Führer durch das Museum für Völkerkunde [11. Aufl. Reprint 2020]
 9783111578743, 9783111206165

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KÖNIGLICHE MUSEEN ZU BERLIN

FÜHRER D U R C H DAS

MUSEUM FÜR

VÖLKERKUNDE

HERAUSr,F.GEBEN VON DER G E N E R A I . Y E R W A L T U N G

ELFTE AUFLAGE PREIS

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PFENNIG

BERLIN GEORG REIMER 1904.

Das Museum für Völkerkunde, nach den Plänen des Geh. Reg.-Rates E n d e in den Jahren 1880 bis 1886 erbaut, wurde am 18. Dezember 1886 feierlich eröffnet. Die Sammlungen desselben zerfallen in zwei Abteilungen, die e t h n o l o g i s c h e Sammlung und die Sammlung vaterländischer und anderer v o r - u n d f r ü h g e s c h i c h t l i c h e r Altertümer. Die e t h n o l o g i s c h e A b t e i l u n g hat die Bestimmung, den Kultur-Besitz derjenigen Völker, welche in den Rahmen der um die alte Mittelmeerkultur bewegten Weltgeschichte nicht inbegriffen sind, durch Proben ihres Kultus-, Haus-, Kriegs-, Jagd-, Fischerei-, Ackerbau- und Handwerksgerätes, ihrer Kleidung, ihres Schmucks u. s. w., sowie durch alle anderen Arten von Denkmälern aus alter und neuer Zeit in seiner besonderen Entwicklung und seinen Zusammenhängen zu veranschaulichen. In erster Stelle gehören hierzu die Erzeugnisse der sogenannten N a t u r v ö l k e r , dann die selbständig entwickelten Kulturen I n d i e n s und seiner Nebenländer, die o s t a s i a t i s c h e und die a l t a m e r i k a n i s c h e n Kulturen; aus Europa diejenigen Gegenstände des heutigen Lebens, die sich als „Uberlebsel" aus früheren Perioden bis jetzt noch erhalten, oder die in der allmählichen Entwicklung ihrer Formen ein eigenarliges, für das bezügliche Volk charakteristisches Gepräge angenommen haben. Die v o r - u n d f r ü h g e s c h i c h t l i c h e n Sammlungen umfassen die Denkmäler und Überreste der europäischen Stämme von ihrem ersten Auftreten an bis zu ihrer Bekehrung zum Christentum und ihrem Eintritt in die völlig geschichtliche Zeit. Mit ihnen verbunden sind die Schliemann'schen Funde aus der Troas, vom griechischen Festlande und den ägäischen Inseln, sowie Funde Alfred Körtes aus Phrygien und Schliemann'sche Erwerbungen aus Ägypten. Im Erdgeschoß sind die v o r g e s c h i c h t l i c h e n A l t e r t ü m e r und die S c h l i e m a n n - S a m m l u n g sowie in Saal V eine Sammlung aus P e r u und die Sammlungen aus den G e bieten der A i n u , G o l d e n , G i l j a k e n , T u n g u s e n , S a m o j e d e n , O s t i a k e n , J a k u t e n , M o n g o l e n , Turkvölker und P e r s e r aufgestellt, im ersten Stockwerk die Sammlungen aus A f r i k a , O c e a n i e n und A m e r i k a , im zweiten Stockwerk die Sammlungen aus I n d i e n , C h i n a , J a p a n , K o r e a , R y ü k y ü - I n s e l n , im dritten Stockwerk: Fortsetzung der c h i n e s i s c h e n , a f r i k a n i s c h e n , o c e a n i s c h e n und a m e r i k a n i s c h e n Sammlungen.

LICHTHOF. Im Lichthof sind monumentale Stücke o s t - und s ü d a s i a t i s c h e r und a l t a m e r i k a n i s c h e r K u l t u r aufgestellt, ferner umfangreichere Gegenstände aus den S a m m l u n g e n der N a t u r s t ä m m e . Gleich am Eingang: die kolossale, vergoldete, j a p a n i s c h e Holzstatue des Amida Butsu ( = Sanskrit A m i t ä b h a B u d d h a = Der Buddha unermeßlichen Glanzes. Vgl. über diese Gottheit u. a. Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum f. Völkerkunde Bd. I Seite 60 = Pantheon etc. No. 59). Es fehlen: der LotosSitz (japanisch: renza, Sanskrit: padmäsana) und der Heiligenschein (jap.: gokö, Sanskrit: bhämandala). Links davon: eine große, im Jahre 1802 gegossene, c h i n e s i s c h e G l o c k e aus einem buddhistischen Tempel. Auf der linken Seite des Lichthofes im Gange: Drei von den Russen B a b a - J a g a oder J a g a - B a b a ( = Hexen) genannte große S t e i n f i g u r e n aus der Provinz Charkow, Kreis Isjum, Rußland. 1 desgl. aus Sibirien, an dem Ufer des Jessater, Altai, unweit der chinesischen Grenze gefunden. Aufserdem aus Deutschland: Grofse Kähne (Einbäume), in der Weser bei Winkel (Prov. Hannover), an der Werre bei Gohfeld (Prov. Westfalen) und in der Oder bei Pollenzig (Prov. Brandenburg) gefunden. Handmühlen aus den Provinzen Brandenburg, Pommern und Schleswig-Holstein. Auf der rechten Seite des Lichthofes im Gange: Einbäume von Siehdichum (Prov. Brandenburg) und Priment (Prov. Posen). Handmühlen aus der Prov. Brandenburg. Indische Skulpturen und Abgüsse. Vor der Mitte der Rückwand erhebt sich der mehr als 1 0 m hohe G i p s a b g u ß d e s ö s t l i c h e n T o r e s d e s

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Lichthof.

grofsen Stüpa von Säntschi. D o r t (am linken Ufer des Betwaflusses, südwestlich von Bhilsä, in der Nordostecke des Fürstentums Bhüpäl, Centrai-Indien) sind elf große und kleine „ S t ü p a s " (engl. T o p e ) erhalten: kuppeiförmige mit einer Art Terrasse bekrönte D o m e aus Ziegelbau auf einer darunter vortretenden Basis, welche die Reliquienurnen buddhistischer Heiliger enthalten. D e n größten Stüpa umgiebt ein massiver Steinzaun. (Vgl. das verkleinerte Gipsmodell des Stüpa im Schautische vor dem Tore.) A u f j e d e r Seite öffnet sich in der Mitte des Steinzaunes ein T o r w e g , vor dem j e ein reich skulptierter T o r b o g e n aus feingekörntem Sandstein aufgeführt ist. Diese vier T o r e , welche Holzarchitektur nachahmen, stammen aus der Zeit des buddhistischen Großkönigs A s o k a (um die Mitte des 3. Jahrh. vor Chr.). Die T o r e bestehen aus zwei massiven viereckigen Pfeilern mit reichem Schmuck in Flachrelief und Kapitalen in Hochrelief; am östlichen T o r e : Elefantenreiter. U b e r diesen Kapitalen erheben sich zwei Stützbalken, welche durch drei in V o l u t e n auslaufende Querbalken (Architrave) geschnitten w e r d e n ; die Stellen, w o die Querbalken die Pfeiler schneiden, sind mit vortretenden Reliefplatten verkleidet, welche in ihren Darstellungen: Reitergruppen (mythische und wirkliche F r e m d völker) eine dreimalige kleine Wiederholung der großen Elefantenkapitäle des Unterbaues bilden. Drei sehr schmale, aber sehr tiefe Pfeilerchen helfen außerdem die Architrave in der Mitte tragen; ihre Flachreliefs sind nur dekorativ; sie stellen Löwensäulen, Säulen mit dem hl. R a d e , dem S y m b o l der buddhistischen Religion u. s. w. dar. Die Zwischenräume zwischen den mit Voluten gezierten E n d e n der drei großen Querbalken trugen j e eine Statue einer Tänzerin unter einem B a u m e und einen Elefantenreiter. In den Zwischenräumen der sechs kleinen Stützpfeilerchen waren wahrscheinlich kleine Reiterstatuetten. U b e r den Pfeilern waren religiöse Symbole, zusammengesetzt aus dem R a d e und dem Dreizack (einer ist noch erhalten, der andere ist ergänzt), während in der Mitte des obersten Architravs ein grofses R a d (Symbol des Buddhismus) stand; die Zwischenräume waren mit kleinen Statuen besetzt, wie

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sie auf dem nördlichen Tore noch erhalten sind. Ausführlicheres siehe in „Buddhistische Kunst in Indien", Handbücher der Kgl. Museen, I V . Berlin, Georg Reimer. An der Säulenreihe rechts: ein G ö t t e r w a g e n aus Orissa. Vor dem T o r e : moderne siamesische Nachbildung der S t a t u e e i n e s a l t s i a m e s i s c h e n K ö n i g s , Bekämpfers des Buddhismus; Stücke des Originals (Büste und Hände) sind gefunden auf dem Ruinenfeld von Kamp c engp c et, einer alten Hauptstadt Siams. Der König ist als Gott Qiva dargestellt. (Auf Veranlassung des jetzt regierenden Königs von Siam für das Museum angefertigt.) — Außerdem: A b d r ü c k e d e r F ü ß e d e s G a u t a m a B u d d h a vom alten Tempel zu B u d d h a g a j ä in Bihär, Präs. Bengalen. Der Tempel ist der heiligste des Buddhismus; dort stand der Feigenbaum, unter welchem dem Gautama die Erkenntnis zu teil wurde. — Ein kleines V o t i v t e m p e l c h e n davor stammt ebenfalls aus Buddhagajä. — Vor den Säulen rechts und links liegen drei D e c k p l a t t e n d e s a l t e n S t e i n z a u n e s des Tempels von B u d d h a g a j ä . Sie sind mit geflügelten Pferden, wirklichen und mythischen Tieren, auf der Rückseite mit Palmetten verziert. — Außerdem: eine M i t t e l p l a t t e desselben S t e i n z a u n e s , mit einer Rosette (Lotusblume) in der Mitte. AMERIKANISCHE

SAMMLUNG.

Nordamerika.

Z w e i H a u s w a p p e n p f ä h l e aus K A N A D A , die bis zum ersten Stockwerk hinaufragen. In den geschnitzten und bemalten Tierfiguren sind die Geschlechternamen der Ahnen gegeben. Der Pfahl links stammt von den H a i d a , den Bewohnern der Königin Charlotte-Inseln, derjenige rechts von den ihnen gegenüber an der nordwestamerikanischen Küste selbst seßhaften T s e m s c h i a n - I n d i a n e r n ,

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K S * Die übrigen amerikanischen Gegenstände sind durch die Schaunummern i — 7 8 besonders bezeichnet; Nr. 1 — 3, 24, 28, 33—35 befinden sich in der R o t u n d e d e s H a u p t e i n g a n g s . Es handelt sich ausschließlich um S t e i n s k u l p t u r e n , in Originalen oder Abgüssen, aus den Gebieten der Kulturvölker des mittleren und südlichen Amerika. Die Schaunummern verteilen sich, wie folgt: Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

1—32 33—49 50—53 54—60 61 — 70

Mittelamerika. Santa Lucia (Guatemala). Copan und Quirigua (Honduras, Guatemala). Yucatan. Mexico (Abformungen). „ (Originale).

Südamerika. Nr. 73 Ecuador Nr. 7 4 — 7 8 Peru-Bolivien. Mittelamerika. Längs der Treppenwangen finden sich eine Reihe von Gypsabgtlssen hervorragender Tempelskulpturen aufgestellt. Damit die Figuren und Hieroglyphen sich deutlich abheben, ist der Grund ockerfarben gestrichen. Rechts: Reliefplatte: stehende Figur mit Tigerpranken, Sastanquiqui, Guatemala. Außenpfeiler und Altarplatten von den beiden Kreuztempeln und dem Sonnentempel zu Palenque in Chiapas, Mexico. Links: Hölzerne Altarplatte (Original in Basel) aus dem Sonnentempel zu Tikal, Guatemala. Hieroglyphen aus dem Inschriftentempel zu Palenque in Chiapas, Mexico. Im Lichthof rechts befinden sich auf der rechten Seite des hohen Holzgestells Reliefs von Menche am Usumacinta, Chiapas, Mexico, in Gypsabgüssen.

Lichthof.

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S A N T A L U C I A (Guatemala), Nr. 1—32. (1—28 Originale, 29—32 Abformungen.) Die hochinteressanten Steinskulpturen von Sta. Lucia gehören zu den größten Schätzen des Museums. Sie sind in Guatemala, in dem Departement von Escuintla am Südabhang der Cordillere bei der Ortschaft Sta. Lucia Cozumalhuapa, als man im Walde Pflanzungen anlegte, gefunden worden. Erwerbung und Uberführung in das Museum, die fünf Jahre in Anspruch nahmen, sind durch den Direktor des Museums bei seinem Aufenthalt in Guatemala im Jahre 1876 eingeleitet worden.*) Nr. 1. F l a c h e s S t e i n g e f ä ß (Eingangsrotunde). Feuerbecken? Eine knieende Figur, mit einem Strick umgürtet, die das Gefäß auf dem Rücken trägt, in eine anscheinend aus Fedem gearbeitete Decke gehüllt. Der Kopf der Figur hat die Gestalt eines A f f e n s c h ä d e l s . Doch sind die großen Eckzähne, das Kinn und das eine Ohr abgeschlagen. Vor sich hält die Figur ein S k e l e t t , das mit einer Schambinde umgürtet, also männlichen Geschlechts gedacht ist und die Zunge herausstreckt. Der Kopf des Skeletts ist mit Haarschopf, Ohrschmuck und wie das Ohr eines Tieres gestalteten seitlichen Gebilden versehen, die ihn gleichsam gehörnt erscheinen lassen. Die kreisrunde Vertiefung in der Mitte des Leibes war wohl ursprünglich mit einer anderen Substanz, Metall oder einem geschliffenen Stein ausgefüllt. Nr. 2. 3. S t e i n k l ö t z e (Eingangsrotunde), auf der Vorderseite in Gestalt einer mit einem Zackenhalsband geschmückten menschlichen Figur gearbeitet. Der Leib ist dick, die Wangen quellen hervor und die dicken Augenlider sind anscheinend über dem Auge geschlossen. Nr. 4. S t e i n k l o t z , auf der Vorderseite in Gestalt eines mit einer Schambinde umgürteten S k e l e t t s gearbeitet, das die Zunge hervorstreckt. Der Kopf ist mit *) V g l . Zeitschrift f. Ethnologie 1876, S. 3 2 2 ; A . B a s t i a n , Steinskulpturen aus Guatemala, Berlin 1882. S. H a b e l , T h e Sculptures of Santa Lucia Cosumalwhuapa, Washington 1 8 7 2 , mit Zeichnungen der Skulpturen vor ihrer Wegschaffung.

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Haarschopf versehen. Zu den Seiten des Kopfes sind Ohrpflöcke angegeben, aus denen ein Band heraushängt. In der rechten Hand hält die Figur einen Steinhammer. In der Linken, wie es scheint, einen kleinen viereckigen Schild. Nr. 5. S c h ä d e l mit Haarschopf und Ohrschmuck, ähnlich dem vorigen und gleich diesem die Zunge herausstreckend. Der Kiefer ist stark prognath. Nr. 6. W e r k s t ü c k , mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines A f f e n s c h ä d e l s gearbeitet. Die Stirn springt stark hervor. Die großen Eckzähne des Affen sind deutlich. In dem durchbohrten Ohrläppchen hängt an einem Bande ein Ring. Nr. 7. K l e i n e s F e u e r b e c k e n , jedenfalls gleich Nr. 1 in Gestalt einer Figur gedacht, die das Gefäß auf dem Rücken trägt. Von der Figur sind aber nur die Arme und der Kopf angegeben. Der letztere hat die Gestalt eines A f f e n s c h ä d e l s mit denselben Merkmalen, wie Nr. 6. Nr. 8. S c h a l e , außen mit einem Relief von Ranken, Blumen und Früchten geschmückt. Nr. 9. S c h a l e , außen mit Figuren von Fröschen geschmückt. Nr. 10. W e r k s t ü c k mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines f a b e l h a f t e n T i e r k o p f e s , mit ausgelaufenen, aus den Höhlen heraushängenden Augen. Nr. 11. W e r k s t ü c k mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines A f f e n k o p f e s . Nr. 12. K l e i n e r S t e i n p f e i l e r , mit der Figur eines V o g e l s (Geiers?) auf der Spitze. Nr. 13. K l e i n e r S t e i n p f e i l e r , mit einer sitzenden m e n s c h l i c h e n F i g u r auf der Spitze. Nr. 14. K l e i n e s R e l i e f , eine mit untergeschlagenen Beinen sitzende m e n s c h l i c h e F i g u r , die die Arme über der Brust gekreuzt hat. Nr. 15. S t e i n k l o t z , auf der Unterseite mit einem m e n s c h l i c h e n G e s i c h t , dessen Ohrläppchen mit Scheiben geschmückt sind, aus denen ein Band heraushängt. Auf dem Scheitel sieht man eine Krabbe, ähnlich wie auf dem Scheitel der Figur des Priesters in Nr. 17.

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Nr. 16. B r u c h s t ü c k eines großen Steinreliefs, das einen Geier mit ausgebreiteten Schwingen darstellte, der eine Flammenscheibe auf der Brust trug, gleich der Gottheit des Steinpfeilers Nr. 22 und in dem Schnabel einen Menschen (einen Feind) gepackt hielt. Das Hauptstück ist durch einen unglücklichen Zufall, durch schweren Seegang beim Verladen ins Schiff, in das Meer gesunken und verloren. Nr. 17. G r o ß e r S t e i n p f e i l e r mit einer ReliefDarstellung auf der Vorderseite. Die Figur in der Mitte stellt den O p f e r p r i e s t e r dar, der in der Rechten das steinerne O p f e r m e s s e r und in der Linken den abgeschnittenen K o p f des Opfers hält. Die Ranke, die von dem Opfermesser nach oben geht, soll das von ihm triefende B l u t zum Ausdruck bringen, das in mexikanischen Bilderschriften sehr häufig durch eine Blume veranschaulicht wird.. Auf dem Scheitel des Opferpriesters sieht man eine Krabbe und über dem Nacken hängt das Haar in Gestalt eines geflochtenen und mit Ballen von Daunenfedern besteckten Zopfes herab, der anscheinend aus zwei Streifen besteht, die etwas unter der Mitte mit einem Riemen umbunden und kurz vor dem durch eine Federquaste gebildeten Ende mit einer Spange zusammengenommen sind. Der Schlangenleib, der darunter hervorhängt, ist wohl als Rückenschmuck oder Mantel gedacht. Von dem Ohrläppchen hängt ein Reif herab. Die Mitte des Leibes ist bei diesem Opferpriester, wie bei den sämtlichen Figuren der folgenden Reliefpfeiler (Nr. 18 bis 24), mit einem steifen Gürtel umgeben, der anscheinend aus festem Material (Holz oder Leder?) geschnitten ist, schräge viereckige Durchbrechungen zeigt und hinten mit einem Tierkopf, hier dem Kopf einer S c h l a n g e , geschmückt ist. Unter diesem steifen Gürtel sieht man einen kurzen Schurz und die Schleife und die freien Enden der Schambinde, die bei diesem Priester, ähnlich wie bei den Skeletten auf den Reliefs Nr. 22 und 27 b von einer Schlange gebildet wird. Der rechte Fuß des Priesters ist bloß, der linke ist mit einer Sandale bekleidet. Der Priester steht auf dem R u m p f des Geopferten, der noch mit seiner

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Schambinde bekleidet ist. Blofs der Kopf fehlt, die Arme und Beine sind aus ihren Gelenken gelöst. Die nach unten herabhängende Ranke bezeichnet auch hier das triefende Blut. Die Mexikaner der historischen Zeit pflegten Verräter in dieser Weise zu bestrafen, dals sie den Kopf abschnitten und Arme und Beine aus ihren Gelenken lösten, also den Leib, wie sie sagten, in fünf Teile zerschnitten. Auf den vier Ecken des Steines verteilt, sieht man die v i e r G e h i l f e n d e s P r i e s t e r s , von denen zwei, der rechts unten und der oben, Skelette sind. Die beiden oberen Figuren sind außerdem als Vögel gedacht, mit Schwungfedern und Schwanz eines Vogels ausgestattet. Diese vier Figuren sollen wohl den vier Himmelsrichtungen entsprechen (unten links O., unten rechts N., oben rechts W., oben links S.) Jede der vier Figuren trägt einen abgeschnittenen Kopf. Diese vier Köpfe, die sich in der Bildung des Gesichts, in der Haartracht und im Ohrschmuck unterscheiden, bringen vermutlich die in den vier Weltgegenden wohnenden benachbarten (feindlichen) Nationen zur Anschauung. Der Kopf, den das Skelett rechts unten in den Händen trägt, stimmt in der Gesichtsbildung, in dem Kinnbart und der Haartracht, der Schlange, die augenscheinlich als Haarband gedacht, neben den Haarsträhnen herabhängt, mit dem Kopf überein, den der Hauptpriester in der linken Hand hält. Es scheint demnach diese ganze Darstellung den Sieg über eine im N o r d e n wohnende benachbarte Nation zur Anschauung zu bringen. Nr. 18—24. Die folgenden Steinpfeiler Nr. 18—24 gehören mit dem vorhergehenden Stücke zusammen und sind gleichartig in der Darstellung, die das Relief ihrer Vorderseite zeigt. Die ursprüngliche Dicke der Pfeiler ist an dem Bruchstück Nr. 24 zu sehen. Die anderen sind in ihrer gegenwärtigen Dicke abgesägt worden, um die Last für den Transport nicht zu grofs zu machen. Der Bruch, der verschiedene Platten betroffen hat, ist erst beim Ausladen in Liverpool erfolgt. Das Relief der Vorderseite zeigt bei allen Platten oben den Kopf und die Arme einer G o t t h e i t , von Ranken-

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werk und Emblemen umgeben. Darunter sieht man eine m ä n n l i c h e F i g u r in T a n z s t e l l u n g . Der Kopf trägt einen reichen Schmuck, dessen Embleme wechseln. Ein paar Haarstreifen fallen nach vom, die Hauptmasse des Nackenhaars aber ist in einen langen Zopf geflochten, der, mit Federballen besteckt und in eine Federquaste endend, in jeder Beziehung dem gleicht, der oben bei dem Hauptpriester des Pfeilers Nr. 17 beschrieben worden ist. Über den Rücken fällt eine Art Mantel, dessen Embleme ebenfalls wechseln. Aus dem durchbohrten Ohrläppchen hängt als Schmuck ein Reif oder eine siebartig durchlöcherte Scheibe. Der Halsschmuck ist verschieden. Den Leib umgiebt ein aus festem Material gefertigter breiter Gürtel, wie er bei der Hauptfigur von Nr. 17 beschrieben worden ist. Darunter ist ein Schurz und die Schleife und die Enden der Schambinde zu sehen. U m das rechte Knie ist unterhalb des Knies ein Band gebunden. Die Füße stecken in Sandalen. Bei Nr. 22, 23 ist, ebenso wie bei der Hauptfigur von Nr. 17, der rechte Fuß bloß. Und auch bei den Figuren der anderen Platten ist die rechte Sandale einfacher als die linke, indem außer der Hackenkappe nur noch die Binderiemen vorhanden sind, während bei der linken Sandale die Oberseite des Fußes mit einer verzierten Kappe bedeckt ist. Bei allen Figuren ist die linke Hand mit einer Art Maske bedeckt. Bei allen kommt aus dem Munde eine Ranke hervor, die ganz der Ranke gleicht, mit der auf dem Steinpfeiler Nr. 17 das am Opfermesser haftende und vom Leib des Geopferten triefende Blut zum Ausdruck gebracht wird. Hier bezeichnet diese Ranke aber etwas anderes: den Hauch, der aus dem Munde geht, die R e d e , den Gesang, oder vielleicht auch das Leben. In mexikanischen Bilderschriften findet man in der Tat in dieser Weise durch ein kleines Züngelchen vor dem Munde die Rede und den Befehl, durch eine verzierte Ranke die verzierte Rede oder den Gesang zur Anschauung gebracht. Bei den Figuren der Platten 18—21 züngelt von dem steifen Gürtel eine Art Flamme in die Höhe, die bei der Figur von Platte 21 noch mit zwei kleinen Züngelchen besetzt ist. Bei der

Lichthof. Figur des Pfeilers 22 fehlt die Gürtelflamme. Dafür kommt hinter dem Gesicht, von der Gegend des linken Auges, eine solche Flamme hervor, die sich über dem Scheitel nach hinten biegt. Bei der Figur des Pfeilers Nr. 23 scheint die Flamme ganz und gar zu fehlen. Vier der auf den Pfeilern dargestellten Figuren (Nr. 17, 18, 23, 24) sind nach links gewendet. Die übrigen Nr. 19, 20, 2 t, 22) nach rechts. Nr. 18. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die Gottheit, die in der oberen Hälfte der Platte dargestellt ist, scheint weiblichen Geschlechts zu sein. Sie hat lang herabfallendes Haar. Um Stirn und Schläfe ist eine Schlange gebunden. Der Kopf hebt sich von einer geschweiften Platte ab, über deren Natur nichts weiter auszusagen ist, die aber wohl den Kopfschmuck oder die Rückendevise der Göttin darstellen soll. Sie ist ganz von blütentragenden Ranken übersponnen, die an dem Scheitel der Göttin ihren Ursprung zu nehmen scheinen. Der Tänzer in der unteren Hälfte der Platte ist mit Federn an den Armen und einem Vogelschwanz dargestellt, gleich den beiden obersten Figuren des Pfeilers Nr. 17. Der Kopf ist von einer Art Diadem umgeben, dem ein Menschenkopf aufsitzt, dessen Haar von einer Schlange umwunden ist, gleich dem der Göttin auf der oberen Hälfte dieses Pfeilers. Vor dem Munde dieses Menschenkopfes scheint noch ein Vogelschnabel angegeben zu sein. Der feste Gürtel, der den Leib des Tänzers umgiebt, ist ganz abweichend von dem, was die anderen Figuren uns zeigen, mit einem en face-Gesicht, das die Mitte des Gürtels einnimmt, geschmückt. Als Mantel hängt eine Art Fell herab, dessen Schwanzteil breit umgebogen in eine Federquaste endet. Auf seiner Fläche ist eine große Schmuckscheibe angegeben. Die Maske, die die linke Hand umgiebt, hat die Gestalt eines Afifenschädels. Nr. 19. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die Gottheit gleicht der der Nr. 18 und hat, wie diese, das Haar von einer Schlange umwunden. Aber in der durchbohrten Nasenscheidewand steckt ein Stab. Den Hals umgiebt eine Schnur, die in eine große Quetzalfeder-

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quaste endet, und der K o p f trägt als Schmuck die große Braue mit den 3 aufgesetzten Zacken, die, einem Auge aufgesetzt, in den Bilderschriften die Himmelslichter oder S t e r n e bezeichnen. Der Kopf der Göttin bildet hier gleichsam das Auge des Sterns. Der Kopfschmuck selbst ist, wie die der Figur der vorigen Platte mit blütentragenden Ranken übersponnen. Auf den Ranken, die unter dem Arm hervorkommen, sieht man neben blü teil artigen Gebilden auch ein deutliches Sternenauge. Der Tänzer unten trägt als Kopfschmuck ebenfalls ein Sternenauge, in der Form dem grofsen der Göttin /entsprechend. Ein Busch wallender Quetzalfedern ragt daraus hervor. Als Mantel trägt der Tänzer einen Jaguar, dessen Kopf unten hinten am rechten Fuß, dessen Pranke vor und über dem rechten Fuß sichtbar wird. Der Speer, der das Tier erlegt hat, ragt aus der Wunde nach unten heraus. Die Zeichnung auf dem Gürtel ist etwas undeutlich, doch scheint an seinem hinteren Ende ein Jaguarkopf mit der Schnauze nach hinten dargestellt zu sein. Ein Jaguarkopf zweifellos bildet die Maske, die die linke gegen die Brust gekehrte Hand bedeckt. N r . 20. S t e i n p f e i l e r , mit Relief auf der Vorderseite. Dieser Pfeiler scheint das Gegenstück zu Nr. 18 gebildet zu haben. Der K o p f der Göttin ist ähnlich dem der Göttin des Pfeilers Nr. 18. Eine Platte hinter dem K o p f ist auch hier vorhanden, aber am Grunde hat sie zwei seitliche sich einrollende Teile, ähnlich der Braue des Sternenauges des Pfeilers Nr. 19. V o m Scheitel und den Seiten des K o p f e s gehen Ranken ab, die diese Platten überspinnen. Die Arme der Göttin sind mit Federn besetzt, wie die des Tänzers des Pfeilers Nr. 18. E s scheint demnach, daß sie in Vogelverkleidung gedacht sein soll. Den Hals umgiebt ein eigentümliches, aus Schlangen geknüpftes Band, von dem ein Säckchen herabhängt, ganz gleich dem der Göttin des Pfeilers Nr. 23. Die merkwürdigste Besonderheit dieses Säckchens ist ein stufenartig ausgeschnittener Anhang, mit einem Kreuz auf der Fläche. E r soll wohl einen Beutel mit Weihrauchharz (Kopal) darstellen. Das Kreuz findet man in den Bilderschriften auf Gegenständen angebracht,

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die dem Kultus der vier Himmelsrichtungen, der Götter des Regens und des Himmels gewidmet sind. Der Tänzer trägt als Kopfschmuck ein Menschengesicht, das von einem breiten Kranz von Federn umgeben ist, und aus dem ein Busch langer steifer Federn heraushängt. Den Mantel bildet ein Fell ganz ähnlich dem des Tänzers des Pfeilers Nr. 18. Doch ist hier auf der Fläche ein Totenschädel zu sehen, der die Zunge herausstreckt und in der Zeichnung ganz demjenigen auf dem Feuerbecken Nr. i gleicht. Auf dem Gürtel scheint als Schmuck hinten ebenfalls ein Schädel angegeben zu sein. Die Maske, die die linke Hand bedeckt, stellt augenscheinlich ein mit einer Maske bedecktes Menschengesicht vor. Solche Gesichter werden nicht selten unter den Tonköpfchen in Teotihuacan gefunden. Vielleicht sollen sie die Maske eines Ballspielers wiedergeben. Nr. 21. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Der Kopf der Gottheit ähnelt dem der bisher beschriebenen Pfeiler. Es ist eine Göttin, deren Haar mit einem Band von Schlangen umschlungen ist. Bloß Hals und Schultern sind hier von einem breiten Kragen aus Steinperlen bedeckt. Und hinter dem Kopfe ragt ein mächtiger Schmuck auf, der kuppeiförmig mit quer verlaufenden Schnüren verziert ist, deren Enden durch je eine Rosette begrenzt sind. Dieser Kopfschmuck mit den Rosetten an den Ecken erinnert in auffallender Weise an den riesigen Kopfaufsatz der mexikanischen Maisgöttin, nur daß bei dem letzteren die domförmige Wölbung fehlt. Von Ranken sind nur zwei vorhanden, die u n t e r dem Gesicht hervorkommen. Der Tänzer in der unteren Hälfte der Platte trägt als Kopfschmuck ein Menschengesicht, in dessen Haar vorn eine einzelne lange gerade Feder steckt. Der Mantel, dessen Hauptstreifen mattenartig geflochten erscheint, trägt auf seiner Fläche die Gestalt eines herabschwebenden Adlers. Der Gürtel des Tänzers ist hinten, wie es scheint, ebenfalls mit einem Adlerkopf verziert. Und die Maske, die die linke Hand des Tänzers bedeckt, zeigt ganz deutlich die Gestalt eines Vogelkopfes.

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N r . 22. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die in der oberen Hälfte dargestellte Gottheit ist hier anderen Charakters. Es ist augenscheinlich ein männliches Gesicht, die H ä n d e sind mit Krallen bewaffnet, die Arme mit Federn oder Flammen besetzt. Eine von Flammen umkränzte Scheibe trägt die Gestalt als Schmuck auf der Brust. Den Scheitel schmückt ein viereckiges geflochtenes Stück, dem nach hinten (oben) fallend der zähnestarrende Oberkiefer eines reptilartigen Ungeheuers angefügt ist. Die drei Halbkreise, die die geflochtene Scheitelplatte umgeben, sollen vielleicht die Nüstern dieses Tieres sein. In dem ganzen Umkreis des Gottes ist eine schräg nach oben strahlende Flammenzeichnung angegeben. — Während die Gottheiten der anderen Pfeiler wahrscheinlich verschiedene Formen der Erdgöttin zur Anschauung bringen, ist dies hier augenscheinlich ein Sonnen- oder Feuergott. Der Reptilrachen, der an seinem Kopfe nach hinten fällt, ist der xiuh-coa-naualli, der Drachenkopf, die FeuerSchlangenverkleidung, die das auszeichnende Merkmal des m e x i k a n i s c h e n F e u e r g o t t e s bildet. Die beiden Kreise unter dem rechten Arm der Figur, in deren jedem man den Kopf eines Raubtiers erkennen muß, stellen wahrscheinlich ein Datum vor — einen Tag, der mit dem Zeichen i t z c u i n t l i „ H u n d " und mit der Zahl „zwei" bezeichnet wurde. Personen und Gottheiten wurden von den Mexikanern in dieser Weise durch einen Tag bezeichnet. Bei den Menschen war dies in der Regel der Tag der Geburt. Bei Gottheiten ein fingierter Geburtstag, der in seinem Namen eine Beziehung zu der betreffenden Gottheit zu offenbaren schien. Während auf den übrigen Pfeilern in der unteren Hälfte des Steines nur e i n e Figur, der Tänzer, dargestellt ist, ist hier dem Tänzer gegenüber noch ein Skelett gezeichnet. Die Ranke, die aus dem Munde des Tänzers hervorgeht, und die, wie oben angegeben, den Hauch des Mundes, Rede, Gesang, oder vielleicht auch das Leben, zum Ausdruck bringt, geht in den Mund dieses Skelettes über. Dem Tänzer fehlt ein Kopfputz der Art, wie wir ihn bei den Figuren der oben beschriebenen Platten gefunden haben.

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Lichlhof.

Von dem Haar strebt auf dem Wirbel ein Busch in die Höhe, der mit einem Riemen besonders umwickelt ist. Das ist eine Haartracht, die in auffallender Weise mit der der m e x i k a n i s c h e n K r i e g s h ä u p t l i n g e übereinstimmt. Als Mantel oder Rückenschmuck ist nur ein kurzes Stück vorhanden. Auf ihm sieht man einen Menschenkopf, ähnlich dem, den die Tänzer der anderen Pfeiler auf dem Scheitel tragen. Der steife Gürtel ist mit einem Schlangenkopfe verziert, der dem auf dem Gürtel des Opferpriesters des Pfeilers Nr. 1 7 gleicht. U n d wie dort, sehen wir an dem ganzen unteren Rande des Gürtels die Bauchschuppen der Schlange angegeben. Die Maske auf der linken Hand hat die Gestalt eines Steinmessers, zeigt aber auf seiner Fläche ein Gesicht mit geschlossenen Augen, ein Totengesicht. Das Skelett gegenüber dem Tänzer ist in Haltung und Ausstattung sein Widerspiel. Der Leib ist auch mit einem steifen Gürtel umgeben, aber die Schleifen der Schambinde werden von einer Schlange gebildet. Die linke Hand ist ebenfalls mit einer Maske bedeckt, die aber hier die Gestalt eines Schlangenkopfes wiedergeben soll, wie an der heraushängenden Zunge zu sehen ist. Uber dem Skelett steht auf einem besonderen Gestell ein K o p f , der, wie der wellig begrenzte Halsrand vermuten läßt, einen abgeschnittenen Menschenkopf darstellen soll. Die Zähne sind spitz gefeilt, das Kinn mit einer Wirbellinie tatuiert. In dem Nasenflügel steckt ein knopfförmiger Pflock, und ein ähnlicher Knopf in der Stirnhaut oberhalb der Nasenwurzel. Von dem Ohrläppchen hängen ein Paar Ringe herab. In dem Schmuck der Nasenflügel, dem Knopf in der Stimhaut, sowie in Haartracht und der ganzen G e sichtsbildung stimmt dieser Kopf mit dem überein, den auf dem Pfeiler Nr. 1 7 die Figur unten links in der H a n d trägt, und der, wie dort angegeben ist, vermutlich die Nationen des Nordens bezeichnet. Tonfiguren mit solchen K n ö p f e n in den Nasenflügeln sind in der Sammlung Manuel M. Alvarado aus Antigua in Guatemala (amerikanische Abteilung Schrank 184) zu sehen. N r . 2 3 . S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. I m oberen Teil ist wieder eine Göttin dargestellt, mit ihrem

Lichthof.

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von einer Schlange u m w u n d e n e n Haar. D e r K o p f ist u m rahmt von zwei breiten nach o b e n (hinten) ragenden flügelartigen Gebilden. V o n d e m Halse gehen zwei R a n k e n ab, die sich nach unten und oben verzweigen. A n ihren E n d e n hängen kugelförmige Gebilde, nach A r t von Schellen, die ein Gesicht auf ihrer Fläche zeigen. Hals und Schulter der Göttin umgiebt ein Perlkragen, und vor der Brust hängt ein Kopalbeutel ähnlich dem der Gottheit des Pfeilers Nr. 20. D e m T ä n z e r in der unteren H ä l f t e des Pfeilers fehlt der von dem Gürtel nach oben lodernde flammenartige Streifen. D i e aus dem M u n d e k o m m e n d e Ranke, die, wie oben angegeben, R e d e , G e s a n g oder L e b e n bedeutet, ist hier länger als bei den Figuren der anderen Platten und nach unten gebogen. D e m Scheitel des T ä n z e r s fehlt der K o p f s c h m u c k , den die Figuren der Pfeiler 1 8 — 2 2 zeigen. D a s Haar, das in ähnlicher Weise geflochten ist, wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17, fällt bis zur Kniekehle herab. D e r mantelartige Uberwurf aber ist kurz und von der Form, wie ihn die T ä n z e r der Pfeiler 18 und 20 haben. D e r steife Gürtel trägt als Verzierung den K o p f und den zähnestarrenden R a c h e n eines Reptils. D i e linke H a n d ist, wie bei sämtlichen T ä n z e r n , mit einer Maske b e d e c k t , die hier das Ansehen eines Menschengesichts zeigt, eines Kriegers oder Fürsten, d e r i n der durchbohrten Nasenscheidewand einen dicken Stab mit kolbigangeschwollenen E n d e n trägt. V o r d e m T ä n z e r steht ein Kasten, über den ein am E n d e stufenförmig ausgeschnittener Streifen fällt, mit einem K r e u z auf der Fläche, ganz gleich d e m an dem Kopalbeutel, den die Göttin auf der Brust trägt. D i e Natur des G e g e n standes, der auf diesem K a s t e n liegt, würde gegenwärtig schwer zu bestimmen sein, da bei d e m A u s l a d e n in Liverpool von dem Stein an dieser Stelle ein Stück abgeschlagen worden ist. Glücklicherweise giebt es Zeichnungen, die von Dr. Berendt an Ort und Stelle gemacht worden sind (Smithson. Contributions to knowledge 269). A u s ihnen ersieht m a n , daß unter d e m aufgeklappten Deckel des Kastens ein Menschenkopf hervorsieht. D e r M u n d desselben und die Ranke, die aus ihm hervorquillt (seine R e d e , sein Führer durch das Museum für Völkerkunde.

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Liehthof.

Gesang) ist am Rande der beschädigten Stelle noch deutlich zu erkennen. Es ist das wahrscheinlich eine Darstellung analog gewissen Stellen der Bilderschriften, die das Fasten und die Einschließung im Hause zum Zwecke des Fastens unter dem Bilde einer aufgeklappten Schachtel zur Anschauung bringen, aus der ein Mensch hervorkommt. Nr. 24. O b e r e H ä l f t e e i n e s S t e i n p f e i l e r s (Eingangsrotunde), mit Relief auf der Vorderseite. Das Bruchstück zeigt die Dicke, die die gesamten Pfeiler Nr. 17—24 ursprünglich hatten. Eine Gottheit ist dargestellt, weiblichen Geschlechts, wie auf den Pfeilern 18—21 und 23, aber das Haar ist hier nicht von einer Schlange umwunden, sondern mit einem Band aus Edelsteinscheiben geschmückt. Der Kopf sieht aus dem aufgesperrten Rachen eines krokodilartigen Ungeheuers hervor, das wohl das c i p a c t l i darstellt, das Tier und die Verkleidung der Gottheit der lebenspendenden Erde. Die Schultern der Göttin bedeckt ein breiter Perlkragen, die Hände sind über der Brust gekreuzt. Von dem Halse gehen zwei Ranken aus, die mit Blüten und Früchten besetzt sind. Von dem Tänzer ist nur der Rand des Gesichts, die Ranke aus seinem Munde und der Kopfschmuck zu erkennen, der, wie man deutlich sieht, hier eine Krabbe ist, wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17. Die Figur war, wie die der Pfeiler 17, 18, 23 nach links gewandt. Nr. 25. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Ein Würdenträger auf dem Stuhle, die rechte Hand hält einen Stab mit ruderartig verbreiterter Basis. Die linke Hand stützt sich auf den Stuhl. Tracht und Ausstattung sind ähnlich denen der Figuren der zuvor beschriebenen Pfeiler. Das Haar ist auch hier in einen langen Zopf geflochten, dessen mit einer Federquaste versehenes Ende bis auf den Boden reicht. Eigenartig ist der Kopfputz. Die Einzelheiten aber sind schwer zu deuten. An der hinteren oberen Ecke befindet sich eine große Rosette, von der ein Federschmuck weit nach hinten fällt. Ihr entspricht an der unteren hinteren Ecke eine spiralig sich einrollende Scheibe, von der vier Schlangenleiber nach unten hängen. Das auffälligste Trachtstück ist der Brustschmuck, der aus

Lichthof.

