Festspiele in Salzburg: Quellen und Materialien zur Gründungsgeschichte. Band 1: 1913-1920 [1 ed.] 9783205210337, 9783205210313

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Festspiele in Salzburg: Quellen und Materialien zur Gründungsgeschichte. Band 1: 1913-1920 [1 ed.]
 9783205210337, 9783205210313

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ROBERT HOFFMANN (HG.)

Festspiele in Salzburg QUELLEN UND MATERIALIEN ZUR GRÜNDUNGSGESCHICHTE BAND 1: 1913–1920

Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg Herausgegeben von Robert Kriechbaumer · Franz Schausberger · Hubert Weinberger Band 75

Robert Hoffmann (Hg.)

Festspiele in Salzburg Quellen und Materialien zur Gründungsgeschichte Band 1  : 1913–1920 Unter Mitarbeit von Bernhard Judex

Böhlau Verlag Wien · Köln · Weimar

Festspiel reunde

Veröffentlicht mit freundlicher Unterstützung durch  : Amt der Salzburger Landesregierung Freunde der Salzburger Festspiele Literaturarchiv Salzburg. Forschungseinrichtung von Universität, Land und Stadt Salzburg Stiftung der Förderungsgesellschaft der Paris-Lodron-Universität Salzburg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2020 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung  : Archiv der Salzburger Festspiele – Photo Otto Paab Korrektorat  : Robert Kreusch, Leipzig Einbandgestaltung  : Michael Haderer, Wien Satz  : Michael Rauscher, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21033-7

»Die Welt nach dem Kriege wird, wie zu hoffen ist, ein größeres Verlangen nach Kunst und Schönheit, nach Vergessen des Alltags, nach den Möglichkeiten künstlerischer Erhebung haben, als die Welt vor dem Kriege […]. In diesem Glauben an die kommende, größere Macht und Bedeutung von Kunst und Schönheit wagen wir schon jetzt wieder an ein Werk des Friedens, der Kunst und der Freude zu denken, an ein Werk, das schon vor dem Kriege geplant war, das aber beim Ausbruch des Waffenlärms zurückgestellt werden mußte.« Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : »Aufruf zur Gründung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg«, Januar 1918

»So liegt der Festspielgedanke in der Luft und man muss erstaunen, wenn man gewahr wird, wie mitten unter dem Wust und der Qual dieses Kriegsgeschehens der gleiche Gedanke in allen Ländern auftaucht, wie dieses eminente Friedenswerk als Plan da und dort jetzt mitten im Kriege sich hervorhebt, Gestalt annimmt, ja den Boden der Wirklichkeit gewinnt.« Max Reinhardt an Leopold von Andrian, 5. September 1918 (»Reinhardt-Memoire«, verfasst von Hugo von Hofmannsthal)

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A briss der Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele. . . . 1 Mozartkult und Musikfeste vor dem Ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . 1.1 Die Ausformung des Salzburger Mozartkults. . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Das erste Projekt eines Mozart-Festspielhauses . . . . . . . . . . . . . 1.3 »Feststadt per excellence« – Die Salzburger Musikfeste von 1891 bis 1910. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 »Baumeister am Salzburger Festspiel« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Ablehnung der Festspielhausidee durch das Mozarteum. . . . . . . . . 2.3 Die Gründung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. . . . . . . . . 3 Max Reinhardts Festspielpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Theaterprojekte vor 1914 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Rückkehr nach Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kooperation unter dem Dach der Festspielhaus-Gemeinde . . . . . . . . . 4.1 Annäherung ungleicher Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Hofmannsthals Vision einer »Triumphpforte österreichischer Kunst« 4.3 Planungen und Aktivitäten im Vorfeld des Jedermann . . . . . . . . . .

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Editorische Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Quellen und Dokumente 1913–1920.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Editorischer A nh ang . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Archive und Nachlassbestände . . . . Verwendete Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . Nachweise der Dokumente und zitierten Quellen..

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Tafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 Liter aturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652

Vorbemerkung Der vorliegende Band ist der erste Teil einer zweibändigen Quellenedition zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele und dokumentiert den Gang der Ereignisse vom Dezember 19131 bis hin zur Premiere von Hugo von Hofmannsthals Jedermann auf dem Salzburger Domplatz am 22. August 1920. Ein zweiter Band, dessen Erscheinen für das Jahr 2022 anlässlich des 100-Jahr-Jubliäums von Max Reinhardts Das Salzburger große Welttheater geplant ist, wird Quellen und Materialien zur Entwicklung der Festspiele bis zu deren Konsolidierung 1925 beinhalten. Den Anstoß zu diesem Editionsvorhaben gab Edith Damisch, die Tochter Heinrich Damischs, des Mitbegründers der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, welche mir im Jahr 2007 sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele überließ.2 Mit diesem Schenkungsakt schien, wenn auch unausgesprochen, die Erwartung verknüpft, dass eine Erschließung der Dokumente für die historische Forschung erfolgen sollte. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen verzögerte sich die Durchführung dieser Aufgabe jedoch über viele Jahre und erst das Nahen des 100-Jahr-Jubiläums der Gründung der Salzburger Festspiele veranlasste mich, das Projekt einer Quellenedition ohne weiteren Aufschub in Angriff zu nehmen. Im Zuge der Vorbereitung der Edition erwies es sich zunächst als notwendig, die Provenienz des Nachlasses zu klären. Dieser umfasst zum einen die Korrespondenz der beiden Begründer der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch, zum anderen ein umfangreiches Aktenkonvolut der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde aus den Jahren 1917 bis 1924. Aus beiden Beständen war ersichtlich, dass es sich hier nicht um den Nachlass Heinrich Damischs handelte, sondern um jenen seines Freundes Friedrich Gehmacher. Wann und aus welchen Gründen der Transfer der Unterlagen zur Familie Damisch erfolgte, konnte auch durch Friedrich Gehmacher, den Enkel des Mitbegründers der Festspiele, nicht geklärt werden. Da sich der Nachlass noch 1967, als Oskar Holl Auszüge der Korrespondenz zwischen Damisch und Gehmacher in der Zeitschrift Maske und Kothurn veröffentlichte,3 im Besitz der Familie Gehmacher befand, liegt die Annahme nahe, dass die Übergabe erst in den 1970er Jahren erfolgte.4

1 Mit der Vorlage eines Memorandums im Dezember 1913 setzte die Agitation des Mozarteum-Funktionärs Friedrich Gehmacher für die Errichtung eines Festspielhauses ein. 2 In weiterer Folge als Nachlass Gehmacher/Damisch bezeichnet. 3 Oskar Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele. Unveröffentlichtes aus der Korrespondenz der Gründer. In  : Maske und Kothurn 13 (1967), H. 2/3, S. 148–179. 4 Friedrich Gehmacher vermutet, dass der Transfer noch vor dem Ableben seines Vaters 1976 erfolgte.

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Vorbemerkung

Die in dem Nachlass erhaltene Korrespondenz zwischen Gehmacher und Damisch wird in dieser Edition vollständig wiedergegeben. Da der Briefwechsel aber nur von August 1916 bis März 1918 kontinuierlich geführt wurde, während für die Folgezeit bis zum endgültigen Abbruch der Korrespondenz im Dezember 1923 lediglich sporadisch Schreiben Damischs vorliegen und zudem der Verlust eines Teils des Briefwechsels zu verzeichnen ist, schien es zur Überbrückung dieser Lücken in der Korrespondenz geboten, auch Dokumente aus jenem Teil des Nachlasses in die Edition miteinzubeziehen, der sich als Relikt von Gehmachers Tätigkeit in der Festspielhaus-Gemeinde erhalten hat. Aus dieser Erweiterung der Quellenbasis ergab sich die nächste  : nämlich eine Einbeziehung auch jener Restbestände des verlorengegangenen Archivs der Festspielhaus-Gemeinde, welche die Zwischenkriegszeit und die Kriegsjahre in der Verwaltung der Festspiele überdauert hatten und sich heute im Archiv der Salzburger Festspiele befinden. Der Verlust vieler älterer Bestände ist darauf zurückzuführen, dass diese heute florierende Einrichtung erst seit wenigen Jahrzehnten besteht.5 Als sich Hans Conrad Fischer 1954 nach Unterlagen zur Gründungsgeschichte der Festspiele umsah, konstatierte er das »Fehlen eines geordneten Archivs im Salzburger Festspielhaus«. Zugleich beanstandete er »die Gleichgültigkeit, mit der die Festspieldirektion all diesen Fragen« begegnet sei.6 Der Überlieferung nach hatten ältere Aktenbestände während des Zweiten Weltkriegs als Heizmaterial gedient.7 Die Festspielhaus-Gemeinde bestand von 1918 bis 1924 aus einem Salzburger und einem Wiener Zweigverein, womit sich auch die Frage nach dem Verbleib des Wiener Vereinsarchivs stellt. Hier liegt die Annahme nahe, dass dieses nach der Selbstauflösung des Wiener Zweigvereins Ende 1924 von Heinrich Damisch in Verwahrung genommen wurde, was zur Folge hatte, dass es bei der Bombardierung von dessen Wiener Wohnung im April 1945 verloren ging. Ein kleiner Restbestand, der Zeugnis ablegt vom Engagement des Wiener Zweigvereins für die Festspielidee, hat sich im Archiv der Salzburger Festspiele – wenn auch nur in Kopie – als »Nachlass Paul Hellmann« erhalten. Hellmann war als Vorstandsmitglied des Wiener Zweigvereins darum bemüht, die Kooperation zwischen der Festspielhaus-Gemeinde und

5 Die Gründung des Archivs der Festspiele erfolgte 1960 durch den damaligen Festspielpräsidenten Bernhard Paumgartner. Vgl. Werner Rainer  : Nachdem der Vorhang sich geschlossen hat. Die Bewahrung des Vergangenen im Archiv. In  : Franz Hadamowsky (Hg.)  : 50 Jahre Salzburger Festspiele. Salzburg 1970 (Selbstverlag), S. 29–32, hier S. 29. 6 Hans Conrad Fischer  : Die Idee der Salzburger Festspiele und ihre Verwirklichung. Univ.-Diss. München 1954, S. 3. 7 Eva Schüttner  : Die Tätigkeit des Denkmalamtes in der Zwischenkriegszeit. Univ.-Hausarbeit. Salzburg 1980, S. 115.

Vorbemerkung

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seinem Freund Hofmannsthal nach Kräften zu fördern.8 Auch dieser Bestand wurde in die Quellenauswahl miteinbezogen. Die Zusammenführung der verstreuten Reste des Archivs der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde in dieser Quellenedition erscheint insofern schlüssig, als in ihrem Rahmen die institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Festspielgründung geschaffen wurden. Trotz mancher Vorbehalte bedienten sich auch Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal der Infrastruktur des Vereins, um ihre eigenen Festspielpläne zu verwirklichen. Paul Hellmann erinnerte wenige Jahre nach Hofmannsthals Tod daran, dass dieser »unter den Mitgliedern des Vereins jene« herausgefühlt habe, »welchen für die Mitarbeit an der ihm vorschwebenden Aufgabe Bereitschaft und Verständnis innenwohnte«.9 Angesichts der lückenhaften Überlieferung von archivalischen Quellen wurde zur Dokumentation des Wirkens der Festspielhaus-Gemeinde fallweise auch auf deren in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde veröffentlichte Vereinsberichte zurückgegriffen. Aus der Korrespondenz zwischen Gehmacher und Damisch eröffnen sich vielfältige Einblicke in das Geschehen während der Gründungsphase der Festspiele. Aus dem ersten Teil des Briefwechsels wird ersichtlich, wie sehr die Festspielfrage in den Jahren 1916 bis 1918 von der Auseinandersetzung Gehmachers mit seinen Gegnern innerhalb der Internationalen Stiftung Mozarteum geprägt war, welche eine Beteiligung des Mozarteums am Festspielhaus-Projekt vehement ablehnten. Die Dokumentation dieses Konflikts, der Anfang 1918 mit dem Bruch zwischen dem Mozarteum und der Festspielhaus-Initiative sein Ende fand, wird ergänzt durch umfangreiches Quellenmaterial aus dem Mozart-Archiv der Internationalen Stiftung Mozarteum sowie Korrespondenzen aus dem Nachlass Lilli Lehmanns, der sich in der Staatsbibliothek Berlin befindet. Der Bruch mit dem Mozarteum veranlasste Gehmacher, eine Annäherung der im August 1917 von ihm und Damisch gegründeten Festspielhaus-Gemeinde an Max Reinhardt in die Wege zu leiten. Als Oskar Holl – wie bereits erwähnt – 1967 Auszüge aus dem Briefwechsel veröffentlichte, ging es ihm – als Angehörigen10 der Familie Gehmacher – nicht zuletzt auch darum, Gehmachers und Damischs Verdienste um die Festspielgründung in Erinnerung zu rufen, indem er auf die Anbahnung einer Kooperation zwischen der Festspielhaus-Gemeinde und Reinhardt hinwies.11 Was damals nur kursorisch dargestellt wurde, lässt sich in diesem Band aufgrund einer

 8 Der Verbleib der Originale ist ungeklärt.  9 Paul Hellmann  : Hugo von Hofmannsthal und die Salzburger Festspiele. In  : Neue Freie Presse, 15.7. 1934, S. 26 f. 10 Oskar Holl war der Schwiegersohn von Friedrich Gehmacher (1900–1976), des Sohns von Friedrich Gehmacher. 11 Vgl. Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele (wie Anm. 3), S. 178.

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Vorbemerkung

erweiterten Quellenbasis im Detail nachvollziehen  : Trotz anfänglicher Vorbehalte Damischs unternahm Gehmacher letztlich die entscheidenden Schritte, um ein Zusammenwirken der beiden so unterschiedlichen Festspiel-Initiativen zu ermöglichen. Der vorliegende Quellenband dokumentiert darüber hinaus den Versuch Hofmannsthals und Reinhardts, noch während der letzten Monate des Bestehens der Monarchie unter der Protektion Leopold von Andrians, des Generalintendanten der k. k. Hoftheater, Festspiele in Salzburg zu installieren. Das Kriegsende und der damit verbundene Wechsel des politischen Systems machten diese Pläne obsolet, wodurch die Initiative zur Gründung von Festspielen wieder bei der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde lag. Zur Dokumentation der Entwicklung der Festspielfrage während der ersten beiden Nachkriegsjahre bis hin zur Premiere des Jedermann auf dem Salzburger Domplatz am 22. August 1920 wurden unveröffentlichte wie auch veröffentlichte Quellen gleichermaßen herangezogen. Während es möglich war, die Tätigkeit der FestspielhausGemeinde weitgehend auf der Grundlage archivalischer Quellen zu dokumentieren, wurde das aus germanistischer, theaterwissenschaftlicher und kulturhistorischer Perspektive bestens erschlossene Wirken Reinhardts und Hofmannsthals durch eine Auswahl bereits publizierter Quellen exemplarisch veranschaulicht. Diese wurden ergänzt durch unveröffentlichte Dokumente aus dem Max-Reinhardt-Nachlass im Theatermuseum Wien, dem Teilnachlass Max Reinhardt in der Wienbibliothek im Rathaus sowie einer Reihe weiterer Institutionen.12 Aus der Gegenüberstellung von Quellen unterschiedlicher Provenienz ergeben sich vor allem Einblicke in die Interaktion zwischen den beiden Proponenten-Gruppen der Festspiel-Idee, also Gehmacher und Damisch auf der einen, Reinhardt und Hofmannsthal auf der anderen Seite. Der ideologische Hintergrund der Träger der Festspielidee erschließt sich aus zahlreichen Dokumenten dieser Quellensammlung. Dabei zeigt sich, dass eine eindeutige Zuordnung nach Kriterien wie etwa »konservativ« oder »progressiv« vielfach nicht möglich ist, da sich gerade aus der Kooperation von in ihrer politischen Ausrichtung und sozialen Stellung heterogenen Kreisen vielfache Querverbindungen und Überschneidungen ergaben. Ein Beispiel dafür ist etwa Heinrich Damisch, der einerseits als Musikkritiker der radikal deutschnationalen und antisemitischen Ostdeutschen Rundschau arbeitete, andererseits als Vorstandsmitglied des Wiener Zweigvereins der Festspielhaus-Gemeinde höchst aktiv und auch erfolgreich darum bemüht war, Repräsentanten des jüdischen Großbürgertums zur Mitarbeit in seinem Verein zu gewinnen.13 12 Vgl. die Angabe der Archive und Bibliotheken im editorischen Anhang, S. 585. 13 Vgl. Robert Hoffmann  : Wer war Heinrich Damisch  ? Versuch einer biographischen Annäherung. In  : Musicologica Austriaca. Jahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 27 (2008). Hg. von Barbara Boisits und Cornelia Szabó-Knotik. Wien  : Edition Praesens 2009, S. 181–

Vorbemerkung

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Im Übrigen konnten auch jene Mitglieder der Festspielhaus-Gemeinde, die dem deutschnationalen politischen Spektrum nahestanden, Hofmannsthals »Salzburger Mythos« etwas abgewinnen. Dieser war – wie die Forschung zur Gründungsgeschichte der Festspiele längst gezeigt hat14 – ein Kunstprodukt, das unter dem Eindruck des Zusammenbruchs des Habsburgerreichs als restauratives Modell einer ästhetisch-politischen Reintegration konzipiert war und an die kulturellen Traditionen des österreichischen Barocks anzuknüpfen suchte. Der Rückzug von Reinhardt und Hofmannsthal in ein provinziell-kleinstädtisches Umfeld resultierte aus dem Überdruss am Kulturbetrieb der Großstädte und ging einher mit dem Streben nach einer ideologischen Neupositionierung in Zeiten des politischen und gesellschaftlichen Wandels. War ihr theatralisches Festspielkonzept auf eine Einbeziehung der ganzen Stadt als Szene ausgerichtet, so ging es den Proponenten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde ursprünglich um die Etablierung regelmäßiger Mozart-Festspiele im Dienste einer »idealen« Mozartpflege wie auch im Interesse des Fremdenverkehrs. Beide Initiativen hatten aber – wenn auch in unterschiedlichem ideologischen Kontext – das Vorbild von Bayreuth vor Augen und argumentierten darüber hinaus unter Einbeziehung des bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Mythos von der »schönen Stadt«.15 Letztlich ist es ein den Gang der Festspielgeschichte bis heute bestimmendes Paradoxon, dass diese beiden in ihrer weltanschaulichen wie auch künstlerischen Ausrichtung so grundverschiedenen Festspielinitiativen vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der alten Welt in eine gemeinsame und überdies dauerhaft erfolgreiche Aktion mündeten. Die Frage, welcher der beiden Initiativen ein größeres Verdienst für die Gründung der Festspiele zukommt, ist daher müßig. Auch die Frage nach der Relevanz von Hofmannsthals »Salzburger Mythos« für die heutigen Festspiele scheint längst beantwortet. Norbert Christian Wolf etwa stellte die Tragfähigkeit von Hofmannsthals Festspiel-Ideologie insofern in Frage, als man dabei »kaum von einer in sich schlüssigen und noch heute überzeugenden Begründung der Salzburger Festspiele« reden könne. Ungeachtet ihrer »manifesten gedanklichen Konstruiertheit, Widersprüchlichkeit und Brüchigkeit ihrer Rechtfertigung« durch Hofmannsthals Ideolo209  ; Damischs Hinwendung zur österreichischen NSDAP und sein Agieren während der NS-Zeit werden im Folgeband dieser Edition Erwähnung finden. 14 Vgl. u. a. Michael P. Steinberg  : Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele 1890–1938. Salzburg, München  : Pustet 2000  ; Pia Janke  : Politische Massenfestspiele in Österreich zwischen 1918 und 1938. Wien, Köln, Weimar  : Böhlau 2010  ; Konstanze Heininger  : »Ein Traum von großer Magie«. Die Zusammenarbeit von Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt. München  : Utz 2015 (Münchner Universitätsschriften Theaterwissenschaft, 25)  ; Norbert Christian Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kunst. Hugo von Hofmannsthals Gründung der Salzburger Festspiele. Salzburg, Wien  : Jung und Jung 2014. 15 Vgl. Robert Hoffmann  : Mythos Salzburg. Bilder einer Stadt. Salzburg, München  : Pustet 2002.

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Vorbemerkung

gie hätten die Salzburger Festspiele – so fügt Wolf hinzu – aber »doch eine erstaunliche Zählebigkeit und Wandlungsfähigkeit bewiesen«.16 Vielleicht liegt dies auch daran, dass der pragmatische Geist der Festspielhaus-Gemeinde, deren Ideen im Salzburger »Mozartkult« und in der bürgerlichen Musikkultur des 19. Jahrhunderts wurzeln, Form und Inhalt der Salzburger Festspiele auf lange Sicht viel mehr prägte, als es die Fixierung auf den Hofmannsthal’schen Gründungsmythos vermuten lässt. Gerade heute, im Jubiläumsjahr 2020, in dem sich die Salzburger Festspiele völlig unvorhergesehen mit einer Krise konfrontiert sehen, die sich in ihren Auswirkungen durchaus mit jener des Gründungsjahres 1920 vergleichen lässt, scheint dieser pragmatische Geist ebenso gefragt wie eine Rückbesinnung auf den unerschütterlichen Glauben der Gründergeneration in die sinnstiftende Funktion von Kunst und Kultur insbesondere in Zeiten allgemeiner gesellschaftlicher Verunsicherung.

Danksagung Edith Damisch ermöglichte das Entstehen dieser Quellenedition, indem sie mir den Nachlass Friedrich Gehmachers und Heinrich Damischs übergab. Leider kann ich meiner großen Dankbarkeit ihr gegenüber nur mehr posthum Ausdruck verleihen. Sehr herzlich bedanken möchte ich mich bei Friedrich Gehmacher, dem Enkel des gleichnamigen Mitbegründers der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. Er stand meinem Vorhaben von Anbeginn mit Rat und Tat zur Seite. Ihm verdanke ich den Kontakt zur Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler. Sie überzeugte mich davon, dass die Publikation auf alle Fälle zeitgerecht zum Festspieljubiläum erfolgen sollte. Wertvolle Hinweise erhielt ich von Oskar Holl (München), der bereits vor mehr als 50 Jahren Auszüge aus dem Nachlass Gehmacher/Damisch edierte, sowie von Paul Hellmann (Rotterdam), dem Enkel von Hofmannsthals Freund Paul Hellmann, einem Mitglied des Wiener Zweigvereins der FestspielhausGemeinde. Herzlicher Dank gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jener Archive und Bibliotheken, die meine Quellenrecherche hilfreich unterstützten  : An erster Stelle sind hier Franziska-Maria Lettowsky und ihre Mitarbeiterinnen Susanne Anders und Victoria Morino vom Archiv der Salzburger Festspiele sowie Sabine Greger-Amanshauser vom Mozart-Archiv der Internationalen Stiftung Mozarteum zu nennen. In beiden Archiven wurde ich überaus gastfreundlich aufgenommen und erfuhren meine Anliegen die bestmögliche Förderung. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Lydia Gröbl (Theatermuseum Wien), Elisabeth Köhler (Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftenabteilung), Ulrike Rapp (Nachlass Bernhard Paumgartner, 16 Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kunst (wie Anm. 14), S. 267 f.



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Universität Salzburg, Abt. Musik- und Tanzwissenschaft) und Christian Schlöder (Niedersächsisches Landesarchiv Hannover). Für zahlreiche wertvolle Hinweise danke ich  : Otto Biba, Edda Fuhrich, Silvia Bengesser, Johannes Hofinger, Peter F. Kramml, Norbert Mayr, Gisela Prossnitz, Gabriele Ramsauer, Klemens Renoldner, Klaus Taschwer, Thomas Weidenholzer. Bei der Transkription und Digitalisierung der archivalischen Quellen leistete Susanne Holl wertvolle Hilfe. Ihre Tätigkeit wurde durch die Stiftungs- und Förderungsgesellschaft der Paris-Lodron-Universität Salzburg subventioniert. Das Erscheinen dieser Publikation im Jubiläumsjahr 2020 wäre nicht möglich gewesen ohne die Bereitschaft von Bernhard Judex, die Kollationierung der Quellen wie auch die Erstellung des editorischen Anhangs zu übernehmen, obwohl nur ein sehr knapp bemessener Zeitraum zur Verfügung stand. Ihm und Manfred Mittermayer, dem Leiter des Literaturarchivs Salzburg, Forschungszentrum von Universität, Land und Stadt Salzburg, das den Arbeitsplatz zur Verfügung stellte, sei somit sehr herzlich gedankt. Dank gebührt auch der Wissenschaftsabteilung des Landes, welche die editorische Tätigkeit finanzierte, sowie Robert Kriechbaumer, der das Erscheinen des Bandes in der Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politischhistorische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek ermöglichte. Gemeinsam mit meinem Mitarbeiter Bernhard Judex bedanke ich mich auch bei Ursula Huber, Julia Beenken und Michael Rauscher vom Böhlau Verlag für die angenehme Zusammenarbeit und die sorgfältige Betreuung der Drucklegung dieses Bandes. Meine Frau Beatrix begleitete das Editionsvorhaben seit seinen Anfängen mit großer Aufmerksamkeit. Für die beständige und mitunter auch kritische Unterstützung danke ich ihr. Robert Hoffmann

Salzburg, 16. Juni 2020

Robert Hoffmann

Abriss der Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele

1 Mozartkult und Musikfeste vor dem Ersten Weltkrieg 1.1 Die Ausformung des Salzburger Mozartkults Am Anfang war Mozart. Wenn heute die Aufführung von Hugo von Hofmannsthals Jedermann in der Inszenierung von Max Reinhardt auf dem Platz vor dem Salzburger Dom am 22. August 1920 als Geburtsstunde der Salzburger Festspiele zelebriert wird, dann bleibt vielfach unterbelichtet, dass die Salzburger Festspielidee weitaus älter ist, als die Fokussierung auf den Hofmannsthal-Reinhardt’schen Gründungsmythos vermuten lässt. Bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich in Salzburg im Zeichen des regionalen Mozartkults eine Tradition von musikalischen Festveranstaltungen herausgebildet, welche erst durch die Zäsur des Ersten Weltkrieges unterbrochen wurde. Man kann daher davon ausgehen, dass es ohne diese Zäsur über kurz oder lang ebenfalls zu einer Institutionalisierung der Festspielidee gekommen wäre, vermutlich aber viel mehr unter dem Vorzeichen Mozarts, als es dann bei der Festspielgründung von 1920 und in den Folgejahren der Fall war. Der Salzburger Mozartkult des 19. Jahrhunderts war getragen vom regionalen Bürgertum und Ausdruck seines Strebens nach politischer und kultureller Emanzipation. Ästhetische Kultur, also Kunst im weitesten Sinne, erfüllte seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert eine wesentliche und sinnstiftende Funktion bei der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft. Sie orientierte den gebildeten Bürger »zugleich über die Wirklichkeit und das Leben, verklärend und versöhnend oder analysierend und aufdeckend, präsentierend und diskutierend«.1 Nach der Befreiung aus den Fesseln der höfischen und ständischen Welt entfaltete sich Kultur in neu entstehenden oder »verbürgerlichten« Institutionen, welche wiederum den sozialen Rahmen einer sich formierenden bürgerlichen Öffentlichkeit abgaben. Dieser Prozess setzte im habsburgischen Österreich bereits vor der politischen Emanzipation des Bürgertums ein. Auch in der Provinzstadt Salzburg datieren die Anfänge eines spezifisch bürgerlichen Kunst-, Literatur- und Musikbetriebs aus der Ära des Vormärz. Welche Kräfte das lokale Bildungsbürgertum zu mobilisieren verstand, erwies sich bei der für die Entwicklung Salzburgs zur Musikstadt so bedeutsamen Initiative zur Errichtung eines Mozartdenkmals. Nachdem das Andenken Mozarts in dessen Ge1 Thomas Nipperdey  : Deutsche Geschichte. 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat. 4. Aufl. München  : C. H. Beck 1987, S. 533.

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Abriss der Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele

burtsstadt über Jahrzehnte weitgehend in Vergessenheit geraten war, machte sich Mitte der 1830er Jahre auch in Salzburg jenes zeittypische Streben nach »Invention of Tradition«2 bemerkbar, das über eine Verklärung von »Heroen der Kunst« letztlich auf eine bürgerliche Selbstthematisierung abzielte.3 Im Jahre 1835 regten der Salzburger Sigmund von Koflern und der aus Posen eingewanderte Schriftsteller Julius Schilling die Errichtung eines Mozartdenkmals an und es gelang ihnen, den von bürgerlichen Kreisen getragenen Museums-Verein für dieses Vorhaben zu gewinnen. Im Herbst 1836 konstituierte sich der Vorstand des »Museums« zugleich auch als Komitee zur Errichtung einer Mozartstatue in Salzburg. Gegen den Willen der k. k. Behörden, welche die Einwilligung zur Errichtung des Denkmals nach Möglichkeit verzögerten,4 solidarisierte sich das deutsche Ausland mit dem Salzburger Vorhaben und ermöglichte durch großzügige Spenden die Ausführung des Denkmals, das schließlich am 4. September 1842 im Rahmen eines aufwändig inszenierten Musikfestes mit Aufführungen Mozart’scher Werke, mit Festzug, gesellschaftlicher Unterhaltung und Belustigung für das Volk enthüllt wurde.5 In der Initiative zur Errichtung des Mozartdenkmals manifestierte sich nach Jahrzehnten fast völligen Stillstands des kulturellen und politischen Lebens in der Stadt Salzburg erstmals eine zaghafte Regung bürgerlichen Selbstbewusstseins. Mit einiger Verspätung erwachte die bürgerliche Vereinsleidenschaft nun auch in Salzburg. So kam es zeitgleich zu den Aktivitäten rund um das Mozartdenkmal zur Gründung des »Dom-Musik-Vereins«, aus dem in weiterer Folge sowohl die Musikhochschule als auch die Internationale Stiftung Mozarteum hervorgingen, also jene Institutionen, deren Entwicklung vielfache Querverbindungen zur Geschichte der Salzburger Festspiele aufweist.6 Darüber hinaus besteht in Salzburg eine ungebrochene Kontinuität der musikalischen Festkultur beginnend mit dem anlässlich der Enthüllung des Mozartdenkmals veranstalteten Musikfest bis hin zu den Salzburger Festspielen. Unmittelbar spürbare Konsequenzen hatte die »Entdeckung« Mozarts für Salzburg zunächst aber vor allem für den Fremdenverkehr. Bereits in den 1840er Jahren 2 Eric Hobsbawm  : Introduction  : Inventing Traditions. In  : Ders., Terence Ranger (Hg.)  : The Invention of Tradition. Cambridge u. a.: Cambridge Univ. Press 1996, S. 1–14, hier S. 9. 3 Ernst Bruckmüller  : Symbole österreichischer Identität zwischen »Kakanien« und »Europa«. Wien  : Picus 1997 (= Wiener Vorlesungen im Rathaus, 59), S. 24. 4 Vgl. Rudolph Angermüller  : Die Errichtung des Salzburger Mozart-Denkmals. In  : Österreichische Zeitschrift für Musikwissenschaft 26 (1971), H. 7, S. 429–434, hier S. 429. 5 Zur Gestaltung des Festes vgl. Ludwig Mielichhofer  : Das Mozart-Denkmal zu Salzburg und dessen Enthüllungs-Feier im September 1842. Eine Denkschrift. Salzburg  : Mayr 1843. 6 Zur Geschichte der »Internationalen Stiftung Mozarteum« vgl. Karl Wagner  : Das Mozarteum. Geschichte und Entwicklung einer kulturellen Institution. Innsbruck  : Helbling 1993  ; Rudolph Angermüller  : Das »Denkbuch des Dom Musik Vereines und Mozarteums zu Salzburg«. In  : Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 134 (1994), S. 433–584.

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besuchten jährlich 50.000 bis 80.000 Fremde die kaum mehr als 16.000 Einwohner zählende Stadt. Mozarts Denkmal und sein Geburtshaus gehörten nun bereits zum fixen Kanon der Sehenswürdigkeiten. Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1860 und dem Beginn der Stadterweiterung erfolgte überdies der rasche Aufstieg Salzburgs zu einer mit Hotels und sonstiger touristischer Infrastruktur reich ausgestatteten »Saisonstadt«.7 Der kulturelle Alltagsbetrieb war zunächst aber noch provinziell und geprägt durch eine »Symbiose aus Bodenständigkeit und weltoffenem Heroenkult«.8 Eine zukunftsweisende Ausnahme stellte nur das Musikleben dar, das – herausgewachsen aus der bürgerlichen Musikkultur des Biedermeier – allmählich zu qualitätsvoller Traditionspflege unter breiter Publikumsanteilnahme fand.9 Eine weitere Gelegenheit, um ihren Anspruch auf die Pflege von Mozarts Erbe zu bekräftigen, bot sich Salzburgs bürgerlicher Elite 1856 anlässlich von Mozarts Zentenarfeier. Während die Salzburger bei den Feierlichkeiten in seinem Geburtsmonat Jänner unter sich blieben, veranstaltete das Mozarteum im September ein aufwändig inszeniertes Musikfest, mit dessen Resonanz im In- und Ausland man zufrieden sein konnte.10 Gerade derartige Festveranstaltungen zeigten jedoch, woran es der Stadt noch mangelte. Außer der Aula der ehemaligen Universität gab es keine Räumlichkeiten, wie man beklagte, »um Mozart’s Tonschöpfungen einem großen Publikum zur Anhörung bringen zu können«. Folglich bildete sich 1856 ein Personen-Komitee, welches sich zum Ziel setzte, »den Bau eines ›Mozarteums‹ zur würdigen Pflege des Mozartkultus an der Stätte seiner Geburt zu ermöglichen«. Dieses Mozarteums-Gebäude sollte unter anderem »die nöthigen Lokalitäten für Musikaufführungen jeder Art, sowohl aus dem Gebiete der Opern- als der Concertmusik«, enthalten, womit der Gedanke eines Festspielhauses erstmals artikuliert wurde.11 Diesem »Mozarteumsbau-Comité« war mangels ausreichender finanzieller Mittel jedoch kein Erfolg beschieden. Wenn schon die Mittel nicht ausreichten, um die dringend benötigten Lokalitäten für die Musikschule des Mozarteums, das Mozart-Archiv und die Mozart-Bibliothek  7 Robert Hoffmann  : Salzburg wird »Saisonstadt«. In  : Hanns Haas, Robert Hoffmann, Kurt Luger (Hg.)  : Weltbühne und Naturkulisse. Zwei Jahrhunderte Salzburg-Tourismus. Salzburg  : Verlag Anton Pustet 1994, S. 45–51.  8 Gernot Gruber  : Mozart und die Nachwelt. München, Zürich  : Piper 1987, S. 166.  9 Vgl. Ernst Hintermaier  : Musik – Musiker – Musikpflege. In  : Heinz Dopsch, Hans Spatzenegger (Hg.)  : Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, Bd. 2, 3. Teil. Salzburg  : Haas 1991, S. 1619–1706. 10 Vgl. Julia Hinterberger  : »An diesen Namen knüpft sich nun aber auch alle Localeitelkeit der Salzburger«. Das Mozarteum im Spiegel der Salzburger Musikkultur des 19. und frühen 20.  Jahrhunderts. In  : Dies. (Hg.)  : Von der Musikschule zum Konservatorium. Das Mozarteum 1841–1922. Wien  : Hollitzer 2017 (= Geschichte der Universität Mozarteum Salzburg, 1), S. 13–114, hier S. 52 f. 11 Ludwig Mielichhofer  : Die Säkular-Feier der Geburt Mozart’s in Salzburg 1856. Salzburg  : Oberer 1856, S. 2.

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zu errichten, dann musste die Finanzierung eines kostspieligen Opernhauses umso mehr als illusorisch erscheinen.12 Mit der Mozart-Zentenarfeier von 1856 begann in Salzburg eine bis zur Niederlage der Habsburgermonarchie im Krieg gegen Preußen 1866 andauernde Phase von gesamtdeutsch-patriotischen Festveranstaltungen, in deren Inszenierung der regionale Mozartkult eine besondere Rolle spielte.13 Besonders aufwändig gestaltete sich die »Siebente deutsche Künstlerversammlung« von 1862, welche mehr als 500 Gäste, darunter viele angesehene Kunstschaffende, nach Salzburg brachte. Wie bei derartigen Festivitäten üblich, feierte das Salzburger Stadtbürgertum in Festzug und Spalier, beim Chorgesang und Festmahl nicht nur die auswärtigen Gäste, sondern auch sich selbst. Einschließlich der angereisten Bewohner der näheren und weiteren Umgebung waren über 10.000 Menschen in das Festgeschehen involviert.14 Davon unabhängig zeichnete sich als unmittelbare Konsequenz von Salzburgs Aufstieg zur internationalen »Saisonstadt« in den 1860er Jahren eine – zunächst noch bescheidene – musikalische Sommersaison ab. Nun erwies es sich auch als Vorteil, dass Salzburgs Bürgertum durch die Errichtung des Mozartdenkmals sowie zahlreiche weitere Festlichkeiten seinen Anspruch auf die Pflege von Mozarts Erbe bekräftigt und damit Salzburgs Image dauerhaft mit dem Namen Mozarts verknüpft hatte. Über den Fremdenverkehr bahnten sich – ohne dass es dafür besonderer Anstrengungen bedurft hätte – Kontakte zu den kulturellen Akteuren der musikalischen Welt an. Namhafte Musiker wie die Komponisten Peter Cornelius und Anton Rubinstein sowie der Musikkritiker Eduard Hanslick weilten im Umfeld des Deutschen Künstlerfestes von 1862 in Salzburg.15 1863 meldete die Salzburger Zeitung, »daß fast jeden Sommer glänzende Sterne des deutschen Kunsthimmels wie Commeten hier auftauchen, aber wie Fixsterne hier festgebannt bleiben«. Einer von diesen Künstlern war der Geigenvirtuose Joseph Joachim, der im Juli 1863 auf seiner Hochzeitsreise Salzburg besuchte, dann gleich den ganzen Sommer hier verbrachte und eine Reihe öffentlicher und privater Konzerte gab. Um Joachim versammelte sich ein »förmlicher musikalischer Congreß«,16 und zweifellos hob es Salzburgs Renommee als Musikstadt, dass der Geiger auch die folgenden Sommer in Salzburg verbrachte

12 Vgl. Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 95–99. 13 Vgl. Robert Hoffmann  : Bürgerliche Kommunikationsstrategien zu Beginn der liberalen Ära. Salzburg und der Eisenbahnanschluß. In  : Hannes Stekl, Peter Urbanitsch, Ernst Bruckmüller, Hans Heiss (Hg.)  : »Durch Arbeit, Besitz, Wissen und Gerechtigkeit«. Wien, Köln, Weimar  : Böhlau 1992 (= Bürgertum in der Habsburgermonarchie II), S. 317–336. 14 Salzburger Zeitung, 6.9.1862. Die Stadt hatte zu diesem Zeitpunkt ca. 19.000 Einwohner. 15 Vgl. Reinald Chraska  : Der Mainzer Dichter-Komponist Peter Cornelius in Salzburg und Trier. Trier  : Wiss. Verlag Trier 1992, S. 50 f. 16 Salzburger Zeitung, 22.9.1863.

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und sich schließlich 1876 in Aigen eine Villa bauen ließ, in der ihn 1878 Clara Schumann und Johannes Brahms besuchten.17 Ab den 1870er Jahren flossen Sommerfrischetourismus und Mozartkult allmählich ineinander. Der entscheidende Schritt hin zur beginnenden Institutionalisierung einer musikalischen Sommersaison erfolgte allerdings erst durch die acht Salzburger Musikfeste, welche von der »Internationalen Mozart-Stiftung« (gegr. 1870) beziehungsweise ihrem Nachfolgeverein, der »Internationalen Stiftung Mozarteum« (gegr. 1880), zwischen 1877 und 1910 in unregelmäßigen Abständen veranstaltet wurden. Initiiert wurden diese Feste, welche als unmittelbare Vorläufer der Salzburger Festspiele einzustufen sind, von einem kleinen Kreis liberal gesinnter Mozarteumsfunktionäre, dem die Verbindung von Mozarteum und Dom-Musik-Verein schon lange ein Dorn im Auge war. In einem ersten Schritt konstituierte sich unter der Federführung des erst kurz zuvor nach Salzburg zugezogenen Finanzbeamten Karl Freiherrn von Sterneck-Daublebsky und unter der Beteiligung maßgeblicher Honoratioren wie des Bürgermeisters Heinrich von Mertens und des Reichsratsabgeordneten Mathias Gschnitzer 1870 die »Internationale Mozart-Stiftung«, welche sich die Errichtung einer Musikhochschule, die wissenschaftliche Pflege von Mozarts Erbe, die Errichtung eines »Kunsttempels« sowie die jährliche Abhaltung eines »den allgemeinen Musik-Interessen gewidmeten Mozarttages« zum Ziel setzte.18 Der hinhaltende Widerstand des Dom-Musik-Vereins gegenüber den Ambitionen des neuen Vereins war auf lange Sicht vergeblich, vor allem vermochte er dessen erfolgreicher Öffentlichkeitsarbeit nichts entgegenzusetzen. Fürsterzbischof Albert Eder ermöglichte schließlich 1880 eine Fusion der Musikschule »Mozarteum« mit der Internationalen Mozart-Stiftung, welche sich noch im selben Jahr den Namen »Internationale Stiftung Mozarteum« zulegte.19 Der Dom-Musik-Verein überließ dem siegreichen Konkurrenten zudem das wertvolle Mozart-Archiv, alle Mozartreliquien sowie beträchtliche Barmittel, womit die Verantwortung für Mozarts Erbe jetzt allein bei der »Internationalen Stiftung Mozarteum« lag, welche als Reservat einer bildungsbürgerlichen Honoratiorenschicht von nun an eine Sonderrolle im kulturellen Leben der Stadt behaupten konnte20 und der es zudem ein Anliegen war,

17 Vgl. Helene Karrer  : 200 Jahre Villenbau in Aigen, mit Abfalter, Parsch und Glas. Salzburg  : Verein Aigen-Initiative 1995, S. 62 ff. 18 Programm der Mozart-Stiftung, zit. nach Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 294. 19 Vgl. Carena Sangl  : Bürgerliche Musikkultur, »Dommusikverein« und Mozartkult. In  : Jürg Stenzl, Kurt Birsak, Lars E. Laubhold (Hg.)  : Salzburger Musikgeschichte. Vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert. Salzburg, München  : Verlag Anton Pustet 2005, S. 424–435. 20 Vgl. Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 105  ; Hintermaier  : Musik – Musiker – Musikpflege (wie Anm. 9), S. 1690 f.

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dem international anwachsenden Mozartkult eine Bühne in dessen Geburtsstadt zu verschaffen.21 Die Veranstalter des ersten Salzburger Musikfestes von 1877 hatten als Vorbild die Rheinischen Musikfeste vor Augen, bei denen schon seit Jahrzehnten alljährlich Massen von Musikliebhabern zusammenströmten. Diese abwechselnd in Düsseldorf, Köln und Aachen stattfindenden Feste waren Ausdruck einer spezifisch bürgerlichen Musikkultur, wie sie sich im Vormärz herausgebildet hatte. Zur optimistischen Überzeugung, »daß es an den Musikfesten gelinge, die Kunst ins Leben der Gegenwart einzubinden, Musik, Wirtschaft und technischen Fortschritt zu einer Art Gesamtkunstwerk zu vereinen«,22 kam der nationalpolitische Charakter dieser Feste, die in Organisation und Form ganz wesentlich vom Männerchorwesen der deutschen Gesangsvereine geprägt waren.23 Den Initiatoren des ersten Salzburger Musikfestes ging es darum, die Idee der Rheinischen Musikfeste nach Österreich zu verpflanzen, allerdings ohne deren nationalpolitische Ausrichtung. »Ferne jedem Parteistandpunkte« sollte das Salzburger Fest »Gelegenheit bieten, das Beste klassischer und moderner Tonkunst« zu erleben. Vor allem aber sollte das Fest »neues pulsirendes Leben in die Mozartstadt« bringen und »den Reigen einer Reihe alljährlich wiederkehrender grosser Feste« eröffnen, »die nicht allein unserem Salzburg, sondern auch dem ganzen Oesterreich zur Ehre gereichen sollen«.24 Die Organisation oblag einem Festausschuss, an dessen Spitze der auch im Wiener Musikleben fest verankerte Hofapotheker Wenzel Sedlitzky stand, der in den folgenden Jahrzehnten vielfach als Bindeglied zwischen den musikalischen Kreisen Wiens und Salzburgs wirkte.25 So verwundert es auch nicht, dass die Wiener Philharmoniker bei diesem Musikfest zum ersten Mal in Salzburg in Erscheinung traten.26 Sedlitzky war es wohl auch zuzuschreiben, dass im Vorfeld in der Haupt- und Residenzstadt so intensiv für das Fest geworben worden war, dass man »durch volle 21 Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 105. 22 Ernst Lichtenhahn  : Das bürgerliche Musikfest im 19. Jahrhundert. In  : Paul Hugger u. a. (Hg.)  : Stadt und Fest. Zu Geschichte und Gegenwart europäischer Festkultur. Stuttgart  : Metzler (zugl. Unterägeri  : W&H-Verlags-AG) 1987, S. 161–179, hier S. 176. 23 Vgl. Hans-Werner Boresch  : Der »alte Traum vom alten Deutschland«. Musikfeste im 19. Jahrhundert als Nationalfeste. In  : Die Musikforschung 52 (1999), H. 1, S. 55–69. 24 Rudolf von Freisauff  : Das erste Salzburger Musikfest. Salzburg 1877 (Selbstverlag), S. 24. 25 Zu Wenzel Sedlitzky vgl. den Nachruf in  : Pharmaceutische Post, 6.12.1913, S. 1073 f.; Walter Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg und vierzigster Jahresbericht. Salzburg  : Selbstverlag der Int. Stiftung Mozarteum 1936, S. 9  ; zum Programm vgl. Hinterberger  : Das Mozarteum im Spiegel der Salzburger Musikkultur (wie Anm. 10), S. 88. 26 Allerdings noch unter dem Namen »Orchester der Wiener k. k. Hofoper«  ; Clemens Hellsberg  : Eine glückhafte Symbiose. Die Wiener Philharmoniker und die Salzburger Festspiele. Salzburg, Wien  : Residenz 2017, S. 43.

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sechs Wochen« in Wien keinen Schritt habe tun können, »ohne daß Einem ›Salzburg  !‹ mit Riesenlettern in die Augen sprang«.27 Wiens bekanntester Musikkritiker Eduard Hanslick zeigte sich angetan von dem Salzburger Fest und plädierte für eine Institutionalisierung  : »Es wäre ein schönes Resultat, wenn dieses hier neugeborene Institut Oesterreichischer Musikfeste sich gleich den Rheinischen durch periodische Wiederkehr zu einem Festen, Bleibenden gestalten und dadurch allmählich zu künstlerischem Einfluß erheben würde  ! Wir denken uns diese Musikfeste alljährlich zur selben Zeit wiederholt […], abwechselnd von den namhaftesten österreichischen Dirigenten […] geleitet.«28 Hanslick widmete dem ersten Salzburger Musikfest nicht weniger als drei ausführliche Besprechungen in der renommierten Neuen Freien Presse und zog dabei auch einen Vergleich zu Richard Wagners Bayreuther Festspiel, welches im Vorjahr zum ersten Mal stattgefunden hatte  : »Wie ganz verschiedene Stimmung waltete hier und dort  ! Hier der Friede und die Freude unbefangenen Genießens, aus den Mienen jedes Nachbars widerstrahlend – dort die dumpfe Schwüle einer von wüstem Enthusiasmus und auflauernder Gehässigkeit geschwängerten Atmosphäre. Der friedliebendste Musikfreund, wenn er nicht zu den notorischen Exaltados gehörte, litt in Bayreuth unter dem vulcanischen kochenden Parteihaß und den wie blanke Pistolenläufe zielenden Blicken der Wagner’schen Leibgarde. Das wohlthuendste Gegenbild dazu empfängt uns hier in Salzburg. Ein offenes brüderliches Wohlwollen zwischen Künstlern und Festgästen, die Alle gekommen sind, zu lieben und zu verehren, nicht zu hassen und zu verfolgen, gekommen, um sich an Musik zu erfreuen, nicht aber mit Musik zu quälen. Ein Fest ist’s, an dem persönliche Eitelkeit oder Götzendienst mit einem Einzelnen keinen Antheil hat. Selbst Mozart ist hier nur Einer unter Vielen. In diesem Sinne, unbeabsichtigt und ohne polemische Tendenz, bildet wirklich das Musikfest in Salzburg eine Art Protest gegen das Bayreuther Ereigniß.«29 Während Wagners Projekt nach der Premiere von 1876 in der finanziellen Krise steckte und in Bayreuth erst 1882 wieder Festspiele stattfinden sollten, beflügelte der Erfolg des Salzburger Musikfestes dessen Veranstalter so sehr, dass sie dem ersten Fest bereits 1879 ein weiteres folgen ließen.30 Dirigent der Festkonzerte des Orchesters der k. k. Hofoper war diesmal kein geringerer als der Wiener Hofkapellmeister Hans Richter, der in Bayreuth die ersten Aufführungen von Richard Wagners Der Ring des Nibelungen dirigiert hatte. Über dieses zweite Salzburger Fest urteilte Hanslick allerdings schon weniger euphorisch als über das vorhergehende. Indem er einen Vergleich zu den Rheinischen 27 Neue Freie Presse, 18.7.1877, zit. nach Hellsberg  : Eine glückhafte Symbiose (wie Anm. 26), S. 43. 28 Ebd. 29 Eduard Hanslick  : Vom Salzburger Musikfest III. In  : Neue Freie Presse, 21.7.1877. 30 Vgl. Johann Evangelist Engl  : Das zweite Salzburger Musikfest. Salzburg  : Zaunrith 1879.

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Musikfesten zog, bemängelte er die geringe Beteiligung der Salzburger am musikalischen Festgeschehen. So sei es ein Irrtum, wenn man in der Internationalen MozartStiftung das Verdienst für sich in Anspruch nehme, »die Bahnbrecherin gewesen zu sein, Musikfeste, wie sie in Deutschland am Rhein schon längst in Fleisch und Blut übergegangen, auch in Oesterreich einzubürgern«. Das Salzburger Musikfest habe »weder den Charakter noch die Bedeutung der deutschen Musikfeste. Diese kommen durch das vereinte Wirken aller Musikkräfte der ganzen Provinz zusammen. […] Dadurch werden die deutschen Musikfeste für die ganze Bevölkerung wichtig und ein unschätzbares musikalisches Erziehungsmittel der Nation. Hier in Salzburg fehlt dagegen die Mitwirkung einheimischer Künstler und Dilettanten vollständig  ; wie beim ersten, so scheinen auch bei diesem zweiten Musikfeste die Salzburger Instrumentalisten und Sänger mit einer gewissen Absichtlichkeit ausgeschlossen. So lange die angebliche ›Bahnbrecherin‹ nicht einheimische Kräfte zur Mitwirkung beizieht und ihre Programme durch große Chormusik vervollständigt, so lange kann man doch eigentlich nur von philharmonischen Concerten sprechen, welche das Wiener Hofopern-Orchester mit Beiziehung von zwei oder drei Solisten in Salzburg abhält. Die Rheinländer musiciren, die Salzburger lassen sich vorspielen – das ist der Unterschied.«31 Hanslicks Kritik war insofern berechtigt, als das Mozarteum und seine Musikschule zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch auf kein einheimisches Reservoir von Musikern zurückgreifen konnten, welche den Qualitätskriterien eines Musikfestes von überregionaler Bedeutung entsprochen hätten. Dieser Mangel wurde erst 1880 durch die Bestellung von Joseph Friedrich Hummel zum Direktor der Musikschule behoben, dem es rasch gelang, »unterstützt und gefördert von der teilweise lange in Vereinsfunktionen tätigen Gründergeneration der Stiftung«, die Schule und das Konzertwesen in einem raschen Aufschwung auf ein Niveau zu heben, »das für Salzburg bisher unerreichbar schien«.32 Als die Internationale Stiftung Mozarteum das 100-Jahr-Jubiläum der Erstaufführung von Mozarts Don Juan 1887 zur Veranstaltung eines dritten Salzburger Musikfestes nutzte, konnte man für die zwei von Hans Richter geleiteten Festaufführungen den von Hummel einstudierten Chor und das – freilich durch auswärtige Musiker verstärkte – Mozarteumsorchester beisteuern, während die Wiener Hofoper ihre besten Kräfte als Gesangssolisten zur Verfügung stellte. Aufführungsort war das alte kleine Salzburger Theater, das in erzbischöflichen Zeiten als Ballhaus und Hoftheater gedient hatte. Gerade diese Diskrepanz von erstklassigen Gesangssolisten, regionalen Musikern und bescheidenem Aufführungsort brachte Eduard Hanslick, der sich auch dieses Salzburger Musikfest nicht 31 Neue Freie Presse, 22.7.1879, S. 2. 32 Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 109  ; Hinterberger  : Das Mozarteum im Spiegel der Salzburger Musikkultur (wie Anm. 10), S. 90 f.

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entgehen ließ, zum Schwärmen  : »Auf einer so engen Bühne jedoch wie die Salzburger, mit einem so kleinen Orchester, zwischen so kindlich primitiven Decorationen war mir der steinerne Gast noch niemals erschienen. Trotzdem zähle ich diesen so dürftig logierten, so eng gebetteten Salzburger ›Don Juan‹ zu meinen anziehendsten Theatererlebnissen. O, du wunderthätige Macht des Contrastes  ! Wie wohlthuend berührt uns so ungewohnte bürgerliche Enge und Einfachheit, heute, wo Opernhäuser nur imposant, blendend, unermeßlich gebaut werden und den Sängern das Singen, dem Publicum das Hören täglich mehr erschweren  !«33 Max Kalbeck, ein weiterer prominenter Wiener Kritiker, betrachtete die räumliche Enge des Salzburger Theaters dagegen als Zumutung für Künstler und Publikum. Ausführlich berichtete er daher über einen Plan des Mozarteumspräsidenten Sterneck, den »Salzburger Theaterverhältnissen eine entscheidende Wendung zu Besserem zu geben«. Sternecks Plan sei es, »an der Stelle der baufälligen und feuergefährlichen Schaubude ein prachtvolles Freudenhotel ersten Ranges« zu errichten und am Salzachufer ein neues Mozart-Theater zu bauen, »ein Haus, dem speciellen Dienste des Unsterblichen geweiht, in welchem die über den Erdkreis verstreuten Mitglieder der Mozart-Gemeinde eine bleibende Stätte der Erhebung und Erbauung besäßen. […] Nach Art der Bayreuther Festspiele sollen dann alljährlich zur Hochsommerzeit in den bunten Tagen des mächtigen Fremdenverkehrs Mustervorstellungen von Mozart’s Opern veranstaltet werden, welche durch die Mitwirkung der ausgezeichnetsten Sänger, durch den hingebungs- und pietätvollen Geist ihrer Leitung und endlich durch eine möglichst authentische Treue gegen Form und Inhalt der Mozart’schen musikalischen Bühne ein weit über Stadt und Land hinausreichendes Interesse erregen würden.«34 Auch Hans Richter sprach sich in seiner Tischrede anlässlich des für die mitwir­ kenden Künstler veranstalteten Festbanketts für die »Einführung ständiger Musikfeste in Salzburg« aus, was den Schriftsteller und Zeitungsredakteur Rudolf von Freisauff zur Feststellung veranlasste, »daß es seitens der Stiftung Mozarteum ein Kleinmuth sonder Gleichen wäre«, wollte sie diese Idee »nicht ebenso begeistert aufgreifen«. Salzburg besitze alle Prämissen für die Abhaltung solch regelmäßig wiederkehrender Musikfeste, nämlich »ein tüchtiges heimisches Orchester, den enormen Fremdenzuzug während der Sommermonate und, was am schwersten in’s Gewicht fällt, den klassischen Boden für solche Feste«.35 Hatten die Organisatoren der Salzburger Musikfeste bis dahin die Rheinischen Musikfeste nachzuahmen versucht, so wurden jetzt die Bayreuther Festspiele zum Vorbild, welche nach langer Pause und Überwindung ihrer finanziellen Krise ab 1886 33 Neue Freie Presse, 23.8.1887, S. 1. 34 Max Kalbeck  : »Don Juan« in Salzburg. In  : Die Presse, 28.8.1887, S. 1. 35 Salzburger Volksblatt, 1.10.1887, S. 2.

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regelmäßig stattfanden.36 Durch Bayreuth waren jene formalen Normen vorgegeben, die den Festspielgedanken von nun an prägen sollten, nämlich die räumliche Festlegung auf die – wie es Wagner bereits in einem Brief vom Sommer 1852 an Franz Liszt formuliert hatte – »schöne Einöde, fern von dem Qualm und Industrie-Pestgeruche unserer städtischen Civilisation«,37 in der allein sich die Idee »des gänzlich vom Alltag zu trennenden Festspieles«38 verwirklichen lasse. Die Abgehobenheit von Aufführungssituation und Publikum vom Repertoirealltag der kulturell übermächtigen Metropolen war in Salzburg schon bei den Musikfesten der 1870er und 1880er Jahren gegeben. Die seit 1886 vorgelebte Praxis des Bayreuther Festspielbetriebs beeinflusste auch die weitere Ausformung der Salzburger Festspielidee – allein schon deshalb, weil die Träger des Salzburger »Mozart-Cultus« in überwiegender Mehrzahl zugleich auch deklarierte Wagner-Verehrer waren. Zwar wurde mit Verwunderung registriert, dass Josef Stigler, zwischen 1890 und 1899 Präsident der Internationalen Stiftung Mozarteum, alljährlich nach Bayreuth reiste.39 Zugleich aber hatte der von Bayreuth ausstrahlende Wagner-Kult im überwiegend deutschnational gesinnten Salzburger Bürgertum schon frühzeitig seine begeisterten Anhänger gefunden. Als sich im Herbst des Jahres 1882 »eine Reihe kunstbegeisterter Männer« zusammenfand, um unter der »Bezeichnung ›Gral‹« einen »Bund der Freundschaft zur Pflege von Kunst und Wissenschaft zu bilden«, war es im Grunde selbstverständlich, dass die Vereinsaktivitäten über zwei Dezennien vor allem »im Zeichen Richard Wagners« standen.40 Gründungsmitglieder des »Gral« waren neben dem späteren Mozarteumspräsidenten Stigler auch der im Salzburger Musikleben überaus einflussreiche Direktor der Musikschule Mozarteum Joseph Friedrich Hummel sowie eine ganze Reihe weiterer Funktionäre und Lehrer der Stiftung bzw. Musikschule Mozarteum.41 Die Abgrenzung zwischen Kunst und Kommerz war in Salzburg freilich von Anfang an weit weniger rigide als in Bayreuth. Schon 1888 lobte die Salzburger Fremden-Zeitung rückblickend den Einklang von Musik und Tourismus in der Mozartstadt  : »Wo anders als in Salzburg hätte man bei dem Zusammenströmen so vieler Menschen während des Sommers sich das Arrangement internationaler Feste besser 36 Vgl. Robert Hoffmann  : Stadt und Festspiele. Das Beispiel von Salzburg. In  : Bernhard Kirchgässner, Hans-Peter Becht (Hg.)  : Stadt und Theater. Stuttgart  : Thorbecke 1999 (= Stadt in der Geschichte. Veröffentlichungen des Südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung, 25), S. 143– 168. 37 Zit. nach Lore Lucas  : Die Festspiel-Idee Richard Wagners. Regensburg  : Bosse 1973 (= Arbeitsgemein­ schaft »100 Jahre Bayreuther Festspiele«, 2), S. 39. 38 Ebd., S. 44. 39 Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 158. 40 50 Jahre Gral (Salzburg 1932), Druckschrift, Salzburger Landesarchiv, S. 2. 41 Ebd.

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denken und verwirklichen lassen können als eben hier. Es folgte denn auch vom Jahre 1877 bis auf die verflossene Saison Fest auf Fest, eines das andere an Prunk, Herrlichkeit und gediegener Durchführung übertreffend.«42 1.2 Das erste Projekt eines Mozart-Festspielhauses Der Erfolg des Don Juan-Jubiläums von 1887 beflügelte innerhalb des Mozarteums alle jene, die schon immer für die regelmäßige Abhaltung von Musikfesten eingetreten waren und die Errichtung eines Festspielhauses als Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Ziels betrachteten. Wenn Mozarteumspräsident Sterneck – wie erwähnt – einen derartigen Plan tatsächlich für erfolgversprechend hielt und im Sommer 1887 in der Presse lancierte, dann hatte dies zwei Gründe  : Zum einen, weil er sich vom prominenten Dirigenten Hans Richter unterstützt sah, der eine Institutionalisierung der Musikfeste vorgeschlagen und im Namen der bei der Don Juan-Aufführung mitwirkenden Künstler die Versicherung abgegeben hatte, »dass es nur des Rufes bedürfe, um sie alle wieder in der schönen Salzachstadt zu vereinigen«.43 Zum anderen zeichnete sich in diesem Jahr endlich ein Ende der Rezession ab, welche die in den 1860er Jahren mit großem Elan begonnene gründerzeitliche Stadterweiterung unterbrochen und das Bauwesen in Salzburg für mehr als zehn Jahre fast gänzlich zum Erliegen gebracht hatte.44 Kurzfristig leichter zu verwirklichen als ein Festspielhaus war die ebenfalls von Sterneck seit langem propagierte Idee der Gründung einer überregionalen Mozartgemeinde zur Unterstützung der Aktivitäten der Internationalen Stiftung Mozarteum. Wenzel Sedlitzky, der Nachfolger Sternecks im Amt des Stiftungspräsidenten, konstituierte zunächst 1888 gemeinsam mit dem Architekten Carl Demel, der ihn schon bei der Vorbereitung des Don Juan-Jubiläums tatkräftig unterstützt hatte,45 ein vorbereitendes Komitee, welches sein Konzept im Juli desselben Jahres anlässlich von drei Konzerten zum 40-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs

42 Salzburger Fremden-Zeitung, 22.5.1888  ; zu den Salzburger Musikfesten vgl. Rudolph Angermüller  : Die Bedeutung der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg für das Salzburger Kulturleben bis zum Ersten Weltkrieg. In  : Ders. (Hg.)  : Bürgerliche Musikkultur im 19. Jahrhundert in Salzburg. Salzburg  : Int. Stiftung Mozarteum 1981 (= Tagungsband zum Symposion aus Anlaß des hundertjährigen Gründungstages der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg, Salzburg, 20. September 1980), S. 58–92. 43 Das Mozart-Festspielhaus in Salzburg. Im Selbstverlag des Actions-Comités. Salzburg 1890, S. 1. 44 Vgl. Heinz Dopsch, Robert Hoffmann  : Salzburg. Die Geschichte einer Stadt. 2. aktual. Aufl. Salzburg, Wien, München  : Verlag Anton Pustet 2008, S. 456 f. 45 Zu Carl Demel vgl. Guido Müller  : Der Architekt Carl Demel (1858–1915). Sein Leben und sein Wirken in Salzburg. In  : Salzburg Archiv 36 (2016), S. 355–400, hier S. 386 f.

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den mitwirkenden Künstlern vorstellte.46 Diese Veranstaltungen erwiesen sich für die Stiftung zwar als finanzieller Misserfolg, da das Publikum aufgrund zu geringer Propaganda ausblieb und »Künstler größten ersten Ranges vor einem zu vier Fünftheilen unbesetzten Saale singen und spielen« mussten.47 Immerhin bot sich die Gelegenheit, die in Salzburg anwesenden Künstler, darunter auch die Sängerinnen Rosa Papier-Paumgartner und Bianca Bianchi, für das Mozartgemeinde-Projekt zu gewinnen. Die Gründung der als überregionale, finanziell unterstützende Vorfeldorganisation der Stiftung Mozarteum gedachten Mozartgemeinde erfolgte schließlich im Oktober 1888, wobei in ihren Statuten – vermutlich auf Initiative Demels – das Ziel festgehalten wurde, »das Prosperieren der Mozartgemeinde vorausgesetzt, die Errichtung eines Festspielhauses für periodische Muster-Aufführungen klassischer Opern ins Auge« zu fassen.48 Demel war es dann auch, der Anfang 1890 gemeinsam mit dem Fotografen Eduard Bertel ein »Actions-Comité« zur Errichtung eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg ins Leben rief, eine Initiative, die trotz Demels enger Verbindung zur Internationalen Stiftung Mozarteum, von dieser »aus Furcht vor einer Überschätzung ihrer Kräfte«, nicht mitgetragen wurde. Somit war es, wie es in der Agitationsschrift des »Actions-Comités« hieß, lediglich »ein kleiner Kreis kunstbegeisterter Männer«, der »nun energisch ans Werk ging und den schönen Gedanken in eine feste Form zu bringen versuchte«.49 Der ideale Zweck und die Frage der Finanzierung waren freilich nicht voneinander zu trennen, so dass die kulturellen und unternehmerischen Zielsetzungen des »Actions-Comités« weitaus enger miteinander verflochten waren, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Demel wie auch Bertel waren, der eine als Architekt, der andere als Fotograf, erfolgreiche Unternehmer, die sich darüber hinaus auch beträchtliches Ansehen im Salzburger Kulturleben erworben hatten. Demel galt als »eine ausgesprochene Künstlernatur, ein Schöngeist im vollsten Sinne des Wortes«, dessen Wirken innerhalb der Stiftung Mozarteum, im Vorstand der Salzburger Liedertafel sowie in zahlreichen weiteren Vereinen höchste Anerkennung fand.50 Bertel wiederum betätigte sich neben seinem beruflichen Wirken als Fotograf als Poet, Schauspieler, Theaterkritiker und Schriftsteller sowie als aktives Vorstandsmitglied des Salzburger Theatervereins.51 Beide waren zugleich aber auch typische Entrepreneurs der Grün-

46 Vgl. Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 141. 47 Salzburger Volksblatt, 28.7.1888, S. 1. 48 Zit. nach Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 141. Wagner spricht dabei die Vermutung aus, dieser Passus sei auf Demel zurückzuführen. 49 Das Mozart-Festspielhaus in Salzburg (wie Anm. 43), S. 1. 50 Nachruf Carl Demel. In  : Salzburger Volksblatt, 9.9.1915, S. 7. 51 Vgl. Nachruf Eduard Bertel. In  : Salzburger Volksblatt, 20.6.1923, S. 5.

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derzeit, welche mit unternehmerischem Wagemut den konjunkturellen Aufschwung Ende der 1880er Jahre zu nutzen versuchten. Der Beginn ihrer gemeinsamen Unternehmungen datiert auf November 1885, als sie um die Bewilligung zur Errichtung einer Zentralstation für elektrische Beleuchtung ansuchten. Diesem Antrag wurde im Folgejahr von der Stadtgemeinde entsprochen, so dass Salzburgs erstes Elektrizitätswerk im September 1887 den Betrieb aufnehmen konnte. Demel und Bertel verkauften ihre Konzession jedoch schon einen Monat später an den Salzburger Bankier Karl Leitner, der zum Zweck der Finanzierung eines weiteren Ausbaus des Elektrizitätswerks sowie damit zusammenhängender Projekte eine Aktiengesellschaft gründete.52 Dazu zählten auch die Errichtung eines elektrischen Aufzuges auf den Mönchsberg, der nach kurzer Bauzeit im Oktober 1890 in Betrieb ging, sowie ein Aussichtsrestaurant und der noch heute erhaltene Wasserturm. Leitner ging es nicht zuletzt darum, seinen wenige Jahre zuvor erworbenen ausgedehnten Grundbesitz am Mönchsberg einer Verwertung zuzuführen, wobei unter anderem an eine Villenkolonie für Wohlhabende gedacht war.53 Somit liegt die Annahme nahe, dass dem vom »Actions-Comité« entworfenen Plan, das Mozart-Festspielhaus am Mönchsberg auf den Gründen Leitners zu errichten, als Motiv nicht nur die Suche nach einem idealen Bauplatz zu Grunde lag, sondern auch das wirtschaftliche Interesse Leitners und der ihm geschäftlich verbundenen Festspielhaus-Akteure Demel und Bertel.54 Demel und das von ihm gegründete »Actions-Comité« informierten Mitte Jänner 1890 die Presse und stießen mit dem Festspielhaus-Plan im In- und Ausland auf durchwegs positive Resonanz. Auf lokaler Ebene stellte sich vor allem das Salzburger Volksblatt von Anbeginn vorbehaltlos hinter die Festspielhausidee. Salzburg werde zwar schon jetzt, so konnte man lesen, »nicht mit Unrecht die Stadt der Feste genannt«. Keines der vergangenen Feste habe mit einem Misserfolg geendet, trotz alledem verdanke »Salzburg den ehrenden Beinamen einer ›Feststadt‹ doch nur einem glücklichen Zufalle oder vielmehr dem Reize, den seine unvergleichlich schöne Lage ausübt«. Aus sich selbst habe die Stadt dazu »eigentlich verhältnißmäßig wenig« beigetragen. Wenn nun »plötzlich in den Köpfen einiger Weniger eine Idee« auftauche, »die Salzburg im vollsten Sinne des Wortes zur Feststadt machen würde und nichts geringeres bezweckt, als den Bau eines Mozart-Festspielhauses«, dann werde man diese kunst52 Vgl. 50 Jahre Elektrizitäts-Versorgung der Stadt Salzburg. 1887–1937. Salzburg  : Eigenverlag der Städt. Elektrizitätswerke 1937, S. 7–11. 53 Vgl. Müller  : Carl Demel (wie Anm. 45), S. 366. 54 Leitners wirtschaftliche Aktivitäten, wozu auch die Errichtung eines »Elektrizitäts-Hotels« zählte, endeten 1896 mit einem Verlust von nahezu einer Million Gulden. Im darauf folgenden Gerichtsverfahren, in dem Leitner freigesprochen wurde, dementierte Bertel einen Zusammenhang zwischen Leitners Geschäften und dem Projekt zur Errichtung eines Mozart-Festspielhauses. Vgl. dazu  : Prozeß Leitner. Salzburg  : Kiesel 1897 (Separatdruck aus dem Salzburger Volksblatt), S. 28.

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begeisterten Bürger »allen Zweiflern zum Trotz« dabei unterstützen, »für das Projekt der Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg Anhänger zu gewinnen«.55 Das Salzburger Volksblatt agierte ganz unverhohlen als Sprachrohr von Demels, Bertels und Leitners wirtschaftlichen Interessen. Vorbild sei Bayreuth, »dessen materieller Aufschwung sich von dem Tage der Eröffnung des Richard WagnerTheaters« entfaltet habe. Gegenüber Bayreuth habe Salzburg aber »die Fülle seiner Naturschönheiten voraus«, was zur Hoffnung berechtige, dass der Bau eines Festspielhauses »nicht nur eine wesentliche Hebung des Fremdenverkehres im Gefolge« hätte, sondern darüber hinaus »die zahlreichen Kunstfreunde, welche in unseren Mauern zusammenströmen, […] hier auch für längere Zeit während der allsommerlichen Festaufführungen festgehalten« würden. Dadurch wiederum würden Handel und Wandel angeregt und »die Einnahmen der einzelnen Geschäftsleute erheblich gesteigert, kurz es käme Geld, viel Geld in unsere Stadt«.56 Volle Unterstützung fand insbesondere die Idee, das Mozart-Festspielhaus auf dem Mönchsberg zu errichten, »der mit seinen herrlichen Wiesengründen inmitten malerisch schöner Buchenbestände wie geschaffen dazu erscheint, einen Tempel der Tonmuse […] zu tragen«. Zusammenfassend zeigte sich das Salzburger Volksblatt vollends überzeugt, »daß die Salzburger Festspiele [Hervorh. im Orig., Anm. d. Verf.] in nicht allzu langer Zeit die Bayreuther Festspiele in Bezug auf Anziehungskraft erreichen werden, zumal sie den nicht zu unterschätzenden Reiz der Neuheit und dann, was noch schwerer wiegt, den der größeren Abwechslung im Programme für sich in Anspruch nehmen können«.57 Wenig später erschienen auch in der Neuen Freien Presse58 sowie in zahlreichen weiteren österreichischen und deutschen Blättern ausführliche und überwiegend positive Berichte über das Salzburger Projekt, wobei unter anderem auch die Nachricht verbreitet wurde, dass »ein unter Vorsitz des Architekten Carl Demel zusammengetretenes Consortium […] nunmehr das Grundstück auf dem Mönchsberge zur Errichtung des Festspielhauses käuflich erworben« habe.59 Mit Genugtuung berichtete das Salzburger Volksblatt, dass »eine ganze Serie der hervorragendsten Berliner Blätter sich »in eingehendster Weise mit der von uns jüngst ausführlich besprochenen Idee eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg beschäftigen und sich über dieselbe geradezu begeistert« ausgesprochen hätten  ; »im Gegensatze zu der etwas skeptischen Auffassung, die man der Festspielhaus-Idee in einzelnen Kreisen Salzburgs« entgegenbringe.60

55 Ein Mozart-Festspielhaus für Salzburg. In  : Salzburger Volksblatt, 19.1.1890, S. 1–3. 56 Ebd. 57 Ebd. 58 Die Presse, 26.1.1890, S. 15 f. 59 Musikalisches Wochenblatt, 6.2.1890, S. 87 f. 60 Salzburger Volksblatt, 6.2.1890, S. 3.

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An Zweiflern mangelte es in Salzburg tatsächlich nicht, wobei sich die Kritik weniger an der ungesicherten Finanzierung als an der Auswahl des Mönchsbergs als Bauplatz entzündete, da dieser, wie zu Recht eingewandt wurde, verkehrsmäßig nur unzulänglich erschlossen war. Dem Einwand, dass das Festspielhaus »zum Bahnhof oder in dessen nächste Nähe« gehöre, denn »Bequemlichkeit« heiße »das die heutige Welt bestrickende Wort«, wurde vom Salzburger Volksblatt entgegnet, dass Richard Wagner in Bayreuth »den von ihm in’s Leben gerufenen Kunsttempel« ganz bewusst nicht »zum Bahnhof oder in dessen nächste Nähe« gesetzt, »sondern dem lärmenden Treiben der Alltagswelt möglichst entrückt« habe. »Man denke sich nur« – heißt es weiter – »eine Festspielaufführung, die Herz, Aug und Ohr gleichmäßig erheben und ergötzen soll, viertelstündlich durch den grellen Pfiff der Lokomotive unterbrochen und gestört  ! Müßte da nicht jeder Kunstgenuß, deutsch gesagt, zum Teufel gehen  ?«61 Widersprochen wird auch dem Einwand, das Festspielhaus würde »nichts anderes als ein rein spekulatives Unternehmen werden«, denn einer der Hauptzwecke von Festspielen solle »die Unterstützung und Förderung des vornehmsten heimischen Musik-Institutes, des ›Mozarteums‹, sein«.62 Details über Kosten und Ausführung des geplanten Mozart-Festspielhauses gelangten erst allmählich an die Öffentlichkeit. War zu Beginn nur vage von einem Theaterbau mit 1500 bis 1800 Sitzplätzen und einem Kostenaufwand von 400.000 Gulden die Rede, so wurde Mitte Februar 1890 erstmals in der Presse berichtet, dass das Festspielhaus nach Plänen der Wiener Firma Fellner & Helmer, den am meisten beschäftigten Theaterarchitekten Mitteleuropas, zur Ausführung gelangen würde, wobei man annehmen kann, dass es Demel nicht zuletzt dank seiner Verbindungen zu Wiener Techniker- und Architektenkreisen63 gelungen war, die renommierten Kollegen für diese Aufgabe zu gewinnen.64 Demel präsentierte das Festspielhaus-Projekt erstmals am 12. März 1890 in einem öffentlichen Rahmen, und zwar im »Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs in Salzburg«, der drei Jahre zuvor gegründeten Interessenvertretung der Salzburger Tourismusbetriebe. Er zeigte sich erfreut, »endlich einmal vor einer größeren Versammlung über die Festspielhausidee sprechen zu können, da es den Männern, welche dieselbe aufgegriffen, bisher an einem Contacte mit der Bevölkerung Salzburgs gefehlt habe. Es sei das nicht ihre Schuld gewesen. Sie hätten vorerst ihre Aufgabe darin erblickt, für das Festspielhaus-Unternehmen durch die Presse zu wirken. Das

61 Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg. In  : Salzburger Volksblatt, 15.2.1890, S. 1–3. 62 Ebd. 63 Demel war u. a. ein höchst aktives Mitglied des Technischen Clubs, der Vorgängerorganisation des Salzburger Ingenieur- und Architektenvereins  ; vgl. Müller  : Carl Demel (wie Anm. 45), S. 382 f. 64 Vgl. Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg. In  : (Linzer) Tages-Post, 18.2.1890, S. 4  ; Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg. In  : Die Lyra, 1.3.1890, S. 3.

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hätten sie gethan und thatsächlich die in- und ausländische Presse diesfalls in Bewegung gesetzt und damit erreicht, daß in Deutschland und Oesterreich die Aufmerksamkeit der kunst- und musikfreundlichen Kreise auf Salzburg und das projektirte Mozart-Festspielhaus gelenkt wurde.«65 Demel schilderte seinen Zuhörern zunächst in einem kurzen Abriss die »Entwicklung der dramatischen Kunst in der neueren Zeit bis auf Richard Wagner«, um daraus die Schlussfolgerung abzuleiten, »daß sich allenthalben das Bedürfniß allmälig herangebildet habe, gediegene Werke deutscher Dicht- und Tonkunst auch in tadelloser Vorführung dem Volke zugänglich zu machen«. Diesem Bedürfnis verdanke nicht nur das Festspielhaus in Bayreuth seine Entstehung, sondern auch das jüngst fertiggestellte Festspielhaus in Worms, »einer Stadt, die gleich Salzburg nur 25.000 Einwohner zähle«.66 Tatsächlich war es in der pfälzischen Kleinstadt dank der Unterstützung eines regionalen Unternehmers gelungen, ein »Spiel- und Festhaus« mit 1200 Sitzplätzen zu errichten, welches im Sinne eines »Volkstheaters« dem Laienspiel ebenso wie Gastspielen auswärtiger Bühnen zur Verfügung stehen sollte.67 Im Gegensatz zu Worms war in Salzburg hohe Kunst angesagt, also »die Aufführung von Mozart’schen und anderen klassischen Opernwerken in denkbar vollendetster Darstellung«, und zwar sollten »alljährlich während des Sommers innerhalb sechs Wochen zwei Opern Mozarts und anderer klassischer Meister zur Vorführung« gebracht werden. Davon, dass es in Salzburg möglich sein würde »Außerordentliches« zu bieten, habe ihn, so Demel, »die begeisterte Aufnahme der Idee in Wien überzeugt«. Aber nicht nur in Wiener Kunstkreisen werde allgemein davon gesprochen, auch »die Bildung eines internationalen Künstler-Comites« sei schon in Bildung begriffen, »das gleichsam als artistischer Beirath dem Unternehmer-Consortium zur Seite stehen und für die Gewinnung erster Kräfte Sorge tragen werde«. Für keineswegs ausgeschlossen hielt es Demel, dass Wilhelm Jahn, der Direktor der Wiener Hofoper,68 sich bereit erklären würde, die »artistische Leitung« der zukünftigen Festspiele zu übernehmen. Darüber hinaus hätten bereits der berühmte Don Juan-Darsteller Jean-Baptiste Faure69 sowie der bekannte Dirigent Charles Lamoureux70 eine unentgeltliche Mitwirkung zugesagt.71 65 Bericht über die Sitzung des »Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs« (Obmann HandelskammerPräsident Ludwig Zeller) vom 12.3.1890. In  : Salzburger Volksblatt, 15.3.1890, S. 11. 66 Ebd. 67 Dieses war im November 1889 eröffnet worden. Vgl. Wilfried Hansmann  : Das Städtische Spiel- und Festhaus in Worms von Otto March – »Das einzige wirklich originale Volkstheater in Deutschland«. In  : In situ. Zeitschrift für Architekturgeschichte 4 (2012), H. 2, S. 283–284. 68 Wilhelm Jahn (1835–1900), Dirigent, 1881–97 Direktor der Wiener Hofoper. 69 Jean-Baptiste Faure (1830–1914), frz. Baritonsänger. 70 Charles Lamoureux (1834–1888), frz. Dirigent und Violinist. 71 Vgl. Bericht über die Sitzung des »Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs« (wie Anm. 65).

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Demel beharrte darauf, dass das Festspielhaus, wenn es »überhaupt zu Stande komme, nur auf dem Mönchsberge erstehen werde«. Die Stadtgemeinde werde sich hoffentlich umso leichter zur Finanzierung einer Straßenanlage entschließen, als »die Schönheiten unseres Mönchsberges erst dann, wenn eine Fahrstraße auf denselben führt, ihrem ganzen Umfange nach so recht zur Geltung gelangen« würden, wobei er als Vorbild auf Hochstraßen-Anlagen im Umfeld von Neapel und anderer Orte verwies.72 Die Idee, das Festspielhaus auf dem Mönchsberg zu errichten, fand im Übrigen auch in der Presse Anklang. »Von den drei Anhöhen, welche Salzburg umschließen«, so konnte man in der Allgemeinen Kunst-Chronik lesen, »haben der Kapuzinerberg und der Festungsberg bereits architektonische Bekrönungen, nur der Mönchsberg zeigte bis jetzt eine kahle Silhouette, und es ist eine architektonisch glänzende Idee gewesen, das Mozartfestspielhaus an der höchsten Stelle dieses Berges zu planen, derart, dass das Gebäude in der Richtung von Wien und von Bayern her schon von Weitem sichtbar sein soll«.73 Die Herausgabe einer ausführlichen Propagandaschrift zum Festspielhaus-Projekt im Eigenverlag des »Actions-Comités« verzögerte sich bis Ende Mai, da zunächst noch auf die Fertigstellung der Baupläne durch das Architekturbüro Fellner & Helmer gewartet werden musste.74 Als die Schrift schließlich samt Fassadenansicht und Grundrissplan vorlag, war klar erkennbar, wie sehr das übermächtige Vorbild von Bayreuth alle Planungen bis ins Detail beeinflusst hatte, auch wenn beteuert wurde, dass »an ein Concurriren mit Bayreuth […] nicht im entferntesten gedacht sei«, denn »die beiden Kunstrichtungen in der Musik, welche Mozart und Wagner repräsentiren, sind ausgeprägt verschiedene  ; sie können und werden wie bisher nebeneinander fortbestehen, und das Salzburger Festspielhaus-Unternehmen wird die Kreise der Bayreuther Festspiele um so weniger stören, als es ja, wie gesagt, nicht darauf abzielt, Erfolge auf Kosten Bayreuths erringen zu wollen, sondern lediglich der grossen Mozartgemeinde ein willkommener Sammelpunkt werden will«. Somit werde es die »erste Aufgabe dieses Kunsttempels« sein, »mustergiltige Aufführungen der Mozart’schen Meisteropern zu bieten«.75 Vor allem bekannte man sich in Salzburg aber, anders als Wagner in Bayreuth, ganz offen zum Kommerz  : »Dem grossen Fremdenstrome, der sich wie von selbst hieher ergiesst, den Aufenthalt in den Mauern der Mozartstadt durch einen seltenen Kunstgenuss zu würzen, dieser Gedanke liegt so nahe und erscheint so selbstverständlich, dass man eigentlich staunen muss, weshalb derselbe nicht schon längst zur Ausführung gelangt ist. Es soll ein Magnet für die Kunstfreunde der ganzen 72 Ebd. 73 Das neue Mozartfestspielhaus in Salzburg. In  : Allgemeine Kunst-Chronik, 15.5.1890, S. 299 f. 74 Das Mozart-Festspielhaus in Salzburg. In  : Neue Freie Presse, 2.6.1890, S. 2. 75 Das Mozart-Festspielhaus in Salzburg (wie Anm. 43), S. 4.

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gebildeten Welt und in seiner Anlage eine Specialität ersten Ranges werden. Und international, wie der Name Mozarts, soll auch die Bedeutung desselben sein.«76 Ferdinand Fellners und Hermann Helmers Plan sah ein Theater mit 1500 Sitzplätzen vor. Die architektonische Konzeption des Entwurfs folgte »nach reifer Überlegung«, wie es in der Baubeschreibung hieß, einem Mittelweg zwischen dem Bayreuther Festspielhaus und herkömmlichen Opernhäusern. Dabei sei dem Prinzip gefolgt worden, »alle Räume des Hauses taghell direct an Licht und Luft liegend zu gestalten und für das Publikum ohne Prunk das beste zu bieten, was in Betreff von Feuersicherheit, Bequemlichkeit des Verkehres und sonstigem Comfort geschaffen werden kann  ; ebenso eine Bühne zu planen, die in Bezug auf Grösse und Einrichtung ermöglicht, alle Opernaufführungen mit grösstem scenischen Aufwand auf die Bretter bringen zu können«. 77 In der äußeren Gestaltung des Baues stand der Plan Fellners und Helmers allerdings in deutlichem Kontrast zum schlichten Bayreuther Festspielhaus, das fast ohne dekorativen Schmuck auskam. Für das Salzburger Mozart-Festspielhaus war hingegen ein repräsentativer »Renaissancebau mit barocken Anklängen« vorgesehen, dessen »bewegte Silhuette […] in der exponirten Lage des Objectes von vielen Kilometern weit nach allen Richtungen sichtbar werden« würde.78 Die alles entscheidende Frage war freilich jene nach der Finanzierung des Festspielhaus-Projekts. Nach der Kalkulation des »Actions-Comités« war für dessen Durchführung die Aufbringung eines Grundkapitals von 600.000 Gulden notwendig, was durch die Ausgabe von Anteilscheinen à 100 Gulden erfolgen sollte. Die Baukosten selbst wurden mit 350.000 Gulden veranschlagt, der Rest entfiel unter anderem auf den Grundankauf und dessen Erschließung (80.000 Gulden) sowie die Inszenierungskosten für die beiden ersten Opernaufführungen (100.000 Gulden).79 Für die Abwicklung des gesamten Vorhabens war die Gründung einer »Patronats-Gesellschaft für das Mozart-Festspielhaus zu Salzburg« vorgesehen, deren Statuten80 von Bertel im Juli 1890 der Salzburger Landesregierung zur Genehmigung vorgelegt wurden.81 Diese holte daraufhin bei der Stadtgemeinde Erkundigungen über die Vermögensverhältnisse und den Leumund des Antragstellers ein. Bürgermeister Albert Schumacher bestätigte in seiner Antwort einerseits zwar den »in jeder Hinsicht tadellosen Leumund« Bertels, welcher »auch in vollkommen geordneten Verhältnis76 Ebd., S. 3. 77 Ebd., S. 6. 78 Ebd. 79 Ebd., S. 10 f. 80 Einen Auszug daraus vgl. ebd., S. 13–15. 81 Vgl. dazu Salzburger Landesarchiv (SLA) Präs. 6269/1890, 24.7.1890. Eduard Bertel (und Carl Demel) unterbreiten (in einem mit zehn Beilagen belegten Gesuch) die Statuten der Aktiengesellschaft »Patronatsgesellschaft für das Mozartfestspielhaus zu Salzburg« zur Genehmigung.

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sen« lebe, womit die gesetzlichen Erfordernisse für eine Vereinsgründung gegeben erschienen. Außerdem beschreibt er ihn als kunstsinnigen Mann, der »die Idee zur Errichtung des Mozartfestspielhauses auf dem Mönchsberge keineswegs rasch gefasst, sondern nach zahlreichen Vorarbeiten weiterverfolgt« habe, »so dass es nunmehr der Verwirklichung entgegensehe«. Im Urteil über die finanziellen Erfolgsaussichten des Projekts hielt sich Schumacher andererseits bedeckt, denn »selbstredend kann eine aufrechte Verwirklichung des Unternehmens mit apodiktischer Gewißheit bis nach Erwerbung des Betriebskapitales nicht versichert werden, ebenso schwer wird es sein, sich bei einem derartigen Unternehmen über die Prosperität desselben auszusprechen«.82 Die fehlende Garantie einer gesicherten Finanzierung erwies sich in weiterer Folge sehr rasch als Todesstoß für Demels und Bertels Vorhaben. Nachdem das Innenministerium als in Vereinsangelegenheiten zuständige Instanz die Genehmigung eines Aktienvereins »Patronatsgesellschaft für das Mozartfestspielhaus zu Salzburg« von dem Nachweis abhängig machte, dass die Aufbringung des Grundkapitals von 600.000 Gulden »durch rechtsverbindliche Zeichnungs-Erklärungen bestimmter Personen oder sonst entsprechender Weise gesichert« werde,83 bemühten sich die beiden Antragsteller in einer weiteren Eingabe vergebens darum, statt der Rechtsform eines Aktienvereins jene einer Aktiengesellschaft bewilligt zu erhalten.84 Der Grund dafür war schlichtweg die Hoffnung, vor allem internationale Investoren eher für die Zeichnung anonymer Aktien als zum Erwerb von namentlich gekennzeichneten Anteilscheinen gewinnen zu können. Das Innenministerium lehnte dieses Ansuchen aber mit der Begründung ab, dass Aktiengesellschaften per Gesetz als »Handelsgesellschaften den Betrieb von Handelsgeschäften zum Gegenstand« hätten, was im Fall der projektierten Gesellschaft aber nicht zutreffe.85 Damit war Demels und Bertels Vorhaben, in Salzburg ein Mozart-Festspielhaus zu errichten, sang- und klanglos gescheitert. Ohne die Unterstützung öffentlicher Stellen oder kapitalkräftiger privater Investoren war ein Projekt dieser Größenordnung kaum zu verwirklichen. Dazu kam die allzu offensichtliche Vermengung idealistischer Gründe mit spekulativen Interessen, welche auch jene Kreise auf Distanz hielt, die an und für sich der regelmäßigen Veranstaltung von Musikfesten etwas abgewinnen konnten, sich aber eine solche nur in enger Verbindung mit dem Mozarteum vorstellen konnten. Dieses wiederum beteiligte sich am Projekt des »Actions-Comités« allein schon aus Furcht vor einer Überbeanspruchung seiner 82 SLA Präs. 6269/1890, Stadtgemeinde Salzburg/Bürgermeister Albert Schumacher an Landesregierung, 4.8.1890. 83 SLA Präs. 6269/1890, Ministerium des Innern an Salzburger Landesregierung, 9.10.1890. 84 SLA Präs. 6269/1890, Demel und Bertel an Salzburger Landesregierung, 6.12.1890. 85 SLA Präs. 6269/1890, Ministerium des Innern an Salzburger Landesregierung, 25.12.1890.

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Möglichkeiten nicht, obgleich Demel zu den rührigsten Funktionären der Stiftung zählte. Die Stadtgemeinde dagegen erkannte schon frühzeitig die Verflechtung des Festspielhaus-Projekts mit den wirtschaftlichen Interessen Karl Leitners auf dem Mönchsberg, weshalb sie die Baubewilligung von einer Parzellierung von Leitners Gründen und der Herstellung einer Zufahrtsstraße abhängig machte.86 Ein Jahr nach den ersten Presseberichten über den Plan des Salzburger »Actions-Comités« zur Errichtung eines Mozart-Festspielhauses war das Projekt bereits wieder in der Versenkung verschwunden. Es mutet daher beinahe wie ein Nachruf an, wenn die Wiener Bauindustrie-Zeitung im April 1891 dem schon »länger als einem Jahre völlig fertigen Bauproject zu einem Mozart-Festspielhause in der schönen Alpenstadt Salzburg« eine ausführliche Würdigung widmete.87 Zugleich deutete der Bericht aber einen wesentlichen Grund dafür an, dass das Festspielhaus-Projekt von 1890 auf viele Jahre hinaus keine Neuauflage finden sollte, denn man habe erfahren, dass an Stelle des alten Salzburger Theaters ein modernes großes Festspielhaus erbaut werde, was die resignative Schlussfolgerung nach sich zog, dass man gewohnt sei, »auf alles Schöne lange, oft vergebens zu warten«, und »der erwähnte materielle Theaterbau das so ideale als pietätvolle Mozart-Festspielhaus-Unternehmen alteriren, wenn nicht gar auf lange in Frage stellen« dürfte.88 Tatsächlich ging im folgenden Jahr der langgehegte Traum von einem Theaterneubau in Erfüllung. 1892 übernahm die Stadtgemeinde das alte Theater und schon ein Jahr nach dem Abriss des alten Gebäudes konnte das neue, von den Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer konzipierte »Stadttheater« (heute Landestheater) eröffnet werden, welches die Stadt 650.000 Kronen kostete.89 Damit war nicht nur das Interesse der Stadt und vieler ihrer kulturbeflissenen Bewohner an der Errichtung eines – vermutlich ohnehin unerschwinglichen – Festspielhauses erlahmt. Wesentlicher noch war, dass von nun an für die Aufführung von Mozarts Opern im Rahmen der Salzburger Musikfeste eine geeignete Bühne zur Verfügung stand. 1.3 »Feststadt per excellence«90 – Die Salzburger Musikfeste von 1891 bis 1910 Carl Demels Engagement für das Mozarteum kam weder durch das Mozart-Festspielhaus-Projekt noch durch dessen Scheitern zum Erliegen. Bereits 1891 organi86 Vgl. Gemeinderaths-Sitzung vom 1.9.1890. In  : Salzburger Volksblatt, 3.9.1890, S. 2. 87 Vom Bau des Festspielhauses in Salzburg. In  : Wiener Bauindustrie-Zeitung, 2.4.1891, S. 1. 88 Ebd. 89 Vgl. Gisela Prossnitz  : Vom Hof- übers Stadt- zum Landestheater. In  : Hans Kutschera (Hg.)  : 200 Jahre Salzburger Landestheater 1775–1975. Salzburg  : Eigenverlag des Salzburger Landestheaters 1975, S. 22–55, hier S. 32  ; Erich Marx  : Der Neubau des Salzburger Theaters in den Jahren 1892 und 1893. In  : Salzburg Archiv 14 (1992), S. 211–238. 90 Ludwig Karpath  : Das Salzburger Musikfest. In  : Neues Wiener Tagblatt, 4.8.1910, S. 1 f., hier S. 1.

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sierte er gemeinsam mit dem Buchhändler Hermann Kerber das »Vierte Salzburger Mozartfest«, das als Zentenar-Feier im Gedenken an Mozarts Tod 1791 sowie in Erinnerung an die Vollendung der Zauberflöte und des Requiems im selben Jahr veranstaltet wurde. Vom Projekt eines Mozart-Festspielhauses war anlässlich dieses vom 15. bis 17. Juli 1891 stattfindenden und mit großem Aufwand inszenierten Festes zwar keine Rede mehr.91 Immerhin gelang es Demel, sich der Mitwirkung der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Hofoperndirektor Wilhelm Jahn zu versichern, der, wie bereits erwähnt, von ihm als künstlerischer Leiter zukünftiger Festspiele vorgesehen gewesen wäre und nun eine konzertante Aufführung der Zauberflöte leitete.92 Erstmals beteiligte sich auch die Stadtgemeinde finanziell an der Organisation eines Musikfestes und neben den zahlreichen Gästen war auch die Bevölkerung eingeladen, an einem »Huldigungs-Fackelzug« zum Mozartdenkmal sowie einem Gartenfest im Mirabellgarten teilzunehmen. »Wieder hat Salzburg seinen Weltruf als Feststadt aufs glänzendste bewährt«, stand nach Abschluss der Feierlichkeiten im Salzburger Volksblatt, »wieder hat es gezeigt, daß es, wie kaum eine zweite Stadt Oesterreichs, die Pflichten der Gastfreundschaft voll und ganz zu üben versteht«. Carl Demel sei die Seele des ganzen Unternehmens gewesen und habe als Obmann des Festkomitees »eine wahrhaft fieberhafte Thätigkeit« entfaltet, »die sich nicht bloß auf Salzburg beschränkte, sondern auch Wien in sich schloß«.93 Obwohl das Musikfest von 1891 eine durchwegs positive Resonanz gefunden hatte, sollte bis zum nächsten ein volles Jahrzehnt vergehen. Zum einen Teil lag dies daran, dass den drei Festen, die in rascher Aufeinanderfolge ab 1887 stattgefunden hatten, zwar ein künstlerischer, jedoch kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden war, weshalb die Internationale Stiftung Mozarteum das finanzielle Risiko weiterer Veranstaltungen scheute. In Salzburg war man zwar stolz auf den Ansturm zahlreicher Musikfreunde aus Nah und Fern, die anlässlich der Musikfeste nach Salzburg strömten. Die Voraussetzungen für eine Institutionalisierung des Festspielgedankens waren vorerst jedoch noch nicht gegeben. Noch mangelte es im »brav provinzlerischen, verschlafenen und verfressenen Touristenstädtchen«94 – als welches Berta Zuckerkandl Salzburg bezeichnete – an jenen wirtschaftlichen, intellektuellen und künstlerischen Ressourcen, die in den urbanen Zentren die ästhetische Kultur beflügelten. Angeordnet um das heimische Vereinsleben blieben Kunstschaffen und -ausübung 91 Zum Ablauf des Festes vgl. Hinterberger  : Das Mozarteum im Spiegel der Salzburger Musikkultur (wie Anm. 10), S. 90 f. 92 Vgl. Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 13. 93 Nachklang zur Mozart-Centenarfeier. In  : Salzburger Volksblatt, 8.8.1891, S. 1–3. 94 Berta Zuckerkandl  : Erinnerungen 1892–1942, zit. nach Ernst Hanisch  : Provinzbürgertum und die Kunst der Moderne. In  : Ernst Bruckmüller u. a. (Hg.)  : Bürgertum in der Habsburgermonarchie. Wien, Köln  : Böhlau 1990, S. 127–139, hier S. 134.

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zumeist den jeweils »bereits veralteten kulturellen Formen der Zentren« verhaftet.95 Während die vom Liberalismus geprägte Kultur der Gründerzeit in Salzburg noch durch eine hohe Rezeptionsbereitschaft gegenüber der damals modernen metropolitanen Kultur gekennzeichnet gewesen war – man denke an die begeisterte Aufnahme von Architektur und Malerei des Historismus oder der Musik Richard Wagners – , reagierte das Provinzbürgertum auf den künstlerischen Aufbruch in die Moderne, wie er sich kurz vor der Jahrhundertwende abzeichnete, überwiegend mit Zurückhaltung, wenn nicht sogar mit schroffer Ablehnung. Ein Hang zum Epigonalen wenn nicht gar Philiströs-Engen kennzeichnete den populären Geschmack. Bedeutendste kulturelle Institution im öffentlichen Leben war zweifellos das 1893 neu errichtete Stadttheater, das in künstlerischer Hinsicht aber nicht einmal den bescheidenen Ansprüchen der regionalen Bildungselite genügte.96 Im Spielplan überwog die seichte Unterhaltung, denn allein Operetten und Komödien garantierten ein volles Haus.97 Hugo Wolf verließ nach dreimonatiger Anstellung als zweiter Kapellmeister Salzburg im Groll  : »Intrigen über Intrigen  ! Das Theater hier ist mehr eine Intriganten- als Kunstschule.«98 Eine Ausnahme im kulturellen Alltagsbetrieb stellte nur das Musikleben dar, das im Umfeld der Internationalen Stiftung Mozarteum auch außerhalb der Musikfeste zu qualitätsvoller Traditionspflege unter breiter Publikumsanteilnahme gefunden hatte.99 Aber es waren gerade die Kosten der Musikschule und des regulären Konzertbetriebs, die unter der Leitung Joseph Friedrich Hummels eine beachtliche Qualitätssteigerung erfahren hatten, welche einer weiteren Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs entgegenstanden. Hummel leistete als Mozarteumsdirektor und Musikpädagoge sowie als Organisator des gesamten musikalischen Geschehens Beachtliches100 und bot dem Salzburger Publikum während der 1890er Jahre Erstaufführungen u. a. der dritten Symphonie von Johannes Brahms (1890), der dritten und vierten Symphonie von Anton Bruckner (1891 bzw. 1897) und der sinfonischen Dichtung Tod und Verklärung von Richard Strauss (1899). Für das Mozarteum gab es somit während der 1890er Jahre andere Prioritäten als die Abhaltung weiterer Musikfeste. Erst 1901 wurde die so lange unterbrochene Tradition wieder aufgegriffen und wie schon zehn Jahre zuvor standen auch diesmal Carl Demel und Hermann Kerber an der Spitze eines Festausschusses, der das »Fünfte Salzburger Musikfest« organi 95 Ernst Hanisch, Ulrike Fleischer  : Im Schatten berühmter Zeiten. Salzburg in den Jahren Georg Trakls (1887−1914). Salzburg  : Otto Müller 1986 (= Trakl-Studien, 14), S. 104.   96 Vgl. Ebd., S. 114–121.  97 Vgl. Prossnitz  : Landestheater (wie Anm. 89), S. 36.  98 Zit. nach Dietrich Fischer-Dieskau  : Hugo Wolf. Leben und Werk. Berlin  : Henschel 2003, S. 129.  99 Vgl. Hintermaier  : Musik – Musiker – Musikpflege (wie Anm. 9). 100 Vgl. Peter F. Kramml  : Joseph Friedrich Hummel (1841–1919). Die prägende Gestalt des Salzburger Musiklebens der Jahrhundertwende. In  : Salzburg Archiv 12 (1991), S. 175–182.

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sierte, welches in mehrfacher Hinsicht einen Wendepunkt darstellte. Da in diesem Jahr kein Mozart-Jubiläum anstand, gab Demel als Begründung an, »daß Salzburg unter der Aureole Mozarts eine Musikfeststadt im besonderen Sinne des Wortes geworden sei, über welcher latent oder frei immer ein musikalischer Geist schwebe«. Die Bewohner der Stadt würden das zwar wissen, zugleich aber auch fühlen, »daß sie selbst zu schwach und unvermögend sind, um der großen Welt diese Thatsache in würdiger Weise des öftern zum Bewußtsein zu bringen«. Zur Erinnerung an »die großartige Mozart-Centenarfeier im Jahre 1891« habe man sich daher »heuer entschlossen, das Musikfest zu veranstalten«.101 Wie schon bei den vorhergehenden Festen gelang es auch diesmal, die Wiener Philharmoniker und namhafte Solisten zur Mitwirkung an den drei Festkonzerten zu gewinnen. Erstmals stand nun auch das neue Stadttheater für Opernaufführungen (Don Juan) in einem höheren Ansprüchen entsprechenden Rahmen zur Verfügung.102 Neu war allerdings, dass es dem Mozarteum diesmal gelungen war, schon im Vorhinein Subventionen und Spenden in so beträchtlichem Ausmaß zugesichert zu erhalten, dass kein finanzielles Risiko bestand. Stiftungspräsident Gandolph Graf Kuenburg konnte daher rückblickend feststellen, dass sich das Mozarteum, »beschränkt auf die Verhältnisse der Provinz, nur mit großer Ängstlichkeit an ein so gewaltiges Unternehmen« herangewagt hätte. Aber schon vor Beginn des Musikfestes sei von Kaiser Franz Joseph eine »sehr ansehnliche Subvention« bewilligt worden, größer »als alle anderen uns zugewendeten Subventionen«. Damit seien »für die künftigen Veranstaltungen des Mozarteums günstige Auspicien eröffnet, so daß es uns möglich sein wird, ein Musikfest öfter und in regelmäßigen kürzeren Intervallen zu veranstalten«.103 Tatsächlich erreichte die Summe aller Subventionen und privaten Spenden die beträchtliche Höhe von 15.000 Kronen,104 so dass der Gewinn des Musikfestes mit mehr als 10.000 Kronen alle Erwartungen übertraf. Diese Summe konnte daher als Gründungskapital einem neu errichteten Musikfestfonds zugeführt werden, als »dessen Zweck das Gedeihen der Schule« und »die Ausgestaltung und Sicherstellung der nunmehr geplanten, alle fünf Jahre abzuhaltenden Musikfeste« bestimmt wurde.105 Als dann am Mozart-Tag im Oktober desselben Jahres der Entschluss gefasst wurde, in Zukunft ein Drittel der Einnahmen der Mozartgemeinde dem neu gegründeten Musikfestfonds zuzuweisen, war dies zweifellos ein erster Schritt hin

101 Salzburger Volksblatt, 10.8.1901, S. 2. 102 Vgl. Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 14  ; vgl. auch Rudolph Angermüller  : Opern Mozarts bei den Salzburger Musikfesten 1877–1910. In  : Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 22 (1974), H. 3/4, S. 20–44. 103 Salzburger Volksblatt, 10.8.1901, S. 2. 104 Salzburger Volksblatt, 14.8.1901, S. 2. 105 Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 14.

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zu einer Institutionalisierung und periodischen Wiederkehr der Salzburger Musikfeste.106 Auch Lilli Lehmann, damals eine der am meisten gefeierten Opernsängerinnen Deutschlands, welche unentgeltlich die Rolle der »Donna Anna« im Don Juan übernommen hatte, widmete dem Musikfestfonds eine Spende von 1000 Kronen.107 Nachdem sie schon vor Langem ihre Liebe zu Mozart entdeckt habe, sei es für sie nur selbstverständlich gewesen, schreibt sie in ihren Erinnerungen, sich nachhaltig und dauerhaft für die Interessen des Mozarteums einzusetzen  : »Ich sah, wieviel es gerade hier in der Mozartstadt zu tun gab, wie nötig es wäre, daß sich praktische Künstler Mozartscher Interessen annähmen, die in Beiträgen mancherlei Arten  : in Fonds für die Mozartschule, Festspielen und Konzertaufführungen, Ankauf von Mozarts Geburtshaus usw. gipfelten, die ideale Aufgaben in sich schließen. Mangelt es doch bei aller Liebe und freudigen Aufopferung des ausgezeichneten künstlerischfeinfühligen Komitees in Salzburg an Geld für alles, um ein unvergängliches, ewig sich erneuerndes Denkmal für Mozarts Größe zu schaffen, das heißt so zu fundieren, daß Schule, Festspiele usw. gesichert wären für alle Zeiten. Denn Mozart muß der Maßstab bleiben für vollendete Musik, die Menschen erhebt und beglückt.«108 Die Devise »Mozart über alles« kennzeichnete von nun an über mehr als zwei Jahrzehnte Lilli Lehmanns Aktivitäten im Umfeld des Mozarteums. Seit 1901 wirkte sie bei allen Salzburger Musikfesten als Interpretin mit, bei jenen von 1906 und 1910 auch als Regisseurin und künstlerische Leiterin, der es dank ihrer Vernetzung im internationalen Musikbetrieb gelang, zahlreiche renommierte Künstler des In- und Auslandes zur Mitwirkung zu gewinnen. Besondere Verdienste erwarb sie sich darüber hinaus durch eine großzügige Förderung des 1914 fertiggestellten MozarteumNeubaus, die Veranstaltung von Gesangskursen sowie ihre Initiative zum Erwerb von Mozarts Geburtshaus.109 Auch ohne formell Mitglied des Stiftungs-Kuratoriums zu sein, wusste die Sängerin, die in Scharfling am Mondsee eine Villa besaß, ihren Einfluss in allen wesentlichen Mozarteums-Angelegenheiten geltend zu machen. Die regelmäßige Abhaltung von Musikfesten zählte seit 1901 zu Lilli Lehmanns Kernanliegen. Zugleich stand sie allen Plänen einer Ausweitung der Festspielidee nach dem Vorbild von Bayreuth strikt ablehnend gegenüber. Als Anhängerin eines 106 Dieser Beschluss wurde 1907 wieder aufgehoben, da der Musikfestfonds inzwischen ausreichend dotiert war. Vgl. Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 144 f. 107 Salzburger Volksblatt, 17.8.1901, S. 2. 108 Lilli Lehman  : Mein Weg. 2. Aufl. Leipzig  : Hirzel 1920, S. 428 f. 109 Vgl. Julia Hinterberger  : Lilli Lehmann. In  : Persönlichkeiten der Salzburger Musikgeschichte. Datenbank auf der Homepage der Universität Mozarteum, Salzburg (http://www.moz.ac.at/administration.php  ?o=18725, 16.4.2020)  ; Paul Lorenz  : Lilli Lehmann und die Mozartstadt Salzburg. In  : Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 1972  ; Paul Lorenz  : Lilli Lehmanns Wirken für Salzburg. In  : Österreichische Musikzeitschrift 27 (1972), H. 7/8, S. 420–423.

