf Automobilmessen alle vorhin aufgezählten Positionen. Auch hier werden Flyer und Give-aways verteilt, auch hier sind Hostessen im Servicebereich tätig, und auch hier gilt es, die Besucher*innen mit Informationen zu versorgen. Dennoch weckt die Aussage: „Ich arbeite als Hostess auf dem Genfer Automobilsalon“ deutlich andere Assoziationen als: „Ich bin Hostess auf der Heim- und Handwerksmesse“. Viele Besucher*innen scheinen das ähnlich zu sehen: „Das ist hier wie bei James Bond: Schnelle Autos und heiße Frauen. Wirklich interessant sind hier auf der IAA sowieso nur die sexy Mädels“ (Messebesucher T, 43).

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TÄTIGKEITSBEREICHE AM MESSESTAND „Der Job: knallhart. In rappelvollen, klimatisierten Hallen bis zu 12 Stunden auf den Beinen – und immer lächelnd. Dümmliche Anmache wird – wenn’s geht – überhört. Abends: schmerzende Füße und Beine. Designer der Autofirmen schreiben (Einheits)-Outfits vor. Teils freizügig. Bei vielen sind High Heels Pflicht.“ Schulenburg 2013, Bild Online

Auf Automobilmessen werden pro Messestand bis zu 150 Hostessen und Hosts eingesetzt. Eine so große Anzahl stellt jedoch nicht die Regel dar. An der Mehrzahl der Messestände arbeiten weniger als 50 Hostessen und Hosts, und es gibt auch einige Stände mit lediglich 5 bis 10 Hostessen. Speziell die Luxus-Marken setzen, wie es eine Marketingmitarbeiterin im Interview formulierte, sowohl bei der Auswahl und Präsentation ihrer Fahrzeuge, als auch beim Einsatz von Hostessen „nicht auf Masse, sondern Klasse“ (Marketingmitarbeiterin I). Koordiniert werden die Hostessen durch sogenannte Chefhostessen/-hosts oder Teamleitungen.30 Die Chefhostessen/-Hosts sind selten als solche zu erkennen, haben aber neben der eigentlichen Hostessentätigkeit die Aufgabe, die anderen Hostessen einzuteilen und für einen reibungslosen Ablauf am Stand zu sorgen. Je nach Hostessenanzahl gibt es mehrere Teams mit jeweils eigener Teamleitung. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass auch bei rein weiblichen Hostessenteams eine männliche Teamleitung eingesetzt wird. Ein männlicher Chefhost, der ein Team mit sehr spärlich bekleideten Hostessen leitete, erklärte mir hierzu: „Es kommt ja doch häufiger zu Zickenkrieg unter den Mädels, und ein Mann hat da mehr Abstand und kann das dann vielleicht schon besser regeln als eine Frau“ (Chefhost J). Zwischen der Anzahl der Hostessen und Hosts und ihrem phänotypischen Geschlecht gibt es einen signifikanten Zusammenhang. Grob gesagt: Je geringer die Anzahl, desto höher der Frauenanteil. Und nach wie vor gibt es auch – sowohl auf der IAA als auch auf dem Genfer Automobilsalon – zahlreiche Stände, an denen ausschließlich Frauen als Hostessen arbeiten.

30 Die Bezeichnung Teamleitung und Chefhostess werden im Messejargon häufig synonym verwendet.

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„Meist geht es darum, den Kunden Auskunft zu geben und nett zu lächeln. Das können männliche Bewerber zwar auch, aber im Alltag sind Hosts selten. Wenn überhaupt, kommen Männer im Bereich Security zum Einsatz. [...] Messearbeit ist eben eher eine Frauendomäne.“ (Heinrich 2012)

Auch ein Hostessenvermittler sieht im Einheitsbild der Messehostessen immer noch einen typischen Kund*innenwunsch der Automobilbranche. „Wir werden zum Teil darum gebeten ein Team von 20 Hostessen zusammenzustellen. Konfektionsgröße 36, Körpergröße 170cm und vorzugsweise blond“ (Brotz 2009). Die traditionell große, mitteleuropäische ausschließlich repräsentative „Einheitshostess“ (Automobilkonzernmitarbeiter K) vergangener Jahrzehnte hat zwar inzwischen einer größeren ethnischen Vielfalt mit zunehmenden Informationsaufgaben Platz machen müssen, im Gesamtbild der Messen überwiegt jedoch die klassische Hostess. Zu deren Aufgaben gehören zunächst – ganz im Sinne der oben angeführten Definition von Henschel (2010: 104) – alle Tätigkeiten die mit Gastfreundlichkeit zu tun haben. Hostessen akkreditieren Besucher*innen, begrüßen Gäste am Stand und führen sie zur oder durch die Ausstellung. Sie betreiben Small Talk, überreichen Präsente und Werbemittel und geben Produktinformation. Zusätzlich fungieren sie oft als erste Ansprechpartnerinnen am Empfangscounter oder Infostand. Eine Agenturmitarbeiterin differenziert die Aufgabenbereiche der Hostessen auf Automobilmessen entsprechend wie folgt: „Da wird mittlerweile wirklich unterschieden, wir haben Damen die nur als Modelhostess neben dem Auto stehen, dann gibt es Produktberater, und es gibt eben die Damen, die die Akkreditierung vornehmen. Also es gibt ja auch Messestände, da kommt man ohne Einladung gar nicht drauf. Die Damen, die dann quasi die Rezeption oder den Empfang machen oder auch mal Übersetzungen machen, das gibt es auch.“ (Agenturmitarbeiterin V)

Die Tätigkeiten sind in der Regel klar verteilt: Infohostessen begrüßen nicht nur die Messegäste, sondern halten auch Informationen für Besucher*innen bereit, händigen diesen Kataloge, Give-aways und Tüten mit Firmenlogo aus und vermitteln die Gäste bei Bedarf an Expert*innen weiter. Hostessen, die als Promoterinnen eingesetzt sind, verteilen Flyer an die Messebesucher*innen oder führen Gewinnspiele durch. Um Besucher*innenadressen zu generieren und so später gezielt Werbematerial verschicken zu können, werden Hostessen auch in sogenannten Leadteams eingesetzt. Diese Hostessen sprechen die Besucher*innen (proaktiv) an und fragen nach ihren Automodellvorlieben.

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Abbildung: Hostess (mit Tablet) berät eine Messebesucherin

Quelle: Foto T. Kubes

Die Mehrzahl der auf Automobilmessen arbeitenden Hostessen und Hosts wird jedoch direkt am Exponat eingesetzt. Häufig ist es üblich, dass der/dem Einzelnen eine je bestimmte Position zugewiesen wird, die er/sie während der gesamten Dauer der Messe innehat. Die Einteilung oder Zuordnung erfolgt entweder schon während des Castings durch die Casting-Jury oder durch die Chefhostess bzw. die Teamleitung. Oft erfolgt die Zuteilung zur Marke sowie zur Positionierung am Messestand nach sogenannten Idealtypen im Sinne Max Webers. Vom bisher geschilderten Tätigkeitsprofil her mag es scheinen, als sei der Hostessenjob eine Tätigkeit, die jeder Mensch ausführen kann. Tatsächlich aber spiegelt das Gros der eingesetzten Hostessen nicht menschliche Vielfalt wider, sondern entspricht einem einheitlichen, gegenderten Schönheitsideal, das man intuitiv ein ‚westliches‘ nennen könnte. Phänotypisch weiblich, groß, jung und schlank. Diese Kriterien werden häufig auch in den Stellenbeschreibungen genau so oder ähnlich angeführt. Man könnte durchaus argumentieren, dass – strenggenommen – keine dieser Eigenschaften nötig wäre, um die Form von Gastgeber*innentätigkeit auszuüben, die in der Definition von Henschel (s.o., Henschel 2010: 104) beschrieben wird. Tatsächlich aber verhält es sich so, dass die zu Beginn des Kapitels aufgeführte Hostessendefinition ausgerechnet das wichtigste Auswahlkriterium des Hostessenjobs außen vor lässt: die äußere Erscheinung. Besonders deutlich wird dies bei der Position der Produktpräsentation bzw. der Modelhostess. Die hier arbeitenden Personen werden am auffälligsten inszeniert, am häufigsten medial rezipiert und von den Besucher*innen (v.a. den männlichen Besuchern) am meisten fotografiert. Und sie sind – gleichgültig, wie

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hoch der Anteil männlicher Hosts in anderen Postitionen am Stand auch sein mag – immer weiblich. „Da muss eine Frau hin. Also die einzige Anforderung war da, sie muss gut aussehen, da sind wir, da waren wir dann sehr oberflächlich, da war dann auch egal ob die freundlich ist oder nicht, aber da war wichtig, dass sie gut aussieht, dass sie eine gute Figur hat und ne gewisse Größe hat, weil also an der Position ist es super wichtig, weil die Leute viel mehr fotografieren, wenn sie mit auf dem Bild ist.“ (Marketingmitarbeiterin Y)

Abbildung: Besucher fotografieren eine Modelhostess (mit Fahrzeug)

Quelle: Foto T. Kubes

Die soziale Zuordnung zum weiblich definierten Geschlecht als „sex-category“ (West und Zimmerman 1987) ist für den beschriebenen Messejob das entscheidende Auswahlkriterium. Wie im weiteren Verlauf dargestellt wird, ist auch das Handeln und Verhalten von Hostessen stark normativ geprägt und genderkonform. Die Aufgabenverteilung ist an den meisten Messeständen klar gegendert. Die konstruierte geschlechtliche Segregation wird hierbei symbolisch gestärkt und trägt entscheidend zu einer Reproduktion von Geschlechterstereotypen bei. Vor allem bei der im folgenden Kapitel untersuchten Position der Produktpräsentation bedingen sich Geschlechterkonstruktion und berufliche Tätigkeit permanent gegenseitig. Diese kontinuierlich performativ erzeugte wechselseitige Abhängigkeit könnte mit Gottschall (1998) als „Doing gender while doing work“ 31 bezeichnet werden. Ich würde jedoch noch weitergehen und im Falle von Hostessen nicht allein von doing gender als Darstellungspraxis im Sinne perma-

31 Zur Konstruktion von Geschlecht bzw. Gender im Berufsalltag und deren gegenseitiger Bedingtheit vgl. Allison (1994), Heintz (1997), Leidner (1991, 1993), Spradley (2008), Wetterer (1995, 2002), Wiliams (1989, 1993).

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nenter interaktiv geleisteter komplexer Handlungsprozesse sprechen (vgl. West und Zimmerman 1987: 14; Garfinkel 1967), sondern davon, dass durch die Inszenierung geschlechtlicher ‚Idealtypen‘ die westliche Geschlechterbinarität in paradigmatischer Weise sichtbar gemacht wird: doing gender-difference while doing work. Auch wenn bei Gesprächen mit Agenturen gelegentlich darauf hingewiesen wurde, dass sich die Hostessentätigkeit in den letzten 10 Jahren stark verändert habe, da viele der heutigen Hostessen intensiver in den aktiven Messeablauf integriert würden, existiert das kulturell geschaffene Bild der Hostess dennoch weiter. „Mittlerweile ist ein Promoter oder eine Hostess auch Produktberater. Das war früher nicht so der Fall. Also ich kannte das von Messen her eher so, dass es tatsächlich den Verkäufer gab, der auch heute noch auf der Messe ist, aber früher war das wirklich die Hostess am Counter, die vielleicht mal einen Kaffee serviert hat, aber die Fachberatung ist vom Verkäufer ausgegangen. Mittlerweile ist es schon so, dass man von einem Promoter auch etwas Beratung erwartet. Also das ist so der erste Step: Fachinformationen über das Fahrzeug. Also es geht schon eher in die Richtung Produkt, und das war eben früher nicht der Fall. Also früher war das tatsächlich so, also eine klassische Messehostess, die hat eben einen Prospekt ausgeteilt und hat begrüßt – und mittlerweile ist es so: die gibt Informationen über das Auto raus.“ (Agenturmitarbeiterin V)

Abbildung: Hostess als Produktberaterin

Quelle: Foto T. Kubes

Dass das stereotype Hostessenbild immer noch Relevanz besitzt, lässt sich am Beispiel der Produktberatung erkennen. Wie mit potentiellen Kund*innen umzugehen ist und auf welche Weise Markenbotschaften und Informationen zu vermitteln sind, wird im Normalfall während eines Produkttrainings vor Messebe-

Forschungsfeld Automobilmesse | 91

ginn einstudiert. Die Beratungstätigkeit und die Informationsweitergabe an die Kund*innen wird dabei je nach Marke unterschiedlich gewichtet, die eingesetzten Hostessen sollten aber zumindest mit den Besucher*innen kommunizieren können. Die dafür benötigten Sprachkenntnisse und rhetorischen Fähigkeiten sollten also vorhanden sein. „Natürlich gehören das aktive Gespräch mit dem Kunden und die Beratung zu den Aufgaben eines Messemodels. Deswegen ist es sehr wichtig messe- bzw. promotionserfahrene Models einzusetzen, die sich niveauvoll ausdrücken können.“ (Instyle-Models Online, o.J.)

Interessant ist allerdings, dass es selbst bei diesen eigentlich verbalzentrierten Tätigkeiten Autohersteller gibt, die dafür Hostessen casten, die nicht oder kaum die Sprache der Besucher*innen sprechen. Und das, obwohl in vielen der Ausschreibungen explizit entsprechende Sprachkenntnisse gefordert waren und auch im Vorfeld der Castings nach ihnen gefragt wurde. Dennoch war bei vielen Casting-Entscheidungen, denen ich beigewohnt habe und über die ich mit meinen Informantinnen gesprochen habe, letztendlich nicht die Sprachkompetenz das entscheidende Auswahlkriterium. Insbesondere auf dem Genfer Automobilsalon sind mir zahlreiche Hostessen aufgefallen, die nur schlecht bis überhaupt nicht Französisch sprachen. Es scheint also, dass auch bei dieser Position nicht immer die gute Beratung und Informationsweitergabe im Zentrum der Tätigkeit steht.

FRAUEN NEBEN AUTOS: DIE PRODUKTPRÄSENTATION „Die heißesten Hostessen: Natürlich fehlen sie auch auf der IAA nicht: Die hübschen Mädchen neben den Autos. Die Girls sind mehr als schmückendes Beiwerk, ohne sie wäre die Ausstellung nur halb so schön.“ Anonymus 2, 2013, Auto News Online

Hostessen in der Produktpräsentation bzw. Modelhostessen prägen nicht nur am nachhaltigsten unser Bild von Messehostessen, bei ihnen kommt auch der Objektivierungscharakter visuell inszenierter Geschlechterdichotomien am deutlichsten zum Tragen. Die weiteren oben genannten Hostessenarten werde ich daher, mit Ausnahme der Position der Produktberatung, im Folgenden nur noch gelegentlich streifen. Auch bei der Produktpräsentation steht ‚freundliches Verhalten‘ im Vordergrund der Tätigkeit. Dies jedoch in anderer Weise als beim direk-

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ten Kund*innenkontakt im Beratungsgespräch. Die Aufgabe der Modelhostessen erschöpft sich im Wesentlichen darin, in vorgegebener Pose neben dem ihnen zugewiesenen Fahrzeug zu stehen und zu lächeln. Sie tun dies unabhängig von den üblichen Interaktionsregeln stundenlang und ohne erkennbaren Anlass. Eine ‚echte‘ auf Reziprozität beruhende Kommunikation mit den Besucher*innen findet dabei, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt statt. Anders als beim beratenden Personal ist dies aber auch tatsächlich nicht Teil der Tätigkeit. Die in der Präsentation eingesetzten Hostessen sind v.a. passive, visuell inszenierte Markenbotschafterinnen, die ein körperlich umgesetztes markenkonformes Verhalten zum Ausdruck bringen sollen. Spezifisches Fach- oder Markenwissen wird bei dieser Tätigkeit allenfalls marginal benötigt. Ziel ist das Automobil markenadäquat zu präsentieren, nicht es zu erklären. Entsprechend heißt es auf der Internetseite einer Hostessenagentur: „Messemodels [wirken; T.K.] verkaufsunterstützend und können den nach und während der Messe startenden Abverkauf der Ware deutlich erhöhen. Unsere Wahrnehmung ist meist rein suggestiv – unterschätzen Sie daher nicht die unterbewusste Wirkung zu Ihrem Produkt, die Ihre Hostesswahl [sic!] bei dem Konsumenten oder Ihrem Kunden hinterlässt.“ (Instyle-Models Online, o.J.)

Modelhostessen sollen mit ihrer positiven Erscheinung synonym für die Marke stehen. Ihr Äußeres bzw. ihre inszenierte Erscheinung soll auch ohne Worte Markenwerte verkörpern und nach außen kommunizieren. Die Hostess wird damit selbst zur visuell wahrnehmbaren Markenbotschaft. Die Tätigkeitsbereiche Produktberatung und Produktpräsentation müssen, wie eingangs schon erwähnt, keineswegs mit unterschiedlichem Personal besetzt sein, sondern können, je nach Unternehmen, auch zeitlich alternierend von denselben Personen abgedeckt werden.32 Bei exklusiven Marken sowie bei einigen kleineren Messeständen ist es gelegentlich auch üblich, dass die Hostessen am Stand rotieren und die Positionen nach einem Zeitplan wechseln. Das Rotationsprinzip habe auch ich während meiner eigenen Teilnahme als Hostess erlebt. Auch die für solche variablen Einsätze gecasteten Frauen sollten idealiter nicht nur einem ästhetischen Idealbild entsprechen, sondern auch in der Lage sein, mit den Besucher*innen zu kommunizieren. Gilt es aber, beim Casting eine Auswahl zu treffen, scheint auch hier Aussehen immer noch sprachliche Eloquenz und linguistische Kompetenz zu schlagen.

32 Siehe Kapitel 1.1, in dem ich zwischen fünf Hostessenarten auf Automobilmessen differenziere. Die Genannte entspricht der dort dargestellten dritten Hostessenart.

Becoming Hostess: Wie man Hostess wird

„Das Alter der Produktberater sollte zwischen 20 und 30 Jahren liegen. Die Mindest-Körpergröße beträgt 180 Zentimeter (Männer) und 170 Zentimeter (Frauen). Damen sollten eine Konfektionsgröße bis 38 haben. Sichtbare Tätowierungen und Piercings sind verboten. Hosts und Hostessen, die auf internationalen Messen arbeiten, sollten gut Englisch sprechen. Der Verdienst liegt für Einsteiger bei zehn, später bei rund elf Euro in der Stunde.“ Schrieber 2007

Wenn eine Bewerberin die im Zitat angesprochenen Voraussetzungen zu erfüllen glaubt, gibt es verschiedene Möglichkeiten Hostess zu werden. Viele meiner Gesprächspartnerinnen erzählten mir, dass sie über eine Bekannte oder Freundin zu ihrem ersten Messejob gekommen sind. Falls dies nicht der Fall ist, können im Internet mühelos Agenturen ausfindig gemacht werden, bei denen die Arbeitssuchende anfragen kann. Das Problem ist hier weniger, eine Agentur zu finden, als bei einer guten Agentur zu landen. Eine Internetseite für Agenturbewertungen (www.4promo.de) listet allein für Deutschland 3355 Agenturen auf – was die Suche nach einem adäquaten Messejob erheblich erschwert.1 Eine weniger suchintensive Alternative ist es, direkt im Internet auf Jobportalen2 und Hostessen-

1

www.4promo.de [01.11.2014].

2

Unter Jobportalen verstehe ich Internetseiten mit unterschiedlichen Jobangeboten wie z.B. die Internetseite der Agentur für Arbeit. https://jobboerse.arbeitsagentur.de/ [10.12.2014].

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vermittlungsseiten3 zu schauen. Eine typische Jobanzeige kann dann beispielsweise so aussehen: „IAA: Luxusklasse stellt aus! Bist du dabei? Du hast die Möglichkeit einen der begehrten Plätze in einem Team der Oberklasse-Automobilhersteller auf der IAA in Frankfurt am Main zu ergattern. Du bist elegant, weiblich und mit guten Umgangsformen und hast eine hohe Affinität zu Premium-Automarken? Dann bewirb dich schnell – wir freuen uns auf dich.“ (Jobanzeige auf Promotionsbasis, 2013).4

DIE HOSTESSENAGENTUREN Für meine Forschung habe ich Interviews mit national und international operierenden Hostessenagenturen geführt. Die Mitarbeiter*innenkartei der Agenturen reichte von 1.500 Hostessen und Hosts pro nationalem Standort bis hin zu mehreren 10.000 Promoter*innen, Hosts und Hostessen. Die große Anzahl arbeitswilliger Karteimitglieder beruht darauf, dass in den meisten Karteien sowohl Promoter*innen als auch Hostessen, Hosts und Models geführt werden. Ein großer Teil des Personals wird im Promotions- und Eventbereich außerhalb von Messen eingesetzt und übernimmt z.B. Duftpromotionen in Kaufhäusern oder die Gästebetreuung bei Fußballspielen. Meist wurde von den Agenturmitarbeiter*innen nicht zwischen den unterschiedlichen Personalarten differenziert, sondern von „Hostessen“ und „Promotern“ gesprochen. Beide Begriffe werden oft synonym verwendet und schließen keine Geschlechterdifferenzierung ein. Das Geschlechterverhältnis der in die Kartei aufgenommenen Hostessen und Hosts wurde mir unterschiedlich angegeben und schwankte zwischen rein weiblichem Personal bei klassischen Hostessenagenturen bis hin zu fast gleich verteilten Geschlechterverhältnissen bei Promotionsagenturen. Die verschiedenen Angaben resultieren aus der Weitläufigkeit des Begriffs Hostess. Bei erhöhtem Männeranteil bietet die Agentur meist neben den klassischen Messetätigkeiten viele Verkaufspromotionstätigkeiten an (u.a. bei Elektrofachmärkten, Roadshows etc.). Einzelne Agenturen bieten zusätzlich auch Moderatorentätigkeiten, Servicetätigkeiten, Fahrdienste, Eventcleaning und Sercuritytätigkeiten an.

3

Hostessenvermittlungsseiten sind spezielle Internetseiten, welche nur Jobs für Messeund Promotionspersonal ausschreiben. U.a. www.promotionsbasis.de. http://www.hostessenjob.com, http://www.4promo.de [10.12.2014].

4

Anzeige Nr. 556076 auf Promotionsbasis Online am 08.05.2013.

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Die Tätigkeit der Agenturen beschränkt sich dabei hauptsächlich auf die Vermittlung der Hostessen an die Automobilkonzerne. Der Messeeinsatz wird zwar über angestellte Teamleitungen und Chefhostessen/-hosts koordiniert, die regelmäßig Kontakt mit der Agentur pflegen, Vertreter*innen der Agenturen selbst sind während der Messe in der Regel jedoch nicht anzutreffen. So habe ich z.B. mit einer Agenturmitarbeiterin gesprochen, die zwar zahlreiche Automobilmessen betreut, selbst jedoch nur ein einziges Mal auf einer Automobilmesse war. Vielleicht erklärt sich daraus, die häufige Diskrepanz zwischen der Vorstellung der Agenturmitarbeiter*innen von der Hostessentätigkeit (die oft einer idealisierten Wunschvorstellung gleicht) und der tatsächlichen Arbeit und wie sie erlebt wird. So wurden mir z.B. auf die Frage, welche zwei Fähigkeiten von Hostessen für die Messearbeit unverzichtbar sind, meist die Faktoren Kommunikationsfähigkeit und Zuverlässigkeit genannt. Im weiteren Verlauf der Arbeit werde ich allerdings zeigen, dass bei Automobilmessen die genannten Befähigungen zwar eine wichtige Rolle spielen, jedoch nicht den Kern der Hostessentätigkeit darstellen. Dieser besteht viel eher in der Darstellung eines stereotypen Frauenbildes und in der professionellen Regulierung von Gefühlen.

VERMESSEN, KATEGORISIEREN UND RETUSCHIEREN: DIE SEDCARD „Modelhostessen für die IAA in Frankfurt gesucht. Wir suchen attraktive Hostessen für die IAA. Professionelle Bilder, Sedkarten sind Voraussetzung. Anforderungsprofil: attraktiv, Konfektionsgröße 36 (Orientierungsmaße 84-66-94), Größe ab 175 cm, lange Haare.“ Promotionsbasis Online, 2014

Gleichgültig, ob die Bewerbung über persönliche Vermittlung, über eine Agentur oder über ein Jobportal erfolgt, Voraussetzung ist stets die Erstellung einer Sedcard. Diese kann sowohl auf den Jobportalseiten als auch auf den meisten Agenturseiten elektronisch erzeugt werden. Die Bewerberin muss sich hierfür auf der jeweiligen Internetseite bzw. in dem verlinkten elektronischen System registrieren, die vorgegebenen Felder der Sedcard ausfüllen und Bewerbungsfotos hochladen. Wenn dies geschehen ist, kann die Sedcard elektronisch verschickt oder auch als PDF ausgedruckt werden. Es gibt zwei übliche Zeitpunkte, zu denen die Sedcard erstellt wird. Entweder vor dem Casting (um sich über-

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haupt für das Auswahltreffen zu qualifizieren), oder danach, bei positiver Auswahl für die Aufnahme in die Agentur. Bei zweitgenannter Variante wird die vollständige Sedcard meist nicht von den Bewerberinnen selbst erstellt, sondern von den Mitarbeiter*innen der Agentur. Die Bewerberinnen liefern hierfür nur die erforderlichen Daten und Bilder bei der Agentur ab. „Wir gehen mal davon aus, eine hat noch nie bei uns gearbeitet und kommt zum allerersten Mal auf ein Casting. Wir finden sie gut und sie passt auf das Anforderungsprofil des Kunden. Dann legen wir quasi als Agentur eine Sedcard an. Wir haben ein internes Programm. Dann speichern wir die Daten von der Person. Personenbezogene Daten, Adresse, Größe, Schuhgröße, Kleidergröße, eben alles was für uns und unseren Kunden interessant sein könnte. Wir hinterlegen dort auch Bilder, die uns die Person zur Verfügung stellt oder die wir selbst anfertigen. Dann erstellen wir eine sogenannte Sedcard. Diese Sedcard können wir dann an den Kunden übermitteln damit er eine gewisse Vorstellung von der Person hat“ (Agenturmitarbeiterin A).

Die Anforderungen der einzelnen Agenturen und Portale an die Sedcard sind unterschiedlich umfangreich. Stets abgefragt werden Kontaktdaten, Angaben zum Alter und Geschlecht, zur äußeren Erscheinung sowie Bewerbungsfotos. Zusätzlich können weitere Angaben zu Qualifikationen (Schulbildung, Fremdsprachenkenntnisse, Erfahrungen, Referenzen) und spezifische Angaben zur äußeren Erscheinung verlangt werden. Dazu zählen neben der Konfektionsgröße vor allem Körpergröße und Körpermaße (von der Schuh- bis zur Körbchengröße). Bei einem Hostessenjobanbieter ist es auch möglich, bei der Kategorisierung der Haarfarbe zwischen vier verschiedenen Rottönen und jeweils drei verschiedenen Nuancen von blond und brünett, sowie schwarz und „keiner“ (?) Haarfarbe zu wählen (vgl. Messehostessen Online, o.J.). Auf den Sedcards einiger Agenturen kann zusätzlich die Länge der Haare und die Haarstruktur angegeben werden. Hostessen werden oft auch nach ihrem ‚ethnischen‘ Erscheinungsbild klassifiziert. So wird auf der eben erwähnten Jobplattform unter dem Unterpunkt „Typ“ zwischen neun verschiedenen Phänotypen unterschieden: „nordeuropäisch, südeuropäisch, osteuropäisch, asiatisch, indisch, orientalisch, nordamerikanisch, lateinamerikanisch, afrikanisch“. Ähnlich wird auf einer der größten Jobvermittlungsseiten für Hostessen unter dem Punkt „Profil und Erscheinungsbild“ verfahren. Hier kann zwischen sechs verschiedenen Hauttypen gewählt werden: „afrikanisch/afroamerikanisch, indisch/asiatisch, kaukasisch/europäisch, lateinamerikanisch/indianisch, mediterran/orientalisch und nordisch/nordeuropäisch“ (Promotionsbasis Online, o.J.). Die Selbstkategorisierung des Erscheinungsbildes in verschiedene ‚Typen‘ spielt nicht nur eine

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Rolle für die Sedcarderstellung, sondern kann auch bei der Jobvermittlung durch Agenturmitarbeiter*innen und Kund*innen in Form der Zuschreibung zu einem ‚Typen‘ erfolgen. Wie mir eine Agenturmitarbeiterin mitteilte, kann das Anforderungsprofil der Kund*innen neben den objektiv messbaren Werten durchaus eine „bestimmte Typisierung“ (Agenturmitarbeiterin A) enthalten. Diese optische Differenzierung ist eine gängige Praxis von Hostessenagenturen, um Bewerberinnen zusätzlich zu kategorisieren. „[...] das kann sein, wenn die gerade eine Kampagne haben, z.B. suchen die eher einen nordischen Typen, dann suchen wir auch danach aus. Da muss dann nicht drin stehen Gewicht 54kg, ab 170 groß.“ (Agenturmitarbeiterin V) „Manchmal suchen die einfach einen bestimmten Typ, also ich sag jetzt mal, einen südländischen Typ, mit langen Haaren, dunklem Teint und super Ausstrahlung.“ (Agenturmitarbeiterin A)

Nicht der Nachweis über Ausbildung, Fremdsprachen- oder Servicekenntnisse stellt also den am stärksten ausdifferenzierten Bereich der meisten Sedcards dar, sondern Angaben zum äußeren Erscheinungsbild. Auf die Frage, welches Bildungsniveau eine Hostess für die Jobvermittlung benötigt, antwortete mir ein Agenturmitarbeiter, dass die Bewerberinnen weder Abitur brauchen noch studiert haben müssen, dass vielmehr wichtig sei, dass sich die Hostess „gut verkaufen“ (Agenturmitarbeiter T) kann. Falls dies der Fall ist, sei Bildung ganz egal. Ähnlich sieht es auch ein Hostessenjobportal, das die Signifikanz der Bildauswahl für die Jobvermittlung hervorhebt: „Eine besonders wichtige Rolle spielen die Bilder in Deiner Sedcard. Oft entscheidet der erste Blick eines potentiellen Auftraggebers auf Deine Fotos darüber, ob Sympathie vorhanden ist und Du für den Job geeignet scheinst.“ (Promotionforum Online, 2014)

Die Bedeutsamkeit der Optik der Bewerberin zeigen auch die Anforderungen an Sedcardbilder. In der Regel sollen hier „professionelle und aussagekräftige Porträt- und Ganzkörperfotos“ (Agenturmitarbeiter J) gewählt werden. Das Porträtfoto zeigt – ähnlich einem Passbild oder Bewerbungsfoto – den Körpersauschnitt halsaufwärts. Wichtig ist für die Bewerberin, auf dem Foto eine sympathische, ansprechende Mimik zu vermitteln. Für das Ganzkörperfoto ist es erforderlich, körperlich attraktiv zu wirken und den Körper vorteilhaft ins Licht zu rücken. Dies soll in der Regel in stehender Position geschehen. Styling und Outfit für diese Fotoart werden oft von der Agentur vorgegeben. Meist soll die Bewerberin hierfür entweder Businesskleidung, wie Kostüm oder Hosenanzug, oder schlich-

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te Abendgarderobe tragen. Das Make-Up soll tendenziell eher dezent sein, die Haare „klassisch frisiert“ (Agentur M). Theoretisch erreicht werden soll also eine möglichst „natürliche und seriös wirkende“ (Agenturmitarbeiterin H) Abbildung der Bewerberin. Ein Versuch der ‚natürlichen Wirkung‘ der Bewerberin noch näher zu kommen, ist die inzwischen von vielen Agenturen immer häufiger geforderte Fotografie in der Halbnahen.5 Der entsprechende Bildausschnitt zeigt die Person von Hüfte bis Kopf und entspricht eher unserer natürlichen Sehsituation als das reine Portraitfoto. Die zweite, meist ergänzende Möglichkeit, sich als Bewerberin auf Sedcardfotos zu präsentieren, ist, sich im Stil der Fotomodelle in Werbung oder Modemagazinen abbilden zu lassen. Bei dieser offensichtlich inszenierten Fotoart sind den Darstellungsoptionen kaum Grenzen gesetzt. Im Fokus steht nicht das natürliche Wirken des Fotoobjekts, sondern dessen Verwandlungspotential. Wichtig ist bei allen Sedcardfotos den normativen gesellschaftlichen Vorgaben für Schönheit möglichst umfänglich zu entsprechen. Die Fotos sollten dabei jedoch auf keinen Fall wie Schnappschüsse wirken. Falls es keine expliziten Angaben zur Sedcardbildauswahl gibt, orientieren sich die Bewerberinnen an den durch Castingshows beeinflussten medial verbreiteten Fotopraxen. Viele Bewerberinnen haben schon vor dem ersten Erstellen ihrer Sedcard genaue Vorstellungen davon, wie diese auszusehen hat und wie auf diesen Fotos zu posieren ist. Aufgrund der vielen Erfahrungen mit selbstgeschossenen Bildern in sozialen Netzwerken sind mediale Aufnahme und Präsentation des eigenen Körpers alltäglich geworden. Die auf solchen Bildern demonstrierten stereotyp gegenderten Posen entsprechen häufig bereits den geforderten Darstellungspraxen für Sedcardbilder. „Man weiß ja wie das geht, man post ein bisschen. Das Wichtigste ist, dass man auf den Bildern schön aussieht und natürlich auch sexy“ (Hostess I, 24). Auch wenn auf vielen Agenturwebseiten explizit gesagt wird, dass für eine Jobvermittlung keine professionellen Fotos nötig seien,6 sind diese doch meist erwünscht. So antwortete ein Agenturmitarbeiter auf die Frage welche Fotos für die Sedcard geeignet sind „Natürlich sind die Chancen ausgewählt zu werden mit professionellen Bildern besser“ (Agenturmitarbeiter L). Ein anderer Agenturmitarbeiter betonte im Interview, dass er professionelle Bilder auf jeden Fall privat gemachten Fotos vorzieht und Hostessen mit erstgenannten Fotos in der Regel auch besser zu vermitteln sind. Dennoch birgt die professionelle Fotopra-

5

Diese Bildeinstellung wird oft auch als amerikanisches Portrait bezeichnet.

6

Vgl. z.B. Internetseiten wie https://www.instaff.jobs/hostess-jobs/messehostess-bilder [01.12.2014].

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xis auch unerwünschte Nebeneffekte. Insbesondere intensiv bearbeitete Bilder haben mit der abgebildeten Person oft nur noch wenig gemein. Aufgrund der fehlenden Authentizität dieser Bilder haben einige Agenturen angefangen zusätzlich selbst Fotos von den Bewerberinnen zu machen. „Wir haben wirklich oft das Thema, dass wir Bilder bekommen die professionell gemacht worden sind, wo quasi ein Visagist am Werk war und wo ein Friseur am Werk war. Das sind dann wunderschöne Bilder, aber die zeigen oft nicht den Typen dahinter, und da sind so Schnappschüsse in Anführungszeichen auch oft authentischer.“ (Agenturmitarbeiterin A)

Dieses Vorgehen hat zwei Vorteile, erstens können die Mitarbeiter*innen durch die von ihnen angefertigten Fotos einen Bezug zu den Bewerberinnen herstellen, zweitens erlauben diese Bilder – gerade, weil sie nicht perfekt inszeniert und nachbearbeitet sind – einen tendenziell unverstellten Blick auf das Aussehen der Bewerberin. Professionell gestaltete Sedcards spielen nicht nur eine große Rolle im Agentur-Diskurs, sondern erzeugen Wirkungen über den Bewerbungsprozess hinaus. Viele beschreiben eine durch gesellschaftliche Strömungen bedingte positiv besetzte Identifikation mit der Sedcard. Fast alle Hostessen, mit denen ich gesprochen habe, hatten die Fotos für ihre Sedcards in einem Fotostudio machen lassen. Hierfür gibt es neben den mehr oder weniger explizit kommunizierten Wünschen der Agenturen noch einen weiteren Grund: Das professionelle Shooting, also das Machen und Haben professioneller Fotos impliziert eine ModelErfahrung, welche – gewiss vom Boom diverser Castingformate7 beeinflusst – von meinen Gesprächspartnerinnen stets als sehr positiv bewertet wurde. Das Machen der professionellen Bilder wird schon vor der eigentlichen Arbeit als Hostess als prestigesteigernd geschildert: „Fast alle der Mädchen, die hier [auf dem Messestand, T. Kubes] arbeiten, sind auch Model und haben Sedcarderfahrung“ (Hostess A, 22). Das Haben von schön definierten Bildern geht über das Festhalten der Zeit im Bild hinaus, steigert das Selbstwertgefühl und kann mit Bourdieu als symbolisches Kapital (Bourdieu 1993: 205-221) angesehen werden. Während jedoch die Professionalität des Fotoshootings einen wichtigen Referenzpunkt darstellt, tritt die digitale Nachbearbeitung der Bilder für die Abgebildeten oft in den Hintergrund. Das fertige Bild wird nicht als Kunstobjekt angesehen, sondern als realitätsnahes Identifikationsmedium genutzt. Nicht selten werden dabei inszenierte Fiktion im Bild und außerbildliche Wirklichkeit

7

U.a. die Fernsehshow Germany’s Next Topmodel.

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gleichgesetzt und jeglicher Konstruktionscharakter der Darstellung ausgeblendet und den Bildern ein starker Wahrheitscharakter zugeschrieben.8 Das positiv konnotierte Image von Fotomodellen machen sich auch viele Agenturen zu Nutze, indem bei Jobausschreibungen entweder von Modelhostessen gesprochen oder der Begriff Hostess gleich ganz durch den Begriff Model ersetzt wird. So heißt es etwa in Ausschreibungen jüngerer Zeit häufig: „Bildhübsche Models/Messehostessen für namhaften Automobilhersteller gesucht“.9 Auch wird mit Slogans wie „Become a model“ (Instyle-Models, o.J.) für das Registrieren auf der Agenturwebsite und das Anlegen einer Sedcard geworben. Sobald die Sedcard erstellt ist und die Bilder von der Agentur für gut befunden wurden, werden entweder Jobanfragen an die Bewerberin gesendet oder diese bewirbt sich nach einer Freischaltung der Agentur oder Jobvermittlungsseite selbst auf angebotene Messejobs. Falls nach diesem ersten Schritt weiterhin Interesse an einer Zusammenarbeit besteht, wird den Auftraggeber*innen die Sedcard der Bewerberin zugeschickt. Diese wählen wiederum diejenigen Hostessen aus, welche ihren Anforderungen am besten zu genügen scheinen. Die entsprechenden Bewerberinnen werden dann von der Agentur zu einem Casting eingeladen, bei dem die benötigte Anzahl an Hostessen ausgewählt wird. Solche Castings sind vor allem im Zeitalter von Photoshop und Bildretusche für die Agenturen und die Automobilkonzerne von erheblicher Bedeutung. Denn erst hier können sie sich tatsächlich von der Eignung der Bewerberinnen für die ausgeschriebene Tätigkeit überzeugen. Im Gegensatz zu Fotomodellen, die sich als Fotoobjekt in Echtzeit nur wenigen Menschen am Set für sehr kurze Zeit präsentieren müssen und dabei letztlich nur das Rohmaterial für Bilder darstellen, die im Zuge diverser Nachbearbeitungen am Computer fertiggestellt werden, müssen Hostessen über viele Stunden hinweg für eine große Menschenmenge ununterbrochen attraktiv wirken. Hier offenbart sich ein Dilemma. Es scheint, als verwendeten inzwischen fast alle Bewerberinnen digital optimierte Bilder für ihre Sedcards. Mitunter gehen die Eingriffe dabei so weit, dass allenfalls noch eine geringe Ähnlichkeit zwischen Foto und zugehöriger Person festzustellen ist. Wenn zur Attraktivitätserhöhung vorsätzlich eine bestimmte Wirklichkeit auf Bildern vorgetäuscht wird, kann laut Holzwarth im Gegensatz zur bloßen Bildgestaltung von Bildmanipula-

8

Über das problematische Verhältnis von Bild und Wirklichkeit wird seit Beginn der bildwiedergebenden und -verarbeitenden Techniken diskutiert (vgl. Benjamin 1963, Barthes 1989, McLuhan 1996).

9

Der Ausschreibungstext ist leicht variiert viele Male auf der Internetseite Promotionsbasis.de zu finden.

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tion gesprochen werden (vgl. Holzwarth 2012: 7). Da jedoch alle Betrachtenden der Sedcards um die Möglichkeiten von digitalen Bildbearbeitungsprogrammen wissen und diese von professionellen Fotograf*innen routinemäßig angewendet werden, würde ich hier letztlich nicht von Bildmanipulation sprechen, sondern eher von einer üblichen Praxis, welche der Logik von Sedcards inhärent ist und sie erst zu dem macht, was sie sind. Auch wenn den Fotos der Sedcards dadurch ein geringerer Wirklichkeitsgehalt zugesprochen wird, als wir es beispielsweise im Falle der Pressefotografie zu tun gewohnt sind, bleibt ihnen doch eine spezifische Form der Referenz auf das abgebildete Objekt eingeschrieben.10 Sedcardbilder, vor allem jene die im Stil moderner Werbefotografien aufgenommen sind, suggerieren ganz offensichtlich absichtlich fiktiv konstruierte Wirklichkeiten. In der statischen Fotowirklichkeit der Sedcardbilder gefriert der inszenierte Augenblick der Momentaufnahme und vereint diesen mit der medialen Bildnachbearbeitung zu einem real möglichen Bildprodukt. Erschaffene und inszenierte Fiktion werden fassbar gemacht und in der Sedcard materialisiert und bestätigt. Oft kommt es deshalb gar nicht so sehr auf eine Authentizität der Darstellung an, sondern auf das der Sedcard inhärente Inszenierungspotential und ästhetische Stilempfinden der Bewerberin.11 Sedcards erfüllen also mehrere Zwecke gleichzeitig. Retuschierte Bilder verhelfen nicht nur den Jobanwärterinnen zu subjektiv empfundenem Prestige und zu mehr Aufträgen, auch die Agenturen erhalten durch die Weitergabe der durchwegs ‚schön‘ manipulierten Bilder eine ‚professionelle‘ Reputation bei ihren Auftraggeber*innen. Da die Automobilkonzerne im Fall von Messehostessen nicht das fertig produzierte Foto auf der Sedcard an die Kund*innen vermitteln wollen, sondern diese auch jenseits ihres fotografischen Abbildes ‚schön wirken‘ sollen, führen alle Fahrzeugkonzerne Castings zur Messestandbesetzung durch. Die Agenturmitarbeiter*innen verschaffen sich über die Sedcards eine erste vage Vorstellung davon, wie Bewerberinnen aussehen, welche ästhetischen Vorstellungen diese haben und ob sie das gewisse ‚optische Potential‘ besitzen, das für die ausgeschriebene Position erwünscht ist. Zumindest eine ‚informierte Vorauswahl‘ lässt sich auf dieser Basis gut treffen. Die endgültige Auswahl, so-

10 Auch für die Pressefotografie gilt allerdings spätestens seit Barthes (1980), dass sie eine Botschaft ist und bestimmten Codes folgt. 11 Eine der von mir erforschten Hostessenagenturen verwendet Polaroidfotos, die zusätzlich zu den Setcards firmenintern genutzt und während der Castings gemacht werden. Eine andere Agentur bietet den Service an, die in der Kartei aufgenommenen Hostessen selbst in ähnlichem Fotostil zu fotografieren. Selbstverständlich kommt auch diese Variante nicht ohne Bildbearbeitungsprogramme aus.

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wohl für die Aufnahme in die Hostessenkartei als auch für den Job auf einer Automobilmesse, wird jedoch erst nach persönlicher Vorstellung in einem Castinggespräch oder einer Castingrunde getroffen.12

SICH LIVE IN SZENE SETZEN: DAS CASTING „Casting jagte Casting. 800 Bewerber (sic!) wurden gesichtet. Sogar eine Wiener Studentin ist dabei. ‚Zur IAA wollen alle‘ [...]. Im Schnitt sind die Bewerber 18-30 Jahre, das Gros studiert, 150-200 Euro Tagesverdienst locken.“ Schulenberg, 2013, Bild Online

Für Agenturen gibt es zwei Motive, um Castings zu veranstalten. Erstens, die Agentur möchte neue Hostessen für ihre Kartei generieren. Um in die Kartei aufgenommen zu werden, müssen die Bewerberinnen in der Regel an einem Casting teilnehmen. Zweitens, die Agentur sucht für ein bestimmtes Projekt geeignete Hostessen. Hierzu werden sowohl Hostessen aus dem Pool der Agentur als auch neue Bewerberinnen eingeladen. Auch wenn die konkrete Castingpraxis je nach Agentur und Automobilkonzern leicht unterschiedlich ausfällt, gibt es dennoch zahlreiche Parallelen, die in praktisch allen Fällen zu beobachten sind. Castings finden entweder in den Räumen der Agentur, in einem Hotel oder in extra angemieteten Räumlichkeiten statt. Für große Veranstaltungen wie Automobilmessen gibt es meist etliche Castingtermine, die über mehrere Tage verteilt sind. Bei den Castings anwesend sind neben den verantwortlichen Agenturmitarbeiter*innen die jeweiligen Projektleiter*innen der Automobilkonzerne sowie in manchen Fällen auch die später eingesetzten Trainer*innen für die Produktschulung. Abhängig von der Anzahl der eingeladenen Bewerberinnen werden entweder Gruppencastings oder einzelne Vorstellungsgespräche abgehalten. Bei Einzelgesprächen wird wie bei einem gewöhnlichen Bewerbungsgespräch verfahren. Bei Gruppencastings müssen die Bewerberinnen mehrere Runden durchlaufen, in denen sie über ihre Erfahrung mit Automobilevents berichten und eventuell auch ihr schauspielerisches Talent oder ihre Sprachkenntnisse demonstrieren können. Insbesondere zwei Fragen werden bei beiden Castingarten in unterschiedlichem Wortlaut stets gestellt: „Was genau macht Ihrer Ansicht

12 Laut Auskunft mehrerer Agenturen gibt es pro Jobausschreibung i.d.R. immer über 1000 Online-Erstbewerbungen für die Hostessen-Messejobs.

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nach eine perfekte Hostess aus?“, und „Warum passen genau Sie zu unserer Marke?“. Zu den meisten Castings werden Bewerberinnen aus dem ganzen Bundesgebiet eingeladen. Die Teilnahme sowie die anfallenden Fahrtkosten werden in der Regel nicht vergütet. Um die Kosten möglichst gering zu halten, werden deshalb von den Teilnehmerinnen meist Fahrgemeinschaften gebildet, um zu den Castingorten zu gelangen.13 Für die eigenständige Organisation solcher Fahrgemeinschaften werden durch die Agenturen in der Regel die Adressen der Teilnehmerinnen an alle Bewerberinnen einer bestimmten Region weitergeben. Im Folgenden möchte ich ein konkretes Casting beschreiben, an dem ich selbst teilgenommen habe. Das Casting wird in den Räumlichkeiten der Agentur abgehalten. Insgesamt erstreckt sich das Casting über drei Tage mit jeweils drei Terminen zur Auswahl. Die einzelnen Auswahlrunden dauern jeweils etwa zwei bis drei Stunden und werden mit Gruppen von 20 Bewerberinnen abgehalten. Da sich die Agentur mehrere 100 Kilometer von meinem Wohnort entfernt befindet und für das Casting keine Fahrtkosten übernommen werden, entscheide ich mich dafür, mich einer Fahrgemeinschaft anzuschließen. Nach einer langen, aber stressfreien und unterhaltsamen Autofahrt treffe ich mit meinen Mitbewerberinnen in der Agentur ein. Wir haben eine halbe Stunde Puffer eingeplant, um uns zurechtzumachen. Ich selbst habe, wie die meisten anderen Teilnehmerinnen auch, Schminke und diverse Stylingprodukte sowie mein Casting-Outfit dabei. Dieses besteht aus einem schwarzen Kostüm, weißer Chiffonbluse, hohen Pumps und einer Feinstrumpfhose. Die Information, dass wir geschminkt und gestylt im „seriösen, formellen“ Outfit erscheinen sollen, haben wir vorab von der Agentur bekommen. Die meisten Teilnehmerinnen halten sich auch an diese Vorgabe. Mein erster Weg nach dem Einchecken, das heißt, nach dem Begrüßen, dem Registrieren bei einer Agenturmitarbeiterin und dem Aushändigen eines Namenschildes, geht direkt zur Toilette. Diese ist voll besetzt. Wie sich später heraus-

13 Ich habe an etlichen Castings in ganz Deutschland teilgenommen. Bei Castings, für die sich keine Fahrgemeinschaft ergeben hatte, wurde mir auch einige Male angeboten die Fahrtkosten im Fall einer Zusage zu erstatten. Da es vor dem Casting jedoch keinen Vertrag gab und ich in dieser Forschungsphase nicht mehr als Hostess arbeiten wollte, habe ich an solchen Castings allerdings nicht teilgenommen und kann daher nicht sagen, ob die Kosten tatsächlich erstattet worden wären. Im Fall einer Ablehnung beim Casting hätte das finanzielle Risiko in jedem Fall bei mir als Bewerberin gelegen.

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stellt, sind viele der Teilnehmerinnen aus anderen Bundesländern angereist. Der Großteil der jungen Frauen tummelt und drängt sich hektisch um den einzigen Spiegel und versucht, sich den letzten Schliff zu verpassen. Gesprochen wird wild durcheinander, meist über Stylingprodukte und Erfahrungen bei Castings. Schminkutensilien liegen überall herum – sowohl am Boden als auch auf der Waschbeckenablage. Sie werden untereinander ausgetauscht, Haare werden drapiert und mit Spray fixiert, Blusen und Röcke zurechtgezupft. All dies, obwohl alle eigentlich schon perfekt gestylt aussehen. Der kleine Raum ist erfüllt von einem Gemisch aus Haarsprays und Parfums. Für mich eine Tortur. Ich hasse Haarspray und zu intensiven Parfumduft. Eine enorme Spannung liegt in der Luft. Nachdem ich in der Ecke des Raumes meine Kleidung getauscht und mich langsam aber stetig immer weiter Richtung Waschtisch geschoben habe, kann ich einen Platz am Spiegel ergattern und versuche mich ‚aufzufrischen‘. Meine Haare style ich wegen ihrer widerspenstigen Struktur nicht wie die meisten anderen offen, sondern indem ich sie zu einem geflochtenen Zopf binde. Als das nicht zufriedenstellend gelingt, wird mir ungefragt ein Haarspray angeboten. Ich sehe mir ungläubig im Spiegel dabei zu, wie ich das Spray über meine Frisur sprühe und versuche, die abstehenden Haare mit den Fingern glatt zu streichen. Ich trage erneut Puder und rosafarbenen Lippenstift auf und schminke meine Augen nach. Das Ganze geschieht wie automatisch. Eine unbekannte Frau neben mir nimmt ungefragt meinen Lippenstift, bemalt ihre Lippen. „Danke, der sieht schön aus, meiner ist zu dunkel“. Ich nicke und wundere mich zugleich, dass man freiwillig einen fremden Lippenstift benützt. Inzwischen bin ich ziemlich aufgeregt. Ich blicke um mich und kann es für einen kurzen Augenblick nicht fassen, es scheint wie eine Selbstverständlichkeit, was wir alle für einen unglaublichen Aufwand für die Teilnahme am Casting betreiben. Ich kann mich dem angespannten Klima nicht entziehen und lenke meine ganze Aufmerksamkeit auf meine äußere Hülle. Ich fiebere tatsächlich dem Beginn des Castings entgegen. Ich will ausgewählt werden!14

14 Um eine totale Teilnahme im Feld durchführen zu können, musste ich natürlich dieselben Gatekeeper passieren wie meine Kolleginnen. Beim Casting ausgewählt zu werden war unumgänglich, um als Hostess unter Hostessen arbeiten zu können. An dieser Stelle wird noch einmal der Unterschied zu üblicher soziologischer und ethnologischer Forschung deutlich, da man als Forschende*r in der Regel nicht genau dieselben Stadien durchlaufen und dieselben Voraussetzungen wie die Beforschten mitbringen muss, um überhaupt über sie forschen zu können. Falls die hierfür geforderten (v.a. körperlichen) Ressourcen bei mir nicht vorhanden gewesen wären und falls ich auch nach mehreren Versuchen bei Castings nicht ausgewählt worden wäre, wäre die

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Als das Casting startet, betreten 20 Frauen den Raum und setzen sich in einen Stuhlkreis. Die Platzwahl ist frei. Am Kopfende sitzt die Jury. Drei Männer, zwei Frauen. Agenturmitarbeiter*innen, und Vertreter*innen des Automobilkonzerns. Ich blicke in die Runde und sehe, dass alle Anwärterinnen sehr gut aussehen. Sie alle sind über 170cm groß, haben lange Haare und sind geschätzt zwischen 20 und maximal 35 Jahre alt. Keine der Anwesenden trägt mehr als Konfektionsgröße 36. Wir beginnen mit einer Vorstellungsrunde. Nachdem sich die Mitarbeiter*innen der Agentur und des Automobilkonzerns kurz vorgestellt haben, sind die Bewerberinnen an der Reihe. Wir sollen uns dafür in die Mitte des Kreises platzieren und über unsere Erfahrungen mit Automobilmessen berichten. Die Jurymitglieder mustern währenddessen Erscheinungsbild und Auftreten der Kandidatinnen, blättern in Sedcards und bewerten unterschiedliche Aspekte des Auftritts mit Schulnoten.15 Neben Auftritt und Aussehen spielen hier Messeerfahrungen eine große Rolle. Erfahrung bei prestigeträchtigen Marken und VIPEvents zählt dabei am meisten. Nach der Vorstellungsrunde werden diverse Gruppenaufgaben gestellt. Hierzu gehört eine Partnerinnenvorstellung, möglichst in englischer Sprache, sowie die Beantwortung der Frage, wieso man die ideale Hostess ist und wie man sich selbst mit der Marke identifiziert. Wir bekommen die Aufgabe, eine messerelevante Situation mit einem Automobil nachzuspielen und sollen diese mit der Stuhlnachbarin vorbereiten. Meine Partnerin nervt mich. Sie meint es ist wichtiger, ihre hellblonden hüftlangen Harre zu kämmen, als sich mit mir auf die Vorstellungsrunde vorzubereiten. Im Nachhinein wird sie Recht behalten. Wir werden beide ausgewählt werden, obwohl unsere Vorstellung meiner Meinung nach miserabel ablief. Die Antworten der anderen Bewerberinnen nehmen mitunter auch bizarre Formen an. Fast die Hälfte der Anwesenden gibt plötzlich an, ein

Durchführung der Methode nicht möglich gewesen. Ich hatte wohl neben den geforderten Voraussetzungen auch eine Portion Glück, dass ich von der Castingjury nicht ‚aussortiert‘ wurde. Jenseits des für mich notwendigen wissenschaftlichen Zugangs zum Feld hatte ich jedoch bereits in dieser Phase meiner Untersuchung eine so starke Identifizierung mit dem Forschungsgegenstand erreicht, dass ich zweifellos auch den Wunsch hatte auf der Messe als Hostess dabei sein ‚zu dürfen‘. 15 Hier geht es um die Präsentation des Körpers vor anderen, rhetorische Fähigkeiten sowie um Selbstbewusstsein und Selbstüberzeugung. Dies habe ich später bei einem Gespräch mit einem Jurymitglied erfahren.

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Auto der castenden Marke oder des Automobilkonzerns16 zu fahren oder wenigstens schon mal gefahren zu haben.17 Wenige Monate später, während der Messe, wird sich die Zahl der stolzen Fahrzeugbesitzerinnen auf eins reduziert haben. Es folgt eine Gruppendiskussion zu einem gerade aktuellen Thema. Das ganze Prozedere geht knapp drei Stunden, in denen wir uns immer wieder vor der Gruppe präsentieren müssen. Feedback von der Jury erhalten wir nicht. Die Zu- oder Absage werden wir erst einige Tage nach dem Casting telefonisch von der Agentur bekommen. Erschöpft und euphorisch zugleich steigen wir nach Castingende wieder ins Auto und nehmen die mehrstündige Rückfahrt auf uns. Wir spekulieren, wer ausgewählt werden wird, und versichern uns gegenseitig, dass wir uns gewiss alle dann auf der Messe wiedersehen. Obwohl wir alle wissen, dass nur eine begrenzte Zahl der Teilnehmerinnen eine Zusage bekommen wird, entsteht kein Konkurrenzgebaren. Als wir endlich am Wohnort ankommen, teilen wir die Fahrtkosten auf und verabschieden uns. Nur zwei der fünf Mitfahrerinnen werde ich einige Wochen später bei der Produktschulung wieder treffen. Von außen betrachtet, wirkt ein solches Casting überzogen und aufgesetzt. Der Aufwand seitens der Automobilkonzerne wird nicht nur betrieben, um die für den Messeauftritt am besten geeigneten Hostessen auszuwählen, sondern auch, um von Beginn an eine exklusive Atmosphäre zu erzeugen und die Identifikation der Bewerberinnen mit der Marke zu steigern: „Wenn ich ausgewählt werde, wäre das schon echt toll“ (Castingteilnehmerin J, 24). Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass Castings nicht nur zur Generierung eines spezifischen Hostessenpools abgehalten werden, sondern auch um die Besonderheit des Events hervorzuheben. Wie eine andere Castingteilnehmerin es ausdrückte: „Das wäre schon was ganz Besonderes bei so einem Event zu arbeiten. Da habe ich kein Problem mit, wenn ich mal fünf Stunden zu so einem Casting fahren muss, wenn ich dann auch genommen werde“ (Castingteilnehmerin A, 26). Nachdem es schon im Ausschreibungstext hieß: „Job mit nobler britischer Etikette! IAA: Luxusklasse stellt aus! Jetzt sofort bewerben! Komm ins Team

16 Zu einem Automobilkonzern können unterschiedliche Automobilmarken gehören (z.B. BMW Group: BMW, MINI und Rolls Royce). 17 Eine ähnliche Erfahrung beschreibt der SZ Journalist Thomas Fromm, der bei einer Recherche für einen Artikel über IAA Hostessen bei einem Casting in Frankfurt diese auffällig oft von wunderbaren Fahrten mit dem eigenen Cabriolet erzählen hörte (vgl. Fromm 2013).

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der Oberklasse!“,18 wird den Bewerberinnen auch während des Castings vermittelt, dass nur die Besten und Schönsten, eben die „Ober- bzw. Luxusklasse“,19 dabei seien. In dieser Phase des Hostesswerdens geht es vordergründig nicht um den Verdienst und die Arbeitskonditionen, sondern um das Privileg, für die jeweilige prestigeträchtige Marke arbeiten zu dürfen.20 Ganz offensichtlich wird hier erfolgreich der Versuch unternommen, das Prestige der Marke auf das Selbstwertgefühl ihrer Repräsentantinnen zu übertragen. Sobald die Kandidatin aus der Menge der Bewerberinnen ausgewählt wurde, wird sie nicht nur durch die Selektion selbst aufgewertet, sondern erfährt zusätzlich den Beginn der Prestigeübertragung der Marke auf sich selbst. Der Verdienst wird relativiert, die in Aussicht stehende Teilnahme überhöht. Einer rein ökonomischen Logik folgend macht das wenig Sinn. Das fehlende ökonomische wird jedoch durch ein gesteigertes (echtes oder vermeintliches) symbolischen Kapital im Sinne von Prestige (Bourdieu 1993) kompensiert. „Hier geht es ja nicht nur um Geld, sondern es ist doch auch wirklich schön, für so eine tolle Marke zu arbeiten und dabei sein zu dürfen“ (Castingteilnehmerin K, 25).

AUSWAHLKRITERIEN DER AUTOMOBILKONZERNE „Die sexy Damenwahl ist bei Fiat Chefsache! Vor zwei Jahren schritt Boss Sergio Marchionne persönlich durch die Halle, schaute, ob alle sexy genug sind. Dieses Jahr prüfte er – so erzählen Insider – von Italien aus die Bewerbungen.“ Schlagenhaufer und Schulenberg, 2013, Bild Online

Die Vorauswahl, welche Jobbewerberinnen überhaupt zum Casting eingeladen werden, trifft nach Abgleich mit den Wünschen und Anforderungen der Auf-

18 Anzeige auf Promotionsbasis, 22.05.2013. 19 Anzeige auf Promotionsbasis am 08.05.2013, Nr. 556076. 20 Selbst eine Stellenanzeige für Reinigungskräfte wirbt mit dem „glamourösen Dabeisein“ wie folgende Jobausschreibung zeigt. „Be part of our show shine service team at the most exclusive car show in the world“; www.promotionsbasis.de Nr. 686977 [26.01.2015].