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einem rechteckigen S t ü c k besteht, das auf b e i d e n Seiten in einem g r o ß e n S c h l a n g e n k o p f endet. N r . 26. S t e i n p l a t t e mit Relief. A u f einer z u s a m m e n g e b u n d e n e n L e i t e r steigt ein M a n n in die H ö h e , wo aus blütentragendem R a n k e n w e r k ein Skelett herabsieht. D i e neun K r e i s e an d e m linken u n d unteren R a n d e d e s Steines müssen die Z a h l N e u n b e d e u t e n . Die Scheibe am Fufs der L e i t e r ist — vielleicht —• ein T a g e s z e i c h e n . N r . 2 7 a . S t e i n p l a t t e mit Relief. A m B o d e n liegt ein M a n n , d e r a m K i n n einen Bart, im H a a r fünf lange mit A u g e n f l e c k e n g e z e i c h n e t e F e d e r n trägt: I h m g e g e n ü b e r steht ein D ä m o n in Hirschgestalt, aus dessen M u n d e eine larige F l a m m e züngelt, u n d d e r mit d e m e r h o b e n e n linken V o r d e r fuß einen G e g e n s t a n d d e m L i e g e n d e n d a r z u r e i c h e n scheint. A m oberen R a n d e des Steines b e f i n d e t sich die Z a h l F ü n f . N r . 2 7 b . S t e i n p l a t t e mit Relief. A m B o d e n liegt ein M a n n , in d e r H a a r t r a c h t d e m v o n d e m V o g e l d ä m o n getragenen K o p f e in d e r rechten oberen E c k e d e s Pfeilers Nr. 17 gleichend. A b e r d e r K o p f ist mit einer S c h n u r umbunden, und darin steckt ein h o c h aufragendes schmal dreieckiges Blatt. D e m L i e g e n d e n g e g e n ü b e r steht ein Skelett, dessen A r m e , gleich d e n e n d e r G o t t h e i t d e s Steinpfeilers N r . 22 mit F e d e r n o d e r F l a m m e n besetzt sind. A m o b e r e n R a n d e d e s Steines ist d i e Z a h l Z e h n z u sehen, und v o n d e m hintersten d e r E i n e r g e h t eine d o p p e l t e Wellenlinie n a c h u n t e n , d e r e n B e d e u t u n g unklar bleibt. N r . 28. R u n d e r S t e i n mit Relief. (Eingangsrotunde.) Zwei K ö p f e , mit g r o ß e n u n d verzweigten, b l ü t e n t r a g e n d e n R a n k e n vor d e m M u n d e , die wohl hier a u c h Z e i c h e n d e r Rede, des G e s a n g e s o d e r d e s L e b e n s sind. D e r lang h e r a b fallende H a a r z o p f , d e r in gleicher A r t g e f l o c h t e n ist, wie er bei d e n Figuren d e r Steinpfeiler 1 7 — 2 5 z u s e h e n u n d beschrieben ist, ist hier, u m ihn in d e n R a u m zu bringen, nach vorn über d e n Scheitel g e b o g e n , so d a ß die F e d e r quaste dieses H a a r s c h o p f s , die bei d e m K o p f zur L i n k e n v o n vier S c h l a n g e n gebildet ist, ü b e r die Stirn herabfällt. Unter d e m K o p f zur L i n k e n ist ein S c h ä d e l im Profil, der vielleicht ein A f f e n s c h ä d e l sein soll; unter d e m K o p f zur R e c h t e n

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Lichthof.

ein Schädel en face, ein Menschenschädel mit herausgestreckter Zunge zu sehen. Nr. 29. A b g u ß d e s R e l i e f s der schrägen Vorderseite eines großen natürlichen Lavablocks, der nicht weit von dem Ort, wo die Steinpfeiler Nr. 1 7 — 2 4 gefunden worden sind, am Fuß einer Erdpyramide lag. (Der Grund ist okerfarben gestrichen, damit das Relief besser zu erkennen ist.) In einer Art Zauberwald, aus einem die ganze Platte überspinnenden Rankenwerk, von dem nicht nur Blätter, Blüten und Früchte, sondern auch Schmuckscheiben, mit der Zeichnung eines Gesichts versehene runde Körper, Steinmesser, Köpfe und ganze Figuren (Idole) sitzen, und in dem es auch an lebendigen Wesen — Vögeln, die an den Zweigen picken (ganz unten rechts und links) — nicht fehlt, sieht man zur Rechten auf einem Stuhl, der über einem, wie es scheint, aus dem schuppigen Leibe einer Schlange gebildeten Behälter steht, eine Figur mit markanten Gesichtszügen. Das Haar ist von zwei Schlangen umwunden. Von dem Scheitel hebt sich ein Busch kurzer wallender Federn ab. In der durchbohrten Nasenscheidewand steckt ein dicker Stab. In dem Ohrläppchen ein Pflock mit heraushängendem Band. Ein Kragen aus Jaguarfell bedeckt die Schultern. Aus Jaguarfell scheint auch der Schurz zu bestehen, der unterhalb der Schambinde sichtbar wird, und der die Lenden bis zu den Knieen bedeckt. Eine Ranke vor dem Munde bezeichnet Rede, oder das Leben. Zwischen den Beinen kommt unterhalb der Kniee eine Schlange hervor. In den Händen hält die Figur je einen runden Körper, von denen sie den einen (mit der linken Hand) an sich zu nehmen, den anderen (mit der rechten Hand) zu entsenden oder darzureichen scheint. Vor dieser sitzenden Gestalt ist in der Mitte des Reliefs und beinahe die ganze Höhe desselben einnehmend, eine große stehende Figur, in eigentümlicher verdrehter Haltung zu sehen. Die Beine und der Rumpf sind nach vorn (nach links), der Kopf nach hinten (nach rechts) gewandt. Die Züge sind milder, jugendlich. Tracht und Ausputz der Gestalt im wesentlichen dem der Figuren auf den Pfeilern Nr. 1 7 — 2 4 gleichend. Aus den Ohrläppchen hängt eine

Lichthof.

runde Scheibe, das Haar ist in einen langen Zopf geflochten, der ähnlich wie bei den Köpfen auf dem Relief Nr. 28, nach vorn über den Scheitel gebogen ist, so daß die das Ende bildende Federquaste über der Stirn nach vorn ragt. Der Kopf ist außerdem von einer mit Schmuckscheiben besetzten Binde umgeben, deren Schnur weit herabhängt. Ein dreieckiges Fellstück, ähnlich dem der Figur auf dem Relief Nr. 27 b ist hinten an dieser Binde befestigt. Ein den Leib umgebender steifer Gürtel ist nicht vorhanden. Die Enden der Schambinde sind reich verziert, das linke Knie trägt als Bandschnur eine Schlange, die Füße stecken in Sandalen, die denen der Figuren der Pfeiler gleichen. Eine gewaltige Ranke kommt aus seinem Munde, oder hinter seinem Gesichte hervor. Die rechte Hand hält einen Gegenstand, den man als das Ende eines Speeres deuten möchte. Die Natur des Gegenstandes, den die Linke darzureichen scheint, kann nicht näher bestimmt werden. Uber dem rechten Fuß, zwischen ihm und dem Ende der Schambinde, ist eine kleine sitzende Figur zu sehen, über deren Beziehung zu der Hauptfigur aber auch nichts angegeben werden kann. Vor dieser Hauptfigur endlich ist, in lebhafter Bewegung und auf sie zuschreitend, ein Dämon zu sehen, mit rundem Totenauge, der die Zunge weit herausstreckt. Mit dem erhobenen rechten Arm hält er eine Art Puppe, einen Weiberkopf, über einem Weiberhemd, aus dessen Armlöchern die Hände hervorragen. Mit der Linken reicht der Dämon einen Knochen dar. Die ganze Gruppe ist augenscheinlich die Darstellung eines bestimmten sagenhaften Vorgangs. Über die Erbauer dieser Monumente fehlen aber jegliche Nachrichten. Und aus den Sagen verwandter oder benachbarter Völker ist nichts bekannt, das eine Deutung dieses Reliefs ermöglichte. N r . 3 0 — 3 2 . A b g ü s s e d e s R e l i e f s der Vorderseiten dreier Steinpfeiler, die auf dem Gebiet der Hacienda P a l o v e r d e , einige Leguas oberhalb Santa Lucia Cozumalhuapa zusammen mit einigen anderen grofsen Skulpturstücken, einem von einer Krabbe getragenen Altar, Ungeheuerköpfen u. dergl. m., im Walde liegen. — Das Relief zeigt stehende

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Lichthof.

männliche Gestalten, die in T r a c h t und Ausputz den Figuren der Pfeiler Nr. 1 7 — 2 3 und der Hauptfigur des Reliefs Nr. 29 gleichen, wie diese aus dem Ohrläppchen eine Scheibe hängen haben, das H a a r zu einem mit Federbällen besteckten Z o p f geflochten haben, der hinten weit herabfällt, und, wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17, mit einem über den R ü c k e n fallenden Schlangenleibe verbunden ist. Es fehlt aber der steife Gürtel. D i e Figuren halten mit beiden H ä n d e n j e d e einen Gegenstand oder eine Figur in die H ö h e , die die Vermutung e r w e c k t , daß sie ein T a g e s z e i c h e n darstellen soll, denn neben ihr sind eine A n z a h l Kreise a n g e g e b e n , die zweifellos eine bestimmte Zahl zur Anschauung bringen sollen. D e r Gegenstand, den der Priester des Reliefs Nr. 30 in die H ö h e hält, ist schwer zu deuten. D i e Kreise daneben geben die Zahl Sechs. E s sind nicht einfache leere Kreise wie auf den anderen beiden Platten, und wie auf den Reliefs Nr. 27 a, 27 b, sondern j e d e r Kreis enthält hier das Bild eines Strahlenauges, wie wir es auf dem Steinpfeiler Nr. 19 kennen gelernt hatten. D i e Figur, die der Priester des Reliefs Nr. 31 in die H ö h e hält, ist eine von oben herabstürzende hundsköpfige Gestalt. D i e Kreise daneben geben die Zahl Acht. Die ganze Gruppe könnte also den T a g „acht H u n d " bezeichnen. D e r Priester des Reliefs Nr. 32 endlich hält ein Skelett in die H ö h e , die Kreise daneben geben die Zahl Neun. D i e ganze G r u p p e könnte danach den T a g „neun T o d " bezeichnen. C O P A N (Guatemala) und Q U I R I G U A (Honduras) (Nr. 33 bis 49), sämtlich A b g ü s s e der an Ort und Stelle verbliebenen Originale. A n diesen beiden nicht allzuweit von einander entfernten Lokalitäten finden sich ausgedehnte Ruinen verwandter Art, die in H ü g e l n verschiedener G r ö ß e und Gestalt, P y r a m i d e n mit G e b ä u d e n auf ihrer oberen Fläche und umfangreichen H ö f e n bestehen. Die hervorragendsten M o n u m e n t e aber sind einzelne aufragende S t e l e n , die auf einer oder zwei entgegengesetzten Seiten in tiefem

Lichthof.

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Relief das Bild einer Gottheit zeigen, an den anderen mit Hieroglyphen bedeckt sind. Diese Monumente sind, wie sich aus den Hieroglyphen ergiebt, an dem Anfang eines der großen Zeiträume, die die Maya K a t u n nannten, und die 20 X 360 Tage umfaßten, oder am Anfang eines der vier Viertel eines Katun, errichtet worden. Der Anfangstag dieses Abschnittes und sein Abstand von einem Normaldatum sind an der Spitze der Hieroglyphenreihen angegeben. Vor diesen Monumenten finden sich in sehr vielen Fällen niedrigere, aus Stein gehauene Stücke, die man sich gewöhnt hat als A l t ä r e zu bezeichnen, obwohl sie vermutlich mit einem solchen nichts zu tfrun haben. Sie zeigen häufig die Gestalt eines Ungeheuerkopfes. (Vgl. Maudsley, Biologia Centrali-Americana, Archaeology.) Der größte Teil der hier ausgestellten Abgüsse sind Geschenke Sr. Exz. des Herzogs von Loubat in Paris. Altäre von Copan. 33—35 der Eingangsrotunde), 36—39 (im Lichthof). Nr. 33. Altar vor Stela 4. In der Mitte des großen Platzes. Nr. 34. Altar Q. von der Mitte der Ostseite des Westhofes. An den vier Seiten sitzende Figuren, zwischen ihnen vorn das Datum 6 c a b a n 10 mol. Auf der Oberseite Hieroglyphen, die mit dem Datum 5 c a b a n 15 y a x k i n beginnen. Nr. 35. Altar T. Von dem Dorfplatz in Copan. Auf der Oberseite ein Krokodil, dessen Schnauzenspitze über die Vorderseite, dessen gespaltener Schwanz in der Mitte der Hinterseite herabreicht. Zu beiden Seiten des letzteren, in Gestalt von sitzenden Figuren, die Daten 3 c a b a n 10 mol und 4 c a b a n 10 zip. Auf der Vorderfläche und den beiden Seiten sitzende Figuren, Menschen und Tiergestalten. Nr. 36. Altar U. Vom Dorfplatz in Copan. Vorn das Gesicht eines Ungeheuers. An den Ecken sitzende Figuren. Auf der Ober- und Hinterseite Hieroglyphen, die mit dem Datum 2 c a b a n 20 p o p beginnen.

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Lichthof.

Nr. 37. Altar vor der Stela M. Ungeheuer. Hinter dem Kopf und auf den Gliedmaßen die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). Nr. 38. Altar von der Nordseite der Stela N. Stellt ein Ungeheuer dar, vorn und hinten mit einem Gesicht. Auf der Oberseite eine Wirbelzeichnung. Auf den Schultern die Elemente des Zeichens c a u a c . Nr. 39. Altar vor der Stela D. An zwei gegenüberliegenden Ecken das Gesicht und das Bein eines Ungeheuers. Auf dem Hinteren gleichfalls die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). Nr. 40. Doppelköpfige Federschlange G. 1 an der Ostseite des großen Platzes. C o p a n . Der eine Kopf ist als lebende Schlange, der andere als Schädel gezeichnet. Aus dem aufgesperrten Rachen beider kommt eine Menschenfigur hervor. In der Mitte Hieroglyphen, die mit dem Datum 1 0 ah au beginnen. Nr. 4 1 . Skulptur am Treppenaufgang zum Tempel 1 1 . C o p a n . An der einen Breitseite ein doppelköpfiges Reptil, der eine Kopf lebendig, der andere als Schädel gezeichnet. Über dem Bauche die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). An der einen Schmalseite ein Frosch. Nr. 42. Stela 1 1 . Im Jahre 1892 von der Expedition des Peabody Museums an der Ostseite der großen Pyramide 16 von C o p a n ausgegraben. Die Hieroglyphen der Hinterseite beginnen mit dem Tage 8 ah au. Nr. 43. G r o ß e S t e l a K von Q u i r i g u a , unter dem Namen etiano „ Z w e r g " bekannt, weil sie kleiner als die anderen Stelen dieser Ruinenstelle ist. Es ist gleichzeitig das jüngste der dortigen Monumente. Auf der Vorderund Hinterseite sind weibliche Gestalten, Gottheiten, in reicher Tracht dargestellt. Die Seiten sind mit Hieroglyphenreihen bedeckt. Die auf der rechten Seite des Monuments geben die Periode ( K a t u n ) 3 a h a u 3 y a x und ihren Abstand von dem Normaldatum. Nr. 44. S k u l p t u r M von Q u i r i g u a . Ein Schlangenkopf. Über dem Auge das Zeichen i m i x (erstes Zeichen des Kalenders, Symbol der lebenspendenden Erde).

Lichthof.

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Nr. 45. S i t z e n d e F i g u r von der Hieroglyphentreppe auf der Westseite des Hügels 26. C o p a n . Nr. 46. Z w e i F i g u r e n von der Terrasse an der Ostseite des großen Platzes. C o p a n . Nr. 47. K a t u n - Z e i c h e n (vgl. 43), Stela C. C o p a n . Nr. 48. H i e r o g l y p h e n 5—7, Stela D , Ostseite. Q u i r i g u a . Die erste bedeutet 0 x 2 0 , die zweite o x 1, die dritte bezeichnet den Tag 7 ah au. Nr. 49. H i e r o g l y p h e n . Copan. Y U C A T A N , Nr. 50—53. Nr. 50—52 sind Originalstücke, deren Fundorte des genaueren nicht bekannt sind. Nr. 50. C y l i n d r i s c h e S ä u l e , ringsum skulptiert. (Kopf einer Göttin.) Nr. 5 1 . Vier Bruchstücke von cylindrischen Säulen, skulptiert. Nr. 52. R e p t i l k o p f . Nr. 52 A. W e r k s t ü c k mit skulptiertem Kopf. Nr. 53. L i e g e n d e S t a t u e , Chac-mol, die Abformung eines Steinbildes, das im Jahre 1877 von Auguste Le Plongeon in der Ruinenstadt C h i c h e n - i t z a in Yukatan im Zentrum einer 4 Meter hohen Pyramide gefunden wurde. Zu den Füßen der Figur befand sich ein großes, 1 m im Durchmesser haltendes kreisrundes Steingefäß mit schwerem Deckel, und am Boden desselben eine Krystallkugel (zaztun), wie sie von den Wahrsagern der Yukateken gebraucht wurden. Die Statue ist von Le Plongeon C h a c - m o l getauft worden. Ahnliche Steinbilder sind auch auf dem Hochlande, in Tlascala und in der Nähe von Mexiko, gefunden worden. Ein weiteres in einem Tempel von Cempoallan, der alten Hauptstadt der Totonaken, nördlich von dem heutigen Vera Cruz. Nr. 53 A. Reliefs der Ballspielhalle zu Chichen-itza. Nr. 5 3 B . Pfeiler aus der Ballspielhalle und dem „Schloß" zu Chichen-itza. M E X I C O , Nr. 54—70. Nr. 54—60 sind Abgüsse, meist aus dem Nationalmuseum in Mexico, Nr. 6 1 — 7 0 Originale.

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Lichthof.

Nr. 54. S t a t u e d e r E r d g ö t t i n , Couatl-icuc „die mit dem Schlangengewand" oder Ciua-couatl die „Schlangenfrau", „weibliche Schlange". A m 13. August 1790 unter dem Pflaster des Hauptplatzes der Stadt Mexiko aufgefunden. (Gewöhnlich, aber irrigerweise, als Teo-yao-miqui „Göttin des Schlachtentodes" bezeichnet.) Das kreisrunde Relief an der Vorderseite des Postaments ist der Abguß der Skulptur an der Unterseite der Kolossalfigur. Nr. 55. H i m m e l s g o t t (Feuergott) und Nr. 56. E r d g ö t t i n , beide aus Tehuacan im Staat Puebla. Sie tragen auf dem Hinterkopf eine Zahl und ein Zeichen, die zusammen ein Datum ergeben, einen Tag, der mit dem Wesen dieser Gottheiten in Verbindung stehend gedacht wurde. Die Erdgöttin giebt dieselbe Auffassung wieder, die in der Kolossalfigur aus Mexiko, Nr. 54, zum Ausdruck gebracht ist. Bei Nr. 54 sind aber der Kopf und die Hände abgeschlagen gedacht, und an deren Stelle ringeln sich an den Armstümpfen eine, an der Halsfläche zwei Schlangen empor. Nr. 57. S o n n e n s t e i n d e s K ö n i g s T i < ; o c , der am 17. Dezember 1791 in der Nordwestecke des Hauptplatzes der Stadt Mexiko vergraben aufgefunden wurde. A u f der Oberseite sieht man das Bild der Sonne. Die Reliefs des Cylindermantels zerfallen in 15 Gruppen von Kriegern, die je einen Gefangenen am Schopf halten. Die Krieger sind in der Tracht des Gottes Tezcatlipoca dargestellt (mit rauchendem Fuß) und führen Schild, Wurfbrett, Speerbündel und Handfähnchen. Ihr Führer (an der der Eingangstür zugewandten Vorderseite) trägt einen reicheren Federschmuck und ist durch die Hieroglyphe hinter seinem Kopf als T i ( j o c oder T i < ; o c i c , der siebente mexikanische König, 1483—1486, gekennzeichnet. Die Gefangenen halten hinter sich (mit der Linken) ein Speerbündel und reichen mit der Rechten dem Sieger das Wurfbrett dar, mit dem die Speere geschleudert wurden. Hinter dem K o p f jedes der Gefangenen steht eine Hieroglyphe, den Namen der Stadt darstellend, deren Unterwerfung durch die betreffende Gruppe bezeichnet wird. So sind Namen der unterworfenen Städte und Landschaften, von der Gefangenenfigur des

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Königs anfangend und nach rechts fortschreitend: Nr. 1 Matlatzinco (Gegend von Toluca), Nr. 2 Ahuilizapan (Orizaba), Nr. 5 Colhuacan, Nr. 7 Xochimilco, Nr. 8 Chalco, Nr. 14 Cuetlachtlan (Cotastla im Staate Vera Cruz). Die 5. und 7. in der Reihe (Colhuacan und Xochimilco) sind in weiblicher Tracht dargestellt, denn die Stammgottheit dieser beiden Städte war die Erdgöttin. Sie halten statt des Speerbündels hinter sich ein Webemesser (zum FestschlagenderGewebefäden), das Merkmal weiblicher Tätigkeit. Auch die anderen Figuren sind augenscheinlich in der Tracht und mit den Abzeichen der betreffenden Landschaften o d e j ihrer Gottheit dargestellt. Die Figurengruppen sind unten und oben von einem schmalen Saum eingefaßt, der aus Elementen des Sonnenbildes — Augen (Merkmalen der Leuchtkraft) und Steinmessern (den verwundenden Strahlen) — zusammengesetzt ist. Zu der gleichen Klasse von Monumenten gehört auch der viereckige Stein. Nr. 58. O p f e r s t e i n , Quauhxicalli. Das Original ist im Jahre I8Q6 bei dem Abbruch eines Hauses an der Ecke des Hauptplatzes von Mexiko unter den Fundamenten gefunden worden. Auf den Seitenflächen sind aber keine Gruppen von Kriegern und Gefangenen, sondern nur Kriegerfiguren in Wehr und Waffen dargestellt. Nr. 5g. G o t t d e s S p i e l e s u n d T a n z e s , Macuilxochitl oder Xochipilli. Die Figur scheint eine Maske vor dem Gesicht zu tragen. Nr. 60. Reliefstein, mit Obsidianmessern besetzte S c h m e t t e r l i n g e Itzpapalotl und Todessymbole darstellend. Originale: Nr. 61. Tlaloc, der Regengott. Nr. 62. Quetzalcouatl, der Windgott. Nr. 63. Priester des Regengottes Tlaloc. Nr. 64. Federschlange. Nr. 65. Schlange. Nr. 66. Steinklotz mit flacher Aushöhlung. Die Skulptur bedeutet das Datum „7 Wind" chicome elcatl. Nr. 67. Papageienkopf. Nr. 68. Steinpfeiler mit der Hieroglyphe des Kriegs „Wasser-Feuer" (atl tlachimlli). Nr. 69. Säulentrommel. Nr. 70. Runder Stein mit dem Bild eines Adlers.

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Lichthof.

N r . 73. S t e i n s e s s e l aus E C U A D O R . Cerro de Hoja bei Monte Christi unweit Manta an der Küste. Unter der Sitzplatte eine liegende Menschen- oder Katzenfigur. N r . 74, 75. S t e i n f i g u r e n aus P E R U , H u a r a z . N r . 76. F l a c h r e l i e f - P l a t t e , Abguß. C h a v i n . N r . 77. T h o r v o n T i a l i u a n a c o , B O L I V I E N , nahe dem Titicaca-See: Abguß und zwei */i 0 Modelle, das eine (mit dem in der Öffnung stehenden Mann, der die Größenverhältnisse veranschaulichen soll,) für den gegenwärtigen Erhaltungszustand, das andere für die ursprüngliche Anlage. Das Original ist ein M o n o l i t h von sehr hartem Trachyt, der mit höchster Meisterschaft bearbeitet ist. Die Darstellung ist trotz vieler Deutungsversuche noch völlig dunkel geblieben. Die Vogelköpfe der Stäbe und eines Teils der beflügelten Figur sind Kondorköpfe. N r . 78. S t e i n k o p f von Tiahuanaco. Gypsabguß.

ERDGESCHOSS. Eingang links: Vorgeschichtliche Eingang rechts: Heinrich

Altertümer.

Schliemann-Sammlung.

I m Saal V ethnologische S a m m l u n g e n : Peru, Sibirien.

Die Sammlung vaterländischer und anderer vorgeschichtlicher Altertümer. Ausgrabungen und Erwerbungen von Altertümern des Vaterlandes für die Kunstkammer des königlichen Hauses beginnen schon zur Zeit des großen Kurfürsten, welcher bereits 1642 mehrere v o n seinem G e h e i m e n R a t Erasmus Seidel aus d e m Cleveschen mitgebrachte Altertümer erwarb; 1680 gelangten die von d e m ehemaligen Prediger zu Wesel, H e r m a n n Ewich, im Cleveschen gesammelten „Antikaglien" in das kurfürstliche mit der K u n s t k a m m e r vereinigte Antikenkabinet. A b e r freilich hatte man in jener Zeit nur die A b sicht, G e g e n s t ä n d e des klassischen Altertums auf vaterländischem B o d e n zu gewinnen; das eigentlich Heimatliche, als barbarisch verachtet, hatte sich gar keiner A u f m e r k samkeit zu erfreuen, und brachte ja einmal der Zufall Ausgezeichneteres zu T a g e , so war man weit entfernt, es für germanisch oder slavisch zu halten, sondern trug kein Bedenken, es für römisch zu erklären. D a r u m bedürften noch heute die Sammlungen römischer Denkmäler der genauesten Sichtung und Ausscheidung dessen, was vom Standpunkt des klassischen Altertums aus den barbarischen Völkern angehört. Einzig in der Voraussetzung, daß es sich um die Erwerbung einer römischen Antike handle, geschah im Jahre 1707 der Ankauf einer jener schönen bei Wulffen, unfern K o t h e n ausgegrabenen U r n e n (I. 2), die K ö n i g Friedrich I. für den ansehnlichen Preis von 100 T h a l e r n erwarb.

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V a t e r l i n d i s c h e und andere vorgeschichtliche

Altertümer.

Erst unter Friedrich Wilhelm I., der selbst so entschieden dem Vaterländischen sich zuwandte, fanden auch die eigentlich vaterländischen Altertümer mehr Beachtung/ und Anerkennung, wie amtliche Berichterstattungen über gelegentlich im heimatlichen Boden gefundene Altertümer an das Königl. General-Direktorium, die dieses der Königl. Societät der Wissenschaften übermittelte, bezeugen. Was jedoch an Erwerbungen in dieser Hinsicht aus der Zeit Friedrich Wilhelm I., Friedrich II. und Friedrich Wilhelm II. erfolgt sein mag, darüber ist uns nichts bekannt, als daß des großen Königs Absicht, die von Oelrichs in der „Marchia gentilis" beschriebene ausgezeichnete Sammlung Märkischer Altertümer des Hofrat Eltester anzukaufen, scheiterte; dieselbe ward erst 1839 für das Museum erworben. So war es erst der Regierung Friedrich Wilhelm I I I . vorbehalten, die ursprünglich zur Kunstkammer gehörige, seit 1 8 3 0 in einer Galerie des Königl. Schlosses Monbijou aufgestellte Sammlung zu begründen und in kurzer Zeit zu größerer Bedeutung zu erheben, teils durch Erwerbung ansehnlicher Sammlungen, teils durch Geschenke patriotisch und wissenschaftlich gesinnter Privatpersonen, die das, was durch Zufall und vereinzelt in ihren Besitz gelangte, gerne darbrachten, um die Erhaltung dieser dem Untergange so leicht ausgesetzten Gegenstände dem Vaterlande und der Wissenschaft durch Aufnahme in das Königl. Institut zu sichern. Die Sammlung ward später in das neue Museum, 1886 in das Museum für Völkerkunde übergeführt, wo sie zum ersten Male eine zweckentsprechende Aufstellung finden konnte. Durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte ist dargetan worden, daß auch die Bevölkerung Europas ursprünglich auf einer ähnlichen Stufe der Kultur gestanden hat, wie noch heute existierende Naturvölker, daß es auch hier eine Zeit gegeben hat, in welcher der Gebrauch der Metalle den Bewohnern unbekannt war. Wie lange Zeit dieser Zustand gedauert hat, wird wohl kaum jemals zu ermitteln sein; soviel steht jedoch fest, daß in den verschiedenen Teilen des Kontinentes die Kenntnis des Metallgebrauchs sich zu verschiedenen Zeiten verbreitet hat.

Vaterländische und a n d e r e vorgeschichtliche Altertümer,

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Dieses Anfangsstadium der Kultur nennt man nach dem Material, welches in Ermangelung der Metalle hauptsächlich zur Herstellung von Waffen und schneidenden Werkzeugen verwandt wurde, die S t e i n z e i t : man unterscheidet eine Zeit, in welcher man sich nur der mit roh zugeschlagenen Schärfen versehenen Steingeräte bediente, wie solche namentlich in Höhlen und Diluvialschichten gefunden werden, die Periode des g e s c h l a g e n e n S t e i n e s , und als spätere die Periode des g e s c h l i f f e n e n ( p o l i e r t e n ) S t e i n e s , welche durch Steinwerkzeuge charakterisiert wird, die eine geschliffene Schneide besitzen und deren Oberfläche ebenfalls teilweise oder ganz geschliffen (poliert) ist. Auf bisher noch nicht mit Sicherheit erkannten Wegen, wahrscheinlich aus den um das Mittelmeer gelegenen Ländergebieten, wurden zuerst Metallgegenstände und mit ihnen die Kenntnis des Metallgebrauches in Südeuropa eingeführt. Während die Bewohner Mittel- und Nordeuropas noch in ihrer primitiven Kultur verharrten, entwickelte sich in den südlichen Ländern eine reiche und blühende Metall-Industrie. Die Produkte derselben fanden wahrscheinlich durch Händler allmähliche Verbreitung fast über ganz Europa, sogar bis in weit nördlich gelegene Gegenden hinauf. Man nennt diese Periode zum Unterschiede von der vorhergegangenen Steinzeit, die M e t a l l z e i t , welche früher allgemein, jetzt noch von vielen Forschern in eine besondere ä l t e r e und j ü n g e r e B r o n z e z e i t und in eine ä l t e r e , m i t t l e r e und j ü n g e r e E i s e n z e i t geschieden wird, auf Grund der Annahme, daß der Gebrauch der Bronze dem des Eisens vorangegangen sei. Die ä l t e s t e n , uns erhaltenen G e g e n s t ä n d e in M e t a l l sind vorwiegend durch Guß hergestellte Bronzegeräte und Waffen eines bereits sehr entwickelten eigentümlichen Stiles, meistens durch lineare und stilisierte figürliche Ornamente charakterisiert. Sie repräsentieren die B r o n z e z e i t . In letzter Zeit sind jedoch in fast allen Ländern Europas, besonders in Österreich, Ungarn, der Schweiz und Spanien so viele Stücke aus fast reinem Kupfer gefunden worden, daß verschiedene Forscher für gewisse Länder eine besondere K u p f e r z e i t annehmen, die nach Einigen der

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Bronzezeit vorangegangen, nach Anderen nur eine Zwischenperiode der Bronzezeit gewesen sein soll. Ü b e r die A n f ä n g e der Einführung von Metallgegenständen nach dem N o r d e n gehen die A n n a h m e n sehr weit auseinander; Einige setzten hierfür die Zeit um 2000 vor Chr., A n d e r e um 1 0 0 0 vor Chr. an. Hieran reihen sich die Funde, in denen neben getriebenen und gegossenen Bronzegeräten auch Eisengeräte und W a f f e n vorkommen. N a c h dem bedeutendsten Fundorte, Hallstatt im Salzkammergut, bezeichnet man diese Klasse gewöhnlich als „ H a l l s t ä t t e r T y p u s " . Die Zeit der höchsten Entwicklung desselben dürfte vielleicht um 5 0 0 vor Chr. anzunehmen und die Dauer der sogenannten „ H a l l s t ä t t e r P e r i o d e " etwa für die Zeit von 800 bis 400 vor Chr. zu bemessen sein. Jüngeren Datums, bis etwa in das vierte Jahrhundert vor Chr. hinauf reichend, sind die namentlich in Frankreich und im Westen und Südwesten Deutschlands häufiger gefundenen Gegenstände e t r u r i s c h e r H e r k u n f t . E s sind dies bronzene Schnabelgefäße, bemalte Tongefäße, goldene Schmucksachen, Wagenreste, eiserne Schwerter mit E r z scheiden u. s. w. Z u m Teil nahe verwandt in F o r m und Verzierungsweise sind die Gegenstände, welche den nach dem hervorragendsten Fundorte, dem Pfahlbau von L a T e n e bei Marin am Neuchateller See, sogenannten „ L a T e n e - T y p u s " (auch „ g a l l i s c h e r " oder „ l a t e c e l t i c " genannt) repräsentieren und bis etwa 1 0 0 nach Chr. zu datieren sein dürften. Wegen der Ähnlichkeit des Stiles der diesen beiden letzten Zeitabschnitten angehörigen Gegenstände faßt man dieselben als ä l t e r e und j ü n g e r e L a T e n e - Z e i t zusammen und rechnet die erstere etwa von 400 bis 1 0 0 v. Chr. und die zweite von 1 0 0 vor Chr. bis 1 0 0 nach Chr. — In manchen Gegenden, wo diese Periode besonders reich entwickelt ist, läßt sich auch noch eine m i t t l e r e L a T e n e - Z e i t unterscheiden, welche etwa in die Zeit um 200 vor Chr. zu setzen sein würde. D u r c h die römische Okkupation wurde dann der noch immer etwas altertümlich-barbarische Geschmack der L a

Vaterländische und andere vorgeschichtliche

Altertümer

Tene-Zeit verdrängt und Gegenstände von der bekannten Formenschönheit griechisch-römischer Kunst fanden in Menge ihre Verbreitung, selbst nach dem hohen Norden (Skandinavien) und Nordosten (Hinterpommern, West- und Ostpreußen). Diese der r ö m i s c h e n K a i s e r z e i t a n g e h ö r i g e P e r i o d e läßt sich etwa vom Jahre 100 bis 3 5 0 nach Chr. datieren. Mit dem Sinken der römischen Macht erhoben sich allmählich die barbarischen Völkerstämme des nördlichen und östlichen Europas und erstarkten mit der Zeit in dem Maße, daß sie sich zeitweise fast das ganze Gebiet des ehemaligen römischen Reiches untertänig machten. Diese sogenannte „ Z e i t d e r V ö l k e r w a n d e r u n g e n " macht sich auch auf dem Gebiete der Altertumskunde deutlich bemerkbar. Ihr gehören mannigfache Mischformen barbarischer und klassischer Kunst und Mischfunde an, welche barbarische und rein klassische Gegenstände nebeneinander enthalten. Wir können diese Zeit etwa vom Jahre 350 bis 500 nach Chr. rechnen. In der sich anschließenden M e r o w i n g e r - Z e i t , welche bis zum Jahre 750 n. Chr. anzusetzen ist, sehen wir dann das völlige Überwiegen des barbarischen Geschmacks, der in einzelnen Motiven an die L a Tene-Zeit erinnert, in technischer Hinsicht jedoch neue, im Orient mehr geübte Verzierungsweisen durch Tauschieren und Besetzen mit farbigen Steinen, mit großer Vorliebe zur Anwendung bringt. Reich an Altertümern dieser Zeit sind die ehemaligen Gebiete der Franken, Alemannen und Angelsachsen, die Rheinlande, Süddeutschland, Frankreich und England. In den letzten Jahrzehnten sind aber auch zahlreiche Funde dieser Art in Ungarn und Ostpreußen und selbst in der Krim zu Tage gefördert worden. Mit der K a r o l i n g e r z e i t beginnt in West-Deutschland die volle historische Zeit; im Norden werden jetzt auch die heidnischen Sachsen dem Christentum und der abendländischen Kultur zugänglich. Im Osten und Nordosten dagegen verharrten die slavischen Stämme der SorbenWenden, welche die durch die Kriegszüge der Völkerwanderungszeit stark entvölkerten Gebiete sich unterworfen Führer durch das Museum für Völkerkunde.

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche

Altertümer.

hatten und bis über die Elbe hinaus nach Westen vorgedrungen waren, ebenso die alte Bevölkerung Preußens noch bis in u n s e r J a h r t a u s e n d h i n e i n auf ziemlich primitiver Kultur-Stufe, welche nur allmählich von Süden und Osten her durch byzantinisch-orientalische, von Westen und Norden her durch germanische Einflüsse sich emporhob. In diese Zeit gehören zum großen Teil die in den östlichen Provinzen vorkommenden Burgwälle mit dürftigen Eisen- und Knochengeräten und grob gearbeiteten, aber meist bereits auf der Scheibe gedrehten Tongefäßen und der größere Teil der in Nord-Deutschland entdeckten Pfahlbauten, ferner die baltisch-orientalischen Silberfunde, bestehend in größtenteils zerhackten Münzen und Schmuckgegenständen, sowie die zum Teil noch späteren, eigenartig geformten Bronze- und Eisengegenstände der Provinzen Ost- und Westpreußen. Die Aufstellung ist nach geographischen Gebieten geordnet, wobei im, allgemeinen die heutigen politischen Grenzen dem Plane zu Grunde gelegt sind. Allerdings ist diese Anordnung infolge Raummangels und Einschiebens neuer Schränke nicht überall streng durchgeführt. Zur leichteren Orientierung folgen deshalb zwei verschiedene Zusammenstellungen. In der einen sind die verschiedenen Säle und bei jedem dessen Inhalt summarisch aufgezählt; die a?idere giebt ein Verzeichnis der in der Sammlung vertretenen länder und bei jedem Gebietsteil einen Nachweis des Standortes der betreffenden Fundgegenstände. Die Haupt-Etiketten der Schränke zeigen den Namen des landesteiles an und enthalten in einer kleineren Abteilung in der Mitte des oberen Randes die Nummer des Schrankes. Bei den niedrigen doppelpultförmigen Schränken sind die beiden Seiten besonders mit A und B bezeichnet, bei den großen Mittelschränken die einzelnen Fächer durch besondere Buchstaben. In den Schränken selbst geben besondere größere Etiketten die Namen der Kreise und der bedeutenderen Fundlokalitäten an. Jeder Gegenstand ist mit einem kleineren Etikett, den Fundort und die Katalognummer enthaltend,

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

versehen. Die Namen der Geschenkgeber sind auf besonderen, neben den geschenkten Gegenständen angebrachten Etiketten verzeichnet. Abkürzungen. StZ = Steinzeit (? bis etwa zum IO. (?) Jahrh. vor Chr.)', BZ = (Ältere) Bronzezeit (ca. 1200 (?) bis 800 (?) vor Chr.); HP= Hallstätter Periode oder jüngere Bronzezeit und älteste Eisenzeit (800 (?) bis 4OO vor Chr.); , LT= La Tine-Zeit im allgemeinen (400 vor Chr. bis IOO nach Chr.); AeLT= Ältere La Tene-Zeit (400 bis IOO vor Chr.); JLT= Jüngere La Tlne-Zeit (IOO vor bis IOO nach Chr.); RK— Römische Kaiser zeit IOO bis 3§0 nach Chr.); VW= Völkerwanderungs-Zeit (350 bis 500 nach Chr.); M= Merowinger-Zeit (ßOO bis 750 nach Chr.); K= Karolinger-Zeit (250 bis QOO nach Chr.); W= Wenden-Zeit (Slaven, Wikinger und Waräger, 500 bis IIOO nach Chr.).

V O R S A A L I. Zur Aufstellung der Sammlungen aus Rußland bestimmt.

V O R S A A L II. Belgien. Holland. Frankreich. Luxemburg. England Dänemark. Schweden. Norwegen. Rußland. ÖsterreichUngarn. Nördlicher Teil der Balkanhalbinsel. Griechenland. Italien. Spanien. Portugal.

S A A L I. Schweiz. Frankreich. Provinz Brandenburg. Provinz Sachsen. Gesichtsumen aus den Provinzen Westpreußen, Pommem und Posen.

S A A L II. Die goldenen und silbernen Gegenstände Ländern. Ostpreußen. Gipsabgüsse aus Westpreußen.

aus allen

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Vaterländische und andere v o i g e s c h i c h t l i c h e

Altertümer.

S A A L III. Rechts Prov. Sachsen. Mitteldeutsche Staaten. Prov. Schlesien. Links Prov. Schlesien, Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Posen, Sachsen.

S A A L IV. Rechts Bayern. Baden. Württemberg. Hessen-Darmstadt. Rheinprovinz. Links Prov. Schleswig-Holstein. Hannover. Westfalen. Norddeutsche Staaten. Rheinprovinz. Prov. HessenNassau. Reichslande.