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kultivierten, jedoch puristischen Mozartkults lehnte sie insbesondere den Bau eines »Mozart-Festspielhauses« grundsätzlich ab – zum einen, weil sie wie andere auch eine finanzielle Überbelastung des Mozarteums befürchtete  ; zum anderen stand der Bau eines großen Operntheaters per se im Widerspruch zu ihrer Vorstellung eines intimen Aufführungsstils, wie sie ihn als unabdingbar für Mozarts Opern hielt. Ihrer Ansicht nach sollte »entgegen allen modernen Ausstattungs- und Regiekünsten […] hauptsächlich dem gesanglichen und darstellerischen Element« der Werke Mozarts Rechnung getragen werden  : So müsse das »unsterbliche Werk Mozarts auch heute noch das Entzücken jedes Publikums sein und in Ewigkeit bleiben, wenn es flott, heiter, gemütlich und voll naiven Humors – meinetwegen mit alten gewohnten Extempores längst verstorbener Darsteller gewürzt – ernst und weihevoll, wo es hingehört, dargestellt und ersten Gesangskünstlern und frischen lebendigen Darstellern anvertraut wird«. Selbst die stilvollste Ausstattung könne »nie und nimmer gesangliche und darstellerische Stillosigkeit oder künstlerische Mängel verdecken«. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen die Aufführungspraxis der großen Bühnen  : »Ja, es scheint mir in dem Übermaß der Ausstattungen geradezu eine Respektlosigkeit gegen Kunst und Künstler zu liegen, die letzterem eine zweite Rolle in seiner Kunst zu spielen anweist anstatt der allerersten, und ihn in ein Joch spannt, das Kunst und Künstler erniedrigt. In der Mozart-Stadt sollen es alle Künstler abschütteln  !«110 Das »Sechste Salzburger Musikfest« fand – früher als ursprünglich vorgesehen – bereits im August 1904 statt. Um die Organisation des Festprogramms machte sich abermals Carl Demel verdient. Im Zentrum des Festgeschehens leuchtete aber – in den Worten von Stiftungspräsident Graf Kuenburg – »allen voran wie die Sonne, um die sich die Planeten gruppieren, Frau Lilli Lehmann, welche […] mit dem ganzen Gewicht ihrer künstlerischen Persönlichkeit das Mozarteum in der Werbung für die Mitwirkung der Künstler unterstützte«.111 Sie war es auch, welche die Anregung zur Aufführung der bis dahin nur selten gespielten c-Moll-Messe von Mozart gab und auf diese Weise dafür sorgte, dass sich der Entfall von Opernaufführungen bei diesem Musikfest – das Stadttheater stand bei diesem Fest wegen Differenzen mit dem privaten Betreiber nicht zur Verfügung – wenigstens zum Teil verschmerzen ließ. Julius Korngold, der Nachfolger Eduard Hanslicks als Musikkritiker der Neuen Freien Presse, sah dennoch ein schweres Versäumnis der Veranstalter  : »Aber gehört nicht zu einem Mozart-Bayreuth vor allem ein Mozart-Theater  ? Zweifellos, und es ist auch vorhanden. Die Mozart-Oper bedarf keiner besonderen geweihten Stätte  ; sie fühlt sich in jedem Theater wohl, und sie würde es nicht zuletzt in dem intimen Raume des artigen Salzburger Musentempelchens. […] Also das Theater ist da in 110 Lilli Lehmann  : Die Mozart-Festspiele in Salzburg. In  : Neue Freie Presse, 9.7.1910, S. 9  ; vgl. auch Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 151. 111 Salzburger Volksblatt, 16.8.1904, S. 5.

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Salzburg, aber keine Note Mozarts war darin zu hören. Dramatische Aufführungen waren ausgeschaltet aus dem diesmaligen Feste  ; ein empfindlicher, schwer zu ersetzender Ausfall.«112 Die Tauglichkeit des Stadttheaters für Mozart-Aufführungen wurde erst wieder bei den letzten beiden Musikfesten vor dem Ersten Weltkrieg auf die Probe gestellt, welche dem Umfang nach bereits festspielähnlichen Charakter aufwiesen. Das »Siebente Salzburger Musikfest« im August 1906 dauerte eine ganze Woche. Am Pult der Wiener Philharmoniker standen mit Felix Mottl, Reynaldo Hahn, Richard Strauss und Gustav Mahler vier führende Musikerpersönlichkeiten dieser Epoche. Höhepunkte des Programms waren Don Giovanni, inszeniert von Lilli Lehmann, sowie Figaros Hochzeit unter der musikalischen Leitung Gustav Mahlers. Bernhard Paumgartner berichtet in seinen Erinnerungen, dass Mahler damals geäußert habe, »gerade hier in Salzburg« sei es möglich, abseits vom Repertoirebetrieb »der unnachahmlichen Eigenart Mozart’scher Musikdramatik ›auf den Grund zu kommen‹«.113 Nach Mahlers Urteil wies Lilli Lehmanns Inszenierung des Don Giovanni aber alle Schwächen des Repertoires auf. Die Aufführung sei – heißt es in einem Brief an Gattin Alma – »so hundsmäßig schlecht« gewesen, dass er und »Strauss nach der 2. Szene entsetzt davon« gelaufen seien.114 Mahler kritisierte auch die Programmgestaltung mit Beethovens fünfter Symphonie und der neunten Bruckners und sprach von einer Art »musikalische[m] Frühschoppen«, nach dem viel StieglBier getrunken worden sei.115 Mahlers Urteil über Lehmanns Don Giovanni war insofern ungerecht, als diese weder Zeit noch Gelegenheit gehabt hatte, ihre Sänger zu einem Ensemble zusammenzuschmieden.116 Mahler dagegen brachte sein Hofopern-Ensemble nach Salzburg mit, und zwar »über allerhöchste Anordnung« von Kaiser Franz Joseph, der die vollen Kosten übernahm. Außerdem wurde es ihm ermöglicht, die Wiener FigaroInszenierung in mehreren Proben auf die Gegebenheiten der kleinen Salzburger Bühne anzupassen. Das Ergebnis war – nach übereinstimmendem Urteil der Kritik – eine in dieser Form noch nie erlebte, herausragende Ensembleleistung. Nach 112 Julius Korngold  : Vom Salzburger Musikfest. In  : Neue Freie Presse, 17.8.1904, S. 1. 113 Bernhard Paumgartner  : Erinnerungen. Hg. von Gerhard Croll. 2. Aufl. Salzburg  : Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 2001 (= Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, 19. Ergänzungsband, Veröffentlichungen zur Salzburger Musikgeschichte, 7), S. 69. Gegenüber Gattin Alma klagte Mahler dagegen  : »Der Trubel ist grässlich  ! Ich bin ganz zertäpscht.« (Gustav Mahler  : Ein Glück ohne Ruh’. Die Briefe Gustav Mahlers an Alma. Erste Gesamtausgabe. Hg. von HenryLouis de La Grange und Günther Weiß. Berlin  : Siedler 1995, S. 282). 114 Mahler  : Ein Glück ohne Ruh’ (wie Anm. 113), S. 284. 115 Alma Maria Mahler-Werfel, Gustav Mahler  : Erinnerungen und Briefe. Amsterdam  : Bermann-Fischer 1949, S. 130. 116 Vgl. Angermüller  : Die Bedeutung der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 42), S. 63 f.

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Ansicht Julius Korngolds schien das Haus am Wiener Opernring wie im Märchen über Nacht »auf den Makartplatz in Salzburg versetzt, dazu in gar dienlich verkleinerten Dimensionen«. Alles, was zu Figaro gehöre, sei dagewesen  : »Sänger, Orchester, technisches Personal. Dekorationen und Beleuchtungskörper. Und auch der Direktor war da, dieser merkwürdige Künstler, der, eine ideale Forderung Wagners erfüllend, in seiner Person zugleich den Dirigenten, Dramaturgen und Regisseur vereint.« In Salzburg habe Mahler gezeigt, was künstlerische Arbeit heiße. Nie sei der Figaro so sehr als etwas erschienen, »was man ›Kammeroper‹ nennen könnte«. Korngolds Fazit lautete  : »Die Salzburger Mozart-Feier hat wechselnde Eindrücke gebracht. Mag man sich mehr an das Erfreuliche oder an das minder Geglückte halten – sicher ist, daß diese vorbildliche ›Figaro‹-Aufführung allein genügt, dem Feste bleibende künstlerische Bedeutung zu sichern.«117 Das Fehlen eines Festspielhauses wurde somit nicht als Mangel empfunden. Carl Demel, der auch dieses Musikfest organisiert hatte, unternahm keinen Versuch mehr, seine alte Idee wiederzubeleben. Dazu kam, dass die Internationale Stiftung Mozarteum nun alle ihre finanziellen Kräfte auf das große Ziel eines Mozarteum-Neubaus konzentrierte. Lediglich aus Kreisen der Fremdenverkehrswirtschaft, welche den Zustrom wohlhabender Besucher bei den Musikfesten zu schätzen gelernt hatte, tauchte hin und wieder der Ruf nach deren alljährlicher Abhaltung und, damit verbunden, der Errichtung eines Festspielhauses auf.118 Mahlers Figaro-Inszenierung von 1906 war der Maßstab, an dem das »Achte Musikfest« gemessen wurde, welches anlässlich der Grundsteinlegung für das Mozarteumsgebäude in der Schwarzstraße veranstaltet wurde. Das Fest dauerte neun Tage (29. Juli bis 6. August 1910) und somit länger als alle vorangegangenen. Mit sechs Opernaufführungen und sechs Festkonzerten – drei davon aufgeführt von den Wiener Philharmonikern – präsentierte die Stiftung Mozarteum zudem das aufwändigste Programm aller bisherigen Musikfeste. Gespielt wurden ausschließlich Werke von Mozart, wobei Lilli Lehmann abermals Don Giovanni sowie die Zauberflöte inszenierte.119 Die Veranstalter jubelten über die große Zahl an internationalen Künstlern, welche als Mitwirkende gewonnen worden waren, und über den regen Zustrom an Besuchern. In der Presse, und hier insbesondere in den Wiener Blättern, war zwar von einem Musikfest von »überlebensgroßer Ausdehnung«120 sowie von »einer ungeheuerlichen Anzahl glänzender Namen aus allen Weltgegenden« und einem »Auf-

117 Neue Freie Presse, 23.8.1906, S. 3  ; vgl. auch die überschwängliche Kritik von Carl Prohaska in  : Salzburger Volksblatt, 20.8.1906, S. 3. 118 Vgl. Salzburger Fremdenverkehrspolitik. In  : Salzburger Volksblatt, 24.8.1907, S. 3. 119 Vgl. Angermüller  : Die Bedeutung der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 42), S. 71 f. 120 Ludwig Karpath über das Salzburger Musikfest. In  : Salzburger Volksblatt, 4.8.1910, S. 11 f.

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gebot aller erdenklichen Künstler« die Rede. Bemängelt wurde aber »kein großer Eindruck, kein Stil«.121 Die Tatkraft Lilli Lehmanns, der Salzburger »Cosima«, bei der alle Fäden zusammengelaufen seien, fand zwar Anerkennung, doch wurde ihr Anspruch auf den einzig gültigen Stil in der Interpretation von Mozarts Opern mit dem Hinweis auf Mahlers einzigartige Salzburger Figaro-Inszenierung in Frage gestellt.122 Ludwig Karpath, der renommierte Musikkritiker des Neuen Wiener Tagblatts, bezeichnete das Musikfest schlichtweg als »verfehlt in seiner Anlage«, denn Lehmann habe geglaubt, »durch die Berufung einiger internationaler Größen stilvolle Mozartaufführungen zu erreichen«, was aber nicht gelungen sei.123 Karpath analysierte die Ursachen dieser Fehlentwicklung und entwarf Vorschläge für die Zukunft  : »Das Salzburger Komitee allein ist zu schwach, um solch Großes zu vollbringen. Das Kaiserhaus, der Staat, Land und Stadtgemeinde müßten einen Fonds ins Leben rufen, dessen Erträgnis zur Veranstaltung von Mozart-Festspielen in Salzburg dienen soll. Einzelne musikalische Körperschaften müßten ebenfalls das Ihrige tun, um den Fonds zu stärken und die materielle Seite der Festspiele sicher zu stellen.« Vor allem aber griff Karpath als Erster nach vielen Jahren wieder die Festspielhausidee auf  : »Man errichte ein eigenes Mozarttheater, etwa auf dem Mönchsberg, der vom Stadtrummel ablenkt und gleichwie der Bayreuther Festspielhügel zur Weihe und pietätvollen Empfänglichkeit stimmt.« In Bayreuth finde man auch das, »was Frau Lehmann so sehnlichst erwünscht  : Stil. Theoretisch ist diese großartige Künstlerin allen den in Betracht kommenden Fragen vollauf gewachsen. In der Praxis aber versagt sie vollständig  ; ihr fehlt der weite Blick des Feldherrn, der mit einem Wink über alle und alles gebietet. Ein Mangel organisatorischer Fähigkeiten läßt Halbheiten und Verkehrtheiten entstehen.« Im Gegensatz zu Lilli Lehmann wollte Karpath keine reinen Mozart-Festspiele. Stattdessen schlug er vor  : »Ein einziges Bühnenwerk von Mozart, einheitlich dargestellt in Musik und Szene, zwei oder drei Konzerte mit den Meisterstücken Mozartscher Orchester- und Kammermusik, zwischen die man einige Gesänge streut, zwischendurch einige Meisterwerke deutscher Musikheroen – das ist die Aufgabe eines Salzburger Festspieles. In alle Welt hinaus müßte es klingen  : Wer die ›Zauberflöte‹, ›Don Juan‹ oder ›Figaros Hochzeit‹ in nicht zu überbietender Vollendung genießen will, der soll nach Salzburg kommen, so wie wir nach Bayreuth pilgern, um Wagner in seiner ganzen Größe zu bewundern.« Den Salzburgern allein traut er freilich nicht zu, jene Qualitätsansprüche zu erfüllen, wie man sie in Wien gewohnt sei. Somit liege es auf der Hand, »wer der geborene Leiter einer Mozartvorstellung 121 Der Morgen. Wiener Morgenblatt, 1.8.1910, S. 6. 122 Vgl. Julius Korngold  : Das Salzburger Mozart-Fest. In  : Neue Freie Presse, 5.8.1910, S. 1–3. 123 Ludwig Karpath über das Salzburger Musikfest (wie Anm. 120).

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in Salzburg« sein müsse  : »der jeweilige Direktor der Wiener Hofoper, der einfach mit seinem ganzen Stabe hieher übersiedelt und nur für einzelne Partien, für die ihm in Wien die richtigen Leute nicht zu Gebote stehen, die besseren Kräfte des Auslandes heranzieht«. Wenn nun, schließt Karpath seinen Bericht aus Salzburg ab, in einigen Tagen der Grundstein zu einem Mozarthause gelegt werde, das Musikschule, Museum, Archiv und Konzertsäle in sich vereinige, dann »möge diesem Hause ein zweites angereiht werden  : das Mozarttheater, und möge dieses im Bayreuther Geist und Stil erstehen. Dann wird man nach Salzburg pilgern, wie nach einem Mekka heftigster Kunstübung. Wie vieles hat Salzburg vor Bayreuth voraus, feine herrliche Landschaft, seine glänzenden Verpflegsstationen, feine zentrale Lage und guten Verbindungen. Alle Welt wird uns beneiden, Oesterreich wird ein Kunstzentrum besitzen, das gleicherweise auch dem Fremdenverkehr dienen wird. Machen wir aus Salzburg eine wirkliche Festspielstadt. Das ist eine Aufgabe, würdig des Schweißes aller Edlen  !«124 Auch Julius Korngold von der Neuen Freien Presse traute den Salzburgern nicht zu, den Musikfesten ohne nachhaltige Unterstützung aus Wien auf Dauer eine Spitzenposition im Musikleben sichern zu können. Für ihn stellte sich daher die Frage  : »Sollten diese Musikfeste, die die einzigen Oesterreichs sind, nicht einigermaßen als eine Angelegenheit des Staates gelten dürfen, künstlerisch schlechtweg als eine der Hauptstadt  ? Wien leiht ohnedies sein Orchester, zum Teil seine Künstler, seinen Opernapparat. Erhebe man doch gleich Salzburgs Musikfeste zu Wiener Musikfesten in Salzburg. Und scheue man auch beherzteste Propaganda nicht […]. Es ist österreichische Art, zu wenig Wesens aus seinem Besitze zu machen, was jeden Vergleich aushält, mit unangebrachter Verschämtheit anzubieten… Die Rufe ›Mehr Mozart  !‹ und ›Vorwärts zu Mozart  !‹ tönen durch die Welt. Nach Gebühr gefördert, könnte Salzburg alljährlich zur Einkehr in den seligen Frieden Mozarts laden, ›was diese Straße wandert voll Beschwerden‹.«125 Die Wiener Kritik am Salzburger Festgeschehen hatte eine beträchtliche Irritation innerhalb des Mozarteums zur Folge. Graf Kuenburgs Verstimmung war nicht zu überhören, als er sich in seiner Rede am Abschiedsabend des Musikfestes mit ironischem Unterton für die Anregung eines Wiener Blattes bedankte, »Salzburg zu einem zweiten Bayreuth im Mozartschen Sinne zu machen«, und versprach, dass »von Seite des Mozarteums gewiß alles geschehen« werde, »diesen Gedanken der Verwirklichung näher zu bringen«. Da aber die Kraft desselben allein nicht ausreiche, müsse »die Publizistik helfend eingreifen, deren Macht eine so große sei«. Einschränkend fügte er allerdings hinzu  : »Es soll auch – er wisse es nicht – eine unanständige Presse geben, mit dieser wolle er nichts zu tun haben. Sein Appell sei nur 124 Ebd. 125 Korngold  : Das Salzburger Mozart-Fest (wie Anm. 122), S. 3.

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an die anständige, gut gesinnte Presse gerichtet, die ihn gewiß nicht mißverstehen werde.«126 Lilli Lehmann negierte die Kritik der Wiener Presse an ihrer Konzeption eines ausschließlich Mozart gewidmeten Musikfestes und appellierte stattdessen an die Stadtgemeinde Salzburg, »den großen, ehrlichen Enthusiasmus des Publikums und der Künstler nicht unbenutzt vorüberziehen zu lassen«, sondern eine regelmäßige Wiederkehr von Mozart-Festspielen in »nicht zu langen Zeitabschnitten« zu ermöglichen. Gerade der Erfolg des Musikfestes von 1910 hatte die alte Frage aufs Neue aufgeworfen, in welche Richtung sich die Salzburger Feste auf lange Sicht entwickeln sollten. Zur Disposition standen die folgenden, mehrfach ineinander verschränkten Varianten  : • Musikfeste zu besonderen Anlässen (Mozartjubiläen) oder periodisch stattfindende Veranstaltungen. • Reine Mozartfeste, wie sie Lilli Lehmann favorisierte, oder Feste unter Einbeziehung von Werken anderer Komponisten. • Intime Feste für einen Kreis elitärer Musikliebhaber oder alternativ – wie 1906 und 1910 bereits geschehen – eine Ausdehnung des Festprogramms und damit ein vermehrter Zustrom an Besuchern, wie von der Fremdenverkehrswirtschaft gefordert. Diese hatte längst erkannt, dass die Salzburger Musikfeste einen Typus von musikbegeistertem Touristen nach Salzburg brachten, der sich wohltuend abhob von den »flüchtigen Zugvögeln, die innerhalb dreier Tage das vorgeschriebene Pensum an Sehenswürdigkeiten absolvieren«.127 • Eine Erweiterung der Aufführungslokalitäten (Stadttheater, Aula der alten Universität) lediglich um die im Mozarteums-Neubau vorgesehenen Konzertsäle oder eine Wiederbelebung der Pläne zur Errichtung eines Festspielhauses auf dem Mönchsberg oder an anderer Stelle. • Damit verbunden war die alte Frage  : Soll Salzburg das Vorbild von Bayreuth nachahmen und, wenn ja, soll ein Salzburger Festspielhaus als Schauplatz von exemplarischen Aufführungen von Mozarts Werken analog zum Bayreuther Wagnerkult dienen – wie es Ludwig Karpath gefordert hatte – oder darüber hinaus als Schauplatz von »Musteraufführungen« musikalischer und theatralischer Werke im weiteren Sinn  ? Die Salzburger Entgegnung auf Ludwig Karpaths Kritik kam von Rudolf von Freisauff, dem Chefredakteur des Salzburger Volksblattes. Er wies auf die Schwierigkeiten der Finanzierung hin, welche eine Verwirklichung des Festspielhaus-Projekts und 126 Das Salzburger Mozart-Fest. Der Abschiedsabend. In  : Salzburger Volksblatt, 9.8.1910, S. 6. 127 Fremden-Zeitung, 27.9.1899, S. 15.

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damit die Verwandlung Salzburgs in ein »Bayreuth österreichischer Kunst« bislang verhindert hätten, und stellte die Frage  : »Sollen wir nun, insolange der neue Mozarttempel auf dem Mönchsberge nicht erstanden ist, auf die Abhaltung von Musikfesten mit Opernaufführungen gänzlich verzichten  ?« Diese Frage würde, meint Freisauff, in Salzburg »wohl im Wege eines Plebiszits eine entschiedene Verneinung erfahren. Salzburg wird also auch in Zukunft seine Mozartfeste haben, selbst wenn es nicht gelingen sollte, für sie das aufzubringen, was Herr Karpath als unerläßlich erklärt  : Ensemble und Stilreinheit.«128 Die Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der Salzburger Musikfeste war damit jedoch nicht abgeschlossen. Zu Beginn des Jahres 1911 meldete sich der in München ansässige Musikschriftsteller Paul Marsop in der Neuen Freien Presse mit einem vehementen Plädoyer für die Errichtung eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg zu Wort  : »Der Meister wird auch fernerhin in seiner Geburtsstadt so lange zu kurz kommen, als man dort seine Bühnenwerke in dem freundlichen kleinen Hause von Fellner und Helmer zur Darstellung zu bringen versucht, dessen baulicher Zuschnitt und Innendekoration denn doch mehr mit dem Geiste einer leichten Komödie als mit dem der klassischen Bühnenschöpfungen zu tun haben. Kostbare Edelsteine in einen Talmiring gezwängt zu sehen  : das vertragen wir heute nicht mehr.«129 Unklar ist, ob Marsop Kenntnis hatte von Max Reinhardts und Hermann Bahrs mehrere Jahre zuvor angestellten Überlegungen, Salzburg zum Schauplatz sommerlicher Theateraufführungen zu machen.130 Immerhin warnte er davor, sich auf modische Experimente einzulassen  : »Die echte und rechte Mozart-Bühne darf weder mit dem prunkvoll gleißenden Coulissenzauber des Großstadtopernbetriebes noch mit den vielfach erklügelten Aufmachungskunststücken der Leute um Max Reinhardt etwas zu tun haben.« In der Hauptsache vertrat Marsop den Standpunkt seiner Wiener Kollegen. Wie diese plädierte er für gesamtösterreichische Festspiele in Salzburg, und zwar getragen von der kulturellen Kompetenz der Metropole Wien. Seiner Ansicht nach sollte es für ganz Österreich »eine Ehrenpflicht« sein, »das Mozart-Bühnenhaus zu errichten«. Ein solches wäre somit ein »Nationaldenkmal«, zu dem ganz Österreich beitragen müsste, da es »dem stärksten dramatischen Genius der habsburgischen Lande zu weihen wäre«. Gäbe man Mozart durch Errichtung eines Festspielhauses seinen Platz, so würden »sich alle in der Monarchie vertretenen Nationalitäten dazu überreden, das Werk zu fördern«. Marsop lässt keinen Zweifel daran, wer die Akteure 128 R[udolf] v. F[reisauff]  : Nachklänge zur Mozartfeier. In  : Salzburger Volksblatt, 13.8.1910, S. 1–3 und 19.8.1910, S. 1–2. 129 Paul Marsop  : Das Salzburger Mozart-Festspielhaus. In  : Neue Freie Presse, 7.1.1911. 130 Max Reinhardt, Hermann Bahr und Hugo von Hofmannsthal diskutierten 1903 und 1907 über derartige Pläne. Vgl. S. 66 ff.

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in Salzburg sein sollten  : »Ich denke es mir als sommerliche Feststätte der Wiener Hofoper und des Burgtheaters. Etwa drei Wochen hindurch Musteraufführungen von Schöpfungen Mozarts und Glucks, von ›Fidelio‹, von den Tragödien Wagners, von den Musikdramen der Gegenwart mit stärkerem Eigengehalt. Dann drei Wochen Schiller-, Shakespeare-, Goethe-, Grillparzer oder Hebbel-Festspiele. In jeder Spielzeit nicht mehr als drei oder vier Musikdramen und drei bis vier Meisterwerke des gesprochenen Schauspiels.«131 Marsop war somit der Erste, der die Vision von Salzburger Festspielen entwarf, bei welchen Musik und Theater gleichrangig zur Geltung kommen sollten. Als Marsop seine Vorschläge 1920 in modifizierter Form erneut vorbrachte, war von Wagner-Aufführungen in Salzburg keine Rede mehr.132 Die Resonanz auf Marsops Artikel in Salzburg war durchaus positiv, obwohl man über den darin zum Ausdruck gelangten Standpunkt einer fast selbstverständlichen kulturellen Dominanz Wiens gegenüber der Provinz durchaus hätte gekränkt sein können. Ganz im Gegenteil, das Salzburger Volksblatt empfahl dem Vorstand der Internationalen Stiftung Mozarteum sogar, sich mit Marsops Vorschlägen intensiv auseinanderzusetzen und mit diesem »einen Gedankenaustausch zu pflegen, der vielleicht dazu beitragen könnte, den richtigen Weg zu finden, wie der an sich gewiß schöne und verlockende Gedanke der Erbauung eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg in die Tat umgesetzt werden könnte«. Die Errichtung eines Festspielhauses wäre, meint der Verfasser, »Aufgabe des Mozarteums, aber auch der Stadtgemeinde, der ja doch vor allem daran liegen müßte, ein Werk zu schaffen, das unserer Stadt zum bleibenden Ruhm gereichen und eine unversiegbare Quelle materieller Vorteile erschließen müßte«.133 In dieselbe Kerbe schlug der städtische Baurat Wilhelm Scholz, der die wieder aufgeflammte Festspielhaus-Diskussion dazu benutzte, um an einen Vortrag zu erinnern, welchen er im Dezember 1907 im Salzburger Technischen Klub unter dem Titel »Phantasien eines Salzburger Technikers (Kurhaus und Festspielhaus)« gehalten habe, dessen wörtliche Wiedergabe nun im Salzburger Volksblatt erfolgte.134 Scholz knüpfte in seinen Ausführungen unmittelbar an das Projekt Demels und Bertels von 1890 an, welches er nun in modifizierter Form propagierte. Habe damals noch Ungewissheit bestanden, »ob Salzburg wirklich auf ein großes Publikum rechnen könne«, so hätten die Musikfeste der Folgezeit gelehrt, »welchen Maßstab wir an einen Massenbesuch anlegen dürfen«. Im Zentrum seiner Argumentation standen wirtschaftliche Überlegungen. Was ein Festspielhaus für den Fremdenverkehr be131 Marsop  : Das Salzburger Mozart-Festspielhaus (wie Anm. 129). 132 Vgl. Paul Marsop  : Auf dem Wege zum Salzburger Festspielhause. Salzburg  : Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1920. 133 Ein Salzburger Mozart-Festspielhaus. In  : Salzburger Volksblatt, 10.1.1911, S. 1–2. 134 W. Scholz  : Ein Salzburger Mozart-Festspielhaus. In  : Salzburger Volksblatt, 22.1.1911, S. 1–5.

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deute, brauche man nicht näher zu erörtern. »Erwähnen will ich nur«, so Scholz, »daß erst durch solche Festspiele der wirkliche Fremden- und nicht Touristenverkehr erzeugt wird, da dann die Fremden zur Festspielperiode längere Zeit verweilen werden und hiedurch nicht nur die Hotels, sondern auch Privatvermieter und Geschäfte aller Art einen reichlichen Erwerb finden können.« Über die künstlerische Ausrichtung zukünftiger Festspiele äußerte sich Scholz eher vage. Die Mozartpflege müsste zwar im Vordergrund stehen, »wie es unserer Stadt geziemt«. Trotzdem stellte er sich das zu errichtende Theater »nicht als spezielles Mozart-Festspielhaus vor, sondern als Stätte der Opern des kolorierten Gesanges, des bel canto, als Ergänzung zum Bayreuther Festspielhaus«. Im Übrigen hatte er eine Art Mehrzweckhalle im Sinn, gleichsam ein praktisches Haus, »welches nicht nur den Zwecken der Festspiele zu dienen hat, sondern auch für Massenfeste den Festort bildet«. Das Bayreuther Festspielhaus mit 1500 Sitzplätzen schien Scholz demnach als Vorbild für Salzburg nur bedingt geeignet. Sein Vorschlag sah einen groß dimensionierten Theaterbau mit 1800 Sitzplätzen vor, der auf den sogenannten Arenberggründen zwischen der Imberg- und Arenbergstraße errichtet werden sollte. Scholz drängte die Verantwortlichen in der Stadtgemeinde und im Mozarteum zur Eile, denn ein Festspielhaus müsse »in absehbarer Zeit in Salzburg entstehen, wenn man nicht« wolle, »daß uns andere Städte den Rang ablaufen und wir das Nachsehen haben«.135 Für die Stiftung Mozarteum kam die anlässlich des Musikfestes von 1910 aufs Neue aufflammende Diskussion um ein Salzburger Mozart-Festspielhaus denkbar ungelegen. Nicht nur hatte die Wiener Presse die Sicht des Mozarteums nicht geteilt, dass »die größte bisherige Mozart-Feier […] restlos geglückt« gewesen sei.136 Die Frage nach der zukünftigen Form der Musikfeste stand nach wie vor zur Diskussion. Vor allem aber zeigte sich, dass das große Vorhaben des Mozarteum-Neubaus jene Stimmen nicht zum Verstummen gebracht hatte, die das aufwändige Bauprojekt nur als einen ersten Schritt hin zur festspieltauglichen Ausgestaltung Salzburgs betrachteten, dem als zweiter so bald als möglich die Errichtung einer für Opernaufführungen geeigneten Spielstätte folgen sollte. Kennzeichnend für die Vertreter der Festspielhausidee war, dass sie – was ihnen von ihren Gegnern auch regelmäßig vorgehalten wurde – künstlerische und wirtschaftliche Argumente miteinander verknüpften. Ihrer Ansicht nach lag es nahe, die Attraktivität der Salzachstadt gerade für elitäre Besuchergruppen zu erhöhen. Am dringlichsten schien die Etablierung regelmäßiger Festspiele, denn, so das nüchterne Kalkül des Salzburger Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs im Jahr 1912  : »Der englische Lord, der amerikanische Milliardär sind typische Luxusreisende, 135 Ebd. 136 Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 20.

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die bis zum äußersten verwöhnt und anspruchsvoll, wiederum nur solche Orte aufsuchen, wo sie ihren gewohnten Komfort oder solche Veranstaltungen vorfinden, deren Besuch zur Kenntnis von Europa notwendig ist, wie die Passionsspiele von Oberammergau und die Wagneraufführungen von Bayreuth. Durch Veranstaltung von Mozartfestspielen könnte auch Salzburg in die Reihe dieser weltberühmten Orte treten und hoffen, derartiges kapitalkräftiges Publikum wenigstens für kurze Zeit zu fesseln.«137 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nach dem Erfolg der Musikfeste von 1906 und 1910 die Diskussion über eine Etablierung regelmäßig stattfindender Festspiele und – damit verbunden – die Errichtung eines Festspielhauses nicht mehr abbrach. Noch mangelte es der Festspielhausidee aber an einer durchsetzungsfähigen Persönlichkeit, welche die alten Projekte wiederbelebt und in einer überzeugenden Form der Öffentlichkeit präsentiert hätte. Aus heutiger Perspektive war es daher ein Wendepunkt, als Friedrich Gehmacher im November 1913 dem Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum ein Memorandum überreichte, in dem er seine Argumente für die baldige Errichtung eines Mozart-Festspielhauses darlegte.138 Mit seinen Überlegungen gab er den Anstoß zu einer Diskussion, die 1917 zur Gründung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde führte, in deren institutionellem Rahmen ab 1920 die Gründung der Salzburger Festspiele erfolgen sollte.

2 »Baumeister am Salzburger Festspiel« 139 2.1 Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch Friedrich Gehmacher war kein Unbekannter, als er 1913 seinen Vorschlag zur Errichtung eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg vorlegte. Bereits seit vielen Jahren zählte er zu den aktivsten Funktionären der Internationalen Stiftung Mozarteum. 1866 in Frankenmarkt in Oberösterreich als Sohn eines Bezirksrichters geboren, hatte er an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und nach dem Studienabschluss zunächst als Konzipist bei der Statthalterei in Linz gearbeitet, ehe ihn seine weitere berufliche Laufbahn Anfang der 1890er Jahre zur Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt in Salzburg führte, als deren Direktor er 1920 in den Ruhestand trat.140

137 Tätigkeits-Bericht 1912 des Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs, S. 8 f. 138 Vgl. Dok. 1 (F. Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913). 139 Heinrich Damisch  : Baumeister am Salzburger Festspiel. Die geistige Planung und ihre Verwirklichung. In  : Österreichische Musikzeitschrift 15 (1960), S. 330–341. 140 Da Gehmacher seinen Lebensweg nie aufzeichnete, beziehen sich die biografischen Daten zu seiner Person vor allem auf Zeitungsnotizen und Nachrufe. Vgl. auch Peter Kramml  : Friedrich Gehmacher

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Die berufliche Absicherung als Versicherungsbeamter bot dem musisch und künstlerisch veranlagten Juristen jenen Freiraum, den er benötigte, um seinen Neigungen im Dienste der Internationalen Stiftung Mozarteum extensiv nachzugehen.141 Nachdem er bereits 1899 in deren Kuratorium berufen worden war, wirkte er seit 1902 zudem als Zentralvorsteher der Internationalen Mozartgemeinde, welche er mit Energie und Ausdauer zu einer mächtigen Hilfsorganisation der Stiftung ausbaute. In beiden Funktionen setzte sich Gehmacher schon frühzeitig für den Bau eines repräsentativen Mozarthauses ein. Auf seinen Antrag wurde 1902 die Gründung eines Mozarteum-Baufonds beschlossen, dessen rasch wachsende Mittel 1907 den Ankauf des zukünftigen Baugrundes in der Schwarzstraße ermöglichten. Zwei Jahre später wurde ebenfalls auf Gehmachers Antrag am 28. Mozart-Tag 1909 ein Baukomitee eingesetzt, dessen Aufgabe die Durchführung eines Architektenwettbewerbs war. Die rasche Festlegung auf das Sieger-Projekt des Münchner Architekten Richard Berndl ermöglichte bereits im Rahmen des Musikfestes von 1910 die feierliche Grundsteinlegung. »Seele des Bauausschusses«, der ab 1912 die rasche Durchführung des Bauprojekts gewährleistete, war – wie allseits gewürdigt wurde – wiederum Gehmacher, unter dessen Führung »unermüdliche Arbeit geleistet« worden sei.142 Vor allem dank seiner Initiative sei es der Stiftung Mozarteum möglich gewesen, immer wieder neue Geldquellen zu erschließen und somit »nicht nur die enormen Kosten des Mozarteum-Baues zu verkraften, sondern fast zeitgleich auch noch Mozarts Geburtshaus anzukaufen«.143 Gehmachers Unternehmungsgeist ging jedoch weit über die Errichtung des Mozarteum-Neubaus hinaus. Sein Bestreben war es, wie er es in seinem »Promemoria« vom 1. November 1913 zum Ausdruck brachte, den Elan, der diese Initiative gekennzeichnet hatte, nicht erlahmen zu lassen, sondern unter der Devise »Wir schaffen ein österreichisches Bayreuth« die alte Idee eines »Mozartfestspielhauses« wiederzubeleben.144 Von der Weiterentwicklung der Musikfeste zu institutionalisierten Festspielen erhoffte sich Gehmacher einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt und damit verstärkte Zukunftschancen für das Mozarteum. In realistischer Vorausschau verwies er auf den kommerziellen Nutzen einer zukünftigen »Weltmu-

(= https://www.stadt-salzburg.at/internet/websites/nsprojekt/ns_projekt/veranstaltungen/biografien_ 439210/friedrich_gehmacher_449199/lebenslauf_449207.htm, 16.4.2020). 141 Anders als Gehmacher fühlte sich Franz Kafka durch seine Tätigkeit in der Prager Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt in der Ausübung seiner musischen Neigungen stark behindert. Über den Dienstbetrieb in der Prager Unfall-Versicherungs-Anstalt vgl. Reiner Stach  : Kafka – die frühen Jahre. Frankfurt/M.: S. Fischer 2014, S. 392 ff. 142 Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 21. 143 Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 107. 144 Dok. 1 (F. Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913).

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sikpflege«, denn schon jetzt wisse man, dass keine Veranstaltungen ein »glänzenderes und finanzkräftigeres Publikum« nach Salzburg ziehen würden als Musikfeste.145 Untrennbar verbunden mit dem Namen Friedrich Gehmachers ist jener seines Freundes Heinrich Damisch. Da Gehmacher, der 1942 verstarb, sich nie retrospektiv über sein Wirken äußerte, prägt bis heute vor allem die Sicht Damischs, der sich vor und nach 1945 vielfach zu Wort meldete, den Blick auf die Gründungsgeschichte der Festspielhaus-Gemeinde. Glaubt man dem Strang der Überlieferung, der auf ihn zurückgeht, dann setzte Gehmachers ideelle Vorarbeit für die Errichtung eines Festspielhauses bereits lange vor 1913 ein. Damisch berichtet, dass er durch Vermittlung seines Vetters, des Pianisten und Komponisten Carl Prohaska,146 in den Jahren 1904 und 1905 in Wien im Hause des ehemaligen Salzburger Hofapothekers und Präsidenten der Internationalen Stiftung Mozarteum Wenzel Sedlitzky verkehrt habe, wo seine Aufmerksamkeit auf die Salzburger Mozartfeste gelenkt worden sei. Als er dann in Begleitung Prohaskas »als freudiger Beobachter« am Mozartfest 1906 teilnahm, hätten sich – »wie von einem geheimnisvollen inneren Auftrag getrieben« – fünf Festteilnehmer täglich am Residenzplatz in der Glasveranda des Hotels »Zum goldenen Schiff« zusammengefunden, um Pläne für eine Weiterentwicklung der Mozartfeste zu schmieden.147 Dieser Kreis habe aus Damisch, Prohaska, Sedlitzky, Rudolf von Freisauff (dem Chefredakteur des Salzburger Volksblattes) sowie dem Mozarteumsfunktionär Gehmacher bestanden. Aus diesen Zusammentreffen sei eine dauernde Freundschaft zwischen Damisch und Gehmacher entstanden, eine Verbundenheit, die nicht zuletzt durch beider Zugehörigkeit zum Altherrenverband des Wiener akademischen Gesangsvereines bekräftigt wurde. Zwar habe sich nach dem Mozartfest 1906 »der geistige Zusammenhalt in der fünfgliedrigen Keimzelle künftiger mozartfestlicher Entwicklungen« gelockert, übrig geblieben sei »aber als fester, dauerhaft aktiver Kern die unerschütterliche Begeisterung der beiden ursprünglichen Proponenten des Residenzplatz-Komitees Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch«.148 Inwiefern beider Zugehörigkeit zum Wiener akademischen Gesangsverein, der dem deutschnationalen politischen Spektrum angehörte, dazu beitrug, dass jene freundschaftliche Beziehung langfristig manchen Belastungsproben standhielt, kann nur vermutet werden. Fest steht, dass die Rekrutierung von Sympathisanten und Funktionären der 1917 von Gehmacher und Damisch gegründeten Salzburger Fest-

145 Ebd. 146 So die Selbststilisierung seines und Gehmachers Wirkens für die Festspielidee durch Damisch nach 1945. Vgl. Damisch  : Baumeister am Salzburger Festspiel (wie Anm. 139). 147 W. A. M. G.: Die Gründung der Salzburger Festspiele. In  : Wiener Figaro und Mitteilungen der Mozartgemeinde Wien 1940, August, Sonderheft, S. 3–5. 148 Damisch  : Baumeister am Salzburger Festspiel (wie Anm. 139), S. 300.

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spielhaus-Gemeinde zu einem nicht unwesentlichen Teil aus diesem Umfeld erfolgte.149 Während Gehmacher aber ungeachtet seiner persönlichen Verankerung im deutschnationalen Vereinswesen eine parteipolitische Positionierung im öffentlichen Leben oder als Funktionär des Mozarteums zeitlebens weitgehend vermied, stand Damisch als Redakteur der radikal deutschnationalen Ostdeutschen Rundschau an vorderster kulturpolitischer Front. Die berufliche Laufbahn eines Musikjournalisten deutschnational-antisemitischer Prägung war Damisch nicht in die Wiege gelegt worden. Geboren 1872 in Wien, entstammte er einer altösterreichischen Offiziersfamilie. Als Sohn eines Generalintendanten der k. k. Armee schien die Offizierslaufbahn vorgezeichnet. Nach Absolvierung der Theresianischen Militärakademie und mehrjährigem Truppendienst in verschiedenen Teilen der Monarchie geriet die militärische Karriere jedoch ins Stocken. Damisch selbst führte als Ursache jenes Augenleiden an, das Jahrzehnte später zu seiner Erblindung führen sollte.150 In den Personalunterlagen des Heeres findet sich anlässlich seiner Pensionierung 1899 jedoch nur die Feststellung, dass der Oberleutnant »zum Truppendienst untauglich« sei, verbunden mit der Begründung  : »schwächliche Konstitution, etwas nervös«.151 Notdürftig versorgt durch eine geringe und zeitlich befristete Pension wandte sich der musisch veranlagte Ex-Offizier – Damisch spielte mehrere Instrumente und war ein begeisterter Chorsänger – juristischen, volkswirtschaftlichen und musikwissenschaftlichen Studien an der Universität Wien sowie der Wiener Export-Akademie zu. Diese führten zwar zu keinem akademischen Abschluss, durch den 1904 erfolgten Beitritt zum Wiener akademischen Gesangsverein ergab sich für Damisch aber ein Netzwerk an neuen Verbindungen.152 Großen Einfluss auf Damischs musikalische Ausbildung habe – so wird berichtet – sein Cousin Carl Prohaska genommen, der ihn in Musiklehre und Musikgeschichte unterrichtete.153 Da Prohaska neben seinen Tätigkeiten als Pianist, Komponist und Musikpädagoge auch als Musikrezensent 149 Vgl. Kramml  : Joseph Friedrich Hummel (wie Anm. 100), S. 180 f. Mitglieder des Akademischen Gesangsvereins neben Gehmacher und Damisch waren Landeskonservator Eduard Hütter, der Erbauer des ersten Festspielhauses, Hofapotheker Franz Willvonseder sowie der Direktionsassistent des Zweigvereins Wien der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Josef Ridler. Erwin Kerber, der Direktionsassistent des Zweigvereins Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, war Alter Herr der Akademischen Landsmannschaft der Salzburger zu Wien. Ich danke Peter F. Kramml dafür, dass er mir Einsicht gewährte in die Budenbücher der Alt-Herren-Vereinigung deutsch-akademischer Gesangsvereine in Salzburg der Jahre 1906 bis 1920. 150 Vgl. Hanna Domandl  : Heinrich Damisch – Ein Wegbereiter der Salzburger Festspiele. Ein Beitrag zur Vor- und Frühgeschichte der Festspiele. In  : Salzburg Archiv 16 (1993), S. 229–248. 151 Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Qualifikationslisten Kt. 415. Personalakt Heinrich Damisch. 152 Ab 1920 Universitäts-Sängerschaft Ghibellinen. 153 Vgl. Mirko Jelusich  : Heinrich Damisch. In  : Deutschösterreichische Tages-Zeitung, 1.12.1932.

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wirkte,154 liegt die Vermutung nahe, dass Damisch durch ihn in seinem Entschluss beeinflusst wurde, die berufliche Laufbahn eines Musikschriftstellers einzuschlagen. Damischs journalistische Laufbahn begann 1905 als Redakteur der Wiener Wochenzeitschrift Sonn- und Montagskurier sowie der Bühnenzeitung Theater und Brettel. Die entscheidende Weichenstellung in seiner beruflichen Laufbahn erfolgte am 1. Dezember 1907 mit seinem Eintritt als Schriftleiter und Musikberichterstatter in den Verband des radikal deutschnationalen und antisemitischen Deutschen Tagblattes, welches von 1908 bis 1920 unter dem Titel Ostdeutsche Rundschau erschien und danach als Deutschösterreichische Tages-Zeitung bis zu ihrem Verbot 1932 weitergeführt wurde. Herausgeber des Blattes war Karl Hermann Wolf, der Rivale Georg von Schönerers im Kampf um die Führung des deutschradikalen Lagers, dessen berühmte Auftritte als Redner auch den jungen Hitler beeindruckten.155 Damisch etablierte sich binnen weniger Jahre im Kreis der bekannten Wiener Musikkritiker, obgleich er im Sinne der Blattlinie der Ostdeutschen Rundschau eine kämpferisch antimodernistische Position einnahm. Dem Schaffen der musikalischen Avantgarde gegenüber verharrte er – wie seine Rezensionen zeigen – in einer polemisch zugespitzten Position des Nichtverstehens, so dass außermusikalische Faktoren – wie »völkische« und antisemitische Vorurteile – regelmäßig als Muster der Erklärung dienten.156 Als Feindbild diente ihm insbesondere Gustav Mahlers Werk, dessen Diffamierung er sich mit kulturkämpferischem Impetus widmete. In der Geschichte der Mahler-Rezeption wird vor allem auf Damischs Kritik der Uraufführung von Gustav Mahlers neunter Symphonie unter dem Dirigenten Bruno Walter hingewiesen,157 in der er das Repertoire an antisemitischen Stereotypen, wie etwa einer angeblichen Dichotomie von »›jüdisch-asiatisch-orientalischer‹ und ›deutscher‹ Kultur«, voll ausgeschöpft habe.158 Ein Reprint dieser Kritik diente übrigens in der NS-Zeit als Beleg für Damischs jahrzehntelanges und aus der Perspektive des nationalsozialistischen Regimes überaus verdienstvolles Wirken »gegen artfremde Zersetzungserscheinungen auf dem Gebiet der Musik«.159 154 Prohaska verfasste z. B. anlässlich des Salzburger Musikfestes 1906, welches er gemeinsam mit Damisch besuchte, eine Reihe von Konzertrezensionen für das Salzburger Volksblatt. 155 Zu Karl Heinrich Wolf vgl. Brigitte Hamann  : Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators. München  : Piper 1996, S. 375 ff.; Michael Wladika  : Hitlers Vätergeneration. Die Ursprünge des Nationalsozialismus in der k.u.k. Monarchie. Wien, Köln, Weimar  : Böhlau 2005, S. 459 ff. 156 Damischs journalistische Tätigkeit als Musikredakteur bei der Ostdeutschen Rundschau wurde bislang nur punktuell behandelt. 157 Vgl. Ostdeutsche Rundschau, 27.6.1912. 158 Gerhard Scheit, Wilhelm Svoboda  : Feindbild Gustav Mahler. Zur antisemitischen Abwehr der Moderne in Österreich. Wien  : Sonderzahl 2002, S. 75. 159 Othmar Wetchy  : Heinrich Damisch als Musikbetrachter. In  : Heinrich Damisch zum 70. Geburtstag. Wiener Figaro und Mitteilungen der Mozartgemeinde Wien 12 (4.12.1942), Sonderfolge, S. 10  ; Da-

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Aus heutiger Sicht mutet es befremdlich an, dass Damischs Positionierung als antisemitischer Kulturkämpfer seinem Renommee als geschätzter Musikkritiker nicht entgegenstand. Tatsächlich ist eine definitive Bestimmung seines weltanschaulichen Standorts als radikaler Antisemit und deutschnationaler Antimodernist im breit gefächerten kulturellen Spektrum Wiens in dieser Epoche nur bedingt zutreffend. Der biografischen Überlieferung nach war Damisch überaus kontaktfreudig und verkehrte in jenen Jahren – für einen Musikkritiker nicht ungewöhnlich – im Umfeld zahlreicher Persönlichkeiten des kulturellen Lebens.160 In diametralem Gegensatz zu seiner journalistischen Tätigkeit bei der Ostdeutschen Rundschau stand etwa sein langjähriges Wirken im Umfeld der Kunstzeitschrift Der Merker, des bedeutendsten Publikationsorgans der künstlerischen Moderne in Österreich zwischen 1909 und 1922. Damisch scheint in der vom prominenten Juristen und Finanzexperten Gottfried Kunwald herausgegebenen Zeitschrift nicht nur als Autor auf, sondern darüber hinaus von 1916 bis 1921 als verantwortlicher Redakteur und von 1917 an zudem als Chefredakteur.161 Wie wenig scharf die Fronten zwischen Modernisten und Antimodernisten bzw. Juden und Antisemiten vorerst noch gezogen waren, belegen bis in die frühen 1920er Jahre die zahlreichen Kontakte Damischs zu jüdischen Kulturschaffenden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, vor allem auch im Umfeld jener Initiative, welche zur Gründung der Salzburger Festspiele führen sollten. Ein dauerhafter Salzburgbezug ergab sich für Damisch nicht nur durch die anlässlich des sechsten Musikfestes 1906 geknüpften Freundschaftsbande mit Friedrich Gehmacher. Seit dem achten Musikfest 1910 nutzte er auch die Möglichkeit, Sommerfrische und journalistische Tätigkeit zu verbinden, indem er aus Salzburg über das musikalische Geschehen für die Ostdeutsche Rundschau berichtete. Schon zur Halbzeit rühmte er das Fest als voll und ganz gelungen  : »Weiter fluten die Töne der glänzenden Mozartfeier und jeder Tag bringt ein musikalisches Erlebnis, das sich der misch betrachtete sich selbst als standhaften Einzelkämpfer angesichts des »Mahlerkults« im zeitgenössischen Wiener Musikleben, den er als ein gleichsam »krankhaftes« Phänomen einstufte, wie etwa in einer Rezension einer philharmonischen Aufführung von Mahlers »ebenso häßliche[r] als langweilige[r] Siebente[r] Symphonie«. Für ihn stand fest, dass diese »eine Musik« sei, »die keine Musik ist, […] eine Symphonie, die keine Symphonie ist, eine Sammlung von musikalischen Geschwüren und Eiterbeulen und allen möglichen Krankheitsfällen, von Anfang bis Ende abstoßend und bedauerlich«. Trotzig beharrte er angesichts des Jubels im Publikum  : »Nun – ich geb einen Pfifferling auf Mahlers Welt – einen Pfifferling zum ersten, zum zweiten und zum dritten Mal  !« (Ostdeutsche Rundschau, 14.3.1916). 160 Vgl. Robert Hoffmann  : Wer war Heinrich Damisch  ? Versuch einer biographischen Annäherung. In  : Musicologica Austriaca. Jahresschrift der Österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 27 (2008). Hg. Von Barbara Boisits und Cornelia Szabó-Knotik. Wien  : Edition Praesens 2009, S. 181– 209, hier S. 187 f. 161 Vgl. Max Schönherr (Bearb.)  : Registerbuch zur Zeitschrift »Der Merker« (1909–1922). Wien 1974 (Eigenverlag), S. IX.

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Erinnerung unauslöschlich einprägen wird.« Somit könne man schon jetzt »an die Konzerte und Opernaufführungen ohne weiteres den absoluten Maßstab strenger Kunstforderung anlegen  : das Endurteil muß ein höchst befriedigendes sein«.162 Damit befand sich Damisch im Gegensatz zu einigen seiner Wiener Kritikerkollegen, die sich – wie bereits erwähnt – kritisch zur Konzeption und Durchführung des von Lilli Lehmann geprägten Festgeschehens äußerten und teils auch die FestspielhausFrage anschnitten.163 In welcher Weise Damisch – wie er viel später behauptete – »in den Jahren 1910, 1912 und 1914 […] gemeinsam mit Gehmacher« am »ständigen Ausbau« der Festspielidee arbeitete, lässt sich mangels Belegen nicht verifizieren.164 Ebenfalls nicht nachweisen lässt sich ein direkter Einfluss Damischs auf den Inhalt von Gehmachers drei Memoranden der Jahre 1913, 1914 und 1915, mit denen dieser innerhalb der Internationalen Stiftung Mozarteum einen Meinungsumschwung zu Gunsten der Errichtung eines Festspielhauses herbeizuführen suchte.165 Plausibel erscheint vielmehr, dass Damisch, »die Größe der Aufgabe und ihre Schwierigkeit erkennend, […] eine Zeitlang dem Drängen Gehmachers« widerstrebte, »der die Entwicklung der neuen Festspieltheorien mit Interesse zur Kenntnis genommen hatte und viele ortserfahrene Fingerzeige für die Lokalisierung der Idee in Salzburg gab, damit man sich in konkreter Weise mit der Verwirklichung befassen könne«.166 Damisch sah sein Verdienst um die Vorbereitung der Festspielgründung in der Retrospektive vor allem darin, dass er zur Unterstützung von Gehmachers Bemühen am 16. März 1913167 die »Wiener akademische Mozartgemeinde« gegründet habe, welche der Propagierung der Festspielhausidee in Wien dienen sollte.168 Dies sei deshalb notwendig gewesen, weil die vom Musikhistoriker Rudolf von Lewicki ins Le162 Ostdeutsche Rundschau, 5.8.1910. 163 Vgl. S. 40 ff. 164 Vgl. Curriculum vitae. Professor Heinrich Damisch, Redakteur und Musikschriftsteller i. R., Internationale Stiftung Mozarteum, Mappe Heinrich Damisch  ; Erik Werba  : Dienst an Mozart. In  : Das kleine Volksblatt, 26.4.1959. In einer Festschrift anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Festspiele wurde darauf hingewiesen, dass der Gedankenaustausch zwischen Damisch und Gehmacher sich insbesondere seit dem Musikfest 1910 und beider Teilnahme an der Reise des Wiener Männergesangsvereins zum »Deutschen Sängerbundfest« von 1912 in Nürnberg intensiviert habe. Vgl. W. A. M. G.: Die Gründung der Salzburger Festspiele (wie Anm. 147), S. 2. 165 Vgl. Dok. 1 (F. Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913), Dok. 9 (F. Gehmacher  : Das Zukunfts-Programm des Mozarteums, Juli 1914) und Dok. 31 (F. Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias [Sommer 1916]). 166 W. A. M. G.: Die Gründung der Salzburger Festspiele (wie Anm. 147), S 2. 167 Zur Erinnerung an den 16. März 1781, an dem Mozart sich auf Dauer in Wien niederließ. 168 Vgl. Heinrich Damisch  : Die Mozartgemeinde Wien von 1913 bis 1945.  In  : Wilhelm Rohm (Hg.)  : Mozartgemeinde Wien 1913–1963. Forscher und Interpreten. Wien  : Lafite 1964, S. 348–354, hier S. 349.

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ben gerufene und unter der Patronanz von Gräfin Johanna von Hartenau-Battenberg stehende »Wiener Mozartgemeinde« Gehmachers Pläne sabotiert habe. Diese Wiener Ortsgruppe der Mozartgemeinde hatte sich seit ihrer Gründung 1909 zu einem Machtfaktor innerhalb der Stiftung Mozarteum entwickelt und lehnte im Bunde mit der Kammersängerin Lilli Lehmann und einem Teil des Kuratoriums der Stiftung die Idee der Errichtung eines Festspielhauses strikt ab, da sie »durch die drohende Aufsplitterung der Mittel eine Gefahr für den Ausbau des Mozarteums und ideell eine Gefahr für die Dominanz des Mozart-Kultes in Salzburg« befürchtete.169 Die »Wiener akademische Mozartgemeinde« scheint eine Totgeburt gewesen zu sein. Da weder eine aktenmäßige Bestätigung von deren Konstituierung vorliegt170 noch sich irgendwelche Aktivitäten des Vereins bis in die Mitte der 1920er Jahre nachweisen lassen, ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser vorerst nur auf dem Papier existierte. Dies würde auch erklären, warum Damisch im September 1916 im Einvernehmen mit Gehmacher erneut eine »Mozartgemeinde« als Wiener Ortsgruppe der Salzburger Mozartgemeinde zu gründen versuchte, welche sich ausschließlich der Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg widmen sollte.171 Wie im Quellenteil dieses Bandes ausführlich dokumentiert wird, scheiterte dieses Vorhaben am Widerstand von Lilli Lehmann und Rudolf von Lewicki, welche die Mehrheit des Ausschusses der Mozartgemeinde sowie des Kuratoriums der Stiftung Mozarteum im Widerstand gegen eine Beteiligung an der Festspielhausinitiative auf ihre Seite zu ziehen vermochten. 2.2 Ablehnung der Festspielhausidee durch das Mozarteum Lewickis Reaktion auf Gehmachers erstes Memorandum vom Oktober 1913 war zunächst keineswegs ablehnend gewesen.172 Im Mai 1914 hatte sich seine Meinung zum Festspielhaus-Projekt aber bereits gewandelt, denn Gehmacher klagte nun über eine mangelnde Unterstützung durch die Wiener Mozartgemeinde, was er zum Anlass nahm, mit der Aufgabe seines Festspielhaus-Projekts zu drohen, wodurch »die Idee, in Österreich eine bedeutende Schöpfung zu kreieren, auf welche das Vaterland stolz zu sein Ursache hat«, unausgeführt bleiben würde.173 Für Gehmacher bedeutete die 169 Wagner  : Mozarteum (wie Anm. 6), S. 142. 170 Vgl. Helmut Kretschmer  : Ein Verein im Dienste Mozarts – Zur Geschichte der Mozartgemeinde Wien. In  : Studien zur Wiener Stadtgeschichte. Wien 2004 (= Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 60), S. 153–176, S. 160, Anm. 10. 171 Vgl. Dok. 27 (F. Gehmacher an H. Damisch, 28.8.1916), Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916) und Dok. 38 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 7.9.1916). 172 Vgl. Dok. 2 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 31.10.1913) und Dok. 5 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.12.1913). 173 Dok. 7 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 1.5.1914).

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Vollendung des Mozarteum-Neubaus im Sommer 1914 jedenfalls nicht den Endpunkt in der Entwicklung des Mozarteums, sondern vielmehr den gegebenen Anlass, neue Ziele ins Auge zu fassen. Ausgerechnet in den Tagen des Kriegsausbruchs, dem die Eröffnungsfeierlichkeiten zum Opfer fielen, präsentierte er ein Zukunftsprogramm des Mozarteums, welches aufs Neue der Idee der »Errichtung des Mozartfestspiel-Hauses« den Vorrang einräumte.174 Seine Vorschläge fanden, was angesichts der Zeitumstände nicht verwundert, keinen Widerhall, so dass er sich 1915 veranlasst sah, mit einem modifizierten Programm an das Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum heranzutreten. In diesem führte er zwar auch andere wichtige Aufgaben des Mozarteums an wie den Ankauf von Mozarts Geburtshaus. Der Bau des Festspielhauses stand für ihn aber nach wie vor im »Vordergrund der gestellten Aufgaben«.175 Eine Reaktion des Kuratoriums ist nicht überliefert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Lehmann, Lewicki und ihr Anhang Gehmachers Festspielpläne ignorierten.176 Darauf deutet jedenfalls ein Brief des Buchhändlers Hermann Kerber an Lehmann hin, in dem er die Hoffnung aussprach, dass das großzügige Engagement der Sängerin für die Erwerbungsaktion von Mozarts Geburtshaus »die ›Festspielhauspläne‹ höchst problematischer Natur auf ein bestimmtes Ziel pietätvoller und sinnfälliger Mozartverehrung« zurückführen werde.177 Noch hatte Gehmacher keine konkreten Schritte zur Verwirklichung seines Festspielhaus-Projekts unternommen. Die fehlende Resonanz auf seine wiederholten Vorstöße veranlasste ihn aber bereits im Jahr 1915, über Alternativen nachzudenken. Wie Walter Hummel, Kuratoriumsmitglied und Chronist der Internationalen Stiftung Mozarteum, berichtet, fand – vermutlich im Sommer dieses Jahres – auf Anregung Gehmachers im Salzburger Hotel Mirabell eine Versammlung zur Gründung einer Festspielhaus-Gemeinde statt, bei der man zur Erkenntnis gelangte, »daß man mit den in Salzburg zur Verfügung stehenden Kräften kaum das Auslangen finden« könne. Aus diesem Grund sei schon damals erwogen worden, »die Propagierung der Festspielhausidee nach Wien zu verpflanzen und Gehmachers Freund, den Redakteur Heinrich Damisch mit der Durchführung zu betrauen«.178 Die endgültige Entscheidung, diesen Plan in die Tat umzusetzen, fiel allerdings erst im August des Jahres 1916, als Damisch zur Sommersaison in Salzburg weilte 174 Dok. 9 (F. Gehmacher  : Das Zukunfts-Programm des Mozarteums, Juli 1914). 175 Dok. 10 (F. Gehmacher  : Antrag an das Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum, [Mai 1915]). 176 Rudolf von Lewicki nahm ab 1913 in zunehmendem Maße Einfluss auf die Stiftung Mozarteum. 1915 wurde er in deren Kuratorium gewählt. Vor allem wirkte er als Informant Lilli Lehmanns, deren Interessen er im Kuratorium mit Erfolg durchzusetzen verstand. 177 Dok. 11 (H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915). 178 Hummel  : Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum (wie Anm. 25), S. 25 f.

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und über die von der Stiftung Mozarteum veranstalteten Kammerkonzerte des renommierten Fitzner-Quartetts berichtete.179 Während dieses Aufenthalts fand jener legendäre Spaziergang statt, bei dem Gehmacher und sein Freund Damisch auf einer Anhöhe unterhalb der Wallfahrtskirche Maria Plain den idealen Standort für ein zukünftiges Festspielhaus gefunden zu haben glaubten, was zum Entschluss führte, die Verwirklichung des Festspielhaus-Projekts unverzüglich in Angriff zu nehmen.180 Der Überlieferung nach kam es kurz danach zu einer Zusammenkunft von zwölf Mozartverehrern im Park des Grand Hôtel de l’Europe, bei der Damisch auf Vorschlag Gehmachers mit der Gründung einer Mozartgemeinde in Wien betraut wurde, deren Hauptaufgabe die Agitation für die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg sein sollte.181 Im Grunde handelte es sich hier um das Eingeständnis, dass dieses Ziel – wie Wiener Musikkritiker bereits beim Musikfest 1910 behauptet hatten – ohne die kulturelle Kompetenz der Metropole und deren nachhaltige materielle Unterstützung nicht erreichbar sein würde. Mit diesem Auftrag im Gepäck reiste Damisch zurück nach Wien, wo er mit offenkundiger Begeisterung begann, Mitglieder und Unterstützer für den zu gründenden Verein zu werben. Vom 24. August 1916 datiert jene Briefkarte, in der er Gehmacher voller Stolz über die ersten Erfolge seiner Agitation berichtete.182 Dieses Schreiben steht am Beginn der im Quellenteil dieses Bandes vollständig wiedergegebenen Korrespondenz zwischen Gehmacher und Damisch, welche – in Verbindung mit Korrespondenzen aus dem Archiv der Internationalen Stiftung Mozarteum und aus dem Nachlass von Lilli Lehmann sowie weiterer Dokumente rund um die Realisierung eines Festspielhauses – den durch heftige Kontroversen zwischen Gehmacher und Damisch einerseits sowie ihren Kontrahenten innerhalb des Mozarteums andererseits gekennzeichneten Gang der Ereignisse von Ende August 1916 bis ins Frühjahr 1918 fast lückenlos dokumentiert. Es ist dies jene Phase in der Vorgeschichte der Festspielgründung, in der sich die Festspielhausinitiative allmählich aus dem Verband der Stiftung Mozarteum löste und verselbständigte. Dem Überschwang der ersten Tage, an denen Damisch seinen großen Bekanntenkreis mit der Festspielhausidee vertraut machte und eine beträchtliche Zahl von Beitrittszusagen für den geplanten Verein erhielt, folgte alsbald die Ernüchterung. Ein Gespräch zwischen Gehmacher und Lilli Lehmann verlief unbefriedigend. Lehmann bekräftigte ihren Standpunkt, dass es gegen ihren Willen in Salzburg nicht

179 Vgl. Ostdeutsche Rundschau, 5.8.1916. 180 Vgl. Dok. 24 (H. Damisch  : Ein Festspielhausplan am Plainer Berg, [Sommer 1916]). 181 Vgl. Heinrich Damisch  : Zur Geschichte der Salzburger Festspiele. Aus Schriften und persönlichen Erinnerungen. In  : Neueste Musiknachrichten 1 (1933), 22. Juli, Folge 10, S. 1  ; Walter Hummel  : Die Festspielhausbau-Idee. Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch, ISM, Mappe Walter Hummel. 182 Vgl. Dok. 25 (H. Damisch an F. Gehmacher, 24.8.1916).

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zur Errichtung eines »Festspielhaus« genannten Theaters kommen dürfe, in dem »jemals Mozartaufführungen« veranstaltet würden, denn  : »Mozart kann u darf nur in kleinem Rahmen gegeben werden, damit alle Schönheiten und Feinheiten seines himmlisch reinen Genius, seiner Musik u Idealen so recht eindringlich dem Zuhörer nahe gelegt werden können. Ich glaube wirklich, daß gerade durch die unendlichen Räume der großen Theater, Mozarts Opern der Langeweile des Publikums zum Opfer fielen.«183 Gehmacher ließ sich dennoch nicht entmutigen und entwarf neuerlich ein »Promemoria«, in dem er seine alten Argumente insofern modifizierte und erweiterte, als er Salzburg als Schauplatz »österreichischer Musikfeste« bezeichnete, wo nach Errichtung eines Festspielhauses aber nicht nur »die dramatischen Werke Mozarts die liebevollste Pflege erfahren«, sondern »auch noch einige andere Perlen der klassischen Opernliteratur in den Spielplan Aufnahme« finden würden.184 Gehmachers Text diente Damisch als Grundlage seines an die Mozartgemeinde des Mozarteums gerichteten Ansuchens um Anerkennung der in Wien neu zu gründenden Festspielhaus-Gemeinde »und um wohlwollende Duldung ihrer idealen Bestrebungen«.185 Die Situation eskalierte, als Damisch – ohne eine Antwort des Mozarteums aus Salzburg abzuwarten – am 6. September 1916 die konstituierende Sitzung des neuen Vereines im Musikvereinsgebäude in Wien einberief, was empörte Reaktionen Lilli Lehmanns, Lewickis und ihres Anhangs zur Folge hatte.186 Wie Lewicki an Lehmann berichtete, sei es die Idee Gehmachers gewesen, in Wien eine Mozartgemeinde im Konnex mit dem Mozarteum zu gründen, da dieser fürchte, »daß er in dem Falle, als er sich dieser neuen Festspielhaus-Vereinigung widme, am Mozarteum den Boden verliere oder doch in Interessen-Konflikte kommen könne«.187 Nach Rücksprache mit Lewicki, den er regelmäßig im Wiener Café Kremser traf, schlug Damisch daraufhin seinem Freund Gehmacher als Lösung des Konflikts vor, »außerhalb des Mozarteums eine Salzburger Festspielhausgemeinde zu gründen«, der Gehmacher und seine Anhänger »als leitende, richtunggebende Vorstandsmitglieder unbeanstandet beitreten« könnten, wodurch »mit einem Schlage der gordische Knoten in allen sich kreuzenden Fäden zwischen Mozarteum und Festspielhaus durchtrennt« würde.188 Damit war schon jetzt ausgesprochen, was ein Jahr später Realität werden sollte, nämlich eine strikte Trennung der Festspielhausinitiative vom Mozarteum. Gehmacher, der sich mit Leib und Seele als Mozarteumsfunktionär verstand, fiel es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch schwer, diesen radikalen Schritt zu 183 Dok. 37 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 6.9.1916). 184 Dok. 31 (F. Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias, [Sommer 1916]). 185 Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916). 186 Vgl. u. a. Dok. 38 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 7.9.1916) und Dok. 41 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 10.9.1916). 187 Dok. 44 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 12.9.1916). 188 Dok. 55 (H. Damisch an F. Gehmacher, 16.9.1916).

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wagen. Zwar erklärte er sich einverstanden damit, dass Damisch sein früheres Schreiben an die Mozartgemeinde formell zurückzog und nunmehr eine Vereinsgründung außerhalb des institutionellen Rahmens des Mozarteums in Aussicht stellte. Zugleich beharrte er aber darauf, dass die Option einer späteren Angliederung der Festspielhaus-Gemeinde an das Mozarteum gewahrt blieb.189 Damisch sah zu Recht voraus, dass die Gegner des Festspielhaus-Projekts niemals auf diesen Kompromiss eingehen würden, und zwar nicht sachlicher Gründe wegen, sondern wegen des Standesdünkels der in der Stiftung Mozarteum tonangebenden Kreise  : »Es ist nicht nur die Festspielhaus-Idee allein, die sie bekämpfen, sondern sie mucken auch gegen die Persönlichkeiten auf, die sich der Idee annehmen, die sich als Träger eines großen Gedankens vielleicht mehr Einfluß erwerben könnten, als den anderen lieb ist. Wir sind ihnen zu minder  ; Du bist nicht Exzellenz, ich bin nicht bei der Neuen Freien Presse, die anderen Freunde unserer Sache sind Salzburger Spießer, ganz brave Leute, gute Menschen, aber entsetzlich in ihren Anschauungen etc. etc. Zum Mozarthaus-Bauen wart Ihr gut genug, aber jetzt ist es für sämtliche Mohren, die ihre Schuldigkeit getan haben, höchste Zeit zu gehen.«190 Damisch sollte Recht behalten. Zwar erklärte sich der Arbeitsausschuss der Stiftung Mozarteum zunächst nicht nur einverstanden mit der Gründung einer Festspielhaus-Gemeinde in Wien, sondern auch, wie von Gehmacher erwünscht, mit der Beiziehung von Mitgliedern des Kuratoriums der Stiftung als »Delegierte des Mozarteums« in deren Leitung.191 Der Gegenschlag von Lehmann und Lewicki ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Unter der Androhung ihres Rückzugs aus dem Mozarteum entschied das Kuratorium der Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1916 einstimmig, »daß es sich derzeit nicht empfehle, die Frage der Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg in Angriff zu nehmen, […] und Herr Damisch ersucht werde, von der Bildung eines diesen Zweck verfolgenden Vereines abzusehen.«192 Während Gehmacher in Resignation verfiel und kurzfristig sogar an eine Aufgabe des Festspielhaus-Projekts dachte,193 betrachtete Damisch die Distanzierung des Mozarteums als Chance, die Festspielidee nach eigenem Gutdünken in Wien zu verankern. Die Festspielhaus-Gemeinde sollte nach seinen Vorstellungen aus einem Stammverein in Wien, einem Zweigverein in Salzburg sowie den auswärtigen Ortsgruppen bestehen.194 Erstmals erwähnte Damisch nun jene umständliche Vereinsstruktur, die in der Folgezeit die Arbeit der Festspielhaus-Gemeinde eher behindern 189 Vgl. Dok. 60 (Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses, 21.9.1916). 190 Dok. 67 (H. Damisch an F. Gehmacher, 26.9.1916). 191 Dok. 80 (L. Sedlitzky an H. Damisch, 4.10.1916). 192 Dok.  95 (Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum, 13.10.1916). 193 Vgl. Dok. 96 (F. Gehmacher an H. Damisch, 13.10.1916). 194 Vgl. Dok. 99 (H. Damisch an F. Gehmacher, 22.10.1916).

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als fördern sollte, was auf lange Sicht nicht nur erhebliche Divergenzen zwischen Damisch und Gehmacher zur Folge hatte, sondern in letzter Konsequenz 1925 zum Bruch zwischen den Salzburger und Wiener Teilvereinen führte. Davon war man Ende 1916 allerdings noch weit entfernt. Zunächst einmal trat infolge allgemeiner Ermattung aller an der Festspielhaus-Kontroverse Beteiligten eine mehr als dreimonatige Unterbrechung sämtlicher Aktivitäten ein. 2.3 Die Gründung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Es war Friedrich Gehmacher, der Anfang Februar 1917 die Funkstille zwischen Salzburg und Wien unterbrach und Damisch bezichtigte, durch seine Untätigkeit den Erwerb des für den Bau des Festspielhauses vorgesehenen Grundstücks in Maria Plain zu gefährden.195 Da Damischs Interesse für das Festspielhaus-Projekt geschwunden sei, werde er, Gehmacher, dieses »im vaterländischen und kulturellen Interesse« in anderer Richtung verfolgen.196 Tatsächlich machte er wenig später Rudolf von Lewicki ohne Wissen Damischs das Angebot, doch noch eine Möglichkeit der Zusammenarbeit zu suchen, was dieser freilich kategorisch ablehnte.197 Im Grunde seines Herzens hoffte Gehmacher also noch immer, seine Kontrahenten im Mozarteum vom Festspielhaus-Projekt überzeugen zu können, vor allem wenn es ihm gelingen würde, eine erfolgreiche Sammelaktion für den Bau in Gang zu bringen. Damisch bemühte sich, den Vorwurf der Untätigkeit zu entkräften, indem er die Statuten des zukünftigen Vereins entwarf.198 Gehmacher wiederum sah ein, dass jeder Aufschub der Vereinsgründung nur einen weiteren Stillstand nach sich ziehen würde, weshalb er trotz seiner Bedenken die komplizierte Vereinsstruktur akzeptierte, welche Damisch nach dem Vorbild des Wiener Musikvereins entworfen hatte. Nach ministerieller Genehmigung der Statuten fand die konstituierende Versammlung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde schließlich am 1. August 1917 im Musikvereinsgebäude statt, in welchem dem neuen Verein während der ersten Jahre seines Bestehens Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt wurden.199 Die Gründung der Festspielhaus-Gemeinde vollzog sich unter fast gänzlichem Ausschluss der 195 Vgl. Dok. 104 (F. Gehmacher an H. Damisch, 3.2.1917). 196 Dok. 106 (F. Gehmacher an H. Damisch, 14.2.[1917]). 197 Vgl. Dok. 108 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 17.2.1917) und Dok. 109 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 20.2.1917). 198 Vgl. Dok. 115 (F. Gehmacher an H. Damisch, 9.3.1917) und Dok. 118 (H. Damisch an F. Gehmacher, 3.4.1917). 199 Otto Biba  : Wiens Salzburger Festspiele. Aus der Gründungsgeschichte des Festivals. In  : Musikfreunde – Magazin der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien 2018, Mai/Juni (https://www.mu sikverein.at/CustomResources/pdf/Magazin/2018/MayJun/ceee8cec-08c5-43ba-9b52-f9c1a63afabe. pdf, 28.4.2020).

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Öffentlichkeit. Lediglich in zwei Salzburger Blättern erschienen Kurzmeldungen, in denen als Vereinsziel die »Erbauung eines Festspielhauses in Salzburg oder in der Nähe der Stadt Salzburg zur Abhaltung geistlicher und weltlicher Festspiele« angeführt wurde.200 Eine nennenswerte Tätigkeit des neugegründeten Vereins lässt sich in den ersten Monaten seines Bestehens nicht nachweisen, was Gehmacher aufs Neue veranlasste, die Brauchbarkeit der Vereinsstatuten in Frage zu stellen. Damisch versuchte ihn zu beruhigen  : »Du wirst sicher auf die Schönheit und Zweckmäßigkeit und nach allen Richtungen Glanz verleihende und Assekuranzen bietende Eigenschaft des Hauptstatuts draufkommen, wenn die Maschine gut geölt ist und zu laufen beginnt.«201 Gerade davon war Gehmacher aber nicht überzeugt. »Also laß doch Deine Beziehungen einmal spielen und trachte nach materiellen Erfolgen«, ermahnte er seinen Freund, denn »wenn es uns nicht in der allernächsten Zeit gelingt, einige in die Augen springende Erfolge auf materiellem Gebiete zu erringen, dann verfallen wir dem Fluche der Lächerlichkeit und unsere ganze schöne Sache fällt in sich zusammen. Selbst unsere eifrigen Anhänger, wie z. B. der Bürgermeister202 machen ihre Mitarbeiterschaft ja nur davon abhängig, daß wir ihnen mit Erfolgen aufwarten können.«203 Im Übrigen hatte Gehmacher trotz aller Rückschläge noch immer nicht die Hoffnung auf einen Kompromiss mit seinen Kontrahenten im Mozarteum aufgegeben. Am Rande der Selbstaufgabe seiner früheren Position bot er Lewicki nun sogar an, sich mit der »Erbauung eines bescheidenen, für anspruchslosere Festspiele und insbesondere für Aufführungen im Rahmen eines Musikfestes dann auch für SchülerAufführungen zureichenden Hauses« begnügen zu wollen. Obwohl Damisch damit nicht einverstanden sei und »etwas größeres« anstrebe, wäre er »mit einem solchen Hause, das von mir aus auch in der Nähe des Mozarthauses stehen« könne, »ganz einverstanden und zufrieden, weil es sehr gut in mein allgemeines Programm für die Entwicklung ›der österr. Musikstadt Salzburg‹« passen würde.204 Wie nicht anders zu erwarten, lehnte Lewicki auch dieses Vermittlungsangebot Gehmachers brüsk ab und warf diesem vor, ihm indirekt mit der Sabotage seiner eigenen Pläne im Mozarteum zu drohen  : »Wenn Sie auch jetzt grollend abseits stehen, so können Sie doch unmöglich so weit gehen, die Arbeit der anderen direkt hindern zu wollen. – Wir werden Sie in Ihrer Arbeit für Ihr Festspielhaus nicht hindern, hindern Sie auch uns nicht.«205

200 Salzburger Volksblatt, 21.8.1917, S. 4  ; Salzburger Wacht, 24.8.1917, S. 4. 201 Dok. 132 (H. Damisch an F. Gehmacher, 5.9.1917). 202 Max Ott (1855–1941), 1912–19 und 1927–35 Bürgermeister von Salzburg. 203 Dok. 142 (F. Gehmacher an H. Damisch, 28.9.1917). 204 Dok. 143 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 29.9.1917). 205 Dok. 144 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.10.1917).

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Gehmachers Ärger über die Passivität seines Freundes Damisch war im Übrigen kaum geringer als sein Groll auf Lewicki. Ende Oktober 1917 warf er Damisch vor, dass er sich angesichts der Untätigkeit der Wiener Vereinszentrale nicht getraue, den Gründungsakt des Salzburger Zweigvereins der Festspielhaus-Gemeinde zu vollziehen, weil ihn »immer mehr Zweifel beschleichen« würden, dass es den Wienern tatsächlich »ernst um die Sache« sei.206 Kurz darauf drohte er Damisch angesichts der »vollständige[n] Stagnation unseres Unternehmens« sogar die Aufkündigung der Zusammenarbeit an  : »Da nun aber vorläufig einmal Du der Träger der Idee bist […], so ist Dein Verhalten für dieselbe richtunggebend, und ich muß aus diesem Verhalten die Konsequenz ziehen, daß ich rebus sic stantibus weiterhin nicht mehr mittun kann. Ich bitte Dich also zur Kenntnis zu nehmen, daß ich aus der Reihe der Projektanten für das Salzburger Festspielhaus austrete […].«207 Damisch rechtfertigte sich mit seiner beruflichen Überlastung als Redakteur.208 Immerhin hatte er mittlerweile eine erste Werbeschrift über die Zielsetzungen der Festspielhaus-Gemeinde verfasst, welche Anfang November in der angesehenen Kunst- und Kulturzeitschrift Der Merker erschienen war.209 Darin wurde, in Absprache mit Gehmacher,210 die große Bedeutung des Mozarteums im Salzburger Kulturleben in allen Farben herausgestrichen. Die weitere Argumentation lief darauf hinaus, dass diese bereits vorhandenen Ansätze »noch eines allgemeinen belebenden Mediums« bedürften, welches imstande wäre, »die stets ideale Kunstpflege Salzburgs in jenem Geiste, der mit dem Kultus Mozarts über Salzburg schwebt, zum Ausdrucke des blühenden österreichischen Kunstlebens überhaupt zu gestalten«. Diese Funktion könnte gerade ein Festspielhaus erfüllen, »welches als erstes und einziges auf österreichischem Boden […] von unübersehbarer Bedeutung für die Entwicklung der Kunststadt Salzburg, des weiteren aber auch von größtem Einfluß auf die Hebung der österreichischen musikalischen und darstellenden Kunst wäre und dort eine europäische Kunstzentrale schaffen könnte«.211 Abschließend betonte Damisch, dass es sich bei der Festspielhaus-Gemeinde um einen »vollständig selbständigen, mit dem Mozarteum und den Mozart Gemeinden in keinem Zusammenhang stehenden Verein« handle, dessen Zweck es sei, »durch eine umfassende Werbe-, Sammelund Propagandatätigkeit die Mittel aufzubringen, um im Weichbilde Salzburgs ein

206 Dok. 148 (F. Gehmacher an H. Damisch, 26.10.1917). 207 Dok. 150 (F. Gehmacher an H. Damisch, 8.11.1917). 208 Vgl. Dok. 157 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.12.1917). 209 Vgl. Dok. 149 (H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg. In  : Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater 8 [1917], H. 21 [1. November], S. 709–713). 210 Vgl. Dok. 146 (H. Damisch an F. Gehmacher, 10.10.1917). 211 Dok. 149 (H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg), wie Anm. 209.

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Festspielhaus zu erbauen und einen Fond zu schaffen, der die dauernde Instandhaltung des Gebäudes ermöglicht«.212 Genau das hatte Damisch aber nach Ansicht Gehmachers bislang versäumt, weshalb dieser nun nicht mehr zögerte, den Zweigverein Salzburg der FestspielhausGemeinde ins Leben zu rufen, der ihm die Basis für ein eigenständiges Agieren bieten sollte. In der konstituierenden Sitzung am 7. Dezember 1917 wurde Gehmacher zum Obmann des Zweigvereins gewählt und schon wenige Tage später nahm dessen Ausschuss, in den vor allem enge Freunde und Weggefährten Gehmachers gewählt worden waren, darunter auch zwei Kuratoriumsmitglieder des Mozarteums,213 die Arbeit auf.214 Die Nachricht, dass Gehmacher im Widerspruch zu früheren Aussagen nun doch die Leitung des neugegründeten Vereins übernommen hatte, erregte bei dessen Kontrahenten im Mozarteum größte Empörung. Lewicki sah nun keinen Sinn und Zweck mehr darin, »sich für ein Institut anzustrengen und Zeit zu opfern, welches nicht den Mut« aufbringe, »einen solchen Schädling [gemeint ist Friedrich Gehmacher, Anm. des Verf.] zu entfernen und dadurch seine Zukunft zu sichern«.215 Lilli Lehmann drohte gar an, die Ehrenpräsidenten-Würde der Mozartgemeinde zurückzulegen. Auch weitere Kuratoriumsmitglieder des Mozarteums, darunter Gehmachers Schwager Josef Huttary, forderten nun ultimativ dessen Rücktritt als Zentralvorsteher der Mozartgemeinde.216 Gehmachers Lage war ausweglos. Seine Hoffnung, allein durch seine Person eine Verbindung zwischen der Festspielhaus-Gemeinde und dem Mozarteum aufrechterhalten zu können, war gegenstandslos geworden. Mitte Jänner 1918 erfolgte sein Rücktritt als Zentralvorsteher der Mozartgemeinde.217 Damit war der Bruch zwischen dem Mozarteum und der Festspielhausidee vollzogen. Die Solidaritätsbekundungen des Wiener Hauptvereins der Festspielhaus-Gemeinde, der durch seine Untätigkeit zu dieser verhängnisvollen Entwicklung beigetragen hatte, waren da nur ein schwacher Trost.218 Nur »eine rasche finanzielle Entwicklung unseres Unternehmens« – ließ Gehmacher die Wiener wissen – könne ein Gegengewicht gegen die Anfeindungen schaffen, denen er sich in Salzburg ausgesetzt sehe.219 Immer212 Ebd. 213 Alois Baldi und Ernst Edwin Schurich. 214 Vgl. Dok. 217 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr [1917/18]). 215 Dok. 155 (R. v. Lewicki an H. Kerber, 12.12.1917). 216 Vgl. Dok. 163 (J. Huttary an L. Lehmann, 31.12.1917). 217 Vgl. Dok. 167 (F. Gehmacher an H. Damisch, 16.1.[1918]). 218 Vgl. Dok. 157 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.12.1917), Dok. 158 (A. Schey an F. Gehmacher, 14.12.1917) und Dok. 168 (H. Damisch an F. Gehmacher, 17.1.1918). 219 Dok. 172 (F. Gehmacher an H. Damisch, 22.1.[1918]).

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hin hatte er jetzt mit dem Salzburger Zweigverein der Festspielhaus-Gemeinde ein Instrument in der Hand, mittels dessen er sich eigenständig und unbeeinflusst von den Widersachern im Mozarteum der Verwirklichung der Festspielhausidee widmen konnte. Dies war zweifellos von Vorteil angesichts des Umstands, dass Max Reinhardt gerade jetzt in Salzburg auf der Bildfläche erschien und seine eigenen Festspielpläne entwickelte.

3 Max Reinhardts Festspielpläne 3.1 Theaterprojekte vor 1914 Max Reinhardt erwarb Schloss Leopoldskron im April 1918 mit der Absicht, sich auf Dauer in Salzburg niederzulassen. Es war dies gewissermaßen eine Rückkehr zu seinen Ursprüngen, denn gerade hier – im Salzburger Stadttheater – hatte in der Wintersaison 1893/94 seine Theaterlaufbahn begonnen. Reinhardt fühlte sich der Stadt, wie er rückblickend feststellte, seit seiner Anfangszeit verbunden.220 Andere Quellen überliefern ebenfalls, dass er sich hier in jeder Hinsicht wohl gefühlt habe und schon damals – wie so viele andere – dem Zauber der Stadt und ihrer Umgebung verfallen gewesen sei.221 Die Beziehung zu Salzburg brach demnach nie völlig ab. Auch in den Jahren seiner Berliner Erfolge machte Reinhardt immer wieder auf der Durchreise Station in Salzburg. In gewisser Weise zukunftsweisend erscheinen aber vor allem die nach der Jahrhundertwende entworfenen, damals aber nicht realisierten Pläne einer Einbeziehung der Stadt in die Expansionsvorhaben seines Theaterimperiums. Dass Reinhardts Aufmerksamkeit ein Jahrzehnt nach seinem Salzburger Debut wieder auf die Provinzstadt in der Habsburgermonarchie gelenkt wurde, lag im Übrigen weniger am Erfolge seiner Wiener Gastspiele,222 sondern vor allem an der Mittlerrolle von Hermann Bahr, dem Salzburg als idealer Schauplatz sommerlicher Theater-Festspiele vor Augen schwebte.223 Aus den Jahren 1903 bis 1907 datieren mehrere – letztlich nicht realisierte – Initiativen Bahrs und Reinhardts für gemeinsame Unternehmungen in Salzburg, bei denen es um sommerliche Theateraufführungen mit festspielartigem Charakter 220 Vgl. Max Reinhardt an Gusti Adler, 7.10.1937, Wienbibliothek im Rathaus, Teilnachlass Max Reinhardt, ZHP 989, 2.2.2.2.13. 221 Vgl. Edda Fuhrich, Gisela Prossnitz (Hg.)  : Max Reinhardt. Die Träume des Magiers. Salzburg  : MaxReinhardt-Gedenkstätte 1993 (= Katalog zur Ausstellung der Max Reinhardt-Forschungsstätte Salzburg, Schloß Arenberg, 25. Juli 1993 bis 15. Juni 1994), S. 17. 222 Etwa die Gastspieltournee mit Maxim Gorkis Nachtasyl in Prag, Budapest und Wien im April und Mai 1903. 223 Zu Bahrs Mythisierung der Stadt Salzburg in zahlreichen seiner Publikationen vgl. Robert Hoffmann  : Mythos Salzburg. Bilder einer Stadt. Salzburg, München  : Verlag Anton Pustet 2002, S. 59.

Max Reinhardts Festspielpläne

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ging.224 Am Beginn stand der Plan Bahrs, Reinhardts und Arthur Kahanes225 für einen Theaterverbund, der Berlin, Wien, München und Hamburg umfassen sollte, wobei nicht nur an Gastspiele gedacht war, sondern auch an ein gemeinsames Repertoire der Bühnen.226 Als Bahr im Sommer 1902 als weiteren Standort auch Salzburg ins Spiel brachte, habe sich Reinhardt, so Bahr, von der »Salzburger Idee« sehr angetan gezeigt und Max Eugen Burghardt, den ehemaligen Direktor des Wiener Hofburgtheaters, als Leiter des geplanten Unternehmens vorgeschlagen. Als Salzburger Verbindungsleute erwähnte Bahr den deutschnationalen Reichsratsabgeordneten Julius Sylvester227 sowie den angesehenen Buchhändler Hermann Kerber.228 Im August 1903 wandte sich Bahr schließlich mit dem Vorschlag an Reinhardt, das Salzburger Theater im Sommer 1904 zu pachten. Sein kursorischer Programmvorschlag enthielt eine bunte Mischung von Schauspiel (»Duse«, »Nachtasyl«, »Hofmannsthal«, »Maeterlinck«), Musiktheater und Ausdruckstanz (»Elektra, Duncan mit Hugo Wolf und Richard Strauß«) bis hin zum Varieté (»Überbrettel«).229 Weitere Gespräche Bahrs mit Reinhardt »über die Salzburger Pläne«, in die offensichtlich auch Hofmannsthal einbezogen werden sollte, fanden im Herbst 1903 statt.230 Diese führten letztlich aber zu keinem Ergebnis. Als sich Bahr im Dezember ein weiteres Mal mit Reinhardt sowie Felix Hollaender231 und Kahane traf, standen zwar noch einmal »Klassisches Theater, ›Romantisches Theater‹, ›ShakespeareSpiele‹ für Salzburg« zur Diskussion. Schließlich einigte man sich aber, so Bahr, auf »Ibsen-Spiele […] für eine mittlere deutsche Stadt, zunächst Weimar«.232 224 Vgl. dazu auch Pia Janke  : Hermann Bahrs Bezüge zu aktuellen Festspielprojekten. In  : Jeanne Benay, Alfred Pfabigan (Hg.)  : Hermann Bahr – Für eine andere Moderne. Bern  : Lang 2004, S. 189–201, hier S. 195 ff.; Heinrich Huesmann  : Welttheater Reinhardt. Bauten, Spielstätten, Inszenierungen. München  : Prestel 1983, S. 141. 225 Arthur Kahane war ein enger Mitarbeiter Max Reinhardts  ; vgl. die Anm. in Dok. 238 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 27.10.1918). 226 Hermann Bahr  : Notiz, 1.7.1903. In  : Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr. Aus seinen Entwürfen, Tagebüchern und seinem Briefwechsel mit Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Josef Kainz, Eleonore Duse und Anna von Mildenburg. Ausgewählt und eingeleitet von Joseph Gregor. Wien  : Bauer 1947, S. 190. 227 Julius Sylvester war Hof- und Gerichtsadvokat in Salzburg, deutschnationaler Reichsratsabgeordneter sowie 1915–22 Präsident der ISM  ; vgl. die Anm. in Dok. 11 (H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915). 228 Hermann Bahr  : Notiz, 8.7.1903. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 190. 229 Hermann Bahr  : Notiz, 24.8.1903. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 191. Die von Bahr erwähnte US-amerikan. Tänzerin Isadora Duncan (1877–1927) und ihre Schwester Elizabeth (1871–1948) gründeten bereits 1904 eine Internationale Tanzschule, die 1925–35 in Salzburg ansässig war. 230 Hermann Bahr  : Notiz, 6.12.1903. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 185. 231 Felix Hollaender (1867–1931), dt. Schriftsteller und Kritiker, wirkte von 1902 an als Dramaturg und von 1904 an auch als Regisseur bei Max Reinhardt, leitete 1920–23 das Deutsche Theater Berlin. 232 Hermann Bahr  : Notiz, 12. u. 14.12.1903. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 191.

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Erst drei Jahre später erwähnte Bahr neuerlich Pläne für sommerliche Festspiele in Salzburg, diesmal sogar in Verbindung mit einem groß angelegten FestspielhausProjekt. Im Dezember 1906 überraschte er seine spätere Frau Anna Bahr-Mildenburg mit der Mitteilung, dass sie »Societärin eines großen mit 1,000.000 Mark in Salzburg von Van der Velde233 zu erbauenden Festspielhauses geworden« sei, in dem »Reinhardt, die Sorma234 und ich Schauspiel, Du und ich aber Oper machen« würden, und zwar alljährlich von Mitte Juni bis Mitte August, wobei »alle sehr viel Geld verdienen« würden. Bahr schränkte zwar ein, dass es »vorderhand […] freilich nur ein Plan« sei, der einflussreiche Kunstsammler und Publizist Harry Graf Kessler aber bereits darum bemüht sei, das nötige Geld aufzutreiben.235 Ob Henry van de Velde, damals ein noch wenig bekannter Architekt und Kunstgewerbler, für Bahr tatsächlich Skizzen eines Festspielhauses in Salzburg anfertigte, lässt sich heute nicht mehr verifizieren. Fest steht nur, dass Graf Kessler sich für Bahrs Anliegen einsetzte. Wenige Tage nach Bahrs Brief an Anna Bahr-Mildenburg notierte er in seinem Tagebuch, dass er bei Hugo von Tschudi, dem Direktor der Berliner Nationalgalerie, vorstellig geworden sei,236 damit dieser mit Robert Mendelssohn237 »wegen des Bahrschen Vandeveldetheaters für Salzburg« spreche.238 Da weitere Nachrichten fehlen, kann man davon ausgehen, dass es nicht gelang, den angesehenen Bankier und Mäzen für das Salzburger Festspielhaus-Projekt zu gewinnen. Bahr ließ sich durch das Scheitern des Festspielhaus-Projekts nicht entmutigen. Im April 1907 setzte er sich mit Reinhardt in Verbindung und versuchte diesen dafür zu gewinnen, die im Jahr 1903 ohne Ergebnis gebliebenen Planungen für ein Sommertheater in Salzburg erneut aufzugreifen. Man habe ihm, teilte er Reinhardt mit, 233 Zit. nach  : Ulrich Schulze  : Formen für Reformen. Henry van de Veldes Theaterarchitektur. In  : Klaus Jürgen Sembach, Birgit Schulte (Hg.)  : Henry van de Velde. Ein europäischer Künstler seiner Zeit. Köln  : Wienand 1992, S. 341–357, hier S. 341, Anm. 2. Henry van de Velde (1863–1957), Architekt und Kunstgewerbler, fertigte angeblich für Hermann Bahr Skizzen eines Festspielhauses in Salzburg an, für welches der wohlhabende Schriftsteller, Diplomat und Kunstmäzen Harry Graf Kessler (1868–1937) die Mittel einwerben sollte. Kessler wirkte zu dieser Zeit in Weimar, wo er unter anderem ein »Mustertheater« konzipierte, mit dessen Gestaltung van de Velde betraut werden sollte. 234 Agnes Sorma (d. i. Agnes Martha Caroline Zaremba, 1862–1927), dt. Schauspielerin am Deutschen Theater Berlin. 235 Hermann Bahr an Anna von Mildenburg, 9.12.1906. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 196. 236 Hugo von Tschudi (1851–1911), österr.-schweiz. Kunsthistoriker, ab 1896 Direktor der Berliner Nationalgalerie. 237 Robert von Mendelssohn (1857–1917), dt. Bankier, Kunstsammler und Mäzen. 238 Tagebucheintragung vom 11.11.1906. In  : Harry Graf Kessler  : Das Tagebuch 1906–1914. Hg. von Jörg Schuster u. a. unter Mitarb. von Janna Brechmacher (= Ders.: Das Tagebuch 1880–1937. Hg. von Roland S. Kamzelak und Ulrich Ott, Bd. 4). Stuttgart  : Cotta 2005, S. 219.

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»in Salzburg Lust und sehr verlockende Bedingungen gemacht, nächstes Jahr, 1908, in der Zeit vom 15. Juli bis 15. August im dortigen Theater, das Sie ja kennen, Festspiele zu leiten«. Reinhardts Deutsches Theater solle mit Vorstellungen von Maxim Gorkis Nachtasyl, Shakespeares Sommernachtstraum sowie Wintermärchen und Lessings Minna von Barnhelm gastieren. Bahr drängte Reinhardt, binnen weniger Tage seine Kostenvoranschläge zu übermitteln, ansonsten »verzichte ich auf Sie und überlege mir, ob ich nicht das Ganze blos mit Musik machen werde. Operndirector war ich noch nie und es ist immer schön, wenn der Mensch wieder was Neues wird.«239 Die Antwort Reinhardts ist nicht erhalten. Einem weiteren Brief Bahrs lässt sich jedoch entnehmen, dass Reinhardts finanzielle Forderungen zu hoch waren. Bahrs Limit waren 60.000 Kronen für zehn Vorstellungen  : »Mehr läßt meine Kalkulation absolut nicht zu, ich gehe damit schon bis zum Äußersten oder eigentlich über das Äußerste hinaus und wenn es mit dieser Summe für Sie nicht zu machen ist, muß ich eben verzichten. Können Sie es damit machen, so ist mir die Hauptsache, daß Sie sich zum ›Sommernachtstraum‹ verpflichten […]  ; außerdem zum ›Nachtasyl‹, zur ›Minna‹ und entweder zu den ›Mitschuldigen‹ mit den ›Geschwistern‹ oder zum ›Wintermärchen‹.«240 Reinhardt scheint auf Bahrs Vorschläge nicht weiter eingegangen zu sein, womit sich die Pläne für ein Sommertheater in Salzburg abermals zerschlugen. Möglichweise dachte Bahr daran, Hofmannsthal alternativ in seine Salzburger Sommerpläne einzubeziehen. Dieser bat Bahr jedenfalls Anfang Mai 1907 um eine baldige Unterredung, verbunden mit dem Hinweis  : »Es handelt sich um keine mit Reinhardt zusammenhängende Angelegenheit[,] sondern um die Unternehmung Salzburg 1908.«241 Ob Reinhardt ernsthaft überlegte, Bahrs Angebot von sommerlichen Theaterveranstaltungen 1908 in Salzburg anzunehmen, erscheint fraglich. Gerade zu dieser Zeit vollzog er einen Wandel seiner Inszenierungs-Grundsätze, der im bescheidenen Rahmen des Salzburger Theaters kaum zu bewerkstelligen war. Dagegen bot München, wohin Reinhardt ab 1909 die sommerlichen Aktivitäten seines Berliner Deutschen Theaters verlegte, in jeder Hinsicht bessere Voraussetzungen. Anders als in Salzburg war man hier eifrig darum bemüht, der Stadt nach dem Vorbild Bayreuths ein eigenes Profil als Festspielstadt zu geben. München konnte daher im Sommer 1909 einem internationalen Publikum nicht nur Richard-Wagner- und Mozart-Festspiele im neu errichteten Prinzregenten-Theater anbieten, sondern darüber hinaus Reinhardts Theater-Festspiele mit Inszenierungen von Shakespeares Hamlet und des 239 Hermann Bahr an Max Reinhardt, 4.4.1907. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 188. 240 Hermann Bahr an Max Reinhardt, 11.4.1907. In  : Meister und Meisterbriefe (wie Anm. 226), S. 188 f. 241 Hugo von Hofmannsthal an Hermann Bahr, 2.5.1907. In  : Hugo und Gerty von Hofmannsthal – Hermann Bahr. Briefwechsel 1891–1934. Hg. und komm. von Elsbeth Dangel-Pelloquin. Göttingen  : Wallstein 2013, Bd. 1, S. 310  ; Kommentar, Bd.  2, S. 687.

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Sommernachtstraums. In Salzburg blickte man folglich mit einem Gefühl des Neids auf das Festspielgeschehen in Bayerns Metropole. Für Salzburg sei es »beschämend«, schrieb das Salzburger Volksblatt, wenn man sehe, »wie München die Gäste aus aller Welt anzulocken weiß, ihnen stets Neues und Erstklassiges bietet und so einen wahren Goldstrom ins Land leitet«.242 München bot Reinhardt neben herkömmlichen Theaterproduktionen im kleinen Künstler-Theater auch die Möglichkeit zu Großveranstaltungen, wie er sie zuvor schon im Zirkus Schumann in Berlin inszeniert hatte. Wie diese waren seine Münchner Inszenierungen von König Oedipus (1910) sowie der Orestie (1911), welche im Rahmen der »Münchner Volks-Festspiele« in der neu errichteten riesigen Musikfesthalle stattfanden, Ausdruck der zeitgenössischen Volksfestspiel- und Massentheater-Bewegung.243 1911 war dann bereits die Rede davon, dass Reinhardts Idee des »Theaters der Fünftausend« auf einen so günstigen Boden gefallen sei, dass der Münchner Oberbürgermeister Wilhelm von Borscht eine Initiative plane, »im ganzen Reiche ›Deutsche Festspiele‹ zu schaffen«, deren künstlerische Oberleitung Reinhardt übernehmen solle.244 Daraus wurde zwar nichts. Reinhardts Ruf als führender Experte für dramatisch-theatralische Großveranstaltungen war in den Jahren vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges aber bereits so sehr gefestigt, dass ihm die Inszenierung des von Gerhart Hauptmann zum hundertjährigen Jubiläum der Befreiungskriege von 1813 verfassten Festspiel in deutschen Reimen in Breslau anvertraut wurde.245 Im Frühling 1914 war die Rede davon, dass Max Reinhardt die Leitung alljährlich stattfindender patriotischer »Habsburg-Festspiele« in Wien übernehmen würde.246 Konkrete Pläne Reinhardts für sommerliche Festveranstaltungen in Salzburg sind in den letzten Vorkriegsjahren nicht nachweisbar, was aber nicht ausschließt, dass Gerüchte darüber im Umlauf waren. Als der Münchner Musikpublizist Paul Marsop 1911 – wie bereits erwähnt – eine Ausgestaltung der in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Mozartfeste zu alljährlichen Festspielen vorschlug, warnte er vorsorglich davor, »[d]ie echte und rechte Mozart-Bühne […] mit dem prunkvoll gleißenden Coulissenzauber des Großstadtopernbetriebes« oder »mit den vielfach erklügelten Aufmachungskunststücken der Leute um Max Reinhardt« in Verbindung zu bringen.247 242 Salzburger Volksblatt, 9.8.1909, S. 8. 243 Vgl. Susanne Höper  : Max Reinhardt. Theater-Bauten und -Projekte. Ein Beitrag zur Architekturund Theatergeschichte im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Univ.-Diss. Göttingen 1994, S. 34 f. 244 Sankt Georg  : Theater, Varieté und Zirkus. Reformideen Max Reinhardts. In  : Neues Wiener Journal, 24.1.1911, S. 2 f., hier S. 3. 245 Vgl. Peter Sprengel  : Die inszenierte Nation. Deutsche Festspiele 1813–1913.  Tübingen  : Francke 1991, S. 69 ff. 246 Vgl. Neuigkeits-Welt-Blatt, 29.5.1914, S. 18  ; Prager Tagblatt, 29.5.1914, S. 6. 247 Paul Marsop  : Das Salzburger Mozart-Festspielhaus. In  : Neue Freie Presse, 7.1.1911, S. 1–3, hier S. 3.

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3.2 Rückkehr nach Salzburg Ab wann Max Reinhardt tatsächlich an eine Rückkehr an den Ort seines ersten Theaterengagements dachte bzw. damit begann, konkrete Pläne für festspielähnliche sommerliche Theateraufführungen in Salzburg zu entwickeln, lässt sich annähernd genau aus kursorischen biografischen Unterlagen erschließen, welche seine Sekretärin Gusti Adler im August 1942 an Berta Zuckerkandl übermittelte. Darin heißt es  : »1915  : M. R. returns to S., sees Hellbrunn and the idea strikes him to make Festivals there. Baron Wetschel,248 Imperial Cabinetchef, submits the project to the old Emperor.249 The Emperor was more than willing to give his consent. On the one condition  : that part of the proceeds should go to the imperial funds for charitable purposes.«250 Reinhardt selbst schilderte das Geschehen von 1915 im Rückblick wie folgt  : »Aus meinem ersten Jahr im Salzburger Theater erinnerte ich mich an den wundervollen Park von Hellbrunn, und ich wandte mich an den Kaiser Franz Joseph mit der Bitte, den Park für die Errichtung eines Festspielhauses zur Verfügung zu stellen. Der alte Kaiser stimmte diesem Projekt bereitwillig zu, und alle Einzelheiten waren bereits durch das Haushofmeisteramt geregelt.«251 Die Dauer des Krieges – heißt es an anderer Stelle – habe die Ausführung der ursprünglichen Pläne jedoch verzögert. »Was ich lange plante (ich habe noch mit dem alten Kaiser durch seinen Kabinettsdirektor Wetschl verhandelt) und lange pflegte«, so Reinhardt, sei durch den Ausgang des Krieges zunichte gemacht worden.252 Die Erwähnung Kaiser Franz Josephs, der im November 1916 verstarb, lässt somit darauf schließen, dass Reinhardts Sondierungen wegen einer Nutzung des im hofärarischen Besitz befindlichen Schlossareals vermutlich bereits zwei Jahre vor der Übermittlung seiner »Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn«253 an die Generalintendanz der k. k. Hoftheater im April 1917 einsetzten.

248 Franz Freiherr von Wetschl (1851–1944), Sektionschef und Kanzlei-Direktor im ObersthofmeisterAmt. 249 Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916), ab 1848 Kaiser von Österreich, ab 1867 von Österreich-Ungarn. 250 Gusti Adler an Max Reinhardt, 6.9.1941, Wienbibliothek im Rathaus, Teilnachlass Max Reinhardt, Sign. 2.2.879  ; Gusti Adler an Berta Zuckerkandl, 2.9.1941 (Beil. »A View Notes for Your History of the Theatre«), ÖNB, Österreichisches Literaturarchiv, Sign. 405/B1 bis B1-Beil. 251 Max Reinhardt  : Auf der Suche nach dem lebendigen Theater [1924]. In  : Ders.: Leben für das Theater. Briefe, Reden, Gespräche, Auszüge aus Regiebüchern. Hg. von Hugo Fetting. Berlin  : ArgonVerlag 1989, S. 228 f. 252 Max Reinhardt an Willy Trenk-Trebitsch, 24.3.1942. In  : Reinhardt  : Leben für das Theater (wie Anm. 251), S. 332. 253 Vgl. Dok. 121 (M. Reinhardt  : Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]).

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Die Kunde von Reinhardts Vorhaben sprach sich in Salzburg allmählich herum. Offenbar gab es auch direkte Kontakte zwischen den Initiatoren der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde und dem Regisseur. Als Friedrich Gehmacher im August 1916 gemeinsam mit Heinrich Damisch den Entschluss zur Gründung der FestspielhausGemeinde ergriff, warnte er seinen Freund vor einem Konkurrenzunternehmen Reinhardts, bei dessen Verwirklichung daraus »mehr oder weniger eine Geschäftssache« würde, wodurch das Mozarteum – auf dessen Unterstützung Gehmacher damals noch hoffte – »in seinen Idealbestrebungen einen schweren, nicht mehr gut zu machenden Schaden« erleiden würde.254 Damisch übernahm die Argumentation seines Freundes fast wörtlich in einem Schreiben an die Mozartgemeinde des Mozarteums, in dem er diese über die Ziele der Festspielhaus-Gemeinde informierte.255 Lilli Lehmann, welche an der Spitze der Gegner von Gehmachers und Damischs Projekt stand, beharrte jedoch auf ihrer ablehnenden Haltung und bezeichnete es als »Fabel«, dass die Gründung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde das einzige Gegenmittel zu Reinhardts Plänen darstelle. Auch sie wisse, dass dessen Festspielhaus »in oder bei Morzg gebaut [werden] und Hellbrunner Festspielhaus oder so ähnlich heißen« solle.256 Damisch schildert in einem Erinnerungsbericht von 1933, dass er sich vergeblich bemüht habe, Lehmann im September 1916 anlässlich eines Besuchs in deren Villa am Mondsee umzustimmen.257 Diese habe ihre Ablehnung des Festspielhaus-Projekts vielmehr damit begründet, »daß das Salzburger Festspielhaus nur einen Rahmen für Max Reinhardt bilden würde, in welchem er seine Geschäftskunst zur Geltung bringen könnte, um nach Ausbeutung der Idee diese dann kaltblütig in einen Winkel zu werfen, aus dem sie niemand mehr hervorholen würde«.258 Erst 1957 erwähnte Damisch in einem Rückblick auf die Gründungsphase der Festspielhaus-Gemeinde, dass er im Anschluss an seinen Besuch bei Lilli Lehmann nach Bad Ischl weitergefahren sei, um Max Reinhardt aufzusuchen, der ihm – im Gegensatz zu Lilli Lehmann – freundlich begegnet sei und »positives Interesse« für die Salzburger Festspielpläne gezeigt habe, »das er aber hinter seine vielen Verpflichtungen in Berlin und auch noch andernorts für geraume Zeit zurückstellen« müsse.259 Auch wenn man in Betracht zieht, dass Damisch in der Retrospektive vor und nach 1938 bzw. 1945 dazu tendierte, die Beziehung zwischen der Festspielhaus-Gemeinde und Reinhardt unterschiedlich zu gewichten, so ist doch davon auszugehen, dass die Gründer der Festspielhaus-Gemeinde bereits 1916 direkten Kontakt zu Reinhardt 254 Dok. 27 (F. Gehmacher an H. Damisch, 28.8.1916). 255 Vgl. Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916). 256 Dok. 37 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 6.9.1916). 257 Vgl. dazu auch Dok. 41 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 10.9.1916). 258 Damisch  : Zur Geschichte der Salzburger Festspiele (wie Anm. 181). 259 Heinrich Damisch  : Vor 40 Jahren – Salzburger Festspielhausgemeinde Salzburg. In  : Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 1957, S. 18–21.