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traggeberin die Hostessenagentur meist selbst.21 Die endgültige Auswahl während des Castings, sowie die Zuteilung der Arbeitsposition, bleibt jedoch nach Absprache mit der Agentur, den Projektbeauftragten des Fahrzeugherstellers überlassen. Oft geschieht die Zuteilung der Hostessenart (Servicehostess, Produktberaterin, Produktpräsentation usw.) schon im Verlauf dieses Entscheidungsprozesses. Anderenfalls erfolgt sie während der Schulungstage. „Wir haben erst mal das Casting, wo wir den ersten Eindruck gewinnen. Da werden wir so eine grobe Zuordnung vornehmen. Dann haben wir die Schulung. Und in den ersten zwei Tagen haben wir dann herausgehört wer so ein bisschen sportlich innovativ unterwegs ist und wer doch eher das Thema Nachhaltigkeit für sich als Lebensziel entdeckt hat. Also wir achten da schon ein bisschen auf die Charaktere der Hosts und Hostessen und machen dann eine finale Einteilung“ (Projektleiter V).

Bei Interviews mit Standmanager*innen, Projektleiter*innen, Marketingverantwortlichen und Pressesprecher*innen stellte ich immer die Frage, nach welchen Kriterien die Hostessen ausgewählt wurden. Zwei Auswahlfaktoren wurden, wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung, bei fast allen Antworten genannt: äußere Erscheinung und Intelligenz. Die vier folgenden Antworten von Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Automobilmarken sind in ihrem Sinngehalt sehr ähnlich. „Es gibt ja Viele, die sagen, die Auswahl erfolgt nach dem Aussehen, wir wollen wirklich auch eine gute Beratung dahinter haben, [...] wir wollen ein bestimmtes Auftreten. Wir wollen Kompetenz rüberbringen durch die Hostessen.“ (Projektleiter H) „Natürlich nach dem optischen Erscheinungsbild. Dann ist es für uns aber auch ganz wichtig, dass die Damen auch mitdenken und entsprechend auch über das Fahrzeug informiert sind. Die kriegen dann auch alle eine Schulung. [...] Die werden von uns natürlich bestimmte Fragen gefragt um herauszufinden, wie gut sie zur Marke passen und ob sie eine Affinität zur Automobilbranche haben.“ (Standmanager J) „Ja, schon die Optik. Sie soll immer ansprechend sein. Wir sagen aber nicht, wir nehmen nur Damen in Kleidergröße 34 oder 36. Wir sagen auch: Köpfchen müssen sie haben.“ (Marketingverantwortliche I) „Ja, also nach Freundlichkeit, nach Auftreten, nach Offenheit, nach Esprit. Ja klar, auch nach Aussehen, aber in erster Linie nach Freundlichkeit und nach Offenheit. Und nach

21 Dieses Vorgehen erfolgt häufig bei einer besonders großen Zahl von Castingteilnehmer*innen.

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Charakter, den man so auf den ersten Blick sieht. Ja, dieses offene Wesen brauchen wir eher, als wahnsinnig hübsche Leute. Aber natürlich ist auch Aussehen sehr wichtig.“ (Pressesprecherin K)

Die eben zitierten Projektbeauftragten betonen alle, dass neben dem Aussehen der Bewerberin auch deren Intelligenz und kommunikative Fähigkeiten ausschlaggebend für die Auswahl seien. Die Relativierung der Wichtigkeit der äußeren Erscheinung erfolgte bei den meisten Befragten ganz offensichtlich mit Bedacht. Auch wenn in vielen der Antworten die optischen Anforderungen durch andere Qualitäten zu ergänzen sind, wurde dennoch im weiteren Gespräch fast immer vor allem auf äußere Kriterien verwiesen und auf spezifische optische Ansprüche eingegangen. „Es gibt mehrere Kriterien. Es gibt natürlich ein Ideal an Körpergröße für Frauen und auch für Männer. Wir möchten schon gerne große Frauen, 170cm und aufwärts, bei Männern 180cm und größer. Und natürlich geht es auch um ihre persönlichen Einstellungen und ihrer Einstellung mit Leuten umzugehen. Das ist uns schon sehr wichtig, dass sie nicht nur hübsch sind, sondern auch fähig sind, unsere Produkte zu kennen und wiederzugeben und die Marke zu vertreten und nicht nur einfach dazustehen.“ (Projektmitarbeiter G)

Nur ein Projektleiter eines Automobilkonzerns betonte, ohne auf die geistigen Anforderungen von Hostessen zu sprechen zu kommen, ganz explizit die rein optischen Vorzüge der ausgewählten Hostessen. „Alle haben sie hier langes Haar, damit es wieder ein wunderschönes Erlebnis ist, zu uns zu kommen. Das macht Spaß!“ (Projektmanager V). Wie viele der Antworten vermuten lassen, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Interviewten von einem normierten Idealbild potentieller Kandidatinnen ausgehen. Da zu den Castings ausnahmslos Bewerberinnen eingeladen werden, die diesen normativen Vorstellungen entsprechen, erfolgt die Auswahl der Autokonzerne natürlich auch nur aus dem zur Verfügung gestellten Bewerberinnenpool. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in allen Interviewantworten immer wieder direkt oder indirekt auf die Bedeutung des Aussehens der Bewerberinnen eingegangen wurde. Nie wurde von älteren oder kleineren Frauen gesprochen, allenfalls wurde erwähnt, dass die Konfektionsgröße der Bewerberin nicht zwingend Modelmaßen entsprechen müsse. Vorwegnehmen kann ich hier schon, dass zwar nicht alle Hostessen Kleidergröße 32/34 besitzen, ich aber dennoch bei keiner der interviewten Automobilmarken Hostessen jenseits der normierten Idealvorstellung angetroffen habe. Ich habe an keinem einzigen Messestand Frauen über 40 Jahren oder Frauen mit größerer Konfektion als 38 als Hos-

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tess arbeiten gesehen.22 Trotz der häufig erwähnten Betonung von Intelligenz als Auswahlkriterium spielt diese also offenbar nur sekundär und in Kombination mit dem normativen Hostessenbild eine Rolle.

DAS AUSGEWÄHLTWERDEN „Wir sind also die Auserwählten, ungläubig blicke ich meine zukünftigen Kolleginnen an. Es heißt, über 1000 junge Frauen haben sich für den Job beworben, und wir wurden nach einer langwierigen Castingrunde ausgesucht. „Ihr dürft dabei sein!“, „Ihr seid ab jetzt Luxusklasse“, heißt es von der Agentur. Ich strahle und bin aufgeregt, wenn auch aus anderen Gründen als meine Kolleginnen. Schnell versuche ich wieder meinen Blick als Wissenschaftlerin abzulegen und mich ganz als zukünftige Hostess zu fühlen. Ich wurde also auserwählt – Wahnsinn! Auch, wenn ich es eigentlich nicht zugeben will - jenseits allen wissenschaftlichen Eifers schmeichelt mir die Nachricht. Ich fühle mich für ein paar Sekunden besonders und freue mich trotz meiner feministischen Einstellung auf das Hostessendasein. Die Tage vor Messebeginn versuche ich konsequent auf meine Figur und meinen Körper zu achten – mir ist bewusst, dass dieser tagelang im Rampenlicht stehen wird.“ (Hostessentagebuch T. Kubes) Der Prozess des Hostesswerdens bzw. das becoming hostess erstreckt sich über einen längeren Zeitraum und beinhaltet das aktive Handeln der Hostessenanwärterin. Hierzu zählen alle Tätigkeiten, welche die Voraussetzung dafür schaffen, Hostess werden zu können. In der Bewerbungsphase liegt die Handlungsmacht bei der Hostess. Sie bestimmt für welche Jobs sie sich bewirbt, zu welchen Castings sie geht und wie sie sich dort verhält. Lediglich die endgültige Entscheidung, ob die Jobanwärterin als Hostess arbeiten kann, wird nicht von ihr, sondern durch die Jury gefällt. Wie schon im Methodenkapitel beschrieben, werden Anwärterinnen erst durch den Akt des Ausgewählt-Werdens zu Hostessen. Sobald dies geschehen

22 Man mag einwenden, dass die durchschnittliche weibliche Normalbiographie ab einem bestimmten Alter wenig Platz für einen Messeeinsatz lässt. Viele Frauen über 30 Jahre stehen in einem geregelten Berufsverhältnis und haben kein Interesse, keine Möglichkeit und auch keine Zeit sich wegen eines Hostessenjobs für zwei Wochen frei zu nehmen. Dennoch trifft das Argument nur zum Teil zu. Wie eingangs erwähnt, sind beileibe nicht alle Hostessen Studentinnen, und nicht alle jungen Frauen entsprechen den normierten Vorgaben.

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ist, werden assoziative Bedeutungszuschreibungen (attraktiv, schön, sexy etc.) quasi von selbst auf die ausgewählten Frauen übertragen, was oft zu einer verstärkten Selbstidentifikation mit einem positiv besetzten Hostessenbild führt. Natürlich finden sich die Bewerberinnen auch schon vor der Teilnahme am Casting attraktiv. Eine Bewerbung würde im Normalfall ohne diese Selbstzuschreibung gar nicht erst erfolgen. Dennoch ist mir bei einem Vergleich der Antworten von Hostessenanwärterinnen und ausgewählten Hostessen aufgefallen, dass diese Zuschreibung deutlich stärker die Selbstbeschreibung und Identität determiniert, sobald das Auswahlprozedere erfolgreich durchlaufen und die Tätigkeit als Hostess aufgenommen wurde. Als ich Hostessen auf Automobilmessen die Frage stellte: „Wieso glauben Sie, dass Sie ausgewählt wurden?“, wurde diese viel häufiger mit dem Hinweis auf Attraktivität beantwortet als dies vor dem Casting der Fall war. Es ist offensichtlich, dass die meisten Hostessen das AusgewähltSein als externe und quasi ‚offizielle‘ Bestätigung ihrer Schönheit deuten. „Wieso ich ausgewählt wurde? Klar, schon wegen meinem Aussehen (lacht). Ja, bei uns hier am Stand, da sind schon alle sehr attraktiv. Das sehen Sie ja auch, dafür ist die Marke ja auch bekannt, da werden nur die Attraktivsten genommen.“ (Hostess K, 29)

Zum Spannungsaufbau in der Auswahlphase zählt, dass die Entscheidung, ob die Bewerberin dem positiv besetzten Idealbild einer Hostess entspricht, nicht sofort nach dem Casting verkündet wird. Das Ergebnis wird erst einige Tage später telefonisch mitgeteilt. Die positive Auswahl wird dabei von den Agenturmitarbeiter*innen in der Regel als etwas ganz Besonderes dargestellt. Folgende marktstrategisch eingesetzte Botschaft habe ich in unterschiedlichen Formulierungen von unterschiedlichen Agenturen zu hören bekommen: „Ich habe eine sehr gute Nachricht für Sie. Sie werden es nicht glauben, aber Sie wurden von über 1000 Bewerberinnen ausgewählt, die Marke X auf der Messe zu vertreten!“ (Agenturmitarbeiterin J). Und tatsächlich kann ich nicht leugnen, bei solchen Aussagen, trotz meines fokussierten wissenschaftlichen Interesses, jedes Mal wieder ein sehr starkes Gefühl der positiven Bestätigung und der Freude empfunden zu haben. Verständlich ist, dass das Ausgewähltwerden eine Erleichterung für die Bewerberin und eine Bekräftigung der Erfüllung der gesellschaftlichen Normen darstellt. Selbst wenn Bewerberinnen bei Gesprächen mit mir noch kurz vor der Juryauswahl dem Job kritisch gegenüberstanden, traten Zweifel daran nach einer Zusage zumeist in den Hintergrund. Unter Hostessen ist es Common Sense, dass nur ‚die Schönsten‘ auf Automobilmessen arbeiten dürfen. Automobilmessen sind sozusagen die Laufstege der Hostessen. Nicht nur die Medien spielen immer wieder auf den Laufstegcha-

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rakter von Automobilmessen an (vgl. Anonymus 6, 2015, Bild Online), auch das Messemarketing selbst wirbt mit diesem Image. So wurde z.B. das offizielle Werbeplakat des 76. Genfer Automobilsalons aus dem Jahre 2006 als Catwalk gestaltet (siehe folgende Abbildung). Entsprechend groß ist der Andrang der Bewerberinnen für diese Jobs und entsprechend hoch die Hoffnung, die Voraussetzungen zu erfüllen und für den Job genommen zu werden. Abbildung: Werbeplakat des 76. Genfer Automobilsalon aus dem Jahre 2006

Quelle: http://2014.salon-auto.ch /fr/100ansdaffiche [11.01.2015]

Alle erwähnten Etappen, um Hostess werden zu können, habe ich selbst während meiner Feldforschungsphase durchschritten und erlebt. Viele der Vorbereitungen hatten nicht nur Auswirkungen auf mein weiteres aktives Handeln, sondern auch auf mein leibliches Fühlen und auf meine Selbstwahrnehmung. Besonders zwei Vorgänge beeinflussten mein Verhalten und Körperempfinden nachhaltig. Erstens, die positive Auswahl der Castingjury, die ich, wie oben schon erwähnt, keinesfalls emotionslos erlebte. Sie hinterließ sogar einmal einen so starken posi-

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tiven Eindruck, dass ich nach einer Castingzusage tatsächlich auf der entsprechenden Messe gearbeitet habe, obwohl ich eigentlich lediglich für Forschungszwecke am Casting teilgenommen hatte und nicht vorhatte, auf noch einer weiteren Messe zu arbeiten. Zweitens veränderte sich meine Körperwahrnehmung durch das Vermessen- und Kategorisiertwerden und den permanenten Vergleich mit anderen Bewerberinnen. Während der Bewerbungsphase habe ich von selbst begonnen, mich intensiver mit meiner äußeren Erscheinung zu beschäftigen, als ich dies gewöhnt war. Diese Erfahrung wurde in Gesprächen mit anderen Hostessenbewerberinnen häufig bestätigt. Nicht nur haben viele der Hostessen vor dem Casting mehr Sport getrieben als gewöhnlich, einige haben auch Diät gehalten, um der vorgegebenen Konfektionsgröße zu entsprechen. Besonders das Reduziertwerden auf rein optische Kriterien war für mich neu und blieb nicht ohne Auswirkungen auf mein Körper- und Leibempfinden.

PRESTIGEZUWEISUNG UND DIE PRÄFERENZ FÜR EINE AUTOMOBILMARKE „Natürlich will jeder immer am tollsten Auto stehen, es gibt ja immer das Highlight bei jedem Automobilhersteller, da will dann am liebsten jeder hin.“ Agenturmitarbeiterin A

Auch wenn das Berufsprestige von Hostessen auf einer Makroebene betrachtet verhältnismäßig gering ist, verhält sich dies in mikrosoziologischer Perspektive anders. Ein erfahrener Hostessenvermittler weist auf die Diskrepanz zwischen dem zugesprochenen messeimanenten Glamourfaktor und den realen Anforderungen an die Hostessen hin: „Die Messetage sind lang, sind anstrengend. Es ist nicht der Glamourjob. Es gibt sehr viele, die denken, auf der IAA da muss ich unbedingt gearbeitet haben, da ist so eine tolle Atmosphäre. Und wenn die den ersten Pressetag von 8 bis 19 Uhr gestanden sind, um ein Auto zu präsentieren [...], dann spüren die nach dem ersten Tag ihre Füße schon, nach dem dritten Tag beginnen die Blasen, und nach 14 Tagen sind die schlichtweg fertig.“ (Brotz 2009)

Dennoch sind Automobilmessen für viele Hostessen mit einer glamourösen Aura versehen. Als Hostess auf einer Automobilmesse zu arbeiten, kann zweifellos im

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Sinne Bourdieus und Wacquants (Bourdieu und Wacquant 1992: 151, Bourdieu 1993) als Akkumulation von symbolischem Kapital angesehen werden. Einerseits müssen Hostessen, um in die Hostessengruppe aufgenommen zu werden, die Zugangsvoraussetzungen erfüllen. Andererseits wird durch die Aufnahme in die Hostessengruppe und die Zugehörigkeit zur Marke der Besitz der notwendigen körperlichen Ressourcen (als normativ definierte Schönheit) auch ‚offiziell‘ bestätigt. Auch wenn es im Hostessenkosmos schon in einem sehr allgemeinen Sinne als prestigeträchtig gilt, überhaupt auf Automobilmessen zu arbeiten, steigt das Ansehen bei einer Tätigkeit als Produktpräsentationshostess für spezielle Luxusmarken noch erheblich. Durch die Hostesseninszenierung auf Messen wird diese Prestigezuweisung zelebriert und sichtbar gemacht. Innerhalb der Hostessengruppe kann die Prestigezuweisung als objektivierbare Größe (sozusagen als Common Sense) gelten, die jedoch durchaus subjektiv erfahrbar sein kann. Das zugewiesene Prestige bildet für viele Beteiligte einen wichtigen Identifikationsfaktor. Um in der bevorzugten Fahrzeugklasse und der favorisierten Jobposition arbeiten zu können, bewerben sich deshalb viele Hostessen gleichzeitig auf Ausschreibungen etlicher Automobilmarken. Bei mehr als einer positiven Zusage liegt die Entscheidungsmacht bzw. Agency wiederum auf Seiten der Hostess. Die Wahl, für wen sie letztendlich arbeiten möchte, kann sie treffen, indem sie Konditionen, Markenimage und Prestigegewinn der jeweiligen Marken abwägt und vergleicht. Prestige definiere ich dabei als kulturelle Ressource, die im Fall von Hostessen extern – zumeist von Medien und Marketing – definiert, innerhalb der Hostessengruppe jedoch weiter ausdifferenziert und tradiert wird. Es kann Hostessen dabei dreifach zugeschrieben werden: Erstens aufgrund des Arbeitsortes Automobilmesse, zweitens aufgrund der Tätigkeit bzw. Positionierung am Messestand, und drittens aufgrund der ‚Zugehörigkeit‘ zur jeweiligen Automobilmarke. Hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches von Automobilmessehostessen spricht ein Journalist der Welt Online gar von einer Hostessen-Typologie die in drei Hierarchieebenen gegliedert ist. Am untersten Ende der Hierarchie stehe das Reinigungspersonal, etwas höher platziert befinden sich die Hostessen in der Produktberatung, und auf der Spitze der Hierarchieebene, der „Königsdisziplin“ (Dunker 2013), stehen die Hostessen der Produktpräsentation. Eine Hierarchisierung dieser Art konnte ich, ohne das Reinigungspersonal in das Ranking miteinzubeziehen,23 auch bei meiner (Feld-)Forschung ausmachen. Die sogenannte

23 Dieses läuft in der Regel unter der Bezeichnung Event Cleaning bzw. Service Personal, und wird nicht als Hostessen bezeichnet.

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Produktpräsentation erwies sich auch bei meinen Umfragen und Interviews mit Besucher*innen, Automobilkonzernmitarbeiter*innen und Hostessen als die am häufigsten angesprochene (und fotografierte) Jobvariante. „Na klar hab ich fotografiert. Die Frauen, die neben den Autos stehen, vor allem die mit den kurzen weißen Kleidern“ (Messebesucher I, 42). Bedeutsam für die Zuweisung von Prestige ist neben der Positionierung am Messestand v.a. die Hierarchisierung von Automobilmarken. Die meisten Hostessen orientieren sich hierfür nicht an konkreten Rankings nach Verkaufszahlen, Sicherheit, Pannenstatistik oder Spritverbrauch.24 Vielmehr klassifizieren sie eher abstrakt nach Markenimage, Preis und Fahrzeugklassen. Letztere können laut Kraftfahrt-Bundesamt in bis zu elf Segmente untergliedert werden.25 Im Hostessenjargon werden einige der Bezeichnungen zwar übernommen, es wird jedoch nicht so stark differenziert. Meist werden nur vier Kategorien unterschieden: Kleinwagen, Mittelklasse, Ober- bzw. Premiumklasse und Luxusklasse. Weitere Differenzierungen (etwa in Sportwagen, SUVs, Geländewagen etc.) werden in der Regel einfach dem jeweiligen Preissegment zugeordnet. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass viele Hostessen, trotz ähnlichen Verdienstes, die Arbeit im Premium- oder Luxussegment deutlich mehr schätzen als die Arbeit im Kleinwagenbereich. Von den Medien wird diese Prestigezuweisung stark forciert. Viele Internetmedien weisen den Hostessen je nach Automobilmarken unterschiedliche Schönheitsattribute zu und normieren und hierarchisieren die Hostessengruppen somit indirekt. So werden Rezipient*innen u.a. darüber informiert, bei welchen Automobilmarken die „attraktivsten“, „schönsten“, „sexiesten“, oder „rassigsten“ Hostessen anzutreffen sind. Obwohl auch hier Schönheit über ein normatives Ideal definiert wird, wird dennoch zwischen verschiedenen Schönheitsarten klassifiziert. „Bei Lamborghini zum Beispiel stehen die mit Abstand rassigsten Autosteherinnen. Schwarzhaarige Schönheiten mit High-Heels, schwarzem Einteiler und der Ausstattung 80 D, wobei nicht ganz klar ist, ob sie von Natur aus so kraftvoll ausgerüstet wurden oder

24 Siehe hierzu z.B. http://www.focus.de/auto/user-ranking/ [28.01.2015], http://www. bild.de/auto/auto-news/rangliste/mercedes-benz-deutschlands-wertvollste-auto-marke36325274.bild.html [10.06.2014] http://www.adac.de/infotestrat/unfall-schaeden-undpanne/pannenstatistik/ [28.01.2015]. 25 Hierzu zählen Minis, Kleinwagen, Kompaktklasse, Mittelklasse, Obere Mittelklasse, Oberklasse, SUVs, Geländewagen, Sportwagen, Vans und Mini Vans. Vgl. http:// www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2014_monatlich/F Z11/fz11_2014_12_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [28.01.2015].

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nach einem Tuning durch Fachkräfte der plastischen Chirurgie die Zulassungsvoraussetzungen für den Lambo-Messestand erhielten. [...] Bei Porsche wiederum stehen die klassisch Schönen, die es mühelos auf jedes Cover der Vogue bringen würden. VW mag es gern etwas seriöser, hier tragen die Damen zwar hochhackige weiß-goldene Einheitsschuhe, ihr weiß-blaues Kostüm vermittelt aber eine sehr geschäftsmäßige Corporate Identity.“ (Dunker 2013)

Mehrmals wurde mir von Hostessen die Frage, für welchen Hersteller sie in Zukunft gerne arbeiten würden, sinngemäß wie folgt beantwortet. Lieber würden sie bei gleichem Verdienst im selben oder in einem höheren Preissegment arbeiten, selbst dann, wenn die Arbeitskonditionen bei einer weniger prestigeträchtigen Marke nach herkömmlichen Maßstäben besser wären.26 Ein aufgezeichnetes Interview mit einer Hostess verdeutlicht diese Tendenz. „Für welchen Hersteller würden Sie denn in Zukunft gerne arbeiten?“ (Kubes) „Für die Marke [...]. Die Marke [...] ist für die hübschen Mädchen bekannt. Da ist es dann irgendwie doch etwas ganz Besonderes dort zu arbeiten und nicht wie jetzt bei Marke [...], wo keiner die Mädchen kennt.“ (Hostess J, 25) „Wie meinen Sie das?“ (Kubes) „Ja wo man dann eher in der Masse untergeht, wo dann die Autos auch nicht so toll sind. Wo jetzt keine Luxusautos sind und die auch nicht für die Frauen [scil. Hostessen, T.Kubes] bekannt sind. Sagen wir so: in unsere Halle, da kommt dann doch jeder mal vorbei. Und gerade, weil mir eben auch die Autos besser gefallen. Und die Kunden mag ich auch lieber.“ (Hostess J, 25)

Oft wurde als Begründung auch das Gefühl von Exklusivität angesprochen, das sich einerseits durch die Marke selbst und andererseits durch die geringere Zahl von Ausstellungsobjekten und die dadurch bedingte kleinere Zahl exklusiv ausgewählter Hostessen ausdrückt. Viele meiner Gesprächspartnerinnen nannten als die ersten zwei Entscheidungskriterien persönliche Automobilvorlieben und das Markenimage. Abgesehen vom freundlichen Umgang mit den Hostessen wurden Arbeitskonditionen wie z.B. ein marginal höherer Lohn oder die Bequemlichkeit des Outfits kaum als ausschlaggebend für die Entscheidung betrachtet.27

26 Z.B. durch das Tragen von Turnschuhen oder das Sitzen hinter dem Informationscounter. 27 Dies gilt insbesondere für Hostessen, die im Premiumbereich oder im Luxussegment tätig waren.

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Unter den Markenrankings der Hostessen gibt es jedoch auch Ausnahmen. So entstammen einige prestigeträchtige Fahrzeughersteller durchaus dem unteren Preissegment. Dies gilt vor allem für eine Reihe südeuropäischer Kleinwagenhersteller, die ihr Marken- und Messeimage darauf aufgebaut haben, dass ihre Messehalle als „Laufsteg der schärfsten Hostessen“ (Anonymus 6, 2015, Bild Online) gilt. Schlagzeilen wie diese setzten Hostessen mit Sexobjekten gleich und generieren ein am Erotikmarkt orientiertes Hostessenbild. Hostessen, die nicht nur als besonders schön gelten wollen, sondern auch gerne als besonders sexy angesehen werden, sehen die Arbeit für diese Klein- und Mittelklassehersteller als extrem prestigeträchtig an. Eine andere Ausnahme in Bezug auf das Automobilranking stellt eine geringe Anzahl von Mittelklasse- bzw. Premiummarken dar, die laut Auskunft eines Automobilkonzernmitarbeiters generell ihren Fokus seit den 2010er Jahren „nicht mehr auf die schön, inszenierte große nordische Einheitshostess“ (Automobilkonzernmitarbeiter K), sondern auf die „intensive Wissensvermittlung durch junges dynamisches Personal“ (ebd.) setzt. Hostessen, die für diese Marken arbeiten, identifizieren sich oft weniger mit dem Bild der ‚schönen Hostess‘ als mit der Tätigkeit als Beraterin und der innovativen Marke an sich. Genauso fallen gewisse Kleinwagen aufgrund ihres ‚hippen‘ Markenimages aus dem klassischen Automobilranking heraus. Für Hostessen, die sich selbst eher als besonders jung, hip und modisch definieren, ist eine deutliche Präferenz zu erkennen, für solche Marken zu arbeiten. Natürlich ist letztendlich der Vorzug für eine bestimmte Automobilmarke an keine generelle Regelhaftigkeit gebunden, sondern eine persönliche Entscheidung, die auf unterschiedliche Faktoren zurückgeführt werden kann. Da auf Automobilmessen tendenziell dennoch immer eine Art metaphorische Verschmelzung von Ausstellungsobjekt (Fahrzeug bzw. Marke) und Hostess erfolgt, findet grundsätzlich eine je nach Markenimage unterschiedliche Art von Prestigeübertragung auf die Hostess statt. Drei mögliche Motive können dabei unterschieden werden: Zunächst ist hier ganz allgemein eine gewisse Markenaffinität zu nennen, die sich aus mannigfachen individuellen Faktoren zusammensetzen kann. Die Vorliebe für eine bestimmte Automobilmarke oder Automobilklasse kann sowohl auf der Basis von Umweltaspekten und Nachhaltigkeitsdenken entstehen als auch durch Sozialisation, wenn zum Beispiel im Elternhaus schon immer eine bestimmte Marke gefahren wurde. Gleichgültig aber, ob die Affinität auf eine lange persönliche Geschichte zurückblicken kann oder jüngeren Datums ist, stets gilt: um sich mit dem Produkt zu identifizieren muss spätesten zu Messebeginn eine gewisse Affinität zur Marke und Fahrzeugklasse hergestellt werden.

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Das zweite Motiv ist stark an den Faktor Ökonomie gekoppelt. Hier geht es jedoch nicht um die marginale Lohndifferenz bei der Hostessenvergütung, sondern ausschließlich um den Marktwert des Fahrzeugs und den ihm zugeschriebenen Symbolstatus. Nicht nur erleben viele Hostessen durch die Verschmelzung mit der Automobilmarke eine leiblich erfahrbare Wertübertragung, auch wird diese immer wieder durch Medien aufgegriffen. Dies gelingt einerseits durch die vielfältige mediale Rezeption, andererseits durch das für Automobilmessen wichtige Medium Fotografie. „Auf Messen ist allbekannt, nur die schönsten Hostessen werden fotografiert; und jeder weiß: neben den teuersten Autos stehen auch immer die schönsten Hostessen“ (Hostess M, 26). Da die Tätigkeit von Hostessen, wie oben ausgeführt, einen Displayberuf darstellt, ist es verständlich, dass für viele Hostessen die mediale Wahrnehmung ihrer Person eine große Rolle spielt. Mit dem Faktor Geld einher geht auch die Art der Klientel, die am Messestand anzutreffen ist – und damit das dritte Motiv. Grosso modo kann davon ausgegangen werden, dass der Zutritt bei Luxusautomobilmarken einer ökonomisch besser gestellten sozialen Schicht vorbehalten ist, als dies bei Kleinwagen oder Mittelklassehersteller der Fall ist. Einige der befragten Hostessen fanden es denn auch durchaus „interessanter und aufregender“ (Hostess A, 24) mit potentiellen Kund*innen des höheren Preissegments in Kontakt zu treten. Oft wurden auch der „Glamourfaktor“ (Hostess I, 22) oder die Möglichkeit, bekannten Menschen zu begegnen, als Grund für die Vorliebe für diese Preiskategorie genannt. Manche der Hostessen gaben auch an, dass sie sich bei hochpreisigen Marken „wohler fühlen“ (Hostess A, 24), da die Besucher*innen „ein besseres Benehmen“ (ebd.) hätten. Zusammenfassend sind damit für das Interesse von Hostessen für eine Tätigkeit am höherklassigen Automobil vor allem drei Faktoren ausschlaggebend: Markenwert und Markenimage an sich, die Kombination aus ökonomischem und symbolischem Kapital (Bourdieu 1993) der Besucher*innen und der Zugang zu einer sonst nur schwer zugänglichen materiellen und gesellschaftlichen Sphäre.

FORMELL HOSTESS WERDEN: DER HOSTESSENVERTRAG Wenn die Bewerberin ausgewählt wurde und sich, im Falle mehrerer Zusagen, für eine Automobilmarke entschieden hat, besteht der nächste Schritt des Hostesswerdens in der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages. Agenturen und potentielle Hostessen haben hierbei unterschiedliche Interessen. Die Bewerberinnen

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möchten in der Regel bei einer guten Marke in einer guten Position arbeiten, die Agenturen hingegen wollen möglichst gute Hostessen vermitteln. Was in beiden Fällen als ‚gut‘ definiert wird, beruht einerseits auf subjektiven Präferenzen, andererseits auf normativen Zuschreibungen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Agenturen mit Verträgen verfahren. Bei einigen Agenturen erhält die Bewerberin alle Verträge erst nach dem Casting und der Jobzusage. Bei anderen muss die Hostessenanwärterin schon vor dem Casting einen Rahmenvertrag28 und eine Verfügbarkeitserklärung29 unterschreiben. Dies schützt die Agentur vor Absagen.30 Teilweise stellt das Unterschreiben des Rahmenvertrags auch eine Bedingung dar, um überhaupt von einer Agentur aufgenommen zu werden. Es gibt sogar Agenturen, die den Onlinezugang zu den von ihnen angebotenen Jobs nur für die Bewerberinnen freischalten, wenn diese vorher ihr Häkchen zur Zustimmung des Rahmenvertrags gesetzt haben. Diese häufig angewandte Praxis schränkt die Bewerberin sehr in ihrer Handlungsmacht ein, da sie, sobald der Vertrag unterschrieben ist, oft nur noch über eine Vertragsstrafe oder ein ärztliches Attest aus dem Vertragsverhältnis ausscheiden kann. Die Verträge selbst können unterschiedlich komplex gestaltet sein und bestehen in der Regel aus mehreren Teilen. Hierzu zählt, wie schon genannt, ein Rahmenvertrag, der die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Agentur enthält, und die personalisierte Auftragsbestätigung, die in jedem Fall erst nach dem Casting unterschrieben wird und diverse auftragsspezifische Angaben (z.B. den Einsatzplan mit Einsatzzeiten und Positionierungen, etc.) enthält. Prinzipiell beinhaltet der Vertrag immer eine Vergütungsvereinbarung, welche Honorar, Pausenregelung, Stundensatz, Tagesspesen, Fahrtkosten- und Schulungspauschalen regelt. Der Stundenlohn variiert von Agentur zu Agentur, bewegt sich aber im deutschen Raum generell zwischen 8,50 und 13 Euro pro Stunde. Ein gewisses regionales Gefälle besteht hier nach wie vor zwischen West- und Ostdeutschland.

28 Der Rahmenvertrag enthält die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) der Agentur. 29 In einer Verfügbarkeitserklärung, erklärt die Bewerberin schriftlich, dass sie für die Messe, für die sie sich beworben hat, auch zur Verfügung steht. 30 Erfahrene Hostessen bewerben sich oft parallel für verschiedene Automarken und treffen ihre endgültige Entscheidung erst nach positiver Auswahl durch den Vergleich von Verdienst und Prestigegewinn.

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„In Westdeutschland verdienen Hostessen grundsätzlich mindestens 10 Euro pro Stunde. Meist kann die Hostess hierbei sogar einen Stundenlohn von ca. 13 € erwarten. Ein höheres Gehalt gibt es nur selten, bzw. bei besonderen Anforderungen oder höherer Qualifikation. Auf einer Messe arbeiten Hostessen meist ca. 9 Stunden pro Tag, dass heißt du kannst hier einen Lohn von ca. 100 bis 130 € pro Tag erwarten. In Ostdeutschland liegt das Gehalt für Hostessen dagegen niedriger. Das Minimum liegt hier bei ca. 8,50 € pro Stunde und durchschnittlich beträgt der Messehostess Stundenlohn im Osten ca. 11 Euro. Das ergibt pro Tag ein Verdienst von 90 bis 110 €.“ (Instaff Online, o.J.)31

Weiterhin wird mit Blick auf die Vergütung zwischen verschiedenen Hostessenarten (Premiumhostessen, Modelhostessen oder ‚normale‘ Hostessen) und zwischen innerdeutschen und außerdeutschen Messen differenziert. Der Begriff Premium wird generell häufig in der deutschen Automobilindustrie als Marketingstrategie eingesetzt (vgl. Seiwert und Rother 2013). Der Unterschied zwischen Premiumhostessen und gewöhnlichen Hostessen besteht meist vor allem darin, dass durch den prestigeträchtigen Zusatz „Premium“ ein exklusiverer Zugang suggeriert wird. Tatsächlich differiert der Stundenlohn in der Regel um höchstens einen Euro. Abweichend davon sprechen einzelne Hostessenagenturen auf ihrer Internetseite von bis zu 19 Euro Verdienst für Modelhostessen.32 Dieser Verdienst mag in Ausnahmefällen möglich sein, konnte aber bei meiner Forschung nicht bestätigt werden. Auch wurde bei einem Interview darauf hingewiesen, dass bei einer Automobilmarke während der Pressetage extra professionelle Fotomodelle für ein Fotoshooting mit Pressefotografen eingeflogen wurden. „Ja, bei den Pressetagen, da hatten wir extra noch zwei Models für ein Fotoshooting bestellt. Die Models haben posiert und haben von den Fotografen Anweisungen bekommen, wie sie posieren sollen. Ob sie sich an die Fahrertür lehnen sollen oder ins Auto setzten sollen. Aber das sind halt die Models, die sind nur für das eine Shooting gebucht gewesen.“ (Standmanagerin J)

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass diese Frauen eine deutlich höhere Vergütung erhalten. Da dieser Typ von Displayberuf aber nicht in die von mir untersuchte Kategorie von Hostessen fällt, habe ich hierzu keine Daten gesammelt.

31 https://www.instaff.jobs/hostess-jobs/hostess-gehalt-lohn-verdienst [05.02.2015]. 32 https://www.instaff.jobs/kosten-und-leistungen [05.02.2015].

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Der Grund für diesen Ausschluss ist offensichtlich: Im Gegensatz zu Hostessen werden Fotomodelle nicht vorrangig für die ‚optische‘ Kommunikation mit Messebesucher*innen angestellt, sondern für die alleinige Produktion von Fotografien. Fotomodelle bzw. „Models“ im Sinne des obigen Zitats benötigen keinerlei Wissen über die Marke, erhalten keine Produktschulung und sprechen in der Regel auch nicht mit Messebesucher*innen. Trotz dieser Unterscheidungsmerkmale sind die Grenzen oft fließend und bleibt eine substantielle Differenzierung zwischen Fotomodellen und Modelhostessen schwierig. Da die Bezeichnungen „Model“ oder „Premium“ keine geschützten Begriffe darstellen, werden sie, wie bereits erwähnt, auch für Messehostessen verwendet. Folglich kann jede Hostessenagentur ihre Hostessen mit Zusätzen wie Premium oder Model benennen und definieren (vgl. UCM-Hostessen Online, o.J.).33 Während meiner Feldforschung auf der IAA habe ich Daten von über 20 verschiedenen Automobilherstellern gesammelt. Das heißt, ich habe mich als Hostess beworben, an Castings teilgenommen, mit den Mitarbeiter*innen der Agenturen in der Rolle der Bewerberin telefoniert und Verträge und Konditionen verglichen. Der Stundenverdienst variierte bei allen Marken zwischen 10-13 Euro.34 Für Messen in Genf gilt für deutsche Hostessen ähnliches. Ich selbst habe dort für 10 Euro die Stunde gearbeitet.35 Pausenzeiten werden oft genauestens notiert, von den Arbeitszeiten abgezogen und nicht vergütet. Allgemein wird auf Automobilmessen nur sehr wenig Pause gemacht. Eine dreiviertel Stunde ist für die genannte Arbeitszeit gesetzlich mindestens vorgeschrieben, eine halbe Stunde oder noch weniger Pause bei 11 Stunden Arbeit ist jedoch keine Seltenheit. Ta-

33 Für ein Beispiel einer agenturspezifischen Definition von Modelhostessen siehe http://www.ucm-hostess.de/modelhostessen/ [28.01.2015]. 34 Mehrere mündliche Quellen teilten mir mit, dass die Automobilkonzerne oft das Zwei- bis Dreifache des Betrages für die Hostessenarbeitsstunde an die Agenturen zahlen. Bei meinen Recherchen stieß ich allerdings auch auf Agenturen, die damit werben, Hostessen für 16 Euro pro Stunde an die Kunden zu vermittelt. Siehe hierzu http://www.ucm-hostess.de/muenchen/ [28.01.2015]. Ähnliches steht auch auf einer Internetseite, die damit wirbt, dass auf den Bruttoverdienst der Hostessen nur 43% Ausschlag bei Buchung einer Hostess hinzugezahlt werden müssen. Die Hostessenstunde

wird

hier

für

16-19

Euro

ohne

Mehrwertsteuer

angeboten

(https://www.instaff.jobs/kosten-und-leistungen [28.01.2015]). 35 In Genf werden seit 2014 Hostessen seltener über Gewerbeschein und vermehrt auf Lohnsteuerkarte angestellt. Der Stundenlohn wird dadurch mehr dem landesüblichen Verdienst angepasst und kann bis zu 18 Euro betragen. Bis 2013 war, laut internen Informationen, ein Stundenverdienst von 10 Euro üblich.

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gesspesen werden meist nicht gezahlt, da die Verpflegung von den Automobilherstellern oder Agenturen übernommen wird. Die Fahrtkosten werden nur für Messen außerhalb Deutschlands erstattet, wenn nicht für die gesamte Hostessencrew ein kostenfreier Busshuttle von der Agentur organisiert wird. Die Übernachtung während dem Genfer Autosalon wird in der Regel von den Konzernen bzw. den Agenturen gestellt und findet in Doppelzimmern im Hotel statt. Bei innerdeutschen Messen wie der IAA müssen die Hostessen ihre Übernachtungsmöglichkeit selbst organisieren und auch dafür aufkommen. Neben dem Verdienst werden im Hostessenvertrag auch Verhaltensregeln definiert. Sinngemäß steht in jedem Vertrag, dass sich die Auftragsnehmerin während der Messe ‚hostessenkonform‘ verhalten muss. Der Vertrag kann hierbei folgende Punkte aufführen: Die Hostess muss immer pünktlich zu den Einsatzzeiten erscheinen und sich bei ihrer Teamleitung an- und abmelden. Sie soll den Anweisungen der Teamleitung immer Folge leisten, nur in den zugeteilten Pausen essen und trinken, sich bei Verlassen des Messestandes bei der Standleitung abmelden, immer proaktiv und freundlich arbeiten, im Krankheitsfall umgehend die Agentur informieren und oft sogar selbst für Ersatz sorgen. Besonders häufig wird unter diesem Punkt explizit auf die speziellen Kleidungs- und Stylingvorschriften hingewiesen, an die sich die Hostessen uneingeschränkt halten sollten. So kann Lippenstift- und Lidschattenfarbe, sowie die Art der Frisur vorgegeben sein. Etwas lockerer in der Sprache wird mit den Stylingvorschriften von Hostessen im Internetauftritt einer Agentur für potentielle Kund*innen geworben. „Visagisten und Hairstylisten achten [...] auf perfekten Look. Denn ein einheitlicher, professioneller Auftritt ist für uns Pflicht: vom Lippenstift bis zum Nagellack, vom kompletten, auf Ihren Anlass abgestimmten Outfit bis hin zu den Schuhen und Strümpfen. Denn Kleider machen nicht nur Leute, sie machen auch selbstbewusst.“ (Topteam GmbH, o.J.)36

Falls sich eine Hostess nicht an die Vorgaben hält, wird in den meisten Verträgen mit einer Vertragsstrafe gedroht.37 Interessant ist, dass die Hostessen in der Regel erst kurz vor Messebeginn, lange nachdem sie den Vertrag unterschrieben haben, überhaupt erfahren, wie ihr Styling letztendlich aussehen wird, bzw. was sie tragen werden. Selbst bei Kleidungsangaben im Vertrag können diese durch eine Klausel der Agentur ergänzt werden, dass der Kundin Änderungen jederzeit

36 http://www.topteam-gmbh.de/outfit/ [23.01.2015]. 37 Diese kann von 50 Euro pro Vertragsbruch, über mehrere Tagessätze bis hin zu 1.500 Euro reichen.

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vorbehalten sind. So kommt es zwar häufig vor, dass die Angaben in Bezug der Dinge, welche Hostessen selbst für ihren Messeeinsatz besorgen müssen, genauestens umschrieben werden (bis hin zu genauer Farbe und Materialstärke der zu kaufenden Feinstrumpfhosen; z.B. bei Agentur A: „transparent, matt, 20-Den“), das Outfit selbst jedoch von der Agentur nur vage mit „Pumps und Kleid“ (Agentur A) bezeichnet wird. „Insbesondere das Outfit muss komplett, wie im Auftrag beschrieben, getragen werden [...]. Wenn der Auftragnehmer nicht wie im Einzelauftrag beschrieben und vereinbart angezogen und gestylt bzw. geschminkt ist, darf der Auftragnehmer an der Aktion nicht teilnehmen. Selbst das Fehlen eines Caps oder die falsche Strumpfhosenfarbe gelten als Verstoß gegen diese Vereinbarung.“ (Agentur V)

Jenseits der vertraglich vorgegebenen Stylingvorschriften betrifft ein wichtiger Teil jedes Hostessenvertrags den Umgang mit datenschutzrelevanten Informationen und Materialien. Unter Vertragspunkten wie Vertraulichkeit, Geheimhaltung, Wettbewerb oder Kundenschutz wird eine sogenannte Schweigeklausel bzw. Schweigepflicht vereinbart, die die Hostessen dazu verpflichtet, alle im Zeitraum der Arbeit gewonnenen Informationen, sowohl über die Agentur als auch über die Auftraggeberin sowie die Arbeitssituation und das Arbeitsfeld, vertraulich zu behandeln.38 „Gut organisierte Hostessen-Agenturen verpflichten daher sehr häufig im Arbeitsvertrag ihre Hostessen, Stillschweigen über ihre Tätigkeiten zu bewahren“ (UCH-Hostessen, o.J.).39 Strenggenommen bedeutet das für Hostessen, dass sie nicht an Befragungen und Interviews teilnehmen dürfen. „Geregelt wird die Schweigepflicht, die auch Verschwiegenheitspflicht genannt wird, in § 203 im Strafgesetzbuch (StGB). Wer gegen die Schweigepflicht verstößt, der kann mit einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe bestraft werden. [...] Neben den gesetzlich verpflichtenden Berufsgruppen gibt es auch viele Branchen, in denen sich die Unternehmen und Dienstleister freiwillig eine Verschwiegenheitspflicht verordnen. Zu diesen

38 Bei meinen Aussagen zu Vertragspunkten beziehe ich mich einerseits auf die von mir selbst unterschriebenen und von Agenturen erhaltenen AGBs, Rahmenverträge und personalisierten Zusatzverträge, andererseits sind diese Aussagen auch gestützt durch eine intensive Internetrecherche in der ich AGBs von vielen Hostessenagenturen analysiert habe. Exemplarisch vgl. etwa: https://www.instaff.jobs/arbeitsvertrag/musterarbeitsvertrag-vorlage [28.01.2015]. 39 http://www.ucm-hostess.de/hostessen/schweigepflicht/ [28.01.2015].

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Branchen gehören unter anderem nahezu alle Dienstleister, die in der Hostess Branche (sic) tätig sind.“ (UCM Hostessen, o.J)40

Durch diese vertragliche Praxis werden Hostessen auf den Status einer verstummten Gruppe bzw. muted group (vgl. Ardener 1975: 21)41 degradiert. Die Möglichkeit, frei über ihr Arbeitsumfeld zu sprechen, wird extrem eingeschränkt.42 Den von mir durchgeführten Befragungen wohnte auf diese Weise stets die Gefahr eines Vertragsbruches inne, der die Betroffenen hätte regresspflichtig machen können. Für den Fall von Interviewanfragen wird den meisten Hostessen überdies schon während der Produktschulung nahegelegt, keine Zusagen zu machen und grundsätzlich mit allen Messebesucher*innen nur über im Rahmen der Schulung abgesprochene Markendetails zu kommunizieren sowie niemals Firmeninterna zu erwähnen. Als generelle Leitlinie gilt hierbei, dass alles Gesagte dem Image der Marke entsprechen soll. Subjektiven Meinungsäußerungen oder spontanen Gefühlsausbrüchen wird so vorzubeugen gesucht. Das Schweigeverbot von Hostessen wird auch medial aufgegriffen. Auf der Internetseite Motor-Talk für „Autoenthusiasten“ stehen zwar die Abbildungen von Hostessen im Fokus, das Sprechverbot wird jedoch als Fotountertitelung thematisiert. „Die Dame am Nissan friend me durfte keine Interviews geben. Doch Blicke sagen manchmal mehr als tausend Worte, deswegen hat sie es trotzdem in unsere Bildergalerie geschafft. Auch für die nette Hostess am Nissan X-Trail war ein Gespräch nicht möglich. Umso netter war ihr Lächeln. Bei Skoda herrscht Hostessen-Gesprächsverbot. Schade. Trotzdem wollen wir Euch diese Dame am Rapid Sport nicht vorenthalten. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Fand auch diese Hostess und lässt lieber den Maserati Ghibli für sich sprechen.“ (Anonymus 12, 2013, Motor Talk Online)

Trotz des Verbots der Informationsweitergabe gibt es aufgrund der hohen Nachfrage an einigen Messeständen eine eigens instruierte Hostess für Interviewanfragen. Wenn ich einen positiven Bescheid auf eine Interviewanfrage erhielt,

40 http://www.ucm-hostess.de/hostessen/schweigepflicht/ [28.01.2015]. 41 Siehe hierzu auch das Kapitel: Grenzen und Probleme der totalen Teilnahme im Feld. 42 Eine Möglichkeit sich über die Vertragsstrafe hinwegzusetzen, sich über Arbeitsbedingungen auszutauschen und Agenturbewertungen zu schreiben, ist in anonymisierter Form über Internetseiten wie z.B. http://www.4promo.de/ [26.01.2015].

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hieß es häufig in variierendem Wortlaut: „Interviews macht bei uns die [X, T.Kubes]. Kommen Sie in einer Stunde wieder“. Die Antworten der mir für solche Interviews zugeteilten Hostessen waren in der Regel gut überlegt und sprachen - falls überhaupt - nur sehr dezent, objektiv und distanziert die verschiedenen Seiten des Hostessengewerbes an. Ob solche Aussagen während der Messezeit wirklich aufgrund der vertraglich erzwungenen Objektivierung oder auf Basis subjektiver Einschätzungen der Situation stets ähnlich ausgefallen sind, ist letztlich nicht zu beantworten. Festhalten lässt sich jedoch, dass das im Interview Gesagte meist nur sehr oberflächlich auf meine Fragen einging und oft in drastischem Widerspruch zum Erlebten und Erfragten während meiner Feldforschung in der Rolle der Hostess stand. Das „Online-ABC“ einer Hostessenagentur stellt die Schweigepflicht auf seiner Website als „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten dar. In der Liste der Beteiligten, für die das zutreffen mag, werden allerdings, neben der Auftraggeberin und der Agentur, die eigentlichen Akteurinnen – die Hostessen – nicht berücksichtigt. „Im Prinzip ist die Verschwiegenheitspflicht für eine Hostessen-Agentur eine Selbstverständlichkeit, weil sie sich dank ihr neben einem erstklassigen Service und guten Mitarbeitern einen ausgezeichneten Leumund erarbeiten kann. Denn nur so können viele Stammkunden gehalten werden, und ein Großteil der Neukunden wird durch persönliche Empfehlungen gewonnen. Diese gibt es aber nur, wenn die Kunden sich vertrauensvoll aufgehoben fühlen. Und nicht zuletzt kann die Verschwiegenheitspflicht – sofern sie denn eingehalten wird – als sehr gutes Marketingmittel benutzt werden, um die Qualitätsmaßstäbe einer Hostessen-Agentur zu bewerben. Dank ihr entsteht somit für alle Beteiligten eine regelrechte Win-Win-Situation mit zufriedenen Gesichtern auf allen Seiten.“ (UCMHostess, o.J.) 43

Für meine Forschung war die Schweigepflicht definitiv nicht gewinnbringend, sondern problematisch. Da ich selbst als Hostess gearbeitet und etliche Verträge unterschrieben habe, betrifft mich die vertraglich festgelegte „Stillschweigevereinbarung“ im doppelten Sinne. Einerseits dürfte ich laut Vertrag über die selbstgewonnenen Erfahrungen während meiner Feldforschungsphase gar nicht reden, geschweige denn schreiben, andererseits hat diese Klausel die für ein Interview verfügbaren Hostessen während und kurz nach der Tätigkeit auch stark eingeschränkt. Die Vertragsklausel macht eine direkte quantitative Befragung von Messehostessen vor Ort auch nahezu unmöglich. Einige Hostessen, die mir

43 http://www.ucm-hostess.de/hostessen/schweigepflicht/ [28.01.2015].

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gerne ein Interview gegeben hätten, mussten ihre Zusage nach Absprache mit ihrer/ihrem Vorgesetzten wieder revidieren. Andere Hostessen redeten aufgrund des Verbots gar nicht mit mir. Die Schweigepflicht ist zwar bei einzelnen Verträgen auf eine Zeitspanne von zwei Jahren begrenzt, Befragungen zu körperlichen und leiblichen Erfahrungen wären indes nach so langer Zeit kaum von Nutzen. Die emische Sicht der Hostessen zu erforschen ist damit nur zu realisieren, wenn die Limitierungen durch diesen Vertragspunkt soweit wie möglich umgangen werden. Die Schweigeklausel zu ignorieren und Interna nach außen zu tragen, verbietet sich selbstverständlich. Indem ich aber erstens selbst als Akteurin am Geschehen teilnahm und dadurch direkten Zugang zu den Akteurinnen gewinnen konnte und zweitens der vertragsinhärenten Vereinbarung durch die vollständige Anonymisierung meiner Daten die formell zugewiesene Macht entziehe, ist es möglich, den Geist der Schweigeklausel zu respektieren und dennoch über die Arbeit von Hostessen, Agenturen und Standbetreibern zu sprechen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, besteht darin, in der Arbeit keinerlei zurückverfolgbare personen-, firmen- oder markenbezogenen Angaben zu machen. Explizit genannt werden von mir daher nur veröffentlichte Quellen. Alle unveröffentlichten mir zugänglichen Daten (wie etwa personalisierte Arbeitsverträge, Interviews, etc.), werden von mir soweit anonymisiert, dass die Möglichkeit der Rückverfolgung ausgeschlossen wird. Dieses Vorgehen schützt sowohl die an der Forschung beteiligten Hostessen als auch mich selbst vor Vertragsstrafen und Konflikten mit Agenturen und Automobilkonzernen. Zusätzlich hilft mir eine Anonymisierung von Agenturen und Automobilkonzerne den Fokus weg von einem wertenden Ranking der Automobilkonzerne hin zur Praxis des Hostesseneinsatzes zu lenken. Ein weiterer, in jedem der von mir gesichteten Hostessenverträge aufgeführter Vertragspunkt, ist die Regelung der Bildrechte, welche üblicherweise die Abgabe des Rechts am eigenen Bild beinhaltet.44 Dieser Vertragspunkt betrifft Hostessen auf unterschiedlichen Ebenen. Einerseits ist den meisten Hostessen bewusst, dass sie v.a. an den Pressetagen von Journalisten und Kamerateams fotografiert und gefilmt werden. Andererseits werden Hostessen auch an den Besucher*innentagen zum Fotoobjekt unzähliger Hobby- und Amateurfotograf*innen. Ausschlaggebend für das positive oder negative Empfinden der Hostessen ist dabei vorrangig die (unterstellte) Intention der Fotografierenden. Ein Foto ist dabei nicht gleich ein Foto. Für viele Hostessen macht es einen ent-

44 Siehe hierzu exemplarisch den Vertragspunkt Verwertungsrechte auf: http://people. advantagemarketingservice.de/advantagepeople /files/rahmenvertrag.pdf [23.01.2015]

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scheidenden Unterschied, wer das Bild aufnimmt, auf welche Art das geschieht und wofür das Foto bestimmt ist. Die mediale Praxis der Aufnahme von Bildern und den Umgang der Hostessen damit werde ich später noch diskutieren. Vorwegnehmen kann ich gleichwohl, dass das Fotografiertwerden von den meisten Hostessen zu Beginn einer Messe sehr positiv gewertet wird. Mit fortschreitender Dauer wird es jedoch häufig als unangenehm empfunden, da keine Möglichkeit besteht, sich ihm zu entziehen. Die Vertragsvereinbarungen verpflichten gleichwohl auch in solchen Situationen zu Freundlichkeit und Lächelbereitschaft. Wie es gelingen kann, die dadurch entstehenden Dissonanzen zu überwinden, ist Gegenstand der folgenden Kapitel.

MIT DEM BUS IN DIE PRODUKTIONSSTÄTTE – DAS ECHTE FAHRGEFÜHL SELBST ERLEBEN „Die Hersteller wünschen sich natürlich, dass sich ihre Hostessen mit den Autos identifizieren. Bevor die Damen auf den Maserati-Stand geschickt werden, bekommen sie denn auch eine Schulung, bei der es unter anderem um die Historie und die Zielgruppen der italienischen Renner geht. Die Identifikation mit der Marke fällt offensichtlich nicht schwer: ‚Einmal konnte ich auch selbst einen Maserati fahren – einfach traumhaft‘, sagt Iris Müller.“ Anonymus 10, 2007, Stern Online

Vor dem eigentlichen Messebeginn werden Hostessen bei oft aufwendigen Produktschulungen über die Marke allgemein, sowie über technische Details der ausgestellten Fahrzeuge informiert. Das Training kann mehrere Tage beanspruchen und ist von Autohersteller zu Autohersteller unterschiedlich konzipiert. Durch die Teilnahme an Produktschulungen unterschiedlicher Marken war es mir möglich, verschiedene Strategien kennenzulernen und dabei zu erfahren, wie markenkonformes Verhalten antrainiert und eine Verbindung und Identifikation mit der Marke gefördert und aufgebaut wird. Produkttrainings werden v.a. bei deutschen Automobilherstellern meist direkt an den Produktionsstätten oder in den Fahrtrainingszentralen durchgeführt. Bei außerdeutschen Firmen wird entweder genauso verfahren – die Hostessen werden dann zu Schulungszwecken in das jeweilige Werk eingeflogen – oder die

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Schulung findet in angemieteten Räumlichkeiten im Inland statt. Bei Produktschulungen wird im Gegensatz zu Messen auch in Deutschland meist die Übernachtung organisiert und gezahlt sowie die Verpflegung gestellt. Meist bekommen die Hostessen für die Produkttrainings eine geringe Entlohnung, in der Regel in Form einer Pauschale, die jedoch deutlich weniger beträgt als der summierte Stundenlohn.45 Während der Trainings wird auf die Geschichte der Marke eingegangen und werden die neuesten Entwicklungen vorgestellt. Bei einigen Automobilmarken wird besonderer Wert daraufgelegt, markenkonformes Verhalten zu vermitteln und ein sogenanntes Brand Behaviour anzutrainieren. Je nach Markenimage werden spezielle Werte hervorgehoben, welche die Mitarbeiterinnen den Besucher*innen vermitteln sollen. Um sich die Informationen besser merken zu können, werden nicht nur Infomappen ausgeteilt, sondern auch ausgewählte Elemente am Automobil praktisch vorgeführt. Falls es der Standort erlaubt, werden auch Werksführungen durchgeführt und ein kurzes Fahrtraining absolviert. Während dieser aktiven Phase der Wissensaneignung, in der die späteren Ausstellungsobjekte ausprobiert und gegebenenfalls auch gefahren werden können, spielt das eigene Erleben des Fahrzeugs eine große Rolle für die langfristige positiv besetzte Verankerung der Marke. Durch das Selbsterleben mit allen Sinnen will der Hersteller nicht nur das „einmalige Fahrgefühl“ (Trainer E) seiner Fahrzeuge an die Hostess vermitteln, sondern auch erreichen, dass diese positiv erlebte Erfahrung an die Kund*innen im Beratungsgespräch (bewusst wie unbewusst) weitergeben wird. Oft wird in dieser Lernphase den Hostessen bereits das Fahrzeugmodell46 zugeteilt, das sie auf der Messe präsentieren sollen. Und schon hier entwickeln viele der Hostessen einen speziellen Bezug und eine Bindung zum zugeteilten Modell und sprechen von „meinem Auto“. Falls elektronische Medien zur Beratung eingesetzt werden, kann auch deren Anwendung z.B. in Rollenspielen trainiert werden. Zum anzueignenden Wissensfundus gehört aber nicht nur das Wissen über die neuen Technologien der „eigenen“ Marke, sondern auch über deren echte und vermeintliche Vorteile gegenüber den Produkten der Konkurrenz. Generell wird bei Produktschulungen versucht, von Anbeginn eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Die Hostessen werden meist gut umsorgt, und es entsteht schnell ein Gemeinschaftsgefühl sowie eine starke Identifikation mit

45 Die übliche Pauschale liegt zwischen 100 und 200 Euro für drei Tage Produktschulung. Übernachtung und Verpflegung sowie Reisekosten werden bei außerdeutschen Standorten von den Automobilherstellern in der Regel übernommen. Der Zeitaufwand der Reise wird für gewöhnlich nicht entlohnt. 46 Es kann auch vorkommen, dass den Hostessen mehrere Fahrzeuge zugeteilt werden.