Provinz Brandenburg. Saal I, Saal II, Lichthof. A. Reg. Bez. Potsdam. Kr. R u p p i n Saal I: Seitenschrank 2 A und 3 B ; vordere Querwand des Saales. Saal II: Goldschrank Fach B. Kr. P r e n z l a u Saal I: Seitenschrank 2 B. Saal II: Silberschrank Fach B ; Mittelschrank. Kr. O s t p r i e g n i t z Saal I: Seitenschrank 2 B und 3 A : Mittelschrank I C ; vordere Querwand des Saales. Saal II: Goldschrank Fach B ; Silberschrank Fach B. Kr. W e s t p r i e g n i t z Saal I: Seitenschrank 2 B; Mittelschrank I A, I B und I C ; vordere Querwand des Saales. Saal II: Goldschrank Fach B ; Silberschrank Fach B. Kr. A n g e r m ü n d e Saal I: Seitenschrank 3 B, 4 A und 5 A. Vorraum zum kleinen Schliemann-Saal.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Kr. Templin Saal I: Seitenschrank 3 B und 4 A. Saal II: Silberschrank Fach B. Kr. O b e r b a r n i m Saal I: Seitenschrank 4 A ; Mittelschrank I D ; vordere und hintere Querwand des Saales. Kr. N i e d e r b a r n i m Saal I: Seitenschrank 4 A ; Mittelschrank I D, I E und I F ; vordere Querwand des Saales, freistehend in der Mitte des Saales ein Tongefäß. Lichthof: Linker Seitengang (Handmühlen). Kr. Teltow Saal I: Seitenschrank 4 B; Mittelschrank I G un'd I H ; hintere Querwand des Saales. Saal II: Goldschrank Fach B ; Silberschrank Fach B. Kr. O s t h a v e l l a n d Saal I: Seitenschrank 5B, 6 A und 6 B ; Mittelschrank II A und II B ; vordere und hintere Querwand des Saales. Saal II\ Silberschrank Fach B ; Mittelschrank. Kr. Westhavelland Saal I: Seitenschrank 5B, 6B, 7A, 7B, 8A, 8B, 9A und 9 B ; Mittelschrank II B, II C, II D und II E. Lichthof: Rechter Seitengang (Handmühlen). Kr. Z a u c h - B e l z i g Saal I: Seitenschrank 5 B, 10 A und 10 B; Mittelschrank II F, I I G und II H; vordere und hintere Querwand. Saal II: Goldschrank Fach B. Kr. J ü t e r b o g k - L u c k e n w a l d e Saal I: Seitenschrank 10 A ; Mittelschrank II H. Kr. B e e s k o w - S t o r k o w Saal I: Seitenschrank 10 A ; Mittelschrank II H. Stadtkreis B e r l i n Saal I: Seitenschrank 4 B ; Mittelschrank I D. Stadtkreis Charlottenburg Saal I: Seitenschrank 4 B ; Mittelschrank I D. Stadtkreis P o t s d a m Saal I: Seitenschrank 4 B ; Mittelschrank I D .

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Stadtkreis Brandenburg Saall: Seitenschrank 8 A u n d i o A ; Mittelschrank II B. Saal II: Silberschrank Fach B. N e u e E r w e r b u n g e n a u s d e m Reg. B e z . P o t s d a m werden vorläufig in Saal I, im letzten Seitenschrank an der Hofseite und in den Schautischen an der Hofseite des Saales aufgestellt. B. Reg. Bez. Frankfurt. Kr. A r n s w a l d e Saal I: Seitenschrank 12 A und 13 A ; Mittelschrank III B ; hintere Querwand des Saales. Kr. Soldin Saal I: Seitenschrank 12 A und 13 A ; Mittelschrank III C. Kr. F r i e d e b e r g Saal I: Seitenschrank 12 B ; Mittelschrank III A und III B ; vordere Querwand des Saales. K r . L a n d s b e r g a. W. Saal I: Seitenschrank 12B, 13 A und 17 A ; Mittelschrank III B; freistehend in der Mitte des Saales zwei Tongefäße. Saal II: Goldschrank Fach B ; Silberschrank Fach B. K r . K ö n i g s b e r g i. N. Saal I: Seitenschrank 12 B und 13 A ; Mittelschrank III C ; hintere Querwand des Saales; freistehend in der Mitte des Saales ein Tongefäß. Saal II: Silberschrank Fach B ; Mittelschrank. Kr. L e b u s Saall: Seitenschrank 13 A u. 14 A ; Mittelschrank I I I D und III E; vordere und hintere Querwand des Saales. Saal II: Mittelschrank. Kr. K r o s s e n Saal I: Seitenschrank 13 A, 13 B, 14 A, 1 4 B und 19 B; Mittelschrank I I I E . Saal II: Goldschrank Fach B. Lichthof: Linker Seitengang (Einbaum). Kr. L ü b b e n Saal I: Seitenschrank 14 A und 14 B ; Mittelsschrank III D, III G.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Kr. L u c k a u Saall: Seitenschrank 13 A, 13B, 16B, 19B und 20A; Mittelschrank III G und III H ; hintere Querwand des Saales; freistehend in der Mitte des Saales ein Tongefäß. Saal II: Goldschrank Fach B. Kr. K a l a u Saal I: Seitenschrank 13 A, 16 B und 20 A ; Mittelschrank III H, IV A und IV B. Saal II: Goldschrank Fach B Kr. O s t s t e r n b e r g Saal I: Seitenschrank 14 A ; Mittelschrank I I I E . , Kr. W e s t s t e r n b e r g Saal I: Seitenschrank 13 A, 14 A, 15 A und 16 A ; Mittelschrank III E. Saal II: Goldschrank Fach B. Kr. G u b e n Saal I: Seitenschrank 13 A, 14 A, 17B, 18 B und 19 B; Mittelschrank III F. Lichthof: Rechter Seitengang (Einbaum). Kr. K o t t b u s Saall:Seitenschrank 15 B, i8Aund2oA; Mittelschrank IV C, IV D und IV E ; hintere Querwand des Saales; freistehend in der Mitte des Saales ein Tongefäß. Saal II: Goldschrank Fach B; Silberschrank Fach B. Kr. S o r a u Saal I: Seitenschrank 18 B, 19 B, 20 A und 20 B ; Mittelschrank IV F, IV G und IV H. Saal II: Goldschrank Fach B. Kr. S p r e m b e r g Saal I: Seitenschrank 14 A, 18 B. S t a d t k r e i s F r a n k f u r t a. O. Saal I: Seitenschrank 14 A ; Mittelschrank III D. N e u e E r w e r b u n g e n aus dem Reg. Bez. F r a n k f u r t werden vorläufig in Saal I, Seitenschrank 19 A, 19 B und in den Schautischen an der Außenwand des Saales aufgestellt.

Provinz Ostpreußen. Saal II: Großer Wandschrank; Goldschrank Fach A ; Silberschrank Fach F.

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Saal III: Seitenschrank n B , 12 A und 13 A ; Mittelschrank III A ; vordere Querwand des Saales (Einbaum); Stirnseite von Mittelschrank I (zwei grofse Gipsabgüsse). N e u e E r w e r b u n g e n aus d e r P r o v i n z Ostp r e u ß e n werden vorläufig im Wandschranke und im Schautische des Saales II aufgestellt.

Provinz Westpreußen. Saal I: Seitenschrank 21 A (Gesichtsurnen). Saal II: Goldschrank Fach A; Silberschrank Fach F ; Mittelschrank; freistehend Gipsabgüsse großer Steinfiguren. Saal III: Seitenschrank 12 A , 12 B und 13 A; vordere Querwand des Saales; freistehend an der Außenwand des Saales ein Tongefäß. N e u e E r w e r b u n g e n aus d e r P r o v i n z W e s t p r e u ß e n werden vorläufig in den Schautischen an der Außenwand des Saales aufgestellt.

Provinz Pommern. Reg. Bez. K ö s l i n Saal I: Seitenschrank 21 B (Gesichtsurnen). Saal II: Gold schrank Fach A : Silberschrank Fach C; Mittelschrank. Saal III: Seitenschrank 13 B und 14 A ; Mittelschrank III B, III C und III F ; vordere und hintere Querwand des Saales. Lichthof: Linker Seitengang (Handmühlen). Reg. Bez. S t e t t i n Saal II: Goldschrank Fach A; Silberschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 14 A und 14B; Mittelschrank IIA, I I I D und F; vordere und hintere Querwand des Saales. Lichthof: Linker Seitengang (Handmühlen). Reg. Bez. S t r a l s u n d Saal II: Goldschrank Fach A ; Silberschrank Fach C; Mittelschrank. Saal III: Seitenschrank 14 B, 15 A, 15 B und 17 A ; Mittelschrank III E; vordere Querwand des Saales.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

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Neue E r w e r b u n g e n aus der P r o v i n z Pommern werden vorläufig in den Schautischen an der Außenwand des Saales aufgestellt.

Provinz Posen. Saal I: Seitenschrank 21 A (Gesichtsurnen). Saal II: Goldschrank Fach A; Silberschrank Fach A und F ; Mittelschrank. Saal III: Seitenschrank 11 A, 16 A, 16 B, 17 A und 17 B; Mittelschrank IV A—F; hintere Querwand des Saales; freistehend an der Stirnseite des Mittelschrankes IV ein großes Gefäß. Lichthof: Rechter Seitengang (Einbaum).

Provinz Schlesien. Saal II: Goldschrank Fach C; Mittelschrank. Saal III: Seitenschrank 7 A, 7 B , 8A und 8B; Mittelschrank H D — F ; hintere Querwand des Saales; freistehend an der Außenwand des Saales ein großes Tongefäß. N e u e E r w e r b u n g e n aus der Provinz Schlesien werden vorläufig im Saal III, Seitenschrank 10 aufgestellt.

Provinz Sachsen. A. Reg. Bez. Magdeburg. Stadtkr. M a g d e b u r g Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 2 A, 3 A und 3 B. Kr. J e r i c h o w I Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 A und 3 A ; hintere Querwand des Saales. Kr. J e r i c h o w II Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 A und 3 A und 3 B; Vitrine zwischen den beiden Mittelschränken. Kr. S t e n d a l Saal III: Seitenschrank 1 A, 1 B, 2 A und 3 B ; Mittelschrank I D und I E. Kr. Osterburg Saal III: Seitenschrank 1 B und 2 A; Mittelschrank IA.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Kr. S a l z w e d e l Saal III: Seitenschrank i B, 2 A und 3 B; Mittelschrank I B und I C. Kr. G a r d e l e g e n Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 A und 3 B; Mittelschrank I B. Kr. N e u h a i d e n s l e b e n Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 2 A und 3 B. Kr. W o l m i r s t e d t Saal III: Seitenschrank 2A, 3B; Mittelschrank ID. Kr. W a n z l e b e n Saal III: Seitenschrank 1 B und 3 B; Mittelschrank ID. Kr. K a l b e Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 B und 3 B. Kr. A s c h e r s l e b e n Saal III: Seitenschrank 1B, 2 B, 3 B und 5 B; Mittelschrank I F. Kr. O s c h e r s l e b e n Saal III: Seitenschrank 1 B. Kr. H a l b e r s t a d t Saal III: Seitenschrank 2 B und 3 B. B. Reg. Bez. Merseburg. Kr. M e r s e b u r g Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 1 B, 3 B, 4 A, 5 B, 9 (Skelette) und 18 (Skelette); Mittelschrank I I A ; hintere Querwand des Saales; freistehend an der Hofseite des Saales und an der Stirnseite des Mittelschrankes II je ein großes Gefäß. Saalkreis Saal III: Seitenschrank 3 B, 4 A und 5 A; Mittelschrank I I A . Stadtkr. H a l l e Saal III: Seitenschrank 4 A. Kr. B i t t e r f e l d Saal III: Seitenschrank 2 B, 5 A und 5 B. Kr. W i t t e n b e r g Saal II: Goldschrank Fach C.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche

Altertümer.

Saal III: Seitenschrank 1 B, 5 A und 5 B ; Mittelschrank I I A ; freistehend an der Hofseite des Saales ein Tongefäß. Kr. S c h w e i n i t z Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 B und 5 A ; Mittelschrank II A und II B; freistehend an der Hofseite des Saales ein großes Gefäß. Kr. L i e b e n w e r d a Saal III: Seitenschrank 1 B, 2B, 5 A und 5 B; Mittelschrank II A und I I B ; hintere Querwand des Saales. Kr. T o r g a u Saal II: Silberschrank Fach D. Saal III: Seitenschrank 1 B, 2 B und 5 A; Mittelschrank II A. Kr. D e l i t z s c h Saal III: Seitenschrank 1 B, 4 A und 5 B; freistehend an der Hofseite des Saales ein großes Gefäß. Mansfelder Seekreis Saal III: Seitenschrank 1B, 3 B, 4 A und 5 B ; Mittelschrank I I A . Mansfelder Gebirgskr. Saal III: Seitenschrank 3 B, 4 A, 5 A und 5 B. Kr. S a n g e r h a u s e n Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 1 B, 4 A und 5 B; hintere Querwand des Saales; freistehend an der Hofseite des Saales zwei Handmühlen. Kr. Q u e r f u r t Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 1 B, 3 B, 4 B, 5 A und 5 B. Kr. E c k a r t s b e r g a Saal II: Goldschrank Fach C; Mittelschrank. Saal III: Seitenschrank 1 B, 4 B und 5 B. Kr. N a u m b u r g Saal III: Seitenschrank 1 B und 4 B; freistehend an der Hofseite des Saales eine „Speckseite". Kr. W e i f s e n f e i s Saal III: Seitenschrank i B , 3B, 4 B u n d 6 A ; hintere Querwand des Saales,

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche

Altertümer.

Kr. Z e i t z Saal III:

Seitenschrank 4 B. C. Reg. Bez. Erfurt Kr. W e i f s e n s e e Saal II: Goldschrank Fach C; Silberschrank Fach D ; Seilenschrank 6A. Kr. L a n g e n s a l z a Saal III: Seitenschrank 1 B. Kr. M ü h l h a u s e n Saal III: Seitenschrank 3 B. Kr. N o r d h a u s e n Saal III: Seitenschrank 3 B. Kr. Z i e g e n r ü c k Saal III: Seitenschrank 6 A. S t e i n g e r ä t e aus v e r s c h i e d e n e n K r e i s e n der P r o v i n z S a c h s e n sind im Saal III Seitenschrank 6 A und Schautisch 1 und 2 aufgestellt. N e u e E r w e r b u n g e n aus der P r o v i n z S a c h s e n werden vorläufig im Saal III Seitenschrank 1 B, im Saal I im letzten Seitenschrank an der Hofseite und in dem zwischen Saal 1 und Saal III befindlichen Schrank aufgestellt.

Provinz Hessen-Nassau. Saal II: Goldschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank 14 A und Querwand und Außenwand des Saales.

14 B;

vordere

Rheinprovinz. Saal II: Goldschrank Fach D ; Silberschrank Fach D ; Mittelschrank. Saal IV: Seitenschrank 1 1 , 1 2 und 13; Mittelschrank II A — D ; hintere Querwand, rechte und linke Seitenwand des Saales; freistehend in der rechten Hälfte des Saales ein Bleisarkophag und drei große Gefäße.

Provinz Westfalen. Saal II: Goldschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank 10 B; Mittelschrank IV D. Lichthof: Linker Seitengang (Einbaum).

Vaterländische und audere vo geschichtliche

Altertümer.

Provinz Hannover.

Saal II: Goldschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank g B und 10 A ; Mittelschrank IIIC, I I I D und IV A — C . ; freistehend an der Außenwand des Saales ein Tongefäß. Lichthof: Linker Seitengang (Einbaum).

Provinz Schleswig-Holstein.

Saal II: Goldschrank Fach D ; Silberschrank Fach F. Saal IV: Seitenschrank 7 A, 7 B, 8 A, 8 B und 9 A; Mittelschrank I I I A und H I B ; Schautisch an der Außenwand des Saales; vordere Querwand des Saales. Lichthof: Linker Seitengang (Handmühlen). Vorraum zu Vorsaal II (Vitrine mit Grab von Helgoland).

Hohenzollern.

N e u e E r w e r b u n g e n weiden in dem zwischen Saal I und Saal III befindlichen Schrank aufgestellt.

Meklenburg.

Saal II: Goldschrank Fach E. Saal IV: Seitenschrank 10 B; Mittelschrank IV D ; Schautisch an der Außenwand des Saales.

Oldenburg.

Saal II: Silberschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank 10B; Mittelschrank I V D ; Schautisch an der Außenwand des Saales; vordere Querwand des Saales.

Hansastädte.

Saal IV: Seitenschrank 10B; Mittelschrank I V D ; freistehend an der Außenwand des Saales ein Tongefäß.

Königreich Sachsen.

Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 6 B ; Mittelschrank II C; freistehend an der Hofseite des Saales ein Grabstein.

Sachsen- Weimar.

Saal II: Goldschrank Fach C. Saal III: Seitenschrank 1 A, 3 B und 6 B; Mittelschrank II C; freistehend an der Hofseite des Saales ein Gefäß und eine Handmühle.

.[()

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Sachsen-Meiningen. Saal III: Seitenschrank i A und 6 B; hintere Querwand des Saales; Stirnseite vom Mittelschrank II.

Sachsen-Koburg-Gotha. Saal III: Seitenschrank i A und 6 B ; hintere Querwand des Saales.

Sehwarzburg-Sondershausen. Saal III: Schrank zwischen Saal I und Saal III; Seitenschrank i A und 6 B; Mittelschrank II C.

Anhalt.

Saal III: Seitenschrank i A, 3 B, 5 B, 6 A und 6 B; Mittelschrank H C ; freistehend an der Hofseite des Saales drei Tongefäfse. Saal III:

Braunschweig.

Seitenschrank 6 A ; Mittelschrank H C .

Waldeck.

Saal III: Seitenschrank 6 A, 6 B. S t e i n g e r ä t e aus d e n v e r s c h i e d e n e n m i t t e l d e u t s c h e n S t a a t e n sind in Saal III Seitenschrank 6 A und 6 B sowie in den Schautischen 3 und 4 auf der Hofseite des Saales aufgestellt. N e u e E r w e r b u n g e n aus d e n m i t t e l d e u t s c h e n S t a a t e n werden in dem zwischen Saal I und Saallll stehenden Schranke sowie in Saal III Seitenschrank 1 A aufgestellt.

Bayern. Saal II: Goldschrank Fach D, Silberschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank 1, 2 A, 3B, 4, 5 und 6 B; Mittelschrank I A — D ; vordere und hintere Querwand und Hofseite des Saales; freistehend in der rechten Saalhälfte ein Tongefäls und zwei Vitrinen mit Grabfunden.

Württemberg.

Saal II: Goldschrank Fach D ; Silberschrank Fach D. Saal IV: Seitenschrank 2 A, 3 A und 6 A ; vordere Querwand des Saales; an den Stirnseiten der beiden Mittelschränke Gipsabgüsse von Figuren und Tongefäßen; im hinteren Saalteil eine Vitrine mit dem Modell eines Grabes.

Vaterländische und andere v o r g e s c h i c h t l i c h e

Altertümer.

Baden. Saal II: Goldschrank Fach D ; Vitrine vor dem Mittelschranke. Saal IV: Seitenschrank 2 B und 3 A; vordere Querwand des Saales; freistehend in der rechten Saalhälfte ein Tongefäß.

Großherzogtum Hessen. Saal IV: Seitenschrank 2A; hintere Querwand des Saales.

Elsaß-Lothringen. Saal IV: Seitenschrank 15 A und 15 B.

Rußland. Saal II: Goldschrank Fach F; Silberschrank Fach E. Vorsaal II: Seitenschrank 3 A, 3 B, 4 A und 4 B ; Wandschrank Fach G.

Griechenland. Vorsaal II: Seitenschrank 5 A.; Wandschrank Fach K.

Österreich-Ungarn. Saal II: Goldschrank Fach F; Silberschrank Fach E. Vorsaal II: Seitenschrank 5 A und 5 B; Wandschrank Fach G, H und I; vordere und hintere Querwand und Außenwand des Saales.

Italien. Saal II: Goldschrank Fach E. Vorsaal II: Wandschrank Fach K.

Schweiz. Saal I: Seitenschrank 11 A und 11 B. Saal IV: Freistehend in der rechten Saalhälfte das Modell eines Pfahlbaues.

Prankreich. Saal I: Seitenschrank 1 A und 1 B. Saal II: Goldschrank Fach E. Vorsaal II: Seitenschrank 1 A; Wandschrank Fach A.

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Vaterländische und a n d e r e vorgeschichtliche

Altertümer.

Spanien und Portugal. Vorsaal II: Wandschrank Fach K und L ; Querwand und Außenwand des Saales.

vordere

Belgien. Vorsaal II: Seitenschrank i A; Wandschrank Fach A.

Holland. Saal II: Goldschrank Fach E. Vorsaal II: Wandschrank Fach A.

Luxemburg. Vorsaal II: Wandschrank Fach A.

Groß-Britannien. Vorsaal II: Seitenschrank i A.

Dänemark. Saal II: Goldschrank Fach E; Wandtafel. Vorsaal II: Seitenschrank i B, 2 A und 2 B; Wandschrank Fach A — D .

Schweden. Saal II: Goldschrank Fach E; Silberschrank Fach E; Wandtafel. Vorsaal II: Seitenschrank 2 B ; Wandschrank Fach E und F; vordere Querwand des Saales.

Norwegen. Saal II: Wandtafel. Vorsaal II: Seitenschrank 2 B.

Türkei. Vorsaal II: Wandschrank Fach K.

Orient. Vorsaal II: Wandschrank Fach K.

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer,

qg

Heinrich Schliemann-Sammlung. D i e S c h l i e m a n n - S a m m l u n g enthält einen g r o ß e n T e i l der A u s b e u t e der A u s g r a b u n g e n , w e l c h e D r . H e i n r i c h Schliemann in d e n Jahren 1 8 7 1 — 8 2 in Hissarlik in d e r T r o a s ausgeführt hat, sowie kleinere S t ü c k e aus a n d e r e n von d e m s e l b e n F o r s c h e r angestellten U n t e r s u c h u n g e n . D e r ältere T e i l d e r S c h l i e m a n n - S a m m l u n g w u r d e von Schliemann im J a h r e 1881 d e m d e u t s c h e n R e i c h in h o c h herzig patriotischer G e s i n n u n g g e s c h e n k t u n d v o n ihm selbst aufgestellt. I m Jahre 1884 k a m eine weitere S c h e n k u n g von G e g e n s t ä n d e n h i n z u , w e l c h e v o r w i e g e n d aus d e n F u n d e n , die n a c h 1881 in Hissarlik g e m a c h t sind, u n d ,aus dem Anteil stammen, d e r vertragsmäßig d e r T ü r k e i ausgeliefert war. D a diese S a m m l u n g in K o n s t a n t i n o p e l nicht aufgestellt w u r d e u n d d e r W i s s e n s c h a f t unzugänglich blieb, entschloß sich D r . S c h l i e m a n n dieselbe anzukaufen. Nach dem im D e z e m b e r 1890 erfolgten T o d e S c h l i e m a n n ' s ging durch letztwillige V e r f ü g u n g eine weitere sehr reichhaltige Sammlung trojanischer F u n d s t ü c k e , w e l c h e er in seinem H a u s e in A t h e n a u f b e w a h r t hatte, in d e n Besitz des M u s e u m s über. S c h l i e m a n n b e g a n n seine A u s g r a b u n g e n in Hissarlik im Jahre 1 8 7 1 u n d setzte sie mit einigen U n t e r b r e c h u n g e n bis 1890 fort. A n d i e s e m Ort, in w e l c h e m er das h o m e r i s c h e T r o j a erkennt, unterscheidet m a n d i e U b e r r e s t e v o n n e u n übereinander g e l e g e n e n A n s i e d e l u n g e n , w o b e i die erste d i e tiefste und älteste, d i e n e u n t e die oberste u n d j ü n g s t e ist, das Ilion, das n o c h in d e r r ö m i s c h e n K a i s e r z e i t blühte. D i e Ergebnisse dieser seiner U n t e r s u c h u n g e n hat D r . Schliemann in drei größeren W e r k e n n i e d e r g e l e g t : „Ilios, Stadt u n d L a n d d e r T r o j a n e r " L e i p z i g 1 8 8 1 , „ T r o j a " L e i p z i g 1884, „ B e r i c h t über die A u s g r a b u n g e n in T r o j a im J a h r e 1890" L e i p z i g 1 8 9 1 . N a c h D r . Schliemann's T o d e w u r d e n die A u s g r a b u n g e n fortgesetzt: im Jahre 1893 auf K o s t e n seiner W i t w e , im Jahre 1894 durch huldvollst g e w ä h r t e Ü b e r w e i s u n g d e r Mittel seitens Sr. M a j e s t ä t des D e u t s c h e n Kaisers, b e i d e Male unter d e r L e i t u n g Prof. D ö r p f e l d ' s . D i e Ergebnisse sämtlicher A u s g r a b u n g e n in T r o j a w e r d e n in einem n e u erschienenen W e r k e z u s a m m e n g e f a ß t : „ T r o j a u n d I l i o n . F ü h r e r d u r c h das M u s e u m f ü r V ö l k e r k u n d e .

4

^O

Vaterländische und »ndere vorgeschichtlich« Altertümer.

Ergebnisse der Ausgrabungen in den vorhistorischen und historischen Schichten von Ilion 1 8 7 0 — 1 8 9 4 von Wilhelm Dörpfeld unter Mitwirkung von Alfred Brückner, H a n s von Fritze, Alfred Götze, Hubert Schmidt. Wilhelm Wilberg, H e r m a n n Winnefeld. Mit 4 7 1 Abbildungen im T e x t , 68 Beilagen, 8 Tafeln. Athen. Beck und Barth. 1902. Gleichzeitig ist ein ausführlicher K a t a l o g erschienen: Heinrich Schliemann's Sammlung Trojanischer Altertümer beschrieben von H u g o Schmidt, herausgegeben von der General-Verwaltung. Mit 9 T a f e l n , 2 Beilagen und 1 1 7 6 Textabbildungen. Berlin. G e o r g Reimer 1902. Die folgenden Erläuterungen beschränken sich auf eine kurze Darstellung der über einander liegenden Schichten und der in ihren Einschlüssen zum Ausdruck kommenden Kulturperioden. Da, wo jetzt das T a l des Dumbrek-Su, des alten Simoi's, in die breite S k a m a n d e r - E b e n e einmündet, ließen sich die e r s t e n A n s i e d l e r auf einem Vorsprunge der steilen Talränder nieder, welcher jetzt Hissarlik, d. h. Schloßberg heißt. Sie errichteten Bauwerke aus unbehauenen Steinen, so auch eine Umfassungsmauer. Ziegeln hat man in dieser Ansiedelung nicht gefunden. Die T o p f ware ist stets aus freier H a n d geformt, meist glänzend schwarz und zuweilen mit tief eingefurchten Linienornamenten versehen, welche, um sie besser hervortreten zu lassen, gewöhnlich mit weißem K a l k ausgefüllt sind. Besonders häufig sind flache Schalen mit wagerecht oder senkrecht durchbohrten Henkelansätzen. Ferner waren Steingeräte im Gebrauch. Ob man bereits metallene G e g e n stände kannte, ist ungewifs. D i e z w e i t e S t a d t ist auf dem Schutte der ersten Ansiedelung, aber in einem größeren U m f a n g e erbaut, wobei man Ungleichheiten des Terrains ebnete. Sie wurde mehrere Male zerstört und wieder a u f g e b a u t ; im ganzen kann man drei solcher Bauperioden unterscheiden. Sie hat bezüglich der Anlage wie auch der F u n d e für eine der bedeutendsten vorgeschichtlichen Städte zu gelten, in ihr glaubte auch Dr. Schliemann das homerische T r o j a zu erkennen. E i n Teil der G e b ä u d e und der Funde, die er in seinem Werke „ I l i o s " der dritten Stadt zuweist, gehören,

Vaterländische u n d andere vorgeschichtliche Altertümer.

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wie spätere Untersuchungen gezeigt haben, zu dieser zweiten Stadt, so u. a. der gröfste Teil der Goldsachen. In dieser Zeit wurde die Burg mit einer aus unregelmäßigen Steinen gebauten Mauer befestigt, welche durch drei Tore unterbrochen wurde. Der obere Teil der Mauern bestand aus Ziegeln, welche, wie der mitgebrannte Mörtel beweist, einem starken Brande ausgesetzt waren, nachdem sie schon verbaut waren. Auf der Burg selbst haben sich mehrere größere Gebäude gefunden. Von einigen ließ sich der Grundriß noch deutlich erkennen: das eine zeigte einen Hauptraum mit einer offenen Vorhalle, wie die einfachsten griechischen Tempel, ein zweites bestand aus zwei Gemächern und einer Vorhalle. Nach der Zerstörung der zweiten Stadt war der Burghügel mit kleinen, dorfartigen Anlagen besetzt, welche man als d r i t t e , v i e r t e u n d f ü n f t e S c h i c h t bezeichnet. Hierbei häufte sich Schutt auf Schutt, so dafs der Hügel an Höhe und Umfang beträchtlich zunahm. Die zweite Stadt bezeichnet eine Zeit der Blüte, die dritte bis fünfte Ansiedelung eine Zeit des Verfalls. Trotzdem zeigen manche Fundgruppen der zweiten bis fünften Ansiedelung, insbesondere die Keramik, ununterbrochen fortlaufende Formenreihen. Deshalb ist es auch in vielen Fällen nicht möglich, Fundstücke dieser oder jener Ansiedelung zuzuweisen, und so sind die Funde aus diesen Schichten in der Aufstellung der Schliemann-Sammlung unter der Bezeichnung „II.—V. Ansiedelung" zusammengefaßt worden. Einzelne Funde oder Fundgruppen, bei denen eine genauere Bezeichnung möglich war, sind mit einem entsprechenden Etikett versehen. Dies gilt vor allem von den Schatzfunden der zweiten Stadt, unter denen „der große Schatz", von Schliemann früher „Schatz des Priamus" genannt, eine hervorragende Stelle einnimmt. Die Kultur der zweiten bis fünften Ansiedler stellt sich als eine hochentwickelte Bronzekultur dar, während man gleichzeitig noch Steingeräte in großer Menge und in z. T. ganz vorzüglicher Ausführung besaß. Daß man die zahlreich gefundenen bronzenen Äxte, Dolche, Pfeilspitzen, Meißel, Messer selbst zu gießen verstand, beweisen die Gußformen aus Stein und Ton. Viele halbfertige und bei der 4*

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

Arbeit mifslungene Steingeräte geben Zeugnis von einer schwunghaften Steinindustrie. Die Tongefäße sind teils aus freier Hand gearbeitet, teils auf der Scheibe gedreht. D i e s e c h s t e A n s i e d e l u n g beansprucht unser größtes Interesse. Ist es doch diejenige Stadt, welche begründeten Anspruch erheben kann, das homerische Troja genannt zu werden. Durch die letzten Ausgrabungen ist jedenfalls erwiesen, dafs sie zur Zeit der mykenischen Kultur (ca. 1 5 0 0 — 1 0 0 0 vor Chr.) bestanden hat und daß sie sich in Bezug auf die Großartigkeit der Anlage und die Schönheit der Ausführung ihren berühmten Schwestern Tiryns und Mykenä ebenbürtig anreiht. Jetzt erweitert sich auch zum ersten Male die Stadt über den eigentlichen Burghügel hinaus und dehnt sich als Unterstadt über eine bedeutende Fläche südlich des Burghügels aus. Letzterer hatte durch die Schuttanhäufung eine solche H ö h e erreicht, daß die Erbauer der sechsten Burg eine wohlgemauerte Terrasse hinter der Burgmauer anlegten. Diese letztere ist aus behauenen, teilweise kolossalen Steinblöcken aufgebaut und wurde durch drei große Türme besonders geschützt. Der Zugang erfolgte durch zwei T o r e ; wahrscheinlich war ursprünglich noch ein drittes vorhanden, welches später zugemauert wurde. An der Innenseite der Burgmauer waren kleine Magazine angebaut, welche eine Menge Vorratsgefäße, Pithoi, enthielten (zwei dieser Riesengefäße stehen in Saal I). Der Grundriß der Häuser ist etwa der gleiche wie früher, nur sind sie besser gebaut. Unter den Funden sind für -die Datierung Tongefäße vom T y p u s der bekannten mykenischen Topfware besonders wichtig. Aufserdem kommen Erzeugnisse einheimischer Töpferkunst vor, bei welcher sich der Einfluß der eingeführten mykenischen Topfware bemerkbar macht. Andere bemerkenswerte Gegenstände sind nur in verhältnismäßig geringer Zahl gefunden worden. Nach der Zerstörung der sechsten Stadt, welche —wenigstens zum Teil — durch eine Feuersbrunst erfolgte, blieb aber der Burghügel nicht öde liegen. E r wurde nicht nur wiederum von Leuten besiedelt, deren Kultur sich teils an diejenige der V I . Periode anlehnt, teils durch die sogenannte

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

früh-geometrische Gefäßgattung charakterisiert ist, sondern er beherbergte auch eine Zeitlang einen fremden, wahrscheinlich von Norden her aus Europa gekommenen Stamm, dessen Kulturüberreste eine große Ähnlichkeit beispielsweise mit ungarischen Funden haben. Die Zeit dieser s i e b e n t e n (nachmykenischen) Periode fällt in die ersten Jahrhunderte des ersten vorchristlichen Jahrtausends. Die a c h t e u n d n e u n t e S t a d t , das griechische und römische Ilion, erhielt sich von einer frühen archaischen Epoche bis in die späte römische Kaiserzeit. Zuerst war Ilion nach des Geographen Strabo Angabe nur eine mit einem kleinen Tempel der ilischen Athena geschmückte dorfartige Anlage; erst Alexander der Große ließ den Tempel mit Weihgeschenken schmücken und den Ort zu einer Stadt umbauen. Später suchten die römischen Kaiser Ilium als die sagenhafte Stammburg ihrer Ahnen nach Kräften zu heben. Man findet aus dieser Zeit Überreste eines prachtvollen dorischen Tempels mit reichem Skulpturenschmuck, zwei große Theater und einen kleineren theaterartigen Bau, außerdem zahlreiche Marmor-Skulpturen, Terrakotten und Münzen. Ferner grub Schliemann einige der sogenannten Heroentumuli der Troas aus, welche, wie man sich durch die in Saal I I ausgehängten Abbildungen überzeugen kann, ganz das Aussehen von künstlichen Aufschüttungen haben. Topfwaren, Steinbeile etc. aus verschiedenen Perioden zeugten von Ansiedelungen, aber Spuren einer Benutzung der Hügel als Gräber fanden sich mit Ausnahme des Hana'i-Tepeh nicht vor. Außer den Funden von Troja und aus der Troas sind in Saal I Erwerbungen Schliemann's aus Griechenland und Ägypten aufgestellt. Das Bildnis des Mannes, welcher die Wissenschaft vom Spaten durch seine großartigen Ausgrabungen in ungeahnter Weise gefördert und wie kein Anderer zuvor populär gemacht hat, hängt, vom Maler Hodges in London in Öl gemalt, im Saal II, während der Abguß seiner vom Bildhauer Grüttner in Berlin angefertigten Büste im Saal I aufgestellt ist.

SAAL

I.

Wo nicht anders bemerkt, ist Troja der Fundort. Schrank I. Tongefäße und Bruchstücke von solchen, nach Schliemann aus der I. Ansiedelung. Schrank 2. Zwei große Tongefäße aus der II.—V. Ansiedelung sowie verkohlte Getreidereste aus verschiedenen Perioden. Schrank 3. Großes Tongefäß sowie Ziegeln aus der II. Ansiedelung; letztere sind in einer Feuersbrunst gebrannt und teilweise verschlackt. Schrank 4 — 1 1 . Tongefäße aus der II.—V. Ansiedelung, aus freier Hand gearbeitet. Schrank 1 2 — 1 3 . Größere Vorratsgefäße aus der II.—V. Ansiedelung. Schrank 1 4 — 1 7 . Tongefäße aus der II.—V. Ansiedelung, auf der Töpferscheibe hergestellt. Schrank 1 8 — 1 9 . Dgl. aus der V.—VI. Ansiedelung. Schrank 20. Tongefäße aus der VI.—VII. Ansiedelung, einheimische Arbeit. Schrank 2 1 . Tongefäße aus der V I . — V I I . Ansiedelung, teils einheimische, teils importierte (mykenische) Ware. Schrank 22. Tongefäße, Untersätze zu solchen und Kohlenbecken aus der VI.—VII. Ansiedelung. Schrank 23. Tongefäße aus der V I . — V I I . Ansiedelung. Schrank 24. Tongefäße aus der VII. Ansiedelung (Buckelkeramik). (Fortsetzung der trojanischen Keramik in Saal II. Vgl. auch Saal I Schrank 29 und 32). Wandschrank 25 und 27. Verzierte Spinnwirtel aus Ton. Wandschrank 26. Beile, Hacken und Hämmer aus Stein, darunter auch solche von Nephrit und Jadeit.

Vaterländische und a n d e r e vorgeschichtliche Altertümer.

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Schrank 28. Keulenköpfe aus Stein. Toilette-, Schmuck- und Luxusgegenstände. Geräte für Spiel und Musik. Waffen aus Stein, Knochen und Ton. Idole und Ähnliches. Schrank 29. Große Tongefäße, unverzierte Wirtel, verzierte Tonkugeln, verschiedene siebartig durchlöcherte Tongefäße. Schrank 30 und 3 1 . Verschiedene Altertümer aus Ägypten. Schrank 32. Verschiedene Altertümer aus Griechenland. Große Tongefäße aus Troja. Wandschrank 33. Webstuhlgewichte und linsenförmige Körper aus Ton. Wandschrank 34. Netzsenker und andere Gewichte aus Stein und Ton. Gerillte und gekehlte Geräte aus Stein, T o n und Muschel. Reibschalen aus Stein. Haken und Bürstengriffe aus Ton. Stempel aus Ton und Siegelcvlinder aus Stein und Ton. Herdrost aus Ton. Wandschrank 35. Schleifsteine. Messer und Sägen aus Stein und Knochen. Geräte zum Glätten und Reiben. Wandschrank 36. Pfriemen und Ähnliches, Beile, Stabgriffe oder H ä m m e r , Nadeln, Spindeln (?), Schreibgrififel (?) und Messergriffe aus Knochen, Geweih und Elfenbein. Kasten 37. Zwei Embryo-Skelette aus der I. Ansiedelung und ein Kinderskelett aus einem Grabe der VI. Ansiedelung. Kasten 38. Poliersteine. Postament 39. Großer Pithos (Vorratsgefäß). Auf den Stufen verschiedene Steingeräte: gerillte H ä m m e r , Widerlager für rotierende Achsen, pyramidale Gewichte, runde, scheibenförmige, kubische und walzenförmige Klopfsteine. Großes Tongewicht. Schrank 40. Funde aus den sogen. Heroen-Gräbern der Troas: aus den Hügeln des Achilleus, des Patroklos, des Priamos, aus dem Pascha-Tepeh, dem Ujek-Tepeh, dem Kurschunlu-Tepeh, dem Besika-Tepeh; ferner aus dem Tumulus des Protesilaos auf dem thrakischen Chersonnesos und aus dem Hügel Bos-öjük in Phrygien. Funde von

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Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

den Ansiedelungsplätzen auf dem Bali-Dagh bei Bunarbaschi und von Eski-Hissarlik sowie von der Baustelle von Ophrynion. Bronzen aus einem Grabe in Kebrene. Drei Bronzefibeln von Ezineh. Schrank 41. Funde vom Hana'i-Tepeh in der Troas. Postament 42. Großer Pithos. Drehständer 43. Gewebe - Reste aus ägyptischen Gräbern des 3. bis 6. Jahrh. n. Chr. Ü b e r Wandschrank 33. Eine Marmor-Metope, den mit einer Stralilenkrone geschmückten Helios darstellend, wie er mit seinem Viergespann, dessen Wagen von dem vorderen Pferde verdeckt zu denken ist, aufsteigt. Sie ist auf beiden Seiten von den Triglyphen eingefaßt, die linke (vom Beschauer) ist Ecktriglyphe. Unter Schrank 1 — 1 1 . Mahlsteine. Unter Schrank 1 4 — 2 4 und 4 0 — 4 1 . Verschiedene größere Steingeräte.

S A A L II. Die Decke dieses Saales ist in gepreßtem Messing und Kupfer einer Wanddekoration nachgebildet, welche Schliemann in Orchomenos gefunden hat. Schrank I. Tongefäße, Spinnwirtel und Marmorfragmente aus der V I I I . — I X . Ansiedelung. Schrank 2. Der „große Schatz" A (s. a. Schrank 3) aus der II. Ansiedelung, und die anderen Gesamtfunde B, K , M, Q und S aus der II.—III. Ansiedelung. Nadeln verschiedener Form aus Bronze, Kupfer und Silber. Bohrer und Meißel aus Bronze oder Kupfer. Schrank 3 (Goldschrank). Die Goldsachen des „großen Schatzes" A (s. a. Schrank 2). Schmucksachen aus Gold, Silber und Elektron aus den Funden D, E, F, H a , I, N, O, R, der II.—V. Ansiedelung. Goldscheibe aus Fund Hb, wahrscheinlich VI. Ansiedelung. Einige einzeln gefundene Goldsachen. Schrank 4. Fund L aus der II. Ansiedelung. — Einzelfunde aus M e t a l l : Messer, Dolche, Celte, Bolzen u. A., eine Silbervase, ein Bleiidol aus der II.—V. An-

Vaterländische und andere vorgeschichtliche Altertümer.

siedelung. Aus der VI. Ansiedelung: Fund P, Messer, Flachcelte, Armring aus Kupfer und Bronze. Aus der VII. Ansiedelung: eine Doppelaxt und ein Axthammer aus Bronze von ungarischem Typus, Nadeln, Armringe, ein Tutulus. VIII.—IX. Ansiedelung: Pfeilspitzen aus Bronze und Eisen, Bronzefibeln, darunter eine mit der Inschrift AVCISSA, Schleudergeschosse aus Blei, Messer, Gewichte, Gefäßteile, Nadeln, Schreibgriffel, chirurgische Instrumente. — G i e ß e r e i g e r ä t e : Einteilige Gußformen aus Stein und Ton, zweiteilige Gußformen aus Stein, eine sog. verlorene Form aus Ton für eine Axt von ungarischem Typus; Gußtiegel; Gußtrichter. Schrank 5. Tongefäße, Lampen, Terrakotten, Marmorfragmente, ein Grabfund (Kanne, zwei Glasschalen, Strigilis aus Eisen) aus der VIII.—IX. Ansiedelung. Einige glasierte Gefäßproben aus dem Mittelalter. Auf d e n P o s t a m e n t e n a n d e n W ä n d e n . Marmorskulpturen und Inschriftensteine. Photographien und Zeichnungen der Ausgrabungen.