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hatten, ja vielleicht sogar suchten. Ein Beleg dafür findet sich in einem Schreiben Gehmachers vom Jänner 1918, in welchem er seinen Freund Damisch daran erinnerte, dass Reinhardt schon vor zwei Jahren erklärt habe, »daß er nach Salzburg will und hier mit Freilichtaufführungen beginnen« möchte.260 Daraus ergibt sich, dass es in Salzburg spätestens im Sommer 1916 ein offenes Geheimnis war, dass Reinhardt an Freilichtaufführungen bzw. sogar an die Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn dachte, und dieser seinerseits Kenntnis von den Plänen Gehmachers und Damischs hatte. Als sich Reinhardt schließlich im April 1917 tatsächlich mit einer ausführlichen »Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn« an die General-Intendanz der k. k. Hoftheater wandte, gelangte dagegen keine Nachricht in die Öffentlichkeit, was vermutlich daran lag, dass das Schriftstück unbeantwortet zu den Akten gelegt wurde.261 Baron Wetschl, bis dahin Reinhardts Ansprechpartner in der Hellbrunner Angelegenheit, stand zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor seiner Pensionierung.262 Das Programm von Reinhardts Denkschrift war betont patriotisch in einem österreichischen Sinn. Das »Österreichische Festspielhaus zu Salzburg« sollte die älteren »reichsdeutschen Festspielgründungen« allein schon deshalb an Wirkung übertreffen, weil es »sich auf einer wesentlich breiteren Grundlage aufbauen« würde »als die Festspiele zu Bayreuth und im Münchener Prinzregententheater, die doch ausschließlich nur dem Musikdrama gewidmet sind«.263 Reinhardts Konzept war zudem rein theatralisch und wies keine unmittelbaren Anknüpfungspunkte zu den »Mozartfesten« der Vorkriegszeit oder zu den zeitgleichen Bestrebungen der sich formierenden »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« auf. Wie Richard Wagner in Bayreuth wollte Reinhardt für Salzburg ein »Haus für jene hohen Feste, die einmal im Jahre, mit aller künstlerischen Weihe gefeiert werden sollen, abseits vom städtischen Alltagsgetriebe«. Das Festspielhaus in Hellbrunn sollte »als eines der ersten Friedenswerke […] der populärsten und in der augenblicklichen Wirkung jedenfalls mächtigsten Kunst, dem Theater« gewidmet sein. »Alle dramatischen Meisterwerke von der Antike an, von Calderon, Shakespeare und den deutschen Klassikern bis zu Grillparzer und Raimund« sowie auch religiöse Mysterien- und Passionsspiele sollten hier zur Aufführung gebracht werden, wodurch nicht nur die Kunstverständigen angezogen, sondern darüber hinaus »den weitesten 260 Dok. 183 (F. Gehmacher an H. Damisch, 6.2.1918). 261 Vgl. Dok. 121 (M. Reinhardt  : Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917])  ; zum Inhalt von Reinhardts Denkschrift vgl. Norbert Christian Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kunst. Hugo von Hofmannsthals Gründung der Salzburger Festspiele. Salzburg, Wien  : Jung und Jung 2014, S. 40 ff. 262 Vgl. Salzburger Volksblatt, 14.6.1917. 263 Dok. 121 (M. Reinhardt  : Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]).

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Volkskreisen erhebende, geistig und sittlich segensreiche Eindrücke feierlicher Art« erschlossen werden sollten. Um den dadurch erwarteten Zustrom an Besuchern aufnehmen zu können, sah Reinhardts Plan die Errichtung eines 3000 bis 4000 Sitzplätze umfassenden Festspielhauses vor. Von Mozart ist in seiner Denkschrift nicht die Rede. Ob er vorhatte, dessen Opern in einem ebenfalls geplanten »k l e i n e r e [ n ] ganz intime[n] Theater«264 aufzuführen, bleibt unbeantwortet. Man kann davon ausgehen, dass Reinhardt zum Zeitpunkt der Abfassung der Denkschrift bereits vorhatte, sich in Salzburg niederzulassen, auch wenn er sich vorerst noch andere Optionen offenhielt. So berichtet Reinhardts Assistentin Gusti Adler, dass er im Frühjahr 1917 seiner späteren Frau Helene Thimig »von seinen fernsten Plänen« erzählt habe, wobei es um »ein Theater in Hellbrunn oder der Schweiz« gegangen sei.265 Tatsächlich scheint Reinhardt noch im Herbst 1917, als ihm der Architekt Oskar Strnad das Projekt eines Schauspielhauses vorlegte, für kurze Zeit daran gedacht zu haben, dieses in der Schweiz zu realisieren.266 Auch später, als er sich bereits in Salzburg niedergelassen hatte, brachte er – vermutlich auch aus taktischen Überlegungen – verschiedentlich Angebote ins Spiel, die ihm aus Zürich, Darmstadt oder München gemacht worden seien.267 Seit wann sich Reinhardts Interesse auf den Erwerb des Schlosses Leopoldskron richtete und wie der Kontakt zu dessen Besitzer, dem in Berlin wohnhaften Regierungsrat a. D. Paul Wolf,268 zustande kam, ist nicht bekannt. Es scheint allerdings, dass die Sondierungen Reinhardts und die darauf folgenden Verkaufsverhandlungen nur wenig Zeit in Anspruch nahmen. Am 13. März 1918 berichtete der Salzburger Hofbuchhändler Hermann Kerber seiner Freundin Lilli Lehmann, dass Reinhardt in der Woche davor in Salzburg gewesen sei, da er sich in Salzburg ankaufen und »am liebsten einen alten Herrenansitz« erwerben möchte, und er zu diesem Zweck »auch mit dem Besitzer von Leopoldskron« verhandelt habe.269 Die Verhandlungen verliefen offenbar recht zügig, denn schon einen Monat später wurde der Kaufver-

264 Ebd. 265 Gusti Adler  : Max Reinhardt. Sein Leben. Biographie unter Zugrundelegung seiner Notizen für eine Selbstbiographie, seiner Briefe, Reden und persönlichen Erinnerungen. Salzburg  : Festungsverlag 1964, S. 65. 266 Vgl. Höper  : Max Reinhardt (wie Anm. 243), S. 55. 267 Vgl. Oskar Strnad  : Projekt für ein Schauspielhaus. In  : Wasmuths Monatshefte für Baukunst 6 (1920/21), S. 181. 268 In den Kaufverträgen von Schloss Leopoldskron wurde Paul Wolf beim Kauf 1903 als »Regierungsrat« in Frankfurt am Main bezeichnet, beim Verkauf 1918 an Max Reinhardt als »Rentner« in Berlin. Vgl. Johannes Hofinger  : Die Akte Leopoldskron. Max Reinhardt. Das Schloss. Arisierung und Restitution. Aktual., erw. u. überarb. Neuaufl. Salzburg  : Verlag Anton Pustet 2020, S. 22 u. 27. 269 Dok. 201 (H. Kerber an L. Lehmann, 13.3.1918)  ; Reinhardt sandte am 8. März 1918 aus Salzburg ein Telegramm an Helene Thimig (Dok. 198), demnach er im Hotel »Österreichischer Hof« logierte.

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trag »fuer dieses koestliche gehaeuse« unterzeichnet, von dem sich Reinhardt »die gluecklichsten inhalte« erhoffte.270 Im Übrigen hatte Reinhardt der Salzburger Landesregierung bereits im Jänner mitgeteilt, dass er beabsichtige, in Salzburg eine Freiluftbühne zu bespielen.271 Der genaue Inhalt seiner Eingabe ist zwar nicht bekannt. Im Index des Salzburger Landesarchivs scheint diese jedoch unter dem Terminus »Freiluftbühne« auf, was darauf schließen lässt, dass Reinhardt den Salzburger Stellen eine abgespeckte Version seiner Denkschrift vom April 1917 vorlegte, in der das heikle Thema der Errichtung eines Festspielhauses ausgespart blieb. Die Nachricht von Reinhardts Vorhaben sorgte vor allem innerhalb des Mozarteums für Aufregung, dessen Kuratorium – wie bereits geschildert – in der Festspielhaus-Frage in zwei einander konträr gegenüberstehende Lager gespalten war.272 Friedrich Gehmacher, dem von der Fraktion um Lilli Lehmann und Rudolf von Lewicki vorgeworfen wurde, dass sich sein Engagement für die Festspielhaus-Gemeinde nicht mit seinen Funktionen im Mozarteum vereinbaren lasse, sah sich desavouiert durch den Beschluss seiner Gegner, »gegenüber dem Unternehmen des Prof. Max Reinhart […] den Standpunkt wohlwollender Duldung einzunehmen«.273 Voll Erbitterung wandte sich Gehmacher in einem Schreiben an Viktor Freiherr von Ehmig, den ihm zugeneigten Vizepräsidenten der Stiftung, dem er nach dem bereits vollzogenen Rücktritt als Zentralvorsteher der Mozartgemeinde nun auch den Austritt aus dem Stiftungs-Kuratorium ankündigte.274 Er fühle sich missverstanden, 270 Dok. 205 (M. Reinhardt an H. Thimig, 16.4.1918)  ; Gusti Adler, Reinhardts Privatsekretärin ab 1919, schreibt in ihren Erinnerungen über den Erwerb von Leopoldskron  : »Max Reinhardt hatte seit Jahren nach einem Haus gesucht, das seiner Vorliebe für das Barock entgegenkam. […] Bei Leopoldskron spielte die Liebe zu Salzburg, dem Salzburg seiner Jugend, noch eine besondere Rolle. Er war verliebt in die Stadt, verliebt in die Landschaft, verliebt in das Barock des Schlosses. Der Gedanke, den Berliner Sorgen entfliehen zu können, eine Ruhe zu genießen, die wie eine Fata Morgana ein Leben lang vor ihm herschwebte, ein Haus zu schaffen, dessen Vollkommenheit er träumte, und wenigstens einen Teil des Jahres so zu leben, wie es seinem innersten Wesen entsprach – dieser Gedanke war zwingend. Die Inflation begünstigte ein solches Unternehmen und ermöglichte es ihm, diesen Besitz um einen erschwinglichen Preis zu erstehen.« (Gusti Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen. Erinnerungen an Max Reinhardt. München  : Langen Müller 1980, S. 92. 271 SLA, Präs. Index 1918, Protokollzahlen 55635, 6089, Akte IX B 5635. Das erwähnte Schreiben selbst ist nicht erhalten. 272 Überbringer der Nachricht war Hofrat Karl Freiherr von Hiller-Schönaich (vgl. die Anm. in Dok. 181, R. v. Lewicki an L. Lehmann, 5.2.1918), der die Landesregierung im Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum vertrat und den Konzert- und Schulausschuss des Mozarteums am 28. Jänner 1918 über Reinhardts Vorhaben informierte. Vgl. auch Dok. 178 (F. Gehmacher an V. v. Ehmig, o. D. [vermutl. Anf. Februar 1918]) sowie Dok. 179 (F. Gehmacher  : Entwurf einer Stellungnahme, o. D. [vermutl. Anf. Februar 1918]). 273 Dok. 178 (F. Gehmacher an V. v. Ehmig, o. D. [vermutl. Anf. Februar 1918]). 274 Vgl. ebd. Tatsächlich trat Gehmacher nicht aus dem Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozar-

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denn durch die von ihm und Damisch betriebene »Festspielhausaktion« sollte verhindert werden, »daß die Ausschrottung der in Salzburg bodenständigen Musikfeste nach der geschäftl.[ichen] Richtung hin (Reinhart) erfolge«. Außerdem sei er »der Meinung, daß es zielbewußter und kräftiger Abwehrmaßregeln bedarf, um zu verhindern, daß sich aus dem heute in der harmlosen Form von Freilichtaufführungen einziehenden Unternehmen Reinharts eine dauernde Beeinflussung der bestens akkreditierten Salzburger Musikfeste in jüdisch spekulativem Sinne ergibt«.275 Es ist ungewiss, ob Gehmacher dieses nur als Entwurf erhaltene Schreiben tatsächlich an den Adressaten übermittelte. Es fällt jedoch auf, dass sich Gehmacher weder zuvor noch später in seinen schriftlichen Äußerungen einer derart eindeutigen antisemitischen Diktion bediente.

4 Kooperation unter dem Dach der Festspielhaus-Gemeinde 4.1 Annäherung ungleicher Partner Schon wenige Tage später scheint sich Gehmachers Stimmung gewandelt zu haben. Als nämlich Heinrich Damisch seinerseits Bedenken äußerte, »daß wir mit unserem Verein [der Festspielhaus-Gemeinde, Anm. d. Verf.] das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen. Wir locken den Reinhardt her, statt ihn abzuhalten«,276 beschwichtigte Gehmacher seinen Freund  : »Wie kommst Du zur Meinung, daß wir mit unserem Verein Reinhardt nach Salzburg locken  ?« Man wisse ohnehin schon seit zwei Jahren, dass dieser nach Salzburg kommen wolle. »Wir wollten doch durch unseren Verein unter anderem auch verhindern, daß Reinhardt das Festspielhaus baut. Die Freilichtaufführungen kann er ja machen. Eventuell müßten wir sogar eine Verbindung mit ihm eingehen, nur damit wir einen bestimmenden Einfluß auf das Festspielhaus gewinnen und Reinhardt nicht allein herrschen soll.«277 Während Gehmacher seinen anfänglichen Schock über Reinhardts SalzburgPläne offenbar rasch überwand und nun sogar eine Strategie der Kooperation in Betracht zog, war sein Kontrahent Lewicki fest davon überzeugt, dass Reinhardts Projekt dem Mozarteum keineswegs schaden, dafür aber »das Gehmacher-Festspielhaus im Mutterleibe so Gott will ersticken« würde.278 Gegenüber Lilli Lehmann amüsierte er sich darüber, »daß man so naiv ist und von uns erwartet, daß wir der Situation so kurzsichtig gegenüberstehen würden, daß wir R.[einhardt] bekämpfen teum aus bzw. wurde der Rücktritt nicht angenommen. 275 Ebd. 276 Dok. 182 (H. Damisch an F. Gehmacher, 5.2.1918). 277 Dok. 183 (F. Gehmacher an H. Damisch, 6.2.1918). 278 Dok. 181 (R. von Lewicki an L. Lehmann, 5.2.1918).

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und dann G.[ehmacher] den Weg frei machen.«279 Bernhard Paumgartner, der kurz zuvor zum Direktor des Mozarteums bestellt worden war, teilte Lewickis Sicht und sprach sich ebenfalls dafür aus, »der Reinhardtidee nicht entgegenzutreten, da uns dies sowieso nichts nützen würde, sondern sie wärmstens zu fördern«. Er habe »[i]m Geheimen« sofort gewusst, »daß ein Gelingen dieser Idee einen Ruin der Festspielhausidee« bedeuten würde.280 Gehmachers Gegner unterschätzten freilich dessen strategische Flexibilität. Aber nicht nur ihnen, sondern auch Heinrich Damisch entging zunächst die Bedeutung jener für die Gründung der Salzburger Festspiele entscheidenden Weichenstellung, die Gehmacher Anfang Februar 1918 angesichts seines erzwungenen Rückzugs aus den Gremien des Mozarteums und der gleichzeitig kursierenden Nachricht von Reinhardts Konkurrenzunternehmen offenbar rasch entschlossen vollzog.281 Während Lewicki und Lehmann noch über den bevorstehenden Ruin der FestspielhausGemeinde frohlockten, beruhigte Gehmacher seinen Freund Damisch  : »Also, es hat sich doch in dieser Sache gar nichts zu unseren Ungunsten verschoben, nur wissen wir jetzt offiziell, daß Reinhardt hieher kommt, woraus nicht Deine Schlußfolgerung, sondern die gegenteilige sich ergibt, nämlich daß die Festspielhausgemeinde alles daran setzen muß, recht groß und stark zu werden, um auf Reinhardt Einfluß zu gewinnen.« Zugleich kritisierte er die Untätigkeit Damischs in Wien  : »Wir arbeiten Tag und Nacht für die Festspielhaus-Gemeinde, haben auch jeden Tag unsere Erfolge und beklagen nur, daß sich die Zentrale in Wien gar nicht rührt und nicht weiter tut und jetzt schreibst Du, bei uns weht kein guter Wind.«282 Tatsächlich hatte Gehmacher seit der Konstituierung des Zweigvereins Salzburg der Festspielhaus-Gemeinde am 7. Dezember 1917 – unterstützt von wenigen Helfern, unter denen der Salzburger Hotelier Georg Jung283 zweifellos der Wertvollste war – eine intensive Werbetätigkeit zu entfalten begonnen, die vor allem darauf abzielte, die Zielsetzungen des Vereins einer überregionalen Öffentlichkeit bekannt 279 Ebd. 280 Dok. 185 (B. Paumgartner an R. v. Lewicki, 9.2.1918). 281 Auf diesen entscheidenden Schwenk wies bereits Oskar Holl hin  : »Damit zeigt Gehmacher einen Weg, der zu den wenigen gangbaren überhaupt gehört hat. Es gilt nun […] der Organisation einen zugkräftigen Mann vorzuspannen – der ist mit Max Reinhardt gefunden, und Gehmachers Verdienst besteht nun darin, aus der Rivalität eine Symbiose zu machen. Sein Versuch, Reinhardt für die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zu gewinnen, ist kein Weg des geringsten Widerstandes, sondern ein Akt der Diplomatie, in einem Gleichgewicht der Kräfte und Interessen zu einer für alle Beteiligten annehmbaren und dem gemeinsamen Ziel, den Festspielen, dienenden Lösung zu kommen.« (Oskar Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele. Unveröffentlichtes aus der Korrespondenz der Gründer. In  : Maske und Kothurn 13 [1967], H. 2/3, S. 148–179, hier S. 173). 282 Dok. 183 (F. Gehmacher an H. Damisch, 6.2.1918). 283 Georg Jung, Besitzer des Salzburger Grand Hôtel de l’Europe  ; vgl. die Anm. in Dok. 49 (H. Damisch an F. Gehmacher, 13.9.1916).

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zu machen und diesem durch Werbung von Mitgliedern und Sponsoren eine solide finanzielle Grundlage zu verschaffen. Einer der Mitarbeiter, die Gehmacher in der Anfangszeit des Zweigvereins rekrutierte, war der deutsche Schriftsteller Ferdinand Künzelmann,284 der um diese Zeit in Salzburg lebte und wegen seiner Vernetzung im deutschen Literaturbetrieb offenbar als geeignet erschien, der Salzburger Festspielhausidee überregionale Publizität zu verschaffen. Künzelmann stand einerseits der katholischen Publizistik nahe, hatte andererseits während des Krieges mehrmals in der Berliner Wochenschrift Die Schaubühne veröffentlicht, die vom Theaterkritiker und Publizisten Siegfried Jacobsohn in pazifistischem Geist geführt wurde.285 Gehmacher konnte daher hoffen, über ihn Zugang zu finden zu deutschen Zeitungen und Zeitschriften unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung, eine Aufgabe, die der ausschließlich im Wiener Kulturleben verankerte Damisch schwerlich erfüllen konnte. Damischs Wirken für die Festspielhaus-Gemeinde wurde im Übrigen durch das Wiederauftreten einer chronischen Augenerkrankung im Februar 1918 über Wochen lahmgelegt. Künzelmann stand nun als »Beamter des Zweigvereins in Salzburg« im Dienst der Festspielhaus-Gemeinde.286 Bereits im Jänner 1918 hatte er sich erstmals publizistisch für deren Belange eingesetzt, indem er im Salzburger Volksblatt ein Plädoyer für die Verwirklichung der Festspielhausidee veröffentlichte, deren wirtschaftliche Vorteile für Salzburg er umriss. »Ein freundlicher Zufall« habe ihn »mit diesem Gedanken und den Menschen, die ihn vertreten und ins Werk setzen wollen, in Verbindung gebracht«, worauf er »sich als Verehrer Mozarts, als Freund der Stadt Salzburg, deren Schönheit er so viel zu danken hat, leicht und schnell für dieses Festspielhaus begeistert« habe. Denn es komme ihm so vor, fügte er hinzu, »als würde mit diesem Hause alles das gekrönt und vollendet, was für das Salzburg nach dem 284 Ferdinand Künzelmann (1890–  ?), Schriftsteller und Journalist, über dessen Biografie nur wenig bekannt ist, hatte sich um 1918 vorübergehend in Salzburg niedergelassen, wo er auf Initiative von Friedrich Gehmacher zeitweilig für den Salzburger Zweigverein der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde tätig war. Er trat während des Ersten Weltkrieges erstmals publizistisch in Erscheinung, und zwar als Autor von Romanen und Reisebüchern sowie als Feuilletonist. Seine Publikationstätigkeit in deutschen und österreichischen Zeitschriften lässt auf eine prohabsburgische und antipreußische Haltung schließen. So stand er während seines Aufenthalts in Salzburg mit dem Hofe des Herzogs von Cumberland in Verbindung, dem er sich als publizistischer Vertreter welfischer Interessen empfahl (vgl. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, HA Dep. 103 XX Nr. 524). Weltanschaulich stand er einem fortschrittlichen Katholizismus nahe. Während der 1920er Jahre veröffentlichte er zahlreiche Feuilletons in katholischen und liberalen Zeitungen zu unterschiedlichsten Themenbereichen, wobei eine pazifistische und kosmopolitische Grundhaltung erkennbar ist. In den späten 1930er Jahren verlieren sich seine Spuren. 285 1916 erschienen in der Schaubühne sechs Feuilleton-Beiträge Künzelmanns zu unterschiedlichen Themen. 286 Vgl. Dok. 220 (Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 14.8.1918).

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Kriege zu tun und in Angriff zu nehmen ist.«287 In deutlichem Anklang an Gehmachers Memoranden von 1913 und 1914 hob Künzelmann in seinem Artikel vor allem die landschaftlichen Vorzüge und die verkehrsmäßig günstige Lage hervor, welche Salzburg viel mehr als Bayreuth zu einer von Besuchern bevorzugten Festspielstadt prädestinieren würden. Künzelmann erfüllte die von Gehmacher in ihn gesetzten Erwartungen aber vor allem in Hinblick auf eine Propagierung der Ziele der Festspielhaus-Gemeinde im Deutschen Reich. Sehr zum Ärger von Lewicki und Lilli Lehmann erschien am 14. Februar 1918 im Berliner Tageblatt eine Notiz, in der es u. a. hieß, dass die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde »neuerdings einen Aufruf, um in Salzburg, der Geburtsstadt Mozarts, ein Festspielhaus zu errichten«, erlassen habe.288 In der Berliner Schaubühne jubelte wenig später Siegfried Jacobsohn über das Salzburger Projekt. Wenn man in einer Stadt wie Berlin lebe, »die jeden Abend dreißig Theater überfüllt sieht […] und die trotzdem seit rund fünf Jahren keine einzige Aufführung des ›Don Juan‹, seit noch mehr Jahren keine von ›Cosi fan tutte‹ für nötig gehalten hat, […] der kann nur klopfenden Herzens von einem Festspielhaus vernehmen, das Ihr in der Geburtsstadt Mozarts errichten wollt, und das hauptsächlich ihn ehren und feiern und pflegen soll. Alles Gute  ! Und wie meiner Wünsche, so mögt Ihr meiner Hülfe versichert sein.«289 Anfang März 1918 berichteten die Salzburger Tageszeitungen über eine große Zahl positiver Rückmeldungen, die auf Aufrufe und Anfragen bei Persönlichkeiten eingelangt seien, »die im Kunstleben, im musikalischen Leben und in der Welt des Theaters vor allen Dingen, einen hohen Rang einnehmen« würden.290 Die Befragten hätten die Salzburger Initiative zur Errichtung eines Mozart gewidmeten »Österreichischen Festspielhauses […] auf das Freudigste« begrüßt, weiß der namentlich nicht genannte »Mitarbeiter« der Festspielhaus-Gemeinde zu berichten, hinter dem man Künzelmann vermuten kann.291 Ein Beleg dafür, dass die Pressearbeit der Festspielhaus-Gemeinde zu dieser Zeit tatsächlich von Künzelmann orchestriert wurde, findet sich Monate später im ersten Heft der Mitteilungen der Salzburger FestspielhausGemeinde, in dem er Bilanz zieht über die Resonanz, welche die Initiative der Fest287 Dok. 177 (F. Künzelmann  : Salzburger wirtschaftliche Ausblicke. In  : Salzburger Volksblatt, 24.1.1918). 288 Vgl. Dok. 192 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 19.2.1918). 289 Siegfried Jacobsohn  : Ansichten. In  : Die Schaubühne, 21.2.1918 (Bd. 14/1, H. 8), S. 189 f.; vgl. auch den Brief Jacobsohns an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zit. in  : Stimmen zum Festspielhause. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), S. 3–9. 290 Dok. 199 (Stimmen zum Salzburger Festspielhause. Zusammengestellt von einem Mitarbeiter. In  : Salzburger Volksblatt, 9.3.1918, S. 2). Eine geringfügig abweichende Fassung erschien zugleich in  : Salzburger Chronik, 9.3.1918  ; in erweiterter Form später in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), S. 3–9. 291 Dok. 199 (Stimmen zum Salzburger Festspielhause), wie Anm. 290.

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spielhaus-Gemeinde in der in- und ausländischen Presse im ersten Halbjahr 1918 gefunden habe.292 Max Reinhardt war offensichtlich nicht unter jenen Kunstschaffenden, an welche sich die Festspielhaus-Gemeinde mit ihrem Aufruf gewandt hatte. Der erste Hinweis auf eine Annäherung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an Reinhardt findet sich in einem Artikel Künzelmanns, den er Mitte April 1918 – gewiss im Einvernehmen mit Gehmacher – in der katholischen Reichspost veröffentlichte und zugleich als Sonderdruck der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde in Umlauf brachte.293 Neben den altbekannten Argumenten, die für die Errichtung eines »Oesterreichischen Festspielhauses« in Salzburg ins Treffen geführt wurden, griff Künzelmann nun die von Reinhardt in der Denkschrift vom Frühjahr 1917 vorgebrachte Idee einer Aufführung von »Mysterien und Passionsspielen« auf.294 Zwar hatte Damisch in seiner im Oktober 1917 im Merker erschienenen Werbeschrift für die Festspielhausidee ebenfalls die »Wiederbelebung alter Weihnachts- und Dreikönigsspiele, Aufführung von Weihnachtsoratorien, die Pflege der Passionskunst in Ton und Wort« in Betracht gezogen, zugleich aber mit indirektem Bezug auf Reinhardt vor einer Verwirklichung der Festspielidee »vorwiegend aus rein materiellen Gründen […] und mit Hilfe spekulativer Kunstförderer« gewarnt.295 Künzelmann dagegen schlug vor, »nicht nur im Sommer musikalische Festspiele zu veranstalten«, sondern das Haus das ganze Jahr hindurch zu benützen, indem »im Advent oder in der Passionszeit, a l t e We i h n a c h t s s p i e l e , P a s s i o n e n , L e g e n d e n s p i e l e usw. aufgeführt werden«, also Werke, »die, wie oft, z. B. in Berlin durch Reinhardt, in München in den Kammerspielen, bewiesen ist, bei guter würdiger Darstellung heute wie einst ihre tiefe Wirkung ausüben«.296 Vermutlich dachte er dabei auch an sich selbst, hatte er doch zwei Jahre zuvor ein Legendenspiel veröffentlicht.297 Mit der Idee einer Aufführung von »Mysterien und Passionsspielen« war somit von Seiten der Festspielhaus-Gemeinde ein Anknüpfungspunkt gegeben, der eine Kooperation mit Reinhardt als denkbar erscheinen ließ. Nach wie vor bestand allerdings kein direkter Kontakt zu Reinhardt. Dessen Erwerb von Schloss Leopoldskron hatte zwar allgemeines Aufsehen erregt, wobei aber weder in Salzburger noch in Wiener Zeitungen ein Zusammenhang zwischen Reinhardts Ansiedlung in Salz292 F.[erdinand] K.[ünzelmann]  : Zeitungs-Rundschau. In  : Mitteilungen der Salzburger FestspielhausGemeinde 1 (1918), S. 14 f. 293 Vgl. Dok. 206 ([F. Künzelmann  :] Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg. In  : Reichspost, 19.4.1918, S. 3 f.). 294 Dok. 121 (M. Reinhardt  : Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]). 295 Dok. 149 (H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg), wie Anm. 209. 296 Dok. 206 ([F. Künzelmann  :] Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg), wie Anm. 293. 297 Ferdinand Künzelmann  : Sankt Sebaldus und die Dirne. Kempten, München  : Kösel 1916.

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burg und den Plänen der Festspielhaus-Gemeinde hergestellt wurde. Einzige Ausnahme war ein Kommentar in der Ostdeutschen Rundschau, also dem Blatt, bei dem Damisch als Musikkritiker wirkte. Unter dem Pseudonym »Teut« veröffentlichte deren Hauptschriftleiter Karl Grube einen Kommentar, in dem er den Ankauf des Schlosses durch Reinhardt mit den Plänen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Schaffung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg in Zusammenhang brachte. In der für dieses Blatt typischen antisemitischen Diktion unterstellte er »Reinhardt-Goldbaum«,298 »die ›Konjunktur‹ ausnützen und geschäftlich verwerten«, also »›den Rahm abschöpfen‹« zu wollen.299 Damisch berichtete in der Ostdeutschen Rundschau zwar regelmäßig über die Aktivitäten der Salzburger FestspielhausGemeinde, vermied in diesem Zusammenhang allerdings jegliche antisemitische Polemik. Das Frühjahr 1918 war gekennzeichnet durch eine fortgesetzte organisatorische Betriebsamkeit der Festspielhaus-Gemeinde. Im Zentrum standen die Mitgliederwerbung und damit verbunden die Einwerbung von Spendengeldern sowie nun endlich auch die Konstituierung des Wiener Hauptvereins der Salzburger FestspielhausGemeinde, welche am 15. Mai 1918 im Gebäude der Gesellschaft der Musikfreunde stattfand.300 Als großer Erfolg wurde es gewertet, dass es gelungen war, Prinz Alexander von Thurn und Taxis, den angesehenen Präsidenten der Musikfreunde, auch für die Übernahme des Präsidiums der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zu gewinnen. Während in der Ortsgruppe Salzburg freiheitliche und nationale Männer, insbesondere aus akademischen Sängerschaftskreisen dominierten, finden sich sowohl in der »Direktion« (Vorstand) als auch im Kreis der Stifter, Gründer, Spender und Förderer des Wiener Hauptvereins eine ganze Reihe teils namhafter Vertreter des jüdischen Wirtschafts- und Bildungsbürgertums wie z. B. der Bankier Hans von Gutmann und der Industrielle Robert Fanto.301 Generaldirektor Siegmund Stransky fungierte als Vizepräsident des Wiener Vereins, dem als Direktionsmitglieder auch der Bankier Gustav Frid sowie ab 1919 der Großindustrielle Paul Hellmann, ein intimer Freund Hofmannsthals, angehörten. Mit dem Direktionsmitglied Emil Ronsperger, Direktor der Königshofer Zementwerke AG, stand Damisch offensichtlich sogar in freundschaftlicher Verbindung.302 Noch mangelte es aber an konkreten Plänen für die Realisierung der Festspielhausidee. Als Anfang Juli das erste Heft der

298 Max Reinhardts Geburtsname war Maximilian Goldmann. 299 Dok. 207 (Teut [d. i. Karl Grube]  : Ansiedlung Max Reinhardts in Salzburg. In  : Ostdeutsche Rundschau, 21.4.1918). 300 Vgl. Dok. 208 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Wien an die k. k. Polizeidirektion Wien, 17.5. 1918). 301 Ebd. 302 Emil Ronspergers Schwester war mit dem sozialistischen Theoretiker Karl Kautsky verheiratet.

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Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde erschien, ließ sich kaum mehr berichten, als dass das Festspielhaus »heute noch Traum und Plan und Wunsch« sei.303 Umso dringlicher mochte es Gehmacher erscheinen, für die am 14. August 1918 in Salzburg anberaumte erstmalige Sitzung der Direktion des Gesamtvereins sowie für die am darauffolgenden Tag stattfindende Generalversammlung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zukunftsweisende Perspektiven zu eröffnen. Eine Voraussetzung dafür war, wie er Damisch gegenüber bereits im Februar betont hatte, die Klärung der seit Jahresbeginn im Raum schwebenden Frage von Reinhardts Plänen für Salzburg, wobei es ihm im Gegensatz zu seinem Freund auch darum ging, die Möglichkeiten einer Kooperation auszuloten. Die Gelegenheit dazu bot sich im Juli 1918 anlässlich eines Aufenthalts von Reinhardt in Bad Gastein. Warum Gehmacher den berühmten Regisseur nicht selbst aufsuchte, sondern Künzelmann als Verbindungsmann des Salzburger Zweigvereins der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde nach Bad Gastein entsandte, lässt sich nur vermuten. Wahrscheinlich kannte der Schriftsteller, der sich zeitweise auch in Berlin aufgehalten hatte, den Regisseur bereits von früher, so dass es nahe lag, ihm die heikle Mission anzuvertrauen. Die Reaktion Reinhardts auf den Besuch Künzelmanns war immerhin nicht ablehnend, sondern ließ erkennen, dass sich seine eigenen Salzburgpläne noch in keinem konkreten Stadium befanden und von seiner Seite daher ebenfalls Interesse an einer Kontaktaufnahme mit der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde bestand. Darauf lässt jedenfalls seine Bitte um mehr Zeit für die Abfassung einer Stellungnahme schließen  : »geben Sie mir noch einen Tag. […] Wenn ich mich schon zum Schreiben entschlossen habe, was äußerst selten vorkommt, möchte ich auch wirklich etwas sagen. Ich beschäftige mich ernsthaft mit der Sache, nicht nur des Briefes wegen, vielmehr, weil mir in der Formulierung des Notwendigen die einzige Möglichkeit für ein ersprießliches Zusammenarbeiten immer klarer wird.«304 Reinhardts Stellungnahme zu den Plänen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde datiert vom 21. Juli 1918.305 In einem an Künzelmann gerichteten Schreiben bekräftigte er einerseits seine bereits in der »Denkschrift« vom April 1917 dargelegten Salzburgpläne. Darüber hinaus nahm er Stellung zum Konkurrenzprojekt der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, so wie es ihm von Künzelmann dargelegt wurde. Dieser »programmatische Brief« gilt seit Oskar Holls erstmaliger vollständiger Edition im Jahr 1968 insofern als ein Wendepunkt in der Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele, als Reinhardt hier erstmals seine Bereitschaft geäußert habe, 303 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), Nr. 1 (Juli), S. 9. 304 Dok. 211 (M. Reinhardt an F. Künzelmann, o. D. [vermutl. Mitte Juli 1918]). 305 Vgl. Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn F. Künzelmann, 21.7.1918)  ; zum Inhalt des Briefs vgl. Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kultur (wie Anm. 261), S. 42 ff.

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unter bestimmten Voraussetzungen mit der Festspielhaus-Gemeinde zusammenzuwirken. Nach Holls Interpretation sei »es vor allem Gehmacher als Verfechter des Mozartkultes auch in den Festspielplänen« gewesen, »mit dem sich Reinhardt arrangiert« habe. »Reinhardts Programm-Brief« gewinne demnach »an Interesse, wenn man ihn gleichsam als Antwort und teilweises Eingehen auf die mehrere Jahre vorher geschriebenen Memoranden Gehmachers« lese.306 Tatsächlich vermittelt Reinhardts Stellungnahme jedoch eher den Eindruck einer im Ton verbindlichen, letztlich aber distanzierten Position gegenüber dem Plan der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, »in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten, für Mozart, die ihm verwandte, in seinem Geiste geborene und in eine hellere Zukunft führende Kunst«. Die Bezugnahme auf Mozart lässt sich zwar als Konzession an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde gewichten, vor allem im Vergleich zu Reinhardts »Denkschrift« vom April 1917, in der Mozart nicht erwähnt wurde. Da deren Inhalt der Öffentlichkeit nicht bekannt war, konnte er nun auch behaupten, dass der dem k. k. Obersthofmeisteramt im Vorjahr präsentierte Plan zu einem Festspielhaus vorgesehen habe, »[u]nter dem Zeichen Mozarts, des heiteren und frommen Genius Salzburgs, […] hier Oper und Schauspiel, Lustspiel und Singspiel, das Volksstück ebenso wie die alten Misterien und Weihnachtsspiele zu einer erlesenen Einheit« zu verweben.307 Im Grunde ließ Reinhardt jedoch keinen Zweifel daran, dass sein programmatisches Konzept von Festspielen in Salzburg, zu denen er sich vorbehaltlos bekannte, theatralisch ausgerichtet war. Für ihn war Salzburg, »vermöge seiner wundervoll zentralen Lage, seiner landschaftlichen und architektonischen Pracht, seiner historischen Merkwürdigkeiten und Erinnerungen und nicht zuletzt seiner unberührten Jungfräulichkeit wegen, dazu berufen […], ein Wallfahrtsort zu werden für die zahllosen Menschen, die sich aus den blutigen Greuel dieser Zeit nach den Erlösungen der Kunst sehnen.« Von Musik ist hier aber nicht die Rede. Seiner Erfahrung nach habe gerade der Krieg bewiesen, »daß das Theater nicht ein entbehrlicher Luxus für die oberen Zehntausend, vielmehr ein unentbehrliches Lebensmittel für die Allgemeinheit« sei. Heftige Kritik äußerte Reinhardt an den Plänen der Salzburger FestspielhausGemeinde, wie sie ihm offenbar von Künzelmann vermittelt wurden  : »Sie haben mir auseinandergesetzt, daß zunächst geplant sei, das Haus für Gastspiele aller Art freizugeben. Ein solches Haus könnte eher und mit mehr Berechtigung in der Großstadt stehen, hat sich aber auch bezeichnenderweise nicht bewährt und nie gehalten. In unserem Falle aber, ich muß das freimütig aussprechen, erscheint mir dieses 306 Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele (wie Anm. 281), S. 174. 307 Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn F. Künzelmann, 21.7.1918).

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Programm ganz verfehlt, verfehlt auch dann, wenn es sich auch nur um den Anfang handeln sollte.«308 Da die Idee von Gastspielen als programmatischer Schwerpunkt zukünftiger Festspiele weder in Gehmachers frühen Memoranden noch in Damischs Werbeartikel vom November 1917 über ein »Festspielhaus in Salzburg«309 enthalten war, lässt sich vermuten, dass Künzelmann seine eigenen Vorstellungen von »Gesamtgastspielen der großen Bühnen der Monarchie und des Reiches, ja ganz Europas« vorgetragen hatte, wie er sie drei Monate zuvor in der Reichspost veröffentlicht hatte.310 Reinhardt hielt dem entgegen  : »Wenn es nicht etwas zu sehen, zu hören, zu erleben gibt, was n u r im Festspielhause zu sehen, zu hören, zu erleben ist und nur dort, dann sinkt das Festspielhaus zu einem Sommertheater herab, das bei Regenwetter von den zufällig anwesenden Hotelgästen gewiß gern besucht werden wird. Das aber kann weder Ihr noch mein Ziel sein.«311 Eine zukünftige Kooperation schloss Reinhardt immerhin nicht aus, zumindest für jene Zeit, »wenn Ihr schöner und großer Plan, der schon einen so guten Anlauf genommen hat, weiter gediehen ist, wenn die Verwirklichung gesicherter und vor allen Dingen eine juridische vortragsberechtigte Instanz geschaffen ist.« Dann werde er »jederzeit mit Vergnügen bereit sein, alle Einzelheiten mit Ihnen zu besprechen, was viel fruchtbarer ist, als sie zu beschreiben, dann bin ich auch bereit, an Stelle dieser unverbindlichen Erklärung vertragsmäßige Bindungen zu setzen.« Abschließend beteuerte Reinhardt – »um allen Mißverständnissen vorzubeugen« −, dass seine Intentionen nicht darauf abzielen würden, seinen »verzweigten Berliner Unternehmungen noch ein weiteres anzugliedern«. Ganz im Gegenteil habe er sich in Salzburg angekauft, um sich von seiner »reichen Tätigkeit zu erholen und allmählich zu entlasten.«312 Unklar erscheint, ob Damisch im Vorhinein über Künzelmanns Kontaktaufnahme mit Reinhardt informiert gewesen war. Vermutlich erfuhr er erst im Nachhinein davon, denn in seiner Antwort auf ein – nicht überliefertes – Schreiben Gehmachers vom 23. Juli 1918 brachte er seine Überraschung »über die ganze Behandlung der Reinhardt-Angelegenheit« zum Ausdruck. Es könne »doch gar niemand von uns Allen berechtigt und befugt sein«, heißt es in Bezug auf Künzelmann, »geheime Verhandlungen mit Herrn Reinhardt zu führen. Ich habe aber hier den Eindruck einer ganz merkwürdigen Geheimniskrämerei, die geeignet erscheint, sehr unangenehme Verdachtsmomente hervorzurufen.« Um »jedes Mißverständnis auszuschlie-

308 Ebd. 309 Dok. 149 (H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg), wie Anm. 209. 310 Dok. 206 ([F. Künzelmann  :] Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg), wie Anm. 293. 311 Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn F. Künzelmann, 21.7.1918). 312 Ebd.

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ßen«, betonte Damisch, dass er es für »ganz ungeheuerlich« hielte, »wenn man die Salzburger Festspielhaus-Idee, das österreichische Festspielhaus in Salzburg, Herrn Reinhardt ausliefern wollte.« Gegen eine Zusammenarbeit habe er jedoch nichts einzuwenden  : »Wir werden, was wir ja schon schriftlich offiziell ausgesprochen haben, Herrn Reinhardt als einen unserer Mitarbeiter und hoffentlich als einen wertvollen, jetzt und in Zukunft gewiß mit Freuden begrüßen. Darüber hinaus jedoch müßte eine Einflußnahme seinerseits schärfste Opposition erregen.«313 Auch nach einem weiteren Schreiben Gehmachers, in dem dieser offenbar die Bedenken seines Freundes zu zerstreuen versuchte,314 beharrte Damisch auf seiner reservierten Haltung Reinhardt gegenüber.315 Er habe dessen Exposé Prinz Thurn und Taxis, dem Präsidenten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, gezeigt, der davon »absolut nicht erbaut« gewesen sei. Nach wie vor sah Damisch in Reinhardt »eher eine Gefahr als einen absoluten Gewinn«. Auch wenn jetzt nicht mehr drohe, dass Reinhardt »in Salzburg Festspiele industrialisieren« wolle und »mit seinen StilKapricen, seiner keineswegs vornehmen, sondern stets auf gesuchte Effekte loszielenden Kunstpflege den Boden für eine gedeihliche Entwicklung zerstören werde«, so sei jetzt noch immer zu befürchten, dass es ihm »vor Allem in Folge der Hypnose, die der Name Reinhardt« auf den Salzburger Zweigverein auszuüben scheine, »gelingen könnte, unser Wasser ganz auf seine Mühle zu treiben«. Da Gehmacher selbst dagegen gewesen sei, Reinhardt in die Leitung zukünftiger Festspiele aufzunehmen, stelle sich nun die Frage, welcher Art dessen Mitwirkung sein solle.316 Zwei Wochen vor den für Mitte August anberaumten Sitzungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde in Salzburg war somit noch völlig offen, ob es – in welcher Form auch immer – zu einer Kooperation zwischen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde und Reinhardt kommen würde. 4.2 Hofmannsthals Vision einer »Triumphpforte österreichischer Kunst« Weitere Kontakte zwischen der Festspielhaus-Gemeinde und Reinhardt gab es vorerst nicht. Vermutlich ahnten Gehmacher und Damisch Ende Juli 1918 noch nicht, dass die kurz zuvor erfolgte Ernennung Leopold Freiherr von Andrian-Werburgs zum Generalintendanten der k. k. Hoftheater für Reinhardts Festspielpläne gänzlich neue Perspektiven eröffnete. In der deutschnationalen Presse hatte die Ernennung Andrian-Werburgs zwar vor allem wegen dessen enger Freundschaft mit Hofmanns-

313 Dok. 213 (H. Damisch an F. Gehmacher, 25.7.1918). 314 Zu dem Dokument ist keine Vorlage überliefert. 315 Vgl. Dok. 216 (H. Damisch an F. Gehmacher, 1.8.1918). 316 Ebd.

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thal Wellen der Empörung geschlagen.317 Welche Erwartungen Hofmannsthal mit der Ernennung seines Freundes verband, blieb der Öffentlichkeit allerdings verborgen. In einem Brief an Paul Zifferer schrieb Hofmannsthal am 7. August  : »Ich will zwischen Andrian und Reinhardt eine Basis wirklichen Zusammengehens schaffen für alle Zeit durch ein Gespräch à trois in Salzburg«,318 womit unter anderem die Etablierung von Reinhardt geleiteter Salzburger Festspiele unter der Patronanz der Hoftheater-Verwaltung gemeint war. Noch vor dieser Unterredung, die am 15. August in Bad Ischl stattfand, tagte am 14. August 1918 im Hôtel de l’Europe in Salzburg die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde unter der Leitung des renommierten Wiener Kunst- und Musikverlegers Karl August Artaria, der als Vizepräsident der Salzburger FestspielhausGemeinde deren abwesenden Präsidenten Thurn und Taxis vertrat. Wesentlichster Tagesordnungspunkt war der Antrag Damischs auf »Einsetzung eines mehrgliedrigen Kunstrates zur Befassung mit den künstlerischen Fragen und zur Aufstellung von programmatischen Direktiven«. Die Debatte darüber verlief durchaus kontrovers, wobei insbesondere die Standpunkte der Salzburger und Wiener Direktionsmitglieder divergierten. Über die Notwendigkeit, ein derartiges Gremium einzurichten, bestand zwar grundsätzliche Übereinstimmung, nicht jedoch über dessen Zusammensetzung. Als zukünftige Mitglieder wurden der – persönlich anwesende – Hofkapellmeister Franz Schalk, Richard Strauss sowie Max Reinhardt in Vorschlag gebracht. Eine Kontroverse entspann sich jedoch nur über Reinhardt. Dem Protokoll lässt sich entnehmen, dass Ferdinand Künzelmann, Gehmachers Kontaktmann zu Reinhardt, bei diesem Tagesordnungspunkt hinzugezogen wurde, um über seinen Besuch in Bad Gastein Bericht zu erstatten. Nach Verlesung von Reinhardts Brief an die Festspielhaus-Gemeinde kam es laut Protokoll zu einer Wechselrede, »an welcher sich besonders Schalk, Jung, Gehmacher, Damisch, Artaria« beteiligt hätten. Der dabei »zum Ausdruck gelangten Tendenz der Salzburger Direktionsmitglieder, unverzüglich einen Berichtbeschluss« zu fassen, »kraft dessen mit Reinhart sofort ein bindendes Abkommen zu treffen wäre«, sei Vizepräsident Artaria »mit der Anregung« entgegengetreten, »mit Rücksicht auf die weittragende Bedeutung dieses Gegenstandes, von einem derartigen Beschluss vorläufig abzusehen und sich für heute darauf zu beschränken, Professor Reinhardt wissen zu lassen, dass die Direktion es jederzeit mit sympathischer Freude begrüßt, ihn zu ihren Mitarbeitern zu zählen,

317 Vgl. Ostdeutsche Rundschau, 24.7.1918 und 3.8.1918  ; zur Kontroverse um Andrians Ernennung vgl. auch Michael P. Steinberg  : Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele 1890–1938. Salzburg, München  : Verlag Anton Pustet 2000, S. 58–62. 318 Dok. 218 (H. v. Hofmannsthal an P. Zifferer, 7.8.[1918]).

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und dass beschlossen werde, über dieses Exposee [Reinhardts Brief, Anm. d. Verf.] baldigst eingehend Beratung zu pflegen«.319 Mit der einstimmigen Annahme dieses Vermittlungsvorschlags hatte sich Damisch, der Reinhardts Plänen offenbar nach wie vor mit Skepsis begegnete, fürs Erste gegenüber seinem Freund Gehmacher durchgesetzt, wobei davon ausgegangen werden kann, dass auch die anderen Wiener Direktionsmitglieder und vermutlich auch Schalk Vorbehalte gegen eine vorschnelle Bindung an Reinhardt hatten. Die Generalversammlung der Festspielhaus-Gemeinde, die am folgenden Tag im festlichen Rahmen des Marmorsaals von Schloss Mirabell stattfand, gab der Direktion die Ermächtigung, »durch das Präsidium einen mehrgliedrigen Kunstrat zur Lösung der künstlerischen und fachmännischen Fragen einzusetzen«.320 Damisch hatte als Festredner den Schriftsteller und Redakteur der Wiener Zeitung Rudolf Holzer gewonnen. Dieser entwarf – ohne Reinhardt zu erwähnen – eine Zukunftsvision der Festspiele, die nicht nur dessen, sondern auch Hofmannsthals Vorstellungen durchaus nahe kam  : »Vereinigen wir uns heute im festen Vorsatze, der Kunst am Fuße der hehren Salzburger Berge ein Haus zu bauen, so schaffen wir der künstlerischen Entwicklung eine Freistatt, an der Dichter und Tondichter, Darsteller und Sänger, Regisseure und Musiker, Maler und Bühnentechniker, befreit vom Alltagsbetriebe des großstädtischen Geschäftstheaters, angeregt von Eindrücken höchster landschaftlicher Schönheit, den die höchste, vollendetste, mustergebendste Kultur des modernen Theaters repräsentierenden Organismus aufbauen können.«321 Das zukünftige Festspielhaus solle – so Holzer – »eine Pflegestätte österreichischnationaler Bühnenkunst« sein, an der »eine tatsächliche, harmonische, ensemblemäßige Zusammenfassung der Wiener und alpländischen Volksdramatik erfolgen« werde. Hier könnten »die Klassiker des Volkstums […] in vollendeten Musterbesetzungen, in der Regiekunst einer markanten Persönlichkeit endlich auf ein breites deutsches und – in nicht allzu ferner Zeit hoffentlich – auch ein fremdländisches Publikum wirken«. Auch »das Oratorium, wie das geistliche Festspiel« würden »in der alten bischöflichen Residenzstadt noch ein ganz besonderes empfängliches Echo und Verständnis finden«. Wie Reinhardt warnte auch Holzer vor der Gefahr eines »gegen Miete« offenstehenden Gastspieltheaters, das »der Spekulation, der künstlerischen wie geschäftlichen, alle Tore« öffnen würde. Auch lehnte er die Schaffung eines reinen »Mozart-Festspielhauses« ab. Im Zentrum seiner Überlegungen stand eindeutig die theatralische Kunst  : »Das Festliche, Sonntägliche, Einmalige, Ereignisvolle der Urkunst sind Erschütterungen, die das Theater der Antike, Calderons, 319 Dok. 220 (Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 14.8.1918). 320 Dok. 221 (Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 16.8.1918, S. 4 f.). 321 Dok. 222 (Rudolf Holzer  : Die Festspiel-Idee. In  : Salzburger Volksblatt, 16.8.1919, S. 2 f.).

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Shakespeares, Schillers besitzt, ist der hohe Gipfel dramatischer Kunst.«322 Inwiefern Holzer bewusst im Geiste Reinhardts sprach, bleibt offen. Immerhin finden sich in seiner Rede einige der wesentlichen Schlagworte, die Hofmannsthal und Reinhardt ihrer eigenen Festspielkonzeption zugrunde legten. Auch die Erwähnung Calderóns, auf den Reinhardt bereits in seiner Denkschrift vom April 1917 hingewiesen hatte, erscheint nicht zufällig. Die Teilnehmer der Generalversammlung der Festspielhaus-Gemeinde ahnten nicht, dass am selben Tag in Bad Ischl das von Hugo von Hofmannsthal initiierte Gespräch mit Max Reinhardt und Leopold von Andrian stattfand, an dem auch Richard Strauss teilnahm. Dabei ging es um nicht mehr und nicht weniger als eine kulturpolitische Weichenstellung im Sinne von Hofmannsthals Idee einer kulturellen Mission Österreichs, welche den Fortbestand der Habsburgermonarchie legitimieren sollte. Hofmannsthal setzte seine Hoffnung auf Andrian, der als Generalintendant der k. k. Hoftheater seinen Einfluss nicht nur in den beiden Wiener Hoftheatern geltend machen sollte. Als eigentlicher Schauplatz einer Verwirklichung von Hofmannsthals »Österreichischer Idee«323 war vielmehr Salzburg vorgesehen, wo Max Reinhardt sich eben niedergelassen hatte und Festspiele plante, deren Konzeption sich weitgehend mit den Vorstellungen Hofmannsthals deckte. Bei dem Zusammentreffen in Bad Ischl324 sollte die Möglichkeit eines Zusammenwirkens von Andrian und Reinhardt ausgelotet werden. Vor allem musste der Generalintendant davon überzeugt werden, die Patronage über Reinhardts Salzburger Festspiele zu übernehmen, was den Einfluss der Festspielhaus-Gemeinde von vornherein eingeschränkt hätte.325 Bei der Unterredung vom 15. August 1918 konnte zwar ein grundsätzliches Einvernehmen aller Beteiligten über die Salzburger Festspielpläne hergestellt werden. Noch fehlte aber ein verbindliches Programm Reinhardts, das Andrian benötigte, um Kaiser und Hof von der Sinnhaftigkeit einer Ausweitung des Wirkungsbereichs der Generalintendanz auf zukünftige Salzburger Festspiele zu überzeugen. Um hier Klarheit zu schaffen, traf sich Hofmannsthal am folgenden Tag ein weiteres Mal mit Reinhardt, diesmal im Beisein Richard Beer-Hofmanns, der Reinhardt bei der 322 Ebd. 323 Vgl. den Essay Hugo von Hofmannsthals »Die österreichische Idee«, der am 2.12.1917 in der Neuen Zürcher Zeitung erschien (Hugo von Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 [1910–1919]. Hg. von Klaus E. Bohnenkamp, Katja Kaluga und Klaus-Dieter Krabiel [= Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Rudolf Hirsch, Anne Bohnenkamp, Mathias Mayer u. a., Bd. 34]. Frankfurt/M.: S. Fischer 2011, S. 204–207). 324 Bad Ischl als Treffpunkt lag nahe, da Reinhardt hier wie schon in früheren Jahren auf Sommerfrische weilte. Hofmannsthal hielt sich zur selben Zeit im nahen Altaussee auf. Nur Andrian reiste von Wien aus an. 325 Vgl. den Kommentar Klaus-Dieter Krabiels in  : Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 (wie Anm. 323), S. 1321.

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Abfassung eines solchen Exposés unterstützen sollte. Hofmannsthal drängte BeerHofmann gegenüber auf rasches Handeln, weil Reinhardts Abreise unmittelbar bevorstehe und Leopold von Andrian vorerst »nichts in der Hand« habe, so dass die Gefahr drohe, dass »die Sache […] indessen durch Gott weiß welch Intriganten und die gewisse camorra alles Impotenten ins falsche Fahrwasser« komme.326 Hofmannsthal übernahm die Aufgabe schließlich selbst. Nach zwei weiteren Treffen mit Reinhardt verschriftlichte er das »Resultat alles dieses gemeinsamen Durchdenkens«327 in Form eines vom 5. September 1918 datierten Briefes von Reinhardt an Andrian – heute bekannt als »Reinhardt-Memoire« – sowie eines Begleitschreibens. Schon im Vorfeld erklärte Hofmannsthal seinem Freund, dass »die Möglichkeiten, die sich an den Gedanken der Salzburger Festspiele anknüpfen«, ihm als »so große, so lichtvolle, ja die einzig lichtvollen an diesem ganzen Complex« erscheinen würden, dass er »seit unserem Auseinandergehen in Ischl nicht abgelassen habe, diese Sache weiter zu verfolgen.«328 Es ist hier nicht der Ort, um den Inhalt des »Reinhardt-Memoires« einer eingehenden Analyse zu unterziehen.329 Abgesehen von der programmatischen Schwerpunktsetzung, »in Salzburg an dieser einzig richtigen Stätte eine Triumphpforte österreichischer Kunst zu errichten«, und zwar mit dem Ziel, »die reife Frucht der oesterreichischen Gesammtkultur […] einem europäischen Publikum darzubieten«, beinhaltete das Memoire erstmals auch ein klares Bekenntnis Hofmannsthals und Reinhardts zur Zusammenarbeit mit der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, deren vorbereitendes Wirken im Sinne des Festspielgedankens gewürdigt wurde. »Auch in Oesterreich«, schreibt Hofmannsthal im Namen Reinhardts, sei »an der geeignetsten Stelle  : in Salzburg dieser Gedanke aufgegriffen worden. Es hat sich ein Festspielverein gebildet, der Kapital sammelt  ; ein Grundstück am Hang des Hügels von Maria Plain, der wie ein Wahrzeichen von Oesterreich über die Grenze gegen das Bayerische hinschaut, ist wie ich höre für den Bau gesichert. Der Name Mozarts soll dem Unternehmen nicht nur die Weihe, sondern auch das Gepräge geben. Ich wüsste keinen glücklicheren. […] Auch was die Salzburger Herren weiterhin zu Gunsten ihres Unternehmens anführen, scheint mir als wohlbegründet  : dass die Schönheit der Gegend, die zentrale Lage der Stadt, Schnittpunkt wichtiger, europäischer Reiselinien, sie vorherbestimmt 326 Dok. 223 (H. v. Hofmannsthal an R. Beer-Hofmann, 17.8.1918). 327 Dok. 225 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 27.8.1919). 328 Ebd. 329 Vgl. dazu Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kultur (wie Anm. 261), S. 58–63  ; Oliver Rathkolb  : In Salzburg eine Triumphpforte österreichischer Kunst errichten. Der kulturpolitische Kontext der Gründungsphase der Salzburger Festspiele. In  : Generaldirektion des Österr. Staatsarchivs (Hg.)  : Beruf(ung)  : Archivar. Festschrift für Lorenz Mikoletzky. Bd. 1. Innsbruck, Wien  : StudienVerlag 2011, S. 575–597.

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zu dieser kulturpolitischen Aufgabe ersten Ranges. Dass gerade von Oesterreich aus es möglich sein wird, die zerrissenen Fäden der europäischen Kulturgemeinschaft wieder anzuknüpfen und in keinem Zeichen eher als im Zeichen der Musik und des Theaters.« Die Entscheidungsbefugnis in programmatischen Fragen sollte in Zukunft allerdings nicht bei den – im Übrigen nie namentlich genannten – »Salzburger Herren« liegen. Hofmannsthal und Reinhardt wünschten sich für das Gelingen »diese[r] Salzburger Unternehmung in einem grossen, Oesterreich ehrenden Sinn […] eine konstitutive Allerhöchste Willensäusserung, […] welche über den einmaligen Akt des Wohlwollens hinausgehend als andauernd und immanent diesem Unternehmen ein den Hoftheatern verwandtes Gepräge und verwandten Rang verleiht«. In Hinblick auf Andrian heißt es weiter, dass »unbeschadet der Selbstständigkeit des Salzburger Komitees in allen materiellen Dingen«, dieses Verhältnis dadurch zum Ausdruck kommen sollte, »dass einer Persönlichkeit, die in diesem Ressort [Generalintendanz, Anm. d. Verf.] das Allerhöchste Vertrauen geniesst, gleichsam kommissarisch die letzte Entscheidung in allem Geistigen und Künstlerischen zustehen müsste.«330 Im Begleitschreiben an Andrian verdeutlichte Hofmannsthal Reinhardts Position. Dessen Wirken in Salzburg sei »nur möglich wenn Garantien dafür da sind, daß das Salzburger Unternehmen in der glücklichsten Form zustandekomme. […] Es kommt Reinhardt als condicio sine qua non darauf an  : 1° daß e i n e einzige Persönlichkeit, als welche er Dich ansieht, diejenige wäre mit der er zu tun haben wird 2° daß keine Halbheit, keine Vereinsmeierei, Curatoriumswirtschaft, locale Eifersüchtelei, Cliquenwirtschaft sich vordrängt […] 3° die unerläßliche Unterstützung durch die Behörden, nicht nur in Phrasen, sondern wirklich und wirksam und beständig.« Wenn Andrian »in allmählicher Werbearbeit, besonders allerhöchstenorts, die gewünschte Situation für die Zukunft garantieren« könne, »würde Reinhardt nicht einmal den Bau des Festspielhauses abwarten, sondern sogleich im ersten Friedenssommer im bestehenden städtischen Theater zu spielen anfangen, alles d’accord mit Dir«. Für das Komitee, »das paradieren will, aber natürlich ahnungslos ist was gemacht werden soll« – gemeint ist die Festspielhaus-Gemeinde – , war lediglich eine »Ehrenfunction« vorgesehen.331 Auf Seiten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde war man nach der Generalversammlung im Übrigen keineswegs untätig geblieben. Da Gehmacher und Damisch mittlerweile von den Planspielen Reinhardts und Hofmannsthals unter der Patronage des Generalintendanten Kenntnis erhalten hatten, ergriffen sie nun selbst die Initiative. In einer Nachschrift zu seinem Schreiben vom 8. September informierte Hofmannsthal den Generalintendanten, dass »die beiden leitenden Herren 330 Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918). 331 Dok. 229 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 8.9.1918).

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des Comités« – gemeint sind Damisch und Gehmacher – Reinhardt Ende August in Salzburg aufgesucht hätten und »s e l b s t möglichste Annäherung an die Hoftheater u. Gewinnung Deiner Person [Andrian, Anm. d. Verf.] als höchsten Wunsch bezeichnet« hätten.332 Hofmannsthal drängte Andrian daher aufs Neue, das Protektorat über zukünftige Salzburger Festspiele zu übernehmen. Ansonsten würde »ja gar nichts heraus [kommen] als ein ödes Gastiertheater, eine Art Theaterhôtel«, denn »zu Höherem« habe »sich die Phantasie der Salzburger Unternehmer nicht aufgeschwungen.«333 Hofmannsthals abschätziges Urteil über die Funktionäre der Festspielhaus-Gemeinde lässt darauf schließen, dass ihm deren Kooperationsbereitschaft eher suspekt als willkommen war und er daher – ebenso wie Reinhardt – auf einen bestimmenden Einfluss Andrians auf die Gestaltung zukünftiger Festspiele hoffte. Auf Seiten der Festspielhaus-Gemeinde war man sich dieser heiklen Konstellation offenbar bewusst, denn schon wenige Tage nach der Unterredung mit Reinhardt wandte sich Damisch mit der Bitte an Andrian, diesen persönlich über die Ziele der Festspielhaus-Gemeinde informieren zu dürfen.334 Dieses Gespräch fand kurz darauf statt, so dass Damisch bei der Direktionssitzung der Festspielhaus-Gemeinde in Wien am 11. September 1918 berichten konnte, Andrian sei dazu bereit, »sich an der Leitung des Vereines zu beteiligen und demselben seine Förderung angedeihen zu lassen«.335 Damisch berichtete außerdem, dass Reinhardt ihm gegenüber »neuerlich sein großes Interesse für die Festspielhaus-Idee« bekundet habe und er sich ebenfalls »jetzt schon an den Arbeiten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde […] beteiligen« wolle. Auf Antrag Damischs beschlossen die Direktionsmitglieder der FestspielhausGemeinde daraufhin, »zur Durchführung der künstlerischen Vorarbeiten, zur Festlegung von programmatischen Direktiven, zur intimen Mitarbeit, sowie zur Leitung der seinerzeitigen Festspiele, einen Kunstrat einzusetzen und in denselben den Professor Max Reinhart, den Generalmusikdirektor Dr. Richard Strauss und den Hofopernkapellmeister Professor Franz Schalk zu berufen.«336 Mit der Nominierung von Reinhardt, Schalk und Strauss setzte die Direktion der Festspielhaus-Gemeinde den Grundsatzbeschluss der Generalversammlung vom 15. August 1918 auf Einsetzung eines Kunstrats um. Nicht nur Damischs ursprüngliche Reserven gegenüber Reinhardt hatten zu einer Verzögerung geführt, auch Andrian hatte Mühe gehabt, die Widerstände in Hofkreisen zu überwinden, wo – wie er 1928 in einem Rückblick auf seine Tätigkeit als Generalintendant berichtete – 332 Ebd. (Nachschrift vom 9.9.1918). 333 Ebd. 334 Vgl. Dok. 227 (H. Damisch an L. v. Andrian, 4.9.1918). 335 Dok. 230 (Protokoll der Direktionssitzung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, [11.9.1918]). 336 Ebd.

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»von Neidern oder sterilen Kritikern ausgegebene Schlagworte gegen Reinhardt« spukten und »unsachliche und unkünstlerische Vorurteile gegen ihn strebten, sich einzunisten«.337 Vielleicht lag es an der Furcht vor derlei Ressentiments, dass die Kunde von der Bestellung eines Kunstrats zunächst nicht an die Öffentlichkeit drang. Weder berichtete die Tagespresse im Herbst 1918 darüber, noch konnte man in der Oktobernummer der Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, die ansonsten detailliert über das Vereinsgeschehen berichtete, etwas über die Gründung und Zusammensetzung des Kunstrats erfahren. Erst nach dem Zusammenbruch der Monarchie und der Formierung des neuen österreichischen Staatswesens informierte die Festspielhaus-Gemeinde ihre Mitglieder, dass Reinhardt, Schalk und Strauss »gemäß einem seinerzeitigen Beschlusse der Direktion und der Ermächtigung der Generalversammlung« in den Kunstrat berufen worden seien.338 Zu diesem Zeitpunkt waren die Karten auf politischer Ebene bereits neu gemischt. Generalintendant Andrian war zugleich mit seinem Dienstherrn Kaiser Karl als Akteur von der politischen Bühne abgetreten. Ob er zuvor noch – wie er in seinem Rückblick behauptete – »die prinzipielle Zustimmung des Monarchen sowohl zur Idee der Salzburger Festspiele unter kaiserlicher Patronanz, wie zu Reinhardt als deren Leiter«339 erhielt, lässt sich aktenmäßig nicht bestätigen. Mit dem Rücktritt der kaiserlichen Regierung und der Übertragung der k. k. Hoftheater in den Besitz der Republik war der Plan Andrians und Hofmannsthals, in Salzburg von Reinhardt geleitete Festspiele zu gründen, vorerst jedenfalls gegenstandslos geworden. Zumindest Andrian war sich dessen bewusst, denn er wies im Dezember 1918 bei einem Besuch in Berlin »entschieden« das Ansinnen Reinhardts zurück, auch unter den geänderten Umständen die »Oberleitung« der Salzburger Festspiele zu übernehmen.340 4.3 Planungen und Aktivitäten im Vorfeld des Jedermann Die Initiative zur Gründung von Festspielen lag nun wieder bei der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. Diese konnte sich immerhin auf eine organisatorisch gefestigte Vereinsstruktur stützen, welche den politischen Systemwechsel unbeschadet überstanden hatte. Vor allem aber bot die Idee von Festspielen in Salzburg all jenen, die bereits während des Krieges mit der Festspielhaus-Gemeinde in Verbindung getreten waren, angesichts des Zusammenbruchs der alten Welt ein Stück Hoffnung, 337 Dok. 242 (L. v. Andrian  : Meine Tätigkeit als Generalintendant der Wiener Hoftheater. In  : Neue Freie Presse, 4.11.1928, Morgenblatt, Beil., S. 33 f.). 338 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), Nr. 3 u. 4 (Dezember), S. 66. 339 Dok.  242 (L. v. Andrian  : Meine Tätigkeit als Generalintendant der Wiener Hoftheater), wie Anm. 337. 340 Dok. 249 (L. v. Andrian  : Reise in Deutschland vom 17ten Dec. 018 bis 3te Januar 1919. Tagebuchauszug).

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»daß sich dieses friedliche, der Kunst und der Schönheit und damit auch der Versöhnung der heute klaffenden Gegensätze geweihte Werk bald erheben kann, als ein lebendiges Denkmal dafür, daß wir auch im Grauen einer furchtbaren Zeit den Glauben an die Zukunft und an die Kunst nicht verloren haben.«341 Wenn es eine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde sowie Reinhardt und Hofmannsthal gab, dann war es das Bekenntnis zur friedensstiftenden Funktion eines »österreichischen Festspielhauses«. Hatte Damisch bereits im September 1916 vom Festspielhaus-Projekt als einem »hervorragenden Friedenswerke« gesprochen, das »auf künstlerischem Boden die Gegensätze der Nationen Europas« ausgleichen könne,342 so lag es für Reinhardt 1917 »gewissermassen in der Luft«, in Salzburg »der populärsten und in der augenblicklichen Wirkung jedenfalls mächtigsten Kunst, des Theaters, als eines der ersten Friedenswerke, ein Festspielhaus zu errichten«.343 Im ersten Aufruf der Festspielhaus-Gemeinde vom Jänner 1918 hieß es, dass in Salzburg »ein Werk des Friedens, der Kunst und der Freude« zu schaffen sei,344 und auch Hofmannsthal sah im September desselben Jahres »mitten unter dem Wust und der Qual des Kriegsgeschehens« den Festspielgedanken als »eminente[s] Friedenswerk«.345 Nach dem Ende der Habsburgermonarchie waren die Voraussetzungen für die Schaffung dieses »Friedenswerks« jedoch nicht mehr dieselben wie während des Krieges. In Anbetracht der geringen wirtschaftlichen Ressourcen, welche der Republik Österreich verblieben waren, bedurfte es neuer Argumente, um die Repräsentanten des neuen Staatswesens für die Festspielidee zu gewinnen. Nun ging es darum, den Bereich von Kunst und Kultur als jene Kernkompetenzen zu definieren, in denen Österreich nach wie vor konkurrenzfähig war. Da »die künstlerische Produktivität der Deutschösterreicher seit jeher von erstem Rang und höchster Bedeutung« gewesen sei, biete es sich nun an – so argumentierte die Festspielhaus-Gemeinde −, diese Fähigkeit durch eine Verwirklichung des Festspielhaus-Projekts »nicht nur kulturell, sondern auch politisch auszuwerten und ihre materielle Rückwirkung auf wirtschaftliche Gebiete, so weit als nur irgend möglich zu verstärken und der Nationalökonomie zuzuführen.«346 Angesichts der veränderten politischen Verhältnisse erwies sich für Reinhardt und Hofmannsthal eine Zusammenarbeit mit der Festspielhaus-Gemeinde als un341 Dok. 250 (Memorandum der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, o. D. [vermutl. Anfang 1919]). 342 Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916). 343 Dok. 121 (M. Reinhardt  : Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]). 344 Dok. 164 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : Aufruf zur Gründung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg, Jänner 1918). 345 Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918 = »Reinhardt-Memoire«). 346 Dok. 254 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Staatsamt für Finanzen, o. D. [27.2.1919]).

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umgänglich,347 und dies umso mehr, als diese bereits im Jänner 1919 von sich aus die Initiative ergriff und im Rahmen einer »Finanzenquete« den Kontakt zu den politischen Institutionen der Republik herstellte.348 Der Kunstrat der FestspielhausGemeinde war durch Richard Strauss und Franz Schalk vertreten, Max Reinhardt entschuldigte sich mit der Versicherung, dass er »mit unverminderter Freudigkeit und vollkommener Bereitschaft zur Sache Salzburger Festspiele stehe und diese nach wie vor für eine hohe Mission und ein entschiedenes Privileg unseres Vaterlandes halte«.349 Die Prominenz der Teilnehmer an der »Finanzenquete« konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das notleidende Staatswesen nicht in der Lage war, die für eine rasche Verwirklichung des Festspielhaus-Projekts erforderlichen Subventionen zur Verfügung zu stellen. Aber allein schon das Zustandekommen der Enquete in einer krisenhaften Situation, in der massive Versorgungsprobleme alle politischen Entscheidungen überlagerten, lässt erkennen, dass die Repräsentanten der Parteien die Sinnhaftigkeit einer materiellen Förderung von Kunst auch in einer Stunde höchster Not nicht grundsätzlich in Frage stellten.350 Auch innerhalb der Festspielhaus-Gemeinde war man sich bewusst, dass die 1918 mit Reinhardt geknüpften Bande für die Verwirklichung des Festspielgedankens unverzichtbar waren. Bereits im Februar erfolgte die Erweiterung des Kunstrats um Hugo von Hofmannsthal und den Bühnenbildner Alfred Roller,351 womit die personellen Weichen für die Umsetzung des Festspielgedankens im Sinne Reinhardts gestellt waren, wenn auch unter gewichtigerer organisatorischer Beteiligung der Festspielhaus-Gemeinde, als es im Herbst 1918 vorgesehen gewesen war. Die Veröffentlichung von Hofmannsthals programmatischem Aufsatz »Deutsche Festspiele zu Salzburg« in der Aprilnummer der Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde besiegelte fürs Erste die Kooperation der beiden ungleichen Proponenten-Fraktionen des Festspielgedankens.352 Der alte Gegensatz war jedoch nur oberflächlich überwunden. Wie sehr insbesondere Hofmannsthal bestrebt war, die Fäden der Entwicklung aufs Neue aufzugreifen, die durch den Abtritt Andrians von der Bühne 347 Vgl. Klaus-Dieter Krabiel  : Kommentar. In  : Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 (wie Anm. 323), S. 1322. 348 Vgl. Dok. 252 (Bericht über die Finanz-Enquete vom 21. Jänner 1919. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 3. u. 4 [April], S. 19–31). 349 Ebd.; vgl. auch Dok. 251 (M. Reinhardt an A. von Thurn und Taxis, 19.1.1919). 350 Zur desaströsen Lage im Jänner 1919 vgl. Alfred Pfoser, Andreas Weigl  : Die erste Stunde Null. Gründungsjahre der österreichischen Republik 1918–1922. Salzburg, Wien  : Residenz 2017, S. 73 ff. 351 Der Beschluss zur Erweiterung des Kunstrats wurde vermutlich in der Sitzung des Arbeits- und Vollzugsausschusses der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde vom 6.2.1919 gefasst  ; vgl. Dok. 254 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Staatsamt für Finanzen, o. D. [27.2.1919]). 352 Vgl. Dok. 257 (H. v. Hofmannsthal  : Deutsche Festspiele zu Salzburg. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 3 u. 4 [April], S. 1–3).

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unterbrochen worden waren, zeigte sein Brief an Reinhardt vom 26. Mai 1919, in dem er auf ein einiges Handeln der Kunstratsmitglieder drängte, denn – so lautet seine Forderung – »die Salzburger Bürger des comités müssen das Gefühl haben, von uns mit sicherer Hand in einer bestimmten uns vorschwebenden Richtung geführt zu werden«.353 Diesem Zweck habe unter anderem sein kurz davor erschienener Programmentwurf gedient. Hofmannsthals Vorbehalt gegen jegliche vereinsmäßige Betriebsamkeit in Kunstangelegenheiten saß tief. Bereits als 17-jähriger Schüler mokierte er sich anlässlich seiner Teilnahme am Musikfest von 1891 über die dilettantische Kunst- und Traditionspflege der Salzburger Bürger. »Der Lokalpatriotismus« habe – so lästerte er – »seine weißeste Kravatte« umgebunden »und aus Gemeinderäthen, Notaren und Feuerwehrkommandanten« seien »Tenore, flinke Komitémitglieder und lächelnde Wirte« geworden.354 Die Musikfeste der Vorkriegszeit waren in künstlerischer und programmatischer Hinsicht weder für ihn noch für Reinhardt Vorbild oder Orientierungspunkt,355 jedenfalls viel weniger als für Gehmacher und Damisch, die ursprünglich kaum mehr als eine Institutionalisierung der Mozartfeste im Sinn gehabt hatten. Das verbindende Element zwischen beiden Initiativen unter den schwierigen Rahmenbedingungen des Jahres 1919 war allerdings die Einsicht, dass die Etablierung von Festspielen ohne Errichtung eines Festspielhauses aussichtlos war und dieses Ziel nur durch eine enge Kooperation erreichbar sein würde. Immerhin betrug die Mitgliederzahl der Festspielhaus-Gemeinde Mitte Juni 1919 – bei ständig steigender Tendenz – bereits 1151, wovon 786 auf den Zweigverein Salzburg entfielen.356 Die beträchtlichen Summen, die bereits als Spenden von »Stiftern« und »Gründern« sowie durch Mitgliedsbeiträge eingeworben worden waren, verloren durch die sich beschleunigende Inflation allerdings kontinuierlich an Wert. Das Kapital der Festspielhaus-Gemeinde wurde nicht nur für den aufwändigen Betrieb der Zweigvereinsbüros in Wien und Salzburg und deren Werbe- und Reklametätigkeit benötigt. Am dringlichsten erschien die rasche Inangriffnahme des Festspielhaus-Projekts, denn es sei ausgeschlossen – wie Emil Ronsperger am 28. Mai in einer Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder der FestspielhausGemeinde darlegte – , »daß der Staat uns subventioniert, bevor er nicht zur Überzeugung gekommen ist, daß es mit dem Bau ernst wird«.357 Die Vorbereitungen des 353 Dok. 264 (H. v. Hofmannsthal an M. Reinhardt, 26.5.1919). 354 Hugo von Hofmannsthal  : Die Mozart-Zentenarfeier in Salzburg. In  : Ders.: Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Hg. von Herbert Steiner. Prosa I. Frankfurt/M.: S. Fischer 1956, S. 39 f. 355 Vgl. Albert Dikovich  : Salzburg. Neue Verhältnisse altes Spiel. In  : Wilhelm Hemecker, Konrad Heumann (Hg.)  : Hofmannsthal. Orte. 20 biographische Erkundigungen. Wien  : Zsolnay 2014, S. 354– 374. 356 Vgl. Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 6 (Juni), S. 17. 357 Dok. 265 (Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder, 28.5.1919).

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Kunstratsmitglieds Alfred Roller waren immerhin so weit gediehen, dass er ein »ausführliches, detailliertes Projekt« samt Skizzen vorlegen konnte. Da Reinhardt nicht anwesend war, musste die weitere Erörterung der Festspielhaus-Frage vorerst jedoch aufgeschoben werden.358 Die zweite Generalversammlung der Festspielhaus-Gemeinde fand am 18. August 1919 in Salzburg unter Anwesenheit von führenden Vertretern von Stadt, Land und Bund statt und wurde zu einer Demonstration des gemeinsamen Wollens von Verein und Kunstrat. Reinhardt, Roller und Hofmannsthal waren anwesend, wobei Letzterer, wie das Salzburger Volksblatt berichtete, »in bezwingend geistvoller Rede den Gedanken entwickelte, daß gerade in Salzburg die Erbauung eines Festspielhauses in dem Zusammenströmen aller Tendenzen der süddeutschen Theatergeschichte tief begründet sei«.359 Am Nachmittag desselben Tages präsentierte Roller im Park von Hellbrunn vor zahlreichen Freunden des Festspielhaus-Projekts »viele berückende Ideen über die Gesamtanlage des zukünftigen Festspielhauses«.360 Die Entscheidung für eine Inangriffnahme des Bauprojekts war im Übrigen bereits am Tag zuvor in einer Direktionssitzung der Festspielhaus-Gemeinde gefasst worden, und zwar nach vorhergehenden Besprechungen mit Reinhardt und Roller.361 Dieser war es dann auch, der die Direktion der Festspielhaus-Gemeinde im November davon überzeugte, keinen Wettbewerb zu veranstalten und stattdessen die Architekten Josef Hoffmann und Hans Poelzig mit der Erstellung von Projektentwürfen für ein Festspielhaus im Park von Hellbrunn zu betrauen.362 Auch bei optimistischer Einschätzung der Perspektiven war jedoch davon auszugehen, dass bis zur Fertigstellung eines Festspielhauses noch Jahre vergehen würden. Sowohl die Festspielhaus-Gemeinde als auch Reinhardt und Hofmannsthal waren sich der Notwendigkeit bewusst, diese Durststrecke nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Nachdem im Sommer 1919 keinerlei festliche Aufführungen stattgefunden hatten, stellte sich nun die Frage, durch welche Aktionen es möglich sein würde, Salzburg als lebendigen Schauplatz der Festspielidee in Erinnerung zu rufen, ohne jedoch fremdenfeindliche Reaktionen der Salzburger Bevölkerung zu provozieren, welche angesichts der tristen Versorgungslage dem Zustrom kaufkräftiger Gäste ab358 Ebd. 359 Dok. 273 (Generalversammlung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 18.8.1919, S. 4). 360 Ebd. 361 Vgl. Dok. 272 (Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde beschließt die Einleitung eines Planungsprozesses zur Errichtung eines Festspielhauses. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 9 [September], S. 22). 362 Vgl. Dok. 286 (Josef Hoffmann und Hans Poelzig werden von der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde mit der Ausarbeitung von Ideenprojekten für ein Festspielhaus betraut. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 11 [November], S. 16).

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lehnend gegenüberstand. Für Reinhardt bot es sich unter diesen Umständen an, die von ihm schon mehrfach ins Spiel gebrachte Idee der Inszenierung von geistlichen Spielen aufzugreifen, für deren Aufführung Kirchen und Plätze ohnehin eher geeignet waren als Theaterbühnen und bei deren Veranstaltung man die einheimische Bevölkerung als Mitwirkende und Publikum einbeziehen konnte. Während die Mitglieder der Festspielhaus-Gemeinde, wie Reinhardts Sekretärin Gusti Adler im September 1919 spöttisch bemerkte, »noch jetzt von ihrer Generalversammlung ganz erschöpft seien« und ihre »Schlaffheit« einen »übergroßen Optimismus für das Zukünftige nicht aufkommen« lasse,363 war Reinhardt bereits dabei, die nächsten Schritte zu sondieren. Glaubt man einem Erinnerungsbericht Einar Nilsons, der die Musik zu Jedermann komponierte, dann fasste Reinhardt im Herbst 1919 ins Auge, Hofmannsthals »Spiel vom Sterben des reichen Mannes« auf dem Domplatz zur Aufführung zu bringen.364 Zur selben Zeit – Anfang September 1919 – trafen Reinhardt und Hofmannsthal einander mehrmals in Salzburg zu Gesprächen über eine Bearbeitung oder Nachdichtung des Calderón’schen Weltheaters,365 ein Vorhaben, dessen Verwirklichung jedoch weit mehr Zeit in Anspruch nehmen sollte, als ursprünglich gedacht. Reinhardt hatte sich zu dieser Zeit, wie seine Sekretärin Gusti Adler berichtet, in den Salzburger Bibliotheken auf die Suche nach unbekannten Volksschauspielen gemacht, wobei er unter anderem »in der weißkühlen staubduftenden Studienbibliothek« auf das Radstädter Jüngste Gericht gestoßen sei, dessen Bearbeitung und Inszenierung ihn lange beschäftigt habe.366 Als einziges Vorhaben, dessen Verwirklichung kurzfristig möglich schien, stand jedoch nur eine Aufführung des von Max Mell bearbeiteten Halleiner Weihnachtsspiels in der Franziskanerkirche zur Diskussion, die Reinhardt trotz aller zeitbedingten Widrigkeiten für die Weihnachtstage 1919 ins Auge fasste.367 Als die ersten Schwierigkeiten auftraten, berichtete Gusti Adler an Hofmannsthal, dass die »Herren von der Festspielhaus-Gemeinde« das Projekt »mit solcher Begeisterung« aufgenommen hätten, »daß es schwer wäre, die Sache jetzt direkt abzusagen«.368 Die Vorbereitungen für das Weihnachtsspiel wurden zunächst zwar noch fortgeführt. Mitte November 1919 erfolgte aber schließlich die 363 Dok. 278 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 21.9.1919). 364 Vgl. Dok. 275 (E. Nilson  : »Jedermann« am Domplatz  ?)  ; auch einer Reihe anderer Personen aus dem Umfeld von Reinhardt – wie Hermann Bahr, Erwin Kerber und Bernhard Paumgartner – wird das Verdienst zugeschrieben, den Domplatz als Spielstätte angeregt zu haben. Vgl. Edda Fuhrich, Gisela Prossnitz (Hg.)  : Die Salzburger Festspiele. Ihre Geschichte in Daten, Zeitzeugnissen und Bildern. Band I. 1920–1945. Salzburg, Wien  : Residenz 1990, S. 20. 365 Vgl. Dok. 278 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 21.9.1919). 366 Adler  : Max Reinhardt (wie Anm. 265), S. 78. 367 Ebd., S. 80 f. 368 Dok. 278 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 21.9.1919).

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Absage, obwohl Damisch noch bis zuletzt gehofft hatte, dass die Fremden bereit sein würden, »auch Fantasiepreise für Hotel und Verköstigung zu zahlen«.369 Reinhardts Hoffnung, durch die Aufführung des Weihnachtsspiels »[d]er Festspielsache […] – vorläufig nur in Salzburg selbst – gute[n] Boden«370 zu bereiten, hatte sich also nicht erfüllt. Als der Salzburger Zweigverein der Festspielhaus-Gemeinde im Jänner 1920 in Eigenregie Georg Terramares alten Überlieferungen nachempfundenes Spiel von der Geburt des Herrn, den Hirten und den Königen im Salzburger Kurhaus zur Aufführung brachte, war dies gewiss keine vollwertige Kompensation für die Absage von Reinhardts Projekt.371 Der weitere Gang der Entwicklung im Herbst und Winter 1919/20 zeigt, dass es zum einen um die Binnenkommunikation innerhalb der Festspielhaus-Gemeinde nicht zum Besten stand und dass zum anderen auch der Kontakt zwischen Hofmannsthal und Reinhardt ins Stocken geraten war. Hofmannsthal beklagte sich gegenüber Gusti Adler, »bei einer so durchaus gemeinsamen Arbeit« wie dem »Salzburger Welttheater« sei »ein Fortfahren« seinerseits nicht möglich, solange keine inhaltliche Verständigung mit Reinhardt hergestellt sei  : »Verschaffen Sie mir bitte fürs Nächste Klarheit darüber ob Reinhardt an dem Plan noch wirklich festhält.«372 Wenig ermunternd war auch der Kommentar des mit Hofmannsthal befreundeten Schriftstellers Rudolf Pannwitz zu dessen Festspielplänen  : »aber diese Salzburger sache kann nach meinem tiefsten instinkte auch nicht ein schatten von dem werden was Sie davon erwarten oder verlangen. es wäre selbstverständlich gewesen dass man über Salzburg Sie fast dictatorisch bestimmen liess.«373 Während Pannwitz Richard Strauss’ berechnenden Charakter schmähte, erhoffte sich Hofmannsthal gerade von dessen Anwesenheit als Co-Direktor der Oper in Wien auch Fortschritte beim Festspielprojekt  : »jetzt wo Strauss da ist, muß dieses Werkel aus seinem Provinztrott herausgerissen werden – es steht zu Schönes auf dem Spiel – nicht weniger als  : für Schauspiel und Oper die Suprematie dauernd nach Oesterreich zurückzubringen.«374 Die Zweigvereine der Festspielhaus-Gemeinde zerrieben sich währenddessen an organisatorischen Kleinfragen und einer sich immer deutlicher manifestierenden Rivalität zwischen den Wiener und den Salzburger Funktionären. Während Gehmacher unangefochten an der Spitze des Salzburger Zweigvereins agierte, profilierte sich im Wiener Zweigverein Emil Ronsperger – mitunter über den Kopf des »geschäftsführenden Direktionsmitglieds« Damisch hinweg – als sein Gegenpart. 369 Dok. 290 (H. Damisch an den Zweigverein Salzburg, 17.11.1919). 370 Dok. 278 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 21.9.1919). 371 Vgl. Salzburger Volksblatt, 7.1.1920, S. 3 f. und 25.1.1920, S. 3  ; vgl. auch  : Pia Janke  : Politische Massenfestspiele in Österreich zwischen 1918 und 1938. Wien, Köln, Weimar  : Böhlau 2010, S. 189. 372 Dok. 298 (H. v. Hofmannsthal an G. Adler, 17.12.1919). 373 Dok. 287 (R. Pannwitz an H. v. Hofmannsthal, 4.11.1919). 374 Dok. 293 (H. v. Hofmannsthal an P. Hellmann, 3.12.1919).

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Ronsperger verfügte als Direktor der »Königshofer Cementfabrik AG« vor allem in finanziellen Angelegenheiten über jenen Durchblick, an dem es den übrigen Vereinsfunktionären mitunter mangelte. Als Gehmacher im Dezember 1919 mehr Einsatz beim Festspielhaus-Projekt forderte, stimmte ihm Ronsperger im Prinzip zwar zu, gab allerdings zu bedenken, dass nur »leider die Ueberzahl derjenigen Leute, welche dies ebenfalls glauben sollen, gerade der gegenteiligen Ansicht« sei.375 Angesichts der »verhältnismäßig geringen Mittel«, welche der Festspielhaus-Gemeinde zur Verfügung stünden, sah aber auch er keine reelle Chance für einen Baubeginn bereits im Frühjahr 1920.376 Als ebenso illusorisch erwies sich die Idee Gehmachers, das Salzburger Hotel »Mirabell« anzukaufen, um es »bei den zahlreichen Versammlungen von Festspielhaus-Interessenten« als »ständigen Sammelpunkt« zu verwenden.377 Während sich Gehmacher und Damisch in fruchtlosen Vereinsangelegenheiten verzettelten, drängte Ronsperger auf die rasche Erstellung eines Veranstaltungsprogramms für den Sommer 1920, sah er darin doch »das wichtigste Agitationsmittel«, welches der Festspielhaus-Gemeinde zur Verfügung stehe. Angelpunkt aller Überlegungen war für ihn die Frage nach Reinhardts Plänen, die Gehmacher jedoch ebenfalls nicht kannte.378 Die Ratlosigkeit und Depression, welche in der FestspielhausGemeinde zur Jahreswende 1919/20 um sich gegriffen hatte, war ein Spiegelbild der allgemeinen Verunsicherung, welche Staat und Gesellschaft am Ende des ersten Nachkriegsjahres erfasst hatte. Auch der ansonsten stets optimistische Damisch vermittelte seinem Freund Gehmacher ein zutiefst negatives Stimmungsbild. Seine berufliche Tätigkeit als Journalist sei trotz größter Beanspruchung »für die gegenwärtigen Anforderungen an eine halbwegs annehmbare Lebensführung« unzureichend  : »Ich bin bei der ›Ostd. R‹379 interner Redakteur, außerdem Parlaments- und Musikreferent, bin interner Mitarbeiter beim ›musikalischen Courier‹, Wiener Musikreferent der ›Hamburger Nachrichten‹, verantwortlicher Redakteur des ›Merker‹ – alles zusammen ist aber für die irrsinnigen Verhältnisse in Wien, wo Gast- und Kaffeehäuser Räuberhöhlen, Gemeinschaftsküchen und dgl. Verhungerungseinrichtungen sind, ganz unzulänglich. Was ich an freier Zeit erübrige, gehört der Festspielhaus-Gemeinde, wo ich wieder durch die rührende Unbeholfenheit und Langsamkeit des Kanzleibetriebs

375 Dok. 294 (E. Ronsperger an F. Gehmacher, 9.12.1919). 376 Dok. 295 (E. Ronsperger an F. Gehmacher, 10.12.1919). 377 Dok. 299 (F. Gehmacher an H. Damisch, 19.12.1919). Das Hotel »Mirabell« befand sich zwischen dem Mozarteum und dem Landestheater. 1929 wurde es an das Mozarteum verkauft und beherbergt seit 1971 u. a. das Salzburger Marionettentheater. 378 Dok. 300 (E. Ronsperger an F. Gehmacher, 29.12.1919). 379 Ostdeutsche Rundschau.

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oft zur Verzweiflung getrieben werde.«380 Dass er sich dennoch »Tag für Tag, Sonntag nicht ausgenommen, vormittags, nachmittags und abends […] stundenlang« der Festspielhaus-Angelegenheit widme und darüber seine journalistische Tätigkeit vernachlässige, liege daran, so Damisch im März 1919, dass ihm »natürlich die Festspielhaus-Gemeinde mehr Freude« mache als »die Politik, oder sonst die Zeitungsschmiererei«, weshalb er diese Tätigkeiten »nur insoweit betreibe, als es eben zum Leben notwendig« sei.381 Einziger Lichtblick in dieser düsteren Zeit war, zumindest aus der Sicht des Wiener Zweigvereins, die erfolgreiche Veranstaltung eines als Werbeaktion für die Festspielhaus-Gemeinde gedachten »Cercle-Konzerts« am 31. Jänner 1920 in den Prunksälen des Staatsamtes für Finanzen, bei der Richard Strauss seine Musik zum Bürger als Edelmann zur Aufführung brachte. Dass bei diesem Konzert kein Gewinn erzielt wurde, lag weniger an den Zeitumständen, als an Strauss, der im Gegensatz zu den übrigen mitwirkenden Künstlern nicht bereit war, auf ein Honorar zu verzichten.382 Wenig später veröffentlichte die Festspielhaus-Gemeinde nach langer Vorlaufzeit Hofmannsthals »Katechismus« der Salzburger Festspiele,383 in dem dieser in Form eines belehrenden Frage- und Antwort-Spiels das Vorhandensein einer »durch fünf Jahrhunderte ungebrochenen Theatertradition des bayrisch-österreichischen Stammes« beschwor, welche es legitimiere, gerade in Salzburg Festspiele zu veranstalten.384 Das Erscheinen der anonym als Faltblatt publizierten und erst viel später unter dem Namen ihres Verfassers berühmt gewordenen Programmschrift hatte sich mehrfach verzögert, obwohl das Manuskript bereits Ende November fertiggestellt war. Die Drucklegung erfolgte schließlich Ende Februar und – wie es scheint – parallel in zwei Versionen in Salzburg und Wien.385 Hofmannsthal hatte sich sein Elaborat als »ein Mittel zur breitesten Propaganda […] für die Salzburger Sache gedacht«.386 Diese Erwartung erfüllte sich nicht, denn es fehlt jeglicher Beleg für eine Resonanz auf das Erscheinen des »Katechismus« in der Öffentlichkeit. Was das öffentliche Interesse anbelangt, so befand sich das Festspielprojekt zu Beginn des Jahres 1920 gewissermaßen an einem toten Punkt. Weder existierten 380 Dok. 301 (H. Damisch an F. Gehmacher, 17.1.1920). 381 Dok. 307 (H. Damisch an F. Gehmacher, 9.3.1920). 382 Vgl. dazu Robert Konta  : Cercle-Konzert zu Gunsten des Baufonds der »Salzburger FestspielhausGemeinde«. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 (1920), Nr. 2 (Februar), S. 6–8. 383 Dok. 304 (H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele = »Katechismus« der Salzburger Festspiele, [Februar 1920]). 384 Zu Form und Inhalt des »Katechismus« vgl. Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kultur (wie Anm. 261), S. 82 ff. 385 Vgl. Dok. 306 (H. Damisch an F. Gehmacher, 28.2.1920). 386 Dok. 293 (H. v. Hofmannsthal an P. Hellmann, 3.12.1919).

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konkrete Pläne für eine Sommersaison noch war die Festspielhaus-Frage einer Lösung nähergekommen. Vor allem aber herrschte in Salzburg – dem Schauplatz zukünftiger Festspiele – unter dem Eindruck der katastrophalen Ernährungslage und der rapide voranschreitenden Inflation eine fremdenfeindliche und zugleich antisemitische Stimmung, die es fraglich erscheinen ließ, ob es überhaupt opportun war, konkrete Pläne für den Sommer zu entwerfen. Wann genau Max Reinhardt trotz dieser widrigen Umstände den Beschluss fasste, Hofmannsthals Jedermann zur Aufführung zu bringen, ist nicht bekannt. Verbürgt ist lediglich, dass er seinen Dramaturgen Richard Metzl im März oder April 1920 zu Besprechungen mit der Festspielhaus-Gemeinde nach Salzburg entsandte, deren Ergebnis in der April-Nummer der Mitteilungen der Festspielhaus-Gemeinde bekannt gegeben wurde. Demnach sollten in der zweiten Hälfte des August drei Aufführungen von Jedermann in der offenen Reitschule der Hofstallkaserne veranstaltet werden. Die Furcht des Salzburger Zweigvereins, allein schon durch die Ankündigung derartiger Veranstaltungen feindselige Reaktionen in der Bevölkerung zu provozieren, spiegelte sich in der prospektiven Versicherung, dass »der Besuch dieser Vorstellungen durch auswärtige Gäste auf das äußerste Mindestmaß eingeschränkt« sein würde.387 Nur wenige Nachrichten über die Vorbereitung der sommerlichen JedermannAufführungen gelangten während der folgenden Monate an die Öffentlichkeit. Über den Schauplatz bestand fast bis zuletzt Unklarheit. Im Juni verlautbarte die Festspielhaus-Gemeinde nach wie vor, dass die Aufführungen in der Sommerreitschule stattfinden würden,388 und noch in der Juli-Nummer der Mitteilungen der FestspielhausGemeinde hieß es unbestimmt, das Spiel werde »bei günstigem Wetter auf einem der schönen Stadtplätze Salzburgs, bei ungünstigem Wetter in der Aula in Szene gehen«.389 Klarheit bestand erst, als Mitte Juli 1920 die Genehmigung von Fürsterzbischof Ignaz Rieder zur Aufführung des Jedermann auf dem Domplatz vorlag.390 Auf Reklame wurde vorerst verzichtet, da »die Herren von der Festspielhaus-Gemeinde«, wie Gusti Adler an Hofmannsthal berichtete, »angesichts der politischen Verwicklungen etwas ängstlich« seien.391 Dieser war an der Vorbereitung der sommerlichen Aufführungen im Übrigen nicht beteiligt und ließ Reinhardt lediglich ausrichten, daß ihn »bezüglich der Besetzung von Jedermann alles befriedige bis auf 387 Dok. 308 (Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 4 [April], S. 16). 388 Vgl. Dok. 309 (Bericht des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde über die Vorarbeiten für die Aufführung von »Jedermann«. In  : Mitteilungen der Salzburger FestspielhausGemeinde 3 [1920], Nr. 6 [Juni], S. 12–13). 389 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 (1920), Nr. 7 (Juli), S. 7. 390 Vgl. Dok. 312 (M. Reinhardt an I. Rieder, 16.7.1920). 391 Dok. 311 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 29.6.1920).

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den leidigen Punkt dass nun abermals den Teufel ein Charakterschauspieler geben soll an Stelle eines Komikers«. Über das zurückhaltende Agieren der FestspielhausGemeinde zeigte er sich freilich verärgert  : »Soll denn aber in Wien für die Sache gar keine Reklame gemacht werden  ? […] Ich glaube die Comités392 muss man in dem allen ganz genau führen.«393 Hofmannsthal verbrachte die letzten Wochen vor der Premiere in Arbeitsklausur bei seiner Freundin Ottonie Gräfin Degenfeld auf Gut Hinterhör bei Rosenheim und traf erst am 19. August in Salzburg ein.394 Die letzten Wochen vor der Erstaufführung vergingen in hektischer Aktivität. Hermann Bahr fühlte sich abgestoßen vom Trubel im Vorfeld des Ereignisses. »Hier ist es jetzt scheußlich, man kann vor Bekannten nicht mehr ausgehen. Salzburg wird aufatmen, wenn ›Jedermann‹ vorüber ist.«395 Während klerikale Kreise die Aufführung vor der Domfassade bis zuletzt zu verhindern versuchten,396 probten die Schauspieler in der Aula academica der Universität. Das Spielgerüst vor dem Dom wurde aus dem Holz von demontierten Kriegsgefangenenbaracken gezimmert397 und die Festspielhaus-Gemeinde zelebrierte am Vortag der Aufführung ihre alljährliche Generalversammlung, bei der Hofmannsthal im Namen des Kunstrats Bericht erstattete – offenbar ohne auf das bevorstehende Ereignis einzugehen.398 Der überwältigende Erfolg der Aufführung des Jedermann vor der Fassade des Doms am 22. August 1920 überraschte selbst die unmittelbar am Geschehen Beteiligten. Richard Metzl gestand zwei Tage nach der Premiere ein, dass es während der Vorarbeiten kaum möglich gewesen sei, »ein solches Gelingen« vorherzusehen  : »Es sah ja alles bis zum letzten Augenblicke in der Tat sehr wüst aus, in den letzten Stunden herrschte noch ein vollendetes Chaos und es schien unmöglich, daß sich all dies klären könne. Aber wir haben oft die Erfahrung gemacht, daß gerade auf die größte Verwirrung und auf das ärgste Durcheinander bei den Vorbereitungen die schönsten Erfolge einzutreffen pflegen. Daß diese ›Jedermann‹-Aufführung vor dem Dom überhaupt möglich war, ist in erster Linie der tief kunstsinnigen Geistlichkeit Salzburgs zu danken. Eine gute Portion Glück war freilich gleichfalls nicht zu entbehren. Bis zum Vormittage regnete es und dann folgte für unsere Aufführung ein Abend, wie man ihn sich schöner nicht hätte denken können. Aber dieses Glück 392 Die Zweigvereine der Salzburger Festspielhausgemeinde. 393 Dok. 313 (H. v. Hofmannsthal an G. Adler, 20.7.1920). 394 Laut Gästebuch weilte Hofmannsthal vom 31. Juli bis 19. August 1920 in Hinterhör (= https://docplayer.org/18215704-Hugo-von-hofmannsthal.html, 16.4.2020). 395 Dok. 317 (H. Bahr an J. Redlich, 14.8.1920). 396 Vgl. Dok. 318 (O. Drinkwelder an B. Paumgartner, 20.8.1920). 397 Vgl. Andres Müry  : Jedermann darf nicht sterben. Geschichte eines Salzburger Kults 1920–2001ff. Salzburg, München  : Verlag Anton Pustet 2001, S. 21. 398 Vgl. Dok. 319 (Generalversammlung der Festspielhausgemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 23.8.1920, S. 2 f.).

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hatte Reinhardt tatsächlich ins Kalkül gezogen.« Metzl schildert auch, wie sehr sogar Hofmannsthal vom Erfolg der Aufführung überrascht worden sei. Dieser habe »sein Werk schon vielemale gesehen«, sei »aber nie […] selbst so sehr davon erschüttert« gewesen wie diesmal  : »Er kam zu uns, ganz stumm und kalt, mit zitternden Händen. Und dieser Eindruck auf den Autor war unser größter Triumph.«399 Kaum einem der zeitgenössischen Akteure und Beobachter war bewusst, dass am 22. August 1920 gleichsam der Gründungsakt der Salzburger Festspiele stattgefunden hatte. Das Aufsehen, welches die Aufführung am Domplatz weit über Salzburg hinaus erregte, galt Reinhardts Inszenierung und Hofmannsthals Text.400 Eine Woche lang sei Salzburg der »Tummelplatz der deutschen Literatur« gewesen, schrieb die Wiener Musikschriftstellerin Elsa Bienenfeld.401 »Reinhardt inszeniert den Katholizismus«, habe einer von den »skeptischen Schriftstellern« gesagt, denn »Weltliches und Kirchliches« seien vermischt gewesen »und des Mittelalters Demut vor die modernen Gemüter gebreitet«.402 Es waren somit nicht die Einheimischen, die – wie ursprünglich vorgesehen – an »der von Hofmannsthal, Reinhardt und Roller inszenierten rituellen Feier des Österreichertums« teilnahmen, sondern vor allem auswärtige Gäste.403 Lediglich die letzte von vier Vorstellungen war für die Salzburger reserviert. Ausgerechnet Heinrich Damisch, der Reinhardts Festspielplänen ursprünglich ablehnend gegenübergestanden hatte, erkannte die zukunftsweisende Dimension der Jedermann-Aufführung für die Festspiel-Idee. Nachdem er bereits den Lesern der Ostdeutschen Rundschau berichtet hatte, dass die Premiere »unter Max Reinhardts großartige[r] Regiekunst« einen »herrlichen, überwältigenden Verlauf genommen« habe,404 dankte er den unentgeltlich mitwirkenden Künstlern bei der Abschlussfeier nach der letzten Aufführung im Namen der Festspielhaus-Gemeinde nicht nur »für die hochherzige Tat«, die sie »unter der ruhmvollen künstlerischen Führung Professor Max Reinhardts mit edler Begeisterung vollbracht« hätten. »Die Bedeutung 399 Erwin H. Rainalter   : Gespräch mit dem Regisseur Max Reinhardts. In   : Salzburger Volksblatt, 24.8.1920, S. 3. 400 Zur Rezeption der Jedermann-Aufführung in der Presse vgl. Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kultur (wie Anm. 261), S. 164–183. 401 Elsa Bienenfeld (1877–1942), Musikwissenschaftlerin und -kritikerin in Wien, ermordet im KZ Maly Trostinec bei Minsk. 402 Elsa Bienenfeld  : »Der Wassermann« in Salzburg. In  : Neues Wiener Journal, 1.9.1920, S. 3. 403 Steinberg  : Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele (wie Anm. 317), S. 115. 404 Ostdeutsche Rundschau, 25.8.1920  ; im Gegensatz zur Ostdeutschen Rundschau polemisierte deren deutschnational-antisemitisches Konkurrenz-Organ Deutsches Volksblatt vehement gegen die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, welche mit der Jedermann-Aufführung ein Auditorium angelockt habe, »das aus allen sommerlichen Gettos der Nachbarschaft, aus Ischl, das ein lustiges Bonmot ›Ischrael‹ nannte, Gastein und von den Salzkammergutseen« herbeigeeilt sei. Zit. nach Wolf  : Eine Triumphpforte österreichischer Kultur (wie Anm. 261), S. 177.

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dieser Tat« gehe, so Damisch, »weit über den Rahmen eines lokalen Kunstereignisses hinaus«, denn es sei »vielmehr recht eigentlich de[r] G r u n d s t e i n zu einem neuen, großen Werke der deutschen Kunst gelegt« worden. Salzburg werde zu einer Zufluchtsstätte der Kunst werden, »an der sie um ihrer selbst willen gepflegt und geliebt wird, an der sie in reiner Größe thronen und ihre Menschheitsmission erfüllen« könne.405 Die Jedermann-Aufführung war von der Festspielhaus-Gemeinde ursprünglich als Propaganda-Aktion geplant gewesen, welche der Festspiel-Idee in schwieriger Zeit Auftrieb verleihen und Unterstützung für den Festspielhaus-Bau mobilisieren sollte. Der unerwartet große Erfolg zeigte jedoch, dass sich die Ausgangslage verändert hatte und es nun darum ging, das Interesse der Öffentlichkeit – wie es die Festspielhaus-Gemeinde formulierte – »für Salzburg und Salzburgs künstlerische Pläne« wach zu erhalten.406 Die Protagonisten der Festspielidee befanden sich an einem Wendepunkt. Ging es bisher darum, dem Salzburger Festspielgedanken Anerkennung zu verschaffen, so standen sie nun vor der Herausforderung, die Gunst des Augenblicks nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Ein Zurück hinter das im Sommer 1920 Erreichte durfte es nicht geben. Darüber waren sich alle am Erfolg Beteiligten zwar einig. Über den weiteren Weg herrschte im Herbst 1920 jedoch Uneinigkeit, denn sowohl zwischen dem Kunstrat und der Festspielhaus-Gemeinde als auch zwischen deren Salzburger und Wiener Zweigvereinen bestand vorerst kein Einvernehmen in der Festspielhaus-Frage und auch nicht über das zukünftige künstlerische Programm. Die eigentliche Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele sollte sich erst in den Folgejahren vollziehen.

405 Zit. nach Dok. 321 (Zur »Jedermann«-Aufführung. In  : Salzburger Volksblatt, 1.9.1920, S. 4). Während der NS-Zeit verleugnete Damisch sein überschwängliches Lob für Reinhardts Inszenierung des Jedermann wie überhaupt sein konstruktives Zusammenwirken mit Reinhardt und Hofmannsthal, indem er seine Rolle bei der Festspielgründung in ein dem damaligen Zeitgeist kompatibles Licht zu rücken versuchte. Vgl. Hoffmann  : Wer war Heinrich Damisch  ? (wie Anm. 160), S. 199 f. 406 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 (1920), Nr. 11 u. 12 (November/Dezember), S. 12 f.

Editorische Vorbemerkung Die Wiedergabe der Quellen und Materialien zur Entstehungsgeschichte der Salzburger Festspiele folgt den editorischen Vorgaben einer Leseausgabe. Die Transkription der im editorischen Anhang näher angeführten und im Textteil wiedergegebenen Dokumente versteht sich nicht als historisch-kritische Edition, sondern gibt die Inhalte so textgetreu wie möglich, zugleich aber für die Leserin und den Leser verständlich wieder. Dafür wurden die originalen Dokumente aus den einzelnen, weiter unten näher angeführten Beständen eingesehen, transkribiert und kollationiert. Existieren zu einem Dokument mehrere Textträger (z. B. Manuskript und Typoskript-Abschrift zugleich), so wurde der jeweils als endgültiger bzw. vollständiger anzusehende Textträger als Grundlage verwendet und mit dem früheren verglichen. Bei Spontankorrekturen innerhalb eines Textes wurde die jeweils letztgültige Textversion übernommen. Abweichungen und Varianten sind im editorischen Anhang ausgewiesen. Die in den Dokumenten historische Schreibweise (z.B. »thue«, »telephonisch«) wurde insgesamt beibehalten. Auch bei individuellen Eigenheiten in der Schreibweise des jeweiligen Verfassers (so etwa auch bei Eigennamen, z. B. »Reinhart« statt »Reinhardt«, »Strauß« statt »Strauss«) folgt die Wiedergabe den Originaldokumenten. Die Interpunktion, insbesondere die Kommasetzung, wurde in einzelnen Fällen im Sinne einer besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit behutsam angepasst. Unterstreichungen und gesperrt hervorgehobene Stellen sowie gelegentliche Kursivierungen in den Dokumenten wurden als solche wiedergegeben. Offensichtliche Schreib- und Tippfehler in den Dokumenten wurden emendiert. Gelegentliche Konjekturen sind im editorischen Anhang ausgewiesen, wurden jedoch ebenso wie diakritische Zeichen zurückhaltend verwendet. Verwendete diakritische Zeichen  : [] = Ergänzung einer Textlücke bzw. Einfügung des Hg. = Textabbruch oder -lücke || = unsichere Lesart |xxx| = nicht zu ermittelnder Text // = hs. Ergänzung im Original Die in den unterschiedlichen Typoskripten und Abschriften, gelegentlich aber auch in handschriftlichen Dokumenten variierende, nicht immer einheitliche Verwendung von »ß« und »ss« wurde gemäß der historisch üblichen bzw. Anfang des 20. Jh. empfohlenen Schreibweise nach Duden vereinheitlicht und folgt damit bereits der

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Editorische Vorbemerkung

Wiedergabe der im Aufsatz von Oskar Holl auszugsweise zitierten Quellen.1 Stand beispielsweise die (in Typoskripten möglicherweise auf eine an der Schreibmaschine fehlende »ß«-Type zurückzuführende) Schreibweise »dass«, wurde auf das historisch korrekte »daß« zurückgegangen. Umgekehrt wurde beispielsweise die gelegentlich vorkommende Schreibweise »überlaßen« in die korrekte Form »überlassen« geändert. Eine Ausnahme davon bilden die persönlichen Korrespondenzen und Texte von Leopold von Andrian, Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Rudolf Pannwitz, Max Reinhardt, Franz Schalk und Richard Strauss. Hier wurde, sofern es sich nicht ohnedies um bereits an anderer Stelle veröffentlichte Dokumente handelt, die individuelle Schreibweise jeweils beibehalten. Bei der Wiedergabe von bereits an anderer Stelle (etwa in Brief- oder Werkausgaben wie z. B. jenen Hugo von Hofmannsthals oder Max Reinhardts) veröffentlichten Texten oder Textauszügen sowie bei der Wiedergabe von in Zeitungen und Zeitschriften erschienenen Artikeln folgt die Schreibweise der publizierten Druckfassung. Im editorischen Anhang wird neben einer kurzen Beschreibung des jeweiligen im Textteil des Bandes wiedergegebenen Dokuments die ihm zugrunde liegende Quelle angeführt. Sofern es sich um Originaldokumente aus Archiv-Beständen bzw. privaten Institutionen handelt, werden die Angaben bei den einzelnen Dokumenten fallweise abgekürzt angeführt (vgl. editorischer Anhang). Bei bereits andernorts publizierten Dokumenten wird auf jene Ausgabe bzw. Veröffentlichung verwiesen, welche als Textgrundlage diente. Dokumente, die aus Zeitungen und Zeitschriften übernommen wurden, wurden entweder im Original eingesehen oder mittels digitaler Recherche erschlossen (z. B. durch ANNO-AustriaN Newspapers Online).  Bei einzelnen Dokumenten führt der editorische Anhang außerdem entstehungsund überlieferungsgeschichtliche Hinweise an. Inhaltliche Erläuterungen zu den Dokumenten sowie kurze biografische Angaben zu den in den Texten erwähnten Personen (bei deren erstmaliger Nennung) sind unmittelbar im Textteil als Fußnote eingeblendet. Ein detailliertes Personenregister befindet sich im Anhang. Bernhard Judex

1 Vgl. Oskar Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele. Unveröffentlichtes aus der Korrespondenz der Gründer. In  : Maske und Kothurn 13 (1967), H. 2/3, S. 148–179.