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Marke und Produkt. Dies geschieht vor allem dadurch, dass die Hostessen von Anfang der Veranstaltung an als Teil einer Gemeinschaft adressiert werden und die Exklusivität der Teilhabe immer wieder betont wird. Auch wird die Gruppenzugehörigkeit durch emotionsbesetzte Elemente während des Trainings, etwa durch gemeinsames Aufsagen des Markenslogans oder den als feierlichen Akt inszenierten Verleih einer Anstecknadel mit Firmenlogo, bestärkt. Auf den stressbesetzten Messealltag wird in den Trainings unterschiedlich eingegangen. Emotionsregulierende Maßnahmen werden jedoch eher selten eingeübt. Es scheint überdies kaum ein Bewusstsein dafür zu geben, dass der Zusammenhang zwischen Arbeiten auf der Messe und der Regulierung von Emotionen sich nicht auf die positive Identifikation mit der Marke beschränkt. Gefragt, ob in den messevorbereitenden Schulung auf Fragen des Emotionsmanagements eingegangen wird, antwortete mir ein Agenturmitarbeiter entsprechend: „Ja, das ist schon Part der Schulung, dass man sich aufeinander einschwört, dass man Motivation macht: Was ist unser Ziel? Was sind unsere To-dos?“ (Agenturmitarbeiter T). Einmal habe ich erlebt, wie die gesamte Gruppe für eine kurze Zeit zu Atemübungen angeleitet wurde. Auf mich wirkte diese Übung – das gemeinsame Atmen - allerdings eher als eine Teambildungsmaßnahme denn als Methode, die auf Messen zur Stressbewältigung eingesetzt werden könnte. Auch die während eines Trainings vorgeschlagene Methode „Auf die Toilette gehen und mehrmals tief durchatmen“ (Trainer E) mag zwar im normalen Alltag eine gute Technik sein, um aufgestaute Emotionen abzubauen und zu regulieren, ist aber im Messealltag nur sehr bedingt umsetzbar. Da es auf vielen Positionen nicht möglich ist, die Toilette aufzusuchen, ohne sich bei der Chefhostess abzumelden oder Ersatz für die Position zu suchen, werden Toilettengänge in der Regel auf ein Minimum reduziert. Auch hat man bei einer überwachten und bewussten Abwesenheit eher selten die Nerven und Geduld, diese länger als unbedingt nötig hinauszuzögern, um „bewusst zu atmen“ (Trainer E). Wichtiger als ihre innere Befindlichkeit scheint es vielen Hostessen, sich vor dem Spiegel um ihr äußeres Erscheinungsbild zu kümmern und dieses wieder für den weiteren Messeauftritt aufzufrischen. Prinzipiell wird bei allen Trainings für Hostessen auf die Devise „Der Kunde ist König“ (Trainer A) gesetzt. Wie dies in der Praxis aussehen kann, wird zwar gelegentlich in Partner*innenübungen einzustudieren versucht, mit dem stressbesetzten Alltag auf einer Messe haben diese Trockenübungen jedoch wenig gemein. Ihr Hauptnutzen liegt wohl darin, dass hierbei standardisierte Antworten antrainiert und verinnerlicht werden können. Die Trainingstage werden von den meisten Hostessen als aufregende und schöne Zeit angesehen. Die positive Konditionierung auf die Marke funktioniert

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in der Regel ohne größere Reibungsverluste. Wer die Schulung durchlaufen hat, identifiziert sich meist auch mit ‚seiner‘ Marke. Zweites wichtiges Ziel der Trainings ist die eigentliche Produktschulung, bei der Hostessen in der Produktberatung in die Lage versetzt werden sollen, Informationen zu den ausgestellten Fahrzeugen möglichst effizient an die Besucher*innen weiterzugeben – innerhalb gewisser Grenzen allerdings. Allgemeine Fragen zu Marke und Fahrzeug müssen selbstverständlich beantwortet werden können. Eine Reihe von einfachen Detailfragen lässt sich über den Zugriff auf den Infopool des Herstellers meist ebenfalls noch klären. Für Fragen nach spezifischen technischen Details aber können (und sollen) die Produktberatungshostessen lediglich Vermittlerinnen sein. Für ihre Beantwortung gibt es an jedem Stand Fachleute mit entsprechendem technischem Hintergrund.

MIT FLIEGER UND LUXUSSCHLITTEN DAS UPPER-CLASS-GEFÜHL ERFAHREN Eine etwas andere Art von Markenkonditionierung entsteht, wenn Hostessen eigens für das Produkttraining zu ausländischen Firmensitzen geflogen werden. Auch hier wird auf die Vermittlung von Wissen zur Firmengeschichte und automobilen Innovationen Wert gelegt, im Fokus steht jedoch zusätzlich die Schaffung eines Gefühls von Exklusivität. Diese Art der Markeneinführung wird bevorzugt bei Luxusmarken durchgeführt. Da Marken im hohen Preissegment in der Regel nur eine geringe Anzahl von Fahrzeugen auf der Messe ausstellen, werden diese auch nur durch sehr wenige Hostessen präsentiert. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Produkttrainings, bei denen bis zu 150 Hostessen und Hosts pro Hersteller geschult werden, werden von den Luxusmarken in der Regel maximal fünf bis zehn Hostessen eingesetzt. Bereits durch die entsprechend härtere Selektion wird hier ein Gefühl der Exklusivität befördert. Auch in diesem Segment gibt es, falls es der Standort erlaubt, eine Werksführung, bei der jedoch meist eher auf die traditionsreiche Firmengeschichte und die Exklusivität der Herstellung hingewiesen wird als auf Innovationen. Die wenigsten Hostessen hatten schon realen Kontakt mit solchen Luxusfahrzeugen. Die für die Ausstellung vorgesehenen Autos selbst zu fahren wird in der Regel (mir wurden hierfür versicherungstechnische Gründe genannt) nicht gestattet. Um dennoch eine Idee von Fahrgefühl zu vermitteln und intensiver mit den Modellen in Kontakt zu kommen, werden die Hostessen in solchen Fällen von Werksfahrern chauffiert. Das Gefahrenwerden ebenso wie die Unterbrin-

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gung in First-Class-Hotels, in denen gewöhnlich auch die Kund*innen des Konzerns bei Werksbesuchen (z.B. für die Konfiguration ihres Fahrzeuges) logieren oder das Speisen in erstklassigen Restaurants vor Ort („Vorgestern erst war George Clooney hier“, meinte z.B. Trainer P) tragen gleichfalls zu einem Gefühl des Herausgehobenseins bei. Nicht nur merkt man, wie die Luxusautomobile beim Fahren auf gewöhnlichen Straßen die Blicke auf sich ziehen, auch man selbst verfällt sehr schnell dem Charme der Fahrzeuge. Hauptziel solcher Schulungen ist nicht, wie bei den oben beschriebenen Produkttrainings, in möglichst kurzer Zeit eine redegewandte und (in Grenzen) kompetente Beraterin auszubilden. Die Vermittlung von Fakten zu technischen Neuerungen bleibt entsprechend auf ein Minimum reduziert. Stattdessen wird versucht, Repräsentantinnen der Marke zu erzeugen, die durch das geschaffene Gefühl von Exklusivität den Markenspirit gleichsam inkorporieren und nach außen transportieren können. Und das funktioniert. Dass die Hersteller für drei Trainingstage im Ausland häufig deutlich höhere Kosten in Kauf nehmen als die Hostessen während der gesamten Messe verdienen, wurde mir gegenüber jedenfalls nie kritisch hinterfragt.

VERORTUNG AM MESSESTAND, UND WIE MAN LERNT, EIN AUTO ZU ENTHÜLLEN Einige Wochen nach der Hostessenschulung startet die Messe. Die Arbeit der Hostessen beginnt je nach Automobilmarke unterschiedlich zwei oder drei Tage vor dem eigentlichen Messebeginn. Die Anreise findet entweder organisiert durch die Agentur, meist gemeinsam mit einem Busshuttle, oder individuell statt. In Genf werden Fahrt und Logis in der Regel von der Agentur übernommen. Die Hostessen sind gemeinsam in einem Hotel in Doppelzimmern untergebracht und werden häufig auch gesammelt mit einem Bus oder Taxi zum Veranstaltungsort chauffiert. In Frankfurt bleibt sowohl die Organisation der Anfahrt als auch die Übernachtung den Hostessen selbst überlassen. An den hierbei anfallenden Kosten beteiligt sich der Automobilkonzern meiner Datenlage nach nicht.47

47 Gerade zu Messezeiten steigt der Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten ganz erheblich, und für Hostessen ist es nicht immer einfach, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Die meisten Hostessen versuchen entweder in Jugendherbergen oder privat unterzukommen, entweder bei Freunde*innen, Bekannten, Verwandten oder über onlinePortale wie Airbnb. Von mehreren Informantinnen wurde mir auch mitgeteilt, dass ei-

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Die Tage vor dem Messebeginn werden genutzt, um den Hostessen den Messestand zu zeigen, um Besprechungen (häufig als Briefings bezeichnet) abzuhalten und genaue Positionierungen und Messeabläufe zu proben, sowie um letzte Änderungen an Outfit und Styling der Hostessen vorzunehmen. Die Hostessen sind spätestens jetzt wieder mit ‚ihrem Auto‘ vereint und können sich vor dem Besucher*innenansturm noch einmal mit den wichtigsten Details des Fahrzeugs vertraut machen. Bei der ersten Besichtigung des Messestands werden die Standgegebenheiten und Standregeln sowie die Positionierung der Hostessen besprochen. Meist wird die erste Besprechung von der/dem Standmanager*in durchgeführt, alle weiteren Informationen erhalten die Hostessen dann in der Regel von der Teamleitung. Falls die Hostessen während ihrer Arbeit zwischen verschiedenen Arbeitsstationen am Messestand rotieren, wird auf die verschiedenen Stationen und deren jeweilige Aufgaben hingewiesen. Bei einigen kleineren Messeständen mit maximal 10 Hostessen ist das Rotieren der Hostessen Standard, bei größeren Ständen mit sehr vielen Hostessen werden den Hostessen feste Positionen für die gesamte Messedauer zugeteilt. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Arten der Rotation. Entweder die Hostessen rotieren zwischen verschiedenen Fahrzeugmodellen, führen dabei aber immer dieselbe Tätigkeit aus (in der Produktpräsentation würden sie dann im Verlauf der Messe die Fahrzeuge wechseln). Oder sie wechseln nicht nur die Position am Messestand, sondern auch die Art der Tätigkeit. Hierbei kann im Wesentlichen zwischen den drei Tätigkeitsfeldern Infodesk (bzw. Begrüßungscounter), Produktberatung und Produktpräsentation changiert werden. „Also wir rotieren, weil es halt für jeden schöner ist, ein bisschen Abwechslung zu haben. Auf der Plattform [ein erhöhtes Podest auf dem Hostessen zur Produktpräsentation stehen; T. Kubes] stehen jetzt während den Besuchertagen alle eher ungern, weil man sich sehr beobachtet fühlt und es sehr anstrengend ist, weil man eben die ganze Zeit die Haltung wahren muss. Während den Pressetagen war das natürlich anders. Da steht man da schon gern. Sonst ist noch die Counterposition [der Informationsschalter; T. Kubes] sehr beliebt, da kann man nämlich sitzen, aber da kann natürlich immer nur eine hin. Und sonst hat man natürlich auch auf dem Stand seine Lieblingsmodelle, wo man halt am liebsten steht. Bei der letzten Messe stand ich nur an einem Concept Car, das war dann mein Auto. Ich fand das dann auch sehr schön, weil das dann sozusagen mein Bereich war, den ich perfekt konnte und immer meine Kundschaft dort empfangen habe.“ (Hostess A, 24)

nige Agenturen/Organisationen den Angebotsmangel an günstigen Unterkünften ausnützen und barackenähnliche Sammelunterkünfte an die Hostessen vermieten.

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Wenn im Verlauf der Messe die Position gewechselt werden kann, heißt das für die Hostessen natürlich, dass sie auch über alle entsprechenden Kompetenzen verfügen müssen. Beide Praxen – feste Positionierung und Rotation – haben Vor- und Nachteile. Ob die Abwechslung durch verschiedene Tätigkeitsfelder oder die Konstanz der Verbundenheit mit dem ‚eigenen Auto‘ bevorzugt wird, hängt von individuellen Vorlieben und einer Reihe externer Faktoren ab (wie z.B. den Unterschieden zwischen Presse- und Besucher*innentagen). Auch wenn eine Chefhostess zu mir meinte, dass „es eigentlich keine Position gibt die jetzt besser oder schlechter ist“ (Chefhostess N, 26) spielen nicht zuletzt externe Zuschreibungen zu den differenten Arbeitsfeldern eine wichtige Rolle bei der Bewertung und Wahrnehmung der jeweiligen Tätigkeit. Neben der Einweisung am Stand werden während der Vorbereitungstage auch andere organisatorische Angelegenheiten geklärt. Das Hostessenoutfit wird ausgegeben, die für einen homogenen Look erforderliche dekorative Kosmetik (Lippenstift, Lidschatten etc.) wird ausgehändigt, und einheitliche Stylingvorschriften und -tipps48 werden erteilt. Zusätzlich werden Namensschilder oder Anstecknadeln ausgeteilt (beides meist nicht mit dem Namen der Hostess, sondern nur mit dem Firmenlogo bedruckt) und die Messeeintrittskarten ausgehändigt. „Jede bekommt zwei Kleider gereicht, französische Designerware, die unserer angegebenen Konfektionsgröße entsprechen sollen. Uns wird gesagt, dass eines der zwei Kleider extra etwas größer bestellt wurde. Als Vorsichtsmaßnahme, da oft die Angaben auf den Sedcards nicht ganz stimmen und man ja immer dicker werden kann, bis die Messe beginnt. Was für eine Frechheit! Als würden wir es nötig haben, uns dünner zu machen! Ich merke an den Blicken meiner Kolleginnen, dass sie Ähnliches denken. Trotzdem sind wir bei der Anprobe dann doch verwundert, dass fast allen, trotz entsprechend äquivalenter französischer Größe, letztendlich nur das größere Kleid richtig passt. Kommentare wie: da werde ich jetzt wohl nur noch Salat essen müssen, sind von meinen Kolleginnen zu hören. Ich quetsche mich in das Kleid, und auch ich nehme mir vor, während der Messe noch mehr auf meine Figur zu achten.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Nach den organisatorischen Präliminarien wird sich der direkten Vorbereitung des Messeauftakts zugewandt. Falls der Automobilkonzern Fahrzeugpremieren präsentiert, wird dies mit einer aufwendig inszenierten Show zelebriert. Das neue Fahrzeugmodell ist dabei zunächst von einem eigens angefertigten Tuch

48 Hierbei wird erklärt, wie z.B. das Frisieren der Haare oder das Auftragen von Rouge und Lidschatten ausgeführt werden sollte.

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bedeckt und wird erst zu einem festgesetzten und allen wichtigen Medienvertretern kommunizierten Termin den Journalisten zur ersten Ansicht freigegeben. Die Enthüllung des Automobils kann mit einer hochemotionalen, durch Lichtund Soundeffekte unterstützten Show einhergehen und ist Teil der Hostessentätigkeit. Das Tuch von dem Fahrzeug zu ziehen, dauert an sich nur einige Sekunden, folgt jedoch einer einstudierten Choreographie, die an den Tagen vor Messebeginn intensiv eingeübt wird. Für die Automobilkonzerne ist die gelungene Präsentation der Automobilneuheit für die Presse extrem wichtig. Umso angespannter ist die Stimmung bei der Vorbereitung der Show bei allen Beteiligten. Auch ich habe als Hostess gelernt, ein Fahrzeug im Blitzlichtgewitter der Presse zu enthüllen. Als besonders schwierig erwies sich dabei neben dem „richtigen“ Laufen das Timing beim Aufdecken des Fahrzeugs. Um das Automobil zur Zufriedenheit der Standleitung elegant zu enthüllen, brauchten meine Kolleginnen und ich sehr viele Versuche. Das Tuch sollte möglichst gleichzeitig auf beiden Seiten angehoben, dann straff gespannt und nach hinten zum Heck hin abgezogen werden. Besonders kompliziert war es hierbei, auf beiden Seiten das gleiche Tempo zu halten, damit das Tuch den Blick auf das Fahrzeug auch gleichmäßig freigibt und sich nirgends verkantet. Eine naheliegende Möglichkeit, dies gleichzeitig zu tun, wäre den Blickkontakt zur Partnerin auf der anderen Seite zu halten. Da diese vor lauter Tuch kaum zu sehen war, war das jedoch nicht möglich. Außerdem sollte für die perfekte Enthüllung der Blick möglichst nicht auf das Tuch oder die Partnerin gewendet werden, sondern in Richtung Publikum. Die Gefahr, dass man auf hohen Schuhen über das Tuch stolpert, war deshalb groß. Die Aufmerksamkeit der Hostessen war folglich anfangs meist mehr auf den Handlungsablauf an sich gerichtet, als auf die geforderte grazile Körpersprache. Beides schließlich so zu synchronisieren, dass aus dem Aufdecken eine fließende, elegante Bewegung wird, in der die geforderte Mimik – entspanntes, sympathisches Lächeln – wie selbstverständlich erscheint, erfordert viel Übung. Meine Partnerin und ich einigten uns schließlich auf ein Zählsystem, das wir während der Proben laut mitsprachen, um die Synchronisation unserer Bewegungen einzustudieren. Über zwei Stunden wurde der kurze Ablauf immer wieder geprobt. Der Druck, richtig zu agieren, war enorm. Plötzlich maß ich mich daran, wie ‚feminin‘ ich auf hohen Schuhen gehen und dabei ein Tuch von einem Objekt entfernen kann. Sobald meine Partnerin und ich das Aufdecken endlich zur Zufriedenheit aller zuschauenden Mitarbeiter*innen durchgeführt hatten, überkam uns ein Glücksgefühl. Wir jubelten und klatschten ab. Ich fühlte mich gut und freute mich wirklich darüber, dass es geklappt hatte. Von der für die Enthüllung verantwortlichen Mitarbeiterin wurden wir gelobt, und wir versicherten uns gegenseitig, dass wir die Enthüllung zum Pressetermin auch so hin-

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bekommen würden. Tatsächlich fieberten wir aufgeregt und fast ein wenig euphorisch dem Messestart entgegen. Ein Eintrag aus meinem Hostessentagebuch mag das komplexe Zusammenspiel von sozialisiertem Wissen und angewendeten Körpertechniken während der Proben zur Fahrzeugenthüllung noch einmal verdeutlichen: „Von einer Mitarbeiterin wurden uns Anweisungen gegeben, wie wir aus dem Backstagebereich auf die Messebühne treten sollen. Gerader, zielstrebiger Gang, lächeln, kurz vorne links bzw. rechts neben der Motorhaube stillstehen, ins Publikum blicken und auf ein bestimmtes Zeichen bzw. eine bestimmte Musik warten, das Auto so aufdecken, dass wir dem Publikum nicht der Rücken zudrehen, das Tuch nehmen und zügig die Bühne verlassen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Auf hohen, neuen, nicht eingelaufenen Schuhen fällt vielen von uns, mich eingeschlossen, schon das einfache Gehen schwer, ganz zu schweigen vom zielstrebigen eleganten Schreiten beim Verlassen der Bühne mit einem riesigen Tuch in der Hand. Stoisch versuchen wir immer wieder von neuem, die Abläufe einzuüben. Ich denke an den Brust-raus-Bauch-rein-Spruch, denke an Models auf dem Catwalk und versuche hüftbetont mit eleganten Schritten zu schreiten, einen Fuß vor den anderen, gleichzeitig zu lächeln und das Tuch zu greifen. Wie die genaue Körperchoreographie umgesetzt werden soll, wird uns nicht erklärt. Es wird vorausgesetzt, dass wir wissen, was zu tun ist. Tatsächlich ist fast allen meinen Kolleginnen bewusst, wie ein zielstrebiger Gang auf hohen Schuhen auszuführen ist, dass ein Lächeln zum Publikum eher dezent wirken und dass bei der Pause kurz vor der Enthüllung die Hand in die geknickte Hüfte gestützt werden sollte.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Erstaunlicherweise wird während der Proben nie explizit erklärt, an welchen Bildern sich die Körperchoreographie orientieren soll. Bekannte normative und weiblich konnotierte Körpertechniken im mauss’schen Sinne (Mauss 1975) werden hierbei von den Hostessen mehr oder weniger bewusst angewendet. Ein gespieltes, leicht verführerisch wirkendes Lächeln aufsetzen. Durch den Zugriff auf ein verinnerlichtes Repertoire medial vermittelter weiblich definierter Rollenmuster durch Model-Castingshows, Modenschauen, Filme, Zeitschriften und soziale Medien wissen die meisten von uns ‚intuitiv‘, wie ein ‚weiblicher‘ Gang auf der Catwalkbühne Messe auszusehen hat. Mehrere der befragten Hostessen erwähnten explizit Model-Castingshows wie Germany’s Next Topmodel und wiesen auf die dort dargestellten Körperpraxen der Models hin. Viele meinten auch, dass sie die spezifische Gangart auch ohne Anweisungen gekonnt umsetzen könnten. Das medial vermittelte Wissen wie Bewegung, Mimik und Gestik auszusehen hat, garantiert jedoch nicht immer, dass das erworbene Wissen von der Person auch in ein normatives Tun transformiert werden kann. Die Kombi-

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nation der verschiedenen Handlungsabläufe muss in jedem Fall intensiv einstudiert werden.

Die Hostess als schöne Frau

„Innerhalb einer Kultur herrscht Übereinstimmung darüber, was unter Schönheit zu verstehen ist.“ Freedman 1989: 22 „Ja, hier bei uns wird schon darauf geachtet – hört sich jetzt doof an – aber die Mädels sollen schon sehr attraktiv sein.“ Hostess A, 26

Das Bild von Hostessen auf Automobilmessen wird weniger über die aktive Beratungsfunktion oder Gastgeber*innentätigkeit bestimmt, als vielmehr über die Inszenierung ihrer physischen Erscheinung. Sowohl bei der Fremdzuschreibung in meinen Befragungen als auch bei der Selbstzuschreibung von Hostessen wurde immer wieder auf die Schönheitsfunktion verwiesen. Die erste Assoziation, die viele Besucher*innen zu Hostessen haben, wurde sehr häufig so oder so ähnlich beschrieben: „Hostessen? Ja, das sind die Frauen neben den Autos. Da stehen nur die Schönsten“ (Messebesucher F, 17, Technikschüler). Auf die Frage an Besucher*innen, wer die Hostessen seien, wie man sie erkenne und was sie auf der Messe täten, wurde entsprechend geantwortet: „Das sind die schönen Frauen, die hier auf der Messe arbeiten“ (Messebesucherin H, 37). „Na Hostessen, die sehen halt gut aus“ (Messebesucher T, 42). „Ja die schönen Mädels, die hier überall rumstehen“ (Messebesucher M, 35). „Die hübschen Mädchen, die werden als Blickfang engagiert, da schaut man dann doch gleich lieber hin“ (Messebesucher H, 53). Auch die meisten von mir befragten Hostessen definieren die Tätigkeit zuallererst über ihre äußere Erscheinung. „Wenn man als Hostess arbeiten möchte, da ist natürlich das Wichtigste, dass man als Frau gut aussieht“ (Hostess I, 28). Die Zitate zeigen, dass im Zentrum des Hostessenbildes die Assoziation von Geschlechtsattribution, Tätigkeitsfeld und Attraktivitätszuschreibung steht. Das ist für die Betroffenen eine ambivalente Angelegenheit. Einerseits lässt sich die Tatsache, beim Casting für den Messejob ausgewählt

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worden zu sein, positiv als ‚offizielle‘ Bestätigung der eigenen Attraktivität auslegen. Anderseits entsteht gerade durch das Erfüllen gesellschaftlicher Schönheitserwartungen großer Druck: „Die gesellschaftlich-kulturell genormte Gleichsetzung von Schönheit und Weiblichkeit brachte ein ambivalentes Gefühl der Frau gegenüber ihrem eigenen Aussehen hervor, denn von der Zuweisung der Frau zum schönen Geschlecht, bis zur Forderung, dass sie auch schön zu sein habe, ist es nur noch ein kleiner Schritt. Weil weibliche Schönheit erwartet wird, erhält sie übertriebene Bedeutung.“ (Tschirge 1999: 61)

Im Gegensatz dazu ist die Attraktivität von männlichen Hosts oder Mitarbeitern nur von untergeordneter Bedeutung. Ein „gepflegtes Erscheinungsbild“ (Standmitarbeiterin A) ist zwar auch für Hosts und Verkäufer erforderlich, es gibt jedoch weniger normierte Raster, an denen diese Vorgabe gemessen wird. Abbildung: Die unterschiedliche Inszenierung und Darstellung von Hostessen und Hosts während der IAA 2013 auf einer Agenturwebsite

Quelle: http://www.envymypeople.de/en/projects/detail/77 [02.04.2015]

Die geschlechterdichotome Darstellung macht hier auf den ersten Blick klar, wer Expert*in ist, wer Macht durch Wissensvermittlung (und einen Tablet-Computer) zugewiesen bekommt und wer „von Natur aus“ (Messebesucher B, 34) schönes Objekt ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die natürlich definierte Körpersphäre durch kleine kosmetische Veränderungen, die das Gesamtbild des schön definierten Hostessenkörpers noch ergänzen, ‚kulturell‘ transzendiert wird.

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Hostessen werden innerhalb des Natur/Kultur-Dualismus der ‚Natur‘ zugerechnet. Ein Professor für Automobilwirtschaft macht sich die Argumentation entlang dieser Trennlinie ganz unverhüllt zu eigen (Dunker 2013). „Automessen wie die IAA sind so etwas wie das letzte Reservat für echte Männer, ein geschützter Raum für Mobilitätsträume, Angriffs- und Fluchtvehikel. Da darf er noch ungestört Jäger sein, daran hat sich im Grundsatz nichts geändert. Sex sells. Und es wäre ein Warnzeichen für die Branche, wenn es nicht mehr so wäre und es nur noch um Funktionalität ginge.“ (Bratzel zitiert nach Dunker 2013, Welt Online, Hervorh. i. Orig.)

Eine solche evolutionsbiologistisch gefärbte Sicht ist glücklicherweise die Ausnahme. Dennoch wird der Schönheits- und Attraktivitätsaspekt von allen Automobilkonzernmitarbeiter*innen im Interview angesprochen, und ein entsprechendes Erscheinungsbild wird von den Hostessen ganz selbstverständlich erwartet. In Gesprächen mit Marketingverantwortlichen jedenfalls wird immer wieder auf die lange Tradition der Kombination von schöner Frau und Automobil verwiesen: „Die Präsentation von Automobilen wurde schon immer mit Frauen durchgeführt“ (Marketingverantwortliche, I). Auch in Automobilfachzeitschriften herrschst darüber Konsens: „Autos verkaufen sich doppelt so gut, wenn sie mit hübschen Mädels präsentiert werden. Das ist eine ebenso simple wie wunderschöne Erkenntnis“ (Anonymus 9, o.J., Auto Motor und Sport Online). Viele interne Mitarbeiter*innen bestätigten diesen Common Sense, wenn auch häufig zögerlich und hinter vorgehaltener Hand. Wirklich reflektiert wird die Tradition nur bei einigen wenigen Automobilkonzernen. Die Inszenierungsarrangements von Hostessen resultieren nach internen Auskünften eines Automobilkonzernmitarbeiters zusätzlich „aus der immer noch stark männerdominierten Automobilindustrie und dem hohen Anteil männlicher Messebesucher“ (Automobilkonzernmitarbeiter, H). Auch wenn der Hostesseneinsatz generell in Interviews und Gesprächen mit Messebesucher*innen genderspezifisch unterschiedlich kontrovers bewertet wurde, wurde auch hier hervorgehoben, dass er vor allem aus „der vorwiegend männlich besetzten Automobilbranche“ (Messebesucher T, 42, beruflich) erfolgt. Auf die Frage wer das Zielpublikum der Messe sei, antwortete mir ein Messebesucher: „Der Käufer Mann wird angesprochen, oder hast du irgendwo einen leicht bekleideten Herrn an einem schicken Sportwagen gesehen? Ich

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nicht“ (Messebesucher P, 35).1 In analoger Weise wird auch in Print- und EMedien argumentiert: „Die Zielgruppe der Männer hat so gleich zwei der liebsten Dinge nebeneinander: das Auto und die Frau. Zwei der größten Begehrlichkeiten der Männer heutzutage an einem einzigen Ort. Der Traum eines jeden Mannes.“ (Anonymus 7, 2011, Der Mann. Das Online Magazin für Männer)

Auch viele der befragten Hostessen interpretierten ganz ähnlich. „Ja, weil es halt auch ein Anziehungspunkt ist. Eine hübsche Frau neben einem Auto, die fragt man lieber, wieviel PS der hat, als einen dicken glatzköpfigen Verkäufer (lacht). Frauen und Autos gehören irgendwie zusammen in der Männerwelt. Aber fragen Sie mich jetzt nicht wieso (lacht). Das müssen Sie einen Mann fragen.“ (Hostess L, 24)

Wenn ein Körper auf Messen als Blickfang eingesetzt wird, ist dieser in der Regel weiblich definiert. Das deckt sich mit einer gesamtgesellschaftlichen Tendenz. Ursula Nuber betonte schon vor fast zwei Jahrzehnten, dass weibliche Körper viel öfter als männliche Körper im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen (Nuber 1997: 65f.). Auch Jean-Claude Kaufmann akzentuiert den gesellschaftlich konstruierten Zusammenhang von „Frauenkörper[n]“ und „Männerblicke[n]“ (Kaufmann 2006: 15). Zudem werden Frauen mehr dazu ermuntert, ihre Körper als Objekte der Wahrnehmung für Andere zu gestalten (vgl. Shilling 1993: 132f.). Kulturell definierte Schönheit muss, sobald die Zuschreibung erfolgt ist, zur Aufrechterhaltung immer wieder von neuem inszeniert und reproduziert werden. Hostessen machen diese Schönheitsproduktion und -reproduktion nicht nur durch die Zurechtmachung ihres Körpers sichtbar, sondern verinnerlichen das entsprechende Schönheitshandeln auch soweit, dass Handlungsund Aneignungspraxen weit über die Schönheitsperformanz hinauswirken. Helga Bilden spricht in einem anderen Zusammenhang von der Assimilation von Geschlechtszuschreibungen, die leiblich fühlbar wird. „Sie assimilieren ihren Körper, so daß er ein leibliches Gedächtnis ihres [...] Frauseins wird“ (Bilden 1990: 95). Das lässt sich nahezu verlustfrei auf Hostessen übertragen. Die Mehrheit der Hostessen verkörpert nicht nur das Stereotyp der schönen Frau und

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Für viele Messemitarbeiter*innen und Besucher*innen ist es selbstverständlich, dass sie Hostessen duzen, auch wenn sie von diesen immer gesiezt werden. Auch in meiner Rolle als Wissenschaftlerin wurde ich von männlichen Besuchern immer wieder geduzt.

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wirkt prägend für unsere Vorstellung von Schönheit, sie inkorporieren die zugehörigen Ideale so stark, dass sie auch die eigenleibliche Wahrnehmung entscheidend prägen. Die Ethnologin Mary Douglas sah im Körper ein natürliches Symbol, das die Gesellschaft abbildet. Der Körper ist für sie ein „hochgradig restringiertes Ausdrucksmedium“ (Douglas, 1974: 99). Schönheit besteht eben nur in sehr geringem Maße darin, dem historisch gewachsenen und kulturell definierten Schönheitsbild durch seine biologische, von Geburt an mitgegebene Ausstattung zu genügen, sondern ist vielmehr ein kulturelles Produkt, das zumeist geschlechterdichotom zugewiesen wird und durch aktives Handeln aufrechterhalten werden muss. Schönheit ist somit ein Konstrukt, eine kulturell relative Größe – und wie alle kulturell geschaffenen Konstrukte gesellschaftlich kontingent. Auf Hostessen übertragen bedeutet dies, dass die Definition von Schönheit immer auch anders gedacht werden könnte. In der ursprünglichen Bedeutung des Wortes als Gastgeberin müssten Hostessen eigentlich überhaupt nicht mit Schönheit, wie auch immer definiert, assoziiert werden. Sie müssten auch nicht geschlechterdichotom, genderspezifisch starr und homogen konstruiert sein. Wenn sie es trotzdem sind, zeigt sich darin die verbreitete Orientierung an einem starren Idealtypus, der nicht zuletzt auch eurozentrische Züge aufweist. Hostessenausschreibungen in Deutschland beschreiben in der Regel ein sehr ‚westliches‘ Schönheitsideal. Selbst, wenn bei einigen Automobilmarken im Interview betont wurde, den Akzent vermehrt auf kulturelle Vielfalt bei den Hostessen zu setzen, ist diese Praxis bei den meisten Marken immer noch die Ausnahme und eher in der Produktberatung als in der Produktpräsentation anzutreffen. Allenfalls in Einzelfällen werden bei der Produktpräsentation Frauen mit dunkler Hautfarbe oder asiatischem Erscheinungsbild in Kombination mit einem besonders ‚exotischen‘ Automobil, einem Concept-Car bzw. einer Automobilstudie, inszeniert. „Neben so einem total verrückten Auto, da war so eine, ich glaube eine Japanerin, die stand da mit diesen hier [macht eine Geste für eine sehr große Oberweite und grinst, T. Kubes] und einem Rock das war eher ein Gürtel. Für so eine Messe eigentlich unpassend. Das ist ja eine Fachmesse, und das ist schon ein bisschen anzüglich. Aber das ist halt echt ein Eyecatcher so eine Exotin, muss man schon sagen. Hab ich natürlich fotografiert so ein Highlight (lacht und zeigt mir das Bild auf seinem Smartphone).“ (Messebesucher H, 39)

Die Inszenierungspraxis lässt eine gewollte Exotisierung bzw. an eine Form visuellen Otherings (Fabian 1983) erkennen. Die ‚Veranderung‘ kann dabei nicht

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nur in Bezug auf die Exotisierung des ethnischen Erscheinungsbildes gedacht werden, sondern auch auf die Stereotypisierung einer sichtbar inszenierten Geschlechterdichotomie. Auch innerhalb ‚europäisch‘ gegenderter Schönheitsdefinitionen nämlich werden visuelle Stereotype klassifiziert und medial verbreitet. So wird im Internet und speziell bei Bildunterschriften häufig auf die „sexiesten“, die „rassigsten“, die „sportlichsten“, die „edelsten“ und die „jugendlichsten“ Hostessen verwiesen. Oft schließt sich bei solchen Betitelungen eine in den dazugehörigen Internetforen ausführlich geführte Diskussion darüber an, wo bzw. bei welcher Automarke die schönsten Hostessen anzutreffen sind.2 Mühlen-Achs macht darauf aufmerksam, dass Stereotype zwar nicht die Realität reflektieren, „aber sie eignen sich in ganz besonderer Weise dazu, Ideale zu zementieren und auch über den Ablauf ihres gesellschaftlichen Haltbarkeitslimits hinaus zu konservieren“ (Mühlen-Achs 1998: 14). Für die Bildung und Aufrechterhaltung von Stereotypen sind bei der Konstruktion des Geschlechtskörpers von Hostessen kulturell definierte Ressourcen ausschlaggebend, welche die Geschlechts- bzw. Stereotypzugehörigkeit sichtbar und hörbar machen (vgl. Villa 2002: 93). Zu diesen Ressourcen gehören Stimme, Gestik, Mimik, Kosmetik, Kleidung und Nutzung des Raumes (vgl. ebd.: 76). Diese Ressourcen stehen in direkter Verbindung mit kulturellen Schönheitsvorstellungen. Um Hostessenkörper schön zu machen und nach einem Idealbild zu konstruieren, wird sich typisch geschlechtsstereotyper Ressourcen bedient. Diese werden entweder am Körper direkt durch äußere Körperveränderung und -überformung vorgenommen oder durch bewusste Bedeutungszuschreibung in diesem Feld konstruiert. Einige der Körperkonstruktionen können auch einzeln betrachtet als Synekdoche für die gesamte Frau bzw. Hostess stehen. Körpernormierungen sind bei Hostessen vor allem durch Outfit, Styling, Mimik, Gestik und Körpertechniken ausschlaggebend und konstruieren einerseits die einzelne Hostess als schön definierte Frau. Angewandt in der Masse haben sie darüber hinaus jedoch einen sichtbar homogenisierenden Effekt. „Entscheidend ist, daß diese Ressourcen nur mit dem Wissen um ihre soziale Bedeutung Sinn machen und daß dieses Wissen gleichermaßen von Darsteller/innen und Mitwisser/innen (Betrachtende/n) geteilt werden muß, damit die Geschlechterdifferenz als Vollzugswirklichkeit gelingt“ (Villa 2002: 93). Die Wirklichkeit der zugewiesenen Ressourcen wird durch Vergesellschaftungsprozesse, wie hier exemplarisch am

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Die meisten beteiligten Diskutant*innen haben in solchen Foren ein explizit männlich konnotiertes Internetpseudonym. Auch Ton und Inhalt der Beiträge legen nahe, dass sie zum großen Teil von männlichen Verfassern stammen.

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Beispiel Hostesseninszenierungen auf Messen gezeigt, kontinuierlich bestätigt und produziert (vgl. Mühlen-Achs 1993: 64).

HOMOGENE HOSTESSENKÖRPER „Sind Ihnen Hostessen aufgefallen?“ (T. Kubes) „Die sahen alle gleich aus“ (Messebesucher A, 33, beruflich). „Wie sahen sie denn aus?“ (T. Kubes). „Alle sahen sie gleich aus.“ (Messebesucher 33, beruflich). „Wenn es also kein Original geben kann, sondern nur eine Endlosschleife an Kopien, ist dann nicht die Abwesenheit von Echtheit die Garantie für die Modernität unserer Körper?“ Gilman 2006: 195

Das Erscheinungsbild von Hostessen wird auf den ersten Blick besonders von drei Faktoren bestimmt: Hostessen sind jung, schlank und groß. Alle drei Faktoren sind Voraussetzung, um überhaupt als Hostess arbeiten zu können. Ausnahmen gibt es hier kaum. Auch bei Automobilmarken, die das Tätigkeitsprofil für Hostessen stärker in Richtung Informationsvermittlung gelegt haben, wird – wenngleich mit etwas geringerer Gewichtung – größtenteils an den aufgezählten Faktoren festgehalten. Am ehesten verhandelbar ist dabei noch das Alter. Auch wenn bei Online-Jobvermittlungsbörsen oft eine Altersgrenze angegeben ist, wird diese in der Regel nicht strikt beachtet. Wichtig für die Hostessenagenturen und die Automobilkonzerne ist vielmehr das optisch vermittelte Alter, das die Hostess ausstrahlt. „Das Alter ist eigentlich egal. Die Vorgabe ist nur zur Orientierung da. Es gibt ja Menschen, die schauen schon mit Anfang 20 nicht mehr jung und frisch aus und es gibt welche, da würde man nie denken, dass die schon 35 sind.“ (Agenturmitarbeiterin T)

Wenn die Person „jung wirkt“ (Agenturmitarbeiter P), kann sie laut Auskunft eines Agenturmitarbeiters auch älter sein als im Ausschreibungstext gefordert. Bei der Körper- und Konfektionsgröße hingegen gelten nach wie vor rigide Vorgaben (Konfektion 34/36, Körpergröße ab 170cm). Die Vorgaben lassen in der Regel besonders für Produktpräsentationshostessen sowie für die Arbeit im Premi-

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um- und Luxussegment wenig Spielraum. Besonders wichtig erscheint das Beharren auf diese Maße auch für Marken, deren Image darauf aufgebaut ist, die ‚sexiesten Hostessen‘ zu präsentieren. Die geforderten Normmaße hat man in der Regel – oder man hat sie nicht. Sie können durch aktives Tun nur schwer oder gar nicht verändert werden. Eine erste Normierung des Hostessenbildes wird in diesem Sinne schon durch die Auswahl beim Casting vorgenommen. An andere Vorgaben kann man sich durch Körperüberformungen, „Schönheitshandeln“ (Degele 2004) und Körperpraxen aktiv annähern. Sie zählen zu den vorbereitenden extern durchgeführten Körperkonstruktionen (Homogenisierungs- und Normierungspraxen) die den Hostessenkörper äußerlich erschaffen. Die äußerlich wahrnehmbare homogene Inszenierung des Hostessenkörpers ist damit letztlich die Summe wesensgleicher Bearbeitungspraxen. Neben ästhetischen und sichtbaren Grundvoraussetzungen wie Phänotyp, Körpergröße, Alter und Konfektionsgröße gibt es weitere hostessentypische Zurichtungspraxen. Hierzu zählen die Frisur, die Textur der Haut, besonders der Beine, das MakeUp, die Kleidung sowie das Schuhwerk. Die aufgezählten Elemente konstruieren den Körper einer Hostess in geschlechtsspezifischer Weise und werden dadurch selbst mit ‚weiblichen‘ Sinneszuschreibungen assoziiert und konstruieren in einem fortwährenden zirkulären Prozess Geschlecht als soziokulturelles Konstrukt mit. Denn „die Sexualisierung vieler kultureller Objekte trägt umgekehrt die Bedeutsamkeit des Personen-Geschlechts“ (Hirschauer 1989: 103). Die Zurichtungspraxen entfalten erst in der belebten Praxis des doing hostess ihre Wirkung. Erst durch das komplexe Zusammenspiel der Darstellungsressourcen wird der Hostessenkörper zum Signifikanten. Hostessen unterscheiden sich durch ihre Körperzurichtung erheblich von den anderen Anwesenden im Feld Messe. Für sie gilt daher paradigmatisch, was Bourdieu für die Überformung von Körpern mit Kosmetik und Kleidung feststellt (vgl. Bourdieu 1987). Demnach lassen sich: „[...] vorsätzlich vorgenommene Korrekturen an Körperpartien mittels Kosmetik (Frisur, Make-Up, Bart, etc.) und Kleidung, d.h. durch ‚Blickpunkte‘, die, nach den jeweiligen finanziellen und kulturellen Ressourcen sich richtend, gleichermaßen soziale Merkzeichen darstellen, deren Bedeutung und Wert sich aus ihrer Stellung im System der distinktiven Zeichen, das selbst wiederum dem System der sozialen Positionen homolog ist, herleiten.“ (Bourdieu 1987: 309-310, Hervorh. i. Orig.)

Das Zeichenhafte des Hostessenkörpers, das in seiner Gesamtheit das Konstrukt Hostess erst ausmacht, wird durch Sozialisationsprozesse in unser Wissen inte-

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griert und kann entsprechend auch wieder dekodiert werden. Die Verkörperung durch den „sozialen Sinn“ (Bourdieu 1993) muss jedoch immer erst erworben werden. Dieser Sinn ist hochgradig kultur-, geschlechts-, und gesellschaftsspezifisch (vgl. Villa 2002: 93). Der Körper muss also erst selbst lernen, ein Geschlecht zu sein und dieses zu naturalisieren (ebd.). Übertragen auf Hostessen bedeutet das, dass diese erst lernen müssen Hostessen darzustellen, um Hostessen zu sein. „Daß in Geschlechtsdarstellungen der Körper Medium seiner eigenen Darstellung ist, bedeutet, daß sich mit der Konstruktion des Körpers die Kultur ihm einschreibt“ (Hirschauer 1989: 111, Hervorh. i. Orig.). Ist die Einschreibung erfolgt, bedeutet dies jedoch weder einen Stillstand für den Geschlechtskörper noch für den Hostessenkörper, sondern beide werden zu einer Vollzugswirklichkeit, die permanent interaktiv inszeniert werden muss. Während dieser geschlechtlichen Inszenierung wird dauernd das gemacht, was da sein muss (vgl. Villa 2002: 116). Das Erscheinungsbild sowie jede Bewegungsart wird so zum kulturellen geschlechterdichotomen Symbol (vgl. Mühlen-Achs 1993: 9).

HOSTESSENSTYLING: EINHEITS-MAKE-UP UND DIE PERFEKTE FRISUR „Besonders wichtig ist natürlich, dass die Lippen immer gut geschminkt sind. Sie sollen schön rot leuchten und voll wirken. Dafür muss man die Lippen umranden, und man muss Lippenstift und Gloss auftragen und schauen, dass der Lippenstift nicht verwischt. Und für das AugenMake-Up gilt eigentlich das gleiche, das soll die Augen gut zur Geltung bringen. Lippen und Augen zu betonen, das ist schon sehr wichtig.“ Hostess I, 24

Hostessen bedienen sich vielfältiger kultureller Praxen, um die im Kontext Messe erwarteten „Blickpunkte“ (Bourdieu 1987: 310) herzustellen. Ihr Körper wird dabei nicht nur durch die Kombination mit offensichtlich kulturellen Artefakten wie Kleidung und Schuhen geschlechtsspezifisch konstruiert und homogenisiert, sondern auch durch Veränderungen der sichtbaren Körperoberfläche selbst. Dekorative Kosmetik ist eine solche typisch weiblich definierte Überformung des Körpers. Bei Messepersonal ist sie vertraglich nur bei Frauen vorgeschrieben. Der Wortlaut im Vertrag kann hierbei von vagen Forderungen eines „überdurch-

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schnittlich gepflegten Äußeren“ für Hostessen (Agentur M) bis hin zum Vorschreiben des Rottons des Lippenstifts reichen (Agentur F). Bei der Dekoration des Gesichts wird nicht, wie bei der Frisur, vorhandenes organisches Material umgestaltet, sondern es wird externes nicht organisches Material hinzugefügt, um bestimmte Gesichtspartien zu betonen oder kleinere Unreinheiten zu kaschieren. So wie die Silhouette der Hostessenkleidung die sekundären Geschlechtsmerkmale hervorhebt, werden die weiblich konnotierten Blickpunkte des Gesichts kosmetisch betont. Kulturell definierte Makel wie Augenringe, Pickel, Mitesser oder Falten werden hingegen kaschiert. Um den Kaschierungsaufwand möglichst gering zu halten, wenden viele Hostessen vor und während der Messezeit vermehrt Gesichtsmasken und Produkte zur Pflege der Gesichtshaut an. „Ja meine Haut wird von der vielen Schminke und der trockenen Luft auf der Messe nicht besser. Und natürlich will man gut aussehen, wenn man dauernd im Mittelpunkt steht. Ich mache abends im Hotel immer so eine blaue Maske für ein feineres Hautbild, das hilft ganz gut gegen Pickel, und Feuchtigkeit kriegt die Haut auch. Nur sehen darf mich niemand damit, ich schaue damit nämlich aus wie ein Schlumpf (lacht).“ (Hostess F, 24)

Der Kulturbeutel, mit dem man zur Messe reist, ist in der Regel prall gefüllt. Neben Pflegeprodukten zählen zur kosmetischen Grundausstattung jeder Hostess: Make-Up, Puder, Rouge, Lippenstift, Lipliner, Lipgloss, Mascara, Kajal, Augenbrauenstift, Concealer und verschiedenfarbige Lidschatten. Für die Selbstoptimierungsstrategien (vgl. Villa 2008, Mc Robbie 2010) im Sinne eines nach kulturellen Vorgaben optimierten körperlichen Kapitals (vgl. Wacquant 1995) sind Hostessen zum größten Teil selbst verantwortlich. Das heißt, sie müssen sowohl die finanziellen Ausgaben für die benötigten Produkte selbst tragen als auch die meisten Verschönerungspraktiken am Körper selbst durchführen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie mit Schminkvorgaben verfahren wird. Entweder wird den Hostessen ein*e Stylist*in zur Verfügung gestellt (dies ist während der Pressetage üblich), oder die Hostessen werden im Vorfeld der Messe angeleitet, wie sie sich typ- und markengerecht schminken. „Dass man eben perfekter wirkt, als man eigentlich ist. Die Kunst ist, besser, aber eben nicht total geschminkt auszusehen“ (Hostess A, 28). Häufig werden in Verträgen Kosmetika verlangt, die „natürlich wirken“ (Agentur T) sollen. „Natürlich“ bedeutet hier freilich nicht naturbelassene Haut, sondern die normative Anwendung dekorativer Kosmetik als kulturelle Praxis. Bourdieu hat das Paradox der ‚kulturalisierten Natur‘ sehr präzise beschrieben:

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„Der Körper, gesellschaftlich produzierte und einzige sinnliche Manifestation der ‚Person‘, gilt gemeinhin als natürlichster Ausdruck der innersten Natur und doch gibt es an ihm kein einziges bloß ‚physisches‘ Mal, Farbe und Dicke des aufgetragenen Lippenstifts werden (…) unmittelbar als Indiz für eine gesellschaftlich gekennzeichnete ‚moralische‘ Physiognomie gelesen (…) von Natur aus ‚kultiviert‘.“ (Bourdieu 1987: 310, Hervorh. i. Orig.)

Das Schminken bleibt an Messetagen kein einmaliger Akt. Kein Kosmetikprodukt der Welt hält dem Scheinwerferlicht der Messestände den ganzen Tag über stand. Mit der Zeit beginnt fast jedes Make-Up leicht zu glänzen, so dass häufig das Gesicht nachgepudert oder der Hautglanz mit Ölpapier entfernt werden muss. Aufgrund der Dauerbelastung durch das Dauerlächeln werden die Lippen der Hostessen besonders beansprucht. Sie trocknen aus und werden spröde. „Wenn man länger dasteht und einem scheint über Stunden die Beleuchtung ins Gesicht, dann fühlt sich das ganzes Gesicht speckig an. Und die Lippen schwellen an, vom andauernden Lächeln, eine Lippenvergrößerung braucht man dann nicht mehr“ (Hostess A, 28). Dekorative und pflegende Kosmetik für den Mund muss deshalb mehrmals pro Messetag erneuert werden. Augen-Make-Up, das mit sehr haltbaren, wasserfesten Produkten ausgeführt wurde, muß meist nicht nachkorrigiert werden. Um frisch und wach zu wirken, wird jedoch das Überschminken von Augenschatten mit Concealer wiederholt. Roten Augen wird mit Augentropfen entgegengewirkt All diese Praktiken dürfen Hostessen laut Vertrag und Briefing nur im Verborgenen anwenden – im Backstagebereich des Messestands oder auf der Toilette. Die Besucher*innen sollen davon nichts mitbekommen und stets nur die perfekt gestylte Hostess sehen. Alle Praxen, die den Herstellungscharakter der gezeigten Schönheit offenbaren könnten, werden während der Inszenierung aus der Öffentlichkeit eliminiert. Paradoxerweise führt das möglichst umfassende Erfüllen gesellschaftlicher Schönheitsideale im Laufe der Zeit dazu, dass die Akteurinnen sich (im ‚Naturzustand‘) immer weiter von diesem Ideal entfernen. Das grelle Scheinwerferlicht, die trockene Luft der Klimaanlage, der Zwang zu einer monotonen Mimik, die geringe Wasseraufnahme während der Tätigkeit auf der Messe und die vielen angewendeten Schminkpraxen führen in der Regel dazu, dass sich die Haut von Hostessen während der Messe verschlechtert. Über diese Nebenwirkung der Hostessentätigkeit wird unter den Hostessen viel gesprochen. Tipps und Tricks, wie geschminkt und kaschiert werden müsse bzw. könne, welche Produkte besonders gut anzuwenden und hautverträglich sind und wie schlechter Haut bzw. spröden Lippen vorgebeugt werden kann, stehen oft im Zentrum der Gespräche.

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Die Diskrepanz, einerseits über Schönheit definiert zu werden, schön zu sein und Schönheit ausstrahlen zu müssen, und andererseits durch die angewandten Praktiken, Substanzen sowie durch die Umgebung das Gegenteil von definierter Schönheit zu erreichen, hat negativ erlebte Auswirkungen auf die Hostessen, die während Tätigkeit jedoch nicht sichtbar sein dürfen. Neben der kulturellen Überformung des Gesichts durch Schminkpraxen wird dem Styling der Haare große Aufmerksamkeit gewidmet. Die Wahl der Frisur ist nicht nur von der Arbeitsposition und der Hostessenkleidung abhängig, sondern vor allem auch von dem jeweiligen Markenauftritt. Der Großteil der Hostessen auf Automobilmessen trägt langes offenes Haar. Dies gilt besonders für die Position der Produktpräsentation und für Automobilmarken mit sportivem Image. Bei konservativeren Automobilmarken hingegen sind vereinzelt zusammengebundene Haare oder Hochsteckfrisur in Kombination mit formellem Outfit vorgeschrieben. Auch wenn laut interner Auskunft die Hostessenauswahl anhand von Haarfarbe nicht mehr ganz so häufig ist, wie noch vor 10 Jahren, wird durch aufwändiges Styling gleichwohl versucht, ein möglichst „ordentliches, gepflegtes und einheitliches Erscheinungsbild“ (Agenturmitarbeiterin F) zu schaffen. Das natürlich wachsende Körperprodukt Haar stellt dabei nur das Grundmaterial dar, das durch eine Reihe unterschiedlicher kultureller Praxen in ein ‚natürlich‘ scheinendes Artefakt transformiert wird.3 Durch das homogene Styling wird versucht, Haare unterschiedlichster Struktur und Beschaffenheit nach einem möglichst gezähmten Idealbild zu konstruieren. Frisuren haben in jeder Kultur symbolische Bedeutung. Kulturelle Normen und Paradigmen werden den Haaren durch Frisuren gleichsam ‚einverleibt‘ (ebd.: 15f.). Das meist lange, offene aber gezähmte Haar der Hostessen ist in der westlichen Gesellschaft ein Sinnbild für Attraktivität. Langes Haar symbolisiert den heterosexuell begehrenswerten weiblichen Körper. „Die kulturelle Symbolik der Haare ist dabei nicht ‚immer schon da‘, sie wird in der Praxis erneuert und stabilisiert (…)“ (Burkhart 2000: 67). Jenseits solcher Außenwirkungen macht eine symbolisch besetzte Frisur aber auch etwas mit der Trägerin selbst. „Mit meinen langen offenen Haaren, da fühle ich mich schon sehr feminin und sexy“ (Hostess A, 26). Janeckes schönem Bonmot zufolge sind Frisuren nicht nur auf, sondern auch immer in den Köpfen (vgl. Janecke 2004: 6). Sie sind „Projektionsfläche und Austragungsort von Selbst- und (…) Fremdzuschreibung“ (ebd.) und tragen zur Stabilisierung und Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Differenzierungen bei.

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Haare können sowohl als Schnittstelle zwischen Kultur und Natur als auch als Ausdruck einer „Naturalisierung des Sozialen“ angesehen werden (vgl. Burkart 2000: 62).

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Wenn Haare also zu Frisuren inszeniert werden, wird das gesamte Körperbild mit verändert. Denn jede Frisurentscheidung ist eine Körperbotschaft und hat eine kulturelle Aussage (vgl. ebd.: 10). Das Tragen von langen Haaren kann in diesem Kontext als geschlechtsspezifisch konstruierte Darstellungsleistung gesehen werden. Der gestylte Kopf der Hostess wird zu einer „Bedeutungssetzung im lebendigen Vollzug“ (ebd. 2004: 5). Auch das Tragen der Frisur wird so zu einem Bestandteil des doing hostess und konstruiert den Körper als Stereotyp mit. Die idealtypische Hostessenfrisur bestärkt die standinhärente Geschlechterdichotomie, indem sie sich stark vom Kurzhaarschnitt der Verkäufer und Hosts abhebt. Ein Resultat des gesamten Stylings ist, dass sich durch die kulturell besetzte Schönheitszurichtung nicht nur die Optik, sondern auch das Verhalten und Fühlen der geschminkten und zurechtgemachten Person verändert. „Ungestylt würde ich mich auf der Messe nicht gut fühlen, ich würde mich nackt fühlen; das wird ja erwartet, dass man schön geschminkt und gestylt ist“ (Hostess A, 26). Eine weitere Kollegin betont den Zusammenhang zwischen Styling und eigenleiblichem Erleben: „Wenn ich so total gestylt werde, ja, dann fühle ich mich schon noch mal ganz anders als im Alltag. Schön und sexy. Nicht, dass ich mich sonst nicht so fühlen würde, nur hier ist das noch mal total verstärkt. Man bekommt ja dauernd die Bestätigung, dass man toll aussieht und klar, wenn du von oben bis unten gestylt wirst, dann schaut man ja auch viel besser aus. Wenn ich dann in den Spiegel blicke, ist das dann schon so ein Wow-Effekt.“ (Hostess Y, 27)

Nicht zuletzt trägt das Hostessenstyling damit dazu bei, dass sich v.a. Hostessenneulinge besser in ihre Rolle einfinden können. „Wenn ich mich für die Messe herrichte, ja dann fühle ich mich noch femininer, und wenn ich dann fertig gestylt bin, dann weiß ich, jetzt bin ich Hostess, jetzt beginnt die Messe“ (Hostess I, 25). Vor allem zu Beginn der Tätigkeit, wenn die Hostess sich noch in der Aneignungsphase befindet, kann daher vom Styling auch als einem liminalen Akt gesprochen werden, der entscheidend dabei hilft, einen spezifischen Hostessenhabitus zu verinnerlichen. Durch die Performativität des Herstellens und Tragens bedeutungsbesetzten Materials am Körper gelingt es leichter, in die Rolle der Hostess zu schlüpfen. Schönheitshandeln wird hierbei von den Akteurinnen in zwei Arten differenziert: das professionelle und das eigene Handeln. Das Schönheitshandeln durch Profis wirkt sich dabei positiver auf das optische Ergebnis und das eigene Erleben aus als ein selbstdurchgeführtes Styling. „Man fühlt sich danach noch schö-

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ner, und natürlich ist man das auch“ (Hostess I, 24). Dass die äußere Zurichtung nach einem homogenisierenden Muster erfolgt und die individuelle Optik zu einem stereotypen Look verwandelt wird, wird von den von mir interviewten Hostessen hingegen weder angesprochen noch kritisiert, und auch ich selbst war als Hostess nach der Behandlung durch die Stylistin zunächst ganz unkritisch begeistert, wie folgender Auszug aus meinem Hostessentagebuch zeigt: „Für die ersten Messetage werden wir von einer Stylistin gestylt. Das Styling wurde am Vortag besprochen. Jede von uns soll ein Profi-Make-Up bekommen, das den ganzen Tag halten und kaum glänzen soll. Für mich wurde mehr Zeit als für die anderen eingeplant, was daran liegt, dass ich – anders als meine glatthaarigen Kolleginnen - sehr widerspenstiges, welliges Haar habe. Für mein Styling sind 40 Minuten angesetzt, 40 Minuten, die mir nicht bezahlt werden. Ich bin trotzdem gespannt auf das Profistyling. Geschminkt werden wie die Stars, das klingt aufregend. Das Styling erweist sich jedoch als nicht ganz so einfach. Das Auftragen von Make-Up mit Pinsel und Schwamm gelingt, soweit ich das beurteilen kann, gut und lässt meine Haut ganz ebenmäßig erscheinen, Hautunreinheiten und Rötungen verschwinden, keine einzige Pore ist mehr sichtbar. Mir wird gesagt, dass das Produkt für Fotoshootings verwendet wird und eine gleichmäßig wirkende, atmungsaktive Schicht auf der Haut bildet. An der Atmungsaktivität zweifle ich, aber das Ergebnis überzeugt. Das Augen-Make-Up beinhaltet den Auftrag von Produkten, die ich auch verwende, wenn ich mich selbst schminke: Kajalstift, Lidschatten, Mascara. Es wird jedoch mit für mich ganz neuen Farben gearbeitet. Ich bin an dezente Braun- und Beigetöne gewohnt, hier hingegen bekomme ich Silber- und Rottöne und einen blauen Lidstrich. Meine Augenbrauen werden dunkel betont, meine Lippen werden größer geschminkt und mit Lipliner umrandet, mit wasserfestem Lippenstift ausgefüllt und mit Gloss zum Glänzen gebracht. Zusätzlich werden meine Wangenknochen mit Rouge betont. Hin und wieder wird mir kurz, um das Styling nicht zu unterbrechen, ein kleiner Handspiegel gereicht, in dem sich lediglich die gerade gestalteten Körperpartien sehen lassen. Ich bin erstaunt über meine ganz anders wirkenden Gesichtspartien. Im Spiegel erscheint plötzlichen ein Schmollmund, und ich blicke überrascht in blau umrandete Augen. Nun geht es an meine Haare, die bis jetzt durch einen Zopfgummi gebändigt waren. Als Frisur sollen auch mir glatte seidige Haare verpasst werden. Auf diese Verwandlung bin ich besonders gespannt, da ich meine störrischen Naturlocken noch nie in dem Maße verändert habe. Die Stylistin versucht dies mit einem Glätteisen in der höchsten Hitzestufe und mit sehr viel Druck zu erreichen. Zum Glück habe ich vor dem Glätten darauf bestanden, dass die doppelte Menge an Hitzeschutzcreme in meine Haare massiert wird. Kurzzeitig bin ich nicht mehr am Ergebnis interessiert, sondern nur noch daran, dass mir nicht meine Haare verbrannt werden. Strähne für Strähne arbeitet sich die Stylistin durch mein Haar, es ziept unangenehm und dauert eine gefühlte Ewigkeit. Plötzlich geht die Türe auf. Eine Kollegin steht für den

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nächsten Termin im Raum und ruft: „Wow, wie schaust du denn aus?“ Meint sie das jetzt im positiven Sinn?, geht es mir kurz durch den Kopf. Ich kann kaum erwarten, das komplette Ergebnis zu sehen. Die Stylistin ist jedoch noch nicht mit mir fertig und drückt meiner Kollegin ein weiteres Glätteisen in die Hand. Diese ist, anders als ich, geübt im Haareglätten und fährt mit dem Eisen gekonnt durch ihr langes Haar. Nach einer guten Stunde, länger als eingeplant, bin auch ich fertig. Gespannt schaue ich in den Wandspiegel, in dem ich das Gesamtbild erblicke. Bin das ich?, denke ich überrascht. Noch nie wurde ich in so einem Maße optisch verändert, und ich kann nicht leugnen, es gefällt mir, auch wenn ich mich kaum wiedererkenne.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes) 4

UNIFORMIERUNG VON HOSTESSEN „Die Marken arbeiten ganz stark mit dem Status und mit dem Image des Autos. Da macht es Sinn, ein schönes Model dabeizuhaben, das einen wunderschönen Dress anhat.“ Projektmanager W.