Ethnologische Sammlungen. D i e Anfänge der ethnologischen Sammlungen gehen auf verhältnismäfsig frühe Zeit zurück, sie bildeten einen Teil der im Laufe des 17. Jahrhunderts entstandenen wissenschaftlichen und kunstästhetischen Sammlungen, welche dann lange gemeinsam den Namen „ K u n s t k a m m e r " führten. D i e kolonialen Unternehmungen des großen Kurfürsten hatten die Anknüpfung geboten. E i n e geregelte Beachtung und Pflege konnten sie aber erst finden, als die ursprünglich mit ihr vereinigten Sammlungen, welche der alten Mittelmeerkultur galten, einzelnen Wissenszweigen zugefallen waren und so die Ziele und Aufgaben der jetzt ethnologisch genannten Forschung mit größerer Klarheit erkannt und festgestellt werden konnten. Als erst die antike Archäologie mit ihren Zweigdisziplinen, die mittelalterliche und moderne Kunstgeschichte sich entwickelt hatten, als die Entzifferung der Hieroglyphen und der Keilschrift der alten Geschichte Vorderasiens eine Basis gegeben hatte, wodurch diese Wissenschaft erst lebensfähig geworden war, da erübrigte es nur noch, die B e h a n d l u n g der asiatischen und amerikanischen Kulturen, sowie der Eigenartigkeiten der sogenannten Naturvölker wissenschaftlich zu gliedern und durch Sammlungen zu stützen. D a diese Arbeit erst seit etwa einem Menschenalter mit bewußter Methode angefaßt wurde, so bedarf es zur Herstellung einer, den vorliegenden Zielen entsprechenden Sammlung außergewöhnlicher Anstrengungen, und in Anbetracht der V e r säumnisse, die es nachzuholen gilt, ist das lebhafte Interesse und die mannigfache Unterstützung, welche den Sammlungen zu Gute kommen, um so wärmer zu begrüßen. V o r allem hat es dem Museum an reichster Förderung durch die G n a d e Sr. Majestät des hochseligen Kaisers und Königs Wilhelm I. und durch andere Mitglieder des Königlichen Hauses, insbesondere I. I. K . K . H . H . die Prinzen Karl und Friedrich

Ethnologische Sammlungen.

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Karl nicht gefehlt: eine der wichtigsten Erweiterungen ward ihr durch die indische Sammlung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Waldemar zu Teil. Der durch den erlauchten Protektor der Königlichen Museen, Se. Majestät den hochseligen Kaiser Friedrich III. über die Ethnologie und deren Sammlungen gebreitete Schutz waltet fort in ihrem Gedeihen, und ebenso sind Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm II. und Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich vielfache huldvolle Zuwendungen zu danken. Wiederholte Förderung fand die Sammlung durch die Kaiserliche Admiralität, welche jedem wissenschaftlichen Ansuchen stets geneigtes Gehör geliehen hat. Zahlreiche Bereicherungen des ethnologischen Materials sind der unter Leitung der Königlichen Akademie der Wissenschaften stehenden Humboldt-Stiftung, der Afrikanischen Gesellschaft und ihren regelmäßig ausgerüsteten Expeditionen, sowie auch der Ritterstiftung zu verdanken. Eine wirksame Förderung wurde mit Begründung des Ethnologischen Hilfs-Koniitees*) gewährt, indem die aus dessen Mitteln ausgerüsteten Reisenden mit speziellen Instruktionen des Museums entsandt werden konnten. Zu ganz besonderem Danke ist das Königliche Museum auch der Kolonial-Abteilung des Auswärtigen Amtes und den Herrn Gouverneuren sowie vielen Beamten und Offizieren in den Schutzgebieten verpflichtet, durch deren unermüdliches Zusammenwirken es möglich geworden ist, die Sammlungen aus Afrika und Oceanien auf eine H ö h e zu bringen und auf ihr zu erhalten, die in keinem anderen Museum übertroffen oder auch nur erreicht wird. Auch sonst hat die ethnologische Abteilung seit ihrem selbständigen Bestehen sich stets der tatkräftigsten Unterstützung einer großen Zahl von Gönnern zu erfreuen gehabt; allen, welche die Sammlungen durch Zuwendungen irgend *) Dasselbe bestand bei der Begiüudung aus den folgenden Mitgliedein: Isidor Richter, Emil HecUer, Geheimer Kommerzienrat von Bieichi öder, Baptist Dotti, Kommerzienrat P ranke, Kommerzienrat Goldberger. W i l h e l m Maurer, V. Weisbach, A v. Le Coq, sämtlich in Berlin, und außerdem Konsul R e i ß in Mannheim. Der gegenwärtige Vorsitzende ist Herr Kommerzienvat H. F r e n k e l .

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Ethnologische Sammlungen.

welcher Art gefördert haben, sei hier der schuldige Dank ausgesprochen. D a die Namen aller Schenker regelmäßig in den Vierteljahrsberichten des „Kunsthandbuches" zum Druck gelangen, so kann hier eine Nennung der Namen unterlassen werden, um so eher als die Listen, welche gerade in den letzten Jahren ungewöhnlich sich vergrößerten, hier mehrere Seiten füllen würden. Wenn also der Raummangel zwingt, von einer bisher gepflogenen Sitte abzugehen, so kann, wie erwähnt, für die Geschichte der Sammlung überhaupt, wie für ihre Vermehrung durch Geschenke auf das „Kunsthandbuch" verwiesen werden; es muß aber auch hervorgehoben werden, daß die Etiketten der Sammlungen überall die Namen der Geschenkgeber aufführen. Die ethnologische Abteilung besteht aus folgenden Gruppen. 1. E u r o p a , umfangreiche Sammlungen aus Lappland, Island, dem europäischen Rußland: Tscheremissen, Syrjänen, Wotjaken etc. Aus Raummangel nicht aufgestellt. 2. Asien: Kleinasien, Syrien, Arabien (aus Raummangel nicht aufgestellt); Persien, Turkistän (die letzteren Sammlungen parterre aufgestellt). Indische Kulturländer: in der 2. und 3. Etage, Ostasiatische Kulturländer: in der 2. und 3. Etage aufgestellt. Nord-Asien: umfangreiche Sammlungen aus dem Amurgebiet. Tungusisches, Jakutisches, Samojedisches etc. (parterre). 3. Afrika, die Sammlungen sind, soweit der vorhandene Raum gestattet, in der 1. Etage aufgestellt. Nur die Sammlungen aus Marokko und Senegambien und einige neu erworbene Serien aus verschiedenen Teilen von Afrika sind vorläufig in Saal V I I der 3. Etage untergebracht. 4. Amerika, die Sammlungen — sowohl die Altertümer, wie die Ethnologica der modernen Völker — sind in der 1. und 3. Etage aufgestellt. Außerdem im Erdgeschoß eine bedeutende peruanische Sammlung in Saal V sowie Skulpturen im Lichthof.

Ethnologische

Sammlungen.

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5. O c e a n i e n , die Sammlungen sind, soweit der vorhandene Raum gestattet, in der 1. Etage aufgestellt, nur die Sammlungen von den Matty-Inseln, von St. Matthias, sowie Teile der Sammlungen vom Bismarck-Archipel, Neu Guinea und von den Salomonen sind vorläufig im Saal V I I der 3. Etage untergebracht, ebenso eine Reihe von Bootmodellen. Wissenschaftliches Material über die Sammlungen findet sich u. a. in den 1. Originalmitteilungen aus dem Koni gl. Museum für Völkerkunde, 4 Hefte 1885 ¡1886(nicht mehr er schienen); 2. Veröffentlichungen aus dem Königlichen Museum für Völkerkunde. 7 Bände 188g—igoi; 3. in der amtlich subventionierten „Zeitschrift für Ethnologie" ; 4. in dem „Ethnologischen Notizblatt" BandI (Heft 1—J, 18Q4—6), Band II (Heft I—3, i8gg—igoi), Band III (Heft I—2, igoi—2). 5. Festschrift für A. Bastian, Berlin, Reimer l8g6. 6. Beiträge zur Völkerkunde der Deutschen Schutzgebiete, herausgegeben mit Unterstützung des Kgl. Museums für Völkerkunde von Dr. v. luschan. Berlin, Reimer 1897Anmerkung. B e i der gegenwärtigen R a u m b e d r ä n g n i s in mehreren A b t e i l u n g e n des K ö n i g l i c h e n Museums ist ein A u f s t e l l e n neu erworbener Sammlungen nur ausführbar, wenn ältere Sammlungen ganz oder teilweise entfernt oder w e g g e p a c k t werden. Unter diesen Umständen ist es nicht zu vermeiden, daß einzelne Hinweise auf Schranknummern schon während der D r u c k l e g u n g des F ü h r e r s und jedenfalls bis zur Fertigstellung der nächsten A u f l a g e unrichtig oder ungenau werden D e m gegenüber sei hier darauf hingewiesen, daß dieser F ü h r e r auch eine große Summe allgemeiner A n g a b e n von bleibendem wissenschaftlichem W e r t enthält und daher auch ganz o h n e jeden H i n w e i s auf einzelne Schränke brauchbar sein würde. Außerdem ist durch sorgfältige Etikettierung der Sammlungen dafür gesorgt, daß auch der Laie sich rasch und sicher über die Einzelheiten der A u f s t e l l u n g zu unterrichten vermag.

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Ethnologische

SAAL

Sammlunge"

V.

Sammlung peruanischer Altertümer (11443 Stück), die Herr Prof. Dr. A r t h u r B a e s s l e r dem Museum im Jahre 1899 a ' s Geschenk überwiesen hat. Die N u m m e r n der S c h r ä n k e und die Bezeichnungen A, B, C für die Fächer finden sich auf den Schrankschlössern. Die nur provisorische Aufstellung ist so eingerichtet, daß man für die Seitenschränke 3 2 6 bis 369, welche die in den Gräbern gefundenen T h o n g e f ä ß e enthalten, von N o r d e n n a c h S ü d e n vorschreitet. Mittelschrank 325. S i l b e r g e r ä t u n d - S c h m u c k : Kopfputz, Becher, Schalen, große und kleine Scheiben zum Aufnähen auf Stoffe, Stirnbänder, mit Plättchen behängt; Hausmodelle, Sandalen, Musikinstrumente. Tonpuppen. Steinmörser. An der Seite: Wage mit Netzschalen und silbernen Gewichten. Silberschmuck. An der Hofseite, 326—JS° To ngefäße: Schrank 326. Piura, Lambayeque, Chiclayo, Chepen, S. Pedro, Guadalupe. In Fach C Gefäß, einen tätowierten Mann darstellend. Schrank 330. Pacasmayo, Motupe, Trujillo. Unten bemalte Gefäße. In A gefesselter Mann, in C Maus auf Bahre von Mäusen getragen. Schrank 338. Trujillo, Chimbóte. Sitzende Figuren. Fruchtträger (Yuca, Mais). Kranke, Verstütnmelte, Blinde. Personen mit Totenköpfen. Schrank 342. Chimbóte. Köpfe mit sehr lebendigem Ausdruck in verschiedenem Schmuck. Figürliche Darstellungen. Fuchs, Eule. Schrank 346. Chimbóte. Affe, Jaguar, Fledermaus, Lama, Frosch, Tintenfisch, Schlange, Vierfüßler, Papagei, Ente. — Hausmodelle. „Tarpeiischer Felsen1'. Früchte. Schrank 350. Chimbóte. Bemalte Gefäße. Reliefdarstellungen. Unten: Trompete; Gliedmaßen. An der Parkseite, 354—36g Tongefäße: Schrank 3 5 4 . Casma, Recuay (besondirer Stil), Supe, Huache, Chancay (große Vasen).

Ethnologische

Sammlungen.

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Schrank 358. Chancay, Ancon. Stehende Figuren. Schalen. Lama beladen. Große Vasen. Schrank 364. Chuquitanta. Chimbote (grofse bemalte Schalen). — Große Amphoren von Pachacamac und (aus dem Hochland) von Cuzco. — Goldund Silberfunde. Schrank 368. Chuquitanta, Pachacamac. Männer, die Schlauchgefäße oder Amphoren auf dem Rücken tragen, sowie Gefäße mtt doppeltem Ausguß von hervorragend schöner Ausführung. — Gold- und Silberfunde. Schrank 369. Pachacamac (bemalte Becher); Cuzco (kleine Amphoren und Schalen). Schrank 381. G e w e b t e S t o f f e u n d G e w ä n d e r , zum Teil mit prächtigem Federschmuck verarbeitet in verschiedenster Technik und vielfach künstlerischer Ausführung. W a n d zu Saal IV. Proben von P o n c h o s mit Feder- und Silberverzierung. Altperuanisches H o l z g e r ä t : Webstühle, Schaufeln, Ruder, Steuer, Waffen (Morgensterne mit Stein- und Bronzesternen), Würdeabzeichen. Glaskasten. M u m i e e i n e s P u m a (felis concolor) mit fürstlichem Schmuck u. Federkrone, Federgewand, goldenen Spangen, Ketten von Muscheln, hartschaligen Früchten etc. Mittelschrank 391—395. M u m i e n , teilweise in Originalverpackung mit den (noch darin enthaltenen) Skeletten. Auch zwei Mumienskelette (aus Chimbote) in gestreckter Lage. Der Kasten in 3g 1 enthält alle Beigaben eines Grabes von Ancon; Silbertnaske. In 392 tätowierte Arme und Hände. Kindermumitn mit eingesetzten Augen (Tintenfischaugen). In 395 große Silbermaske (Mumienkopf) mit goldener Nase. — Schädel, Steinbeile. Zwischen Mittelschrank 325 und 396 großer geschnitzter Holzpfeiler. Mittelschrank 396. An der Seite. Silberschmuck (Ketten, Nadeln), Waffen mit Silberbeschlag. Steinerne Schalen. Muschelketten', gefüllte Tragnetze. Geflochtene Kopfbedeckung tnit Federschmuck. Fach 397—400. Webegerät, Stoffe. 397. Federstandarte. 398. Farben. Ohrpflöcke (Federmosaik). 39g.

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Ethnologische

Sammlungen.

Wagen; Mnemotechnische Knotenschnüre (Quipus). Netze. Schalen mit Früchten (Totenbeigaben). 400. Ohrpflöcke (Muschelmosaikj, Spindelstäbe mit hübscher buntfarbiger Ornamentierung. Fach 401. Hohpauke. Schemel, Ketten. Keulenkopf aus rotem Stein geschnitzt mit Katzenfiguren. Bronzemesser mit kunstvoll durchbohrtem Griff und figürlichem Zierrat (Fürst, auf Bahre getragen). Ähnlicher Bronzezierrat mit Schellenbehang. Bronzegerät. A n d e r S e i t e r e c h t s Schleudern.

Sibirien. Linkes Feld, Stirnseite: Verzierter Frauenrock aus dem Amur-Gebiet, aus Vogelbälgen zusammengesetzt, Pelz-Anzug eines J u r a k e n -Mannes, daneben rechts: RenntierPelz einer D o l g a n e n - F r a u . — Mittelfeld: Anzug einer J a k u t e n -Frau, daneben rechts oben: Pelzanzug, mit Glasperlen benäht, aus Kamtschatka, rechts unten: Lederrock aus Kamtschatka. — Rechtes Feld: S a m o j e d e n - Frauenpelz und -Stiefel, Stirnseite: Pelzrock, Kamtschatka. S c h r a n k II. Turkistän. Haus- und Küchengerät, Sattel- und Zaumzeug. Schrank III. Rechtes Feld: T e k e - T u r k m e n e n oder T e k i n z e n: Mänmrröcke, prachtvoll gestickte Frauengewänder, Schmuck einer A c h a l - T e k e - F r a u , Schuhzeug, Hausgerät S c h r a n k I.

u. der gl.



Mittelfeld:

Kirgisen.

Vorhang

für

den

Ein-

gang zu einer Jurte, Frauenmütze mit Gehänge aus Korallenperlen, Kumys-Löffel und Stößer zur Kumysbereitung, Ledereimer zum Wasserschöpfen, bunte Kumys-Schale, Wasserschlauch für die Reise, gedrechselte große Kumys-Schale, Melkkübel aus Leder mit Ausflußöffnung. — Linkes Feld: K i r g i s e n . Kopfbedeckungen für Männer, verzierter Filzteppich, Musikinstrumente, Hausgerät, bunter Filzsack für Trinkgefäße, Frauenschuhe mit Überschuhen. Auf dem Boden: Teppich mit eingenähten Fellstücken (von Füllen), welcher für Gäste ausgebreitet wird. S c h r a n k I V . J a k u t e n . Links: Kopfbedeckungen, vorn oben: Falle für Hermelin, links an der Stirnwand: Selbstschuß für Hasen, altertümlicher Bogen; Schlittenmodelle,

Ethnologische Sammlungen.

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geschabtes Weidenholz, welches als Wisch- und Handtuch benutzt wird, Maultrommeln, Wochenkalender, Schneebrille, Stempel, Hausgerät, Pelzstiefel, Pferdegeschirre. — Mittelfeld, oben: Götzenfiguren, Schamanen-Anzüge, Vogelfiguren von Gräbern, Schwert aus einem Schamanen-Grab e, Holzfisch, von Schamanen gebraucht, unten: Schamanen-Trommeln, Opfergefäß für Kumys', Einhorn, auf welchem der Schamane sich während des „Schamannens" in den siebenten Himmel erhebt und dann zur Unterwelt fährt', Spitzhammer, von Schamanen gebraucht. — Rechts."Tungusen, L a m u t e n : Kleidungsstücke. Schrank V. J a k u t e n . An der Rückwand: großer Fellteppich. — Rechts und Mitte: Kleidungsstücke, Schmuck. — Links: D o l g a n e n -Pelze. Schmuckkästchen einer J a k u t e n Frau. Schnitzerei: Lappländer in einem von 2 Remitieren gezogenen Schlitten. Fe?ister eines wohlhabenden Stadt-Jakuten, in Birkenrinde-Fassung. Schrank V I . Ostiaken. Linkes Feld: Kleidung, Schmucksachen, Hausgerät, Puppen mit Köpfen aus Entenschnäbeln. — Mittelfeld: Maske zum Bärentanz, Renntier-Sehnen als Nähmaterial, ostiakische Götterbilder, Modell einer Grabstätte eines h e i d n i s c h e n Ostiaken /über, nicht in der Erde bestattet], Geräte aus Birkenrinde, Kinderwiege aus Birkenrinde, Vorrichtung aus Holz, um den Kindern das Laufenlernen zu erleichtern, Hundegeschirr [Kummet], — Rechts: Pelzkleider, Augenschirm, Bogenspanner für Fuchsfallen, Falle für Eichhörnchen und Hermeline [unten an der Rückwand], Bogen, Pfeile, Mückenfächer, Schneeschuhe, ausgestopfte Wildgans als Lockvogel. Schrank V I I . S a m o j e d e n . Rechtes Feld: Kleider aus Retintierpelzen, Vogelbälgen; Kinderpuppen, links und rechts : Modellpuppen, Samojeden darstellend', Spielzeug: Stiefel', unten rechts: bunte Pelzstiefel einer Juraken-Frau. — Mittelfeld: Pelzkleider, rechts und links: rot bemalte Schneeschuhe. — Linkes Feld, oben: Oberpelz und Pelzkappe eines Juraken, Pfeile, runder Stein [Götze] von einem samojedischen Opferplatz, Holzgötze, dessen Mund mit dem Blute des geschlachteten Tiers bestrichen wird, Amulett aus einer samojedischen Winterhütte, Bootmodelle, Teile des Renntiergespanns; unten: Modell einer samojedischen Lagerstätte [Reisiggeflecht mit Pelzdecke]. Führer durch das Museum für Völkerkunde.

5

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Ethnologische Sammlungen.

Schrank VIII. G o l d e n und G i l j a k e n . Kleider aus Fischhaut, Hausgerät, Muster für Kleider, Schachteln, Taschen, Bogen, Pfeile, Steinäxte, schamanistische Geräte, Götzen, Amulette.

An der Stirnwand von Schrank V I I I — I X . Scha-

manen-Pfahl. Schrank IX. I. Feld rechts: O r o t s c h o n e n oder O r o n t s c h o n e n , T u n g u s e n (Saclialien), M a n g u n e n , Samagern; die Felder 2—ß von rechts nach links enthalten Sammlungen aus dem Gebiet der S o j o t e n am oberen Jenissei, N.-W. Mongoleiund der K a t s c h i n z e n von Minussinsk, Sibirien. — 2" Feld: 2 Schamanen-Anzüge [links der einer Schamanin]. — J s Feld: lamaistische Kultgeräte [Zauberdolch], tibetische Schriften, Götterbilder, zwei Schulterplatten vom Elentier mit Aufschriften: Om mani p a d m e hüm [ = O Kleinod im Lotos, Amen!] in tibetischer Schrift u. dergl. — 4 S Feld: Hausrat und Nahrungsmittel der S o j o t e n und K a t s c h i n z e n . — 5" Feld: Hausrat, Sättel; Mitte vorn: Arzeneikräuter und Medizinen der K a t s c h i n z e n ; Schachspiele, Domino chinesischer Arbeit, chinesisches Schreibzeug und russisches Rechenbrett", Warenmuster [Handel der Russen mit den U r i a n c h a i e r n . ] — 6' Feld: T u r k i s t ä n , B u c h a r a : Kleidungsstücke, Hausrat, Zaumzeug, Schabracken. Schrank X. Turkistän. Linkes Feld: Anzug eines Derwisch aus Yarkand, Mützen, Rassel, Stock eines Derwisch (Persien), Rosenkränze aus Yarkand, Holzkugel mit langer eiserner Spitze zum Selbstpeinigen', links: Flickenrock, rechts: Pelz eines persischen Derwisch. — Mittelfeld: Männerkostüm aus Buchara. — Rechtes Feld: Kleiner Teppich aus Yarkand, Anzug eines Turkmenen aus Taschkend. Schrank XI. Turkistän. Rechtes Feld: Frauenkleidung und Schmuck, Stoffproben. — Mittelfeld: Frauenkostüme aus Buchara. — Linkes Feld: Kleidungsstücke aus Yarkand, Buchara. Schrank XII. T u r k i s t ä n , meist Yarkand. Links: Waffen. — Mitte: Musikinstrumente, Weberei, Färberstempel, Stoffproben, Werkzeuge für Schneider und Schuhmacher. — Rechts: Werkzeuge für Zimmerleute, Ackergerät.

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Schrank X I I I . Linkes Feld: Kleidungsstücke aus I l d s c h i , Turkistän. — Mittelfeld, Rückwand: buntes Formular eines Heiratskontraktes, P e r s i e n ; vorn: tönerne Ollampen, Glasfläschchen aus T a s c h k e n d etc., Tabackspfeifen aus Kürbis, Tabacksdosen, Schnupf tabacksdosen aus T u r k i s t ä n, Farben und Drogen aus Yarkand. — Rechtes Feld: T u r k i s t ä n und P e r s i c n : Schrift und Druck, Schreibzeuge, Lesepulte u. a. m. Schrank X I V . P e r s i e n . Links: Frauenschleier, Hausrat, unten: Fußbekleidungen, Spielzeug. — Mitte, an der Rückwand: Türvorhang aus Lspahan, vorn: Stickereien, Zeugmuster, Musterstempel zum Bedrucken von Zeugen, Hausgerät. — Rechts: Keramik, Hausgerät. Schrank X V . P e r s i e n . Rechts: Waffen. — Mitte: Kleidungsstücke, Spiele, Musikinstrumente. — Links : Kleidungsstücke, Wasserpfeifen. Schrank X V I . P e r s i e n , Proben des Kunstgewerbes. Linkes Feld: Metallarbeiten. — Mittelfeld: Töpferei [Kum], Holzschnitzereien, geschnitzte Löffel, Elfenbein-Mosaiken, bunt bemalte und lackierte Kästen und Schreibzeuge. — Rechtes Feld: Geschirre und Schmuck für Pferde u. s. w., Glocken für Maultiere, Esel, Lämmer; Handwerkszeug, Modell eines persischen Dorfs, Modelle von Haus- und Ackergeräten. Schrank X V I I . D a m a s c e n e r i n in vollem Schmuck', sonstiges Zubehör. Schrank X V I I I . Rechts: D o l g a n e n u n d T u n g u s e n : Perlenverzierte Mädchenschürze, Gürtel, Beutel; Renntierzaum', Hausgeräte. Schrank X I X . Links: S a m o j e d e n : Oberdecke und Sack aus Renntierfell, Putzstiefel, Nadeln zum Stricken der Netze, Köcher mit Pfeilen. — Mitte: J e n i s s e i - O s t j a k e n : Hölzerne Vögel von schamanischen Opferstätten, Rückenlehne eines Schlittens, Hausgerät, Spielzeug, Kinder-Schneeschuhe, Mulde zum Säen, Schachfiguren. An der Fahrstuhlwand: Schrank 204—206. A i n u . Die Ainu, die ursprünglichen Bewohner der japanischen Inselwelt, haben allmählich dem Vordringen der Japaner weichen müssen, und beschränken sich gegenwärtig auf die Insel Yezo, einen Teil der Insel Sachalien und einen Teil S*

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Ethnologische Sammlungen.

der Kurilen. Sie nehmen sprachlich eine isolierte Stellung ein, bieten jedoch ihrer Religion nach manche Berührungspunkte mit den sibirischen Stämmen, mit denen ihnen u. a. der Bärenkultus gemein ist (vgl. die japanische Bildrolle mit Darstellung des Bärenfestes, in der PhotographieenVitrine in der Mitte des Saales. Schrank 132. B u r j a t e n : Schamanen-Anzüge und Frauenkostüm.

Frei im Saal. An der inneren Fensterwand: Modell der Jurte eines wohlhabenden Jakuten, Modell der Jurte eines ärmeren Jakuten. Auf Schrank I I : Tongefäße aus T a s c h k e n d , Reisekoffer aus B u c h a r a , viereckiger Ledersack nebst Stößer zur Kumysbereitung, K i r g i s e n . Auf Schrank I V : Fischreusen, J a k u t e n . Auf Schrank V I : Fischkorb-Modell und Fischnetz, O s t jaken. Auf Schrank V I I I : Selbstschüsse für Zobel, G o l d e n und S a m a g e r n ; Karpfennetze, G o l d e n und G i l j a k e n ; Ruder, dgl.; Wiegen, G o l d e n ; Kameel-Saumsattel, S oj o t e n; Fischerboot aus Birkenrinde, G o l d e n . Auf Schrank X I : Landkarren, Y a r k a n d . Auf Schrank X I I I : Bild der Gemahlin des Schah von Persien, 1854, an der Seite: persische Miniaturen. Auf Schrank X I V : Bild des Schah von Persien 1854. An der Seite von Schrank X V : Persische Miniaturen. An der äußeren Fensterwand: Bett aus B u c h a r a , Wasserbecken mit kufischer Inschrift.

I. STOCKWERK. Eingang links: Afrika und Ozeanien.*) Eingang rechts: Amerika. S A A L I und II. Afrika. Die Bevölkerung Afrikas bildet kein homogenes Ganze, sondern zerfällt in vier große Gruppen oder Schichten, die noch in ihrer heutigen geographischen Verbreitung die Reihenfolge ihrer Einwanderung in die jetzigen Wohnsitze wiederspiegeln. Die ältesten Bewohner des Kontinents, und wahrscheinlich Ureinwohner, sind ohne Frage die hellfarbigen Südafrikaner, die Buschmänner und Hottentotten, denen man diesen Rang mit um so größerer Berechtigung zusprechen kann, als sie eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit jenen merkwürdigen kleinwüchsigen und kulturarmen *) Die Sammlungen sind nach geographischen Gesichtspunkten geordnet, indessen ist bei deren andauerndem, kräftigen Wachstum eine räumliche Trennung nicht immer durchführbar gewesen, sodafs neben einander stehende Schränke oft Sa?nmlungen aus ganz verschiedenen Gegenden Afrikas und Ozeaniens enthalten. Die Schränke verteilen sich auf die einzelnen Säle folgenderrnafsen: Es enthält Saal I die Schränke i—40, 233—2ßg, 250—255, 2gi—2g4 und die Wandplatten 261 und 262; Saal II die Schränke 41—50, 228—232; Saal III „ „ —81, 240—246, 24g, 263, 255, 2g6; Saal IV „ „ 201—227, 24j, 248, 264, 265, 2gj; Galerie des Lichthofs: die Schränke 256—260; Saal VII in der ß. Etage: die Schränke 266—2Q0.



Afrika.

Jägerstämmen, den Pygmäen oder Zwergvölkern, besitzen, die im ganzen centralen Afrika unter den hochgewachsenen Bantustämmen ein kümmerliches Dasein führen und in allen ihren Zügen sich als zurückgedrängte Reste einer Urbevölkerung kennzeichnen. Nördlich an die hellfarbigen Stämme schließt sich, in kompakter Masse den ganzen übrigen Süden des Erdteils bis etwa zum 5 0 nördl. Breite ausfüllend, die Gruppe der Bantuvölker an, über deren Einwanderung wir zwar nichts Bestimmtes wissen, die aber ohne allen Zweifel jünger sind als ihre hellfarbigen südlichen Nachbarn. Von allen afrikanischen Bevölkerungselementen bilden die Bantu (Plural von Umu-ntu, Mensch, Mann) die gleichartigste Masse, sowohl der Physis wie der Sprache nach. Dagegen ist der nördliche Zweig der Negerbevölkerung Afrikas, die von mehreren Forschem den Bantu als eigentliche Neger gegenübergestellten Sudan-Neger, in so hohem Grade mit fremden, meist berberischen Elementen, durchsetzt, dafs das ursprüngliche Völkerbild hier stark verwischt worden ist und eine allgemeine Charakteristik einfach ausgeschlossen erscheint. Noch nicht geklärt ist die anthropologische Stellung der Fulbe (Fellata, Fullah, Peul), jenes hellfarbigen Hirtenvolkes, das, von Westen, vom Senegal, kommend, sich den ganzen westlichen Sudan unterworfen hat. Ihre Sprache zeigt Anklänge ans Hamitische, nimmt aber sonst eine sehr selbständige Stellung ein. Weit jünger auf afrikanischem Boden als die Neger, wenn auch schon in grauer Vorzeit eingewandert, sind die Hamiten, die einen großen Teil des gesamten Nordens von Afrika bewohnen und zu denen von manchen Gelehrten aufser den Ägyptern auch die zahlreichen Berber- und Bedscha-Völker, die Somal und Galla gezählt werden. Das jüngste Bevölkerungselement sind endlich die in historischer Zeit aus Asien herübergekommenen Semiten, Völker durchweg arabischer Stammesangehörigkeit, deren älteste Einwirkung in der Verpflanzung himjarischer Sprache nach Abessynien besteht, während die neuere Einwanderung an die große, durch den Islam hervorgerufene Kultur- und Religionsbewegung sich anschließt.

Afrika.

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I. Südafrika. A. Die hellfarbigen Völker ( H o t t e n t o t t e n und B u s c h m ä n n e r ) .

Die H o t t e n t o t t e n bewohnen hauptsächlich DeutschSüdwest-Afrika; ihre Nordgrenze ist etwa der 23 0 südl. Br., wo sie an die Herero grenzen. Sie sind ein Hirtenvolk, im Gegensatz zu den unter ihnen und in der Kalahari (Kung, Haiumga) zerstreut lebenden B u s c h m ä n n e r n , die ein unstetes Jägerleben führen. Stärkster und reinster Stamm der Hottentotten sind die Nama in Groß-Nainaland; mehr mit fremden Elementen durchsetzt sind dagegen die Griqua an den Karroobergen und in Griqualand und die Koranna im Gebiet des Oranjefreistaats. Mischlinge von Hottentotten und Weißen sind die Bastards, die sich zum Teil zu eigenen Stämmen zusammengeschlossen haben. Bemerkenswert aus dem Kulturbesitz dieser Völker sind die prachtvollen Fellmäntel (Karoß), die Steinskulpturen und Malereien der Buschmänner, sowie deren Waffen (Bogen und vergiftete Pfeile) (3h). Die den Hottentotten und Buschmännern nahestehenden Zwergvölker sind bei den Stämmen aufgestellt, unter denen sie leben; demnach siehe die Abongo bei den Gabunvölkern (4C>d), die Watwa (Bdtua und Bapoto) im südlichen Congobecken (23 und 25) sowie in Ruanda und Urundi (49, 291, 292), die Akka und Meädje bei den Niam Niam (14), die Wambutti (Ewi) bei den Zwischenseenvölkern (16). B. Die südlichen Bantuvölker. 1. Die Kaffern. Sie sind der am weitesten nach Südosten vorgeschobene Teil der Bantuvölker und deren energischste und kriegerischste Vertreter. Die Südgrenze ist jetzt der Große Fischfluß im Kapland; im Westen gehen sie bis in die Kalahari hinein. Die Grenze im Norden ist unsicher, da Kaffernhorden bis über den Nyassa-See hinaus, ja bis fast an den Victoria Nyansa vorgedrungen sind; im allgemeinen kann die Breite von Sansibar als äußerste Grenze ihres Vordringens nach Norden gelten. Heute zerfallen sie in folgende Hauptgruppen:

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Afrika.

a) Die Südost-Kaffem im Osten des Kaplandes bis zur Grenze von Natal ( A m a k o s a , A m a p o n d o , Fingu). b) Die S u l u (Zulu) in Natal und im Sululand. Sie sind der kriegerischste und bestorganisierte aller Kafferstämme und nehmen mit ihren häufigen Kriegen gegen die Weißen einen breiten Raum in der Geschichte Südafrikas ein. Zu ihnen gehören die Matabele und Amaswasi. c) Die B e t s c h u a n e n , in der Mitte Südafrikas, zwischen Oranjefluß und Sambesi. Sie sind weniger kriegerisch als die Sulu und der Kultur zugänglicher. Die Betschuanen zerfallen in zahlreiche Stämme, deren hauptsächlichste sind: die Basuto, Ost- und West-Bainangwato, Bakwena, Barolong, Batlapi, Maschona, Marutse-Mambunda, Makalaka etc. Untergegangen sind die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts an den Sambesi gewanderten Makololo. Auf das Niveau der Buschmänner herabgedrückt sind die in die Steppe hinausgedrängten und verkümmerten Bakalahari. Den kriegerischen Neigungen der Kaffern entsprechend, nimmt die Beivaffnung in ihrem Kulturbesitz die erste Stelle ein, wie die zahlreichen Angriffs- und Schutzwaffen bezeugen. Außerdem ist bemerkenswert neben der eigenartigen Fellkleidung der ungemein reichhaltige Schmuck; ferner die kunstvollen Schnitzarbeiten (Schnupftabaksdosen, Stöcke) der Sulu, die Zauberwürfel der Amakosa und die aus Straußeneiern bestehenden Wasserbehälter der Bakalahari. Ausgewählte Proben von dem Kulturbesitz der verschiedenen Kaft'ernstämme befinden sich in Schrank 2 i a > b ; der bei weitem größte Teil der Sammlungen hat wegen Raummangels weggepackt werden müssen. 2. Die südwestlichen Bantu. Die Gruppe umfafst die O v a h e r e r o (3fs), O v a m b o , O n d o n g a und O v a m b a n d j e r u (3e). Dem körperlichen Habitus nach gehören dazu auch die B e r g d a m a r a (Hau-Koin) (3e), die aber hottentottische Sprache haben. Alle diese Völkerschaften bewohnen den nördlichen Teil Deutsch-Südwest-Afrikas bis zum Cunene. Die Herero treiben ausschließlich Viehzucht, während die Ovambo schon Getreide bauen. Bezeichnend für den ganz in der Viehzucht aufgehenden Charakter der Herero ist die ungemein große und mannig-

Afrika.

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faltige Sammlung von Geräten für Milchwirtschaft, eigenartig ist auch die Kleidung und der Schmuck, besonders der Hererofrauen, und schließlich die mehr auf die Parade als den Angriff berechneten Waffen. (Ein großer Teil der sehr reichhaltigen Sammlungen aus Deutsch - Südwest - Afrika ist aus Mangel an Raum nicht aufgestellt.) . II. Zentralafrika. A. Der "Westen. Die ungeheure Menge der im gewaltigen Becken des Congo und an der langgestreckten Westküste wohnendjen Bantuvölkerschaften zerlegt man behufs leichterer Ubersicht am besten in geographisch bestimmte Gruppen, deren Benennung sich vorteilhaft an die Stromgebiete anschließt. i. Kassai-Völker. Nördlich von den im Museum nicht vertretenen Völkerschaften der Wasserscheide zwischen Sambesi und Congo, den Ambuella, Ganguella, Luchaze etc., nehmen die L u n d a - V ö l k e r einen breiten Raum ein. Ihre politische Organisation gipfelt in dem durch seine merkwürdige Regierungsform berühmten Lundareich des Muata-Jamwo (28), doch gehören zu den Lundavölkern auch noch die überaus rührigen und als Jäger und Händler geschickten K i o q u e (36), wie auch die Bewohner von Kazembe's Reich. Von höherem Interesse und auch stärker in den Sammlungen vertreten sind die durch die Reisen von Pogge, Wissmann, Wolf, v. François etc. so bekannt gewordenen Stämme im Norden der Lundavölker, die verhältnismäßig hochkultivierten B a k u b a (27) und die B a l u b a mit ihrem durch den erst vor wenig Jahrzehnten eingeführten Hanf - ( Riamba ) Kultus merkwürdigen Seitenzweig der B a s c h i l a n g e (26). Zu ebenderselben Gruppe zwischen dem Loango im Westen und dem Lualaba-Congo im Osten gehören ferner noch die durch arabische Sklavenhändler ausgerotteten Benekki, die Bassonge, Batetela, Bena-Lussambo, Bena N'Gongo im Süden, und die Bakete, Bassongo-Mino, Bajeje etc. an den nördlichen Zuflüssen des Kassai (Sankurru) (24. 26. 27). Zwar dem Kassaigebiet, aber einem anderen Kulturkreise gehören die An-

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wohner des Kuango an, die Minungo, Songo, Bangala, Schinsche, Hollo (36) an dessen Oberlauf, die M a y a k a l l a (36) am Mittellauf und die W a b u m a (25) um die Einmündung des Kuango in den Kassai und an dessen unterstem Lauf selbst. Räumlich weit von allen diesen Völkerschaften getrennt, nur flüchtig von europäischen Reisenden (v. François) berührt und in ihrer ethnologischen Stellung noch wenig bekannt sind die Anwohner des Lulongo, Tschuapa und Bussera, die Balolo, Imballa, Inkundo und Baringa, und die Bena-Kamba am Mittellauf des Lomami (25). Spärlich über den zentral-afrikanischen Urwald verteilt leben inmitten der hochgewachsenen Bantustämme die Batua und Bapoto, Angehörige der merkwürdigen, kleinwüchsigen Urrasse, die B a t u a besonders im Flußgebiet des Sankurru (27), die B a p o t o am Tschuapa (25).

Neben vielem Gemeinsamen, z. B. der aus den Fasern der Raphiapalme geivebten Kleidung, dem geflochtenen oder durchflochtenen Schild und dem das Abgleiten der Sehne verhindernden Bogenknauf, haben alle diese Völkerschaften ihre Besonderheiten, die im Charakter des Kulturbesitzes t r e f f l i c h zum Ausdruck gelangen. Besonders bemerkensivert sind: 24: Die überaus elegant und kunstreich gearbeiteten Messer, Axte und Speere, die feinen Matten aus Raphiafaser. 25 : Die großen Trommeln in Menschengestalt, ein Thürschlofs aus Holz, die Idole vom Sankurru. 26: Raphiazeuge, besonders von den Tupende (auch in 25, 27, 28, 36) ; ein außerordentlich schöner Baluba-Fetisch, einen alten Krieger in voller Rüstung darstellend; die Difuma dia Dikongo, das alte Reichsscepter des Baschilange-Häuptlings MonaKatembe', Kopfschmucke, aus Holz geschnitzte Trinkhörner. 27 : Merkwürdig geformte runde Wurfmesser vom Kassai, Korbflechtereien, Kopfbedeckungen ; hölzerne Trinkbecher in Form menschlicher Köpfe. 28: Großes Musikinstrument (Marimba), Keulenszepter. 36: Kioque-Fetische (a, b), an ägyptische Figuren erinnernd, Mayakalla-Kopfputz (c). 2. Die Congovölker.

a) Aus dem Gebiet des o b e r s t e n C o n g o bis zu den Stanley-Fällen hinunter sind im Museum vertreten:

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Das große, mit den Baluba nahe verwandte V o l k der Warna, ferner die Wamarungu, Waguha, Wabudschwe, Wasi-Malungo, Waregga (23); nördlich schließen sich an die räuberischen M a n y e m a und die Wakussu (24a).

Zu erwähnen- sind die schon geschnitzten Ahnenfiguren, Bogenhalter und Trommeln der Warua, die Speere und Schwerter der Manyema und Wakussu, die Schilde der WasiMalungo und Wabudschwe (Saal /, nördl. Längswand). b) D e n o b e r e n C o n g o von den Stanley-Fällen abwärts bewohnen Stämme (Wakumu, Wabuna, Wassangolo, Basoko), deren Technik, soweit sie sich in ihren Schilden und Angriffswaffen offenbart, sicherlich am höchsten von allen zentralafrikanischen Völkern steht (33). Bekannter als alle diese sind die zwischen unterem Ubangi und Congo sitzenden Bangala, ein Handelsvolk, das gleich den um die Kassaimündung wohnenden Bayansi und Bateke ausgezeichnet ist durch den ungemein massigen Schmuck, der in Gestalt schwerer Metallringe um Arme, Hals und Beine getragen wird (40).