Quellen und Dokumente 1913–1920

1. Friedrich Gehmacher  : »Promemoria«1 1. XI. 1913 Schon als ich im Jahre 1899 den Antrag auf Einleitung der Aktion wegen Errichtung des Mozarthauses stellte, war es mir klar, daß durch die Verwirklichung dieser Idee die Aufgaben, welche der Stadt Salzburg aus ihrer Beziehung zum Mozartkult und ihrer in dieser Beziehung begründeten Position im Musikleben der Welt entstehen, nicht erschöpft sein können. Doch ging ich von dem Gedanken aus, daß an eine planmäßige Lösung dieser Aufgaben nur gedacht werden könne, wenn vorerst die vorhandene Grundlage einen Ausbau erfährt und wenn insbesondere der Schule eine Erweiterung in künstlerischer und materieller Hinsicht zuteil wird. Hiezu war der Bau eines eigenen Heimes unerläßlich, denn die Lokalitäten, in denen das Mozarteum sein Dasein verbrachte und heute noch verbringt, schlossen im vorhinein jegliche Entwicklungsmöglichkeit des Institutes aus. Überdies mußte ich damit rechnen, daß die Erweiterung des gesunden und entwicklungsfähigen Institutes neuerlich Persönlichkeiten hierherziehen werde, welche über die erforderlichen Qualitäten verfügen, an dem weitern Ausbau erfolgreich mitwirken zu können. Die Erwartungen haben sich nach jeder Richtung hin vollständig erfüllt. Heute, wo das Haus der Vollendung entgegensieht, geht schon die Vorahnung kommender Entwicklung durch unser Institut. Eine Kraft wie Herr Dr. R. Hirschfeld2 hat sich demselben zugesellt, die Kammersängerin Bianchi3 tritt in den Verband der Schule, die Schülerzahl hat sich gehoben, kurz der Baum setzt allenthalben frische Triebe an  ; es ist eine Lust zu beobachten, wie der Drang nach Betätigung und Erweiterung des Wirkungskreises alle Faktoren erfüllt. 1 Als Gründungsdokument der Festspielhausidee Friedrich Gehmachers wird dieses Promemoria vom 1. November 1913 (Typoskript-Abschrift) noch vor dem vom 31. Oktober datierten Brief Rudolf von Lewickis an F. Gehmacher (vgl. Dok. 2 und die entsprechenden Anmerkungen) wiedergegeben. Eine frühere handschriftliche Fassung des Promemorias datiert vom Oktober 1913 (vgl. dazu auch die Anmerkung im editorischen Anhang). 2 Robert Hirschfeld (1857–1914), Wiener Musikkritiker und Musikpädagoge. Festredner bei der Grundsteinlegung zum Bau des Mozarteumsgebäudes am 6. August 1910. 1914 für kurze Zeit Mozarteumsdirektor. 3 Bertha Pollini (geb. Schwarz, 1855–1947), Künstlername Bianca Bianchi, dt.-österr. Sängerin (­ Sopran), unterrichtete 1914–28 am Mozarteum.

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Trotz dieses erfreulichen Aufblühens unseres Institutes kann aber nicht verkannt werden, daß demselben noch der lokale Charakter anhaftet und daß die Weltbedeutung des Mozarteums hauptsächlich in den fallweise und nur während kurzer Sommertage stattfindenden Musikfesten zum Ausdruck kommt. Wir stehen aber vor der Schwelle zur internationalen Bedeutung, und diese zu überschreiten und dauernd einen Platz an der Sonne des Weltverkehrs zu erlangen, dazu ist jetzt der Zeitpunkt gekommen. Durch sofortige begeisterte Aufnahme des Planes der Errichtung eines Mozartfestspielhauses in Salzburg wird es uns gelingen, das Interesse, welches schon durch den Bau des Mozarthauses auf uns gelenkt wurde, nicht nur zu erhalten, sondern auch enorm zu steigern und durch diese Tat, welche den Rahmen einer in erster Linie die örtlichen Musikbedürfnisse berücksichtigenden Unternehmung weit übersteigt, werden wir erst Beteiligte an der Weltmusikpflege, dann erst kann das Schlagwort, welches mir anläßlich der Errichtung des Mozarthauses sehr häufig als Ermunterung zugerufen wurde, »Wir schaffen ein österreichisches Bayreuth in Salzburg«, Geltung bekommen. Ich will im nachstehenden versuchen, in regelloser Reihenfolge einzelne Umstände, welche für die Aufnahme des Projektes der Errichtung eines Festspielhauses sprechen, und auch die gegen das Projekt wenigstens scheinbar sprechenden Momente in Kürze zu erörtern. Im allgemeinen ist zu bemerken, daß mit den größeren Zielen auch die Leistungsfähigkeit einer Vereinigung wächst. Sehr anschaulich kann dies bei dem uns nächstliegenden Beispiel, dem Mozarteum, dargetan werden. Als der Antrag auf Errichtung des Mozarthauses gestellt wurde, fand derselbe als zu hochfliegend eine sehr kühle Aufnahme. Die infolge der langen Ruhezeit eingetretene Erstarrung hatte einen solchen Grad erreicht, daß knapp eine Majorität für diesen Antrag gefunden werden konnte und daß die herrschende Skepsis in dem Jahresberichte dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, daß gleichsam zum Belege der Unmöglichkeit der Durchführung dieses ungeheuerlichen Gedankens alle bisherigen Versuche dem Projekte näher zu kommen geschildert und deren Erfolglosigkeit ausdrücklich betont wurde. […]4 Die Mozartgemeinde war zu dieser Zeit auf eine Mitgliederzahl von 2000 herabgesunken. Vom ersten Tage der Inangriffnahme der agitatorischen Tätigkeit zu Gunsten des Mozarthausbau-Projektes an konnte eine Vertiefung des Interesses an unserem Bestreben wahrgenommen werden  ; die Mozartgemeinde hat alljährlich an Mitgliederzahl zugenommen (der heutige Stand beträgt 7000) und die im nächsten Jahre stattfindende Eröffnung des neuen Hauses wird der schlagendste Gegenbeweis für die

4 Gehmacher verweist an dieser Stelle auf den Jahresbericht 1901 der Internationalen Stiftung Mozarteum (ISM), S. 28.

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Anschauung der Mutlosen sein, welche in dem weitgreifenden Beginnen eine Gefahr für unser Institut erblickten. Es könnte nun eingewendet werden, daß wir ja die Vergrößerung des Institutes erreicht haben und uns damit begnügen könnten. Hingegen ist zu bemerken, daß die Musikschule allerdings an Bedeutung gewonnen hat und hoffentlich noch mehr gewinnen wird. Dieselbe wird aber doch immer von lokaler Bedeutung (allerdings im weiteren Sinne) bleiben, wenn es nicht gelingt, die Augen der Welt auf die Musikpflege in Salzburg zu lenken. Die Anstellung allererster Kräfte ist gewiß hiefür ein taugliches Mittel, hierzu ist aber sehr viel Geld erforderlich. Ich würde mir aber nicht getrauen, die erforderlichen Mittel unter dem Titel »Musikschule« aufzubringen, weil eben jetzt noch ein zu lokales Interesse mit dieser verfolgt wird und ich könnte beispielsweise nach Eröffnung des Mozarthauses nicht mehr dafür einstehen, daß speziell die Mozartgemeinde mit der gleichen Opferwilligkeit die Mittel für die Erhaltung der Schule bereit stellt, wie sie dies für die Errichtung des Mozarthauses getan hat. Denn diesem letzteren Zwecke war schon der internationale, besser gesagt allstaatliche Charakter durch unsere Erklärung aufgedrückt, daß das Mozarthaus die Basis für den alle Welt interessierenden Mozartkult und zwar in auserlesenster Form werden soll. Jetzt kommt die Zeit, wo das Versprechen in einer bestimmten Form eingelöst werden muß. Mit der Schule allein kann dieses aber nicht geschehen, weil die Schule nicht eine Mozartschule sein kann. Da die Musikfeste, wie ich unten darlegen werde, auch diese erwähnten Aufgaben für die Dauer nicht erfüllen können, muß etwas anderes geschehen, was diese Erwartung erfüllt. Ich war daher nie im Zweifel, daß das Mozarthaus nur eine Etappe in der Entwicklung unseres Institutes bilde, daß aber der Schluß-Stein nur das Festspielhaus sein könne. Anläßlich des heurigen Musikfestes5 mußten wir schon erleben, daß die größeren Vorstehungen der Mozartgemeinde mißtrauisch wurden und uns den Vorwurf machten, daß wir eigentlich den Mozartkult nicht in der erwünschten Reinkultur pflegen. Natürlich können wir dies auch nicht, weil wir weder in der Schule noch beim Musikfest ausschließlich Mozartsche Werke bringen können, ohne die Fühlung mit unserer Zeit zu verlieren. Das Festspielhaus aber ist der Mozartpflege in wenn auch nicht ausschließlicher, so doch im ersten und großartigsten Maße geweiht  ; das Festspielhaus wird Salzburg erst die wahre Berechtigung geben, den Namen »Mozartstadt« zu führen und jede Einwendung gegen unsere Tätigkeit in Schule und Kon5 Gemeint damit sind damit jene fünf »Festkonzerte«, welche die ISM vom 3. bis 6. August 1913 veranstaltet hat.

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zertsaal werden wir mit dem Hinweise auf das Festspielhaus mit Recht zurückweisen können. Das Festspielhaus entspricht auch einem künstlerischen Bedürfnisse. Schon seit Jahren ist man an den verschiedensten Orten daran, die Mozartschen Opern hinsichtlich Text wie Inszenierung etc. so einzurichten, daß sie einerseits pietätvoll in ihrer Ursprünglichkeit, besonders was die Musik betrifft, belassen, andererseits aber doch dem modernen Empfinden möglichst nahe gebracht werden. Auch bezüglich der weniger häufig aufgeführten Mozart-Opern sucht man durch Vervollkommnung des szenischen Apparates die Aufführungsmöglichkeit zu erhöhen. Aber an den größeren Opernbühnen, die allein in Betracht kommen, hat man nicht Muße genug, um sich dieser Frage mit der erforderlichen Gründlichkeit zu widmen. Es kann immer nur ein Teil der Zeit und Arbeitskraft hierzu verwendet werden  ; alsbald gelangt wieder eine andere Frage an die Oberfläche und verdrängt die erstere. Es wäre nun eine herrliche und höchst dankenswerte Aufgabe, für die Festspielhausleitung, welche letztere eine ständige sein müßte, diese Frage zum Gegenstand des dauernden Studiums und der praktischen Versuche zu machen. Hochwichtige und allgemein verwertbare Ergebnisse würden die Frucht dieser Arbeit sein, alle Künstler und Theoretiker, die Schulen und die Opernhäuser müßten sich dem Studium des in Salzburg geschaffenen Vorbildes unterziehen. Mit einem Wort ein künstlerisches Bedürfnis von allererster Wichtigkeit könnte befriedigt und hiedurch die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf Salzburg und sein Kunstleben gelenkt werden. Daß mit der Zunahme des Interesses auch der Zufluß der Mittel zunimmt, habe ich schon oben dargelegt und durch Beispiele erwiesen. Hier möchte ich nur noch die Bemerkung einschalten, daß es selbstverständlich bei reichlichem Eingange der Mittel auch möglich ist, dieselben zum Teil den schon bestehenden Einrichtungen, also der Schule und den Musikfesten, dienstbar zu machen. Denn der von mir vertretene Standpunkt, daß eines das andere stützt, läßt es auch gerechtfertigt erscheinen, daß der Mozarttag für eines oder das andere Zuwendungen beschließt, wenn ihm das Bedürfnis vorzuliegen erscheint. Ich möchte nun nochmals auf die Frage zurückkommen, ob die große internationale Bedeutung unseres Institutes und damit auch die fortdauernde Zuleitung beträchtlicher Mittel nicht schon durch die bestehenden Einrichtungen (Schule und Musikfeste) erreicht werden kann. Diese Frage muß verneint werden. Die Schule kann gewiß in einzelnen Zweigen zu hervorragendster Bedeutung gebracht werden und es wird unter zielbewußter Führung des gegenwärtigen Schulinspektors gewiß gelingen, derselben einen weitreichenden Ruf zu verschaffen und auch Schüler von auswärts heranzuziehen. Um die Schule aber zu einer Weltbedeutung zu bringen, dazu fehlt ihr etwas sehr wesentliches, das ist das Vorbild der Bühne, welches für die Ausgestaltung des sehr

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wichtigen Zweiges der Gesangs- und Opernschule von außerordentlicher Wichtigkeit ist. Auch ist zu berücksichtigen, daß der Konkurrenzkampf mit den Konservatorien großer Städte nur dann mit Erfolg aufgenommen werden kann, wenn außergewöhnliche Verhältnisse, die andernorts nicht bestehen, in Salzburg geschaffen werden. Aus sich heraus kann die Schule diese Verhältnisse nicht schaffen, in Verbindung mit dem ständigen Institute der Festspiele wird es aber möglich sein, für eine dauernde Befruchtung der Schule durch die leuchtenden Gestirne des musikalischen Kunsthimmels Sorge zu tragen, ohne daß hiefür unerschwingliche Aufwendungen erforderlich werden. In Erkennung des außergewöhnlichen Erfolges einer solchen Wechselwirkung wollte ja auch Wagner für Bayreuth eine Musikschule (allerdings für seine speziellen Ziele der Stilbildung) ins Leben rufen, eine Absicht, die hauptsächlich nur wegen der Fülle des von dem einen Manne zu bewältigenden Arbeits-Materiales nicht zur Ausführung kam. Noch weniger wie die Schule sind die Musikfeste geeignet, die sichere Basis für eine Weltbedeutung Salzburgs im Musikleben zu schaffen. Unsere Musikfeste sind als Liebhaber-Veranstaltungen, allerdings im besten Sinne des Wortes zu bezeichnen. Die Veranstalter sind eine Hand voll Leute, welche aus Begeisterung für die Kunst und für ihre Heimat an Leute, die über das Können und Wollen verfügen, die Bitte richten, von Zeit zu Zeit sich zu einer musikalischen Festfeier zur Ehre und Preis W. A . M o z a r t s zusammenzufinden. Sind die Zeiten günstig und hat sich wieder das Staubecken der Begeisterung gefüllt, so wird unter Aufwendung unendlicher Mühe und Opferwilligkeit die Veranstaltung eines Musikfestes in Angriff genommen, die allseits bereit gestellte Hingabe zur Sache ermöglicht meist einen gewiß nicht zu gering einzuschätzenden künstlerischen und moralischen Erfolg – die finanzielle Seite bleibt besser unerörtert – sodann sinkt aber die ganze Veranstaltungsenergie der Beteiligten in Erschöpfung zusammen und noch niemals konnte nach Schluß eines Festes mit Sicherheit die Frage beantwortet werden, ob diese Veranstaltung nicht den Abschluß der prächtigen Serie der Musikfeste bedeutet. Die wirklich enormen Schwierigkeiten, welche zu überwinden sind, von denen die größte in der Unzulänglichkeit unseres nicht für derartige Feste berechneten Theaters gelegen ist, legen die Befürchtung nahe, daß das Liebhaber-Konsortium einstmals nicht mehr die Kraft zur Fortführung dieser großzügigen Veranstaltungen aufbringen werde. Und wenn einmal die Musikfeste ein Ende nehmen, oder auch nur eine längere Unterbrechung erfahren, dann kann die Bedeutung Salzburgs als Musikstadt von Weltbedeutung kaum mehr aufrecht erhalten bleiben. Die Abhaltung regelmäßiger, durch mindestens ein Monat im Jahre andauernder Festspiele in einem räumlich zureichenden Hause wird aber die Einrichtung einer

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beständigen Festspielleitung ermöglichen und schon die berufsmäßige Besorgung der Agenden dieser Festspiele bietet die Gewähr für eine dauernde Erhaltung derselben. Man wende nicht ein, daß hiedurch der Reiz der Salzburger Veranstaltungen verloren gehen werde. Die Oberleitung der Veranstaltungen muß immer in den Händen des Mozarteums verbleiben, die Konzert- und Geselligkeitsveranstaltungen werden es ermöglichen, den Festen den Charakter der Intimität aufzudrücken, und die herrliche Umgebung sowie der historische Charakter Salzburgs – Momente, welche in vielen Festspielorten mangeln – werden immer die gewisse Stimmung erzeugen, welche die Salzburger Veranstaltungen, auch selbst auf nicht künstlerischen Tätigkeitsgebieten – wie Kongresse etc. – auszeichnen. Ich habe im vorstehenden skizzenhaft die Gedanken ausgesprochen, die mich bei meiner Tätigkeit leiteten und die sich als meine Endabsicht darstellen. Ich schreibe sie nieder, um damit die Anregung zum Studium und zur Erörterung der Fragen zu geben. Wenn ich dies zu einer Zeit thue, wo die nächstliegenden Aufgaben, Fertigstellung des Mozarthauses, Ausbau der Schule – noch in der Lösung begriffen sind, so hat dies seinen Grund in meiner Überzeugung, daß gerade jetzt der Zeitpunkt kommt, zu welchem das Projekt des Festspielhauses mit Aussicht auf Erfolg aufgegriffen werden kann. Die erfreuliche Entwicklung, welche das Mozarthausbau-Projekt von Anfang an, besonders aber in den letzten Jahren nahm, hat eine günstige Stimmung für das Mozarteum und seine Unternehmungen erzeugt  ; selbst Kreise, die dem Institute apathisch gegenüber gestanden sind, gewinnen zu demselben Vertrauen und beginnen sich des Erfolges, der ja in letzter Linie doch nur unserer Heimatstadt zu Gute kommt, zu freuen. Die günstige Stimmung wird ihren Höhepunkt bei dem im nächsten Jahre zu veranstaltenden Eröffnungsfeste erreichen  ; bei diesem Anlasse wird sich alles versammeln, was Salzburg speziell in der Musikwelt an Freunden besitzt, und da ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um den großen Gedanken, der ja einen stillgehegten Herzenswunsch von vielen unserer Mitarbeiter bildet, zum erstenmale öffentlich auszusprechen und zu dessen Verwirklichung die ersten Schritte zu unternehmen. Auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung ständiger Festspiele für Salzburg hinzuweisen, halte ich für überflüssig. Es ist eine auch von ferner Stehenden stets anerkannte Tatsache, daß keine Veranstaltung ein glänzenderes und finanzkräftigeres Publikum nach Salzburg zu ziehen vermag, wie Musikfeste.

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F_i_n_a_n_z_p_l_a_n. Die Kosten des Festspielhauses (1400 Plätze) sind mit 1,1 Million Kronen anzunehmen. Der Ansatz wird nieder erscheinen. Bei Ausnützung der vielseitigen und höchst lehrreichen Erfahrungen, die man beim Baue des Mozarthauses machen konnte, ist aber mit diesem Betrage wohl das Auslangen zu finden. Das ganz modern eingerichtete Dresdener Schauspielhaus hat 1,4 Million Mark gekostet (1500 Plätze). Derlei Bauten stellen sich in der Regel nur deshalb so unverhältnismäßig hoch, weil die Bauvorbereitungen zu wenig gründlich getroffen und weil zu kurze Baufristen gesteckt werden, so daß am Schlusse der Bau forciert werden muß, was natürlich die Kosten beträchtlich erhöht. Die Aufbringung der Mittel denke ich mir durch Schaffung zweier Fonds  : Ein Fonds perdu, der aus den Mitgliederbeiträgen der Mozartgemeinde und Spenden, dann aus den Zuwendungen des Staates etc. zu schaffen sein wird, und mit 300.000 Kronen anzunehmen wäre. Dann aus den verzinslichen und rückzahlbaren mittels Anteilsscheinen aufzubringenden Resterfordernissen per 800.000 K, zerlegt in 4000 Anteilscheine à 200 Kronen. Die Verzinsung und Amortisation der Anteilscheine hätte aus den Einnahmen der Festspiele zu erfolgen. Die Haftung hiefür hätte das Mozarteum mit seinem gesammten beweglichen und unbeweglichen Vermögen zu tragen. Gebarung. Bei Voraussetzung einer jährlich einmonatlichen Spielzeit mit 22 Aufführungen 900 Sitze à 20 Kronen = 900 x 20 x 22

K 396.000

Auslagen der Einzel-Aufführungen  : 2 Dirigenten zu 1000 und 500 Kronen

1.500

Regie und Maschinisten etc.

1.000

2 Solisten

à 2000 Kronen

4.000

2 ”

” 1000 ”

2.000

2 ”

 ” 500



1.000

  

 ” 300



600

30 Choristen

  ” 20



600

30 Personen techn. à 10



300

2 ”



Beleuchtung u.dgl. Orchester

300 1.000 K 12.300

Gesamtauslagen  : K 12.300 x 22 = Vorspesen für Proben etc.

” 270.600 30.000

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Ständiges Spielleitungs-Bureau

20.000

Reklame etc. und Diverses

20.000

Summe

340.600

Erübrigung

55.400

Verzinsung zu 4 %

32.000

Amortisation in circa 30 Jahren pro Jahr

23.400

Bemerkung  : Bei den Einnahmen sind nur 68 % der möglichen Besuchsanzahl in Anschlag gebracht. 20 Kronen pro Platz ist erheblich billiger wie die Preise im Residenztheater in München (jetzt 23 Mark). Bei ökonomischer Gebarung lassen sich vielleicht bei einigen Posten Ersparungen erzielen. Überdies können auch noch außerordentliche Einnahmen durch Veranstaltung von Konzerten, die in Verbindung mit den Festspielen veranstaltet werden (Musikfeste) erzielt werden, die hier nicht in Anschlag gebracht sind, weil sie eventuell von vornherein für die Schule reserviert werden könnten.

2. Rudolf von Lewicki6 an Friedrich Gehmacher Wien, am 31. Oktober 1913. Sehr geehrter Herr  ! Beiliegend retourniere ich Ihnen Ihr sehr interessantes Exposé über das Festspielhaus.7 Da ich annahm, daß Sie dasselbe vervielfältigen lassen werden, so habe ich mir erlaubt, einige kleine Aenderungen mit roter Tinte einzufügen. Mit dem Inhalte einiger Stellen, die ich auf der rechten Seite mit Schlangenlinien versah, bin ich nicht ganz einverstanden. Jedenfalls halte ich Ihre Anregung für außerordentlich wichtig und gestehe ganz offen, daß derselbe Gedanke mich schon seit Jahren beschäftigt. 6 Rudolf Lewicki, Ritter von Rogala (1865–1921), Musikschriftsteller und Mozartexperte, 1909 Mitbegründer der Wiener Ortsgruppe der Mozartgemeinde der ISM, 1915 Mitglied des Kuratoriums der ISM, befreundet mit Lilli Lehmann (vgl. die Anm. in Dok. 11, H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915) und wie diese ein vehementer Gegner der im Sommer 1916 eingeleiteten Festspielhaus-Initiative von Gehmacher und Damisch. 7 Vgl. Dok. 1 (F. Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913). Wie aus der Korrespondenz zwischen F. Gehmacher und R. v. Lewicki hervorgeht, hatte Gehmacher wohl noch vor dem 31. Oktober in einem nicht überlieferten Brief einen Entwurf seines Promemorias an Lewicki geschickt. Möglicherweise handelt es sich dabei um jene Ms.-Fassung, der auch die Textwiedergabe bei Oskar Holl von 1967 folgt (vgl. dazu die Anmerkung im editorischen Anhang).

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Soweit es auf mich ankommt, werde ich sehr gerne bereit sein, mich für diese Sache einzusetzen, und auch persönlich mitzuarbeiten. Um die Sache bald in Fluß zu bringen, wäre es wohl das einfachste, wenn sich unser Festspielkomitee 1914 in Gänze als vorbereitendes Komitee für das Festspielhaus konstituieren würde. Es wäre damit auf die einfachste Weise die Entstehung einer juridischen Person vorbereitet. Wenn es nach mir gienge, würde ich in diese Aktion unbedingt auch den Ankauf des Mozartgeburtshauses einbeziehen. Wenn man 1,1 Millionen aufbringt, bringt man auch 1,3 Millionen auf. Nach einer so großen Aktion muß selbstverständlich unbedingt eine Ruhepause eintreten und dadurch würde der Ankauf des Geburtshauses ad Calendas graecas verschoben werden. Ich kann mir nicht helfen, aber nach meiner Ansicht ist das Mozarteum unbedingt verpflichtet, dieses Haus in seinen Besitz zu bringen. Den Finanzplan und den Gebarungsplan halte ich für viel zu optimistisch. Auch ist der Preis des Grundes wohl kaum ins Kalkül gezogen. Selbstverständlich müßte man, bevor man an die Oeffentlichkeit tritt, diese beiden Finanzpläne durch Fachleute überprüfen lassen. Ich bin überzeugt, daß wir mindestens auf 2 Millionen kommen. Doch würde mich dies gar nicht schrecken, da man auch dieses Geld aufbringen kann. Ich habe dies beim Konzerthause gesehen, wo eigentlich die Geldbeschaffung keine großen Schwierigkeiten machte. Es wird eben unsere Aufgabe sein, diese Sache richtig anzupacken und mit einer Basis an die Oeffentlichkeit zu treten, die vom ersten Anblicke an als grundsolid erscheint. Ich will mich heute mit diesen wenigen Anmerkungen begnügen, da es ja ganz unmöglich wäre, alle Perspektiven, welche durch dieses großzügige Projekt eröffnet werden, brieflich zu erörtern. Hoffentlich wird sich bald Gelegenheit bieten, diese Sache mündlich in aller Ausdehnung zu behandeln. Von Hellerau8 ist leider noch immer keine definitive Mitteilung eingelaufen. Ich habe mich gestern mit Generaldirektor Kestranek9 diesbezüglich ins Einvernehmen gesetzt und wir sind übereingekommen, nur mehr wenige Tage zu warten und dann die Sache direkt mit Hellerau in Angriff zu nehmen. Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/

 8 Gartenstadt in der Umgebung von Dresden, in welcher der Architekt Heinrich Tessenow 1911 ein Versammlungsgebäude im Stil der von der Lebensreformidee beeinflussten »Reformarchitektur« errich­tet hatte, welches später als sog. »Festspielhaus« bekannt wurde. Die Hintergründe der Erwähnung Helleraus in diesem Zusammenhang sind unklar. 9 Wilhelm Kestranek (1863–1924), Großindustrieller. Zentraldirektor der Prager Eisen-Industrie-Gesellschaft. Förderer des Mozarteums.

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3. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 1/11. 1913. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Bezugnehmend auf unsere kurze Unterredung wegen des Entwicklungsganges, den unsere weitere Tätigkeit zu nehmen hätte, möchte ich Sie bitten, gelegentlich noch einen Schritt zu unternehmen. Wie Sie wissen, halte ich von der Entwicklungsmöglichkeit unserer Sache sehr viel, und ich glaube als genauer Kenner aller einschlägigen Verhältnisse mit voller Sicherheit annehmen zu können, daß der natürliche und anderseits großzügigste Ausbau die Errichtung des Festspielhauses wäre. Durch die Schaffung dieses Institutes wird ein wirklich großzügiges Unternehmen von internationaler Bedeutung kreiert und da der Wunsch, wenigstens der weiter blickenden Teilnehmer an unseren Arbeiten, dahin geht, eine österreichische Großtat zu setzen, so muß ich meine Gedanken, wie diese unternommen werden könnte, jetzt, also zu einer Zeit, die ich für die günstigste halte, diesen Mitarbeitern zur Kenntnis bringen. Ihre Anschauung, so weit Sie sich eine solche während des Sie sehr in Anspruch nehmenden Festtrubels bilden konnten, haben Sie mir bekannt gegeben. Nun ist mir von allergrößter Wichtigkeit, die Meinung des Generaldirektors Kestranek kennen zu lernen. Wenn Kestranek der Sache sein Interesse zuwendet und sich entschließt, mitzuarbeiten, dann ist sie gemacht und es wäre möglich, daß wir in verhältnismäßig kurzer Zeit dieses große Werk, welches darnach angetan ist, Österreich und seine Kunstpflege in den Augen der Welt nachdrücklichst zur Geltung zu bringen, der Vollendung zuführen könnten. Ich möchte Sie daher bitten, sich der Mühe zu unterziehen, dem Generaldirektor Kestranek meine Skizze unter empfehlenden Ausführungen zu übergeben. Wir werden dann ja sehen  ! Schließt sich der Generaldirektor der geäußerten Meinung an und findet die Sache überhaupt den nötigen Anklang, dann müßten die Vorbereitungen so getroffen werden, daß mit der Eröffnungsfeier des Mozarthauses10 die Abschlußtat des Festspielhausbaues propagiert wird. Ich müßte wohl zwecks Besprechung der Details in der nächsten Zeit einmal auf eine Stunde zu Herrn Kestranek kommen. Diesbezüglich würde ich mich mit Ihnen ins Einvernehmen setzen. Wenn Herr Kestranek sich nicht für dieses Vollendungswerk interessiert, dann hat dasselbe nicht viel Aussicht auf Realisierung und ich würde dann wahrscheinlich die Sache auf sich beruhen lassen. Ich komme schließlich nur noch zur finanziellen Seite. Ich bemerke, daß es ganz bestimmt möglich sein wird, das Haus zu einem Kestranek vielleicht zu nieder erscheinenden Preise herzustellen. Es handelt sich nicht um einen Prunkbau, wenn auch eine würdige Ausgestaltung notwendig ist. Ich sehe aber 10 Geplant für August 1914, wegen des Kriegsausbruchs jedoch abgesagt.

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aus dem Mozarthausbau, daß sich so eine Sache, wenn sie gut angepackt wird, auch um billiges Geld machen ließe. Bestimmt ist mit einem Betrage von 1,2 Millionen Kronen das Auslangen vollkommen zu finden. Ich bin gespannt, eine Mitteilung über Ihre Intervention in dieser Sache zu erhalten und begrüße Sie in voller Wertschätzung Ergebenst gez. F. Gehmacher Ns.: Ich bemerke, daß ich diese Angelegenheit mit unseren Herren noch nicht besprochen habe, da mir ja, wie erwähnt, die Anschauung der Wiener Herren von ausschlaggebender Wichtigkeit ist. Eben erhalte ich Ihren Brief11 und da ich annehme, daß Sie in den nächsten Tagen mit Generaldirektor Kestranek zusammenkommen und vielleicht schon diese Gelegenheit zur Besprechung dieser Sache ergreifen wollen, sende ich Ihnen das Original meiner Skizze zurück und bitte Sie, mir dieselbe, nachdem sie Kestranek gelesen, zwecks Anfertigung einer Reinschrift rücksenden zu wollen. Daß das Festspielkomitee zur Gänze diesen Gedanken aufnimmt, ist nicht angängig, weil einzelne Salzburger Herren für diesen neuen Gedanken ebensowenig zu haben sein werden, wie sie es seinerzeit für die Mozarthausidee waren. Es müßte sich also schon ein eigenes, in den Salzburger Mitgliedern mindestens etwas ergänztes Komitee mit dieser Sache beschäftigen. G.

4. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, am 6. November 1913. Sehr geehrter Herr  ! Ihr wertes Schreiben12 habe ich erhalten und ebenso am nächsten Tage neuerlich das Exposé. Ich war vorgestern bei Generaldirektor Kestranek, habe ihm Ihren Gedankengang in Kürze dargelegt und das Exposé zum Studium übergeben. Er hat mir versprochen, mir in zirka einer Woche seine Meinung über diese Angelegenheit mitzuteilen. […] Mit besten Grüßen und Empfehlungen

11 Vgl. Dok. 2 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 31.10.1916). 12 Vgl. Dok. 3 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 1.11.1913).

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Ihr ergebenster /Lewicki/

5. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, am 2. Dezember 1913. Sehr geehrter Herr  ! Beiliegend retourniere ich Ihnen Ihr Exposé und komme dabei nochmals auf Ihren Brief vom 1. November d. J. zurück. Ich habe auf der Fahrt nach Darmstadt13 mit Generaldirektor Kestranek, welcher das Exposé durchgelesen hat, gesprochen. Derselbe hält den jetzigen Zeitpunkt, wo das Mozarthaus noch nicht vollendet ist, nicht für günstig, diese neue Sache zu beginnen. Außerdem glaubt er, daß man für diese Aktion eine große künstlerische Persönlichkeit finden müßte, deren Popularität als Triebkraft für die ganze Sache fungieren müßte. Ich für meine Person bin nach wie vor für die ganze Sache sehr eingenommen und glaube, daß dieselbe auch ohne diese künstlerische Persönlichkeit zu machen wäre. Ich habe mir in weiten Umrissen auch einen Plan zurechtgelegt, wie diese Angelegenheit aufzuzäumen wäre. Es würde zuweit führen, dies brieflich zu erörtern und muß ich daher warten, bis ich Gelegenheit haben werde, Ihnen meine Gedanken mündlich auseinanderzusetzen. Doch muß ich schon jetzt sagen, daß ich den von Ihnen aufgestellten Finanzplan für zu enge halte, und daß man unter 2 ½ Millionen unmöglich das Auslangen finden kann. Ich halte Übrigens auch die Aufbringung dieser Summe für nicht so schwierig, als es im ersten Augenblick scheint. Wie ich schon bemerkte, wird es mich sehr interessieren, bei unserer nächsten Zusammenkunft dieses ganze Thema gründlich zu besprechen und ich glaube, daß es uns gelingen wird, die in Ihrem Exposé propagierte Idee zur Verwirklichung zu bringen. Mit besten Empfehlungen /ergebenster Lewicki./

13 Vgl. die auch in Dok. 15 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 12.5.1916) erwähnten Vereinbarungen mit dem Darmstädter Theater über Aufführungen im Salzburger »Naturtheater«, einer Freiluftbühne im Mirabellgarten. In den nachfolgenden Briefen werden diese Vereinbarungen noch öfters thematisiert.

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6. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 3. Dez. 1913. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Den Empfang des Exposés und Ihres Begleitschreibens14 bestätige ich mit vielem Danke. Ich möchte, hierauf erwidernd, meinen Standpunkt zu der Angelegenheit in Kürze folgendermaßen darstellen  : Es ist selbstverständlich durchaus nicht für unser Institut absolute Notwendigkeit, daß das Festspielhaus geschaffen wird, noch viel weniger für uns persönlich, die wir ja ohnehin schon über Gebühr mit Arbeit und Verantwortung überlastet sind. Ich habe der Idee nur Ausdruck gegeben, weil ich der vollen Überzeugung bin, daß die Errichtung des Festspielhauses eine Tat von außerordentlicher Bedeutung für Österreich wäre, weil sie ganz bestimmt das Interesse der ganzen Welt erwecken würde. Hieraus leitet sich ab, daß die Sache vom Standpunkte des Fremdenverkehres, wirtschaftlich gekommen, jedenfalls sehr bedeutungsvoll wäre, weiters ist gewiß auch nicht abzusprechen, daß das Unternehmen künstlerisch fruchtbringend für alle Theaterunternehmungen, insbesonders aber für unser Musikinstitut sein würde. Also mit einem Worte – eine nach vielen Richtungen hin interessante und aussichtsvolle Sache. Der Anschauung Herrn Gen.Direktors Kestraneks, daß man vorerst einen Künstler hernehmen muß, unter dessen Namen die Flagge segelt, bin ich durchaus nicht. Irgend eine angesehene Körperschaft – also am besten das Mozarteum – muß zuerst das Opernhaus – den Rahmen – schaffen und dann ladet man die Besten der Nation ein, die klassischen Meisterwerke am deutschen Opernhimmel dem internationalen Publikum vorzuführen. Wenn auch die Spielleitung ständig sein müßte, so könnte doch mit den artistischen Leitern gewechselt werden, so daß Jeder das Kunstwerk so vorführt, wie es nach seiner Meinung ausgeführt werden soll. Es wäre hochinteressant und eminent anregend, – insbes. für Fachleute −, zu sehen, wie verschiedene Größen unter den Opernleitern das eine oder andere Meisterwerk auffassen und herausbringen, oder wie sie eine Idee, z.B. die der möglichst billigen Inszenierung etc. in die Tat umsetzen etc. Die Orte mit ständigen Opernhäusern sind für solche Meisteraufführungen und Versuche weniger geeignet, weil sie nirgends das internationale Publikum haben wie Salzburg, das im Sommer in der Mitte der Welt liegt, weil hier der so wirkungsvolle Genius loci in Betracht kommt und weil alle ständigen Institute sich einer solchen Aufgabe nie mit der Ausschließlichkeit widmen können, die sie erfordert. Hier lebt der aufführende Künstler mit der Schar seiner Mitarbeiter durch einige Zeit hin14 Vgl. Dok. 5 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.12.1913).

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durch ausschließlich der Aufgabe, die er sich gestellt hat, an der Stätte seines ständigen Wirkungskreises wird er von ihr immer wieder abgelenkt und kann sich nie voll und ganz der einzigen Sache hingeben. Dabei denke ich mit, daß nicht ausschließlich Mozartopern, sondern späterhin auch andere Meisteropern in den Festspielplan aufgenommen werden. (Unter anderen »Fidelio«). Auf diese Weise muß auch leicht möglich sein, München zu überflügeln, wo immer derselbe Dirigent und nur die während des ganzen Jahres engagierten Künstler in Verwendung kommen.15 Was nun die Kosten anbelangt, so dürfen dieselben nicht überschätzt werden. Das Festspielhaus braucht durchaus nicht den Ballast moderner Spielerei in sich aufzunehmen. Diese komplizierten Einrichtungen kosten enormes Geld und sind in der Regel Spielereien, die gar nicht in Vordergrund kommen. Wie viel wird denn von dem modernen Bühnenrüstzeug wirklich ausgenützt  ? Und die klassischen Opern haben zur Zeit ihrer Entstehung mit solchen Einrichtungen überhaupt nicht gerechnet und es soll ja die künstlerische Einfachheit angestrebt werden. Die ganze Sache ist bestimmt mit 1 ½ Millionen durchzuführen. Hievon ist 1 Million geschäftsmäßig, also auf Anteilscheine anzulegen, ½ Million müßte durch Spenden aufgebracht werden, um das Unternehmen von vornherein nicht allzusehr zu belasten. Mit diesen Mitteln ist bestimmt auszukommen und die sind aber auch leicht zu verzinsen und zu amortisieren. Also wie gesagt, zu machen ist die Sache ganz gewiß, – einen großen Erfolg würde sie auch haben. Ich würde mich aber derselben nur annehmen, wenn die Herren, deren Mitwirkung ich aber für gänzlich unentbehrlich halte, – das sind in erster Linie Sie und G. D. Kestranek – überzeugungsvoll dieselbe aufnehmen. Mit der Mozarteums-Gruppe allein würde ich sie nie machen, wenn auch einzelne Herren mittun würden. Ich warte also jetzt ab, ob Kestranek nicht doch anderer Meinung wird. In jedem Falle hat es mich sehr gefreut, von Ihnen zu hören, daß Sie der Idee sympathisch gegenüber stehen  ; vielleicht bricht sie sich doch Bahn  ! Mit herzlichen Grüßen bin ich Ihr ergebener gez. F. Gehmacher m.p.

15 In München fanden 1875 erstmals sommerliche Opernfestspiele statt, welche seit der Errichtung des Prinzregententheaters 1901 einen beachtlichen Aufschwung nahmen. Neben Mozart und Wagner gelangten nun auch die Werke von Richard Strauss bei den Münchner Opernfestspielen zu Aufführung.

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7. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki16 [Salzburg, 1. Mai 1914] […] Wir haben alle zusammen das Gefühl, daß wir seit einer Reihe von Jahren gar nichts anderes tun, als was von Wien aus empfohlen und propagiert wird.17 Wir trachten in allem und jedem die Wünsche Wiens mit unseren Bedürfnissen in Einklang zu bringen, und weil wir uns jetzt nur erlauben, darauf zu verweisen, daß bei der Neuernennung Rücksicht genommen werden muß,18 … so wird gegen uns der schwerste Vorwurf der Eigenbrodelei, der mangelnden Rücksicht auf die Wiener Beziehungen erhoben … Ich möchte nicht unausgesprochen lassen, welche Stellung ich diesem Vorkommnisse gegenüber einnehme. Wenn Wien unser über das örtliche Bedürfnis weit hinausgehende Bestreben anerkennt und uns seine intensive Unterstützung leiht, sodaß das große Programm, das nach meiner persönlichen Meinung in der Errichtung des Festspielhauses seine Krone zu erhalten hätte, Aussicht auf Verwirklichung hat, so haben wir auf dem Posten, auf dem wir gestellt sind, auszuharren. Wenn uns aber von der Zentrale aus die Hilfeleistung – Sie verzeihen das Wort – grundlos entzogen wird, dann geben wir ebenfalls unsere Tätigkeit auf und die Idee, in Österreich eine bedeutende Schöpfung zu kreieren, auf welche das Vaterland stolz zu sein Ursache hat, bleibt unausgeführt. […]

16 Gegenstand dieses im Original nicht mehr erhaltenen Briefes ist die Kontroverse zwischen der Wiener Mozartgemeinde und Salzburger Mozarteumsfunktionären um die Bestellung eines neuen Direktoriums der Musikschule des Mozarteums. 17 Gehmacher bezieht sich hier auf die einflussreiche Wiener Mozartgemeinde, in der Rudolf von Lewicki und Johanna Gräfin von Hartenau-Battenberg (vgl. Dok. 8, F. Gehmacher an J. v. Hartenau-Battenberg, 23.5.1914) eine bestimmende Rolle spielten. 18 Gemeint sind hier die Interessen des Salzburger Komponisten, Pianisten und Klavierpädagogen Franz Ledwinka (1883–1972), der 1907–49 am Mozarteum Klavier unterrichtete und 1914–17 dessen Direktor war. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen u. a. Herbert von Karajan und Georg Schuchter. Vgl. dazu auch Karl Wagner  : Das Mozarteum. Geschichte und Entwicklung einer kulturellen Institution. Innsbruck  : Helbling 1993, S. 167 f.

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8. Friedrich Gehmacher an Johanna Gräfin von Hartenau-Battenberg19 23. Mai 1914 g n ä d i g s t e f r a u g r ä f i n   ! Für die gütige Anerkennung, die gr äfin meinem bescheidenen Wirken in der ehrenvollen Form einer Inanspruchnahme bei der Intervention zollten, erlaube ich mir den verbindlichsten Dank zu sagen. Es ist ein und derselbe Grund, der die Triebfeder für die bewunderungswürdige und großzügige Förderung, die gnädigste fr au gr äfin dem Mozarteum angedeihen lassen und anderseits für mein bescheidenes Wirken bildet. Die Verehrung für den Genius des Meisters, dessen Namen das Institut zu tragen das Glück hat, und die Erkenntnis, daß diesem Institute, wie nicht vielen anderen eine Entwicklungsmöglichkeit in die Wiege gelegt ist, die dessen Ausgestaltung zu einem der bedeutendsten österreichischen Kunstanstalten nur von der Tatkraft der Mitarbeiter abhängig macht. […] Durch das Mozart-Haus ist eine solide Basis für die gediegene, von äußeren Einflüssen unabhängige Kunstpflege und insbesondere für den Mozartcultus geschaffen. Nunmehr sollte zugleich der weitere Ausbau des Institutes durch die Errichtung des Festspielhauses in Angriff genommen werden. Ich habe vor längerer Zeit ein skizzenhaftes Promemoria, das nur für einzelne hiesige Mitarbeiter bestimmt war, verfaßt. Ich erlaube mir dasselbe zur Einsicht zu unterbreiten, muß mir aber dessen Rücksendung erbitten, da ich ein zweites Exemplar nicht besitze. Die Errichtung des Festspielhauses wäre eine österreichische Großtat, zur Durchführung derselben bedarf es vieler Mitarbeiter und das wäre wahrscheinlich ein Arbeitsgebiet, das den Absichten Nilius20 entsprechen würde. 19 Johanna Gräfin von Hartenau-Battenberg (geb. Johanna Maria Louise Loisinger, 1865–1951), Opernsängerin und Pianistin, Förderin des Wiener und Salzburger Musiklebens. Unter ihrer Patronanz gründete Rudolf von Lewicki 1909 eine Wiener Ortsgruppe der »Internationalen Mozartgemeinde«, als deren Vorsteherin sie ab 1910 fungierte. Da diese Wiener Mozartgemeinde zwar beträchtliche Mittel für den Mozarteums-Neubau aufbrachte, jedoch in der Zusammensetzung ihrer Mitglieder auf einen gesellschaftlich gehobenen Kreis beschränkt blieb und vor allem auch den Salzburger Festspielhausgedanken ablehnte, gründete Heinrich Damisch 1913 die »Wiener akademische Mozartgemeinde«. Über deren Tätigkeit während des ersten Jahres ihres Bestehens ist wenig überliefert und es scheint, dass Damisch ab 1916 seine Aktivitäten ausschließlich auf die Gründung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde (SFG) konzentriert hat. Vgl. Helmut Kretschmer  : Ein Verein im Dienste Mozarts – Zur Geschichte der Mozartgemeinde Wien. In  : Studien zur Wiener Stadtgeschichte. Wien 2004 (= Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 60), S. 153–176, hier S. 160 f. 20 Der Wiener Dirigent und Komponist Rudolf Nilius (1883–1962) wurde von Gräfin Hartenau-Battenberg als Direktor des Mozarteums favorisiert.

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Die Idee ist bisher über den allerengsten Kreis unserer Mitarbeiter nicht hinausgekommen  ; ich darf fr au gr äfin daher wohl bitten, darüber nichts verlauten zu lassen. Wenn ich hievon im gegenwärtigen Zeitpunkte Mitteilung mache, so tue ich dies, weil mir die Gelegenheit gegeben ist, fr au gr äfin als erste auswärtige Förderin unserer Bestrebungen zur Mitwisserin dieser Idee zu machen und weil sie vielleicht auch in einem gewissen Zusammenhange zu dem Anlasse des Schreibens steht, das frau gräfin an mich zu richten die Güte hatten. Es ist selbstverständlich, daß vorerst der Erfolg des heuerigen großen Musikfestes abzuwarten wäre, vielleicht könnte aber hiebei der Anstoß zur Aufnahme des neuen großen Projektes gegeben werden. In jedem Falle darf ich fr au gr äfin um Geheimhaltung der Angelegenheit bitten, über die allererste Fühlungnahme ist ja das Projekt noch nicht hinausgediehen. Ich hoffe im übrigen fr au gr äfin von der Folgerichtigkeit unseres in der Besetzungsfrage eingenommenen Standpunktes überzeugt und bitte schließlich noch, den Ausdruck meiner unbegrenzten Verehrung und Bewunderung bei dieser Gelegenheit neuerlich zu Füßen legen zu dürfen. [Friedrich Gehmacher]

9. Friedrich Gehmacher  : »Das Zukunfts-Programm des Mozarteums« Juli 1914 Durch die Errichtung des Mozarthauses ist die Vorbedingung für eine großartige Entwicklung und eine Weltstellung unseres Institutes geschaffen. Ein prächtiges Heim steht der Schule wie dem künstlerischen und administrativen Betriebe der Stiftung zu Gebote und nun kann der Ausbau beginnen, wenn anders man die Absicht hat, der Schule eine über Stadt und Land Salzburg hinausreichende Bedeutung zu geben und das Gesamt-Institut zu einem wirklich internationalen zu machen. Zwei Dinge sind nunmehr hiezu erforderlich  : erstens Geld und zweitens schaffende Kräfte. Das erstere mangelt uns vollständig, mit dem zweiten ist es insoferne besser bestellt, als an unserer Schule ausgezeichnete Fachmänner tätig sind, welche uns in unserem Bestreben werktätig zu unterstützen vermögen. Allein deren Kräfte sind in erster Linie nur der Schule zugewendet und haben daher einen von vorneherein enger umschriebenen Wirkungskreis, der einer Ergänzung durch andere Kräfte bedarf, denn die Weltstellung soll nicht allein auf dem Gebiete der Schule erreicht werden. Die Erkenntnis von der Notwendigkeit der Heranziehung derartiger Kräfte hat uns ja auch bei der Bestellung Dr. Hirschfelds und seines Nachfolgers geleitet. Alle Fak-

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toren im Mozarteum haben die Notwendigkeit einer solchen Ausgestaltung nach der persönlichen Seite hin betont, ich kann also annehmen, daß in dieser Hinsicht die Meinungen nicht geteilt sind. Der wichtigere Faktor ist das Geld, denn auch die persönlichen Mitarbeiter lassen sich ohne solches nicht leicht gewinnen. Bei der Geldbeschaffung für die Zwecke des Mozarteums hat die Mozartgemeinde in den letzten Jahren eine sehr wichtige Rolle gespielt und als gegenwärtiger Leiter derselben muß ich zur Frage der Beschaffung von Mitteln in der vor uns liegenden Zeit Stellung nehmen. Hiebei muß ich mir vor Augen halten, daß die Geldbeschaffungsfrage möglichst in einer Form zu lösen ist, daß auch die ideellen Aufgaben der Mozartgemeinde bzw. des Mozarteums gefördert werden. Ich bin der seinerzeit ausgesprochenen Meinung, es wird auch nach Fertigstellung des Mozarthauses unter Hinweis auf das Geschaffene möglich sein, große Mittel zur Deckung der etwa entstehenden Schulden aufzubringen, nicht entgegen getreten, weil ich selbst an diese Möglichkeit glaubte. Diese Meinung erweist sich aber jetzt als nicht zutreffend. Das Haus ist fertig, viele, insbesondere die Salzburger-Interessenten sehen das erreicht, was sie anstrebten  ; wie jetzt die Zahlung des schon Bestehenden erfolgt, ist ihnen mehr oder weniger gleichgiltig, darüber soll sich nur das Mozarteum den Kopf zerbrechen. Die auswärtigen Kreise haben nur das ideelle Interesse an dem Hause, über dessen Befriedigung besteht aber kein Programm, zudem ist der Krieg gekommen, der ja mit dem Übereinkommen zum Teil aufräumt, es flaut also auch deren Interesse ab. Kurz gesagt, ich bin der Überzeugung, unter dem Titel »Zahlung der Schulden für das Mozarthaus« werden auf längere Dauer Beiträge der Mozartgemeinde in dem gleichen Maße wie vor dem Kriege nicht zufließen. Es muß jeder Vorsteher der Mozartgemeinde, ob das ich bin oder ob eine andere Persönlichkeit die Leitung übernimmt, der Mozartgemeinde neues Leben einblasen, sonst besteht die Gefahr des allmählichen Verflauens des Interesses an derselben und des raschen Abfalles der Mitglieder. Wenn ich dazu berufen bin, Vorschläge zur Hintanhaltung dieser Gefahr – die auch gleichzeitig zur Erreichung der eingangs erwähnten Ziele dienen – zu erstatten, so muß ich speziell zweierlei Mittel als mir hervorragend tauglich erscheinend, erklären. 1.) Die sofortige Aufnahme der Idee der Errichtung des Mozartfestspiel-Hauses. Hiezu sei folgendes bemerkt  : Unser, speziell der Mozartgemeinde Bestreben muß es sein, aus dem Mozarteum eine wirkliche Mozartkult-Stätte zu schaffen. Bisher haben wir auf diesem Gebiete, wenn wir von den Musikfesten, die ja nur schwer zu einer ständigen Institution zu machen sind, absehen, noch sehr wenig erreicht, denn die zeitweise Aufführung Mozartscher Werke in den Mozarteums-Konzerten bedeutet

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in dieser Hinsicht sehr wenig. Das große Salzburger Publikum will und kann nicht für den Mozartkult geworben werden. Diese Aufgabe wendet sich zunächst an die Mozartverehrer im besonderen und dann an die Musik treibenden und Musik liebenden Menschen der ganzen Welt im allgemeinen. Die Berechtigung des Mozartkults braucht diesen Menschen nicht mehr dargelegt zu werden, für diese Interessenten muß eine wirkliche Kultstätte nur geschaffen werden, unterstützen werden sie dieselbe dann sicher. Das Festspielhaus bedeutet aber einen sehr wichtigen Zweig dieses Kultes. Seine Aufgabe wäre es, die Aufführung der dramatischen Meisterwerke Mozarts in möglichst vollendeter Form regelmäßig wiederkehrend zu ermöglichen. Über die Art, wie dies geschehen soll, kann man verschiedener Meinung sein  ; darüber zu reden, ist heute noch nicht Zeit, vorerst muß die Gelegenheit für die Durchführung geschaffen werden, dann erst soll die Art derselben präzisiert werden. Sekundäre Vorteile der Aufnahme dieses Projektes wären  : die große wirtschaftliche Bedeutung solcher Festspiele für unser Institut und für Salzburg und die Möglichkeit, Persönlichkeiten unserem Interesse dienstbar zu machen, die auf unser heutiges Programm – das ja eigentlich ein sehr eingeschränktes ist  : Haltung der Musikschule und Veranstaltung von Musikfesten – nicht angeworben werden können. Man wird einwenden, daß wir uns in finanziellen Schwierigkeiten befinden, welche durch Stellung einer neuen Aufgabe doch nicht beseitigt werden können, weil ja die einlaufenden Mittel zur Lösung dieser neuen Aufgabe Verwendung finden müssen. Diese Annahme wäre aber sehr kurzsichtig, denn ohne Beeinträchtigung des angestrebten Zweckes können eine Menge Mozarteumsauslagen auf das Konto der Mozartgemeinde geschrieben werden – man denke nur als Vergleich im kleinen an das im abgelaufenen Jahre abgehaltene Ausstellungsfest, das eine Menge Neuanschaffungen (Schreibmaschine, Einrichtungen etc.) für das Mozarteum brachte – weiters bedeutet ja das Festspielhaus, das natürlich nicht wieder verschuldet sein dürfte, eine beträchtliche Erhöhung des Aktivstandes des Mozarteums und ferners müßte auch bei der Neugestaltung festgelegt werden, daß und in welcher Weise die Eingänge der Mozartgemeinde für verschiedene schon vorliegende Aufgaben des Mozarteums Verwendung finden sollen. Über die Einzelheiten wird man leicht hinwegkommen, ich halte vorläufig nur für unerläßlich, daß die großen Aufgaben, deren Unterstützung die Mozartgemeinde sich vornimmt, jetzt neuerlich programmatisch festgelegt werden. Die zweite dieser Aufgaben wäre die Ausgestaltung der Schule zu einer wirklichen Mozartschule. Unser Konservatorium ist heute noch eine, den Bedürfnissen einer größeren Stadt Rechnung tragende Musikschule mit den Einrichtungen wie sie der Lokalbedarf erfordert ohne spezifisches Gepräge  ; das ist für ein Internationales Institut zu wenig. Entweder muß sie fachlich in einer Weise ausgebaut werden, daß sie den Wettbewerb mit den größten Anstalten dieser Art aushält, oder aber, und das

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entspräche unserer Aufgabe noch viel besser, sie muß ihre Aufgaben nach zweierlei Richtungen hin erfüllen  : Erstens als Musikschule für den lokalen Bedarf (wobei natürlich unter lokal nicht nur die Stadt Salzburg gemeint ist) und zweitens als Spezialschule für die Mozartmusik. In dem Ausbau der Abteilung »Spezialschule für die Musik Mozarts und der Klassiker« liegt also nach meiner Meinung die Möglichkeit einer Ausgestaltung unseres Konservatoriums zu einem Weltinstitute. Der prächtigste Ansatz für diese letztere Aufgabe ist in der Acquisition der Frau Hofrat Bianchi gegeben, welche ja als Vertreterin des Koloratur- und Belcanto-Gesanges, also des Mozartschen Kunstgesanges einen Weltruf genießt. Diese Seite der Schule müßte besonders gepflegt und ausgebaut werden, so daß ein Künstler, der auf allen Zweigen der Kunst sattelfest sein soll, sie besucht haben muß. Eine dritte nicht so wichtige, aber wie ich erfahren habe, gewiß nicht zu unterschätzende Aufgabe wäre die Ausgestaltung unserer Bibliotheca Mozartiana. Man hat dieser Seite unserer Tätigkeit nie so rechte Beachtung zugewendet. Ich habe aber im Laufe der Jahre die Beobachtung machen können, daß gerade die Schaffung einer die Mozartforschung im besonderen berücksichtigenden Bibliothek von der Fachwelt als eine der wichtigsten Aufgaben des Mozarteums angesehen wird. Aufwendungen, die für den Ausbau dieses Institutes gemacht werden, sind produktiv insoferne sie den Absichten unserer Freunde entsprechen und uns deren Gunst und Mitarbeit sichern und weiters auch von der Fachwelt gewürdigt werden. Meine kurzen Ausführungen gipfeln also in dem Antrage, daß wir unserer weiteren Tätigkeit ein Programm vorsetzen müssen und daß in diesem Programme als die Hauptaufgaben bezeichnet werden  : 1.) Erhaltung des Konservatorium Mozarteum und im besonderen Ausbau der Spezialschule für Mozartmusik, durch regelmäßige Vorträge über Mozart und seine Werke, und Bildung und Pflege des klassischen Gesang- und Instrumentalvortrages. Schaffung von Stipendien für besonders begabte Schüler. 2.) Ausbau der Bibliotheca Mozartiana im Sinne der Beschlüsse des 28. Mozarttages. 3.) Ankauf von Mozarts Geburtshaus. 4.) Errichtung eines Festspielhauses für mustergiltige Aufführungen der dramatischen Meisterwerke W. A. Mozarts. Juli 1914 Friedrich Gehmacher m.p.

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10. Friedrich Gehmacher  : Antrag an das Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum21 [Mai 1915] /Vertraulich/ Ich habe mir die Anschauung gebildet, daß die Aufstellung eines festen, großzügigen Programmes für das Mozarteum im gegenwärtigen Zeitpunkte ein unabweisliches Erfordernis ist und zwar l.) aus dem sachlichen Grunde, weil wir das, was wir unseren auswärtigen Mitarbeitern in Aussicht gestellt haben, nämlich die Kunstpflege an unserem Institute im Geiste Mozarts nur halb und jedenfalls nicht in erheblich großzügigerem Maße wie vor dem Bestande des Mozarthauses erreicht haben. Wir bleiben demnach bei Beschränkung unserer Tätigkeit auf das gegenwärtige Maß auf halbem Wege stehen  ; 2.) aus Gründen der Werbung von Interessenten, um der Stiftung die zu ihrer Existenz erforderlichen ideellen und materiellen Mittel zuzuführen. Zu Punkt 1 wäre folgendes zu bemerken  : Unsere heutige Tätigkeit kann nur lokales Interesse beanspruchen. Die Schule, die gewiß als prosperierend bezeichnet werden kann, was zum Teile auch auf das prächtige Heim zurückzuführen ist, erfüllt mit Ausnahme der Spezialschule Bianchi22 nur das l o k a l e Bedürfnis nach künstlerischer Ausbildung der Jugend. Die Saallokalitäten im Mozarthause haben der großen Not an geeigneten Repräsentationsräumlichkeiten in Salzburg abgeholfen. Ihre Bedeutung für das Internationale Musikleben ist vorläufig umso geringer, als sie ja auch nicht für Großkonzerte berechnet sind. Die Musikfeste hängen in ihrer heutigen Organisation hauptsächlich von der Person der Frau Lehmann ab. Wenn die heute ausspannt, sind die Musikfeste wahrscheinlich gewesen. 21 Walter Hummel (1883–1968), Kuratoriumsmitglied und Chronist der ISM berichtet, dass bereits 1915 über Anregung Gehmachers im Salzburger Hotel Mirabell eine Versammlung zur Gründung einer Festspielhaus-Gemeinde abgehalten worden sei, »bei der man zur Erkenntnis kam, daß man mit den in Salzburg zur Verfügung stehenden Kräften kaum das Auslangen finden« könne, weshalb schon damals der Plan gefasst worden sei, die Propagierung der Festspielhausidee nach Wien zu verpflanzen und Gehmachers Freund, den Redakteur Heinrich Damisch, mit der Durchführung zu betrauen (Walter Hummel  : Von den Musikfesten zu den Festspielen – Sicht des Mozarteums. In  : Ders.: Marksteine der Geschichte der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg und vierzigster Jahresbericht. Salzburg  : Selbstverlag der Int. Stiftung Mozarteum 1936, S. 25 f.). 22 Vgl. die Anm. in Dok. 1 (F. Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913).

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Was endlich den Mozartkult in wissenschaftlich-literarischem Sinne anbelangt, so ist festzustellen, daß dieses Gebiet bei unserem Institute gegenwärtig gänzlich unbebaut bleibt. […] Durch diese kurze Aufzählung glaube ich dargelegt zu haben, daß s a c h l i c h genommen die dringende Notwendigkeit der Aufnahme eines Arbeitsprogramms besteht. Die Notwendigkeit in der zweiten eingangs bezeichneten Hinsicht, also der Werbung wegen, bedarf keines Beweises. Wir haben feststehende Jahresauslagen in einer solchen Höhe, daß wir den Anforderungen bei Fortführung des gegenwärtigen Betriebes nicht gerecht werden können. Wir treiben dem finanziellen Ruin in kürzester Frist zu. Daß der Ausschuß dieser Tatsache gegenüber bisher trotz meiner wiederholten Warnungen untätig blieb, beunruhigt mich, läßt in mir auch die schwere Sorge aufkommen, daß meine Absichten und Vorschläge im Ausschusse mißverstanden werden, daß ich daher mit meinen Vorschlägen nicht durchdringe, daß aber auch von anderer Seite nichts unternommen werden wird, um dem drohenden Zerfalle wirkungsvoll und rechtzeitig entgegenzutreten. Nichts desto weniger will ich, solange man mich überhaupt hören will, meine warnende Stimme erheben und meiner Anschauung über die Maßnahmen, welche zur Abwehr des drohenden Niederganges zu ergreifen sind, Ausdruck geben. Wir brauchen also Geld und zwar sehr viel Geld, schon wenn wir die Institution der Stiftung in dem heutigen Umfange fortführen wollen, umsomehr aber, wenn wir die Aufgaben, die uns obliegen und deren Erfüllung wir unseren Freunden versprochen haben, auch tatsächlich durchführen. Beide Momente, die Erfüllung unserer Idealaufgaben und die Erwerbung von Mitteln, hängen innig miteinander zusammen, eines kann nicht ohne das andere bestehen. Die Durchführung beider kann nach meiner Meinung nur gelingen, wenn wir durch Aufstellung eines großzügigen, interessanten Arbeitsprogrammes die Aufmerksamkeit der Welt auf uns lenken und hiedurch ideal gesinnte Menschen zur materiellen und moralischen Mitarbeit veranlassen. Ich bin also der Meinung, daß ohne Verzug ein großzügiges Programm zu entwerfen ist, welches die Basis für unsere Arbeiten in der nächsten Zukunft bilden soll. Zur Programmfrage selbst hätte ich folgende Vorschläge zu machen, wobei ich bemerke, daß ich selbstverständlich von den Aufgaben, welche schon bisher das Arbeitsprogramm des Mozarteums bildeten, alles Brauchbare beibehalten habe und daß meine Vorschläge noch ergänzungsfähig und bedürftig sind. […] Auf dem Gebiete der allgemeinen Stiftungsaufgaben.

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Als solche kommen auch fernerhin in Betracht  : Die periodische Abhaltung von Musikfesten, Erhaltung der Mozarterinnerungsstätten, die Pflege und Vermehrung der Sammlungen des Mozartmuseums und der Ankauf von Mozarts Geburtshaus. Neu aufzunehmen und in den Vordergrund der gestellten Aufgaben zu rücken wäre die Errichtung eines Mozartfestspielhauses. Die Aufnahme dieses Programmpunktes erscheint von größter Wichtigkeit. Durch die Errichtung eines Festspielhauses erfährt der Mozartkult eine wirkliche, sehr ernst zu nehmende Förderung. Denn abgesehen davon, daß die Musikfeste in ihrer heutigen Form den Keim des Unterganges in sich tragen, bedeutet auch bei normaler Fortentwicklung derselben die Theaterfrage immer eine enorme Schwierigkeit und sie bildet den Hemmschuh insbesondere in der Richtung, daß die Musikfeste nicht auf eine sichere finanzielle Basis gestellt werden können. Abgesehen von diesem veranstaltungstechnischen Grunde bedeutet auch vom Standpunkte des Mozartkults die Errichtung des Festspielhauses den gewichtigsten Schritt, der auf diesem Gebiete überhaupt zu machen ist. Hiedurch wird die Ständigkeit der Musikfestveranstaltungen gesichert, die Aufführungen können eine viel gründlichere, von langer Hand planmäßig durchgeführte Vorbereitung erfahren  ; die Vorbereitung und Durchführung der Musikfeste wird an Stelle des nur ad hoc berufenen einem ständigen Generalsekretär (selbstverständlich unter der Leitung des Konzertausschusses des Mozarteums) anvertraut. Die ganzen lokalen Verhältnisse können für Musteraufführungen der großen Mozartschen Kunstwerke zugeschnitten werden  ; kurz, nach allen Richtungen hin bedeutet dieser Programmpunkt den wichtigsten Teil unserer zu erfüllenden Aufgaben. Für das Mozartfestspielhaus wird natürlich nur allmählich und unter Aufwendung großer Mühe ein tiefgehendes Interesse wachgerufen werden können und es ist insbesondere die Mozartgemeinde, welche es auf sich nehmen soll, diesen Programmpunkt in ihr Tätigkeitsgebiet aufzunehmen. Zur Information muß ich an dieser Stelle einige Bemerkungen über diese Vereinigung einschalten. Die Mozartgemeinde ist von allen Einrichtungen des Mozarteums durch den Krieg am meisten mitgenommen. Noch im Jahre 1914 war der Einnahmenstand, von außergewöhnlichen Zuflüssen abgesehen, noch etwa 15.000 K. Im Jahre 1915 hoffe ich auf eine Reineinnahme von 5000 K, mit dieser ist aber für die Zukunft unter keinem Umstande zu rechnen. Von der Ortsgruppe hat nahezu die Hälfte auf unsre Zuschriften im letzten Jahre nicht mehr reagiert und von den Mitgliedern der Zentralgruppen haben mehr wie die Hälfte nicht mehr die Beiträge entrichtet. Die Tätigkeit in der Mozartgemeinde muß sozusagen ganz neu aufgenommen werden. Jedermann, der eine Erfahrung auf dem Gebiete der Vereinstätigkeit und

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ein Gefühl für derartige Vorkommnisse und Erscheinungen hat, wird ohne weiters erkennen, daß eine Neuauffrischung der Gemeinde auf dem Programm der Errichtung des Mozarthauses unmöglich ist, da letzteres ja schon errichtet ist und die Tatsache der Schuldentilgung für sich allein doch zu wenig Anreiz bietet, um fernerstehende Personen zur Mitarbeit heranzuziehen. Nur ein neues, innerlich und äußerlich sehr zugkräftiges Arbeitsprogramm vermag das Interesse an der Mozartgemeinde wieder zu beleben. Ein aus dem Rahmen des Bisherigen hervorstechendes Arbeitsziel ist geeignet, die Entfaltung einer neuen Propaganda zu ermöglichen, durch welche die entstandenen Lücken in den Reihen der Mozartgemeinde wieder ausgefüllt werden können. Auch wenn es zur Annahme des von mir aufgestellten Gesamtprogrammes nicht kommt, wird die Mozartgemeinde irgend etwas Neues unternehmen müssen, um das unter dem Eindrucke des Krieges vollständig verflaute Interesse an ihrem Bestande zu beleben. […] /Salzburg im Mai 1915 F. Gehmacher/

11. Hermann Kerber23 an Lilli Lehmann24 Salzburg, 22. Novbr. 1915 Meine verehrte, vielliebe Regina-amica  ! […] Trotzdem hat die Hauptversammlung des Mozarteums vergangene Woche bei den Neuwahlen mich wieder in den Ausschuß berufen – ich will’s hoffen, nicht ausschließlich aus zarten Rücksichten für Vergangenes, sondern auch in der besseren 23 Hermann Kerber (1849–1935), Salzburger Buchhändler und Verleger. Mitglied des Kuratoriums der ISM  ; besondere Verdienste erwarb er sich um die Erbauung des Mozarteumsgebäudes (1910–14) und um die Erwerbung von Mozarts Geburtshaus durch die ISM. Hermann Kerber zählte zum engen Freundeskreis von Lilli Lehmann. Sein Sohn Erwin Kerber wurde im Mai 1919 zum Sekretär des Zweigvereins Salzburg der SFG bestellt. 24 Lilli Lehmann-Kalisch (1849–1929), Sängerin u. a. an der Berliner Hofoper, bedeutende Interpretin deutscher und italienischer Opernpartien, seit 1901 Mitwirkung bei den Salzburger Musikfesten, auf deren organisatorische Planung und Durchführung sie in weiterer Folge entscheidenden Einfluss nahm. Die Errichtung des neuen Mozarteumsgebäudes 1910–14 sowie der Erwerb von Mozarts Geburtshaus durch die ISM wurden von ihr ganz wesentlich gefördert. Begründete 1916 alljährlich im Sommer stattfindende Gesangskurse am Konservatorium der ISM. Vehemente Gegnerin der Festspielhaus-Initiative von Gehmacher und Damisch.

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Meinung von einer Wiederkehr meiner Arbeitsfähigkeit. Jetzt aber bin ich aber wohl nur ein fünftes Rad am Wagen – und muß zusehen, wohin die anderen fahren. Unter dem neuen Steuermann Dr. Sylvester,25 dem Präsidenten des Österr. Abgeordnetenhauses, der übermorgen auch des Mozarteums Präsidentschaft antreten wird. Das Herz Stibrals26 und Kuenburgs27 wird er nicht ersetzen – gute Verbindungen mit den Ministerien und sonst einflußreichen Stellen wird er aber sichern. In sein Wohlwollen ist kein Zweifel zu setzen – ebensowenig in seinen Willen. An Detailarbeit wird ihn seine weite Inanspruchnahme in politischen Aufgaben kaum lebhaften Anteil nehmen lassen. Nun, neue Verhältnisse bringen neue Kräfte zur Entfaltung – und Reginas Odem soll sie erfüllen  ! Das ist mein Herzenswunsch für das Mozarteum. Ich komme jetzt fast gar nicht ins neue Haus, und höre darum wenig vom Tageslauf der Dinge. Die Verheißung aber, die Sie der Erwerbungsaktion des Geburtshauses mit Ihrer führenden Mitwirkung geben und wodurch die »Festspielhauspläne« höchst problematischer Natur auf ein bestimmtes Ziel pietätvoller und sinnfälliger Mozartverehrung geführt werden – diese Verheißung möchte ich noch als erfüllt erleben und daran noch ein bißl mittun dürfen  ! Und darum muß ich wieder gesund zu werden versuchen. – Ob Sie’s recht gemacht haben  ? Handkuß und der Mozart soll’s Ihnen sagen  ! […] Ihr recht alter Kerber

12. Hermann Kerber an Lilli Lehmann Salzburg, 29. Jänner 1916 Meine vielliebe gütige Freundin  ! […] Von der Dringlichkeit der Aktion, die Sie als Erste mit aller Entschiedenheit ausgesprochen, sind alle überzeugt  ; das Verschieben »bis zur Wiederkehr friedlicher Zustände« wäre einem Begraben gleich. Können wir auch für den Augenblick den 25 Julius Sylvester (1854–1944), Hof- und Gerichtsadvokat in Salzburg, deutschnationaler Politiker, beeinflusst von der antisemitischen Ideologie Georg von Schönerers, 1897–1918 Reichsratsabgeordneter, 1911–17 Präsident des Abgeordnetenhauses, 1918/19 Mitglied der prov. Nationalversammlung und Staatsnotar, 1915–22 Präsident der ISM, 1922 deren Ehrenpräsident. 26 Franz Stibral (1854–1930), bis zu seiner Pensionierung 1907 Sektionschef im Handelsministerium, 1899/1900 u. 1916 Handelsminister, 1909 Mitglied des Herrenhauses, 1910–14 Präsident der ISM, befreundet mit der Sängerin Lilli Lehmann. 27 Gandolph Graf von Kuenburg (1841–1921), Jurist und Politiker, 1888 Reichsratsabgeordneter, 1891/92 Minister ohne Portefeuille, 1892 Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes, 1897 Herrenhausmitglied, 1899–1911 Präsident der ISM.

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Übergang von Mozarts Geburtshaus in den Besitz des Mozarteums nicht als vollzogene Tatsache hinstellen und muß deshalb auch davon abgesehen werden, durch Veröffentlichungen in der Presse diese Angelegenheit zu einer unmittelbar bevorstehenden zu stempeln, um nicht die Anforderungen des jetzigen Besitzers, beziehungsweise die der Besitzer eventuell in Betracht kommender Tauschgeschäfte in das Ungemessene und Unerfüllbare hinaufzutreiben, so lassen die bisher gepflogenen Verhandlungen nur zu deutlich erkennen, daß – wie immer die Lösung der Aufgabe sich gestalten wird – ohne verfügbare Barmittel nichts auszurichten sein kann. Es bedarf unbedingt der Aufbringung, beziehungsweise der erheblichen Stärkung des für diesen Zweck schon bestehenden Fonds, um im gegebenen Zeitpunkte mit Geld in der Hand auftreten zu können. Ohne diesen Nachdruck werden alle Abmachungen und Verhandlungen immer nur zu neuerlichen Provisorien führen, die auf keine absehbare Zeit eine einigermaßen feste Basis gewähren. […] Der Erfolg kann nicht ausbleiben und wird es ermöglichen, daß in einem nicht allzufernen Zeitpunkte auf Grund des Erreichten auch die große Öffentlichkeit durch die Presse, dann nicht für ein Problem, sondern für die Schlußdurchführung eines gesicherten Werkes gewonnen werden kann. So stellt sich uns die Sachlage dar – und die »Mobilisierung«, wie sie zum Siege des Feldzuges unter der Fahne der Königin wird führen können  ! Ordre de bataille28 erteilen Sie – als Generalstäbler bittet Herr Zentralvorsteher der Mozartgemeinde Friedrich Gehmacher in militärischer Knappheit Sie von allen Bewegungen unterrichten und mit Ihnen in Verbindung sein zu dürfen – und wenn Sie meine bescheidenen Dienste als Ordonnanz einmal für brauchbar halten, so wissen Sie, daß ich bis zum »letzten Schnaufer« ein Getreuer sein will – meiner gütigen Frau Königin – und der gestern auf dem außerordentlichen, am Nachtage von Mozarts 160ten Geburtstag abgehaltenen Mozarttage einstimmig erwählten und mit lautem Zuruf gefeierten »Ehren-Präsidentin der Mozartgemeinde«  ! […] Ihr allzeit getreuer und dankerfüllter Hermann Kerber

28 Französ.: Schlachtordnung.

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13. Carl Rainer Simons29 an Ludwig Sedlitzky30 Wien, den 5. Mai 1916. S e h r v e r e h r t e r H e r r D o k t o r   ! Nach Wien zurückgekehrt habe ich sofort mit meinen Mitgliedern mich in Verbindung gesetzt und bestätige somit den Inhalt unserer in Salzburg am 27./28. April getroffenen Vereinbarung.31 Ich werde Ihnen im Laufe des Monates Juli und August eine noch näher zu vereinbarende Anzahl von Aufführungen auf dem Naturtheater32 und Stadttheater veranstalten. Für das Naturtheater habe ich vorläufig »Bastien und Bastienne«, »Die Gärtnerin aus Liebe« und den 3. Akt »Figaros Hochzeit«, für das Stadttheater »Entführung aus dem Serail« vorgesehen. Mit einem genauen Programm werde ich Ihnen noch dienen. Kostüme und Dekorationen stelle ich aus meinem Fundus kostenlos bei und hätten Sie nur für den Transport Wien-Salzburg dann zu sorgen. Ebenso wie ich für die Kostüme und Dekorationen keine Vergütung verlange, verlange ich auch für die Inscenierung und Leitung der Veranstaltung meinerseits kein Honorar. Das gleiche gilt für meine Mitglieder, für die ich nur freie Reise und Aufenthaltskosten an den Spiel- und wenigen Vorbereitungstagen als Kosten berechnen würde, wobei ich annehme, daß Samstag und Sonntag einer jeden Woche im Juli und August gespielt wird. Die Unterbringung und Verpflegung meiner Mitglieder in entsprechenden Gasthöfen oder Wohnungen überlasse ich vollständig Ihnen. Das Erträgnis der ganzen Vorstellung fließt nach Abzug der genannten Kosten dem Fond zum Ankaufe des Geburtshauses Mozarts zu. Ich zweifle nicht, daß Sie auch auf der Westbahn freie Fahrt für die wenigen Mitglieder, die sich eventuell noch in Wien aufhalten sollten, und freie Beförderung der Dekorationen und Kostüme erreichen. Die Fahrtauslagen Tegernsee–Salzburg sind ja ohnehin nicht in Betracht kommend. Herr Kapellmeister Dessauer33 hat ebenfalls auf eine Honorierung für seine Bemühungen verzichtet und wird auch selbst seine 29 Carl Rainer Simons (1869–1924), dt. Opernsänger (Bariton), Opernregisseur, Theaterleiter und Gesangspädagoge, 1903–17 Direktor der Wiener Volksoper. 30 Ludwig Sedlitzky (1867–1921), vormals Inhaber der Hofapotheke in Salzburg, 1915 geschäftsführender Sekretär, 1919/20 Generalsekretär der ISM. Bruder von Wenzel Sedlitzky, 1888/89 Präsident der ISM und Mitinitiator der Salzburger Musikfeste. 31 Bereits am 1. Mai 1916 berichtete die Wiener Zeitschrift Der Morgen, dass Geheimrat Rainer Simons vom Mozarteum eingeladen wurde, im Sommer die »künstlerische Gesamtleitung« von Mozartfestspielen in Salzburg zu übernehmen. 32 Naturtheater im Park von Schloss Mirabell. 33 Hans Dessauer (1886–1918), Kapellmeister an der Volksoper.

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Wohnung und Verpflegung während seines Aufenthaltes, während der Vorproben mit Ihrem Orchester aus Eigenem bestreiten. Ich bitte Sie, sehr verehrter Herr Doktor, mir diese Zeilen zu bestätigen und zeichne in dieser Erwartung mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochschätzung, als Ihr ergebenster Simons m.p.

14. Ludwig Sedlitzky an Carl Rainer Simons Salzburg am 7. Mai 1916 Hochverehrter Herr Direktor  ! Ihr sehr geschätztes Schreiben v. 2. Mai34 gelangte am 4. d. M. in meinen Besitz. Ich danke Ihnen vorerst ganz verbindlichst für die so prompte schriftliche Bestätigung Ihrer mündlichen Vorschläge, mit deren Verwirklichung hochverehrter Herr Direktor dem Mozarteum und Salzburg sowohl ein hochherziges Geschenk als auch eine ganz besondere künstlerische Tat bereiten werden. Ihre Ausführungen wurden daher auch von allen jenen Herrn des Kuratoriums, welchen ich dieselben bisher vorlegen konnte, mit größter Freude zur Kenntnis genommen und unterliegt es gar keinem Zweifel, daß auch das Kuratorium in seiner Gesamtheit Ihr Anerbieten als eine außergewöhnliche Förderung des Mozarteums empfinden und dessen Durchführung in aufrichtiger Dankbarkeit beschließen wird. Leider war es nicht möglich, diesen Beschluß schon herbeizuführen, da unser Präsident Herr Dr. Sylvester in den letzten Tagen in Wien weilte, wo er den Empfangsfeierlichkeiten für die Mitglieder der Sobranje35 beiwohnte. Für Dienstag ist eine Vorbesprechung der maßgebenden Herren und für Donnerstag eine Kuratoriumssitzung anberaumt, sodaß ich Freitag in der glücklichen Lage sein werde, Ihnen das offizielle Schreiben des Mozarteums zu übersenden. Zur rascheren Erledigung der schwebenden Angelegenheit wäre es sehr vorteilhaft, wenn Herr Direktor die Liebenswürdigkeit hätten, uns bis Dienstag einen beiläufigen Kostenanschlag zu übersenden und mir die Erlaubnis erteilen würden, daß ich die Aufenthaltsspesen der Mitwirkenden mit 20 Kronen pro Person und Tag – wie Herr Direktor sagten – angeben kann. In der Anlage befindet sich ein Situationsplan des Naturtheaters, den ich schnell gemacht habe. Ich bin kein Zeichner, und wenn auch nicht in den Verhältnissen, 34 Keine Vorlage überliefert. 35 Bulgarisches Parlament. Eine Delegation der Sobranje befand sich Anfang Mai 1916 zu Besuch in Wien.

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so ist er doch in Bezug auf die Maße richtig, so daß hochverehrter Herr Direktor einstweilen in der Lage sein werden, danach Ihre Dispositionen zu treffen. Für die Beschaffung ordentlicher Pläne werde ich besorgt sein. Indem ich die postwendende Erfüllung meines obigen Ersuchens recht sehr erbitte, zeichne ich mit dem Ausdrucke ausgezeichneter Hochschätzung Herrn Direktor sehr ergebener [Ludwig Sedlitzky]

15. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 12. Mai 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Im Anhange zu unserem gestrigen telephonischen Gespräche erlaube ich mir noch folgendes auszuführen  : Die Vorstellungen in der Volksoper sind in Friedenszeiten sehr mäßig und auf dem Niveau eines Provinz-Theaters, jetzt in Kriegszeiten sind dieselben einfach miserabel. Es war vor kurzem eine Aufführung der Zauberflöte, von der mir kompetente Leute sagten, daß sie geradezu skandalös war. Herr Rainer Simons ist ein sehr fähiger Mensch, aber ein großer Projektenmacher. Alles, was er macht, ist auf persönliche Reklame basiert. Der Vorschlag, den er dem Mozarteum gemacht hat, hat nach meiner Ansicht ausschließlich den Zweck, für ihn Reklame zu machen, daß er die Salzburger Festspiele arrangiert. Das große Publikum wird sicher nicht zwischen den wirklichen von uns veranstalteten Festspielen und den sogenannten Festspielen des Herrn Rainer Simons unterscheiden. Die Annahme des Projektes Rainer Simons wäre also eine schwere Schädigung der ganzen Salzburger Festspiel-Idee, welche darauf basiert ist, die Mozart’schen Werke in Muster-Aufführungen zu bringen. Minderwertige Mozart-Aufführungen sind in Deutschland und in Österreich im Laufe des Jahres übergenug. Solche in Salzburg unter der Devise »Festspiele« zu bringen, ist doch ganz überflüssig. Das Risiko, welches das Mozarteum durch die Annahme des Projektes Rainer Simons übernehmen würde, ist kein kleines. Außerdem ist Herr Simons ein so gewandter Rechner, daß das dem Mozarteum eventuell zufließende Reinerträgnis sicher ein minimales sein wird. Ferner bitte ich zu bedenken, daß wir bezüglich des Freilicht-Theaters doch mit Darmstadt Vereinbarungen haben und es außerordentlich peinlich wäre, ohne mit Darmstadt sich in Verbindung zu setzen, dieses Projekt von anderer Seite durch-

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führen zu lassen.36 Ich gestehe ganz offen, daß ich, der ich mit Darmstadt die Verbindung hergestellt habe, in eine höchst peinliche Situation käme. Es wäre viel zu weitläufig, brieflich die ganze Reihe der weiteren Argumente, die ich gegen das Projekt Rainer Simons habe, darzulegen. Ich kann aber als warmer Freund des Mozarteums nur ernstlich und eindringlich meine warnende Stimme erheben. Es wäre ein Raubbau an unseren zukünftigen wirklichen Festspielen. […] Mit besten Grüßen Ihr ergebener /Lewicki/

16. Ludwig Sedlitzky an Carl Rainer Simons Salzburg, 13. Mai 1916. Hochverehrter Herr Geheimrat  ! In der gestrigen Konzertausschußsitzung wurde Ihr Projekt einer eingehenden Beratung unterzogen. Ihr weitgehendes Entgegenkommen fand allseits die dankbarste Würdigung, allein schon bei Aufstellung der voraussichtlichen Kosten ergaben sich einige Posten, die ohne Rücksprache mit Ihnen nicht festgesetzt werden können. Auch in Betreff der technischen Fragen und des Programmes ergaben sich manche Schwierigkeiten, so daß Herr Geheimrat gebeten werden, auf Ihrer Rückreise von Tegernsee37 behufs einer Besprechung sich in Salzburg einige Stunden aufhalten zu wollen. Herr Geheimrat wollen auch die Güte haben, Ihre Ankunft rechtzeitig, womöglich einen Tag vorher zu drahten, damit die maßgebenden Herrn verständigt werden können. Mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung /Dr. L. Sedlitzky m.p./

36 Vgl. die Anm. in Dok. 5 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.12.1913). 37 Carl Rainer Simons Hauptwohnsitz befand sich in Tegernsee (Bayern).

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17. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 15-5-1916 Lieber Herr von Lewicki, […] Ganz Ihrer Ansicht bin ich über die lächerliche Idee ein sogenanntes Festspiel in Salzburg von einer solchen Art zu machen, hinter m[einem] Rücken, was, wie schon öfter, einer Unanständigkeit gleich kommt. Sie dürfen diesen Brief den Leuten senden, und können ihnen mitteilen, daß ich es als schamlos halte und ansehe, wenn unsre großzügigen Veranstaltungen durch solche untermittelmäßigen Veranstaltungen degradiert werden. Wie ist das möglich  ? Jetzt wundere ich mich auch nicht mehr über die Zuschriften von verschiedenen Seiten, worin mir Anerbietungen zum diesjährigen Festspiel in S. gemacht wurden. Wenn sie so was machen sollen sie’s als Gastspiel der Volksoper machen – das Wort »Festspiel« würde mich aus Salzburg jagen und ich würde meinen Kurs nach Berlin verlegen, das ist bequemer und richtiger. Es giebt Elemente in Salzburg die keinen Begriff von der Größe und Würde der Kunst oder der Verpflichtung haben, die sie dem großen Meister, seinem Ansehen vor dem Publikum, der Welt, schuldig sind. Müßte das doch so rein und hoch gestellt werden, daß alles flöge dem großen Manne zu dienen. So ists elende Geschäftshofferei ohne Sinn und Verstand. Immer nur das kleine, nie das größte Ziel im Auge, das ist das Traurige. Ich bitte Sie dringend, lieber H. v. L., die Sache ins Reine zu bringen daß der Name Festspiel – eine Parodie auf unsere Ziele unsrer vorhergegangenen Arbeit, endgültig gestrichen wird. Mag es sich als Gastspiel durchfretten, das geht uns nichts an. Sobald ich das Wort »Festspiel« irgendwo sehe, es mir entgegentritt auf irgend eine Weise, bin ich von Salzburg geschieden. […] Herzlichsten Gruß Lilli Lehmann.

18. Carl Rainer Simons an Ludwig Sedlitzky Tegernsee, den 16.V.16. Hochverehrter Herr Dr.! Leider ist es mir nicht möglich diesmal mich in Salzburg aufzuhalten. Ich bitte Sie daher um die Freundlichkeit, mir die Schwierigkeiten gütigst schriftlich nach Wien bekannt geben zu wollen, die sich bei Besprechung meines Anbotes ergeben haben. Ich stehe auch Nachmittags von ½ 6 – ½ 7 täglich für einen telefonischen Anruf ab Freitag dieser Woche zur Verfügung. Meine Rufnummer ist 13 0 60. Wollen Sie

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mich in der Früh von 8 – 9 anrufen, so bitte durch No. 33 2 49. Am besten wäre es freilich, wenn Sie, oder ein anderes geschäftsführendes Direktionsmitglied mich in Wien persönlich aufsuchen möchten. Mit vorzüglicher Hochachtung  ! /Simons/

19. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 17. Mai 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 13. d. M. Eine Stunde nach Erhalt Ihres Briefes bekam ich ein Schreiben von Lilli Lehmann, dessen Inhalt so außerordentlich wichtig ist, daß ich Sie sofort telephonisch aufrief. Sie waren nicht mehr im Büro und es kam Herr Professor Huttary38 ans Telefon. Ich habe demselben die betreffenden Briefstellen vorgelesen, welche er stenographisch aufnahm. Lilli Lehmann ist über das Rainer Simons-Projekt außerordentlich alteriert. Sie bekommt, wie aus ihrem Briefe hervorgeht, von verschiedenen Seiten Anerbietungen zum diesjährigen Festspiele. Offenbar glaubt man, daß die Sache offiziell ist. Ich würde Sie dringendst bitten, die Angelegenheit bald zu bereinigen und zwar in dem Sinne, daß man Rainer Simons aus irgend einem Grunde abschreibt, damit ich der Frau Lehmann mitteilen kann, die Sache ist gegenstandlos. Gründe werden Sie ja genug finden  : zu großes Risiko u. s. w. Jedenfalls ist es ganz unmöglich, Rainer Simons insoweit zu binden, daß er nicht aus Reklam-Hascherei in der Presse und beim Publikum den Glauben zu erwecken suchen wird, daß dies reguläre Festspiele sind. Ich bitte also dringendst um möglich baldigen Bescheid, da Frau Lehmann ihren Gesangskurs gegenteiligen Falles in Berlin abhalten will. Der Brief der Frau Lehmann ist so außerordentlich scharf gehalten, daß ich ihn, um die Situation nicht zu vergiften, womöglich nicht nach Salzburg schicken möchte. […] Die sehr gut gewesene Sängerin der Volksoper Fräulein Clara Musil39 hat mir heute einen Brief geschrieben, in welchem sie ihre Mitwirkung für die Salzburger Festspiele anbietet. 38 Josef Huttary (1871–1967), Gymnasiallehrer, langjähriges Mitglied des Kuratoriums der ISM, 1913– 19 Vorsitzender des Schulausschusses der Musikschule des Mozarteums, Schwager von Friedrich Gehmacher. 39 Klara Musil (1882–1963), Konzertsängerin.

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Mit besten Grüßen Ihr ergebenster /Lewicki/

20. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Salzburg, 20. Mai 1916. Hochverehrte gnädige Frau  ! Durch Herrn von Lewicki wird uns telefonisch ein von gnädiger Frau an ihn gerichteter, auch uns vermeinter Brief mitgeteilt, der uns auf das peinlichste getroffen hat. Da wir uns Ihren Unwillen nur so zu erklären vermögen, daß Sie von einer ungenau oder schlecht informierten Seite irrig unterrichtet wurden, halten wir es vor allem für unsere Pflicht, Ihnen in aller Kürze den wahren Sachverhalt darzulegen. Direktor Rainer Simons fuhr kürzlich durch Salzburg, besuchte bei dieser Gelegenheit das Mozarthaus und äußerte dabei ganz spontan sein Interesse, im sogenannten Naturtheater Freilichtaufführungen im Laufe dieses Sommers zu veranstalten, deren Reinertrag dem Fonds für den Ankauf von Mozarts Geburtshaus zufließen sollte. Nach Wien zurückgekehrt präzisierte er etwas genauer sein Anerbieten wie folgt  : In den Monaten Juli und August, an jedem Samstag und Sonntag eine Aufführung im Naturtheater des Mirabellgartens und zwar  : »Bastien und Bastienne«, »Gärtnerin aus Liebe«, »Der Schauspieldirektor«, fallweise der 3. Akt aus »Figaros Hochzeit«. Bei schlechtem Wetter Ersatzvorstellung im Theater »Entführung aus dem Serail«. Solisten und Kapellmeister aus dem Ensemble der Wiener-Volksoper. Orchester von Salzburg. Kostüme, Dekorationen und dergl. unentgeltlich von der Volksoper. Nur Aufenthaltsentschädigung für die Solisten (pro Person für die Probe und Aufführungstage 20 K.) Rainer Simon und Kapellmeister Dessauer ohne irgend welche materielle Entschädigung. Gesamtes Reinerträgnis zu Gunsten der Aktion zum Ankaufe des Geburtshauses Mozarts. Bei dieser Sachlage glaubte das Mozarteum dieses Anerbieten schon mit Rücksicht auf die Widmung nicht vorweg einfach ablehnen zu dürfen und hat Herrn Rainer Simons nahe gelegt, bei seiner Rückreise von Tegernsee nach Wien sich neuerlich in Salzburg aufzuhalten, um an Ort und Stelle über die Durchführungsmöglichkeiten im allgemeinen und die gar nicht unbedeutenden Schwierigkeiten im besonderen erst Vorbesprechungen zu pflegen. Zu dieser Besprechung ist es bis heute nicht gekommen und es muß uns selbst im höchsten Grade in Erstaunen setzen, daß anscheinend von fremder Seite über diese Veranstaltung als eine bereits feststehende

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Tatsache gesprochen werden kann. Wissen wir doch heute selbst noch nicht, ob das Anerbieten durchführbar ist. Uns wäre gar nicht der Gedanke gekommen, daß dieses Gastspiel der Wiener Volksoper als ein Salzburger Musikfest oder Festspiele aufgefaßt werden, noch daß es unseren künftigen Festen einen Eintrag bereiten könnte. Zudem liegt die große Gefahr nahe, daß von anderer Seite und zwar in erster Linie für Zwecke der Kriegsfürsorge die Idee von Aufführungen im Naturtheater aufgegriffen und uns dadurch für künftige Feste doch die Priorität derartiger Aufführungen genommen würde. Wir könnten das auch gar nicht verhindern, selbst wenn R. Simons solche Aufführungen ohne Verbindung mit dem Mozarteum veranstalten würde, da das Naturtheater Eigentum der Stadt ist und uns über dasselbe weder ein Verfügungs- noch ein Einspruchsrecht zusteht. In diesem Falle hätten wir erst recht nur das Nachsehn. Bei dieser zunächst noch immer vollkommen unklaren Sachlage hielten wir es nicht an der Zeit, Ihnen die Sache vorzutragen, aber gnädige Frau können vollkommen versichert sein, daß wir es nicht unterlassen hätten in dem Momente, da die ganze Angelegenheit bestimmte Formen angenommen und die Durchführungsmöglichkeit sich ergeben hätte, Ihnen gnädige Frau Bericht zu erstatten und vor Abschluß eines endgiltigen Übereinkommens uns Ihre Anschauung zu erbitten und uns Ihrer Zustimmung zu versichern. Wir hoffen durch diese Ausführungen dargetan zu haben, daß dem angeregten Unternehmen keinesfalls die Bedeutung eines Musikfestes oder von Festspielen zukommen kann und daß dahin gehende Auffassungen oder Auslassungen von dritter Seite den Tatsachen nicht entsprechen. Wir dürfen uns wohl der Erwartung hingeben, daß auch Sie, hochverehrte gnädige Frau, geneigt sein werden, diese Angelegenheit nunmehr in einem anderen Lichte zu betrachten und zu erkennen, daß der Anlaß nicht geboten war, Ihre – ehrlich gesagt – uns tief kränkende Mißstimmung durch Herrn von Lewicki bekannt geben zu lassen. Und nun urteilen Sie selbst ob uns die Wucht Ihrer Vorwürfe mit Recht getroffen hat. Wir glauben mit gutem Gewissen diese Frage an Sie richten zu dürfen, nichtdestoweniger werden wir aber in Anbetracht der aufgetauchten Schwierigkeiten und Verstimmungen den Antrag des Herrn Direktor Rainer Simons ablehnen. Genehmigen, hochverehrte gnädige Frau, den Ausdruck unwandelbarer hoher Verehrung Ihres sehr ergebenen Kuratoriums des Mozarteums in Vertretung des in Gastein weilenden Präsidenten  :

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/Baron Ehmig m.p./40 der Zentralvorsteher der Mozartgemeinde  : /F. Gehmacher m.p./

21. Richard von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 22. Mai 1916. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für Ihr gnädiges Schreiben vom 15. d. M. Ich habe den Inhalt desselben sofort dem Mozarteum telephonisch mitgeteilt. Es war Professor Huttary am Telephon, welchem ich die wesentlichen Stellen Ihres Briefes diktierte. Heute bekam ich von Salzburg ein Schreiben des Dr. Sedlitzky,41 welchem eine Kopie des Briefes beilag, den das Mozarteum am 20. d. M. an Sie, verehrteste gnädige Frau gerichtet hat. Der Inhalt desselben mag ja meritorisch richtig sein, doch gehen sie um das Wesentliche, worauf ich sie dringend aufmerksam machte, herum  ; daß trotz aller Kontrakte es ganz unmöglich ist, Herrn Rainer Simons, der die stärksten Neigungen für skrupellose Reklame hat, davon abzuhalten, dem Publikum die Sache so darzustellen, daß er dieses Jahr in Salzburg die Festspiele veranstaltet. Daß dieses mein Bedenken richtig ist, beweist der Umstand, daß ich von mehreren Seiten gefragt wurde, ob es richtig sei, daß Rainer Simons mit der Durchführung der Festspiele betraut sei. Gräfin Hartenau und ich bekamen Briefe der Opernsängerin Musil, in welchen sie sich zur Mitwirkung bei den diesjährigen »Festspielen« anbietet. Gnädige Frau selbst schrieben mir, daß an Sie ähnliche Anfragen kamen. Damit ist der Beweis erbracht, daß das Publikum dieses Gastspiel des Herrn Rainer Simons bereits irrtümlich auffaßt, und Herr Rainer Simons ist der Mann, welcher absolut nichts dazu thun wird, um diesen Irrtum aufzuklären. Wie ich schon früher erwähnte, ist er ein Reklamheld, der z. B. vor 2 Tagen die Wiener Kritiker und Komponisten einlud und ihnen folgendes Projekt vorlegte  : Er wolle ein Operntheater für 5000 Personen bauen, welches kein Parkett hat, sondern nur ein Amphitheater. Drei hintereinander liegende Bühnen schieben sich in dieses Amphitheater hervor. In der Regel würde sich eine Oper auf der vordersten Bühne abspielen, so daß also die Bühnenvorgänge, wie in einem Zirkus mitten im Publikum

40 Viktor Freiherr von Ehmig, k.k. Hofrat, 1907–20 Vizepräsident der ISM. 41 Keine Vorlage überliefert.

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stattfinden würden. Rainer Simons weiß sehr gut, daß dieses Projekt ein Unsinn und undurchführbar ist, trotzdem propagiert er es, um von sich reden zu machen. Mir sind die Mozartspiele in Salzburg, die Sie, verehrteste gnädige Frau veranstaltet haben, eine so große Gewissensache, daß ich unter keinen Umständen irgend etwas in Salzburg veranstaltet sehen möchte, was den idealen Gedanken unserer Festspiele trüben könnte, und dies wäre durch die Veranstaltung Rainer Simons unbedingt geschehen. Es war meine Pflicht, dagegen Stellung zu nehmen, und Gott sei Dank ist diese Sache aus der Welt geschafft. Daß übrigens die Salzburger, welche sonst jede Kleinigkeit mir mitteilen, über dieses ganze Projekt sich gründlich ausschwiegen und auch Sie, verehrteste gnädige Frau, mit keinem Worte verständigten oder um Rat frugen, bestärkt mich in meiner Ansicht, daß wir vor eine vollendete Tatsache gestellt werden sollten. Ich glaube, verehrteste gnädige Frau, wir sind ja in der Salzburger Sache absolut einig  : entweder bleibt dieselbe rein und groß oder sie soll gar nicht sein. […] Mit Handkuß ganz ergebenster /Lewicki/

22. Kuratorium des Mozarteums an Carl Rainer Simons Salzburg, 24. Mai 1916. Sehr geehrter Herr Geheimrat  ! Mit bestem Danke bestätigen wir Ihr geschätztes Schreiben vom 16. d. M., das gestern in unseren Besitz gelangte. Wie Ihnen unser Sekretär, Herr Dr. Sedlitzky, in seinem letzten Schreiben42 schon mitteilte, ergaben sich im Laufe unserer letzten Sitzung eine Menge Fragen technischer und finanzieller Art, zu deren Klärung unbedingt eine Aussprache mit Euer Hochwohlgeboren an Ort und Stelle notwendig gewesen wäre. Schon die Vorerhebungen, die wir einstweilen wegen Zusammenstellung des Orchesters pflegten, ergaben ein ungünstiges Resultat, da sehr viele Musiker gerade in der letzten Zeit einberufen wurden oder Ihrer Einberufung per 1. Juni entgegensehen. Ein Ersatz derselben aber durch auswärtige Kräfte würde infolge der zweimonatlichen Aufenthaltsspesen das Gesamtbudget unverhältnismäßig hoch belasten.

42 Vgl. Dok. 16 (L. Sedlitzky an C. R. Simons, 13.5.1916).

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Dagegen verliefen die Verhandlungen mit der Stadtgemeinde wegen Überlassung des Naturtheaters im Mirabellgarten und des Stadttheaters für die Ersatzvorstellungen bei schlechter Witterung mit vollständig negativem Resultat. Wir erhielten den Bescheid, daß das Theater auch während der Sommermonate von Direktor Blasel43 gepachtet ist und vom 15. Juli an gespielt wird. Nun ist aber das Projekt der Freilichtaufführungen, das trotz Ihres weitgehenden großmütigen Entgegenkommens mit nicht unbedeutenden Kosten verbunden ist, nur dann mit Aussicht auf einen bescheidenen finanziellen Erfolg durchführbar, wenn bei ungünstigem Wetter, mit dem wir in Salzburg gerade im Hochsommer stets zu rechnen haben, im Stadttheater Ersatzvorstellungen stattfinden können. Auf unsere Vorstellung in dieser Richtung erhielten wir von der Theaterintendanz die Antwort, daß Herr Direktor Blasel eine Entschädigung von 4 – 500 K pro Abend gezahlt werden müßte. Was eine derartige Mehrauslage für das Unternehmen bedeuten würde, brauchen wir wohl nicht näher zu erörtern. Aus diesem schwerwiegenden Grunde sieht sich das Kuratorium gezwungen, von Ihrem großzügigen Plan, dessen Verwirklichung für das Mozarteum gewiß sehr ehrenvoll und vom größten Nutzen gewesen wäre, abzusehen. Nebst unserem tiefempfundenen Dank für Ihre dem Mozarteum erwiesene Großherzigkeit nehmen Sie, sehr geehrter Herr Geheimrat, die Versicherung entgegen, daß dieser Verzicht uns sehr schwer fällt und wir vom ganzen Herzen das Unterbleiben dieser großen künstlerischen Tat beklagen. Mit dem Ausdrucke der größten Hochschätzung für das Kuratorium des Mozarteum in Salzburg der Präsidentstellvertreter  : /Dr. v. Peyrer m.p./44 der Schriftführer  : /Kaltenbrunner/45

43 Karl Blasel (1831–1922), österr. Schauspieler und Theaterdirektor. 44 Dr. Rudolf von Peyrer-Heimstätt (1862–1920), Notar in Salzburg, 1915–20 zweiter Vize-Präsident der ISM. Zählt innerhalb des Kuratoriums der ISM zu den Mitstreitern Gehmachers in der FestspielhausFrage. 45 Karl Kaltenbrunner, 31. März 1914–1919 Sekretär der ISM, ab 1915 »Schriftführer« (vgl. Wagner  : Mozarteum, S. 135).

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23. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 24. Mai 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 20. d. M.46 mit der inliegenden Brief-Kopie an Frau Lehmann. Ich bin froh, daß die Sache Rainer Simons bereinigt zu sein scheint. Der Inhalt des Briefes an Frau Lehmann ist ja meritorisch ganz richtig, doch möchte ich folgendes zur Erwägung geben  : Ich wurde von mehreren Seiten gefragt, ob es richtig ist, daß in Salzburg »Festspiele‹« stattfinden. Selbstverständlich verneinte ich dies. Darauf kamen dieselben Leute und sagten, ich müsse mich irren, denn Rainer Simons sei mit der Durchführung dieser »Festspiele« betraut. Gräfin Hartenau und ich bekamen Briefe von Fräulein Musil (gewesenes Mitglied der Volksoper), in welchen sie ihre Mitwirkung bei den »Festspielen« anträgt. Frau Lilli Lehmann schrieb mir, daß an sie Anerbietungen wegen der »Festspiele« gekommen seien und sie sich nicht erklären könne, was das bedeuten soll. Es war also im Publikum schon die irrige Ansicht verbreitet, daß in Salzburg Festspiele stattfinden. Wenn auch in einem eventuellen Kontrakte mit Rainer Simons nur ein »Gastspiel« vereinbart worden wäre, so hätte doch Rainer Simons, der die Reklame für seine Person sehr liebt, nichts getan, um die irrige Ansicht des Publikums richtig zu stellen. Da bei den jetzigen Kräften der Volksoper eine halbwegs anständige Vorstellung ganz unmöglich ist, so wäre unsere ganze Festspiel-Idee auf das schwerste kompromittiert worden. Außerdem wäre es nach meiner Ansicht ganz unmöglich gewesen, die Darmstädter ganz einfach auf die Seite zu schieben. Intendant Eger47 hat einen ganzen Winter das Natur-Theater vorbereitet, hat sich, als wir unsere Festspiele absagen mußten, bereit erklärt, in kommenden Zeiten diese Vorstellungen zu machen, und jetzt würde er plötzlich in den Zeitungen lesen, daß das Mozarteum diese Idee von einem andern durchführen läßt. Ich schreibe diese Bemerkungen, die ja post festum kommen, nur aus dem Grunde, um den Beweis zu erbringen, daß dem Publikum eine Trennung von Gastspiel und Festspiel ganz unmöglich ist.

46 Keine Vorlage überliefert. 47 Paul Eger (1881–1947), österr.-schweiz. Schriftsteller, Regisseur und Intendant. 1912–18 Generaldirektor des Hoftheaters in Darmstadt (vgl. dazu auch Dok. 5, R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.12.1913, und Dok. 15, R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 12.5.1916).

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Wenn Sie diesen Sommer in Salzburg unbedingt etwas machen wollen, so machen Sie einige gute seriöse Konzerte. Dies wird das Publikum mindestens so anziehen, wie die schlechten Vorstellungen Rainer Simons. Die Alteration der Frau Lehmann ist mir begreiflich. Wenn auch ihr Brief etwas stark ist, so muß man doch bedenken, daß sie allen Grund hat, gekränkt zu sein, wenn in Salzburg Verhandlungen wegen Theater-Aufführungen stattfinden, ohne daß man sie im voraus, wenigstens der Form halber frägt, ob sie damit einverstanden ist. Die Opern-Aufführungen waren doch ihre ureigenste Domäne. Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/

24. Heinrich Damisch  : »Ein Festspielhausplan am Plainer Berg« [Sommer 1916] […] Es war im Sommer 1916. Redakteur Damisch war wieder einmal zu einem seiner zahlreichen kurzen Besuche nach Salzburg gekommen und traf nach einem kurzen, heftigen Gewitter mit Friedrich Gehmacher zum beliebten Nachmittagsspaziergang zusammen. Diesmal wollte Gehmacher seinem Freund, wie er sagte, etwas Besonderes zeigen. Und die beiden gingen durch die wildreiche Au am rechten Salzachufer abwärts bis zur Abzweigung des Fahrweges nach Maria Plain. Gespräch war wie immer in jener Zeit das Thema »Festspiele und Festspielhaus«. Etwa nach einem Drittel des aufsteigenden Weges nach Maria Plain lenkte Gehmacher die Schritte nach links zu einer weit vorspringenden breiten Bergnase, deutete im lebhaften Gespräch zuerst aufblickend auf die in der Höhe von der Sonne beleuchtete Kirche, blieb dann plötzlich stehen und sagte  : »Jetzt schau nach Salzburg  !«. Da bot sich ein überwältigendes Bild. Das abziehende Gewitter stand noch hinter der Stadt, über welcher sich ein doppelter Regenbogen farbenprächtig wölbte. Wortlos betrachteten die beiden eine Zeitlang das prachtvolle Panorama, dann streckte Gehmacher seinem Freund die rechte Hand entgegen und rief  : »Hier bauen wir das Festspielhaus, schlag ein  !«. Das geschah und der erste Bauplatz für die nach dem Mozartfest des Jahres 1906 wieder aufgeflammte Salzburger Festspielidee war gefunden. In fieberhafter Eile entstand ein phantasievoller Bauplan.48 Der Grundriß in Kreuzesform zeigte zur Stadt gewendet im Vordergrund die große Festspielbühne und dahinter, gegen die Kirche zu, von der großen Bühne nur durch eine bewegliche Zwischenwand getrennt, die 48 Damisch bezieht sich hier möglicherweise auf einen nicht überlieferten Entwurf des Architekten Otto Prutscher (vgl. Dok. 49, H. Damisch an F. Gehmacher, 13.9.1916).