Die einheitlich überformten Körper der Hostessen fallen besonders durch ihre uniforme Kleidung auf. Mode wird am Messestand nicht als Ausdruck von Individualität und bewusste Inszenierung der eigenen Persönlichkeit eingesetzt, sondern als Blickfang und Medium kultureller Distinktion.5 Die Körper der Messemitarbeiter*innen werden durch das Anlegen und Tragen bestimmter Kleidungsstücke geschlechterdichotom konstruiert und stellen für die Besucher*innen ein lesbares Zeichensystem dar. Grob lassen sich vier Arten von Hostessenkleidung unterscheiden. Erstens, das für Automobilmessen typische kurze, feminin betonte Hostessenoutfit, oft im Stil eines Etuikleids. Zweitens, das generell bei allen Messearten eingesetzte Hostessenkostüm, das auf Automobilmessen häufig nur aus Bluse oder blusenähnlichem Oberteil und Rock besteht und ebenfalls oft sehr kurz ausfällt. Drittens, das vor allem in der Produktpräsentation eingesetzte auffällige Cocktailoder Abendkleid mit meist tiefen Ausschnitten im Dekolleté, Rücken und Bein-

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Die Angst vor einer Schädigung meiner Haare war durch das positiv empfundene Ergebnis des Stylings wie verflogen. Daran erinnert wurde ich erst wieder Wochen später, als die Messe schon lange vorbei war und mir meine Haarspitzen zentimeterweise abbrachen.

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Zum Einsatz von Brand Fashion bei Unternehmen vgl. Giese 2009, Szodruch 2012.

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bereich. Und schließlich – noch sehr vereinzelt und medial kaum beachtet, so dass sie für das allgemeine Bild von Hostessen bislang keine Rolle spielt – die Hosenvariante.6 Für die Auswahl des Hostessenoutfits ist in erster Linie nicht das allgemeine Markenimage ausschlaggebend, sondern vielmehr der Wunsch der Hersteller, die Messegäste durch gefällige Hostesseninszenierungen an den Messestand zu locken. Sollen Hostessen dabei tendenziell als interne Firmenmitarbeiter*innen wahrgenommen werden, tragen sie eher ‚seriös‘ wirkende Kleidung im Business-Stil. Werden sie hingegen vorrangig als ‚Attraktion‘ eingesetzt, sind die Outfits deutlich auffälliger, „edler, femininer und sexy“ (Hostess B, 26). Die Raumplatzierung der Modelhostessen in exponierter Position am Messestand trägt zusätzlich dazu bei, dass die Hostessen als Teaser wahrgenommen werden. In Interviews wurde mir von mehreren Marketingverantwortlichen bestätigt, dass die Kleidung als „Lockmittel“ (Marketingverantwortliche L) verwendet wird und das Fotografieren der „auffällig angezogenen Hostessen“ (Marketingmitarbeiterin V) ausdrücklich erwünscht ist. Bei einigen Herstellern lässt sich auch ein Zusammenhang zwischen genderspezifischem, meist männlich konnotiertem Marken- bzw. Automodellimage und dem Grad der ‚Sexyness‘ der Hostessenkleidung herstellen. Ein Mitarbeiter eines Sportwagenherstellers meinte hierzu: „Natürlich ist das so gewollt. Umso sportlicher der Wagen, umso mehr PS, umso kürzer der Rock“ (Mitarbeiter T.). Jedoch muss dies kein Indikator für die Bekleidungsart der Hostessen darstellen, da die meisten Automobilmarken, egal ob Sport- oder Kleinwagenhersteller, auf sexy Bekleidung für ihre Hostessen zurückgreifen. Die häufig geäußerte Meinung, die Messekleidung trage zur Sichtbarkeit von Corporate Identity der Aussteller und zur Verbreitung von Unternehmenswerten bei (vgl. Szodruch 2007: 221, 224, 231) trifft auf Automobilmessen deshalb nur bedingt zu. Die stark sexualisierte Kleidung von Hostessen jedenfalls unterläuft in der Regel die auf technische Kompetenz, Zuverlässigkeit und Seriosität zielenden Leitbilder der meisten Hersteller. Schon Roland Barthes beschreibt Mode als semiotisches System, in welchem der Körper zur Kleidung in einem Bedeutungsverhältnis steht (Barthes 1985). Kleidung trägt zur Differenzierung von Geschlecht bei und hilft, die Ordnung

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Das Hosenoutfit besteht entweder aus einem klassischen Hosenanzug oder aus einer Hose kombiniert mit Bluse, T-Shirt oder Polo-Shirt. Die Hosenvariante ist laut internen Informationen in den letzten drei Jahren v.a. beim beratenden Hostessenpersonal häufiger anzutreffen. Noch vor wenigen Jahren wäre laut diversen Vertreter*innen der Automobilhersteller ein solcher Bruch mit Kleidungstraditionen genauso undenkbar gewesen, wie der Einsatz von Hostessen in beratender Funktion.

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innerhalb einer Gesellschaft aufrecht zu erhalten (Barthes 1985: 263). Auch Bourdieu erkannte die Wirkmächtigkeit von Textilien. „Als ‚verkörperte‘ Handlung spielen [...] Kleider eine bedeutende strategische Rolle: Die ‚kulturellen Strategien am Körper‘ dienen der Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse“ (Bourdieu 1993: 113, Hervorh. i. Orig.). In Bezug auf das Messeoutfit kann folglich von einer inszenierten, machtbesetzten Geschlechterdichotomie gesprochen werden. Besonders deutlich wird dies, betrachtet man die Verteilung des Kleidungsstoffes auf der Hautoberfläche der am Messestand anwesenden Personen. Hier springt sofort ins Auge, wer Hostess und wer Verkäufer (bzw. Host) ist. Die bedeckte Körperoberfläche der Verkäufer steht in starkem Kontrast zur sichtbaren Hautoberfläche der Hostessen. Die figurnahe Bekleidung modelliert zudem die ‚idealtypische‘ Silhouette des Hostessenkörpers und hebt signifikante Körperformen hervor. Durch Textilaussparungen im Bereich Dekolleté und Bein wird der Blick der Messebesucher*innen bewusst auf den kulturell weiblich definierten, sexualisierten Teil des Körpers gelenkt. Der geschlechtsspezifisch differente Einsatz von Stoff geht zudem einher mit der an vielen Messeständen anzutreffenden geschlechterdichotom verteilten Macht der Wissensvermittlung und spiegelt diese gesellschaftlich konstruierte Dichotomie auch visuell wider. Das Wissen über das Ausstellungsprodukt verteilt sich geschlechterbinär in das meist oberflächliche Laienwissen der Produktberatungshostessen (bzw. das vollständig fehlende Produktwissen der reinen Modelhostessen) und das Expertenwissen der Verkäufer. Die feminin gekleideten Hostessen der Produktberatung verweisen die Kund*innen bei weiteren Fragen freundlich an den männlichen Experten im Anzug. Die durch Kleidung konstruierte Geschlechterdualität wird noch offensichtlicher, betrachtet man die in auffälligem, körperbetonte, sexy Outfit passiv wirkende Modelhostess im Gegensatz zum aktiv beratenden, unscheinbar gekleideten Verkäufer oder Carexplainer. Frauen fallen hier durch ihren inszenierten Objektcharakter auf, Männer durch ihr Fachwissen. Ein männliches Gegenstück zur freizügig gekleideten Hostess existiert nicht. Weder betont die Bekleidung der männlichen Mitarbeiter Körperteile in dem Sinne wie es Hostessenkleidung tut, noch werden kulturell sexualisierte Körperteile vestimentär hervorgehoben oder umspielt. Die Kleidung der Verkäufer verdeckt außer Händen, Hals und Kopf immer den kompletten Körper. Falls Hosts eingesetzt werden, tragen diese Business-Outfits in formeller bis sportlich legerer Variante, ähnlich der Kleidung der internen männlichen Mitarbeiter oder – in wenigen Ausnahmefällen – eine Art uniformierten Freizeitdress. Allenfalls ähnelt die Farbe der der Kleidung der Kolleginnen. Vor allem das Bein aber bleibt

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stets verhüllt. Der männliche Körper wirkt durch diese Bekleidungspraxis häufig wesentlich distanzierter als der Körper von Hostessen. Durch ihre homogenisierende Wirkung weist die Hostessenkleidung starke Ähnlichkeiten mit anderen Formen der Uniformierung auf.7 Dabei ist das Hostessenoutfit eine entindividualisierte Einheitskleidung, welche in der Kombination kurzes enges Kleid plus hohe Schuhe nicht wie gewöhnliche Arbeitskleidung primär durch Funktionalität und Ergonomie geprägt ist, sondern in erster Linie die äußere konstruierte Ästhetik des weiblichen Körpers unterstreichen soll. Insbesondere im Massenauftritt grenzen sich die Hostessen dabei als ‚Einheitskörper‘ von den individuell überformten Körpern der Messegäste ab. Die Uniformierung macht die Hostessen nicht nur besonders gut sichtbar, sondern sie geht explizit einher mit der Hervorhebung und Sexualisierung des weiblichen Körpers. Diese erfolgt nicht nur durch das Betonen und Zeigen sexualisierter Körperteile durch die Kleidungsauswahl, sondern auch durch die fetischistisch aufgeladene Kombination Frau und Uniform.8 Die Individualität der Person wird durch die Uniformierung eliminiert. Es bleibt das Konstrukt ‚schöne Frau‘ nach Norm. Bei Masseneinsätzen von bis zu 150 Hostessen am Messestand wird durch das Aneinanderreihen und Aufstellen gleich proportionierter und gestylter Körper die „Schönheit der Uniformität“ (Mentges 2005) konstruiert und zelebriert und entfaltet marketingstrategisch ihre Wirksamkeit. Besucher*innen sollen an den Messestand gelockt werden. Und das scheint auch nach wie vor zu gelingen. „So viele attraktive junge Frauen auf einem Haufen, die auch noch alle so nett angezogen sind, das ist schon beeindruckend, das sieht man sonst ja nirgends, das ist schon toll“ (Messebesucher C, 64). Zusätzlich „sticht die Marke durch besonders schön gekleidete Hostessen positiv hervor und das männliche firmeninterne Personal wird optisch ausgeglichen“ wie ein Marketingmitarbeiter es einmal ironisch formulierte (Marketingmitarbeiter W).

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Uniformen sind kulturell aufgeladene Kleidungselemente und dienen der Komplexitätsreduktion innerhalb einer Gesellschaft (Mentges 2005: 8f.). Die Uniform erleichtert das Lesen von Bedeutung und dient als Kommunikationsmuster zur Orientierung und Ordnung einer bestimmten Gesellschaftsgruppe. In ihrer Optik ist sie gekennzeichnet durch ihr immer wieder zu erkennendes Erscheinungsbild sowie durch ihr Auftreten in der homogenen Masse (ebd.).

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Ähnlich wie Flugbegleiterinnen, die immer noch am „Mythos Stewardess“ (Henkel 2007) gemessen werden, erleben auch Hostessen eine Sexualisierung ihres Berufsfeldes. Die uniformierte Berufskleidung trägt hierbei zweifellos zum sexualisierten „Mythos Hostess“ bei. Die einschlägige Erotikliteratur zu beiden Berufsgruppen zeugt von dieser Mythisierung (vgl. etwa Nilon 2008, 2012a, 2012b).

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Jenseits solcher marketingstrategischen Effekte hat die Uniformierung aber auch Auswirkungen auf die eigenleibliche Wahrnehmung ihrer Trägerinnen. Das Tragen der Hostessenkleidung beeinflusst – in einem viel intensiveren Sinne, als dies im Alltag der Fall ist – das Fühlen und Verhalten. Viele der Hostessen erzählten mir, dass sie sobald sie in das körperbetonte Kleid schlüpfen, die „typische Hostessenart“ (Hostess I, 24) annehmen und ihren Körper noch genauer wahrnehmen und kritischer betrachten. Die äußere Zurechtmachung der Hostessen wirkt sich dabei nicht zuletzt deshalb so stark auf ihr leibliches Empfinden aus, da sie das von ihnen dargestellte idealtypische Frauenbild im Kontext Messe in der Regel durchaus auch selbst gerne verkörpern wollen. Automobilmessen gelten unter Hostessen als die Messen mit den höchsten optischen Ansprüchen an die Bewerberinnen. Viele Hostessen streben daher danach, einmal auf der ‚höchsten‘ Stufe der Karriereleiter angekommen, auch dem Ideal der schönen Frau möglichst umfassend zu entsprechen. Tatsächlich ist die Möglichkeit der Verkörperung eines Idealbildes und die daraus bezogene externe Bestätigung für Viele ein entscheidendes Motiv dafür, überhaupt auf Automobilmessen zu arbeiten. Die meisten der von mir befragten Hostessen äußerten in Gesprächen ganz explizit, dass sie gerne als „schöne, sexy Frau“ (Hostess A, 28) wahrgenommen werden und deshalb auch ein „feminines und sexy Hostessenoutfit“ (Hostess L, 24) tragen möchten. Meist wissen die Hostessen im Voraus, welche Marke mit welchem Kleidungsstil auf der Messe vertreten wird (z.B. Etuikleid oder Kostüm). Feminin und sexy sind in der Regel alle Outfits, die Konnotation kann jedoch unterschiedlich starke Ausprägungen haben. Da die Hostessen in der Regel bis kurz vor dem eigentlichen Einsatz nicht genau wissen, wie ihr Outfit aussieht, entbehren sie bei der letztendlichen Zuteilung der Kleidung jeglicher Handlungsmacht. Selbst wenn das zugeteilte Outfit in der Regel weitgehend dem im Vorfeld kommunizierten Kleidungsstil entspricht, ist das Tragen der Hostessenkleidung zu Beginn der Tätigkeit ungewohnt. Vor allem deshalb, weil die uniforme und sehr figurnahe Kleidung dazu verleitet, sich permanent körperlich mit den Kolleginnen zu vergleichen. Wie schnell man sich an das Tragen gewöhnt, hängt nicht zuletzt damit zusammen, wie wohl man sich in dem Outfit fühlt. Eine wirkliche Wahl hat man zu diesem Zeitpunkt nicht. „Generell, kommt es auch drauf an was für ein Kleid man anhat. Das weiß man ja vorher nicht. Das haben wir erst einen Tag vorher erfahren, was wir überhaupt tragen werden. Da kann man dann auch nicht mehr zurück.“ (Hostess N, 23) „Waren alle begeistert?“ (T. Kubes)

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„Hm, na ja, wir wurden dann teilweise getauscht, ich war erst für Marke [...] eingeteilt, da war mir das Kleid viel zu groß, da habe ich mich gefühlt wie in einem Sack, total unförmig, und dann musste ich noch mal wechseln. Und dann gab es natürlich wieder Mädchen, wie das so immer ist, eine musste zu Marke [...], die gerne ein Kleid angehabt hätte, aber eine Hose bekommen hat. Es gibt immer so ein paar Reibereien, aber an sich sind die Kleider ja alle, gerade hier bei uns, sehr schön. Und deswegen waren im Großen und Ganzen auch alle zufrieden, denke ich, mit den Kleidern.“ (Hostess N, 23)

Ob die Kleidung als angenehm empfunden wird, hängt aber nicht allein von deren Stil ab, auch die zeitliche Komponente spielt eine Rolle. Eine Kollegin meinte hierzu: „Also ich finde schon, dass wir halt ein schönes Outfit haben, so mit diesem schlichten klassischen Kleidchen und den hohen Schuhen. Das ist alles etwas dezenter. Aber bei Marke [...] finde ich es etwas grenzwertig, da würde ich nicht zwei Wochen so dastehen wollen. Die haben so einen transparenten Minirock an. Für zwei bis drei Tage, ja, wieso nicht, ist halt sehr sexy. Aber zwei Wochen lang, das geht dann, glaube ich, schon irgendwann mal an die Substanz.“ (Hostess L, 24)

Eine ähnliche Antwort erhielt ich von einer der im Zitat angesprochen „grenzwertig“ (ebd.) gekleideten Hostessen. Ihr Messeoutfit bestand aus einem engen Minirock und einer engen schulterfreien Bluse mit transparentem Stoffeinsatz an Brust- und Beinseite, kombiniert mit schwarzen High Heels. „Also ich fand es damals vor 2 Jahren bei der Marke Z [T. Kubes] besser als jetzt bei Marke X [T. Kubes]. Es ist halt so, dass nur Männer auf der Messe sind, und das Kleid hat sehr viele Ausschnitte, man kann eigentlich keinen BH, eigentlich gar keine Unterwäsche anziehen. Und dann die ganze Zeit noch die hohen Schuhe. Und wenn man sieht, was die Mädels bei Marke J [T. Kubes] anhaben, die haben Hosen und sogar flache Schuhe an, da würde man sich in solchen Klamotten auf Dauer deutlich wohler fühlen. So ein Kleid ist sehr schön für ein paar Tage, aber für 14 Tage hat man dann keine Lust mehr darauf.“ (Hostess A, 22)

Generell kann jedoch, wie bereits angedeutet, nicht davon ausgegangen werden, dass Hostessen lieber in bequemer Freizeitkleidung arbeiten würden. Folgende zwei Interviewsequenzen verdeutlichen dies eindrücklich: „Hose, T-Shirt und Turnschuhe, das ist nicht das Outfit, das man hier erwartet. Klar ist das bequemer, aber wenn man das will, dann darf man eben nicht auf einer Automesse arbei-

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ten. Hier ist einfach die Optik wichtig, deshalb kommen ja auch die Leute, und natürlich möchte man dann auch ein tolles Outfit anhaben.“ (Hostess I, 28) „Na wenn ich schon auf der IAA arbeite, dann möchte ich schon auch so ein schönes Kleid anhaben. Das gehört einfach dazu, das kennt man ja auch so. Die Marke B [T. Kubes] hat immer besonders schöne Outfits. Deshalb würde ich das nächste Mal gerne für die Marke B [T. Kubes] arbeiten.“ (Hostess I, 24)

Während der Pressetage kommt der Inszenierungs- und Bekleidungspraxis der Hostessen ein noch höherer Stellenwert zu als während der allgemeinen Besucher*innentage. Im vor allem medial bedeutsamen Rahmen der Pressetage empfanden ausnahmslos alle befragten Hostessen die eigene stereotype Hostessendarstellung als sehr wichtig und auch als sehr positiv. Den Körper jedoch über die Pressetage hinaus auch weiterhin auszustellen, wird zumindest phasenweise als körperlich sehr anstrengend und psychisch belastend gewertet. „Zwei Tage im Rampenlicht zu stehen und von der Presse fotografiert zu werden, das macht wirklich richtig Spaß. Danach ist es häufig echt nervig mit den Besuchern, die versuchen, dir mit ihren Handys unter den Rock zu fotografieren.“ (Hostess N, 27)

Durch die zahlenmäßig weit größeren Besucher*innenmassen kommt den Hostessen während der darauffolgenden Besucher*innentage zwar noch mehr Aufmerksamkeit zu. Das Wahrgenommen- und Gesehenwerden hat jedoch nicht die gleiche Wertigkeit wie während der zugangsbeschränkten Pressetage. „Pressetage, das sind die VIP-Tage der Messe, da schaut man besonders darauf, dass man toll aussieht“ (Hostess I, 24). Nicht nur ist während dieser Zeit die Wahrscheinlichkeit am größten, von wichtigen Medienvertreter*innen wahrgenommen zu werden und in Fernsehen, Print- und Internetmedien zu erscheinen, auch wird während dieser Zeit von den Automobilfirmen selbst mit großem Nachdruck auf die korrekte Darstellung und Präsentation der Hostessen geachtet. Die Wichtigkeitszuschreibung der Pressetage ist zusätzlich bemerkbar durch das oft auf diese Tage beschränkte professionelle Styling, durch die verbreitete Vorgabe, ausschließlich Schuhwerk mit sehr hohem Absatz zu tragen, durch das intensive Einüben der Fahrzeugenthüllung und die Reduktion der Beratungstätigkeiten auf Null. Dass die Einstellung von Hostessen ihrem Outfit gegenüber im Verlauf der Messe starken Schwankungen unterliegt, verdeutlicht einmal mehr, dass es sich bei der Bekleidungspraxis um einen kommunikativen Akt handelt. Wie alle kommunikativen Akte ist er abhängig von einer ganzen Reihe von Faktoren. In

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diesem Fall neben persönlichen Vorlieben vor allem von konkreten Handlungsabläufen, von der zeitlichen Tragedauer und von den beteiligten Interaktionspartner*innen.

BEINBEKLEIDUNG, HIGH HEELS UND DIE IDEALTYPISCHE HOSTESSENPOSE „Ja, ich trage schon High Heels, aber dann halt eher für besondere Anlässe oder zum Ausgehen. Das ist halt nervig, die den ganzen Tag anzuhaben und auch noch zu stehen.“ Hostess A, 22

Je nach Rocklänge kommt das bei Hostessen stark sexuell konnotierte Bein zum Vorschein. Es gibt nur wenige Hostessenoutfits, die nicht großzügig das Bein zeigen oder betonen. Wenngleich dadurch der Großteil des Beines sichtbar ist, sollen die Beine zwar nackt wirken, dürfen es aber mehrheitlich nicht sein. Dieser paradoxe Effekt lässt sich mit einer hautfarbenen Feinstrumpfhose erzielen. Die Beinbekleidung hat dabei zunächst eine kosmetische Funktion: Die Strumpfhose wirkt als anziehbares Make-Up. Die Beine der Hostessen erscheinen in Farbe und Textur homogen wirken makellos, leicht glänzend aber trotzdem natürlich.9 Der Hostessenkörper wird so weiter perfektioniert und an den normierten Idealtyp der schönen Frau angeglichen. In scheinbarem Widerspruch dazu wird in jüngster Zeit bei einigen Automobilkonzernen mit besonders ausgeprägtem „sexy Hostessen-Image“ (Marketingmitarbeiter F) bewusst auf die Inszenierung des (tatsächlich) nackten Hostessenbeins gesetzt. Der subjektiv empfundene Schönheitsdruck wird dabei von den Betreffenden noch einmal stärker wahrgenommen, da die kaschierende und komprimierende Wirkung der Strumpfhose wegfällt. Das Bein sieht nicht mehr nur nackt aus, es fühlt sich auch nackt an. Gleichgültig aber, ob das Hostessenbein nackt ist oder nur nackt aussieht, in jedem Fall gilt: Um dem kulturell definierten Ideal zu entsprechen werden die Beine von Hostessen einem hohen Optimierungsaufwand unterzo-

9

Da das Bein trotz hinzugefügten externen Materials möglichst nackt wirken soll, darf laut interner Auskunft keine blickdichte hautfarbene Strumpfhose getragen werden. Andersfarbige Strumpfhosen sind in der Regel ebenfalls nicht gestattet. Schwarze Strumpfhosen sind mir nur von einem einzigen Hostesseneinsatz bekannt.

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gen. Erst durch eine ganze Reihe von Körperüberformungspraxen werden sie zu perfekten ‚Hostessenbeinen‘. Zentrales Element, das nicht nur das Hostessenbein schmückt, sondern das ganze Konstrukt Hostess miterschafft, ist das zum Messeoutfit zu tragende Schuhwerk. Keine andere körperüberformende Maßnahme wird so rege medial rezipiert und kontrovers diskutiert wie die Fußbekleidung der Hostessen. Einerseits verlieren Hostessen durch das Tragen von hohen Pumps und High Heels an Standfestigkeit und Bodenhaftung. Andererseits verändern und verlängern die hohen Absätze die Optik der Beine und verstärken dadurch ihre sexuelle Strahlkraft. Die Schuhe der Hostessen stehen dabei im starken Widerspruch zur Symbolik des Automobils. Dieses steht für Bewegung, Unabhängigkeit, Schnelligkeit und Fortschritt. Keine dieser Eigenschaften spiegelt sich in der Hostesseninszenierung wider. Mehr noch, High Heels, enge Röcke und auffällige Abendkleider erschweren das Autofahren ganz erheblich. Alle von mir interviewten Modelhostessen meinten, dass sie mit ihren hohen Arbeitsschuhen nicht Auto fahren würden und das zum Teil auch gar nicht könnten. Der Einsatz von High Heels und Pumps als Hostessenschuh leistet einen großen Beitrag zur Fetischisierung des Hostessenbeins.10 Zahlreiche im Internet kursierende Fotos zeugen davon. Das Handelsblatt hat die IAA gar als „Frankfurter Leitmesse für Fußfetischismus und Absatzchrom“ (Anonymus 13, o.J., Handelsblatt Online) bezeichnet. Nicht nur in Medien und Internet spielt das Thema Schuhe aber eine große Rolle, ihm wurde auch bei meinen Interviews mit Hostessen und Marketingmitarbeiter*innen immer wieder ein extrem hoher Wert beigemessen. Während meiner Teilnahme im Feld waren in der Freizeit wenige Themen so zentral wie Schuhe und Füße. Mit gutem Grund. Durch den Absatz verändert sich die Gewichtsverteilung des Körpers. Die Lastverteilung erfolgt nicht, wie dies bei flachen Schuhen der Fall ist, auf den gesamten Fuß, sondern wird auf den Vorderfuß beschränkt. Der Fußballen wird

10 Die Körperaufwertung und Fetischisierung des Körpers, sowie einzelner Körperteile beruht laut Bette auf der durch den rasanten Modernisierungsprozess hervorgerufenen, wachsenden Distanzierung zum Körper (vgl. Bette 1989: 6f.). Unzählige Beispiele dazu finden sich in Online-Zeitschriften und -Zeitungen, Onlineportalen, Foren, sozialen Netzwerken (z.B. Facebook) und Videokanälen (z.B. youtube). Exemplarisch hierzu zwei Links zu Videos von Hostessenschuhen und -füßen: http://www.youtube.com/watch?v=S0mmMyghin8 [05.04.2015]. https://www.youtube.com/watch?v=_-QRky577W8 [05.04.2015].

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dabei durch das Dauerstehen während des doing hostess stark belastet. Die durch den Absatz bedingte Verlagerung des Körperschwerpunkts bedingt weiterhin eine Veränderung der gesamten Körperhaltung. Die Gesamthöhe der Hostess nimmt zu, das Erscheinungsbild wirkt dadurch insgesamt schlanker. Um auf hohen Schuhen sicher gehen und v.a. auch posieren zu können, muss der gesamte Körper in permanenter Körperspannung gehalten werden. Um eine stabile Körpermitte zu gewährleisten, wird der Bauch angespannt und wirkt dadurch flacher. Die Brust wird dadurch automatisch weiter nach vorne geschoben und wirkt größer, der Po wird durch die Erhöhung der Fersen angehoben und erscheint runder. Die Proportionen und Rundungen des Hostessenkörpers werden also durch den Einsatz von hohen Absätzen erheblich verändert. Die Beinlinie wird verlängert, der Oberkörper bleibt in seiner ‚natürlichen‘ Länge bestehen. Dieses bewusst erzeugte veränderte Bein/Oberkörper-Verhältnis betont die unteren Extremitäten und nähert die Gesamtsilhouette dem Goldenen Schnitt an. High Heels verändern nicht nur die allgemeine Optik der Trägerinnen, sondern haben physische Auswirkungen auf den Bewegungsapparat. Das habe ich während meiner Feldforschungsphase selbst intensiv leiblich erleben müssen. Neben oft unerträglichen Schmerzen in Füßen und Beinen, können Blasen und Druckstellen an Zehen und Füßen entstehen, die Sehnen werden überlastet, der Rücken verspannt. Die meisten dieser Probleme lassen sich unmittelbar auf die Dauerbelastung durch die spezielle Hostessenpose zurückführen. Auch wenn mir die Geh- und Stehtechniken mit Absatzschuhen im Großen und Ganzen bekannt waren, war mir vor meiner Teilnahme im Feld keineswegs klar, dass das konforme Dauerstehen körperliche Schwerstarbeit ist und eine enorme Herausforderung darstellt. „Das ist noch mal was total anderes und erst recht, wenn man nicht an hohe Schuhe gewöhnt ist, dann kann das hier ein ganz schöner Schock werden“ (Hostess L, 24). Oder wie es eine Ex-Hostess in einem Forumbeitrag drastisch formulierte: „Und dazu KANN ich eben nur sagen, dass das Wörtchen ‚schmerzhaft‘ manchmal nicht ausreicht, um den Zustand der Füße nach ein paar Stunden zu beschreiben!!! Und jeder der etwas anderes behauptet, hat die Erfahrung wohl nicht gemacht und kann sich dementsprechend gar nicht anmaßen, sich dazu zu äußern! Jedes Mädel, die einen solchen Job schon mal gemacht hat, hingegen weiß, wovon ich rede! Je nach Schuhart bringt es dich manchmal nach 4 Stunden um und wenn du Glück hast spürst du sie [die Füße, T. Kubes] nach 6 Stunden gar nicht mehr, weil die Schuhform eine Durchblutung schon lange nicht mehr zulässt... Trainieren kann man das nicht! (Zumal ich privat ohnehin fast nur hohe Schuhe trage!) Das ist keine muskuläre Geschichte, sondern eine anatomische! [...] Und in Stöckelschuhen LAUFEN ist ja auch kein Problem, aber versuch mal ’nen ganzen Tag

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lang damit auf der Stelle zu stehen und dich vielleicht mal 3 Schritte nach links oder rechts zu bewegen. Probier es aus! Das STEHEN ist das Problem! Wenn du stehst, sackt dir das ganze Blut mit den Stunden in die Füße, und weil du sie nicht bewegst, bleibt es eben auch da!“ (SportySpicy 2007, Hervorh. i. Orig.; Forumbeitrag)

Je nach Beschaffenheit des Schuhs und der individuellen Form des Fußes kann es auch bei qualitativ hochwertigen Schuhen schon in der Eingewöhnungsphase zu Geh- und Stehproblemen kommen. Wenn zudem noch das Material starr und kaum dehnbar ist, wie z.B. bei Lackleder, können schon nach kurzer Tragedauer starke Fußschmerzen auftreten. Es scheint dennoch, dass das Gros der Hostessenschuhe von den Zuständigen der Marketingabteilungen primär nach ihrer Optik ausgesucht wird. Bei fast allen Verantwortlichen (wie auch bei den Standmitarbeiter*innen) ist es Konsens, dass das Stehen auf hohen Schuhen einfach ein elementarer Bestandteil der Hostessentätigkeit ist. Immerhin in einigen wenigen Interviews haben Verantwortliche von Automobilkonzernen den geringen Tragekomfort der eingesetzten Schuhmodelle angesprochen und eingeräumt, dass High Heels eigentlich nicht das optimale Schuhwerk für eine Messe darstellen. Tatsächlich hat eine sehr kleine Zahl von Automobilmarken es nicht beim Gedanken belassen und reagiert. Sie erlauben zusätzlich zu den typischen Pumps oder High Heels Wechselschuhe mit niedrigem Absatz. Diese dürfen erst getragen werden, wenn dazu explizit die Erlaubnis erteilt wird – meist erst gegen Messeende oder wenn bei einer Hostess die Schmerzen in den hohen Schuhen so stark werden, dass das geforderte Hostessenlächeln überhaupt nicht mehr gelingt. Generell ist festzustellen, dass für die reine Produktpräsentation meist ein höherer und dünnerer Absatz als bei der Position der reinen Produktberatung gewählt wird. Auch muss bei der vorgeschriebenen Schuhwahl zwischen Presseund Besucher*innentagen unterschieden werden. Während der Pressetage wird ausnahmslos bei allen Automobilmarken die höhere Variante getragen. In einigen Fällen ist der Kauf passenden Schuhwerks auch den Hostessen selbst überlassen. Art, Form, Farbe, Absatzhöhe und maximaler Preis werden dann von der Agentur vorgegeben und vertraglich festgelegt. Meist handelt es sich hierbei um klassische schwarze Absatzschuhe.11 Die Angaben lauten dann

11 Als Pumps bezeichne ich den klassischen geschlossenen, meist schwarzen Damenschuh mit Absatz. Als High Heels werden in der Regel alle Absatzschuhe mit mehr als 10 cm Absatzhöhe bezeichnet. In der Alltagssprache wie auch auf Automobilmessen werden die Bezeichnungen Pumps und High Heels jedoch oft synonym verwendet.

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etwa: „Schwarzer Leder-Pump, ab 7cm, runde Form, kein Plateau, keine Applikationen, bis 100 Euro“ (Vertragsangabe, Agentur F).12 Das Schuhwerk ist nicht nur stilbildend für das Bild der Hostess in der Öffentlichkeit, sondern beeinflusst die Trägerin körperlich und leiblich. Pumps und High Heels haben Auswirkungen auf das physische und psychische Befinden der Trägerinnen. Das Tragen erfordert durch den verschobenen Körperschwerpunkt spezifisch angeeignete Techniken, um überhaupt gehen und dauerhaft stehen zu können. Marcel Mauss analysierte in seiner ethnologischen Studie „Die Techniken des Körpers“ den kulturell unterschiedlichen Gebrauch des Körpers (Mauss 1975: 197-220). In seinem funktionalistischen Körpertheorieansatz stellt er fest, dass Bewegung und Körperhaltung im interkulturellen Vergleich different sind und Körperpraktiken innerhalb einer soziokulturellen Gemeinschaft einem historischen Wandel unterliegen (ebd.: 199). Techniken werden von Generation zu Generation weitergegeben und tradiert (ebd.: 203, 205). Die sozialisierten Körperkonzepte wirken für die jeweilige Kultur sinnstiftend und helfen dem Individuum, sich an seine Gesellschaft anzupassen. Körpertechniken im mauss’schen Sinne sind nicht von Natur aus gegeben, sondern kulturell determiniert. Das kulturell angepasste Körperkonzept bildet das Fundament der Gesellschaft und dieses spiegelt sich in jedem einzelnen Körper wider Der Körper wird nach dieser Auffassung durch kulturelle Körpertechniken sozial gesteuert, was dem Individuum die Koordination innerhalb der Gesellschaft erleichtert und Sicherheit erzeugt (Mauss 1975: 219f.). Er bleibt Instrument des Subjekts, wird jedoch durch seine Anpassung an die kulturellen Gegebenheiten zugleich Objekt der Gesellschaft. Persönliche Bedürfnisse werden dadurch ent-individualisiert, umgeformt und der Gesellschaft zweckmäßig angepasst (ebd.). An anderer Stelle bezeichnet Mauss den Körper als das „erste und natürlichste Instrument [...] und gleichzeitig technische Mittel des Menschen“ (Mauss 1975: 206) und wunderte sich schon in den 1930er Jahren über die erforderlichen Fertigkeiten der Absatzträgerinnen: „Ich verstehe übrigens immer noch nicht wie die Damen auf ihren hohen Absätzen gehen können“ (Mauss 1975: 215).

Wenn ich von hohen Schuhen spreche sind damit Absatzschuhe mit mindestens 8 cm gemeint. 12 Entlohnt wird sie für diesen Zusatzaufwand in der Regel nicht. Auch die Auslage für den Schuhkauf bekommt sie in der Regel erst mit der Vergütung der Messetätigkeit, i.d.R. einige Wochen nach Messe-Ende, erstattet. Getragene Schuhe dürfen meist behalten werden.

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Dass das Gehen eine sozialisierte Bewegungsart darstellt, zeigt sich überdeutlich, wenn durch beinverlängernde Maßnahmen die natürliche Fußhaltung stark verändert und Belastungspunkte verschoben werden. Die hostessentypische Gangart und die Art zu stehen und zu posen ist entsprechend eine Art, den Körper einzusetzen, die man erst erlernen muss. Noch strikter als im Alltag gilt dabei: „Die Stellung der Arme, der Hände während des Gehens, stellen eine soziale Einheit dar und sind nicht einfach ein Produkt irgendwelcher rein individueller, fast ausschließlich psychisch bedingter Handlungen und Mechanismen“ (Mauss 1975: 202).13 Für die Darstellungspraxis der idealtypischen Hostess müssen Körpertechniken neu erworben werden. Sie erhalten dadurch zugleich eine neue Bedeutungszuweisung. Oft geschieht das jedoch wenig systematisch. Die Hostessenpose unterscheidet sich stark vom alltäglichen Stehen, wird jedoch weder im Vorfeld eingeübt noch werden eventuelle Komplikationen bei der Durchführung thematisiert. Die gekonnte Umsetzung wird von den Akteurinnen als selbstverständlich vorausgesetzt: „Gibt es eine spezielle Pose wie man sich hinstellt?“ (T. Kubes) „Ja, man lächelt und posiert ein bisschen. Hand in die Hüfte, ja genau so wie meine Kollegin das gerade so schön demonstriert.“ (Chefhostess N, 26) „Wird die Hostessenpose vorher eingeübt?“ (T. Kubes) „Nein, das weiß man einfach, das ist auch so ein Einstellungskriterium, dass man weiß, wie man zu lächeln und zu posen hat.“ (Chefhostess N, 26)

Generell gibt es eine typische Pose, die sehr häufig medial reproduziert wird und von Hostessen in der Regel nur leicht variiert wird. Die gesamte Körperhaltung ist hierbei stark feminin konnotiert. Die Fußstellung ist schmal, die Hüfte leicht

13 Mauss’ Theorie ist nicht unumstritten. Kritik wurde u.a. von Gesa Lindemann und Mary Douglas geäußert. Lindemann betont in ihrer Körper-Leib Phänomenologie die Miteinbeziehung des Leibes in den Forschungsprozess (Lindemann 1996). Der Körper ist trotz der gesellschaftlichen Anpassung nicht nur kulturelles Objekt, sondern immer auch leibliches Subjekt mit individuellen Gefühlen (ebd.). Für Mary Douglas hingegen ist Mauss' Behauptung, dass natürliches Verhalten bei Menschen an sich nicht existiere, irreführend. Ihrer Ansicht nach lokalisiert er den Antagonismus zwischen Natur und Kultur dabei falsch (Douglas 1974: 104). Für Douglas gibt es universelles Verhalten, welches jedoch immer kulturell determiniert ist. Mauss hingegen sieht im Körper das Abbild der Gesellschaft. Für ihn gibt es weder so etwas wie natürliches Verhalten noch eine natürliche Wahrnehmung (Mauss 1975).

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geknickt. Das Hauptgewicht ruht nicht gleichmäßig auf beiden Beinen, sondern im Kontrapost auf dem Standbein. Das leicht angewinkelte Spielbein wird etwas nach außen gedreht und weniger als hüftbreit platziert. Um die leicht asymmetrische Pose erzeugen zu können, wird immer ein Bein stärker belastet als das andere. Der Kopf ist gerade oder wird leicht schräg gelegt. Die Arme können zur Entlastung kurz beide in die Hüfte gestützt werden, wechseln sich aber in der Regel wie auch die Beine in ihrer Stellung ab. In der Regel ist ein Arm leicht in die Hüfte gestützt, der andere hängt locker nach unten, ohne sich am Körper festzuhalten. Die folgenden Abbildungen zeigen die gerade beschriebene typische Hostessenpose. Die Aufnahmen entstanden, nachdem ich Hostessen verschiedener Automobilmarken gebeten hatte, mir die typische Hostessenhaltung vorzuführen. Wenig überraschend, wurden alle Vorführungen in analoger Art nach dem beschriebenen Schema ausgeführt. Die einseitige Belastung der Beine, bzw. die einseitige dominante Stellung der Arme kann immer nach einiger Zeit verändert werden. Die Armstellungen variieren insgesamt stärker als die der Beine. Eine mögliche Position, die jedoch nur selten als Fotomotiv dient und auch nicht als typisch gilt, ist etwa das Verschränken der gefalteten Hände vor dem Schoß oder hinter dem Rücken. Bei allen Posen bleibt der Körper insgesamt in starker Spannung. Die Schultern werden nach hinten gezogen, der Bauch angespannt und die Brust nach vorne geschoben, der Kopf strebt nach oben. Generell versucht man, ich spreche hier aus eigener Erfahrung, v.a. bei sehr engen Kleidern, eher in den Brustkorb als in den Bauch zu atmen. Die angeeignete Körperhaltung unterscheidet sich von der eigenen kulturell geformten aber dennoch individuell modifizierten Haltung durch mehrere Aspekte. Die typische Hostessenpose speist sich aus wenigen Bewegungsabläufen. Die Varianz der Bewegungen ist stark reglementiert. Das Bewegungsfeld und die Raumeinnahme des Körpers sind stark eingeschränkt. Die Körpertechnik des Posierens beinhaltet durch die geringe Bewegungsvariation eine Einschränkung in der Bewegungsfreiheit, welche durch die Zuweisung zum jeweiligen Automobil bzw. Präsentationsplatz noch zusätzlich reguliert wird. Bei beratender Tätigkeit ist die Bewegungsmöglichkeit zumindest so groß, dass sich die Hostess für Vorführzwecke um das Automobil herumbewegen kann. Während der Produktpräsentation hingegen hat sie einen festen Platz am Ausstellungsobjekt, in der Regel auf Fahrerseite in der Nähe der Fahrertür. Ihr Bewegungsareal ist dabei auf etwa einen Meter im Quadrat beschränkt. Da die Hostessenpose lediglich das Verlagern des Gewichts von einem auf das andere Bein beinhaltet, kann selbst dieser geringe zugewiesene Raum mit dem Körper kaum je ganz genutzt werden.

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Die dadurch statisch wirkende Hostessenpose lässt sich gut mit dem theaterwissenschaftlichen Vokabular Erika Fischer-Lichtes beschreiben, die untersucht, wie das „Oszillieren zwischen Material- und Signifikantenstatus zu fokussieren und zu verstärken“ versucht (Fischer-Lichte 2003: 107). Der Einsatz von langsam ausgeführten Bewegungen bei Schauspieler*innen wäre eine solche Strategie. Bei der Produktpräsentation wirkt die Ausführung der Hostessenbewegungen in vielerlei Hinsicht wie eine verlangsamte eingeschränkte Bewegung. Allerdings wird durch die geringe Bewegungsvarianz nicht (wie dies bei Theaterschauspielenden durch langes Schweigen und die Einnahme einer starren Pose in der Regel beabsichtigt ist) Irritation ausgelöst. Die Rezipierenden der Automobilmesse sind diese Art der inszenierten stummen Unbeweglichkeit gewöhnt. Trotz der geringen Variabilität der Pose wird die Aufmerksamkeit auf die Hostess gelenkt. Im Kontext der Automobilmesse ist diese Inszenierungspraxis mithin Common Sense. Auffällig ist jedoch, dass gerade durch die geringe Vielfalt an Variationsmöglichkeiten nicht mehr den Bewegungen an sich Bedeutung zugewiesen wir, sondern, wie später noch gezeigt werden wird, den Körperteilen, die diese ausführen.

DER HOSTESSENHABITUS „Wer sich als junges Mädchen aus einfachen Verhältnissen dank ‚natürlicher‘ Schönheit in die Obhut etwa von Ausbildungsschulen für Hostessen begibt, kommt als ‚anderer‘ Mensch heraus; die Art zu gehen, sich zu setzen, zu lachen und zu lächeln, zu sprechen, sich zu kleiden und zu schminken und vieles mehr ist danach von Grund auf umgemodelt.“ Bourdieu 1987: 328-329

Der Körper der Hostessen ist, ähnlich wie Bourdieu es für Ausbildungsschulen junger französischer Mädchen beschreibt, der Ort, an dem hostessentypische Verhaltens- und Bewegungsabläufe angeeignet und so inkorporiert werden, dass sie im Kontext Messe natürlich erscheinen und scheinbar automatisch vonstattengehen. Bei Hostessen sind es vor allem Körpertechniken und Emotionsarbeit, welche die idealtypische Hostessenpose und die mimische Leistung des Dauerlächelns hervorbringen. Das Wissen, wie der Körper für die Messe zurechtgemacht werden soll und wie mit dem Körper umzugehen ist, ist ausschlaggebend

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dafür, das normativ hervorgebrachte Schönheitsideal der Hostessen nach außen verkörpern zu können. Das spezifisch angeeignete und benötigte Wissen kann mit Polanyi als tacit knowledge (1958, 1966) bezeichnet werden und geht nach der Aneignung wie selbstverständlich in den Habitus einer Hostess über.14 In diesem Sinne lässt der Habitus die Akteurinnen wissen, wie sie sich im sozialen Feld Automobilmesse verhalten sollen (vgl. Bourdieu 1989: 403f., Bourdieu 1976: 169). Das Zusammenspiel von Körperüberformung, Körpertechniken und Emotionsarbeit materialisiert sich in der Erscheinung der Hostessen und ist nach außen sichtbar, beeinflusst aber auch das Erleben und Spüren dieser. „Der Leib glaubt, was er spielt: er weint, wenn er Traurigkeit mimt [...]. Was der Leib gelernt hat, das besitzt man nicht wie ein wiederbetrachtbares Wissen, sondern das ist man“ (Bourdieu 1993: 135). Durch die Einverleibung der für die Hostessenperformanz notwendigen Praxisstrukturen ist der Hostessenhabitus, einmal angeeignet, den Hostessen immanent und fungiert als „strukturierende Struktur“ als „Erzeugungs- und Ordnungsgrundlage[n] für Praktiken und Vorstellungen“ (vgl. Bourdieu 1993: 99). Er erfüllt eine doppelte Funktion: Er ist sowohl Produkt des Handelns der Hostessen als auch die Handlungsweise, an der man sich orientiert, um das doing hostess ausführen zu können. Wie als Hostess zu agieren ist, wie der Körper zurechtgemacht wird und wie sich dieser präsentieren soll, ist Teil einer kollektiven Praktik, die sich in „Wahrnehmungs- Denk- und Handlungsschemata“ (Bourdieu 1993: 101) von Hostessen niederschlägt. Hostessen übernehmen also bewusst wie unbewusst den starren Hostessenhabitus, welchen sie für die Ausführung ihrer Tätigkeit benötigen und inkorporieren ihn so weit, dass sie auch in den meisten Situationen von selbst als Hostess agieren möchten. Der charakteristische Hostessenhabitus wird dabei Teil des Körperkapitals (Wacquant 1995) der Betreffenden. Auch wenn Hostessen gerne den Hostessenhabitus annehmen, besteht dennoch oft eine Diskrepanz zwischen dem, was eine Hostess fühlt, und dem, was ihr Körper zeigt. Wie weiter unten noch dargestellt werden wird, lernt der Körper erst durch den Einsatz von Emotionsarbeit, dem hostessentypischen Habitus in möglichst allen Situationen gerecht zu werden. Eine sichtbare Variabilität der Handlungsmöglichkeiten bezüglich Mimik, Gestik und Pose besteht, speziell bei Modellhostessen, im Kontext Messe nicht. Mit Norbert Elias ließe sich hier auch von einem Wandel vom auferlegten Fremdzwang zum (fast) unbewussten Selbstzwang sprechen (vgl. Elias

14 Der Begriff tacit knowledge des Philosophen Michael Polanyi wird auf deutsch auch mit den Ausdrücken implizites oder stilles Wissen bezeichnet und lässt sich gut auf das Wissenskonzept von Hostessen anwenden (vgl. Polanyi 1958, 1966).

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1993: 173f.). Da der Körper der Hostessen immer in der Öffentlichkeit steht, unterliegt die Körpermodellierung „den kulturellen Normen von Körperästhetik und Selbstdisziplin“ (Antoni-Komar 2001: 25). Der Habitus ist somit kein neutrales Orientierungsmittel in der sozialen Welt, sondern ein Mechanismus, der soziale Ungleichheit (re-)produziert und eine Strategie zur Herstellung von Differenz und Dualismen darstellt (vgl. Onnen-Isemann und Bollmann 2010: 55, 99).

Hostessen als Emotionsarbeiterinnen

„Das sieht echt immer gut aus, was Hostessen da machen. Aber eine Freundin von mir arbeitet öfter als Messe-Hostess, und abends kann sie ihre Füße wegschmeißen und ihr Lächeln ist eingefroren.“ LaRa 2012, Erdbeerlounge Online „Tatsächlich sind die professionell gut gelaunten Hostessen Schwerstarbeiterinnen in der Autoindustrie. Oft arbeiten sie länger als zehn Stunden am Tag. Hinsetzen, um die von den Stöckelschuhen gepeinigten Füße zu schonen, dürfen sie sich nur selten – außer beim Fotoshooting im Cockpit. In einem Interview mit der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ sagte ein Model, ihr Team hätte Schmerzmittel und sogar eine Krankenschwester dabei. Hostessen kennen keinen Schmerz.“ Anonymus 14, 2007, Welt Online

Die Erschaffung des einheitlichen Hostessenbildes wird am offensichtlichsten durch die homogene äußerliche Körperkonstruktion erreicht. Körperpraxen und Darstellungsarbeit tragen dazu bei, bestimmte Körperteile und Verhaltensarten signifikant zu betonen. Um dem normativen Hostessenhabitus gerecht zu werden, darf vor allem die Emotionslage der Hostess nicht nach außen dringen. Allein ihre äußere Hülle muss für potentiell Rezipierende als lesbares homogenes Zeichen inszeniert werden. Die ästhetische Performanz des doing hostess beinhaltet deshalb neben vielfachen Körperüberformungspraxen vor allem auch leib-

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liche Emotionsregulierungsmaßnahmen, bzw. „Emotionsarbeit“ (Hochschild 1975, 1979, 1990). Es handelt sich dabei um eine Arbeitsstrategie, die sichtbare Emotionen in Form eines permanenten gleichförmig wirkenden Lächelns nach einer vorgegebenen Norm erzeugt. Die Hostessen orientieren sich dafür an bestehenden medialen Darstellungen von Hostessen und imitieren selbstständig den emotionalen Ausdruck der erfahrenen Kolleginnen. Im Gegensatz zum Alltagshandeln werden während dem geforderten Dauerlächeln die nach außen gezeigten ‚Gefühle‘ permanent von subjektiven Empfindungen und Emotionen abgekoppelt. Die Fähigkeit zur Gefühlsarbeit wird von den Arbeitgeber*innen als Bestandteil der Hostessenarbeit angesehen, der weder explizit angesprochen noch in Trainings vermittelt werden muss. Es scheint bei Agenturen und Standmitarbeiter*innen Konsens zu sein, dass Hostessen freiwillig auf der Messe arbeiten und nicht jammern sollten. „Ist doch toll, dass du dabei sein darfst“ (Agenturmitarbeiter P), lautet das Credo. „Der Job an sich ist ja nicht so kompliziert, besteht ja nur aus Rumstehen und Nettsein“ (Messestandmitarbeiter A). Wie dieses dauerhafte Nettsein funktioniert und was es für die Hostessen bedeutet, permanent einen normativ vorgegebenen Gefühlsaudruck bzw. ein Dauerlächeln zu inszenieren, wird dabei nie explizit thematisiert. Die notwendige Arbeit an und mit Emotionen ist bei Hostessen nicht Teil der Ausbildung, sondern ein Prozess, den sich die Betreffenden mit Hilfe unterschiedlicher Strategien eigenverantwortlich aneignen müssen.

EMOTIONEN ALS WARE „Hier sind alle Hostessen so freundlich, und alle lächeln so nett, das ist schon wirklich toll hier.“ Messebesucher D, 45

Durch die Gesamtheit des doing hostess wird eine leiblich erfahrbare Atmosphäre kreiert, die als „Quasi-Objektives“ (Böhme 2013: 104) wahrgenommen werden kann und soll. Gernot Böhme definiert Atmosphären als Räume die „durch die Anwesenheit von Dingen, von Menschen oder Umgebungskonstellationen, d.h. durch deren Ekstasen, ‚tingiert‘ sind“ und erst von Menschen, Dingen oder deren Konstellation erschaffen werden (vgl. Böhme 2013: 33, Hervorh. i. Orig.). Sie sind entsprechend weder auf der Seite der Produzierenden oder der Rezipierenden allein zu verorten, sondern verdanken sich dem Zusammenspiel der Trias von Betrachtenden (Besucher*innen), Betrachtetem (Automobil und Hostess)

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und Raum. Der kommerzielle Einsatz intersubjektiv erfahrbarer Atmosphären in der Produktvermarktung ist nicht neu. „When white-collar people get jobs, they sell not only their time and energy but their personalities as well. They sell by the week or month their smiles and their kindly gestures, and they must practice the prompt repression of resentment and aggression.“ (Mills 1951: xvii)

Ähnlich wie die von C. Wright Mills beschriebenen white collar workers verkaufen auch Hostessen nicht nur ihre physische Arbeitskraft, sondern auch ihren emotionalen Ausdruck. Die Art allerdings, wie die nach außen dargestellten Emotionen dauerhaft aufrechterhalten werden sollen, stellt eine starke Übersteigerung der interaktionistisch geprägten Emotionsarbeit in anderen Dienstleistungsberufen dar. Die körperliche Technik, leiblich gefühlte Emotionen so zu arrangieren, dass diese nicht spontan gezeigt, sondern permanent unterdrückt werden, macht eine erhebliche emotionale Körperdisziplinierung (vgl. Foucault 1994), sprich Arbeit an Körper und Leib, nötig. Zusätzlich zur Unterdrückung der gefühlten Emotionen gehört es zur Aufgabe einer jeden Hostess, permanent in der normativ geforderten Dosis positive Emotionen auszustrahlen. Diese nicht erlebten, sondern inszenierten Gefühle werden durch spezifisches Körperhandeln erzeugt und haben im Kontext der Messe eine Marketingfunktion, die in der positiven emotionalen Konditionierung der Messebesucher*innen besteht. „Na der erste Eindruck auf dem Stand und den Besuchern ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, das ist die Aufgabe der Hostessen, dieses nette Lächeln im Gesicht zu haben und mit dem Ausdruck zu sagen: hier sind Sie richtig, kommen Sie her“ (Agenturmitarbeiter T.). Die Intention der Automobilkonzerne hinter der Messeinszenierung ist langfristig natürlich die Absatzsteigerung ihrer Fahrzeuge. Der Servicegedanke der Dienstleistungsbranche, kombiniert mit einer je nach Markenimage mehr oder weniger intensiv inszenierten Sex-sells-Strategie, entfaltete seine Wirkung jedenfalls bei fast allen befragten Besucher*innen. „Ja, die Hostessen, die ziehen die Kunden an. Also deshalb stehen ja hauptsächlich die Kunden bei den Autos. So wie die aussehen. Und dann lächeln die auch noch alle so nett, da muss ich auch immer zurücklächeln, das macht schon echt gute Laune.“ (Berufsschüler H, 17)

Menschen besitzen eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich auf emotionale Zustände ihrer Mitmenschen einzulassen (vgl. Schnabel 2015: 33f.). Die meisten Rezipient*innen beziehen das Lächeln der Hostessen auf sich und empfinden ein an-

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genehmes Gefühl des Willkommenseins: „Lächelt uns jemand strahlend an, beginnen wir ebenfalls zu lächeln [...]“ (Schnabel 2015: 34). Erstaunlich bei dieser „Gefühlsansteckung“ (Scheler 1923: 25) der Messebesucher*innen ist, dass es unerheblich ist, ob Hostessen ihr Lächeln inszenieren oder die für ein Lächeln verantwortliche Emotion auch wirklich leiblich fühlen. Die emotionale Übertragung auf die Besucher*innen beruht entsprechend nicht auf Empathie im Sinne der Fähigkeit, sich in das jeweilige Gegenüber hineinzuversetzen, sondern auf einer oberflächlichen, weitgehend unreflektierten emotionalen Resonanzebene. Die Gesichtsmuskulatur reagiert einfach kontrolliert und automatisch auf emotionale Stimuli (vgl. Dimberg, Thunberg und Grunedal 2002: 449f.). Das durch den Stimulus Hostess ausgelöste positive Gefühl soll so unbewusst sowohl auf das ausgestellte Fahrzeug als auch auf die Automobilmarke übertragen werden. Das inszenierte Lächeln einer attraktiven Frau neben einem Auto erzeugt idealiter (vor allem beim männlichen Messebesucher) die markt- und werbepsychologisch erhoffte Reaktion. Ein scheinbar personalisiertes Lächeln beeinflusst die emotionale Befindlichkeit und lässt manchen Besucher ins Träumen geraten. „Neben Ferrari, Lamborghini oder Maserati verziehen sie oft keine Miene, blicken stattdessen mit Schmollmund lüstern in Richtung Gäste. ‚Meint sie jetzt mich?‘, schießt es da logischerweise jedem Mann durch den Kopf. Und schon malt die Fantasie ein buntes Bild - mit ihr allein unterwegs auf der Landstraße, der Sound des fetten Zwölfzylinders im Rücken.“ (Westerhoff 2007)

Viele der Befragten schwärmten von den „schönen Hostessen die alle so nett lächeln und so gut drauf sind“ (Besucher E, 45) oder waren von der „tollen Atmosphäre und der netten und ansprechenden Art der schönen Frauen“ (Besucher C, 38) begeistert. Dass hinter dem Lächeln harte Arbeit steht, hat offenbar niemand bemerkt – und soll auch niemand bemerken. Kern aller Emotionsarbeit ist ja gerade, dass sie im Verborgenen stattfindet.

DER KLASSIKER: ARLIE RUSSELL HOCHSCHILD UND DAS GEKAUFTE HERZ Der Begriff der Emotions- oder Gefühlsarbeit wurde von Arlie Russel Hochschild geprägt (Hochschild 1975, 1979, 1990). In ihrem preisgekrönten Klassiker The Managed Heart: Commercialisation of Human Feeling (1983), auf Deutsch Das gekaufte Herz (1990), untersucht sie die Emotionsregulierung im Dienstleis-

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tungsgewerbe.1 Am Beispiel der „emotional labor“ bzw. „Gefühlsarbeit“ (Hochschild 1990: 30) von Flugbegleiter*innen und Rechnungseintreiber*innen zeigt Hochschild, wie durch körperlichen und leiblichen Einsatz sichtbare Emotionen nach einer vorgegebenen kulturellen Norm erzeugt werden.2 Ebenso wie Hostessen müssen Flugbegleiter*innen ihre Gäste stets freundlich und zuvorkommend behandeln.3 Stress oder Ärger sollen während der Tätigkeit möglichst unterdrückt werden und dürfen keinesfalls offen gezeigt werden. Diese Arbeitsweise führt zu einer psychischen Selbstentfremdung, da, um den Anforderungen der Tätigkeit gerecht zu werden, eine Gefühlsdistanzierung notwendig wird. Wichtige körperliche Funktionen werden durch die „Kommerzialisierung der Gefühle“ ausgeschaltet (ebd.). Emotionen haben laut Hochschild jedoch eine Signalfunktion. Sie sind Reaktionen des Individuums auf ihr/sein Gegenüber (vgl. ebd.: 47). Würden die gezeigten Gefühle hingegen an einer Norm ausgerichtet und dadurch das Erleben verändert, gehe entsprechend auch deren inhärente Signalfunktion verloren (ebd.). Der erzeugte Gesichtsausdruck wird während der Emotionsarbeit zum kommerzialisierten Tauschwert, zur kaufbaren Ware (ebd., Hochschild 1979: 572f.). Für Hochschild ist die vorherrschende marktwirtschaftliche Praxis der Vermarktung regulierter Gefühle für kommerzielle Zwecke durch Organisationen bedenklich, da diese eine Entfremdung des Selbst bewirkt (Hochschild 1990: 43f.). Indem die Flugbegleiterinnen ihre „wahren“ Gefühle unterdrücken, verkaufen sie laut Hochschild nicht nur ihre Arbeitskraft als Dienstleistung, sondern, metaphorisch gesprochen, auch ihr Herz (vgl. ebd.: 151f.). Hochschilds Konzept der Emotionsarbeit wurde von zahlreichen Autor*innen aufgegriffen, modifiziert und kritisch diskutiert (u.a. Ashforth und Humphrey 1993; Denzin 1980, 1983; Grandey 2000, 2003; Rastetter 2008; Morris und Feldmann 1996, 1997; Taylor 1998; Taylor und Tyler 2000; Bogner und

1

Hochschild erhielt für ihr Buch u.a. zwei Preise von der American Sociological Association (den Charles Cooley-Award und den C. Wright Mills Award) zusätzlich wurde „The Managed Heart“ von der New York Times unter die wichtigsten Bücher des Jahres 1983 gewählt (vgl. Neckl 2013: 168).

2

Hochschild unterscheidet zwischen privater und öffentlicher Emotionsarbeit und befasst sich in ihrer Monographie mit dem „öffentliche(n) Gesicht der Gefühle“ (Hochschild 1983: 33).

3

Zur Emotionsarbeit bei Flugbegleiter*innen vgl. auch Wouters 1989, Taylor und Tyler 2000, Williams 2003. Forschung zu Emotionsarbeit gibt es v.a. seit Hochschilds Arbeit inzwischen zu zahlreichen Berufsfeldern – in der Polizeiarbeit (Stenross und Kleinman 1989, Symenderski 2012), bei Kosmetiker*innen (Sharma und Black 2001), bei Anwält*innen (Pierce 1995) und Fitnesstrainer*innen (Smith Maguire 2001).