Beachtenswert in 40 ist außerdem noch die Reihe der Bateke-Fetische, die geschnitzte und bemalte Haustür der Wambundu, die Rieht- und Opfermesser der Bangala und die mannigfaltigen Formen der Wurfmesser und des Eisengeldes.

c) Der u n t e r e C o n g o . V o m Stanley-Pool abwärts bis zur Mündung werden die Ufer des Stromes von Stämmen bewohnt (Babwende, Bakongo, Mussorongo, Muschikongo, Kakongo), die mit den Völkerschaften im nördlichen A n gola, wie auch den zahlreichen Stämmen der Loangokiiste ethnographisch die größte Ähnlichkeit besitzen. V o n den Loangostämmen seien nur erwähnt die Bawili, Mayombe, Bakunya, Bayaka, Bantetje und Balumbo.

Die Sammlungen, soweit sie Kultus und Aberglauben dieser ganzen Region betreffen, sind in 280a und 283 aufgestellt. Der übrige Kulturbesitz dieser Völker befindet sich in 4e' /. Interessante Elfenbeinschnitzereien und eine große Federmaske der Bawili in 38. 3. D a s Uélle-Gebiet ist der Sitz der hochkultivierten, aber menschenfressenden Monbuttu, der gleichfalls anthropophagen Niam Niam,Bombé, Makraká, Momfú,Bubu etc.( 14).

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Von den Monbuttu sind zu nennen die Sichelmesser, Tongefäße, großen viereckigen Schilde, von den Niam Niam die großen Elfenbeinhörner, Wurfmesser, Haarnadeln, Saiteninstrumente, von den Bubu die schönen Speere. 4. Ogowe-Völker. Keilförmig schiebt sich zwischen die Stämme der Loangoküste einerseits und die von Kamerun andererseits die Völkergruppe der menschenfressenden F a n , deren ständiges Vorrücken nach dem Meere die früher im Ogowegebiet ansässigen Stämme z. T . fest an die Küste gepreßt, z. T. schon auf das linke Ogoweufer hinübergedrängt hat. Die hauptsächlichsten dieser letzteren sind: die Akelle, Mpongwe, Osekiani, Orungu, Ininga, Galloa, Okota, Okande, Apingi, Osaka, Aduma und Mbamba (40- d ). Beachtenswert sind außer den Korbflechtereien und Holzschnitzereien die Eisenarbeiten der Fanvölker (Schwerter und Wurfmesser); von hohem Interesse auch die wahrscheinlich den portugiesischen Entdeckern entlehnten, sonst in Afrika nicht vorkommenden Armbrüste. 5. Kamerun. Reich vertreten sind in den Sammlungen des Museums die Völkerschaften des deutschen Schutzgebietes Kamerun. Im Mündungsgebiet des gleichnamigen Flusses sitzen die Dualla, ein durch jahrhundertlange Berührung mit Europäern keineswegs veredeltes Handelsvolk, am Südhang des Kamerunberges um Buea die Bakwiri ( 4 a b ) . Die nördlich davon wohnenden Bakundu und Bafö, die Balung am Mungo, sowie die westlich von den Bakundu bis zum Cross River sitzenden Keaka, Ngolo und Ekoi zeichnen sich durch ein hochentwickeltes Fetischwesen aus ( 2 1 c , 3 7 a b , 38, 39 und 252). Charakteristisch für Kamerun sind i7i erster Linie die für die sogenannte Trommelsprache gebrauchten Signaltrommeln, ferner die Masken und Maskenanzüge, die Stühle (oben auf dem Schrank) und Boote mit ihren reich geschnitzten phantastischen Schnäbeln und bemalten Rudern (östliche Querwand von Saal I und Sehr. 13). Beachtenswert sind auch die Fetischfiguren der Bakundu, Balung, Ngolo u. s. w., sowie ihre sonstigen Holzschnitzereien (Türen, Glocken, Blashörner) (.37a' b> 38, 39, 252).

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Das Kamerun-Hinterland beherbergt keine einheitliche Bevölkerung. , Von Süden und Südosten drängen die Fan nach Norden und nach der Küste, und von Norden her dringen sudanische Stämme weiter und weiter nach Süden. Dergestalt werden die alteingesessenen Völkerschaften immer mehr eingeengt. Von diesen die bedeutendste sind die Baköko (Welle), an die sich die küstennahen Batanga (s. deren Brandungsboot, Saal I nördl. Längswand), Mabea und Ngumba angliedern (34). Von den Fanvölkern ist der Stamm der Yaunde nebst seinen Nachbarn, den Bule, Bane, Batschinga, Yetuti, Bawa, Yatenge und Mpopg, reich vertreten (30, 27g, 285).

Bei den Yaunde und den übrigen Fanstämmen nehmen das größte Interesse in Anspruch die auf die Pubertätsfeier bezüglichen Gegenstände, besonders die von den mannbar werdenden Jünglingen (infoun) während der Übergangsperiode angelegten Kleidungsund Schmuckstücke; ferner die bei dem beliebten Hasardspiel gebrauchten geschnitzten Spielmarken, Holzmasken mit Hörnern, das Eisengeld u. a. m. Von den Bakoko sind besonders zu erwähnen die eigenartigen geschnitzten Saiteninstrumente, die gemusterten Weiberschurze aus Blattstreifen, bemalte Zierbretter von Häusern (in 295); von den Ngumba die Ahnenfiguren (Ngule malang).

Von den Sudanstämmen des Kamerun-Hinterlandes sind die Wute der bedeutendste. Aufser ihnen sind auch die kleinen Stämme der Bonso, Bati, Genoa und Yanguana vertreten (31). Östlich der Wute wohnen die Baia und verwandte Stämme (Forra, Yangere etc.), die den Übergang zu den Uelle-Völkern bilden ( i a ) .

Zu erwähnen ist besonders die Bogenspannung der Wute mittels geschnitzter Spannhölzer, von denen eine ganze Reihe, neben vielen Schutzpolstern für das linke Handgelenk, in 31" ausgestellt sind. Andere bemerkenswerte Erzeugnisse ihrer hochentwickelten Technik sind die Schwerter, die Kalebassen etc.', auch ihre riesigen, aus Büffelhaut gefertigten Schilde (nördliche Längswand Saal I) verdienen Beachtung. Wurfmesser und Spielmarken der Baia.

Aus dem nördlichen Kamerungebiet sind von den Waldlandstämmen die Mabum, Batöm, Banyang und

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Bangwa im Museum vertreten, von den Graslandstämmen die erst im Anfang unseres Jahrhunderts aus dem Benuegebiet in ihre jetzigen Sitze eingewanderten Bali und Bagam. Einzig in ihrer Art ist die Kollektion von Pfeifen und Pfeifenkopfen der Bali (235 und 236); ferner hervorzuheben die Tongefäße, Körbe und Kalebassen (ebenda und 38ab), sowie die Stühle und die Hinterschurze der Frauen (29). Von den Bagäm sind zu beachten die aus Messing gegossenen Pfeifenköpfe und Armringe; von den Banyang hauptsächlich die höchst merkwürdigen aus Holz geschnitzten und mit Haut überzogenen Köpf e (29b); von den Bangwa interessante Holzschnitzereien, besonders Figuren und Masken (32). Eine Anzahl größerer Holzfiguren, sowie ein geschnitzter Hauspfeiler der Bangwa stehen frei neben den Schränken 25—38. 6. Ober-Guinea. a) C a l a b a r und die Nachbargebiete schließen sich ethnographisch eng an Nordwest-Kamerun an, wogegen die Bubi auf Fernando Poo eine selbständige Stellung einnehmen (37 c ). Bemerkenswert sind die Holzspeere (über dem Schrank), sowie der Schmuck der Bubi. b) Benin. (5, 6, 22, 2 5 3 — 2 5 5 , 261, 262). Großartige Blüte von Metalltechnik und Elfenbeinschnitzerei im 16. u. 17. Jahrh. Gußverfahren in verlorener Form (cire perdue). c) Die S k l a v e n k ü s t e umfaßt die Landschaften Yoruba, Dahomey und Togo, alle reich im Museum vertreten. (Ein beträchtlicher Teil der Sammlungen ist indessen Raummangels wegen nicht aufgestellt.) 1h enthält die Sammlungen aus dein Gebiet von Lagos, dem Yoruba-Lande und dem dahinter liegenden Reiche Nupe am mittleren Niger. Große buntgefärbte Deckelkörbe, geschnitzte Kürbisschalen, schöne Tongefäße und Lampen, Gefäße aus Messingblech (auch auf Sehr. 10 u. II), Fetischgeräte aus Eisen. Sehr merkwürdig sind die Armringe aus Glas, die nur in Bidda, der Hauptstadt von Nupe, aus europäischen Flaschen angefertigt, aber durch den Handel weithin verbreitet werden. Eine zweiflügelige geschnitzte Tür aus Nupe zu beiden Seiten des Postaments der Nachtigal-Büste.

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11" Dahomey. Eigentümlich geformte Beile und Schwerter, eiserne Fetische, Ledertaschen mit aufgenähten Verzierungen. 2 geschnitzte Hauspfeiler neben dem Schrank, ein Königsstuhl an der Fensterwand gegenüber Sehr. 6. 7—10, 12, 251, 282, 284 Togo und Hinterland (hauptsächlich die auf französischem Gebiet liegenden Landschaften Sugu, Gurma, Grussi, Mossi). Das s ü d l i c h e T o g o (außer dem Küstengebiet die Landschaften Agotime, Agome, Towe, Ho, Kuve, Anfoe etc., größtenteils bewohnt von Völkern, die verschiedene Dialekte der Ewe-Sprache sprechen) (Sehr. 8) und das m i t t l e r e T o g o (Landschaften Kratschi, Gonya, Adeli, Boem, Afcposso, Atakpame, Pessi etc.) (Sehr. 9, 10) zeigen in ethnographischer Hinsicht keine grofsen Verschiedenheiten. Im Süden macht sich der Einflufs der Europäer, im Norden der der Haussa stark bemerkbar. Zu großer Entwicklung ist das Fetischwesen gelangt (Tonfetische, Amulette, Fetischtrommeln mit Schädeln erschlagener Feinde, Blashörner mit menschlichen Unterkiefern). Verbreitete Industrien sind Weberei (Webstühle und Baumwollstoffe) und Töpferei (Tongefäße, Lampen, Pfeifenköpfe). Geschnitzte Stühle. Unter den Musikinstrumenten: eigenartige Saiteninstrumente und Doppelglocken. Wesentlich verschieden in Sprache und Kultur sind die Völker des n ö r d l i c h e n T o g o , die sich, soweit sie von Haussaeinwirkung freigeblieben sind, eine sehr ausgeprägte Eigenart bewahrt haben. Ausgezeichnet durch eine hochentwickelte Eisenindustrie sind die Bewohner der Landschaft B a s s a r i ; ihre Erzeugnisse, besonders Hackenklingen, die auch als Geld dienen, gehen bis in das südliche Togo. Ausgestellt sind in Sehr. 12 a Schmiedegeräte (Blasebalg, Steinhämmer etc.), Roheisen in Kugelform mit Gras- und Lehmumhüllung, sowie die hauptsächlichen Fabrikate. Ferner zu erwähnen der durch reiche Verwendung von Kauris ausgezeichnete Schmuck (12 b ), Messer mit Ringgriff, Halsketten mit Amuletten. Östlich von Bassari liegen die Landschaften T s c h a u t s c h o , T s c h a m b a , B a f i l o , B o und jenseits der deutschfranzösischen Grenze S u g u ( i 2 b , c ) . Hervorzuheben die in

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T s c h a u t s c h o bei V o r n e h m e n ü b l i c h e n V e r z i e r u n g e n d e r H ü t t e n s p i t z e n ( 1 2 b ) , die mit A m u l e t t e n b e s e t z t e n M ü t z e n , geschnitzte K a l e b a s s e n aus T s c h a m b a mit d e n d a z u g e b r a u c h t e n S c h n i t z w e r k z e u g e n ; B a u m w o l l s t o f f e aus Sugu. S e h r eigenartig sind die B e w o h n e r d e r L a n d s c h a f t K a b u r e (251). 2 5 1 * enthält v o r w i e g e n d S a c h e n , d i e v o n den T ä n z e r n beim K o n d o - T a n z getragen w e r d e n : K a p p e n mit H ö r n e r n u n d a n d e r e n V e r z i e r u n g e n , eiserne O b e r a r m schienen, eiserne S p e e r e mit e i n e m H a k e n , Beile mit eigentümlich g e f o r m t e n K l i n g e n , große eiserne G l o c k e n u n d v e r s c h i e d e n e S c h m u c k s t ü c k e für K o p f , Brust u n d R ü c k e n . 2 5 1 b : W a f f e n (Streitäxte mit h a l b m o n d f ö r m i g e r K l i n g e , Streithämmer, B o g e n u n d Pfeile, M e s s e r mit R i n g g r i f f ) ; ferner T a b a k s p f e i f e n , W e r k z e u g e u n d S c h m u c k . 251c: Fetischfiguren und andere Fetischgeräte; Armringe und Kaurischmuck; Kopfbedeckungen, Schurze; Blashörner, Signalpfeifen und Glocken. Sehr. 7 enthält S a m m l u n g e n v o n d e n T a m b e r m a , S o r n a , M o b a und B a r b a . T a m b e r m a u n d Sorna: kleine r u n d e g e f l o c h t e n e S c h i l d e ( W a f f e n u n d K r i e g s s c h m u c k im a l l g e m e i n e n ähnlich wie in K a b u r e ) ; T a b a k s p f e i f e n ; M o d e l l einer B u r g an d e r südl. W a n d v o n Saal I. M o b a : B o g e n mit R o t a n g s e h n e , mit Fellstreifen u m f l o c h t e n e K ö c h e r , Schleudern, Holzfiguren. B a r b a : S p e e r e mit vergifteter, a b n e h m b a r e r Spitze. N o r d w e s t l i c h v o n Bassari w o h n t eine A n z a h l h e i d n i s c h e r S t ä m m e , die unter d e m N a m e n K o n k o m b a z u s a m m e n gefaßt w e r d e n (282 d ). Z u e r w ä h n e n : F e l l k ö c h e r , z. T . mit K a u r i s verziert, Pfeile mit einseitiger K e r b e , eiserne B o g e n spannringe, M e s s e r mit Ringgriff. D i e L a n d s c h a f t e n D a g o m b a (282 d ), M a n g u (284 a - b ), G u r m a (284°), G r u s s i u n d M o s s i ( 2 8 4 d ) bilden Staaten, die unter d e r H e r r s c h a f t m o h a m m e d a n i s c h e r K ö n i g s f a m i l i e n stehen, w ä h r e n d die B e v ö l k e r u n g n o c h z u m g r o ß e n T e i l h e i d n i s c h ist. E n t s p r e c h e n d ihrer teilweisen Islamisierung ist die K u l t u r dieser V ö l k e r stark v o n d e r ihrer m o h a m m e d a n i s c h e n N a c h b a r n , b e s o n d e r s d e r Haussa, beeinflußt. D i e K l e i d u n g d e r H a u s s a ( T o b e n u n d H o s e n ) , ihre L e d e r arbeiten, K o r b f l e c h t e r e i e n etc. sind überall verbreitet. Ge-

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meinsam sind allen die entweder mit aufgenähten Amuletten besetzten oder mit Koransprüchen bemalten Kriegsmäntel. Außerdem zu erwähnen: aus M a n g u : Schwerter mit vergoldetem Griff (wie an der Goldküste), Bronze- und Silberschmuck, mit Opferblut bestrichene Fetischtrommeln; aus Gurma: Holzstühle mit Brandmalerei, äußerst schwere Armringe aus K u p f e r oder Messing; aus Mossi: schöne Gewebe, geschnitzte Holzgefäße. Die H a u s s a haben an allen wichtigeren Handelsorten Niederlassungen. V o n ihnen gefertigte und hier importierte Sachen in Sehr. 2 8 2 Z u erwähnen: Toben, Baumwollstoffe, Sättel und Pferdegeschirr (gegossene Metall-Steigbügel), ziselierte Messinggefäße etc. d) Die G o l d k ü s t e mit dem Aschantireich ist ausgezeichnet durch seine Metallindustrie (Goldschmuck, Goldgewichte, Scepter) ( n b c , 263). e) Aus dem westlichen Ober-Guinea sind die Landschaften L i b e r i a , S i e r r a L e o n e , S e n e g a m b i e n vertreten, besonders die Stämme d e r K r u , V e y , Mandingo, Papel, Balante(286). Zu erwähnen sind die Lederarbeiten der Mandingo und die Masken des Purrah-Geheimbundes.

B. Der Osten. Die Nordgrenze der Bantuvölker weicht im Osten des Erdteils mehr und mehr nach Süden zurück, von 5 0 n. Br. am Busen von Guinea bis unter den Äquator am indischen Ozean. Auch diese östliche Hälfte des Bantugebietes ist gleich vielen anderen Teilen Afrikas ausgezeichnet durch zahlreiche Völkerbewegungen und Durchdringungen, die zum Teil in der Gegenwart noch fortdauern. In die Masse der seßhaften Stämme des Sambesi- und Nyassagebiets sind erst spät in diesem Jahrhundert versprengte Suluhorden des Südens (Masitu, Wangoni, Atonga) verheerend eingebrochen , während seit unbekannter Zeit nilotische, besonders aber hamitische Elemente (Massai, W a h u m a , Galla, Somäl) langsam, aber unaufhörlich die nördliche Grenze des Bantubereichs nach Süden verschieben. 1. Das Zambesigebiet (43 u. 44). V o n den seßhaften Stämmen seien hier nur erwähnt: in der N ä h e der Führer durch das Museum für Völkerkunde.

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Küste die Landin, am Mittellauf die Banyai. Die wichtigste Völkergruppe des Gebietes sind die Manganja mit den Unterabteilungen der Maravi, Marimba, Matschewa, alle ausgezeichnet durch den Lippenpflock (pelele) (44). Ihnen nahe steht das große Volk der Makua im Hinterland der Mosambique-Küste (43). Zu beachten ist die eigenartige Technik der Drahtumflechtung von Speerschäften, Axtstielen etc.", ferner auch die ausgezeichnet gewirkten Gürtel aus Missongwe am unteren Flufslauf, Musikinstrumente und Holzschnitzereien (Kopf bänke). 2. Das Nyassagebiet (4id> e, 42, 44, 278°- d). Den Süden des Sees umsäumen die schon erwähnten Manganja, arg bedrängt von den tatkräftigen Wayao, die sich im Lauf der letzten Jahrzehnte von ihren ursprünglichen Sitzen am oberen Rovuma auch nach der Küste zu mehr und mehr ausgebreitet haben. Durch diese Völkergruppe hindurch, ebenso wie am Westufer des Nyassa hinauf sind die Sulustämme der Magwangwara (Wamatschonde) (41 c), Atonga und Angoni (278 c i d) nach Norden gedrungen; diese haben den mittleren Teil des Westufers inne, während jene, bis vor kurzem der Schrecken der Küstengebiete, nördlich des Rovuma sitzen. Ethnographisch von hohem Interesse ist das die fruchtbare Ebene am Nordende des Sees bewohnende, hochstehende Volk der Wanyakyusa oder Konde (42 und 231), an die sich nordöstlich die Wakinga im Livingstone - Gebirge anschließen (ebenda). Am Ostufer des Sees sitzen bei Langenburg der Fischerund Töpferstamm der Wakissi und südlich derselben die Wampoto (ebenda). Aus dem Gebiet zwischen Nyassa und Tanganyika sind die Stämme der Wawemba, Wafipa, Wanyamwanga, Wamambwe, Wanyika u. a. vertreten (41 d- e). 41 d> Man beachte besonders die reichhaltige Sammlung aller bei der Gewinnung und Bearbeitung des Eisens gebrauchten Werkzeuge, die eisernen Fetische und die Messer mit geschnitzter Scheide aus Fipa. 42 u. 231. Hervorragend sind die Leistungen der Konde im Schmiedehandwerk;, merkwürdig ist ferner der Baustil (s. das Hüttenmodell), die Bemalung der Rindenstoffe, sowie die Form der alten Schutz- und Iruizwäffen (Schilde, Waffen-

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stocke, Äxte); als Kinderspielzeug dienende thonerne Rinder etc. Endlich die Thongefäfse der Wakissi. 44. Hervorzuheben sind: die Holzschnitzereien (Pfeifen in Ibisform, Axtstiele, Messerscheiden, Stühle, Musikinstrumente etc.), ferner die vielgestaltige Verwendung europäischer Perlen zu mannigfachem Schmuck. 278er- d- Beachtenswert der Kriegsschmuck der AngoniMänner (grofse Kopfbedeckungen aus Federn und Umhänge aus Fell), sowie die Bewaffnung nach Sulu-Art. 3. Gebiet zwischen Küste und Nyassa (47, 232 und 4 1 c ) . Angeregt durch die Erfolge der Magwangwara, haben in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe alteingesessener Stämme Tracht, Kriegs- und Lebensweise der Sulu angenommen, so die Wahehe, Mahenge, Wabena, Warori, Bassango. Unter der Bezeichnung „Mafiti" haben die genannten Stämme seit dieser Umwandlung den ganzen Süden von Deutsch-Ostafrika gebrandschatzt, besonders die von den Wangindo, Wamwera und Makonde bewohnten Küstengegenden. Man beachte den Sulu-Charakter der Waffen bei den erstgenannten kriegerischen Stämmen, sowie die interessanten Proben der primitiven Malkunst eines Wahehe-Mannes (47, 232). Charakteristisch für die Küstenstämme sind die Tanzmasken der Makonde, die Lippenpflöcke, die zierlichen Schnitzereien und die schön beflochtenen kleinen Kämme (41c). 4. Das Küstengebiet und die vorliegenden Inseln werden von Stämmen bewohnt, die z. T. sehr stark unter arabischem und indischem Einfluß gestanden haben. Am meisten ist dies der Fall bei den S u a h e l i (Waswahili), die die Inseln Sansibar und Pemba und die Küste (Mrima) von Mombas im Norden bis Lindi im Süden bewohnen (46). Im Hinterland von Dar-es-Salam sitzen die Wasaramo und die ihnen nahestehenden Wakami und Waluguru (45 u. 229), weiter nach Norden die Wadoé, Wakwere, Wasagara und Wasegua (2 d ), an die sich weiterhin die Wanguru, Wabondei, Waschambaa, letztere im Bergland Usambara, und die schmiedekundigen Wapare anschließen (41b). Die nördlichsten Bantustämme sind die Wadigo, Wakamba, Wateita und das Fischervolk der Wapokomo 6*

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am unteren Tana (2 c ). Der Kulturbesitz aller aufgeführten Stämme stimmt im wesentlichen überein. Hervorzuheben sind bei den Suaheli die Gebetsmatten mit eingeflochtenen arabischen Inschriften (Saal I. westl. Querwand'), die Schiffsmodelle (228), Kokosnußschaber, Silberschmuck, arabische Waffen (46), eine geschnitzte Tür, ein Stuhl mit Elfenbeineinlagen und eine große Kriegstrommel (alles freistehend in Saal II)', bei den Wasaramo die sonst in Ostafrika sehr seltenen plastischen Darstellungen des Menschen (in Gestalt von Grabfiguren), das zahlreiche Kinderspielzeug (Puppen), Musikinstrumente (Trommeln und große Blashörner), bei den als Menschenfresser verschrieenen Wado'e Trinkschalen aus Menschenschädeln, bei den IVaschambaa Schilde von altertümlicher Form, bei den Wadigo kunstvolle Pfeifenköpfe und die mannigfaltig geformten Schnupftabaksbüchsen der Wabondei und Wakamba. 5. Central-Deutsch-Ostafrika. Das größte und wichtigste Volk sind die Wanyamwesi (2 f — h ), die fast das ganze Gebiet zwischen dem Küstengebirge und dem Tanganyika und zwischen Victoria-und Rikwa-See erfüllen. Sie sind ein Handelsvolk, das jährlich viele Karawanen nach der Küste entsendet und infolge der langen Berührung mit den arabischen Händlern viel von seiner Eigenart eingebüßt hat. Erwähnenswert sind die aus der Rinde des Myombobaums gefertigten cylindrischen Schachteln (Lindo), die Kopfputze aus Grashalmen und Federn, die Schemel, der zahlreiche und mannigfaltige Schmuck. Zu ihnen gehören auch die Wassukuma am Südostufer des Victoria Nyansa (2 e ), die indessen manches mit ihren östlichen und nördlichen Nachbarn gemein haben, und die Wagalla gegen den Tanganyika hin. Typisch für die Wassukuma sind der Schild, die Blasund Saiteninstrumente. 6. Die Steppe. Am Südrand, an der großen Karawanenstraße nach Tabora, wohnen die Wagogo (2 d ), die fast alles von den nördlich angrenzenden M a s s a i (4 g , h ) angenommen haben. Diese bis vor kurzem gefürchteten, in viele Stämme (Wahumba, Sigirari etc.) zerfallenden, von

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Viehzucht und Viehraub lebenden Nomaden hamitischnilotischer Abstammung beherrschen (mit den stammverwandten Wakuafi) das Gebiet von Ugogo im Süden bis zum Kenia im Norden. Sie weichen in fast ihrem ganzen Kulturbesitz von allen bisher genannten Stämmen ab; s. z. B. die Bewaffnung (Speere, Schild, Schwert), Kleidung, Schmuck (Gesichtsumrahmung aus Straußenfedern, Hals- und Armmanschetten, sowie Ohrspiralen aus Metalldraht), Wohnung (s. Hüttenmodell). In ihrem ethnographischen Bild den Massai völlig gleich, aber zu den Bantu gehörig ist der an den Hängen /des Kilimandscharo wohnende Stamm der D s c h a g g a (4 & h ). Eingesprengt in das Gebiet der Massai lebt eine Reihe kleiner, hochinteressanter, aber noch wenig erforschter Stämme, die Wanyaturu (2 a ), Wataturu, Wafiomi, Wairangi, Wambugwe, Wassandaui, Waburunge u. a. (234 und 280''d). Zu erwähnen: Stockschilde und Schlag stocke, Wataturuspeere alter Form mit bemalter Klinge, spitzenartig durchbrochene Lederkleider der Wafiomi. 7. Das Nilquellengebiet. A m Ostrand des Victoria Nyansa sitzen im Norden die Wagaya (Kavirondo) (35 und 281), im Süden die Waruri und Waschaschi (233). Beachtenswert in Kavirondo die Waffen (riesige Büffelfellschilde) (Wand zwischen Saal I und III und 3. Stockwerk), lange Speere und prachtvolle Kriegshelme, Aderlaßbogen (um Rindern Blut zu entziehen), Saiteninstrumente in Lyraform, Pfeifenköpfe aus Speckstein", in Uschaschi Saugrohre mit Behältern, bemalte Schilde von Massaiform. Das ganze Gebiet vom Victoria im Osten bis zu dem großen, durch Tanganyika, Kivu-, Albert Edward- und Albert-See bezeichneten zentralafrikanischen Graben bewohnen von den eingedrungenen hamitischen W a h u m a (Watussi) beherrschte Bantu. Die Wahuma haben hier eine Reihe von Staaten gegründet, deren bedeutendste sind: Uganda, Unyoro, Karagwe, Mpororo, Ruanda und Urundi. Die Landschaften Ussiba, Ussui, Usindja und U h a zerfallen in kleinere Staatengebilde; auch auf den Inseln des Sees (Ukerewe, K o m e etc.) herrschen Wahuma.

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Gemeinsam sind allen Wahuma die hölzernen Melkgefäße, die mit Bluti'itme versehejien Speerklingen, schön geflochtene und gemusterte Körbe, die mit Rotang überflochtenen Holzschilde. Wohl am höchsten in ganz Afrika steht die Töpferkunst der Waganda (18, 19), wie auch das von ihnen gefertigte und oft mit schwarzen Mustern verzierte Rindenzeug das beste ist', ebenfalls durch saubere Arbeit ausgezeichnet sind die Musikinstrumente (Harfen) und Saugrohre. Die den Waganda nahestehenden Wanyoro (17") bilden den Übergang zu den Nilvölkern, wie die Stämme am Albert Edward-See (Wäwira, Wambuba, Wassongora, Wakondjo, Wawamba, Wahoko etc.) (16) zu den U'elle- und Congovölkern (Lippenpflöcke, Brustpanzer aus Leder, geflochtene Schilde, lederne Schutzpolster gegen die Bogensehne). DieWassiba (48) zeichnen sich aus durch ihre Kleidung (Mäntel und Schurze aus Raphiastroh und Fell), die Holzspeere, mit Rotang überflochtene Holzschilde, große Strohhüte, hohe, spitze Gefäßdeckel und die als Geld dienenden, mit feinem Draht überflochtenen Armringe. Aus Ruanda (291, 292) und Urundi (49) sind zu erwähnen die überflochtenen Töpfe und Kalebassen, bemalte Holzschilde und dicke hölzerne Schlagringe, aus Ruanda speziell die großen bunt gemusterten Matten, die zur Teilung der Hütten in mehrere Räume dienen, sowie die kleineren als Bettvorhänge verwendeten Matten (über Sehr. 2QI, 2Q2), Holzgefäße mit Ausguß, Fellschurze mit herabhängenden Fellfransen', ferner die merkwürdigen Bogen und Pfeile der Pygmäen (Watwa), aus Ukerewe und Usindja (2b) die schönen Pfeile, Holzgefäße und bemalten Schilde aus Ambatschholz (Saal L, nördl. Längswand und 3. Stockwerk) 8. Das Osthorn, bewohnt von den großen hamitischen Völkergruppen der G a l l a und S o m ä l (4i f — h ).

Silberschmuck, geschweifte Bogen, runde Schilde aus Rhinoceroshaut, Milchgefäße aus Holz und Korbgeflecht.

9. Abessynien mit christlicher, aus Negern, Hamiten und Semiten gemischter Bevölkerung (20).

Siegel, Schild und Trinkhorn des Königs Theodor, Mantel und Schmuck seiner Gemahlin Durenesch; Salzbarren als Geldersatz. 10. Madagaskar, bewohnt im W. von Negerstämmen (Sakalaven), im O. von malaiischen. Einwanderern (Hova),

Afrika.

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steht ethnographisch völlig unter indischem Einfluß (50). Eine Anzahl Speere an der W a n d zwischen Saal II und I. (Der größte Teil der Sammlung ist wegen Raummangel nicht aufgestellt.) C. Der Sudan. 1. Der Westsudan umfaßt im wesentlichen die sog. Haussastaaten (Gandu, Nupe und Sokoto mit den Tributärstaaten Saria, Bautschi, A d a m a u a etc.), in denen aber im Lauf dieses Jahrhunderts das Hirtenvolk der Fulbe (Fellani, Fellata, Peulh) sich der Herrschaft bemächtigt hat. Unter diesen Völkern, die den Islam angenommen haben, zerstreut sitzen viele kleine heidnische Stämme. Das Hauptvolk, dessen eigentliche Wohnsitze zwischen dem Niger und Bornu liegen, dessen Einfluß sich aber infolge seiner blühenden Industrie und seines ausgebreiteten Handels weit über die Grenzen seines Landes bis an die Gold- und Sklavenküste und bis ins Hinterland von Kamerun erstreckt, sind die Haussa (l'—g). Von Erzeugnissen ihres Gewerbefleißes sind zu nennen: Baumwollenstoffe, z. T. mit selbstgewonnenem Indigo gefärbt und daraus gefertigte Kleidungsstücke, besonders die typischen, geschmackvoll gestickten, hemdartigen Toben und die gleichfalls gestickten Hosen', Lederarbeiten, wie Taschen, Kissen, Sandalen, Reiterstiefel, Satteldecken", Pferdeschmuck und Pferdegeschirr (Sättel, Steigbürgel aus Metall etc.); große Fellbüchsen für Butter, Salz etc., kleine für Bleiglanz (zum Schminken der Augenlider); Flechtarbeiten wie bunte Matten, Körbe, Teller, Strohhüte; Waffen: Reiterspeere, Brustpanzer, lange Schwerter mit kreuzförmigem Griff, Helme. Das Gebiet des Benue und die südlich dieses Flusses gelegene Landschaft Adamaua werden von vielen Stämmen (Mutschi, Djikum, Baibai, Batta, Mbum, Durru, Dekka usw.) bewohnt und stehen unter der Herrschaft der mohammedanischen Fulbe, die das Land in eine Anzahl von Staaten (Yola, Bubandjidda, Ngaumdere, Banyo, Tibati etc.) geteilt haben (lb~d). In Ib'c große Marimba (Holzharmonika), Harfen, Körbe, bemalte Kalebassen, Kriegsmützen mit Vogelschnäbeln. Inld: Anzug eines Fetischtänzers; Tongefäße der Baibai. 2. Der Centraisudan mit den Reichen Bornu (3 a ), Bagirmi, W a d a i und D a r For (3 b ).

Afrika.

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Nur schwach, aber in auserlesenen Stücken tiertreten: Korbflechtereien aus Dar For, Gefäße von Holz und Straußeneischalen aus Bornu. 3C ). Große Masken ähnlich den beim Duk-Duk der Gazelle-Halbinsel gebräuchlichen in Glaskästen in Saal IV und der Tür zwischen III und IV. Schilde auch über den Türen der Südwand von Saal III Neu-Britannien, Baining. Bemerkenswert eine große Tanzmaske (unter der Schrankdecke), bemalte Tapa, Rindencylinder zum Kochen, 269 c*. Neu-Britannien, Gazelle-Halbinsel. In 79 an der Hinterwand die verschiedenen Formen von Kriegskeulen, in a Muschel') Die nicht näher bezeichneten Schränke in Saal III, mit Sternen versehenen im 3. Stockwerk (Saal VII).

die

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geld (divarra) und Behälter für Kalk zum Betelkauen, Stirnbinden, Korbe; in b Halskragen mit divarra-Schmuck, Armschmuck, Brandmalerei, Musikinstrumente u. a., in c Stein- und Muschelbeile, Federschmuck, Schmuck- und Geldschnüre, Steinschleudern u. s. iv., in 81 Masken, aus dem Gesichtsteile von menschlichen Schädeln hergestellt, mit weißen, braunen und roten Erdfarben bemalt, einige mit wirklichen Haupt- und Barthaaren, einige an der Innenseite mit einem Stäbchen, an dem die Masken beim Gebrauche mit den Zähnen festgehalten werden; ebenda ein rot bemalter Schädel und zwei Kopfbedeckungen mit Federn. 53ab. Große Anzüge aus Blattbüscheln, von Duk-DukLeuten, welche eine Art Ordensgemeinschaft bilden, die an unsere alten Fehme-Einrichtungen erinnert. Fischerei und Schiffahrt. 269d*. Große Geldrolle, Ruder, Trommel. Schilde über der östlichen Tür der Südwand von Saal III. Speere von allen Teilen der Insel sind magaziniert. Neu-Irland und Neu-Hannover, 80, an der Rückwand Keulen, ferner Schmuck, Tridacnascheiben mit Schildpattauflage, Kämme, Armbänder aus Tridacna, ganze „Sätze" von Armbändern aus Schneckenschalen, Muscheltrompeten und andere Musikinstrumente, Behälter und Löffel für Betelkalk, Rindenzeug, Regenmäntel und Weiberkappen aus Pandanusblättern, Stein- und Muschelbeile, Grasschurze, ein Zweig von Coix lacrima u. A. Ruder, schwimmende Fallen für Haifische in 53". Die Speere sind aus Mangel an Raum magaziniert. 55a~f, 81 und 271*. Große Schnitzwerke, bunt bemalt, und Steinfiguren (55d). St. Matthias-Insel, 273*, sehr schöne geschnitzte und bemalte Speere, prachtvolle Schmuckkämme, gewebte Gürtel. Taui (Admiralitäts-Inseln), 73, 74 (neu eingegangene Sammlungen in 272*). 73 Speere mit Obsidianspitzen, Dolche mit Obsidian- und Rochenstachelspitzen, Holzschalen (die größeren auf Schrank y j , auf dem Pultschrank 74 und eine ganz große frei in der Mitte des Saales), Tongefäße, geflochtene Gefäße, Kämme, Kalklöffel. 74 Kalebassen mit Brandmalerei für Betelkalk, Schöpflöffel mit geschnitzten Stielen, Ösfässer, Steinbeilklingen, Schurze, gravierte Muschelarmbänder, Schmuckplatten aus Tridacna mit Schildpatt-

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auflagen, Penisdeckel aus Ovula ovum. Frei im Saal mehrere geschnitzte Hauspfeiler, Haustreppen, Holztrommeln (darunter eine sehr große); 3 Betten neben der Tür nach Saal II. Agomes, Kaniet und Ninigo (Hermit-, Anachoreten- und Echiquier-Inseln), 53cd Beile mit Klingen aus Tridacna, große Schnitzwerke, Holzschüsseln, Kalkspatel, verzierte Unterkiefer. Eine ganz isolierte Stellung scheinen die Bewohner der beiden Matty-Inseln (Bobolo und Htm) einzunehmen, die trotz der unmittelbaren Nähe von Neu- Guinea nur gelinge Spuren melanesischen Einflusses aufweisen. Die merkwürdigen hölzernen Nachahmungen von Metallschwertern, die Beilform u. a. weisen weshvärts nach Indonesien (nach China oder Japan ?) Andrerseits sind Beziehungen zu Ninigo sicher. 270* bemalte Kaden, Speere, Dolche mit Haifischzähnen, Apparate zum Raspeln von Kokosnüssen, Ruder, Bootmodell. Ein wirkliches Boot von Matty hängt frei im Saale III über Schrank 66. C. Salomo-Inseln. 1 ) Anthropologisch und ethnologisch bildet die Bougainville-Straße eine ziemlich markante, aber nicht die einzige Scheidelinie. Im Norden, vielleicht auch in Rubiana, finden sich Anklänge an den Bismarck-Archipel; Verwandtschaft mit den Neu-Hebriden zeigt naturgemäß der Süden, aber am ausgeprägtesten auffallender Weise nicht San Cristobal, Malaita und Guadalcanar, sondern Florida besonders in den Geheimbünden. Die Unterschiede der Distrikte werden durch lebhaften Verkehr stark verwischt, wie denn in S.O.Guadalcanar eine Malaita- und wohl auch eine FloridaKolonie besteht. Besonders aber tragen die Raubfahrten der Kopfjäger von Rubiana und Vella-Lavella dazu bei, das ethnologische Bild zu verwirren. Buka-Distrikt. Masken, Tanzkeulen, sonderbare Hüte, Armspiralen zum Schutz gegen die Bogensehne, Ruder, Matten, Geldschnüre. 277b *. 1 ) Die nicht näher bezeichneten Schränke in Saal I I I , mit Sternen versehenen im 3. Stockwerk (Saal VII).

die

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Nissan. Im wesentlichen eine Buka-Kolonie, aber mit sehr sichtbaren Beziehungen zum südlichen Neu-Irland; vgl. die Muschelarmringe, geflochtene Armbänder, Pfeile, Steinbeile. Die

277 a*. Sammlungen

von Süd-Bougainville,

den Shortland-

Inse/n und Choiseul sind in Umstellung begriffen. Eine Serie der schönen, im Innern von Bougainville verfertigten, aber durch Handel nueithin vertriebenen Speere in 247 (Saal IV) unten. Rubiana-Distrikt Holzschnitzereien, schöne Perlmuttereinlagen, Armringe, Ohrpflöcke, Brustschmuck, Bambusbüchsen, Körbe, lapa, Netze, Angelhaken, Muschelgeld, Schild, Keule, ein präparierter Kopf. 77. ' Isabel-Distrikt Ruder, Holzschnitzereien, die mit den schönsten der Südsee wetteifern können, Bambusbüchsen, Keulen, ein Schild. Vielfach sind Rubiana-Ornamente eigentümlich angeiuandt. 76 ". Florida-Distrikt. Keulen, Panflöten, Schilde, denen von Rubiana ähnlich, Schmucksachen. 76 6 oben. IHalaita-Distrikt. Keulen, schön beflochtene Kämme, gravierte Brustscheiben. 76 1 unten. Guadalcanar. Keulen, z. T. schön beflocliten, ein Schild (Rubiana-Arbeit?), Mörser, Panflöte. 76 c. San Cristóbal-Distrikt. Sichel-Keulen, Brustscheiben mit Schildpattauflage, Halsketten, Holzschalen mit Perlmuttereinlage, Steinbeil. 76 c. Der von mikronesischer Kultur beherrschten Randzone Melanesiens gehören Ongtong-Java, Sikaina, Santa Cruz und die Rennell-Insel an. Santa Cruz, 75. Bemalte Keulen, gemusterte Gewebe, Pfeile mit Knochenspitzen, das eigenartige Geld. D. Neue Hebriden. 72 (Saal III). Drei „Mumien" mit wirklichen präparierten Köpfen, die Körper künstlich aus Bambus, Moos und Rindenzeug hergestellt und in der Art, wie sie für die Lebenden üblichist, bemalt', an derHinterwanaSpeere, Keulen, Rohrflöten, gemusterte, geflochtene Gürtel. Asymmetrische Bögen, Pfeile, in c zwei mit Fiederung„künstlich" gekrümmte Eberzähne (die Führer durch das Museum für Völkerkunde.

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Krümmung fast bis zu einem ganzen Kreise erfolgt dadurch, dafs jungen Ebern die Eckzähne des Oberkiefers ausgebrochen werden; dann werden die des Unterkiefers nicht mehr ab-l geschliffen, sondern nvachsen in der ihnen eigentümlichen Krümmung weiter). E. Neu-Caledonien.

52 d ' (Saal III). Beile mit großen Nephrit-Scheiben, Schleudern für Speere imd Steine, Speere, Idole und andere Schnitzwerke, Masken, Hüttenmodelle, Ruder, Netznadeln, f Keulen, Bohrer, Körbe, Töpfe, Kalebassen, Armbänder, Kämme, Schnüre mit Nephrit-Perlen, Mumie mit trepaniertein Schädel. Speere in 203 (Saal IV). Z u Melanesien rechnen auch F. Die Viti-Inseln. Sehr stark mit polynesischen Elementen versetzt. Ethnographisch bildet die Gruppe geradezu mit Samoa und T o n g a eine Provinz.