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Kammerspielbühne, von diesem Komplex ausgehend die Seitenarme des Kreuzes, nach links bestimmt für die Kanzleien und Probenräume, nach rechts für Requisite und den Orchesterprobenraum. Die Entwürfe fanden die Zustimmung des Bühnenbildners der Hofoper, Professor Alfred Roller.49 […]

25. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 24.8.1916, abds. Lieber Freund, die Sache ist großartig im Rollen. Hier hat man, wo ich anklopfte, Verständnis und Interesse. Die Ortsgruppe ist jetzt schon gesichert.50 Bis heute sind beigetreten  : Professor Dr. Max Graf51 (Referent der »Zeit« und Professor an der k. k. Akademie für Musik u. darst. Kunst), Emil Ronsperger,52 Direktor der Königshofer Zementfabrik, – Ingenieur Erwin Mayer,53 Maschinenfabrikant, – kgl. preuß. Hofopernsänger Josef Groenen54 (Hofoper, Berlin), – Ingenieur Wilhelm Gorlitzer,55 Direktor der Firma Julius Pinsch (Azetylen etc.), – Kapellmeister Alfons Blümel,56 Hofopernkapellmeister Franz Schalk (!),57 – Bankier Bardach58 (Kassier der Ortsgruppe), – Frau

49 Alfred Roller (1864–1935), österr. Bühnenbildner, Maler und Grafiker, 1919 Mitglied des Kunstrates der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. 50 Die hier erwähnte Ortsgruppe sollte ein Glied der Mozartgemeinde werden, und zwar mit dem besonderen Ziel, den Bau eines Mozartfestspielhauses zu fördern. Schwierigkeiten, welche die Opposition dem Projekt bereiten würde, deutet bereits der Brief Heinrich Damischs an Friedrich Gehmacher vom 27. August 1916 (Dok. 26) an. 51 Max Graf (1873–1958), Musikkritiker, 1902–38 Lehrer für Musikgeschichte und Musikästhetik am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde bzw. an der (Staats-)Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, leitete daneben 1928–36 die Wiener Mai-Musikfeste. 1939 Emigration in die USA, 1947 Rückkehr nach Wien. 52 Emil Ronsperger (ca. 1870–1929), Direktor der Königshofer Zementfabrik, Schwager von Karl Kautsky. Neben Damisch der wichtigste Akteur des Wiener Zweigvereins der SFG. 53 Erwin Mayer, Ingenieur, Maschinen- und Munitionsfabrikant. 54 Josef Groenen (1884–1959), niederländischer Opernsänger. 55 Wilhelm Gorlitzer (1872–  ?), Ingenieur, Direktor der Firma Julius Pintsch, 1939 nach Brasilien ausgewandert. 56 Alfons Blümel (1884–1943), österr. Komponist und Pianist. 57 Franz Schalk (1863–1931), österr. Dirigent, 1918–29 Direktor der Wiener Staatsoper (1919–24 gemeinsam mit Richard Strauss), 1918 Mitglied des Kunstrats der SFG. 58 Emil Bardach (1874–  ?), Bankier, seit 1907 gemeinsam mit seinem Bruder Otto Gesellschafter des Bankhauses A. Bardach in Wien  ; Musikliebhaber und Veranstalter von Hausmusikkonzerten, bei denen er selbst als Dirigent in Erscheinung trat. 1940 vermutlich Emigration nach Brasilien.

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Maria Mayer59 und Frau Nikita Gorlitzer60 (für weibl. Propaganda). – In Aussicht genommen habe ich akad. Maler Hans Böhler61 (Gesellschafter der Firma Gebrüder Böhler u. Komp.), einen Bau-Ingenieur, einen Med. Doktor, einen Advokaten und einen Theaterfachmann, weiters Kräfte der Hofoper (Gallos,62 Leuer,63 Duhan64 – Kiurina,65 Lehmann,66 Dahmen67) etc. – In den allernächsten Tagen melde ich die Gruppe an  ! – Ich ersuche Dich dringend um  : 1. Ein ausführliches Exposé, 2. die besprochene Landschaftsaufnahme. – Könntest Du nichts zur Sicherung des Vorrechtes auf den Grund tun  ? – Vorläufig ist noch größte Diskretion geboten. Wenn die Gruppe angenommen ist, schießen wir los. Ich werde bestimmen, daß 10 % der Gruppeneinnahmen (Konzerte, Sammlungen) für Kriegsfürsorgezwecke gewidmet werden. Hiefür triftige Gründe. Sei herzlich gegrüßt und schreib bald. Dein Damisch

26. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 27./8. 1916, ½ 2 h früh Lieber Freund, gestern kam Lewicki hier an und suchte mich abends im Café Kremser68 auf. Er hatte nicht viel Gelegenheit mit mir allein zu sein, heute abends jedoch unternahm er die erste Attacke punkto Festspielhaus. Seine oppositionellen Gründe, die stark

59 Gattin von Erwin Mayer. 60 Gattin von Wilhelm Gorlitzer. 61 Hans Böhler (1884–1961), österr. Maler und Grafiker. 62 Hermann Gallos (1886–1957), österr. Sänger (Tenor). Seit 1915 an der Hofoper engagiert, ab 1922 regelmäßige Auftritte bei den Salzburger Festspielen. 63 Hubert Leuer (1880–1969), dt. Sänger (Tenor), 1904–20 Mitglied der Wiener Hofoper. Verheiratet mit Berta Kiurina. 64 Hans Duhan, (1890–1971), österr. Sänger (Bariton), wirkte seit 1914 an der Wiener Hofoper. Von Anbeginn einer der zentralen Künstler bei den Salzburger Festspielen, v. a. in Rollen von Mozart-Opern. 65 Berta Kiurina (1888–1933), österr. Sängerin (Sopran), 1904 Debüt an der Wiener Hofoper, dort bis 1921 und 1926/27 engagiert. Gastspiele in Europa und 1928 in Buenos Aires. Auftritte bei den Salzburger Festspielen. Verheiratet mit Hubert Leuer. 66 Lotte Lehmann (1888–1976), österr. Sängerin (Sopran). 1914 Debüt an der Hofoper. Während des langjährigen Engagements in Wien bis 1938 wuchs sie zur weltbekannten Wagner- und Strauss-Sängerin heran. Emigrierte 1938 in die USA. 67 Charlotte Dahmen (1890–1970), dt. Sängerin (Sopran). 1916–21 Mitglied der Wiener Oper. 68 Café Kremser, ehemaliges Wiener Caféhaus (Kärntner Ring 8), Stammcafé Heinrich Damischs und beliebter Treffpunkt von Künstlern.

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nach Kerber69 schmecken, sind so schwächlich, daß er sie wohl selbst bald aufgeben wird. Wie ich Dir schon sagte, er ist ein Mensch, der mit der Strömung schwimmt. Nun, und für die Strömung werden wir schon sorgen. – Ich halte an unserem Plan in allen Punkten, auch bezüglich des Platzes (Plain-Brücke),70 unbedingt fest. Ich bitte Dich nur neuerlich dringend um die Photographien des Panoramas und um Dein Exposé. – Nun gewonnen für die Ortsgruppe habe ich den Dr. med. Karl Itzinger jun.,71 Sohn des Hofopernarztes Dr. Itzinger,72 einen Mann, der für die Vorarbeiten gut zu brauchen sein dürfte. Böhler ist heute erst nach Wien gekommen, ich hoffe, ihn morgen zu sehen. Du wirst sehr bald weiteres von mir hören. Herzlichen Gruß Dein Damisch [Post Skriptum] Lewicki hat mir auch von den verschiedenen Besprechungen erzählt und seine Ideen bekanntgegeben.

27. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 28. August 1916. Lieber Freund  ! Dein Eifer ist gleich bewundernswert wie Dein Erfolg. Ich freue mich darüber, daß Du aus der bereitwilligen Zustimmung, die Du allseits findest, gleich mir die Überzeugung von der Berechtigung und Sieghaftigkeit der Festspielhausidee gewinnst. Das ist ein fruchtbarer Gedanke und ein österreichisches Unternehmen, das, wie nicht leicht ein anderes, die Bedingungen seiner Ausführbarkeit in sich trägt. Was ist dagegen das Rainer Simons-Theater für ein Experiment  ! Es wird sich nur vor allen Dingen darum handeln, daß das Mozarteum für die Sache interessiert beziehungsweise zur Zustimmung veranlaßt wird. Ich glaube Dich genügend informiert zu haben, daß die Leute hauptsächlich aus 2 Gründen dem Projekte, das hier ja nur mich zum Vertreter hat, kühl gegenüberstehen. 1.) Die Besorgnis, daß darunter die Aktion »Ankauf von Mozarts-Geburtshaus« Schaden leiden könnte.

69 Hermann Kerber  ; vgl. die Anm. in Dok. 11 (H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915). 70 Die Bezeichnung des Bauplatzes mit »Plain-Brücke« in diesem Brief trifft nicht ganz zu  ; Damisch bezieht sich hier auf die Zufahrt nach Maria Plain von der Stadt Salzburg. 71 Dr. Karl Itzinger jun., Arzt. 72 Dr. Karl Itzinger (1850–1935), Hofrat, Obermedizinalrat, Arzt für die Solisten der Hofoper.

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2.) Die Besorgnis, daß darunter die Musikfeste in ihrem Geiste, ihrem Ansehen und ihrer patriarchalisch-würdevollen Durchführung beeinträchtigt werden könnten. Hiezu kommt noch die Anschauung, daß das Festspielhaus-Unternehmen so große Mittel (moralisch und physisch) erfordert, daß an die Durchführung nicht zu denken ist. Wir wissen, daß diese Bedenken nicht stichhältig sind  : Die Geburtshausaktion kollidiert nicht, die Musikfeste sollen auch nach unseren Absichten als ständige Einrichtung bleiben und möglichst in der bisherigen Art fortgeführt, nur durch die Möglichkeit, die Theateraufführungen in ein besonders hiefür geschaffenes Theatergebäude zu verlegen, bereichert werden, und was das 3. Bedenken anbelangt, so ist das keines, denn wenn man das Geld nicht aufbringt, so baut man das Haus nicht. Lewicki ist der Hauptvertreter der Besorgnis, daß die Musikfeste an Würde und Intimität verlieren werden  ; ich kann dieses Bedenken nicht begreifen. Aus diesem Grunde ist er auch für einen Bauplatz in der Stadt, ich finde aber, gerade in der herrlichen Lage liegt eine besondere Spezialität, welche als eine Bereicherung des Musikfestprogrammes, nicht als eine Störung desselben empfunden werden wird. Also wir sind uns darüber einig, daß die Bedenken, die bisher geäußert wurden, nicht stichhältig sind, und darum halten wir den Gedanken aufrecht und wollen nun versuchen, die Zustimmung oder doch Duldung des Mozarteums zu erlangen. Ich würde Dir empfehlen, die Sache in der Weise anzugehen, daß Du an die Mozartgemeinde in Salzburg ein Schreiben richtest, in dem Du folgendes mitteilst  : Der Gedanke, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten, taucht von Zeit zu Zeit wieder auf und es besteht die Gefahr, daß die Idee nach Schluß des Krieges wieder aufgenommen wird, weil zu dieser Zeit ein großes »Gründen« anheben wird, so wie es immer nach derartigen Umwälzungen geschehen ist. Man spricht davon, daß Max Reinhardt73 auch zu denen zählt, die sich mit dieser Idee näher beschäftigen und bei den Verbindungen, über die der Genannte verfügt, ist es nicht ausgeschlossen, daß ihm die Verwirklichung derselben gelingt.74 Wenn aber tatsächlich ein solcher Unternehmer ohne jegliche Beeinflussung von Seite des Mozarteums die Errichtung des Festspielhauses durchführt, dann wird mehr oder

73 Max Reinhardt (1873–1943), österr. Regisseur und Theatergründer. Begründete in Berlin die Reinhardt-Bühnen, wo er mit Inszenierungen von Stücken Hugo von Hofmannsthals (u. a. Jedermann) und Opern von Richard Strauss sehr erfolgreich war. Seine Produktionen fanden auch international große Beachtung. Erwarb 1918 Schloss Leopoldskron in Salzburg, 1920 Mitbegründer der Salzburger Festspiele. 1935 Heirat mit der Schauspielerin Helene Thimig, 1937 Emigration in die USA. 74 Reinhardts Sondierungen wegen einer Nutzung des im hofärarischen Besitz befindlichen Schlossareals von Hellbrunn setzten vermutlich bereits 1915 ein, also zwei Jahre vor der Übermittlung seiner »Denkschrift zur E r r i c h t u n g eines Festspielhauses in Hellbrunn« an die Generalintendanz der k.k. Hoftheater im April 1917 (Dok. 121).

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weniger eine Geschäftssache daraus und das Mozarteum erleidet in seinen Idealbestrebungen einen schweren, nicht mehr gut zu machenden Schaden. Zur Vermeidung eines solchen Ausganges erscheint es notwendig, daß man sich schon heute mit der Festspielhausfrage beschäftigt und selbst zu einem Programm gelangt, das man anderen Projektanten entgegen halten kann. Du hast für den Plan besonderes Interesse gewonnen, und würdest es übernehmen, eine Gruppe von Persönlichkeiten um Dich zu sammeln, die als Gruppe der Mozartgemeinde im Einvernehmen mit der Hauptleitung in Salzburg der Frage der Errichtung eines Festspielhauses ihr besonderes Augenmerk zuwendet. Du frägst Dich hiemit an, ob diesem Vorhaben von hier aus zugestimmt wird. Durch dieses Schreiben wird die Zentrale hier vor die Notwendigkeit gesetzt, zur Sache Stellung zu nehmen und es ergibt sich zugleich die Organisation, die nach allen Richtungen hin sich als ganz zweckdienlich erweisen wird. Jedenfalls möchte ich Dich aber auch bitten, nochmals etwas mit Dir selbst ins Gewissen zu gehen, ob Du Dich der Idee auf längere Dauer versprechen willst, denn heute wäre ein Zurück noch ganz leicht möglich, späterhin könnte ein Fallenlassen der Idee von den folgenschwersten Wirkungen sein. Bezüglich der photographischen Aufnahme habe ich alles veranlaßt, es geht aber nicht so schnell, weil eine besondere Beleuchtung für die Aufnahme erforderlich ist. Hoffentlich kann ich sie Dir aber bald schicken. Mit den herzlichsten Grüßen bin ich Dein / F. Geh./

28. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Café Kremser, 30./8. 1916 ½ 4h nachm. Lieber Freund ich bestätige sehr erfreut den Erhalt Deines Briefes vom 28. d.75 Ich werde Dir ehestens über meine nächsten Pläne Näheres mitteilen. Die Idee wird mit allen Kräften festgehalten und ich hoffe, daß ich’s durchstehen kann. Aller Wahrscheinlichkeit nach komme ich 8., 9. und 10. nach Salzburg. Exposé und Photographien hoffe ich vorher zu erhalten, da ich vor meiner Abfahrt eine Versammlung abhalten möchte, um das Projekt zu erläutern. (Natürlich nur für Ortsgruppenmitglieder.) Herzlichst Dein Damisch 75 Vgl. Dok. 27 (F. Gehmacher an H. Damisch, 28.8.1916).

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29. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 30. August 1916. Lieber Freund  ! Mit gleicher Post sende ich Dir ein Bild, das ich heute bei Würthle76 entdeckte und das annähernd eine Vorstellung von dem Panorama gibt, das man von der Damischhöhe77 aus übersieht. Diese Aufnahme umfaßt nur einen Teil des gesamten Rundblickes. Nach Rücksprache mit dem Photographen ersehe ich, daß es überhaupt schwer oder besser gesagt, unmöglich sein wird, den gesamten Rundblick im Bilde festzuhalten. Man müßte für diesen Fall ein wirkliches Rundbild machen. Heute Nachmittag versuchen wir die Aufnahme  ; hoffentlich gelingt sie. Es ist nur schade, daß Du in diesen Prachttagen nicht hier sein kannst. Das wären Festspieltage, die das Entzücken der Besucher bis zur Verzückung steigern müßten. Alle Menschen sind Eseln, die die Festspielhausidee nicht verstehen, also außer Dir und mir Alle  ! Heil [Friedrich Gehmacher]

30. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 31./8. 1916. Lieber Freund, Dein Schreiben und das prächtige Salzburger Bild haben mir mächtige Freude gemacht. Mit dieser Photographie kann man schon Propaganda machen. Ich hoffe aber, daß es doch auch noch gelingt, das ganze Panorama einzufangen. Am 7. will ich also nach Salzburg kommen. Vorher melde ich die Ortsgruppe an (bzw. neue Mozartgemeinde). Meine Detailpläne werde ich Dir dann mündlich mitteilen.

76 Salzburger Fotoatelier und Kunsthandel in der Schwarzstraße. Das Unternehmen wurde ursprünglich vom bekannten Landschaftsfotografen Karl Friedrich Würthle (1820–1902) gemeinsam mit dem Fotografen und Kunsthändler Gregor Baldi (1814–1878) gegründet. Eine von Würthle stammende Aufnahme »Salzburg von Maria Plain« aus dem Jahr 1896 findet sich in  : Thomas Weidenholzer  : Salzburger Fotografien 1880–1918 aus dem Fotoatelier Würthle. Sammlung Kraus. Salzburg  : Archiv und Statist. Amt der Stadt Salzburg 2003 (= Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg, 18), S. 167. 77 Gehmacher bezeichnete die von ihm und Damisch als Bauplatz für ein zukünftiges Festspielhaus in Erwägung gezogene Stelle am Plainberg in seinen Briefen mehrfach als »Damischhöhe«.

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Sehr gefreut hätte es mich, wenn mir die Damen des Kurses auch das Gruppenbild geschickt hätten. Vielleicht kannst Du mir’s verschaffen. – Herzliche Grüße Dir und allen Bekannten Dein Damisch

31. Friedrich Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias78 /Entwurf eines Promemoria bfd. die Errichtung eines Festspielhauses An Damisch gesendet am 1/9 16/ Das Mozarteum in Salzburg ist ein seit langer Zeit in vornehmen Sinne geleitetes Kunstinstitut, das sich vornehmlich die Aufgabe gestellt hat, das Leben und Schaffen W. A. Mozarts des Salzburger-Olympiers künstlerisch auszuwerten und die Stätten, an denen der Göttliche zu Lebzeiten weilte, pietätvoll zu erhalten. In Verfolgung dieses Zweckes veranstaltet das Mozarteum von Zeit zu Zeit große Musikfeste, welche sich eines Weltrufes erfreuen und ein Stelldichein der Kunstfreunde aller Zonen bilden. Diese, den Rahmen der landläufigen Musikfeste weit überragenden Veranstaltungen finden nicht zuletzt auch wegen der außerordentlich günstigen Lage Salzburgs inmitten des Sommer-Weltverkehrs und wegen der unvergleichlichen Schönheiten dieser Stadt und ihrer Umgebung stets einen außerordentlich lebhaften Zuspruch. Die eminenten Erfolge, welche diese Veranstaltungen in den letzten Jahren aufzuweisen hatten, lassen es gerechtfertigt erscheinen, wenn in deren Ausgestaltung ein Schritt weiter gegangen wird. Die mit den Musikfesten verbundenen Aufführungen Mozart’scher Opern mußten bisher immer in dem Salzburger-Stadttheater stattfinden, einem Bau, der zwar für die Aufführung derartiger Werke nicht gerade unmöglich ist, aber dennoch alle Bequemlichkeiten eines modernen Theaters vermissen läßt und insbesonders insoferne als unzulänglich bezeichnet werden muß, als er erheblich zu klein ist. Es kann niemals der Nachfrage nach Plätzen auch nur annähernd genügt werden und die Folge des kleinen Fassungsraumes ist auch die Unmöglichkeit der Abgabe billiger Plätze, so daß das in der Wertung einer künstlerischen Darbietung so wichtige Publikum aus dem Mittelstande von diesen einzig dastehenden Musteraufführungen geradezu ausgeschlossen ist. Hier Wandel zu schaffen, ist eine künstlerische und eine patriotische Pflicht. 78 Es handelt sich hier um eine aktualisierte Fassung der bereits bekannten Memoranden Friedrich Gehmachers (vgl. Dok. 1, Promemoria, 1.11.1913  ; Dok.  9, Das Zukunfts-Programm des Mozarteums, Juli 1914  ; Dok.  10, Antrag an das Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum [Mai 1915]).

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Eine künstlerische aus den schon angedeuteten Gründen, weil die SalzburgerMusikfeste tatsächlich zu den besten Kunstdarbietungen aller Länder zählen  ; man erinnere sich nur an die Glanzleistungen des Wienerphilharmonischen Orchesters, an die Musteraufführung des Don Giovanni oder Figaro, der Zauberflöte mit den Damen Lehmann, Farrar, Gadski, Gutheil-Schoder… und den Herren Ritter, D’Andrade, Seguraolla, Rich. Mayr, Stehmann, Maikl etc. …  ;79 eine patriotische, weil diese Musikfeste nicht eine örtliche Angelegenheit Salzburgs, sondern eine eminent österr. Kunstunternehmung bilden. Der Zuzug zu den Salzburger-Musikfesten erfolgt aus weitester Ferne und die Kunstinstitute der entlegensten Länder richten ihre Blicke auf diese Veranstaltungen. Für die ausländischen Besucher ist diese Veranstaltung das österr. Musikfest  ; daß die Stadt Salzburg eine derartige, in bestem Sinne monströse Veranstaltung aus sich selbst heraus und nur mit ihren Kräften herausbringen könnte, nimmt man gar nicht an. Schließlich kommt ja auch der materielle Gewinn der Veranstaltungen nicht Salzburg allein, sondern in viel höherem Maße dem Reiche zu, denn die Besucher des Musikfestes beschränken sich niemals darauf, dieses Fest mitzumachen und dann wieder in ihre Heimat zu reisen, sondern nach Schluß des Festes ergießt sich der Fremdenstrom in alle Länder unseres schönen Österreichs und die Steigerung der Frequenz der Fremdenorte verbreitet sich nachweislich vom Salzburger-Musikfest aus wellenförmig in alle Gaue des Reiches. Als eine Aufgabe des Reiches muß es daher auch erklärt werden, daß den Salzburger-Musikfesten jegliche Mithilfe und Förderung zugewendet wird und da die Förderungsbedürftigkeit am meisten in den räumlichen Verhältnissen des Theaters gelegen ist, so muß es das Bestreben aller interessierten Kreise sein, durch tätige Mithilfe für die Beseitigung dieser Unzulänglichkeit durch Schaffung eines F e s t s p i e l h a u s e s zu sorgen. Durch das Festspielhaus werden die österr. Musikfeste in Salzburg den würdigen Rahmen erhalten, den das Mozarteum für seinen ständigen Kunstbetrieb (Konservatorium, Bibliothek, Konzertwesen etc.) schon in dem Mozarthause besitzt. Das Mozarthaus, das jetzt 2 Jahre im Vollbetriebe steht, hat erwiesen, daß in Salzburg der richtige Boden für derartige Institute ist. Man muß es selbst mit ansehen, welch frisch pulsierendes Kunstleben in diesem Hause herrscht und welche unvergleichliche Stimmung in den Räumen desselben allenthalben zu finden ist. Es ist keine Phrase, wenn man sagt, die Musik liegt in Salzburg als Fluidum in der Luft und 79 Gehmacher bezieht sich hier auf die beim Salzburger Musikfest 1910 mitwirkenden Sängerinnen Lilli Lehmann (vgl. Dok. 11, H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915), Alice Geraldine Farrar (1882–1967), Johanna Gadski (1872–1932) und Marie Gutheil-Schoder (1874–1935) sowie die Sänger Josef Ritter (1859–1911), Francisco D’Andrade (1856–1921), Andrés de Seguraolla (1874–1953), Richard Mayr (1877–1935), Gerhard Stehmann (1866–1926) und Georg Maikl (1872–1951).

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alle musikalischen Unternehmungen empfangen von diesem Fluidum eine ganz eigentümliche Anregung. Der fortwaltende Geist Mozarts, die Schönheiten der Stadt und deren Umgebung, die Fülle historischer Momente, die den Besucher bestricken, alles das wirkt zusammen, um die Stimmung zu erzeugen, die den Künstler und das Publikum bei den musikalischen Veranstaltungen in Salzburg so wohlig umfängt. Daß in diesem Rahmen ein Festspielhaus am Platze ist wie nirgends bedarf für den Kenner der Verhältnisse keines Beweises. Das Festspielhaus in Salzburg wird vom ersten Tage an seine Existenzberechtigung glänzend erweisen und dessen Errichtung wird sich als eine künstlerische Tat, die unserem Vaterlande vom Auslande hoch angerechnet werden wird, bewähren. Das Festspielhaus soll in erster Linie den Zweck haben, den mit den SalzburgerMusikfesten verbundenen Opernaufführungen ein würdiges Heim zu bieten. Sodann sollen aber auch außerhalb des Rahmens der Musikfeste alljährlich Aufführungen klassischer Opern in besonders hervorragender mustergiltiger Art stattfinden. Selbstverständlich entspricht es dem leitenden Gedanken der Salzburger-Festveranstaltungen, daß in erster Linie die dramatischen Werke Mozarts die liebevollste Pflege erfahren, sodann werden aber auch noch einige andere Perlen der klassischen Opernliteratur in den Spielplan Aufnahme zu finden haben, insbesonders Beethovens Fidelio u.a.m. Ob die Aufführungen durch ein eigens hiefür zusammengestelltes Ensemble oder durch das Ensemble einer Opernbühne, die eine der genannten Opern zum speziellen Gegenstande des Studiums gemacht hat, bewerkstelligt werden, bedarf heute noch nicht der Festlegung. Das einzige Verlangen, das statutarisch festgelegt zu werden braucht, ist das nach qualitativ sehr hoch stehenden Aufführungen. – Aus den im Vorstehenden geschilderten Absichten heraus ergibt sich von selbst die Forderung, daß das Festspielhaus in einer Umgebung stehen muß, die von vorneherein auf die Stimmung des Besuchers günstig einwirkt. Und, da zeigt sich die Eignung Salzburgs für die geplante Aktion wieder im glänzendsten Lichte. In der Nähe der Stadt ist ein Bauplatz, der für die Anlage des Festspielhauses wie geschaffen ist. Gute Zufahrtsmöglichkeit, keine zu große Entfernung von der Stadt (25 Min.), aber doch vollständig vom Stadtgetriebe entfernt und mit einem Rundblick auf das Salzburger-Panorama, wie er entzückender nicht gedacht werden kann. Schon dieser herrlichen Lage wegen wird das Salzburger-Festspielhaus alsbald den Ruf einer Spezialität ersten Ranges haben. Zweifellos wird auch diese Lage zur Folge haben, daß sich in der Umgebung des Hauses Wirtschaften und Pensionen auftun, eine Angelegenheit, die der privaten Geschäftsbetätigung überlassen werden kann, die aber für die Prosperität des Festspielhauses von Wichtigkeit sein wird.

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Schließlich noch ein Wort über die finanzielle Seite. Das Mozarthaus, in dem ein vornehm ausgestatteter Konzertsaal, ein kleiner Saal, das Konservatorium und die vielen hiezugehörigen Hilfsräumlichkeiten untergebracht sind und das in sehr solider Weise gebaut ist, weist ein Gesamtbauerfordernis von 1,300.000 K aus. Die Sachverständigen, welche an diesem Baue beteiligt waren, erklären, daß der Bau des Festspielhauses, wenn den weitestgehenden Anforderungen entsprochen werden soll, eine Baukostensumme von 4 Millionen K keinesfalls zu überschreiten braucht. Hiebei ist an ein Haus mit einem Fassungsraum von 2000 Personen gedacht. Wenn nun eine Spielzeit von alljährlich 2 Monaten mit ungefähr 40 Veranstaltungen angesetzt wird, so ergibt sich eine Einnahme von 15.000 K per Veranstaltung bei einem Durchschnittspreise von 10 K und einem Verkaufe von 1500 Sitzen  ; demnach insgesamt für 40 Veranstaltungen 600.000 K. Wird hiezu in Betracht gezogen, daß speziell die für die Aufführung geplanten Opernwerke keine komplizierten Bühneneinrichtungen oder orchestralen Ausgestaltungen erfordern, so muß man zu dem Schlusse kommen, daß ein finanzielles Risiko mit dem Unternehmen nicht verbunden ist, ja, daß es möglich sein wird, die gesamte Bauschuld in verhältnismäßig kurzer Zeit zu amortisieren. Der traurigen Zeit des Krieges wird eine Periode des wirtschaftlichen und hoffentlich auch des kulturellen Aufschwunges folgen. Es ist notwendig, schon jetzt Vorbereitungen zu treffen, daß Aufgaben, die nach allen Richtungen hin das Gepräge ihrer Berechtigung an sich tragen, nicht überwuchert werden von Gründungen, die ohne solide Basis lediglich spekulativen Erwägungen ihre Entstehung verdanken, und in diesem Umstande liegt auch die Erklärung dafür, daß der Plan der Erbauung des österr. Festspielhauses in Salzburg jetzt, also zu einer Zeit aufgenommen wird, die ja für die Propagierung derartiger Unternehmungen nicht günstig erscheinen mag. /30/7 1916/80 F. Gehmacher

32. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Café Kremser 9h abds 2.9. [1916] Lieber Freund, Deinen Exposé-Entwurf81 habe ich heute früh erhalten. Ich danke Dir bestens dafür. Er wird mir bei meiner Versammlung gute Dienste leisten. Nun hoffe ich noch auf 80 Zur unterschiedlichen Datierung des Dokuments vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang. 81 Vgl. Dok. 31 (F. Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias [Sommer 1916]).

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die Photographie. – Ich war gerade in der Hofoper  ; habe mir den 1. Akt Zauberflöte angehört (wegen der neuen Sängerin Dahmen). Die Aufführung im Festspielhaus wird anders schön werden  ! – Schalk erzählte mir heute, Loewe82 wolle an die Oper. Interessant  ! Hat aber doch nicht das rechte Zeug dazu. – Ich habe mit dem Advokaten der neuen Gemeinde, Dr. Artur Schey,83 gestern gesprochen. Er meint, es wäre gut, ehe man mit der Idee in die Öffentlichkeit tritt, sich ein Optionsrecht auf die Gründe zu sichern. – Ich werde |den| Artikel loslassen, wenn ich aus Salzburg zurückkomme – also Mitte September. Herzlichen Gruß Dir, Dr. Sedlitzky, Sauerlein,84 Frl. Wühler85 und allen lieben Bekannten Dein Damisch

33. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 4. September 1916 Lieber Freund  ! Deine Anregung, sich in irgend einer Form des Baugrundes zu versichern, wäre sehr schön, aber im gegenwärtigen Stadium schwer zu verwirklichen. Wir wissen ja noch nicht, ob unser Projekt überhaupt so viel Anklang findet, daß wir auf dessen Durchführung hoffen können. Ich bin ja selbst der Meinung, daß ein so guter Gedanke sich in die Tatsache umsetzen lassen muß  ; aber die Propagierung erfordert sehr viel Arbeit und Ausdauer und ob wir diese aufbringen, ist noch nicht sichergestellt. Du darfst nicht vergessen, daß vorläufig nur wir zwei von der Idee wirklich begeistert sind, also ob es uns beiden gelingen wird, durchzuhalten, das ist ja doch noch sehr die Frage. Dazu die fortwährende Verschlimmerung der Kriegslage, die uns zu größerer Vorsicht veranlassen muß, damit wir nicht durch unsere, vom Krieg so weit abliegenden Absichten verstimmen  ! Eine Sicherung des Verkaufsrechtes ist überhaupt schwer, da wir es mit Bauern zu tun haben, die da gleich mißtrauisch werden. Ich habe ja auf den Grund ein persönliches Vorkaufsrecht, d. h. ich habe schon vor längerer Zeit der Besitzerin das Versprechen abgenommen, daß sie mir den Grund verkauft. Das einzige richtige wäre es, eines Tages mit dem Gelde daherzukommen und ihn zu kaufen. 82 Ferdinand Löwe (1865–1925), österr. Dirigent. 83 Arthur Schey (1866–1936), Hof- und Gerichtsadvokat in Wien. 84 Franz Sauer (1894–1962), 1916 zum Salzburger Domorganisten ernannt. 85 Else Wühler(-Hallauer), Gesangsschülerin am Mozarteum. Später Opernsängerin u. a. unter Herbert von Karajan in Aachen.

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Das sollte nicht zu spät sein, denn den Bauern geht es sehr gut und sie sind heut schon s e h r übermütig und werden es von Tag zu Tag mehr. Ich habe mit unseren Leuten über das Projekt nicht weiter gesprochen, da ich mir denke, wir verabreden vorerst unseren Operationsplan in allen Teilen und gehen dann auf den verschiedenen Linien plan- und gleichmäßig los. [Friedrich Gehmacher]

34. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 4/9.1916 Lieber Freund, ich habe heute eingeschrieben den Gründungsbrief der Festspielhaus-Gemeinde86 an die Mozart-Gemeinde abgeschickt.87 Heil und Sieg  ! Dein Damisch

35. Heinrich Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums Wien, den 4. Sept. 1916. An die Mozart-Gemeinde des Mozarteums, Salzburg Seit langem taucht von Zeit zu Zeit an verschiedenen Stellen der Gedanke auf, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten. Die günstige geographische Lage, das herrliche Stadt- und Landschaftsbild, der ausgesprochen künstlerische Ortscharakter lassen diese Idee allenthalben als eine gewiß durchführbare erscheinen und es besteht die große Wahrscheinlichkeit, daß es früher oder später auch tatsächlich zur Errichtung eines solchen Festspielhauses kommen wird. In diesem Falle gebietet es das Interesse der Mozart-Tradition in Salzburg, das Interesse der deutschen Kunst überhaupt, daß dieses Festspielhaus nicht den idealen Zwecken der Salzburgischen Kunstpflege, die durch die Tätigkeit des Mozarteums bisher in so glücklicher Weise in Erscheinung getreten ist, zuwiderläuft, sondern daß vielmehr dieses Schauspielhaus mit der Betätigung des Mozarteums in Einklang gebracht, ihr untergeordnet werde. Aus vielen Gründen ist zu befürchten, daß die Festspielhausidee nach Schluß des Weltkrieges, 86 Der Begriff »Festspielhaus-Gemeinde« scheint hier zum ersten Mal auf. 87 Vgl. Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916).

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wenn die Gründungs- und Unternehmungslust allseits üppig in die Halme schießen wird, von einer Seite aufgenommen werden wird, welche die Verwirklichung der Idee aus rein materiellen Gründen ins Auge fassen und auch bewirken könnte. Man spricht davon, daß Max Reinhart zu denen zählt, die sich schon jetzt mit dieser Idee näher beschäftigen und bei den Verbindungen über die er verfügt, ist es nicht ausgeschlossen, daß ihm die Verwirklichung des Planes gelingt.88 Auch Direktor Rainer Simons, dem aller Wahrscheinlichkeit nach die Wiener Volksoper nicht mehr in Pacht gegeben werden wird, hat sich, wie man erzählt, heuer bereits Salzburg vom Gesichtspunkt des Theatergründers aus betrachtet. Wenn nun tatsächlich ein solcher Unternehmer wie die beiden beispielsweise erwähnten ohne jegliche Beeinflussung von Seiten des Mozarteums die Errichtung eines Festspielhauses durchführt, dann wird mehr oder weniger eine reine Geschäftsangelegenheit daraus, die mit den ethischen Aufgaben des Mozarteums nicht dauernd in Einklang zu bringen ist und das Mozarteum könnte in seinen idealen Bestrebungen einen schweren, nicht mehr gut zu machenden Schaden erleiden. Um zu vermeiden, daß der Festspielhausidee ein solcher Ausgang gegeben werde, erscheint es notwendig, daß man sich schon heute in Mozarteumskreisen mit der Festspielhausfrage beschäftigt und ihrer Durchführung eine Legitimierung gebe, die es verhindert, daß von unberufener Seite die rein künstlerischen Bestrebungen des Mozarteums beeinträchtigt werden. Aus diesem Grunde habe ich, als überzeugter und begeisterter Anhänger und Freund des Mozarteums von besonderem Interesse für den bedeutungsvollen Festspielhausplan erfüllt, es übernommen, eine Gruppe von Persönlichkeiten um mich zu sammeln, die als neue Mozartgemeinde im Einvernehmen mit der Hauptleitung in Salzburg der Frage der Errichtung eines Festspielhauses ihr ausschließliches Augenmerk zuwenden wird. Als Endzweck ihrer Tätigkeit betrachtet die Festspielhausgemeinde die Aufbringung der Mittel zur Erbauung eines Festspielhauses in Salzburg an einem hiefür besonders geeigneten Platze nebst Schaffung eines eigenen GebäudeErhaltungsfonds. Das Festspielhaus und der Gebäude-Erhaltungsfond sollen in die Verwaltung des Mozarteums übergehen und in erster Linie dazu dienen, den traditionellen großen Salzburger Musikfesten eine breitere Grundlage zu geben. Für die Leitung der Festspiele soll ausschließlich Frau Kammersängerin Lilly Lehmann in Betracht kommen. Um dauernd den Umstand in Erinnerung zu halten, daß mitten im Weltkrieg der Keim zu diesem hervorragenden Friedenswerke (welches vielleicht in absehbarer Zeit auch dazu dienen wird auf künstlerischem Boden die Gegensätze der Nationen Europas auszugleichen) gelegt wurde, hat die Gemeinde den Wunsch, daß fortgesetzt 5 % aller dem Festspielhauszwecke gewidmeten Geldbeträge für Kriegsfürsorgezwecke der Stadt Salzburg bestimmt werden, und um die Verbindung mit

88 Damisch übernimmt hier ein Argument Gehmachers aus dessen Brief vom 28. August 1916 (Dok. 27).

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den anderen Zwecken des Mozarteums zu betonen, daß weitere 5 % der einlaufenden Beträge für den Ankauf des Geburtshauses Mozarts bestimmt werden. Ich richte nun an die Mozartgemeinde des Mozarteums in Salzburg hiermit in aller Form die Bitte um Anerkennung der Festspielhausgemeinde und um wohlwollende Duldung ihrer idealen Bestrebungen. Als Mitglieder der Festspielhausgemeinde habe ich vorläufig bekanntzugeben  : k. k. Professor Dr. Max G r a f , Dozent an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst und Musikreferent der Wiener Tageszeitung »Die Zeit«. Emil R o n s p e r g e r, kommerzieller Direktor der Königshofer Zement-Fabriks-Aktien-Gesellschaft. Ing. Erwin M a y e r, Maschinen- und Munitionsfabrikant. Ing. Wilhelm G o r l i t z e r, Direktor der Firma Julius Pintsch (Azetylenwerke etc.). Dr. med. Karl I t z i n g e r (Sohn des Hofoperntheaterarztes Dr. Karl Itzinger sen.). Hofopernkapellmeister Franz S c h a l k . Kapellmeister Alfons B l ü m e l . Dr. Arthur S c h e y , Hof- und Gerichtsadvokat. Emil B a r d a c h , Bankhausbesitzer. (Vorläufige Zahlstelle der Gemeinde.) Wilhelm Te c h e n , 89 Direktor der Berliner Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Dr. Max von O b e r l e i t h n e r, 90 Tonkünstler und Fabrikant. Königl. Preussischer Hofopernsänger Josef G r o e n e n (Berlin). Viktor K e l d o r f e r, 91 Chormeister des Wiener Männergesangs-Vereines. Architekt C l a u s , 92 Inspektor der Arbeiter-Unfall-Versicherung für Nied.-Österreich, Schriftführer des Wiener Männergesangsvereines. Architekt Otto P r u t s c h e r, 93 Professor an der k.k. Kunstgewerbeschule. Remigius G e y l i n g , 94 akademischer Maler. Frau Maria M a y e r . Frau Nikita G o r l i t z e r.

89 Wilhelm Techen, Ingenieur, Direktor der Allgemeinen Electrizitäts-Gesellschaft (AEG), Berlin. 90 Max von Oberleithner (1868–1935), österr., aus Mähren stammender Fabrikant, Opernkomponist und Dirigent. 91 Viktor Keldorfer (1873–1959), österr. Komponist und Chordirigent, 1902–21 Direktor und ab 1910 Chormeister des Wiener Männergesang-Vereins. 92 Albrecht Claus, Inspektor der Arbeiter-Unfall-Versicherung für Niederösterreich, Schriftführer des Wiener Männergesang-Vereins. Gatte der Konzertsängerin und Gesangspädagogin Lilly Claus-Neuroth (1879–1936). Schwiegervater des Operettenkomponisten Nico Dostal (1895–1981). 93 Otto Prutscher (1880–1949), österr. Architekt und Kunsthandwerker. Mitarbeiter der Wiener Werkstätte. 1909–38 sowie 1945–46 Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule. 94 Remigius Geyling (1878–1974), österr. Maler, Architekt und Bühnenbildner.

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Frau Helene P r u t s c h e r. 95 Fräulein Else W ü h l e r . Die gesamten Mitgliederbeiträge werden nach Genehmigung der neuen Gemeinde durch die Zahlstelle (Bankhaus B a r d a c h ) an die Mozartgemeinde in Salzburg überwiesen werden. Einer geneigten Kenntnisnahme und Verständigung entgegensehend, zeichnet Hochachtungsvollst Redakteur Heinrich Damisch, Musikschriftsteller, Wien 7., Bandgasse No. 32.

36. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Café Kremser, 5./9.1916 Lieber Freund, ich habe heute Deinen Brief erhalten.96 Du hast natürlich recht, die Sache ist sehr schwierig. Wir reden ja bald darüber. Freitag früh hoffe ich in Salzburg zu sein. Morgen, Mittwoch abends, versammle ich die Gemeinde im Wagnersaal des Musikvereinsgebäudes. Herzlichst grüßend Dein Damisch

37. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 6-9-1916 Lieber Herr v. Lewicki, Dank für ausführl. Br[ief]97 der mir sehr gelegen kam. Neulich kam ich nur zu einer kurzen Karte die ich nun ergänzen will. Zu der Besprechung mit G-Macher98 hatte 95 Gattin von Otto Prutscher. 96 Vgl. Dok. 33 (F. Gehmacher an H. Damisch, 4.9.1916). 97 Keine Vorlage überliefert. 98 Es ist unklar, wann genau die Besprechung zwischen Gehmacher und Lilli Lehman sowie Franz Stibral stattfand

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ich mir Exc. Stibral heruntergebeten, und eigentlich führte dieser die Verhandlung, während ich nur hie und da Bemerkungen dazu machte. Jedenfalls die Bedingung  : daß, wo und von wem immer ein sogenanntes Festspielhaus aufgeführt würde, ich mir vorbehalte, daß dieses so lange ich lebe nie ohne meine Bewilligung sowohl Festspielhaus genannt, noch jemals Mozartaufführungen darin veranstaltet werden dürften. Was Herr G-Macher natürlich billigte, und dann die Fabel mit dem Gegenprojekt als einziges Gegenmittel zu R.s99 Plan (das Haus soll in oder bei Morzg gebaut und Hellbrunner Festspielhaus oder so ähnlich heißen). Als H. G-Macher Stibral das erklärt hatte – der ganz gegen all das Zeug sprach, G-M. aber nicht nur für einen sehr klugen (sagen wir besser pfiffigen) Kopf hält, schien St.[ibral] an die Ehrlichkeit dieses Pfiffikus zu glauben, während ich sofort den Gedanken faßte  : jetzt hat der Pfiffikus G-M. dem ehrlichen Stibral eine Nase gedreht. Ich sagte es nicht denn ich mußte zur Metternich100 und beide Herren begleiteten mich bis zur Bahn, und dann kam ich nicht mehr dazu. Aber ich schwör es Ihnen, daß dies meine feste Überzeugung gewesen, G.M sei unehrlich und wollte uns nur hinters Licht damit führen. Da ich mich gerne selbst erziehe, nicht durchgehen lasse jemand Unrecht zu tun sei es auch nur in Gedanken, so unterdrückte ich meine Zweifel und würde sie erst in den nächsten 10 Tagen sobald Stibral aus Böhmen zurückkehrt, ihm anvertraut haben. Da Sie ohne die näheren Umstände zu kennen diese Zweifel teilen, so verschärft sich mein Mißtrauen gegen diesen Schwätzer doppelt, da er im Stande sein könnte nicht nur sich – durch Doppelzüngigkeit zu belügen, sondern auch jemand wie Stibral der doch als Mann und als solcher Mann, zum mindest Ehrlichkeit, offenes Visier erwarten darf. S’ ist dort in Salzb. aber immer so gewesen – Hintertreppen Politik die die Kunst am allerwenigsten verträgt, sich nicht bieten lassen darf. Ich hatte Kestranek auch davon gesprochen, der gleich aus dem Häuschen war über die Cirkusidee. Nun werden Sie ihn ja gesprochen haben u hoffentlich erleben wir die Anzahlung wenigstens, die doch von größter Wichtigkeit ist. Ich werde wohl manch ein Konzert noch dafür singen  ; möchte ich’s erleben, daß das Haus101 endlich in die Hände des Mozarteums übergeht. Gerade was Sie sagen vom auserlesenen Publikum, von den auserlesenen Besetzungen, alles das ginge flöten sobald das Geldgeschäft, die Größe des Raumes etc. ins Unermeßliche getrieben würde. Eine Konkurrenz mit Bayreuth aufnehmen  ? Lächerlich. Im Gegenteil. Mozart kann u darf nur in kleinem Rahmen gegeben werden, damit alle Schönheiten und Feinheiten seines himmlisch reinen Genius, seiner Musik u Idealen so recht eindringlich dem Zuhörer nahe gelegt werden können.  99 Max Reinhardt. 100 Pauline Fürstin Metternich (1836–1921). 101 Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse. Vgl. dazu auch Dok. 51 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 14.9.1916).

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Ich glaube wirklich, daß gerade durch die unendlichen Räume der großen Theater, Mozarts Opern der Langeweile des Publikums zum Opfer fielen. Mag die Bühne größere Bequemlichkeiten für die technischen Anforderungen bieten das wäre nur mit Freude zu begrüßen, die Werke in moderner Sensationsspielerei dem Publikum vorzuführen hielte ich für ganz ebenso ungeschickt. Man sollte nicht viel oder gar nicht daran rühren, so wenig wie an ein kostbares altes Bild, oder ein Werk Shakespeares oder Goethes. Ich hatte G. M. auch auf den Kostenpunkt aufmerksam gemacht, ihm gesagt, daß sich selbst Münchens Prinz-Regententheater102 nie ausgezahlt u immense Unterhaltungskosten zu tragen hatte. Er irrt sich gründlich wenn er meint, mich und Sie, meine und Ihre Wachsamkeit beschwichtigt zu haben. Wir müssen nun 10fach behutsamer darüber wachen. […] Herzlichsten Gruß Lilli Lehmann

38. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 7. September 1916 Geehrter Herr Doktor  ! Mit größter Empörung und in tiefster Erregung muß ich Ihnen von folgenden Vorgängen Mitteilung machen  : Wie Sie wissen dürften, verkehre ich abends fast täglich mit Herrn Damisch und selbstredend bildet das Mozarteum, für das ich ja fast jeden Tag irgend etwas zu veranlassen oder zu besorgen habe, zwischen uns ein breites Gesprächs-Thema. Sämmtliche das Mozarteum betreffende Gegenstände besprach ich mit Herrn Damisch immer mit der größten Offenheit. Ich machte ihm gegenüber auch nie ein Hehl daraus, daß ich mich für das Plainer Projekt absolut nicht erwärmen könne, daß ich den jetzigen Zeitpunkt, wo unsere sämmtlichen Grenzen von Feinden bedroht und bedeutende Gebiete der Monarchie in Feindeshände sind, wo die ganze Bevölkerung in banger Sorge ist, wie sie den Winter über sich die notdürftigste Nahrung verschaffen kann, wo man die wichtigsten kulturellen und Staatsbedürfnisse zu Gunsten des Krieges und der Kriegsfürsorge zurückstellt, für höchst ungeeignet halte. Ich machte ihn auch aufmerksam, daß man direkt Gefahr laufen würde, der Frivolität geziehen zu werden, wenn man mit dieser Idee jetzt heraustrete. Außerdem wußte Damisch sehr gut, daß ich das Aufgreifen des Plainer 102 Das 1901 eröffnete Prinzregententheater war Schauplatz der sommerlichen Opernfestspiele in München.

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Projektes im jetzigen Momente für unsere Geburtshaus-Aktion als sehr schädigend empfinden würde. Gestern erfuhr ich von dritter Seite zu meinem allergrößten Erstaunen, daß Herr Damisch für 7 Uhr abends im Wagner-Saale der Gesellschaft der Musikfreunde die konstituierende Sitzung einer neuen Mozartgemeinde einberufen habe, welche sich die Erbauung des Festspielhauses auf dem Plainer Berg und die Geldbeschaffung hiefür zur Aufgabe stelle. Nachts ging Herr Damisch mit mir nach Hause, sprach von allem möglichen, ohne die Sitzung auch nur mit einem Sterbensworte zu erwähnen. Als ich sah, daß die ganze Sitzung vor mir direkt verheimlicht werden sollte, interpellierte ich ihn direkt darüber. Darauf sagte er mir, daß diese Sitzung allerdings stattgefunden habe, ich sei nicht eingeladen worden, da ich als Gegner des Projektes angesehen werde, und Gegner lade man selbstverständlich nicht ein. Auf meine Erwiderung, daß zwischen Nichteinladen und direktem verheimlichen ein großer Unterschied sei, entwickelte sich eine fast einstündige, mich sehr aufregende Diskussion, in welcher ich Herrn Damisch die großen Gefahren, welche diese Aktion dem Mozarteum, der Schule, den Festspielen, etc. bringe, darlegte und ganz offen erklärte, daß ich nach diesem seinem Vorgehen jetzt ganz öffentlich gegen das Projekt Stellung nehmen müsse. Darauf sagte mir Herr Damisch in ziemlich höhnischem Tone  : Damit werden sie wenig Glück haben, die Sache ist schon gemacht, und las mir unter einer Gaslaterne einen drei Kanzlei-Seiten langen Aufruf vor, in welchem dem Publikum die Notwendigkeit der sofortigen Erbauung dieses Festspielhauses dargelegt und die Gründung einer neuen Mozartgemeinde verkündet wird. Unterschrieben ist dieser Aufruf von Herrn Damisch als Vorsitzenden. Sie können sich, sehr geehrter Herr, denken, in welcher Weise mich diese Aktion, welche ihre Spitzen auch nicht in letzter Linie gegen die Wiener Mozartgemeinde richtet, in Erregung brachte und ich suchte nochmals Herrn Damisch die ganze Gefahr klar zu machen, in welche das Mozarteum und alle seine bisherigen Institutionen durch diese schlecht vorbereitete und mit unrichtigen Mitteln angebahnte Aktion gerate. Herr Damisch sagte mir darauf sehr von oben herunter, daß die meisten Kuratoriums-Mitglieder für dieses Projekt gewonnen seien, daß er in deren Auftrag handle, wenn ich nicht mit thun wolle, so solle ich es bleiben lassen. Ich habe aber nicht das Recht meinen Willen dem Mozarteum aufzudrängen und quasi eine Sonderstellung für mich zu beanspruchen. Ich erwiderte ihm, daß dies nie meine Absicht sei, daß ich im Gegenteil bei sämmtlichen Institutionen, wo ich mitwirke, möglichst im Hintergrund zu bleiben suche und daß ich mich um einen Eintritt in das Salzburger Kuratorium niemals beworben habe, sondern im Gegenteil immer und Jedermann sagte, daß ich für die Ziele und Zwecke des Mozarteums auch ohne Zugehörigkeit zum Kuratorium immer in den Grenzen meiner bescheidenen Kräfte arbeiten werde, daß ich aber selbstredend jeden Moment bereit sei, aus dem

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Kuratorium auszutreten, wenn mir eine loyale Opposition gegen eine Aktion, die ich nach bestem Wissen und Gewissen für das Mozarteum für verderblich halte, als illoyale Handlungsweise ausgelegt wird. Darauf antwortete mir Herr Damisch wörtlich  : Herr Lewicki, wenn sie für das Mozarteum eine Fuchtel sein wollen, so ist es wirklich besser, sie treten aus. Ich glaube nicht unbescheiden zu sein, wenn ich in mir das Gefühl herumtrage, in jahrelanger eifriger, keine Zeit und Mühe scheuender Arbeit für das Mozarteum einiges geleistet zu haben. Sie können sich daher denken, sehr geehrter Herr Doktor, wie äußerst betroffen ich von dieser so rüden Bemerkung des Herrn Damisch war. Da ich selbstverständlich ganz klar sehe, daß die ganze Aktion des Herrn Damisch bis in die kleinsten Details von Herrn Gehmacher angeordnet und geleitet wird und daß Herr Damisch offenbar auch von Herrn Gehmacher ganz genaue Verhaltungsmaßregeln bekam, in welcher Weise ich in dieser Affäre unschädlich gemacht resp. behandelt werden soll, so ist es mir offenbar, daß der Wunsch des Herrn Gehmacher dahin geht, mich, da ich seinen nach meiner Ansicht für das Mozarteum gefährlichen Plänen, im Wege bin, aus dem Kuratorium herauszudrängen. Trotz meiner Anhänglichkeit an das Mozarteum, trotz meiner Begeisterung für die künstlerischen Zwecke desselben, braucht es nicht dieser Winke mit dem Zaunpfahle. Ich werde meine Konsequenzen ziehen und nach Besprechung mit den mir kompetent erscheinenden Personen Ihnen das Nähere mitteilen. Selbstverständlich dürfen Sie nicht glauben, daß ich irgendwie dadurch ein Gegner des Mozarteums bin, im Gegenteil, ich werde nach wie vor meine ganzen Kräfte dem Mozarteum zur Verfügung stellen insoferne damit künstlerische oder wissenschaftliche Zwecke verfolgt werden. Herrn Damisch hat es gefallen, mich während unseres ganzen Gespräches im leicht frozzelnden Tone zu traktieren und mir zu verstehen zu geben, daß ich von allen diesen Sachen nichts verstehe und eigentlich für das Mozarteum nur eine Belastung sei. Es wundert mich außerordentlich, daß Herr Gehmacher Herrn Damisch diese ganze In-Szene-Setzung gegen mich suggerierte, besonders, da Herr Gehmacher in einer Unterredung, die ich mit ihm am Tage vor meiner Abreise hatte, in der wir den ganzen Komplex des Festspielhauses nochmals durchsprachen, zum Schlusse erklärte, diese Unterredung habe zwischen uns eine Mittel-Linie ergeben. Diese Mittel-Linie war auf folgender Basis gedacht  : Das Plainer Projekt wird aufgegeben, doch sei anzustreben, daß, falls sich die politischen Verhältnisse ändern und das Mozarteum vollkommen konsolidiert und finanziell gekräftigt sei, ein Barock-Theater in der Art des Münchner Residenz-Theaters in Salzburg selbst, womöglich in der Nähe des Mirabell-Gartens zu errichten [sei]. Ein Haus, welches kein FestspielHaus sei, sondern lediglich für die Opern-Aufführungen im Rahme der bisherigen Festspiele zu dienen habe. Bezeichnend für die Mittel, mit welchen in dem Aufrufe des Herrn Damisch gearbeitet wird, ist folgendes  : Da Herrn Gehmacher und Herrn

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Damisch bekannt ist, daß Frau Lehmann selbstverständlich eine Gegnerin des Plainer Projektes ist, da sie ja selbstverständlich ihr großartigstes Lebenswerk – die Salzburger Festspiele – in dem bisherigen Rahmen nicht zerstört sehen will, so wurde in dem Aufrufe des Herrn Damisch ein Passus aufgenommen, daß die Leitung des Festspiel-Hauses auf Lebenszeit der Frau Lehmann übertragen wird und daß sie auch berechtigt sei, ihren Nachfolger zu ernennen, und damit glaubt man, eine Frau von der Größe und dem Verstande der Lilli Lehmann kaptivieren zu können. Die Schaffung eines erblichen Festspiel-Leiters  ! Und mit solchen Ungeheuerlichkeiten soll vor die Öffentlichkeit getreten werden. In dieser Weise soll ein Kunst-Institut, an welchem seit Generationen gearbeitet wird, mutwillig der Zerstörung preisgegeben werden. Ich habe mich gestern furchtbar aufgeregt, so daß ich mich heute körperlich und geistig sehr unwohl fühle. Ich bedauere sehr, daß ich Sie bei Ihrer intensiven Beschäftigung mit dieser Epistel belästigen muß. Ich fand aber bei Ihnen immer in allen Fragen ein so liebenswürdiges Entgegenkommen, daß ich Wert darauf lege, von Ihnen nicht mißverstanden zu werden. […] Mit besten Grüßen Ihr sehr ergebener /Lewicki/

39. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg d. 8. Sept. 1916 Hochverehrter Herr von Lewicki  ! Ihr Schreiben v. 7. d. M. gelangte in meinen Besitz. – Ihre Aufregung finde ich begreiflich, mir gieng es vor einigen Tagen nicht anders, als ich ein recomm. Schreiben des H. Damisch an die Mozartgemeinde erhielt,103 in welchem die Gründung dieser Mozartgemeinde, ihre Ziele und Absichten mitgeteilt wurden. Endlich wußte ich, welchem Endzwecke die vielstündigen Besprechungen Damisch–Gehmacher gewidmet waren. – Wie alles bei uns, was von dieser Seite ausgeht, eine wohl in Scene gesetzte Komödie – für das Mozarteum ein Trauerspiel. – In kürzester Zeit haben Sie Gelegenheit gehabt, 2 Inscenierungen mitzumachen. Das war es auch, was Stibral und Spängler104

103 Vgl. Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916). 104 Carl Spängler (1864–1954), Salzburger Bankier und Unterstützer der ISM.

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vertrieb. Es wird auch keine Lüge gescheut – wie es bei Spängler wiederholt der Fall war – um sich ins Recht, den anderen ins Unrecht zu setzen. – Daß Sie dieser neue Fall sehr erregt hat, ist verständlich, daher auch die Opposition – für andere oft unverständliche Opposition des H. Kerber, der stets Hinterhältigkeiten wittert. Nun aber glaube ich, daß Sie diesen Fall doch zu tragisch nehmen und Ihr Schreiben der Ausfluß einer ersten großen Erregung ist – mir geht es oft ähnlich und dann kann ich fast nicht schlafen, – aber es fragt sich, soll ich in Anbetracht dieser Umstände den Brief anderen zeigen  ? – Huttary, der heute auch schon klar sieht, werde ich Einsicht nehmen lassen und dann Gehmacher geben, damit sich der eine Nase voll nimmt, da H. Damisch, der heute hier ist, Ihren Brief schon angekündigt hat. Sie werden jedenfalls ein Schreiben besonderer Art mit diplomatischen  ? Phrasen und Wendungen erhalten. […] Mit den besten Empfehlungen Ihr ergebener Dr. Ludwig Sedlitzky

40. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, 8. September 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Gestern hatte ich noch mit Damisch vor seiner Abreise nach Salzburg eine lange Unterredung. Der Wunsch, daß in Wien eine Mozartgemeinde gegründet werde, die sich die Aufgabe stellt, dem Mozarteum die Mittel zu verschaffen, auf dem Plainer Berg ein Festspielhaus zu bauen, geht von Gehmacher aus. Ebenso war es der Wunsch Gehmachers, daß diese neue Mozartgemeinde eine Eingabe an das Mozarteum macht, um die Angelegenheit ins Rollen zu bringen. Diese Eingabe ist mittlerweile, wie mir Damisch sagte, abgegangen. Damisch zeigte mir den Brief Gehmachers, der diesen Geschäftsgang Damisch anrät.105 – Ich hoffe, daß das Kuratorium die Situation richtig beurtheilt und das Anerbieten dieser neuen Mozartgemeinde ablehnt. Von Lilli Lehmann bekam ich heute früh einen Brief, in dem sie mir den Inhalt ihrer letzten Unterredung mit Gehmacher, der auch auf Wunsch L. L.s Exc. Stibral106 beiwohnte, ausführlich mittheilt. 105 Keine Vorlage überliefert. 106 Gemeint sind hier Lilli Lehmann und Franz Stibral.

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Sie ist über die ganze Sache unterrichtet, ihre Ansicht über die Sache deckt sich meiner eigenen bis aufs I.-Tüpfelchen. Sie sagte Gehmacher, daß dieses Haus nie den Namen Festspielhaus führen dürfe, nie Mozartopern aufführen dürfe u.s.w. Gehmacher thäte am besten, die Idee aufzugeben, denn wenn er weiter darauf besteht, so wird ein solcher Kampf entstehen, daß das ganze Mozarteum darunter schwer leiden wird – und dabei wird dieses Festspielhaus doch nie entstehen, denn es sind eigentlich außer Gehmacher alle Faktoren dagegen. Damisch allein wird ihm kaum zur Verwirklichung der Idee verhelfen können. L. L.s Brief enthält wirklich goldene Worte – es ist unglaublich, wie scharfsinnig L. L. die ganze Situation und die handelnden Menschen beurtheilt. Gott erhalte uns diese Frau noch ungezählte Jahre – sie ist der Fels, auf dem das Mozarteum fest gegründet ist. Kestranek hält die ganze Idee für einen Wahnsinn, über den zu reden schade ist. […] Mit besten Grüßen Ihr ergebenster Lewicki [maschinschriftlicher Nachtrag] /9. IX. 16/ Soeben erhalte ich Ihr Schreiben vom 8. d. M. Meine Aufregung hat sich komplett gelegt, nicht aber der Ekel. Über diese ewigen widerlichen Hintertreppenmachinationen. Diese haben Stibral und Spängler vertrieben, sie werden auch mit der Zeit Lilli Lehmann, Gräfin Hartenau und – wenn man Kleines mit Großem vergleichen kann – mich vertreiben. Ich bin ein bescheidener Mensch und will bei keinem Institute, wo ich dabei bin, irgend eine Sonderstellung haben, doch verlange ich, daß man meine konsequente und keine Mühe scheuende Arbeit nicht auf solche Weise hindert. Um irgend etwas Positives zu leisten, ist mir keine Mühe zu groß. Es verdrießt mich aber, meine Zeit dafür verschwenden zu müssen, läppische Intrigen zu durchkreuzen. Der Brief des Herrn Damisch wird ja in einer Kuratoriums-Sitzung vorgelegt werden müssen. Ich bitte Sie, in meinem Namen bei dieser Gelegenheit folgende Erklärung abzugeben  : Sollte die Konstituierung der Damisch’schen Vereinigung unter dem Namen »Mozartgemeinde« oder unter einer anderen Bezeichnung, die den Namen Mozart oder irgend eine Beziehung zum Mozarteum enthält, vom Kuratorium genehmigend zur Kenntnis genommen werden, so werde ich bei der Gräfin Hartenau den Antrag stellen und dessen Durchführung sicher auch erreichen, daß unsere Mozartge-

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meinde107 aufgelöst werde, da es unvermeidlich wäre, daß im Publikum unliebsame Verwechslungen vorkämen, die uns – d. h. der Gräfin und mir – nur Unzukömmlichkeiten bereiten würden.

41. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 10-9-1916 Lieber Herr von Lewicki, als ich gestern ½12 Frl. Villenbücher108 empfing, die den Tag bei uns zubrachte, sah ich, sehr erstaunt, auch H. Damisch mit ihr ankommen. Er hatte sie auf dem Weg zu unserem Hause angesprochen. Er sagte mir, er käme in einer Mission zu mir. Erst glaubte ich es handle sich um Zeitungs-Notizen über den Kuss,109 aber kaum hatte ich ihn gebeten die Sache schnell zu erledigen, als er mit dem ganzen G. Macher Programm – ebenso langweilig – herausrückte und er mir die Copie des zu erwartenden Aufrufs übergab worin die von Ihnen besagte Klausel mich betreffend steht. Ich war empört über die neue Vergewaltigung meiner Person und Beschlüsse und habe mir vorgenommen dergleichen einen Riegel vorzuschieben. Ich antwortete dem Herrn D. was ich G. Macher antwortete, daß ich vollständige Gegnerin des Projektes, von welcher Seite es immer käme, sei und hatte auf einmal den Gedanken  : hollah, die wollen durch mich Lewicki beeinflussen, v[ielleicht] s[o]g[ar] aus dem Sattel heben. Als ich ihm m[eine] Meinung gesagt und ihm andeutete, daß man Sie darum befragen soll wie ich darüber je gedacht, verschnappte er sich und sagte  : »das ist es ja eben, wir wollten Sie bitten H. v. L. zu beeinflussen und daß Sie selbst nicht gegen das Projekt irgendwelche Schritte tun möchten.« Nun wußte ich ja Bescheid und hatte mich nicht getäuscht in meiner Voraussehung. Ich verabschiedete den Herrn D. sehr kurz, sagte ihm, daß ich Besuch hätte, ihn nicht weiter sprechen könne und in Salzburg das Weitere besprechen würde.110 107 Gemeint ist die »Wiener Mozartgemeinde«. 108 Klara Villenbücher, Stimmbildnerin, 1916–18 im Rahmen der von Lilli Lehmann am Mozarteum im Sommer abgehaltenen Gesangskurse tätig. 109 Der Bezug ist unklar. Ev. handelt es sich um eine Anspielung auf Friedrich Smetanas Oper Der Kuss. 110 In einem Erinnerungsbericht von 1957 gibt Damisch an, dass er noch am selben Nachmittag nach Bad Ischl weitergefahren sei, um Max Reinhardt aufzusuchen, der ihm – im Gegensatz zu Lilli Lehmann – freundlich begegnet sei und »positives Interesse« für die Salzburger Festspielpläne gezeigt habe, »das er aber hinter seine vielen Verpflichtungen in Berlin und auch noch andernorts für geraume Zeit zurückstellen« müsse (Heinrich Damisch  : Vor 40 Jahren – Salzburger Festspielhausgemeinde Salzburg. In  : Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 1957, S. 18–21). Vermutlich fuhr Damisch im Anschluss von Bad Ischl nach Salzburg zurück, wo er Gehmacher über seine

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Man hat den D. extra auf einen Tag wieder hierher von Wien kommen lassen  ! Wer bezahlt diese Fahrten und Gänge  ? Sonst hatte man Kerber mit diesen wichtig scheinenden, nicht unnötigen Fahrten betraut, jetzt muß jemand aus Wien dazu herkommen  ? Am Abend erhielt ich Ihren Brief,111 der sich mit dem meinen in allen meinen Ansichten deckt. Stibral hat recht  : »mit diesen Hintertreppen Männern kann man nicht arbeiten, der Ekel erwürgt einen.« Ich kann auch dieselben Worte wiederholen. – Natürlich ist die Geburtshaus Propaganda ad actam gelegt wenn solche Albernheiten vorliegen. Am besten wäre es mal einen Kronrat d. H. Sylvester, Ehmig, G.Macher und was damit zu tun hat, einzuberufen und die Sache vor Allen klar legen zu lassen. Dann müssen sie alle Farbe bekennen. Ich will mit Stibral, der Dienstag zurückkehrt, sprechen, unterdessen habe ich Ihre Antwort und glaube wohl, daß man dabei am besten führe, wenn man sich vor Allen ohne Hintertreppenpolitik ernstlich und deutlich ausspräche. Vielleicht könnten Sie auch dazu kommen, denn das wäre sehr wichtig. – Mahler hat diese Festspielhausidee auf dem Gewissen, der immer nur aus Kaiserssäckel wünschte und machte, nie frug, woher das Geld dazu käme.112 So pflanzte sie sich weiter und trägt uns jetzt diese Früchte. Ist der Gehmacher eigentlich Director des Mozarteums  ? Wie kommt er dazu solche Stellung einzunehmen oder sich anzueignen  ? […] Sollte sich Sache mit G.Macher D. nicht erledigen lassen – so würde ich Salzburg einen 2ten Kurs malen. Bande  ! Für heut leben Sie wohl, meine eigene Arbeit soll nun auch beginnen Herzlichst[en] Gruß Lilli Lehmann Ich frug H. D., wie er eigentlich zu der Mission käme, was er dabei zu tun habe  ?  ?  ?

Unterredungen mit Lehmann und Reinhardt unterrichtete. Das würde erklären, warum er in dem unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Wien verfassten Brief an Gehmacher (Dok. 42, H. Damisch an F. Gehmacher, 11.9.1916) die beiden Unterredungen nicht erwähnt. 111 Keine Vorlage überliefert. 112 Gustav Mahler (1860–1911), österr. Komponist und Dirigent, 1897–1907 Erster Kapellmeister und Direktor der Wiener Hofoper, wirkte ab 1908 in New York. Gilt als bedeutender Reformer des Musiktheaters im Sinne eines Gesamtkunstwerks. Lehmann bezieht sich hier auf Gustav Mahlers FigaroAufführung beim Salzburger Musikfest von 1906, wobei Kaiser Franz Joseph sämtliche Kosten des Auftritts des Wiener Hofopern-Ensembles in Salzburg übernommen hatte.

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42. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 11./9. 1916, ¾9 h früh Lieber Freund, ich bin statt um 6 h 5 um 7 h 35 am Westbahnhof angekommen und sitze jetzt beim Frühstück im Café Ritter (Ecke Mariahilfer- und Amerlingstr.). Ich wäre mit Rücksicht auf unsere Sache noch gerne [ein] paar Tage in Salzburg geblieben. Sei so freundlich und halte Dich in Verbindung mit Dr. Scheyer.113 Zeige und erläutere ihm Salzburg, das wird ihm guten Eindruck machen. Vielleicht kannst Du ihm auch Deinen Sommersitz zeigen. Wühlerchen114 kommt morgen, Dienstag, um 5h zum Tee zu Dr. Scheyer ins H. Europe.115 Sie ist unser Mitglied geworden, instruiere sie daher, daß sie bei dieser Gelegenheit bei Dr. Sch. für uns Stimmung mache. – Weiters ein neuer »Hintertreppengedanke« zur Vermittlung  : Falls es aussichtslos erscheint, die Sanktionierung der Festspielhausgemeinde zu erlangen, könnte ich meine Gemeinde ja im Rahmen der bestehenden Zwecke anmelden und zwar zu Punkt 3 »Zubauten«. Ich könnte ihr daher dann immer noch den Untertitel »Meisterspielhausgemeinde«116 geben und die Absicht zum Ausdruck bringen, daß diese Gemeinde zu gelegener Zeit, wenn es der Wille des Kuratoriums sein wird, oder sagen wir direkt  : sofort nach dem Kriege, ihr Ziel auf Erbauung eines Meisterspieltheaters in Salzburg richten wird. Bis dahin könnten immerhin die Vorbereitungsarbeiten in Angriff genommen und beendet werden. – Es wäre mir recht, wenn Du mir die Mozarteumsschriften und Drucksorten, die zu meiner Information dienen können, zusenden wolltest. Behandle den Sedlitzky liebevoll. Herzlichsten Gruß von Deinem Damisch.

113 Moriz Scheyer (1886–1949), österr. Schriftsteller und Journalist. Seit 1914 Literatur- und Theaterkritiker für das Neue Wiener Tagblatt. Zu seinen Freunden zählten Stefan Zweig, Gustav Mahler und Bruno Walter, 1938 Emigration nach Frankreich. 114 Else Wühler(-Hallauer)  ; vgl. die Anm. in Dok. 32 (H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.1916). 115 Hôtel de l’Europe, ehemaliges Luxushotel beim Salzburger Bahnhof. 116 Die Verwendung der Bezeichnung »Meisterspielhaus-Gemeinde« soll – so die Hoffnung Damischs – den Gegnern der Festspielhausidee den Wind aus den Fahnen nehmen.

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43. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 10./9.1916117 Lieber Freund, neueste Phase  : Habe gestern mit Lewicki gesprochen, nachmittags 1 Stunde, abends 2 Stunden, nachts 2 Stunden. Lehmann hat ihm zwei Briefe geschrieben. Einen am 6. bezüglich ihrer Unterredung mit Dir,118 einen am 9., nach meiner Besprechung mit ihr.119 Beide Briefe höchst gereizt, ein für allemal schroff ablehnend. Sie will eine Kuratoriumssitzung mit Lewicki, der nach Salzburg kommen soll. Lewicki will in diesem Fall auch einen Vertreter des Unterrichtsministeriums dabei haben. Am liebsten möchte er die Sitzung aber ganz vermeiden, da sie unbedingt zu einem Eclat führen müßte. Er beschwor mich, die Sache vom Mozarteum zu trennen (was mir persönlich ja ganz sympathisch wäre) und Dir dies nahe zu legen, was ich hiemit tue. Du müßtest unbedingt dem Mozarteum erhalten bleiben, Lehmann auch  ! Im übrigen könnten bei der freien Vereinigung beliebig viele Kuratoriumsmitglieder dabei sein, meint er. Morgen mehr  ! Herzlichst Dein Damisch

44. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 12. September 1916. Verehrte gnädige Frau  ! Besten Dank für die Karte vom 11. d. M.120 Damisch kam gestern früh von Salzburg zurück. Ich hatte mit ihm 2 Besprechungen, die von ½7 – ½9 abends und von ½11 – ¼2 Uhr nachts dauerten. Die Hartnäckigkeit, Hinterhältigkeit, lächerliche Naivität in künstlerischen und geschäftlichen Dingen, dabei die Rücksichtslosigkeit, mit welcher die Leute ein altes Kunst-Institut wie das Mozarteum ihren nebulosen Zwecken dienstlich machen wollen, brachte mich mehreremale so in Aufregung, daß ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte und heute diesen Brief nur mit brummendem Schädel diktieren kann.

117 Zur vermutlich richtigen Datierung des Briefes auf den 12. September 1916 vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang. 118 Vgl. Dok. 37 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 6.9.1916). 119 Vgl. Dok. 41. (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 10.9.1916). 120 Keine Vorlage überliefert.

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Ich stellte Damisch nochmals dringlichst vor, daß die ganze Festspielhaus-Idee der helle Wahnsinn sei, weder einen künstlerischen Inhalt habe, noch auch ein finanziell mögliches Resultat zeitigen könne. Ich präzisierte ihm nochmals unseren Standpunkt, der dahin gehe, das Mozarteum dürfe aus den oftmals angeführten Gründen mit diesem Festspielhause in keiner wie immer gearteten Verbindung stehen, da dies nach unserer Ansicht den Ruin des Mozarteums herbeiführen würde. Ich sagte Damisch ferner, daß wir ihn – der außerhalb des Mozarteums stehe – und Herrn Gehmacher als Privatmann selbstverständlich nicht hindern können, bei diesem Projekte zu verharren und zu probieren, ob sich Menschen finden werden, die hiefür Geld opfern. Dies könne aber nur in der Form geschehen, daß sie eine eigene Gesellschaft oder was ihnen genehm ist, bilden. Das dürfe aber, wie gesagt, keine Mozartgemeinde oder irgend eine ähnliche Institution sein, welche mit dem Mozarteum in irgend einer Verbindung steht, sondern ein eigener Verein oder Gesellschaft oder was sie sonst wollen. Ich erklärte Damisch ganz offen, wie ich überhaupt in der ganzen Verhandlung immer mit offenem Visier und ganz ohne irgendwelchen Rückhalt kämpfe, daß Sie, gnädige Frau, eine Sitzung wünschen, in welcher diese Angelegenheit besprochen werde. Ich machte Damisch aufmerksam, daß für diese Sitzung dank den emsig betriebenen Machinationen ein solcher Zündstoff aufgehäuft sei, daß es unbedingt zu den größten Auseinandersetzungen kommen werde, die auch stark auf das persönliche Gebiet hinübergreifen dürften. Das Resultat dieser Sitzung kann nur zweifach sein, denn wir würden sicher dafür Sorge tragen, daß ein faules Provisorium ausgeschlossen sei. Entweder wir behalten Unrecht, dann hat man mit der totalen Abwendung Lilli Lehmanns vom Mozarteum zu rechnen. Was das für das Mozarteum bedeuten würde, unterliegt keinem Zweifel, daß die ganze musikalische Welt über diese unglaubliche Undankbarkeit des Mozarteums einfach die Hände über den Kopf zusammenschlagen und das Mozarteum boykottieren würde. Ich könne nicht glauben, daß die Majorität der Kuratoriumsmitglieder so leichte Herzen besitzt, um diesen Mord an der Mozarteums-Institution zu begehen. Erringen wir den Sieg, so wird aber Gehmacher aus diesem Kampfe mit so vielen moralischen Wunden bedeckt hervorgehen, daß seines Bleibens am Mozarteum nicht mehr wäre. Auch dies wäre in gewisser Hinsicht zu bedauern, da ja Gehmacher um das Zustandekommen des Mozarthauses Verdienste hat und darauf sah, daß das Haus in guter Ordnung gehalten wird. Unsere Forderungen seien doch die denkbarst bescheidenen. Wir verlangen nichts weiter, als daß die Festspielhausprojektoren das Mozarteum gänzlich ausschalten und ihren Festspielacker gefälligst mit selbstgekauften Rindern bepflügen. Ich machte Damisch schließlich auch aufmerksam, daß es mir den Eindruck mache, wie wenn er durch die unbedingte Gefolgschaft, die er Gehmacher leiste, in eine schiefe Situation gekommen sei. Durch die Opposition aller maßgebenden Personen

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sei ja die Durchführung des Festspielhauses ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Das müßte er als vernünftiger Mensch einsehen. Es handle sich jetzt lediglich darum, einen Weg zu finden, wo er und Gehmacher einen halbwegs anständigen Rückzug antreten können, um diesen gewissen Kronrat zu vermeiden, dessen Verlauf für das Mozarteum unabsehbare Konsequenzen haben könnte und dem Mozarteum unbedingt, wie er auch ausgeht, Schaden bringen müßte. Dies wäre der einzige Effekt. Ich könne mir nicht denken, daß Gehmacher und er diesen Effekt wünschen. Das Endresultat dieser Besprechung war, daß unter meiner unverbindlichen Zustimmung, die ich ausdrücklich von Ihrer Genehmigung abhängig machte, Damisch folgende Erklärung abgab  : Ich hätte ihn von der Undurchführbarkeit dieses Projektes und Schädlichkeit für das Mozarteum nicht überzeugen können. Doch sei er durch seine Unterredungen mit mir, durch seinen jüngsten Besuch in Salzburg und Scharfling zur Überzeugung gelangt, daß unsere Opposition gegen dieses Projekt absolut nicht zu brechen sei und daß es absolut nicht gelingen könne, uns von unserer Meinung abzubringen. Er sei nach wie vor ein überzeugter Anhänger des Projektes. Als er mit Gehmacher seinerzeit die ersten Besprechungen hielt, um dieses Projekt zu realisieren, habe er den Vorschlag gemacht, einen selbständigen Verein oder eine selbständige Gesellschaft zu gründen, welche sich die Durchführung dieses Projektes zur Aufgabe mache. Diese Sache mit dem Mozarteum in Konnex zu bringen, sei ein Wunsch Gehmachers gewesen, der an dem Mozarteum sehr hänge und offenbar gefürchtet habe, daß er in dem Falle, als er sich dieser neuen Festspielhaus-Vereinigung widme, am Mozarteum den Boden verliere oder doch in Interessen-Konflikte kommen könne. Da Gehmacher von dieser Meinung nicht abzubringen war, so habe er sich derselben angeschlossen. Auf Wunsch Gehmachers habe er in Wien eine Mozartgemeinde gegründet, welche den Sonderzweck haben soll, Gelder für das Festspielhaus zu sammeln und den Bau des Festspielhauses in die Wege zu leiten. Im Namen dieser jüngst konstituierten Gemeinde habe er eine Eingabe, dessen Abschrift er auch in Scharfling übergab, an das Mozarteum gerichtet, in welcher die Bitte enthalten ist, das Mozarteum möge den Bestand und die Ziele dieser neuen Gemeinde genehmigen. Er werde an Gehmacher herantreten, um von ihm autorisiert zu werden, an das Kuratorium eine neuerliche Zuschrift richten zu können, in welcher er erklärt, daß er das in seinem ersten Schreiben gestellte Verlangen (Anerkennung der neuen Gemeinde und ihrer Zwecke) zurückziehe, da er die Absicht habe, dieses Projekt ohne Verbindung mit dem Mozarteum seiner Verwirklichung entgegenzuführen. Er sei aber nicht in der Lage, mir garantieren zu können, daß Gehmacher nicht doch auf der Verbindung mit dem Mozarteum bestehe. Dies der Schluß meiner Besprechung mit Damisch. Wenn dieser Brief wirklich abgeht, so ist die Sache nach meiner Ansicht erledigt, denn, wenn sich ohne irgendwelche Verbindung mit dem Mozarteum Narren finden, welche ihr Geld für diesen

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Unsinn hergeben wollen, wir sind nicht ihre Kuratoren. Übrigens werden sie das Geld nie zusammenbekommen, das Haus wird nie gebaut werden und wir werden unseren Willen, der nur unserer Obsorge und Liebe zum Mozarteum entspringt, durchgesetzt haben. Ich glaube, daß auch Gehmacher nach diesem Echec121 mit seinen ewigen Projekten Ruhe geben wird. Wir müssen jetzt einige Tage warten, um zu erfahren, welche Wirkung die Korrespondenz Damisch–Gehmacher hervorbringen wird. Mit solchen Narreteien muß man Zeit und Nerven verschwenden. Mit Handkuß ganz ergebenster /R. von Lewicki/

45. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, 12. September 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Gestern früh bekam ich ein Schreiben von L. L.,122 in dem sie mich von dem Besuche Damisch’ unterrichtet. Sie ist darüber sehr aufgebracht. Das war wieder nicht sehr geschickt ausgedacht, L. L. hat doch so einen decidirten Willen, daß es doch ganz ausgeschlossen war, daß der ihr fast gar nicht bekannte Damisch sie davon abbringen werde. Wenn man von ihr etwas wollte, so hätte doch unbedingt ein Mitglied des Kuratoriums zu ihr fahren müssen und nicht ein außerhalb des Mozarteums stehender, der mit L. L. über Mozarteums-Angelegenheiten verhandeln sollte, denn bei der jetzigen Aufmachung ist ja die Festspiel-Idee leider eine Mozarteumssache geworden. L. L. schrieb mir, sie wolle unbedingt eine Sitzung in Salzburg haben, in der diese Angelegenheit und die Art und Weise, wie sie aufgezäumt wurde, besprochen werden solle. Ich antworte L. L., daß ich Sie bitte, diese Sitzung, zu welcher sie auch mein Erscheinen wünscht, vorläufig noch nicht zu verlangen, da ich mit Damisch, der aus Salzburg zurückkomme, zuerst reden möchte. Ich halte nämlich diese Sitzung für gefährlich. L. L. ist mit Recht über die Vorgänge bei der Lancierung der FestspielhausIdee aufs tiefste erbittert und es unterliegt keinem Zweifel, daß es bei einer solchen Sitzung zu den heftigsten Zusammenstößen kommen wird, daß sich die Sache auch auf das persönliche Gebiet überpflanzen wird und daß das Resultat das sein wird, daß entweder L. L. dem Mozarteum den Rücken kehrt oder Gehmacher geht. Der Abgang L. L. wegen einer so bei den Haaren herbeigeschleppten Sache wäre einfach ein Unglück für das Mozarteum, jedermann würde die Urheber verdammen und der 121 Französ.: Misserfolg. 122 Lilli Lehmann.

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Undank gegen diese Frau wäre einfach himmelschreiend. Bedenken wir, was sie alles in selbstlosester Weise für das Mozarteum gethan hat, und das sollte jetzt Alles vergessen sein  ? Ich kann es nicht glauben, daß sich im Mozarteum eine Majorität finden wird, welche das Mozarteum mit diesem Odium beladen wird. Auch H. Gehmacher müßte eben seiner Animosität gegen L. L. etwas Zügel anlegen und im Interesse des Mozarteums Fr. L. L. nicht aufs Äußerste verletzen und reizen – der Mittelpunkt, der L. L. für das Mozarteum ist, kann Gehmacher nie werden, auch wenn er L. L. aus dem Hause verdrängt haben wird. – Andererseits müßte man es aber sehr bedauern, wenn Gehmacher ginge, denn auch er hat große Verdienste, besonders um das Zustandekommen des neuen Hauses, er kümmert sich aufs opfervollste um die klaglose Erhaltung desselben etc. Mit einem Worte hoch verdienstvoll. – Ich hoffe also, daß L. L., die sich übrigens heute Dienstag mit Exc. Stibral berathen wird, vorläufig von der Sitzung Abstand nehmen wird. Gestern hatte ich mit Damisch von ½7 – ½9 und von ½11 – ¼2 nachts Besprechungen. Damisch, der mir den Eindruck macht, daß er in dieser ganzen Sache gänzlich willenlos ist und ganz unter dem Diktate Gehmachers steht, ließ sich durch meine Argumente nicht überzeugen, sieht aber ein, daß das Projekt auf die |jetzt gewollte| Weise nicht durchzuführen ist ohne die schwersten Schädigungen des Mozarteums. L. L. verlangt nichts anderes als daß das Festspielhausprojekt mit dem Mozarteum in keiner wie immer gearteten Beziehung steht. Selbstredend steht es in Gehmacher–Damischs Belieben dieses Projekt auf jede andere ihnen gut scheinende Form durchzusetzen – das kann ihnen ja selbst redend niemand verwehren. Sie können ja eine eigene Gesellschaft, Verein oder G.m.b.H. bilden. Damisch sagte mir, daß er von Anfang an die Form ohne Mozarteum wollte, daß aber G. darauf drang, daß das Mozarteum betheiligt sei. Er sei gerne bereit auch heute noch diese Form zu wählen. Wir kamen überein  : Er wird, wenn es ihm Gemacher gestattet, einen Brief an das Kuratorium richten, in dem er ausführt, daß er zur Einsicht gekommen sei, daß sich das Projekt besser ohne Mozarteum durchführen lasse, er ziehe daher das in seinem ersten Briefe gestellte Verlangen (Anerkennen der neuen Mozartgemeinde mit dem Specialzwecke  : Festspielhaus) zurück. Damit wäre die ganze Sache für das Mozarteum aus der Welt geschafft und eine Sitzung daher nicht notwendig. Ich habe dieses Abkommen mit D. in einem langen Schreiben L. L. mitgetheilt und hoffe auf ihre Zustimmung. Es hängt also jetzt von G. ab, ob er dem Damisch diesen Brief gestatten will, der diese unliebsame und für das Mozarteum höchst gefährliche Affaire aus der Welt schafft. – Ich habe ohne Rücksicht auf Zeit und Mühe versucht in dieser Sache den Frieden herzustellen – und damit das Meinige geleistet. Das weitere wird also von G. abhängen – ist er wirklich ein so warmer Freund des Mozarteums so wird er durch Damisch die Sache in der angedeuteten Art applanieren lassen.

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Selbstredend bin ich mir ganz klar, daß L. L.s Geburtshausidee jetzt von G. zum mindesten keine Förderung erfahren wird, aber da läßt sich eben nichts machen. Wir werden die Idee nach besten Kräften weiterverfolgen, sollten wir von Salzburg aus keine Förderung erfahren, so wird eben der Ankauf nicht zu stande kommen. […] Gerade fällt mir ein, daß L. L. besonders darüber erbittert ist, daß in der Damisch’schen Eingabe sie als künftige Leiterin des Festspielhauses genannt wird, sogar erblich  ! Sie schreibt mir, dies sei direkt ein Mißbrauch ihres Namens. Ich kann nicht begreifen, daß G. Herrn D., der in dieser Sache doch sein Vertrauensmann ist, nicht über die Unterredung mit L. L. informierte, wo sie doch über ihre Gegnerschaft nicht den geringsten Zweifel ließ. Auch diese Entgleisung wäre wohl zu vermeiden gewesen. Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Doktor, mich rechtzeitig zu informieren ob mein Vermittlungsantrag an G. acceptiert wurde oder nicht. – Sollte es nicht der Fall sein und daher die von Frau L. L. gewünschte Sitzung stattfinden müssen, so bitte ich mich |womöglich| eine Woche früher zu informieren, da ich jetzt nur sehr schwer abkommen kann. Die Fahrt nach Salzburg wäre für mich jetzt ein großes Opfer – da Frau L. L. aber mein Hinkommen wünscht, so werde ich selbstredend kommen. Mit besten Grüßen ganz ergebenster Lewicki

46. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 13. Septemb. 1916. Lieber Freund  ! Die fortgesetzte Erwägung aller Umstände in der Angelegenheit L.123 bringt mich zur Überzeugung, daß diese Affäre unbedingt aus der Welt geschafft werden muß, wenn anders auf meine weitere Mitwirkung in der Festspielhausfrage und beim Mozarteum überhaupt reflektiert wird. Denn jedermann, ob Freund oder Feind, sagt mir, daß er sich nicht für das unsichere Projekt des Festspielhauses entscheiden kann, wenn hiedurch der Wegfall des bewährten Mitarbeiters, eventuell auch der ganzen Wiener-Gemeinde, bewirkt wird. Ich muß Dich daher doch bitten, etwas zu unternehmen, um diese bedauerliche Differenz zu beseitigen. Du kannst Dich dazu umso leichter verstehen, als Du ja zugeben mußt, daß L. insoferne nicht im Unrecht ist, als es ihn kränken mußte, daß er als langjähriger eifriger Mitarbeiter beim Mozarteum von einer so wichtigen Versammlung, wie sie am Mittwoch124 stattfand, einfach gar nichts erfährt. 123 Rudolf von Lewicki. 124 Am 6. September 1916.

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Daß Du ihn hiezu nicht einludst, war Deine Sache. Daß er aber von der Versammlung nichts erfahren hat und als Kuratoriumsmitglied von 3. Seite erst hievon Kenntnis erlangte, das mußte ihn verletzen und hätte jeden anderen Menschen – Dich wie mich – auch sehr verletzt. Wenn ich gewußt hätte, daß Du ihm nichts sagst, hätte ich ihm von hier aus eine Mitteilung machen müssen, damit er nicht von anderer Seite hievon erfährt. Daß er in seinem Ärger die Angelegenheit aufbauscht und insbesondere mir Vorwürfe macht, die ja allerdings zum größten Teile aus der Luft gegriffen sind, muß ich angesichts der Sachlage verzeihlich finden, der Schein spricht ja auch sehr gegen mich. Dr. Sedlitzky sagte mir, Du hättest ihm den Brief125 gezeigt, in welchem ich Dir die Richtlinien für Deine Eingabe an die Mozartgemeinde darlegte. Ja das war entschieden nicht der richtige Brief zum Herzeigen, da ist es ja begreiflich, wenn L. zu der Meinung kommt, ich hätte auch alles andere, insbesondere Deine Haltung in der Versammlungsangelegenheit bis ins kleinste beeinflußt. Also bitte überlege Dir die Sache, Du wirst ebenso wie ich zur Überzeugung kommen, daß L. zur Verstimmung Anlaß hatte, und wirst ein richtiges Wort finden, um ihn den Weg aus der von ihm nunmehr geschaffenen Situation zurückfinden zu lassen. Wenn notwendig, kann Dr. Sedlitzky jeden Tag nach Wien kommen, um an dem Pazifizierungswerke mitzuhelfen. Wenn diese Angelegenheit geregelt ist, dann kann der Wind wieder rasch in die Segel blasen  ; die gegenwärtige Situation bedeutet aber einen todten Punkt, über den hinauszukommen für mich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]

47. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 13. Septemb. 1916. Lieber Freund  ! Eben erhalte ich Deinen Kartenbrief,126 in dem Du mir über die neueste Phase Mitteilung machst. Das wird ja immer verworrener. Der Wunsch, mich im Curatorium zu erhalten, kann natürlich nicht erfüllt werden, wenn 2 Persönlichkeiten wie Lehmann und Lewicki, die eine so hervorragende

125 Vgl. Dok. 27 (F. Gehmacher an H. Damisch, 28.8.1916). 126 Vgl. Dok. 43 (H. Damisch an F. Gehmacher, 10.[= 12.]9.1916).

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Rolle spielen, so ausgesprochen gegen mich und gegen das Projekt des Festspielhauses sind  ; das ist unvereinbar. Entweder sieht Herr von Lewicki ein, daß er mich als Mensch ganz unrichtig einschätzt und daß er mir weiters die Aufrechterhaltung des Festspielhausprojektes nicht verübeln kann, weil ich von dessen Fruchtbarkeit, Durchführbarkeit etc. etc. überzeugt bin, oder aber ich muß mich zurückziehen. Die Lehmann kommt in zweiter Linie  ; übrigens sagt sie ja bekanntlich das, was Lewicki sagt, und würde Herr von Lewicki nicht ein so wütender Gegner des Festspielhausprojektes sein, so wäre sie es auch nicht und alles wäre überhaupt anders gekommen. Die Sache mit der Kuratoriums-Sitzung ist ein Unsinn, weil das Kuratorium heute noch ganz ruhig ist und durch so eine Sache in eine ganz unnütze Aufregung käme, wodurch nur Schaden gestiftet würde. Entweder es gelingt uns, vor der Hieherkunft der Lehmann unter uns reinen Tisch zu machen, oder es wird eine Affäre daraus, die unbedingt meinen Rücktritt zur Folge hat. Ich bitte Dich sehr, mit Herrn von Lewicki in diesem Sinne das Einvernehmen zu pflegen, vielleicht läßt sich doch ein Bruch vermeiden. Dein [Friedrich Gehmacher] [Nachtrag  :] Die Entscheidung drängt natürlich, da zu Beginn der kommenden Woche die Verhandlungen hier (Moz. Gemeinde, Arbeitsausschuß) beginnen und H. v. Lewicki somöglich auch an Frau Lehmann schreiben müßte, daß sie von jeglicher unsinniger Demonstration absieht.

48. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg d. 13. IX. 1916 Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! […] Nun gestatten Sie mir einige Worte zu Ihren Briefen über die Festspielhaus-Affaire. Ihre Entrüstung konnte ich verstehen mit Rücksicht auf die Form, mit welcher sie eingeleitet wurde, und das Vorgehen des H. Damisch. Gegenseitige Frozzeleien sind in solchen Dingen immer verderblich und führen zu Verstimmungen. Daß Sie aber gegen die Idee selbst so scharf Stellung nehmen, wundert mich.− Mit den Anwürfen gegen Gehmacher tun Sie letzterem entschieden unrecht. – Daß Ihnen die Abhaltung der Versammlung auf Wunsch Gehmachers verheimlicht wurde, ist unrichtig, da letzterer selbst nichts davon wußte und keine Ahnung hatte, daß H. Damisch so rasch und energisch die Sache anpackt. –

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Sie wissen ja doch selbst, wie ich oft über das Benehmen G. verzweifelt bin, aber es würde mir Leid tun, wenn Sie in Ihrer üblen Meinung über G. zu weit gingen. – Daß Gehmacher Sie aus dem Kuratorium hinausekeln will oder sonst irgendetwas zu unternehmen sucht, was Ihre Person betrifft, ist direkt Wahnsinn. Jahre hindurch haben Gehmacher und ich Ihre Verdienste um das Mozarteum gegenüber H. Kerber, der allen Ihren Anregungen skeptisch und geradezu ablehnend gegenüberstand, betont und war es der Vorschlag Gehm., Sie ins Kuratorium zu wählen. – Gehm. steht auch heute noch auf demselben Standpunkte und vertritt die Ansicht, daß Sie eine unersetzliche Kraft für das Mozarteum sind, aber deswegen kann er ja doch in der Festspielhaus-Frage einer anderen Meinung sein. – Eine daraus entstehende Differenz kann doch für Sie nicht die Veranlassung sein, direkt Feindseligkeiten gegen Ihre Person zu construieren noch solche heraufzubeschwören. – Bisher war Ihr Verhalten bei allen strittigen Fragen von einer solchen vornehmen Denkungsart geleitet, daß wir wohl annehmen dürfen, daß Sie wegen des nicht korrekten Vorgehens des H. Damisch keine unabsehbare Revolution im Mozarteum hervorrufen werden. Ich bitte Sie dringendst, einstweilen Frau Lehmann über die ganze Affaire nichts zu schreiben, und erst einmal eine Klärung in unserem engeren Kreise herbeiführen zu lassen. – Ich bitte, handeln Sie so, der guten großen Sache wegen, und lassen Sie die leidenschaftliche Erregung einer ruhigen Überlegung und Aussprache Raum geben. Die Frage des Festspielhauses ist ja keineswegs so aktuell, als daß man jetzt schon zu ihr eine so scharfe Stellung nehmen müßte. – Es ist sehr leicht möglich, daß ich nächste Woche nach Wien fahren muß und da können wir auch diese Frage einer Klärung zuführen. – Ich hoffe, daß Ihr für das Mozarteum warmfühlendes Herz Ihnen den rechten Weg weisen wird und begrüße Sie in unwandelbarer Verehrung als Ihr ergebener Dr. L. Sedlitzky

49. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Café Kremser 13./9. 1916 10 h abds. Lieber Freund, ich habe heute von unserem Plan mit Architekt Otto Prutscher, k.k. Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule, gesprochen. Er ist dem Comité (»Mozart-Gemeinde« oder freie Vereinigung  : »Salzburger Festspielhausgemeinde«) samt seiner Frau beigetreten, ebenso Maler Remigius Geyling, ehemaliger Ausstattungschef des k.k. Hofburgtheaters. Professor Prutscher erklärte sich spontan bereit, unser Plainer Projekt bis ins

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Detail auszuarbeiten. Wenn die Sache in Salzburg entschieden ist solltest Du nach Wien kommen, (event. mit Dr. Peyrer und Jung127), um mit Prutscher zu beraten. Sende mir, wenn es geht, 2 von den Mozarthausbroschüren und möglichst viel Bilder (Ansichtskarten) von Mozarthaus, Plainer Berg und Rundblick, aber so bald als möglich. – Lewicki ist täglich bei mir und brütet  ! Ich hätte viel Stoff, mit Dir zu sprechen. Ich sehe nach und nach sehr klar  ! Kenne bald alle Deine Feinde und ihre lächerlichen Intrigen. Herzlichsten Gruß Dein Damisch

50. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 14. September 1916. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 13. d. M. […] Was Sie mir über die Festspielhaus-Affäre schreiben, setzt mich einigermaßen in Erstaunen, da ich doch in meinen Briefen vom 7., 9. und ich glaube 12. September128 (den vom 13. haben Sie bei dem Schreiben Ihres letzten Briefes noch nicht in der Hand gehabt) die ganze Angelegenheit erschöpfend besprochen habe. Ob persönlich gegen mich richtig vorgegangen wurde oder nicht, ist ganz irrelevant. Meine Person spielt da gar keine Rolle. Ich stehe aber auf dem Standpunkte, den ich ja ausführlichst mündlich und schriftlich dargelegt habe, daß ich jede Verbindung des Mozarteums mit der Festspielhaus-Idee für das Mozarteum verderblich halte. Da dies meine feste und unumstößliche Meinung ist, so bin ich nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, meine Bedenken zu äußern und gegen dieses Projekt Stellung zu nehmen. Ihr Anwurf, daß ich eine Revolution im Mozarteum hervorrufen wolle, ist wohl höchst ungerecht. Diesen Vorwurf müssen Sie wohl an die Adresse des Herrn Gehmacher richten, der diese Idee ohne Rücksichtnahme auf die Zukunft des Mozarteums und auf die Ansicht anderer Leute mit allen Mitteln durchsetzen will. Ihrem Wunsche, mit Frau Lehmann über diese Sache nicht zu korrespondieren, kann ich selbstverständlich unmöglich nachkommen, da Frau Lehmann mir in dieser

127 Georg Jung (1866–1934), Besitzer des Grand Hôtel de l’Europe. Dieses befand sich gegenüber dem Bahnhof. Nach der Zerstörung durch die alliierten Luftangriffe errichtete man an seiner Stelle 1956/57 das Hotel Europa als erstes Salzburger Hochhaus. Frühzeitiger Förderer der Festspielidee  ; im Dezember 1917 in die Leitung des Zweigvereins Salzburg sowie in die Direktion der SFG gewählt. 128 Vgl. die Schreiben R. v. Lewickis an L. Sedlitzky vom 7. September (Dok. 38), vom 8. September (Dok. 40) und vom 12. September 1916 (Dok. 45).

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Angelegenheit fortlaufend äußerst aufgeregte Briefe schreibt und ich selbstverständlich antworten muß. Übrigens können Sie überzeugt sein und ich kann es Ihnen auch durch die Briefkopien beweisen, daß ich auf Frau Lehmann nur beruhigend wirke und daß ich alles getan habe, um die von Frau Lehmann gewünschte Sitzung überflüssig zu machen. In meinen letzten Briefen habe ich /den Weg hiezu/ ja angedeutet und es hängt jetzt nur von Herrn Gehmacher ab, daß er das Mozarteum aus dieser Situation, in welcher er es durch seine Hartnäckigkeit gebracht hat, wieder herausführt. Ich glaube, daß das Interesse, welches Frau Lehmann und ich dem Mozarteum entgegenbringen, ein so reges ist und sich bei so vielen Gelegenheiten in Taten umgesetzt hat, daß ein Appell in dieser Richtung gar nicht notwendig ist. Von einer leidenschaftlichen Erregung, die bei mir Platz gegriffen haben soll, ist selbstverständlich gar keine Rede. Ich habe diese Sache sehr ruhig überlegt und auch mit sehr ruhigen Leuten ruhig besprochen. Erregt war ich nur einen Moment über die eigentümliche Aufzäumung der Sache, die Herr Damisch auf Wunsch des Herrn Gehmacher eingeleitet hat. Im übrigen bin ich auch gegen Herrn Gehmacher gar nicht aufgebracht und habe Ihnen ja in meinem letzten Briefe geschrieben, wie sehr ich eine Demission Gehmachers, von welcher mir Damisch erzählt hat, bedauern würde. Im übrigen kann ich aber von meiner Meinung über die Verderblichkeit des Projektes absolut nicht abgehen und bin auch der Ansicht, daß, nachdem die Sache so weit gediehen ist, eine Verschleppung für das Mozarteum von großem Schaden wäre. Das hieße nur, daß bei der nächstbesten Gelegenheit die Sache wieder auftaucht und wieder solche Verwirrungen hervorruft. Also wie gesagt, von einer auch noch so geringen Aufregung oder Animosität gegen Personen ist bei mir auch nicht die leiseste Spur zu finden. Ich denke und handle in dieser Angelegenheit ganz sine studio et ira und habe nur und ausschließlich das Interesse des Mozarteums im Auge. Mit besten Grüßen Ihr ergebenster /Lewicki/

51. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, 14. September 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Ihr gestriges Schreiben bekam ich heute vormittags sehr spät, so daß ich meinen Antwortbrief an Sie in Eile diktieren mußte. Bei nochmaligem Durchsehen finde ich,

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daß ich vielleicht nicht ausführlich genug geantwortet habe und benütze eine freie Abendstunde zu einem zweiten Briefe. Aus Ihrem Briefe habe ich zu meinem größten Bedauern ersehen, daß Sie meine Opposition gegen das Festspielhausprojekt von einem ganz falschen Gesichtspunkte auffassen. Ich habe Ihnen doch in Salzburg stundenlang die Gründe erklärt, warum ich dagegen bin, warum ich es ganz überflüssig halte, warum ich es für das Mozarteum für finanziell und künstlerisch äußerst gefahrbringend halte. Und jetzt, geehrter Herr Doktor, lese ich in Ihrem Briefe den Passus  : Daß Sie aber gegen die Idee selbst so scharf Stellung nehmen wundert mich. Ja, um Gottes Willen, nach allen meinen mündlichen und auch schriftlichen Ausführungen, die Sie mir selbst als richtig zugegeben haben, drücken Sie mir jetzt Ihre Verwunderung aus  ? Das ist mir ganz unverständlich. Ich machte doch auch Gehmacher gegenüber aus meiner ablehnenden Haltung nie ein Hehl – noch am Tage vor meiner Abreise hatte ich mit ihm eine lange Unterredung und gewann daraus den Eindruck, daß die Idee entweder gar nicht oder doch nicht in dieser Form in die Welt gesetzt werden würde. Ohne daß ich Frau L. L.129 geschrieben hatte, bekam ich am Tage nach Damischs Abreise nach Salzburg von ihr ein Schreiben, in dem sie mir ausführlich ihre Unterredung mit G.130 mittheilt, die in Gegenwart Stibrals stattfand. L. L. sagte in der denkbar klarsten Form, daß sie eine absolute Gegnerin dieser Idee sei – wenn dieselbe aber realisiert würde, so dürfe sie mit den Festspielen und dem Mozarteum in keinem wie immer gearteten Zusammenhang gebracht werden. G. hat L. L. beruhigt und sie versichert, daß ihrem Wunsche Rechnung getragen werde. Darauf folgte im Widerspruche zu dieser Versicherung G.s, die Versammlung Damisch. Ob G. dem Damisch den Auftrag gab, mir die Versammlung zu verheimlichen, weiß ich nicht, jedenfalls las ich aber mit meinen eigenen Augen einen Brief G.s an Damisch, in dem der Plan Damischs gebilligt wird. – Also nachdem G. der L. L. die Versicherung gab, daß die Idee mit dem Mozarteum nicht in Verbindung gebracht werde, ist D.s131 Brief an das Kuratorium abgegangen. Er sollte beim Kuratorium wahrscheinlich den Glauben zeitigen, daß das ganze musikalische Wien hinter der Idee G. – D. stehe. Wie es in Wirklichkeit damit steht, werde ich ja, falls die von L. L. gewünschte Sitzung stattfindet, klar und deutlich zeigen können. – Hält Gehmacher seine Idee für gut, so braucht er doch nicht das Mozarteum als Vorspann. Warum ist die Idee nicht als seine Idee, wie es ja de facto der Fall ist, und als sein Antrag an das Kuratorium gekommen  ? Warum die Wiener Komödie  ? Die Motivierung des D., daß G. fürchtet, wenn er die Festspielhaus-Idee ohne Mozar129 Lilli Lehmann. 130 Friedrich Gehmacher. 131 Heinrich Damisch.

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teum macht, im Mozarteum an |Ansehen| zu verlieren, kann doch kein Grund dafür sein, daß sich das Mozarteum in ein solches Abenteuer einläßt  ! Sie schreiben mir, daß G. mich in das Kuratorium vorschlug. Ich weiß es. Doch weiß ich auch, daß ich nie als Kandidat dafür aufgetreten bin, sondern im Gegentheil, als H. Kaltenbrunner bei mir in Wien war, ausdrücklich gesagt habe, daß meine Wahl gar nicht notwendig sei – ich würde auch als Nichtmitglied des Kuratoriums für das Mozarteum nach meinen schwachen Kräften mich nützlich zu machen suchen. Wenn mich also auch Herr G. vorgeschlagen hat, so ist dies doch für mich kein Grund oder keine Verpflichtung mit ihm durch dick und dünn zu gehen und gegen Projekte, die [ich] für das Mozarteum als geradezu totbringend halte, deshalb nicht Stellung zu nehmen, weil sie von G. herrühren. So können Sie doch meine Verpflichtungen gegen G. unmöglich auffassen und glauben, daß G., den ich als sehr klugen Mann kenne, dies doch von mir auch gar nicht erwartet und erwarten kann. – Daß Kerber gegen meine Wahl war, ist mir allerdings neu – dies Verhalten Kerbers steht mit seinen mündlichen und schriftlichen Äußerungen sehr stark im Widerspruche. – Wenn Herr G. der Ansicht ist, daß meine bescheidene Person für das Mozarteum unersetzlich ist, so ist das von ihm sehr freundlich und für mich sehr schmeichelhaft – doch ist diese Meinung eine irrige – niemand ist unersetzlich, also auch ich nicht. Ihre Bemerkung, geehrter Herr Doktor, daß G. in der Festspielhausfrage doch eine andere Meinung haben könne wie ich, ist selbstredend sehr richtig – doch ist es auch umgekehrt richtig, daß ich wieder eine andere Meinung haben kann wie G. und infolgedessen auch das Recht zugebilligt erhalten muß, in legaler Form dagegen Stellung zu nehmen. Daß ich meine Opposition in legale Formen kleide, können Sie mir doch nicht bestreiten, da ich doch bis jetzt in dieser Angelegenheit nur mit Ihnen und L. L. verkehrt habe – also mit zwei loyalen Faktoren des Mozarteums. Entschieden muß ich gegen den Satz protestieren, daß ich Feindseligkeiten gegen meine Person »construiere«. Ich wüßte nicht was das für einen Zweck haben sollte – ich habe lediglich Tatsachen constatirt, die aus der Aktion Damisch hervorgingen. Daß ich im Mozarteum eine Revolution hervorrufen wolle, dies ist eine Behauptung, die mir wirklich wenig überlegt zu sein scheint. Herr G. legt dem Kuratorium ein Projekt vor oder läßt durch D. ein Projekt vorlegen, das ich für schädlich finde, ich suche meine Gründe darzulegen, dieselben selbstredend durchzusehen, und das nennen Sie eine »Revolution«. – Also wenn jemand gegen einen Antrag G.s ist, ist das Revolution  ? Pardon – das war mir bis jetzt unbekannt, daß eine Opposition gegen einen G.’schen Antrag Revolution ist. Wenn dies die Ansicht der Majorität des Kuratoriums ist, dann bin ich allerdings im Unrecht und zwar schwer im Unrecht. Der Frau L. L. nichts über die Sache zu schreiben, ist ein Verlangen, dem ich nicht nachkommen kann, da ich doch Briefe der Frau L. L. beantworten muß. Ich stehe doch mit Frau L. L. das ganze Jahr hindurch in Correspondenz und Fr. L. L. war es,

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die ganz spontan mir von ihrer Unterredung mit G. berichtete. Selbstredend antwortete ich ihr, daß ihre Nachrichten über G.s Modification seines Planes mit dem Vorgehen D.s im Widerspruche stehen. Darauf kam, bevor sie diesen meinen Brief erhielt, ein sehr empörter Brief über den Besuch des D., der in einer Karte mit gleichem Inhalte am gestrigen Tage seinen Nachhall fand. In diesem Briefe verlangte sie auch die Sitzung und mein Kommen nach Salzburg. Mittlerweile kam Damisch aus Salzburg, wir fanden den Vermittlungsvorschlag und ich schrieb am anderen Tage sofort an L. L. um sie zu beruhigen und vorläufig von der Sitzung abzubringen. Auf diesen Brief habe ich noch keine Antwort. Sie sehen also, ich bin nicht der Friedensstörer – im Gegenteil, ich suche ihn zu bringen. An G. liegt es jetzt, zu zeigen, daß ihm am Mozarteum etwas liegt  ; wenn er [auf] diese ihm von seinem Vertrauensmann D. mitgetheilte Vermittlung eingeht, ist die ganze Sache erledigt und die von mir angeblich hervorgerufene unabsehbare Revolution gedämpft. Im Uebrigen täuschen Sie sich, wenn Sie glauben, daß mich die Sache noch aufregt, aufgeregt ist L. L., die ihr Lebenswerk immer von neuem bedroht sieht, und diese berechtigte Aufregung L. L.s ist es, die ich zu beschwichtigen trachte, wie ich nur kann. Also, geehrter Herr Doktor, von einer leidenschaftlichen Erregung, ja auch nur von einer kleinen Erregung ist bei mir auch nicht die leiseste Spur zu entdecken. Ich bitte Sie diesbezüglich, bei Herrn D. anzufragen, mit dem ich genau so verkehre wie früher, ob ich irgend welche Spuren der mir importierten Erregungszustände trage. Gott behüte, ich bin ein kühl denkender Mensch, der momentan vielleicht in die Höhe geht – aber dann desto ruhiger denkt. Ich möge für ruhige Ueberlegung und Aussprache Raum geben – aber Herr Doktor  ! Dränge ich denn  ? Nein  ! Herr D. hat schleunigst den Brief an das Kuratorium geschrieben – der liegt einmal bei Ihnen. Bei geordneter Geschäftsführung muß der Einlauf dem Kuratorium zur Kenntnis gebracht werden. Das Kuratorium acceptirt also das Anbot D. oder nicht. Dann wird L. L. – gänzlich unbeeinflußt von mir – dazu Stellung nehmen, die mir allerdings nicht zweifelhaft erscheint. – Wie ich schon eingangs erwähnte, hat D. an G. mit meiner Zustimmung einen Vermittlungsantrag gestellt, der so gangbar ist, daß jeder der guten Willens ist, denselben acceptiren kann. So hängt es jetzt nur von G. ab, ja oder nein zu sagen. Dazu braucht man nicht viel Zeit, welche auch nicht vorhanden wäre, da Fr. L. L. bald mit dem Studiren für Wien, Graz und Pest beginnen muß und dieses Studium nicht unterbrechen kann, um nach Salzburg zu kommen. Wenn also G. seine Entscheidung auf D.s Vorschlag hinausschieben würde, könnte und müßte dies so ausgelegt werden, daß es L. L. unmöglich gemacht werden soll, zu dieser von ihr verlangten Sitzung zu kommen. Frau L. L. würde dann die Sitzung wohl ohne die Antwort G.s abzuwarten verlangen und damit wäre die Krise in voller Schärfe ausgetragen.