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Wouters 1990; Zapf 2002). Laut Hochschild helfen bewusst manipulierte Gefühle den Arbeitnehmer*innen nicht nur, sich arbeitskonform zu verhalten, sondern bergen auch Gefahren. Die normgerechte Anpassung der Gefühle könne eine Entfremdung der eigenen Gefühlswelt bewirken (vgl. Hochschild 1990: 151f.). Die Gefahr bestehe, dass Gefühlsarbeit auf Dauer leiblich wahrgenommene Gefühle ganz vernichte. Dies könne passieren, sobald durch vorgetäuschtes Handeln das „falsche Selbst“ das „wahre Selbst“ verdränge (Hochschild 1990: 152). Gefährlich wird es damit laut Hochschild für Emotionsarbeitende dann, wenn Schauspielende sich so sehr in ihre Rolle hineinversetzen und in dieser aufgehen, dass sie schließlich nicht mehr zwischen Rolle und Selbst unterscheiden können (vgl. ebd.). Für das Arbeitsfeld Automobilmesse trifft das nur zum Teil zu. Hier müssen der bewusste Einsatz und die Steuerung von Selbstwirksamkeitsstrategien durch Emotionsarbeit das Selbstbewusstsein nicht unbedingt schwächen, sondern können als machtbesetzte Akte sogar dazu beitragen, es zu stärken (vgl. Neckel 2013: 173f.). Die Emotionsarbeit von Hostessen ist also nicht Symptom eines Opferstatus, sondern, im Gegenteil, Ergebnis aktiver und selbstbestimmter Lernund Aneignungsprozesse und Ausdruck einer spezifischen Kompetenz. Darüber hinaus muss das von Hochschild generalisierend dargestellte Handeln der Flugbegleiterinnen in Frage gestellt und müssen individuell differente Faktoren der Wahrnehmung der Tätigkeit miteinbezogen werden (vgl. Rastetter 2008: 21f.). In der Auseinandersetzung mit Norbert Elias’ Zivilisationstheorie kann von einer weitgehenden Informalisierung und Lockerung der Fremdzwänge auf Verhaltensregeln ausgegangen werden (vgl. Wouters 1999). Denn auch die von Hochschild untersuchten Flugbegleiterinnen haben in ihrem Berufsalltag deutlich mehr Autonomie, als ihnen in der Studie zugestanden wird. Sie entwickeln eigenständig Taktiken, Verhaltensnormen spontan, flexibel und diskret anzupassen (vgl. Flam 2002: 202f.). Die funktionalen Aspekte von Emotionsarbeit (Reduktion von Unsicherheit, kognitive Distanzierung von inneren Gefühlen) sollen also hervorgehoben und darauf hingewiesen werden, dass negative Folgen extrem kontextabhängig sind (vgl. Rastetter: 21f, 25). Zugleich ist die rigide Trennung der Emotionsregulierungsmaßnahmen in Oberflächen- und Tiefenhandeln zu vereinfachend und in der Praxis kaum praktikabel (vgl. Taylor 1998: 99f.). In der angewandten Emotionsarbeit der Flugbegleiterinnen, ebenso wie bei den von mir untersuchten Hostessen, existieren vielmehr zahlreiche Mischformen oder Hybride, die selbstbestimmt von den Akteurinnen angewendet werden können. Auch die strikte Unterscheidung zwischen echten, authentischen Gefühlen im privaten Bereich und unechten Gefühlen in der Öffentlichkeit ist wenig tragfähig (vgl. Flam 2002: 203). Nicht nur

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wird natürlich auch im Privaten immer wieder Emotionsarbeit geleistet, auch sind Emotionen grundsätzlich immer soziokulturell geprägt, was die Unterscheidung in ‚echte‘ und ‚unechte‘ Gefühle letztlich unmöglich macht (ebd.). Dagegen sollte die Komplexität von Emotionen mehr beachtet und ihre Selbstreferentialität, die in der verkörperten, erlebten Erfahrung wurzelt, vermehrt mit einem phänomenologischen Blick miteinbezogen werden (vgl. Denzin 1983: 403, Denzin 2009: xxiii). Da der emotionale Zustand der Hostessen nicht nach außen gezeigt wird, ist seine Erforschung eine komplexe Angelegenheit. Mein eigenleiblicher Feldzugang ermöglichte es mir, die verschiedenen emotionalen Phasen selbst zu durchleben. Auf diese Weise konnte ich nicht nur erfahren, was ein komplett gefühlsentkoppeltes Dauerlächeln für einen selbst bedeutet, sondern konnte vor allem auch Erfahrungen mit meinen Kolleginnen teilen, bevor ich zur Interviewphase überging. Zur Sprache kamen die emotionalen Anforderungen und die leibliche Auswirkung der Hostessenarbeit tatsächlich erst, wenn ich längere Gespräche mit meinen Kolleginnen führte und explizit nachhakte. Ohne meine eigene Erfahrung als Akteurin im Feld und ohne das eigene Erleben der verschiedenen Situationen des Messealltags hätte ich weder über das dafür notwendige InsiderWissen verfügt, noch hätte ich aus der Perspektive der Kollegin gezielte Fragen stellen können. Die Darstellung des emotionalen und leiblichen Erlebens der Hostessen erfolgte in der Regel sehr einheitlich. Während meiner Interviews, in denen ich offen als Forscherin auftrat, wurde mir zwar (stets mit einem Lächeln) bestätigt, dass die Arbeit an sich auch anstrengend sein könne, jedoch wurde über das leibliche Empfinden jenseits des verbreiteten Klischees der immer gut gelaunten Hostess nicht gesprochen. Auch wurde nicht auf verschiedene Phasen der Selbstbzw. Eigenwahrnehmung eingegangen oder zwischen unterschiedlichen Phasen und Kontexten differenziert. Dass sich Leiberfahrung und zugeschriebene Wertigkeiten der Inszenierungspraxen gegenseitig bedingen, war vielen Akteurinnen entweder während unserer Gespräche nicht bewusst, oder sie wollten es nicht ansprechen.

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DOING EMOTION ODER DIE VERALLGEMEINERUNG VON EMOTIONEN? „Emotion may be succinctly defined as selffeeling. More specifically, emotions are temporally embodied self-feelings which arise from emotional social acts persons direct to self or have directed towards by others.“ Denzin 1983: 404

Während der Hostessenarbeit ist eine aktive Beeinflussung der Gefühle unabdingbar, um die normativ geforderte Mimik zu erzeugen. Der Versuch der Kanalisierung von Gefühlen ist nicht Resultat von Reiz-Reaktionsmechanismen, sondern hat kulturellen Bedeutungsgehalt. Impulse werden gezielt nach kulturellen Normen reguliert und organisiert. Während der Tätigkeit erfolgt also eine bewusste Gefühlskontrolle und -unterdrückung durch die Akteurinnen. Die Umsetzung des Dauerlächelns ist dabei Teil der Anpassung an den Idealtyp Hostess und garantiert größtmögliche Aufmerksamkeit. Gefühle und Gefühlsausdruck der Betreffenden sind entsprechend weder bei allen Hostessen noch während der kompletten Dauer der Messe kongruent. Die erlebten Emotionen während der Hostessenarbeit können daher nicht pauschalisiert werden, sondern müssen je nach Situation, individueller Interpretation und soziokultureller Bedeutungszuschreibung analysiert werden. Dennoch fand ich bei meiner Studie eine Reihe von Gemeinsamkeiten jenseits idiosynkratischer Reaktionen auf atmosphärische Kontexte. Immer wieder stellte ich fest, dass viele Kolleginnen in vergleichbaren Situationen ähnliche körperliche und leibliche Erfahrungen gemacht hatten, die sich zudem mit meinem eigenen Erleben deckten. Genau auf diesen ähnlichen, dem Hostessenjob anscheinend immanenten Erfahrungen, liegt im Folgenden mein Fokus. Emotionen sind das Ergebnis komplexer kognitiver Bewertungs- und Verarbeitungsprozesse „auf Basis kultureller Wert- und Glaubensvorstellungen“ (Röttger-Rössler 2004: 45). Ein vor allem aus kulturwissenschaftlicher Sicht wichtiger Aspekt von Emotionen ist daher die „kulturelle Modellierung des Gefühls“ (Röttger-Rössler 2004: 44). Emotionen werden dabei als kulturelle und soziale Konstrukte betrachtet (vgl. Röttger-Rössler 2004: 44f.) und können entlang der unterschiedlichsten Differenzierungskategorien dichotom konstruiert

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sein (Gender, Klasse, etc.).4 Analoge Erfahrungen und emotionale Reaktionen beruhen auf ähnlicher kultureller Sozialisation und sozialer Schicht (fast alle Hostessen sind Studentinnen), dem gemeinsamen Starterlebnis (Casting, Vorbereitungstage, Messebeginn), der für den Job erforderlichen physischen Grundkonstitution (Gender, Phänotyp, Größe, Alter, Gewicht), aber eben auch auf den für die Ausübung des doing hostess erforderlichen Körpertechniken und Emotionsregulierungs-, Verhaltens- und Disziplinierungspraxen. Bei Hostessen können vor allem drei Stadien der leiblichen Gefühlswahrnehmungen unterschieden werden. Das erste Stadium bezieht sich auf das positive Erleben der Situation. Die meisten Hostessen beschreiben wenigstens zeitweise ihre Arbeit als „toll“, „schön“, „cool“, „geil“, „super“, „aufregend“, „spannend“. Dies gilt vor allem für Situationen die als befriedigend erlebt werden (z.B. angenehme Beratungsgespräche mit Besucher*innen), oder bei Konstellation, die als besonders prestigeträchtig gelten (z.B. die mediale Aufmerksamkeit während der Pressetage). Das zweite Stadium wird als weniger angenehm empfunden und entsprechend als „uncool“, „nervig“, „stressig“, „schmerzhaft“, „unerträglich“ beschrieben. Häufig ist dies nach den ersten zwei bis drei Arbeitstagen der Fall, wenn die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit erstmals an ihre Grenzen stößt. Das dritte und letzte Emotionsstadium ist zwischen den bereits genannten angesiedelt und charakterisiert durch eine gewisse Emotionsneutralität. Diese kann positiv als Ausdruck von Professionalität beschrieben werden, aber auch negativ als Symptom von Abgestumpftheit und Resignation. Es gibt zweifellos gewisse atmosphärische Konstellationen, in denen bestimmte Reaktionen gehäuft auftreten, prinzipiell aber können alle Reaktionsmuster zu jedem Zeitpunkt der Messe oder eines einzelnen Messetages auftreten. Folgende Umstände sind für das leibliche Empfinden praktisch aller Hostessen ausschlaggebend: Ihre physische und psychische Konstitution (z.B. fit oder Fußschmerzen), der Zeitpunkt im Messerahmen (Pressetage, Besucher*innentage, Messe-Ende, etc.), wer mit der Hostess interagiert (Besucher*innen, Fotograf*innen, Mitarbeiter*innen, etc.) und auf welche Art und Weise (höflich, interessiert, flirtend, belästigend, aufdringlich, etc.). Hinzu kommen die Art der Professionalität der Hostessen selbst (Anfängerin oder Expertin) und ihr Umgang mit emotionalen Belastungssituationen sowie schließlich die Fremd- und Selbstzuschreibung bzw. die sozial konstruierte Bedeutung der Tätigkeit im jeweiligen Kontext (Unterscheidung zwischen Presse- und Besucher*innentagen, Image der Automobilmarke, etc.).

4

Gefühlsarbeit ist immer noch vermehrt weiblich konnotiert (Hochschild 1990, Rastetter 2008: 46).

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Egal ob eine Hostess eine Situation als angenehm, aufregend, langweilig oder anstrengend empfindet, der emotionale Ausdruck während der Produktpräsentation sollte dennoch konstant derselbe bleiben. Auch während der Produktberatung sollten emotionale Hochs und Tiefs nicht das „freundliche und kundenorientierte Wesen“ (Messestandmitarbeiter H) beeinflussen. Die gezeigten Emotionen der Hostessen nähern sich, unabhängig von individuellen und externen Faktoren, den Gefühlsamplituden nicht an, sondern folgen der normativen Vorgabe des konstanten Dauerlächelns. Die große Herausforderung der Tätigkeit besteht deshalb darin, während aller Stadien des Messeerlebens keine Emotionsschwankungen zu zeigen. Gleichgültig also, ob die Füße oder der Rücken schmerzen oder nicht, ob die internationale Presse ihre Kameras auf die Hostess richtet oder eine Gruppe kichernder Berufsschüler, ob die Besucher*innen höflich, interessiert, flirtend oder aufdringlich sind und ob einer Hostess ihre Arbeit gerade gefällt oder nicht.

PRODUKTBERATUNG VS. PRODUKTPRÄSENTATION In Bezug auf den Einsatz und die Verarbeitung von Gefühlen muss bei Hostessen zwischen den beiden Positionen Produktberatung und Produktpräsentation unterschieden werden. Gefühlsarbeit im Sinne der Produktberatung wird sowohl von Hostessen als auch von Hosts erbracht. Da bei Letzterer ganz konkret mit Besucher*innen interagiert wird, weist die Art der Emotionsarbeit zahlreiche Parallelen zur Emotionsarbeit in anderen Berufen auf. Die Aufgabe von Produktberatungshost*essen besteht darin, Wissen über das Ausstellungsobjekt an die Messegäste zu vermitteln. Das erfolgt in der Praxis überraschenderweise tatsächlich auf je nach Geschlecht unterschiedliche Art. Obwohl die Auskunft unabhängig vom Geschlecht der Befragten eigentlich dieselbe Information beinhalten sollte, erzeugt die Art des Umgangs der Besucher*innen mit den Hostessen bzw. Hosts genderdifferente Reaktionen. Gleichgültig, wie oft die von mir befragten Besucher*innen betonten, dass Hostessen auch beratende Tätigkeiten ausführen können und je nach Automobilmarke auch sehr kompetent Wissen vermitteln, war die Interpretation der Interaktionssituation doch eindeutig von einer genderspezifischen Auslegung geprägt. Bei fast allen Interviews nämlich wurde früher oder später vermutet, dass Hostessen nicht vorrangig für die beratenden Tätigkeiten eingestellt werden, sondern „als Blickfang“ (Besucher F, 53) als „Messestandzierde“ (Besucher N, 42), als „sexy Fotoobjekt“ (Besucher A, 28) oder als „hübscher Zusatz“ (Besucher, 47). Einige der Besucher meinten auch, dass sie gerne mit den Hostessen flirten: „darum geht man ja auch auf die Messe“ (Besu-

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cher T, 40). Der gleiche Interviewpartner, der regelmäßig mit fünf Freunden Automobilmessen besucht, beschreibt die dort herrschenden Geschlechterverhältnisse mit einem besonders prägnanten Bild: „Unsere Frauen nehmen wir natürlich nicht mit. Man nimmt ja auch kein Holz mit in den Wald, oder?“ (Besucher T, 40). Dass solche Besucher die Hostessen häufig gleichsetzen mit einem jederzeit ‚flirt- und redewilligen Objekt‘, das gerne angesprochen und fotografiert werden möchte, überrascht nicht. Vergleichbare Anspielungen oder an reinen Äußerlichkeiten orientierte Zuschreibungen wurden im Zusammenhang mit männlichen Hosts oder Mitarbeitern jedoch nie gemacht. Selbst dann nicht, wenn ich explizit nach Möglichkeiten einer attraktiveren Gestaltung der Messe für Besucherinnen fragte. Allenfalls wurde die Idee von „mehr attraktiven Hosts“ (Besucher B, 41) mit einem Grinsen abgetan. Als ernsthaft zu bedenkende Möglichkeit aber wurde dies von niemandem angesehen. Da genderdifferente Zuschreibungen zu Tätigkeitsfeldern und Kompetenzen bei den meisten Besucher*innen tief verankert scheinen, ist nicht nur der Besucher*innenumgang mit Hostessen anders als mit dem männlichen Standpersonal, auch die Art der geforderten Emotionsarbeit der Hostessen muss an die externen Zuschreibungen angepasst werden. Alle von mir befragten Hostessen sind an Flirtversuche, Anmachsprüche und das ungefragte Fotografiertwerden gewöhnt. „Ja das gehört halt einfach zum Job. Das ist hier ganz normal. Auch wenn es auf Dauer ganz schön nerven kann“ (Hostess I, 26). Emotionsarbeit in der Produktberatung ist v.a. aufgrund von zwei Faktoren stark genderspezifisch different. Einerseits aufgrund der geschlechtsspezifischen Zuschreibung des Hostessenjobs allgemein (Hostessen als sexy Objekt versus Hosts als kompetente Berater), andererseits aufgrund der geforderten genderspezifischen Art der Emotionsarbeit, auch mit Anzüglichkeiten und sexistischen Äußerungen ‚hostessenkonform‘ umgehen zu können. Ungeachtet solcher genderspezifischen Differenzierungen weist die in der Produktberatung zu leistende Emotionsarbeit aus interaktionistischer Perspektive doch viele Gemeinsamkeiten mit der von Hochschild (1990) beschriebenen Emotionsarbeit bei Flugbegleiter*innen auf. Die prototypische Hostessenarbeit der Produktpräsentation hingegen erfordert gänzlich andere Strategien der Emotionsregulierung und -hervorbringung. Diese Art der Emotionsarbeit läuft nicht nach einem klassischen interaktionistischen Sender-Empfänger-Modell ab. Emotionen müssen hier nicht nur reflektiert und an normative Regeln angepasst werden, sondern es soll unabhängig von jeglicher face-to-face Situation, permanent der gleiche Emotionsausdruck gezeigt werden, der von der Akteurin bestenfalls phasenweise auch empfunden wird. Der Gesichtsausdruck wird also als Dauerlächeln von jeder Interaktion, vom emotionalen Erleben und von kognitiven Interpretations- und Deutungsprozessen

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abgekoppelt. Die Produktpräsentation ist insgesamt deutlich intensiver am stereotyp konstruierten Hostessenbild orientiert als die Beratung. Die Arbeit mit und an Emotionen ist hierbei nicht nur als notwendiges und anfallendes Nebenprodukt zu verstehen, sondern steht im Zentrum des doing hostess. Das Dauerlächeln steht dabei in vielerlei Hinsicht auch symbolisch für das gesamte Hostessenkonstrukt. Die Automobilbranche (re-)kreiert und tradiert ein weiblich definiertes Hostessenbild, das wiederum in überraschend homogener Art global medial rezipiert wird. Das Bild prägt dabei nicht nur Besucher*innenerwartungen, sondern vor allem auch das Selbstbild der als Hostessen agierenden Akteurinnen. Und diese wiederum müssen, um es zu verinnerlichen und die geforderten Gefühlsregeln umzusetzen, vor allem eines leisten: Emotionsarbeit.

EMOTIONSARBEIT ALS TECHNIK UND PROFESSIONELLE KOMPETENZ „Als menschliche Wesen sind wir allem Anschein nach Kreaturen mit variablen Impulsen, mit Stimmungen und Energien, die sich von einem Augenblick zum nächsten verändern. Als Persönlichkeit vor einem Publikum dürfen wir uns jedoch nicht unseren Hoch- und Tiefpunkten hingeben.“ Goffman 2009: 52

Goffmans Hinweis auf die Notwendigkeit der Gefühlsregulierung vor Publikum gilt auch für die Hostesseninszenierung. Welche Handlungsweisen müssen vollzogen werden, um sich als Dienstleisterin an normierte Gefühle anzupassen? Hochschild unterscheidet zwischen zwei möglichen Körpertechniken, dem Oberflächen- und dem Tiefenhandeln. Die emotionsarbeitenden Hostessen bedienen sich, je nach individuellen Fähigkeiten und Vorlieben, phasenweise unterschiedlicher Techniken. In diesem Sinne kann Emotionsarbeit auch funktional von Hostessen eingesetzt werden und Hostessen zu „multi-skilled emotion manager(s)“ (Bolton und Boyd 2003: 305) machen. „Sie haben nicht nur die Wahl zwischen echtem Gefühlsmanagement und Oberflächenhandeln, sondern können innovativ, distanziert und zynisch viele Mischformen entwerfen“ (Flam 2002: 203). Um den Anforderungen des doing hostess permanent nachkommen zu können, müssen Emotionsregulierungsstrategien variabel modifiziert und je nach Situation eingesetzt werden. Dies erfolgt individuell und selbstbestimmt.

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Das Oberflächenhandeln Hochschilds ist dem Ausdruckskontrollbegriff Goffmans ähnlich (vgl. Goffman 2009: 48ff.). „Beim Oberflächenhandeln empfinde ich den Ausdruck auf meinem Gesicht oder die Haltung meines Körpers als ‚aufgesetzt‘“ (Hochschild 1990: 54, Hervorh. i. Orig.). Der Körper wird benutzt, um Gefühle darzustellen, die man nicht empfindet. Mimik und Gestik müssen hierbei den kulturell akzeptierten Gefühlsnormen angepasst werden (ebd.; Goffman 2009). Zur Verdeutlichung ihrer Unterscheidung bezieht sich Hochschild auf den Theaterreformer Konstantin S. Stanislawski (1961) und führt dessen Beispiel der wirklichkeitstreuen Schauspieltechnik ins Feld, in der ein Zugang zur Emotionalität der Rolle erreicht werden soll (vgl. ebd. 55f.; Goffman 1969). Für Stanislawski stößt die Schauspielmethode des Oberflächenhandelns rasch an ihre Grenzen, da sie wenig nachhaltig, nicht tiefgründig und nur oberflächlich beeindruckend ist (vgl. Stanislawski1961: 34f.). Die Rezipient*innen eines Theaterstücks sehen Schauspieler*innen, die Emotionen äußerlich zeigen, diese jedoch nicht körperlich durchleben, sondern nur spielen. Der Fokus beim Oberflächenhandeln liegt auf der reinen Darstellungsarbeit. Mimik und Gestik werden dem normierten Idealbild angepasst, ohne dass sich das innere Befinden ändert. Der Einsatz von Oberflächenhandeln wirkt also sozusagen als antwortfokusierte Emotionsregulierung (Grandey 2000: 99), um den eigenen Ausdruck der Situation anzupassen, indem aktiv und bewusst kurz eine Maske bzw. eine Emotion ‚aufgesetzt‘ wird, die man selbst in dem Moment nicht empfindet. Analog dazu soll die äußere Darstellung von Hostessen immer Freundlichkeit ausstrahlen, auch wenn die Arbeitssituation stressig ist oder die Besucher*innen als unangenehm empfunden werden. Eine der Hauptanforderungen während der Produktpräsentation ist es, das Lächeln unabhängig von Interaktionen und Emotionen immer in gleichmäßiger Dosierung durchzuführen. Im Alltag ist ein Lächeln verbunden mit Emotionen. Meist erfolgt es in Verbindung mit einer direkten Interaktion. Bei diesem gewöhnlichen Lächeln gibt es einen Auslöser, eine Reaktion auf eine Person oder z.B. eine Erinnerung. Zusätzlich ist das Lächeln zeitlich begrenzt. Lächeln ohne Grund über eine längere Zeit hinweg ist im westlichen Alltag kein akzeptables mimisches Verhalten. Dessen ungeachtet lächelt eine professionelle Hostess über lange Phasen hinweg, ohne sich vom Umfeld oder ihren emotionalen Zustand ablenken oder beeinflussen zu lassen. Zu Beginn der Hostessentätigkeit fällt es erfahrungsgemäß ziemlich schwer, grundlos und ohne Erwiderung zu lächeln. Hilfreich ist es daher anfangs, den Blickkontakt mit Messegästen zu suchen. Von mehreren Hostessen wurde mir berichtet, dass sie das Lächeln während der Aneignungsphase zuerst immer auf reale Personen fixiert haben. „Da habe ich dann versucht einfach immer jemanden anzulächeln, das ging dann auch irgendwie ganz gut“ (Hostess I, 24). Das

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heißt, die Betreffende versucht möglichst einen Blickkontakt nach dem anderen herzustellen und währenddessen das Lächeln nicht abreißen zu lassen. Diese Strategie ist auf Dauer sehr anstrengend, hilft jedoch dabei, das Lächeln auf Dauer zu stellen. Wichtig ist hierbei, bei Beendigung des Blickkontakts nicht auch das Lächeln zu beenden, sondern es über die Blickphase hinaus beizubehalten und sich dadurch langsam an das Dauerlächeln zu gewöhnen. Diese mimische Leistung erfordert vor allem zu Beginn der Tätigkeit großes schauspielerisches Talent. „Man lächelt einfach, egal ob man jemanden nett findet oder nicht, man lächelt auch, wenn gar niemand vorbeikommt“ (Hostess P, 26). Hostessenneulinge wenden hier gezielt Oberflächenhandeln an, um das typische Hostessenlächeln zu erzeugen. „Als ich angefangen habe als Hostess zu arbeiten, habe ich versucht mein Lächeln mit ganzer Muskelkraft irgendwie zu halten, da habe ich mich gefühlt, als hätte ich eine Maske auf“ (Hostess J, 28). Auf Dauer gesehen, über mehrere Stunden hinweg, ist jedoch das bewusste Erzeugen des geforderten normativen mimetischen Ausdrucks als reines Oberflächenhandeln kaum durchzuhalten. Während meiner Forschung wurde Oberflächenhandeln von Hostessen vor allem dann eingesetzt, wenn ich sie zuerst interviewte und dann noch um ein Foto bat. Von erfahrenen Hostessen kann das typische Hostessenlächeln, einmal angeeignet, ‚auf Knopfdruck‘ an- und abgeschaltet werden. Emotionsarbeit beschränkt sich nicht auf oberflächliche äußere Darstellungspraxen, sondern bezieht sich auf das ganze Spektrum des Gefühlshandelns. Vom Oberflächenhandeln oder „surface acting“ zu unterscheiden ist das „Innere Handeln“ bzw. Tiefenhandeln (vgl. Hochschild 1990: 56). Beim Tiefenhandeln werden Gefühle an die vorgegebene Norm angepasst und verändern somit das innere Handeln. Dieses wird von Hochschild mit „deep acting“ (ebd.) bezeichnet. Der Fokus liegt bei dieser Art der Emotionsarbeit auf der Erzeugung empfundener Gefühle. Das innere Handeln, so die Idee, kann durch körperliche oder kognitive Techniken beeinflusst werden (vgl. Rastetter 2008: 18f.). Bei der voraussehenden fokussierten Emotionsregulation wird in das Emotionserleben eingegriffen, bevor die eigentliche Emotion überhaupt ausgelöst wird, indem die Situation oder Wahrnehmung der Situation bewusst verändert wird (vgl. Grandey 2000: 98f.). Mit anderen Worten, man verhält sich so, dass die unangenehme Emotion gar nicht eintreten kann. Zu den körperlichen Techniken des Tiefenhandelns gehören diverse körperliche Entspannungstechniken, wie z.B. das bewusste tiefe Durchatmen (ebd.).5 Zu den kognitiven Techniken zählen Empathie, Imagination oder die Konzentration auf Wünsche der Kund*innen (vgl. Hochschild 1990:

5

Spezielle Atemtechniken, wie sie beim Yoga, Pilates oder Qi Gong ausgeübt werden, können negative Körperspannungen verdrängen.

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184; Rastetter 2008: 18). Die für Hochschild interessanteste kognitive Emotionstechnik ist die von Stanislawski entwickelte Methode der Psychotechnik (ebd.: 58f.). Bei dieser Methode werden bekannte Imaginationen evoziert. Man schaltet gleichsam das emotionale Gedächtnis an, um das für die Situation benötigte Gefühl anzuregen.6 Kognitive Vorgänge werden hierbei aktiv durch Imaginationen hervorgerufen, um bestimmte Gefühle zu erzeugen. Eine häufig angewandte kognitive Vorstellung ist z.B. bei Flugbegleiter*innen die Imagination der Flugkabine als Wohnzimmer (vgl. Rastetter 2008: 19). Als ergänzende kognitive Technik wenden Schauspieler*innen häufig auch die „Als ob“-Technik an (ebd.: 60). Dabei wird die Gefühlsvorstellung noch einen Schritt weitergedacht, indem Realität so weit wie möglich ausgeblendet und die Imagination von den Akteur*innen als real nachempfunden wird (ebd.). Die dritte Technik schließlich, von Hochschild nicht erwähnt, ist die Automatisierung des emotionalen Ausdrucks. Das Hervorbringen von positiven Emotionen kann sich vor allem bei Arbeitsroutinen ‚naturalisieren‘ (vgl. Ashforth und Humphrey 1993: 94ff.). Es gibt zudem Situationen, in denen ohne größere Anstrengung und ohne Schauspielerei spontan und genuin die erwarteten Emotionen hervorgerufen werden können (ebd.). Diese dritte Art, man könnte sie auch als eine Art inkorporiertes tacit knowledge (Polanyi 1966, 1958) bezeichnen, ermöglicht es durch die automatisierte Abkopplung des emotionalen Ausdrucks von den gefühlten Emotionen die geforderte homogene Mimik über lange Strecken hinweg unabhängig von den tatsächlich gefühlten Emotionen aufrecht zu halten. Flugbegleiterinnen werden in der Regel durch spezifische Körperschulungen auf die Emotionsarbeit im Job vorbereitet. Hostessen durchlaufen keine vergleichbare Ausbildung. Das Wissen, wie man sich korrekt verhält, wird stillschweigend vorausgesetzt. Der Common Sense, wie sich eine Hostess zu verhalten hat, wird einerseits durch mediale Bilder vermittelt und verbreitet andererseits direkt während der Messe durch Nachahmung anderer Hostessen angeeignet. Die entsprechenden Körper- und Emotionsregulierungstechniken muss allerdings jede Hostess selbstverantwortlich auf ihre eigene Weise einüben. Tatsächlich müssen die emotionsregulierenden Techniken nicht nur selbständig angeeignet werden, man muss sie zuvor überhaupt für sich entdecken.

6

Stanislawski setzt bei seiner entwickelten Schauspieltechnik das Gefühlsgedächtnis als mögliche emotionsregulierende Ressource ein. Das emotionale Gedächtnis hilft den Schauspieler*innen sich in die emotionale Lage ihrer Rolle hineinzuversetzen. „Alles vollzieht sich von selbst. Die Natur selbst hilft dem Schauspieler“ (Stanislawski 1961: 212).

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„Am Morgen des ersten Messetages haben wir uns dann, perfekt gestylt und angekleidet, an den zugewiesenen Platz in Pose gestellt und aufgeregt darauf gewartet, dass die Messegäste in die Hallen strömen. Wie eine Hostessenpose ungefähr auszusehen hat, wusste ich schon von den vielen im Internet verbreiteten Fotos, wie jedoch meine Mimik ein permanentes Lächeln zeigen soll, davon hatte ich keine Ahnung. Vor Messebeginn haben wir über zahlreiche Schmink- und Stylingtipps gesprochen, wie man ein Lächeln hält, war leider kein Gesprächsthema, vielleicht auch deshalb, da man ja annimmt, dass so was Einfaches wie lächeln ja sowieso jeder kann. Also versuchte ich mich an alle möglichen hobbypsychologischen Tricks zu erinnern und mich gleichzeitig mit Lächeln auf den Lippen an der Mimik und Gestik meiner Kolleginnen zu orientieren.“ (Hostess A, 26)

Interessant ist, dass bei Jobausschreibungen neben der häufigen Erwähnung von „Freundlichkeit und Serviceorientiertheit“ nicht darauf hingewiesen wird, dass für die Ausübung der Tätigkeit eine bestimmte Art der Gefühlsarbeit erlernt werden muss. Hinzu kommt, dass die Tätigkeit von Hostessen, vor allem in der Produktpräsentation, für die meisten jungen Frauen – außer sie haben schon vorher in ähnlichen Berufen gearbeitet – Körperdisziplinierungstechniken und Emotionsarbeit erfordert, welche sie im Berufsalltag jenseits von Displayberufen in dem Maße weder benötigt haben noch auf Dauer umzusetzen wissen. „Immer schön lächeln“, gehört wohl zu den häufigsten Sätzen, die eine Hostess während ihrer Arbeitszeit von ihrer Teamleitung zu hören bekommt. Wie dieses „immer schön lächeln“ in der Praxis umgesetzt werden kann, wird hingegen nicht kommuniziert. Die Umsetzung erfordert ein hohes Maß an Selbstbeherrschung und stellte auch für mich eine besondere Herausforderung dar: „Natürlich weiß ich, wie ein Lächeln, ein verführerisches Lächeln, auszusehen hat. Zur Erinnerung muss ich mich nur auf der Messe umblicken und zu meinen Kolleginnen schauen, für die diese Tätigkeit ganz selbstverständlich und automatisch erscheint. Aber Dauerlächeln ohne Interaktion, wie soll das funktionieren? Zu Beginn gelingt mir der Versuch zu lächeln nur, indem ich die Gesichtsmuskulatur bewusst anspanne. Für meine gezeigte Emotion gibt es aktuell leider keinen Auslöser, also versuche ich meine Lippen zu einem Lächeln zu formen. Ich fühle mich albern, die Situation wirkt unwirklich, ich versuche mich zusammenzureißen. Schon nach kurzer Zeit verkrampft meine Mundpartie, meine Lippen beginnen von der ungewohnten Anspannung zu brennen. Mein Mund fühlt sich ausgetrocknet an. Die Lüftung viele Meter über mir bläst warme metallisch riechende Luft auf mich herab und unterstützt dieses Befinden. ‚Denke an etwas Positives, an etwas Lustiges‘, versuche ich mir stoisch einzutrichtern, aber mir fällt spontan nichts ein – die Absurdität der Situation entlockt mir dann doch noch ein Lächeln, welches ich mit Muskelkraft an meinen Ohren festzutackern versuche. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen,

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wem ich mein Lächeln schenke. Die Messegäste werden erst in ein paar Minuten in die Halle strömen, also entscheide ich mich fürs erste für einen schönen glänzenden Sportwagen am Nachbarstand, den ich mit meinem lächelnden Blick fixiere und verführerisch anlächle.“ (Hostessentagebuch; Kubes 2014: 121)

Der Ausschnitt aus meinem Hostessentagebuch macht deutlich, wie schwierig die Aneignung der ungewohnten Dauermimik ist, und zeigt, wie viele leibbeeinflussende Faktoren für eine korrekte Umsetzung des Dauerlächelns ausgeblendet werden müssen. Unabhängig vom expliziten Wissen über Emotionsregulierungstechniken wurde mir von vielen Kolleginnen berichtet, dass sie phasenweise subjektiv angenehm besetzte Situationen imaginierten. Häufig spielten hierbei Urlaubspläne eine Rolle oder Wünsche, die mit dem im Job verdienten Geld erfüllt werden können. „Ja wenn mir alles zu viel wird, dann beame ich mich einfach weg, dann denke ich an meinen letzten Bali-Urlaub und versuche mir vorzustellen wieder dort zu sein. Und manchmal gelingt mir das auch und dann fällt es mir gleich wieder leichter dazustehen und zu lächeln.“ (Hostess A, 26)

Durch die Anwendung kognitiver Strategien auf Tiefenebene (vgl. Hochschild 1990: 55f.) wird versucht, nicht nur oberflächlich zu lächeln, sondern das hierfür notwendige Gefühl tatsächlich hervorzurufen. Ähnliche Erfahrungen mit bewusst hervorgerufenen Assoziationen machte auch ich während meiner Teilnahme im Feld: „Ich stehe am Meer, sehe in das unendliche Blau des Ozeans, atme die salzige kalte Luft ein und höre das Klatschen der imposanten Wellen. Die Abwesenheit von Menschen fühlt sich nicht einsam, sondern befreiend an, gleich werde ich mich in die kühlen Fluten stürzen und meine schmerzenden Beine abkühlen können, beim Gedanken daran überzieht eine wohlig kribbelnde Gänsehaut meinen Körper – ich lächle beglückt. – Tagträume – in Wirklichkeit stehe ich, immerhin auch lächelnd, im glänzenden Scheinwerferlicht neben dem mir zugewiesenen Luxusschlitten und kann mir kaum vorstellen, noch weniger frei zu sein. Der immer wieder erklingende Markenjingel am Messestand weckt Assoziationen eines leichten Meeresrauschens, und immer wenn mir die Menschen, Scheinwerfer und das ganze Getümmel zu viel werden, versuche ich, an etwas Positives zu denken – von außen sieht man ja nicht, was ich wahrnehme und wie ich mich fühle. Ich stehe da und lächle.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

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Tiefenhandeln kann einerseits Gefühle direkt ansprechen, andererseits können durch symbolhafte Bilder Emotionen indirekt hervorgerufen werden (vgl. Hochschild 1990: 56f.). Die genannten Techniken werden in unterschiedlichen Phasen der Hostessenarbeit angewendet. Auch wenn es die professionelle Aneignung des Dauerlächeln ermöglicht, unabhängig von Evokationen ein Lächeln zu zeigen, erlebt jede Hostess auch Situationen, in denen das Lächeln sehr bewusst mit großer Anstrengung erzeugt werden muss. Besonders in solchen Situationen helfen die angesprochenen Methoden, die erforderte Mimik beizubehalten oder wiederherzustellen. Während der Emotionsarbeit erfahren Hostessen häufig eine Diskrepanz zwischen gezeigten und gefühlten Emotionen. Dieses emotionale Missverhältnis wird von Hochschild als emotionale Dissonanz bezeichnet und als negative Begleiterscheinung von Emotionsarbeit beschrieben (vgl. Hochschild 1983: 90). Im Gegensatz zu Hochschilds Annahme kann emotionale Dissonanz jedoch nicht nur als belastende Folge von Emotionsarbeit angesehen werden, sondern auch als Voraussetzung für die Tätigkeit (vgl. Zapf 2002: 244f). Ich definiere emotionale Dissonanz daher vor allem auch als Kompetenz, welche die professionelle Beherrschung der Trennung von gezeigten und empfundenen Emotionen bezeichnet. Entscheidend für das eigene Erleben von und den Umgang mit Emotionsarbeit ist dabei nicht nur der gekonnte Einsatz der spezifischen Emotionsregulierungstechniken, sondern auch die Häufigkeit des geforderten Emotionsausdrucks, die Frequenz der Interaktionen (vgl. Zapf et al. 2003: 269), die Dauer der geforderten Emotionsanpassung (vgl. Grandey 2000: 101f.; 2000: 96), die mögliche Vielfalt des emotionalen Ausdrucks und das Ausmaß der empfundenen emotionalen Dissonanz (vgl. Morris und Feldmann 1996: 989 ff.). Die genannten Faktoren sind für die Emotionsarbeit von Hostessen insofern relevant, als speziell während der Produktpräsentation über lange Zeiträume hinweg eine konstante Emotion dargestellt werden soll (Dauerlächeln). Dabei existiert ein signifikanter Zusammenhang zwischen der eigenen Entscheidungsfreiheit und der gefühlten Belastungsausprägung (vgl. Grandey, Fisk und Steiner 2005: 893). Das Vorhandensein selbstbestimmter Variationsmöglichkeiten wirkt sich hier entscheidend auf das Empfinden der Akteurinnen aus (Zapf et al. 2003: 272; vgl. Grandey 2000: 101f.). Grandey, Fisk und Steiner haben die Wechselbeziehung zwischen Selbstbestimmtheit und Anstrengung in eine griffige Formel gebracht: Je höher der Autonomiegrad der Arbeitenden, umso weniger löst Emotionsarbeit emotionale Erschöpfung aus und umso größer ist die Zufriedenheit der Arbeitnehmer*innen (vgl. Grandey, Fisk und Steiner 2005: 893).

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Im Fall von Hostessen lässt sich der genannte Zusammenhang vor allem im Vergleich zwischen der eher interaktionistisch geprägten Beratungstätigkeit und der reinen Produktpräsentation beobachten. Im Rahmen der Produktberatung hat man deutlich mehr Freiräume im emotionalen Verhalten als bei der reinen Displaytätigkeit. Zwar gilt auch bei jener die strikte Vorgabe, in jeder Situation kund*innenorientiert und freundlich zu handeln, doch steht es den Akteurinnen frei, innerhalb dieses reglementierten Interaktionsspielraums die dargestellte Freundlichkeit zu empfinden oder zu ‚spielen‘, sie in verschiedenen Nuancen anklingen zu lassen und Beratungsgespräche voranzutreiben oder zum Verstummen zu bringen. Diese selbstbestimmte Forcierung oder Eindämmung der Kommunikation kann sowohl verbal als auch nonverbal (durch Mimik, Gestik und Blickkontakt) gesteuert werden. In der reinen Displaytätigkeit haben die Hostessen diesen Handlungsspielraum in Bezug auf den emotionalen Ausdruck des Dauerlächelns nicht. Der Interaktionsspielraum ist insbesondere während unangenehmer Situationen stark eingeschränkt. Hier wirkt es sich am drastischsten auf die emotionale Hygiene aus, dass Hostessen bei den meisten Automobilmarken nicht ein eigenständiges Subjekt verkörpern sollen, sondern ein schönes, in jeder Situation freundliches Objekt. Diese Einstufung als passives Objekt wird von den Hostessen selbst oft so intensiv inkorporiert, dass die angenommene Rollenzuweisung sie nicht individuell situational, sondern tatsächlich nur im vorgegebenen Rahmen ihrer Rolle handeln lässt: „Wenn es unangenehme Situationen gibt, die nicht total über die Stränge schlagen, dann bin ich einfach weiter freundlich und lächle. Privat würde ich da anders reagieren“ (Hostess A, 24). Ausschlaggebend für das Wohlfühlen am Arbeitsplatz ist auch, inwieweit arbeitskonforme emotionsbezogene Handlungen überwacht werden (vgl. Zapf et al. 2003: 272; vgl. Morris und Feldmann 1996: 989 ff.).7 Das Ausmaß der gefühlsbezogenen externen und internen Kontrolle von Messehostessen ist sehr groß. Die Hostessenperformanz – und hier speziell der idealtypische Hostessenausdruck – wird nicht nur durch die Hostessen selbst reguliert, sondern ist durch Vertragsklauseln reglementiert und wird durch Aufseher*innen (Chefhost*essen, Messestandmitarbeiter*innen, Kolleg*innen etc.) kontrolliert und kommentiert.

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Um ein angenehmeres Arbeitsklima zu schaffen, gibt es laut Zapf, Amela, Fischbach und Dormann drei Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Emotionsarbeit, die jeweils sowohl personen- als auch situationsbezogen Maßnahmen erforderlich machen können. Emotionale Anforderungen sollen optimiert, Ressourcen bzw. Bewältigungsmöglichkeiten maximiert (Interaktionsspielraum, Handlungsspielraum etc.) und Stressoren minimiert werden (Zapf et al 2003: 279f.).

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Da Hostessen nie wissen können, wer sie gerade beaufsichtigt, reagieren sie oft so, als würden sie permanent kontrolliert.8 Tatsächlich bestehen am Messestand durch das Standpersonal und die (häufig männliche) Teamleitung zahlreiche Kontrollmöglichkeiten. Sätze der Teamleitung zu Arbeitskolleg*innen, wenn auch mit einer Nuance Ironie im Wortlaut, habe ich häufig selbst gehört: „Na, pass mir gut auf meine Mädels auf, dass sie auch alle schön lächeln“ (Teamleitung R). Das Gefühl des Überwachtwerdens wird hier von Vielen als ein alles durchdringendes, nicht fassbares aber fühlbares Netz der Kontrolle beschrieben, das sie dazu veranlasst, den geforderten Vorgaben auch dann zu entsprechen, wenn sie lieber anders handeln würden (z.B. indem sie sich hinsetzten, um die schmerzenden Füße kurz zu entlasten). Unterstützt wird dieses Gefühl durch eine permanente Selbstüberwachung, da viele Hostessen auch ‚von sich aus‘ in jeder Situation dem Idealbild entsprechen wollen. „Ich versuche immer meinen Körper anzuspannen und zu lächeln. Man kann ja jederzeit fotografiert werden, und meist bekommt man das gar nicht mit. Man will ja auch immer schön aussehen“ (Hostess I, 24). Diese an Foucaults Analyse von Benthams Panoptikum erinnernde diffuse Machtausübung (Foucault 1977, 1994) garantiert die lückenlose idealtypische Darstellung und zwingt die Betroffenen zu einem professionellen Umgang mit emotionalen Dissonanzen. Die vielfältigen Reglementierungen werden von vielen Hostessen jedoch nicht allein als Repression, sondern auch als durchaus erwünschter Orientierungsrahmen empfunden. Komplexität wird reduziert und dem Gegenüber wird durch standardisiertes Verhalten Signifikanz abgesprochen und Handlungsmacht entzogen. Indem sich Hostessen unabhängig von ihren Gegenübern stets rollenkonform verhalten, behandeln sie diese nicht mehr als Individuen, sondern ihrerseits als homogene standardisierte Masse, der sie distanziert und routiniert gegenübertreten können. Dem möglicherweise auftretenden Gefühl der Unsicherheit wird durch routinierte Verhaltensweisen entgegengewirkt. Der homogene Gesichtsausdruck des Dauerlächelns dient dabei auch als Schutzschild gegen aufdringlichen Blicke der Besucher*innen. Gerade die Monotonie des Emotionsausdrucks trägt also dazu bei, in unangenehmen Situationen Distanz und Autonomie zu wahren.

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Während meiner Feldforschung habe ich mehrmals erlebt, dass ich den Anforderungen aus verschiedenen Gründen nicht permanent Folge leisten konnte. Selbst wenn ich mich so verhielt, dass meiner Ansicht nach niemand mein nicht ganz perfektes Stehen oder Lächeln wahrnehmen konnte, wurde ich gelegentlich ermahnt mich wieder ‚korrekt‘ zu verhalten.

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„Hier auf der Messe, ja da geht es manchmal ganz schön zu, und natürlich versucht man immer freundlich zu sein. Ich versuche mich einfach immer gleich zu verhalten, so wie wir das halt sollen, und so lässt man das alles gar nicht so an einen ran. Das gehört hier einfach alles zu meinem Job.“ (Hostess I, 28)

Die Auswirkungen emotionaler Dissonanzen müssen dann nicht als negativ erlebt werden, wenn der Umgang mit ihnen als eine für den Job erforderliche Kompetenz angesehen wird. Wie sie erlebt werden, ist damit letztlich abhängig von der Akzeptanz der erforderlichen Emotionsanpassung (vgl. Rafaeli und Sutton 1987: 32ff., 1989, 1991). Ist den Akteur*innen das angepasste emotionale Verhalten bzw. der emotionale Ausdruck als Bestandteil der Jobanforderung bewusst, lässt sich seine professionelle Umsetzung als berufliche Expertise denken und wird damit in der Regel positiv bewertet (vgl. Rafaeli und Sutton 1987: 32ff., vgl. Zapf 2002: 244f.). Blake Ashforth und Ronald H. Humphrey argumentieren ähnlich, beziehen jedoch zusätzlich den Faktor Identität mit ein und heben die Signifikanz der sozialen Identifikation mit dem Job hervor (Ashforth und Humphrey 1993: 89, 107). Individuen, die sich stark mit ihrer Rolle identifizieren, sehen ihre Arbeit und ihre Rolle häufig als zentralen Teil ihrer Persönlichkeit an, genießen ihre Arbeit eher und empfinden ihr eigenes Handeln als authentischer (ebd.). Auch Darstellungsregeln lassen sich dabei als Teil des Selbst ansehen. Mit anderen Worten: Je größer die Identifikation mit dem Job, umso weniger hat Emotionsarbeit negative Auswirkungen auf die Akteur*innen. Um sich mit der Hostessenrolle identifizieren zu können, ist in praktisch allen Fällen die Erwartungshaltung der Hostessen an den Job, das Wissen über allgemeine Messekultur sowie der Grad der Akzeptanz der Fraueninszenierung ausschlaggebend. Fast alle Hostessen wissen im Voraus, welchen Frauentyp sie (re-)präsentieren werden, und haben dagegen nicht nur keine Einwände, sondern nehmen die Möglichkeit der Selbstinszenierung als (in ihrer Schönheit offiziell bestätigte) attraktive Frau im Rampenlicht gerne wahr und erleben ihren Körper – ungeachtet aller feministischen Kritik – als Prestigeobjekt.9

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In anderen Kontexten, in denen die als Hostessen arbeitenden Frauen nicht auf das alleinige Bild der schönen Frau reduziert werden möchten, z.B. im Uni-Alltag, wären Erwartungshaltung und Akzeptanz der Konstruktion des auf Messen konstruieren Frauenbildes in einer solchen reduktionistischen normativen Ausprägung kaum möglich.

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Weiterhin signifikant für das positive Erleben der Tätigkeit ist die Identifikation mit der repräsentierten Marke.10 Festzustellen war während meiner Forschung folgendes: Je mehr eine Jobposition (Produktberatung vs. Produktpräsentation) oder eine Automobilmarke (Kleinwagenhersteller vs. Luxusautomobilmarke) mit dem Bild der schönen, begehrenswerten Frau assoziiert wird, umso größer war die Akzeptanz und Duldung physischer Belastungen und emotionaler Dissonanzen. Es findet also nicht nur eine Aufwertung des Ausstellungsobjekts durch die ihm zur Seite gestellte Hostess statt, sondern umgekehrt erfahren auch die Hostessen eine spürbare Prestigeübertragung durch ‚ihr‘ Fahrzeug. Die Zuweisung von „Prestige“ (Bourdieu 1976: 348f.), bzw. von „symbolischem Kapital“ (Bourdieu 1993: 205-221) lässt sich hier leiblich erfahren. Da die meisten als Hostessen arbeitenden Frauen sich während der Arbeit (und oft auch darüber hinaus) stark mit dem von ihnen dargestellten Frauenbild identifizieren, wird Emotionsarbeit entsprechen oft gar nicht als negativer und Handlungsmacht beschränkender Stressor empfunden, sondern positiv als eine Kompetenz, die gezielt und bewusst eingesetzt wird, um den Anforderungen der Tätigkeit zu entsprechen. „Und das Lächeln, ja, das kann man ja dann auf Dauer. Wenn man das nicht kann, kann man den Job nicht machen. Das muss man natürlich erst lernen, auch zu lächeln, wenn einem nicht danach ist. Aber wenn man es dann kann, das Posen und Lächeln, dann kann man das auch nicht mehr verlernen. Das ist etwas, was man dann für immer kann. [...] Und wenn ich dann neben dem Auto stehe und so lächle, dann fühle ich mich schon echt gut, und das ist ja auch wirklich ein tolles Auto, und die Marke selbst spricht ja auch für sich, und es ist ja auch bekannt, dass die Mädels hier alle sehr schön sind. Ich arbeite hier natürlich sehr gerne.“ (Hostess I, 28)

Die Identifikation mit der Arbeit, (oder dem Automobil oder der Marke) birgt allerdings auch die Gefahr einer Überidentifizierung (vgl. Ashforth und Humphrey 1993: 107). Hostessen identifizieren sich nicht nur stark mit der Automobilmarke, mitunter findet eine gefühlte Verschmelzung von Automobil und Akteurin statt. Entsprechende Feststellung wurde in der Vergangenheit bereits für andere Kontexte beschrieben. Der amerikanische Soziologe Jack Katz etwa analysierte das emotionale Handeln verärgerter Autofahrer*innen und stellte dabei fest, dass Fahrer*innen mit dem Automobil nicht nur körperlich, sondern auch emotional

10 Der schön definierte Körper der Hostessen wird durch die körperliche Arbeit selbst zum Teil der Marke. Symbolisch wird das oft zusätzlich durch die Namensschilder mit Markenlogo unterstützt, welche die Hostessen anstatt der eigenen Namen tragen.

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eine Einheit bilden (vgl. Katz 1999: 33f.).11 Ähnliches kann auch Messsehostessen auf Automobilmessen widerfahren. Auch wenn sie das Auto nicht aktiv lenken, sondern es nur erklären und repräsentieren, empfinden sie sich häufig mit ‚ihrem‘ Exponat als Einheit. Während der kompletten Messe und auch danach wurden die zugewiesenen Automobile von Hostessen nicht mit dem eigentlichen Fahrzeugnamen, sondern fast ausnahmslos mit „mein Auto“ (Hostess I, 24) bezeichnet. Das Arrangement Hostess-Automobil bildet damit in gleich mehrfacher Hinsicht eine Ausstellungseinheit. Dabei suggeriert nicht nur die visuelle Inszenierung der Modelhostessen diese Verschmelzung, auch bei der Produktberatung betrachten viele Hostessen das Automobil als ihr „Revier“ (Hostess L, 26). „Ich stehe schon lieber bei meinem Auto, das find ich auch am schönsten von allen“ (Hostess I, 24). Entsprechend empfinden viele Hostessen es als Angriff auf ihre Person, wenn das Fahrzeug von Besucher*innen nicht angemessen behandelt wird oder Funktionen und Modellneuerungen negativ kommentiert werden. „Wenn die Kunden sich ins Auto setzen und dann die Türe so zuknallen, dann denke ich mir schon, was soll das denn jetzt, das Auto so zu behandeln. Das stresst mich dann auch persönlich. Oder wenn sie irgendwelche dämlichen Kommentare zum Auto sagen, dann denkt man schon, hey, so eines wirst du dir eh nie leisten können.“ (Hostess I, 24)

Die Identifikation mit dem Fahrzeug kann zwischenzeitlich intensive Züge annehmen, sie klingt jedoch aufgrund der verhältnismäßig kurzen Dauer der Messen nach Ende der Veranstaltung in der Regel bald wieder ab.

11 Bei Fehlverhalten anderer Straßenteilnehmer*innen können diese in den gefühlten Körperraum der/des Fahrenden eindringen, deren/dessen Wohlfühlraum verletzten, die gefühlte Verschmelzung kurzzeitig auflösen und starke emotionale wutbesetzte Reaktionen auslösen (ebd.).

Doing Hostess: Die Interaktion mit Besucher*innen

„Je näher wir den Autos sind, desto weniger werden wir nach Informationen zu den Autos gefragt.“ Fabienne zitiert nach Anonymus 17, 2014

Speziell an kleineren und besonders an exklusiven Messeständen wird an den Besucher*innentagen nach dem Rotationsprinzip phasenweise zwischen der Position der Produktpräsentation und der Produktberatung hin- und hergewechselt. Die direkte Kommunikation mit Besucher*innen kann deshalb nach den Pressetagen auch für Modelhostessen zu einem Teil ihres Aufgabenbereichs werden. Die Interaktion während der Beratungstätigkeit ist je nach Anforderungen der Automobilmarke unterschiedlich komplex. In der Regel sollen im Gespräch einige einfache, aber aussagekräftige Details der Modelle erläutert und, je nach Hersteller, im Sinne eines marketingstrategischen ‚Storytelling‘ auch mit einer einprägsamen Firmen- oder Herstellungsgeschichte geschmückt werden. Zumeist werden die Neuheiten von den Hostessen direkt am Modell erklärt. Die Besucher*innen können sich hierbei auch selbst in den Wagen setzen und Innovationen ausprobieren. Während der Tätigkeit allgemein und den Beratungsgesprächen im Speziellen kommt es zwar zu unterschiedlichen individuellen Interaktionssituationen, die vielen Gesprächspartner*innen werden dennoch häufig von den Hostessen in Kategorien eingeordnet.1 Anders als im Rest des Textes spreche ich in diesem Kapitel in der Regel von ‚Besuchern‘ in der maskulinen Form. Die Form ist jedoch nicht als generi-

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Auch Berger und Luckmann sprechen von Typisierungen, mit deren Hilfe der Gegenüber erfasst und das eigene Verhalten geleitet werden kann (vgl. Berger und Luckmann 2007: 33).