70 (Saal III) feine Rindenzeuge, Steinbeile, Schmuck aus Physeter-Zähnen, Keulen in der Art der „Herkules-Keulen", ,,Ruderkeulen" und Keulen mit ananas-förmigem Kolben. 71 Keulen in Flintenform, Wurfkeulen, glasierte Tongefäße, Kawa-Schalen (über den Kawa-Genuß vgl. unter Samoa, von wo diese Sitte auch nach der Viti-Gruppe gelangt sein dürfte), Schurze, Fächer; Schüsseln und Gabeln für Menschmfleisch. Speere in 203 (Saal IV).

I I I . Polynesien (Saal III). Die P o l y n e s i e r haben in Wanderungen, deren Erforschung zu den schönsten und dankbarsten Aufgaben der Völkerkunde gehört, wahrscheinlich von Samoa aus alle die großen und kleinen Inselgruppen besiedelt, welche in dem Dreiecke eingeschlossen sind, das im Süden Neu-Seeland, im N o r d e n die Hawaii-Gruppe, im Osten Rapanui begreift, welches sich also über 80 Längen- und ebensoviel Breitengrade erstreckt. Die Tonga-, Cook- oder Hervey-, die G e sellschafts-, Manahiki-, Ellice- und die Markesas-Inseln sind nach Neu-Seeland und Hawaii die wichtigsten dieser Gruppe. Natürlich sind die Polynesier ursprünglich auch in Samoa

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nur eingewandert, und gemeinsame Sprachwurzeln weisen ebenso auf malaiischen Ursprung, wie die gelbbraune H a u t , das schlichte, schwarze, glänzende H a a r u n d die m a n c h m a l recht kurzen, breiten K ö p f e südost-asiatischen U r s p r u n g erkennen lassen. N u r die häufig sehr b e d e u t e n d e K ö r p e r größe erscheint als nicht malaiisches Merkmal, aber sie findet sich kaum irgendwo als Regel u n d ist, wo sie auftritt, leicht auf besonders günstige Ernährungsverhältnisse und auf Zuchtwahl zurückzuführen. Auch die Polynesier b e f a n d e n sich zur Zeit der ersten Entdeckungsreisen noch im Z u s t a n d e reiner Steinzeit u n d o h n e jegliche Kenntnis von Metallgeräten; ja so sehr sie sonst d e n Melanesiern geistig überlegen sind, fehlen ihnen, wohl im Z u s a m m e n h a n g e mit d e m Mangel a n jagdbaren Tieren, meist auch Pfeil u n d Bogen. Ebenso sind Tongeschirre unbekannt; zwar ist auf Hawaii eine Art T o n vorhanden, aber dieser ist so reich an organischen Substanzen, dafs er wohl gegessen, aber nicht gebrannt werden kann. Die Nahrungsmittel werden deshalb mit glühenden Steinen zwischen Blättern in Erdgruben oder in kunstvoll geschnittenen und verzierten Holz- und Kürbis-Gefäßen gekocht. Fischerei ist überall sehr entwickelt, auch das zahme Schwein und der gleichfalls zur N a h r u n g d i e n e n d e H u n d fehlen fast nur in Neu-Seeland u n d dort vielleicht auch nur wegen der allzulangen F a h r t bei der ersten Besiedlung, w ä h r e n d welcher Hunger zur Aufzehrung aller mitgenommenen Haustiere geführt h a b e n mag. Vegetabilische N a h r u n g aber wird überall in reichstem Maße durch Kokosnuß, Brodfrucht und Taro-Knolle geliefert. Hingegen fehlen, da die Kunst des W e b e n s unbekannt ist, gewebte Stoffe gänzlich, sie werden durch geflochtene Matten u n d durch Zeuge aus d e m geklopften Bast von m o r u s p a p y r i f e r a ersetzt, deren letzte fast d e m japanischen Papiere ähnlich, in mannigfachen F o r m e n hergestellt werden, von der Zartheit des feinsten Battistes bis zu derben lederartigen Stücken. D e n Polynesiens ist ferner eigentümlich u n d nur später auch von d e n melanesischen Viti-Insulanern ü b e r n o m m e n der G e n u ß der K a w a , eines durch K a u e n der Wurzel von p i p e r m e t h y s t i c u m hergestellten G e t r ä n k e s , das in seiner 7*

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Wirkung mit dem ihm auch chemisch nahestehenden Cocain übereinstimmt. N o c h eine weitere Sitte ist schließlich für die Polynesier bezeichnend (und von dem Vorkommen' ähnlicher Gebräuche vielleicht gemeinsamen Ursprunges auf Timor und in Borneo abgesehen, auf diese beschränkt), das T a b u , die Macht der göttlich verehrten Fürsten und Häuptlinge, alles was sie selbst berühren, für andere unberührbar zu machen und zu heiligen; der Knochen, den ein Fürst abnagt und unvorsichtiger Weise wegwirft, ist ebenso T a b u , wie die erntereife Pflanzung, die sein Fuß berührt. Auf der Verletzung des T a b u aber stehen die schwersten Strafen, selbst der T o d , so daß auch Europäer durch Übertretung dieser Satzung schwer zu sühnendes Ärgernis erregen können, während sich für die Eingeborenen fortwährend die verwickeltsten Störungen des täglichen Verkehrs aus derselben ergeben, allerdings aber auch der denkbar beste Schutz privaten Eigentums. Neu-Seeland, 51ah. Schnitzwerke, meist noch aus dem Nachlasse von Cook stammend, c d Keulen aus Holz, Knochen, Nephrit und aus anderem harten Gestein. Steinbeile, Angelhaken. Zu beiden Seiten des Pultschrankes frei an der Wand gröfsere Schnitzwerke. Uber dem Pultschrank an der Wand die geschnitzten Giebel- und Seitenwandbretter eines Vorratshauses. 240 oben 2 kleine, reich geschnitzte Canoes, unten Keulen und Ruder. Beim Fenster neben Schrank 56 die Figur eines Maori-Häuptlings in vollem Schmuck, 52a Mäntel aus Phormium tenax und aus Streifen von Hundefellen, Taschen, Beutel, Kämme. 249 Zwei alte tätowierte Köpfe, Schnitzwerke und Gipsabgüsse von solchen. Hawaii, 57, a Schmuck, Morserkeulen, Steine zum maikaSpiel, b Halsgehänge mit Schnuren aus Menschenhaar, Mörser, Lampen, Fackeln, c Fächer, Steinbeile. 57 Boden Hausmodelle. 58 Rindenzeuge (kapa) und Geräte zu ihrer Herstellung und Bemalung, in der Mitte die Figur eines Häuptlings mit kostbarem Federmantel. 59" Musikinstrumente, 59be Gefäße aus Holz und Kalebassen. 60 Federkragen, Helme, Idole, Dolche, Bretter zum Sporte des Schwimmens in der Brandung, Netze, Angelhaken, Apparate zum Octopus-Fang. Ein großes altes Boot hängt frei über Schrank Ein merkwürdiges Idol, wohl einen alten spanischen Seefahrer mit Perücke und Hals-

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krause darstellend, steht frei zwischen den Schränken 52 und 54 und ein anderes steinernes Idol frei neben der Thür zwischen Saal I und III. Räpanui (Osterinsef), 686 c. In b verwitterte Planke (angetriebenes Holz) mit Resten der für die Insel bezeichnenden alten Glyphen. Einzelne alte und sehr kostbare Schnitzwerke, Ruder, Geräte aus Obsidianj daneben eine größere Anzahl neuerer Gegenstände, die anfangs der 80er Jahre auf Veranlassung von Mr. Salmons, einem Halbblut- Tahiti er, angefertigt und an Reisende verkauft wurden. (Die Sammlung ist wegen Raummangels nur z. T. ausgestellt.) Tonga, 66 a. Keulen, Flöten mit Brandmalerei, OctopusKöder, Körbe, Kämme, Steinbeile, Bögen, genähte Matrizen zum Bedrucken von Rindenzeug. Samoa. 63 a Geräte zur Bereitung von Kawa, dem aus der Wurzel von Piper methysticum hergestellten Getränke, das durch seinen Gehalt an Kawdin eine Wirkung äußert, die mit der von Cocain verglichen werden kann. Die älteren Angaben, daß Kawa ein alkoholisches Getränk sei, sind unrichtig, b Fächer, Modelle von Häusern, Perücken für Häuptlinge aus mit Kalk entfärbten menschlichen Haaren, Steinbeile, Abbildung eines Samoaners mit der typischen Tätowierung; c Kämme, Schlägel zur Herstellung von Rindenzeug, rote und gelbe Farbe zum Bemalen desselben. Verzierte Scheiben aus Kokosnußschalen und lange Matten zum Aulafo-Spiel. 64a--c Geräte zum Tätowieren, Keulen, Angelhaken, Körbe zum Palolo-Fang, Sprecherstäbe, geschnitzte Bretter zum Bedrucken von Rindenzeug — ebenso wie die genähten Matrizen von Tonga mit unseren Platten für Holzschnitte zu vergleichen. In b Frauenjäckchen aus Rindenzeug, mit der Nähmaschine genäht; Drillbohrer mit Knoche?ispit?-e. Neben dem Schranke an der Fensterwand zwei große Reibsteine, auch zum Zerkleinern von Kawa- Wurzeln verwendet. Über dem Schranke ein kleines Auslegerboot, „Finbaum", mit Ovula ovum verziert, an der Wand gegen Saal IV, über den Schränken 244—246 ein größerei Auslegerboot, aus mehreren Planken so kunstvoll zusammengenäht, daß fast nirgends Fugen sichtbar sind. In der Nähe, an der Wand gegen den Hof zu, zwei alte Signaltrommeln. Speere in 203 (Saal IV).

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Tahiti, 56". Vorzügliches altes Rindenzeug, Fächer, Schmuckstücke. Ruderförmige Keulen in 202 (Saal IV). Hervey-Inseln, 56 bc. Reich geschnitzte ,, Gabenschaufeln11, darunter eine mit einer halben Fruchtschale der SeychellenPalme (Lodoicea), alte Steinbeile mit geschnitzten Stielen, große, besonders schön geschnitzte alte Trommel, Angelhaken, Osfässer. Markesas-Gruppe, 66 hc, 67. Alte Keulen, Speere, geschnitzte Tritte für stelzenartige Geräte, ähnlich den Spaten der Maori. Alte Muscheltrompeten, reich verzierter kronenartiger Kopfputz, kleine Schnitzwerke aus Knochen mit Darstellungen der auf den Markesas besonders reich entwickelt gewesenen Tätowierung. Nach Mikronesien leiten über Niue,

Rotuma,

Uea,

Tokelau,

Ellice-Inseln.

68"

beile, Schurze, Fächer, Schmuck. Keulen in Ruderform Speere aus Niue in 202 (Saal IV).

Stein-

und

I V . M i k r o n e s i e n (Saal III). Die m i k r o n e s i s c h e n Völker schließlich bewohnen die Pelau- und Karolinen-Gruppe, die Marianen und die Marshall- und Gilbert-Inseln. Physisch sollen sie ein Mischvolk von Mela- und Polynesiern sein, was natürlich nur so verstanden werden könnte, dafs Anklänge an beide Typen unter ihnen zur Beobachtung kommen. Blasrohr und Wurfbrett (neben Speer und Bogen) der Pelau-Inseln weisen auf die nahe Nachbarschaft im Westen hin, ebenso die kunstvoll gewebten Gürtel, Bänder und Stoffe. Auf den Marshall- und Gilbert-Inseln aber hat die Verwendung scharfer Haifischzähne zum Besatz von Dolchen, Schwertern und riesigen Kampfspeeren eine eigene Art von mörderischen Waffen ausgebildet, zu deren Abwehr wiederum, trotz des äquatorialen Klima's, mächtige Panzer erforderlich waren, ganz in der Art und auch von dem Gewichte unserer RitterRüstungen, aber aus Kokosfasern geflochten und mit menschlichen Haaren höchst sorgfältig verziert. Wie in Melanesien dienen auch hier aus Muscheln geschnittene Scheibchen, deren Gewinnung und Herstellung ein Regale der Häuptlinge ist, als Geld, unseren kleinsten Kupfermünzen entsprechend, während auf Pelau einzelne alte Glasperlen aus

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der Zeit der ersten Entdecker heute den W e r t großer Goldstücke oder Banknoten haben und als kostbare Juwelen einzeln bekannt sind, so daß sie nicht mit modernen Perlen verwechselt werden können. Diese werden in Masse als Schmuck eingeführt und verdrängen rasch die schönen alten Schmuckstücke, welche in kunstvoller Weise aus weißen und roten Muschelscheibchen, Kokosnußringen, Schildpatt und durchbohrten Zähnen hergestellt waren. Karolinen und Nachbar-Inseln, 54 ab, 65,241—242. Geschnitzte Holzgefäße, Lampen aus Ton (wohl unter europäischem Einflüsse entstanden), Holzformen zum Pressen von Löffeln und kleinen Tellern aus Schildpatt, Proben von ArragonitGeld: zwei weitere derartige sehr große Stücke in der Form von Mühlsteinen sind dem Schranke gegenüber an der Fensterwand frei aufgestellt. Auf dem Schranke selbst sind einige geschnitzte und bemalte Hausbalken zu vorläufiger Aufstellung gebracht. Pultschrank 61: Schmuck, kleinere Waffen, Angelhaken u.s.w. von Yap, Pelau, Ruk u. s. w. 65 Holzschnitzerei, Webetechnik, Riesengürtel, Altertümer von Nanmatal etc. Ein großer Teil der Sammlungen von den Karolinen ist gegenwärtig wegen Raummangels verpackt und bis auf weiteres unzugänglich. Marianen, 296. Speerspitze aus Knochen, Werkzeuge aus Muschelschale, Schmuck aus Tridacna, Schleudersteine. Nauru (54 c), Marshall-Inseln (54 d< e) und Gilbert Inseln (54 f). Speere und Dolche mit Haifischzähnen besetzt (erstere in 208, Saal LV); in Zusammenhang mit diesen überaus gefährlichen Waffen stehen die mächtigen Panzer und Rüstungen aus Kokosfasergefleckt, die eine ganz merkwürdige Spezialität der Gilbert - Gruppe bilden. Matten, Reusen, Fächer, Trommeln. Pultschrank 62: Schmuck mit Zähneil, Muscheln und Schnecken, Schildpatt; Kämme, Angelhaken. Ein großes Boot mit Ausleger und Mattensegel von den Marshall-Lnseln steht frei in Saal IV. Eine vergleichende Zusammenstellung von Bootmodellen aus ganz Ozeanien enthalten die Schränke 274*, 275*.

NORDAMERIKA. SAAL VII. Reihenfolge der Schranknummern: Schrank i — 2 0 Hyperboräer (Eskimo). Schrank 2 1 — 9 4 Indianer. Schrank 95—99 Altertümer. Hyperboräer. Schrank 1. Gegenstände der Tschuktschen und neben ihnen an der asiatischen Seite des Beringmeeres ausgesiedelten Eskimo. Schrank 2. Regenmäntel und andere Gegenstände der Bewohner der Aleuten und der Insel Kadiak. Der äußerste Norden Amerikas und die beiden Ufer des Beringmeeres sind von Volksstämmen bewohnt, die, in Sprache, Sitte und Lebensweise gleich, als I n n u i t bezeichnet werden mögen, nach dem Wort, mit dem sie in ihrer Sprache Menschen ihrer Art benennen. Kskimo werden die in Labrador ansässigen Angehörigen dieser Nation von den benachbarten Algonkinstämmen genannt. Gleich den Indianern derNordwestküste sind die Innuit eine ausgesprochene Küstenbevölkerung. Aber während den ersteren die fast stets eisfreie Küste und die großen von dichter Vegetation umsäumten Flüsse es ermöglichen, ihren Lebensunterhalt ohne Schwierigkeit mit dem Fischfang zu erwerben, sind die Eskimo in der Hauptsache auf die großen Tiere des Meeres angewiesen, die sie im Sommer im leichten mit Fell überzogenen Boot auf hoher See aufsuchen, während sie ihnen im Winter auf dem Eise an den Löchern auf-

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lauern, die sich der Seehund zum Atemholen offen hält. Und während die Wälder der Nordwestküste den daselbst ansässigen Indianern ein unerschöpfliches Material für alle ihre Lebensbedürfnisse bieten, sind die Eskimo, denen nur das spärlich von Meeresströmungen an ihre Küste getriebene Treibholz zu Gebote steht, genötigt, ihr Haus aus Steinen und Erde oder aus kunstvoll übereinander gefügten Schneeblöcken zu bauen, und die Knochen und Zähne der Seetiere und Tierhäute zur Herstellung von Böten, Waffen und Hausgerät zu benutzen. In der Anpassung aber an das unwirtliche Klima, in der Ausnutzung der Hilfsquellen, welche das Meer darbietet, in der technischen Durchbildung und künstlerischen Ausgestaltung der mannigfaltigen Geräte, deren sie zur Jagd, beim Befahren des Meeres, bei der Schlittenreise über das Eis benötigen, haben die Eskimo Großes geleistet. Man kann dreist behaupten, daß man mit der größten Anstrengung des Geistes, mit dem uns zu Gebote stehenden Material, schwerlich zweckentsprechendere oder auch nur bessere Geräte schaffen könnte, als sie die Eskimo geschaffen haben. — Über die weite Küste des Eismeeres zerstreut den Binnenstämmen feindlich gegenüberstehend, oder der Nachbarn hunderte von Meilen gänzlich entbehrend, müssen die Eskimo vielerorts lange Jahrhunderte gänzlich unberührt fortexistiert haben. So sind sie auch in diesem Jahrhundert, ja vor zwei Jahrzehnten, an der Ostküste von Grönland in Angmagsalik angetroffen worden. Anderwärts, so namentlich in Westgrönland und Labrador, oder auch bei den sogenannten zentralen Eskimo von BaffinLand, hat die Berührung mit den Europäern vielfach umgestaltend gewirkt. Im Westen endlich sind die Eskimo mit den Indianerstämmen in engere Berührung gekommen und haben von diesen mancherlei übernommen. Schrank 4, 6, 8,10, Glaskasten 12,14. Westliche Eskimo von Alaska. Sammlung des Reisenden Adrian Jacobsen, die er im Auftrag des Ethnologischen Hilfskomitees zusammengebracht hat. Baffinland, Schrank 16 B. C. Zentrale Eskimo in Dr. Franz Boas (vgl. VI Annual Report of the Bureau of Ethnology). A. Labrador.

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Nordamerika.

Schrank 18. Eskimo vom Smith-Suna, die nördlichsten Menschen. Sammlung von der Reise des Amerikaners Peary, l8g6. (In l8B auch einiges von Westgrönland.) Nr. 181 Eskimo-Schlitten und Nr. 182 Kayak vom Smith-Sund. Schrank 19. Funde aus Eskimogräbern in West- und Ost-Grönland, meist von den Reisen Erich v. Drigalskis l8gi—3 (Geschenk) und von der zweiten deutschen Nordpolexpedition 1869170. Schrank 20. A, B. West-Grönland (vgl. Schrank 16 A. Labrador), meist ältere Sammlungen. C. Ost-Grönland, aus Angmagsalik, durch Austausch mit dem Kopenhagener Museum erhalten, und Sammlung Kruuse. Nr. 20.1 Kayak. Nr. 20.2 Winterhaus, Modell. Nr. 20.3 Schlitten der Deictschen Ost-GrönlandExpedition 18691/0. Nr. 20.4 Weiberböte (umiaq) von West-Grönland. S t ä m m e der N o r d w e s t k ü s t e . Vom Puget-Sunde im Washington-Territorium zieht nach Norden bis nach Alaska eine durch tiefe Fjorde und vorgelagerte Inselgruppen zerrissene Küste, die, von südlichen Meeresströmungen erwärmt, durch Regenfälle von anderwärts kaum erreichter Massenhaftigkeit und Häufigkeit befeuchtet, ein gleichmäßiges mildes und trübes Klima aufweist, dessen Wirkungen sich sowohl in der dichten, alle Kämme und Klüfte überziehenden, dunkelgrünen Waldbedeckung, wie in der gleichmäßigen, von der der Jägerstämme des Innern beträchtlich abweichenden Lebensweise und Lebensart der Bewohner des Landes aussprechen. Die Stämme, die hier wohnen, gehören vier verschiedenen Sprachgruppen an. Im Süden am Puget-Sunde, an der Küste zu beiden Seiten des Fräser River und im Südosten von Vancouver Island bis zum Cape Mudge wohnen SelischStämme. Derselben Gruppe gehören auch die B i l c h ü l a (Bellacoola) an, die weiter nordwärts an der Küste, zwischen andersprachigen Stämmen eingekeilt sitzen. Die West-

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küste von Vancouver Island bis nördlich des Nutka-Sundes wird von einer Anzahl nahe verwandter Stämme eingenommen, die man wohl unter dem Namen Nutka-Stämme zusammenfassen kann. Man hat sie auch als Aht-Stämme oder Ahts bezeichnet, weil ihre Stammnamen sämtlich auf die Silbe a h t ( = Volk, Leute) ausgehen. Der Norden von Vancouver Island und die Küste nordwärts bis zum Gardener Channel wird von den Kwakiütl und H e i l t s u q (Bilballa) bewohnt, die eine abweichende, aber doch mit der der Nutka-Stämme in entfernter Verwandtschaft stehende Sprache sprechen. Nordwärts von den Heiltsuq. folgen die Ts'emschian und N a s c h a , die wiederum eine besondere Sprachgruppe bilden, und nördlich und westlich von diesen wieder zwei sprachlich verwandte Völker: die Chaeda oder Haida mit den K a i g a n i , welche die Queen Charlotte's Inseln und den Süden des Prince of Wales Archipels bewohnen, und die Tlingit, die nördlich davon bis an den Ostfufs der S. Elias Range sich ziehen. — Wie sehr aber auch diese Völker ihrer Sprache und wohl auch Abstammung nach auseinandergehen, so sind sie doch die Träger einer scharf ausgeprägten, eigentümlichen, einen sehr einheitlichen Typus darstellenden Kultur. In der Nahrung sind diese Stämme auf den Fischfang angewiesen. Im Frühjahr wird in Mengen der Hering gefangen, wenn er in den flachen Buchten zum Laichen aufsteigt. An den Außenküsten wird mit Grundangeln dem Dorsch und dem Heilbutt nachgestellt. Vor allen Dingen aber ist es der Lachs, der für die Ernährung des Volkes in Betracht kommt und der namentlich (in getrocknetem Zustande) als Vorrat für den Winter und als Reiseproviant dient. Aus einer kleinen Stintart endlich (Thaleichthys pacificus) wird ein Öl gewonnen, das mit zerstoßenen Waldbeeren vermischt, eines der gewöhnlichsten und beliebtesten Nahrungsmittel bildet. Das Material für Häuser und Geräte liefert der Wald. Sogar die Kochtöpfe bestehen aus Holz. Das Wasser in denselben wird durch hineingeschüttete glühende Steine erhitzt. Als Kleidung dienen Tierfelle und Gewebe, die sie aus gesponnenem Cederbast und der Wolle einer wilden Ziege herzustellen wissen. Ähnlich den Stämmen

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Nordamerika.

des östlichen Nordamerika besitzen die Völker der Nordwestküste eine ausgebildete Geschlechter- und Clanverfassung. Bei den nördlichen Stämmen (Tlingit, Haida, Ts'emschiân, Heiltsuq) führen sich diese Geschlechtcr auf bestimmte Tiere zurück. Hauptgeschlechter sind Wolf und Rabe, die aber in Untergeschlechter zerfallen, oder wohl auch in verschiedene Geschlechter gleichen Ranges auseinander gehen. Die Angehörigen eines Geschlechts betrachten sich als blutsverwandt, und Ehen zwischen den Angehöligen desselben sind untersagt. Das Kind gehört in das Geschlecht der Mutter (Matriarchat). Bei den südlicheren Stämmen (Kwäkiutl, Nutka, Selisch) führen die Geschlechter ihren Ursprung auf bestimmte mythische oder göttliche Ahnherren zurück. Das Matriarchat besteht nicht mehr in seinem vollen Umfang. Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht kann durch Heirat erworben werden. Dieser natürlichen Gliederung des Volkes parallel läuft eine künstliche, indem eine Anzahl Orden oder geheimer Gesellschaften bestehen, die bestimmte Geister zu ihrer Disposition haben und dieselben in den großen winterlichen Tanzfesten mimisch zum Ausdruck bringen. Diese Orden scheinen bei den südlicheren Stämmen, insbesondere den Kwäkiutl, ihren Ursprung gehabt zu haben. Die Abzeichen der Orden sind meist aus gefärbtem Cederbast gefertigt. Die Orden selbst haben sich von den Kwäkiutl aus nordwärts bis zu den Ts'emschiân und Haida verbreitet. Von den Wappentieren der Geschlechter, den mythischen Ahnherren, den Geistern, die der spiritus rector der verschiedenen Orden sind, sind eine Menge Erzählungen im Umlauf. Die oben geschilderte natürliche und künstliche Gliederung des Volkes ist eben nur ein Ausdruck des religiösen Fühlens und des kosmogonischen Denkens der Der Widerstreit der Naturgewalten, der dem Nation. Menschen freundlichen und feindlichen Gewalten ist in den Tieren, von denen sich die Geschlechter ableiten, in den vom Himmel herab oder aus der Tiefe des Ozeans heraufgekommenen Ahnherren der Geschlechter mythisch zum Ausdruck gelangt. Der einfache Schamanismus verknüpft sich damit, der durch gewisse Mittel bestimmte Geister sich dienstbar und für bestimmte Zwecke nutzbar zu

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machen sucht. All die Gestalten aber, welche die Phantasie dieser Völker ersonnen, haben sie sich tausendfach und überall in bildlicher Darstellung vor Augen gezaubert. Vor den aus schweren Planken gezimmerten Häusern, welche die Angehörigen eines Geschlechts zum Winteraufenthalt beziehen, sind mächtige Pfeiler errichtet, in welchen in konventionellen Formen die Wappentiere und die ihnen untergebenen oder verwandten Gestalten oder die Ahnherren der Geschlechter dargestellt sind. (Vgl. die beiden hohen Wappenpfähle im Lichthof, S. 5.) In gleicher Weise sind im Innern des Hauses der mächtige hölzerne Divan, der an der Seite des Feuers steht, die Balken, 'die das Dach tragen, die Wände der Schlafkammern bemalt. Auf den ledernen Tanzdecken sind die Toteintiere gemalt, in die wollenen eingewebt, der Haut des Oberkörpers werden sie eintätowiert. Gefäße, Schüsseln, Hausgerät jeder Art, Tanzrasseln, Pfeifen, sind Darstellungen der mythischen Tiere oder mit auf sie bezüglichen Figuren geschmückt. Vor allem aber sind die Kopfaufsätze und die großen Holzmasken, die bei den winterlichen Tanzfesten getragen werden, eine wahre Encyclopädie des religiösen Glaubens und der mythischen Vorstellungen dieser Völker. Die Sammlungen bilden in der Hauptsache das Ergebnis des durch das Ethnologische Hilfskomitee im Interesse des Königlichen Museums ausgesandten Reisenden J a c o b s e n während der Jahre 1 8 8 2 — 1 8 8 3 (s. Ameiikas Nordwestküste I /II. Berlin 1883, 1884). Schrank 21—25 Indianer Alaskas. Schrank 26, 27. Tlingit. Sammlungen der Gebrüder Dr. Arthur und Dr. Aurel Krause und Schenkungen des Herrn Paul Schulze in Portland (Oregon). Schrank 29, 30. Haida. Hierher gehörig: Nr. 30 1 Hausmodell, Nr. 30 2 Modell eines Wjppen:1 pfahls, Nr. 30 Hauszierrat: geschnitztes Tier, Nr. 30 4 zwei Bären, Nr. 30 6 doppelköpfiger Schwertwal, Nr. 30 ö Kleiderkiste. Schrank 31. Ts' emschi&n. Nr. 311 Kleiderkiste. Schrank 32. Heiltsuq. Hier, in 32 B, vorläufig untergebracht: Originale und Abgüsse von der ,,/esup North

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Pacific Expedition", vornehmlich Ausgrabungen bei Lytton am Einfluß des Thompson River in den Fräser. Geschetik von K. Morris Jesup in New-York. (Ferner sind in 32 C untek einige kleine Sammlungen aus dem Staat Oregon aufgestellt.) Nr. 321 Boot, Nr. 322 Häuptlingsstuhl. Schrank 33. Bilchula. Schrank 35, 36, 39—46. Kwakiutl. Nr. 461 Holzkiste als Pauke, Nr. 464—6 große Eßgefäße. Nr. 466 Vogel, IO Bretter und deren Gelenkverbindung zum Tochuitl-Tanz. Schrank 47—51. Nutka. Schrank 5 / : Sammlung Karl von den Steinen. Nr. 511 Adler aus Holz, Hausschmuck, Nr. 51a Zwei Kleiderkisten. Schrank 52. Selisch der Küste des Festlandes und vom Südosten der Vancouver-Insel. Einiges von den Selisch auch im oberen Teil von Schrank ÖSNr. 521-3 Abguß des Felsreliefs von Nanaimo und von Yellow Island nahe Comox, Vancouver. Geschenk von K. Morris Jesup und Austausch mit dem Amer. Mus. of Nat. Hist. in New- York. (Treppe zu Saal VII.) Nr. 521 Grabfigur eines Häuptlings. Yale. Schrank 54, 55. Fischereigerät der Kwakiutl, Nutka und Küsten-Selisch.

Das östliche Nordamerika, Central Basin und Kalifornien. In vorkolumbischer Zeit waren diese Gebiete von einer großen Zahl verschiedensprachiger Völker bewohnt, deren Kultur, im einzelnen variierend, doch gewisse einheitliche Züge aufweist, jedenfalls aber damals eine weit höhere Entwickelungsstufe erreicht hatte, als wir jetzt an den zurückgedrängten und durch die Berührung mit den Europäern degenerierten Nachkommen derselben wahrnehmen. Unter den noch vorhandenen Stämmen hat man eine Anzahl Gruppen unterscheiden gelernt, deren Angehörige die gleiche oder verwandte Sprachen sprechen. So die A l g o n k i n , deren vorgeschrittenste Repräsentanten die Dela-

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waren oder, wie sie sich selbst nennen, L e n a p e und die M a h i k a n i k oder Mohikaner waren. Die Familie der Huron-Irokesen in dem Seeengebiet. In Tennessee und Nordkarolina die Tscheroki (Cherokee), in den Südstaaten der Union die Maskoki (Muscolgee). Westlich des Mississippi die große Familie der Dakota oder S i o u x , die Pani (Pawnee) und Scheyenne und die Küstenindianer von Texas und vom unteren Rio Grande. Die weitverbreitete Familie der Tinne oder A t h a p a s k e n , deren Hauptstock ganz im Norden in Alaska und dem Gebiet der ehemaligen Hudson-Bay Company wohnt, während Verwandte von ihnen in Kalifornien leben, andere (die gefürchteten A p ä t s c h e ) in den südlichen Territorien der Union und in den Nordstaaten Mexikos umherstreifen. In dem Central Basin die K u t o n a c h a (Cootenay) und die Familie der Selisch oder F i a t h e a d s , die von dem Central Basin aus an verschiedenen Stellen bis an das Westmeer vorgedrungen sind. Ferner die Familie der Schoschoni oder Schlangenindianer, die auch die dorfbewohnenden M o k i (s. die „Pueblos" S. 1 1 3 f.) und die streifenden K o m a n t s c h e umfaßt, und der auch die s o n o r i s c h e n V ö l k e r M e x i k o s und die M e x i k a n e r selbst verwandt zu sein scheinen. Eine große Sprachzersplitterung zeigt Kalifornien, wo u. a. die Y u r o k , K a r o k , W i s c h o s k , W i n t u n , M a i d u , M u t s u n ganz verschiedene Sprachen reden. Ebenso bilden im Norden in Oregon die S a h a p t i n , Y u k w i n a , W a y i l a t p u , T s c h i n u k , M a k l a k s oder K l a m a t h eigene selbständige Völker-und Sprachengruppen. Alle diese Stämme lebten vorwiegend oder ausschließlich vom Ertrage der Jagd oder des Fischfangs und von den eßbaren Wurzeln und den Beeren, die die Prairie und der Wald darboten. Daneben aber fand bei einer großen Zahl von Stämmen, insbesondere bei denen, die in alten Zeiten den Osten der heutigen Union bewohnten, ein mehr oder minder ausgedehnter Ackerbau statt. Mais, Bohnen und Kürbisse waren die Früchte, die gebaut wurden. Die Wohnungen waren bei den mehr seßhaften Stämmen des Ostens ziemlich solide aus Pfählen und Baumzweigen erbaut und mit Matten gedeckt. Sie wurden nicht selten auf der Spitze

Nordamerika. u n d in d e r N ä h e v o n künstlichen E r d h ü g e l n ( M o u n d s ) errichtet. U n d M o u n d s w u r d e n auch ü b e r den g e s a m m e l t e n G e b e i n e n d e r T o t e n aufgeschüttet. A u s diesen M o u n d s sind in d e n letzten J a h r z e h n t e n eine Fülle von G e g e n s t ä n d e n zu T a g e g e f ö r d e r t w o r d e n , G e f ä ß e , Messer, G e r ä t e aus Stein, S c h m u c k s a c h e n aus M u s c h e l s c h a l e n , die technische V o l l e n d u n g u n d e i n e n gewissen künstlerischen G e s c h m a c k b e k u n d e n . M a n hat diese in früheren Jahren einem b e s o n d e r e n ausgestorbenen oder ausgewanderten MoundbuilderV o l k e zuteilen wollen. I n neuerer Zeit ist aber d e r sichere N a c h w e i s geführt w o r d e n , d a ß einzig die V o r f a h r e n d e r j e t z i g e n I n d i a n e r s t ä m m e , T s c h e r o k i , S c h a v a n o ( S h a w n e e ) u. a. die U r h e b e r d e r M o u n d s und die V e r f e r t i g e r d e r in d e n M o u n d s b e g r a b e n e n G e r ä t s c h a f t e n g e w e s e n sein k ö n n e n . W e s t l i c h des Mississippi h a b e n bis in unser J a h r h u n d e r t hinein die alten Verhältnisse fortbestanden. D i e festen A n siedelungen b e s t a n d e n hier aus h a l b k u g e l i g e n E r d h ü t t e n . V i e l f a c h a b e r w u r d e an Stelle dessen das b e w e g l i c h e Z e l t g e b r a u c h t , aus Stangen u n d b e m a l t e r T i e r h a u t errichtet (s. N r . 6 2 1 zwischen S c h r a n k 130 u n d 132). Die Einführung d e s P f e r d e s h a t in d e r Prairie eine m e h r n o m a d i s c h e L e b e n s w e i s e gefördert. Die Stämme der R o c k y Mountains u n d d e s C e n t r a l Basin sind meist F u ß g ä n g e r geblieben. D i e G e s c h l e c h t e r - o d e r C l a n v e r f a s s u n g bestand bei d e n meisten S t ä m m e n . D i e G e s c h l e c h t e r führten ihren U r s p r u n g auf gewisse m y t h i s c h e T i e r e zurück, die sog. T o t e m d e r Geschlechter. Bei d e n L e n a p e o d e r D e l a w a r e n z. B. W o l f , Schildkröte, T r u t h a h n . J e d e s G e s c h l e c h t h a t t e seinen erblichen o d e r erwählten Häuptling. Kriegerische Untern e h m u n g e n a b e r g e s c h a h e n unter F ü h r u n g b e s o n d e r s hierzu erwählter H ä u p t l i n g e . Verehrung des Himmels, der Sonne, d e r vier H i m m e l s r i c h t u n g e n wird v o n v e r s c h i e d e n e n S t ä m m e n berichtet. U n d d a n e b e n a u c h von d e r einer w e i b l i c h e n G o t t h e i t ( „ d i e A l t e , d i e nie stirbt"), die mit d e r E r d e , d e n F e l d f r ü c h t e n , d e m W e c h s e l d e r Jahreszeiten, d e m M o n d e in V e r b i n d u n g g e b r a c h t wird. G e w i s s e m y t h i s c h e P e r s o n e n , die als „ A h n h e r r e n " , „erste M e n s c h e n " , „ U r h e b e r d e s L e b e n s " b e z e i c h n e t w e r d e n , s c h e i n e n in n a h e r B e z i e h u n g z u diesen göttlichen M ä c h t e n , i n s b e s o n d e r e d e r S o n n e , z u stehen.

Nordamerika. Aus der unendlichen Schar der Natur- und Tiergeister sucht der einzelne durch Askese einen sich dienstbar zu machen, bezw. den N a m e n desjenigen zu erfahren, der als sein Schutzgeist, seine „Medizin" gedacht wird. D e n Schutz des Ahnherrn, des Stammgottes, aber gewinnt der junge Krieger nur dann, wenn er gewisse fürchterliche Martern siegreich besteht. Schrank 56. Indianer Kanadas und der nordöstlichen Teile der Union. Nr. 561 Glaskasten an der Hof wand von Saal VII. Bilderschrift und Geräte der Medizingesellschaften der Odjibw e-Indianer. Schrank 57. Sammlung von Gegenständen der Omaha Indianer. Durch Vermittelung der Miß Alice Fletcher beschafft. Schrank58,59. Prairie-Indianer, Bisonroben, Anzüge, Waffen, Tabakpfeifen, Skalpe verschiedener Indianer-Stämme. Schrank 60, 61. Kostüme, Waffen, Pfeifen der PrairieIndianer. Schrank 62. Yute und Schoschoni. Nr. 621 Bemaltes Pellzelt. Sehr seltenes Stück. Nr. 62s IO Bilder von Catlin. Nr. 62 * l2Portraitsvon Häuptlingen, gemaltvon Lewis. Nr. 621 Lebensgeschichte eines Dakota-Häuptlings in 4 Tafeln, von ihm selbst gemalt. Schrank 63. Apatsche, Navaho. (Einige Sachen der Pueblo-Indianer Neu-Mexikos vgl. S. TIS-) Schrank 64. Maskoki, Tscheroki in den Südstaaten. Schrank 65. Selisch des Festlandes, (vgl. Schrank52.) Californische Grabfunde. Schrank 66. Californien. Einiges aus dem Staat Oregon befindet sich in Schrank 32 C.

Pueblo-Indianer. In den südwestlichen Territorien der Vereinigten Staaten und den nördlichen Provinzen der Republik Mexiko lebten in alter Zeit und leben noch heute verschiedene Stämme, die gewissermafsen als die Ausläufer der Kulturvölker Mexikos und Zentralamerikas erscheinen, obwohl kein historischer Zusammenhang zwischen ihnen und den letzteren nachFijhr«r durch (!:is Museum für Völkerkunde.

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Nordamerika. weisbar ist. D a s sind die in verschiedene kleine Sprachstämme zerfallenden Pueblo-Indianer von Neu-Mexiko u n d Arizona, unter d e n e n die M o k i (die sich selbst H d p i nennen) und die Z u ñ i die bekanntesten sind, sowie die Y u m a , die K o k a m a r i k o p a , P i r n a und a n d e r e S t ä m m e des unteren Koloradogebiets u n d am Golf von Kalifornien. Es sind ackerbauende Völker, die in geschlossenen Ortschaften leben, die künstliche Bewässerung kennen und in vieler Beziehung einen nicht geringen Grad von Kultur entwickeln. In früheren Perioden scheinen diese S t ä m m e ihre Behausungen vorwiegend an unzugänglichen Orten, hoch an der W a n d der senkrecht in die Felsplateaux eingeschnittenen Flußthäler (der sog., cañones), angelegt zu haben (vgl. die Modelle zu beiden Seiten des Verbindungsganges der Säle V u n d V I I Nr. 8 6 ' — 8 6 6 ) . Später haben sie, bei größerer Sicherheit, sich m e h r in die offenen Gegenden, in die N ä h e der kultivierten Flächen gezogen. I m m e r aber zeigen ihre Ansiedelungen einen festungsartigen Charakter dadurch, daß die aus Luftziegeln erbauten H ä u s e r W a n d an W a n d und in verschiedenen Stockwerken ü b e r einander aufgebaut wurden u n d im allgemeinen nur mit Leitern v o m D a c h aus betretbar waren. Vgl. die Modelle Nr. 8 6 9 u n d 8 6 B e m e r k e n s w e r t ist bei diesen S t ä m m e n n e b e n der Sorgfalt, mit der sie d e n Acker bebauten, auch das Geschick u n d das künstlerische Verständnis, das sie sowohl in der Flechterei u n d Weberei, wie namentlich in der Töpferei entwickelten. Sie hatten einen ausgebildeten Kult, der ähnlich wie bei d e n südlichen S t ä m m e n u n d aus ähnlichen zwingenden G r ü n d e n , in erster Linie an d e n Wassergott sich richtete. Kultusstätte ist ein geschlossenes, halb unterirdisches Gemach, die Kiwa — „estufa", „ B a d stube", von den Spaniern g e n a n n t — welches sich im Zentrum des Häuserkonglomerats befindet. Geheime Gesellschaften, religiöse Brüderschaften, welche bestimmte Heiligtümer in Verwahrung h a b e n und b e s o n d e r e Zeremonien u n d Feste feiern, existieren bei ihnen, wie sie in ähnlicher, wenn auch nicht ganz so ausgebildeter Weise auch bei d e n nördlicheren S t ä m m e n bestehen. Besonders hat m a n in jüngerer Zeit die Verhältnisse der Moki (deren H a u p t d o r f Oraibi ist),

Nordamerika.