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Ich habe das denkbar Möglichste gethan, um dies zu verhindern und wieder Frieden zu stiften – vielleicht probiren Sie auch das Ihrige. Ich glaube, daß Herr D. dies einfache »Ja« oder »Nein« wohl schon diese Woche aussprechen könnte – jeder Tag der Verzögerung vergiftet die Situation nur immer mehr. Kestranek bekam von Spängler einen Brief, in welchem Sp. verspricht, bei seinem Schwiegersohne in unserem Sinne zu wirken, obwohl er mit manchen Schritten der hiesigen (d.h. Salzburger) Kreise nicht einverstanden sei (offenbar dem Festspielhausplan). – Scio132 ist für einige Tage verreist. – Mit besten Grüßen Ihr ergebenster Lewicki

52. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Wien, den 15. September 1916. Sehr geehrter Herr  ! […] Seit ich in Wien bin, macht mir Gehmachers Festspielhaus-Idee viele Unannehmlichkeiten. Selbstverständlich bin ich ebenso wie Frau Lehmann der Ansicht, daß dieser Plan mit dem Mozarteum in keine wie immer geartete Beziehung gebracht werden kann, und überhaupt ein entschiedener Gegner des ganzen Projektes. Die Aufzäumung durch Herrn Gehmacher und Damisch ist in einer Weise gemacht oder wenigstens versucht worden, daß ich lieber gar nicht darüber schreibe. Ich hatte in den letzten Wochen diesbezüglich mit Frau Lehmann und Dr. Sedlitzky endlose Korrespondenzen. Mit besten Grüßen und Empfehlungen ganz ergebenster /Lewicki/

132 Gustav Scio jun. (1891–1922), Kaufmann und Besitzer von Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse, welches er 1917 an die ISM verkaufte. Schwiegersohn des Salzburger Bankiers Carl Spängler.

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53. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 16. September 1916. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Gestern zeigte mir Herr Damisch einen Brief des Herrn Gehmacher vom 13. d. M.,133 in welchem ihm Gehmacher seinen Kartenbrief134 beantwortet. Zu Damisch’ und meinem größten Erstaunen reagiert Herr Gehmacher auf den Entwirrungsvorschlag des Herrn Damisch, den derselbe im Einverständnisse mit mir Herrn Gehmacher vorlegte, gar nicht. Er leitet seinen Brief einfach mit der Bemerkung ein, daß die Situation immer verworrener wird. Verwirrung nennt Herr Gehmacher das, wenn man seinem Diktate nicht absolut und willenlos folgt. Ich glaube, unser Entwirrungsvorschlag war klar und einfach zu verstehen, und wenn Herr Gehmacher den Willen hat, das Mozarteum aus der Situation, in welche er es ganz allein durch seine Hartnäckigkeit gebracht hat, wieder herauszuführen, so hätte er eben auf den Vorschlag des Herrn Damisch eingehen müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Herr Gehmacher steht auf dem Standpunkte, daß alles sich seinem Willen fügen müsse, daß man nicht das Recht habe, seine Pläne auf ihre Schädlichkeit und Nützlichkeit zu prüfen, sondern ganz einfach ja und Amen sagen muß. Geschieht dies nicht, so droht er mit seiner Demission. Sowohl aus Ihrem letzten Briefe, wie aus dem Briefe des Herrn Gehmacher ersehe ich übrigens, daß meine ganzen mündlichen Darlegungen in Salzburg und die ungezählten Briefseiten, die ich Ihnen in dieser Angelegenheit schrieb, gänzlich ohne Wirkung waren, denn ich bekomme eigentlich darauf nie eine direkte Antwort. Es wird immer »vorbei gesprochen und vorbei geschrieben«. Ich werde also nochmals versuchen, meinen Standpunkt darzulegen. Bevor ich dies aber thue, muß ich Ihnen einen Irrtum des Herrn Gehmacher klar stellen  : Herr Gehmacher schreibt, daß ich in dieser Sache der Hauptopponent sei und daß Frau Lehmann erst in zweiter Linie komme. Übrigens sage Frau Lehmann das, was Lewicki sage, und wenn Lewicki nicht ein so wütender Gegner des Festspielhaus-Projektes wäre, so wäre sie es auch nicht. Ich bedauere sehr, daß Herr Gehmacher ein so schlechter Menschenkenner ist, daß er nach einem vieljährigen Verkehr mit Frau Lehmann dieselbe so wenig kennt und glaubt, daß diese Frau von irgend Jemandem zu beeinflussen wäre. Dies ist absolut nicht der Fall. Frau Lehmann hat sich ihre Meinung über das Festspielhaus-Projekt gänzlich unabhängig von mir gebildet und ich beeinflusse sie in dieser Sache nicht im geringsten. Ich kann dies durch meine Korrespondenz mit Frau Lehman beweisen. Herr Gehmacher braucht sich 133 Vgl. Dok. 47 (F. Gehmacher an H. Damisch, 13.9.1916). 134 Vgl. Dok. 43 (H. Damisch an F. Gehmacher, 10.[= 12.]9.1916).

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nur die Mühe zu nehmen und seinen Vertrauensmann Herrn Damisch diesbezüglich zu fragen, derselbe kennt meine Korrespondenz mit Frau Lehmann und wird es Herrn Gehmacher sagen können, daß Frau Lehmann in dieser Angelegenheit mir vor dem Zeitpunkte, wo mir die Aktion Damisch bekannt wurde, bereits einen Brief geschrieben hat, der ihren absolut ablehnenden Standpunkt in dieser Angelegenheit dokumentiert und mir einen genauen Bericht gibt über ihre Unterredung mit Herrn Gehmacher. Ich will also jetzt noch einmal die ganze Angelegenheit kurz resümieren  : 1.) Herr Gehmacher hat mir in Salzburg von dem Festspielhaus-Projekte Mitteilung gemacht. Ich habe ihm ganz offen erklärt, daß ich das Projekt für nicht gut halte und daß ich ein Gegner desselben sei. In einer Unterredung, die 2 Tage vor meiner Abreise aus Salzburg stattfand, sprachen wir das Projekt noch einmal durch und ich erklärte Herrn Gehmacher in der bestimmtesten Weise, daß ich es für höchst gefährlich halte, daß das Mozarteum mit diesem Projekte in irgend eine Verbindung gebracht würde, daß auch Frau Lehmann eine absolute Gegnerin sei und daß ich ihn dringend bitte, von diesem Projekte Abstand zu nehmen. 2.) Nach meiner Rückkehr aus Salzburg sprach Herr Damisch des öfteren mit mir über dieses Projekt, ohne daß ich aber aus diesen Unterredungen den Eindruck gewinnen konnte, daß die Inangriffnahme desselben unmittelbar bevorstehe. Ich blieb auch Herrn Damisch gegenüber unverrückbar auf meinem Standpunkte, daß ich es für das Mozarteum für äußerst gefährlich halte, wenn dasselbe mit diesem Projekte in irgend eine Verbindung gebracht würde. Sei das Projekt wirklich so gut, wie es Herr Gehmacher schildere, so möge sich ein eigener Verein oder eine eigene Gesellschaft bilden, welche dieses Projekt ohne Verbindung mit dem Mozarteum durchführe. 3.) Am Vortage der Abreise des Herrn Damisch nach Salzburg bekam ich von Frau Lehmann einen Brief,135 in welchem sie mir über ihre Unterredung mit Herrn Gehmacher ausführlich berichtete und mir mitteilte, daß sie Herrn Gehmacher gegenüber den Standpunkt aufrecht erhalten habe, das Mozarteum dürfe mit der Festspielhaus-Idee nicht in Verbindung gebracht werden. Herr Gehmacher sei auf ihre Bedenken eingegangen. Frau Lehmann mußte also glauben, daß Herr Gehmacher sein Projekt fallen lasse oder aber in einer Form realisieren werde, daß dasselbe mit dem Mozarteum in keiner Verbindung stehe, 4.) Am Nachmittage desselben Tages wurde ich von anderer Seite über die verschiedenen Schritte des Herrn Damisch informiert, daß eine Mozartgemeinde in Bildung begriffen sei, welche die Festspielhaus-Idee propagieren und dafür Sammlungen einleiten werde.

135 Vgl. Dok. 37 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 6.9.1916).

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5.) Am Abende desselben Tages hatte ich eine Unterredung mit Herrn Damisch, welcher auf meine Vorwürfe, daß dies alles hinter meinem Rücken geschehe, sich mit einem Briefe des Herrn Gehmacher, den er mir vorlas, auswies, in welchem diese Aktion des Herrn Damisch von Herrn Gehmacher ausdrücklich gebilligt wurde. Herr Damisch sagte mir, daß auch er das Projekt ohne Verbindung mit dem Mozarteum durchführen wollte, daß aber Herr Gehmacher auf dem Standpunkte stehe, das Mozarteum müsse damit in Verbindung gebracht werden. Er sei von der Güte und Realisierbarkeit dieses Projektes überzeugt, wollte aber vom Anfange an dasselbe ohne Mozarteum durchführen. Er habe sich aber dem Willen Gehmachers gefügt. 6.) Über die Aktion Damisch berichtete ich pflichtgemäß an Frau Lehmann. Bevor sie dieses mein Schreiben erhielt,136 schrieb sie mir aber einen Brief, in welchem sie mir den Besuch des Herrn Damisch mitteilte, und ihrer Entrüstung über die ganze Sache lebhaftesten Ausdruck gab.137 Sie verlangte die sofortige Einberufung einer Sitzung, bei welcher sie anwesend sein wolle und auch wünsche, daß ich anwesend sei. 7.) Am Abend denselben Tages, wo ich diesen Brief der Frau Lehmann erhielt, kam Damisch aus Salzburg zurück und kam mit mir nach Einsichtnahme in die Lehmann’schen Briefe und nach genauer Prüfung der Situation zu derselben Meinung, daß sich die Situation sehr verschärft habe, daß infolgedessen eine Krise drohe und daß auf diese Weise auch das Festspielhaus-Projekt an und für sich nicht durchführbar sei. Er gab seiner Meinung Ausdruck, daß seine ursprüngliche Absicht, das Projekt ohne Mozarteum durchzuführen, doch die einzig richtige gewesen sei, und daß die Beschwörung einer Krise nur dann möglich wäre, wenn man das Mozarteum ausschalte. Ich hingegen erklärte ihm, daß meine Opposition sich absolut nicht gegen das Festspielhaus Projekt richte, sondern nur gegen die Verbindung desselben mit dem Mozarteum. Selbstverständlich ginge es mich gar nichts an, wenn er und Herr Gehmacher ihr Projekt auf andere Weise zur Verwirklichung bringen wollen. 8.) Infolgedessen kamen wir überein, daß Herr Damisch an das Mozarteum ein neuerliches Schreiben richte, in welchem er seine Eingabe vom 4./9.138 zurückziehe. Hiemit wäre die ganze Angelegenheit, soweit es das Mozarteum betrifft, komplett erledigt gewesen. Herr Damisch machte mich aber aufmerksam, daß er zu diesem Schreiben die Zustimmung des Herrn Gehmacher brauche, da ja Herr Gehmacher derjenige gewesen sei, welcher die Wiener Aktion inspiriert habe. Herr Damisch richtete infolgedessen an Herrn Gehmacher den bewußten Kartenbrief.

136 Vgl. Dok. 44 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 12.9.1916). 137 Vgl. Dok. 41 (L. Lehmann an R. v. Lewicki, 10.9.1916). 138 Vgl. Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916).

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9.) Ich schrieb an Frau Lehmann einen beruhigenden Brief,139 in welchem ich ihr meine Unterredungen mit Damisch mitteilte und sie bat, von dem Verlangen einer sofortigen Einberufung einer Sitzung insolange abzusehen, bis von Herrn Gehmacher die Antwort auf den Kartenbrief des Damisch eingelaufen sei. Seit dieser Zeit habe ich von Frau Lehmann keine Antwort. Ich vermute aber, daß sie eben jetzt auf eine Nachricht von mir wartet, wie sich Herr Gehmacher dem Vorschlage des Damisch gegenüber verhält. 10.) Inzwischen kam Ihr Brief vom 13. d. M. an mich und der Brief des Herrn Gehmacher an Damisch. Zu Damisch’ und meinem größten Erstaunen wird in beiden Briefen auf die ganz präcise Anfrage des Herrn Damisch mit keinem Worte erwidert und wir sind also noch immer im ungewissen, ob Herr Gehmacher ja oder nein sagt. Ich richte also nochmals an Sie, sehr geehrter Herr Doktor, die Frage, ob Herr Gehmacher einverstanden ist, daß Herr Damisch an das Kuratorium einen Brief richtet, daß er sein Schreiben vom 4./9., in welchem er die Bildung einer Mozartgemeinde in Wien mit dem Zwecke der Propagierung der Festspielhaus-Idee anzeigt, zurückzieht. Wenn Herr Gehmacher diese Bewilligung dem Herrn Damisch gibt, so werden Herr Damisch und ich zusammen den Text dieses Briefes konzipieren, dieser Brief wird an das Mozarteum abgehen und die ganze Angelegenheit ist damit aus der Welt geschafft. Es bleibt Herrn Gehmacher und Herrn Damisch unbenommen, dieses Festspielhaus-Projekt dann in einer solchen Weise zur Durchführung zu bringen, daß das Mozarteum damit in keiner wie immer gearteten Beziehung steht. Selbstverständlich würde ich sofort dann auch Frau Lehmann verständigen, daß eine Sitzung nicht mehr notwendig ist. Das ist die vernunftgemäße klare Lösung dieser Angelegenheit. 11.) Sollte Herr Gehmacher diese Bewilligung dem Herrn Damisch nicht geben, so ist auch in diesem Falle der einzuschlagende Weg ein ganz klarer. Es liegt eben dann der Brief des Herrn Damisch vom 4./9. vor, der dem Kuratorium vorgelegt werden muß und dasselbe muß eben diesem Briefe gegenüber Stellung nehmen. Bewilligt das Kuratorium die Bildung dieser Mozartgemeinde, so müssen eben dann Frau Lehmann und ich daraus die Konsequenzen ziehen und auch der Gräfin Hartenau wird natürlich auch die Frage vorgelegt werden müssen, ob sie unter diesen Umständen die Aufrechterhaltung ihrer Mozartgemeinde für opportun hält. Nimmt das Kuratorium die Bildung dieser neuen Mozartgemeinde nicht zur Kenntnis, so ist natürlich die Sache für uns auch erledigt. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Ich hoffe, daß dieser mein Brief so klar ist, daß er einen Zweifel oder ein Mißverständnis nicht aufkommen läßt. Ich würde Sie also nur bitten, von Herrn Gehmacher mit möglichster Beschleunigung die Antwort zu verlangen, ob er dem Damisch die Bewilligung gibt oder nicht und mich davon schnellstens zu verständigen. 139 Vgl. Dok. 44 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 12.9.1916).

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Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/

54. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 16. Sept. 1916 Lieber Freund  ! Zu meinem Schmerz hat mir auch die heutige Post noch nicht die erwünschte Nachricht gebracht, daß Du Dich mit Herrn von Lewicki auseinandergesetzt hast. Es läge mir sehr daran, noch vor den Sitzungen (Dienstag) eine diesbezügliche Nachricht (bestimmt nach der einen oder anderen Richtung) zu erhalten, da mein Verhalten und das der Ausschüsse wesentlich davon abhängen wird, ob und wie die leidige persönliche Geschichte, die sich an das Festspielhausprojekt angehängt hat, erledigt ist. Also sprich mit Lewicki, vielleicht nimmt er Vernunft an und sieht ein, daß doch das Festspielhausprojekt für das Mozarteum nur Nutzen und nach keiner Richtung hin Schaden bringen kann und daß er auch Frau Lehmann in diesem Sinne informiert. Mit gleicher Post folgen einige Karten.140 Herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]

55. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 16./9. 1916 nachts. Lieber Freund, es ist höchste Zeit, daß in unserer Sache nunmehr Klarheit geschaffen werde, und ich will Dir meinen Eindruck von der gegenwärtigen Situation, wie ich sie nach häufigen Rücksprachen mit Lewicki beurteilen zu müssen glaube, mitteilen. Lewicki steht auf einem unverrückbar ablehnenden Standpunkt gegenüber dem Festspielhausprojekt, desgleichen ist Frau Lehmann von absoluter Opposition dagegen erfaßt. Das Primäre scheint in diesem Falle die Stellungnahme der Frau Lehmann zu sein. Aus welchen Gründen sie zu einer so heftigen Abneigung gelangt ist, tut für den Moment nichts zur Sache. Soviel möchte ich nur behaupten, daß sie, wenn man sie 140 Keine Vorlage überliefert.

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vor das fertige Festspielhaus stellen würde und sie ersuchte, die Leitung zu übernehmen, nicht nein sagen würde und ganz froh wäre, wenn sie ihre Mozartfest-Opern drin spielen könnte. Aber bauen müssen wir das Haus allein. – Ich glaube, es ist am besten, wenn ich, im Einverständnis mit Dir, mein Angebot einer neuen Mozart-Gemeinde zu Festspielhauszwecken in einem neuerlichen offiziellen Brief unter Hinweis auf bedauerliche widrige Umstände als gegenstandslos erkläre und nur verlange, daß mein Gründungsbrief und seine Zurücknahme zu Protokoll genommen werden, damit man, wie ich schon an Sedlitzky schrieb, uns nicht später den Vorwurf machen kann, wir hätten in Salzburg eine große künstlerische Sache mit Umgehung des Mozarteums durchzuführen versucht. Ich halte es für richtiger, eine Krise im Mozarteum zu vermeiden, um unser junges Projekt nicht schon von vornherein mit einem gewissen Odium zu belasten. Wenn wir unverrückbar auf unserem Plan einer neuen Mozart-Gemeinde mit neuen Mozarteumszwecken beharren, wird die Gegenseite eben so unverrückbar an ihrer Opposition festhalten. Druck erzeugt Gegendruck und es käme natürlich zu einer Belastungsprobe, deren Ausgang für das Mozarteum in keinem Fall von Vorteil wäre. Die Kräfte und Begabungen sind in Salzburg nicht so dicht gesät, daß das Mozarteum einen Verlust irgend eines Mitarbeiters verschmerzen könnte, am allerwenigsten Deinen. Denn, wie ich schon an Sedlitzky schrieb, bei dem großen Gewicht der Gegenseite und dem, wie mir scheint, mangelnden Zusammenhalt Deiner Anhänger, dürfte der Kuratoriumsbeschluß kaum zu unseren Gunsten ausfallen. Durch den vor mir gemachten und von Lewicki vollinhaltlich gebilligten Vermittlungsvorschlag  : außerhalb des Mozarteums eine Salzburger Festspielhausgemeinde zu gründen, welcher Du und Deine Anhänger als leitende, richtunggebende Vorstandsmitglieder unbeanstandet beitreten können, würde mit einem Schlage der gordische Knoten in allen sich kreuzenden Fäden zwischen Mozarteum und Festspielhaus durchtrennt und wir könnten frei von den kleinlichen Hemmungen, die uns von Seite unserer Gegner doch fortgesetzt in den Weg gelegt wurden, an positive Arbeit gehen. Als überzeugte und begeisterte Anhänger der Festspielhausidee, zugleich aber auch als treue Freunde des Mozarteums, werden wir schon imstande sein, die richtige Mittellinie einzuhalten, die uns später einmal wieder einem gemeinsamen Ziele zuführen wird. – Was ich Dir und den Herren des Kuratoriums, mit denen wir zusammen saßen, bezüglich der Organisation und der Statuten der Salzburger Festspielhausgemeinde (der Name kann bleiben) vorgeschlagen habe, ist auch in der neuen Gestalt der Vereinigung aufrecht zu halten, und wenn ich Deine Zustimmung bekomme, will ich gleich alle Schritte tun, um unseren Plan ins Leben treten zu lassen. Im übrigen möchte ich aber gleich bei dieser Gelegenheit betonen, daß ich mich vollständig Deiner Initiative und Führerschaft unterwerfe, daß Du auf mich immer und unbedingt zählen kannst, weshalb ich mir auch Lewicki gegenüber stets vorbehalten habe, meiner Meinung bezüglich der zu treffenden Modifikationen in unserem Aktionsplan erst dann

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offiziell Ausdruck zu geben, wenn ich seitens unserer Anhängerschaft dazu ermächtigt werde. – Ich werde für alle Fälle morgen bereits einen Brief verfassen, der das Aufgeben der Mozart-Gemeinde-Idee beinhaltet.141 Diesen Brief werde ich Dir persönlich zusenden, und Du hast es dann in Deiner Hand, ihn dem Kuratorium in der Sitzung vorzulegen oder nicht. Ich würde, wie schon gesagt, zu ersterem raten, da sonst in dem Stadium der Überhitzung, die in dieser Angelegenheit seitens unserer Gegner erzeugt wurde, irgend ein Brandopfer fallen müßte. – Ich glaube, es wird uns viel besser gelingen unsere Gegner mit Taten, als mit Worten zu überzeugen. – Dr. Schey hat bereits sein Bureau (1. Vorlaufstraße 1, Tel. Nº 17.420) der Salzburger Fest- (oder Meister-) Spielhausgemeinde zur Verfügung gestellt und ich habe ihm die bezüglichen Correspondenzen in Verwahrung gegeben. Als finanzielle Durchlaufstelle fungiert das Wiener Bankhaus A. Bardach (1. Schottenring 23, Tel 18890). Den Zentralkassier in Salzburg (am besten Klein,142 nicht  ?) bitte ich mir ehestens bekannt zu geben. Für heute schließe ich. Sei herzlichst gegrüßt, gleich unseren Freunden, von Deinem Damisch.143

56. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 18. September 1916 Lieber Freund  ! Beiliegend übersende ich Dir das Schriftstück zur Einstellung der Mozart-GemeindeAktion.144 Deinen Brief habe ich erhalten und werde ich noch heute beantworten. Mit herzlichsten Grüßen Dein /Damisch./ /Ich benütze eine kleine Arbeitspause, um Dir schnell Deine Anfrage145 zu beantworten. Dr. Scheyer ist hochgradig nervös und auch sonst kränklich (Kopf und Herz), daher wohl vorwiegend als Platoniker, »Flirtman« zu werten. Er ist sehr wohlha141 Keine Vorlage überliefert. 142 Josef Klein (1869–1938), Gummifabrikant, Zentralkassier der ISM. 143 Mit diesem Brief zog Damisch die Konsequenz angesichts der heftigen Ablehnung, auf welche sein Vorschlag zur Gründung einer Salzburger Festspielhaus-Gemeinde im Verbund mit dem Mozarteum gestoßen war. Obwohl er sich ausdrücklich der »Initiative und Führerschaft« Gehmachers unterwirft, vollzog er nun von sich aus eine Weichenstellung in Richtung der Trennung der Festspielhausinitiative vom Mozarteum (vgl. Dok. 79, H. Damisch an F. Gehmacher, 3.10.1916). 144 Keine Vorlage überliefert. 145 Keine Vorlage überliefert. Es geht offenbar um die von Gehmacher und Damisch protegierte junge

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bend und hat gerne geistig anregenden Verkehr. Die Annahme der Einladung kann sich aber höchstens auf Theater, Konzerte, Wagen u. dergl. beschränken. »Kost und Wohnung« dürfte nicht angenommen werden, höchstens einmal oder das anderemal ein Souper od. Barbesuch nach dem Theater, wofür sich W.chen146 mit einer Einladung zu einer Jause zum Demel147 z. B. nobel revanchieren könnte. Vorsicht ist schon Lewickis wegen geboten, der sonst der Bianchischule148 den Strick drehen könnte bzw. wollte. H. gr. Dein Dsch./149

57. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 18. September 1916. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Ihr Schreiben vom 16. ds. bekam ich heute morgens, konnte aber nichts weiter unternehmen, da Direktor Gehmacher Vormittag Sitzung hatte. Ich hoffe jetzt Nachmittag mit ihm den Inhalt Ihres Schreibens besprechen und die ganze Angelegenheit im Sinne Ihrer Ausführungen schlichten zu können. Soeben habe ich mit Direktor Gehmacher gesprochen und er ist damit einverstanden, daß Herr Damisch an das Kuratorium einen Brief richtet, in welchem er sein Schreiben vom 4. September,150 in betreff der Bildung einer Mozartgemeinde in Wien mit dem Zwecke der Propagierung der Festspielhaus-Idee zurück zieht. Eine Karte des Herrn Damisch, in welcher dieser Antrag präzisiert wurde, hat Herr Direktor Gehmacher bis jetzt nicht erhalten. Ich bitte also mit Herrn Damisch den Text dieses Briefes zu konzipieren. Auf Ihr Schreiben vom 14. ds. werde ich morgen zur Klarstellung einiger Punkte zwischen uns zurückkommen. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener /Dr. Ludwig Sedlitzky/ Sängerin Else Wühler(-Hallauer) und deren Kontakt zu Moriz Scheyer während eines Wienbesuchs (vgl. Dok. 42, H. Damisch an F. Gehmacher, 11.9.1916). 146 Else Wühler(-Hallauer)  ; vgl. die Anm. in Dok. 32 (H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.1916). 147 Traditionsreiches Café im Wiener Ersten Bezirk. 148 Die Musikschule der Bianca Bianchi (d. i. Bertha Pollini)  ; vgl. die Anm. in Dok. 1 (Friedrich Gehmacher  : Promemoria, 1.11.1913). 149 Kurz danach scheint Gehmacher in Wien gewesen zu sein und über das Festspielhaus verhandelt zu haben, wie aus seinem Brief an Damisch vom 23. September 1916 (Dok. 63) hervorgeht. 150 Vgl. Dok. 35 (H. Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums, 4.9.1916).

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58. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 20. September 1916. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 18. d. M. Wie Sie wissen, war Herr Gehmacher in anderen Geschäften gestern in Wien und hatte ich mit demselben eine bis in die späten Nachtstunden währende Konferenz, in welcher er seine Zustimmung gab, daß Herr Damisch an die Mozartgemeinde in Salzburg ein Schreiben richtet, des Inhaltes, daß er sein Schreiben vom 4. d. M. widerruft. Hiemit ist die Sache für uns, d. h. Frau Lehmann und meine Wenigkeit erledigt. Herr Gehmacher sagte mir, daß diese beiden Briefe des Herrn Damisch zunächst der Mozartgemeinde, dann dem Arbeitsausschusse und schließlich der Vollversammlung des Kuratoriums vorgelegt werden. Ich ersuche Sie, mir diejenigen Stellen der betreffenden Protokolle, welche die Vorlage dieser Briefe betreffen, in Abschrift gütigst übermitteln zu wollen, da ich der Frau Lehmann gegenüber in einem heute an sie gerichteten Schreiben die Garantie übernommen habe, daß das FestspielhausProjekt für das Mozarteum entgültig abgetan ist und ich mich ihr gegenüber infolgedessen mit diesen Protokollabschriften ausweisen möchte. Da diese leidige Affäre erledigt ist, dürfte ja endlich wieder etwas Platz für positive Arbeit geschaffen sein. […] Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/

59. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 20. September 1916. Sehr geehrte gnädige Frau  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt der Karte vom 19. d. M.151 Gestern habe ich endlich die Festspielhaus-Idee nach unserem Willen glücklich bereinigt. Wie ich gnädiger Frau in meinem Briefe vom 12. d. M. schrieb, hat sich Damisch mir gegenüber bereit erklärt, sein famoses Schreiben, welches er wegen der gewissen

151 Keine Vorlage überliefert.

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neuen Festspielhaus-Mozartgemeinde an die Salzburger Mozartgemeinde richtete, zurückzuziehen. Damisch machte, wie ich ebenfalls schrieb, die Absendung dieses Schreibens von der Zustimmung des Herrn Gehmacher abhängig. Diese Zustimmung Gehmachers ist gestern erfolgt und Damisch hat an die Mozartgemeinde das in Kopie beiliegende Schreiben152 gerichtet. Hiemit ist der Antrag Damisch in aller Form zurückgezogen und das Mozarteum hat mit dem Festspielhaus-Projekte absolut nichts mehr zu thun. Die beiden Schreiben des Damisch werden der Mozartgemeinde, dem Arbeitsausschusse und der Vollsitzung des Kuratoriums vorgelegt werden und damit ist diese Angelegenheit dann auch formell erledigt. Zur größten Vorsicht werde ich mir die betreffenden Protokolle der Sitzungen, in welchen diese Briefe des Damisch vorgelegt werden, in Kopie zusenden lassen, um genau kontrollieren zu können, daß nicht im letzten Momente wieder ein Hintertürchen aufgemacht wird. Das was wir erreichen wollten, das Mozarteum mit diesem hirnrissigen Projekte außer jeden Konnex zu bringen, ist uns also gelungen. Gehmacher und Damisch haben die Absicht, die Festspielhaus-Idee jetzt selbständig und ohne irgendwelche Verbindung mit dem Mozarteum zu propagieren, was man ihnen natürlich nicht verwehren kann. Das ganze ist ja übrigens dadurch, daß es von dem Mozarteum losgelöst wurde, ein Phantom geworden, ohne irgendwelche Aussicht je realisiert zu werden. Die von Ihnen, verehrteste gnädige Frau, gewünschte Sitzung (»Kronrat«) ist also jetzt nicht mehr notwendig und wir können in Ruhe an wichtigere und fruchtbringendere Arbeiten denken. Die ganze Sache hat mir unendlich viel Aerger und Arbeit bereitet. Ich glaube, daß meine diesbezügliche Korrespondenz vom 12. bis heute mit Hundert Seiten nicht zu hoch angeschlagen ist. Über die Winkelzieherei des Herrn Gehmacher will ich mich des Näheren nicht auslassen, sondern werde Ihnen, verehrteste gnädige Frau, dieselbe bei Ihrer Anwesenheit in Wien schildern. Gestern ist Herr Gehmacher plötzlich in Wien aufgetaucht – selbstverständlich nicht um mich zu sprechen – sondern weil er angeblich in Wien andere dringende Geschäfte hatte. Glücklicherweise sprach er zuerst Herrn Damisch, welcher ihm die ganze Situation noch einmal klar machte und ihm erklärte, daß ich absolut nicht umzustimmen sei. Wir hatten abends eine bis um ½ 2 Uhr nachts währende Unterredung, in welcher die Angelegenheit in der oben erwähnten Weise bereinigt wurde. […] Mit Handkuß 152 Keine Vorlage überliefert.

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ganz ergebenster /Lewicki/

60. »Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses« 21. September 1916. Anwesend  : Gehmacher, Mussoni,153 Hackel,154 Peyrer, Huttary, Klein, Baldi,155 Schurich.156 Direktor Gehmacher teilt mit, daß er anläßlich einer dienstlichen Reise nach Wien mit den Herren Lewicki und Damisch eine Besprechung bezüglich der geplanten Aktion »Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg« gehabt hat und man übereingekommen ist  : Herr Damisch zieht seinen Brief zurück, in welchem er die Gründung einer neuen Mozartgemeindegruppe mit dem bestimmten Zwecke »Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg« offiziell angezeigt hatte, und verlangt, daß die Anmeldung wie auch die Zurückziehung derselben in das Protokoll aufgenommen werde. Er behält sich jedoch vor, seine Gruppe als eigenen Verein mit besonderen Satzungen anzumelden, wogegen Herr Lewicki nichts einzuwenden hat. Herr Damisch wünscht aber, um doch wenigstens eine Beziehung zum Mozarteum aufrecht zu erhalten, daß einige Herren aus dem Kuratorium in den Ausschuß des neu zu gründenden Vereines eintreten  ; auch damit erklärt sich Herr Lewicki einverstanden. Im Falle der Auflösung des Vereines soll das bereits gesammelte Vermögen desselben dem Mozarteum in Salzburg zufallen. Der Zentralausschuß nimmt diese Darlegung zur Kenntnis und wird die Angelegenheit mit den beiden Schreiben des Herrn Damisch in der nächsten Arbeitsausschuß-Sitzung zur Sprache bringen. Dr. H. Hackel m. p.

153 Franz Mussoni, Sparkassendirektionsrat, Mitglied des Kuratoriums der ISM  ; Nachfolger Gehmachers als Zentralvorsteher der Mozartgemeinde (1918–21). 154 Heinrich Hackel (1874–1960), Gymnasialprofessor, Mitglied des Kuratoriums der ISM. 155 Alois Baldi, Kaufmann, Mitglied des Kuratoriums der ISM und 1915–25 deren Kassier. 156 Ernst Edwin Schurich, Ingenieur, Mitglied des Kuratoriums der ISM.

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61. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 22. September 1916. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! […] Um nun auf Ihre Ausführungen vom 14. d. M. zurück zu kommen, so möchte ich nur bemerken, daß ich ganz wohl zu der Annahme berechtigt war, daß Sie dem Projekt der Errichtung eines Festspielhauses prinzipiell nicht ablehnend gegenüber stehen, da Sie in einem Ihrer Briefe nach der Affaire Damisch schrieben, »ich mußte doch annehmen, daß ich mit Direktor Gehmacher vor meiner Abreise auf einer Mittellinie zusammengekommen bin, dahin gehend, daß der Plan zur Erbauung eines kleinen Festspielhauses und zwar in der Stadt Salzburg, nicht auf dem Plainer-Berge, aufgenommen wird.« Was ich weiter in meinem Briefe vor dem 14. ds. angeführt hatte,157 sollte ja nur dazu dienen, Ihre Gesinnung Direktor Gehmacher gegenüber besser zu stimmen und die persönliche Spitze zu mildern. Wie dies aber leider im brieflichen Verkehr so oft der Fall ist, scheint mir dies nicht recht geglückt zu sein. Ihr Schreiben worin Sie die Auszüge aus den Protokollen der künftigen Sitzungen verlangen,158 habe ich erhalten und werde ich Ihrem Wunsche Rechnung tragen, wie ich Sie überhaupt von allem, was in dieser Angelegenheit in nächster Zeit geschieht, unterrichten werde. Da Präsident Sylvester, Präsident von Nusko159 und Direktor Irresberger160 auf 10 Tage nach Gastein161 fahren, werden erst in 14 Tagen die betreffenden Sitzungen stattfinden. Die für den Ankauf des Geburtshauses Mozarts notwendigen Aktionen werden jetzt nach Rückkehr des Herrn Direktor Gehmacher energisch in Angriff genommen werden. Mit den höflichsten Empfehlungen Ihr ergebener /Dr. L. Sedlitzky/

157 Vgl. Dok. 48 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 13.9.1916). 158 Vgl. Dok. 58 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 20.9.1916). 159 Johann von Nusko (1856–1933), Finanzlandesdirektions-Vizepräsident i. R., Mitglied des Kuratoriums der ISM. 160 Karl Irresberger (1860–1932), Ingenieur, Gießereidirektor i. R., Mitglied des Kuratoriums der ISM. 161 Bad Gastein, Kurort im Salzburger Land.

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62. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki [22. September 1916] Lieber Herr v. Lewicki  ! Ihr letztes Schreiben162 kam sehr gelegen, da mit demselben Zuge Stibrals kamen. Er brachte mir Ihre sämmtlichen Briefe mit und wir berieten  : er, m[ein] Mann,163 der sehr fein urteilt und einen sehr guten Riecher hat für alles, und ich, weit über eine Stunde die ganze Angelegenheit. Damischs Erklärung ist ja ganz gut – schlimm genug, daß solch ein Individuum in unsere idealen Zielen miteingreifen soll oder sollte. Insofern wäre die Sache nun geregelt. Um aber Herrn G.Machers Projektenschwingen endgültig zu stutzen, bedarf es doch noch einer anderen Feststellung. Was ich so tief empfand bisher – darin gaben mir die 2 Herren recht – , ist die einzige Beunruhigung des ganzen Unternehmens, das ja auch Sie beanstanden. Es kommt zu keiner Ruhe, zu keiner Festlage eines Gedankens, es sind immer 20 um einen herum die zwitschern, flüstern, Unkraut säen, Kämpfe anregen etc. Stibral will mir in diesen Tagen etwas aufsetzen, das seinem Gedankengang entspricht und was in die Lage |versetzen| dürfte, das dem Kuratorium als ein Statut vor Augen zu legen wäre. Stibral ist nämlich für die Festspielhausidee, aber in ganz anderm Sinne. Er meint, was auch Sie und ich schon sagten, die Idee, die ja unter keinen Umständen ganz verschwinden wird und kann, in festen Formen vorzuzeichnen, so daß das Mozarteum die Idee – für absehbare Zeiten ins Auge faßt, aber nur in dem Sinne, daß das Stadttheater event. umgebaut, d.h. vergrößert oder überhaupt ein etwas größeres in der Stadt neu gebaut würde. Nicht mit Millionen, sondern in bescheidensten Grenzen eines möglichen Umbaues in besseren Zeiten. Mir ist diese Idee – wenn sie als Ausfluß des Mozarteum-Kuratoriums festgelegt würde, darum sehr willkommen, weil G.Macher dadurch endgültig gebunden wäre und nicht auch noch auf s[eine] eigene Kappe die alte Idee, wenn auch ohne Mozarteum, wieder propagiert und die Beunruhigungen weiter laufen. Ich halte es für sehr angezeigt dennoch eine Sitzung einzuberufen, die nicht kriegerisch zu verlaufen braucht, aber dennoch als Entschluß des Kuratoriums, das nun mit all seinen Mitgliedern eingeweiht, sein Urteil für und wider abgeben muß. Ich würde mich sehr gern als Mitglied des Kuratoriums sehen, da dann die künstlerische Seite doch eine größere Stütze noch hätte als bisher. Es müßte auch H. G.Macher bedeutet werden, daß nicht eher eine Propagierung ins Leben treten dürfte, bis erstens das Geburtshaus angekauft und bezahlt wäre, II. keiner auf s.[eine] eigene Rechnung dergleichen 162 Vgl. Dok. 59 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 20.9.1916). 163 Paul Kalisch (1855–1946), dt. Sänger (Tenor), seit 1888 mit Lilli Lehmann verheiratet, von der er sich bereits um 1900 trennte. Die Ehe blieb aber bis zuletzt aufrecht.

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unternehmen dürfte. Wenn dies alles so gemacht würde, wäre ja auch die Idee an und für sich durch die Stadt gesichert und fremde Elemente dürften nicht mehr zugelassen werden. Dann wäre auch G.Macher befriedigt, |resp.[ective]| mit s.[einen] eigenen Waffen geschlagen und gebunden. Kestranek könnte, wenn die Geburtshausgeschichte wirklich noch zustande kommt, sehr gut ein Machtwort mitreden und sagen  : daß er nur beigiebt falls die Festspielhaus[sache] so wie oben gesagt geregelt würde, d. h. durch das Kuratorium und die Stadt gegen |Fremdes| u. Millionen Bauwünsche gesichert zu gelegener Zeit nach Ankauf des Geburtshauses ins Leben treten dürfe. Auch das noch  : daß das Theater wohl neuen Ansprüchen, durchweg aber nur für Mozartopern in kleinen intimen Räumen und Stile, ohne Reinhardtideen164 an Decorationen, Regie oder Comparserien durchgeführt werden soll. Die Opern der damaligen Zeit sollen das alte Gepräge der Intimität und die Sänger und Schauspieler bester Art, aber ohne jede verrückte |Schaudermärchen| in der Gesangskunst die Hauptaufgabe sehen. Ebenso mit den Costümen. Fidelio oder sonstige kleine klassische Opern dazuzunehmen braucht man nicht ganz auszuschließen, aber nur muß Mozart die Kokarde165 bleiben. Und man soll gerade darin, daß man in Salzb. die Mozartopern in der alten, von Mozart gedachten Art beibehält die Hauptattraktion erblicken und diese Art zum Stempel der Unternehmung machen. Man rettet vielleicht auf diese Art noch etwas Besseres hinüber in neue Zeiten, die keine guten, künstlerisch großen mehr sind. – Sobald mir Stibral s[einen] Denkzettel schickt, sende ich ihn. Wir hatten ausgemacht, keinem Menschen davon zu sagen. Als heute Frl. Peregrinus166 zu uns zur Stunde kam, hatte sie von Kerber den Auftrag mir zu sagen  : daß er, Kerb., in Angelegenheiten des Damischen Herrn167 mich gerne spräche und nächstens kommen würde. Was das bedeuten soll weiß ich nicht. K. ist eigentlich stets nur der Abgesandte des Mozarteums, nur unangenehme oder schiefgehende Dinge bei mir zu ordnen  ! Ich schreibe falls er kommen sollte, daß Sie von allem unterrichtet werden. […] Herzlichste Grüße Lilli Lehmann 22-9-1916

164 Bezieht sich auf Max Reinhardt und seine Inszenierungen. 165 Synonym für »Abzeichen«. Hier im Sinne von »Erkennungsmerkmal« bzw. »Markennamen« verwendet. 166 Maria Hupfauf, Künstlername »Peregrinus« (1889–1923), Sängerin. 167 Die Wendung scheint bewusst doppeldeutig.

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63. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 23. Septem. 16 Lieber Freund  ! Gestern habe ich im Ausschuß der Mozartgemeinde über meine Unterredung mit Euch in Wien Bericht erstattet. Selbstverständlich ist man mit Deinen Vorschlägen vollständig einverstanden, man bedauert nur, daß die Verhältnisse es augenblicklich nicht möglich machen, daß die Festspielhaus-Gemeinde unmittelbar der Mozartgemeinde angegliedert wird, hofft aber, daß diese Angliederung in nicht zu ferner Zeit erfolgen wird. Die Herren sind auch für die von Dir gewünschte Zahlstelle in Salzburg, weil sie Deiner Begründung, daß hiedurch der seinerzeitige Zusammenschluß gefördert wird, beistimmen. Die Herren Dr. v. Peyrer, Dr. Hackel, Professor Huttary, eventuell Dr. Mussoni sind auch mit Vergnügen bereit, in den Ausschuß der Festspielhaus-Gemeinde einzutreten. Klein müßte wohl auch dabei sein, weil man sich ihn als Zentralkassier vorstellt. Doch soll hiemit Deinen Vorschlägen nicht vorgegriffen werden. Jetzt kommt die zweite Etappe  : der Arbeitsausschuß.168 Der tagt Montag oder Dienstag. In ihm sitzen alle Männer der Opposition, da wird es einige Schwierigkeiten geben  ; da aber die Herren des Mozartgemeinde-Ausschusses so stramm an unserer Seite sind, so besteht gar keine Gefahr einer Verpfuschung unserer gemeinsamen Aufstellungen. Das Kuratorium ist dann sicher. In der zweiten Hälfte der nächsten Woche werde ich Dir also Mitteilung über den Ausgang machen – der bei der herrschenden vollkommenen Übereinstimmung in der Mozartgemeinde nicht mehr zweifelhaft sein kann – und dann kann die Arbeit ihren hoffentlich günstigen Fortgang nehmen. Herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]169

168 Der Arbeitsausschuss des Kuratoriums der ISM. In den folgenden Briefen wird davon wiederholt die Rede sein. 169 Gehmacher ist, wie sich rasch erweisen wird, zu optimistisch hinsichtlich einer doch noch möglichen Kooperation mit dem Mozarteum. Damisch hingegen sieht voraus, dass eine Angliederung der Festspielhaus-Gemeinde ans Mozarteum nicht gelingen werde, und befürchtet vielmehr, »daß unsere Gegner offenbar darauf ausgehen, Mittel und Wege zu finden, um die Festspielhausidee überhaupt mit Stumpf und Stiel auszurotten« (Dok. 66, H. Damisch an F. Gehmacher, 26.9.1916). Den Grund hierfür gibt er in einem zweiten Brief an Gehmacher vom 26. September (Dok. 67) an.

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64. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 25. September 1916. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für das gnädige Schreiben vom 22. d. M. welches – Sonntag war ich nicht im Büro – ich erst heute erhielt. Gnädige Frau haben die Sache wie immer mit großer Klugheit und Umsicht angepackt. Der Umstand, daß Excellenz Stibral und Herr Kalisch die Angelegenheit mitberaten haben, ist für mich sehr erfreulich. Dadurch wird unser Urteil in dieser Sache überprüft und man arbeitet viel sicherer. Die Erklärung des Damisch habe ich deshalb so betrieben, damit die Angelegenheit vorläufig aus der Welt geschafft wird und um Gehmacher einen halbwegs anständigen Rückzug zu ermöglichen. Gehmacher und Damisch wissen sehr gut, daß mit dieser Erklärung das ganze Projekt gefallen ist, denn beide sind ja nicht so naiv, daß sie sich getrauen würden, ohne das ihnen jetzt entzogene Sprungbrett des Mozarteums die Idee selbständig zu lancieren. Wir haben also jetzt reichlich Zeit und Muße, die Sache in unserem Sinne und in unserem Geiste für die Zukunft zu regeln. Die Projektenmacherei Gehmachers irgendwie einzudämmen, wird schwer gelingen. Ist heute das Festspielhaus-Projekt tot, so kommt vielleicht die Errichtung eines Mozart-Hotels oder einer Brauerei oder die Erbauung eines Bibliotheksgebäudes für eine noch nicht existierende Bibliothek oder irgend etwas anderes. Die Auffassung Excellenz Stibrals über die Festspielhaus-Idee deckt sich mit meiner vollkommen. Dadurch, daß in Salzburg Festspiele stattfinden, wird natürlich immer der Wunsch laut werden, daß die Opernvorstellungen in einem Hause aufgeführt werden, welches den modernen Anforderungen vollkommen entspricht, was ja in dem jetzigen Hause absolut wirklich nicht der Fall ist. Diesem Wunsche dadurch zu entsprechen, daß man, weiß Gott auf welchem Berg ein Riesenhaus baut, wäre natürlich schrecklich. Das Ideal wäre die Erbauung eines eigenen nicht zu großen Theaters natürlich in Salzburg selbst, womöglich in nächster Nähe des Mozarteums. Selbstverständlich nur für unsere Festspiele. Dazu gehört aber Geld, sehr viel Geld. Außerdem hat dieses Projekt die Schattenseite, daß ein Gebäude gebaut würde, welches alle 2 Jahre auf 14 Tage in Benützung käme, und die übrigen 23 ½ Monate leer und nutzlos dasteht. Es wäre also sehr in Erwägung zu ziehen, ob nicht die zweite Variante, Umbau des jetzigen Stadttheaters das richtige wäre.170 Geschieht dies auf Kosten des Mozarteums resp. auf Veranlassung des Mozarteums, so könnte man mit 170 Dieses von den Architekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellner entworfene Stadttheater am Makartplatz – in unmittelbarer Nähe des Mozarteums – wurde anstelle des noch aus fürsterzbischöflicher Zeit stammenden Theaters 1892/93 neu errichtet.

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der Stadt einen Vertrag schließen, daß die Stadt verpflichtet ist, uns in unseren Festspieljahren das Theater auf so und so lange Zeit zur Verfügung zu stellen. Selbstverständlich müßte dieses Projekt in einer Kuratoriums-Sitzung ordnungsmäßig anhängig gemacht werden, doch glaube ich, sollte man diese Sitzung nicht jetzt oder in nächster Zeit einberufen, denn wir würden dadurch den Schein erwecken, daß wir unser Projekt aus Angst vor Gehmacher vorbringen, und dieser Anschein soll doch absolut vermieden werden. Unser Theater-Projekt soll als Ausfluß einer rein künstlerischen und sachlichen Erwägung in Erscheinung treten, nicht aber als Kampfmittel. Gnädige Frau können ganz beruhigt sein, daß wir nicht zu spät kommen werden. Wie ich schon oben bemerkt habe, werden sich Gehmacher und Damisch nach dem jetzt erlittenen Echec171 wohl hüten, mit ihrem Projekte selbständig in kurzer Zeit hervorzutreten. Gnädige Frau schreiben mir, Sie würden sich gerne als Mitglied des Kuratoriums sehen. Das ist ein Gedanke, den ich schon seit Jahren habe. Ich habe mich aber nicht getraut, Ihnen dies vorzuschlagen, da ich eine Ablehnung fürchtete. Es wäre natürlich eine ganz andere Sache, wenn Sie bei dieser gewünschten Sitzung schon Mitglied des Kuratoriums wären, denn wenn wir jetzt eine Kuratoriums-Sitzung einberufen, so würden Sie dieser Sitzung nur als Gast beiwohnen. Ich halte diese Anregung für so wichtig, daß ich mir die Erlaubnis erbitte, sofort in offizieller Weise beim Kuratorium den Antrag zu stellen, daß Sie, verehrteste gnädige Frau, in das Kuratorium kooptiert werden. Erst dann halte ich es an der Zeit, die Sitzung einzuberufen. Daß die Geburtshaus-Idee in allererster Linie kommt, ist selbstverständlich, und zwar nicht nur der Ankauf des Geburtshauses, sondern auch die notwendigen Restaurierungsarbeiten, Neuinstallierungen der Sammlungen etc. Im Mozarteum ist man auf mein Betreiben jetzt auch der Geburtshaus-Idee näher getreten und ich habe heute schon die ersten Dokumente (Grundbuchauszug etc.) bekommen. In der Sitzung des Arbeitsausschusses, die heute stattfinden soll, wird der Antrag gestellt werden, daß der Bürgermeister,172 Dr. von Peyrer und Gehmacher mit den Unterhandlungen mit Scio betraut werden sollen. Von Kerber bekam ich heute einen Brief in einer Nicht-Mozarteums-Angelegenheit, in welchem mir derselbe von einer projektierten Fahrt nach Scharfling nichts mitteilt. Ich glaube nicht, daß Kerber als Abgesandter des Mozarteums in dem Festspielhaus-Projekte erscheinen dürfte. Er ist ein so ausgesprochener Gegner desselben, daß er eine solche Mission nicht übernehmen würde. Ich habe ihm übrigens die Details der Angelegenheit nicht geschrieben. […] Mit Handkuß 171 Französ.: Misserfolg. 172 Max Ott  ; vgl. die Anm. in Dok. 68 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 26.9.1916).

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ganz ergebenster /Lewicki/

65. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 25. September 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihrer beiden Schreiben vom 22. und 23. d. M.173 […] Ich möchte nur nochmals wiederholen, daß ich gegen Herrn Direktor Gehmacher persönlich absolut nichts habe, sondern in der ganzen Angelegenheit mich nur von sachlichen Motiven leiten ließ, doch war die Aufzäumung der ganzen Sache zwischen Gehmacher und Damisch derart gemacht, daß ich ja doch allen Grund hatte, aufgebracht zu sein, übrigens ist die ganze Angelegenheit für mich durch den Rückziehungsbrief des Herrn Damisch erledigt, wobei ich voraussetze, daß dieser Brief in den verschiedenen Sitzungen richtig verwendet wird. Sie, geehrter Herr Doktor, schreiben mir, daß Sie mir die gewünschten ProtokollAuszüge senden werden, daß aber diese Sitzungen erst später stattfinden werden. Wie mir Herr Direktor Gehmacher bei seiner Anwesenheit in Wien mitteilte, war für letzten Freitag eine Sitzung der Mozartgemeinde174 angesetzt und dieser hätten doch die 2 Briefe des Damisch zuerst vorgelegt werden sollen, da sie ja an die Mozartgemeinde gerichtet sind. Hat diese Sitzung nicht stattgefunden  ? […] Mit besten Empfehlungen ergebenster /Lewicki/

66. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 26./9.1916 Lieber Freund, ich habe Deinen Brief und die Karte erhalten und daraus zu meiner Befriedigung entnommen, daß unser Entwicklungsplan Anklang findet. Nichtsdestoweniger ma173 Zu dem Schreiben vom 23. September 1916 ist keine Vorlage überliefert. 174 Diese Sitzung fand am Donnerstag, den 21. September 1916 statt (vgl. Dok. 60, Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses, 21.9.1916).

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che ich Dich aufmerksam, daß wir auch weiter mit Kämpfen zu rechnen haben werden und daß unsere Gegner offenbar darauf ausgehen, Mittel und Wege zu finden, um die Festspielhausidee überhaupt mit Stumpf und Stiel auszurotten. Der Gedanke an eine spätere Vereinigung des neuen Vereins mit der Mozartgemeinde darf daher nicht über unsere Lippen kommen und die Gründung der Festspielhausgemeinde mit Finanzsektion und Ausschußmitgliedern in Salzburg muß raschestens erfolgen. – Hinter den Kulissen brennt’s lichterloh  !  ! Ich bin leider durch Versprechen gebunden, nicht mehr zu sagen. – Jedenfalls ist schnelles Handeln wichtig. Ich werde sofort an die Gründung gehen, wie ich Deine Sendung erhalte. Herzlichst Dein Damisch.

67. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 26./9.1916 abds. Lieber Freund, aus meinem Gespräch mit Lewicki ersehe ich, daß es unklug war, den Wunsch zu deklarieren, daß unsere Festspielhausgemeinde zu gelegener Zeit im Mozart-Gemeinden-Verband aufgehen soll. Wenn dieser Gedanke zur Kenntnis unserer Gegner gelangt, wird der ganze Kampf aufs neue entbrennen, der sinnlose Terrorismus mit den ständigen Demissionsdrohungen wieder in Erscheinung treten. Ich kann Dir in diesem Falle Details nicht mitteilen, weil ich, wie gesagt, diesbezüglich ein Versprechen abgab. Sei jedenfalls auf der Hut und sammle Deine Anhänger fest um Dich. Ich habe auch einen ganz neuen Eindruck aus meiner heutigen zufälligen Unterredung gewonnen. Es ist nicht nur die Festspielhaus-Idee allein, die sie bekämpfen, sondern sie mucken auch gegen die Persönlichkeiten auf, die sich der Idee annehmen, die sich als Träger eines großen Gedankens vielleicht mehr Einfluß erwerben könnten, als den anderen lieb ist. Wir sind ihnen zu minder  ; Du bist nicht Exzellenz, ich bin nicht bei der Neuen Freien Presse, die anderen Freunde unserer Sache sind Salzburger Spießer, ganz brave Leute, gute Menschen, aber entsetzlich in ihren Anschauungen etc. etc. Zum Mozarthaus-Bauen wart Ihr gut genug, aber jetzt ist es für sämtliche Mohren, die ihre Schuldigkeit getan haben, höchste Zeit zu gehen. Beati possidentes müssen feinere Leute sein  : Exzellenzen, berühmte Kammersängerinnen, Bankiers, Hoflieferanten in Büchern und Ansichtskarten, elegante Gschaftlhuber usw., aber nicht Salzburger Biertischgrößen. Und wenn man schon letztere schandenhalber nicht ganz eliminiert, dann haben sie – mit Respekt gesagt – endlich das Maul zu halten und sich nicht breit zu machen in schönen Zimmern mit Teppichen, wo sie

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nicht hingehören, in Gängen, wo geschmacklose Bilder hängen, sie haben Ruh’ zu geben mit ihren fortwährenden Plänen, die weiß Gott wie hoch hinauswollen, sie haben als misera plebs provincialis zu gehorchen und damit punktum  ! Das Regime Lehmann-Stibral-Spängler-Kerber-Lewicki wird Euch noch harte Nüsse zu knacken geben  ! Wenn ich so hin- und her überlege und die kommenden Möglichkeiten ins Auge fasse, wird mir zornig zu Mute. Ich bin auf einen merkwürdigen Gedanken gekommen  : Wie wäre es, wenn Du nötigenfalls gelegentlich des Mozarttages den Stier bei den Hörnern packen und mit einem Schlage niederstrecken würdest, indem Du beantragst, die Mozart-Gemeinden, die ohnehin in keinem unanfechtbaren Verhältnis zum Kuratorium stehen, von dieser tätigkeitsfeindlichen Körperschaft loszulösen und als eigene gesetzliche Vereinigung zu konstituieren  ? Ich meine, wenn vielleicht (ich weiß nicht, ob es der Fall sein wird) das Kuratorium den Versuch machen sollte, Dich und die MozartGemeinde tot zu machen, dann pariere den Streich, indem Du das Kuratorium aufs Trockene zu setzen versuchst durch Autonomie der Mozart-Gemeinde. Vielleicht sind alle meine bisherigen Ausführungen gegenstandslos, vielleicht geben unsere Gegner ihren verbissenen Verfolgersport auf. Aber wenn sie um jeden Preis den Kampf wollen, dann führe ihn schonungslos, weil es einem guten Prinzipe dienlich ist. – Was unsere Festspielhausgemeinde anbelangt, so werde ich meine Aufgabe gut und schnell erfüllen. Ich werde die Satzungen in unserem Sinne und konform mit unseren Besprechungen entwerfen und zwar mit Dr. Schey und einem mir befreundeten Polizeikommissär zusammen, damit allen gesetzlichen Erfordernissen entsprochen werde (analog den Mozart-Gemeinde-Statuten, Finanzausschuß und Zentralkassier – selbstverständlich Klein – in Salzburg, Rechtsnachfolger die Mozartgemeinde etc.), werde dem Verein möglichst viel Mitglieder zuführen, einen erstklassigen Präsidenten und ebensolchen Ausschuß verschaffen, in welchen Du, Dr. von Peyrer, Dr. Hackel, Huttary, Dr. Mussoni, Klein etc. als Salzburger Repräsentanz (gleichzeitig Zentral Finanz-Ausschuß) eintreten, die Herstellung eines Projekts sichern und dann als Schriftführer des Vereins eine weitere Propagandatätigkeit betreiben. – Ich hoffe, daß die Voraussetzungen, unter denen ich den ersten Teil meines Briefes abfaßte, nicht eintreten werden, daß man uns vielmehr endlich ungestört an die Verwirklichung unserer idealen Sache schreiten lassen wird. Herzliche Grüße an alle Freunde und besonders an Dich von Deinem Damisch Jedenfalls sei auf der Hut, lasse Dich nicht verblüffen und rüste Dich.

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68. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 26. September 1916. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Beiliegend erlaube ich mir zur Ergänzung des Grundbuchsauszuges den anderen Teil zu retournieren und einen Ausweis über den Grund- und Bauwert des neuen Mozarteumsgebäudes, welcher aus zwei gezogenen Mitteln berechnet wurde, zu überreichen, sowie daran anschließend einen Ausweis der auf dem Mozarthaus haftenden Lasten. Freitag abends um 6 Uhr wurden einige Herren der Mozartgemeinde von Direktor Gehmacher zu einer Besprechung in Bauangelegenheiten eingeladen,175 an welcher ich nicht teilnehmen konnte, was auch nicht unbedingt notwendig war, da eine eigentliche Sitzung nicht stattfand und auch nur |wenige| herein kamen. Direktor Gehmacher erstattete ihnen Bericht über seine Unterredung mit Ihnen, deren Inhalt ich aber schon kannte, und daran anschließend wurde besprochen, in welcher Weise die ganze Angelegenheit in der Arbeitsausschuß- und Kuratoriumssitzung durchzuführen wäre. Einen Brief, in welchem Herr Damisch den ersten Antrag zurück zieht, habe ich, zu Ihnen gesagt, bisher nicht gesehen. Mit dem Referate über diese ganze Angelegenheit wurde Professor Dr. Hackel betraut. Am nächsten Tage wurde zur Beschleunigung der Sache für Montag um ½ 6 Uhr abends eine Arbeitsausschußsitzung einberufen, da Präsident Dr. Sylvester heute nach Gastein fährt und erst Montag wieder zurück kommt. Da aber gestern um ¾ 8 Uhr ein Vortrag des Reichstagsabgeordneten Dr. Naumann176 stattfand, so mußte die Sitzung um 7 Uhr geschlossen werden und man kam überein, nachdem vorerst einige wichtige laufende Agenden besprochen worden sind, die Angelegenheit des Festspielhauses auf die Arbeitsausschußsitzung am 2. Oktober zu vertagen. Daß Sie, sehr geehrter Herr von Lewicki, gegen Direktor persönlich absolut nichts haben, weiß ich ja  ; um so mehr bedaure ich, daß Gehmacher jetzt aber glaubt, das annehmen zu müssen. Das kann nur mit der Zeit besser werden. Der ganze Seelenzustand Gehmachers ist momentan pathologisch. Gestern hatte ich eine Unterredung mit ihm, in welcher seine Absichten in betreff Bestellung eines Generalsekretärs zutage traten. Er bedeutete mir nämlich, daß ich meinem Innern nach doch auf einem ganz andern Standpunkt stehe als wie er und viel zu viel Rücksicht übe auf die Herren der Gegenpartei. Er brauche zur Durchführung der neuen Aktion einen Menschen, der rücksichtslos durch dick und dünn mit ihm gehe. Ich sagte ihm darauf, daß ich ganz einverstanden bin, wenn er sich für diese Zwecke eine eigene Kraft bestelle, und denke ich mir meine Tätigkeit bei der Mozartgemeinde in der Weise, daß 175 Am 22. September 1916. 176 Friedrich Naumann (1860–1919), dt. liberaler Politiker, Mitglied des Deutschen Reichstags.

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ich die Verbindung mit den alten Mozartgemeinden aufrecht erhalte und pflege, mir es angelegen sein lasse, neue Mozartgemeinden zu gründen und neue Gönner, Gründer und Stifter für dieselbe bzw. für das Mozarteum zu gewinnen. Mit einem Worte, die Sache der bisher bewährten Überlieferung weiter zu führen. Seit Ihrer Abreise von Salzburg ist es mir gelungen zwei neue Stifter für das Mozarthaus mit je 2000 K zu gewinnen und habe ich Hoffnung, da mir hiebei Herr Jung sehr an die Hand geht, auch weitere Erfolge in dieser Hinsicht zu erzielen. Auf Gehmacher hat die Akquirierung dieser beiden Stifter scheinbar einen ziemlichen Eindruck gemacht und er hat sich auch mit meinem Vorschlage bezüglich meiner weiteren Tätigkeit bei der Mozartgemeinde ganz einverstanden erklärt. Tatsächlich halte ich ja auch wie mit Ihnen die Beziehungen mit unseren großen Gemeinden in Deutschland durch eine regelmäßige Korrespondenz aufrecht. […] Scio hat sich in einer privaten Unterredung schon bereit erklärt, die Option auf ein weiteres halbes Jahr zu verlängern. In der gestrigen Sitzung wurde ausgemacht, daß Herr Bürgermeister Ott177 und Herr Direktor Gehmacher die Unterhandlungen mit Scio führen mögen. […] Ein Exemplar der neuen Satzungen von 1915 liegt bei. Mit den besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Dr. L. Sedlitzky/

69. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 27. September 1916. Verehrteste gnädige Frau  ! Ihr gnädiges Schreiben vom 25. d. M. mit der inliegenden Erklärung Excellenz Stibrals und die Karte vom 26. habe ich, bestens dankend, erhalten.178 – Ich finde die Arbeit Excellenz Stibrals ganz ausgezeichnet. Klarer, deutlicher und offener kann man nicht sprechen, und ich glaube, daß dieses Schriftstück auf alle, die das Wohl des Mozarteums allein im Auge haben und nicht von den Quertreibereien Gehmachers betört sind, Eindruck machen muß. […] Die Statuten des Mozarteums reichen übrigens für einen korrekten und klaglosen Betrieb aus, nur müssen sie nicht nur dem Wortlaute sondern auch dem Sinne nach befolgt werden. Wenn ein Mitglied natürlich Quertreibereien machen will, so 177 Max Ott (1855–1941), 1912–19 und 1927–35 Bürgermeister der Stadt Salzburg, zudem 1918–19 Landeshauptmann-Stellvertreter. 178 Zu beiden Schreiben ist keine Vorlage überliefert.

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gibt es keine Statuten und auch keinen Rechtsanwalt, die ihn daran verhindern könnten. Da bleibt nichts anderes übrig als größte Wachsamkeit und im äußersten Falle die ganz offene Mahnung, solche Quertreibereien zu unterlassen. Das Grundübel am Mozarteum ist eben das, daß viele der Herren etwas zu kommod waren und ruhig zusahen, wie Gehmacher die ganzen Agenden an sich zog, und sich jetzt als Herr und Meister aufspielt. Das ist aber durch die Zusammensetzung des Kuratoriums leicht begreiflich  : Unter Blinden ist eben der Einäugige König. Durch Zufall höre ich, daß der Mozarttag, so heißt die Generalversammlung des Mozarteums, an 4. Oktober stattfinden soll. Mir war von diesem Termine nichts bekannt, glaube auch nicht daran, da derselbe sonst immer später stattfindet. Ich habe mich diesbezüglich an Dr. Sedlitzky um Auskunft gewendet. Durch diesen Mozarttag müssen also Sie, verehrteste gnädige Frau, gewählt werden. Um absolut keinen Terminsverlust eintreten zu lassen, richte ich heute ein rekommandiertes Schreiben an das Mozarteum, in welchem ich in offizieller Weise Ihre Kandidatur in das Kuratorium anmelde. Dies ist der erste Schritt, der geschehen muß. Dann kann man erst die gewünschte Sitzung einberufen. Denn jetzt steht die Sache so, daß Sie, verehrteste gnädige Frau, noch nicht Mitglied des Kuratoriums sind und also in dieser Sitzung legaler Weise keine Stimme hätten, sondern nur als Gast anwesend wären. Gehmacher, der in dem Momente, wo wir diese Sitzung einberufen, jedenfalls sofort merken wird, daß die Sache gegen seine unlegalen Aktionen gerichtet ist, könnte sich dann allzuleicht auf den formalen Rechtsboden stellen und die Einberufung dieser Sitzung zu verhindern trachten. Sie, verehrteste gnädige Frau, sind im Mozarteum die allerwichtigste und hervorragendste Person und wir sind daher verpflichtet, alles ängstlich zu vermeiden, wo Sie sich irgend eine, wenn auch nur formale Blöße geben könnten. Ich bekam heute ein langes Schreiben von Dr. Sedlitzky, in welchem er mir mitteilt, daß eine offizielle Sitzung der Mozart-Gemeinde, die für Freitag projektiert war, nicht stattgefunden habe, sondern nur eine Besprechung, in welcher Gehmacher über die ganze Angelegenheit Bericht erstattet hat und in welcher sie einig wurden, in welcher Weise die ganze Sache in der Arbeitsausschuß- und Kuratoriums-Sitzung durchzuführen wäre. Die Arbeitsausschuß-Sitzung, welche Montag stattfand, mußte um 7 Uhr geschlossen werden, da am gleichen Tag ein Vortrag Dr. Naumanns stattfand, so daß die Angelegenheit des Festspielhauses auf die Arbeitsausschuß-Sitzung vom 2. Oktober vertagt wurde. Sedlitzky schreibt mir übrigens, daß der ganze Seelenzustand Gehmachers direkt ein pathologischer sei. Das habe ich übrigens schon lange bemerkt. […] Mit Handkuß ganz ergebenster /Lewicki/

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70. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 27. September 1916. Hochwohlgeboren Herrn Dr. Ludwig Sedlitzky, Sekretär des Mozarteums in S a l z b u r g . In einem Briefe vom 22. d. M. schrieb mir Frau Kammersängerin Lilli Lehmann, daß sie sich gerne als Mitglied des Kuratoriums sehen würde, da dann die künstlerische Seite im Kuratorium doch eine bessere Stütze hätte als bisher. Ich stellte hierauf an die Frau Kammersängerin die briefliche Anfrage, ob ich diese Bemerkung dahin zu deuten habe, daß ich diesen ihren Wunsch dem Mozarteum offiziell übermitteln solle.179 Hierauf bekam ich heute von Frau Lehmann die Antwort, daß sie mich ersuche, diesen Wunsch dem Mozarteum sofort in offizieller Form bekanntzugeben.180 Ich gestatte mir daher, an Euer Hochwohlgeboren die Bitte zu richten, dem Präsidium diesen Wunsch der Frau Kammersängerin Lilli Lehmann, daß beim nächsten Mozarttage ihre Wahl in das Kuratorium beantragt werde, zu übermitteln und bitte mir den Erhalt dieses Briefes und seines Inhaltes gefälligst bestätigen zu wollen. Hochachtungsvoll ergebenst /Lewicki/

71. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 28. September 1916. Lieber Freund  ! Dein ausführliches Schreiben181 hat mich sehr interessiert, ich kann Dich aber insoferne beruhigen, als Deine Warnungen einen wohl Vorbereiteten treffen. Ich bin seit Jahren auf meine Gegnerschaft trainiert und versehe mich eines Angriffes zu jeder Zeit. Es ist mir zwar unerklärlich, daß die Leute nicht auch die Sache über die Person stellen können, aber ich habe anderseits die Erfahrung machen können, daß nicht sosehr die Opposition gegen meine Person – ich habe mich ja eigentlich mit den

179 Vgl. Dok. 64 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 25.9.1916). 180 Keine Vorlage überliefert. 181 Vgl. Dok. 67 (H. Damisch an F. Gehmacher, 26.9.1916).

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Leuten nie persönlich zertragen – als vielmehr die Verständnislosigkeit gegenüber meiner Idee es ist, welche sie zu den wütenden Gegnern macht. Du darfst nicht vergessen, daß ich die ganze Geschichte schon einmal mitgemacht habe beim Mozarthaus. Es war damals ganz die gleiche Geschichte, nur hat es noch keinen Lewicki gegeben und war Graf Kuenburg toleranter wie Stibral. Aber im Wesen war die Opposition ganz gleich geartet und in Verständnislosigkeit gegründet. Aber es wird uns gelingen, dieses Häuflein Betörter zu überrennen. Das Gute und Wichtige bricht sich immer Bahn, wenn es entsprechend energisch vertreten wird. In letzter Linie habe ich wegen meiner Person einige Bedenken. Ich bin in verantwortlicher dienstlicher Stellung und kann mich daher nicht mehr mit der Intensität der Agitation widmen wie beim Mozarthaus. Allerdings bist Du dafür dazu gekommen, und das gibt mir den Mut, die Sache weiter zu verfolgen  ; für mich allein müßte ich die herrliche Idee doch begraben. Meine Leute hier halten übrigens stramm zu mir und ich hoffe, sie werden am Montag die Gegner niederzwingen. Interessant ist übrigens auch, wie schwierig es ist, neue Leute für unsere Idee zu begeistern. Sie ist offenbar wirklich von einer Art, daß man sie nicht ohne weiters erpacken kann. Speziell die Örtlichkeit findet anfangs immer Widerstand, und die Abneigung gegen die Entfernung von Salzburg ist manchmal nicht zu besiegen. Nur tiefer denkende, auf die Psyche eines Festspielhauses eingehende Personen verstehen schließlich den großen Einfluß, den die herrliche Lage des Hauses auf die ganze Veranstaltung ausüben muß. Jetzt ist es übrigens auf der Damischhöhe182 wieder ganz herrlich schön  ; schade, daß wir uns nicht zusammen öfter an dem Anblicke stärken können. Über das Programm unserer nächsten Tätigkeit werden wir uns sofort auszusprechen haben, wenn der kritische Montag183 vorüber ist. Indessen herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]

182 Vgl. dazu Dok. 28 (H. Damisch an F. Gehmacher, 30.8.1916). 183 Die am 2. Oktober 1916 stattfindende Arbeitsausschusssitzung.

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72. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 28. September 1916. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihrer beiden Schreiben vom 25. und 26. d. M.184 sammt dem beiliegenden Grundbuchsauszug. Die übrigen mir angezeigten Ausweise habe ich noch nicht erhalten. Zu meinem gestrigen Briefe bezüglich des Wunsches der Frau Lehmann in das Kuratorium einzutreten, bemerke ich, daß sich die Sache selbstverständlich ganz genau so verhält, wie ich es Ihnen in meinem gestrigen Briefe mitgeteilt habe. Der Wunsch entspricht dem eigensten Antriebe der Frau Lehmann und habe ich darauf absolut keinen Einfluß genommen. Selbstverständlich bitte ich Sie dringendst, dahin zu wirken, daß nicht eventuell Gegner der Frau Lehmann auf den nicht sehr glücklichen Gedanken kommen, eventuell eine solche Wahl als unmöglich zu erklären oder dieselbe zu hintertreiben. Das würde selbstverständlich zu einem Bruche zwischen Frau Lehmann und dem Mozarteum führen. Übrigens halte ich es für sehr gut und ersprießlich, wenn Frau Lehmann in legaler Weise befugt ist, im Kuratorium mitzusprechen und mitzustimmen. Da können dann alle eventuell auftauchenden Differenzen immer auf direktem und korrektem Wege ausgetragen werden. Mein heutiger offizieller Brief an Sie findet seine Berechtigung darin, daß ich das Gefühl habe, daß Herr Gehmacher die Angelegenheit verschleppt. Zur ordnungsgemäßen und vereinbarten Erledigung der Sache gehört zu allererst die Einberufung der Sitzung des Zentralausschusses. Sollte diesem meinen Wunsche Rechnung getragen werden, so bitte ich um die seinerzeitige Zusendung eines Protokoll-Auszuges. Ich erkläre nochmals, daß ich persönlich gegen Gehmacher nichts habe, stimme Ihnen aber vollkommen darin bei, daß sein momentaner Seelenzustand kein normaler mehr ist. Das ist sehr traurig, doch kann man unmöglich die Rücksicht auf diesen persönlichen Zustand des Herrn Gehmacher so weit treiben, daß man seine sämmtlichen auf das Mozarteum einstürmenden Projekte einfach akzeptiert. Dazu ist das Mozarteum nicht da. Sie schreiben mir in Ihrem Briefe über die Anstellung eines Generalsekretärs. Diese Sache ist doch in unserer Sitzung, der ich in Salzburg beiwohnte, ausdrücklich zurückgestellt worden. Ich wüßte auch nicht, was dieser Generalsekretär für Agenden haben soll. Aus welchen Fonds soll derselbe bezahlt werden  ? Ich habe doch nach Salzburg geschrieben, daß das Unterrichtsministerium nach Friedensschluß unbedingt die Anstellung eines definiten Direktors verlangen wird. Woher sollen die Mittel kommen 184 Zu dem Schreiben vom 25. September ist keine Vorlage überliefert.

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für zwei neue hochbesoldete Stellen  ? Was ist das für eine neue Aktion des Herrn Gehmacher, zu welcher er diesen Generalsekretär braucht, der mit ihm »rücksichtslos durch dick und dünn gehen« soll  ? Jedenfalls würde ich mich gegen die Kreierung dieses neuen Postens absolut zur Wehre setzen und bin auch fest überzeugt, daß das Unterrichtsministerium die Kreierung einer solchen Stelle nicht genehmigen würde. Sie schreiben mir, daß es Ihnen seit meiner Abreise aus Salzburg gelungen ist, 2 neue Stifter für das Mozarthaus zu gewinnen. Sind das Stifter für das Mozarteum oder für das Geburtshaus  ? Sehr erfreulich ist Ihre Mitteilung, daß Scio sich bereit erklärt hat, die Option185 auf ein weiteres halbes Jahr zu verlängern, doch erlaube ich mir, Sie aufmerksam zu machen, daß eine Verlängerung der bisherigen Option nicht thunlich wäre, da wir ja jetzt eine Option haben wollen, in der von Umbauten, Tauschobjekten etc. nicht die Rede ist. Das Statuten-Exemplar habe ich, bestens dankend, erhalten. Mit besten Grüßen ergebenster /Lewicki/

73. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 28. September 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Herr Direktor Gehmacher hat bei seiner letzten Anwesenheit in Wien im Beisein des Herrn Damisch in der Festspielhaus-Angelegenheit mit mir eine Unterredung gehabt, in welcher wir einverständlich genau festlegten, in welcher Weise die durch die Aktion Gehmacher-Damisch hervorgerufenen Weiterungen auf möglichst rasche Weise applaniert werden sollen. Es wurde vereinbart, daß Herr Damisch an die Mozartgemeinde einen Brief richtet, in welchem er die in seinem ersten Briefe enthaltenen Anerbietungen widerruft. Herr Gehmacher versprach, diese beiden Schreiben zuerst dem Zentralausschusse der Mozartgemeinde, dann dem Arbeitsausschusse und schließlich der Vollversammlung des Kuratoriums raschestens vorzulegen. Ich erklärte Herrn Gehmacher, daß ich mit diesem Vorgange einverstanden sei und gab auch die Versicherung, daß damit diese Angelegenheit, soweit es auf mich ankommt, erledigt sei. Ich erklärte mich ferner bereit, den Inhalt unserer Unterredung der Frau Lehmann mitzuteilen. 185 Die Option auf den Ankauf von Mozarts Geburtshaus  ; vgl. dazu die Anm. in Dok. 51 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 14.9.1916).

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Herr Damisch hat diesen Brief abgesendet und mir eine Kopie desselben übergeben. Meinem Versprechen getreu, erstattete ich an Frau Lehmann einen Bericht über meine Unterredung mit Herrn Gehmacher und legte diesem Briefe auch eine Kopie des zweiten Briefes des Herrn Damisch bei. Ich habe also das Meinige raschestens und pünktlichst erfüllt. Zu meinem größten Bedauern ersehe ich aber, daß Herr Direktor Gehmacher die weitere Aktion in Salzburg nicht so betreibt, wie er es bei unserer Unterredung in Wien versprochenen hat. Zuerst hätten beide Briefe des Herrn Damisch, die beide an die Adresse der Mozartgemeinde nach Salzburg gerichtet sind, in einer ordnungsgemäßen Sitzung des Zentralausschusses der Mozartgemeinde vorgelegt werden müssen, da diese als Adressatin doch in erster Linie, ihrer Meinung Ausdruck geben muß und erst dann die an sie gerichteten Briefe mit ihrem Beschlusse dem Arbeitsausschusse vorlegen kann. Diese Sitzung des Zentralausschusses ist bis jetzt nicht erfolgt, denn die Versammlung der Mozartgemeinde am vergangenen Freitag war doch nur inoffiziell. Sie war ja keine regulär einberufene Sitzung, in welcher ordnungsgemäße Protokolle geführt werden. Es ist mir ganz unerfindlich, wie in der Arbeitsausschuß-Sitzung am 2. Oktober diese Briefe behandelt werden sollen, wenn nicht vorher der Zentralausschuß diese unbedingt notwendige Sitzung abhält. Ich bitte Sie, Herrn Gehmacher diese meine Bedenken mitzuteilen und ihm gleichzeitig mein Ersuchen zu übermitteln, diese unbedingt notwendige Sitzung des Zentralausschusses noch vor der Sitzung des Arbeitsausschusses einzuberufen. Die Einberufung dieser Sitzung ist von Herrn Gehmacher ganz klar versprochen worden. Auch Herr Damisch ist sehr erstaunt, daß die ganze Salzburger Entwirrungs-Aktion in so schleppender Weise vor sich geht, welche keineswegs das Bestreben zeigt, diese ganze peinliche Angelegenheit rasch aus der Welt zu schaffen. Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/

74. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 29./9.1916 abds. Lieber Freund, Deine Karte vom 27 d.186 erhielt ich heute früh, Deinen Brief vom 28. heute Mittags. Beide Mitteilungen klären die Lage völlig auf und ich begreife nicht, wozu die 186 Keine Vorlage überliefert.

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neuerliche Verhetzung nötig war. – Deine Broschüren- und Karten-Sendung habe ich schon gestern erhalten. Ich danke Dir bestens, muß aber dringend noch um folgendes bitten  : 1. Ansichtskarten mit dem Plainer Berg (so vielerlei zu haben sind) – eventuell eine übersichtliche Fotografie von unten woher. – 2. Ansichtskarten mit Aussicht Berg (Stadt, gegen Reichenhall).187 3. Die Statuten des Mozarteums und der Mozartgemeinde. – […] Ich bin schon sehr neugierig auf die Entwicklung der Dinge. Hoffentlich wird die Vergiftung der Situation nicht fortgesetzt. Es werden ja die lächerlichsten Dinge kolportiert. Herzlichst Dein Damisch

75. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 29. September 1916. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Soeben erhalte ich Ihre zwei Briefe.188 Zur Mozartgemeinde-Sitzung  : Ich habe mich bei einigen Herren, die am Freitag189 beim Gabler190 waren, erkundigt und die Aufklärung bekommen, daß wirklich eine solche Sitzung stattgefunden hat. Herr Gehmacher referierte über seine Unterredung mit Ihnen und teilte die Gesichtspunkte mit, unter welchen eine Einigung zwischen Ihnen und ihm erzielt wurde. Es wurden auch die beiden Schreiben verlesen und hierauf Professor Hackel mit dem Referat über diese Angelegenheit in der Arbeitsausschußsitzung betraut. Von einer Verschleppung von Seite Gehmachers kann absolut nicht die Rede sein, da auf Grund dieser Sitzung sofort eine Arbeitsausschußsitzung auf den nächstfolgenden Montag einberufen wurde, um die Angelegenheit ins Reine zu bringen, obwohl Montag ein Vortrag war, in welchen unser Präsident gehen mußte und obwohl derselbe unmittelbar vor seiner Abreise stand. Die zur Verfügung stehende kurze Zeit gestattete auch nicht auf das Thema weiter einzugehen und wurde die Arbeitsausschußsitzung auf Montag den 2. Oktober, unmittelbar nach der Rückkehr des Präsidenten, vertagt. Der Schwerpunkt liegt in der nächsten Arbeitsausschußsitzung, von welcher ich Ihnen das Protokoll einsenden werde. Die Mozartgemeindesitzung hat insoferne keine weitere Bedeutung, da die Mitglieder des Zentralausschusses zu den engeren Freunden Gehmachers gehören. Ich ersuche aber gegenüber Damisch über meine Mittei187 Bad Reichenhall, Kurstadt in Bayern, rund 18 Kilometer südwestlich von Salzburg. 188 Vgl. Dok. 72 und 73 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 28.9.1916). 189 Am 22. September 1916. 190 Hotel und Gasthaus Gablerbräu in der Linzergasse in Salzburg.

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lungen vorsichtig zu sein, da alles wieder – eventuell entstellt – nach Salzburg zurück den Weg findet. Die Verzögerung liegt einzig und allein darin, daß Doktor Sylvester und mehrere Herren des Ausschusses auf 8 Tage nach Gastein gefahren sind. Betreffend des Wunsches der Frau Lehmann, in das Kuratorium einzutreten, wiederhole ich noch einmal dringendst meine Bitte, denselben in einem offiziellen Schreiben an das Kuratorium bekannt geben zu wollen und zwar ohne Rücksicht oder Bezugnahme auf Ihre diesbezüglichen Schreiben an mich. Die ganze Angelegenheit ist sehr heikler Natur und ist es besser, wenn meine Person dabei ausgeschaltet wird. Selbstverständlich wird es meine Aufgabe sein, die Sache so einzuleiten, daß sie auch zu einem glücklichen Ende geführt wird. Hiebei braucht man sich nicht überstürzen, da ja der Mozarttag erst im November stattfindet. Mit den besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Dr. L. Sedlitzky/

76. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky191 Wien, den 30. September 1916. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Ihr wertes Schreiben vom 28. d. M.192 habe ich, bestens dankend, erhalten. […] Sehr erstaunt bin ich über Ihren Wunsch, die Lehmann-Angelegenheit in einem »offiziellen« Briefe an das Mozarteum zu erledigen. Mein rekommandiertes Schreiben vom 27. d. M. ist ein offizieller Brief.193 Derselbe ist an Sie in Ihrer Eigenschaft als Sekretär des Mozarteums, also als Chef der Administration gerichtet, und in dieser Eigenschaft sind Sie die offizielle Stelle des Mozarteums, welche Schriftstücke, welchen Inhaltes immer in Empfang zu nehmen und weiter zu leiten nicht nur berechtigt sondern auch verpflichtet ist. Ich kann daher zu meinem Bedauern ein weiteres Schreiben in dieser Sache nicht an das Mozarteum richten, sondern muß Sie bitten, dieses Schreiben ordnungsgemäß an das Präsidium weiterzuleiten. Ich habe auch am selben Tage mit der gleichen Post an Frau Lehmann gemeldet, daß ihrem

191 Dieser Brief bezieht sich überwiegend auf die Verhandlungen bezüglich eines Ankaufs von Mozarts Geburtshaus durch die ISM. Die Verbindung zur Festspielhaus-Aktion ergibt sich allein schon dadurch, dass Gehmacher bei beiden Vorhaben mitwirkte, was ein partielles Zusammenwirken mit den Gegnern der Festspielhaus-Angelegenheit erforderlich machte. 192 Vgl. Dok. 75 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 29.9.1916). Lewicki datiert den Brief hier einen Tag früher. 193 Vgl. Dok. 70 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 27.9.1916).

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Wunsche gemäß ein offizielles Schreiben nach Salzburg abgegangen sei und ich kann mich unmöglich Lügen strafen. […] Beiliegend übersende ich Ihnen die Abschrift eines Schreibens des Herrn Spängler, welches für unsere Geburtshaus-Aktion sehr erfreulich ist. Ich bitte Sie, gütigst veranlassen zu wollen, daß mit Herrn Scio die Unterhandlungen sofort eingeleitet werden. Selbstredend müßte man auf seine Bedingung, daß er eine gewisse Reihe von Jahren in seinem gegenwärtigen Lokale bleiben kann, eingehen. Es wird Sache der Unterhändler sein, dahin zu wirken, daß dieser Zeitraum ein möglichst kurzfristiger sei. In Ihrem Briefe vom 23. d.194 teilen Sie mir mit, daß mit den Unterhandlungen mit Scio Bürgermeister Ott, Dr. von Peyrer und Direktor Gehmacher betraut werden, in Ihrem Schreiben vom 26.195 teilen Sie mir aber mit, daß in der Montag-Sitzung196 für diese Unterhandlungen Bürgermeister Ott und Herr Gehmacher bestimmt worden seien. Ist also Dr. v. Peyrer nicht in der Zahl der Unterhändler  ? Da Bürgermeister Ott wohl nicht die Zeit haben dürfte, sich intensiv um diese Verhandlungen zu kümmern, so würden dieselben allein in der Hand Direktor Gehmachers liegen. Ganz privatim erlaube ich mir, Ihnen meine Bedenken auszusprechen. Ich habe die Empfindung, daß Direktor Gehmacher überhaupt kein Freund des Geburtshaus-Projektes ist, zweitens dürfte Gehmacher mit Spängler auf einem keineswegs guten Fuße stehen, was auch auf Herrn Scio abfärben dürfte. Sollte also im Laufe der Verhandlungen die Intervention des Herrn Spängler notwendig werden, so wäre es nicht sehr günstig, wenn Herr Gehmacher mit ihm verhandeln würde. Ich wäre daher sehr dafür, wenn Dr. von Peyrer in die Zahl der Unterhändler aufgenommen und mit der eigentlichen Leitung der Verhandlungen betraut würde. Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster /Lewicki/ 2 Beilagen.

194 Vgl. Dok. 61 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 22.9.1916). 195 Vgl. Dok. 68 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 26.9.1916). 196 Sitzung des Arbeitsausschusses des Kuratoriums der ISM am 2. Oktober 1916.

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77. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 2. Oktober 1916. Hochwohlgeboren Herrn Dr. Ludwig Sedlitzky, Sekretär des Mozarteums in S a l z b u r g . Bei meiner Unterredung mit Herrn Direktor Gehmacher, in welcher zwischen uns eine Einigung wegen der Briefe des Herrn Damisch erzielt wurde, wurde vereinbart, daß diese Briefe nacheinander 1.) dem Zentralausschusse, 2.) dem Arbeitsausschusse und 3.) dem Kuratorium vorgelegt werden und daß ich von allen diesen Sitzungen die betreffenden Protokoll-Auszüge bekommen werde. Wie ich höre, hat die Sitzung des Zentralausschusses Freitag, den 22. d.197 stattgefunden, ohne daß ich bis jetzt in den Besitz des versprochenen Protokoll-Auszuges gelangt wäre. Ich ersuche Sie daher, bei Herrn Direktor Gehmacher dahin vorstellig zu werden, daß ich so rasch wie möglich einen Protokoll-Auszug über diese Sitzung bekomme. Auch in dem Falle, falls der Zentralausschuß überhaupt keine Protokolle führen sollte oder über diese Sitzung ein Protokoll nicht geführt worden wäre, so muß ich doch in Konsequenz meiner Vereinbarung mit Herrn Direktor Gehmacher das Ersuchen stellen, daß über diese Sitzung nachträglich ein Protokoll verfertigt und mir ein Auszug aus demselben zugesendet werde. Ich habe über meine Vereinbarungen mit Herrn Direktor Gehmacher an Frau Kammersängerin Lehmann ausführlich berichtet und muß mich daher auch ausweisen, daß alle in dieser Einigung festgesetzten Bedingungen genau eingehalten werden. Hochachtungsvoll ergebenst /Lewicki/

197 Gemeint ist hier der 22. September 1916.

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78. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 3. Oktober 1916 Lieber Freund  ! Gestern hat also die Sitzung des Arbeits-Ausschusses, an der alle Mitglieder desselben und der Kassier Klein (der nicht im Arbeits-Ausschusse ist) teilgenommen haben, stattgefunden. Die Beschlüsse sind nach eingehender Aussprache ganz im Sinne unserer Abmachungen ausgefallen. Das Büro wird Dir offiziell davon Mitteilung machen. Die Wiener-Vereinigung wird vom Mozarteum offiziell begrüßt und es werden mehrere Mitlieder des Kuratoriums gebeten, in den Ausschuß der Vereinigung einzutreten. Nun ist hoffentlich der formelle Streit beendigt und die positive Arbeit kann beginnen. Eine wesentliche Abänderung der Beschlüsse des Arbeits-Ausschusses durch das Kuratorium ist ganz ausgeschlossen, da der erstere die Beschlüsse stimmeneinhellig faßte und numerisch im Kuratorium das Übergewicht hat. Die schönste Antwort auf die von unseren Gegnern im Vorverfahren gemachten Schwierigkeiten wäre jetzt ein voller Erfolg. Ob wir einen solchen in den jetzigen schweren Zeiten erringen können, ist wohl fraglich, jedenfalls müssen wir uns aber bemühen, alles daran zu setzen, um die Sache langsam in Fluß zu bringen. Von Deiner Person hängt natürlich das meiste ab, da ich, wie ich Dir schon mehrmals darlegte, durch meine dienstliche Stellung stark in Anspruch genommen bin. Aber ich werde tun, was ich kann. Du sprichst in Deinem letzten Schreiben wiederholt von geheimnisvollen Umtrieben u. dgl. Ich weiß nicht, was Du darunter verstehst  : ich bin über die Vorgänge in Wien natürlich nicht unterrichtet, aber das eine steht fest, daß von hier aus oder besser gesagt, von den im Kuratorium sitzenden Mitgliedern des Mozarteums weiterhin keinerlei Gegenagitation zu befürchten ist. Es ist die Angelegenheit gestern so gründlich und loyal verhandelt worden und unsere Gruppe hat sich so wacker gehalten, daß auch die unduldsamsten Zweifler und Nörgler, insbesonders auch Herr Kerber, vollständig bekehrt wurden. Wenn wir nunmehr einigermaßen vorsichtig zu Werke gehen und einen Widerspruch nicht selbst herausfordern, so glaube ich, daß unsere Arbeit eine weitere Störung nicht erfahren wird. Also Heil unserer schönen Sache und auf gut Gelingen. Mit allem Herzlichen Dein [Friedrich Gehmacher] NB. Ich erwähnte wegen der nun zu unternehmenden Schritte Deine Vorschläge.

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79. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Café Kremser 3.10.1916 abds. Lieber Freund, Deine Karte habe ich erhalten. Bin sehr gespannt, wie sich die Dinge entwickeln werden, da ja offenbar ein konzentrischer Angriff geplant ist und man Dir die M.G.198 aus der Hand nehmen will (Statuten-Änderung etc.). Frau L199 scheint ganz die Contenance verloren zu haben, schickt ein dringendes Telegramm um das andere, Briefe schwirren nur so durch die Luft, und die Anhänger patriarchalisch-beschaulicher Tätigkeit sind ganz aus der Ruhe gebracht.200 Ich sehe eine Menge merkwürdiger Dinge und hoffe, daß auch Du sie siehst. Das Funktionieren des gegnerischen Apparates ist ja leicht zu durchschauen. – Hier beginnt bereits die Saison. Wühlerchen201 ist gerade recht gekommen. Gestern schickte ich sie zur neuen Lehar-Operette,202 heute hat sie Dr. Scheyer in Obhut genommen. Ich war gestern abends in der Generalprobe, die aber nur für Kritiker und Mitglieder des Hauses zugänglich ist, weshalb ich W. nicht mitnehmen konnte. Sie geht aber morgen zur Premiere. – Schade daß wir uns jetzt nicht sprechen können. Eine kleine Möglichkeit ist vielleicht zu Weihnachten. – Grüße mir alle lieben Bekannten. Dir wünsche ich Heil und Sieg. Alles Herzliche Dir und Deiner Familie. Frl. Mitzi203 bekommt nächstens eine schöne Ansichtskarte. Dein Damisch

198 Gemeint sind die Agenden Gehmachers bei der Mozarteums-Gemeinde. 199 Lilli Lehmann. 200 Nach Ansicht Oskar Holls zeigt diese ironische Bemerkung, dass den Verfechtern der Festspiel-Idee bewusst war, mit ihrem Plan einen neuen Stil zu begründen, der mit der bürgerlichen Musikpflege des 19. Jahrhunderts nicht mehr übereinstimmte (vgl. Oskar Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele. Unveröffentlichtes aus der Korrespondenz der Gründer. In  : Maske und Kothurn 13 [1967], H. 2/3, S. 148–179, hier S. 165). 201 Else Wühler(-Hallauer)  ; vgl. die Anm. in Dok. 32 (H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.1916). 202 Franz Lehár (1870–1948), österr.-ungar. Komponist. Vermutlich handelt es sich hier um die Operette Die Sterngucker, die nach ihrer wenig erfolgreichen Uraufführung am 14. Jänner 1916 im Theater in der Josefstadt in einer zweiten Fassung ab 27. September 1916 gezeigt wurde. 203 Maria Gehmacher (1902–1966), die Tochter Friedrich Gehmachers.

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80. Ludwig Sedlitzky an Heinrich Damisch Salzburg, den 4. Oktober 1916. Sehr geehrter Herr Damisch  ! Im Auftrage des Präsidiums erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß Montag d. 2. Oktober eine Arbeitsausschußsitzung abgehalten wurde, in der auch die von Ihnen eingeleitete Aktion »Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg« zur Behandlung kam. Herr Prof. Dr. H. Hackl204, mit dem Referat über diesen Punkt der Tagesordnung betraut, brachte Ihre beiden Schreiben vom 4. und 18. September205 zur Verlesung. Auf Grund eines mit Stimmenmehrheit gefaßten Beschlusses hab ich nun das besondere Vergnügen, Ihnen folgendes zur Kenntnis zu bringen  : Ihre Ausführungen vom 4. September begegneten dem regsten Interesse aller anwesenden Herrn und wurde festgestellt, daß man Ihrem großzügigen Projekte sympathisch gegenübersteht. Mit Rücksicht auf die bestehenden Abmachungen ist das Kuratorium mit der Konstituierung des Vereines einverstanden und würde es begrüßen, wenn Mitglieder des Kuratoriums der Leitung des Vereines als Delegierte des Mozarteums beigezogen werden würden. Falls verehrter Herr Damisch mit diesem Vorschlage einverstanden sind, werden Sie ersucht, die Satzungen des neuen Vereines vor Einreichung bei der politischen Behörde zur Einsichtnahme übersenden zu wollen. Auch bitten wir, uns die Zahl der zu delegierenden Mitglieder bekanntgeben zu wollen. Für das Kuratorium des Mozarteums in Salzburg der Sekretär  : Dr. Ludwig Sedlitzky

204 Heinrich Hackel  ; vgl. die Anm. in Dok. 60 (Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses, 21.9.1916). 205 Für das Schreiben vom 18. September ist keine Vorlage überliefert.

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81. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 5. Oktober 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Ich bestätige den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 3. d. M. mit den beiliegenden beiden Protokollauszügen.206 Zu meinem größten Bedauern muß ich konstatieren, daß Herr Gehmacher die mit mir getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten hat, ja im Gegenteil in der Sitzung des Zentralausschusses einen Bericht erstattet hat, der sich mit unseren Abmachungen keineswegs deckt. In diesem Protokolle referierte Herr Gehmacher unter anderem folgendermaßen  : Herr Damisch wünscht aber, um doch wenigstens eine Beziehung zum Mozarteum aufrecht zu erhalten, daß einige Herren aus dem Kuratorium in den Ausschuß des neu zu gründenden Vereines eintreten  ; auch damit erklärt sich Herr von Lewicki einverstanden. Das ist ein ganz falsches Referat des Herrn Gehmacher. Herr Damisch schnitt allerdings die Frage an, ob Mitglieder des Kuratoriums in seinem zu bildenden und mit dem Mozarteum in keiner Verbindung stehenden Vereine Mitglieder werden können, worauf ich erwiderte, daß selbstverständlich jedes Mitglied des Kuratoriums in jeden ihn beliebigen Verein eintreten könne, nicht aber in seiner Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied, da ja die Tendenz unserer Vereinbarung dahin geht, das Mozarteum in keiner Weise mit diesem neu zu bildenden Verein in Konnex zu bringen. Aus dem Protokolle des Arbeitsausschusses ersehe ich zu meinem Erstaunen, daß das Kuratorium an Herrn Damisch einen Brief schreiben will, daß es mit der Konstituierung des Vereines einverstanden sei und es begrüßen würde, wenn Mitglieder des Kuratoriums der Leitung dieses Vereines als Delegierte des Mozarteums beigezogen werden würden. So ist also gerade das Gegenteil von dem geschehen, was ich mit Herrn Gehmacher vereinbart hatte. Das Mozarteum hat durch diesen Beschluß das Projekt des Herrn Damisch zu dem seinigen gemacht und ist moralisch vor der Oeffentlichkeit an dieses Projekt gebunden. Da Herr Gehmacher seine Abmachungen mit mir nicht eingehalten hat, so halte auch ich mich nicht mehr an dieselben gebunden. Nach wie vor halte ich jede Verbindung des Mozarteums mit dem Festspielhause für unser Institut für verderblich. Die ganze Angelegenheit muß ja jetzt nochmals vor die Vollversammlung des Kuratoriums kommen. Ich würde den Herren dringendst raten, das Unterrichtsminis-

206 Keine Vorlage überliefert.

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terium zu bitten, zu dieser Sitzung einen Delegierten einzuladen, da ja in einer so wichtigen Angelegenheit die oberste Aufsichtsbehörde ihr Votum abgeben muß. Ich bitte Sie, von diesen meinen Aeußerungen Herrn Gehmacher freundlichst Mitteilung machen zu wollen. Wann findet die Vollversammlung des Kuratoriums statt  ? […] Mit besten Grüßen ergebenster /Lewicki/

82. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 5. Oktober 1916. Verehrteste gnädige Frau  ! Beiliegend übersende ich Ihnen Abschriften der mir heute zugegangenen ProtokollAuszüge. Herr Gehmacher hat seine Abmachungen keineswegs eingehalten. Meine Bedenken ersehen verehrteste gnädige Frau aus beiliegender Kopie des Briefes, den ich an Dr. Sedlitzky richtete. Es zeigt sich eben immer mehr, was Gehmacher für ein Charakter ist  : Eine Vereinbarung loyal einhalten, ist für diesen Menschen ein Ding der Unmöglichkeit. Zur Arbeitsausschuß-Sitzung konnte ich nicht nach Salzburg fahren, da ich nicht Mitglied des Arbeitsausschusses bin und nicht riskieren konnte, daß mir dies unter die Nase gerieben wird. Ich bin überzeugt, daß Gehmacher dies auf die eine oder die andere Weise getan hätte. Ich halte den Zeitpunkt jetzt für gekommen, die von Seiner Excellenz verfaßte Erklärung an das Mozarteum abzusenden. Ich bitte mir aber gefälligst mitteilen zu wollen – womöglich telegraphisch – ob ich, selbstverständlich nicht offiziell sondern nur offiziös, Excellenz Stibral als Verfasser dieser Erklärung nennen darf. Wäre es nicht gut, wenn Sie, verehrteste gnädige Frau, Kerber telegraphisch nach Salzburg berufen würden, um die Angelegenheit mit ihm zu besprechen  ? Die beiden Protokoll-Abschriften bitte ich mir nicht zu retournieren, ebenso die Kopie des Briefes an Sedlitzky, da ich Abschriften davon besitze. Mit Handkuß ganz ergebenster /Lewicki/

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83. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 6. Oktober 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Als ich gestern den Brief an Sie expediert hatte, kam ein Schreiben der Frau Lehmann,207 welches zur Folge hatte, daß ich ihre Erklärung, die Sie schon in Händen haben dürften, sofort an das Kuratorium absendete. Zu diesem Schriftstücke kann ich Ihnen ehrenwörtlich versichern, daß ich auf den Inhalt desselben keinen Einfluß nahm. Dasselbe wurde mir schon vor längerer Zeit von Frau Lehmann mit dem Auftrage übersendet, es vervielfältigen zu lassen. Jedenfalls ist dasselbe ausgezeichnet geschrieben und erfaßt die ganze Situation mit äußerst klarem Blicke. Selbstverständlich bin ich mit dem darin Gesagten sowohl was die Form als auch den Inhalt betrifft, vollkommen einverstanden und kann nur hoffen, daß das Kuratorium diesen äußerst vernünftigen und gemäßigten Vorschlägen Gehör schenken wird. […] Mit besten Grüßen Ihr ergebenster /Lewicki/

84. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 7-10-16 Lieber Herr v. Lewicki, Sie erhielten m[ein] Telegramm spät  ; wie Sie sehen war ich – auf Ihren gestr[igen] Br[ief], nach Beratung mit m[einem] Mann, nach Salzburg gefahren, um mit Ehmig und Kerber selbst zu sprechen, die ich dann auch glücklich erwischte. Wenn ich Ihnen alles sagen wollte, was sie geredet, müßte ich Bogen füllen. Aus dem Protokoll wissen Sie ja, daß Kerber es zu einem neuen Statut  : betreffs der Gelder die der Mozartgemeinde zufließen, die von dieser alljährlich verrechnet werden müssen, gebracht hat. G.macher wollte, daß die Gemeinde damit nach Belieben schalten und walten könne ohne apart Buchung dafür abzulegen. Was ich hörte u sah ist folgendes  : daß das ganze Mozarteum einzig und allein nach G.machers Pfeife tanzt  ; jeder die Arbeit seinem Willen aufgiebt u. nur hinterher sagt  : ja, das wollten wir nicht, das hat GM allein gemacht, das ist hinter m[einem] 207 Keine Vorlage überliefert.

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Rücken geschehen, davon weiß ich nichts, so schlimm ist das nicht, das wird ja nie dazu kommen etz. etz. – in infinitum. Tatsache ist, daß  : Ausgaben in Bausch und Bogen aufgeschrieben unverrechnet eingetragen und nicht & von niemand kontrolliert werden. Kerber meint sogar, daß der Platz um den es sich im Festspiel-Spiele handelt und im Privatbesitz irgend jemandes ist, bereits in die Unterhandlungen der Rückenspieler eingereiht sei. Da ich mit Ehmig und Kerber darüber sprach, noch vor m[einer] Abreise eine Sitzung einzuberufen, so meinten sie, daß ich das als Ehrenpräsidentin sofern könnte, daß ich um eine Auschußsitzung der Mozart Gemeinde, für den 12. oder 13. bäte, 1 Tag bevor die Kuratoriumssitzung stattfindet, in der dann das, was vorher besprochen, eingebracht werden soll, und in der ich als Gast anwesend sein würde. In der I. Sitzung, die K[erber] bei Huttary, Busoni208 etz. angehen will, will Kerber sagen, daß ich besonderen Wert darauf legte, GMacher vorzufinden. Dieser hat schon im Kuratorium resp. Arbeitsausschußsitz etz. gesagt  ; daß |jetzt| Kräfte mitwirkten, die gegen ihn intrigierten. Das sind wir, Sie u ich. – Ich will nun hoffen, daß diese Sitzung zustande kommt. GMacher drückt sich vor jeder Sitzung, wo er recht behalten will, oder Unklarheit. So war er auch auf der letzten Sitzung nicht erschienen und läßt dann s[einen] Kreis für sich handeln unter dem v. Peyrer den I. Platz einnimmt, drin GMacher aufgeht. – Die Protokolle die Sie erhalten sind unvollständig. Kerber erzählte mir vielerlei Vorkommnisse, die nicht darin stehen, und sagt, daß diese Protokolle nach Willkür der betreffenden Persönlichkeiten verfaßt würden. Sedlitzki ist ein Waschlappen der sich ewig ängstigt, s[eine] Stellung zu verlieren, und tut was jeder sagt und will. – Bei uns wird kein Brief von Wichtigkeit geschrieben, der nicht vom juridischen Beirat gegeben, von demselben nach Fertigung nochmals durchgesehen und dann erst abgesandt wird. So arbeiten wir. Mit unsern Augen der Gesetze, der |Vereinsrechte|, wären das, was diese Herren alle treiben, strafbare Vergehen. Wie soll man mit solchen Menschen, solch einem Verein arbeiten  ? Das ist ja fast unmöglich, wenn man nicht auf gleiches Niveau sinken will wie diese  ? Schon daß ein H. Damisch als Handlanger des Mozarteums auftreten kann, ist beschämend, für mich wenigstens. H. G. hat aber kein Schamgefühl, sonst wäre das unmöglich. – Über die Auswahl derjenigen Kuratorium Mitglieder, die dem zu gründenden Damisch-Verein beigegeben sein sollen, damit das Mozarteum die Hand über die Absichten nicht verliere, hörte ich  : »wer diese Mitglieder sein werden (Achselzucken von Ehmig), das weiß man nicht, wird wohl Partei des Herrn GM werden.« (erneutes Achselzucken.) Nun kommt es darauf an, was ich nun als klug tun muß  ; welche Fragen ich stellen muß, was fordern  ? (G Macher ist auch wütend, daß ich die Gelder fürs Haus an 208 Ferruccio Busoni (1866–1924), ital. Pianist, Komponist und Dirigent.