194 | Fieldwork on High Heels

sches Maskulinum zu verstehen, sondern wurde aus zwei Günden gewählt: Erstens wurden alle mir bekannten Kategorisierungen der Besucher*innen durch meine Kolleginnen ausschließlich auf männliche Besucher angewandt, zweitens gingen Versuche, Interaktionen jenseits des eigentlichen Beratungsgesprächs in die Wege zu leiten (etwa Einladungen zu Abendessen, Partys oder Reisen) ausschließlich von männlichen Besuchern aus. Wenn Hostessen über die zahlenmäßig wenigen Besucherinnen sprachen, wurden diese im Normalfall nicht weiter differenziert, sondern einfach unter den Begriffen Frauen bzw. Besucherinnen, Kundinnen oder Begleitung eines Besuchers subsumiert. Im Gegensatz zur Hostessen-Stereotypisierung werden die Besucher nicht vorrangig nach ihrer Optik, sondern nach ihrem Verhalten charakterisiert. Die Besuchertypologisierung ist für viele Hostessen eine Möglichkeit, Komplexität zu reduzieren, Distanz zu wahren, und die Besucher durch generalisierende Bezeichnungen in objektivierender Weise zu kategorisieren. Die Typologisierung ist zudem eine Möglichkeit, sich professionell auf emotionale Dissonanzereignisse vorzubereiten und in ihrem Rahmen Handlungsmacht zu wahren. Auf die Typologisierungsneigung wurde ich zuerst während meiner eigenen Teilnahme im Feld aufmerksam. Sowohl meine Kolleginnen als auch ich kategorisierten die Besucher und benutzten entsprechende Bezeichnungen, wann immer sich die Gelegenheit ergab, sich im privatem Rahmen zu unterhalten. Zudem wurde eine Tendenz zur Kategorisierung auch in den Interviews mit anderen Hostessen schnell deutlich. „Ja, es gibt Besucher, die sind halt angenehm, die stellen relativ kompetente Fragen. Was wir halt nicht so mögen, sind die Sammler, die einfach nur vorbeikommen und nur was mitnehmen möchten und fragen, ob wir irgendwas zu verschenken haben und dann nicht mal über den Stand gehen und sich was ankucken. Und dann gibt es natürlich auch die Fotografierer, die so ein bisschen – nicht ganz so seriös fotografieren. Da haben wir auch sehr viele davon. Und dann gibt es noch die Gaffer, die einfach dastehen, uns anstarren und keine Regung zeigen. Die sind auch nicht so erwünscht. Einfach nett kucken, das ist kein Thema, dafür sind wir ja auch da, und das gefällt uns ja auch, wir zeigen uns ja auch alle gerne. Aber dieses reine Gestarre nervt.“ (Chefhostess N, 26)

Den „Gaffern“, bringen die meisten Hostessen wenig Sympathie entgegen. Ein zu eindringlicher Blick, der womöglich auch noch auf bestimmte Körperteile fixiert, wird bisweilen nicht nur visuell, sondern auch leiblich wahrgenommen. „Man fühlt diese starrenden Blicke richtig, wenn die Gaffer einen länger anstarren, auf die Beine oder den Hintern“ (Hostess I, 24). Ungeachtet der Tatsache, dass Hostessen darum wissen, dass sie auffällig inszeniert werden, damit sie an-

Doing Hostess: Die Interaktion mit den Besucher*innen | 195

geschaut werden, ist ihnen das Anstarren über einen längeren Zeitraum hinweg oft unangenehm. In Forenkommentaren werden dennoch gelegentlich die Hostessen selbst für das Starren verantwortlich gemacht. „Wenn sie nachgeben und sich möglichst sexy präsentieren, natürlich nur im Auftrag der Autolobby, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn sie angestarrt werden! Sie möchten wunderschön sein, aber nicht angestarrt werden, dann sollen sie sich auch nicht präsentieren!!“ (Forenkommentar, Anonymus 17, 2014)

Als sehr angenehm hingegen wurden von allen Befragten Besucher empfunden, die echtes Interesse für die Automobile aufbringen und sich gerne beraten lassen. Vertreter dieser Gruppe werden oft als die „Interessierten“ (Hostess I, 26) oder die „Wissbegierigen“ (Hostess A, 24) bezeichnet. „Manchmal kommt ein Kunde, da freut man sich richtig, dem geholfen zu haben. Also wenn er mit einem guten Gefühl nach Hause geht, das sind dann die besten Messemomente“ (Hostess A, 22). Der folgende Auszug aus meinem Hostessentagebuch beschreibt kurz eine von mir als angenehm empfundene typische Beratungssituation der genannten Besuchergruppe. „Wenn sich ein Besucher für mein Auto interessiert, begrüße ich ihn und frage nach, ob ich ihm das Auto zeigen darf. Im Normalfall stehe ich mit einem Lächeln an der Fahrerseite des Autos und beginne, indem ich einen Schritt zurücktrete und mit dem Gast das gesamte Auto betrachte. Ich frage nach, ob ihm die neue Form des Modells gefällt. Ich erkläre drei bis vier einfache Details, die ich mir vom Briefing gemerkt habe und die mir als besonders erwähnenswert erscheinen. Daraufhin gehe ich mit dem Besucher einmal komplett um das Auto, öffne bei Interesse den Kofferraum und frage, ob sich der Gast in das Auto setzen möchte. Ich nehme auf dem Beifahrersitz Platz, versuche mich mit meinem kurzen Kleid und meinen hohen Schuhen möglichst ‚damenhaft‘ hinzusetzen und überlasse dem Messegast den Fahrersitz. Im Auto zeige ich noch ein paar Extras, wie man zum Beispiel den Sitz verstellen oder den Bordcomputer einschalten kann. Da der Gast oft die Fahrertüre schließt, lasse ich die Beifahrertüre offen, um keine allzu intime Atmosphäre entstehen zu lassen. Die ‚netten Besucher‘ freuen sich einfach darüber, wenn sie das Auto gezeigt bekommen.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Neben solchen ‚netten Besuchern‘ weist die Kategorie der Wissbegierigen zwei von den meisten Hostessen als überwiegend unangenehm wahrgenommene Unterkategorien auf: zum einen „die Schwätzer und Wichtigtuer“ (Hostess N, 26) die alles besser wissen, ewige Monologe führen und die Technologie oder die Marke stark kritisieren. Zum anderen, die „Machos“ (Hostess I, 24), die sich

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zwar für das Automobil interessieren, sich jedoch nicht gerne von Frauen beraten lassen, nicht zuhören oder gleich nach einem männlichen Kollegen Ausschau halten. „Man wird ja auch nicht immer ernst genommen als schöne Frau, und deshalb muss man oft aktiv auf Leute zugehen, um überhaupt was erklären zu können. Weil viele denken, die steht da ja nur als Zierde rum“ (Hostess A, 22). Ausnahmslos alle von mir befragten Hostessen empfanden übrigens Situationen als besonders frustrierend, in denen ihre Beratungskompetenz kategorisch in Zweifel gezogen wurde. „Wenn man sehr freundlich auf die Leute zugeht und dann mit Desinteresse behandelt wird, oder man als Hostess nicht ernst genommen wird, als ob man keine einfachen Fragen beantworten könnte. Ja, das ist halt immer sehr schade. Es fällt mir auf, wenn ein Mann mit Krawatte neben einem steht, und selbst, wenn er ganz offensichtlich von einem anderen Stand ist und nichts mit der Marke zu tun hat, wird in über 90% der Fälle der Mann angesprochen.“ (Hostess A, 22)

Obwohl Hostessen in der Position der Produktberatung die Rolle der Erklärenden und Zeigenden innehaben, kommt es häufig vor, dass sie von Besuchern zu reinen Zuhörerinnen gemacht werden. Das eigentliche Ausstellungsobjekt bzw. das Beratungsgespräch stehen in solchen Situationen längst nicht mehr im Fokus des Gesprächs. Die Gäste berichten dann beispielsweise über ihre Automobilaffinität und ihre eigenen Fahrzeuge. Manche zeigen Fotos auf ihren Smartphones oder Tablets, und ein Herr mittleren Alters reichte mir, als ich mit ihm im Auto saß, ein ledernes Etui, in dem sich ca. zehn Fahrzeugscheine diverser Automobilmarken befanden. Er ließ sich dann tatsächlich ausführlich zu jedem einzelnen aus. Ein anderes Mal zeigten mir drei asiatische Männer auf einem Smartphone ihre Rennwagensammlung und kommentierten und erläuterten mir etliche der Fahrzeuge en detail. Auffallend ist hierbei zweierlei: erstens, der Rollentausch, in dem der aktive Part der Hostess als Wissensvermittlerin in den passiven Part der netten Zuhörerin verwandelt wird und die Besucher den Part des aktiv Erzählenden und Erklärenden übernehmen; zweitens, die unausgesprochene (wiewohl reichlich unbegründete) Annahme, dass sich Hostessen auch für die privaten Belange der Besucher interessieren und auch jenseits messebezogener Gesprächsinhalte gerne mit den Besuchern kommunizieren möchten. Eine andere, meist nicht als angenehm empfundene Besucherkategorie, die auch in Kombination mit der gerade beschriebenen Handlungsweise auftreten kann, sind die „Flirter“ (Hostess A, 28). Hierbei kann unterschieden werden zwischen denjenigen, die „einfach nette Komplimente machen, die man auch sehr gerne hört“ (Hostess N, 26), und den als eher unangenehm empfundenen Perso-

Doing Hostess: Die Interaktion mit den Besucher*innen | 197

nen, die sich anzüglich verhalten und „auf primitive Weise jede Hostess anbaggern müssen“ (Hostess I, 24). Komplimente über ihr Aussehen oder ihr Outfit hat jede der von mit befragten Hostessen erhalten. „Das beginnt damit, dass sie sagen, man ist eine schöne Frau, man trägt ein tolles Kleid, oder man hat schöne Beine“ (Hostess A, 28). Je nach Situation – und abhängig von Sender und Empfängerin – kann die vermittelte Botschaft in Form von Komplimenten positiv oder negativ bewertet werden. Viele der Hostessen meinten, dass ihnen „das schon irgendwie klar war, dass man auf der Messe schon mal angemacht werden kann“ (Hostess I, 26) und „mit manchen Besuchern flirtet man ja auch gerne; bei anderen ist man einfach nur freundlich, lächelt und denkt: Oh ne, was will der denn?“ (Hostess N, 23). Dass sie für viele Besucher auch Flirtobjekte sind, wird von den meisten Hostessen nicht in Frage gestellt, sondern im Kontext von Messen als ‚normal‘ angesehen. Diese Grundeinstellung trägt einerseits dazu bei, dass Hostessen mit (insbesondere den unerwünschten) Annäherungsversuchen besser umgehen können, andererseits aber wird die ‚Normalität‘ des Flirtens gerade dadurch aufrechterhalten und in unkritischer Weise reproduziert. „Manche IAA-Besucher scheinen von den Autos allerdings nicht so begeistert zu sein wie von den hübschen Frauen, die die PS-Träume flankieren. Iris Müller kann kaum noch zählen, wie oft sie nach ihrer Telefonnummer gefragt oder zu irgendeiner Veranstaltung eingeladen wurde. Da ist dann Diplomatie gefragt: Auf solche Sachen gehe ich grundsätzlich nicht ein. Natürlich lehnt man immer höflich und mit einem Lächeln ab, sagt sie.“ (Anonymus 10, 2007, Stern Online)

Auch mir war die den Hostessen zugeschriebene Flirtwilligkeit durch mediale Berichterstattung schon vor meiner eigenen Teilnahme bewusst. Die unhinterfragte Selbstverständlichkeit und die Häufigkeit, mit der viele Messebesucher davon ausgingen, dass Hostessen nicht nur Schau- sondern auch willige Flirtobjekte sind, überraschte mich dennoch. Um in solchen Situationen hostessenkonform agieren zu können, ist Emotionsarbeit unumgänglich. Die meisten Hostessen versuchen ihren Hostessenhabitus beizubehalten und überspielen die Annäherungsversuche nach höflicher Hostessenart. Da ein Arbeitstag jedoch oft 12 Stunden lang und körperlich sehr anstrengend ist, lässt der Emotionszustand der Hostessen nicht immer die gewünschte Freundlichkeit und Nettigkeit zu. Das kann vor allem dann passieren, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder Besucher das professionelle Lächeln der Hostess als Ausdruck individuellen Zugeneigtseins missverstehen und unerwünschte Flirtversuche unternehmen.

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Hierbei besteht eine sehr direkte Korrelation zwischen dem Image der Automobilmarke, der Darstellungspraxis der dazugehörigen Hostessen und der Häufigkeit der verbalen Anmachen und Anzüglichkeiten. Je stärker ein heteronormativer ‚männlicher Blick‘ die Inszenierung bestimmt und je stärker die Hostess den damit verbundenen Idealtypus verkörpert, umso häufiger scheinen bei den Besuchern sowohl verbal als auch fototechnisch die Hemmungen zu fallen. „Unser Stand hat ja so ein sexy Image, und wir sind natürlich dementsprechend angezogen. Das ist dann manchmal auch echt ziemlich anstrengend. Vor ein paar Jahren habe ich für eine andere Marke gearbeitet und stand neben so einer Familienkutsche, da gab es nicht so viele Anmachen.“ (Hostess K, 27)

Wenn Besucher anzüglich werden oder zu flirten beginnen, passiert dies oft nicht sofort zu Beginn des Gesprächs, sondern erst nachdem ein paar Details über das Ausstellungsobjekt erläutert wurden. Sobald die Atmosphäre etwas ‚intimer‘ ist, häufig sehr nahe am oder im Automobil, fangen gewisse Messegäste an, Komplimente zu machen und persönliche Fragen zu stellen (z.B. zur Herkunft oder zur Abendplanung). Die angewendeten Kommunikationsstrategien sind je nach Besucher und Intention unterschiedlich. Die Spannbreite der selbsterlebten und von anderen Hostessen erzählten Angebote von Messebesuchern ist groß. Am häufigsten werden Einladungen zum Essen oder zu Partys ausgesprochen. Sehr oft werden den Hostessen auch Visitenkarten oder Telefonnummern zugesteckt. „Oft fragen die Männer, ob sie mit uns ein Foto machen dürfen, und nutzen die Gelegenheit, uns ihre Telefonnummer zuzustecken – dabei haben wir gar nicht danach gefragt“ (Sarah zitiert nach Anonymus 17, 2014, Blick Online). Über die verrücktesten Anmachsprüche und -situationen wird sich häufig nach Feierabend ausgetauscht. So erzählte mir zum Beispiel eine Kollegin ganz aufgebracht, dass ein Mann im Alter ihres Großvaters sie in sein Schloss habe einladen wollen. Eine andere Kollegin meinte, dass ein Besucher an einem Tag allein vier Mal an den Messestand gekommen ist, um nach einer Kontaktadresse zu fragen. Noch eine andere erzählte von Besuchern, die sie nach Asien in ihre Heimatstadt eingeladen hätten und auch die Flugkosten übernehmen wollten. Ausgelassene Gespräche mit Kolleginnen helfen dabei, die als unangenehm empfundenen Objektivierungen emotional zu bewältigen. Diese Unterhaltungen sind eine Art Ventil, um Emotionen zu verarbeiten und generieren wiederum ein Gefühl des gegenseitigen Verstehens. Hostessen erleben hierbei eine Art emotionale Intersubjektivität (Denzin 1984: 130ff.), die nunmehr nicht nur durch das gemeinsame Startereignis als Kohorte begründet ist, sondern vor allem auch dadurch, dass sie im Rahmen der Messe ähnliche emotionale Erfahrungen ma-

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chen und kognitiv verarbeiten müssen. Das Wissen darüber, dass individuell Erlebtes und Gefühltes in ähnlicher Weise auch den Kolleginnen widerfährt, verbindet stark und bildet den Grundstein vieler emotionsgeladener Hostessenunterhaltungen. Um die absurde Richtung, die manche Beratungsgespräche einschlagen, besser verständlich zu machen, werde ich im Folgenden vier Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung darstellen, die in ähnlicher Weise auch viele meiner Kolleginnen hätten erlebt haben können. „Heute war der Mann wieder am Stand, der mir erzählte, dass er seiner Mutter sein florierendes Geschäft zu verdanken hat und ihr nun ein Cabriolet kaufen möchte. Gestern hat er mich, nachdem ich ihm das Auto gezeigt habe, abends zum Essen eingeladen. Er hatte eine ziemlich überhebliche Art und erzählte mir von seinem Business. Ich erklärte ihm höflich, aber dennoch bestimmt, dass ich schon etwas vorhabe. Er gab mir trotzdem seine Visitenkarte und meinte, ich müsse ihn abends anrufen. Um ihn loszuwerden und ohne viel nachzudenken steckte ich die Karte ein. Ich hätte ja nicht gedacht, dass er wirklich am nächsten Tag noch mal am Stand aufkreuzt. Und heute stand er da, mit seiner arroganten Mutter, ziemlich sauer, und ich sollte mich rechtfertigen, wieso ich nicht angerufen habe. Ich bin nicht weiter darauf eingegangen. Unfassbar was sich manche einbilden! In solchen Situationen fällt es mir wirklich schwer weiterhin nett und höflich zu bleiben und nicht einfach loszuschreien.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes) „Ich zeige einem konservativ gekleideten Herrn mittleren Alters das Auto. Sein hochnäsig, noch pubertierend wirkender Sohn, angezogen mit Cordhose und Poloshirt mit hochgeschlagenem Kragen – ich kann schon das Outfit des Jungen nicht leiden – möchte das Auto von innen sehen. Er öffnet die Fond-Tür und steigt ein. Obwohl er mir spontan unsympathisch ist, bleibe ich super freundlich und setze mich zu ihm auf die Rückbank. Währenddessen betrachtet der Vater den Kofferraum, den ich vorher für ihn geöffnet habe und probiert die Automatik der Öffnung aus. Der Sohn schaut mich an, streckt seinen pickligen Kopf in meine Richtung und meint selbstbewusst, bevor ich überhaupt angefangen habe etwas zu erklären, dass ich ihn küssen soll. Ich denke zuerst ich habe mich verhört oder verstehe plötzlich kein Französisch mehr, bin verwirrt und frage höflich nach, was er will. Er wiederholt die Forderung und meint, nachdem ich irritiert aber bestimmt mit ‚nein‘ antworte, dass ich das aber muss. Ich bin entsetzt, am liebsten würde ich ihm eine scheuern, mache aber nichts dergleichen und steige aus dem Auto aus. Es kostet mich große Überwindung, aber ich tue so als wäre nichts gewesen, bin weiter höflich zu dem Vater und verabschiede beide. Was für eine Frechheit! Was bildet sich dieser Knirps ein! Die Selbstverständlichkeit und Bestimmtheit, mit der dieser junge Mann mich rumkom-

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mandiert hat und sexuelle Handlungen forderte, ist unfassbar!“ (Hostessentagebuch, T. Kubes) „Ein sehr auffällig wirkendes älteres Paar, beide mit offensichtlich gefärbten Haaren, Maßanzug mit Einstecktuch und massiven goldenen Ringen an den Fingern lassen sich von mir das Auto zeigen. Beide Herren sind sehr nett und zuvorkommend. Schon nach kurzer Zeit erzählen sie mir aus ihrem Privatleben. Sie berichten, dass sie häufig ausgehen, bevorzugt in gute Restaurants und Bars, auch in der Stadt, in der ich privat wohne, und gerne eine schöne Frau um sich haben. Sie differenzierten die Aussage sogleich, und meinten, dass das mit der ‚schönen Frau‘ nicht für etwas Sexuelles sei, sie seien ja schwul, wie ich ja sicher bemerkt hätte, sondern einfach zwecks der ‚schönen‘ Gesellschaft. Ich muss gestehen, das indirekte Kompliment schmeichelt mir. Sie wollen mich auf ein Glas Champagner einladen. Ich entschuldige mich, dass ich nicht von meiner Position wegkann, und bin insgeheim froh darüber. Sie meinen daraufhin, sie regeln das schon mit meinem Chef. Die Angelegenheit wird mir unangenehm, obwohl ich die beiden Herren in ihrer eigenwilligen Art sympathisch finde. Einer der beiden gibt mir eine schwarze Visitenkarte mit goldener Schrift, nimmt meine Hand und insistiert, dass ich versprechen muss, mich bei ihm zu melden. Die Visitenkarte habe ich eingesteckt, und sie liegt nun zwischen den anderen gesammelten Karten. Ich werde mit Sicherheit nicht anrufen, auch wenn ich gerne wüsste, ob es den zwei Herren wirklich nur um die nette ‚schöne‘ Gesellschaft geht.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes) „Vier sehr wohlhabend wirkende Kunden wollten mir, nachdem ich ihnen kurz das Auto gezeigt habe, am nächsten Tag eine Designerhandtasche mitbringen, da sie angeblich Geschäftsverbindungen zu einer Nobelmarke haben, dort heute noch vorbeischauen und morgen wegen weiterer Konfiguration noch mal zum Messestand kommen müssen. Ich wusste zuerst nicht, was ich antworten soll. Wieso wollen die mich beschenken? An meiner kompetenten Beratung kann es nicht gelegen haben, ich habe nur ein paar lapidare Features vorgeführt, und die kannten sich besser mit dem Auto aus als ich. Oder wegen meiner freundlichen Art? Ich bin verwirrt, aber nach kurzem Überlegen lehne ich das Angebot ab. Später erzähle ich das Erlebnis aber trotzdem meinen Kolleginnen. Die schütteln nur voller Unverständnis den Kopf über mein Verhalten und meinten ich sei total verrückt, so ein Angebot auszuschlagen. Ich ärgere mich kurz über meine Reaktion. Aber wieso sollen die mir eine Handtasche mitbringen, einfach nur so als nette Geste? Ich bin doch nicht käuflich! Oder vielleicht waren das ja auch nur Schwätzer [...] Heute waren die Handtaschenherren noch mal da und sprachen mich kurz an, dass es schade ist, dass ich keine Tasche gewollt habe. Später habe ich von einem Mitarbeiter am Stand erfahren, dass die Gäste wirklich enge Geschäftsbeziehungen zu besagtem Label haben. Wer braucht schon eine Designerhandtasche? Einerseits ärgere ich mich über mein Verhalten, andererseits bin

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ich stolz darauf, nein gesagt zu haben, wer weiß was die als Gegenleistung gewollt hätten, oder sollte das wirklich nur eine nette Geste sein?“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Welche der Angebote bei einer Zusage meinerseits wirklich wahrgemacht worden wären, sei dahingestellt. Viel interessanter ist die Tatsache, dass überhaupt von nicht wenigen Besuchern davon ausgegangen wird, dass es möglich ist, Hostessen solche Angebote zu unterbreiten. Exemplarisch für eine solche Einstellung ist folgende Antwort eines Messebesuchers, der mit großem Selbstverständnis meinte: „Na klar flirte ich mit denen, wenn die mich so nett anlächeln, ist doch klar, macht doch jeder, oder?“ (Messebesucher D, 37). In zahlreichen Internet-Foren werden ähnliche Ansichten vertreten: „Wenn wir Männer diese schönen Frauen nicht beachten würden so wären Sie [sic] enttäuscht“ (Anonymus 17, 2014, Blick Online). „Wenn es irgendwo was zu schauen gibt, sollte Mann und Frau auch hingucken dürfen. Frauen schauen nämlich genau so gern auf einen Knackpo der Männer wie Männer auf schöne Beine oder sexy Dekollte[sic]. Das [sic] die dargebotene Hand manche Männer falsch verstehen und den Mädchen Telefonnummer zustecken ist sicher lästig aber es sind bestimmt nicht so viele dass sich gleich Papierkörbe damit füllen lassen.“ (Anonymus 17, 2014, Blick Online)

Es mag wohl sein, dass sich nach einer Messe mit den erhaltenen Kontaktadressen nicht „gleich Papierkörbe füllen lassen“ (ebd.), dennoch ist die Zahl der Kontaktanfragen durch Besucher und der überreichten Visitenkarten deutlich höher, als ich oder irgendeine der von mir befragten Hostessen es jemals in anderen Kontexten erlebt hätten. Ein letztes Beispiel dafür, dass das Image von Hostessen als flirtwillige Objekte, bzw. ‚leichte Mädchen‘ nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch jenseits der Messe Bestand hat, ist der häufig unternommene Versuch, Hostessen zu Partys einzuladen. Im Extremfall wird dabei von den Besuchern ein Verhalten an den Tag gelegt, als wähnten sie sich auf einem Fleischmarkt. Das im Folgenden beschriebene ‚Hostessen-Casting‘ habe ich nicht nur selbst erlebt, es wurde mir auch von Kolleginnen diverser anderer Automobilmarken und von einem Automobilkonzernmitarbeiter geschildert. „Heute gab es an unserem Stand eine Art Casting für eine berühmte VIP-Party in der Stadt. Ich habe schon mehrmals davon gehört und war neugierig darauf. Es heißt, nur die Schönsten werden ausgewählt und diejenigen, die die Einlassbänder verteilen, kommen nur an die Messestände mit entsprechendem Hostessenimage. Meine Kolleginnen wollen

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gerne ein schwarzes Einlass-Band bekommen, ich glaube nicht unbedingt wegen der Party, sondern eher wegen der indirekten ‚Auszeichnung‘. Wir hatten gerade Feierabend, saßen zu viert im hinteren Bereich des Messestandes, alle ohne Schuhe, um unsere schmerzenden Füße zu entlasten und redeten wild durcheinander über die Ereignisse des Tages. Da kommt ein unbekannter, ganz in schwarz gekleideter Mann, mustert uns, murmelt irgendetwas davon, dass das passt und übereicht meinen Kolleginnen ein schwarzes Bändchen, das er dann sogleich an ihren Handgelenken befestigt. Auch mir will er eins umlegen. Für eine gefühlte Millisekunde schmeichelt mir die symbolische Auszeichnung sogar. Ich komme jedoch sehr schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich fühle mich wie auf dem Viehmarkt oder als würde der Typ mir ein Preisschild anbringen und erkläre dem Mann aufgebracht – und auf gar nicht hostessenkonforme Art – dass ich an so was wirklich kein Interesse habe. Er schaut verdutzt, zuckt mit den Achseln, nimmt das Band und geht. [...] Jetzt abends, wo ich in meinem Zimmer sitze, packt mich wieder die Neugierde, und ich ärgere mich, das Band nicht genommen zu haben – zumindest als Souvenir. [...] Heute [einige Tage später] sprach ich mit einer Kollegin von einem anderen Stand, die auf der Party gewesen ist. Sie meinte ‚das Klischee von den alten Säcken und den jungen Frauen hat sich bestätigt‘. Als eine Frau irgendwann begann, auf einem Fahrzeug zu strippen, sei sie gegangen.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Die beschriebene Selektionspraxis, bei der Männer die ihnen am schönsten und begehrenswertesten erscheinenden Frauen auswählen und ungefragt mit einem Bändchen markieren, bildet sicher eine extreme Ausprägung der Objektivierungspraxen, denen Hostessen auf Automobilmessen ausgesetzt sind. Die Selbstverständlichkeit, mit der Hostessen Visitenkarten überreicht werden und mit der sie eingeladen werden, zeigt aber gleichwohl, dass nach wie vor viele Besucher von einer grundsätzlichen Verfügbarkeit der Hostessen auch jenseits des Messekontexts ausgehen. Für Hostessen ist es in jedem Fall ein Teil des Jobs, auf den viele meiner Kolleginnen gerne verzichten würden und der eine sehr intensive Form von Emotionsarbeit erfordert.

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DIE KÖNIGSDISZIPLIN: DAUERLÄCHELN UND POSEN „Die Königsdisziplin aber bleibt wohl das kerzengerade Stehen neben den Topmodellen der Hersteller. Ein überlegenes Lächeln, eine stolze Pose – niemand beherrscht das so gut und so ausdauernd wie die Hostessen neben dem Ghost von Rolls-Royce und dem Wild Rubis, der Crossover-Studie von Citroen.“ Dunker 2013b, Die Welt Online

Abbildung: Besucher und Modelhostess

Foto: Tanja Kubes

Ab dem ersten Messetag wird erwartet, dass Hostessen nicht nur in ihre Uniformierung schlüpfen und ihren Körper hostessenkonform zurechtmachen, sondern auch das hostessentypische performative Handeln des doing hostess umsetzen. Dieses besteht an den ersten beiden Messetagen ausschließlich in der Produktpräsentation. Das doing hostess stellt hier keine direkte Interaktionsarbeit im klassischen soziologischen Sinne dar. Ort, Zeit und beteiligte Personen sind also nicht vordergründig konstitutiv für Mimik und Gestik der Hostess. Beim doing hostess wird vielmehr dauerhaft ein Gefühlsausdruck dargestellt, der sich weder aus konkreten Interaktionen speist noch auf den Gefühlen basiert, die er darzustellen vorgibt. Die Interaktionsmöglichkeit zwischen Messebesucher*innen und Hostessen ist dabei sehr eingeschränkt und häufig weitgehend unidirektional.

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Die Kommunikation beschränkt sich meist auf kurze Kommentare, Posieranweisungen für Fotos oder unspezifische, häufig anzügliche, Fragen: „Na, stehst du schon lange hier?“ „Darf ich mitfahren?“ „Auf wen wartest du denn?“ „Kannst du dich mal näher zum Auto stellen?“ „Kriegt man dich dazu, wenn man den kauft?“

Solche und ähnliche Sprüche kennt jede Messehostess. Die Antwort beschränkt sich in der Regel auf ein fortgesetztes Lächeln. Das permanente Gesehenwerden auf der Vorderbühne des Messestandes im goffmanschen (Goffman 2009) wie im wörtlichen (spatialen) Sinne erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplinierung. Die körperliche Einnahme und subjektive Aushandlung des Raums folgt hierbei ungewohnt starren normativen Vorgaben. Den Körper weder in Mimik und Gestik noch in der Art, wie man steht, individuell einsetzen zu dürfen, erfordert eine Körperbeherrschung die erst angeeignet werden muss. Zudem nehmen die reglementierte Platzierung und die stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit des Hostessenkörpers im Messeraum starken Einfluss auf das Erleben und Fühlen der Hostessen und erfordern einen neuen Umgang nicht nur mit der Raum-, sondern auch mit der Schmerzerfahrung. „Heute ist der zweite Tag. Ich stehe also, wie an den vorherigen Tagen auch, neben dem mir zugewiesenen Automobil. Ein schönes, großes, glänzendes Auto, das stündlich von einer Reinigungskraft von herumschwebenden Staubpartikeln befreit wird. Die Fußmatte kostet mehr, als ich während der gesamten Messe verdiene – aber ich versuche mich trotzdem ‚Luxusklasse‘ zu fühlen. Dieses Unterfangen ist gerade gar nicht so einfach, da ich mich seit drei Stunden kaum bewegt und meine Mimik kaum verändert habe – das Lächeln ist vertraglich festgelegt. Ich lächle und versuche verführerisch auszusehen, und schaue in die mich begaffende, überwiegend männliche Menschenmenge. Abwechselnd drehe ich mit einer minimalen Bewegung meinen Kopf, der inzwischen von der hellen Beleuchtung und der Klimaanlage stark drückt, knicke meine Hüfte und verlagere mein Gewicht vom einen Bein auf das andere. Ich mache das seit einer gefühlten Ewigkeit. Was würde ich jetzt dafür geben, so leicht wie eine Feder zu sein – und am besten für eine kurze Zeit auch unsichtbar. Jedes Kilo drückt meine Zehen tiefer und fester in die spitzen Schuhe, meine Beine fühlen sich an wie Blei. Ich habe höllische Schmerzen. Wie wunderbar wäre es jetzt kurz die Schuhe auszuziehen und sich ganz normal zu bewegen. Ob ich das überhaupt noch kann? Ich lächle weiter und bleibe in Pose.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

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Das Verharren in Bewegungslosigkeit erinnert in mancher Hinsicht an die Langzeit-Performance The Artist is Present von Marina Abramovic. Bei dieser saß die Künstlerin 75 Tage lang über 700 Stunden auf einem Stuhl im Museum of Modern Art. „Der wirklich schlimmste Schmerz kommt, sagt Abramovic, wenn man lange Zeit bewegungslos dasitzt“ (Oehmke 2010: 120). Das nahezu reglose Verharren in einer Position war für die Künstlerin nur möglich indem sie den erlebten Schmerz kontrollierte (vgl. Bärenthaler 2014). „15 Minuten kann jeder ruhig sitzen. Aber schon nach einer Stunde zwickt und kneift es überall. Nach drei Stunden will jeder einzelne Muskel deines Körpers in eine andere Position. Irgendwann gelangt man zu dem Punkt, an dem man glaubt ohnmächtig zu werden, wenn man sich nicht sofort bewegt. Dann denkt man: Okay, fuck it! Falle ich eben in Ohnmacht! Die Befreiung kommt, wenn man sich aufgibt und merkt: Es geht ja doch weiter. Der Schmerz lässt sich kontrollieren.“ (Abramovic, zitiert nach Bärenthaler 2014)

In sehr ähnlicher Weise ist das Ertragen der durch das lange Stehen neben dem Fahrzeug verursachten Fuß-, Bein- und Rückenschmerzen nur möglich, indem die Hostess – wie Abramovic – den Schmerz als Teil der Arbeit akzeptiert. „Im dritten Monat ist der Schmerz noch immer da, aber man kann ihn in die Ecke stellen wie einen alten Besen. Man lebt mit ihm, umarmt ihn“ (Abramovic 2010, zitiert nach Oehmke 2010). Das erlebte negative Gefühl der Hostessen ist hier nicht Resultat von Interaktion, sondern wird durch die physiologische Belastung aufgrund der normierten und eingeschränkten Positionierung der Körpers hervorgerufen. Obwohl den meisten von mir befragten Frauen (mich eingeschlossen) das Ausmaß der Schmerzen im Vorfeld der Messe nicht bewusst war, gelingt es dem Großteil sehr rasch, zu einem professionellen Umgang damit zu finden. Auf der Vorderbühne der Messe ist die Annahme des Schmerzes Teil des Jobs, im Backstagebereich (respektive auf der Hinterbühne; Goffman 2009) hingegen werden die erlebten Schmerzen zumeist sehr offen ausgelebt und abreagiert. Hier wird geschimpft, geschrien und geweint, und Pumps werden wütend an die Wand geworfen. Ergänzend zum Umgang mit physischen Schmerzen müssen Hostessen lernen, mit einer für sie zumeist neuen Art der Raumerfahrung umzugehen. Sichtbare und unsichtbare Grenzziehungen ergänzen sich, indem sowohl durch die Messestandabsperrung als auch durch die Begrenzung der Ausdrucks- und Bewegungsmöglichkeiten der erfahrbare Körperraum stark eingeschränkt wird. Die einheitliche Pose und die dadurch geringe Bewegungsvarianz müssen sich Hostessen nicht nur durch Technik aneignen, sondern sie müsssen sich auch ein neues Bewegungsempfinden zulegen, in dem sie die Eigenwahrnehmung der Kör-

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perbewegung im beschränkten Raum akzeptieren und während ihrer Arbeit als ‚Normalität‘ ansehen. Gelingen Posieren und Gefühlsarbeit in der gewünschten Weise, lassen sich im Zusammenspiel mit der spezifischen Raumnutzung auf Handlungsebene drei Aspekte des doing hostess unterscheiden, die auch für die Besucher*innen jederzeit sichtbar sind. Genderperspektivisch betrachtet, generiert die präzise Platzzuweisung der Hostessen abgeschlossene, reglementierte Frauenräume in Abgrenzung zu durchlässigen und fluiden, freien Männerräumen.2 Der Messeraum wird also durch die „Platzierung von sozialen Gütern und Menschen bzw. das Positionieren primär symbolischer Markierungen“ (Löw 2005: 263) erzeugt und nicht zuletzt auch genderdifferent kenntlich gemacht (ebd.: 265). Die institutionalisierte Platzierungsleistung ist zudem stark an Körperpraxen gekoppelt (ebd.). Genderdichotome Körpertechnologien und Raumkonstitution prägen sich hierbei reziprok (ebd.; vgl. Kaufmann 1996). Die „Vergeschlechtlichung der Räume“ (Löw 2005: 264) erfolgt jedoch nicht allein durch die (passive) Platzierung und Positionierung der Hostessen, sondern vor allem auch durch die von ihnen aktiv realisierte räumliche Praxis (vgl. Lefèbre 1991: 38f.). Dem Körper kommt dabei stets eine doppelte Bedeutung für die Raumproduktion zu: Er ist zugleich Wahrnehmungsmedium und „Teil der räumlichen (An)Ordnung“ (Löw 2005: 242). Bei der Präsentation der Modelhostessen existiert häufig eine transparente Abtrennung zu den Messegästen. In der extremsten Ausprägung kann hierbei der den Hostessen zugewiesene begrenzte Platz durch Plexiglas abgetrennt, durch ein Podest erhöht und mit einer drehbaren Plattform ausgestattet sein. Hostessen werden dadurch als weiblich inszenierte Schauobjekte separiert und objektiviert und von den Besucher*innen nicht nur räumlich sondern vor allem auch symbolisch getrennt. „Ich stehe also da, und präsentiere das Auto. Wenn ich das Verhalten der Besucher deute, ist noch nicht ganz klar, wer hier mehr Schauobjekt ist, das Auto oder ich. Das Angestarrtwerden, daran kann man sich, glaube ich, gewöhnen. Permanent am Platz zu stehen und sich nicht bewegen zu können fällt mir allerdings noch ziemlich schwer. Ist es möglich, den Körper irgendwann so daran zu gewöhnen, dass man keinen Drang verspürt, sich frei im Raum zu bewegen? “ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

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Die visuell inszenierte binäre Geschlechtertrennung erinnert an die von Bourdieu dargestellte Differenzierung der kabylischen Gesellschaft Algeriens in offen zugängliche männliche Bereiche und abgeschlossene weibliche Räume (Bourdieu 1976). Laut Bourdieu ist der Zugang zum öffentlichen Raum für Frauen schwieriger und deren hierarchische Positionierung eine niedrigere (ebd.).

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Die Positionierung als Modelhostess schafft ein, je nach soziokultureller Zuschreibung und individueller Bewertung der Situation, positiv oder negativ erlebtes Gefühl der Exponiertheit, mit dem professionell umgegangen werden muss. Exponiert im Raum inszeniert zu sein, kann bei allen Akteurinnen das ganze Spektrum an Gefühlslagen auslösen und erfordert intensive Emotionsarbeit. Exemplarisch für zwei komplementäre Empfindungen stehen folgende Aussagen der selben Hostess zu unterschiedlichen Zeitpunkten: „Da fühlt man sich oft so ausgestellt wie eine Schaufensterpuppe“ (Hostess, I, 28). „Es ist toll hier zu stehen, man ist im Mittelpunkt des Geschehens und alle schauen einen an. Man fühlt sich dann einfach nur toll“ (Hostess I, 28). Gerade in solchen euphorischen Phasen fühlen sich Hostessen – trotz des inhärenten Objektcharakters ihrer Rolle – nicht als passive Objekte, sondern als aktive und selbstbestimmte Akteurinnen. Sie sind sich bewusst, was sie verkörpern und welche Wirkung dieser performative Akt auf die Rezipierenden haben kann. Das, was Hostessen während ihrer Hostessenperformanz jenseits ihres eigenleiblichen Empfindens wahrnehmen, sind vor allem die unaufhörlichen, oft voyeuristischen Blicke der Besucher*innen. „Auf Messen fühlt man sich oft wie im Zoo, wenn einen alle so angaffen und wie wild fotografieren“ (Hostess I, 26), ist eine häufig geäußerte Klage von Hostessen. Der Blick der Rezipierenden (auf den Frauenkörper) ist hierbei nie neutral, sondern immer auch von einer Wissens-Macht-Matrix durchdrungen (vgl. Foucault 1977). Blicke können soziale Machtkämpfe darstellen, die „auf leiblichem Terrain ausgefochten werden“ (Gugutzer 2002: 234). Die heteronormative Struktur der Messe macht Hostessen auf den ersten Blick zu passiv Angeschauten und Betrachteten, die vorwiegend männlichen Besucher werden zu aktiv Schauenden, Blickenden, oder Starrenden. Trotz beschränkter Bewegungsmöglichkeiten im Raum und eingeschränkter Mimik und Gestik bleibt den Hostessen jedoch auch hier ein Rest an Handlungsmacht erhalten. Sie sind also nicht allein „Objekt eines Blicks“ (Nassehi 2003: 101, Hervorh. I. Orig.) sondern haben die Möglichkeit, ihren eigenen Blickwinkel und die Blickrichtung zu bestimmen und dadurch die Blicke der Besucher*innen zu erwidern oder zu ignorieren. Um machtbesetzte Blickakte auf Messen differenziert betrachten zu können, ist die von Fischer-Lichte getroffene Unterscheidung zwischen Blicken und Ansehen hilfreich (vgl. Fischer-Lichte 2013: 149). Demnach ist Ansehen eine einseitige Handlung. Derjenige der angesehen wird, wird durch die einseitige Beziehung zum Objekt des Ansehenden. Im Gegensatz dazu impliziert der Blick das gegenseitige Anschauen, bei dem der/die Blickende Subjekt und Objekt zugleich ist.

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Diese Doppelrolle der am Blickakt Beteiligten führt zu einem „Spiel der Blicke“ (ebd.), in dem alle Beteiligten im gleichen ‚Augenblick‘ objektiviert werden und objektivieren. Im gleichen Moment, in dem ihnen als Angeblickte Handlungsmacht entzogen wird, eignen sie sich diese als Blickende wieder an. In der Reziprozität der Blicke wechseln sich „Ermächtigung und Entmächtigung“ ab (ebd.). Anders als Fischer-Lichte es tut, würde ich jedoch auch den Ansehenden keine alleinige Handlungsmacht zugestehen. Auch wenn diese nicht in objektivierender Art ausgestellt sein mögen, sondern ganz offensichtlich aus einer Machtposition heraus als autonomes Wesen agieren können, können sie die Hostessen zwar anschauen und Interesse signalisieren, zu einem intersubjektiven Blickkontakt kommt es jedoch nur, wenn es die Hostess zulässt. Es sind also die Hostessen, die letztlich entscheiden, ob sie den professionell hergestellten homogenen Emotionsausdruck personalisieren oder kein individuelles Interesse bekunden möchten. Handlungsmacht kann hier dementsprechend auch auf Seiten der Angesehenen verortet werden, da sie, im Gegensatz zu den Blickenden, in ihrer Gleichgültigkeit gegenüber der Masse sich von dieser auch bewusst abheben können. Die asymmetrische Blickkultur kann in diesem Sinne selbstbestimmt entmächtigt werden. Da viele Hostessen diese Macht durchaus genießen, liegt in der visuell inszenierten objektivierten Position auch positiv erlebte Handlungsmacht. Diese subjektiv empfundene Agency wird mitunter in sehr konkreter Weise zum objektiven Faktum: etwa wenn Hostessen den Einlass zum Fahrzeug reglementieren, die erfolgreiche Aufnahme von Blickkontakt mithin unabdingbare Voraussetzung für den Zugang zum eigentlichen Objekt der Begierde – dem Automobil – darstellt und die Hostess Blick und Zugang gewähren, aber eben auch verweigern kann.

DIE AUTOMOBILENTHÜLLUNG „Spectatum veniunt, veniunt spectentur ut ipsae.“ Ovid, Liebeskunst 1. Buch, Vers 99

Ein Spezialfall der Produktpräsentation ist die von Hostessen durchgeführte Automobilenthüllung während der Pressetage, die ich schon in meinen Ausführungen zur Übungs- und Vorbereitungsphase ausführlich beschrieben habe. Die Enthüllung der Fahrzeugneuheiten ist für die Automobilkonzerne der Höhepunkt des Messeauftritts. Das Motiv Fahrzeug plus Model ist ein beliebtes Fotomotiv

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und laut Automobilkonzernmitarbeiter*innen von vielen Pressefotograf*innen und Fernsehteams ausdrücklich erwünscht. Die durch Journalist*innen und Fotograf*innen positiv bewertete Umsetzung der Präsentation und deren Darstellung des Events in den Medien kann laut Auskunft interner Mitarbeiter*innen entscheidend für den mittelfristigen Erfolg der Marke sein. Entsprechend sorgsam wird die Premiere inszeniert. Die Anmoderation sowie die Vorstellung des Fahrzeugs nach der Enthüllung übernimmt in der Regel der Markenchef selbst (Markenchefinnen gibt es bislang in Deutschland keine) oder ein anderer prominenter, zumeist männlicher Vertreter der Automobilbranche. Die Hostessen stehen währenddessen entweder weiter als ‚Zierde‘ auf der Bühne, oder sie verlassen diese unmittelbar nach der Enthüllung des Fahrzeugs. Obwohl die Modelhostessen bei der ersten Vorstellung des neuen Fahrzeugmodells vergleichsweise viel tun, bleibt die eigentliche Vorstellung der Neuheit sowie die Aufnahme des Geschehens durch Pressepersonen eine männlich dominierte Angelegenheit. Folgendes Pressefoto verdeutlicht besonders gut diese messetypische Geschlechterdichotomie. Abbildung: Pressevorstellung durch den Firmenchef

Quelle: http://www.spiegel.de/fotostrecke/iaa-previews-currywurst-statt-kanapee-fotostrecke-46599-5.html [23.03.2015].

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Schon bei einer kurzen Betrachtung des Geschehens wird die visuell inszenierte Aufteilung in Bezug auf aktiv/passiv wirkende Tätigkeiten deutlich. Der männliche Firmenchef im seriös wirkenden dunklen Anzug mit Headset wirkt in seiner typischen Rednergeste als aktives Individuum, das aufgrund seiner Position Macht und Wissen ausstrahlt und selbstbestimmt handelt, indem er der versammelten Presse das neue Fahrzeugmodell vorstellt. Die beiden Hostessen stehen in der gleichen idealtypischen Pose, im gleichen Outfit (einem hüfthoch geschlitzen silbernen Abendkleid), mit nahezu identischer Körperform wie Schaufensterpuppen, links und rechts neben der Fahrerkabine des silbernen Fahrzeugs. Die Aufnahme macht den Kontrast der Inszenierungsart deutlich, da die Subjekt/Objekt Dichotomie nicht nur durch die unterschiedlichen Handlungsweisen ins Auge springt, sondern zusätzlich noch durch die Farbsymbolik betont wird. Passive Schauobjekte sind silbern (Fahrzeug und Hostessen) und befinden sich auf einer sich drehenden weißen Plattform, aktive Subjekte (Moderator, Journalist*innen und Fotograf*innen, die, soweit man es erkennen kann, ausnahmslos männlich wirken) sind dunkel und dominieren das Handlungsgeschehen (durch Erklären, Fotografieren, Filmen, Schauen, etc.). Eine ähnliche Inszenierungsart habe auch ich als Hostess erlebt. Ich habe den Vorgang des Automobilenthüllens nicht nur im Vorfeld der Messe intensiv einstudiert, sondern schließlich auch während der Pressekonferenz durchgeführt. „Wir stehen angespannt und aufgeregt im Backstage-Bereich und warten auf unseren Einsatz. Der Pressetermin ist für 14 Uhr angekündigt. Es ist kurz vor Zwei, wir können die Masse der wartenden Journalist*innen schon regelrecht spüren. Die Spannung und Hektik unter den Mitarbeiter*innen ist groß. Am Einsetzen des Markensongs hören wir, dass die Show beginnt. Wir stehen in den Startlöchern wie bei einem Rennen, hören das Gemisch aus Song, Journalist*innnenstimmen und Klicken der Fotoapparate und warten auf das Zeichen der Einsatzleiterin, dass wir loslaufen dürfen. Ich atme tief durch, versuche meinen Rücken zu strecken, erinnere mich an den ‚Bauch-rein-Brust-raus‘-Spruch und setze ihn um. Inzwischen sind meine Hände vor Aufregung feucht. Hoffentlich rutscht mir das Tuch nicht weg, und hoffentlich stolpere ich nicht mit diesen dämlichen Schuhen, denke ich aufgeregt. Sekunden verstreichen, die sich wie Stunden anfühlen. Die Lichtshow blendet bis in den Backstage-Bereich. Endlich erkenne ich den Songabschnitt, bei dem wir loslaufen sollen. Es erfolgt ein strenger Blick einer Mitarbeiterin, sie hebt den Daumen und flüstert toi, toi, toi. Wir laufen los wie ferngesteuert. Während der kurzen Strecke Weg nehme ich die Masse der Fotografen als blitzende, blendende Wand wahr. Ich denke nur an das Gehen. Gerade laufen, immer einen Fuß vor den anderen setzen und dabei leicht mit der Hüfte schwingen. Jeder einzelne Schritt ist mir bewusst und dauert eine gefühlte Ewigkeit. Meine ganzen Gedanken sind bei meinen Beinen und Füßen. Ich fühle mich wie

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in einer Glasglocke, konzentriere mich aufs Gehen, alles andere ist ausgeblendet. Endlich habe ich das Auto erreicht und bleibe auf Höhe der Motorhaube stehen. Ich lächle und stütze meine Hand in die Hüfte. Habe ich das schon die ganze Zeit getan, oder habe ich vor lauter Konzentration aufs Laufen gar zu lächeln vergessen? Ich weiß es nicht, bin kurz irritiert, aber darüber nachzudenken ist jetzt keine Zeit. Das Scheinwerferlicht blendet. Ich ergreife mit schwitzigen Händen das Tuch, zähle innerlich den einstudierten Rhythmus, versuche nicht auf das Tuch zu steigen und beginne zu ziehen. Meine Partnerin macht anscheinend das Gleiche, die Enthüllung gelingt, ohne das Tuch zu verkanten. Ob wir währenddessen gelächelt haben, kann ich nicht sagen. Die Handlungsabläufe haben meine ganze Konzentration beansprucht. Am Heck angekommen, erinnere ich mich an die geforderte Mimik. Ich lächle noch einmal dem Blitzlichtgewitter entgegen, packe das riesige Tuch und verschwinde Richtung Backstage. Dort angekommen lassen wir das Tuch fallen, die Mitarbeiterin von vorhin gibt uns ein Zeichen, dass sie mit uns zufrieden ist. Super, wir haben es geschafft - denke ich. Wir sind aufgedreht und kreischen vor Freude, klatschen ab. Die ganze aufgestaute Anspannung löst sich, jetzt lächeln wir ganz von selbst. Uns wird ein Glas Champagner gereicht, wir stoßen an und haben in diesem Moment zum ersten Mal ein überschwängliches Zugehörigkeitsgefühl. Die eigentliche Pressevorstellung der Fahrzeuginnovation, die erst mit der Enthüllung beginnt, bekommen wir vor lauter Euphorie gar nicht mehr mit.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Die beschriebene Szenerie verdeutlicht, dass von außen betrachtet simpel wirkende Handlungen wie Gehen oder das Aufnehmen eines Gegenstandes, komplexe Handlungsabläufe darstellen, die keineswegs selbstverständlich sind, sondern erst erlernt werden müssen. Hinzu kommt, dass die neuen Körpertechniken (‚feminines‘ Laufen auf neuen, hohen Schuhen; Posen vor dem Automobil; Ergreifen des Tuchs und gleichmäßiges Enthüllen des Objektes) in ihrer Choreographie kombiniert und zwar intensiv, aber nur sehr kurzfristig eingeübt werden. Die Komplexität der ungewohnten Bewegungsabläufe verlangt von den Hostessen höchste Konzentration. Das geforderte Lächeln kann bei dieser ungewohnten Anspannung phasenweise vergessen werden. Anders als während der reinen Produktpräsentation gelingt es den meisten Hostessen bei der kurzen, aber sehr komplexen Tätigkeit der Fahrzeugenthüllung oft nicht, gezeigte Emotionen (Dauerlächeln) und innere Befindlichkeit (Konzentration, Aufregung, etc.) zu trennen. Als ich meine Partnerin am Abend der Premiere frage, ob sie sich erinnern kann, ob sie gelächelt hat, mein sie nur grinsend „Keine Ahnung, aber im Ganzen hat es doch gut geklappt“ (Hostess I, 24). Die gerade beschriebene Szene der Enthüllung einer Fahrzeugpremiere findet pro Messe und Modell nur ein einziges Mal statt. Es zählt zweifellos zu den Paradoxien einer Automobilmesse, dass diese wenigen Sekunden intensiv ge-

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probt und einstudiert werden, während die dauerhaft anzuwendenden Körpertechniken des Dauerstehens und Dauerlächelns – die alles in allem kaum weniger komplex sind – weder erklärt noch geübt werden. Aus Sicht der Konzerne macht diese Paradoxie allerdings durchaus Sinn. Schließlich richtet bei der Premiere die versammelte Automobilpresse ihre Kameras auf das neue Modell. Und auch aus der Perspektive der Hostessen wirkt es – anders lassen sich Anspannung und Euphorie kaum erklären – alles andere als unsinnig.

DAS FOTOGRAFIERTWERDEN UND FOTOOBJEKTSEIN „Auch die Präsentation der Fahrzeuge ist kein leichter Job. Messe-Hostessen sind den ganzen Tag lang auf den Beinen. Ihre Kleider und die High Heels an den Füßen sind dafür aber denkbar unbequem. Einen Messetag lang auf Zuruf für die Fotografen zu lächeln und mit der Kamera zu flirten, erfordert Disziplin.“ Anonymus 18, 2013, Berliner Kurier Online

Die posierende und lächelnde Hostess ist ein sehr beliebtes Fotomotiv. Wie obiges, von mir auf der IAA aufgenommene Foto zeigt, wird die auf der Drehplattform positionierte Hostess, von vier Besuchern fotografiert. Zwei davon fotografieren im Moment der Aufnahme, die beiden anderen haben gerade fotografiert, bzw. begutachten ihre Aufnahmen. Da sich die Plattform langsam dreht, können die Fotografierenden das Automobil und die Hostess ohne Mühe von allen Seiten aufnehmen. Eine Fotoaufnahme allein vom Fahrzeug, ist bei einer solchen Inszenierungsart nicht möglich. Die Fotografierenden bilden diejenige Besucher*innenkategorie, unter welche die meisten Messegäste (und hier gibt es tatsächlich auch einige wenige Frauen) subsumiert werden können. Diese große Gruppe prägt nicht nur ganz entscheidend das Bild und die Atmosphäre der Messe, die unterschiedlichen Fotografiepraxen wirken sich auch unmittelbar auf das Befinden der Hostessen aus. Laut dem mit 94 Hostessenfotos bebilderten Online-Artikel „Die schönsten Seiten der IAA 2015. Messe-Girls der IAA“ (Anonymus 25, 2015, Auto Motor Sport Online) herrscht unter den meisten Besucher*innen der Konsens, dass Hostessen, wenn schon nicht für die persönliche Annäherung, doch immer für einen „kurzen Flirt mit der Kamera“ (ebd.) zu haben sind. Auch in einem Fachbuch über Autofotografie wird die Kombination Automobil und posierende Hostess als „lohnendes und ergiebiges“ Fotomotiv

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angepriesen: „Den Klassiker ‚Auto mit leicht bekleideter, attraktiver Frau‘ – bekommt man dagegen vielfach vor die Linse“ (Zerback 2011: 195, Hervor. i. Orig.). Der Aufforderung zum Fotografieren scheinen die meisten Messegäste ganz von selbst zu folgen. Sie fotografieren mit allem, was eine Aufnahmefunktion besitzt. Besucher*innen, die keine Fotoausrüstung dabeihaben, machen mit ihren Smartphones oder Tablets Bilder. Im Fokus (im Wortsinne) stehen dabei neben den Automobilen die Hostessen. „Natürlich geht es auf der IAA immer nur um das Eine: neue Autos. Aber: Diese werden umso interessanter, wenn reizvolle Dame daneben stehen und den interessierten Besucher auch noch mit einem Lächeln empfangen. Wir haben uns oft anlächeln lassen und dann noch ganz zufällig den Auslöser unserer Kamera betätigt. Lassen also auch Sie sich von den heimlichen Stars der IAA 2013 betören und klicken Sie sich durch unsere Fotostrecke der Messe-Mädels. Die vielen anmutig lächelnden Grazien werden Sie mit ihrem Zauber verwöhnen.“ (Anonymus 19, 2013, Auto Scout Online)

Das Fotografiertwerden und Fotoobjektsein macht einen großen Teil der Hostessentätigkeiten aller Akteurinnen aus, selbst dann, wenn sie nicht vorrangig in einer offensichtlichen Objektfunktion wie bei der Produktpräsentation eingesetzt werden. Hostessen werden in allen Messebereichen abgelichtet, auch in der Produktberatung. Den Auslöser betätigen dabei vorwiegend männliche Besucher. Als Modelhostess habe ich zu Stoßzeiten bis zu 50 Personen pro Minute gezählt, die vor der Absperrung standen und ‚mein‘ Auto, bzw. mich fotografiert haben – darunter nur in sehr seltenen Ausnahmefällen Frauen. Interessant ist, dass auch keine der von mir interviewten Besucherinnen angab, eine Hostess fotografiert zu haben. Diejenigen Besucherinnen, die laut Interviewangaben aus eigenem Interesse, und nicht als Begleitung die Messe besuchten, haben hingegen häufig Automobile oder Teile davon fotografiert. Eine Auszubildende der Mechatronik meinte dazu: „Fotografiert habe ich die Autos, von vorne, von hinten, den Motorraum, die Bremsscheiben, eigentlich alles am Auto“ (Mechatronikauszubildende B, 18). Hostessen zu fotografieren „das ist ja nichts für uns Frauen, nur was für die Männer, das finden die Männer halt toll“ (Wirtschaftsschülerin C, 17). Diese Ansicht ist so verbreitet, dass Besucherinnen gelegentlich für Fotos ihrer männlichen Begleiter wie Hostesssen neben den Fahrzeugen posieren. Auf Nachfrage, wieso diese Praxis nachgeahmt wird, wurde mehrfach betont „dass man das halt so macht“ (Besucherin I, 23). Die Fotopraxis derjenigen Besucher*innen, die sich ‚fotografisch‘ stark oder sogar nur für Hostessen interessieren, wirkt oft wenig systematisch. Größtenteils wird reihum eine Hostess nach der anderen aufgenommen. Durch das wahllose

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Fotografieren haben viele der Messegäste laut eigenen Angaben am Ende der Veranstaltung viele hundert Bilder geschossen. ‚Gute‘ Fotos finden sich darunter eher selten. Laut dem Automobilfotografen Zerback sieht man einer gelungenen Hostessenaufnahme an, dass das Model genau für diese Aufnahme posiert und in die Kamera schaut (vgl. Zerback 2011: 195). Um das zu gewährleisten, sollte jede einzelne Hostess vor der Fotoaufnahme angesprochen und dirigiert werden (ebd.). Der im Fachbuch „Autos fotografieren: Technik, Gestaltung, Praxis“ (Zerback 2011) gemachte Vorschlag ist allerdings aufgrund der Masse der Fotografierenden, wenn überhaupt, nur bei einer geringen Anzahl von Fotografierenden umsetzbar, und natürlich auch nur dann, wenn die Hostess gewillt ist mitzumachen. In einer Passage der Süddeutschen Online wird das Zusammenspiel von posierender Hostess und Hobbyfotograf gut beschrieben: „Man muss es eine Weile beobachten, dieses Spiel, um zu verstehen, wie es genau funktioniert. Eine Szene mit drei Teilnehmern. Mit dabei sind: ein roter Alfa Romeo, der sich auf einer kleinen runden Bühne im Kreis dreht, eine junge Frau in einem sehr kurzen, grauen Kleid und in Schuhen mit sehr hohen Absätzen daneben. Und ein Mann in Turnschuhen, Jeans, brauner Lederjacke und mit einer digitalen Fotokamera. Zwischen der Frau und dem Fotografen steht eine durchsichtige Plastik-Barriere. Das schafft räumliche Distanz. Der Mann schaut über die Plastik-Barriere zu der Frau hinüber, sie schaut zurück. Sie lächelt, zupft einmal kurz an ihrem Kleid, legt den rechten Fuß vor, stemmt die linke Hand in die Hüfte. Der Klassiker, das Signal, klick, klick, noch mal klick. Der Fotograf bedankt sich, geht weiter. Klappe, die nächsten Fotografen. Der Alfa kreiselt weiter auf der Bühne, die junge Frau lächelt wieder. Das rechte Bein vor, klick. Die Sache mit der Hüfte, klick. So geht das stundenlang. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) stellen Autohersteller ihre neuen Autos aus. Aber da vor den meisten Autos junge Frauen stehen, interessieren sich die Menschen oft weniger für die Autos als für diejenigen, die danebenstehen. Halten ihre Smartphones hoch, um Schnappschüsse zu ergattern, für welche Alben auch immer. Das ist seltsam, denn schließlich heißt so eine Veranstaltung ja: Automesse.“ (Fromm 2013, Süddeutsche Online)

Die große Anzahl der auf diese Weise geschossenen Hostessenbilder lässt vermuten, dass die meisten Fotografierenden die Darstellung der Hostessen generell positiv bewerten und ihr fotografisches Abbild als Trophäen sammeln. „Obwohl die Kamera eine Beobachtungsstation ist, ist der Akt des Fotografierens mehr als nur ein passives Beobachten. Ähnlich dem sexuellen Voyeurismus ist er eine Form der Zustimmung, manchmal schweigend, häufig aber deutlich geäußerten Einverständnisses damit, daß alles, was gerade geschieht, weiter geschehen soll. Fotografieren bedeutet an

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den Dingen, wie sie nun einmal sind, interessiert zu sein daran, daß ihr status quo unverändert bleibt (wenigstens so lange, wie man zu einer ‚guten‘ Aufnahme braucht).“ (Sontag 1978: 17f., Hervorh. i. Orig.)

Die der Aufnahmesituation immanente Zustimmung der Fotografierenden, die Sontag im Zitat anspricht, ähnelt der Einstellung der von mir befragten fotografisch aktiven Besucher. Die Inszenierungspraxis wurde von diesen fast durchgehend mit positiv besetzten Attributen bewertet: „schön“, „hübsch“, „nett“, „ästhetisch“, „sexy“, „geil“. Nur in einem einzigen Gespräch wurde von einem Besucher mit einem Grinsen im Gesicht darauf hingewiesen, dass die von ihm abgelichtete Hostess aufgrund ihrer nur wenig bedeckten und ziemlich auffallenden Oberweite eigentlich eher auf eine Erotik- als auf eine Automesse gehöre. Einige Besucher zeigten mir auf dem Display ihrer Kamera, ihres Handys oder Tablets stolz Ausschnitte ihrer aktuell erstellten Fotosammlung. Besonders häufige Fotomotive waren dabei Portrait- oder Ganzkörperaufnahmen, die einzelne, in die Kamera lächelnde Hostessen zeigten. Eher selten und erst auf Nachfrage wurden mir auch Körperfragmente wie Beine, Po und Brust präsentiert. Ich gehe davon aus, dass mir von vielen Besuchern nur ausgewählte, in der Interviewsituation für ‚angemessen‘ erachtete Fotos, gezeigt wurden. Was mit den vielen Millionen privat geschossenen Fotos passiert, bleibt das Geheimnis der Messegäste. Keiner der befragten Besucher wollte darüber genauere Auskunft geben. Die Antworten der Befragten waren meist ähnlich: „Na, die fotografiert man hier halt. Und dann hat man die halt. Und dann schaut man die an. Sind doch auch nett anzuschauen“ (Messebesucher C, 27). Bei meiner Internetrecherche wurde gleichwohl deutlich, dass viele der privat aufgenommenen Fotos im Internet geteilt und in sozialen Netzwerken (facebook, etc.) oder auf Internetplattformen für Autofans (Rad ab Online, etc.) oder Hobbyfotographen (Flickr, etc.) hochgeladen werden.3 Ein Kommentar eines Messegasts, der als User einer Internetplattform seine Hostessenbilder auch für die Auto-FanCommunity sichtbar gemacht hat, spricht die Thematik in ironischer Weise an.

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So hat z.B. die Flickr-Gruppe „Car Show Women“ fast 2.200 Mitglieder, die Gruppen „Car Show Babes“ und „Car Girls Fotoshots“ haben beide um die 900 Mitglieder. Insgesamt werden auf den drei Internetseiten über 45.000 Hostessenfotos gezeigt. https://www.flickr.com/groups/361887@N21/ [02.01.2016], https://www.flickr.com/ groups/96594882@N00/ [02.01.2016], https://www.flickr.com/groups/1066195@N23 / [02.01.2016].