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studiert; sie haben einen T a n z mit lebenden Klapperschlangen und zahlreiche „Katschina" — Maskenfeste, wo neben den feierlichen Tänzern regelrechte Clowns auftreten. In der Nachbarschaft finden sich viele Ruinenstätten mit reicher Ausbeute an Töpferwaren. D a s Museum hat durch Herrn Cushing, der verschiedene Jahre unter den Indianern des Pueblo Zuni als einer der Ihren lebte, eine Anzahl Kultusgegenstände, Gefäße u. a. erhalten. Eine Anzahl anderer Gegenstände verdankt es der Freigebigkeit der Mrs. Hemenway in Boston, die vor wenigen Jahren eine mit reichen Mitteln ausgestattete Expedition zur rationellen Ausbeutung der Altertümer jener Gegenden ausgesandt hat. Schrank 70. Yuma, Pirna u. a. Stämme des unteren Kolorado-Gebiets. Glaskasten 72, Saal VIII. Coahuila, Staat in Nordmexiko. Schädel und Reste von Bruchstücken una Totenbeigaben aus Grabhöhlen. Geschenke von Hermann Strebet. Wandschrank 75, 76. Hopi oder Moki. KatschinaPuppen, die dämonischen Maskentänzer darstellend, z. T. aus Oraibi. Unten Altarplatten des Mamsrouti - Festes u. a. Geschenke von Paul Ehrenreich und Karl v. d. Steinen und Sammlung Keam. Schrank 78, 79, 81. Moki. Funde aus alten Ansiedelungen : Keramik. In 78 auch Steinpfeilspitzen. Hauptsächlich Sammlung Keam. Schrank 82. Moki. Modernes: Kultgeräte, Keramik 11. a. Hauptsächlich Sammlung Keam. Schrank 85. Ausgrabungen in dem Tule Rosa Canon, Neu-Mexiko. Unten: Skelett, Steingeräte, Tongefäße einer alten Stadt in Arizona. Ergebnisse der HemenwayExpedition. Oben: meist Gefäße von den heutigen PuebloIndianern Neu-Mexikos, s. auch Schrank 63. Schrank 86. Zuni. Kultusgerätschaften und Idole der Priesterschaft des Bogens, einer zu religiösen Zwecken gebildeten fägerbrüderschaft. Modelle: Nr. 86 1 Cliff-Ruinen, Rio Mancos, Nr. 86\ Nr. 86* Höhlenstadt, Rio de Chelly, 8*

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116 Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

861 Cliff-Ruine, Rio de Chelly, 86'' Cli ff-Festung, Beaver Creek, 866 Pueblo von Taos, 86' Pueblo von Tegua, 86* Alter Turm, SW. Colorado, 869 Pueblo von Acoma.

Altertümer: Vgl. Seite 112. Die Trennung der Ruinen- und Grabfunde von den Gegenständen der gegenwärtigen Naturvölker ist bisher nicht durchgeführt. So finden sich Altertümer in ig, 32, 65, 72, 78, 7Q, 81, 85. Schrank 95 (an der Mittelwand). Altertümer aus Missouri, Mississippi, Florida und den östlichen atlantischen Staaten. Schrank 98 Altertümer aus Tennessee, Kentucky, Wisconsin. Modelle von Figuren-Mounds, künstlichen prähistorischen Erdaufwürfen, in Wisconsin.

MITTELAMERIKA. S A A L V , VII, VIII. (Moderne Sachen aus Mexiko und Guatemala und mexikanische Altertümer auch in Stockwerk III, Saal I X und Verbindungsgang, vgl. S. 234 f.). G r o ß e S k u l p t u r e n im Lichthof vgl. S. 6 — 2 7 . R e i h e n f o l g e der S c h r a n k n u m m e r n : 1 0 0 — 1 0 4 Spanisches Mittelamerika. 1 0 4 — 1 0 6 Naturvölker. 1 0 7 — 1 9 9 Altertümer. Nichtindianische oder europäisierte Bevölkerung Mittelamerikas und der Antillen. Schrank 104, Saal VII (vgl. auch folg. S.J, Moderne Gegenstände aus den mittelamerikanischen Republiken und von den Antillen. (Weitere Sammlungen in Stockwerk III Saal IX vgl. S. 234f.) Unzivilisierte Stämme

Mittelamerikas.

Von den einst zahlreichen Stämmen Mittelamerikas sind die meisten, soweit sie sich erhalten haben, zum Christentum bekehrt und dem Einflufs der spanischen Kultur unterworfen worden. Nur in den Waldgebieten der östlichen atlantischen Seite leben noch mehr oder minder unabhängig und in mehr oder minder ursprünglichen Verhältnissen, in Costa Rica die sogenannten T a l a m a n k a S t ä m m e , die durch ihre Sprache gewissen kolumbischen Stämmen (Chibcha, Köggaba) sich als verwandt erweisen. Weiter nördlich in Nicaragua die M o s k i t o , U l u a u. a. An den Grenzen von Mexiko und Guatemala endlich, im Gebiet des Rio Usumacinta die L a c a n t u n , die eine der yukatekischen nahe verwandte Maya-Sprache sprechen.

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Mittelamerika.

Schrank 104, Saal VII (vgl. auch vor. S.), Lacantun in Fach A oben. Geschenke von Dr. Carl Sapper (früher in Coban). Talamanka in Fach C oben. Geschenke von Dr. Bovallius in Stockholm. Die alten Kulturnationen

Mittelamerikas.

Anmerkung. F ü r die in dem F o l g e n d e n aufgeführten Götternamen und andere Bezeichnungen, w e l c h e den Sprachen der alten K u l t u r v ö l k e r des ehemaligen spanischen A m e r i k a entnommen sind, ist, dem allgemeinen G e b r a u c h entsprechend, die spanische O r t h o g r a p h i e beibehalten worden. D a n a c h wird h gar nicht ausgesprochen, qu vor e und i, sowie c vor a, o und u = unserm k. S, 9 und z sind scharfe Laute, ch = tsch. x sch.

Alt-Mexiko. Die alten Mexikaner, die Bewohner der Stadt Mexiko, fühlten sich stamm- und sprachverwandt einer Reihe von Stämmen oder ursprünglich selbständigen Gemeinden, deren Wohnsitze teils auf dem Hochlande zu beiden Seiten des Popocatepetl, teils in den tief eingeschnittenen Tälern im Süden desselben lagen, und die von da aus nach beiden Seiten sich bis an das Meer dehnten. Man bezeichnet diese Stämme insgesamt als N a u a oder N a u a t l a c a . Und mit demselben Namen bezeichnen auch ihre Sprache die Verwandten der Mexikaner, die weit im Süden, im Gebiet der heutigen Republik Guatemala und an dem großen Süßwassersee von Nicaragua angesiedelt sind. — Den Nauatlaca gegenüber standen als stammfremde Urbewohner die O l m e c a U i x t o t i n in den regenreichen, feuchten Niederungen des südlichen Vera Cruz, die nördlich von ihnen wohnenden T o t o n a c a und deren Nachbarn die C u e x t e c a ( H u a x t e c a ) , die eine MayaSprache sprechenden Leute von Pänuco. Weiter die T a r a s c a von Michoacan, die streifenden, wesentlich vom Ertrage der Jagd lebenden Stämme des Nordens, die unter dem Gesamtnamen C h i c h i m e c a begriffen wurden, und die in den Bergen unmittelbar westlich und nordwestlich von Mexico angesiedelten barbarischen Otomi. Im Süden

Mittelamerika.

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die M i x t e c a und die Z a p o t e c a und die Maya-Völker von Yucatan, Chiapas und Guatemala. — Die Grundlagen der mexikanischen Macht waren der Handel und der Krieg. Vereint mit anderen im Umkreis des Sees gelegenen Städten, zogen die Kaufleute von Mexiko nach Tabasco, Chiapas und Tehuantepec und tauschten dort gegen die Erzeugnisse der mexikanischen Industrie die reichen Naturprodukte dieser Länder, sowie Sklaven ein. Der Krieg aber brachte fast das gesamte mexikanisch redende Land, nebst den Gebieten der Otomi, eines Teils der Huaxteca und zuletzt auch der Totonaca in die unmittelbare Gewalt der Mexikaner. Nur die auf der anderen Seite des Popocatepetl gelegenen Staaten Uexotzinco, Tlaxcallan und Atlixco bewahrten bis zu dem Fall des Reiches ihre Unabhängigkeit. — Die mexikanische Kultur, als Ganzes, überraschte die spanischen Eroberer nicht nur durch die Großartigkeit ihrer Bauwerke, sondern auch durch die hohe Vollendung in verschiedenen Künsten und durch die Ordnung, welche das bürgerliche Leben in Haus, Gemeinde und Staat beherrschte. Mit Grauen nahmen sie dagegen wahr, wie diese hohe Zivilisation gepaart war mit einem blutigen Götzendienst, der das gesamte Leben der Nation in seine Kreise zwang. — V o n den bildergeschmückten Tempeln und den großartigen Monumenten innerhalb derselben ist im eigentlich mexikanischen Gebiet wenig übrig geblieben. Einzelnes, was in den ersten Zeiten der spanischen Eroberung vergraben wurde, ist sp;iter wieder ans Tageslicht gefördert worden. So wurden auf der Plaza mayor von Mexiko gefunden der große sogenannte Kalenderstein, der Sonnenstein Ticoc's und die Kolossalstatue der Erdgöttin, (die beiden letzteren als Abformungen in Naturgröße im Lichthof Nr. 57, Nr. 54). Auch die großen prachtvoll geschmückten Idole der Tempel sind dem frommen Eifer zum Opfer gefallen. Allein der religiöse Drang der alten Mexikaner beschränkte sich nicht auf die Verehrung der in den Haupttempeln aufgestellten Bilder. In jedem Hause gab es eine Ecke, in der mehr oder minder rohe Darstellungen der Gottheiten, deren Verehrung dem Hausherrn besonders am Herzen lag, aufgestellt waren, und denen

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Mittelamerika.

jeden Morgen Speise dargebracht und jeden Morgen und Abend geräuchert ward. Von diesen Idolen ist ein großer Teil gerettet worden, indem die Eigentümer sie vergrübet oder an unzugänglichen versteckten Stellen vor den Augen der Bekehrer verbargen. — Die ursprüngliche Gottesverehrung der Naturvölker pflegt nicht eine platonische Verehrung von etwas Unendlichem, Uberirdischem, Erhabenem zu sein, sondern hat meist sehr greifbare nahe Zwecke im Auge. Die alten Mexikaner verehrten diejenigen Mächte, die nach ihrem Glauben für das Wachsen und Gedeihen der Feldfrucht von Einfluß waren. Diese suchten sie durch Kultushandlungen, Opfer und eigene Kasteiungen für sich günstig zu stimmen, damit sie ein fruchtbares und gedeihliches J a h r gewährten. Auf der Hochebene, welche den eigentlichen Wohnsitz der mexikanisch redenden Bevölkerung ausmacht, und deren durchschnittliche H ö h e 1 5 0 0 — 2500 m beträgt, haben die klimatischen Verhältnisse auf die Entwickelung der Vegetation großen Einfluß. Von Anfang November bis zum Juni fällt kein Tropfen Regen. Der Himmel ist klar und wolkenlos, trockene Winde wehen über die kahle Ebene, und der Reflex der Sonnnenstrahlen von den unbewaldeten Höhen vermehrt die Dürre. In diesen ganzen sechs Monaten ist in dem ausgedehnten Landstrich nur das Grün der Kaktus, Agave und Pfefferbäume sichtbar, Gras schießt nur auf, wo die Wurzeln der Gewächse unmittelbar mit dem Wasser in Berührung kommen, also wo natürliche oder künstliche Bewässerung stattfindet. Die letztere wurde schon in alter Zeit vielfach vorgenommen. Im allgemeinen aber bestellte man die Felder erst mit dem Beginn der Regenzeit, oder kurz vorher. Die Aussaat — Mais, Bohnen und spanischer Pfeffer waren die Hauptfrüchte, die gebaut wurden — wurde in letzterem Falle in den völlig trockenen Boden gemacht, und sehnsüchtig schaute man nach den ersten Regenwolken aus, die sich um die Häupter der Berggipfel bildeten, und lauschte auf die ersten Donner, welche das Nahen der regenbringenden Gottheiten verkündeten. — Diesen, den Regen bringenden Gottheiten oder den Bergen, an deren Gipfeln sich die Regenwolken ballten, galt daher die ursprünglichste

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und allgemeinste Verehrung auf dem mexikanischen Hochlande. Die Mexikaner im engeren Sinne, die Umwohner der beiden großen Seen, des Sees von Chalco und des von Tetzcuco, verehrten die Regengottheiten unter dem Bilde T l a l o c ' s . Ihm galt das erste, im Beginn des Sommerjahrs gefeierte Fest, das nach aztekischer Rechnung in den Monat Februar, also noch mitten in die trockene Jahreszeit fiel. Gleich bei Beginn des Jahres suchte man sich die Gottheit des Regens durch Opfer von Kindern, die auf den Bergen und auf der Höhe des Sees dargebracht wurden, für das neue J a h r günstig zu stimmen. Sein Hauptfest fiel in den sechsten Monat, d. h. Anfang Juni, wo die Regenperiode einsetzt. Und ein letztes Fest wurde ihm im Monat D e zember, im Anfang der trockenen Jahreszeit gefeiert. — Die Regenwolken, die sich um die Berggipfel ringeln, nicht minder wie der Blitz, der in Wellenlinien dahinschießt und mit dem ersten Angriff tötet, sind symbolisiert in der S c h l a n g e . Daher wird die Gottheit des Regens und des Gewitters oft angeschaut unter dem Bilde der Schlange. Der mexikanische Tlaloc ist nicht direkt als Schlange dargestellt, aber sein Gesicht ist gleichsam durchzogen von Schlangenwindungen, und unter der Oberlippe hängen lange Zähne hervor, gleich den Giftzähnen der Schlange. Dieses Bild T l a l o c s , wie wir es aus den aztekischen Bildermalereien kennen, wird auch in den Skulpturen häufig angetroffen (Estrade in der Mitte von Saal V I I , Nr. 1 0 9 ] 1 ) . — Aufser dem Regengott selbst ( T l a l o c ) , bezw. den Regengöttern ( T l a l o q u e ) , oder mit ihnen, genossen übrigens auch die e i n z e l n e n B e r g e , an denen die Wolken sich sammelten, eine lokale Verehrung. U n d neben ihnen die Göttin der Quellen und Bäche, des fließenden bewegten Wassers, C h a l c h i u h t l i c u e oder C h a l c h i u h c u e y e „die mit dem blauen G e w a n d " genannt. — Wie die Phönizier dem Baal den Moloch gegenüberstellten, so verehrten die Mexikaner neben den Gedeihen und Fruchtbarkeit bringenden Regengöttern die Gottheiten des Feuers, der brennenden Sonne, der Dürre, der trockenen Jahreszeit. U n d zwar waren diese Gottheiten ihnen zugleich die Götter des Krieges. Als erster derselben ist der eigentliche Feuergott zu nennen ( X i u h t e c u t l i oder I x -

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c o £ a u h q u i ) . Aber auch C a m a x t l i oder M i x c o a t l und U i t z i l o p o c h t l i gehören in diese Reihe. Eine eigentüm-j liehe Gestalt ist T e z c a t l i p o c a , der rauchende Spiegel, auch Y a o t l , der Feind, genannt. Tezcatlipoca galt als Nationalgott von Chalco. Sein Hauptfest ward im fünften Monat am E n d e der trockenen Jahreszeit gefeiert und charakterisiert sich als eine symbolische Darstellung des Abschiednehmens, indem ein Jüngling, der zum Repräsentanten des Gottes erkoren ward, nachdem er ein ganzes J a h r lang herrlich und in Freuden gelebt hatte, von seinen Weibern und den Freuden der Welt Abschied nahm, am C a u a l t e p e c , dem Orte des Verlassens, seine Flöten zerbrach und zum Tempel emporstieg, um geopfert zu werden. Jenseits der Sierra Nevada, in den großen Ebenen des heutigen Staates Puebla, in den Städten Cholollan und Uexotzinco, deren Bevölkerung als älter galt als die B e wohner des Tals von Mexico, begegnen wir einer Gottheit, die den Namen Q u e t z a l c o a t l führt und als Gottheit des Windes bezeichnet wird. Der Name Quetzalcoatl bedeutet grüne Federschlange oder Schmuckfederschlange, dem Sinn des Wortes quetzalli entsprechend im Deutschen vielleicht besser mit Edelsteinschlange zu übersetzen. Als besonderes Geschäft dieses Gottes wird bezeichnet, den Regengöttern die Wege zu fegen. Mit diesem Ausspruch ist die eigentliche Natur des Gottes recht gut gekennzeichnet. Derselbe spielt nämlich die Rolle eines Vermittlers zwischen Menschen und Gott, welcher bewirkt, daß die segenbringenden Gottheiten sich zu den Menschen herablassen. Darum wird von ihm gesagt, daß er der einzige Gott gewesen sei, der Menschennatur besessen habe. Darum erscheint er mit priesterlichen Attributen, wird auch geradezu als Priester bezeichnet, wie umgekehrt die Oberpriester in Mexiko seinen Namen führten. — Die Bilder dieses Gottes sind höchst eigenartig und leicht zu erkenne». Der Gott trägt eine rote Maske, die an einen Vogelschnabel mit weit vorragenden röhrenförmig verlängerten Nasenlöchern erinnert. So beschreibt Duran sein Bild, das von den spanischen Eroberern noch in dem Sakrarium auf der Plattform der großen Pyramide von Cholollan gesehen ward. U n d so

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finden wir ihn auch in den Bilderschriften dargestellt und werden ihn unter den Skulpturen wiederfinden. Ein anderer Kreis von Gottheiten, dem sich die V e r ehrung der Mexikaner zuwandte, bezeichnete die fruchtbringende, segenspendende E r d e . D i e Gottheiten dieser Art sind alle weiblich gedacht, und j e nach den örtlichen A u f fassungen tritt bei ihnen bald der Begriff der fruchtbaren, alles L e b e n d i g e aus ihrem S c h ö ß e gebärenden (als C i u a c o a t l , Göttin von Xochimilco), bald das Unheimliche der finsteren Erde, die zu den T o t e n hinabreicht und im K r ä m p f e sich schüttelt (die Erdbebengöttin, T e t e o i n n a n oder T o c i ) , bald das Dämonische, zu Verbrechen und Sünde verleitende W e s e n der Weiblichkeit (als T 1 a 9 o 11 e o 11) mehr hervor. O d e r sie wird gedacht alsGöttin der Lebensmittel ( T o n a c a c i u a t l ) , als Göttin der Maisfrucht ( C i n t e o t l oder C h i c o m e c o a t l ) und der A g a v e ( M a y a u e l ) oder der Blumen, in welche die Erde gekleidet ist ( C o a t l i c u e u n d X o c h i q u e t z a l ) . D i e T e m p e l der Mexikaner waren abgestumpfte P y r a miden, zu denen Stufen hinaufführten, und auf deren oberer Plattform das Sakrarium mit dem Bildnis des Gottes stand und ihm gegenüber, hart am R a n d e der T r e p p e , der Opferblock. Menschenopfer wurden übrigens nur an den hohen Festtagen gebracht, v o n denen allerdings fast auf j e d e n der 18 Monate des Jahres einer fiel. I m übrigen beschränkte sich der Kultus auf Räucherungen, Darbringung von Speisen und auf T ä n z e und G e s ä n g e zu Ehren der Götter. Fasten und Kasteiungen (Blutentziehung) waren häufig, fast die stehende Vorbereitung zur B e g e h u n g eines Festes. Mit kleinen Obsidianmessern machte man Einschnitte ins Ohr, in die Z u n g e oder in das Muskelfleisch der A r m e oder W a d e n und fing das daraus hervorquellende Blut auf Stücken der stachelspitzigen Agaveblätter auf, die dann in einen Knäuel Gras gesteckt und als Zeugnis der Kasteiung den Göttern dargebracht, bezw. auf der Mauer der T e m p e l ausgestellt wurden. — Diese Kasteiungswerkzeuge ebenso wie R ä u c h e r p f a n n e und Kopalbeutel und das von Blut rot gefärbte Opfermesser aus Feuerstein sind in den Malereien überaus häufig und stellenweise auch in den Skulpturen neben den Bildern der Götter zu sehen. — Z u m Verständnis

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der auf den Skulpturen und in den Malereien dargestellten Gegenstände ist noch des Kalenders der Mexikaner zu gedenken. Wie schon erwähnt, wurde das Jahr in 18 Monate von 20 Tagen geteilt, die mit dem Hauptfeste irgend einer Gottheit zusammenfielen. Dabei blieben fünf Tage übrig, in denen keine Feste gefeiert wurden, und die als n e m o n t e m i , als unnütz, unglückbringend, zu keiner ernsten Verrichtung geschickt galten. Die 20 Tage eines Monats waren durch bestimmte Benennungen gekennzeichnet, die von bestimmten greifbaren Objekten hergenommen waren. Indem nach Schluß des letzten Monats die Tage in derselben Weise weiter benannt wurden, ergab sich, daß der Anfangstag des zweiten Jahres nicht dasselbe Zeichen, wie der des ersten erhielt, sondern nach dem sechsten der Reihe benannt ward. Der Anfangstag des dritten Jahres erhielt dann den Namen des elften Zeichens, der des vierten den des sechszehnten Zeichens und erst der Anfangstag des fünften Jahres trug wieder den Namen desselben Zeichens, wie der des ersten. Nun wurden außerdem die Tage b e z i f f e r t , und zwar von 1 bis 13. Daraus ergab sich, daß erst nach einer Periode von 1 3 x 2 0 = 2 6 0 Tagen ein Tag erschien, der den Namen desselben Zeichens und dieselbe Ziffer trug, wie der erste Tag. Aber 73 x 260 Tage oder 52 Jahre mußten verfließen, ehe ein Jahr wieder mit einem Tage begann, der dasselbe Zeichen und dieselbe Ziffer trug, wie der des ersten Jahres. Dem Schluß dieses 52. Jahres sah man mit Zittern und Zagen entgegen, denn man fürchtete, daß init der laufenden Rechnung auch die gegenwärtige Welt ein Ende nehmen könnte. Danach aber ward das Alte bei Seite gelegt, die Feuer gelöscht und mit neu erriebenem Feuer feierlich der Beginn einer neuen Ära eingeleitet. — Dieses eigentümliche, höchst ingeniöse System, dessen Erfindung den mythischen Tolteken zugeschrieben ward, und wonach nicht nur bei den Mexikanern, sondern genau in derselben Weise auch bei den Mixteca und Zapoteca, den Maya-Stämmen von Chiapas, Guatemala und Yucatan und den Naua-Stämmen des fernen Nicaragua gerechnet ward, — gestattete mit einfachen Mitteln, durch eine Ziffer und einen Namen,

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auf einen weiten Zeitraum hin einen T a g o d e r ein J a h r g e n a u zu bezeichnen. Wir finden d a n a c h die Zeit, nicht nur in d e n Bilderhandschriften, welche die alte G e s c h i c h t e des Volkes erzählen, a n g e g e b e n , sondern auch a u f D e n k malen zur Bezeichnung der Zeit, wann d i e s e errichtet wurden. — Weiter a b e r wurde auf G r u n d derselben Zeichen ein a u s g e d e h n t e s a s t r o l o g i s c h e s S y s t e m aufgebaut, i n d e m die Himmelsrichtungen, die Jahreszeiten, die verschiedenen Gottheiten uud ihre Qualitäten unter diese Zeichen verteilt wurden und so für j e d e s J a h r und j e d e n T a g sein Geschick und sein Ungeschick, sein guter und sein böser Einflute bestimmt ward. — D i e alten M e x i k a n e r lebten, wie sämtliche übrigen Völker d e s alten Amerika, noch fast g a n z in der Steinzeit. K u p f e r war zwar bekannt und wurde zu Ä x t e n und Messern verwendet, aber die Hauptwerk zeuge lieferte der Stein, hauptsächlich d e r in d e m vulkanischen L a n d e nicht seltene O b s i d i a n (itztli). Die Splitter wurden, wie T o r q u e m a d a ausdrücklich angibt, durch D r u c k a b g e s p r e n g t . Alle Arten von schneidenden Werkzeugen, M e s s e r u n d Pfeile u n d Speerspitzen, wurden d a r a u s gefertigt; und i n d e m m a n die Splitter auf zwei gegenüberliegenden Seiten eines mit H a n d g r i f f versehenen H o l z e s einsetzte, erhielt m a n die nationale Waffe, d a s maquauitl, die sog. E s p a d a d e los Indios. D i e K u n s t der M e t a l l b e a r b e i t u n g war hoch entwickelt. D i e G o l d - u n d Silberarbeiten erregten d a s höchste Staunen der Spanier. N a m e n t lich besaßen die indianischen S c h m i e d e die K u n s t , d a s G o l d u n d Silber in einander zu arbeiten, in einer Weise, wie es nach d e m eigenen G e s t ä n d n i s der S p a n i e r ihre L a n d s l e u t e nicht zu S t a n d e brachten. L e i d e r ist von diesen K u n s t p r o d u k t e n d a s meiste in d e n Schmelztiegel gewandert. — N ä c h s t d e m stand die S t e i n s c h n e i d e r e i u n d Steinschleiferei in hoher Blüte. A u s d e m spröden O b s i d i a n u n d d e m harten Bergkrystall wurden Spiegel und die zierlichsten S c h m u c k s a c h e n gefertigt, Figürchen, T o t e n k ö p f e , L i p p e n pflöcke, Ohrpflöcke mit weitem L u m e n , in welche schwere H ä n g e r kamen. Solche Ohrpflöcke aus Obsidian bildeten neben Obsidianmessern, zu K l e i d e r b e s a t z dienenden Schellen, als F e u e r z e u g d i e n e n d e m Schwefelkies u n d Cochenille H a u p t -

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gegenstände des Exports nach dem Ausland. — Das S p i n n e n und W e b e n war Sache der Frauen. Als G e spinstfaser ward die Agavefaser verwendet, die aber nur ein grobes, sackleinwandartiges Gewebe lieferte, und Baumwolle, welche feinere Gewebe abgab. Letztere durften aber nur von den Vornehmeren getragen werden. Man verstand die Kunst, die Gewebe zu färben und zierliche Muster zu weben. Berühmt waren die Zeuge aus der Huaxteca, die centzonquachtli oder centzontilmatli („Decken von 400 Farben") hießen. Das Tragen gefärbter und gestickter Mäntel war aber nur gewissen Rangstufen erlaubt. — Eine besondere Kunst war die Zurichtung der S c h m u c k f e d e r n , welche die Kaufleute aus dem heißen Niederland an der Meeresküste brachten. E s wurden daraus große Federschmucke gefertigt, die einen Teil des kriegerischen und festlichen Aufputzes bildeten, und die feineren Federn der Papageien und anderer Schmuckvögel wurden in die Gewebe eingeknüpft und so Federmäntel hergestellt, die durch die Accuratesse der Arbeit, die Pracht der Farben und den Geschmack der Muster die Bewunderung der Spanier erregten. Ein prachtvolles Stück dieser Art besitzt unser Museum. — Eine weitere Kunstfertigkeit war die Herstellung schön gefärbter M o s a i k e n . E s wurden Ohrpflöcke, Masken für Götzenbilder und ganze Idole in dieser Weise gearbeitet. Man wählte mit Vorliebe blaue und grüne Farben, und es wurden zur Herstellung der Mosaiken Stücke Türkis (Kala'it), Malachit, weiße, gelbliche, rötliche, schwärzliche Stücke Muschelschale und kleine Metallstückchen verwendet. Eine solche Maske trug das Bildnis des Feuergottes an dem Feste, das ihm am 10. T a g e des letzten Monats in Tlatelolco gefeiert ward. Doch kamen auch andere Farben zur Verwendung. So erhielt das Bildnis desselben Gottes bei dem Feste, das ihm 1 0 T a g e später in demselben Ort gefeiert ward, eine Maske, bei der durch rote Koralleustückchen und schwarze Steinchen rote und schwarze Querstreifen hergestellt waren. — Von solchen Mosaiksachen finden sich noch ungefähr zwanzig Stück*) in den europäischen Museen. *) Drei ausgezeichnete Stücke im Glaskasten Nr. 1 1 6 Saal V .

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Die T ö p f e r e i hatte einen nicht unbedeutenden Grad der Entwickelung. Die Gefäße wurden einem kräftigen, meist sehr gleichmäßigen Brennen unterworfen. Verschiedene Dekorationsfarben wurden aufgetragen, meist künstliche Mischungen von fetten Tonen mit Kreide, Eisenoxyd, Eisenocker etc., die hauptsächlich durch Reiben auf der Grundfläche fixiert wurden, wodurch die Gefäße einen schönen Glanz erhielten. Eine wirkliche Glasur, ein Einbrennen der Farben unter Zusatz von Flußmitteln scheint nicht stattgefunden zu haben. — Ein besonderes Gewerbe Es wurden Weidenruten, war die M a t t e n f l e c l i t e r e i . Binsen, Rohr, Palmblattstreifen und Agavefaser verwandt und daraus Körbe, Matten, Stühle und Stricke jeder Art geflochten, die in ausgedehntester Weise zur Verwendung kamen. Bei der Vergänglichkeit des Materials ist von den Leistungen dieser Kunst in den Sammlungen kaum etwas anzutreffen. — Auch die H o l z a r b e i t e n sind selten. Von M u s i k i n s t r u m e n t e n waren außer der großen mit Fell überzogenen Pauke (ueuetl) noch eine Art Holztrommel (teponaztli), ferner Tonflöten, Tonpfeifen und Muschelhömerin Gebrauch, ferner Kürbisrasseln undSchellenbretter. Das ganze Orchester kam in ausgedehnter Weise zur Verwendung bei den priesterlichen Aktionen, insbesondere bei Tänzen und Gesängen zu Ehren der Götter. Aus der Agavefaser wurde ein P a p i e r bereitet, auf welchem die Schriftkundigen in bunten Malereien den Gang der alten Wanderungen, die wechselvolle Geschichte des Volkes, die Genealogien ihrer Könige, die Namen der unterworfenen Städte und Zahl und Art ihrer Tributleistungen, die Zeichen des Kalenders und der sie .beherrschenden Gottheiten, Landgrenzen u. a. m. zur Anschauung brachten. Diese Art, Bücher, Dokumente und Urkunden zu schreiben, war noch eine ganze Zeit nach der spanischen Eroberung in Gebrauch. Glaskasten 107 Saal VII (Aufsenwand). Mexikanische und mittelamerikanische Bilderschriften. Nr. lO?\ Mittelwand von Saal VII. Kopien von Wandgemälden aus einem altmexikanischem Hause in Teotihuacan.

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Nr. TO/1. Rechteckiges Gewebe mit Federmosaik, einen Edelstein (Chalchiuitl'), und einen Totenkopf inmitten eines Blutstroms darstellend. Gebrauch unbekannt. Malinaltenango. Sehr selten. Geschenk des Geh. Oberregierungsrat Seiffart 1846—50. Nr. IO/", Saal V, sechs Stücke mexikanische Bilderschriften eingerahmt. Estrade 109, Saal VII. Mais- und Erdgöttinnen, Figuren des Regen- und Windgottes, Schlangen etc. Nr. IOgl—IOQ3 Maisgöttin, Chicome couatl, Nr. IOg1 Wassergöttin, Chalchiuhtlicue, an den beiden Vertiefungen auf einer Wange erkennbar. Nr. IOQ6, IOg" Federschlange, den Kopf des Windgottes Quetzalcouatl (?) im Rachen. Nr. IOQ7— IOQ10 Quetzalcouatl. Nr. IOg'1 Regengott Tlaloc. Augen, Nase und Mund sind aus den Windungen von zwei Schlangen gebildet. Nr. IOg'\ IOg'3 Regengott Tlaloc. Nr. IOQli Quadratischer Stein mit dem Namen der Sonne „4 Bewegung1'. Naui olin. Nr. IOQ15 Rechteckiger Stein mit der Darstellung eines Skorpions und eines Grasballens, in dem zwei Agavestacheln stecken. Bei der Kasteiung sammelte man das Blut auf den Stacheln und steckte sie in einen Grasballen. Nr. IOg18 Fabelhaftes Wassertier, Ahuitzotl. Nr. 10g17 A f f e . Nr. IOg18 Ärmelloses Wams der Priester (xicolli) aus Agavefaser und Baumwolle gewebt. Nr. 10g19 Enden einer Schambinde (maxtlatl) aus Rehleder. Nr. IOQ18 und IOg19; Malinaltenango. Geschenk des Geh. Oberregierungsrat Seiffart 1846—ßO. Estrade 110, Saal V. Figuren und Köpfe von Göttern, Totenkopf, Tierfiguren. Fisch, Schildkröten, Eidechsen, Säugetiere. Reibschalen, Reibsteine. Nr. IIO1 Runder Stein mit Eidechse in Relief. Nr. IIOa Relief von Federbällen. Nr. IlOs Frosch.

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Mittelaraerik».

Estrade 111, Saal V. Steinfiguren: Gotter, darunter zwei Tlalocköpfe, ferner Schlangen, Eidechsen, Krokodile etc. Glaskasten 115, 116, Saal V. Mexikanische Kleinkunstgeräte aus Stein, Knochen und Muschelschale. Hervorragende Stücke in Il6 sind: Der sogenannte „Kalenderstein", eine runde Scheibe aus hellgrünem Serpentin mit dem Reliefbild der Sonne, in deren Mitte sich der Sonnengott (Tonatiuh oder Piltzinteotl) befindet. Ein Holzkästchen in Gestalt eines Doppeljaguars, mit Türkis- und Muschelmosaik ausgelegt. Ein ebensolches Holzkästchen, als Jaguarkopf gestaltet. Eine Schädelmaske, mit Türkismosaik ausgelegt. Die ersten beiden Stücke stammen aus der Sammlung Alexander von Humboldts. Nr. Il61 Darstellung einer Mosaikmaske aus „Rieh. Andree, Ethnographische Parallelen" II. Tfl. VIII. (Die Hauptsammlung ?nexikanischer Altertümer befindet sich in Stockwerk III Saal IX und Verbindungsgang, vgl. S. 234f. Größere Skulptur stücke im L i cht ho f . vgl. S. 25f.)

Altertümer der Huaxteca. Die Huaxteca, die ein Zweig der großen Maya-Familie sind, wohnen in dem Stromgebiet des Panuco im Gebiet der heutigen Staaten Vera Cruz, San Luis Potosi und T a maulipas. Sie hatten sich unzweifelhaft schon vor sehr langer Zeit von ihren Stammbrüdern getrennt, denn ihre Sprache weist beträchtliche Abweichungen gegenüber den andern auf. Auch stehen sie den letztem in der Kultur entschieden nach. K e i n e steinernen Paläste, keine ragenden Bauten, keine großartigen Skulpturen, keine Bilderschrift. Sie wohnten in Häusern, die, dem warmen Klima entsprechend, leicht aus Rohr und Palmblatt erbaut, gleich denen der Tarasca auf pyramidenförmigen Steinsetzungen errichtet waren, die hier c u oder (mit spanischer Verkleinerungsendung) c u e s i l l o genannt werden. Sie waren berühmt wegen der kunstreichen farbigen Gewebe, die sie fertigten, und mit denen ein schwunghafter Handel nach Mexiko betrieben wurde. Schrank 128, Saal VII. Die ausgestellten Gegenstände gehören sämtlich der Sammlung an, die von Dr. Seier und Frau im Jahre 1888 in der Huaxteca zusammengebracht wurde. F ü h r e r durch das M u s e u m für V ö l k e r k u n d e .

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Mittel amerika.

Altertümer der Tarasca. Die Tarasca sind eine Nation besonderer Sprache, die die Hügelländer der Landschaft im Westen des Hochthalfe von Mexiko bewohnt: „ M i c h h u a c a n " „wo man Fische hat" von den Mexikanern genannt wegen der großen Seeen, die sich daselbt finden. Es war eine kriegerische Nation, die ihre Unabhängigkeit den Mexikanern gegenüber wohl zu wahren wußte. Entsprechend dem wärmeren Klima ihres Landes bewohnten sie hölzerne, aber wie berichtet wird, hübsch geschnitzte und bemalte Häuser, die auf der Spitze von kleinen, aus Steinen aufgeführten Pyramiden ( y a c a t a ) errichtet waren. Obwohl sie ein nicht unbedeutendes technisches Geschick entwickelten, standen sie doch den Mexikanern in der allgemeinen Kultur entschieden nach. Besonders ausgezeichnet sollen sie in der — übrigens auch in Mexiko selbst zu hoher Vollendung entwickelten — Kunst der Anfertigung von Federmosaiken gewesen sein. Und diese Kunst hat sich bei ihnen auch bis in die neueste Zeit in gewisser Weise erhalten (vgl. die Madonna aus Federmosaik in Schrank 100 Saal I X im dritten Stockwerk).

Schrank 130, Saal VII. Tonfiguren, Tongefäße, steinerner Mahlstein aus Icudcato. Kleine lonschälchen u. a. aus der Gegend von Pdtzcuaro. Tonfiguren und Gefäße aus Colima. Geschenk der Herren Gebrüder Öhtling und Sammlung Seier (Geschenk S. Exz. des Hersogs von Loubat).

Altertümer von Teotitlan del Camino. A n den Grenzen der Mixteca und Zapoteca, da wo die Handelswege nach der atlantischen und der pazifischen Seite sich schieden, saß eine Abteilung der Nation der Mexikaner, die wohl eine von Cholollan vorgeschobene Kolonie darstellen und die hier an der Grenze und in Berührung mit anderssprachigen Stämmen eine besondere eigenartige Kultur entwickelt hatten.

Schrank 132B, Saal VII, enthält einige Altertümer dieser Gegend, ebenso Schrank 134B (Saal VIII).

aus

Mittelamerika.

Altertümer der Mixteca und Zapoteca. Diese beiden verwandten Nationen bewohnten, südlich und östlich an die Mexikaner grenzend, das fruchtbare Tal von Oaxaca und die Gebirgsländer, die dasselbe im Westen und Osten begrenzen, westlich sich bis zur Küste des stillen Ozeans (Tehuantepec) hinabziehend. Sie sprachen eigene, von der der Mexikaner völlig verschiedene Sprachen, zeigen aber in ihrer Kultur, in ihren religiösen und sonstigen Anschauungen enge Verwandtschaft mit den Mexikanern. Der Oberpriester der Zapoteken residierte in Y o o p a a (Lioobaa) „Ort des Friedens", welchen die Mexikaner „ M i c t l a n " (die Totenstadt) nennen, weil man dort die Gebeine der zapotekischen Könige und Großen begrub. Dort sind noch heute die Ruinen prächtiger Paläste zu sehen, deren Außenund Innenwände mit einem Mosaik regelmäßig zubehauener Steine in geometrischen Mustern bekleidet sind. Einzelne Streifen über den Türen weisen hier und da noch Malereien auf — mythologische Darstellungen, die in allen Einzelheiten mit den mexikanischen Bilderschriften übereinstimmen. Schrank 132, Saal VII (vgl. auch vor. S.). Altertümer der Mixteca. Sammlung Seier. (Geschenk S. Exz. des Herzogs von Loubat). Nr. 1321 auf Schrank 132. Steinbalken mit bisher unbekannten Hieroglyphen über der Tür eines Grabes in Xoxo, Oaxaca. Abguß des im Museum in New York befindlichen Originals. Schrank 133, Saal VIII. Altertümer der Cuicateca, eines den Zapoteken verwandten, aber einen besonderen Dialekt sprechenden Stammes. Altertümer der Zapoteken. Besonders charakteristisch sind die Figurengefäße mit dem mächtigen Kopfaufsatz, dem verschnörkelten Gesicht, das durch Einsetzung eines Schlangenrachens in ein Menschengesicht entstanden, aber zum Teil vollständig stilisiert und ornamental geworden ist. Einige der Stücke gehören älteren Sammlungen an, andere sind vom Consul Stein in Oaxaca (1894) geschenkt bezw. von Hinrichs in Oaxaca und Dr. W. Bauer in Mexico (1902) gesammelt, die übrigen stammen aus den Sammlungen von Dr. Seier und Frau im Jahre 1888. Die kleineren Ton9*

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köpfe sind meist Köpfe von Pfeifen oder Flöten. Das tönerne Trommelgestell in der Mitte der Abteilung B. des Schrankes 133 erinnert an ähnliche Stücke, die aus Marokko und in neuerer Zeit auch aus dem deutschen Altertum beschrieben worden sind. (In 134 B einige Altertümer aus Teotitlan del Camino, vgl. S. 130.) Nr. 133 Photographien von Ruinen und Altertümern von Mitla. (Ein paar zapotekische Goldsachen sind in der Abteilung rechts des Geldschranks 300 in Saal V ausgestellt.)

Altertümer der Totonaca, der Olmeca und der zwischen ihnen angesiedelten Naua-Stämme. Der lange Streifen fruchtbaren Landes, der sich längs der Golfküste von der Südgrenze der Huaxteca bis zur Nordgrenze der Maya-Stämme, von der Laguna de Tamiahua bis zur Laguna de Términos zieht, scheint schon in früher Zeit von einem Gemisch verschiedener Stämme bewohnt gewesen zu sein. Als Urstämme treffen wir nördlich von dem heutigen Vera Cruz die T o t o n a c a an. Südlich von Vera Cruz und landeinwärts nach Cotastla und zum Rio Coatzcualco werden die O l m e c a genannt, über deren eigentliche Nationalität noch nichts Sicheres bekannt ist. Aber überall zwischen diese waren vom Hochlande aus Stämme nauatlakischer (mexikanischer) Verwandtschaft vorgedrungen und hatten Herrschaften kleineren und größeren Uinfangs gebildet, die zum Teil schon früh in Abhängigkeit von den großen Gemeinwesen des Hochlandes gerieten, zum Teil erst in der der Ankunft der Spanier unmittelbar vorhergehenden Zeit der mexikanischen Herrschaft unterworfen wurden. Das ganze Gebiet hatte unstreitig schon eine alte hohe Kultur aufzuweisen, und der sagenhafte Stamm der Tolteken ist vielleicht viel eher mit diesem Gebiet in Verbindung zu bringen als mit dem der Stadt Tollan, die auf dem Hochlande im Norden von Mexiko gelegen ist. — In diesem Gebiete hat H e r m a n n Strebel, der selbst lange Jahre drüben gelebt hat, in systematischer Weise Ausgrabungen vornehmen lassen, die ein unerwartet reiches Material zu Tage gefördert haben.