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Cassier Baldi gegeben, daß ich ein eigen Buch verlangt habe etz., denn alles soll in einem Topf liegen und von ihm gebraucht werden können.) Was also verlange ich, was ist wichtig, was klug  ? Die Flinte ins Korn werfen möchte ich der heiligen Sache wegen nicht. Sagen Sie mir die wichtigtsten Punkte & mit m[einem] Mann werde ich auch noch darüber beraten. Um dem Ganzen nicht zu schaden, muß man vorsichtig sein. Wenn ich aber keine bessere Ordnung und keine Aussicht sehe einer vereinten Arbeit, dann danke ich für den Titel der Ehrenpräsidentschaft, der nur Herrn GMacher und der Sache gar nichts nützt. Die 12.000 Kr[onen] habe ich in Wien für das Haus209 durch Herrn Hieke210 angelegt, die liegen in dem Safe der Escomptebank wohl verwahrt, und keinen Pfenning bekommt H. GMacher oder das Mozarteum mehr in die Hand. Nun leben Sie wohl. Es tut mir so leid Sie so zu quälen, ich selbst bin aber auch ein Opferlamm. Stibral sehen Sie wohl in Wien, ich sprach s.[eine] Gattin gestern, als ich zur Bahn ging, sie war nicht daheim. Also offiziös dürfen Sie alles mit der Erklärung machen. Übrigens liegt sie im Mozarteum aus, und ich gab daraufhin Ehmig ein Expl. als unverwendbar bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, und eines an Kerber der es bereits kannte. Versah beide mit m[einer] Unterschrift. Herzlichst Gruß Lilli Lehmann

85. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Wien, den 7. Oktober 1916. Sehr geehrter Herr  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres sehr geschätzten Schreibens vom 5. d. M.211 […] Das Treiben Gehmachers in der Festspielhaus-Angelegenheit ist derartig, daß ich der Ansicht bin, daß er sich in einem pathologischen Nervenzustande befindet, denn ich halte es für ganz unmöglich, daß Jemand aus Böswilligkeit so handelt. Nur sein Wille soll gelten, nur seine Person im Vordergrund stehen, wenn er auch damit das ganze Mozarteum über den Haufen wirft. Die Vorgänge der jüngsten Zeit haben in mir den Gedanken gereift, eine Statutenänderung zu beantragen, deren Tendenz 209 Gemeint sind hier vermutlich Mittel für den Erwerb von Mozarts Geburtshaus durch die ISM. 210 Nicht ermittelt. 211 Keine Vorlage überliefert.

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dahin geht, Quertreibereien möglichst zu verhindern und das Kuratorium wieder in seine Rechte einzusenden, die nach und nach fast sämmtlich in das nebulose Gebilde der Mozartgemeinde übergegangen sind. Ich erlaube mir Ihnen eine Kopie dieser Statutenänderung einzusenden und würde Sie sehr bitten, mir Ihre Ansicht darüber bald mitteilen zu wollen, damit ich dieselbe vor Absendung meines Elaborates nach Salzburg noch in Verwendung bringen kann. Mit besten Empfehlungen ganz ergebenster /Rud. v. Lewicki/

86. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 7.10.1916 Lieber Freund Deinen und Sedlitzkys Brief habe ich mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Ich betrachte die Angelegenheit als geordnet, wenn auch die Gegner neuerdings Wut schnauben. Es zeigt sich immer mehr, daß es ihnen gar nicht sosehr um unser Projekt als um persönliche Dinge handelte und daß die Seele des Widerstands Geh. R. Dr. Sti…l212 ist. Ich werde Dir nächstens mehr schreiben. Meine offizielle Erwiderung auf Sedlitzkys Mitteilung geht – in zustimmendem Sinn – Montag ab. – Kann ich nicht die Statuten des Mozarteums und der Mozartgemeinde haben  ? Herzlichen Gruß Dein Damisch

87. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 7.10.1916 abds. Lieber Freund, zu Deiner ganz privaten Information teile ich Dir mit, daß Lewicki wieder verschiedene Aktionen gegen Dich plant. Er erklärt, die offizielle Delegierung von Kuratoriumsmitgliedern in den Ausschuß der Meisterspielhaus-Gemeinde213 sei ein Bruch des Übereinkommens, welches jede offizielle Beteiligung des Mozarteums ausschließe. 212 Gemeint ist Franz Stibral  ; vgl. die Anm. in Dok. 11 (H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915). 213 Die Verwendung der Bezeichnung »Meisterspielhaus-Gemeinde« soll – so die Hoffnung Damischs – den Gegnern der Festspielhausidee den Wind aus den Fahnen nehmen.

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Daher erachtet er sich auch nicht an den Burgfrieden gebunden und eröffnet den Kampf gegen Dich durch Übersendung einer vorbereiteten Streitschrift der Frau Lehmann. Weiters will er Statuten ausarbeiten, die Deinen Einfluß vollkommen beseitigen, und Anträge beim Mozarttag (den er persönlich besuchen will) einbringen, die dasselbe in verstärktem Maße bezwecken. Er erklärt, daß Du unsere Gegner offenbar dirigiert hast, besonders Kerber, und daß demnächst der Mann, der hinter der Lehmann steht, hervortreten und in die Ereignisse eingreifen werde. Er hat mir noch eine Menge übertriebener und auch kleinlicher Dinge mitgeteilt, über die ich ihm aber versprechen mußte, Stillschweigen zu bewahren. Besonderen Eindruck scheint er sich von dem Verlangen nach Entsendung eines Regierungsvertreters zur Kuratoriumssitzung bezw. zum Mozarttag zu versprechen. – Andererseits hat er mir gestern erklärt, daß er sich so abgespannt und nervös fühle, daß er auf 4 Wochen nach Baden214 müsse. – Jedenfalls sei auf starke Angriffe gefaßt. Für mich und die Meisterspielhausgemeinde ist die Sache erledigt und ich gehe sofort in medias res  ! – Nur die Sendung der Statuten und passender Ansichtskarten von Plain und Richtung Reichenhall möchte ich erbitten. Weiteres demnächst. Herzliche Grüße an Peyrer, Hackl,215 Mussoni, Huttary und Klein, sowie besonders an Dich von Deinem Damisch

88. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 8./10.1916 Lieber Freund, mit gleicher Post sende ich beiliegendes Schreiben216 im Original an das Mozarteum. Die Vorbereitungen zur Konstituierung des neuen Vereins habe ich in Angriff genommen. Herzlichen Gruß Dein Damisch

214 Baden bei Wien, Kurort. 215 Heinrich Hackel  ; vgl. die Anm. in Dok. 60 (Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses, 21.9.1916). 216 Vgl. Dok. 89 (H. Damisch an das Mozarteum Salzburg, 7.10.1916).

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89. Heinrich Damisch an das Mozarteum Salzburg217 Wien, den 7. Oktober 1916 Hiezu erkläre ich nun, daß ich mit vorstehendem Vorschlage vollinhaltlich einverstanden bin. Ich werde die Satzungen des neuen Vereines ehestens an das Mozarteum zur Begutachtung übersenden und teile mit, daß ich die Absicht habe bezüglich der Leitung des neuen Vereines folgenden Vorschlag zu machen  : Die Leitung des Vereines soll aus 24 Mitgliedern bestehen, hievon sollen 9 in Salzburg sich befinden. Beschlüsse über den Bauplatz und das Bauprojekt sollen der Zwei Drittel-Majorität bedürfen. Präsident des Vereines soll eine hervorragende Persönlichkeit in Wien sein, von den zwei Vizepräsidenten soll einer in Salzburg und einer in Wien gewählt werden. Der Finanzausschuß soll sich aus den Salzburger Mitgliedern konstituieren (da Salzburg der Bauort ist), die gesamte Geldgebarung soll nach Salzburg verlegt werden und durch einen dortigen Zentralkassier durchgeführt werden. In Wien und seinerzeit an anderen Orten, in denen die Meisterspielhausgemeinde Ortsgruppen errichten wird, sollen bloß finanzielle Durchlaufstellen bestehen. Bezüglich des Abkommens, welches ich und Herr Direktor Fritz Gehmacher mit Herrn von Lewitzky als Vertreter der Opposition gegen ein Festspielhaus in Salzburg abgeschlossen haben, erlaube ich mir festzustellen, daß damals abgemacht wurde, daß meine beiden Schreiben vom 4. und 18. September geschäftsordnungsgemäß in Behandlung genommen werden und daß dem Beitritte von Mitgliedern des Kuratoriums des Mozarteums zu dem neu zu gründenden Vereine bezw. in die Leitung desselben nichts im Wege stehen kann. Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochachtung [Heinrich Damisch]

90. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 9. Oktober 1916. Geehrter Herr Doktor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 6. d. M.218 Die Hartnäckigkeit Gehmachers hat die Situation allerdings außerordentlich kompliziert und es ist dringend an der Zeit, daß Ordnung geschafft wird. Selbstver217 Dieser Brief nimmt Bezug auf das Schreiben Ludwig Sedlitzkys an Heinrich Damisch vom 4. Oktober 1916 (Dok. 80)  ; vgl. dazu auch die Anmerkungen im editorischen Anhang. 218 Keine Vorlage überliefert.

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ständlich handelt es sich heute nicht mehr allein um die Festspielhaus-Idee, sondern darum, ob Gehmacher auch weiterhin mit Außerachtlassung aller Satzungen des Mozarteums den Herrn und Meister spielen soll und darf und diejenigen Kuratoriums-Mitglieder, die nicht seinem Willen blind folgen, einfach aus dem Kuratorium hinausdrängt. Daß Sie sich aufregen, finde ich ganz begreiflich. Auch ich, der ich weit vom Schusse bin, bin durch die ewigen Aufregungen schon ganz kaputt, abgesehen davon, daß mir diese Quertreibereien eine kolossale Summe von gänzlich überflüssiger Arbeit bereiten, die ich kaum mehr bewältigen kann. Von Frau Lehmann bekam ich gestern und heute ausführliche Briefe über ihre Salzburger Besprechungen und die Ankündigung von 2 Sitzungen. Trotzdem es mir ein großes Opfer kostet – ich bin auch gar nicht wohl – nach Salzburg zu kommen, so habe ich mich doch entschlossen, dies zu thun. Ich werde also Mittwoch oder Donnerstag, je nachdem die Sitzung stattfindet, kommen, obwohl ich die damit verbundenen Aufregungen außerordentlich fürchte. Ich bitte mir also sofort nach Erhalt dieses Briefes zu depeschieren, für welchen Tag und für welche Stunde diese Sitzungen anberaumt sind. Vielleicht ist es Ihnen möglich, vormittag eine telephonische Verbindung herzustellen. /Ich will 1 Tag vor der ersten Sitzung eintreffen. Ich werde Sie bitten, mir für den Tag meiner Ankunft im H Schiff219 ein geeignetes Zimmer zu bestellen – bin noch immer stark verkühlt/ 220 [Rudolf von Lewicki]

91. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 9. Oktober 1916. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! […] Die Anmeldung der Kandidatur der Frau Lehmann für das Kuratorium habe ich bereits unserem Herrn Präsidenten sowie auch Herrn Kerber mitgeteilt. Erachte es aber nicht für gut einstweilen weitere Herren einzuweihen, da bis zum Mozarttage noch eine ziemlich lange Spanne Zeit hin ist und man in dieser Angelegenheit sehr vorsichtig zu Werk gehen muß. Ich muß Gelegenheit haben noch mit anderen Herren [zu reden], von denen ich weiß, daß sie dieser Idee sympathisch begegnen

219 Hotel zum Goldnen Schiff, ehemaliges Hotel am Residenzplatz in Salzburg. 220 Der Schluss des Briefes ist nicht überliefert.

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werden. Erst dann wird in einer Arbeitsausschußsitzung die Wahl der Frau Lehmann angeregt werden. Wenn es sich wirklich bewahrheiten sollte, daß Sie zu den beiden nächsten Sitzungen nach Salzburg kommen, begrüße ich das mit Freuden, da ich mir von einer mündlichen Aussprache am ehesten eine Schlichtung der bestehenden Gegensätze verspreche. […] Auf baldiges Wiedersehen Ihr sehr ergebener /Dr. L. Sedlitzky/

92. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 10. Oktober 1916. Lieber Freund  ! Der Arbeits-Ausschuß hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Opposition setzt jetzt kräftig ein und Donnerstag findet eine Sitzung des Ausschusses der Mozartgemeinde statt, welcher als Norm die Dir bekannten Ausführungen Stibral – Lewicki – Lehmann zur Beschlußfassung vorliegen werden. Das Ergebnis kann nicht zweifelhaft sein, da es unmöglich ist, die genannten Persönlichkeiten so vor den Kopf zu stoßen, daß sie aus dem Kuratorium austreten müssen  ; weil nun einmal deren volle Überzeugung dahin geht, daß es im gegenwärtigen Zeitpunkte verfehlt sei, die Idee des Festspielhauses aufzugreifen, so wird der Ausschuß den Beschluß fassen, daß er zwar mit dem Gedanken der Errichtung eines Festspielhauses sehr sympathisiert, Dich aber bittet, wenn möglich die Gründung des Vereines derzeit noch zu verschieben. Ich glaube nun wirklich, Du sollst diesem Wunsche Rechnung tragen, denn allein kannst Du ja natürlich die Idee nicht verwirklichen, es muß schließlich doch das Mozarteum dahinter stehen (von diesem Standpunkte sind wir beide ja auch immer ausgegangen). Das Mozarteum ist augenblicklich durch die Opposition mehrerer einflußreicher Mitglieder an dem Beitritte zur Idee gehindert, wird aber zweifellos über kurz oder lang doch in der Lage sein, seine wahre Meinung äußern zu können und dann soll der Gedanke wieder aufgenommen werden. Sei so klug und schließe Dich dieser Situation an. Es würde Dir außerordentlich Verdruß machen, angesichts der so rührigen Opposition fortzuarbeiten, und was noch wichtiger ist, Du würdest nicht den gewünschten E r f o l g haben, was ja doch für uns beide sehr unerfreulich wäre.

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Es geht einmal nicht im gegenwärtigen Zeitpunkte, wenn wir in einem Jahre die Sache wieder aufgreifen, gehts vielleicht ohne alle Widerstände. Wir sind schon ganz kaputt von lauter Besprechungen und Verhandlungen. Die Sache hat auch noch den sehr ernsten Hintergrund, daß einzelne Persönlichkeiten (z. B. insbesondere Präsident Dr. Sylvester) schon anfangen, überdrüssig zu werden des fortwährenden Kampfes und Verdrusses und daß daher die Gefahr des Austrittes dieser Herren entsteht. Auch ich bin ja schon ganz hin und halte diese Aufregungen nicht mehr länger aus. Also ich hoffe, Du trägst so wie wir den Verhältnissen Rechnung. Selbstverständlich muß als einziges Motiv des vorläufigen Zuwartens der Krieg angegeben werden, der ja auch tatsächlich bei der Gegenseite ein Hauptbedenken ausmacht. Gegen diese Motivierung kann ja von keiner Seite eine nachhaltige Einwendung erhoben werden und insbesondere wird man auch Dir wegen eines Aufschiebungsentschlusses keinen Vorwurf machen. Alles Herzliche von Deinem [Friedrich Gehmacher]

93. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 10./10.1916 Lieber Freund, von zurücktreten kann keine Rede sein. Du mußt den Kampf aufnehmen. Viel eher müßten Frau Lehmann samt Herrn v. Lewicki abdanken. Dann wäre sicher Ruhe. Und nur dann  ! Außer die Salzburger wollen zu Marionetten herabsinken. Also Glückauf  ! Heil und Gruß an alle, die mit uns sind. Dein Damisch

94. Ludwig Sedlitzky an Heinrich Damisch Salzburg, 10. Oktober 1916. Sehr geehrter Herr Damisch  ! Mein letzter Brief221 wurde, wie Sie ja wissen, im Auftrage des Arbeitsausschusses an Sie gerichtet, da wir der Meinung waren, daß die Angelegenheit der Errichtung 221 Vgl. Dok. 80 (L. Sedlitzky an H. Damisch, 4.9.1916).

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eines Festspielhauses in Salzburg in einer alle Teile befriedigenden Art gelöst wurde. Leider hat sich nachträglich gezeigt, daß das nicht der Fall ist und ich muß Sie daher bitten, noch die Beschlüsse der Kuratoriumssitzung abzuwarten, bevor Sie irgend welche Schritte zur Konstituierung Ihres Vereines unternehmen. Es wird Freitag den 13. d. M. die Kuratoriumssitzung stattfinden, in welcher endgiltig die Stellungnahme des Mozarteums zur obigen Frage festgelegt werden wird. Mit besten Grüßen Ihr ergebener [Ludwig Sedlitzky]

95. Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1916 In der Kuratoriumssitzung am 13. Oktober 1916 teilte der Zentralvorsteher der Mozartgemeinde Herr Direktor Friedrich Gehmacher mit, daß die Mozartgemeinde in ihrer Sitzung am 12. Oktober zu der Zuschrift des Herrn Redakteurs Damisch Stellung zu nehmen hatte. Aufgrund eines Protestes der Frau Kammersängerin Lilli Lehmann und auf Grund der Bedenken, welche auch mehrere Mitglieder des Kuratoriums zum Ausdruck brachten, beschloß der Zentralausschuß der Mozartgemeinde folgenden Antrag dem Kuratorium zu unterbreiten  : Indem der Zentralausschuß bezw. Arbeitsausschuß anerkennt, daß es sich derzeit nicht empfehle, die Frage der Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg in Angriff zu nehmen, beschließt derselbe, dem Kuratorium den Antrag zu stellen, daß von dieser Angelegenheit bis auf weiteres (das ist bis zu einem anderweitigen Beschlusse des Kuratoriums) Abstand genommen und Herr Damisch ersucht werde, von der Bildung eines diesen Zweck verfolgenden Vereines abzusehen. Dieser Antrag wurde vom Kuratorium einstimmig angenommen.

96. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 13. Oktober 16 Lieber Freund  ! Nun ist also dem schönen Projekte das Grab glücklich geschaufelt. Die Opposition siegte, wie sie wollte. Meine Partei hat wacker hergehalten, die Ausführungen der Opposition waren ja auch gar nicht überzeugend  ; am Schlusse haben wir aber unter ausdrücklicher Betonung unserer Anschauung lediglich aus Rücksicht auf das Gewicht der Persönlichkeiten, die gegen das Projekt sind und die alle anwesend waren

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(Lehmann, Stibral, Lewicki, Kerber), für den Antrag Stibral-Lewicki »das Projekt fallen zu lassen« gestimmt. Es wird demnach unserseits der Plan aufgegeben und auch an Dich das Ersuchen gerichtet, davon abzustehen. Ob Du es tun willst oder nicht, das steht natürlich ganz bei Dir. Wenn Du die Vereinsgründung in die Wege leitest und in aller Ruhe an dem Werke arbeitest, so wird gewiß niemand etwas dagegen haben, vielleicht kommt ein Zeitpunkt, wo man vernünftiger über die Sache denkt, und dann wäre es natürlich sehr gut, wenn der Boden vorbereitet wäre. Ich bin recht gedrückt über die Art, wie Herr von Lewicki den Kampf gegen mich geführt hat  : Brutal und unter maßloser Ausnützung jeder kleinsten Schwäche, die wir uns gegeben haben. In dieser letzteren Beziehung hast Du einen schweren Fehler gemacht durch die Auslieferung unserer Korrespondenz an ihn. Kein Mensch von uns begreift, wie Du das tun konntest. Meine Schreiben waren gewiß in jeder Beziehung loyal und bezweckten lediglich die Vorbereitung der Angelegenheit bis zur Antragstellung an das Kuratorium. Aber die genauere Kenntnis der Briefe setzten Lewicki in den Stand, sagen zu können, daß ich mit Dir schon alles ausgemacht hatte, ohne hier den wichtigsten Persönlichkeiten (damit meinte er Stibral und Kerber) etwas genaueres mitgeteilt zu haben. Das verfing natürlich riesig und ließ mich in den Augen dieser Herren als etwas unaufrichtig erscheinen. Nun, es ist vorbei und ich ziehe um eine neue Täuschung reicher aus dem Kampfe ab  ; leider kann ich nicht sagen, daß mich der Gedanke, etwas Gutes gewollt zu haben, aufrichtet, denn gerade der Umstand, daß ich heute noch die vollste Überzeugung in mir trage, daß die Aufnahme des Planes »ein Festspielhaus und noch dazu in der von uns gewollten Örtlichkeit zu errichten« eine Großtat für Mozart, eine unendliche Förderung der Bestrebungen des Mozarteums und ein wertvolles Geschenk an die Stadt Salzburg und an unser ganzes deutsches Vaterland bedeutet hätte, geht mir zu Herzen und die Tatsache, daß es einigen wenigen, jeglichen Verständnisses für die Bedeutung der Sache baren Großköpfen möglich war, diese schöne Idee zu erschlagen, ärgert mich. Aber ich glaube, es ist schon öfter ähnlich hergegangen  ! Ich finde in der Kulturkleingeschichte Österreichs sicherlich einige Kollegen und mit denen werde ich mich in Hinkunft im Geiste zusammensetzen und über die Vollkommenheiten in dieser besten aller Welten plaudern. Heil Dir [Friedrich Gehmacher]

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97. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 14. Oktober 1916 Lieber Freund  ! Ich habe zu meinem Bedauern und meiner Betrübnis von dem Resultat der Kunstreise des Herrn von Lewicky nach Salzburg Kenntnis genommen. Ich hätte es lieber gesehen, wenn man Frau Kalisch222 und Herrn von Lewicky ruhig hätte ziehen lassen. Ich glaube, wie ich Dir schon einmal mitteilte, die Herrschaften werden dem Mozarteum noch bittere Nüsse zu knacken geben. Ihr dominierender Einfluß, der sich hier in so aufreizender Weise gezeigt hat, wird wahrscheinlich noch ganz andere Dimensionen annehmen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch betonen, daß Du nicht verkennen darfst, daß die zerstörende Tätigkeit punkto Festspielhausprojekt nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck war, Deinen Einfluß im Mozarteum zu schwächen, bezw. ehebaldigst ganz zu brechen und dagegen das eigene unumschränkte Diktat als suprema lex für das Salzburger Musikleben in Szene zu setzen. Das Mozarteum hat also das Projekt fallen gelassen, eine Verbindung der Festspielhausidee mit dem Mozarteum in Salzburg existiert nicht, das Mozarteum braucht infolgedessen auch künftig nicht mehr zu wissen, was in dieser Beziehung vorgehen wird. Ich kann auch von nun an über Schritte, die in der Angelegenheit des Festspielhauses getan oder unterlassen werden, keine weiteren Mitteilungen an Mozarteumskreise gelangen lassen, da bei der kontrollierenden Verbindung, die von Salzburg nach Wien hergestellt wurde, ein ruhiges Entwickeln der Festspielhausidee permanent gestört würde. Dir gegenüber will ich nur in aller Form betonen, daß ich in meinem Verhältnis zu Dir und in der Anerkennung Deines Verhältnisses zu der Festspielhausidee niemals eine Aenderung eintreten lassen werde und daß ich, wenn ich daran gehen werde, an dem Ausbau unserer Idee weiter zu arbeiten, was früher oder später, vielleicht auch sehr bald, der Fall sein kann, Vorkehrungen treffen werde, um den Anschluß aufgeklärter, tatkräftiger Männer223 aus Salzburg möglich zu machen. So viel für heute. Herzlichen Gruß und Heil für die Zukunft  ! Große Dinge sind nicht aufzuhalten und nicht zu zerstören. In etwa vier Wochen schreibe ich Dir über die Angelegenheit Weiteres.

222 Gemeint ist hier Lilli Lehmann-Kalisch. Damisch spielt hier ganz offenkundig auf die jüdische Abstammung des Tenors Paul Kalisch an, mit dem sie verheiratet war (vgl. die Anm. in Dok. 62, L. Lehmann an R. v. Lewicki, 22.9.1916). 223 »Wenn Damisch von ›aufgeklärten Männern‹ spricht, so zeigt sich auch in dieser Nuance wieder das Bewußtsein, eine fortschrittliche Idee gegen die Vertreter des Gestern zu verfechten.« (Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166).

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Zum Schluß möchte ich Dich doch noch bitten, mir die Ansichtskarte, die mir unlängst Deine Tochter geschickt hat, vielleicht auf deutlicherem Papier und in zweidrei Exemplaren, überdies womöglich eine Aufnahme der Aussicht gegen Reichenhall und eine Aufnahme des Plainerberges beiläufig von der Salzach her möglichst bald zuschicken zu wollen und auch, wenn es unauffällig geschehen kann, die Statuten des Mozarteums beizufügen. Dein /H. Damisch/

98. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 16. Oktober 1916. Lieber Freund  ! Es ist gewiß von außerordentlicher Bedeutung für die Festspielhausidee, wenn Du sie jetzt nicht gänzlich fallen läßt, und ich bin sehr glücklich über Deinen Entschluß, Deine Tätigkeit nicht einzustellen. Wenn ich in meinem letzten Schreiben Dich nicht hiezu animierte, sondern die Frage nur mit dem Satze »ob Du das Projekt fortführen willst oder nicht, steht jetzt ganz bei Dir« streifte, so tat ich dies mit besonderer Absicht. Ich wollte Dich in Deinem Entschlusse nicht beeinflussen, denn erstens habe ich Dich im Laufe unserer mehrjährigen Bekanntschaft noch nicht nach der Richtung kennen gelernt, ob Du die Zähigkeit aufbringst, die bei der Verfolgung einer solchen großzügigen Sache unerläßlich ist, soll nicht das Unternehmen alsbald wieder zusammenbrechen, und zweitens hat Lewicki sich in der denkwürdigen Sitzung geäußert »Sie können sicher sein, Herr Damisch ist froh, wenn er wieder aus der Sache heraussteigen kann«. Obwohl Lewicki sehr viel mit Übertreibungen und Unrichtigkeiten arbeitet, konnte ich doch nicht wissen, ob hinter dieser Äußerung nicht ein Tropfen Wahrheit stecke, und diesfalls wäre ja eine Aufmunterung zur Fortführung meinerseits verfehlt gewesen. Da nun Dein Entschluß frei von aller Einflußnahme gefaßt ist, wünsche ich von Herzen, daß es gelingen möge, das schöne Projekt wenigstens soweit zu bringen, daß es nicht mehr sterben kann  ; wenn ihm einige Lebenskraft eingeblasen ist, dann wird es nicht mehr untergehen, daran zweifle ich durchaus nicht. Es wird nur notwendig sein, daß mit aller Gründlichkeit ein leistungsfähiger Körper zusammengestellt wird, der mit dem erforderlichen Ernste und Nachdruck das gesteckte Ziel verfolgt.

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Von unseren Herren hier steht Dir natürlich alles zur Verfügung und ich würde Dir auch empfehlen, dieselben nicht seitwärts stehen zu lassen, denn das Abstimmungsergebnis besagt gar nichts, die Anschauung des Kuratoriums ist zum weitaus größten Teile auf Seite des Projektes, es ist ja nur eine Vergewaltigung, die durch das Abstimmungsergebnis erreicht wurde. Professor Hackel hat übrigens auch eine diesbezügliche Erklärung abgegeben, die im Protokoll Aufnahme fand. Eine Vertretung muß hier in Salzburg sein und ich würde Dir empfehlen, die Organisation so zu belassen, wie Du sie vorgeschlagen hast, nur mit Ausschluß des Mozarteums als solches. Die Herren  : Dr. v. Peyrer, Professor Hackel, Professor Huttary, Klein, Dr. Mussoni, die ja strammstens auf unserer Seite geblieben sind, kann ich Dir nur wärmstens empfehlen. Natürlich müßten auch noch ein paar außerhalb des Mozarteums Stehende dazugenommen werden. In allem und jedem steht Dir mein Ratschlag, wenn Du ihn benötigst, gerne zur Verfügung. Ich bitte Dich also, wenn Du auf meine Mitwirkung – innerhalb der Grenzen, die mir durch meine dienstliche Tätigkeit gezogen sind – reflektierst, um Mitteilung des Arbeitsplanes, damit wir übereinstimmend vorgehen können. Vielleicht wäre eine Besprechung in Linz oder Wels, wohin wir beide nicht so weit hätten, nicht unzweckmäßig. Ich sehe also mit Spannung Deiner Mitteilung entgegen. Noch ein Wort über Lewicki  : Er hat den Kampf mit einer Rücksichtslosigkeit geführt, die beispiellos war. Hiebei hat er es auch mit der Wahrheit nicht allzu strenge genommen. Kurz und gut, ein wirklich gefährlicher Mensch  ; ich bitte Dich sehr vorsichtig im Verkehr mit ihm zu sein. Sachlich genommen, ist der Ausgang des hier abgeführten Kampfes nicht zu bedauern. Die Gegenseite wird sich jetzt alle erdenkliche Mühe geben, um ihr Projekt »den Ankauf von Mozarts Geburtshaus« zu fördern  ; das kann uns ja nur recht sein, weil dieses Projekt ja gewiß alle Sympathien verdient, und das zweite Unternehmen wird nunmehr hoffentlich auch nicht zugrunde gehen, es sind also zwei Eisen im Feuer  ! Lewicki hat also wahrscheinlich unbewußt ein ganz gutes Werk getan – allerdings in Hinsicht auf unser Projekt sehr unbewußt −, aber die Hauptsache ist der Endeffekt. Also wiederum Heil und Sieg Dein [Friedrich Gehmacher]

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99. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher224 Wien, den 22. Oktober 1916 Lieber Freund  ! Dein Schreiben vom 16. d. M. hat mir viel Freude gemacht, da ich daraus sehe, daß ich ja doch nicht allein bleibe, wenn ich die Durchführung unserer Idee fortsetze. Ich bin dabei, zusammen mit dem Advokaten Dr. Schey und einem befreundeten Polizeikommissär die Statuten auszuarbeiten, was keine so leichte Sache ist, wie man auf den ersten Blick glauben könnte. Einiges daraus will ich Dir kurz mitteilen  : Die Salzburger Meisterspielhausgemeinde soll bestehen aus 1. dem Stammvereine in Wien, 2. dem Zweigvereine in Salzburg, 3. den auswärtigen Ortsgruppen. Stifter 50.000 Kronen, Gründer 20.000 Kronen, fördernde Mitglieder jährlich 100 Kronen, unterstützende Mitglieder jährlich 20 Kronen, werbende Mitglieder jährlich 3 Kronen. Finanzausschuß, wie schon gesagt, in Salzburg, 9 Mitglieder der 24-gliedrigen Leitung ebenfalls in Salzburg. Die Verfassung der Ortsgruppen und die Festsetzung ihrer Mitgliedsrechte kostet viel Nachdenken. Ebenso die Bestimmung des Vereines nach Erbauung des Festspielhauses. (Rechte der Mitglieder) Die letzten Paragraphen lauten  : § x. Im Falle eine Inkorporierung der Salzburger Meisterspielhausgemeinde in das »Mozarteum in Salzburg« erlöschen die vorliegenden Satzungen und es treten die Satzungen des Mozarteums für die Mitglieder der Meisterspielhausgemeinde in Kraft. § y. Im Falle einer Auflösung des Vereines fällt das Vermögen zur Gänze dem Mozarteum in Salzburg zu. Deine Statutensendung mit dem einen Aussichtsbild habe ich erhalten. Ich hoffe, daß Du mir bald das ganze Panorama wirst schicken können. Fräulein Wühler wurde von Direktor Rainer Simons engagiert, beiliegend seine diesbezügliche Verständigung. Ich sende sie Dir zur Einsichtnahme und bitte Dich, den Brief mir ehestens wieder zurück zu schicken. Wenn ich die Statuten vollkommen fertig habe, möchte ich mit Dir womöglich in Melk an einem Sonntag zusammenkommen, wo wir bei einem guten Freunde und Anhänger der Festspielhausidee, dem Advokaten Dr. Tobisch,225 beraten können. Sei herzlichst gegrüßt von Deinem /H. Damisch/ 224 Dieser Brief erwähnt erstmals jene umständliche Vereinsstruktur, die in der Folgezeit die Arbeit der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde sehr behindern und auch zu Divergenzen zwischen Damisch und Gehmacher führen sollte. 225 Ignaz Tobisch, Rechtsanwalt aus Melk an der Donau, wo er für das dort ansässige Benediktinerstift tätig war.

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/PS. Ich bitte Dich vorläufig auch mit keinem unserer Freunde über die Sache zu sprechen, da ich nicht will, daß Lewicki von meiner Aktion Kenntnis erhält, ehe ein fait accompli geschaffen ist, weil ich mich absolut nicht mit solchen Anfangsschwierigkeiten abgeben kann wie bisher. Statt positive Arbeit zu leisten, sich mit Intrigen abzukämpfen, das darf nicht mehr sein. Und wenn Du mit irgendjemandem sprichst, hast Du nicht mehr die Gewähr, daß es nicht jener erfährt, der hierüber an unsere Gegner Mitteilung macht. Unbedingtes Vertrauen hätte ich allerdings zu Dr. v. Peyrer. Übrigens geht die Sache das Mozarteum momentan nichts an./

100. Rudolf von Lewicki  : Stellungnahme zu den Verhandlungen über den Erwerb von ­Mozarts Geburtshaus [26. Oktober 1916] Zur Information vertraulich. Heute besuchte mich der Schriftführer des Salzburger Komitees kais. Rat Kaltenbrunner und machte mir folgende Mitteilungen  : Die Unterhandlungen mit Scio haben begonnen. Seitens des Kuratoriums verhandelten Gehmacher, Dr. von Peyrer und Huttary. Scio stellt folgende Forderungen  : Kaufpreis 230.000 K. Er habe das Recht durch 30 Jahre unkündbar sämmtliche von ihm jetzt benutzte Lokalitäten im Parterre und in den Stockwerken um einen Jahreszins von 3000 K zu benützen. Ohne Rücksicht auf diese Verhandlungen ändert er den Bauzustand des Hauses schon jetzt insoferne, als er in den Magazinen in den Stockwerken neue Decken einziehen lässt. Noch bedenklicher ist das Projekt, welches schon in allernächster Zeit ausgeführt werden soll, einen durch das ganze Haus gehenden Aufzug herzustellen, durch welchen die so charakteristische Küche der Mozart’schen Wohnung total zerstört werden würde. Kaltenbrunner ist ein sehr anständiger Mensch, der ein absoluter Gegner der Gehmacher’schen Projektenmacherei ist und daher von diesem von den Geschäften möglichst fern gehalten wird. Gehmacher als Unterhändler ist mit Vorsicht aufzunehmen. Zur Charakterisierung diene, daß er Herrn Kaltenbrunner gesagt hat, man sehe, daß das Haus-Projekt kaum zu realisieren sein wird. Es sei das beste, die Sache fallen zu lassen. Es stelle sich heraus, daß seine Festspielhaus-Idee für das Mozarteum doch das beste sei. Kaltenbrunner möge aber mir dies nicht mitteilen, damit wir nicht Lust an dieser Sache verlieren. Offenbar denkt er sich, daß, im Falle der Ankauf des Geburtshauses nicht zustande kommt, die von uns aufgebrachten Gelder dann für andere ihm sympathischere Zwecke zur Verwendung kommen könnten.

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Dr. von Peyrer ist ein unbedingter Anhänger Gehmachers, der mit ihm durch dick und dünn geht. Huttary als Schwager Gehmachers ist ebenfalls Gehmachers Einflüssen sehr zugänglich. Bürgermeister Ott hat sich bis jetzt an den Verhandlungen nicht beteiligt, da er durch seine Stellung als Bürgermeister außerordentlich stark in Anspruch genommen ist. Nach meiner Ansicht wäre es für uns von der größten Bedeutung, wenn unter diesen Unterhändlern eine Persönlichkeit wäre, der wir unbedingtes Vertrauen schenken. Außerordentlich erfreulich wäre es, wenn diese Mission Excellenz Stibral übernehmen würde, der auf Spängler und Scio sicher sehr stark einwirken könnte und würde. Zunächst muß man zu erreichen trachten, daß alle baulichen Veränderungen eingestellt werden. Der angeforderte Preis von 230.000 K ist nicht übertrieben. Unmöglich ist aber die 30-jährige Bindung und der außerordentlich niedere Zins, den Scio bietet. Nach Kaltenbrunners Schätzung sind die Scio’schen Lokalitäten 10.000 K wert. Es ist jetzt der Moment gekommen, wo man Generaldirektor Kestranek bitten muß, seinen Einfluß auf Spängler geltend zu machen. Sehr förderlich wäre es auch für unsere Aktion, wenn man Spängler neuerdings in das Kuratorium berufen würde. Dieser Entschluß müßte sehr rasch gefaßt werden, da in dem ersten Drittel des November der Mozarttag stattfinden soll. So unangenehm die Nachrichten Kaltenbrunners sind, so sind sie doch nicht derart, um unseren Plan fallen zu lassen. Wien, den 26. Oktober 1916. /Lewicki/

101. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 28. Oktober 1916. Lieber Freund  ! Mit vielem Dank stelle ich Dir die Karte R. S.226 zurück, aus der ich mit Vergnügen entnehme, daß unsere Wühler, für die Du Dich verwendet hast, sich bestens einführte.227

226 Carl Rainer Simons. 227 Else Wühler(-Hallauer) (vgl. die Anm. in Dok. 32, H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.[1916]) wurde

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Jetzt bin ich nur begierig, wie sie sich bei der Première aus der Schlinge ziehen wird. Es ist ganz merkwürdig, daß R. S. ein solches Experiment wagt. Wühler ist ja erst einigemale hier auf der Bühne gestanden. Jedenfalls sieht man hier auch wieder, wie außerordentlich verdienstvoll die Schule Bianchi wirkt  ; ich glaube nicht, daß die Lehmann einen solchen Fall aufzuweisen hat, der aber bei der Bianchi schon 10-mal vorgekommen ist. Dabei wird die Bianchi von der Lehmann angefeindet und es kann uns noch passieren, daß sie Salzburg verläßt, weil sie dieser Lehmannkult verstimmt. Daß Du an unserem Projekt fortarbeitest, freut mich sehr, schaffe nur gediegene Grundlagen, damit wir unseren Gegnern zum Trotze etwas Großes herausbringen. Allzulange sollst Du doch den Beginn der Tätigkeit unserer Organisation nicht hinausschieben, man kann nicht wissen, was man versäumt. Die Geburtshausaktion, die Lewicki in seinem letzten Brief ganz für sich in Anspruch nimmt, wird ihm nicht viel Freude machen. Wir haben gestern mit Scio verhandelt und er hat sich nur zu einem Abkommen verstanden, nach welchem er durch 30 Jahre das Recht, mit seinem Geschäfte im Hause zu bleiben, gesichert hat. Zins 2600 K, das ist so wenig, daß es ihm natürlich nie einfallen wird, auszuziehen  ; man wird also nie Herr im Hause sein, dabei ein Kaufpreis von 230.000 K. Dies aber nur zu Deiner vertraulichen Information. Also ich harre Deines Rufes, möchte Dich aber bitten, mit einer allfälligen Unterredung nicht bis zum Winter zu warten, weil dort das Reisen dann unangenehm wird. Wenn Ihr nach Linz kommen könntet (an einem Samstag), so wäre natürlich die Sache für mich erheblich einfacher. Also irgend wann und irgend wo, auf Wiedersehen  ! Dein [Friedrich Gehmacher]228 von Simons im November 1916 an der Wiener Volksoper engagiert, wo sie unter anderem in der Uraufführung von Wilhelm Kienzls Oper Das Testament mitwirkte. 228 Nachdem Gehmacher in diesem Brief Damisch noch einmal ermuntert hatte, am Festspielhausprojekt fortzuarbeiten, trat eine zweimonatige Pause in der Korrespondenz ein  ; auch zu der von Gehmacher vorgeschlagenen persönlichen Besprechung kam es vorerst nicht. Eine Neujahrskarte Damischs vom 2. Jänner 1917 enthält die Sätze  : »Alles Gute für 1917  ! Unser gemeinsames Salzburger Ideal soll es als Geburtsjahr haben  !« Im Mozarteum kehrte in der Zwischenzeit allerdings kein Frieden ein. Am 14. November 1916 schrieb Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky  : »Ihren Eilbrief vom 11.d.M. erhielt ich gestern vormittags. Der Inhalt desselben versetzte mich sehr in Bestürzung, denn kaum ein Monat nach Beendigung der Festspielhaus-Krise, welche die reguläre Arbeit des Mozarteums über 1½ Monate lahmgelegt hat, kommen, wie aus heiterem Himmel ein Gewitter, gleich zwei Affären (Schulmedaille und Peregrinus), die unglücklicherweise wieder ihre Spitze gegen Frau Lilli Lehmann richten – es ist wirklich ein Jammer, daß ein ruhiges, gedeihliches Arbeiten für das Mozarteum fast ein Ding der Unmöglichkeit zu sein scheint, da sich immer von Neuem lokale und persönliche Interessen, die Auf-

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102. Richard Strauss229 an Hermann Bahr230 Garmisch, 1. Jänner 1917 Lieber Freund  ! […] Frau Lehmann hat mich aufgefordert, am 7. August in Salzburg mein Klavierquartett zu spielen. Ich habe zugesagt u. ihr zugleich nahe gelegt, daß es mir sehr sympatisch wäre, wenn bei den sommerlichen Mozertfestspielen mal meine Adriadne231 mit den Wiener Philharmonikern u. der Wiener Besetzung, deren Vorspil in der Figur des Componisten dem jungen Mozert ein bescheidenes Denkmal gesetzt ist, zur Aufführung kommen könnte. Wollten Sie diesen Gedanken vielleicht auch ihrerseits bei den Salzburgern fördern  ?232

gaben unseres Institutes störend, herandrängen. […]« (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 14.11.1916  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16). 229 Richard Strauss (1864–1949), dt. Komponist, der v. a. durch seine Opern internationale Berühmtheit erlangte. 1919–24 (gem. mit Franz Schalk) Leiter der Wiener Oper, wichtiger Unterstützer der Festspielidee Hugo von Hofmannsthals – dieser schrieb zahlreiche Libretti für Strauss – und Max Reinhardts. Seit 1918 Mitglied des Kunstrats der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 1922–24 auch deren Präsident. 230 Hermann Bahr (1863–1934), österr. Autor, Dramatiker, Literatur- und Theaterkritiker. Verkehrte u. a. mit Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Arthur Schnitzler, wichtiger Wegbereiter der Moderne und eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Kulturlebens im frühen 20. Jh. Verfasste auch zahlreiche theoretische Schriften zu Kunst, Kultur und Gesellschaft. Verheiratet mit der österr. Sopranistin Anna von Mildenburg (vgl. die Anm. in Dok. 310, H. v. Hofmannsthal an A. Bahr-Mildenburg, 11.[6.]192[0]), mit der er 1912–22 in Salzburg lebte. Wirkte bei der Entstehung der Salzburger Festspiele nur am Rande mit. 231 Gemeint ist die Oper Ariadne auf Naxos, die 1912 in Stuttgart uraufgeführt wurde. 232 Hermann Bahr fürchtet, dass Richard Strauss nicht kommen würde  : »[…] wenigstens hat das Mozarteum zunächst der allgemeinen Verbitterung der Salzburger, die jeden Zuzug von ihnen das bischen Brot wegfressenden Fremden fernhalten wollen, nachgebend offiziell alle geplanten Konzerte feierlich abgesagt« (Hermann Bahr an Richard Strauss, 5. Juli 1917  ; zit. nach  : Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr. Aus seinen Entwürfen, Tagebüchern und seinem Briefwechsel mit Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Josef Kainz, Eleonore Duse und Anna von Mildenburg. Ausgewählt und eingeleitet von Joseph Gregor. Wien  : Bauer 1947, S. 102). Strauss stellt dennoch seinen Besuch in Salzburg am 6. August in Aussicht (vgl. ebd., S. 105) und tatsächlich fand die geplante Aufführung von Strauss’ Klavierquartett c-Moll op. 13 im Zusammenspiel von Strauss und Mitgliedern des Fitzner-Quartetts am 7. August im »übervollen großen Saale des Mozarthauses« statt (Salzburger Volksblatt, 8.8.1917, S. 6). Bahr und Strauss hatten einander bereits am 24. September 1916 in Salzburg getroffen (vgl. Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr, S. 96).

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103. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, 22. Jänner 1917. Geehrter Herr Doktor  ! […] 1. Nach wie vor stehe ich auf dem Standpunkte, daß das Festspielhausprojekt mit dem Mozarteum in keine Beziehung gebracht werden darf, da dasselbe für das Mozarteum künstlerisch und finanziell die größten Gefahren bringen könnte. 2. Ich halte es infolgedessen nicht nur für mein Recht, sondern auch für meine Pflicht, dagegen Stellung zu nehmen, daß dieses Projekt mit dem Mozarteum in irgend eine Verbindung gebracht wird. 3. Von dieser Ansicht, die ich ja ausführlichst motiviert habe, kann mich gar nichts abbringen, da sie durch allergenaueste Prüfung aller in Frage kommender Verhältnisse bei mit entstanden ist. 4. Selbstredend wird durch diese meine Stellungnahme das Festspielhausprojekt als solches gar nicht tangiert. Ich bin nur gegen eine Verquickung desselben mit dem Mozarteum. 5. Wird dieses Projekt von einer eigenen Gesellschaft in die Wege geleitet, so werde ich selbstredend nicht dagegen Opposition machen, da mich dies ja gar nichts angeht – ich bin, wie ich schon oft und oft betonte, nur gegen eine Bindung mit dem Mozarteum. […] Dieser Brief dient lediglich zu Ihrer privaten Information und bitte ich daher von dem Inhalte desselben keinen Gebrauch zu machen. Mit besten Grüßen ergebenster Lewicki

104. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 3. Februar 1917. Lieber Freund  ! Mit beträchtlichem Widerstreben entschließe ich mich, in Angelegenheit des Festspielhauses an Dich diese Zeilen zu richten. Mir ist ja eigentlich in dieser Sache der Mund verschlossen, und Du solltest es sein, der die Anregung zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit gibt. Nur die Liebe und Begeisterung für die Sache läßt

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mich die Klugheit außer Acht lassen und aus meiner Reserve Dir gegenüber herauszutreten. Ich bitte Dich aber, wenigstens diesen Schritt als einen rein persönlichen zu betrachten und ja nicht irgend jemandem gegenüber hievon Mitteilung zu machen, denn ich bin ja eigentlich verpflichtet, nichts zu unternehmen, bevor nicht Du an mich herantrittst. Aber da eben dieses Herantreten nicht erfolgt, so muß ich an Dich die Frage richten, wie denn eigentlich die Angelegenheit steht. Was mich zu dieser Frage drängt, ist die Sache mit dem Baugrund. Wenn wir die Absicht, das Festspielhaus auf dem Maria-Plainer-Gelände zu errichten, beibehalten, dann ist es unmöglich, den Grunderwerb noch länger hinauszuziehen. Vor 3 Jahren hätte man den Grund halb geschenkt bekommen. Noch vor einem Jahre wäre er zu mäßigem Preise zu haben gewesen. Jetzt ist die Sache schon schwieriger, und in einem weiteren Jahr beziehungsweise nach Kriegsende ist er überhaupt nicht mehr zu haben. Ich glaube, ich habe Dich auf diesen Entwicklungsgang aufmerksam gemacht  ; daß Du darauf gar nicht Rücksicht nimmst, ist mir unverständlich. Wir waren uns darüber einig, daß man eine größere öffentliche Propaganda gegenwärtig nicht entfalten könne, daß aber gar nicht[s] geschehen soll, das war doch nicht in unserem Programm. Lewicki hat anläßlich der Verhandlungen in dieser Angelegenheit hier gelegentlich gesagt  : »Bezüglich des Herrn Damisch brauchen wir keine Sorge zu haben, der ist froh, wenn er wieder heraussteigen und zu seiner Tarrokpartie zurückkehren kann«. Sollte der Mann wirklich recht gehabt haben  ? Dann aber bitte, sage es mir doch aufrichtig, ich richte dann meine Tätigkeit darauf ein, aber vorläufig bin ich immer noch im Banne unserer Auseinandersetzung und halte mit allem anderen zurück, um einen Teil der Kräfte für die Aktion des Festspielhauses freizuhalten. Ich bitte Dich also, mir zu schreiben, wie Du über die Angelegenheit denkst – aber aufrichtig, auch wenn die Wahrheit für mich minder angenehm wäre – und wie Du Dir, wenn Du nicht für das Aufgeben unseres großen Vorhabens bist, die Bauplatzangelegenheit geregelt denkst. Mit den herzlichsten Grüßen Dein [Friedrich Gehmacher]

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105. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 13/II. 1917 Lieber Freund, ich werde heute die Schlußredaktion der Statuten gemeinsam mit Dr. Schey vornehmen. Weiteres teile ich Dir nächstens mit. Von irgend einer Änderung meiner Gesinnung kann selbstverständlich nicht die Rede sein. Unser Plan besteht mit uns beiden unerschütterlich fort, und ich hoffe, daß wir ihm viele ehrlich begeisterte Freunde gewinnen werden […]. [Heinrich Damisch]

106. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 14. Februar [1917] Lieber Freund  ! Aus dem Umstande, daß Du mein Schreiben vom 3. Februar d. J. bis heute nicht der Beantwortung zugeführt hast,233 muß ich ersehen, daß eingetreten ist, was ich aus Deinem langen vorhergegangenen Schweigen und aus den Mitteilungen verschiedener Persönlichkeiten, die von Wien hieherkamen, befürchten mußte  : Dein Interesse für die Festspielhausidee ist geschwunden. Sowie ich Dich vorher zur Liebe für die Idee nicht zwingen konnte, so ist es mir auch nicht möglich, Deiner nunmehr bestehenden Abneigung entgegenzutreten. Ich habe demnach an Dich nur mehr eine Bitte zu stellen  : Ich möchte vermeiden, daß die persönlichen Unannehmlichkeiten, die ich durch die hartnäckige Verfolgung der mir im vaterländischen und kulturellen Interesse sehr bedeutsam erscheinenden Idee schon erleiden mußte, sich noch vermehren. Um demnach nicht von Deiner Seite einen diesbezüglichen Angriff erfahren zu müssen, richte ich an Dich hiemit in aller Form die Anfrage, ob Du einverstanden bist, wenn ich die Angelegenheit des Festspielhauses nach anderer Richtung hin weiter verfolge, und ob Du bereit bist, den wenigen Persönlichkeiten, mit denen Du über die Idee gesprochen, zu sagen, daß die Sache weiterhin von Salzburg aus fortgeführt wird.

233 Gehmacher hatte zu diesem Zeitpunkt die Karte Damischs vom 13. Februar 1917 (Dok. 105) noch nicht erhalten.

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Ich weiß, daß Du mir ja die Fortsetzung meiner Bestrebungen nicht untersagen kannst, es liegt mir aber, wie gesagt, daran, dies nicht ohne vorheriges Einvernehmen mit Dir zu tun. Ich ersuche Dich im Interesse der Sache um Deine Zustimmung. Wenn Du sie mir nicht gibst, würde ich von der weiteren Verfolgung absehen und Du hättest dann die ganze Sache, deren Bedeutung Du doch voll anerkannt hast, gänzlich verschlagen. Ich bitte Dich also wiederholt um eine, wenn auch nur ganz kurze Zustimmungserklärung. Mit besten Grüßen [Friedrich Gehmacher]

107. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 15. Februar 1917. Lieber Freund  ! Heute Morgen fand ich Deine Karte vor. Leider ist mein Brief schon gestern abgegangen oder eigentlich nicht leider  : denn Du mußt bei objektiver Betrachtung der Geschehnisse zugeben, daß ich zu den von mir gezogenen Schlüssen kommen mußte. Stelle Dich selbst in meine Lage  ; ich hörte ein halbes Jahr kein Sterbenswörtchen mehr von Dir, aus dem Munde Dritter mußte ich aber vernehmen, daß Du Dich für die Festspielhaus-Idee nicht mehr zu interessieren scheinst  ; dazu kommt, daß der Plan durch die lange Verzögerung ausgesprochenen Schaden leidet, wie konnte ich Anderes annehmen, als daß sich ein Wandel in Deiner Anschauung vollzogen hat. Zu dem Punkte »Schaden durch Verzögerung« muß ich übrigens bemerken, daß Du Dich wirklich in einem Irrtum zu befinden scheinst oder in einen solchen durch Herrn von Lewicki geführt worden bist, der Dich in der Frage des Festspielhauses natürlich höchst ungünstig beeinflußt und der jedenfalls an Deiner ja doch einmal bestehenden Zurückhaltung schuldtragend ist. Es ist nämlich die Zeit, die wir jetzt mit Nichtstun verbringen, eine verlorene und anderseits aber sehr kostbar. Es besteht ja kein Grund, daß wir nicht mit den organisatorischen Arbeiten beginnen sollten. Nach dem Kriege wird es so viel zu organisieren geben, daß wir mit einer Neuorganisation zu spät kommen werden. Heute haben Leute Geld, die in 5 Jahren keines mehr haben. Dann die wichtige und dringliche Sache mit dem Baugrund. Weiters bin ich 51 Jahre alt und bei der auch von Dir bedauernd erwähnten Kurzlebigkeit ist ja leider anzunehmen, daß ich in 5–6 Jahren vielleicht schon gestorben, jedenfalls aber nicht mehr im Besitze der vollen Arbeitskraft bin.

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Bei Dr. v. Peyrer, der um 3 Jahre älter ist, gelten natürlich diese Argumente in verstärktem Maße. Also mein Lieber, wenn wir etwas machen wollen, dann dürfen wir nicht ½ Jahr vollständig breitschlagen, das kehrt uns für die Arbeit nicht wieder. Wir hätten längst eine Besprechung abhalten sollen, dann hätten wir hier mit der Arbeit beginnen können. Jetzt haben sich glücklich die Bahnverhältnisse so verschlechtert, daß es wohl nicht mehr möglich sein wird, zusammenzukommen. Also bitte geh’ mit Dir noch einmal ins Gewissen und sage mir’s lieber ungeschminkt, wie es Dir ums Herz ist. Halte Dir dabei aber vor Augen, daß ich die rein theoretische Aufrechterhaltung des Planes nicht nur für null, sondern für minus einschätze, weil sie eine positive Arbeit mancher Kräfte lahm legt. Wir haben wirklich nicht mehr viele Halbjahre zu verlieren. Mit den herzlichsten Grüßen bin ich Dein [Friedrich Gehmacher]

108. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki234 Salzburg, am 17. Februar 1917. Sehr geehrter Herr von Lewicki Obwohl noch immer unter dem Eindrucke des mir von Ihnen zu Unrecht gemachten Vorwurfes der »unrichtigen Berichterstattung« stehend, möchte ich doch im Interesse der von uns gemeinsam zu vertretenden großen Sache den Versuch unternehmen, Ihnen darzustellen, daß all’ die viele Mühe, die wir und andere für die Entwicklung des Mozarteums aufwenden, nicht zu dem gewünschten Erfolg führen kann, wenn wir uns nicht zu einem erweiterten Arbeitsprogramm zusammenfinden. Ich bemerke, daß ich nach wie vor von der Überzeugung durchdrungen bin, daß es in Österreich nicht viele Einrichtungen gibt, die eine solche ungeheuere Ausgestaltungsmöglichkeit in sich tragen wie das Mozarteum. Aber jede Ausgestaltung erfordert Geld und es ist mit den gegenwärtig auf dem Programm stehenden Einzelunternehmungen nicht möglich, von vorneherein die Mittel zu beschaffen, die zur Durchführung dieser Einzelunternehmungen erforderlich sind. Wir haben gegenwärtig als Arbeitsgebiete aufgestellt  : a) die Schule, b) Konzertinstitut und Erhaltung des Mozarthauses, c) Bibliothek, 234 Gehmacher versucht in diesem Schreiben Lewicki davon zu überzeugen, dass die Aufbringung finanzieller Mittel für das Mozarteum durch eine Verknüpfung mit dem Festspielhausprojekt erleichtert würde.

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d) die Sommerkurse, e) die Erwerbung von Mozarts Geburtshaus. Zu a)  : Die Schule hat ein bares Erfordernis von etwa 75.000 K, hievon sind durch Schulgelder 60.000 K gedeckt, der Rest ist aus den Subventionen, die zusammen 24.000 K betragen, zu decken. b) Das Konzertinstitut macht sich selbst bezahlt und erfordert keinen Zuschuß. Die Erhaltung des Mozarthauses einschließlich Beheizung und Beleuchtung muß zum größten Teil aus den Subventionen bestritten werden, ein kleiner Teil wird aus den Einnahmen der Hausbesichtigung aufgebracht. c) Bibliothek  : Diese weist natürlich keine Einnahmen aus, die Ausgaben werden aus den Einkünften der Mozartgemeinde bestritten. d) Die Sommerkurse (bisher nur Lehmannkurs) sind aktiv, wobei allerdings die starke Inanspruchnahme des Hauses, einschließlich Reinigung etz. nicht in Anschlag gebracht wurde. e) Die Erwerbung von Mozarts-Geburtshaus weist selbstverständlich keine Aktivpost aus. Wird nun in Berücksichtigung gezogen, daß die Kosten unserer Zentralkanzlei, die ja die Korrespondenz nach hundert Seiten zu führen hat, ganz beträchtliche sind, daß es noch verschiedenerlei Repräsentations- und sonstige Auslagen gibt und daß an Einnahmen nur mehr der restliche Teil der Mozartgemeinde-Beiträge in Frage kommt, so erhellt hieraus, daß die finanziellen Schwierigkeiten so beträchtliche sind, daß bei jeder Unternehmung a priori die Frage erörtert werden muß  : »Macht sich die Sache bezahlt oder nicht  ?« In der Regel ist diese Frage zu verneinen und daher kommt es, daß die prächtigsten Aktionen unterlassen werden müssen, weil das finanzielle Risiko nicht übernommen werden kann. Es muß also, soll die Entwicklung des Mozarteums nicht gehemmt werden, ein Weg gefunden werden, der demselben größere Mittel zuführt, die wenigstens zum Teil für die verschiedenen Betätigungsgebiete Verwendung finden können. Wir vermeinten, die Aufnahme der Erwerbung von Mozarts-Geburtshaus in unseren Arbeitsplan sei ein Mittel zur Erreichung dieses Zweckes. Ich habe mich mit voller Begeisterung diesem Plane angeschlossen, weil ich mir sage, das Mozarteum muß alles aufwenden, um dieses Kulturdenkmal vor Profanierung oder Vernichtung zu schützen, noch mehr habe ich mich dafür interessiert, als ich durch das gemeinsame Studium mit dem Landeskonservator ersehen konnte, daß sich aus dem Hause eine architektonisch hystorische Sehenswürdigkeit ersten Ranges schaffen ließe. Anderseits aber mußte ich aus den vielfachen Verhandlungen mit dem Besitzer des Hauses235 feststellen, daß derselbe ein jeglichen Idealempfindens barer, nüchterner Geschäftsmann ist, der bei dem beabsichtigten Verkaufe ein sehr gutes Geschäft ma235 Gustav Scio jun.; vgl. die Anm. in Dok. 51 (R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 14.9.1916).

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chen will, und daß sein Schwiegervater236 nicht im entferntesten die Absicht hat, ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Es geht also die Verwirklichung unseres Planes nur in der Art, daß man eine große Summe Geldes zur Hand nimmt, hiefür ein schönes Haus in der Nachbarschaft Scios erwirbt und ihm dasselbe zum Tausche nebst einer weiteren Geldsumme für die Adaptierung des Tauschhauses anbietet. Die erforderlichen ziemlich bedeutenden Mittel unter dem Schlagworte »Sicherung des Geburtshauses Mozarts« aufzubringen, gelingt uns nicht, das sehen wir jetzt vollkommen deutlich. Nicht einmal Frau L e h m a n n mit ihrem hochklingenden Namen vermag besondere Erfolge zu erzielen. Unsere Bemühungen haben auch keine nennenswerten Resultate, und wenn wir so fortarbeiten, so wird vielleicht in den Verhältnissen eine Änderung eintreten, die uns die Sicherung des Hauses überhaupt zur Unmöglichkeit macht. Die Erkenntnis all’ dieser Dinge, die sich durch die Beobachtung des Werdeganges in den letzten Jahren nur noch mehr vertieft hat, ließ in mir die Überzeugung reifen, daß ein anderes Projekt großzügiger Art auf das Arbeitsprogramm der Mozartgemeinde gestellt werden müsse, das in weiten Kreisen Zustimmung findet und uns in den Besitz größerer Geldmittel bringt. Auf dem Wege dieser Erwägungen kam ich zu dem Plane der Errichtung des Festspielhauses. Dieser Plan findet die begeisterte Zustimmung von Persönlichkeiten, deren Mitwirkung für uns von größter Wichtigkeit ist, die aber auf Grund des heutigen Programmes nicht zur Mitarbeit zu bewegen sind. Die Aufnahme der Aktion zur Errichtung des Festspielhauses wird uns Mittel bringen. Diese Mittel können unbedenklich und vor aller Öffentlichkeit auch zur Förderung der anderen Mozarteumsunternehmungen, natürlich nur zum Teil und in gewisser Form Verwendung finden. Für das Festspielhaus muß ein Baufond (3 Millionen K) und ein Reservefond geschaffen werden. Der letztere kann ohne weiters als Hypothek für den Ankauf eines Hauses verwendet werden, denn man wird den Reservefond lange nicht brauchen, da ja das Festspielhaus natürlich erst in Jahren errichtet, mit der Sammlung des Fonds aber sofort begonnen wird. Späterhin wird man aus den Ertragzinsen des Geburtshauses, die ja bestimmt ganz ansehnliche sein werden, die Hypothek mit Leichtigkeit abstoßen können. Auch für die Zentralkanzlei und sonstige Auslagen kann der Festspielhausfond, beziehungsweise dessen Zinsen verwendet werden. Denn es muß doch eine Agitation entfaltet werden, die ja den Bestand einer Kanzlei etc. voraussetzt und die bezahlt werden muß.

236 Carl Spängler  ; vgl. die Anm. in Dok. 39 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 8.9.1916).

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Wie ich die Idee der Errichtung des Mozarthauses aufgegriffen habe, hatte das Mozarteum überhaupt kein ständiges Büro  ; erst aus den Mitteln, die für den Mozarthausbau gesammelt wurden, ist das Büro geschaffen worden und wurden Investitionen verschiedenster Art gemacht. Jedermann wußte dies und hat es für vollkommen korrekt befunden, es ist auch von keiner Seite jemals gegen diesen Vorgang ein Einspruch erhoben worden. Was das Projekt selbst anbelangt, so haben Sie eine ganz unbegründete Angst vor demselben. Erstens ist die Errichtung des Festspielhauses keine so dringende Sache, wie sie das Mozarthaus war. Es kann daher noch viel über die Art der Durchführung gesprochen und alles reiflich überlegt werden. Wenn es dann zur Errichtung kommt, so ist gewiß ein Weg gangbar, der einen verhältnismäßig billigen Betrieb möglich macht. Gastspiele von angesehenen Bühnen, an denen eine Mozartoper zum Gegenstande besonders eingehenden Studiums gemacht wurde, halte ich für die billigste und künstlerisch bedeutungsvollste Form. Denn hiedurch wird das, was man unseren jetzigen Festspielen zum Vorwurf macht – daß sie nämlich zu wenig einheitlich sind −, ausgeschaltet und die Kosten werden ungemein verbilligt, weil nicht lange Vorproben an Ort und Stelle notwendig sind. Aber das ist alles Nebensache, hierüber soll sich die Zeit, in welcher das Haus errichtet wird, unterhalten. Uns handelt es sich jetzt nur um die Aufbringung der Mittel  ; und die Einleitung einer sehr wirkungsvollen Aktion ist möglich, auch wenn man für das Festspielhaus nur das allgemeine Programm oder vielmehr nur den Wunsch, daß in demselben Mozart’sche Opern in möglichst künstlerischer Vollkommenheit aufgeführt werden sollen, aufstellt. Die Leute sind für diesen Gedanken, das konnte ich im Laufe der letzten 2 Jahre oftmals ersehen. Also, ich komme zum Schluß. Die Erwerbung von Mozarts-Geburtshaus, mit Recht Ihre Lieblingsidee, wird Ihnen nicht anders, als auf dem von mir bezeichneten Wege gelingen. Es ist ganz vergeblich, wenn wir auf Spängler oder Scio Persönlichkeiten mit Namen loslassen. So etwas bringt den Starrsinn der beiden nicht im leisesten ins Wanken. Spängler ist imstande 10.000 K für den Ankauf zu spenden, aber daß er dem Schwiegersohn das Geschäft verdirbt, das fällt ihm im Schlafe nicht ein. Die Festspielhausidee schafft uns die Möglichkeit, Geldmittel anzusammeln, die uns dann weiterhin in die Lage versetzen, unsere Pläne nach allen Richtungen hin durchzuführen und das große österreichische Institut zu schaffen, das wir alle vor Augen haben. Wenn Sie sich für diesen Plan entscheiden, dann ist alles gemacht. Es hängt insoferne von Ihnen ab, weil dann natürlich auch Frau Lehmann mittut oder doch nicht opponiert. Das Kuratorium ist in der weitaus überwiegenden Mehrheit für meinen

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Plan. Man will nur begreiflicherweise nicht einen Streit-Gegenstand mit Ihnen und Frau Lehmann schaffen, darum, aber nur darum erfolgte die Ablehnung. Die Mitteilung, daß Sie auch der Aufnahme dieses Projektes zustimmen, würde mit großer Freude aufgenommen werden, dafür garantiere ich Ihnen. Ich bitte Sie also in dem Falle, wenn Sie sich für den Plan entscheiden können, um Ihre Mitteilung. Wenn Sie hierauf nicht einzugehen vermögen, dann bedarf es keiner Mitteilung, ich weiß dann aus Ihrem Schweigen, daß Sie meiner Anschauung nicht beitreten. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener /F. Gehmacher Ich ersuche höflich um diskrete Behandlung meines spontan an Sie gerichteten Schreibens/

109. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, den 20. Februar 1917. Euer Hochwohlgeboren  ! Mit bestem Danke bestätige ich das werte Schreiben vom 17. d. M. Trotzdem ich in der Festspielhausfrage genau auf dem Standpunkt stehe wie im August und Oktober vorigen Jahres, so würde ich es doch nicht für gut halten, Ihrer Anregung, in diesem Falle keine Antwort an Sie gelangen zu lassen, Folge zu leisten, da jede Angelegenheit nur gewinnen kann, wenn man sich ganz offen ausspricht. Zunächst muß ich – wir sind ja leider so selten derselben Ansicht – Ihnen vollkommen zustimmen, daß die Ausgestaltungsmöglichkeit des Mozarteums eine ganz ungeheure ist, und dies ist auch der Grund, daß ich trotz der Widrigkeiten und der denkbar geringsten Unterstützung einen großen Teil meiner Zeit dem Mozarteum widme, denn ich kann Sie versichern, daß meine verschiedenen Aktionen für das Mozarteum täglich viele Stunden in Anspruch nehmen. Daß zur Ausgestaltung des Mozarteums Geld gehört und dieses sehr schwer aufzubringen ist, ist mir leider ebenfalls bekannt, doch stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkte, daß diese Summen aufzubringen sind, ohne daß man das Mozarteum in ein so riskantes Geschäft wie die Festspielhaussache verwickelt, welche sicher kein Geld einbringen, sondern das Mozarteum zum Ruin führen würde.

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[…]237 Um das Geld für das Mozarthaus zu beschaffen, brauchen wir also absolut nicht das Festspielhaus, welches auch für unsere Zwecke keinen Kreuzer einbringen würde. Ich habe meine Ansicht über die Festspielhaus-Idee in stundenlangen mündlichen Darlegungen und auf Hunderten von Briefseiten schriftlich dargelegt und kann Euer Hochwohlgeboren versichern, daß ich von diesen meinen Ansichten nicht abgegangen bin. Die Verwicklungen, die durch diese Aktion damals entstanden, waren so groß, daß sie überhaupt den Bestand des Mozarteums in Frage stellten. Ich war glücklich, daß es mir und meinen Anhängern gelungen ist, diese Sache aus der Welt zu schaffen und jetzt nach wenigen Monaten bieten Sie uns wieder diesen Eris-Apfel dar. Ich habe die feste Absicht, mich nicht wieder in einen Kampf einzulassen, dazu reichen meine Nerven nicht aus. Und nun, verzeihen Sie meine Offenheit  : Sollte Ihr Brief den Sinn haben  : Wenn ich meine Festspielidee nicht durchsetze, dann wäre es wohl besser, dies ganz offen zu erklären, damit wir eben unsere Idee entgültig fallen lassen. Ob Sie aber damit dem Mozarteum nützen, ist eine andere Frage, denn nach meiner Ansicht ist es die Hauptaufgabe des Mozarteums, dieses unschätzbare Kulturdenkmal für ewige Zeiten zu sichern. Vielleicht finden es euer Hochwohlgeboren angemessen, mir auf den letzten Passus eine Erwiderung zukommen zu lassen. Ich versichere Sie, daß dieser Brief sine studio et ira geschrieben ist und daß ich den Bestand des Mozarteums erst dann für gesichert halte, wenn Sie diese unglückselige Festspielhausidee endlich aus Ihrem Programme ausmerzen. Sie werden diese Idee nie in Realität umsetzen. Ich habe das Gefühl, Sie werden das Mozarteum durch die fortwährende Aufrollung dieser Frage in seiner Entwicklung gänzlich unterbinden. Im Oktober ist ja doch in dieser Angelegenheit ein entgültiger Beschluß gefaßt worden, an den wir uns alle zu halten haben. Wenn Sie, sehr geehrter Herr, diese Vereinbarungen jetzt durch neuerliche Aufrollung der Frage hinfällig machen, so wäre dies für uns nur ein Zeichen, daß Sie unsere Mitarbeit für überflüssig halten. Wenn Männer etwas beschließen, so müssen sie sich an ihren Beschluß halten, und es ist ganz unmöglich, mit einem bereits erledigten Gegenstande immer aufs neue zu kommen und immer neue Katastrophen heraufzubeschwören. In den Oktobersitzungen wurde die Sache entgültig erledigt und für mich existiert eine Festspielhausfrage nicht mehr. Wenn Männer von Ehre sich zusammensetzen und einen Beschluß fassen, so müssen sie sich auch an diesen Beschluß halten.

237 Lewicki geht im Folgenden auf die von Gehmacher im Brief vom 17. Februar (Dok. 108) aufgestellte Liste von Arbeitsgebieten des Mozarteums und auf Möglichkeiten zur Finanzierung des Ankaufs von Mozarts Geburtshaus ein.

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Es tut mir außerordentlich leid, Ihnen dies schreiben zu müssen, und ich bitte Sie dringendst, diesen meinen Ausführungen keine persönliche Spitze unterlegen zu wollen. Ich kann in dieser Angelegenheit nichts anderes sagen als ich es denke. Ich würde es für die größte Gewissenlosigkeit halten, wenn durch mein Dazuthun diese leidige Affäre nochmals aufgerollt würde, die, wie ich schon mehrmals bemerkte, entgültig erledigt ist. Ihrem Wunsche gemäß, werde ich der Frau Lehmann von Ihrem Schreiben keine Mitteilung machen, was ich schon aus dem Grunde unterlassen will, da dies unbedingt wieder eine Krise heraufbeschwören würde, welche den Zusammensturz unserer Salzburger Sommerkurse unbedingt zur Folge hätte. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenster /Lewicki/

110. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 21. Februar 1917. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Es ist mir wirklich ein Stein vom Herzen gefallen, als ich Ihren Brief durchgelesen und gefunden hatte, daß sich Ihre Gegnerschaft gegen mich nicht in persönlichen Anwürfen äußert, so daß ich also in der Lage bin, auf Ihr Schreiben sachlich zu erwidern. In erster Linie komme ich auf Ihre Frage wegen Einschätzung der Angelegenheit »Mozart-Geburtshaus« als Hauptaufgabe des Mozarteums zurück. Ich bin der Anschauung, daß die Erwerbung des Geburtshauses, wenn auch nicht gerade die Hauptaufgabe, so doch gewiß eine der allerwichtigsten Aufgaben des Mozarteums ist. Mein Brief soll nicht den Sinn haben  : »Wenn ich die Festspielhausidee nicht durchsetze, so werdet Ihr auch nicht Euere Geburtshausidee durchsetzen«, sondern den Sinn  : Wenn es nicht gelingt, größere Geldmittel a priori zur Verfügung zu haben, so wird es nicht möglich sein, sich in den Besitz des Geburtshauses zu setzen. Um in den Besitz dieser Mittel zu gelangen, hielte ich die Festspielhausidee für sehr geeignet. Sie sehen in der Angelegenheit des Geburtshauses noch nicht ganz klar. Scio wird auf dem Wege eines Vertrages, demzufolge er im Hause verbleiben kann und ihm für das Haus eine hohe Miethe oder ein Kaufschilling gezahlt wird, nie zu packen sein. Er ist ein viel zu schlauer und geldsüchtiger Geschäftsmann, als daß er dann nicht immer wieder eine neue Forderung stellen würde, wie er es ja in den vielen Verhand-

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lungen mit uns gemacht hat. Er muß darum auch aus dem Hause hinaus, weil sonst nie Ruhe werden und für uns nie die Möglichkeit gegeben würde, über das Haus wirklich in unserem Sinne zu verfügen. Wir können also zum Ziele nur auf dem Ihnen bereits angedeuteten Weg kommen, daß wir ihm ein anderes, womöglich für sein Geschäft günstiges Haus anbieten und ihm einen Betrag für die Zahlung der Adaptierung zur Verfügung stellen. Das ist der einzige Weg, kein anderer führt zum Ziel, das ist meine feste Meinung von der Sache. Hiezu bedarf es aber, wie gesagt, bedeutender Mittel, die nicht erst in einem späteren Zeitpunkte, wie Sie das andeuten, sondern a priori zur Verfügung stehen müssen. Wir können nicht sagen, wenn wir das Haus haben, dann werden wir auch die Mittel zur Abzahlung aufbringen. Wenn wir den Scio mit seinen Geschäftslokalitäten nicht sehr günstig stellen, so bekommen wir das Haus nicht. In der letzten Verhandlung hat Scio die Bedeutung seines Verbleibens im Hause gegen einen sehr niederen Zins für 30 Jahre beansprucht  ; das ist unmöglich. Scio ist geradezu ein Gegner von Reinlichkeit, das Haus ist verschmutzt von oben bis unten, und wenn er darin bleibt, wird es uns nie möglich sein, das Haus in einem repräsentablen Zustand zu erhalten. Also, oberster Grundsatz muß sein, daß Scio das Haus verlassen muß, das tut er aber natürlich nur, wenn ihm ein anderes besseres Geschäftslokal zur Verfügung gestellt wird. Ein geeignetes Objekt wäre das ungefähr gegenüberliegende Geschäftshaus, das aber ziemlich teuer sein wird. […] Bezüglich des Schlusses Ihres Schreibens bitte ich zur Kenntnis zu nehmen, daß kein Mensch hier von dem Inhalte meines Briefes an Sie etwas weiß. Ich habe nie über die Festspielhaus-Frage weiters gesprochen und nur Ihnen gegenüber wollte ich noch einmal anfragen, ob Sie sich denn nicht doch meinen Erwägungen anschließen könnten. Im Kuratorium habe ich seit dem Beschlusse kein Wort vom Festspielhaus erwähnt, Ihre Besorgnis, daß eine neuerliche Störung eintreten könnte, ist daher gänzlich unbegründet. Wenn ich Ihnen gegenüber wieder diese Frage berührte, so geschah es aus dem Grunde, weil ich bedauere, sehen zu müssen, wie unter der Geldfrage die Entwicklungsmöglichkeit des Mozarteums unterbunden wird und wie ich mangels eines zugkräftigen Programmes bemüßigt bin, mit gebundenen Armen diesem Zustande gegenüber stehen zu müssen. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst /F. Gehmacher/

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111. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 25./ II. 1917 Strengstes Reservat  !  !  ! Lieber Freund, beiliegend übersende ich Dir den 1. Teil der Statuten im Roh-Entwurf.238 Der 2. Teil (§ 26 – 40) folgt umgehend. Du erhältst überdies eine Abschrift, wo jeder § auf einem eigenen Blatt mit Raum zu Bemerkungen sich befinden wird. Herzlichst grüßend Dein Damisch […]

112. Entwurf von § 1 bis § 25 der Statuten der »Salzburger Meister(Fest)spielhausGemeinde«239 /Streng vertraulich  !  !/ Name des Vereines. § 1. Der Verein führt den Namen »Salzburger Meister(Fest)spielhaus-Gemeinde«. Zweck des Vereines. § 2. Der Zweck des Vereines ist zuförderst  : Die Beschaffung der Mittel zur Erbauung eines Meister(Fest)spielhauses in der Nähe der Stadt Salzburg oder in der Stadt selbst für die Abhaltung geistiger und weltlicher Meister(Fest)spiele. Das Meister(Fest-) spielhaus soll während der jeweils in Salzburg abgehalten werdenden Mozartfeste für Proben und Aufführungen ausschließlich dem Mozarteum frei zur Verfügung stehen. Die Durchführung des Baues in allen Teilen. Die Schaffung eines Fonds zur dauernden baulichen Instandhaltung des Meister(Fest)spielhauses.

238 Vgl. Dok. 112 (Entwurf von § 1 bis § 25 der Statuten der »Salzburger Meister[Fest]spielhaus-Gemeinde«). 239 Nach wir vor hofft Damisch, durch die Verwendung der Bezeichnung »Meister(Fest)spielhaus-Gemeinde« den Gegnern der Festspielhausidee keine Angriffsfläche zu bieten.

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Nach Erreichung des in a), b) und c) normierten Zweckes beschließt die Generalversammlung eine mit der Meister(Fest)spielhaus-Idee in Zusammenhang stehende, sinngemäß abgeänderte weiterdauernde Tätigkeit oder die Auflösung des Vereines. Sitz des Vereines. § 3. Der Sitz des Vereines ist in Wien. Der Finanzausschuß und die Zentralkassenstelle des Vereines befinden sich in Salzburg, als dem Bauorte zunächst. Zusammensetzung des Vereines. § 4. Die Salzburger Meister(Fest)spielhausgemeinde besteht aus  : dem Hauptvereine in Wien dem Zweigvereine in Salzburg den auswärtigen Ortsgruppen Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes. § 5. Als Mittel, durch welche der Vereinszweck angestrebt werden kann, gelten insbesondere  : Die Bildung und Förderung von Ortsgruppen im In- und Auslande. Die Durchführung von Sammlungen. öffentliche Konzert- und Theateraufführungen zu Gunsten der Meister(Fest)spielhausgemeinde. Die Abhaltung von Vorträgen und gesellschaftlichen Veranstaltungen zu Gunsten der Meister(Fest)spielhausgemeinde. Für alle obigen Unternehmungen und Veranstaltungen des Vereines wird, insoferne es erforderlich ist, die behördliche Bewilligung eingeholt werden. […]

113. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, 28. II. 17. Geehrter Herr Doktor  ! […]

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Mit Gehmacher wechselte ich 2 Briefe240 – in der Festspielhausfrage ist mein Standpunkt (siehe Oktobersitzung241) unverrückbar. Gehmacher durfte die Frage nicht aufrollen, da ich ihn über meine Ansicht in dieser Sache neuerdings nicht im Zweifel ließ. Mit besten Empfehlungen ergebenster Lewicki

114. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 3. März 1917 […] Ich sendete Dir heute expreß-rekommandiert eine neue Gesamt-Abschrift des Statutenentwurfes. Ich werde Dir demnächst noch eine Art Organisationstafel zur leichteren Übersicht des Ineinandergreifens der einzelnen Gruppen und Ämter, wie ich es mir denke, schicken. […] [Heinrich Damisch]242

115. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 9. März 1917 Lieber Freund  ! Anbei sende ich Dir das Statutenelaborat mit einigen Bemerkungen, die ich auf den einzelnen Blättern angefügt habe, zurück. Ich begreife die so überaus komplizierte Struktur, die Ihr als Grundlage für den Aufbau des Vereines genommen habt, nicht. Warum nicht einen einheitlichen Verein mit dem Sitze in Wien, den eine Direktion bestehend aus 24 Mitgliedern, davon 9 in Salzburg, leitet.

240 Vgl. Dok. 108 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 17.2.1917), Dok. 109 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 20.2.1917) und Dok. 110 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 21.2.1917). 241 Vgl. Dok. 95 (Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1916). 242 Anscheinend hat Damisch selbst die Kompliziertheit der Statuten gefühlt, sonst hätte er Gehmacher das Übersenden einer Übersichtstafel, wie nun die einzelnen Ämter zusammenwirken sollen, gar nicht angeboten. In den Hauptpunkten entspricht die Satzung immer noch dem, was er in seinem Brief an Gehmacher vom 22. Oktober 1916 (Dok. 99) niedergelegt hat.

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Ich kann wohl einsehen, daß manche Gründe für die Zweiteilung sprechen. Es ist ja sehr selbstlos von Dir, daß Du Salzburg hiedurch ein Übergewicht einräumen willst. Aber ich halte das nicht für so notwendig. Ich kann mir nicht denken, daß sich ein Widerspruch ergeben könnte. Schließlich könnte ja auch das Mozarteum ebensogut von Wien aus geleitet werden. Ich stehe, wie Du weißt, immer auf dem Standpunkte, daß es sich da um kein Salzburger Lokalinstitut handelt. Ich will Dir aber in die mit so großer Gründlichkeit ausgefeilte Arbeit keine Bresche schießen. Wenn Du es für notwendig hältst, dann bleibe dabei. Für mich ist es das Wesentliche, daß mit der Sammlung angefangen wird, daß Geld zusammenkommt, so daß man das Festspielhaus errichten kann. Auf die Form, wie das gemacht wird, kommt es mir gegenwärtig nicht an. Wenn dann die Fragen der Ausführung kommen, dann erheben sich ohnehin die Stimmen im Direktorium, dann erst setzt das Präzisionsarbeiten ein. Also vorerst einmal dieses. Ich erwarte baldige Nachricht, denn nach meiner Meinung ist das Wesentlichste, daß wir die Zeit nicht verstreichen lassen. Wir haben die beste Zeit schon versäumt, nach dem Kriege ist auf längere Zeit nichts mehr zu machen. Herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]

116. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 13-3-1917. Lieber H[err] v. Lewicki, Sie sind ein großer Papierverschwender  ! Ich wollte Ihnen schon oft schreiben  : nehmen Sie einen ½ Bogen für unsere Geschäftskorrespondenz, ich spare jetzt alles und in allem, nur nicht am essen, aber da gebietet es der Kriegswucher – satt essen müßte man sich, aber können ist zweierlei  ! Den Brief von G.Macher243 sandte ich Ihnen sofort umgehend wieder – ich werde ihn doch nicht an Stibral geschickt haben  ? Ich werde gleich |Laufkarte|244 senden, dann erhalten Sie ihn von dort, kann’s mir aber nicht denken. Bei mir ist oft eine furchtbare |Hetze| und 20-30 Briefe kommen auf einmal. Aber ich weiß, daß ich ihn sofort ins Couvert steckte und Ihre Adresse drauf schrieb. Vielleicht kam er unterdessen an. 243 Vgl. Dok. 110 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 21.2.1917). 244 Vermutlich ein Nachsendeauftrag.

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[…] Herzlichste Grüße Lilli Lehmann

117. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 17. März 1917. Lieber Freund  ! Obwohl ich mir bewußt bin, daß es mir nicht gelingen wird, Dich aus Deinem Gedankengange herauszubringen, möchte ich doch nicht unterlassen, Dir vorzustellen, aus welchem Grunde ich auf dem Standpunkte stehe, daß mit der Hinausschiebung der Aktivierung der Festspielhaus-Gemeinde ein großer Entgang verbunden ist. Das sind einmal ganz konkrete Tatsachen, deren Gewicht Du auch anerkennen mußt. Ich habe seinerzeit, als ich noch vermeinte, die Geschichte wird durch ein leichter flüssiges Fahrwasser treiben, mit einem Herrn hier (Oberinspektor der Stuttgarter-Lebensversicherungsanstalt) die Verabredung getroffen, daß er, der ein sehr geschickter Acquisiteur ist, sich um den Vertrieb von Anteilscheinen für das Festspielhaus bemühen wird. Nun kommt er vor einigen Tagen zu mir und klagt darüber, daß er die Anteilscheine oder überhaupt eine Promesse nicht ausgeben könne  ; er habe schon um etwa 30.000 K Zeichnungen, die aber, wenn die Sache nicht ehestens durchgeführt wird, wieder hinfällig werden, weil es sich um Kriegsgewinne handelt, auf die ja zu Kriegsende natürlich der Staat greifen wird. Ein Baumeister hier, mit dem ich seit langem in geschäftlicher Verbindung bin, hat mir eine Spende zum Reservefond per 500 K versprochen, aber natürlich erst zahlbar wenn der Verein besteht. Und derartige Fälle wären noch mehrere anzuführen. Wir verlieren also tatsächlich durch die Verzögerung Geld und zwar Geld, was wir späterhin bestimmt nicht mehr bekommen. Es ist daher, wenn Du es mit dem Gedanken überhaupt ernst nimmst (was ich mir offen gesagt, bei dem modus procedendi nicht recht denken kann, aber ich muß Deiner letzten Versicherung glauben), absolut verfehlt, daß wir nicht längst an die Gründung des Vereines geschritten sind. Selbstverständlich würde ein Schritt in die Öffentlichkeit jetzt nicht am Platze sein, aber unter der Hand ließe sich außerordentlich viel machen und dazu sollte die Möglichkeit geboten sein. Ein Grund der Verzögerung ist offenbar auch der, daß Du Dir die Sache zu kompliziert gestaltet hast. Ich habe reiche Erfahrung, wie schwer es ist, für eine Sache Mitarbeiter aufzubringen. Wenn man die Leute dann auch noch vor eine so kom-

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plizierte Sache stellt, wie Du sie konstruiert hast, dann beißen sie von vorneherein nicht an. Wer soll der Zentralvorsteher der nicht in Wien befindlichen Ortsgruppen mit diesem sehr verzwickten und verklausulierten Wirkungskreis sein. Ein Geschäftsmann macht das nicht, ein Beamter hat nicht Zeit, ein Schriftsteller handhabt das noch umständlicher als es schon ist und kommt dann zu keiner positiven Arbeit, also wer  ? Vielleicht überlegst Du Dir’s doch nochmals, ob Du nicht einen e i n h e i t l i c h e n Verein schaffst, für den es ein einheitliches Direktorium gibt, das Mitglieder in Wien und in Salzburg hat, dessen Zahlstelle in Salzburg ist, weil der Kassier hier sitzt. Bezüglich des Zusammenhanges mit dem Mozarteum könnten die Bestimmungen aus Deinem Statut genommen werden. In jedem Falle aber lasse Dir eindringlich gesagt sein  : jeder Tag, an dem der Verein nicht besteht, bedeutet einen nicht mehr ersetzbaren Verlust an moralischen und materiellen Förderungsmitteln für die Ausführung des Hochzieles »Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg«. Alles herzliche Dein /G/

118. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 3. April 1917. Lieber Freund  ! Endlich komme ich dazu, Dir wieder einmal zu schreiben. Ich war in der Zwischenzeit in unserer Sache nicht untätig, habe ihr neue Freunde geworben und auch die Statuten einreichungsfähig hergestellt. Bevor ich sie loslasse, möchte ich nur einiges darüber im Zusammenhang mit Deinen Bemerkungen mitteilen. Bezüglich der Bezeichnung »Festspielhaus« bin ich Deinen Anregungen gefolgt, weil ich glaube, daß der Grund, weswegen ich den Doppeltitel gewählt hatte, bald wegfallen wird und wieder Zeiten bevorstehen, wo das Wort Festspielhaus bei ehrlich oder heuchlerisch sensitiven Gemütern keinen Anstoß mehr erregen kann. Bezüglich der Mitgliederkategorien habe ich Deinen Vorschlag nur teilweise angenommen, indem ich Stifter mit 50.000 Kronen, Gründer mit 10.000 Kronen, Förderer mit 100 Kronen, Unterstützende mit 10 Kronen einsetzte. Ich beließ die Kategorie »Gründer«, weil ihnen nach den Statuten ja später gewisse Vorrechte eingeräumt werden können (für Stifter und Gründer z. B. Vorverkaufsrechte). Den hohen Betrag von 50.000 Kronen halte ich gerade für Kriegsgewinner und dergl. sehr verlockend, da sie sich damit besonders hervortun können. Das Recht der Antragstellung habe ich Deiner An-

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regung gemäß nicht einzelnen Ortsgruppen-Mitgliedern sondern den Ortsgruppen als solchen zugewiesen. Die Zweiteilung des Vereines habe ich aufrechterhalten, da ich überzeugt bin, daß dadurch eine Inkorporierung erleichtert würde. Als Zentralvorsteher der Ortsgruppen habe ich mir niemanden anderen als Dich vorgestellt. Der Wirkungskreis kann ja, wenn sich praktisch Schwierigkeiten ergeben sollten, im Wege einer Statutenänderung nach Deinen Wünschen neu umgrenzt werden. Weiters möchte ich Dir noch mitteilen, daß sich auch Richard Mayr245 sehr für die Sache interessiert hat, und daß ich ihn für die geeignete Person eines künftigen Leiters der Festspiele im Auge habe, weil ich nicht ohne Grund annehme, daß er bis zur Fertigstellung des Hauses sich von dem lästigen Engagement an der Hofoper befreit und ins Privatleben zurückgezogen haben dürfte, andernfalls auch beide Tätigkeiten miteinander vielleicht vereinigen könnte. Wenn Du mir keine weitere Einwendung zuschickst, reiche ich zu Ostern die Statuten ein, und der Verein wird hoffentlich einen gesegneten Anfang nehmen. Nach Ablauf der gesetzlichen Frist berufe ich die konstituierende Generalversammlung ein, für welche die Dir bereits bekannten Mitglieder der seinerzeit als Mozartgemeinde gedachten Liste als vorbereitetes Komitee fungieren werden und bis dahin auch eine entsprechende Anzahl künftiger Mitglieder zusammenbringen dürften. Mit herzlichsten Grüßen Dein /H. Damisch PS. 1. Während der sechs Wochen, die bis zum Inkrafttreten der Statuten erforderlich sind, ist natürlich absoluteste Geheimhaltung unbedingt nötig, damit keine Quertreibereien eintreten können. 2. Jetzt schon an Anteilscheine zu denken, halte ich für verfrüht, da dadurch der Verein a priori illusorisch würde. Eine Anteilscheinaktion kann meiner Meinung nach erst einsetzen, wenn der Verein die Sache nicht vorwärts bringen würde./

119. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 6. April 1917. Lieber Freund  !

245 Richard Mayr (1877–1935), österr. Sänger (Bariton), Sohn einer Salzburger Gastwirtsfamilie, international erfolgreich u. a. bei den Bayreuther Festspielen sowie als »Ochs auf Lerchenau« in Richard Strauss’ Der Rosenkavalier. Sang regelmäßig bei den Salzburger Festspielen.

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Aus Deinem Schreiben vom 2. d. M.246 und den Mitteilungen Dr. Mussonis entnehme ich mit Vergnügen, daß Du nun doch daran gehen willst, die Gründung der Festspielhaus-Gemeinde zu bewerkstelligen. Ich bin, um die Sache nicht zu verzögern, mit allem einverstanden, was Du tun willst – Du bist ja auch der Herr der Situation −, wenn ich auch gewünscht hätte, daß Du die Konstruktion mehr vereinfacht hättest. Aber die Hauptsache ist jetzt, daß die juristische Persönlichkeit besteht, damit wir Beiträge einnehmen können, denn eine solche Zeit wie sie jetzt ist, kommt nicht wieder. Unser Bürgermeister,247 der sich um die Erwerbung des Geburtshauses sehr angenommen hat, konnte für diesen Zweck in einer Woche 30.000 K an Geschenken aufbringen. Eines liegt mir noch sehr am Herzen, das sind die verzinslichen Anteilscheine. Es gibt Leute, die Geld geben, wenn ihnen eine mäßige Verzinsung und die Amortisation zugesichert wird. Wir hoffen doch, daß der Betrieb des Festspielhauses aktiv sein wird, und können also für einen Teil des Erfordernisses (das wir mit 3 Mill. annehmen wollen) eine Verzinsung und Amortisation in Aussicht nehmen. Aus reinen Spenden bringen wir 3 Mill. natürlich nicht zusammen. Also nimm in das Statut eine Bestimmung auf, die uns die Ausgabe von Anteilscheinen möglich macht. Ich denke mir also 2 Fonde  : 1.) Den »verlorenen Fond« mit 500.000 K, der durch Spenden und Beiträge aufzubringen ist und der bestimmt ist, die Vorauslagen zu decken und späterhin den Betrieb des Hauses sowie die Verzinsung und Amortisation des Bankkapitales zu sichern. 2.) Den Baufond, der aus Anteilscheinen gebildet wird. Die für letzteren einlangenden Beiträge werden sicher angelegt (Sparkassa oder dgl.) und tragen uns 4¼ %, also etwas mehr, als wir vor dem Bau an die Anteilschein-Besitzer an Zinsen auszubezahlen haben. Wenn der Bau begonnen hat, wird dieser Fond 2.) verbraucht und dann sichert die Verzinsung bis zur Erzielung eines Erträgnisses der verlorene Fond, den wir Reservefond nennen wollen. Nach Genehmigung der Statuten mußt Du an Dr. von Peyrer und mich die offizielle Einladung zur Gründung der Salzburger-Gruppe (mit 8 Leitungsmitgliedern) richten. Dein Vorschlag, für Salzburg die größere Anzahl von Leitungsmitgliedern festzusetzen, findet selbstverständlich meine volle Zustimmung. Also nimm all’ die Kräfte zusammen etc. Mit allem Herzlichen Dein [Friedrich Gehmacher] 246 Gemeint ist wohl Damischs Schreiben an Gehmacher vom 3. April 1917 (Dok. 118). 247 Max Ott  ; vgl. die Anm. in Dok. 68 (L. Sedlitzky an R. v. Lewicki, 26.9.1916).

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120. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 7.4.1917. Lieber Freund  ! Ich habe Deinen Brief erhalten und will Deinem Wunsch gemäß den § 5  : »Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes« um den Punkt e) erweitern, welcher lautet  : »Die Ausgabe von verzinslichen Anteilscheinen zur Durchführung des Baues«. Ich möchte Dir nochmals zu bedenken geben, daß wir den auf rein ideale Grundlage gestellten Verein durch diesen Punkt eventuell in seiner Tätigkeit stark schwächen werden, daß wir unseren Gegnern eine kräftige Waffe damit in die Hand geben und daß wir das Festspielhaus von vornherein mit dem Risiko eines geschäftlichen Unternehmens belasten. Ich für meine Person hätte mir gedacht, daß wir zuerst der großen Werbekraft der Idee vertrauen sollen und erst wenn sich diese Kraft doch als zu schwach erweisen würde, die Hilfe von Anteilscheinen in Anspruch nehmen sollen. Vielleicht schreibst Du mir noch schnell Deine Meinung darüber. Ich wünsche Dir und allen unseren Freunden, besonders Dr. von Peyrer und Dr. Mussoni so angenehme Ostern als bei den gegenwärtigen Witterungsverhältnissen möglich ist und sende Dir recht herzliche Grüße. Dein /H. Damisch/

121. Max Reinhardt  : »Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn«248 [April 1917] Neben vielen höchst bedeutungsvollen Erscheinungen, die unsere Zeit uns offenbart, ist auch die bemerkenswerte Tatsache zu verzeichnen, daß die Kunst, insbesondere d i e K u n s t d e s T h e a t e r s , sich in den Stürmen dieses Krieges nicht nur behauptet, sondern ihr Bestehen und ihre Pflege geradezu als unumgängliche Notwendigkeit erwiesen hat. Die Welt des Scheines, die man sich durch die furchtbare Wirklichkeit dieser Tage ursprünglich aus allen Angeln gehoben dachte, ist völlig unversehrt geblieben, sie ist eine Zuflucht geworden für die Daheimgebliebenen, aber ebenso für viele, die von draussen kommen und auch für ihre S e e l e Heilstätten suchten. Es hat sich gezeigt, daß sie nicht nur ein Luxusmittel für die Reichen und Saturierten, sondern ein L e b e n s m i t t e l für die Bedürftigen ist. 248 Zur Überlieferungslage dieses Dokuments vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang.

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Nie zuvor sah das Theater seine oft bezweifelte Würde vor eine ernstere Probe gestellt und niemals hat es irgend eine Probe so ehrenvoll bestanden. Nach dem Kriege wird seine Aufgabe zum Mindesten nicht geringerwerden, ganz besonders dann nicht, wenn, wie man glauben darf, die kommende Zeit noch lange den Ernst in ihrem Antlitz bewahren wird. So sehr die Kunst ein Himmelskörper für sich ist, der unbeirrt seine Kreise zieht und sich um seine eigene Achse dreht, so empfängt er doch sein Licht von dieser Welt der Wirklichkeit, und wenn die guten Geister der Kunst ihre Spiegel für den heutigen Tag auch streng verhüllen, so ist doch nicht anzunehmen, daß der ungeheure Weltenbrand für die Dauer ohne dichterischen Widerschein bleiben wird. Ganz gewiss wird die Zukunft ihr neues Licht, neue Liebe und neues fruchtbares Leben schenken. In diesem Glauben trachten ihre Führer sich und ihre Welt für die Anforderungen einer kommenden Zeit zu rüsten. Ihre Bestrebungen, so mannigfaltig sie auch sein mögen und sein sollten, müssen naturgemäß in dem Wunsch gipfeln, dem Theater wieder seine ursprüngliche und seine letzte Form zu geben – D a s F e s t s p i e l h a u s . – Nicht das städtische Spielhaus für die alltäglichen Feste und Zerstreuungen, die ganz gewiß ebenso notwendig sind und bleiben werden (und deren Aufgabe hier keineswegs unterschätzt werden soll), sondern das Haus für jene hohen Feste, die einmal im Jahre, mit aller künstlerischen Weihe gefeiert werden sollen, abseits vom städtischen Alltagsgetriebe und an einem Ort, der durch natürliche und künstlerische Schönheit so ausgezeichnet erscheint, daß die Menschen in den sommerlichen Ruhetagen, befreit von ihren Sorgen und Mühen, gerne hinpilgern. Der Gedanke ist uralt. Schon die Griechen haben ihrem Theater diese feiertägliche Form gegeben. Später hat die Kirche des Mittelalters mit ihren Mysterien und Passionsspielen die Wiege des heutigen Theaters gebaut und zuletzt hat Wagner249 diesen Gedanken aufgenommen und glorreich durchgeführt. Das Bayreuther Festspielhaus ist vielleicht das Genialste seiner Werke. Doch jede Zeit muß einen solchen Gedanken aus sich heraus und für sich wieder neu formen, wenn er lebendig bleiben soll. Unsere Zeit führt ohne Zweifel mehr als eine andere auf diesen Weg. Unser Leben hat die frühere Beschaulichkeit fast ganz verloren, die Arbeit überflutet den Tag bis in die späten Stunden, der Feierabend setzt immer später ein und findet uns müde und erschöpft von der stetig wachsenden Hast und Unruhe des Tagewerkes. Unsere grossen klassischen Werke lassen sich nur mit schmerzlichen Amputationen in die immer kürzer werdende Spielzeit einzwängen und erweisen sich dann 249 Richard Wagner (1813–1883) galt als Erneuerer des deutschen Musikdramas sowie der deutschen Kultur insgesamt. Das von ihm mitgeplante Festspielhaus in Bayreuth, das oft als Vorbild für die Salzburger Festspielhausidee galt, wurde 1876 mit seiner Oper Rheingold eröffnet.

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noch oft als zu schwere Kost für die späte Stunde, für die Vorbereitungen bleibt in dem fieberhaften Repertoirwechsel kaum die notwendige Muße und Sammlung und die Besten unserer Zeit, denen wir doch genug tun wollen, müssen infolge ihrer angestrengten Berufstätigkeit auf den Theaterbesuch beinahe ganz verzichten. Gerade sie sind es aber, die dem Theater die allgemeine, ihm zukommende Bedeutung geben können, denn nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Zuschauerraum müssen die Besten sein, wenn das vollkommene Wunder entstehen soll, dessen das Theater an glücklichen Abenden fähig ist. Wie stark aber das Bedürfnis der Menschen nach solchen aussergewöhnlichen Veranstaltungen ist, beweisen die Festspielstätten in Bayreuth, in München, in Oberammergau und die vielen Freilichtbühnen, trotzdem ihre Leistungen zum grossen Teil recht problematischer Natur sind. So liegt der Gedanke, der populärsten und in der augenblicklichen Wirkung jedenfalls mächtigsten Kunst, des Theaters, als eines der ersten Friedenswerke, ein Festspielhaus zu errichten, gewissermassen in der Luft und ist auch in Salzburg, der Stadt, die sich vielleicht ganz besonders dafür eignet, schon mehrfach aufgetaucht. Die Ausführung dieses Planes würde aber neben dem unschätzbaren Gewinn für die Kunst eine unübersehbare Fülle praktischer und taktischer Vorteile im Gefolge haben. Die Errichtung eines Festspielhauses in der schönen und beliebten österreichischen Heimat wird für diese selbst, und zwar nicht allein für die künftige Festspielstadt Salzburg, sondern für erheblich weitere Kreise der Erblande unseres erhabenen Kaiserhauses, von ausserordentlicher Bedeutung sein. Gilt es doch die Ausführung einer bedeutungsvollen künstlerischen Tat, die an ideellen und materiellen Werten und Folgen nicht zurückstehen soll und nicht zurückstehen wird hinter jenen denkwürdigen zu Weltruf gelangten reichsdeutschen Festspielgründungen, welche den Städten Bayreuth und München und damit zugleich dem ganzen Königreich Bayern nun schon seit Jahrzehnten einen unversieglichen Strom wohlhabender Reisender und steuerkräftiger Ansiedler zugeführt und dadurch neben den kulturellen auch wirtschaftliche Vorteile erbracht haben, deren Höhe sich ziffermässig kaum abschätzen läßt. Ja, es darf wohl ohne Unbescheidenheit der zuversichtlichen Überzeugung Ausdruck verliehen werden, daß das für Österreich in Salzburg geplante Festspielunternehmen in vieler Hinsicht die Wirkungs-Sphäre der genannten älteren Festspielstätten noch überbieten könnte. Diese Überzeugung stützt sich einerseits auf den Umstand, daß das Österreichische Festspielhaus zu Salzburg sich auf einer wesentlich breiteren Grundlage aufbauen soll als die Festspiele zu Bayreuth und im Münchener Prinzregententheater, die doch ausschließlich nur dem Musikdrama gewidmet sind, das aber nicht nur in Wien und Berlin, sondern auch in einigen anderen bedeutenden grossen Städten jetzt ebenfalls in sehr vollkommener Weise gepflegt wird. Diese breitere Grundlage, welche alle dramatischen Meisterwerke von der Antike an, von Calderon, Shakespeare

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und den deutschen Klassikern bis zu Grillparzer und Raimund umfaßt, welche in Gestalt von religiösen Mysterien- und Passionsspielen auch über die Kreise der Kunstverständigen hinaus den weitesten Volkskreisen erhebende, geistig und sittlich segensreiche Eindrücke feierlicher Art erschliessen soll, diese breitere Grundlage muß naturgemäß auch in einer erhöhten Frequenz zum Ausdruck gelangen, da sie ein viel weiter verzweigtes Interesse wachruft als die Wagner-Festspiele zu Bayreuth und München. Sodann ist zu erwägen, daß es doch vor allem Ö s t e r r e i c h e r sind, welche die Entfaltung des deutschen Bühnenlebens in der neueren Zeit vorzugsweise mit getragen und gefördert haben. Nicht umsonst ist das berühmte Hofburgtheater in Wien immer die Stätte gewesen, welche in vorbildlicher Weise die Pflege der Bühnenkunst hohen Stiles zu ihrer Aufgabe gemacht hat, denn die Geschichte dieser Kunst erweist ja Seite um Seite d i e g a n z b e s o n d e r e B e g a b u n g d e r ö s t e r r e i c h i s c h e n Vo l k s s t ä m m e a u f d i e s e m G e b i e t e . An fast allen reichsdeutschen Bühnen wirken Österreicher an hervorragendster Stelle, und selbst die Festspiele zu Bayreuth und München wären undenkbar, wenn ihnen nicht gerade Österreich seine ausserordentlichen Begabungen an Darstellern, Sängern, Dirigenten, Regisseuren und Musikern zur Verfügung stellte. Da liegt es denn wohl nahe, dem Gedanken Raum zu geben, d i e r e i c h e n F r ü c h t e d i e s e r i n Ö s t e r r e i c h s o ü p p i g quellenden Kraft auch Österreich selbst in höherem Masse zug u t e k o m m e n z u l a s s e n als es seither mangels eines Festspielhauses möglich gewesen ist. Wie wertvoll diese künstlerischen und wirtschaftlichen Vorteile sind, das ergibt sich wohl ohne Weiteres daraus, daß sowohl v o n M ü n c h e n a l s v o n a n d e r e n r e i c h s d e u t s c h e n S t ä d t e n b e z w. H ö f e n s e h r w e i t g e h e n des Entgegenkommen für den Fall in Aussicht gestellt wurde, d a ß d a s n e u e F e s t s p i e l h a u s d o r t errichtet werde. Bei solcher hohen Einschätzung des geplanten Unternehmens läßt sich die Anschauung nicht von der Hand weisen, daß das Zustandekommen desselben in einer österreichischen Stadt nicht unwesentlich mit dazu beitragen würde, d i e a n s i c h schon steigende Bedeutung Österreichs innerhalb der gesamt d e u t s c h e n K u l t u r z u e r h ö h e n und zugleich die k u l t u r e l l e n We c h s e l beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Österreich in e r h e b l i c h e r We i s e z u f ö r d e r n . Denn es kann ja garnicht ausbleiben, daß durch die Salzburger Festspiele der Zustrom von Reisenden aus dem reichsdeutschen Gebiet nach Österreich in ausserordentlichem Masse gesteigert werde, wodurch zunächst einmal Ersatz geschaffen würde für das Ausbleiben oder Zurückgehen des Touristen-Zuzuges aus den jetzt mit den Mittelmächten im Krieg befindlichen Ländern. Weiterhin aber ist zu gewärtigen, daß nach Friedensschluß sich auch aus anderen Ländern, vor Allem auch aus Amerika eine grosse Besucherzahl und zwar vorwiegend aus wohlhabenden Schichten zu den Festspielen einfinden wird, angezogen

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durch deren einzigartigen Charakter und durch die w e i t g r e i f e n d e i n t e r n a t i o n a l e P r o p a g a n d a , welche das Unternehmen selbstverständlich organisieren wird. Das Ergebnis dieser internationalen Propagandawirkung wird jedoch nicht allein der Stadt Salzburg, sondern mittelbar dem g a n z e n ö s t e r r e i c h i s c h e n Alpengebiet sowie allen touristisch reizvollen Gebieten der Mon a r c h i e zugute kommen, die zum Teil noch lange nicht in dem Masse gekannt und besucht sind, wie sie es verdienen. Auch das kann durch das Beispiel von Bayreuth und München erhärtet werden. Die Königlich Bayrischen Behörden wie auch die Presse haben es immer und immer wieder betont, wie sehr die Wagner-Festspiele und auch die Festspiele im Münchener Künstlertheater auf den Zufluss von Zehntausenden wohlhabender Reisender nach den bayrischen Touristen-Gebieten überaus belebend gewirkt haben, und daß die daraus sich ergebenden hohen wirtschaftlichen Vorteile weitesten Kreisen des dortigen Erwerbslebens zugute kommen und dadurch die Steuerkraft der Bevölkerung erhöhen. Dabei ist ferner noch zu berücksichtigen, daß wohlhabende, unabhängige Kunstfreunde sich mit Vorliebe in oder bei solchen Städten a n z u s i e d e l n pflegen, die durch das interessante Leben, das ein Festspiel-Unternehmen mit sich bringt, für sie einen eigenartigen Reiz bieten, namentlich dann, wenn die Umgebung dieser Städte an sich schon landschaftlich bevorzugt ist, was ja bei Salzburg in fast unvergleichlichem Masse der Fall wäre. Gefördert würde das bei dem hier in Rede stehenden Unternehmen noch vornehmlich dadurch, daß mit demselben späterhin eine H o c h s c h u l e d e r B ü h n e n k u n s t verknüpft werden soll. – Ein solcher vermehrter Zuzug Wohlhabender muß jedoch auch auf den Terrainmarkt, auf die Bautätigkeit und das Geschäftsleben des betreffenden Bezirkes erst recht anregend und förderlich zurückwirken. Was nun die zu schaffenden Anlagen betrifft, so ist beabsichtigt, in erster Reihe d a s g r o s s e F e s t s p i e l h a u s selbst zu erbauen und zwar auf einer vom Schlosse Hellbrunn und seinem französischen Stilgarten ziemlich abliegenden Waldwiese im Naturpark zu Hellbrunn. Da es überdies in der äußeren Erscheinung mit größter Sorgfalt in den Stil der vorhandenen anmutigen Gesamt-Anlagen hineingepasst werden soll, so ist in keiner Weise zu befürchten, daß die Harmonie des Ganzen dadurch auch nur im Mindesten beeinträchtigt wird. Im Gegenteil handelt es sich doch hier um eine ganz neuartige Kombination von geschlossenem Theater und Naturtheater, die es ermöglichen soll, in besonderen Fällen die vorhandenen Anlagen miteinzubeziehen, wodurch Wirkungen von unvergleichlicher Stärke entstehen können. Es ist daher selbstverständlich, daß die bestehenden Bau- und Gartendenkmäler, deren Charakter sich ja ebenso vorzüglich für den geplanten Zweck eignet, möglichst unverändert erhalten bleiben sollen. Das Festspielhaus soll etwa 3.000 bis 4.000 Sitzplätze umfassen und in jeder Hinsicht, namentlich aber in den Bühnenanlagen, alle Errungenschaften der neuzeitli-

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chen Theater-Technik in der denkbar vollkommensten Ausbildung aufweisen. Alle Erfahrungen der Neuzeit sollen dabei berücksichtigt werden, sodaß es nicht nur in den äusseren Massen, sondern auch hinsichtlich der technischen Einrichtung und der baukünstlerischen Schönheit das größte und mustergültigste Institut seiner Art darstellen wird. Dies erfordert natürlich die Investierung sehr grosser Kapitalien, welche von auswärts nach Salzburg und damit nach Österreich hinein gebracht würden, deren Nutzwirkung aber, wie bereits geschildert, vorzugsweise den genannten österreichischen Gebieten zufliessen wird. Dieser Umstand dürfte es angezeigt erscheinen lassen, daß bei der auf angemessene Zeitdauer zu bewerkstelligenden Ablassung des Baugrundes mit Park und Schloß ein entsprechendes Entgegenkommen geneigtest in Erwägung gezogen werde. Weiterhin soll auch ein k l e i n e r e s ganz intimes Theater in Aussicht genommen werden, welches vornehmlich dem S i n g s p i e l dienen soll, ein Kunstgebiet, auf welchem ja gerade österreichische Meister der älteren Zeit Wundervolles geschaffen haben, dessen Wiedererweckung dem Ansehen der österreichischen Kunst nur im höchsten Masse förderlich sein kann. – Dazu käme als d r i t t e s Institut die bereits erwähnte H o c h s c h u l e f ü r B ü h n e n k u n s t , an welcher Schauspieler, Sänger und Tanzkünstler ihre Ausbildung finden sollen. Diese Schule wird das ganze Jahr über in Tätigkeit sein – was für die Stadt Salzburg doch auch von hoher Bedeutung sein muß −, während die Festspiele nebst den erforderlichen wochenlangen Vorproben nur in den S o m m e r m o n a t e n während der allgemeinen Reisezeit stattfinden sollen. Daraus ergibt sich, daß es wohl möglich wäre, den P a r k d e m P u b l i k u m g e r a u m e Z e i t z u g ä n g l i c h zu machen. Aber gerade eine p i e t ä t v o l l e v o r n e h m e A u s g e s t a l t u n g u n d P f l e g e d e r a l t e n w i e d e r N e u - A n l a g e n wird die an sich schon sehr hohen Anlageund Unterhaltungskosten noch erheblich steigern, sodaß im Hinblick darauf das Ersuchen wohl gerechtfertigt erscheint, es möchten die für die Überlassung in Erbpacht zu vereinbarenden Pachtsummen in entsprechend mäßigen Grenzen gehalten und, soweit angängig, von den lokalen Interessenten noch weitere Beihilfen geleistet werden. Ist man doch bereits in Rücksicht auf die zu erwartenden Vorteile für den Fremden-Verkehr etc. von Salzburg aus bereits mit Vorschlägen hervorgetreten, sodaß also auf jenes Maß von Entgegenkommen wird gerechnet werden dürfen, ohne welches eine derart kostspielige Anlage nicht durchgeführt werden kann. Denn die Erträgnisse lassen sich, da ja die Fremden-Verkehrsverhältnisse nach dem Kriege noch keineswegs zu übersehen sind, auch vermutungsweise noch nicht voraussehen, und dieser Umstand allein dürfte es im Interesse des Zustandekommens als angezeigt erscheinen lassen, daß bei Normierung der Pachtsumme ein unumgängliches Mindestmaß zu Grunde gelegt und nach Möglichkeit auch sonst i d e e l l e Beihilfe und Entgegenkommen aller Interessenten in Betracht gezogen werde.