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„Viele Herren der Schöpfung haben ausschließlich die Messe-Hostessen fotografiert, die Messe-Girls, die Mädels von der IAA die teilweise besser aussahen als die Fahrzeuge an denen sie standen. Man muss sagen: je hochwertiger die Marke, desto hochwertiger auch die weiblichen Geschöpfe und das Outfit der Damen. Über 900 Fotos habe ich auf der IAA gemacht, nachfolgend alle mit Damenbeteiligung, ihr seht schon, ich war wirklich auf der IAA 2011 um Autos zu fotografieren – ich Idiot;).“ (Stratmann 2011, Rad ab Online)

Auf Internetseiten werden die Fotos nicht nur geteilt, sie werden von der Netzgemeinschaft häufig auch gerankt und bewertet. Zudem wird in Foren intensiv und ambitioniert über die „schönsten und sexysten“ Hostessen diskutiert. Warum aber fotografieren so viele Besucher*innen überhaupt Hostessen? Mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle. Einerseits entwickelt das Fotografieren eine gewisse Eigendynamik: Alle fotografieren, also fotografiert man auch. Zumal es nicht verboten ist. Andererseits befeuern die medial verbreiteten Hostessendarstellungen die Praxis der Hobbyfotografen. Immer wieder werden Messebesucher*innen dazu animiert, Fotos von Hostessen an die Redaktion zu senden. Abbildung: Werbeplakat der „IAA-Hostessen-Rally“ (sic)

Quelle: Foto des Plakats, Tanja Kubes

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Auf manchen Messen gibt es für Marketingzwecke sogenannte „HostessenRallys“ (sic), bei denen am Ende die „Fotos der heissesten (sic) Messegirls“ (CarMondo) prämiert werden (siehe vorherige Abbildung). Interessant ist am abgebildeten Werbeplakat zur „IAA-Hostessen-Rally“ (sic; ebd), neben der sexistischen Anspielung, „Du meinst, das geht noch schärfer?“ (ebd.) vor allem zweierlei. Einerseits werden mit „Hier geht’s lang Sportsfreund“ (ebd.) explizit nur männliche Besucher angesprochen, andererseits wird hier lediglich mit einem weiblichen Körperfragment für das Fotografieren von Hostessen geworben. Die in High Heels steckenden nackt wirkenden Beine stehen symbolisch für Hostessen, ein Phänomen, auf das ich weiter unten noch eingehen werde. Tradierte Rollenklischees werden hier affirmiert, Frauen werden dem aktiven männlichen Fotografen als passive Schau- und Fotoobjekte präsentiert. Die Hostessen selbst haben aufgrund der Masse der Fotografierenden häufig weder einen Überblick darüber, von wem sie fotografiert werden, noch darüber in welcher Weise man sie ablichtet. Es ist ihnen größtenteils auch nicht möglich, ‚unangemessene‘ von ‚angemessenen‘ Fotografierpraxen zu unterscheiden. „Man erzählt sich, dass manche Männer Kameras auf den Schuhen tragen, um den Hostessen unter die Röcke filmen zu können“ (Valérie und Franziska, zitiert nach Anonymus 17, 2014, Blick Online). Das mag ein Mythos sein. Ich habe jedenfalls auf keiner der Messen, die ich besucht oder auf denen ich gearbeitet habe, jemals eine solche technische Vorrichtung gesehen. Der wahre Kern dieses Topos ist aber, dass es zweifelsohne Fotopraxen gibt, die als sehr unangenehm empfunden werden. Hierzu zählen neben den „unter-den-Rock-Aufnahmen“ (Hostess I, 24), die zumeist mit gewöhnlichen Smartphones gemacht werden, vor allem spezielle Zoomtechniken und verzerrende perspektivische Einstellungen. „Umso länger ich auf meinem Platz neben meinem Auto stehe, umso mehr stellen sich mir die Fragen: Wieso nehmen es viele Besucher für selbstverständlich, uns beliebig zu fotografieren, zu filmen und uns manchmal auch noch primitive Kommentare zuzurufen? Wieso werden Körperteile selbst dann ganz ungeniert fotografiert, wenn wir es mitbekommen? Wieso wird man nicht gefragt, ob man fotografiert werden möchte? Und wieso bedanken sich die Fotografen meistens noch nicht einmal?“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Es scheint auf Automobilmessen Konsens zu sein, dass Frauenkörper wie Ausstellungsobjekte ungefragt ‚konsumiert‘ werden dürfen. Hostessen können durch die fast uneingeschränkte Fotografiererlaubnis permanent in großer Anzahl abgelichtet werden. Ihre Inszenierung und deren mediale Aufnahme durch die Besucher kann durchaus als Produkt hegemonialer Männlichkeit (Connell 2006)

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angesehen werden: Die abgelichteten Frauenkörper werden als mitzunehmende Ware von den fast ausschließlich männlichen Fotografen symbolisch in Besitz genommen.4 Oder vereinfacht ausgedrückt: Männer/Besucher konsumieren, Frauen/Hostessen werden konsumiert. „Tatsächlich bilden sich um die schönen Autosteherinnen Menschentrauben mit einem Sicherheitsabstand von drei bis vier Metern; ein blitzender und klickender Halbkreis, das Messepublikum drängelt, scharrt und schnaubt wie eine Horde Jungbullen beim Straßenfest von Pamplona.“ (Dunker 2013b, die Welt Online)

Der Vergleich zu San Fermin klingt nur auf den ersten Blick übertrieben. In Situationen, in denen sich große Menschenmengen auf ‚ungezähmte‘ Weise mit ihren Kameras auf die Hostessen stürzen, spiegelt er recht gut den atmosphärischen Zustand wider, wie er von Hostessen wahrgenommen wird. Aus ihrer Sicht nämlich kann „dem Akt des Fotografierens etwas Räuberisches“ (Sontag 1978: 20) anhaften. Die Art, wie fotografiert wird, ist eben häufig nicht zuvorkommend und höflich, sondern aggressiv und übergriffig. Besucher*innen fotografieren aus allen Perspektiven, sie beugen sich über Absperrungen oder kommandieren die Hostessen herum und fordern von ihnen z.B. einen Platzwechsel oder die Einnahme einer bestimmten Pose.5 Susan Sontags Metapher von der Kamera als Schusswaffe erscheint in solchen Situationen nicht nur aufgrund der Ambiguität des Wortes ‚schießen‘ plausibel (vgl. ebd.: 19). Der von Sontag bemühte Vergleich zur Safari, in der statt mit Gewehren mit Fotoapparaten auf exotische Tiere ‚geschossen‘ wird, erinnert an die weiter oben schon erwähnte, von Hostessen immer wieder angeführte ‚Zoo-Metapher‘. Durch die Kommodifizierung des weiblichen Körpers wird der Hostessenkörper Austragungsort genderdichotomer Machtprozesse. Susan Sonntag wies schon vor fast 40 Jahren darauf hin, dass das Fotografieren machtbesetzte Handlungen beinhaltet: „Fotografieren heißt sich das fotografierte Objekt aneignen“ (Sonntag 1978: 10). Aus der Sicht von Hostessen impliziert die fotografische

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Spezifische Rollenzuschreibungen rufen geschlechtsspezifische Stereotype hervor und tragen dazu bei Geschlechterhierarchisierungen zu etablieren (vgl. Onnen-Isemann und Bollmann 2010: 48). Als hegemoniale Männlichkeit bezeichnet Conell dasjenige Konstrukt von Männlichkeit, das kulturell (also hier im kulturellen Kontext Messe) vorherrscht (ebd.).

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Während der Pressetage kann es auch vorkommen, dass die Hostessen den Berufsfotograf*innen bei bestimmten Aufnahmen im Weg stehen. Sie werden dann meist nicht immer in höflicher Weise, mit einer einfachen Geste, aus dem ‚Schussfeld‘ geschickt.

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Praxis dabei eine gleich zweifach machtbesetzte Konsumption. Die Besucher*innen konsumieren erstens ‚passiv‘, indem sie die Inszenierung visuell wahrnehmen, zweitens aktiv, indem sie (in der Regel ungefragt) Fotos schießen. Die Konsumierbarkeit wird zudem auch medial aufgegriffen. In einem bekannten, mit vielen Hostessenfotos bebilderten Männermagazin werden Hostessen auf der gleichen Objektebene präsentiert wie Automobile. Die Unverkäuflichkeit der Hostessen wird, wenn auch in ironischer Weise, bedauert: „Leider gibt es die Damen, im Gegensatz zu den automobilen Neuheiten, nicht zu erwerben. Wir genießen den Anblick trotzdem“ (Anonymus 37, GQ Online 2013). Auch wenn die Hostessen selbst nicht zum Verkauf stehen, können sich die Fotografierenden durch den Besitz der Fotos nicht nur die Bilder, sondern auch die Fotoobjekte symbolisch aneignen. Der Besitzanspruch des Fotos behält seine Gültigkeit dabei über die eigentliche Hostessenperformanz hinaus, in der die Hostess ihren Körper als Fotoobjekt zur Verfügung stellt. Die Art der Inszenierung wird also nicht nur während der Messe selbst visuell wahrgenommen und geht so in den Wissensfundus der Besucher*innen über, sie wird durch Hobbyfotograf*innen, Pressevertreter*innen und Medien über die Dauer des eigentlichen Ereignisses hinaus haltbar gemacht. Die Bilder von Hostessen können hier als „Surrogat“ (Sonntag 1978: 143), als verobjektivierter Ersatz gelten. Das Fotografieren kann somit auch als „einfachste Form der Besitzergreifung“ (ebd.) angesehen werden. Unabhängig davon, ob die symbolische Ebene miteinbezogen wird, impliziert die Fotografiepraxis auf Automobilmessen eine asymmetrisch gewichtete „Konsumenten-Beziehung“ (Sonntag 1978: 143): Die Hostess wird nicht von einzelnen Fotografen entlohnt, sondern tritt mit ihrer Unterschrift unter den Arbeitsvertrag pauschal alle Rechte an ihrem Bild ab und erhält unabhängig davon, von wem und wie häufig sie fototechnisch konsumiert wird, denselben Lohn. Den meisten von mir befragten Hostessen war es aufgrund des vertraglich festgelegten Verzichts auf das Recht am eigenen Bild schon vor dem ersten Messeauftritt bewusst, dass sie auf der Messe fotografiert werden würden. Tatsächlich trägt die Aussicht, im Blitzlichtgewitter der Fotografen zu stehen, zu einem nicht unerheblichen Teil zum Reiz der Tätigkeit bei. Die geringe materielle Entlohnung scheint durch die Möglichkeit einer starken Präsenz in Print- und Online-Medien wenigstens teilweise kompensierbar. Die schiere Masse der Fotografierenden und die Auswirkungen dieser Fotopraxen auf das ‚Objekt‘ stellt sich jedoch dann für Viele, mich eingeschlossen, als unerwartete Herausforderung heraus. Neben der amorphen Masse der Hobbyfotograf*innen während der allgemeinen Besucher*innentage ist während der zulassungsbeschränkten Pressetage, eine große Anzahl akkreditierter, professioneller Fotograf*innen und Repor-

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ter*innen anwesend. Berufsfotograf*innen sind in der Regel auf der Messe, um für ihre Auftraggeber*innen die Automobilinnovationen im Bild zu dokumentieren. Nicht nur zufällig entstehen dabei allerdings häufig auch Fotos, auf denen Hostessen in prominenter Position abgebildet sind. Oder wie es Bild Online einmal pointiert ausdrückte: „Die Messe-Hostessen sind auch auf dem Genfer Autosalon DER Hingucker an den Messeständen und bei den Fotografen mindestens genauso beliebt wie die neuesten Modelle der Hersteller“ (Anonymus 16, 2014, Bild Online, Hervorh. i. Orig.). Auch wenn das für die meisten Privat- und auch viele Berufsfotograf*innen zutreffen mag, ist die Wahrnehmung der Hostessen doch eine andere. Sie versuchen zwar, sich allen Messegästen gegenüber hostessenkonform zu verhalten und in die Handykamera von Berufsschülern genauso zu lächeln wie in die Spiegelreflex bekannter Journalist*innen. Gefühlt wird während dem doing hostess jedoch unterschiedlich. Für das Erleben der Hostessen ist es durchaus ausschlaggebend, von wem die Bilder aufgenommen werden. Die Unterscheidung zwischen Presse- und Besucher*innentage ist deshalb wesentlich. Abbildung: Hostess während der Pressetage. Im Hintergrund männliche Fotografen und Kameramänner.

Quelle: http://www.handelsblatt.com/auto/nachrichten/messen-und-hostessen-wiemann-sich-autos-wuenscht [12.12.2014].

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Wenn man veröffentlichte Fotos von Hostessen betrachtet, fällt auf, dass diese eigentlich immer perfekt aussehen. Auf keinem einzigen der vielen hundert von mir gesichteten Fotos findet sich auch nur eine einzige Hostess mit einem deutlich sichtbaren Makel. Die Art, wie Bilder fotografiert, retuschiert und bearbeitet werden, gleicht sowohl bei online gestellten Fotos von Berufs- als auch bei Hobbyfotograf*innen meist der perfektionierten Ästhetik der Modefotografie. Dennoch fanden es alle befragten Hostessen, mich eingeschlossen, angenehmer, während der Pressetage fotografiert zu werden. Und dies, obwohl der Anspruch an die korrekte Umsetzung des doing hostess als reine Displaytätigkeit während dieser Tage in der Regel weitaus höher ist als während der Besucher*innentage. Die Ambition „möglichst perfekt zu sein“ (Hostess I, 24) ist an den Pressetagen deutlich ausgeprägter, da erstens, die Automobilhersteller an diesen Tagen die Performanz der Hostessen mit besonderer Aufmerksamkeit überwachen und zweitens auch die Hostessen selbst ihren Körper den Bildreportern immer soweit ‚perfekt‘ präsentieren wollen, dass optimale Fotos entstehen können. Sie achten daher besonders intensiv auf Körperspannung, Haltung und Mimik. „Pressetage, das heißt für uns, man schaut möglichst in jede Kamera. Man ist von Kopf bis Fuß immer unter Spannung. Man zieht immer den Bauch ein, hat immer den Rücken gerade, versucht möglichst die Brust rauszustrecken und die kompletten Beine anzuspannen. So, dass ja nichts schwabbelt. Das geht ziemlich auf die Muskulatur.“ (Hostess A, 28)

Für Hostessen sind die Pressetage eine Möglichkeit, sich vor Journalisten zu präsentieren und auf Fotos von sich in den Medien zu hoffen. „Na die Pressetage das sind die Modeltage der Messe, da fühlt man sich wie auf dem Catwalk“ (Hostess A, 24). Das Fotografiert- und Gefilmtwerden durch Medienvertreter*innen gilt als äußerst prestigeträchtig. Vor allem für diejenigen Hostessen, die in der Produktpräsentation arbeiten, existiert ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Zuschreibung von Attraktivität und der Häufigkeit der medialen Abbildung. Wenn eine Hostess auf Fotos im Internet oder in Print erscheint, wird sie von den Kolleginnen beneidet. Die meisten mir bekannten Hostessen sichteten deshalb nahezu täglich alle ihnen zugänglichen Medien auf Fotos und freuten sich sehr, wenn sie eines von sich entdeckten. Die mediale Präsenz gilt als erstrebenswert und als neuerliche Bestätigung der eigenen Attraktivität. Häufig werden von den Hostessen mediale Darstellungen sogar dann positiv bewertet, wenn sie mit sexistischen Berichterstattungen einhergehen. „Das hier ist eine Kollegin von mir auf dem Titelbild. Sie war wirklich sehr happy über das Bild. Und hat auch über die Zeile hinweg gelacht die oben drüberstand, da das halt

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allgemein bekannt ist, das wurde uns sogar bei der Schulung gesagt, dass das so ist, also das ist einfach eine Tatsache. Hier ist das natürlich normal, Frauen, Autos und Sex, das ist dann halt sehr kategorisiert. Aber man weiß halt vorher wo man arbeitet. Also sie war eher recht stolz auf das tolle Foto, als erbost über den Artikel.“ (Hostess B, 24).

Auch ich habe nach Aufnahmen von mir gesucht. Ich habe Fotos sowohl in einer Print- als auch in einer Onlineausgabe eines bekannten Automobilmagazins, auf Internetseiten für Automobilinteressierte, Motorsportbegeisterte und Hobbyfotografen entdeckt. Keines der Bilder war (zum Glück) mit einem sexistischen Text versehen oder zeigt in objektivierender Weise nur Körperfragmente. Ich kann nicht leugnen, dass das Entdecken der Bilder mich im ersten Moment gefreut und die Art der Darstellung mir auch geschmeichelt hat. Auf allen Bildern war, ganz im Stil ästhetischer Modefotografie, der ganze Körper abgebildet. Diese Art der Darstellung objektiviert zwar auch, fällt aber gefühlt dennoch eher in die Kategorie „schöne Fotos auf die man stolz sein kann“ (Hostess I, 24). Allerdings war es ein unangenehmes Gefühl, als ich lange nach Messeende zufällig auf mir bis dahin unbekannte Fotos stieß. Obwohl auch diese Fotos ästhetisch ansprechend waren, überkam mich ein Gefühl der Beklommenheit. Eines der Fotos zeigte eine Portraitaufnahme, in der mein Gesicht im Halbprofil im Fokus stand, der Hintergrund hingegen war unscharf. Mein Unbehagen gründete vor allem auf zwei Faktoren: Erstens wurde mir bei der Betrachtung der Momentaufnahme deutlich, dass ich – ungeachtet aller nachgeordneten bildästhetischen Bewertungen – weder während der Aufnahme noch zu irgendeinem Zeitpunkt danach über mein Abbild verfügen konnte. Als ich die Bilder entdeckte fühlte ich mich, als wäre ich von einem Voyeur heimlich beobachtet und ‚schutzlos‘ fotografiert worden. Zweitens, und das war noch unangenehmer, machte mir das verspätete Auffinden der Bilder deutlich bewusst, dass von den meisten Hostessen eine Unzahl an Fotos existiert, von denen die Abgebildeten selbst nie erfahren werden. Auch viele andere Hostessen haben in ähnlicher Weise ihren Unmut über diese Ungewissheit zum Ausdruck gebracht. „Es ist echt unangenehm, wenn man nicht weiß was mit den Fotos passiert. Man ist bei den Besuchertagen ja jetzt nicht die ganze Zeit so perfekt in Pose, wie bei den Pressetagen, dass man da auch wirklich immer permanent damit rechnet fotografiert zu werden, wenn man zum Beispiel gerade einem Gast etwas am Auto zeigt. Da werden auch mit Sicherheit viele unvorteilhafte Fotos entstehen. Dass ist natürlich dann nicht so schön, wenn man dann weiß, die Leute haben das dann auf dem Computer.“ (Hostess A, 22)

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Obwohl man natürlich auch nicht im Detail wissen kann, was genau Pressefotograf*innen fotografieren, und was mit den massenhaft produzierten Fotos passiert, die nicht in den Medien erscheinen, werden Medienvertreter*innen, im Gegensatz zu privat Fotografierenden, von den meisten befragten Hostessen der Kategorie ‚seriös‘ zugeordnet. „Während der Pressetage, da waren ja seriösere Leute da. Da waren es halt dann tatsächlich fast nur Presseknipser. Dann tauchen halt die Fotos in Zeitungen und im Internet auf. Jetzt sind es halt eher, naja, wo man nicht weiß, was mit den Fotos passiert. Also, was die Leute damit machen, wenn sie die Fotos auf dem Computer haben. Deswegen war Presse da gar kein Problem.“ (Hostess A, 24)

Auch bei Profifotografierenden ist das ungefragte Fotografieren oder das unhöfliche Herumkommandieren keine Seltenheit. Die Toleranzschwelle bei den Hostessen ist hier jedoch häufig weit höher als gegenüber Hobbyfotografierenden. Die Praxis der Berufsfotograf*innen impliziert immer die Hoffnung, dass professionelle Fotos geschossen werden, auf denen man „schön und sexy“ ist (Hostess I, 24), und die dann mit etwas Glück in den großen Medien erscheinen. Mit anderen Worten: Berufsfotograf*innen können den Hostessen helfen, ein häufig ersehntes Ziel zu erreichen (Fotos von sich in der Presse) und dadurch ihren Selbstwert zu steigern. Privat Fotografierende können das in der Regel nicht. Aufnahmen durch Letztere sind daher für viele Hostessen nicht im gleichen Maße erstrebenswert wie die ‚professionelle‘ Variante. Weiter ist für das Erleben vieler Hostessen ausschlaggebend, für welche Medien die Fotos gemacht werden. Oft ist es durch Logos an Foto- oder Filmkameras ersichtlich, für welche Medien gerade Bilder aufgenommen werden. Zudem werden bestimmte Medienvertreter*innen auch im Voraus angekündigt. Je bekannter und prestigeträchtiger das Medium (eine Regionalzeitung etwa hat hier üblicherweise nicht die gleiche Wertigkeit wie eine große Tageszeitung), umso intensiver wird um die Aufmerksamkeit des Fotografierenden oder des Filmteams gebuhlt. Ist hingegen nicht erkennbar, wer oder für was gerade aufgenommen wird, zählt sowohl für die Pressetage als auch für die Besucher*innentage häufig die Devise: ‚Je größer, je lieber‘. Mit anderen Worten: Je professioneller die Kamera wirkt und je länger ihr Objektiv ist, umso bereitwilliger und intensiver wird von den meisten Hostessen ‚gepost‘ und gelächelt. Mit einer Handykamera lassen sich Hostessen in der Regel nicht so gerne fotografieren wie mit einer professionellen Spiegelreflex mit riesigem Objektiv. Dazu passt, dass viele der befragten Hostessen das Fotografiertwerden während der Pressetage als emotional weit weniger anstrengend empfanden als während der

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Besucher*innentage – ungeachtet der Tatsache, dass die Behandlung durch die Fotografierenden (und die von diesen vorgenommene Objektivierung) sich qualitativ kaum unterschied. So wurde z.B. während meiner Feldforschung eine Hostess ohne weitere Information angewiesen, sich an einen bestimmten Platz zu stellen. Erst als sie das in den nächsten Minuten aufgezeichnete Interview später online sah, merkte sie, dass sie während des gesamten Gesprächs den Hintergrund geziert hat. Von den Verantwortlichen hat sich keiner dafür zuständig gefühlt, die Hostess nach einer Einwilligung zu fragen, sie über den Inhalt oder die Verwendung des Films aufzuklären oder sich für das Befolgen der Anweisung zu bedanken. Die Hostess hat sich dennoch im Nachhinein sehr über ihre Präsenz während der Aufnahme gefreut und den Clip ihrerseits in sozialen Netzwerken verbreitet. Die Bezeichnung ‚Foto-Objekt‘ passt in solchen Situationen im doppelten Sinn: da die Frau als repräsentatives Objekt und nicht als Individuum wahr-, bzw. aufgenommen wird, und da mit der Hostess wie mit einem schmückenden Artefakt verfahren wird, das durch Anweisung in Position gestellt werden kann und keiner weiteren Kommunikation oder Ansprache bedarf. Zweifelsohne gibt es auch nette und höfliche Fotograf*innen, die Hostessen wie ernstzunehmende Subjekte behandeln. Auch im vorhin schon angesprochenen Fachbuch über Automobilfotografie wird auf den korrekten Umgang mit Hostessen eingegangen und auf die Wichtigkeit des Bedankens hingewiesen: „Sie heben sich damit von den Heerscharen fotografierender Besucher ab, die die posierenden Models wortlos und ohne Dank ablichten. Und Sie erscheinen auf diese Weise als Profi, denn professionelle Portraitfotografen wissen, wie man mit Models arbeitet“ (Zerback 2011: 195). Der Ratschlag mag gut gemeint sein, ist in der Realität jedoch oft nicht praktikabel. Denn an vielen Messeständen ist eine Kommunikation zwischen Hostessen und Medienvertreter*innen aller Art, die über Anweisungen zu Pose und Blickrichtung hinausgehen, gar nicht erwünscht bzw. gar nicht gestattet. Zu groß ist die Angst der Konzerne, dass internes Wissen an Journalist*innen weitergegeben werden könnte. Als mich z.B. ein sehr freundlicher Fotograf bat, mich für Portraitaufnahmen etwas abseits der Automobile zu stellen, und mir anbot, mir die Fotos über die Kontaktperson der Automobilmarke zukommen zu lassen, wurde mir das von der zuständigen Presseverantwortlichen auch nach mehrmaligem Bitten verweigert. Die Art der Behandlung als ‚Objekt‘ ist also nicht zwangsläufig den Fotografierenden geschuldet, sondern besteht oft schon vorher und wird lediglich aufgegriffen und reproduziert. Im Gegensatz zu den Pressetagen wird das Fotografieren während der Besucher*innentage von den Hostessen oft als eher lästig empfunden. Die Interaktion

Doing Hostess: Die Interaktion mit den Besucher*innen | 225

mit den Besucher*innen ist im Rahmen von dezenten Blickkontakten von den Automobilkonzernen gestattet. Auch wenn in vielen Konstellationen aufgrund des großen Andrangs von Fotografierenden kaum eine direkte Interaktion möglich ist, gibt es doch Situationen, in denen eine Minimalinteraktion zwischen Besucher*innen und Hostess stattfindet. Fotografierende wenden dabei unterschiedliche Strategien an, um mit den Hostessen zu kommunizieren. Am angenehmsten empfunden wird in der Regel eine kurze personalisierte Interaktion durch Augenkontakt. Der/die Fotografierende gibt der Hostess durch Blickkontakt zu verstehen, dass er/sie sie gerne aufnehmen würde, diese erwidert den Blickkontakt für das Foto, lächelt in Richtung des/der Fotografierenden und der/die Fotograf*in bedankt sich mit einem knappen Lächeln oder Nicken. „Wenn die Besucher einem für die Fotos danken, das ist wirklich schön. Für die lächle ich wirklich gerne. Manche wollen dann auch ein Foto mit uns zusammen machen, das mache ich dann natürlich auch, wenn die nett sind. Leider gibt es aber auch genügend Typen, die einfach annehmen, sie können uns auch so fotografieren und dann so tun als wären wir Luft.“ (Hostess I, 28)

Wie im Zitat angesprochen, gibt es auch Besucher*innen, die Hostessen ganz offensichtlich nicht wie Individuen behandeln, indem sie offensiv und selbstverständlich fotografieren, ohne zuvor eine – sei sie noch so kurze – zwischenmenschliche Verbindung aufzubauen. Solche Besucher*innen halten es auch oft nicht für nötig, sich nach gemachter Aufnahme verbal oder mit einem Blickkontakt erkenntlich zu zeigen.6 Auch gibt es Besucher*innen, die heimlich fotografieren, indem sie so tun, als würden sie telefonieren und dabei rasch mit dem Smartphone Fotos schießen. Andere täuschen vor, nur das Fahrzeug aufzunehmen und schwenken in letzter Sekunde ihr Objektiv doch noch in Richtung Hostess. Und schließlich gibt es Fotografen, die glauben, das Bildermachen mit Anzüglichkeiten (verbaler Art oder durch spezielle Mimik oder Gesten) begleiten zu müssen. Übereinstimmend wurde diese Art des Fotografiertwerdens als am unangenehmsten beschrieben. „Besonders auffällig sind die Anzüglichkeiten, wenn ich für Vorführungszwecke kurz in das Auto steige, mich auf den Fahrersitz setze, lächle und dann wieder versuche, elegant aus dem Auto zu steigen, ohne dass mein Kleid zu weit hochrutscht. Jedes Mal drängt sich

6

In seltenen Fällen kann es zusätzlich vorkommen, dass Hostessen herumkommandiert und ihnen Anweisungen erteilt werden, wie oder wo sie sich hinstellen und welche Pose sie einnehmen sollen.

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eine Horde Besucher um das Plexiglas der Absperrung. Alle fotografieren wie wild. Manche pfeifen oder johlen. Oft scheint es, als würden sie versuchen mir unter das Kleid zu fotografieren. Und was würden sie da sehen? Eine kurze schwarze Radlerhose. Ich habe da natürlich vorgesorgt. Bei so viel Absurdität muss ich mich besonders zusammenreißen, um mein nettes Hostessenlächeln aufrechtzuerhalten und nicht laut loszulachen.“ (Hostessentagebuch, T. Kubes)

Nachdem die erste Euphorie der Pressetage etwas abgeflaut ist, kann die innere Stimmung der Hostessen phasenweise kippen. Das permanente Klicken der Kameras geht vielen spätestens mit Beginn der Besucher*innentage an die Substanz. Wird das Fotografiertwerden zu Beginn der Messe als prestigebesetzt, positiv und aufregend empfunden, wird es mit zunehmender Messedauer immer häufiger als „nervend“ (Hostess I, 28), „lästig“ (Hostess A, 24) und „aufzehrend“ (Hostess A, 22) wahrgenommen. Besonders drei Faktoren sind für diesen Empfindungswandel ausschlaggebend: Mit fortschreitender Dauer der Messe wird die Hostessentätigkeit insgesamt zunehmend als monoton empfunden. Die körperliche Belastung durch fortgesetztes Stehen und Lächeln wird durch fehlende Regenerationsphasen zu einer echten physischen Belastung. Beides zusammen führt schließlich dazu, dass das Idealbild der immer schönen, immer lächelnden Frau, das man verkörpern will, phasenweise immer schwerer mit der Selbstwahrnehmung in Einklang zu bringen ist. Da eigene Körperwahrnehmung und die zu verkörpernde ästhetische Perfektion nicht mehr kongruent sind, wird der Körper in solchen Phasen verstärkt als defizitär erlebt. Hinzu kommt, dass die meisten Hostessen ihren Körper mit zunehmender Tätigkeitsdauer vermehrt mit dem sezierenden ‚männlichen Blick‘ der Betrachtenden wahrnehmen. Angeschwollene, schmerzende Beine werden dabei nicht mehr als unvermeidliche Begleiterscheinung der Tätigkeit empfunden, sondern als schwerwiegender Makel. Daran ändert auch die fortgesetzte externe Bestätigung durch die Fotografierenden nichts. Das Gefühl von Attraktivität stellt sich zunehmend schwerer ein. „Also wir fühlen uns alle jetzt irgendwie, je länger die Messe ist, desto hässlicher fühlen wir uns alle. Weil man keine Zeit hat für die Nägel, und die Füße schauen eingedrückt aus von den Schuhen, und dann sackt auch noch das Wasser in die Beine. Und alle schauen einen den ganzen Tag an und fotografieren einen. Man fühlt sich eher dicker als dünner, besonders die Beine sind so angeschwollen und tun weh. Und man hat keine Zeit für Sport. Und deswegen, ja, an sich natürlich ist jede von uns mit sich eigentlich zufrieden, sonst wären wir hier ja auch nicht gebucht worden, aber trotzdem sind wir froh dann, wenn wir danach wieder ein bisschen mehr wieder für uns tun können.“ (Hostess A, 24)

Doing Hostess: Die Interaktion mit den Besucher*innen | 227

Von Honoré de Balzac heißt es, er habe befürchtet, mit jeder Fotografie eine dünne Schicht seines Körpers einzubüßen (vgl. Sontag 1978: 146). Physikalisch betrachtet ist das natürlich Unsinn. Dennoch beschreibt Balzacs Angst sehr präzise die Erfahrung nach einigen Tagen im Rampenlicht. Permanent fotografiert zu werden wird von allen befragten Hostessen tatsächlich als Zehren an der physischen Substanz wahrgenommen. Dies gilt insbesondere für Phasen, in denen die schiere Menge der gemachten Fotos als unangenehm und die Besucher*innen nicht als willkommene Messegäste, sondern vielmehr als Voyeur*innen wahrgenommen werden.

Hostessen in den Medien

„Sie sind der eigentliche Hingucker auf jeder Automesse – die Girls. Auch auf der IAA 2015 in Frankfurt wird – neben zahlreichen neuen Modellen natürlich – dem geschulten Auge wieder einiges geboten. Das wollen wir Ihnen natürlich auch nicht vorenthalten: Hier sind die Girls aus Frankfurt.“ Anonymus 26, 2015, T-Online

Verantwortlich für die Weiterverbreitung des stereotypen Hostessenbildes ist neben den Inszenierungspraxen der Hostessen während der Messe ihre flächendeckende Darstellung in den Medien. Dort werden Hostessen in homogener und normierender Weise als schöne, begehrenswerte Frauen präsentiert. Sie werden dabei in dreifacher Weise objektiviert: als Fotoobjekte, die den Anweisungen der Fotograf*innen folgen sollen, als Gegenstand eines fotografischen Akts und schließlich als materialisiertes Abbild in den Medien. Durch die wiederkehrende ästhetisierende Darstellung wird die mediale Repräsentation zur Normalität und schließlich zur gesellschaftlichen Wirklichkeit. Visuell ‚haltbargemachte‘ Repräsentationen von Hostessen sind dabei auf mehreren Ebenen sozial wirkmächtig. Sie beeinflussen nicht nur das Denken der Messebesucher über Hostessen (und damit die Art, wie sie sich diesen gegenüber verhalten), sondern sie beeinflussen auch das Denken der Hostessen über sich selbst. Im ewigen Bilderkreislauf von Medien, Automobilindustrie, Messe, Rezipierenden, Messegästen und Hostessen zirkuliert das Einheitsbild der sexy Hostess unhinterfragt und unangetastet. Bei der medialen Konstruktion dieses Bildes ergänzen sich stereotype Bilder und sexistischer Wortlaut meist gegenseitig. So werden Fotostrecken gerne mit kurzen einprägsamen Schlagzeilen und Bildunterschriften vervollständigt: „Sexy Ausblicke und Auto-Visionen“ (Anonymus 33, 2011, Die Welt), „Die heißesten Kurven des Genfer Autosalons“ (Anonymus 16, 2014, Bild Online), „Die sexy

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Seite der Motor-Welt“ (Anonymus 16, 2014, Bild Online), „Die schönsten Messe-Girls“ (Singer 2011, GQ Online), etc.; Hostessen werden darüber hinaus als „sexy Models“ (Anonymus 21, 2010, Handelsblatt Online), „heiße Hostessen“ (Anonymus 38, 2011, Abendzeitung), „langbeinige Profi-Lächlerinnen“ (Dunker 2013b), „charmante Autobegleiterinnen“ (ebd.), „schöne Autosteherinnen“ (ebd.), „schmückendes Beiwerk“ (ebd.) und „Objekt der Begierde“ (Dunker 2013a) bezeichnet. Die Bildergalerien sind in der Regel zusätzlich von kurzen Texten flankiert: „Die Internationale Automobilausstellung wartet nicht nur mit den Neuheiten auf dem Automarkt auf. Jedes schöne Auto wird mit einer noch schöneren Zugabe geziert - kein Hersteller kommt ohne die langbeinigen Hostessen auf Stilettos aus. Wir ehren sie in unserer Bildergalerie.“ (Singer 2011, GQ Online)

Eine solche stereotypisierende Berichterstattung findet sich nicht nur in Autofanund Fachzeitschriften, sondern quer durch die deutsche Medienlandschaft in den Online Ausgaben von Zeitschriften und Tageszeitungen (Focus Online, Spiegel Online, Süddeutsche Online, Handelsblatt Online, GQ Online, Blick Online, Bild Online, etc.).1 Sie alle stellen Hostessen in ähnlich sexistischer Weise dar:2 „Das Auge fährt mit. Keine IAA ohne attraktive Messe-Hostessen. Wir zeigen die schönsten Fahrgestelle“ (Anonymus 37, 2013, GQ Online), „Wenn Autos zur Nebensache werden“ (Anonymus13, o.J., Handelsblatt Online), „Die heißesten Kurven des Genfer Autosalons“ (Anonymus 16, 2014, Bild Online), „Schöner als die Autos. Kesse Hostessen der IAA“ (Anonymus 18, 2013, Berliner Kurier Online), „Das sind die Girls aus Frankfurt. Heißer als so manches Auto“ (Ano-

1

Im Gegensatz zum Internetauftritt spielt die Hostessendarstellung in den PrintAusgaben von Automobilfachzeitschriften (Auto Motor Sport, Auto Bild, etc.), eine eher untergeordnete Rolle. Dort wird vorrangig (und größtenteils von männlichen Reportern) über die neuen Modelle berichtet.

2

Zusätzlich existieren im Netz zahlreiche Videos über Hostessen in denen diese nicht zu Wort kommen. Lediglich ihre Körper bzw. Körperteile werden gefilmt und kommentiert. Hier eine kleine Titelauswahl: „Die Fräuleins aus Frankfurt. AUTO BILD zeigt Ihnen die Schönheiten der Frankfurter Messe“ (Video, Auto Bild Online Video 2015a), „Hostessen der IAA – Gute Aussichten“ (Auto Bild TV 2013), „Girls in Genf 2014 – Die Hostessen des Autosalons“ (Auto Bild TV 2014), „IAA 2013 Girls Special - HD – Deutsch“ (Car-News TV 2013), „Babes Autosalon Genève 2011“ (AutoWeek 2011), „Geneva autoshow babes 2011“ (Autoblog 2011), „Sexy Girls at Frankfurt Motor Show“ (AutoMoto TV 2009).

Hostessen in den Medien | 231

nymus 26, 2015, T-Online), „Die IAA: Heiße Hostessen und flotte Flitzer“ (Anonymus 38, 2011, Abendzeitung). Selbst die wenigen Berichte, die die sexistischen Inszenierungspraktiken auf Messen vorgeblich kritisieren, werden in der Regel mit genau den kritisierten Bildern illustriert oder mit stereotypen Bildern von Hostessen anderer Automessen verlinkt (z.B. Sommer 2015, Focus Online; Eisen 2015, Wiesbadener Kurier Online; Fromm 2013, Süddeutsche Online). Der Grund dafür liegt auf den ersten Blick in den Verkaufs- oder Klickzahlen und der Quote, die sich mit solchen Bildern erzielen lassen: „Berichte über Hostessen ziehen immer. [...] Sie werden sogar deutlich öfter angeschaut als Berichte über heiß ersehnte Neuigkeiten aus der Automobilwelt.“ (Anonymus 17, 2014, Blick Online)

Rekurrierend auf eine insinuierte Erwartungshaltung der Rezipierenden wird also ein Medienformat perpetuiert, ohne es zu reflektieren. Dass es anders geht, zeigt ein Blick auf die aktuelle Automobilwerbung, in der Frauen in Rollen jenseits der aktiven Fahrzeugführerin – also als reine Deko – kaum noch vorkommen. Auch die offizielle Homepage der IAA Frankfurt hat – anders als die des Genfer Automobilsalons – zuletzt darauf verzichtet, mit Hostessenbildern zu werben.3 Im Gros der Messewerbung und -berichterstattung dominiert gleichwohl weiterhin die Strategie des Sex sells. So wird für die 65. IAA in Frankfurt sowohl in der Print- als auch der Online-Ausgabe einer großen Tageszeitung mit der Überschrift „Italien lockt in Halle SEX“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online, Hervorh. i. Orig.) für den Messebesuch geworben. Der Artikel beginnt mit den Worten: „Frankfurt – Die Halle 6 vibriert – purer Sexappeal. Die schönsten Frauen mit den längsten Beinen, den kürzesten Röcken, den tiefsten Dekolletés gibt´s hier. Autos auch, heiße italienische Flitzer“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online). Das dazugehörige Foto zeigt eine mit einem kurzen schwarzen Minirock und schwarzer ärmelloser enger Bluse bekleidete junge Frau, die in einer lasziven Variation der typischen Hostessenpose an einem weißen Sportwagen lehnt. Die Bildunterschrift untermauert noch einmal den vom Foto eingefangenen (und reproduzierten) Objektcharakter der abgebildeten Hostess: „Wow! Was für eine exotische Schönheit! Dahinter: Der neue Alfa 4C. Wer wird wohl öfter fotogra-

3

Genfer Automobil Salon: http://www.salon-auto.ch/fr/ [05.05.2014]. IAA Frankfurt: http://www.iaa. de [10.10.2015].

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fiert: Der heiße Wagen oder die sexy Frau?“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online). Abbildung: Darstellung der IAA in der Bild Zeitung

Quelle: http://www.bild.de/regional/frankfurt/iaa/italien-lockt-in-halle-sex-32420414. Bild.html [01.05.2015].

Insbesondere in Boulevardzeitungen und Online-Journalen wird der Topos der freizügigen, promisken und sexuell aktiven Hostess eifrig gepflegt. Träfe die Berichterstattung zu, bestünde der Messealltag vornehmlich aus Partys und Sex. So heißt es in Focus-Online: „So schlüpfrig geht es hinter den Kulissen zu. Was am Salon geschieht, bleibt am Salon: Geht es nach einigen Hostessen, richten sich offenbar einige Mitarbeiter des Genfer Salons nach genau eben jenem Motto. Wenn der hektische Messebetrieb zu Ende ist, geht es hinter den Kulissen demnach reichlich schlüpfrig zu.“ (Anonymus 23, 2015, Focus Online)

Der Schweizer Blick schürt das Klischee noch weiter und berichtet unter der Überschrift „Der Sex Report vom Autosalon“ (Anonymus 22, 2015, Blick Onli-

Hostessen in den Medien | 233

ne) vom „Stossverkehr im Ausstellungs-Wagen“ (ebd.): „Fast jeden Abend werden für die Hostessen und Verkäufer Partys organisiert. Das sei eine richtige Befreiung nach einem langen Tag des Lächelns. Es käme dann zu zahlreichen Flirts. Kurzzeit-Pärchen würden sich bilden“ (ebd.). In den zugehörigen Online-Foren wird der Diskursfaden intensiv und emotional weitergesponnen. Allzu häufig entsteht dabei der Eindruck, dass hier das Wunschdenken der Verfasser Pate gestanden hat. „Alles ein alter Hut. Seit Jahrzehnten geht [auf dem Genfer Autosalon, T.K.] die Post ab. Sogar Models und Missen von dem größten West-Schweizer Schönheitswettbewerb mischten da mit. Das ging bis in die obersten Etagen der großen Autohersteller; vor allem auch an den Aftershow-Partys welche von vielen Ausstellern organisiert werden.“ (Forenbeitrag Geta Gupta Genf, Anonymus 22, 2015) „Kann ich nur bestätigen. War selber drei Jahre als Verkäufer einer deutschen PremiumMarke am Autosalon tätig. Mein Minusrekord waren 4 Frauen in diesen 2 Wochen.“ (Forenbeitrag Andi Schmitt, Anonymus 22, 2015)

Die im Zitat angesprochenen Klischees habe ich nie auch nur im Ansatz bestätigt gesehen. Zwar finden im Umfeld der Messe tatsächlich zahlreiche, v.a. von den Ausstellern organisierte, Feiern statt, bei den dort anwesenden Hostessen habe ich jedoch nie das beschriebene freizügige Verhalten beobachtet. Vielmehr war ich überrascht, wie selbst noch auf Partys eine gewisse Disziplin das Handeln bestimmte. Auf den von mir besuchten Partys jedenfalls wurde trotz kostenloser Getränke verhältnismäßig wenig Alkohol konsumiert. Auch wurde in der Regel frühzeitig der Heimweg angetreten, um gegebenenfalls noch Schönheitsvorbereitungen für den nächsten Messetag durchführen zu können. Den medial konstruierten Männerphantasien, die „in Halle SEX“ locken (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online) bin jedenfalls ich während mehrerer Jahre der Forschung auf Automobilmessen nicht begegnet. Dennoch prägen sie weiterhin nachhaltig das von den Medien vermittelte Hostessenbild.

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BEINE, BEINE, BEINE „Na, wenn ich da stehe, dann weiß ich natürlich, dass meine Beine besonders wichtig sind.“ Hostess N, 29

Neben der sich wiederholenden medialen Berichterstattung wird das Hostessenstereotyp von Fotograf*innen vor allem über zwei Techniken der Bildgestaltung (re)produziert und gefestigt: die fotografische Betonung (bzw. Verzerrung) und die Abbildung von lediglich Teilen des Körpers. Aufnahmen aus der Untersicht sowie der Einsatz starker Weitwinkelobjektive verstärken den Effekt, dass Körper bzw. Teile davon länger wirken. Bei der Ganzkörperaufnahme wird die Kamera steil nach oben gerichtet, bei Körperfragmenten wird aus Stoßstangenbzw. Kniehöhe und geringer Entfernung fotografiert. Die Darstellung von Autos und Frauenkörper folgt dabei einer entgegensetzten Logik der Verzerrung. Auf dem Foto zum Artikel „Italien lockt in Halle Sex“ (vgl. vorherige Abbildung und folgenden Bildausschnitt) ist diese fotografische Praxis sehr gut erkennbar.

Abbildung: links weibliche Körperproportionen in der Anatomie für Künstler, rechts verzerrte fotografische Darstellung.

Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10200895 [02.03.2016]

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Mittels Weitwinkel wird die Front des Autos massiver und aggressiver gezeichnet, die Frau hingegen wird gestreckt und wirkt schlanker. Das Verhältnis FrontHeck und Bein-Oberkörper zeigt analoge Verschiebungen. In der Proportionslehre der bildenden Künste gilt ein Kanon von 7,5 bis 8 Kopfhöhen als Maß für eine natürlich wirkende Gestaltung (vgl. Stratz 1914: 9).4 Die Skizze links zeigt eine solche ‚natürliche‘ Darstellung. Das Verhältnis von Oberkörperlänge zur Länge der Beine beträgt dabei ca. 2:5. Im Gegensatz dazu lässt das Foto der Hostess eine deutliche Verzerrung der Proportionen erkennen. Übertragen auf die Skizze würde die Taillenlinie der Hostess kurz unter der Brust verlaufen. Für die bildliche Darstellung von Hostessen scheint mithin zu gelten, was Barbara Vinken einmal ganz allgemein der heutigen Frauenmode attestiert hat: „Bei den weiblichen Silhouetten geht es nur um Beine, Beine, Beine“ (Vinken 2013: 9). Diese lassen sich noch stärker in den Mittelpunkt der Abbildung rücken, indem auf die Abbildung des Oberkörpers ganz verzichtet wird. Der Hostessenkörper wird dann durch das Körperfragment Bein ersetzt.5 So wird auf der Titelseite der Print-Ausgabe der Schweizer Tageszeitung Le Matin am Eröffnungstag des Genfer Automobilsalons der an ein Auto gelehnte, mit einem kurzen weißen Rock bekleidete Unterkörper einer Frau gezeigt. Auf dem Bild, das fast die komplette erste Seite einnimmt, sind neben dem riesig wirkenden Vorderrad die mit feuerroten Stiefeln bekleideten Beine einer Hostess zu sehen. Der dazugehörige Text besteht aus einem Zitat der Genfer Bürgermeisterin Sandrine Salerno: „Les Hôtesses? Une fantaisie pour hommes en chaleur!“ (Salerno 2011). Obwohl sich Salerno in dem zur Schlagzeile gehörenden längeren Interview kritisch zum Hostesseneinsatz äußert, wird die Titelseite dennoch mit einem typisch fragmentierten Körper geschmückt (vgl. Salerno 2011: 7). Zudem scheint das aus dem Kontext gerissene Zitat, die Phantasie der „brünstigen Männer“ (ebd. Übersetzung T. Kubes) eher zu verstärken als zu dekonstruieren. Dass diese ‚Phantasie‘ speziell auf einen austauschbaren Körperteil gelenkt wird, macht die entindividualisierenden und objektivierenden Züge des Konstrukts deutlich. Trotz offensichtlich sexistischer Tendenzen ist diese Medienpraxis (Hostessenbein plus Rad) nach wie vor eher die Regel als eine Ausnahme.

4

Das Maß von 7,5 Kopfhöhen wird bei bis zu 170 cm Körpergröße angewendet, das Maß von 8 Kopfhöhen bei ca. 180 cm Körpergröße und darüber (Stratz 1914: 9.).

5

Die mediale Fragmentierung muss nicht zeitgleich mit der Aufnahme des Bildes entstehen. Bilder oder Ausschnitte daraus können je nach Bedarf, Nachfrage und Auftrag mit digitalen Mitteln bearbeitet werden.

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Durch entsprechende Bild-Text Kombinationen wird die angesprochene „Männerphantasie“ weiter gefestigt. Auch die Süddeutsche Online schreibt von „Männerträume[n]“ (Anonymus 39, 2008), untertitelt ihre Hostessenbildserie mit dem Satz „Keine Messe ohne polierte Felgen und vorzeigbare Beine“ (ebd.) und zeigt dazu eine silberne Sportfelge, die im Vordergrund durch schlanke Frauenbeine in silbernen Sandalen mit Pfennigabsatz ergänzt wird. Ähnlich lautet die Überschrift in der Onlineausgabe eines Wirtschaftsmagazins: „Wie man(n) sich Autos wünscht. Zwei Beine, vier Räder: Denn ohne sexy Models wäre es auf vielen Messen so langweilig wie sonntags im Autohaus“ (Anonymus 21, 2010, Handelsblatt Online). Das zugehörige Foto besteht zur einen Hälfte aus dem Vorderrad eines Sportwagens, zur anderen Hälfte aus einem Frauenbein, das aus einem langen bis zur Hüfte geschlitzten silberweißen Kleid hervorschaut. In der dort ebenfalls abrufbaren insgesamt 63-teiligen Reihe von Hostessenbildern finden sich zahlreiche weitere Abbildungen von Beinfragmenten und Unterkörpern. Um die Ähnlichkeit der medialen Konstruktionen eines fragmentierten Hostessenbildes aufzuzeigen, habe ich fünf typische Darstellungen ausgewählt und zum Vergleich nebeneinander arrangiert. Abbildung: Hostessenbeine in verschiedenen Online-Medien.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/auto/genfer-hostessen-schoene-aussichten-1.2587433 [02.02.2016], http://www.autobild.de/bilder/die-hostessen-der-iaa-2013-437611 6.

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html #bild12 [02.02.2016], http://www.welt.de/motor/article119769903/Frauen-moegen-runde-Autos-und-Sitzheizungen.html [02.02.2016], http://www.gq-magazin.de/ auto-technik/autos/iaa-die-schoensten-messe-girls [02.02.2016], http://www.handelsblatt. com/auto/nachrichten/hostessen-und-iaa-schuhtrends-wenn-autos-nur-nebensachesind/8762284.html [02.02.2016].

Oben links im Bild schreibt die Süddeutsche über Hostessen und zeigt ein Beinfragment (vgl. Fromm 2013). Die Online Ausgabe der Auto Bild titelt „Die Hostessen der IAA 2013“ (Anonymus 40), zeigt aber dann statt Hostessen nur deren Beine. Ähnliche Bilder sind auch bei der Männerzeitschrift GQ zu finden, hier unter der Überschrift „Die schönsten Messe-Girls“ (Singer 2011). Auch hier gibt es nur Beine zu sehen. Genauso wie in der Bildstrecke zu einem Bericht des Handelsblatts, der die These vertritt, dass auf Automessen Autos zur Nebensache werden und das mit gleich drei paar Hostessenbeinen zu belegen versucht (vgl. Anonymus 13, o.J.). Selbst die Welt, die in dem Artikel, dem die Abbildung entstammt, nicht über Hostessen, sondern über genderspezifische Autovorlieben schreibt, bebildert ihren Artikel mit Hostessenbeinen in High Heels (vgl. Dunker 2013a). Das Zusammenwirken von Bild und Text in den Medien festigt nicht nur das Konstrukt der idealtypischen Hostess, es reduziert darüber hinaus das gesamte Konstrukt nochmals auf ein Körperfragment. Hostessen werden dadurch im doppelten Sinn (durch pictura et scriptura) reduziert und objektiviert. Die häufige Bezugnahme scheint eine besondere Signifikanz der Hostessenbeine zu dokumentieren – tatsächlich wird sie aber durch eine solche Abbildungskonvention überhaupt erst generiert. Das Bein rückt damit plötzlich vom Rang eines Körperteils in den eines Symbols. Es wird vom Individuum abgespalten, mit Bedeutung aufgeladen und zur Synekdoche für die schöne Frau als Objekt. Zugleich wird durch eine solche Praxis natürlich jegliche Individualität der abgebildeten Frauen eliminiert. Zurück bleiben sexualisierte, entindividualisierte, passiv wirkende Körperteile, die in ihrer Similarität wie Versatzstücke des Automobils wirken und nach Belieben austauschbar sind. Individuen werden zu Beinen, ihre medial abgebildeten Körperfragmente zur entindividualisierten Massenware. Eine vergleichbar extreme Reduktion des Körpers nimmt die Fotokünstlerin Cindy Sherman in ihren Arbeiten vor. Jedoch mit genau entgegengesetzter Zielrichtung. Sherman versucht in ihren Arbeiten durch die übersteigerte Darstellung und das Auseinandernehmen, Neuzusammensetzen und Ergänzen durch Prothe-

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senteile auf die Konstruiertheit des weiblichen Körpers aufmerksam zu machen.6 Bei der medialen Darstellung von Hostessen hingegen bleibt es bei der Reduktion auf das vermeintlich ‚Wesentliche‘. Im Gegensatz zu den von Sherman arrangierten Körperfragmenten wirkt die alleinige Abbildung der Hostessenbeine keineswegs schockierend und verstörend, sondern bedient die im Kontext Automobilmesse übliche ästhetische Erwartung. Problematisch ist hierbei vor allem, dass die mediale Homogenisierung und Normierung in der Fotografie noch einen Schritt weitergeht als bei der Körperinszenierung in Echtzeit. Bei beiden steht die weibliche Hülle als Objekt und nicht die Person als Individuum und Subjekt im Vordergrund. Allerdings wird während der zeitlich begrenzten Inszenierung immer noch der Körper als Einheit wahrgenommen. Bei der bildlichen Darstellung von normierten Körperteilen aber wird diesen endgültig jegliche Subjektivität und Agency abgesprochen. Das Bein wird durch seine Medialisierung dauerhaft verfügbar gemacht und geht damit in seiner Zeitlichkeit und zeitlichen Wirksamkeit weit über den performativen Moment von Körperkonstruktionspraxen hinaus.

BEING HOSTESS: FRAGMENTIERTE IDENTITÄTEN Die mediale Darstellung von signifikanten Körperfragmenten als Pars pro toto für die ganze Hostess hat sowohl Auswirkungen auf das allgemeine Hostessenbild als auch auf das Verhalten der Rezipierenden. Diese bekommen nicht nur ein sexualisiertes und sexistisches Bild vermittelt, sondern lernen dadurch auch, welche Fotomotive auf Messen als relevant und ‚fotogen‘ angesehen werden. Dass so viele Privatbesucher*innen Beine ohne Oberkörper fotografieren, dürfte zu weiten Teilen der Tatsache geschuldet sein, dass das Motiv als aufmerksamkeitswürdiges Bildthema immer wieder medial vermittelt wird. Auf die Hostessen selbst hat die stark reduzierte Darstellungspraxis nicht zuletzt Effekte auf leiblicher Ebene. Die Bilder sind nicht nur idealtypisch dargestellte, starre Verschränkung „des Realen und des Lebendigen“ (Barthes 1989: 89), sie beeinflussen durch ihre Eigenmacht aktiv das Erleben der Akteurinnen. Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp schreibt, dass Bilder „nicht Dulder, sondern Erzeuger von wahrnehmungsbezogenen Erfahrungen und Handlungen“ sind (Bredekamp 2010: 326). Übertragen auf Hostessen wäre damit die eigenleibliche Wahrnehmung, bzw. das Sich-Spüren, stark von einem gesellschaftlich und historisch produzierten, medial verbreiteten Körperwissen abhängig. Entsprechend

6

Vgl. v.a. die Werke Sex Pictures (1992) und Disasters (1986-1989).

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wird die eigene Körperwahrnehmung während des doing hostess (und darüber hinaus) zu einem soziokulturellen Produkt. Auch wenn der eigene Körper von den Akteurinnen im Alltag durchaus in holistischer Weise als abgeschlossene Ganzheit erfahren wird, können während des performativen Akts phasenweise einzelne Fragmente so intensiv erlebt werden, dass sie in der Eigenwahrnehmung die Gesamtheit des Körpers zu repräsentieren scheinen. „Wenn ich da lange stehe, dann spüre ich nur noch meine Beine“ (Hostess I, 24). „Was ich fühle sind Beine, Beine und nochmals Beine“ (Hostess A, 28). Die Erfahrung des (nur noch) ‚Bein-Fühlens‘ prägt die Akteurinnen nachhaltig. Aus phänomenologischer Sicht lässt sich mit Gesa Lindemann auch von einer „leiblich-affektiven Konstruktion“ (Lindemann 1992: 330) des weiblich definierten Körpers sprechen (vgl. Lindemann 2011).7 Lindemann unterscheidet zwischen signifikanten und insignifikanten Körperformen und bezeichnet die leiblich erfahrbaren Körperregionen als „Leibesinseln“ (ebd.: 56, 203).8 Diese können sowohl vom Gegenüber gedeutet, als auch leiblich-affektiv von den Träger*innen erlebt werden. Sie können sich „ausdehnen, zusammenziehen oder auch ganz verschwinden“ (ebd.: 56).

7

Lindemann stützt sich in ihrer phänomenologischen, mikrosoziologischen Studie über Transsexualität auf den Philosophen Helmut Plessner (Plessner 1975), der mit seiner Theorie der „exzentrischen Positionalität“ die These der Verschränkung von Körper und Leib vertritt (vgl. Lindemann 1992: 331, 334; Lindemann 2011: 34), sowie auf Hermann Schmitzs Leibphänomenologie (vgl. Lindemann 2011: 37). Sie differenziert zwischen Körper und erfahrbarem Leib (vgl. Lindemann 1992: 335). Den Körper versteht sie als historisches „erfahrungsorientierendes Schema“ (Lindemann 1992: 335) und geht damit über Plessner (1976) hinaus, der den Körper der naturwissenschaftlichen erforschbaren Sphäre zuordnet und zur Voraussetzung jeder leiblichen Realität erklärt (ebd.). Für Lindemann ist der Körper vielmehr selbst eine Sprache, die der Leib spricht (vgl. Lindemann 1992: 335). Zudem sind für sie Leiblichkeit und Affektivität zentral für die soziale Konstruktion von Geschlecht und ist leiblich-affektive Erfahrung immer sozial konstruiert (vgl. Lindemann 1992: 330). Im Leib sieht Lindemann also das Bindeglied zwischen objektivierbarer sozialer Struktur und Individuum und hebt damit die „soziale Strukturiertheit der passiven Leiberfahrung“ (Lindemann 1992: 335, 345) hervor. Neben der sozialen Konstruiertheit von Emotionen, tragen symbolische, kognitive und affektive Prozesse zur Konstruktion sozialer Realität bei (vgl. Lindemann 1992: 331).

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Als signifikante Körperformen definiert sie Penis, Busen, Vagina; als insignifikanten Körperformen Vulva/Klitoris, Männerbrust und männlicher Körperinnenraum (ebd.)

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Die mediale Partialisierung des Hostessenkörpers zerlegt diesen in signifikante (Beine) und insignifikante Körperteile (alle anderen Körperbereiche). Die immer gleichen Bilder in den Medien zeigen den Akteurinnen, welche Körperteile im Kontext Messe entscheidend sind. Diese erfahren so einen spürbaren Bedeutungszuwachs und werden – ganz unabhängig davon, dass sie oft extreme Schmerzen verursachen – zu den am intensivsten erfahrenen Leibesinseln während der Hostessenperformanz. Durch den medialen Diskurs wissen die meisten Hostessen zudem schon vor Aufnahme ihrer Tätigkeit, dass Beine auf einer Messe besonders wichtige Körperteile darstellen, die durch aufwendige Behandlung in Form gehalten werden sollen und während der Körperinszenierung in Szene gesetzt werden müssen. „Ja, der Fokus ist auf jeden Fall auf dem Bein. Während den Pressetagen, da war das natürlich sehr wichtig. Da kuckt man ob man das [Bein, T. Kubes] gut positioniert. Man ist da ja teilweise auch auf der Plattform, die sich dreht, und da muss man halt die ganze Zeit angespannt stehen, den ganzen Körper anspannen und vor allem natürlich die Beine. Da weiß man ja, Viele fotografieren vielleicht nur die Beine. Und weil das ja auch noch höher gelegen ist auf der Plattform, kucken alle genau auf die Beine.“ (Hostess A, 24)

Nicht zuletzt wegen dieser externen Bedeutungszuweisungen werden etliche Praxen angewandt, um dem normierten Bild möglichst gerecht zu werden. Während und kurz vor der Messe wird den Beinen wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt als im Alltag. Sie werden täglich rasiert, eingecremt und mit diversen Hilfsmitteln (Massagebürsten, Faszienrollen, etc.) massiert. Zehennägel werden lackiert, Kühlspray wird aufgetragen, Hornhaut entfernt, spezielle beinformende Gymnastikübungen werden durchgeführt, Cellulite- und Selbstbräunungscremes werden aufgetragen, die Beine werden morgens und abends mit Wechselbädern erfrischt, in Stützstrumpfhosen gepresst, und in der Messepause wird jede Möglichkeit ergriffen sie hochzulegen. Trotz der Anwendung der aufwändigen Beinpflege- und Schönheitspraxen sorgen sich dennoch viele der Hostessen, dass das stundenlange Stehen auf hohen Schuhen ihrer Beinschönheit schadet. „Schon nach kurzer Zeit merkt man, wie das ganze Blut in die Beine sinkt und die Beine immer dicker werden und anschwellen. Das fühlt sich natürlich nicht so gut an, da man ja gut aussehen möchte und keine dicken Beine will.“ (Hostess I, 28)

Interessant ist, dass ein solcher Körperkult bei nicht mit Bedeutung aufgeladenen, aber dennoch sichtbaren Körperteilen wie z.B. dem Rücken, den Schultern, dem Nacken oder den Armen, die zum Teil ebenfalls durch das Dauerstehen

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physisch stark beansprucht werden, nicht vorkommt. Die Körperwahrnehmung von Hostessen während ihrer Tätigkeit geht also mit der Fragmentierung und Bedeutungsattribution ihres medial vermittelten Bildes konform. Das symbolbesetzte Bein wird dadurch während der Dauer des doing hostess zum Teil der Hostessenidentität (being hostess). Indem der eigene Körper während des doing hostess stark fragmentiert wahrgenommen und gefühlt wird, wird die Identität der Akteurinnen selbst fragmentiert. „Die erfahrenen Hostessen zeigen mir Tricks, wie man am besten die Beine pflegt und wie die Beinschmerzen in den Griff zu bekommen sind. [...] Für viele der erwähnten Praktiken fehlt mir allerdings nach der Arbeit die Zeit und die Kraft. ‚Die Schmerzen fühlst du irgendwann nicht mehr‘, meinte eine meiner Kolleginnen. So stehe ich weiter da, hoffe, dass dieser Zustand bald eintritt und versuche währenddessen, meine brennenden, blasengeplagten Füße nicht mehr zu spüren. Das gelingt mir nur bedingt. Wahrscheinlich braucht es einige Zeit, bis man nichts mehr fühlt. Aktuell habe ich das Gefühl, ich bestehe nur aus Beinen. Nicht nur, da mir diese unbeschreiblich weh tun, sondern auch, weil es scheint, dass vor allem meine Beine ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Viele Fotografen fotografieren gezielt meine Beine oder knipsen mich von unten. Ich werde heute Abend wohl wieder ein Fußbad machen und meine Beine pflegen müssen.“ (Hostessentagebuch T. Kubes)

Für Hostessen stellt die mediale Fragmentierung eine ganz besondere Herausforderung dar. Beine sind ein wichtiges Identifikationssymbol und haben im Kontext der Messe nicht nur funktional, sondern auch ‚schön‘ zu sein. Die Einnahme angenehmer, beinentlastender Posen aber gehört nicht auf die offizielle ‚Messebühne‘.9 Die Beine werden dadurch mit fortschreitender Messedauer zunehmend zu einem negativ erlebten Körperteil. Das Zeigen von Emotionen jenseits der geforderten Norm ist jedoch nicht mit der Rolle der Hostess zu vereinbaren. So entsteht eine Diskrepanz zwischen dem extrem mit Bedeutung besetzten, sexuell aufgeladenen Bein einerseits und dem eigenleiblichen Empfinden von Bein- und Fußschmerzen andererseits. Erschwerend kommt hinzu, dass Hostessen auch in solchen schwierigen Phasen permanent den Blicken der Besucher*innen ausgesetzt bleiben. Ihre Beine behalten also ihren symbolisch aufgeladenen Charakter. „Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt Hostess zu sein, ist ein hartes Brot: Die Mädchen müssen die gefühlte Erotik der funkelnden Blechkisten mit ech-

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So sind z.B. auch das gleichmäßige Belasten beider Beine oder das Geradestellen der Hüfte im Kontext Messe keine feminin definierten Posen.