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Dasselbe zeigt zum Teil in den Formen, und namentlich in der Dekoration Anlehnung an die Typen des Hochlandes, insbesondere der Gegend von Cholula. Strebel bezeichnet diese Stücke als „ C e r r o M o n t o s o - T y p u s " , nach der Hauptlokalität (bei Cempoallan), wo Stücke dieser Art gefunden wurden, und ist neuerdings geneigt, sie als Repräsentanten der eigentlich totonakischen Kultur anzusehen. Andere Lokalitäten sind zwischen den Fundstätten dieses Typus zu verzeichnen, wo die ausgegrabenen Stücke einen etwas abweichenden Charakter und zum Teil, z. B. in P i l ó n d e A z ú c a r die engste Anlehnung an mexikanische Kulturerzeugnisse aufweisen. In diesen Fundstätten könnte die Eigenart des eingewanderten nauatlakischen, sogenannten chichimekischen Elements vertreten sein. In dem südlichen Teil des Gebiets tritt uns dagegen ein ganz anderer Charakter entgegen. Herr Strebel bezeichnet die Funde dieser Gegend nach der nördlichsten und besonders reichen Lokalität als R a n c h i t o d e las A n i m a s - T y p u s und sieht in ihnen die Kulturerzeugnisse der alten Bewohner der Provinz Cuetlachtlan, die ein ethnisch noch unbestimmtes Bevölkerungselement, die Olmeca, vertreten. (Vgl. die Beschreibung seiner ersten Sammlung, und die Bemerkungen über Technik u. s. w. in Strebel „Alt-Mexiko" I. II. Leipzig und Hamburg 1885 und 1889 und die Erläuterung der Ornamente in „Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde". Band VI. Berlin 1898.)

Sämtlich in Saal V I I I : Nr. 138, 139. Estraden mit Steinfiguren. Schrank 140. In diesem Schrank sind Steinsachen zusammengestellt. In der Abteilung A. die rätselhaften Steinjoche, die man lange Zeit fälschlich als Opferjoche erklärt hat. Die mit Griff versehenen Steinkugeln, die in C. am Boden liegen, erinnern an die hölzernen sogenannten Manopla, die von den heutigen Indianern der Gegend von Misantla beim Tanz gebraucht werden. (Siehe das Stuck in Schrank IOO, Abteilung C. Saal IX des dritten Stockwerks.) Nr. I4O1. Steinerne Totenköpfe aus Cempoallan.

Mittelamerika.

134

Schrank 141, 142, 143 A. Altertümer von Cerro montoso bei Cempoallan. Schrank 143 B. Altertümer von Chicuasen. Schrank 143 C. Altertümer von Zoncuautla bei Coatepec. Schrank 144, 145 oben. Altertümer von Pilon de Azücar und der Gegend von Misantla. Schrank 144, 145 unten. Altertümer der Gegend von Jalapa und von den Orten an der Straße nach dem Hochland. Glaskasten

145 1

in der Mitte

des Saals.

Modelle

der

Tempel von Cempoallan, der alten Totonaken-Hauptstadt, nordlich von Vera Cruz, und daselbst gefundene Altertümer.

Schrank

von Ranchito Schrank Carrizal bei Schrank benachbarten

146—149

oben,

147,

148

unten.

Altertümer

de las Animas bei Cempoallan. 149 unten. Altertümer aus den Banos de Tusamapan und aus Sollacautla bei Villarica. 150, 151. Altertümer aus der Mistequilla und Orten südlich des heutigen Vera Cruz.

Fälschungen. (Gefälschte mexikanische und zapotekische Altertümer befinden sich in Stockwerk III Verbindungsgang, vgl. S. 234.)

Die Maya-Völker. In breitem Streifen ziehen sich die Maya-Völker über die Landenge. Die Halbinsel Yucatan ist fast ganz von ihnen eingenommen. Echte Maya wohnen noch am See von Peten und am oberen Lauf des Usumacinta, während Verwandte von ihnen am Unterlaufe des Flusses, den Niederungen des Staates Tabasco und auf den Hochebenen von Chiapas wohnen, andere den größten Teil der heutigen Republik Guatemala einnehmen. Ein versprengter oder zurückgebliebener Zweig der Nation, die Huaxteca, wohnt weit oben im Norden, bei Panuco, nördlich des von den Totonaca eingenommenen Gebiets. — Es unterliegt keinem Zweifel, daß schon in alter Zeit die Maya-Völker mit den Naua-Stämmen in enge Berührung gekommen sind. In Tabasco, dem Anauac Xicalanco der Mexikaner, grenzten sie unmittelbar an die Mexikaner, und an der pazifischen

Mittelamerika.

135

Abdachung des Landes sitzen Zweige dieser Nation, zwischen die sich die Maya-Stämme von Guatemala (Maine, Qu'iche, Cakchiquel und Pokomam) wie ein Keil eingeschoben haben. — Geschichtsbücher der Eingeborenen von Yucatan erzählen, dafs die Tutulxiu, die Stammväter der M a y a von Mayapan, aus dem Lande Tulapan (d. i. Tollan) kamen. Ahnlich berichten die Sagenbücher der Qu'iche, daß die Patriarchen dieser Nation sich ihre Götter aus der Stadt Tulan Zuiva, den sieben Höhlen, holten, daß sie von dort die Verehrung des Morgensterns und den Gebrauch zu fasten und sich zu kasteien lernten. Aus Westen kamen die Itza nach Chichenitza, heilige Leute, die keusch lebten. Ebendaher kam der Gründer von Mayapan, Kukulcan, der nach seiner Rückkehr in Mexiko für einen ihrer Götter gehalten und Quetzalcoatl genannt wurde. Eine Tradition existierte im Lande, der zufolge die Maya 600 Jahre vor der Ankunft der Spanier Vasallen der Azteken gewesen waren. Tatsache ist, daß, so verschieden diese beiden Nationen ihrer Sprache und wohl auch Abstammung nach waren, ihre Kulturen eine ganze Menge Berührungspunkte aufweisen. Der Kalender ist bei beiden bis in alle Einzelheiten derselbe. Die Namen der Tageszeiten sind im Qu'iche nur Übersetzungen der entsprechenden aztekischen Wörter. Nur der Anfang der Zählung ist ein anderer. Doch spricht manches dafür, daß bei dem einen dieser beiden Völker in späterer Zeit eine Verschiebung des Anfangs stattgefunden hat. — Über die Mythologie der Maya sind wir weniger genau unterrichtet, wie über die der Azteken; doch ist die grundsätzliche Übereinstimmung der Mythologien beider Völker unverkennbar. — Wie die Mexikaner, verehrten die M a y a von Yucatan vor allem die Gottheiten, welche Regen dem durstigen Lande spendeten. Der N a m e dieser Gottheit ist C h a c oder d i e v i e r C h a c , nämlich die von den vier Himmelsrichtungen nahenden Regenwolken. Ahnlich ist von Tlaloc in der Historia de los Mexicanos por sus pinturas gesagt, daß er in vier Sälen steht, von denen aus die Tlaloque das Wasser in Krügen auf die Erde gießen. Ungefähr um dieselbe Zeit, wo die Mexikaner ihrem Tlaloc

136

Mittelamerika.

das erste Fest feierten, im Januar oder Anfang Februar, wurde auch den Chac ein Fest gefeiert, und dieses charakterisiert sich als ein erstes Jahresfest dadurch, d a ß an ihm der Tempel renoviert und die Vorzeichen für das bevorstehende Jahr beachtet wurden. Ein zweites Fest wurde den Chac im März und April gefeiert, welches den Zweck hatte, ein gutes regnerisches Jahr zu erflehen. Man opferte an diesem Tage die Herzen von allerhand Getier ins Feuer und löschte nachher das Feuer mit Wasserkrügen. — Neben den Chac wurde der alte Himmels-, Feuer- und Sonnengott verehrt, K i n c h a h a u I t z a m n a , der zum Teil eine ähnliche Rolle spielt, wie der Windgott Quetzalcoatl, und als der erste Priester und als der Erfinder der Bilderschrift und der Wissenschaften galt. D a n n gab es eine Göttin I x c h e l , die als Göttin der heilsamen Kräuter und gleichzeitig als Göttin der Zeugung und Geburt galt, also augenscheinlich eine Göttin der Erde war, ähnlich der Ciuacoatl und den anderen bei Alt-Mexiko erwähnten Gottheiten. U n d eineGöttin I x - c h e b e l - y a x , die„Herrin der Schmuckfeder" welche der Xochiquetzal, der jungen Erdgöttin der Mexikaner, zu entsprechen scheint. — Einen mehr lokalen Kultus (in Izamal) scheint die Sonne unter dem N a m e n K i n i c h K a k m ö genossen zu haben, die zur Mittagszeit herabkommt, das Opfer in Brand zu setzen, wie der rote Arara herabfliegt. — Entschieden lokal (in Mani, d. i. an dem Orte des alten Mayapan) war zur Zeit der Eroberung der Kultus K u k u l c a n ' s , des Gottes, der seines Namens halber mit Quetzalcoatl identifiziert wird. Sein Fest war mit einem fünftägigen Fasten verbunden. Im übrigen charakterisiert es sich eher als eine Art Heroenkultus, dem Kukulcan als dem Gründer der Bundesstadt Mayapan gefeiert. Doch ergiebt sich aus den Monumenten, daß der Kultus dieses Heros, dessen Gestalt mit astronomischen Tatsachen, der Erscheinung des Planeten Venus, eng verknüpft ist, in früheren Zeiten eine weitere Verbreitung gehabt haben muß. Die Art des Kultus war im wesentlichen dem der Azteken gleich. Sie hatten dieselben Fasten und Blutentziehungen, Räucherungen, Opfer. Die Menschenopfer waren nicht so

Mittelamerika.

»37

allgemein, wie bei den Azteken. Statt eines Menschen ward häufig nur ein Hund geopfert. Das Opfer selbst wurde in derselben Weise durch Ausschneiden des Herzens vollzogen, oder die Opfer wurden mit Pfeilen erschossen, wie das gelegentlich auch bei den Mexikanern vorkam. — Wie die Azteken, hatten auch die Maya ihre alten Traditionen und ihre sonstige Weisheit in Büchern niedergelegt. Die Maya aber haben die B i l d e r s c h r i f t in viel höherem Maße ausgebildet, als die Mexikaner. Auch die aztekischen Codices sind freilich keine bloßen Gemälde, sie verwendeten Bilder, die einen bestimmten lautlichen Wert haben, und sind so imstande, Namen von Ortschaften und von Personen zu s c h r e i b e n . Aber diese Bilder bleiben immer B i l d e r . Die Maya dagegen haben ihre sämtlichen Bilder zu L e t t e r n abgekürzt, die in wohlgeordneten Reihen neben und übereinander gestellt werden. In weit höherem Sinne auch als die Mexikaner waren die Maya ein litterarisches Volk. Die Zahl ihrer Bücher war sehr beträchtlich, in denen sie „ihre Geschichten und ihre Zeremonien und die Ordnung ihrer Opfer und ihren Kalender niederschrieben", und die Wände ihrer Tempel sind mit Hieroglyphen bedeckt. Ihre Bücher sind von den spanischen Mönchen, welche die Erinnerung an das Alte im Bewußtsein des Volkes auslöschen wollten, zum größten Teil verbrannt worden; nur vier sind der Zerstörung entgangen und gehören heutzutage zu den größten Schätzen der Bibliotheken von Dresden, Paris und Madrid. Dauerhafter war die Schrift der Tempelwände. Von ihnen sind in neuerer Zeit in umfangreichem Maße Abdrücke genommen worden, deren Sprache hoffentlich in nicht allzu ferner Zeit den Gelehrten nicht mehr stumm sein wird. Auch unser Museum besitzt solche von Charnay angefertigte Abdrücke, die fast vollständig im Lichthof aufgestellt sind. (Vgl. S. 6. 25.) Auch in Kunst und Handwerk standen die Maya den Mexikanern keineswegs nach. — Die Bauwerke Yucatans erschienen den Spaniern „als das Bedeutendste, was in dem neuen Kontinente anzutreffen wäre" und um so merkwürdiger, als diese ganzen reich mit Skulpturen bedeckten

13«

Mittelamerika.

Bauwerke ohne metallene Werkzeuge gearbeitet worden waren. Die große Zahl derselben erklärt sich durch häufigen Wechsel der Niederlassung, hervorgerufen durch kriegerische Wirren, innere Zwistigkeiten und andere Umstände. Eine ganze Anzahl dieser Prachtbauten lagen schon zur Zeit der Ankunft der Spanier in Ruinen. So wahrscheinlich die von P a l e n q u e in Tabasco und sicher die von M a y a p a n und C h i c h e n i t z a , von Q u i r i g u ä in G u a t e m a l a und von C o p a n . Der Stil der Skulpturen zeichnet sich gegenüber dem Mexikanischen durch einen gewissen schnörkelhaften Zug und ein Uberwuchern des Beiwerks aus. Für beides finden sich übrigens schon in Mexiko, namentlich in einzelnen der Bildercodices, Anklänge. Für die Ornamentation werden die Hieroglyphen von Bedeutung, indem diese, meist alle in den gleich großen Raum eines Viereckes mit abgerundeten Ecken reduziert, sich mit Leichtigkeit in regelmäßige Längs- oder Querlinien ordnen lassen. Von ihnen wird daher der ausgiebigste Gebrauch gemacht, die Seiten der Monolithe, die Füllungen der konstruktiven Teile, der auf der Fläche einer Figurentafel verfügbare Raum wird mit Inschriften ausgefüllt. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Ornamentation als Ganzes, das Nebeneinander von phantastischen Figuren, geometrischem Ornament und den Hieruglyphenreihen, das man sich außerdem noch gehoben denken muß durch lebhafte Bemalung, einen geradezu überraschenden und prächtigen Anblick gewährt haben mufs. — Der A c k e r b a u wurde in derselben primitiven Weise getrieben wie in Mexiko. Man bohrte, im Beginn der Regenzeit, mit einem spitzen Stocke Löcher in die Erde, steckte eine Anzahl Körner hinein und scharrte das Loch wieder zu. — Mit Kakao-Bohnen und Steinperlen trieben sie einen ausgedehnten H a n d e l nach Tabasco (d. i. das Anauac Xicalanco der Mexikaner), von wo sie Salz, Gewebe und Sklaven zurückbrachten. — Ihre K l e i d u n g war im ganzen der der Mexikaner ähnlich. Sie platteten künstlich die Köpfe der neugeborenen Kinder ab, trugen langes Haar wie die Weiber, bemalten den Körper rot und übten Tätowierung.

Mittelamerilta.

Schrank 161—169, Saal V.

Altertümer aus

«39 Yucatan.

In der Sammlung befinden sich eine Anzahl Steinfiguren unzweifelhaft mexikanischen Ursprungs und mexikanische Gottheiten darstellend. Bei dem regen Verkehr, der schon in alter Zeit zwischen diesen Ländern bestand, kamt ihr Vorkommen nicht weiter befremden. Einzelne mögen auch durch Sammler verschleppt sein. — Unter den Gegenständen unzweifelhaft yucatekischen Ursprungs sind hervorzuheben eine große Zahl schöner Steinwaffen und Steingeräte, teils geschliffene, teils geschlagene. Statt des Obsidians, der in Mexiko hauptsächlich Verwendung fand, tritt hier der Feuerstein auf. S't einperlen waren ein beliebter Schmuck im alten Yucatan, und sie bildeten einen Gegenstand des Exports. Auch diese, sowie kleine Schmuckgegenstände aus Stein, Knochen, Perlmutter sind in großer Anzahl vertreten, auch ein ausgelegter Zahn. —• Hieroglyphengefäße und 7honfigürchen, zum Teil von hoher künstlerischer Vollendung.

Altertümer aus Guatemala. Guatemala war, wie oben erwähnt, zum größten Teil von Maya-Völkern bewohnt. Die führenden Nationen waren die Q u ' i c h e , die C a k c h i q u e l und T z ' u t u j i l , welche die Hochländer des inneren Guatemala östlich und westlich des großen Sees von Atitlan bewohnen und sich von da bis in die heiße Tiefebene der pazifischen Seite ziehen. An sie schließen sich im Westen auf den Hochländern jenseits Quetzaltenango die M a i n , im Norden in der Vera Paz die P o c o n c h i und Q u ' e k c h i , im Osten um Guatemala selbst und im Distrikt Jalapa die P o c o m a m . Im Südosten, an den Grenzen der Republik San Salvador, sitzen außerdem noch heute aztekisch redende P i p i l , die früher eine weitere Verbreitung im Lande hatten, ferner die X i n c a , welche vielleicht den Mixe des Isthmus von Tehuantepec verwandt sind. In der Q u ' i c h e - S p r a c h e besitzen wir alte Aufzeichnungen, das P o p o l V u h , in welchem die Stammes-Sagen der Nation mit dem aztekischen Sagenkreis, dessen Mittelpunkt Quetzalcoatl und die Tolteca bilden, mit biblischen

140

Mittelamerika.

S c h ö p f u n g s g e s c h i c h t e n , einheimischen T i e r f a b e l n u n d mit G i g a n t e n m y t h e n z u e i n e m m e r k w ü r d i g e n G a n z e n vereinigt sind. — W a s die K u l t u r s t u f e j e n e r V ö l k e r a n b e l a n g t , so w a r e n wenigstens die n ö r d l i c h e n S t ä m m e in H a n d w e r k u n d K ü n s t e n d e n M a y a v o n Y u c a t a n mindestens ebenbürtig. A u f d e m G e b i e t dieser G r u p p e liegen die p r ä c h t i g e n R u i n e n v o n C o p a n u n d Q u i r i g u a , die zuerst im v e r g a n g e n e n J a h r h u n d e r t die A u f m e r k s a m k e i t der e u r o p ä i s c h e n W e l t w i e d e r auf diese alten K u l t u r v ö l k e r g e l e n k t h a b e n . W e l c h e r N a t i o n d i e m e r k w ü r d i g e n Steinskulpturen v o n S. L u c i a C o z u m a h u a l p a a n g e h ö r e n , die d e r Direktor d e s M u s e u m s für das M u s e u m e r w o r b e n hat, u n d die unten im L i c h t h o f aufgestellt sind (vgl. S. 7 — 2 2 ) , ist n o c h nicht g a n z festgestellt. D i e Skulpturen weisen einen Stil auf, d e r mit d e m d e r M a y a - S k u l p t u r e n gar nichts zu thun hat, aber a u c h mit d e m d e r m e x i k a n i s c h e n S k u l p t u r e n sich nicht g a n z deckt. D i e g r ö ß t e W a h r s c h e i n l i c h k e i t spricht a b e r dafür, d a ß es d e r d e n M e x i k a n e r n v e r w a n d t e S t a m m d e r P i p i l war, v o n w e l c h e m diese D e n k m a l e herrühren. Schrank 171, 173, 175, Saal V. Altertümer der Gegend Mexiko von Chaculd und Tepancuapan an der Grenze von und Guatemala. Ausgrabungen von Dr. Seier und Frau. Geschenk S. Exz. des Herzogs von Loubat. Einige Steinfiguren in der Nähe des Schrankes und am Fenster gegenüber. Schrank 180, 184, Saal VII. Altertümer des Hochlandes von Guatemala. Altertümer aus Antigua und von der pazifischen Küste von Guatemala. Sammlung Seier. Geschenk S. Exz. des Herzogs von Loubat. Schrank 188, Saal V. (Vgl. auch folg. S.). Altertümer aus der Alta Vera Paz. Sammlungen und Geschenke von Dr. Carl Sapper und Erwin P. Dieseldorff. Steinkopf und wenige andere Altertümer aus Copan, Honduras. Geschenk von Dr. Paul Schellhas und Slg. Wittkugel.

Altertümer aus Honduras und San Salvador. D i e G e b i e t e d e r heutigen R e p u b l i k e n H o n d u r a s u n d San Salvador werden von verschiedensprachigen Stämmen e i n g e n o m m e n . I n S a n S a l v a d o r , an d e r K ü s t e n r e g i o n , w o d e r s o g e n a n n t e p e r u v i a n i s c h e B a l s a m g e s a m m e l t wird, u n d

Mittelamerika.

I4I

in der Umgegend von Sonsonate und am Vulkan von San Vincente sitzen m e x i k a n i s c h r e d e n d e L e u t e , verwandt den Pipil von Guatemala und der Nauatl redenden Bevölkerung Nicaragua's. E s sind das ohne Zweifel die Reste der Nauatlaca-Bevölkerung, welche Pedro de Alvarado auf seinem im Jahre 1524 unternommenen Zuge antraf, und für deren Hauptstadt von den alten Historikern der Name Cuscatlan angegeben wird. — Im nordwestlichen Teil der Republik Honduras sitzen die C h o r t i , die ihrer Sprache nach unzweifelhaft zur Maya-Familie gehören. — Im südöstlichen Teil von Honduras, in den Distrikten Lepaterique und Guajiquero, sitzt in dichten Massen eine ackerbautreibende indianische Bevölkerung, deren Sprache (die sogenannte L e n c a - S p r a c h e ) keine Verwandtschaft mit anderen bisher untersuchten Sprachen hat. Ebenso fallen die verschiedenen anderen mehr oder minder barbarischen Stämme, die an der Ostküste von Honduras und bis zu den Grenzen von Nicaragua wohnen, aus dem Rahmen der bisher genannten Völkerschaften heraus. — Diese ganzen Gegenden sind bisher noch sehr wenig untersucht, und von Altertümern ist noch nicht viel nach Europa gelangt.

Schrank 190, 191, Saal V (vgl. auch vor. S.). Gefäße aus Ton wid Stein und Funde aus Grabhügeln am Rio Ulua in Honduras. In der Hauptsache Slg. Wittkugel. In Schrank ein paar Tonfiguren und Köpfe aus San Salvador. Eine Steinmaske, welche auf der Rückseite eingeritzt eine eigentümliche Zeichnung trägt. Altertümer aus Nicaragua und Costa Rica. Während die Waldgebiete der östlichen, der atlantischen Seite zugewendeten Teile der heutigen Republiken Nicaragua und Costa Rica von Stämmen bewohnt wurden, deren Kulturzustand sich nicht viel über den der zahlreichen Stämme erhob, welche noch heute die weiten Urwaldungen der Landenge von Panamá, der Küstengebiete von Columbien, Venezuela's und Guayana's und des Innern von Brasilien bevölkern, fanden die spanischen Eroberer in den etwas höher gelegenen klimatisch bevorzugten fruchtbaren Distrikten,

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Mittelamerika.

welche die großen Süßwasserseeen des Innern umgeben, sowie auf den Abhängen und Küstenstrichen der pazifischen Seite eine Bevölkerung vor, deren Kulturzustand in vieler /Beziehung nicht unebenbürtig dem der alten Kulturvölker von Mexiko, Yucatan und Guatemala war. In Nicaragua wurden zwei verschiedene Nationen von den Spaniern angetroffen. — Die beiden Inseln (Zapatero und Ometepec) des großen Sees von Nicaragua und der schmale Isthmus zwischen diesem See und dem pazifischen O z e a n wurden von den N i q u i r a oder N i c a r a g u a eingenommen, mexikanisch redenden Leuten, die ihrer eigenen Tradition nach aus dem Norden längs der Küste bis hierher gewandert waren. — Das ganze übrige Land von den im Hintergrund der Bucht von Fonseca gelegenen, an Honduras grenzenden Distrikten an bis einschließlich des Costaricanischen Departements Nicoya oder Guanacaste wurde von der Nation der M a n q u e m e oder M a n g u e bewohnt, zwischen die sich also die mexikanischen Niquira wie ein Keil eingeschoben hatten, die ganze Nation in zwei getrennte Teile spaltend. Die Manqueme stellen, wie es scheint, die Urbewohner der Landschaft dar. Verwandte von ihnen sind die C h i a p a n e c a , die weit im Norden zwischen MayaVölkern und mexikanischen Urvölkern wohnen, bei denen aber noch zur Zeit der Spanier die Überlieferung lebendig war, d a ß ihre Vorfahren aus dem südlichen Nicaragua in ihre gegenwärtigen Wohnsitze eingewandert seien. — Trotz der verschiedenen Abstammung hatte sich zwischen den beiden Nationen, die hier auf engem Terrain neben einander wohnten, eine ziemliche Gleichartigkeit der Kultur herausgebildet. Staatliche Verfassung, Sitte und Lebensart waren vollständig ident, und, wie es scheint, verehrten sie auch dieselben Götter. Auf den Inseln Zapatero und Ometepec finden sich riesige Steinbilder, auf denen das aus Mexiko genugsam bekannte Motiv, das aus dem aufgesperrten Rachen eines Ungeheuers hervorschauende menschliche Gesicht, vielfach anzutreffen ist. — Ganz ähnliche Figuren sind auch in dem Gebiet der alten Indianerstadt Subtiaba, nahe der heutigen Giudad de Leon, also im Manqueme-Gebiet angetroffen worden.

Mittelamerika.

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In Costa Rica wohnte in den höheren, im Innern belegenen Gebieten, wo jetzt die Städte S. José und Cartago liegen, eine Nation, die den Namen G u e t a r führte. Von ihrer Sprache ist nichts erhalten. Die Altertümer ähneln durchaus denen der Landenge von Panamá, und es scheint eine Verwandtschaft mit kolumbischen Stämmen zu bestehen. Schrank 195, Saal V. Das Museum besitzt eine Anzahl Thongefäße und kleinere Altertümer, die von dem verstorbenen um die Linguistik und Altertumskunde Mittelamerikas hochverdienten Dr. Behrendt in Nicaragua gesammelt worden sind. — Merkwürdig sind vor allem die Schuhvasen, die als Graburnen dienten. Man fand in ihnen meist Asche und verbrannte Knochenreste, teils sauber abgeschabte Knochen. In letzterem Falle war also der Leichnam erst begraben worden, und tiach Verwesung des Fleisches wieder ausgegraben und die Knochen in der Urne beigesetzt worden. Häufig fand sich in diesem Falle die Öffnung des Gefäßes durch den Schädel der Leiche geschlossen. — Eigentümlich ist die Verzierung dieser Gefäße. Die großen Vasen von Ometepec zeigen reliefartig hervortretende Linien unbestimmter Bedeutung, bei einzelnen an Schädelnähte erinnernd. Die große Vase von Dirid zeigt eine Relieflinie, die an das Rückgrat eines Skeletts erinnert. Die kleineren Vasen von Dirid zeigen in roher Weise Andeutungen von Augen und die Zahnreihe eines Gesichts, während die kleineren Vasen von Ometepec fast alle Mund, Augen und weit ausgestreckte Gliedmaßen mehr und minder aus der Fläche der Gefäße hervortreten lassen. Fach C. Altertümer aus der Provinz Nicoya (Sammlung Prof. von Seebach) und aus den centralen Teilen von Costa Rica. Altertümer v o n der L a n d e n g e v o n P a n a m á . Die Landenge von Panamá wird auch Isthmus von Darien genannt, nach dem Namen, welchen die Spanier dem Landstrich in der N ä h e des heutigen Aspinwall gaben. Sie wurde in alter Zeit von verschiedenen Stämmen bewohnt, die kriegerisch und tapfer waren, eine nicht unbeträchtliche Kultur besaßen und eine und dieselbe Sprache

144

Mittelamerika.

redeten, für welche der Name C u e v a angegeben wird. Das Land war reich an Gold, und dieser Umstand wurde verhängnisvoll für seine Bewohner. Der Durst nach Gold trieb die Spanier an, ihre Raubzüge immer weiter auszudehnen. Und als es nichts mehr zu rauben gab, wurden die armen Indianer nur um so mehr gequält, um das vermeintlich von ihnen versteckte Gold ihnen zu erpressen. Die volkreichen Dörfer verödeten, die Reste der Bewohner flohen in die Wälder. Ihre Nachkommen sind vermutlich die noch heute daselbst in Unabhängigkeit lebenden CunaIndianer. Doch auch die Spanier konnten sich des Landes nicht recht freuen. Die in den Wäldern versteckten Eingeborenen standen ihnen überall feindlich entgegen. Und Banden entwichener Negersklaven und streifende Flibustier vermehrten die Unsicherheit. So kam es, daß erst in diesem Jahrhundert die goldreichen Gräber ausgebeutet worden sind, die sich zahlreich insbesondere im Nordwesten in dem Landstrich, der die Lagune von Chiriqui umgiebt, finden. In neuerer Zeit systematisch vorgenommene Ausgrabungen haben aus diesen Gräbern eine Menge Gegenstände, Tongefäße und auch Steingeräte zu Tage gefördert, Erzeugnisse eines künstlerisch wohl veranlagten Volkes. Der Stil der Tongefäße erinnert im allgemeinen an den der Altertümer von Nicoya. Doch sind sie reicher ornamentiert mit allerhand Tierfiguren, die teils im Relief dargestellt sind, teils in farbigem Bilde. In letzterem Falle sind sie oft bis zur Unkenntlichkeit stilisiert. Die Goldsachen sind ohne Naht gegossen und stellen ebenfalls meistens Tierfiguren dar. In den letzteren zeigt sich eine unverkennbare Verwandtschaft mit den Altertümern des nordöstlichen Kolumbien (Gebiet des Rio Magdalena).

Schrank 197, Saal V. Thongefäße aus alten Gräbern der Landenge von Panamá. Sammlung des Dr. M. M. de Puy in David (Chiriqui) und Geschenke des Dr. Bässler. Einige Goldgegenstände im Goldschrank 3OO, Fach rechts (Saal V).

Mittelamerika.

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Altertümer von den Antillen. Schrank 199, Saal V. Altertümer von den Antillen. In Fach A, B und dem oberen Teile von Fach C die berühmte Sammlung Guesde von der Insel Guadeloupe, fast ausschließlich Steinaltertümer. Einige wenige Tonsachen. Vgl. Otis T. Mason, Report of the U. S. National Museum for 1884 S. 731—8j/. Im Fach C unten einige Altertümer von den andern kleinen Antillen, ferner aus Haiti und Puertorico, die größtenteils von Konsul Dr. Graser und Prof. L. Krug, ehemaligem Konsul in Mayaguez auf der Insel Puertorico, geschenkt sind. Nr. igg'. Kummetartige Steine von Puertorico auf der Estrade an der an Saal IV (Oceanien) anstoßenden Wand. Ihre Bedeutung ist, gleich der der altmexikanischen Steinjoche, noch vollständig rätselhaft.

Führer durch d u Museum für Völkerkunde.

IO

SÜDAMERIKA. S A A L V—VII. (Peruanische Altertümer auch in dem Saal V des E r d g e s c h o s s e s , vgl. S. 62—64. Spanisch-Portugiesisches Südamerika und Neger in Stockwerk III, Verbindungsgang und Saal I, vgl. S. 236.) Saal V , Hofseite: Naturvölker. Straßenseite: Altertümer. Saal V I : Peruanische Altertümer. Saal V I I , nahe dem Eingang zu Saal V I : Altertümer aus Argentinien, Chile, Peru, Kolumbien.

Reihenfolge der Schranknummern. 200 — 203 Spanisch-portugiesisches Südamerika. Neger. 2 0 4 — 2 6 0 Naturvölker. 1. Stämme des tropischen Südamerika und des Küstengebiets bis zum La Plata. 2. Gran Chaco. 3. Chile. 4. Patagonien und Feuerland. 2 6 1 — 2 7 4 Vergleichende Gruppen. 2 7 5 — 2 9 9 Altertümer aus dem Gebiet der Naturvölker. 300—460 Altertümer aus dem Gebiet der Kulturvölker.

Nichtindianische oder europäische Bevölkerung. (Die Sammlungen befinden sich sämtlich in Stockwerk III\ Verbindungsgang und Saal I, vgl. S. 236.)

Südamerika.

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Südamerikanische Naturvölker. I. Stämme des tropischen Südamerika und des Küstengebiets bis zum La Flata.

In den weiten Waldregionen, welche die Ufer dar Riesenströme Südamerikas umsäumen, und in den Sawannen, welche die höhergelegenen Zwischenstromgebiete bezeichnen, wohnt eine große Zahl verschiedener Stämme, die sich zum großen Teil noch heute in gänzlicher oder teilweiser Unabhängigkeit von der europäischen Civilisation erhalten haben. Während man früher eine endlose Sprachzerplitterung annahm, und absolut daran verzweifelte, etwas Ordnung in diesen Wirrwarr zu bringen, haben neuere Untersuchungen festgestellt, daß der bei weitem größte Teil dieser Stämme in einer kleinen Zahl wohl charakterisierter Sprachfamilien unterzubringen ist. — Es sind fünf größere und zwei kleinere Gruppen, in welche sich die Hauptmasse der tropischen Stämme von dem Antillenmeer bis zur La Platamündung, von dem Atlantischen Ozean bis zum Ostabhang der Anden einordnen läßt. Wir beginnen im Süden. In Paraguay, Uruguay und Rio Grande do Sul hatten, wie es scheint, ihre ursprüngliche Heimat die Tupi-Stämme, welche von den ersten Seefahrern längs der Ostküste Brasiliens und an den Ufern des Amazonas bis zur Rio NegroMündung verbreitet angetroffen wurden. An der Küste haben diese Stämme natürlich längst als selbständige Völker zu existieren aufgehört. Doch haben sich mehr im Innern noch vielfach reine Tupi-Stämme erhalten. Das vorwiegend in Paraguay gesprochene Guarani ist nur der südliche Dialekt des Tupi. Auch gehören zu den Tupi die am oberen Maranon wohnenden K o k a m a und U m a u a (Omagua), die wohl vom Chaco aus längs des Ucayale ihren Weg dorthin gefunden haben. Es waren kriegerische Stämme und kühne Bootfahrer. Ihre Hauptnahrung war das geröstete Maniokmehl. Zu gewissen Zeiten aber folgten sie den Zügen der Fische, von dem Fleisch derselben lebend, den Überschuß geröstet und zerstoßen als Vorrat mit nach Haus führend. Sie wohnten, mehrere Familien zusammen, in langen palm blattgedeckten Häusern, und umschlossen die ganze Ansiedelung mit 10*

148

Südamerika.

Palissaden. Sie schliefen in Hängematten, unter denen sie immer ein brennendes Feuer unterhielten. Die erschlagenen ^ Feinde verzehrten sie. Die Toten setzten sie in großen Urnen, sog. iga9aba, bei. Ihre Sprache, die „lingua geral do Brasil", war die Missionssprache und das allgemein vermittelnde Idiom zwischen Weißen und Indianern in weiten Teilen Brasiliens, wird heute aber allenthalben von dem Portugiesischen verdrängt. Den Tupi-Stämmen der Küste und der Flußufer standen überall barbarische, vorwiegend von der Jagd lebende Binnenstämme gegenüber, die von ihnen insgemein als Tapuya, „Barbaren", „Fremdlinge" bezeichnet wurden und die als eine große Sprach familie zu vereinigen sind. Ihre Hauptabteilung bilden die Ges-Stämme, so genannt, weil viele ihrer Stammesnamen auf die Endsilbe -ges (g = franz. j) ausgehen. Diese kennen insgemein das Boot und die Hängematte nicht. Verschiedene weit von einander entfernt wohnende Zweige dieser Nation sind von ihren anderssprachigen Nachbarn in sehr auffälliger Weise durch das Tragen von großen runden Scheiben in der Unterlippe unterschieden. Zu ihnen gehören die barbarischen Stämme, die wir in Brasilien kennen. Nördliche Nachbarn der GesStämme waren die ebenfalls als T a p u y a bezeichneten Stämme, die in oder nahe dem Gebiet der ehemaligen holländischen Kolonie in den Provinzen Pernambuco und Rio Grande do Norte lebten. Westlich von den Ges-Stämmen wohnen zwei große Völkerfamilien, über deren Zusammengehörigkeit und ursprüngliche Wohnsitze erst in neuerer Zeit sich etwas Klarheit verbreitet hat. Das sind die Karaiben und die N u Aruak (auch Maipure)-Stämme. Die ersteren haben ihre Heimat wohl in centralen Gebieten. Denn dort, in dem oberen Schingü-Gebiet, hat die von den Steinen'sche Expedition echte noch im Steinzeitalter lebende Karaibenstämme kennen gelehrt. Von hier aus aber sind die Karaiben nordwärts über den Amazonas vorgedrungen. Zahlreiche Stämme derselben füllen die Guayana und das nordöstliche Venezuela. Und vom Festlande aus haben sie sich in vorkolumbischer Zeit auch über die kleinen Antillen bis zur

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Ostspitze von Haiti verbreitet, die einheimischen (aruakischen) Stämme verdrängend. Die äußersten Vorposten der Karaiben im Westen sind die M o t i l o n am Rio Cesar in Kolumbien und die K a r i j o n a u n d U i t o t o , d i e am Yapura, einem der nördlichen oberen Amazonas-Zuflüsse, wohnen. Eine umgekehrte Wanderungsrichtung scheinen die N u - A r u a k - S t ä m m e eingeschlagen zu haben. DieseSprachfamilie besteht aus den beiden Zweigen der N u - S t ä m m e , die nach einem ihnen gemeinsamen Pronominalelement „ N u " benannt sind, und den Aruakstämmen, denen außer den eigentlichen A r u a k in den Guayana die G o a c h i r o (Goajiro) auf der Kolumbischen Halbinsel gleichen Napiens angehören. Zur Zeit der Entdeckung Amerikas bevölkerten Nu-Aruak-Stämme das Küstenland von Kolumbien bis zur Amazonasmündung, sowie die kleinen Antillen, in stetem Kampfe mit den von Süden vordringenden Karaibenstämmen. Im NW. haben die G o a c h i r o bis heute ihre volle Unabhängigkeit bewahrt. Am Orinoco bilden die M a i p u r e und in G u a y a n a die eigentlichen A r u a k immer noch ein wichtiges und auffälliges Bevölkerungselement, das sich von den neben ihnen angesiedelten Karaibenstämmen scharf unterscheidet. Im SO., im Mündungsgebiet des Amazonas, sind die Nu-Aruak so gut wie erloschen. Aber ihre Sprache ist aufgezeichnet worden. Und von ihrer Kultur zeugen die zahlreichen und an Beigaben reichen Gräber, die auf der Insel Marajo aufgedeckt worden sind. Vom Orinoco und den Guayana ziehen die Nu-Aruak-Stämme in einem breiten Streifen nach S W. bis zu den Gebirgsthälern, in welchen die oberen Amazonas-Zullüsse ihren Ursprung nehmen. Sie haben sich ferner nach Osten bis in das Quellgebiet des Schingu und nach SO. bis zum oberen Paraguay verbreitet. Karaiben und Nu-Aruak kennen die Bereitung des Maniokmehls und den Gebrauch der Hängematte. Aber die Karaiben gebrauchen baumwollene, die Nu-Aruak aus Bast geflochtene Hängematten. Unter den Karaibenstämmen finden sich berühmte Pfeilgiftmacher. Ihre beliebteste Jagdwaffe ist das Blasrohr, das aber auch bei anderen Urwaldstämmen im Gebrauch ist. Für die Aruak-Stämme ist kennzeichnend die hohe Vollendung, die bei ihnen die

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Töpferei erlangt hat (vgl. die aus Gräbern der Insel Marajó stammenden Gefäße, die vorläufig in Schrank 275, Saal VII aufgestellt sind, vgl. S. 157 f.). Im Westen von den Karaiben und den Nu-Aruak sind noch zwei kleinere Gruppen sprachlich einander verwandter Stämme zu unterscheiden. Das sind die Pano, die in zwei getrennten Gruppen am Madeira und Madre de Dios und am mittleren und unteren Ucayale wohnen, durch NuStämme (Ipuriná, Piro, Kampa) von einander getrennt. Und nördlich des Amazonas am Yapura und Rio Negro die Tukano und ihre Verwandten. Zwischen den größeren Gruppen zerstreut finden sich außerdem überall noch kleinere Gruppen und einzelne Stämme, die sich bisher noch keiner der großen Sprachfamilien haben angliedern lassen, in der Kultur bald der einen, bald der anderen Gruppe nahestehend oder eine vermittelnde Stellung zwischen zweien derselben einnehmend. So die Puri oder Coroados in Rio de Janeiro, dieBororó in Matto Grosso, die K a r a y á am Araguaya, die Waupé am Rio Negro, die T e k u n a , Y a h u a , C h í v a r o (Jívaro) an den oberen AmazonasZuflüssen ) die Warrau an der Küste von Guayana u. a. Schrank 204, Saal V. Oben Goachiro, Nu-Aruakstamm auf der nach ihnen benannten Halbinsel an der Grenze von Venezuela und Kolumbien Bunte Gürtel von der Form der Hängematte. Pfeile mit Rochenstachel-Spitzen. Unten Gefäße von Surinam. Schrank 206, Schrank 208, Saal V. Guayana, hauptsächlich Aruak- und Karaibenstämme. Vornehmlich Sammlungen der Reisenden Robert Schomburgk (1845) und Prof. Wilhelm Joest (1889). Ornamentierte Keulen. Nr. 208Saal V. Auf dem Mittelschrank. Einbaum mit Rudern, Guayana. Nr. 2082, Saal V. Hausmodell der Aruak. Nr. 208s. Modell einer indianischen Hütte, von Buschnegern gearbeitet. Schrank 209, Saal V. Rio Negro und benachbarte Gebiete des südlichen Venezuela. Schöner Federschmuck und durchbohrte Quarzcylinder der Waupé.

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Schrank 211, Saal V. Gegenstände der Chivaro (Jivaro