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ter Erotik flankieren. [...] Die Hostessen müssen sich nicht nur in Lack und Leder zwängen, sondern auch derart hochhackige Stiefel tragen, dass stundenlanges Stehen über ihre Kräfte geht. Der Fuß schmerzt und schreit nach Erholung.“ (Anonymus 15, 2007, Medien Denk Online)

Mit diesem Missverhältnis müssen Hostessen umzugehen wissen. Und zwar so, dass das innere Empfinden soweit von den gezeigten Emotionen (Dauerlächeln) abgespalten wird, dass nach außen stets das Idealbild der schönen, lächelnden Frau sichtbar bleibt. Dem ausgestellten Automobil kommt im Rahmen solcher Performanzakte eine unerwartete Zusatzfunktion zu. Immer wieder wird es vom Ausstellungsobjekt zum Hilfsmittel, das der Hostess hin und wieder eine kurze Entlastung bieten kann. Viele der von mir befragten Hostessen sehen entsprechend vor allem nach den ersten Eingewöhnungstagen, das Automobil nicht mehr nur als Prestigesymbol und Ausstellungsstück an, sondern als funktionales Messestandelement, das ihnen bei der Durchführung ihrer Tätigkeit von ganz praktischem Nutzen ist. „Für Vorführzwecke darf ich mich ins Auto setzen. Diese kurze Auszeit von der Dauerpose erscheint mir wie ein langersehnter Urlaub. Ich versuche, die zwei Schritte zur Autotür nicht zu wanken. Nach langem Stehen sind die ersten Schritte immer besonders schmerzhaft. Ich öffne die Wagentür, setze mich ins Auto und lächle der Masse entgegen. Die Türe schließe ich. Am liebsten würde ich mich in den Sitz lümmeln, aber das darf ich natürlich nicht. Auch das Sitzen im Auto soll ‚feminin‘ wirken. Für die kurze Zeit umgibt mich eine ungewohnte Ruhe. Den Messelärm höre ich nur gedämpft in die Fahrerkabine dringen. Sofort schlüpfe ich aus meinen Schuhen und versuche die tauben Zehen zu bewegen. Mich durchfährt ein stechender Schmerz. Die Fußsehnen sind von den hohen Absätzen so verspannt und verkrampft, dass sich die Ferse nicht mehr bis zum Boden durchdrücken lässt. Ich versuche es dennoch, da ich inzwischen aus Erfahrung weiß, dass dieses zuerst sehr unangenehme Dehnen das weitere Stehen erheblich erleichtert. Ungeachtet der Schmerzen, lächle ich den Besuchern währenddessen durch die Windschutzscheibe entgegen. Leider kann ich nicht länger im Auto bleiben, die Zuschauer erwarten, dass ich wieder aussteige. Also schlüpfe ich wieder in meine Schuhe, was sich als gar nicht so einfach erweist, da meine von den Schuhen verformten Füße in der kurzen Zeit noch mehr angeschwollen sind. Mit großem Druck schaffe ich es dann doch, beide Füße wieder in die Schuhe zu zwängen. Ich lächle weiter, öffne das Auto, steige ‚leichtfüßig‘ und elegant aus und stelle mich wieder in Pose.“ (Hostessentagebucheintrag, T. Kubes)

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Eine kurze Entlastung der Beine und der Füße lässt sich durch Hinausschlüpfen des Fußes aus dem Schuh oder durch unauffälliges Abstützen auf dem Auto erreichen. Beides muss allerdings möglichst so ausgeführt werden, dass es Besucher*innen und Standleitung nicht als eigenmächtiges Verlassen der Hostessenpose erscheint. „Wenn mir die Füße zu sehr weh tun, dann versuche ich mich immer mal wieder am Auto anzulehnen. Natürlich darf das jetzt nicht nach Abstützen aussehen, sondern muss wie eine Pose wirken. Oft wird man dann sogar noch mehr fotografiert. Wenn niemand schaut, kann man dabei auch kurz mit den Zehen aus dem Schuh schlüpfen.“ (Hostess A, 26)

Wenn die Entlastung ‚gut‘ gemacht ist, kann sie also selbst zum Fotoobjekt werden. Zahlreiche Forenbeiträge zeugen allerdings davon, dass die Betrachter den aus dem Schuh schlüpfenden Fuß eher als kleines erotisches Extra deuten denn als Mittel zur Schmerzreduktion. Auf Youtube finden sich zahllose Videos, die nichts anderes zeigen, als Hostessenfüße, die kurz aus den Schuhen gleiten. „Und so gefällt es sogar vielen [Männern, T. Kubes] wenn die Damen, am Stand stehend, aus ihren hochhackigen Pumps schlüpfen. Zuweilen hat es sogar eine erotische Note. Wenn es dann auch noch hilft, die Schmerzen erträglich zu halten, dürfen die Mädels ihr Schuhspiel ruhig weitertreiben, mir gefällt`s.“ (Herbert51, 2007, Forumbeitrag)

Dass an einer solchen Hilfsmaßnahme etwas Erotisches sein soll, war übrigens weder mir selbst noch den von mir interviewten Hostessen vorher bekannt. Darauf angesprochen wurde es allerdings von allen Befragten als überaus unangenehm empfunden, auch noch auf diese Weise Objekt einer Fetischisierung zu werden. Das wiederum hinderte jedoch keine meiner Kolleginnen darin, sich mit der Zuschreibung ‚sexy Bein‘ zu identifizieren. Der Betonung des Beines wurde von niemandem ein alternativer Vorschlag entgegengesetzt. Mehr noch: das Bein als dichotomes, kulturell mit geschlechtsspezifischer Bedeutung aufgeladenes sexualisiertes Körperteil verliert selbst nach getaner Arbeit nur geringfügig an Bedeutung. Eine wenigstens vage Identifikation mit dem Körperfragment bleibt bestehen. Deutlich wird dies spätestens einige Zeit nach dem Messeeinsatz, wenn Hostessen nach aktuellen Bildern von sich im Internet suchen und auf ihre Beine stoßen. Beine, scheint hier die Regel zu sein, sind besser als gar kein Bild in den Medien.

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ICH ZEIGE MICH, ALSO BIN ICH – SELBSTVEROBJEKTIVIERUNG ALS AGENCY? „It’s really marvelous what you can do in this world with a streamlined torso and a brilliant smile. People do things for me, especially men, when I give them that slow smile and look up through my lashes. I found that out long ago, so why should I bother about variety of selling techniques when one technique will do the trick?“ Verkäuferin, zitiert in C. Wright Mills 2002: 175

Hostessen, die ihr Verhalten nicht an die Norm anpassen oder in bestimmten Situationen ‚aus der Reihe tanzen‘, gibt es erstaunlich selten. Ich selbst habe nur einmal erlebt, dass sich eine Kollegin nicht ‚hostessenkonform‘ verhalten hat, und das nicht, wie man vielleicht vermuten würde, weil sie nach einer sexuellen Belästigung ihren netten Hostessenhabitus abgelegt hätte, sondern weil sie schlicht keinerlei Ambitionen zeigte, Produktwissen an die Kund*innen zu vermitteln. Sie wurde dann auch nach kurzer Zeit von der Agentur nach Hause geschickt. Dass alle Anderen sich so bereitwillig an die geforderte Norm anpassen, dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass die meisten der Akteurinnen sehr gerne dem medial vermittelten idealisierten Frauenbild entsprechen möchten. So sexualisieren bzw. verobjektivieren sie sich selbst und bestätigen freiwillig Klischees, indem sie sich als die „heißen Feger von Toyota“, „Zuckermäuse von Jeep“, „Blümchen von Nissan“ und „Kätzchen von Jaguar“ bezeichnen (Anonymus 41, 2016, AutoBild.TV). Das zugehörige Frauenbild scheint also keineswegs nur bei Medienvertreter*innen, sondern auch bei vielen Hostessen fest verankert zu sein. Dazu trägt zweifellos bei, dass Automobilmessen so stark mit einem bestimmten Frauenbild assoziert werden, dass Frauen die diesem nicht entsprechen möchten, hier erst gar nicht arbeiten. Diese Annahme deckt sich mit den Aussagen von Hostessen, die ich auf diversen automobilfernen Messen interviewt habe. Diese schlossen wegen des reduzierten und sexistischen Frauenbildes für sich kategorisch aus, jemals auf einer Automobilmesse zu arbeiten – auch wenn die konkreten Tätigkeiten sich bei näherer Betrachtung – und abgesehen vom Sonderfall der Produktpräsentation – kaum unterschieden. Jenseits aller Kritik an normativen Stereotypisierungen profitieren viele Hostessen gerade von dem subalternen Status, der ihnen im Rahmen der hegemonialen Geschlechterkonstruktion der Messe zugewiesen wird. Durch die Ob-

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jektperformanz wird ihre Schönheit offiziell bestätigt, das Selbstwertgefühl wird gesteigert und das Prestige des Automobils bzw. der Marke auf die Akteurin übertragen. All diese Erfahrungen können sich zumindest phasenweise – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen – sehr gut anfühlen. Dieses positive Erleben wiederum prägt später den retrospektiven Blick auf die erlebte Messe. ‚Dabei zu sein‘ ist jedoch nicht nur Ausweis dafür, einem normierten Schönheitsideal zu entsprechen, es ist auch Ausdruck der (bewussten) Entscheidung, körperliches Kapital einzusetzen, den Körper als homogen inszeniertes Objekt darzustellen und mit dieser Objektivierung umgehen zu können. Subjektive Handlungsmacht erreichen die Akteurinnen (vor allem die Modelhostessen) also paradoxerweise gerade dadurch, dass sie sich als Schauobjekt zu inszenieren wissen. Der performative Akt des doing hostess ist dabei Ausdruck einer Selbstermächtigung. Die während der Arbeit erlebten Belastungsfaktoren werden vor allem zum Messe-Ende hin und danach in der Regel stark verharmlost. Selbst wenn der Job phasenweise als extrem anstrengend und nervenaufreibend empfunden wurde, wird er im Nachhinein ausnahmslos von allen Befragten als „tolle Erfahrung“ (Hostess I, 24) und „schöne Erinnerung“ (Hostess A, 28) beschrieben. Positiv erlebte Emotionen und Zuweisungs- und Prestigeübertragungseffekte prägen die Erinnerung fast aller Hostessen. Diese schönfärberische Sicht ist einerseits ein Nachhall der positiv erlebten individuellen und kollektiven Gefühle und Stimmungen, andererseits auch eine Folge der Emotionsarbeit. Durch den professionellen Einsatz von Gefühlsarbeit kann eine kognitive Distanzierung von negativen Emotionen erfolgen und können negativ erlebte Gefühle geringere Resonanz erzeugen. Hinzu kommt die Wirkung der fortgesetzten Medienpräsenz. (Körper-) Wahrnehmung und Erinnerung lassen sich durch kulturell produzierte Bilder enorm beeinflussen. Die Medien produzieren das Bild der ewig lächelnden, glücklichen, sexy Hostess, und dieses wirkt weit über den Moment des doing hostess hinaus nicht nur auf die Akteurinnen selbst, sondern auch auf die Wahrnehmung aller Rezipierenden – inklusive der auf den Bildern gezeigten Hostessen. Was bleibt, sind also nicht schmerzende Beine, sondern „schöne Fotos und aufregende Erinnerungen“ (Hostess I, 24) an die Messezeit und der Stolz, dabei gewesen zu sein.

Inszenierte Geschlechterdichotomien

„Die Frau als das Andere wird zum Körper par excellence. Ihr Körper wird bei ihrem Eintreten begutachtet, mit ihrem Körper verkaufen sich Autos wie Waschmaschinen besser.“ Löw 2001: 121

Bipolare Geschlechterkonstruktionen prägen sowohl die visuell sichtbare Körperüberformung und Inszenierung als auch das geschlechterdichotome Handeln der Messestandmitarbeiter*innen. Die Rollen- und Aufgabenverteilung am Messestand werden komplementär inszeniert, indem durch die Verkäufer/HostessPolarisierung ein sichtbarer Mann/Frau-Dualismus hergestellt wird. Diese Zweiteilung wird nicht nur im Vergleich der sexualisierten Kleidung der Hostessen (kurzes Kleid/Rock, hohe Schuhe, nackt wirkende Beine etc.) mit den seriös wirkenden Anzügen der Verkäufer deutlich, sondern auch durch die Hostessenuniformierung gegenüber der Varianz im Erscheinungsbild der Männer am Stand. Im Gegensatz zu den normierten äußeren Kriterien von Hostessen, die am Konstrukt ‚optische Einheitsfrau‘ orientiert sind, scheinen Alter, Körpergewicht und Größe der Verkäufer für ihren Einsatz auf der Messe keine Rolle zu spielen. Im Vordergrund stehen bei ihnen vielmehr die Wissensvermittlung und der markengerechte Umgang mit den potentiellen Kund*innen. Das aktive Beratungsgespräch des männlichen Experten markiert hier den Gegenpol zum passiv wirkenden Objektcharakter der Modelhostessen. Auch Pose und Mimik (Dauerlächeln) sind bei Hostessen vorgegeben und, wieder im Gegensatz zu den Verkäufern, nicht von situationalen Interaktionen abhängig. Da auch in der Beratungstätigkeit die Hostessen meist auf nicht mehr als ein oberflächliches Laienwissen zurückgegriffen werden kann, werden die Kund*innen bei spezifischeren Fragen sehr schnell an den ‚kompetenten‘ männlichen Verkäufer weitervermittelt. Dadurch wird eine Geschlechterdichotomie in Bezug auf weibliches Laienver-

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ständnis und männliches Expertenwissen hergestellt und für die Kund*innen quasi ‚naturalisiert‘.1 Aktive männliche Subjekte stehen also auf den ersten Blick passiven weiblichen Objekten gegenüber. Es war schon die Rede davon, dass die vermeintliche Passivität von Hostessen nur eine scheinbare ist, dass, im Gegenteil, nicht nur während des doing hostess permanent aktiv gehandelt werden muss, sondern dabei auch diverse Formen der Selbstermächtigung praktiziert werden können. Dennoch bleiben die für die Hostessenarbeit unumgänglichen idealtypischen weiblich konnotierten Posen, Mimiken und Gesten performative Akte, die tradierte geschlechterdichotome Normen reproduzieren. Diese konstruierte Bipolarität schlägt sich auch in der unterschiedlichen Art der Raumnutzung am Stand nieder. Im Gegensatz zu den Verkäufern, die sich frei am Messestand bzw. auf dem gesamten Messegelände bewegen können, wird den Hostessen ein sehr beschränktes Areal zugewiesen, in dem sie in vorgegebener, einheitlicher Pose zu verharren haben. Die Hostess wird dadurch als Teil der Inszenierung bzw. als zusätzliches Ausstellungsobjekt wahrgenommen, das von Journalist*innen und Besucher*innen ungefragt fotografiert und gefilmt werden kann. Die Objektivierung des weiblichen Körpers gipfelt hierbei nicht nur in einer stark sexualisierten Inszenierungspraxis, sondern auch in den durch die Medien konstruierten Hostessenbildern, in denen möglichst aufreizende Darstellungen dominieren. Die mediale Fragmentierung des Hostessenkörpers, stellt dabei nur die Spitze des Eisbergs da. Sowohl die Praxis des ungefragten Fotografierens als auch die uniforme sexistische mediale Darstellung und Reduzierung wäre bei männlichen Mitarbeitern undenkbar. Darstellungsressourcen wie Dauerlächeln, ein sexuell konnotiertes Outfit, oder eine vorgegebene objektivierende Einheitspose existieren für diese im Kontext Messe schlichtweg nicht. Männer werden denn auch auf Messen generell nur dann fotografiert, wenn sie entweder zufällig ins Bild geraten oder aber eine machtbesetzte Funktion im ausstellenden Unternehmen bekleiden (wie z.B. der Firmenchef während der Pressevorstellung). Auf Automobilmessen kommt zu der offensichtlichen horizontalen Segregation (Hostess als typischer ‚Frauenberuf/-job‘; Automobilverkäufer als typischer ‚Männerberuf‘) eine vertikale Trennung hinzu. Und das, obwohl der Großteil der Hostessen einen höheren Bildungsgrad aufzuweisen hat als die meisten Verkäufer. Während Frauen eine augenfällige Objektfunktion zugewiesen bekommen,

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Auch gängige Autojournale (Auto-Bild, AutoMotorSport, etc.) untermauern dieses traditionelle Bild. Automobilinnovationen werden dort größtenteils von Männern erklärt und beschrieben und mit kompetent wirkenden Männern bebildert.

Inszenierte Geschlechterdichotomien | 249

sind Männer in der Subjektfunktion überrepräsentiert. Frauen und Männer besetzen auf Automobilmessen ganz offensichtlich auch unterschiedliche Hierachieebenen. Nachfolgende Tabelle fasst die wesentlichen Bestandteile der geschlechterdichotomen Standinszenierung im Vergleich von Hostessen und Verkäufern noch einmal zusammen: Tabelle: Auf Automobilmessen anzutreffende Geschlechterdichotomien am Beispiel von Hostessen und Verkäufern

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EXKURS: DER SECURITY-MITARBEITER ALS HEGEMONIAL INSZENIERTER BESCHÜTZER Neben den Verkäufern gibt es eine weitere ausschließlich mit Männern besetzte Position am Messestand, die den optischen Eindruck einer strikten Geschlechterdichotomisierung noch verstärkt: die Security. Ihre offizielle Funktion hat mit Hostessen zunächst wenig zu tun. Aufgabe der Security „ist die Bewachung der Exponate“ (Marketingmitarbeiterin L). Oft werden aber in der Praxis nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die Hostessen vor zu aufdringlichen Besucher*innen ‚beschützt‘. Wie bereits ausgeführt, gibt es fotografische Praxen, die als unangenehm oder anstößig empfunden werden und die auch durch die vertragliche Abtretung der Rechte am eigenen Bild nicht legitimiert sind: ‚Detailaufnahmen‘ des Hostessenkörpers oder sogenannte Upskirt-Shots, bei denen gezielt versucht wird, einer Hostess unter den Rock zu fotografieren. Die meisten Hostessen schreiten hier nicht selbst ein. Sich direkt an den jeweiligen Fotografen zu wenden und ihn zu bitten, eine bestimmte Art zu fotografieren zu unterlassen, lässt sich mit dem Idealbild des stets lächelnden Schauobjekts nicht vereinbaren. Tatsächlich habe ich weder persönlich je beobachtet, dass eine Hostess einen Fotografen zurechtgewiesen hätte, noch wurde mir in Gesprächen davon berichtet (auch auf Nachfrage nicht). Solche Interventionen werden ausschließlich von männlichen Standmitarbeitern vorgenommen. Sehr selten auch von Verkäufern oder Beratern, in der Regel aber von den Security-Kräften. Von den Hostessen wird die Anwesenheit von Sicherheitspersonal daher oft als angenehm empfunden. Handlungsmacht wird in solchen Fällen von vielen Hostessen sehr bereitwillig abgegeben: „Wenn wir merken, dass uns jemand unter den Rock fotografieren will oder so ähnlich, können wir die Security rufen, das ist schon sehr beruhigend“ (Hostess I, 24). Umfassend ist der Schutz jedoch keineswegs. Schon allein deshalb, weil entsprechende Praxen bei der Masse fotografierender Besucher*innen schwer auszumachen sind und in den meisten Fällen gar nicht bemerkt werden. „Gerade hier bei der IAA, bei keiner anderen Messeart werden wir so viel fotografiert. Es gibt dann Leute, die fragen nett, da macht man dann auch gerne mit. Dann gibt es aber Leute, die einfach so, so unseriös fotografieren. Dafür sind dann unsere Security-Leute da, die halten dann die Leute auf, die teilweise nur Po oder Beine, oder was auch immer fotografieren. Und dann werden die Fotos gelöscht, aber sonst kann man das nicht verhindern, und das gehört zum Job dazu.“ (Hostess A, 22)

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Dass Fotografen dazu angehalten werden sollen, Aufnahmen zu löschen, ist eine Praxis von der ich gelegentlich in Interviews gehört, die ich aber nie selbst erlebt habe.2 Ein Security-Mitarbeiter, gekleidet in schwarzem Anzug, erklärte mir seinen Tätigkeitsbrereich mit folgenden Worten: „Wir passen auf, dass die Mädels nicht für den Privatgebrauch fotografiert werden“ (Security F). Wie genau dieses Aufpassen vonstattengeht, führte er nicht aus. Auch was genau unter Fotos der „Mädels [...] für den Privatgebrauch“ zu verstehen sein soll, lässt einen gewissen Deutungsspielraum. Tatsache ist jedoch, dass in den Marketingabteilungen der Hersteller eine ausgeprägte Ambivalenz gegenüber den Privatfotograf*innen besteht. Einerseits wird das private Fotografieren explizit begrüßt und dazu ermuntert: „Es ist super wichtig, weil die Leute viel mehr fotografieren, wenn die Hostessen mit auf dem Bild sind“ (Marketingmanagerin I). Konsens scheint entsprechend zu sein: „Wenn die Besucher viel fotografieren und sich dann die Bilder daheim anschauen und dann sehen: Schöne Frau, schönes Auto. Das ist natürlich gut für uns“ (Marketingmitarbeiter Y). Andererseits wird versucht, die Hostessen vor allzu dreisten Fotograf*innen zu schützen.3 Das ließe sich freilich auch einfacher bewerkstelligen. Beim Gang über die Messe jedenfalls wird häufig der Eindruck erweckt, dass die Anzahl der beschäftigten Security-Mitarbeiter sich umgekehrt proportional zur Länge der den Hostessen zur Verfügung gestellten Röcke verhält. Statt das Security-Personal zu verstärken, könnten die Verantwortlichen also auch in andere Kleidung für die Hostessen investieren. Wer eine Hose trägt, dem kann niemand unter den Rock fotografieren.

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Berufsfotograf*innen und Fachbesucher*innen fotografieren während der Presse- und Fachbesucher*innentagen zu Beginn der Messe. Für diesen Zeitraum wurde mir in meinen Interviews von keinem einzigen aktiven ‚hostessenschützenden‘ Eingriff durch einen Securitymitarbeiter berichtet.

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Das Vorhaben mancher Automobilkonzerne, das Fotografieren von Körperteilen der Hostessen für Privatzwecke überwachen und verbieten zu wollen, wirkt auch in Bezug auf die vielen öffentlich zugänglichen medial abgebildeten Körperfragmente wenig durchdacht. Nur durch das Festhalten an der traditionellen Hostesseninszenierung kann überhaupt auf das Stereotyp zurückgegriffen werden. Die gewohnte Abbildungsspraxis in den Medien bleibt ohne einschneidende Veränderung der Einsatz- und Darstellungsweise der Hostessen natürlich bestehen. Zudem kann in Zeiten vielfältigster Bildbearbeitungstechniken niemand kontrollieren, wie Fotos letztendlich modifiziert, zuschnitten oder vergrößert werden. „Po oder Beine“ (Hostess A, 22) können so durchaus, auch ohne Überwachung das Endprodukt des Fotos darstellen.

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Der Einsatz von Security-Personal fügt sich nahtlos ein in die sichtbare Inszenierung genderdichotom gestalteter hegemonialer Machtverteilung: Agency wird an männliche ‚Beschützer‘ abgeben und damit der passive Objektcharakter der Hostess im Sinne einer tradierten ‚Normalität‘ auf Automobilmessen weiter gefestigt.

GESCHLECHTERGERECHTE PERSONALPOLITIK ODER WISSENSDEFIZIT IN GENDERFRAGEN? Wie die Beispiele zeigen, kann von Geschlechtergerechtigkeit beim Personaleinsatz auf Messen keine Rede sein. Aussagen wie „Wir machen das immer schon so, das ist Tradition. 80% hübsche Hostessen und 20 % Verkäufer am Stand, und das funktioniert auch gut so“ (Automobilkonzernmitarbeiter M), stehen in deutlichem Kontrast zu einer gendergerechten Arbeitsverteilung. Auch wenn bei meinen zahlreichen Interviews mit Firmenmitarbeiter*innen und Marketingverantwortlichen oft betont wurde, dass selbstverständlich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis am Stand angestrebt werden solle, folgen auf solche Ankündigungen doch bestenfalls zaghafte Versuche einer Umsetzung. Den Konzernmitarbeiter*innen und Marketingverantwortlichen scheint keineswegs bewusst zu sein, dass mit Blick auf Arbeitsaufteilung, Inszenierungspraxen, Adressierung, mediale Rezeption, etc. weiterhin von institutionalisiertem strukturellen Sexismus gesprochen werden muss. Vielmehr gehen sie mehrheitlich auch jetzt schon von einer weitgehend gendergerechten Personalpolitik aus. „Dass wir mehr Hostessen am Stand haben, das ist natürlich so, dass die Mädels immer noch ein Stück mehr das vorrangig männliche Publikum ansprechen. Wir haben die Mädels an jedem Auto und haben dann immer noch unsere sechs Hosts verteilt, um noch mal den Mädels Sicherheit zu geben, dass dann immer einer da ist, der aufpasst. Nicht, weil die Männer da teilweise mehr Ahnung vom Fahrzeug haben. Es ist teilweise auch komplett umgekehrt, dass die Mädels sehr, sehr autoaffin sind und sich sehr sehr gut mit der Materie auskennen, wo ich immer wieder sehr sehr erstaunt darüber bin und mich darüber freue. Das ergibt sich vielmehr aus dem, dass das einfach ein männliches Publikum ist, und deshalb dementsprechend halt dann natürlich mehr Mädels da sein müssen.“ (Automobilkonzernmitarbeiter H)

Wie das Zitat gut zeigt, werden Frauen (respektive „die Mädels“) auch bei einer grundsätzlichen Zustimmung zur Forderung von „geschlechtergerechten Arbeitsbedingungen“ (ebd.) weiterhin vorrangig als Schauobjekte für ein männli-

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ches Publikum eingesetzt. Hier müssen sie gar noch von männlichen Host „beschützt“ werden (ebd.). Die auf Messen üblicherweise verwendete Adressierung „Mädels“ für Hostessen (versus „Männer“ für Besucher bzw. Hosts) trägt auf verbaler Ebene das ihre dazu bei, eine asymmetrische Geschlechterdichotomie zu konstruieren und aufrechtzuerhalten. Für deren erstaunliche Persistenz zeichnen neben dem Festhalten an einer platten Strategie des Sex sells vor allem strukturelle Gründe verantwortlich. Denn für die Umsetzung von Gendergerechtigkeit wären deutlich weitergehende Veränderungen notwendig, als es manche der Verantwortlichen gerne hätten. Entsprechend bestreiten viele Konzernmitarbeiter*innen schlichtweg, dass hier überhaupt noch Handlungsbedarf bestehe: „Bei uns sind alle gleichberechtigt. An unseren Ständen räkeln sich heutzutage grundsätzlich keine Models mehr auf irgendwelchen Motorhauben“ (Automobilkonzernmitarbeiter I). Während viele der interviewten Konzernvertreter*innen betonten, dass grundsätzlich „jeder“ den Hostessenjob machen könne, zeigt doch der Blick auf die reale Standpolitik, dass die Gruppe der ‚Jedermänner und -frauen‘ sehr strengen Auswahlkriterien unterliegt und am Ende genau dem stereotypen Hostessenbild entspricht, das das Erscheinungsbild von Automobilmessen seit vielen Jahrzehnten prägt. Ähnlich antiquiert wirkt die Aussage, dass Frauen nicht als Kund*innen adressierbar seien, weil sie sich für Autos nicht interessieren. „Viele Frauen gibt es halt nicht, die sich durch zehn Hallen durchkämpfen und in Autos reinsetzen wollen. Das Thema ist halt nun mal Autos. Und Männer finden es halt toll, sich Motoren anzukucken, und Frauen interessiert es halt, so würde ich es mal sagen, zu 95% nicht die Bohne. Und ich glaube nicht, dass sich das ändern wird und dass das jemals eine Messe wird, wo 50% Männer und 50% Frauen kommen werden.“ (Marketingverantwortliche K)

Häufig konnte ich bei Interviews feststellen, dass die Befragten ganz selbstverständlich von solchen essentialistischen Geschlechterzuschreibungen ausgingen. Technische Kompetenz und Interesse wurden ausschließlich Männern zugestanden. Meist wurde dabei von einer „natürlichen“ (Automobilkonzernmitarbeiter I) oder einer „biologisch“ (Marketingmitarbeiterin J) bedingten Affinität zu Automobilen und Technik ausgegangen. Und zwar von Automobilkonzernmitarbeiter*innen ebenso wie von Verkäufern, Besucher*innen und Hostessen: „Ich glaube es liegt in der Natur, dass sich die Männer da wirklich für Autos begeistern und die Frauen sich vom Automobil abschrecken lassen“ (Automobilkonzernmitarbeiter H). „Frauen interessieren sich eher für Mode, Beauty und Well-

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ness. Wenn wir da eher was machen würden, dann würden vielleicht mehr Frauen kommen. Aber Technik, das interessiert Frauen einfach nicht“ (Marketingmitarbeiter I).

HETERONORMATIVE MESSEINSZENIERUNG ALS VERMARKTUNGSSTRATEGIE? Die Vermarktungsstrategie auf Automobilmessen bleibt größtenteils traditionellen Strukturen verhaftet. Die Messestandinszenierung ist weiterhin auf eine Besucher*innenschaft ausgelegt, deren Hauptadressat männlich ist. Die Inszenierung von Hostessen als Schauobjekten bedient vorrangig heterosexuelle Männer. Und auch die sehen den Einsatz von Frauen auf der Messe nicht immer unkritisch. So schreibt ein Besucher eines Forums zu Automobilmessen, dass es an der Zeit wäre, zu definieren, welchen Fokus die Messe für welches Publikum präsentieren möchte: „Wir Männer sollten uns auch überlegen, ob wir auf einer IAA u.a. Technik sehen wollen, oder eine kostenlose ‚Peepshow‘ haben wollen“ (Frosch112, 2007). Die offizielle Linie der Messeplanung ist hier eindeutig: es sollen explizit vielfältige Adressat*innen angesprochen werden. Tatsächlich aber haben in meinen Interviews auffällig viele Besucher*innen die sexuelle Komponente der Hostesseninszenierung selbst angesprochen und meist als ‚logische‘ Konsequenz der vielen männlichen Messebesucher interpretiert. Von einem subtilen oder unterschwelligen Einsatz erotischer Lockmittel kann also beim besten Willen nicht die Rede sein. Schon in den 1960er Jahren stellte Franklin B. Evans fest, dass der Verkaufserfolg steigt, je mehr sich Verkäufer*in und potentielle/r Käufer*in ähneln (Evans 1963: 76-79). Laut Evans begünstigt Ähnlichkeit in der äußeren Erscheinung (v.a. Körpergröße und Alter) das Vertrauensverhältnis positiv. In Bezug auf das heterogene Erscheinungsbild der männlichen Verkäufer und Besucher wird dieser Annahme Evans’ scheinbar Rechnung getragen. Hier dürfte sich für die meisten (männlichen) Käufer ein passender Verkäufer finden lassen. Da jedoch auch Frauen aller Altersstufen, Körper- und Konfektionsgrößen Automobile kaufen, müsste das Standpersonal eigentlich auch diese Vielfalt abbilden – zumal ausnahmslos alle von mir befragten Marketingverantworlichen gerne mehr Frauen als potentielle Kundinnen auf die Messe locken würden. Weshalb angesichts dieses offensichtlichen Widerspruchs immer noch an vielen Ständen an strikt dichotomen Geschlechterinszenierungen festgehalten wird, statt zu versuchen, Diversität auch im Marketing auf Messen stärker zu implementieren,

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bleibt rätselhaft. Umso mehr, als unsere kulturell tradierten Sehgewohnheiten knapp bekleidete Frauen auf Automobilmessen längst als Normalität wahrnehmen. Die Praxis erzielt kaum noch einen Überraschungseffekt. Die typische Standinszenierung, die sich tradierter heteronormativer Klischees bedient, statt auf durch Diversität und Heterogenität charakterisierte Inszenierungspraxen zu setzen, ist zumindest gegenwärtig noch eher die Regel als eine Ausnahme. Eine nachhaltige Veränderung der Messestrukturen im Sinne eines Gender Mainstreamings liegt in weiter Ferne.4

BRÜCHE UND VERÄNDERUNGEN Historisch gesehen ist immerhin ein langsamer Wandel hinsichtlich des Einsatzbereichs und der Darstellung von Hostessen erkennbar. Waren Hostessen noch in den 1970er Jahren ausschließlich als „Dekoration“ (Automobilkonzernmitarbeiter R) angestellt, öffnete sich das Tätigkeitsfeld über die Jahre zunächst für „frauentypische Hilfstätigkeiten, wie die Begrüßung der Messegäste, oder leichte Servicetätigkeiten wie Kaffee kochen“ (ebd.). Beratungstätigkeiten zu Automobilen wurden hier zunächst weiterhin allein von firmeninternen Verkäufern getätigt. Produktschulungen zu den Ausstellungsobjekten wurden entsprechend nicht durchgeführt, sie „waren damals für die Hostessen auch nicht notwendig“ (Marketingmitarbeiter I). Inzwischen dürfen Frauen auf Messen glücklicherweise mehr als „Kaffee kochen“. Und auch bei der Hostessenkleidung vollzieht sich ein „Wandel vom reinen Eye-Candy, hin zu stilvolleren Outfits“ (Wernst, zitiert nach Gehrs 2014: 96). Dass sich hinter der schönen Fassade auch ein Geist befindet, scheint also immer mehr Verantwortlichen klar zu werden. Auch die Medien greifen das Thema gelegentlich auf. So spricht der Spiegel in einem Online Beitrag von einer „Trendwende bei Messe-Hostessen“, die „mehr Kopffreiheit“ statt „Bolide plus Bein“ verspricht (Hucko 2014, Spiegel Online). „Die deutschen AutoHersteller haben ihren IAA-Hostessen überwiegend ‚züchtige‘ Klamotten und Fachwissen verordnet“, heißt es in einem Artikel in Bild Online: „Die Damen glänzen mit Detailwissen, nicht mit Dekolletés“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Hervorh. I. Orig.). „Vorbereitung statt Vorbau“ (Sommer 2015,

4

Unter Gender Mainstreaming versteht man ein geplantes Eingreifen in die vorhandenen Geschlechterstrukturen auf allen Unternehmensebenen mit dem Ziel, Geschlechterstereotype abzubauen und gleiche Chancen für alle zu schaffen (vgl. OnnenIsemann 2010: 217f.).

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Focus Online) wird für den Hostesseneinsatz immer wichtiger. Einen Wandel im Einsatzbereich sieht auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) (vgl. Doll und Ehrling, 2015). „Hostessen oder Hosts auf den Ausstellungsständen sind heute kompetente Markenbotschafter, die den Messebesucher umfassend über die neuen Produkte informieren können “ (ebd.). Angesichts der Verhältnisse, wie ich sie im Rahmen meiner Forschung gefunden und selbst erlebt habe, wirken solche Kommentare übertrieben optimistisch. Eine kurze Schulung allein ändert wenig daran, dass sich das heutige Hostessenbild noch nicht allzu weit von dem der schönen Frau als optischem Beiwerk entfernt hat. Und wo doch, wird das nicht selten lautstark bedauert. Das „Ende der Auto-Erotik“, wurde kürzlich ebenso beklagt wie das der „lang gepflegten Liason aus blankem Blech und nackter Haut“ (Gehrs 2014: 96). Auch dieser Schwanengesang scheint jedoch voreilig. Die geschilderten neuen Inszenierungstendenzen beziehen sich de facto nur auf einen kleinen Teil der Aussteller. Für die meisten Messestände gilt weiterhin: „Fette Pferdestärken und schlanke Püppchen – das Bild funktioniert noch immer“ (Eisen 2015). Und auch die Darstellung von Hostessen in den Medien bleibt überwiegend geschlechterdichotom. Es mag sein, dass inzwischen an einigen Messeständen auch männliche Hosts arbeiten, die mediale Berichterstattung aber verzichtet praktisch völlig auf deren Abbildung. Das gleiche gilt übrigens auch für die Verkäufer. Fotostrecken über männliches Standpersonal existieren nicht. Und sollte doch einmal über Hosts geschrieben werden, was sehr selten der Fall ist, wird auf deren technische Expertise verwiesen. Ihr Aussehen und ihre Kleidung hingegen sind für die Medien offenbar kein Thema. Eine mediale Fragmentierung des Körpers existiert ebenso wenig wie der Vergleich von Automobil- und Körperteilen. Hostessen hingegen werden weiterhin als Objekte männlichen Begehrens abgebildet. Ihre Optik wird hervorgehoben und in sexistischer Weise in Symbiose mit dem Fahrzeug inszeniert. Nichtsdestoweniger mehren sich die Anzeichen für einen Umbruch. Zu beobachten ist in jüngster Zeit, dass bei einer Handvoll Automobilmarken eine Abkehr vom alleinigen Objektcharakter der Hostessen hin zu einer differenzierten und kompetenten Beratungstätigkeit erfolgt. Noch ist dies zwar die Ausnahme, es darf aber immerhin gehofft werden, dass andere Hersteller diesem Beispiel früher oder später folgen werden. In Bezug auf das Tätigkeitsprofil von Hostessen könnte dieses nachhaltig durch eine neue Art der Wissensvermittlung verändert werden. Neben fest montierten Terminals werden inzwischen vermehrt Tablet-Computer eingesetzt, die einen schnellen Zugriff auf Detailinformationen zu den Fahrzeugen gewähren. Der Einsatz solcher mobilen Endgeräte erleichtert die Wissensvermittlung und

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Informationsweitergabe an die Besucher*innen erheblich und trägt dazu bei, dass auch externes Personal Beratungsfunktionen übernehmen kann. Da das Tablet den Zugang zu einem umfassenden Wissenspool erlaubt, über den bis dahin nur Verkäufer und Berater*innen verfügt haben, könnte die Wissensvermittlung durch Hostessen auf ein deutlich höheres Niveau angehoben werden. Die Hostessen würden dadurch sachkundiger werden und auch nach außen erfahrener wirken. „Wir wollen ja mit den Mädels (sic!) nicht nur das Auto verschönern, sondern wollen einfach auch beraten. Die Mädels haben ein i-Pad dabei, damit können sie auch Kontaktadressen aufnehmen, Material über das Auto zuschicken oder auch schon direkt an dem iPad Infomaterialien zeigen. Also es ist bei uns nicht nur das Auto zu präsentieren, natürlich auch, aber es ist auch die Produktberatung zu machen.“ (Automobilkonzernmitarbeiter H)

Ein solcher Medieneinsatz könnte nicht nur die Praxis des Hostesseneinsatzes verändern, sondern hätte gleichzeitig auch das Potential, ein neues Hostessenbild zu generieren. Dieser Wandel kann sich jedoch nur vollziehen, wenn der Einsatz über elementare Aufgaben wie die im Zitat angesprochene Akquise von Kontaktadressen hinausgeht. Hinzu kommt, dass Frauen im Beratungssektor der Automobilbranche von den Besucher*innen auch ernst genommen werden müssen. Denn wenn Besucher*innen bei Fragen zum Fahrzeug, die über das Abfragen der Fahrzeugbezeichnung oder der PS-Zahl hinausgehen, fast schon reflexhaft nach einem männlichen Verkäufer oder Berater Ausschau halten, hilft die beste Ausbildung und der routinierteste Umgang mit einem mobilen Endgerät wenig. So wünschenswert also der Einsatz von Hostessen als kompetente Wissensvermittlerinnen sein mag, am anderen Ende der Vermittlungskette muss jemand stehen, der das vermittelte Wissen auch annimmt. Bisher aber erzeugt die Kombination schöne Frau/technisches Verständnis offenbar vor allem Irritation – selbst wenn sie sich als nett gemeinter Paternalismus verkleidet: „Da gibt es Hostessen, die einem tatsächlich die Funktionsweise des electric drive simulators flüssig erklären können. Und das in Deutsch, Spanisch und Englisch. Es fällt einem bei dem Aussehen schwer [sich, T. Kubes] vorzustellen, dass sie im elften Semester an der TU München Elektrotechnik studieren. Aber sie machen das wirklich sehr charmant, ohne zu leiern.“ (Dunker 2013)

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Auf das Aussehen der Hostessen hat der sich abzeichnende Wandel im Tätigkeitsfeld keine Auswirkung. Die „Grundvoraussetzung: gutaussehende, junge Frau“ (Marketingmitarbeiterin I) bleibt auch an Ständen bestehen, für die neben der Attraktivität der Hostessen auch deren technische Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten ein Auswahlkriterium sind. Das wird von den Verantwortlichen auch offen eingeräumt: „Klar suchen wir Leute, die sehr attraktiv sind und die toll neben unseren Produkten aussehen, aber nicht zulasten ihrer Fähigkeit, Wissen zu vermitteln. Das ist ja nicht selbstverständlich, aber bei uns ist das schon sehr wichtig, dass sie nicht nur hübsch sind, sondern auch fähig sind, unsere Produkte zu kennen und wiederzugeben, um die Marke zu vertreten und nicht nur einfach dastehen.“ (Automobilkonzernmitarbeiter E)

Geschlecht, Alter und Aussehen spielen auch hier weiterhin eine tragende Rolle. Spätestens bei der Presseveranstaltung mit internationalen Pressefotograf*innen werden Hostessen für Pressefotos zur Verfügung gestellt. Info-, oder Begrüßungscounter für Vorstände und wichtige interne und externe Persönlichkeiten sind auch bei solchen ‚moderaten‘ Messeständen allesamt mit rein weiblichen Hostessen in Kostüm oder Kleid besetzt. Auch wenn keine Automobilmarke von der Grundvoraussetzung „jung und schön“ abweichen möchte und bestimmte Positionen weiterhin mit idealtypischen Hostessen besetzt bleiben, öffnen sich inzwischen einige wenige Hersteller für alternative Inszenierungsweisen. Die Uniformierung wird hier nicht mehr zwangsläufig in der traditionell geschlechterdichotomen Ausführung gestaltet. Hostessen tragen dort nicht mehr notwendig ein figurbetontes kurzes Kleid, sondern Hosenanzug oder Jeans und Polohemd, kombiniert mit bequemen Schuhen. Nicht immer jedoch liegen die Gründe für derartige Veränderungen in der Einsicht, dass an der sexistischen Inszenierung junger Frauen etwas falsch sein könnte. So ließ sich etwa im Herbst 2015 auf der Frankfurter IAA eine überraschende Neuerung in Bezug auf das Hostessenoutfit beobachten. Die Kleiderpolitik der Aussteller in der für ihre besonders freizügige Inszenierung bekannten „Halle Sex“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online. Hervorh. i. Orig.) wurde aufgrund vermehrter „Grapscher-Attacken“ (Schulenberg et al 2015, Bild Online) während vorangegangener Messen vorübergehend deutlich ‚entschärft‘. „Vor allem Lancia musste bei der IAA 2013 zusätzliche Sicherheitsleute anheuern. Die mussten des Öfteren eklig-dreiste Besucher vom Stand entfernen, weil sie versuchten, Hostessen unter den Rock zu fotografieren“ (ebd.). Die Halle

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selbst wandelte sich durch die neue Kleiderordnung laut Bild Online von der „geilsten Halle“ zur „züchtigste[n]“ (Schulenberg et al 2015, Bild Online). „Statt fast raushüpfender Busen aus engen Blusen und Ultra-Mini-Röcken zeigen sich die Hostessen der italienischen Autobauer erstmals hochgeschlossen. [...] Models und Hostessen tragen lange weiße Hosen und T-Shirts bei Fiat, langer schwarzer Rock und blaues Jeans-Oberteil bei Lancia. Das Kostüm bei Maserati: knielang, konservativ, stylischbieder.“ (Schulenberg et al. 2015, Bild Online)

Die Kleidungsoffensive stellte allerdings eine einmalige Reaktion der genannten Hersteller auf sexuelle Übergriffe dar. Nachhaltige Folgen waren nicht zu beobachten. Auf der nächsten Messe jedenfalls, dem Genfer Automobilsalon 2016, waren die Outfits der entsprechenden Hersteller wieder ganz dem früheren Image angepasst (vgl. Anonymus 41, 2016, AutoBild.TV). Und auch die mediale Berichterstattung fiel sofort in alte Sprachmuster zurück: „Hier bei Alfa gibt’s am meisten zu kucken“ (Anonymus 41, 2016, AutoBild.TV, 5:16). Von „konservativ, stylisch-bieder“ (Schulenberg et al 2015, Bild Online) konnte schon ein halbes Jahr später nicht mehr die Rede sein, vielmehr wurden Hostessen wieder als „wahrer Augenschmaus“ (Anonymus 41, 2016, AutoBild.TV) präsentiert. High Heels und Pumps waren wieder das bevorzugte Schuhwerk. Abhängig von der Automobilmarke kombiniert mit Hotpants, kurzen Etuikleidern, schulterfreien Mini- oder langen, bis zur Hüfte geschlitzten Abendkleidern. Ob sich am Präsentationskonzept der Hersteller langfristig tatsächlich etwas ändern wird, bleibt also – trotz ermutigender Beispiele – abzuwarten. Zu sehr scheint das Hostessenimage mit dem Stereotyp der sexy Frau verschmolzen zu sein, als dass die Hersteller ernsthaft und langfristig eine Änderung ihres Präsentationskonzepts in Erwägung zögen. Man kann sich fragen, weshalb Veränderungen in diesem Bereich so schleppend verlaufen. Die Argumentation für ein Festhalten an der traditionellen Art der Hostesseninszenierung sind in der Regel zirkulär. Man verweist auf die Tradition, weil es Tradition ist, und es wird künftig funktionieren, weil es immer schon funktioniert hat. In den Worten einer Marketingverantwortlichen: „die Präsentation von Automobilen wurde schon immer mit Frauen durchgeführt“ (Marketingverantwortliche, I). Von Seiten der Hostessen regt sich dagegen übrigens wenig Protest. Nach wie vor genießen sie es mehrheitlich sehr, als Schauobjekte im Mittelpunkt zu stehen und auf diese Weise eine Bestätigung ihrer Schönheit zu erfahren. Das gilt auch für diejenigen, die sich durchaus eine größere Akzeptanz der von Frauen durchgeführten Produktberatung und eine Zunahme der Beratungstätigkeit

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wünschen. Einen kompletten Wandel des Hostessenbildes können sich dennoch die wenigsten meiner Kolleginnen vorstellen. In der Mehrzahl der Antworten wird am starren Idealtypus festgehalten und die Vermittlung von Fachwissen lediglich als eine interessante Ergänzung hinzugedacht. „Die Messegäste erwarten einfach ein bestimmtes Hostessenbild, und das wird sich auch kaum ändern, auch wenn man dann mehr Gäste berät“ (Hostess A, 24). Bei einigen wenigen Hostessen ist auch im weiteren Lebenslauf eine Verbindung zur Hostessenarbeit oder zum Automobilsektor vorhanden. So gibt es Hostessen, die den Job als Sprungbrett in den Messe- und Eventbereich oder in den Automobilsektor nutzen.5 Eine sehr spannende Frage wäre hier, ob die eigene Hostessentätigkeit einen veränderten Blick auf den Einsatz von Frauen und ihre stereotype Darstellung bewirkt. Werden die gewohnten kulturellen Muster von ‚Ex-Hostessen‘ in der gleichen Weise reproduziert wie von Männern oder Frauen, die die hostessenspezifische Art der Objektivierung nicht am eigenen Leib erfahren haben? Oder wird die Tätigkeit mit einem gewissen räumlichen und zeitlichen Abstand kritischer bewertet? Für die Umsetzung eines gendergerechten Personaleinsatzes wäre es auf jeden Fall gewinnbringend, diesen Fragestellungen in Zukunft nachzugehen.

TREND ZUR DIVERSITÄT? In anderen Displayberufen scheinen sich die Verantwortlichen nicht ganz so stark am Einheitsbild festzuklammern. So lässt sich z.B. in der Modebranche ein deutlicher Trend zu Diversität erkennen.6 Frankreich beschloss 2015 ein Verbot für „Magermodels“ (Anonymus 20, 2015), auf den Catwalks laufen Models mit Prothesen (u.a. Mario Galla), „Curvy“ bzw. „Plus Size Models“ (Anonymus 36, 2015) und Models im Rentenalter (u.a. Eveline Hall) werden eingesetzt und Frauen mit Pigmentstörungen können Markenbotschafterinnen für Modelabels werden (Chantell Brown-Young für Desigual). Auch wenn die genannten Beispiele, bezogen auf das Gros der normativen Darstellungspraxen in den genann-

5

Mehrjährige Messeerfahrung als Hostess kann laut internen Informationen helfen, einen der sehr raren und sehr begehrten Praktikumsplätze bei Automobilkonzernen zu bekommen. Mir wurde von zwei Hostessen berichtet, die tatsächlich nach dem Praktikum auch eine feste Stelle bekommen haben.

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Für eine grundsätzliche Diskussion von Gender und Diversity vgl. Onnen-Isemann und Bollmann (Onnen-Isemann und Bollmann 2010, vor allem S. 217-229).

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ten Branchen, nur einen Tropfen auf dem heißen Stein darstellen mögen, entfalten sie langfristig doch ein großes subversives Potential. Wenigstens ein Autohersteller zieht inzwischen schon nach. So schafft er es, sein jahrzehntelang gepflegtes „blond und blauäugiges Hostessen-Image“ (Automobilkonzernmitarbeiter K) aufzubrechen. Hostessen werden dort inzwischen sowohl in der männlichen Variante als Hosts, als auch in kultureller Vielfalt präsentiert. „Bei unserem Messepersonal versuchen wir jetzt sehr viel internationaler zu werden. Früher, noch vor ein paar Jahren, war es sehr typisch, dass nordeuropäisches Aussehen an der Tagesordnung war. Und jetzt sind sehr viele Nationen mit dabei, sehr viele Hautfarben, Haarfarben. Also wir wollen, dass das alles wirklich komplett anders gestaltet ist und wesentlich internationaler und offener wirkt.“ (Automobilkonzernmitarbeiter K.)

Ein ähnlicher, jedoch wesentlich weiter fortgeschrittener Diversitätswandel zeigte sich bei Flugbegleiterinnen. Zu Beginn des Flugverkehrs schien auch für diesen Beruf die Erfüllung eines normierten Idealbildes unabdingbar zu sein. Es wurden nur überdurchschnittlich hübsche und sehr junge Frauen eingestellt (Henkel 2007: 71f.). Der Beruf durfte bei vielen Fluggesellschaften lange nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs ausgeübt werden, die Frauen mussten unverheiratet sein und ihre Konfektionsgröße sollte 34 nicht überschreiten (vgl. Heilig 2008). Das Outfit bestand nicht selten aus Minikleid oder Hotpants und Lackstiefeln. Das Bild der ‚sexy Stewardess‘ existiert weiterhin in vielen Köpfen, die Realität aber hat sich davon längst weit entfernt. Heutzutage gibt es männliche Flugbegleiter, ältere Flugbegleiter*innen, und die Konfektionsgröße 34/36 ist zwar noch zu finden, gilt aber längst nicht mehr als Norm. Dass eine solche kulturelle Entwicklung auch sehr rasch erfolgen und der soziokulturell konstruierte Zusammenhang von ‚sexy Frau‘ und Automobil bzw. Autoteil auch dekonstruiert werden kann, zeigte kürzlich ein bekannter Reifenhersteller. Die Beziehung zwischen (fast) nackten schönen Frauen und Autoreifen wurde jahrzehntelang im begehrten Pirelli Kalender zelebriert. Bei der Umsetzung des Kalenders 2016 gab es eine überraschende Umwälzung: bekannte Models und Schauspielerinnen wurden erstmals nicht in Pin-Up Posen gezeigt. Stattdessen bildet der Kalender Frauenkörper in ihrer ganzen Vielfalt ab (vgl. Bruckner 2015).7 Die medial konstruierte Koexistenz von sexy Frau und Auto-

7

Der von Anni Leibovitz fotografierte Kalender, bricht erstmals mit der langen Tradition und präsentiert einflussreiche, bekleidete Frauen, die nicht dem gewohnten eroti-

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mobil (bzw. weiblichen Körper- und Automobilteilen) scheint sich also zumindest in einigen Kontexten langsam aufzulösen – oder weicht einem erweiterten Begriff weiblicher ‚Sexyness‘. Zu hoffen bleibt, dass dies nicht, wie bei den nach der Belästigung der Hostessen in „Halle Sex“ (Schlagenhaufer und Schulenburg 2013, Bild Online. Hervorh. i. Orig.) vorgenommenen Änderung der Kleidungspolitik, ein einmaliger Versuch ohne nachhaltige Wirkung bleibt.

ZUKUNFT AUTOMOBILMESSE – NORMIERUNG, HETEROGENITÄT ODER CYBORGS? Hostessen als Ausstellungsobjekte zu inszenieren ist Symptom einer kapitalistischen Kultur, in der sich unter dem Marketingmotto Sex sells starre Geschlechterstereotypen als Profitmaximierungsfunktion unreflektiert reproduzieren lassen. Die Personaleinteilung auf Automobilmessen erfolgt weitgehend innerhalb starrer geschlechterdichotomer Grenzen. Im Gegensatz zu Männern wird Frauen hierbei meist eine Objektfunktion zugewiesen. Die von den Automobilkonzernen vorgenommenen Bedeutungszuweisungen folgen etablierten soziokulturellen Konventionen und können von den meisten Rezipierenden im Messeraum problemlos decodiert werden. Der Hostessenkörper als fordistisches, normativ konstruiertes und kontrollierbares Massenprodukt ist freilich heute kaum noch zeitgemäß (wenn er es denn je war). Immer noch werden den übersteigert weiblich inszenierten Hostessen als Gegenpol und zugleich Bestätigung der dichotomen Wirkkraft männliche Hosts oder Teamleitungen, männliche Verkäufer und männliche Berater und Securities zur Seite gestellt. Subjektpositionen mit sichtbarer Agency sind an den meisten Messeständen immer noch weitgehend männlich besetzt. Dennoch gibt es, wie gesehen, auch positive Entwicklungen. Bei einigen wenigen Automobilherstellern wird inzwischen offensiv gegen das Klischee der Hostess als Objekt vorgegangen und mit tradierten hegemonialen Geschlechterbildern gebrochen. Hostessen werden hierbei vordergründig nicht mehr als Schauobjekte eingesetzt, sondern treten als kompetente Wissensvermittlerinnen und Beraterinnen auf. Die Rolle der passiv inszenierten Modelhostess wird hier größtenteils durch die offensichtlich aktive Position der Produktberatung ersetzt. Die Funktion des weiblichen Objekts wird dadurch abgeschafft, und die vormals geschlechterdichotome Verteilung von Wissen wird aufgebrochen. Besu-

sierten, makellos inszenierten schlanken Idealbild entsprechen: http://pirellicalendar. pirelli.com/en/the-cal-2016/home [10.12.2015].

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cher*innen nehmen diese Entwicklung zum großen Teil sehr positiv wahr. Die neue Repräsentanz von weiblichen Wissensvermittlerinnen könnte, vorausgesetzt, die Wissensweitergabe erfolgt tatsächlich auf einem gewissen Niveau, langfristig alte Geschlechterstereotype dekonstruieren, die heteronormative Matrix der Messeinszenierung durchbrechen und im Kontext Frauen und Technik neue Maßstäbe setzen. Gewiss würde es für die reine Wissensvermittlung keiner attraktiven Frauen bedürfen, dennoch könnte das immer noch überwiegend männlich besetzte Feld Automobilindustrie, Technik und Mobilität für geschlechtliche Vielfalt geöffnet werden, und die heutzutage noch häufig gestellte Frage an weibliche Produktberaterinnen, ob man nicht doch lieber einen männlichen Kollegen hinzuziehen solle, könnte so langfristig der Vergangenheit angehören. Der Trend könnte dazu beitragen, den Fokus weg vom Blickfang und hin zu vermehrter Kommunikation zu lenken. Vielleicht geht die Entwicklung aber auch ganz neue Wege. Die Mehrheit der von mir befragten Marketingexpert*innen meinte, dass die zwischenmenschliche Interaktion immer ein Bestandteil der Messe bleiben werde. Einige glaubten jedoch auch, dass der Einsatz von Hostessen und Messestandmitarbeiter*innen zur Informationsvermittlung in Zukunft wohl größtenteils eingestellt werden könne, da Informationen nicht mehr von Mitarbeiter*innen an Messebesucher*innen weitergegeben werden müssten, sondern die Besucher*innen sich ohne menschliches Gegenüber selbst spielerisch mit Hilfe neuer Medien (z.B. durch virtuelle Stationen am Messestand) bedarfsorientiert informieren und vernetzen könnten. Ob dann noch Hostessen in ihrer fleischlichen Materialität als Schauobjekte eingesetzt werden, ob sie als hybride Chimären, als Cyborgs im Sinne Donna Haraways (1995) als normierte virtuelle Superfrauen neben den Automobilen stehen, lächeln und posieren oder gar als humanoider Roboter, wie die japanische Roboter-Hostess „Chihira Kanae“ (Martens 2016), wird die Zukunft zeigen.8 Spätestens dann, wenn die zwischenmenschliche Interaktion durch eine Mensch-Maschinen Kommunikation abgelöst wird, ist die Anwendung der totalen Teilnahme im Feld nicht mehr möglich. Bis es soweit ist, bleibt die living fieldwork allerdings die Methode der Wahl, um einen möglichst umfassenden Zugang als Akteur*in im Feld zu erhalten und die die einzelnen Phasen der Tä-

8

Der von der Toshiba entwickelte humanoide Roboter wurde 2016 in Deutschland auf der Reisemesse ITB in Berlin vorgeführt. Der Roboter hat das Erscheinungsbild einer attraktiven jungen japanischen Hostess und ist die „beliebteste Hostess“ der Messe (vgl. Martens 2016).

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tigkeit (becoming hostess, doing hostess, being hostess) eigenleiblich zu erfahren.

Epilog

Es ist abends halb acht. Fast 11 Stunden stand sie da, an einem Fleck, immer lächelnd, keine Miene verziehend. An den Nachbarständen beginnen schon die Standpartys, und die männlichen Kollegen betrinken sich. Sie verlässt ihr rundes Podest. Die Füße schmerzen bei jedem Schritt. Deshalb schlüpft sie schnell aus den Pumps, rein in die Turnschuhe und die Ohrstöpsel ihres Smartphones in die Ohren. Sie läuft den Messegang an den polierten Fahrzeugen entlang. Aber für heute hat sie kein Interesse mehr an Autos. Hin und wieder wird ein seichter Kommentar in ihre Richtung gerufen. Ihr wird nachgepfiffen. Aber auch dies hört sie nicht mehr. Unter ihr aufgesetztes Lächeln mischt sich ein Lächeln von Zufriedenheit - jetzt ist Feierabend und bis morgen früh um fünf spielt ihre Musik.

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Fatima El-Tayeb

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Arianna Ferrari, Klaus Petrus (Hg.)

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Kulturwissenschaft Rainer Guldin, Gustavo Bernardo

Vilém Flusser (1920–1991) Ein Leben in der Bodenlosigkeit. Biographie September 2017, 424 S., kart., zahlr. Abb. 34,99 € (DE), 978-3-8376-4064-9 E-Book: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4064-3

Thomas Hecken, Moritz Baßler, Robin Curtis, Heinz Drügh, Mascha Jacobs, Nicolas Pethes, Katja Sabisch (Hg.)

POP Kultur & Kritik (Jg. 6, 2/2017) Oktober 2017, 176 S., kart., zahlr. Abb. 16,80 € (DE), 978-3-8376-3807-3 E-Book: 16,80 € (DE), ISBN 978-3-8394-3807-7

Sonja Hnilica, Elisabeth Timm (Hg.)

Das Einfamilienhaus Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 1/2017 Juli 2017, 176 S., kart. 14,99 € (DE), 978-3-8376-3809-7 E-Book: 14,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3809-1

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