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Sollten jedoch die Einnahmen aus den Festspielen sich so gestalten wie bei einigermassen günstiger allgemeiner Lage und Kriegsende erhofft werden darf, so wird die Möglichkeit gegeben sein, einen Teil derselben auch zur L i n d e r u n g d e r K r i e g s n o t und zu anderen w o h l t ä t i g e n Z w e c k e n dem K. u. K. Hofaerar zur Verfügung zu stellen. Es besteht ferner die Absicht, aus den eventl. Überschüssen einen S t i p e n d i e n f o n d aufzusammeln, welcher dazu dienen soll, den Schülern höherer Schulen, minderbemittelten Künstlern und Kunst-Studierenden, Musikern, Malern, Lehrern u.s.w. den Besuch der Festspiele einschließlich der dazu erforderlichen Reisen zu ermöglichen. Für die Ausführung der Neubauten und der notwendigen Anlagen ebenso wie zur Ausgestaltung und Erhaltung der b e s t e h e n d e n Gebäude und Gartenanlagen sollen die hervorragendsten und bewährtesten Künstler herangezogen werden. Es liegt in dem Interesse des Festspiel-Unternehmens selbst, daß solche Werte voll und ganz erhalten bleiben und durch den ihnen innewohnenden seltenen Reiz mit dazu beitragen, daß die Kunstfreunde aus allen Kulturländern sich hier zusammenfinden. Ist doch die Tradition, welche über Hellbrunn waltet, nicht der letzte Grund, weshalb gerade dieses Kleinod vor allen anderen gebotenen Möglichkeiten in Betracht gezogen wurde, um hier eine Festspielstätte erstehen zu lassen, die dazu bestimmt sein mag, der ganzen Welt Zeugnis abzulegen, was Österreich und seine Kultur bedeutet.

122. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 19. April 1917. Lieber Freund  ! Am kommenden Samstag oder Sonntag wird Herr Kurzwernhart250 aus Salzburg nach Wien kommen. Derselbe ist Ausschußmitglied des Fremdenverkehrs-Vereines und interessiert sich lebhaft für das Projekt des Festspielhauses. Kurzwernhart ist ein ausgezeichneter Acquisiteur, hat eine Menge Beziehungen und möchte sich um die Zeichnung von Beiträgen für den Festspielhausfond bemühen. Er würde sehr Wert darauf legen, mit Dir über die Sache zu sprechen, und ich habe ihm Deine Adresse gegeben. Er wird Dich also anrufen oder Dich im Kafe Kremser zu treffen trachten. Weiters habe ich heute eine Ölskizze des Panoramas von der Damisch-Höhe251 aus an Dich abgesendet. Ich habe die Skizze etwas groß machen lassen, damit sie mehr 250 Konstantin Kurzwernhart (?–1929), Versicherungsbeamter. 251 Vgl. Dok. 29 (F. Gehmacher an H. Damisch, 30.8.1916).

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Bildwirkung hat. Du kannst sie in der Bank, die als Zahlstelle fungieren soll, aufhängen lassen, oder an einem anderen Orte, wo sie zum Besprechen des Projektes anregt. Es wäre mir sehr lieb, wenn Du den Herrn Kurzwernhart möglichst genau über den Stand der Dinge aufklären wolltest, damit ich weiß, wie die Sache steht. Kurzwernhart würde gerne schon jetzt mit der Sammlung beginnen, weil er auch sagt, daß die Zeit hiefür später viel schlechter werden wird. Mit allem Herzlichen Dein [Friedrich Gehmacher]

123. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 26. Mai 1917 Lieber Freund  ! Mit dem heutigen Tage ist die gesetzliche Frist bezüglich des Inkrafttretens der Statuten abgelaufen. Nachdem ich keine Verständigung bekommen habe, daß sie nicht genehmigt worden sind, glaube ich annehmen zu können, daß sie nunmehr zu Recht bestehen. Überdies war ich vor etwa 10 Tagen mit Dr. Schey zusammen in das Departement 7 des Ministeriums des Innern gerufen worden, woselbst ich mit dem Referenten, Sektionsrat Ochsner252, die Statuten durchberiet und zum Teil nach seinen Vorschlägen änderte und vereinfachte. Das Ergebnis dieses Kompromisses, welches nunmehr die gesetzlichen Statuten darstellt, werde ich Dir sofort nach Pfingsten übersenden. Gleichzeitig werde ich nach Salzburg die Aufforderung richten, die Gründungsschritte, soweit sie Salzburg betreffen, in Angriff zu nehmen und die Statuten für den Zweigverein Salzburg zu verfassen. Im Ministerium des Innern war man über unseren Plan sehr befriedigt. Auch das Ministerium für Kultus und Unterricht ist von unseren Absichten in Kenntnis gesetzt worden. Wie man sich dort dazu stellt, ist mir noch unbekannt. Die gewünschten Marken werde ich Dir ebenfalls sofort nach Pfingsten übersenden. Mit den herzlichsten Grüßen Dein /H. Damisch Fröhliche Feiertage/

252 Heinrich Ochsner, Sektionsrat im k.k.-Ministerium des Inneren.

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124. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Wien, den 1. Juni. 1917. Geehrter Herr Doktor  ! Ihren Brief vom 31. Mai253 habe ich erhalten. Sie scheinen außerordentlich nervös zu sein oder aber meine Briefe sehr flüchtig zu lesen, denn sonst könnten Sie unmöglich zur irrtümlichen Auffassung gelangt sein, daß der Vorwurf des Mangels an Präzision und Schlamperei Ihnen gegolten hat. Er galt der mangelhaften Organisation des Mozarteums und Herrn Dr. Mussoni. Ihr Vorwurf, daß ich Sie »begrobe«, ist also höchst ungerecht. Sie werden aber begreiflich finden, daß man wirklich die Geduld verlieren muß, wenn man sich wie ein Hund für eine Sache plagt und dann solche Sachen passieren, daß die   !Lehmann  ! im Programm vergessen wird. Diese Entgleisung scheint übrigens in Salzburg bekannt zu sein, da sie auch Stibral wußte. Die beiden Pakete mit den Mozarteums-Jahresberichten habe ich heute erhalten und sie an die Gesellschafterin der Gräfin Hartenau weiter gegeben. Die Umschläge der Pakete waren total zerfetzt. Wer hat die Einleitung des Jahresberichtes verfaßt  ? Die »Stiftung Gehmacher« ist die größte Taktlosigkeit, die mir je untergekommen ist. Wenn man für einen bestimmten Zweck sammelt, so kann man dieses Geld doch nicht als seine Spende bezeichnen und mit seinem Namen belegen lassen. Das ist doch eine unerhörte Sache  ! Ich werde mich diesbezüglich mit Frau Lehmann ins Einvernehmen setzen und an das Mozarteum einen offiziellen Protest richten. Eine zweite sehr unangenehme Sache ist die Auflösung des Fünfer Komitees und die Zuweisung der Geburtshaus-Agenden an den Mozartgemeinde-Ausschuß. Die Geburtshaus-Idee ist von Frau Lehmann und mir ausgegangen und man kann doch unmöglich diese unsere Idee unserem geschworenen Gegner ausliefern, der so taktlos ist, daß er in das betreffende Komitee weder Frau Lehmann noch mich nominieren will. Frau Lehmann wird selbstverständlich dagegen Protest erheben. Ich stehe nach wie vor in dieser Angelegenheit auf dem Standpunkt, daß für die GeburtshausSache ein eigenes Komitee eingesetzt werden müsse, dessen Mitglied Herr Gehmacher wohl sein kann, keineswegs aber dessen Chef und Diktator. Mit größtem Bedauern, muß ich auch konstatieren, daß Ihr Urteil über Gehmacher außerordentlich schwankend ist. Während Sie ihn in einem Briefe als Schädling bezeichnen und sich über seine Brutalität beklagen, ist er bereits in dem nächsten Briefe wieder der Messias, von dem alles Heil kommt. Ich bin der letzte, der seine Talente und seinen Eifer für das Mozarteum nicht anerkennt. Er ist aber ein Ge253 Keine Vorlage überliefert.

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waltsmensch und ein Intrigant und wird es sicher noch dazu bringen, daß wir Frau Lehmann verlieren. Ich würde Sie dringendst bitten, die Abhaltung der Konzerte durchzusetzen. In ganz Österreich veranstaltet man Konzerte und dringt darauf, daß solche Veranstaltungen stattfinden. Am 6. d. findet z. B. in Wien ein großes Konzert statt, bei welchem das Kaiserpaar anwesend sein wird. Die Absage der Konzerte würde die Künstler außerordentlich verstimmen. Sie können ja ausdrücklich betonen, daß die Konzerte nicht für Fremde gedacht sind, sondern für die Leute, welche den Sommer in Salzburg zubringen werden. In einer Stadt von zirka 50.000 Menschen wird doch ein Saal mit 850 Plätzen bei diesem Bombenprogramm zu füllen sein. Ebenso wäre ich unbedingt für die Abhaltung der Rhythmischen Kurse,254 indem ich nochmals betone, daß ich mir diese Kurse, auch schon wie ich die Idee dazu faßte, nur von der Salzburger Jugend besucht denke, und wenn in Salzburg die richtige Reklame einsetzt, so wird dieser Zweck auch erreicht werden. Ich erlaube mir nochmals aufmerksam zu machen, daß die Abhaltung der Kurse für Rhythmische Gymnastik dem Mozarteum eine große Gruppe von sehr einflußreichen Kunstfreunden zuführen wird, insbesonders den Erbprinzen Lobkowitz255 sammt Anhang, der uns seinerzeit bei unserer Bertramka-Sache256 von enormen Nutzen sein kann und wird. Ich erlaube mir auch die Anfrage, ob es richtig ist, daß man sich in Salzburg nur 3 Tage aufhalten kann, wie hier in Wien das Gerücht verbreitet ist. Haben Sie für meine Verpflegung vorgesorgt  ? Kann ich im Schiff wohnen und in der Traube essen oder ist es besser, wenn ich auch im Schiff esse  ?257 Das Verzeichnis der von der Mozartgemeinde gespendeten Bücher und Noten habe ich erhalten. Mit besten Empfehlungen ergebenster /Lewicki/

254 Neben dem Gesangskurs von Lilli Lehmann fanden am Mozarteum im Sommer 1917 erstmals auch Kurse für rhythmische Gymnastik und Gehörbildung statt. 255 Ferdinand Prinz von Lobkowitz (1885–1953). 256 Villa Bertramka in Prag, in der W. A. Mozart die Oper Don Giovanni komponierte. Das Anwesen ging 1925 vorübergehend in den Besitz der ISM über. 257 Hotel Zum Goldnen Schiff und Hotel Traube in Salzburg (existieren heute nicht mehr).

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125. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 16. Juni 1917. Lieber Freund  ! Ich hatte gehofft Dich am vorigen Dienstag um ½ 8 Uhr früh bei meiner Durchreise mit dem Männergesangsverein auf dem Bahnhofe zu treffen, um Dir mitteilen zu können, daß nunmehr unser Unternehmen neben seiner Lebens- auch die Rechtsberechtigung erhalten hat. Meine Vorsprachen im Ministerium des Innern und im Unterrichtsministerium haben zu dem Ergebnis geführt, daß man eine Beschleunigung der Erledigung des Statutenaktes versprach und, wie ich gestern offiziell in Erfahrung brachte, ist der Akt bereits im Ministerium des Innern wieder angelangt, von wo aus die amtliche Verständigung bereits heute an mich abgehen wird, daß die Statuten des Vereines genehmigt sind. Nicht nur im Ministerium des Innern sondern auch im Unterrichtsministerium, wo ich mit mehreren Funktionären über unseren Plan eingehend sprechen konnte, hat die Gründung des Vereines große Befriedigung und Interesse hervorgerufen. Man verkennt nicht die Schwierigkeiten einer großzügigen Durchführung der prachtvollen Idee, hat aber im Gegensatz zu unseren bekannten Widersachern die besten Hoffnungen für das Gelingen. Nunmehr liegt also der Weg offen vor uns und wir wollen ihn rüstig bis ans Ziel gehen. – Bei dieser Gelegenheit möchte ich nur noch meiner Meinung Ausdruck geben, daß wir den Bestrebungen der Gegenpartei, die sich auf das Mozarteum richten, keine Schwierigkeiten bereiten sollen und daß Ihr in Salzburg daher die Unternehmungen der Frau Lilli Lehmann und des Herrn von Lewicki in jeder Richtung unterstützen möget. Wir wollen ihnen in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel geben, wie man auch bei auseinandergehenden idealen Bestrebungen sich gegenseitig Achtung und Förderung entgegenbringen kann. – Die Schweizer Reise des Wiener Männergesangsvereines ist glänzend verlaufen und ich habe schöne Tage erlebt. Darüber will ich Dir noch mündlich viel erzählen. Für heute möchte ich Dir nur (aber strenge unter vier Augen) mitteilen, daß die Sache in gesellschaftlicher Beziehung tadellos verlief, – Dr. Krückl258 hat sich ganz vorzüglich bewährt −, in künstlerischer Beziehung blieb für einen schärferen Beurteiler viel zu wünschen übrig. Kremser ist nicht zu ersetzen. – Du wirst sehr bald wieder von mir hören. Ich wünsche Dir und uns allen nun viel Kraft und Ausdauer für unsere Tätigkeit im Dienste der Salzburger FestspielhausGemeinde und bin mit herzlichen Grüßen an Dich und die Unseren Dein getreuer /H. Damisch/ 258 Heinrich Krückl, k.k. Hof- und Gerichtsadvokat, wie Damisch Mitglied des Akademischen Gesangsvereins in Wien, zeitweise auch Obmann des Wiener Männergesangsvereins.

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126. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Präsidium der k.k. Gesellschaft der ­Musikfreunde259 /Salzburg 12/8/1917/ Hochverehrliches Präsidium der k.k. Gesellschaft der Musikfreunde Wien. Seit langem tauchte von Zeit zu Zeit an verschiedenen Stellen der Gedanke auf, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten. Die günstige geografische Lage, das herrliche Stadt- und Landschaftsbild, der ausgesprochene künstlerische Charakter des dortigen öffentlichen Interesses ließen diese Idee allenthalben als eine gewiß durchführbare erscheinen. Das in der Beilage A260 verzeichnete Komitee hatte nunmehr nach reiflicher Überlegung aller Umstände den Entschluß gefaßt, dieses Projekt der tatsächlichen Verwirklichung zuzuführen und ist der Durchführung des Planes durch Ausarbeitung der mittlerweile durch das k. k. Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht schon genehmigten Statuten, auf Grund deren der Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« am Mittwoch den 1. August 1917 tatsächlich ins Leben gerufen wurde, bereits nähergetreten. Dem neu gegründeten Vereine obliegt nun jetzt die vornehme Aufgabe, alle musikalischen Kreise – in erster Linie den sehr verehrlichen Repräsentantenkörper des hervorragendsten musikalischen Institutes Österreichs, die k. k. Gesellschaft der Musikfreunde in Wien – für diese Idee nicht nur zu interessieren, sondern sich auch deren möglichste Förderung zu erwirken. Von diesem Bestreben geleitet, gestattet sich nun die gegenwärtige provisorische Leitung des Vereines »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« die sehr verehrliche Direktion der k.k. Gesellschaft der Musikfreunde von dieser Gründung hiemit offiziell 259 Der Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« wurde am 1. August 1917 im Wiener Musikvereinsgebäude gegründet. Für dessen Statuten nahm Damisch jene der Gesellschaft der Musikfreunde als Modell, welche er im Hinblick auf die speziellen Zielsetzungen adaptierte, was ihm von Seiten Gehmachers den Vorwurf zu großer Kompliziertheit eintrug. Enge personelle Verflechtungen kennzeichneten von Anbeginn die Beziehung zwischen der SFG und der Gesellschaft der Musikfreunde. Zum ersten Präsidenten der SFG wurde der Präsident der Gesellschaft der Musikfreunde, Prinz Alexander von Thurn und Taxis, gewählt, zum ersten Vizepräsidenten der Präsident der Wiener Konzerthausgesellschaft, Karl August Artaria. Als Schriftführer fungierte Mauriz Krumpholz, Kanzleidirektor der Gesellschaft der Musikfreunde. Die Kanzlei der SFG wurde mit 1. Jänner 1918 im Musikvereinsgebäude eröffnet, wo sie bis zur Übersiedlung in gemietete Räumlichkeiten in der Hofburg im Sommer 1922 verblieb (vgl. dazu Otto Biba  : Wiens Salzburger Festspiele. In  : Musikfreunde. Magazin der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Mai/Juni 2018, https://www.musikverein.at/CustomResources/pdf/Magazin/2018/MayJun/ceee8cec-08c5-43ba-9b52-f9c1a63afabe.pdf, 28.4.2020). 260 Keine Vorlage überliefert.

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in Kenntnis zu setzen und hieran gleichzeitig die Bitte zu knüpfen, freundlichst bewilligen zu wollen, daß als vorläufiger Sitz des Vereines das Musikvereinsgebäude namhaft gemacht werden dürfe. Durch diesen Akt wohlwollender Geneigtheit wäre dem Vereine ein bedeutsamer Schritt nach vorwärts gelungen und es hofft derselbe daher zuversichtlich, daß ihm durch Willfahrung dieses Ersuchens jene freundliche Unterstützung zugewendet werde, welche eine sehr verehrliche Direktion allen musikalisch-kulturellen und künstlerischen Fragen stets zuteil werden läßt. Einer geneigten Entscheidung mit Interesse entgegensehend, zeichnet mit vorzüglicher Hochachtung für die Leitung des Vereines »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« [Friedrich Gehmacher]

127. Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum Arbeitsausschuß am 27. August 1917 Anwesend  : Frau Lehmann, die Herrn Dr. Sylvester, Kerber, Kaltenbrunner, Müller,261 Irresberger, Schurich, Dr. Mussoni, Ehmig, v. Lewicki, Gehmacher, Dr. Hackl,262 Huttary, Ott, Dr. v. Peyrer 1.) Mozarts Geburtshaus […] 2.) Festspielhaus Das Mozarteum steht mit dem Festspielhaus in keiner Beziehung. Hr. Damisch ist zu ersuchen, daß er sich mit dem Moz.[arteum] ins Einvernehmen setzt, ob das Moz. [arteum] die Aufnahme in den Statuten,263 2§ et. wünscht (Lewicki). Hr. Bürgerm.[eister] Ott empfiehlt, eine zuwartende Haltung einzunehmen. Hr. Dr. v. Peyrer versteht nicht, warum wir ablehnen sollen. D.[as] M.[ozarteum] begr.[üße] dies.[en] V.[erein] auf d.[as] allerfreudigste. Dir. Irresberger  : Die Schaffung des Festspielhauses ist ein seit langem gehegter Gedanke. Den Zweck würden wir sehr begrüßen, da wir aber jetzt erst von der Konstituierung Kenntnis genommen haben, so kann das Moz.[arteum] dazu noch keine Stellung nehmen, erst bis der Verein feste |greifb.[are]| Formen angenommen hat. 261 Hans Müller, städtischer Oberbaurat i. R. 262 Heinrich Hackel  ; vgl. die Anm. in Dok. 60 (Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses, 21.9.1916). 263 Die Statuten der SFG.

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Dr. Hackl  : ist für zuwart.[tende] Haltung. Bürgerm.[eister] beantragt, daß das Mozarteum Hand in Hand in dieser Angelegenheit mit der Stadtgemeinde gehen soll. Kaltenbrunner  : Gegen d.[en] Beitr.[itt] haben wir |nichts| einzuwenden, das Mozarteum muß sich aber gegen eine Identifizierung mit dem Vereine verwahren und sein Erstaunen ausdrücken, daß Zeitungsnotizen vor der Verständigung mit dem Mozarteum erschienen sind. Mit d. Min.[isterium] u. Landesregierung ins Einvernehmen setzen und dann mit Herrn Bürgerm.[eister] die Beantwortung. […] 4.) Zu den Ausführungen über die Stellungnahme des Mozarteums zu dem »Vereine für Erricht.[ung] eines Festspielhauses« wird festgestellt, daß Mitglieder des Kuratoriums auch Mitglieder des Vereines werden können.

128. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 29/8. 17 Lieber Freund, ich übersende Dir 30 Stück Statuten. Massensendung von Statuten und Werbebögen folgt morgen. Vorläufig ließ ich je 1000 Stück drucken. Satz bleibt natürlich stehen. – Habe heute von Dir (den dritten) Brief erhalten. Bravo Bürgermeister und Dr. Peyrer  ! Die Einwände der Opposition sind ja lächerlich und eigentlich unanständig.264 Die Herrschaften mögen einmal vor der eigenen Türe kehren  ! Was wir wollen, ist in den Statuten klar gesagt. Ich glaube, diese Statuten sind sehr rein  ! Von »trommeln« kann doch bei den paar kurzen Notizen keine Rede sein. Man muß der Öffentlichkeit doch von der Existenz des Vereines Mitteilung machen. Was »trommeln« heißt, werden die Herrschaften (so wollen wir die Opposition ein- für allemal nennen) erst später, wenn die Zeit kommt, kennen lernen. Heute abends hoffe ich Gelegenheit zu ausführlichem Schreiben zu finden. Herzlichst Dein Damisch.

264 Die Ausführungen beziehen sich auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsausschusses des Kuratoriums der ISM vom 27. August 1917 (Dok. 127). Offenbar hat Gehmacher dieses Protokoll Damisch in einem nicht überlieferten Brief zugeschickt.

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129. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, den 1. September 1917 Lieber Freund  ! Da mein Fräulein vom Urlaub wieder eingerückt ist, wird sich unsere Korrespondenz, trotzdem ich sehr viel zu tun habe, wieder leichter und lebhafter gestalten. Ich antworte Dir in erster Linie auf Deine heutige Satzungsanfrage. Nach § 4 gründet die S.F.G.265 »Unterverbände«, darunter den »Zweigverein in Salzburg«, der zwar ein selbstständiger Verein ist, aber natürlich nur im Rahmen der S.F.G. und nach Statuten, welche von der S.F.G. bewilligt sein müssen (§ 35). Du sagst, nach der Bestimmung des § 11 wäre es »für einen Salzburger unpraktisch, als Mitglied mit 10 Kronen einzutreten. Denn zur Generalversammlung nach Wien fährt er nicht, beim Zweigverein ist er aber nicht stimmberechtigt«. Hiezu bemerke ich, daß § 19 die Abhaltung der Generalversammlung auch in Salzburg vorsieht, und der Monat September von vorneherein eine Generalversammlung der S.F.G. in Salzburg angenehmer macht als in Wien. Wahrscheinlich wird die Direktion die Generalversammlung abwechselnd ein Jahr in Wien und ein Jahr in Salzburg abhalten lassen. Dadurch fällt also der Einwand zum Teil bereits weg. Nachdem weiters die Direktion gewiß niemals ein Statut des Salzburger Zweigvereines genehmigen würde, in welchem nicht den ordentlichen Mitgliedern des Gesamtvereines, die auch dem Zweigvereine angehören, in allererster Linie unbeschränktes Stimmrecht eingeräumt wäre, fällt wohl auch der zweite Teil des Einwandes fort. Im Prinzip besteht ja der »Hauptverein in Wien« aus den in Wien lebenden ordentlichen Mitgliedern der S.F.G., der »Zweigverein in Salzburg« aus den in Salzburg lebenden ordentlichen Mitgliedern der S.F.G. Die ordentlichen Mitglieder sind der Grundstock dieser beiden Unterverbände. Der Ausdruck »Organisation« in § 11 bezieht sich auf die »Ortsgruppe«, in welche ein werbendes Mitglied eingeteilt ist. Denn in der Generalversammlung der Zweigvereine haben werbende Mitglieder kein passives Wahlrecht. Dies wird in den Statuten der Zweigvereine noch näher auszuführen sein und sollte sich diesbezüglich in der Auslegung eine Schwierigkeit ergeben, so werde ich versuchen in den Statuten der S.F.G. im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern eine Klarstellung etwa in Form einer Anmerkung vorzunehmen. Also vollberechtigt und direkt einflußnehmend sind nur ordentliche Mitglieder. Werbende Mitglieder können nur indirekt Einfluß auf die Geschäftsführung der S.F.G. nehmen. Dies wird in dem Statutenentwurf des Zweigvereines Salzburg, den ich Dir Montag zusenden will, zum Ausdruck gebracht sein. Der Statutenentwurf ist

265 Salzburger Festspielhaus-Gemeinde.

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viel kürzer als der unseres lieben Mitgliedes kais. Rates Markowitz,266 dessen eingehende Arbeit übrigens nach Tunlichkeit berücksichtigt wurde. Für heute schließe ich. Gleichzeitig gehen an Dich Beitrittserklärungen und Mitgliederkarten ab. Du kannst jetzt schon die Werbetätigkeit für die S.F.G. voll einsetzen lassen, die Einteilung der Mitglieder zum »Zweigvereine Salzburg« erfolgt dann automatisch nach Genehmigung der betreffenden Satzungen. Auch die Ortsgruppenbildung kann bereits beginnen. Notwendig ist provisorischer Schriftführer und provisorischer Zentralvorsteher der Ortsgruppen. Herzlichst Dein /Damisch Es ist nicht beabsichtigt durch die Generalversammlung des »Hauptvereines in Wien« oder »Zweigvereins in Salzburg« ein werbendes Mitglied in die Direktion wählen zu lassen. Die Direktion soll nur ordentlichen Mitgliedern zugänglich sein. Auch die Ausschüsse der Zweigvereine. In den Ausschüssen der Ortsgruppen ist nur der Vorsteher »ordentliches« Mitglied. Der allerdings ist überallhin wählbar./

130. Beschluss des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum vom 2. September 1917 […] im August 1917 [erhielt] das Kuratorium die Verständigung, daß die Bildung des Vereines267 und dessen Statuten, welche beigeschlossen waren, vom k.k. Unterrichtsministerium genehmigt wurden. Zugleich wurde das Mozarteum eingeladen, die Ziele des Vereines zu seinen eigenen zu machen, worauf das Kuratorium in seiner Sitzung am 2. September 1917 noch folgenden Beschluß faßte, der auch der Leitung des Vereines in Wien mitgeteilt wurde  : Die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg entspricht einem sehr lange gehegten Wunsche der Stadt Salzburg. Das Mozarteum ist jedoch der Bildung des Vereines in Wien, welcher sich diese Aufgabe gestellt hat, völlig ferne gestanden, wird aber nicht ermangeln, sobald dieser Gedanke erreichbare und greifbare Formen annehmen wird, hiezu Stellung zu nehmen.

266 Josef Markowitz, kaiserlicher Rat. 267 Salzburger Festspielhaus-Gemeinde.

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131. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 3. September 1917. Lieber Freund  ! Heute habe ich die Mitgliederkarten und gestern die Anmelde-Drucksorten (letztere für ungefähr 50.000 Personen reichend) erhalten. Deine Interpretation der Statuten über die Rechte der werbenden Mitglieder werde ich unseren Herren zur Kenntnis bringen, hoffentlich beruhigen sie sich. Es wäre natürlich viel einfacher und präziser, wenn in § 11 nicht das Wort »Organisation« sondern »Ortsgruppe« stünde, denn einem der beiden Zweigvereine kann ja ein werbendes Mitglied doch nicht angehören. Ich kann die große Angst, daß das komplizierte System unserer Satzungen den Verein vor ernste Schwierigkeiten setzen wird, nicht los werden. Es ist mir unbegreiflich, warum Du das Beispiel der Gesellschaft268 angewendet hast, das in unserem Falle deswegen unzutreffend ist, weil die 3 bezw. 2 Unterverbände der Gesellschaft selbständige Zwecke verfolgen, während bei uns alle 2 Verbände und die Organisationen (sprich Ortsgruppen) einen einheitlichen Zweck verfolgen, hiefür aber ganz getrennte Verwaltungen, doppelte Generalversammlungen und einen komplizierten Apparat aufwenden müssen, der kaum zu überblicken sein wird. Ein Verein mit dem Sitze in Wien und das übrige Ortsgruppen. Der Salzburger-Ortsgruppe könnten verschiedene Vorrechte z. B. das der Wahl von 9 Direktions-Mitgliedern für die Hauptleitung in Wien eingeräumt sein und damit fertig. Vielleicht entscheidest Du Dich doch noch zu einer Abänderung, wenn nicht, so werde ich Dir gewiß keine Schwierigkeiten machen, aber ich werde nicht aufhören, zu fürchten, daß uns diese Konstruktion ernste Schwierigkeiten macht. Wir fangen unsere Tätigkeit nicht an, ehevor nicht das Statut genehmigt ist, ich bitte Dich daher um baldige Übersendung des korrigierten Entwurfes. Heute ist im Mozarteum Kuratoriums-Sitzung, bei welcher der Antrag des Arbeitsausschusses und Begrüßung der Festspielhaus-Gemeinde vorgebracht werden wird. Was ist mit Wetzler  ?269 Nur Zahlen sind in dieser realistischen aller Welten beweiskräftig. Hier ist es noch immer sehr schön und ich denke an den schönen Nachmittagen viel an Dich und Deine Damen, die ich von uns bestens zu grüßen bitte. Alles Herzliche Dein [Friedrich Gehmacher] NB. Ich beglückwünsche Dein Schreibfräulein zur Genesung. 268 Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 269 Vermutlich Bernhard Wetzler (1839–1922), Großindustrieller und Mäzen.

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132. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 5. September 1917 Lieber Freund, Deinen Brief vom 3. d. habe ich heute erhalten. Meine Sendungen sind jetzt also alle in Deinem Besitz und Du könntest eigentlich mit der Werbearbeit insoferne beginnen lassen, daß man leicht erreichbare und gewinnbare Personen um ihren Beitritt angeht. Wir haben am Montag hier die erste Sitzung abgehalten. Früher war es nicht möglich, weil Direktor Techen in Ungarn war und der Vater des Dr. Schey am Mittwoch v.[orige] Woche starb, beide Herren also nicht verfügbar waren. Montag haben wir aber ausgiebig beraten. Mein Bericht über Salzburg wurde mit Befriedigung zur Kenntnis genommen und es wird an das vorbereitende Komité ein Begrüßungsschreiben gesendet werden. Der Statutenentwurf wurde als außerordentlich sorgsame Arbeit anerkannt, kann aber in dieser Form nicht verwendet werden. Er geht zu sehr ins Detail und ist zu sehr verschieden von dem Statut des »Hauptvereins in Wien«. Jedoch dürfte er eine wertvolle Grundlage für die interne Geschäftsordnung bilden, die sich die Leitung in Salzburg zu geben hat. Wir haben hier einen Statutenentwurf für Salzburg bereits fertig gestellt. Er wird ab morgen ins Reine geschrieben und Dir sofort zugesendet werden. Die provisorische Leitung des Vereins »S.F.G.« empfiehlt Euch denselben zu möglichst unveränderter Annahme. Die kleine Wortänderung im Hauptstatut (Organisation – Ortsgruppe, bzw. bei »Wahlrecht« nur »aktiv« nicht »passiv« – »passiv« wäre also zu streichen, wenn man »Organisation« beläßt) will ich womöglich in kurzem Wege im Ministerium des Innern erwirken. In den Satzungen für den Zweigverein in Salzburg ist nämlich den Mitgliedern der Salzburger Ortsgruppen Stimmrecht und aktives Wahlrecht im Zweigverein eingeräumt, verschlossen bleibt ihnen nur die jedes 2. Jahr in Salzburg abzuhaltende Generalversammlung der »Festspielhaus-Gemeinde« und das passive Wahlrecht im Zweigverein. Sie können keine leitende Stelle im Zweigverein bekleiden, geschweige denn in die Direktion kommen. Andernteils soll ihnen immerhin einiger Einfluß eingeräumt werden, nämlich durch Stimme und aktives Wahlrecht in der Generalversammlung des Zweigvereins (es handelt sich nur um die lokalen Salzburger Ortsgruppen, die übrigen haben überhaupt nichts dreinzureden). Überdies sind sie ja ganz in die Hand des Zentralvorstehers gegeben, können diszipliniert oder gar aufgelöst werden. Nun will ich noch die teilweise Anpassung des Hauptstatuts an jenes der Gesellschaft der Musikfreunde begründen. Es besteht eine wesentliche Analogie  ! Beide Unterverbände der Ges. d. M.270 haben den gleichen Zweck  : Förderung und Pflege der Musik und Veranstaltung von Konzerten. Der eine durch den Chor, der andere durchs 270 Gesellschaft der Musikfreunde.

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Orchester. So haben auch beide Unterverbände der »S.F.G.« denselben Zweck  : Festspielhaus  ! Der eine betreibt Propaganda in Wien und in Österreich (Hauptstadt des Reiches) – und Ungarn, der andere in Salzburg (Bauort) und im Ausland  ; der eine verlegt sich auf große hauptstädtische Unternehmungen aller Art, besonders im Winter, der andere nützt den Fremdenverkehr und macht Veranstaltungen im Sommer. Bei Gesellschaft d. Musikfr. und Salzb. Festsp. Gem. steht gleicherweise als einigendes und repräsentatives Band über den Unterverbänden die Gesamtorganisation mit der Direktion an der Spitze. Du wirst sicher auf die Schönheit und Zweckmäßigkeit und nach allen Richtungen Glanz verleihende und Assekuranzen bietende Eigenschaft des Hauptstatuts draufkommen, wenn die Maschine gut geölt ist und zu laufen beginnt. Gestern abends hat mich Lewicki sofort aufgesucht. Wir sind bis ½ 2 Uhr nachts in den Straßen herumgelaufen. Er versuchte mir Vorwürfe zu machen, doch sprachen wir uns ganz ruhig aus. Er denkt vielleicht noch daran, uns geheime Schwierigkeiten zu machen, ich glaube aber, er wird kein Glück damit haben. Unser Schiff hat festen Anker geworfen, und wenn die See auch noch hoch geht, wir werden beim Festspielhaus landen. Lewicki spricht nunmehr mit einem Unterton von Respekt von Deinen Fähigkeiten von Dir, er ist bereits meiner Ansicht, daß Du der einzige geschickte Kopf dort draußen bist und der einzige, der zu arbeiten versteht – im übrigen aber ist die Kluft noch keineswegs überbrückt. Aber 100.000 Kronen werden es machen  ! – |Wehles|271 ist noch in Marienbad. Sobald als tunlich, bin ich bei ihm in Wien  ! Nun für heute Schluß. Alles Herzliche Dir und den Deinen, sowie unserer wackeren Gemeinde von Deinem Damisch

133. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 7./9.17 Lieber Freund, in Beantwortung Deiner heute eingelangten Karte teile ich Dir mit, daß ich kürzlich wegen eines Konzerts in Salzburg mit Hans Duhan272 sprach. Der Jüngling verlangte aber nicht weniger als K 2000.-  ! Ich werde Deinem Wunsch gemäß Umschau halten, vielleicht ist doch eine gute Zugkraft billiger zu haben. Wüllner273 ist in Berlin, aber ich werde ihm schreiben. Die Statuten sind bereits in Reinschrift begriffen. Ich hoffte, sie Dir schon heute schicken zu können, nun wird’s 271 Nicht ermittelt. 272 Vgl. die Anm. in Dok. 25 (H. Damisch an F. Gehmacher, 24.8.1916). 273 Vermutlich Ludwig Wüllner (1858–1938), dt. Konzert- und Opernsänger.

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aber doch erst Montag möglich sein. Du mußt im ganzen fünf Exemplare einreichen, jeder Bogen ist mit 50 Heller zu stempeln. Ich glaube, Du könntest aber jetzt schon für den bereits bestehenden Verein werben. Die von Euch angeworbenen Mitglieder fallen ja dann automatisch dem Zweigverein in Salzburg zu. – Mit Lewicki habe ich vorgestern wieder lange gesprochen. Er sagte dauernden Frieden zu, wenn wir »Gemeinde« durch »Gesellschaft« ersetzen und für »Zentralvorsteher« eine andere Bezeichnung wählen. Das ist kindische Verbissenheit. Wir haben übrigens schon so viel Drucksorten, daß man da kaum etwas ändern kann. Mir wäre es gleichgültig, ich zweifle aber, daß die anderen darauf eingehen werden.− Morgen und übermorgen will ich nach Melk, Grein und Dürnstein. – In Melk wird die erste Ortsgruppe gegründet werden. Vorsteher Dr. Ignaz Tobisch, Stifts-Advokat.274 Dir, den Deinen und den Unsrigen alles Schöne. Dein Damisch

134. Heinrich Damisch an Mitzi Gehmacher Melk, 8./9.17 Im Orte der ersten Ortsgruppe der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« in N.[ieder-]Oe.[sterreich] weiland denken wir lebhaft [an] die schöne Salzburger Zeit und senden herzliche Grüße. Onkel Heinrich Irene Bürger275 Dora Scharf276

135. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 14. Sept. 1917. Lieber Freund  ! Ich sende Dir unter einem ein Privatexemplar der »Salzburger Statuten« und bitte Dich dasselbe nach eigener Begutachtung den Herren zur Annahme zu empfehlen, da 274 Vgl. die Anm. in Dok. 99 (H. Damisch an F. Gehmacher, 22.10.1916). 275 Lebensgefährtin von Heinrich Damisch und Mutter seiner beiden Töchter Edith und Irmgard. Die Verehelichung von Heinrich Damisch und Irene Bürger erfolgte erst 1921. 276 Nicht ermittelt.

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es auch von der provisorischen Leitung in Wien die Genehmigung erhalten hat. Das offizielle Exemplar an das Salzburger vorbereitende Komitee wird durch den Verein noch im Laufe dieser Woche abgeschickt werden. Du kannst aber die Angelegenheit schon jetzt sofort so behandeln, als ob die offizielle Verständigung schon eingetroffen wäre. Wir werden an den kaiserlichen Rat M a r k o w i t z ein Dankschreiben richten und seinen Statuten-Entwurf als Grundlage der Geschäftsordnung für Salzburg empfehlen. In Wien wird nunmehr auch der Hauptverein sofort gegründet werden. Auch die Ortsgruppenbildung nimmt bereits ihren Anfang. Als erste Ortsgruppe figuriert Melk mit Dr. Ignaz To b i s c h . Eine zweite will der Sportschriftsteller und »Musketier« Rudolf S t ü r z e r 277 gründen. Er hat sich auch angetragen, sofort Vorträge und Unterhaltungsabende zugunsten des Festspielhauses in der Wiener Urania abzuhalten. Gestern abends habe ich mit Frau Kiurina-Leuer278 gesprochen  ; sie ist von unserer Idee begeistert und hat erklärt, daß sie da mit allen Kräften dabei sein wolle. Die Werbearbeit seitens der Komiteemitglieder geht auch bereits vorwärts und nächste Woche werden wir eine Sitzung abhalten, um einen Überblick zu bekommen. Schriftführer Krumpholz279 hat mit Prinz Thurn und Taxis280 gesprochen und ihm meinen Besuch in Aussicht gestellt. Er hat sich ihm gegenüber bereits bereit erklärt das Ehrenpräsidium zu übernehmen und war weiteren Vorstellungen gegenüber auch für die Idee zugänglich, das Präsidium zu übernehmen. Da wären wir also schon ein gutes Stück vorwärts. Näheres nächstes Mal. Mit herzlichsten Grüßen Dein /Damisch./

136. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 15. Sept. 1917 Lieber Freund  !

277 Rudolf Stürzer (1865–1924), österr. Schriftsteller und Journalist. Mitarbeiter der satirischen Wochenzeitschrift Die Muskete. 278 Berta Kiurina  ; vgl. die Anm. in Dok. 25 (H. Damisch an F. Gehmacher, 24.8.1916). 279 Mauriz Krumpholz, Kanzleidirektor der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 1917 erster Schriftführer des Hauptvereins der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. 280 Prinz Alexander von Thurn und Taxis (1851–1939), 1916–39 Präsident der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, 1917–22 Präsident der Salzburger Festspielhausgemeinde  ; vgl. auch Dok. 208 (Salzburger Festspielhausgemeinde an die k.k. Polizeidirektion Wien, 17.5.1918).

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Ich habe gestern vergessen, Dir noch etwas sehr Wichtiges zu sagen. Der neue Direktor Dr. Paumgartner281 ist heute in Salzburg eingetroffen, um sein Amt anzutreten. Ich kenne ihn seit langem und ziemlich genau und bin überzeugt, daß er ein begeisterter und tatkräftiger Anhänger der Festspielhaus-Idee sein wird. Ich habe schon Gelegenheit gehabt, mit ihm kurz über unsere Sache zu sprechen und ihn flüchtig zu informieren. Er hat für die Angelegenheit großes Interesse, und ich empfehle Dir, das Deinige zu tun, um aus ihm einen Mauerbrecher für unsere Sache zu machen. Führe ihn nach Maria Plain und nimm Dich überhaupt seiner so wirksam als möglich an. Er dürfte gegen Dr. Sedlitzky und Ledwinka282 ohnehin keinen leichten Stand haben. Wenn wir wieder einmal persönlich miteinander reden können, wird es eine Menge zu erzählen geben. Ich hoffe, daß es bis dahin nicht so lange dauern wird, wenn Du nicht früher nach Wien kommst, gedenke ich in drei bis vier Wochen an einem Sonntag nach Salzburg zu kommen. – Ingenieur Mayer und Frau sind mit je 10 Kronen beigetreten, Frau Direktor Gorlitzer hat in Payerbach auch einige 10 Kronen-Mitglieder angeworben. – Ich bin jetzt im Begriffe die dringend nötige Propagandaschrift zu verfassen und werde Dir das Konzept schon in den nächsten Tagen zusenden. Du kannst es dann ergänzen und erweitern, worauf ich es hier in Druck legen lassen werde. Mit herzlichen Grüßen Dein /Damisch/

137. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, 21. Sept. 17 Geehrtester Herr Direktor  ! Da die Mozartbibliothek dem Zentralausschusse der Mozartgemeinde untersteht, so bespreche ich die Eindrücke, die ich über die Verwaltung unserer Bibliothek während meines Salzburger Aufenthaltes gewann, mit Ihnen als dem Obmann des Zentralauschusses. Das Resultat dieser Besprechungen war, daß wir einhellig konstatierten, daß 1.) die Bibliothek eine sehr wichtige selbstständige Institution des Mozarteums bilde, 281 Bernhard Paumgartner (1887–1971), österr. Dirigent, Komponist und Musikwissenschaftler. 1917– 38 Direktor des Konservatoriums Mozarteum, 1945–59 der Hochschule Mozarteum, 1960–71 Präsident der Salzburger Festspiele. Er war an der Ausgestaltung der Salzburger Festspiele maßgeblich beteiligt. 282 Franz Ledwinka  ; vgl. die Anm. in Dok. 7 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 1.5.1914).

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2.) mit aller Sorgfalt verwaltet und ausgestaltet werden müsse, daß ferner 3.) die jetzige Administration derselben absolut ungenügend sei und es daher 4.) dringend notwendig sei, einen eigenen Bibliothekar anzustellen, der ein ausgesprochener Bibliotheksfachmann sein müsse. […]283 In der Angelegenheit des Festspielhauses werde ich demnächst an E. H|xxx| schreiben. In Wien werden die Verhältnisse immer scheußlicher. Mit besten Grüßen und Empfehlungen ganz ergebenster Lewicki.

138. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 21./9.17 Lieber Freund, ich habe mit Vergnügen Deine Karte284 gelesen. Jetzt bekommt die Sache also schon Schwung. Die Wiener werden Euch mit der Gründung des »Hauptvereins« demnächst »überraschen«. Kommende Woche machen wir eine Leitungssitzung. Werde Dir darüber berichten. Dr. Paumgartner habe ich gestern schon gesehen. Er ging mit Lewicki und mir nach dem Café-Schluß fast bis zu meiner Wohnung. Er kam mit L.[ewicki] stark übers Kreuz  ! Nächstens mehr. Alles Herzliche von Deinem Damisch

139. Mozarteum Salzburg an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Salzburg, 21. September 1917. An den verehrlichen Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«, in Wien.

283 In der hier nicht wiedergegebenen Passage wird die Frage nach der geeigneten Besetzung der Bibliothekarsstelle erörtert. 284 Keine Vorlage überliefert.

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Das Kuratorium des Mozarteums hat in seiner letzten Sitzung285 von dem Inhalte Ihrer geschätzten Zuschrift vom 11. August d. J. mit großem Interesse Kenntnis genommen und das gefertigte Präsidium zu nachstehender Rückäußerung ermächtigt. Die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg entspricht einem lang gehegten Wunsche der Stadt Salzburg und wird die Bildung des verehrlichen Vereines, welcher sich die Verwirklichung dieses Gedankens zur Aufgabe gestellt hat, gewiß von den Salzburger Kreisen auf das Lebhafteste begrüßt werden. Das Mozarteum wird daher nicht ermangeln, sobald dieser Gedanke erreichbare und greifbare Formen angenommen hat, hiezu Stellung zu nehmen. In der angenehmen Hoffnung, daß der in Ihrer geschätzten Zuschrift zum Ausdruck gebrachte Wunsch, es mögen zwischen Ihrem Vereine und dem Mozarteum stets die besten Beziehungen erhalten bleiben, seine Erfüllung findet, zeichnen mit dem Ausdrucke der vorzüglichsten Hochachtung f ü r d a s K u r a t o r i u m d e s M o z a r t e u m s i n S a l z b u r g   : Der Präsident  : Sylvester m. p. Der Schriftführer  : Carl Kaltenbrunner m. p

140. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 22. September 1917 Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Daß ich mit Ihrer Anschauung, daß die Bibliothek ein wesentlicher Bestandteil des Mozarteums und deren Ausgestaltung zu einem brauchbaren Institute eine Notwendigkeit sei, übereinstimme, wissen Sie aus unseren diesbezüglichen Unterredungen. Ich bedauere nur, daß wir an die Durchführung der Idee erst jetzt gehen, wo ich doch schon seit einer längeren Reihe von Jahren auf diesen Programmpunkt hinweise, ohne bisher besondere Gegenliebe gefunden zu haben. Es mag Ihnen hierin wieder eine Erklärung dafür gegeben sein, daß ich mich dem neuen Arbeitsgebiete (Festspielhaus) zugewendet habe, da ich im Mozarteum nicht das Verständnis für die bestehenden Notwendigkeiten zu erwirken vermag. […]286

285 Vermutlich jene vom 27. August 1917 (vgl. Dok. 127, Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum, 27.8.1917). 286 In der hier nicht wiedergegebenen Passage werden wiederum Fragen zur Besetzung der Bibliothekarsstelle erörtert.

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Die Mozartgemeinde ist durch die ihr aufgetragenen Zahlungen so vollständig in Anspruch genommen, daß sie ohnehin nur mehr kurze Zeit ihren Verpflichtungen nachkommen wird können. Das Mozarteum ist passiv, wenn nicht neue Einnahmsquellen erschlossen werden. Ich sehe mit Interesse der Ergänzung Ihrer Vorschläge entgegen und empfehle mich als Ihr sehr ergebener [Friedrich Gehmacher]

141. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 25./9.17 Lieber Freund, eben bin ich mit Herrn von Lewicki beisammen, der sehr geärgert ist, weil ihm die Paumgartner-Reklame in Wort und Bild äußerst mißfällt. Er legt Wert darauf festzustellen, daß er dieser zum großen Teil wenig geschmackvollen Aktion völlig ferne steht, und würde nur wünschen, daß mit dem heutigen dilettantenhaften Panegyrikus im »Neuen Wiener Journal«287 diese »Tätigkeit« auf dem Gipfelpunkt angelangt sei und an ihre Stelle einige »Taten« treten würden, die für den neuen Direktor von selbst sprechen. Ich glaube, Dr. Paumgartner sollte alle Persönlichkeiten, die er im Verdachte hat, daß sie ihre Geschäftigkeit für ihn übertreiben und derartige unverhältnismäßige und im Ton unangemessene Propaganda entwickeln, schleunig an die Kette legen, damit die üble Stimmung, die an verschiedenen maßgebenden Orten durch die sich förmlich überstürzende Reklame entwickelt wurde, mit der Zeit wieder weiche und günstigeren Erwartungen bezüglich der zu gewärtigenden Leistungen Dr. Paumgartners Platz mache. Vielleicht kannst Du den meritorischen Inhalt dieser Erwägungen in schonender Form dem jugendlichen Missetäter beibringen. – Herzlich grüßend Dein Damisch

287 Bezieht sich auf den Artikel von Erwin Weill  : »Beim neuen Direktor des Salzburger Mozarteums. Besuch bei Dr. Bernhard Paumgartner«. In  : Neues Wiener Journal, 25.9.1917, S. 4.

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142. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 28. September 1917. Lieber Freund  ! Willvonseder288 hat Dir mündlich dargelegt, daß wir zur Entwicklung einer Tätigkeit unbedingt die von Dir schon seit langem in Aussicht gestellte Werbeschrift benötigen  ; Du hast ihm auch die sogleiche Übersendung derselben zugesichert, auch mir wiederholt die Übersendung angekündigt. Leider ist es bis jetzt beim Versprechen geblieben. Jetzt ist der Brummer, den ich Dir letzthin überschickte, der aber nicht in Deine Hände gelangte, am Platze. Ich kann Dir nur wiederholt nahelegen, wenn es uns nicht in der allernächsten Zeit gelingt, einige in die Augen springende Erfolge auf materiellem Gebiete zu erringen, dann verfallen wir dem Fluche der Lächerlichkeit und unsere ganze schöne Sache fällt in sich zusammen. Selbst unsere eifrigen Anhänger, wie z. B. der Bürgermeister machen ihre Mitarbeiterschaft ja nur davon abhängig, daß wir ihnen mit Erfolgen aufwarten können. Alle Redereien und Versprechungen werden auch von diesen Leuten für schale Äußerlichkeiten, was sie im Grunde ja auch sind, genommen und stärken anderseits den Einfluß unserer Gegner, die auf unsere Hilflosigkeit verweisen. Hiezu kommt auch noch, daß natürlich die Leistungsfähigkeit der Finanzleute jetzt rasch abnehmen wird. Also laß doch Deine Beziehungen einmal spielen und trachte nach materiellen Erfolgen. Wegen Deines Schreibens habe ich mit dem Schulreferenten Professor Huttary gesprochen, der dem Dr. P.289 die gebotene Reserve empfehlen wird. Dr. P. hat mir übrigens heute einen Besuch gemacht, bei welchem wir auch die Festspielhaus-Angelegenheit besprochen haben. Er ist natürlich für die Idee. Daß er die Bibliothek so stark in den Vordergrund seines Interesses stellt, ist natürlich verfehlt, da er ja mit der Schule genug zu tun hätte. Aber an derartigen Kleinigkeiten wird er wohl nicht zugrunde gehen, jeder hat seine Schwächen und Eigenheiten. Wenn er nur den Blick auf das ganze gerichtet hält, dann kann er in Einzelheiten schon ein wenig entgleisen. Hast Du mein Schreiben wegen der Fortführung der Festspiele im September und der Aufstellung eines Finanz-Programmes erhalten  ?290 Herzliche Grüße Dein 288 Franz Willvonseder (1871–1954), Hofapotheker in Salzburg. Wie Damisch und Gehmacher Mitglied des Wiener Akademischen Gesangsvereins. 289 Bernhard Paumgartner  ; vgl. die Anm. in Dok. 136 (H. Damisch an F. Gehmacher, 15.9.1917). 290 Keine Vorlage überliefert.

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[Friedrich Gehmacher]

143. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 29. September 1917. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Wenn ich am Eingange meines letzten Briefes über den Mangel an Entgegenkommen, den ich mit meinen Anregungen hinsichtlich der Bibliothek fand, Klage führte, so war das durchaus nicht auf Sie gemünzt. Ich muß im Gegenteil anerkennen, daß Sie Ihr Augenmerk der Bibliothek in den letzten Jahren in hohem Grade und mit Erfolg zugewendet haben. Ich suchte aber schon vor dieser Zeit gleich nach Fertigstellung unseres Hauses die hiesigen Kreise für die Wichtigkeit dieser Angelegenheit zu interessieren und habe da so viel wie gar kein Verständnis gefunden. Wir könnten schon viel weiter sein, wenn wir gleich diesen Programmpunkt in unser Tätigkeitsgebiet aufgenommen hätten. Wie ich Ihnen mündlich auseinandersetzte, hat es hier in allen diesen Fragen vollständig an dem erforderlichen Zielbewußtsein gefehlt, und es ist ja schließlich auch die überaus erfreuliche Lösung der Geburtshausangelegenheit doch nur mehr Sache des Zufalles, daß Bürgermeister Ott persönlich hieran Interesse fand und die finanzielle Aktion durchführte, sonst würden wir auch mit dieser Sache noch in den allerersten Anfängen stehen. Wie ich auch schon mehrmals in mündlicher Aussprache Ihnen darzulegen das Vergnügen hatte, führte mich auch dieses mangelnde Zielbewußtsein zu dem Gedanken des Festspielhauses, weil ich wußte, daß sich für diese Idee weitere Kreise interessieren, und weil ich erhoffen konnte, hiedurch unsere große Sache vor der Verebbung infolge der kriegerischen Ereignisse und infolge der mangelnden Weitsicht der hiesigen Kreise zu bewahren. Ihr Programm ist einwandfrei, es verdiente, als offizielles Programm aufgestellt zu werden  ; aber wenn wir auch damit herauskommen, so wird man der Sache nicht viel Bedeutung beilegen, und wenn man schon zustimmt, so wird man jedenfalls keine besondere Arbeit zur Verwirklichung des Programmes aufwenden  ; und das geht aber nicht, mit dem laxen Dahinarbeiten wirtschaften wir herunter und nicht hinauf. Ich nehme da nur die Schule heraus, die infolge der Tüchtigkeit der Lehrkräfte und wohl auch infolge des starken Interesses, das Professor Huttary ihr zuwendet, wirklich prosperiert. Wenn Dr. Paumgartner es richtig anpackt, kann er aus diesem Institute wirklich etwas bedeutendes machen. Aber alle anderen Gebiete sind vernachläßigt und es wäre dringend notwendig, mit einem Gesamtprogramm hervorzutreten und die Arbeiten neu zu verteilen, da-

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mit man weiß, was geschehen soll, und damit weiters nicht jeder der wenigen Leute, die überhaupt ziehen, nach einer anderen Richtung hinzieht. Nur einen Haken hat die Sache noch, das ist das leidige Festspielhaus. Ich habe mich nun einmal in dieser Angelegenheit engagiert und kann und will auch nicht aus derselben heraussteigen. Wenn Sie nicht auch sich dieser Idee anschließen, so wird das immer ein störendes Hemmnis in unserer gemeinsamen Tätigkeit sein, ich kann es daher nicht unterlassen, Sie nochmals dringend aufzufordern, sich meinem Standpunkte in der Festspielhaus-Angelegenheit zu nähern. Es ist ja unmöglich, daß Sie die Beweggründe, die mich zu meiner Stellungnahme in der Festspielhaus-Angelegenheit veranlaßten, nicht auch billigen, da sie ja doch genau auf dieselben Ziele hinauslaufen, die Sie verfolgen. Wenn ich neuerlich die Einladung an Sie richte, dieses Projekt in Ihr bezw. unser gemeinsames Programm aufzunehmen, so habe ich hiefür noch folgende besondere Gründe. Ich bin wie Sie der Meinung, daß es nicht gelingen wird, die bedeutenden Mittel, welche ein großes Festspielhaus erfordert, aufzubringen. Ich habe aber die zuversichtliche Hoffnung, daß immerhin beträchtliche Beträge zusammenkommen werden, welche die Erbauung eines bescheidenen, für anspruchslosere Festspiele und insbesondere für Aufführungen im Rahmen eines Musikfestes dann auch für Schüler-Aufführungen zureichenden Hauses möglich machen werden. Ich bin mit einem solchen Hause, das von mir aus auch in der Nähe des Mozarthauses stehen kann, ganz einverstanden und zufrieden, weil es sehr gut in mein allgemeines Programm für die Entwicklung »der österr. Musikstadt Salzburg« paßt. Damisch ist hiemit nicht einverstanden und strebt etwas größeres an. Ich bin aber überzeugt, daß auch er sich dieser Meinung voll anschließen wird, wenn er sehen wird, daß das kleinere Projekt in absehbarer Zeit realisierbar ist, während das größere unausführbar bleibt. Diese Einschränkung, über die wir, glaube ich, nicht im einzelnen gesprochen haben, weil infolge der intransigenten Haltung der Frau Lehmann über die Festspielhaus-Frage überhaupt nicht mehr vernünftig gesprochen werden konnte, könnte Ihnen wohl die Möglichkeit des Anschlusses geben, wobei natürlich nicht ausdrücklich das kleinere Projekt als Bedingung der Mitwirkung hingestellt werden könnte, und ich würde mich sehr freuen, wenn wir hiedurch zu einer einheitlichen und geschlossenen Richtlinie für unsere Tätigkeit gelangen würden. Schließlich möchte ich auch noch erwähnen, daß in dem Programm die Schaffung eines ständigen Mozarteums-Orchesters Aufnahme finden sollte, denn diese Sache ist auch von beträchtlicher Wichtigkeit. Wenn es uns gelingt, zu einem gemeinsamen einheitlichen Programm zu gelangen, dann müßten wir weiter über die Finanzierung sprechen und dann käme die Arbeitsverteilung.

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Also vielleicht kommen wir doch wieder zu einem gemeinschaftlichen Arbeiten auf unserem schönen und fruchtbaren Arbeitsgebiete, wenn wir dann den Damisch und Consorten auch mit bei uns hätten, wäre das gewiß nur ein Gewinn. Mit den besten Grüßen bin ich Ihr ergebener [Friedrich Gehmacher]

144. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, 2. Oktober 1917. Sehr geehrter Herr Direktor  ! Besten Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 29. v. M. – Aufrichtig gestanden habe ich dasselbe nicht verstanden, da dasselbe die ganze Festspielhaus-Idee neuerdings aufrollt und dieselbe mit der Bibliotheks-Aktion in einen Konnex zu bringen sucht, der absolut nicht besteht. Nach langen Kämpfen haben wir im Oktober 1916 diese Angelegenheit bereinigt. Da die Anhänger und Gegner des Projektes nicht unter einen Hut zu bringen waren, so wurde beschlossen, daß das Mozarteum mit dem Festspielhause nichts zu thun hat, außerdem wurde aber erklärt, daß es den Anhängern des Projektes selbstredend unbenommen bleibt, dasselbe außerhalb des Mozarteums zu propagieren. Mit dieser Lösung waren beide Parteien einverstanden. Selbstverständlich wurde dabei vorausgesetzt, daß beide Parteien diesen Pakt loyal einhalten, daß also die FestspielhausPartei bei ihren Aktionen das Mozarteum außer Spiel läßt, andererseits auch die Gegenpartei nicht gegen ein Festspielhaus ohne Mozarteum arbeitet. Von unserer Partei wurde diese Vereinbarung strenge eingehalten, nicht aber von Ihrer Partei. Siehe die Statuten der Festspielhausgemeinde, die den Namen des Mozarteums in mehr als einer Hinsicht den Zwecken ihres |Vereines| dienstbar machen. Siehe ferner die ersten Zeitungsnotizen des neuen Vereines, die den Namen des Mozarteums direkt in den Vordergrund schieben. Selbstredend will diese Notizen niemand geschrieben und niemand beeinflußt haben. Als ich vor einem Jahr Reformen in der Schule vorschlug, sagten Sie mir, diese Frage kann nur in Verbindung mit dem Festspielhause gelöst werden. Die Reformen sind ohne Festspielhaus angebahnt worden, die Schule prosperiert und geht einer gedeihlichen Entwicklung entgegen. Als ich die Geburtshausfrage ins Rollen bringen wollte, sagten Sie abermals, ohne Festspielhaus ist der Ankauf des Geburtshauses unmöglich. Heute sind wir ohne Festspielhaus im Besitze des Geburtshauses. Als ich während meines Salzburger Sommeraufenthaltes mit Ihnen über die Ausgestaltung des Geburtshauses sprechen wollte, sagten Sie mir abermals, ohne Fest-

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spielhaus sei diese Ausgestaltung unmöglich. Heute habe ich für den projektierten Beirat bereits 11 hervorragende Mitglieder geworben, welche auch diese Aktion in günstige Bahnen bringen werden. Als ich in jüngster Zeit die endliche Ordnung in der Bibliotheks-Frage anregte, wandte ich mich in erster Linie an Sie als den Obmann der Mozartgemeine, da ja die letztere die Bibliotheksausgestaltung übernommen hat. Sie stimmten mir bei, daß für die Bibliothek etwas geschehen müsse, und fragen mich, wie ich mir die Kostendeckung denke. Ich antworte darauf streng sachlich und heute bekomme ich Ihren Brief mit dem leider nur zu bekannten Refrain ohne Festspielhaus keine Bibliothek. Ich kann diesen Gedankengang nicht verstehen. Was hat das Festspielhaus, das ein fremder Verein bauen will, dem zufällig Mitglieder des Mozarteums angehören, mit der Bibliothek des Mozarteums zu thun  ? Die Ordnung und Ausgestaltung der Bibliothek, die sich jetzt in einem geradezu skandalösen, den Ruf des Mozarteums nicht sehr förderlichen Zustande befindet, ist eine unbedingte Notwendigkeit, eine Selbstverständlichkeit. Seit Jahren wurde die Bibliotheks-Ausgestaltung in unseren Propaganda-Schriften als Programmpunkt erwähnt und jetzt soll neuerdings ein pompöses Programm veröffentlicht werden  ! Wozu  ? Ich beantrage die Anstellung einer Bibliothekskraft, die nota bene auch billig sein dürfte, und bekomme darauf die Antwort, zuerst müsse ein Generalarbeitsprogramm aufgestellt werden. Das heißt doch auf Spatzen mit Kanonen schießen. Verehrtester Herr Direktor, spielen wir nicht Verstecken wie die kleinen Kinder, sondern sprechen wir offen, wie Männern es allein geziemt. Sie sagen mir in Ihrem Briefe eigentlich bewußt oder unbewußt folgendes  : Deren Bibliotheks-Idee wird nur dann durchgehen, wenn Du Dich in der Festspielsache drehst. Das kann ich nicht, da ich aus sachlichen Gründen ein Gegner des Festspielhauses bin und diese sachlichen Gründe meiner Gegnerschaft nach wie vor bestehen. Andererseits stehen Sie nach wie vor auf dem Standpunkte, daß ohne Festspielhaus das Mozarteum ein Cadaver sei, und diesem Dogma zuliebe darf nichts geschehen, die Mozartgemeinde darf nichts machen. Es wird künstlich ein Zustand der Stagnation geschaffen, um den Schein zu erwecken, daß das Mozarteum nur durch das Festspielhaus gerettet werden kann. Verehrtester Herr Direktor, Sie haben sich um unser Mozarteum mit größter Hingabe die größten Verdienste erworben – jetzt beginnen Sie aber Ihr ureigenes Werk zu demolieren, indem Sie der Mozartgemeinde jede positive Tätigkeit geradezu verbieten, sicherlich nicht aus bösem Willen, sondern weil Sie das Mozarteum heute nur mehr insofern interessiert als es der Festspielhaus-Idee Vorspanndienste leisten kann. Alles, was ich bis jetzt geschrieben habe, war eigentlich ganz überflüssig – ich werde Sie nicht überzeugen, Sie mich nicht, kommen wir also zu etwas Positivem.

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Die Mozartgemeinde ist heute tot – darunter soll aber ein so wichtiger Zweig unserer Tätigkeit nicht leiden. Mein Antrag wäre also, scheiden wir die Bibliothek aus dem Tätigkeitsgebiete der Mozartgemeinde aus und behalten wir einen eigenen Bibliotheksausschuß. Derselbe hätte zu bestehen  : aus 3 vom Kuratorium gewählten Kuratoriumsmitgliedern und 3 Virilisten  : Obmann des Schulausschusses, Conservatoriumsdirektor, der anzustellende Bibliothekar, welcher als ständiger Referent zu fungieren hat. Ein geeigneter Obmann wäre Prof. Hackel. Da die Bibliotheksausgestaltung keine kleine Arbeit ist, so ist ein eigener Ausschuß ganz am Platze. Sie erklären ja, daß die Bibliothek ohne Festspielhaus unmöglich ist. Das ist keineswegs die Meinung der anderen. Lassen Sie also andere den sicher gelingenden Versuch wagen, die Bibliothek auszugestalten. Ist uns Schule und Geburtshaus ohne Festspielhaus gelungen, wird uns auch dies gelingen. – Wenn Sie auch jetzt grollend abseits stehen, so können Sie doch unmöglich so weit gehen, die Arbeit der anderen direkt hindern zu wollen. – Wir werden Sie in Ihrer Arbeit für Ihr Festspielhaus nicht hindern, hindern Sie auch uns nicht. Ich bitte Sie also meinen Antrag in dem Mozartgemeinde-Ausschuß vorzubringen, der dann dem Arbeitsausschuß die Bildung dieses eigenen Bibliotheksausschusses vorzuschlagen hätte.– Ich bin mir wohl bewußt, daß Sie diesen meinen Antrag bekämpfen werden und denselben dem Mozartgemeindeausschuß nicht vorlegen oder aber vorlegen und ablehnen lassen werden. Da aber die Bibliothek jetzt dem Mozartgemeinde-Ausschuß untersteht, so halte ich es korrekt, diesen Antrag zuerst der Mozartgemeinde zu unterbreiten. Ich bin überzeugt, daß mit einem solchen Bibliotheksausschuß die Bibliothek einer gedeihlichen Entwicklung zuzuführen wäre. Die Wiener Mozartgemeinde würde sich für die Bibliothek in erster Linie interessieren. Es gäbe doch ein so einfaches Recept, in Frieden zu leben – überlassen Sie die ganzen Angelegenheiten des Mozarteums, die Sie nicht mehr interessieren, oder solche, die Sie ohne Festspielhaus für unlösbar halten, solchen Leuten, die dafür Interessen haben und der Meinung sind, daß sie auch ohne Festspielhaus der Lösung zugeführt werden können. […] 2. Okt. Sie schreiben mir, daß Sie, da Sie einmal in der Festspielhaus-Sache engagiert seien, Sie aus derselben nicht heraussteigen können und wollen. Dies setzt niemand voraus, will auch gar niemand. Was ich und meine Partei will, ist lediglich dies, daß diejenigen Herren des Mozarteums, die auch bei der Festspielhausgemeinde sind, nicht widerrechtlich die Interessen des Mozarteums mit den Interessen des Festspielhauses melieren oder gar die Interessen des Mozarteums hintansetzen. Leider macht es uns den Eindruck, wie wenn Sie, verehrtester Herr Direktor, die Mozart-Gemeinde für

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eine bereits tote Sache halten würden und unsere Nutzwässer in die Kanäle des Festspielhauses leiten würden. Hoffentlich täuschen wir uns – aber der Schein spricht momentan gegen Sie. Siehe Ihre Haltung in der Geburtshausangelegenheit, siehe Ihre jüngste Haltung in der Bibliotheksfrage. Sie fordern mich auf, mich der Geburtshaus-Aktion anzuschließen. Wie könnte ich dies  ! Nach wie vor halte ich die Festspielhausaktion für das Mozarteum für schädlich. Sogar für schädlicher wie früher, da das Mozarteum zu Gunsten der Festspielhausaktion ja jetzt geradezu gedrosselt wird. Wir, die wir für das Mozarteum arbeiten wollen, werden von Ihnen durch passive Resistenz geradezu gehindert. Die Mozartgemeinde rührt sich nicht mehr, darf sich nicht mehr rühren. In Salzburg hörte ich nur immer die stereotypen Worte  : Gehmacher interessiert sich nicht mehr für das Mozarteum. Auf Programme halte ich gar nichts. Zu welchem Zwecke sollen wir ein Programm aufstellen  ? Der Schluß meines letzten Briefes war absolut keine Programmaufstellung, sondern lediglich eine interne Constatierung der verschiedenen Tätigkeitsgebiete des Mozarteums. Sie machen mir den Vorschlag, das Programm der Festspielhausgemeinde zu reduzieren. Also kein Festspielhaus auf dem Plainer Berg, sondern ein Mozarttheater (siehe Residenztheater in München) im Weichbilde der Stadt. Der Festspielhausgemeinde gegenüber soll aber diese Reduktion des Programmes geheim gehalten werden. Also eine Unaufrichtigkeit gegen die Festspielhausgemeinde  ! Damisch ist gegen diese Reduktion – ich sprach gestern mit ihm – er hält an der großen Idee fest. Sie scheinen die Durchführbarkeit desselben also selbst anzuzweifeln. Die Idee, die Sie jetzt für genügend betrachten, war ja seinerzeit auch meine Idee, wird sogar in dem Stibral’schen Elaborate in einer anderen Variante angeschnitten. Im August 16 bekämpften Sie dieselbe lebhaftest – nur auf dem Plainer Berg erblühte das Heil.291 Jetzt ist eine Rückkehr zu dieser Idee zu spät. Meine Überzeugung ist nach wie vor, die große Idee ist unausführbar, überflüssig und wird dem Mozarteum noch großen Schaden bringen. Das Mozarteum ist aber lebensstark und wird auch diese Krise überdauern. – Sollten einmal alle Bedürfnisse des Mozarteums befriedigt sein, so werden wir vielleicht auf die Residenztheater-Idee zurückkommen, aber nicht jetzt in der denkbar ungünstigsten Periode. Zuerst das Hemd und dann erst der Frack  ! Nicht aber umgekehrt  ! Das eigene Orchester  ! Ich bitte Sie, Jahresberichte des Mozarteums, des Tonkünstlerorchesters zu studieren und mir dann zu sagen, ob Sie den Mut für eine solche Unternehmung noch aufbringen.

291 Vgl. Dok. 31 (F. Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias [Sommer 1916]).

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Ich schreibe dies sine studio et ira – rein sachlich und hoffe, daß Sie darin keine persönlichen Spitzen finden werden. Ich wollte aber so schreiben, wie ich die Sache auffasse. Es tut mir außerordentlich leid, Ihrem Appell nicht Folge leisten zu können. Damisch, der doch Ihr intimster Vertrauensmann ist, begreift meine Haltung vollkommen. Indem ich hoffe, daß dieser Brief unsere persönlichen Beziehungen in keiner Weise trüben wird, bleibe ich mit den besten Empfehlungen und Grüßen Ihr ganz ergebenster Lewicki

145. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 6. Oktober 1917. Lieber Freund  ! Heute erhielt ich von der Festspielhaus-Gemeinde die Statuten zurück. Wir haben aber schon die von Dir vor 14 Tagen an mich gesandten Statuten292 der k.k. Landesregierung zur Genehmigung vorgelegt. Hoffentlich sind sie mit den nunmehr vorliegenden gleich, sonst gibt es eine Verwirrung. Wir sollten nicht so lange warten, weil ja jede Verzögerung nach unserem Empfinden von Nachteil ist. Zu Deiner Information teile ich Dir mit, daß ich vor 8 Tagen an Lewicki gelegentlich einer anderen Korrespondenz nochmals die Anfrage richtete, ob er nicht den Anschluß an die Festspielhaus-Idee finden könne, leider hat er wieder strikte abgelehnt,293 so daß also jetzt die Beziehungen auf diesem Gebiete dauernd gelöst sind. Der Grund, warum ich es nochmals versuchte, ist folgender  : Ich habe die Überzeugung, daß wir bei dem Tempo, das wir einschlagen, keinen Erfolg haben werden. Eine solche Sache muß nach meiner Erfahrung mit etwas Impulsivität angegangen werden, sonst verflaut sie. Ich sehe auch hier, wie ungemein schwer es mir wird, die Stimmung bei den Herren aufrecht zu erhalten, wenn die Sache einen so schleppenden Fortgang nimmt. Ich wollte es daher doch noch einmal versuchen, ob nicht das Mozarteum und insbesondere Lewicki, dem man ja die Tatkraft nicht absprechen kann, an unseren Karren gespannt werden könnten. Leider ist dies nicht möglich und ich verzichte nunmehr endgiltig darauf. 292 Vgl. Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917). 293 Vgl. Dok. 143 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 29.9.1917) und Dok. 144 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 2.10.1917).

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Daß ich hiebei die Besorgnis habe, daß wir nicht zu unserem Ziele gelangen, will ich Dir nicht verhehlen. Wir haben die wertvollste Zeit schon versäumt und nützen auch die Gegenwart zu wenig aus. Da das Schwergewicht der Aktion in Wien liegt und das Mozarteum hier ausgeschaltet ist, kann ich umsoweniger dazu beitragen, daß die Sache in das erforderliche Tempo kommt. Schließlich habe ich mich genug bemüht, um die Festspielhaus-Sache in Gang zu bringen, wenn es nicht vorwärts gehen will, kann ich natürlich nichts dafür. Dr. v. Paumgartner scheint sich sehr zu bewähren, die Schule geht prächtig. Ein neuer Cellist (Jansen)294 wurde engagiert. Hiedurch wird ein sehr gutes Trio möglich (Ledwinka, Schweyda,295 Jansen). Der Winterbetrieb der Schule würde Dir sehr gefallen. Konzerte haben wir auch ununterbrochen, leider keine Kohlen, sodaß wir im November wohl unterbrechen werden müssen. Verpflegung ist recht gut hier, die Abwesenheit der Fremden macht sich wirklich günstig fühlbar, die Mittelständler hatten doch nicht unrecht. Alles Herzliche Dein [Friedrich Gehmacher]

146. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 10. Oktober 1917. Lieber Freund  ! Ich sende Dir nunmehr die ersehnte Propaganda-Schrift296 und bitte Dich über dieselbe eine Besprechung mit unseren Freunden vorzunehmen, mir Eure Wünsche, Korrekturen, Abänderungen und Ergänzungen bekanntzugeben und dann möglichst bald rückzusenden. Ich werde hierauf sofort die Drucklegung vornehmen und Euch die gewünschte Anzahl von Exemplaren zuschicken. Ich habe absichtlich als Ausgangspunkt das »Mozarteum« gewählt, weil wir ja in demselben idealen Sinne wie dieses Institut arbeiten wollen und weil ja, auch wenn es unsere Gegner selbst noch so abzuleugnen versuchen, gewisse integrierende Wechselbeziehungen bestehen und immer bestehen werden, die den Hinblick auf das »Mozarteum« notwendig machen. Im Übrigen ist, glaube ich, die volle Selbstständigkeit unserer Unterneh294 Nicht ermittelt. Scheint nicht im Lehrkörper des Mozarteums auf. 295 Willy Schweyda (1894–1969), Geiger, lehrte 1916–20 am Mozarteum. 296 Vgl. Dok. 149 (H. Damisch: Ein Festspielhaus in Salzburg. In: Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater 8, Teil IV [1917], H. 21 [1. November], S. 709–713).

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mung genügend betont und, so weit ich es in Erinnerung habe, dürften auch alle in Betracht zu ziehenden Momente berücksichtigt sein, welche für die Errichtung des Festspielhauses überhaupt und für die Inangriffnahme der grundlegenden Arbeiten schon im jetzigen Zeitpunkte sprechen. Nach Drucklegung der Propagandaschrift werde ich sofort mit meinen Wegen zu den vielgenannten Kriegsgewinnern und zu Persönlichkeiten, denen die Leitung des Unternehmens als Direktionsmitglieder in Wien anvertraut werden soll, beginnen. Ich hoffe, spätestens Mitte November die große Hauptversammlung zur Vornahme der endgiltigen Wahlen und zur vorläufigen Schlußsteinlegung zu dem Gebäude unserer Organisation gelangen zu können. Ich erwarte bald Nachricht von Dir, grüße mir alle, die es gut mit uns meinen, und sei nebst Deinen lieben Angehörigen gegrüßt von Deinem /Damisch/

147. Ferdinand Scherber  :297 »Salzburgisches« [24. Oktober 1917] Man kann nicht leugnen, dass dieses Salzburg, das wie unter dem Schutze der Festung Hohensalzburg zu Füssen des Mönchsberges liegt, ein Unikum unter den österreichischen Provinzstädten ist. Obgleich es etwa nur 40000 Einwohner zählt, also bis zu einer internationalen Großstadt noch einige Meilen zu gehen hat, rauscht in friedlichen Sommern, wenn unter den Menschen nicht »feldgrau« Parole ist, ein großstädtisches Leben in den engen, winkeligen Gassen. Ja selbst im Kriegssommer kann das Mozarteum eine Reihe von Konzerten mit namhaften Künstlern veranstalten und braucht nicht um den Besuch zu bangen. Dieses Salzburg ist ein verzärteltes Schosskind beinahe der ganzen Welt. Es hat Glück, und die Geschichte hat es bevorzugt. Der Zauber des göttlichen Mozart weht noch immer geheimnisvoll durch die Strassen, deren Häuser noch Zeugen seiner Zeit sind, und die Geister längst verklungener Jahrhunderte scheinen von der hohen Festung herabzuschweben und dem Fremden von der Vergangenheit zu erzählen, die ja zugleich auch immer die Zukunft der Menschen ist. Leider überlässt man dieses Salzburg sich selbst, und es erweist sich als ein nachlässiger Verwalter seiner Schönheit. Fast in jedem Jahre, in dem man die Stadt besucht, findet man irgend ein altes Objekt zerstört und dafür einen BaumeisterDutzendbau hingestellt. Wir leben doch im Jahrhundert der Antiquitäten und je297 Ferdinand Scherber (1874–1944), Komponist und Schriftsteller, Musikreferent verschiedener Presseorgane, u. a. Wiener Redakteur der Zeitschrift Signale für die musikalische Welt.

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des historische Stück hat enorme Steigerung seines Wertes erfahren. Man kann ruhig sagen, dass in Salzburg schon viele Tausende leichtsinnig vergeudet wurden, Tausende, die in der Fremdenindustrie sorglich angelegt, unerwartete Verzinsung finden. Der Salzburger Gemeinderat würde beinahe nur wirtschaftlichen Erwägungen folgen, wenn er den Charakter seiner Stadt nicht zerstören liesse. Ob noch jemand nach Salzburg reisen würde, wenn aus der Festung Hohensalzburg eine grosse Dampfziegelei in Eisenbeton geworden, ist doch die Frage. Und die Bedenken, die gegen eine Entwickelung der Stadt als Industriezentrum sprechen, lassen sich leicht an den fünf Fingern herzählen. Die Vorbedingungen einer glänzenden Fremdenindustrie drängen sich indes förmlich auf. Das ist auch eine Industrie, und wie die gescheiten, nüchternen und betriebsamen Schweizer wissen, nicht die schlechteste. Kluge und energische Köpfe haben Salzburg von der allgemeinen Zuneigung, die diese Stadt geniesst, Gewinn gesichert. Sie haben das grosse Mozarteum erbaut, sie haben das Mozart’sche Geburtshaus der Gebäude-Spekulation entzogen. So oft sie diese allgemeine Zuneigung in ihr Calkule stellten, hat sie sich noch immer als ein Posten erwiesen, der stets voll eingezahlt wurde. Kaum dass jedoch das Mozarteum fertig war, meldeten sich schon die speziellen Zustände zum Wort, und es war leider niemand da, der es ihnen rechtzeitig und energisch genug entzog. Wie die Feen an der Wiege des Märchenkindes, umstanden die näheren Paten des Mozarteums das neue Institut. Ein jeder sprach und wollte sichtlich seinen Willen haben. Dieser zog her, jener hin, Direktoren der Anstalt gaben einander die Türe in die Hand, und wenn bei der herrschenden babylonischen Sinnesverwirrung das neue Mozarteum noch immer kein Wechselbalg wurde, so ist das beinahe unverdientes Glück, oder es beweist eine kaum zu brechende Kraft der Idee, der das Mozarteum seine Existenz dankt. Endlich nach einem ziemlich umfangreichen Interregnum hat sich die Leitung des Mozarteums entschlossen, in der Person des Herrn Dr. Paumgartner einen neuen Direktor zu bestellen. Er ist sehr jung und gehört zu den sogenannten unbeschriebenen Blättern. Beides spricht ebenso sehr gegen als für ihn. Es bleibt also nichts übrig als abzuwarten, was er leisten wird. Ich leugne nicht, dass mir ein älterer erfahrener Direktor und ein beschriebenes Blatt lieber gewesen wäre. Für den spräche die Routine, und man wüsste, was man zu erwarten hätte. Wir wollen aber den neuen Direktor keineswegs mit den Passivzinsen des Misstrauens belasten. Wir wünschen ihm ohne Mentalreservationen Glück und hoffen nur, dass das Institut und der Direktor sich ohne Affairen vertragen, und das Mozarteum nicht nächstes Jahr wieder, um mit Wilhelm Busch zu reden, »einen neuen Direktor nötig hat«. Der genius loci gibt sich mit dem schönen Mozarteum nicht zufrieden. Er trägt sich mit dem Plane, ein grosses deutsches Festspielhaus zu errichten. Das erste österreichische und vielleicht das einzige in Oesterreich mögliche (wenn man von Wien

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absieht, das im Sommer nun einmal tote Stadt ist). Der genius loci hat nämlich einen Anwalt, dessen zähe Energie, Findigkeit, Unermüdlichkeit, diplomatisches Geschick u. s. f. in Sachen des Mozarteums nicht nur alle Hindernisse beseitigen, sondern auch das Haus bauen halfen. Dieser Anwalt ist der Bismarck von Salzburg, der Cicero seiner Ideen und der Napoleon seiner Pläne, der stets, nachdem das Werk vollendet ist, in einer Kulisse verschwindet. Es ist der Direktor der dortigen Unfallversicherungsanstalt, Herr Franz Gehmacher  ;298 mit der Namensnennung will ich keineswegs die in Oesterreich so übliche journalistische Reklametrompetenfanfare erschallen lassen. In diesem Festspielhaus sollen zunächst Gastspiele grosser deutscher Bühnen stattfinden*). Man weiss ja, dass Festspiele in Salzburg seit ungefähr 1840 veranstaltet werden,299 dass sie schliesslich nur das musikalische Echo des bedeutenden Fremdenverkehres und der ausserordentlich günstigen Lage der Stadt für den sommerlichen Fremdenverkehr, der historischen Schönheit und der Stimmung sind, die in dem klingenden Namen Mozart verborgen ist. Darum sind Salzburger musikalische Angelegenheiten nicht bloss Salzburger musikalische Angelegenheiten, sondern Angelegenheiten Mozart’s, und deswegen solche der ganzen Welt. Nur darum ist es gelungen, den Betrag für den Bau des Mozarteums zu sichern, und in diesen Kriegszeiten in kurzer Frist die nicht gerade kleine Summe für die Erwerbung von Mozart’s Geburtshaus aufzubringen. Es müsste diesmal nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn nicht auch das Festspielhaus zur Tat werden und nicht bald nach Friedenschluss der erste Spatenstich dazu geschehen würde. Nach dem Glauben der alten Germanen stand Wodan selbst den Streitern in der Schlacht zur Seite. Beinahe möchte man glauben, dass so Mozart’s Geist bei allen diesen Plänen mitkämpfe und ihnen den Sieg sichere. *) Der von Heinrich Damisch verfasste Prospekt enthält bereits ein umfassendes Programm des zu gründenden Hauses. Dem Verfasser ist es gelungen, einen Verein zur Gründung des Festspielhauses in Kriegszeiten zustande zu bringen.

298 Gehmachers Vorname wird im Artikel so angeführt. 299 Vgl. dazu den einführenden Abriss zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele, S. 17 ff.

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148. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 26. Oktober 1917. Lieber Freund  ! Gestern ist an Jung300 die Verständigung der k.k. Landesregierung von der erfolgten Genehmigung unserer Statuten gelangt. Wir wären nunmehr so weit, daß wir unsere Tätigkeit aufnehmen könnten  ; wie ich Dir aber schon mitteilte, getraue ich mir nicht die Anregung zu geben, weil mich immer mehr Zweifel beschleichen, daß es Euch in Wien nicht ernst um die Sache ist. Daß die Hinausschiebung jeglicher positiven Arbeit sehr von Übel ist und unser ganzes Unternehmen in Frage stellt, habe ich mit Dir schon im Sommer besprochen, Du konntest ja die Wirkung dieser Untätigkeit auch an der hiedurch entstandenen Tatsache deutlich erkennen, daß wir jetzt den Bauplatz in Maria Plain nicht mehr kriegen, den wir vor 1½ Jahren mit Leichtigkeit und billig erhalten hätten. So steht’s mit allem. Wenn wir noch einige Monate zuwarten und nichts tun, dann ist die beste Zeit verpaßt, und was noch wichtiger ist, diese Passivität macht den schlechtesten Eindruck in allen Kreisen, die sich für das Unternehmen interessieren würden, aber niemals ein Sterbenswort davon hören. Also wie gesagt, ich bin sehr bekümmert, daß der Weg, den wir jetzt einschlagen, eine Sackgasse ist und daß sich unser Projekt mit allen den daran geknüpften stolzen Hoffnungen in Nichts auflöst. Da ich aber nicht an dem Begräbnisse Anteil nehmen und noch weniger andere Leute, die mit großen Meinungen heute der Angelegenheit gegenüberstehen, in eine erfolglose Tätigkeit hineinhetzen möchte, so muß ich passiv bleiben und warten – wie die Wiener Festspielhaus-Gemeinde. Ich will Dich über meinen Standpunkt nicht im unklaren lassen und teile Dir daher vorstehendes mit. Wenn Du einmal über die Sache nachdenkst, mußt Du meinen Standpunkt der Vorsicht (ein gebranntes Kind) billigen. Herzlichst Dein [Friedrich Gehmacher]

300 Georg Jung  ; vgl. die Anm. in Dok. 49 (H. Damisch an F. Gehmacher, 13.9.1916).

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149. Heinrich Damisch  : »Ein Festspielhaus in Salzburg«301 [1. November 1917] Stadt und Kronland Salzburg gehören zu den schönsten Perlen Oesterreichs in jeder Beziehung. Ein Besuch der Mozartstadt, dieser »schönsten Inlandstadt Europas«, zählt zu den reinsten Freuden für ein Gemüt, das das Schöne in Kunst und Natur zu würdigen versteht, und bei der Wanderung durch einzelne Teile der Stadt erwarten uns großartige und reizvolle Stadtblicke, köstliche Kunstschätze und überwältigende geschichtliche Erinnerungen. Es liegt wahrhaftig ein Zauber über Salzburg, gewoben aus den Herrlichkeiten der Landschaft, dem, von außen und innen besehen, entzückenden Bild der Stadt, dem freundlichen Wesen der Bewohnerschaft, dem Schimmer einer beim Schauen und Hören dort überall ins Bewußtsein sich prägenden lichten und gefühlswahren Kunstkultur aus lebenserfüllter Vergangenheit, die sich glücklich fortzusetzen scheint in den künstlerischen und wissenschaftlichen Ereignissen, deren ständiger, oft festlicher Schauplatz jahraus, jahrein die Stadt an der Salzach war, ist und auch bleiben soll. Geschaffen zu freudigem Verweilen und hochschwebender Feierstimmung, wie vielleicht kein zweiter Ort unseres deutschen Vaterlandes, hat das schöne Salzburg seine rechte Herzensliebe dem größten seiner Söhne, deren Namen die Nachwelt nennt und ehrt, zugewendet, – dem, in dessen Persönlichkeit und Schaffen auch die ganze Wesenheit seiner Vaterstadt gerade zur sonnigsten Verkörperung und Vergeistigung gelangte  : es ist zur Mozart-Stadt geworden und hat sich völlig dem Genius hingegeben, der als Phoebus Apollo im Olymp der Musik, in seiner Vaterstadt nunmehr nicht nur holde Geistesherrschaft führt, sondern ihrem ganzen Leben und Treiben Richtung gibt. Ihm zu Ehren erklangen und sollen in glücklicheren Zeiten wieder erklingen die ständig wiederkehrenden, die ganze Stadt in Atem haltenden Musikfeste, ihm zu Ehren wurde am 30. Oktober 1888 die große Mozart-Gemeinde in Salzburg gegründet, die, nach vielen Tausenden zählend, in der ganzen Kulturwelt zerstreut, mit idealer Begeisterung im Namen Mozarts seiner Kunst und allen auf die Musikpflege in seinem Geiste abzielenden Bestrebungen diente. Schritt für Schritt verfolgt auch heute noch diese Gemeinde, von hochgemuten Männern geführt, ihre edlen Zwecke und hat große Ziele erreicht  : Vor allem die Vollendung des M o z a r t h a u s e s , des würdigen Tempels, in welchem hinfort das Lob des deutschen Unsterblichen erklingen, in welchem »das Gedächtnis des Salzburger Olympiers in vielgestaltiger Form für alle Zeiten und von lokalen Zufälligkeiten unabhängig gepflegt werden soll, in dem für die regelmäßig abzuhaltenden M u s t e r a u f f ü h r u n g e n Mozartscher und anderer Meisterwerke entsprechend große und würdig ausgestattete Konzerträume geschaffen, die B i b 1 i o t h e c a 301 Zur Überlieferungslage dieses Textes vgl. die Anmerkungen im editorischen Anhang.

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M o z a r t i a n a , das Sekretariat mit seiner Auskunftstelle für M o z a r t f o r s c h u n g , das wertvolle A r c h i v und das ›Mozarteum‹ mit seiner M u s i k s c h u l e untergebracht, also nach jeder Richtung eine Zentralstelle für den Mozartkult geschaffen werden soll«. Der Bau steht, von einem echten Meister errichtet, seit August 1914 vollendet da und fügt sich mit den reizvollen Formen und Linien seines neubelebten Rokokostiles prächtig in seine kunst- und stimmungsreiche Umgebung. Der Architekt, Professor Berndl302 aus München, hat ein Werk geschaffen, dessen Kunstadel auf den ersten Blick gefangennimmt und ein Gefühl der Befriedigung erweckt über die Harmonie seiner Gestaltung an sich und in Beziehung auf den Genius loci. Seit dem Herbste 1914 ist das Konservatorium des Mozarteums im Mozart-Hause untergebracht und in überraschendem Aufblühen begriffen, wovon eine Schülerzahl, die an 700 heranreicht, Zeugnis gibt. Eine wertvolle Ergänzung der Schule, eine Krönung des musikalischen Unterrichtswesens, bilden die in Errichtung befindlichen Meisterkurse, die mit dem seit 1916 aktivierten Sommer-Gesangsseminar der unermüdlichen Gönnerin und Vorkämpferin des »Mozarteums«, der Kammersängerin Lilli Lehmann, einen verheißungsvollen Anfang nehmen. Für die Bibliothek werden Grundlagen zu einer entsprechenden Entwicklung geschaffen und mit einer Reihe gediegener, von erstklassigen Kunstkräften bestrittener Konzerte, die auch während des Krieges in jedem Sommer Einheimischen und Fremden künstlerischen Trost und Erbauung gewährten, sind die Keime zu einer ständigen Sommer-Konzertsaison in Salzburg gelegt. Ein weiteres großes Ziel erreicht und eine Ehrenpflicht erfüllt hat das »Mozarteum« im Sommer 1917 mit dem A n k a u f e d e s G e b u r t s h a u s e s M o z a r t s , in welchem ein reichhaltiges M o z a r t m u s e u m unter dem Patronate hervorragender Fachmänner und Kunstfreunde erstehen soll. So wären also vielfache A n s ä t z e z u r E n t f a l t u n g e i n e s r e i c h e n K u n s t l e b e n s i n S a l z b u r g gegeben, die aber noch eines a l l g e m e i n e n b e l e b e n d e n M e d i u m s bedürfen, welches imstande ist, s t e t s n e u e I m p u l s e z u g e ben, weite Kreise in den Bereich des Salzburger Kunstinteresses z u z i e h e n , und die stets i d e a l e Kunstpflege Salzburgs in jenem Geiste, der mit dem Kultus Mozarts über Salzburg schwebt, z u m A u s d r u c k e d e s b l ü h e n d e n ö s t e r r e i c h i s c h e n K u n s t l e b e n s ü b e r h a u p t z u g e s t a l t e n . Als ein solcher k ü n s t l e r i s c h e r M i t t e l p u n k t wäre ein F e s t s p i e l h a u s anzusehen, welches als e r s t e s u n d e i n z i g e s a u f ö s t e r r e i c h i s c h e m B o d e n in k u l t u r e l l e r und v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e r B e z i e h u n g von u n ü b e r s e h b a r e r B e d e u t u n g für die Entwicklung der Kunststadt Salzburg, des weiteren aber a u c h von größtem Einfluß auf die Hebung der österreichischen mu302 Richard Berndl (1875–1955), dt. Architekt, Lehrtätigkeit an der Königlichen Kunstgewerbeschule bzw. der Staatsschule für angewandte Kunst in München. Das Salzburger Mozarteum wurde 1910–14 nach seinen Plänen im Münchner Jugendstil errichtet.

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s i k a l i s c h e n u n d d a r s t e l l e n d e n K u n s t wäre und dort eine e u r o p ä i s c h e K u n s t z e n t r a l e schaffen könnte, in deren Banne sich vielleicht am ehesten und eindringlichsten d i e g e i s t i g e A n n ä h e r u n g d e r V ö l k e r E u r o p a s vollziehen könnte. Schon seit langem ist von Zeit zu Zeit an verschiedenen Stellen der Gedanke aufgetaucht, in S a l z b u r g ein Festspielhaus zu errichten. Die günstige geographische Lage, das herrliche Stadt- und Landschaftsbild, der ausgesprochen künstlerische Ortscharakter lassen diese Idee allenthalben als eine g e w i ß d u r c h f ü h r b a r e erscheinen und es besteht die große Wahrscheinlichkeit, daß es früher oder später auch tatsächlich irgendwie zur Errichtung eines solchen Festspielhauses kommen wird. In diesem Falle gebietet es nicht nur das Interesse der dem allgemeinen Empfinden so wertvollen Mozart-Tradition in Salzburg, sondern d a s I n t e r e s s e d e r d e u t s c h e n K u n s t ü b e r h a u p t , daß dieses Festspielhaus in seinen Tendenzen und in der Art seiner Leitung nicht idealen Zwecken der Salzburgischen Kunstpflege, die durch die Tätigkeit des Mozarteums bisher in so glücklicher Weise in Erscheinung getreten ist, zuwiderläuft, sondern daß vielmehr d i e E r r i c h t u n g u n d d e r B e trieb dieses Festspielhauses auf eine ideale Grundlage gestellt und mit der Betätigung reiner Kunstliebe, wie sie das Mozarteum pflegt, in Einklang gebracht werde. N u r w e n n d a s I n t e r e s s e d e r K u n s t , l o s g e l ö s t v o n allen geschäftlichen Erwägungen und ursprünglichen finanziell e n S c h w i e r i g k e i t e n und Ve r p f l i c h t u n g e n e i n z i g u n d a l l e i n d a s t r e i b e n d e M o t i v b i l d e t , k a n n d a s F e s t s p i e l h a u s z u e i n e m K u l t u rf a k t o r v o n b l e i b e n d e r h o h e r B e d e u t u n g w e r d e n . Aus vielen Gründen ist aber zu befürchten, daß die Festspielhausidee nach Schluß des Weltkrieges, wenn die Gründungs- und Unternehmungslust allseits üppig in die Halme schießen wird, von einer Seite aufgenommen werden könnte, welche die Verwirklichung der Idee vorwiegend aus rein materiellen Gründen ins Auge faßt und mit Hilfe spekulativer Kunstförderer durchführt.303 Eine geschäftliche Ausbeutung der Festspielhausidee hätte aber nebst anderen unleidlichen Begleiterscheinungen auch bald einen Raubbau an den künstlerischen Lebensquellen der Idee zur Folge, die dann leicht versiegen könnten. Hand in Hand damit ginge aber auch unfehlbar eine Diskreditierung der Idee und eine Schädigung aller künstlerischen Bestrebungen in der Mozart-Stadt. Um zu vermeiden, daß der Festspielhausidee ein solcher Ausgang gegeben werde, erscheint es notwendig, daß man sich schon heute mit der Festspielhausfrage beschäftigt und ihrer Durchführung eine Legitimierung gebe, die es verhindert, daß von unberufener Seite diese bedeutungsvolle künstlerische Frage aufge303 Dieser Satz ist ohne Zweifel eine Anspielung auf Max Reinhardt  ; vgl. dazu auch die Anmerkung im editorischen Anhang.

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griffen und in ihrer ethischen Entwicklung und fördernden Rückwirkung auf andere im Bereiche der Kunst, des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens liegende Fragen beeinträchtigt werde. Schon beim »Mozarteum« hat es sich in seinem bisherigen Entwicklungsgange gezeigt, w a s i d e a l e K u n s t 1 i e b e z u s c h a f f e n v e r m a g . Und in ähnlicher Weise, wie das neue Mozarthaus, müßte auch das Festspielhaus geschaffen werden. Hat sich das »Mozarteum« an einen relativ kleinen Kreis Kunstbegeisterter wenden können, s o f i n d e t d a s F e s t s p i e l h a u s e i n e n w e i t a u s g r ö ß e r e n I n t e r e s s e n t e n k r e i s . Es kann daher auch hier der ideale Weg, den die MozartGemeinden mit ihrer emsigen Werbe-, Sammel- und Propagandatätigkeit für das Mozarthaus und andere Mozarteumszwecke so erfolgreich beschritten haben, zum Ziele führen  ; zumal jetzt in der Schaffung eines solchen Kulturwerkes, wie es das Festspielhaus darstellt, auch der Gegensatz zwischen Kriegskapital und ethischen Forderungen der Friedenszeit einen teilweisen Ausgleich fände. Die vielseitigen und großen Aufgaben, denen, wie im Vorhergehenden dargelegt wurde, das Mozarteum (in Fragen der musikalischen Kunst wohl die berufenste Instanz in Salzburg) seine Tätigkeit zu widmen hat, müssen es als ausgeschlossen erscheinen lassen, daß dieses hochverdiente Institut seine Kräfte durch die Erweiterung seines Programms um eine so gewaltige Aufgabe, als welches sich die Schaffung eines Festspielhauses besonders in den gegenwärtigen Tagen darstellt, zersplittere. Andererseits aber i s t z w e i f e l l o s d i e Z e i t g e k o m m e n , w e l c h e d e n G e danken des Festspielhauses in konkrete Formen drängt. Von diesen Erwägungen ausgehend, hat sich bereits im Herbst 1916 ein Komitee gebildet, welches sich eindringlich mit der Festspielhausidee befaßte und nach Erledigung der behördlichen Formalitäten am 1. August 1917 in Wien den v o l l s t ä n d i g selbständigen, mit dem Mozarteum und den Mozart-Gemeinden in k e i n e m Z u s a m m e n h a n g s t e h e n d e n Ve r e i n » S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s - G e m e i n d e « g r ü n d e t e , * dessen Zweck es ist, durch eine u m f a s s e n d e We r b e - , S a m m e l - u n d P r o p a g a n d a t ä t i g k e i t d i e M i t t e l a u f z u b r i n g e n , u m i m We i c h b i l d e S a l z b u r g s e i n F e s t s p i e l h a u s z u e r b a u e n und einen Fond zu schaffen, der die dauernde Instandhaltung des G e b ä u d e s e r m ö g l i c h t . Hiedurch soll die Aufführung von g e i s t l i c h e n und w e l t l i c h e n Festspielen der m u s i k a l i s c h e n und d r a m a t i s c h e n K u n s t auf eine v o n m a t e r i e l l e n S c h w i e r i g k e i t e n t u n l i c h s t f r e i e G r u n d l a g e g e s t e l l t und die Entwicklungsmöglichkeit der Festspielhausidee von allem Anfang an gesichert werden. Diese Festaufführungen sollen stets zum Teil auch im vollen Sinne des Wortes als Vo l k s s p i e l e abgehalten werden, zu denen im Einvernehmen mit allen in Betracht kommenden Faktoren der Zutritt ausschließlich den minder bemittelten und mittellosen Schichten des Volkes aus Nah und Fern ermöglicht werden müßte. Unverbindlich in Aussicht genommen wird für den Bau ein Logentheater mit

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einem Fassungsraum von etwa 1600 Personen. In diesem Theater sollen Musteraufführungen, in erster Linie auf dem Gebiete der O p e r, stattfinden, dann aber auch M e i s t e r w e r k e d e r S c h a u s p i e l k u n s t zur Darstellung gelangen, g r o ß e O r a t o r i e n aufgeführt und zu gewissen Zeiten g e i s t l i c h e F e s t s p i e l e veranstaltet werden. In den Sommermonaten sollen erstklassige Bühnen (Hof- und Stadttheater) Oesterreichs und Deutschlands oder eigens zusammengestellte Ensembles unter der Leitung hervorragender künstlerischer Persönlichkeiten die weltliche Kunst pflegen, zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten sollen bedeutende und interessante Werke der geistlichen Kunst aus alter und neuer Zeit vorgeführt werden. Die Wiederbelebung alter Weihnachts- und Dreikönigsspiele, Aufführung von Weihnachtsoratorien, die Pflege der Passionskunst in Ton und Wort, Pfingstspiele u. a. kämen in dieser Beziehung in Betracht. – So würde mit angemessenen Pausen das ganze Jahr hindurch auf mannigfache Art das allgemeine Interesse für das Salzburger Festspielhaus in verschiedenen Kreisen rege erhalten, die große künstlerische Bedeutung des Hauses zur Geltung gebracht und s e i n a n r e g e n d e r u n d f ö r d e r n d e r E i n f l u s s a u f d a s K u n s t l e b e n u n d K u n s t s c h a f f e n O e s t e r r e i c h s , im besonderen dann natürlich auch Salzburgs, sichergestellt werden. Auch der v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e We r t d e s F e s t s p i e l h a u s e s m u ß b e t o n t w e r d e n , d e r n i c h t n u r i n l o k a l e r, s o n d e r n d a r ü b e r w e i t h i n a u s i n a l l g e m e i n e r B e z i e h u n g b a l d e r k e n n b a r s e i n w i r d . Man kann in erster Linie mit einer b e d e u t e n d e n H e b u n g d e s F r e m d e n v e r k e h r s in quantitativer und qualitativer Hinsicht rechnen (zum Vorteil der verschiedenen F r e m d e n i n d u s t r i e n , d e r L e b e n s m i t t e l p r o d u k t i o n , d e s Wo h n u n g s - , H o t e l s - u n d Ve r k e h r s w e s e n s )  ; Hand in Hand mit der Festspielsaison soll eine g r o ß e S o m m e r - K o n z e r t s a i s o n in Salzburg gehen, das O r c h e s t e r des Festspielhauses kann als Symphonieorchester Konzerte veranstalten (man spricht von der Erbauung modernen Stadtsäle mit Kurmusik und dergl. – Salzburg als komfortabler Nachkurort)  ; Kammermusik-, Solisten- und Chorkonzerte sind dadurch wesentlich erleichtert  ; d i e v i e l s e i t i g e B e t ä t i g u n g s m ö g l i c h k e i t w i r d d e m O r c h e s t e r e r s t k l a s s i g e M u s i k e r z u f ü h r e n , die dann zum Teil auch als L e h r e r a m M o z a r t e u m wirken könnten. Hervorragende Lehrkräfte, die Gelegenheit, Meisterwerke aller Gattungen der Ton- und Bühnenkunst in vorzüglicher Ausführung kennen lernen, die vielen anderen anziehenden Momente, die Salzburg zu einem angenehmen Aufenthaltsorte machen, werden auf das Schülermaterial besonders qualitativ günstig wirken, so daß die Möglichkeit gegeben sein wird, das Konservatorium des Mozarteums wesentlich zu erweitern und zu einer in seiner Art einzigen M u s i k h o c h s c h u l e  – nicht nur des Reiches und der deutschen Länder, sondern der Welt – auszubauen. E i n e s o l c h e S c h u l e w ä r e v o n u n s c h ä t z b a r e m We r t e f ü r d i e G e l t u n g ö s t e r r e i c h i s c h e r K u n s t und k ö n n t e S c h u l t e r a n S c h u l t e r m i t d e r v o n S a l z b u r g e r -

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s t r e b t e n U n i v e r s i t ä t i n S a l z b u r g 304 e i n e n e u e Z e n t r a l e d e s G e i s t e s l e b e n s M i t t e l e u r o p a s b e g r ü n d e n . Auch der Plan der Gründung einer K ü n s t l e r k o l o n i e im Bereiche des Festspielhauses ist aufgetaucht und soll nicht aus den Augen verloren werden. Die Realisierung aller dieser Entwicklungsmöglichkeiten und Pläne und zahlreicher anderer Projekte, die dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben Salzburgs im besonderen, Oesterreichs im weiteren einen mächtigen Aufschwung zu geben geeignet wären, kann durch das Festspielhaus mit einem Male in die Wege geleitet werden, w e n n a n e i n e r i d e a l e n D u r c h führung der Idee festgehalten, auf den ethischen Zusammenhang der verschiedenartigen Bestrebungen und Materien, die im Vo r h e r g e h e n d e n e r ö r t e r t w u r d e n , B e d a c h t g e n o m m e n w i r d u n d wenn alle in Betracht kommenden Kräfte zielbewußt und unbeirrbar zu einheitlichem Wirken gesammelt werden. D i e S p e n d e d e r F ü r s t e n u n d Vo r n e h m e n , d i e G a b e d e s K ü n s t lers und Bürgers, das Scherflein des einfachen Mannes, des Bauern und Arbeiters, sollen das Haus erbauen und seinen Bestand sichern, die Liebe zur Kunst bei Jung und Alt soll der Kunst eine würdige und wahrhaft ideale Heimstätte errichten in dem Salzburger Festspielhaus, welches Zeugnis davon ablegen soll, d a ß u n s e r K u l t u r b e w u ß t s e i n a u c h i m We l t k r i e g e u n d d a r ü b e r hinaus stark und tätig geblieben ist, welches aber auch einen führenden Anteil an dem Wiederaufbau zerstörten Geisteslebens und v e r n i c h t e t e r k u l t u r e l l e r B e z i e h u n g e n h a b e n s o l l . *) Der Sitz des Vereines ist in Wien, im Gebäude der k. k. Gesellschaft der Musikfreunde, I., Karlsplatz 6. In Salzburg besteht ein Zweigverein.

150. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Salzburg, am 8. November 1917. Lieber Freund  ! Obwohl ich Dir in den letzten Wochen wiederholt mitgeteilt habe, daß die vollständige Stagnation unseres Unternehmens nach meiner Meinung für das letztere sehr nachteilig ist, und außerdem meine persönliche Tätigkeit vollständig behindert, da 304 Eine Universität gab es in Salzburg in den Jahren 1622 (gegründet von Erzbischof Paris Lodron) bis 1810 (Salzburg fällt an Bayern). Erst 1962 wurde die Universität neu begründet, 1964 wurde der Lehrbetrieb wieder aufgenommen.

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ich ja die Arbeit für das Festspielhaus bei so unsicheren Aussichten nicht aufnehmen, anderseits aber auch im Mozarteum nicht an die Verwirklichung eines der mehreren schwebenden Projekte gehen kann, so habe ich doch von Dir kein Sterbenswörtchen über den Stand unserer Angelegenheit erlangen können und bin daher genötigt, nun schon seit Wochen den Standpunkt des Zuwartens einzunehmen, der natürlich sachlich nach jeglicher Richtung hin unvorteilhaft ist. Ich kann die Erklärung nur darin finden, daß Du mit anderen Geschäften sehr in Anspruch genommen bist und daher der Festspielhaus-Angelegenheit nicht die notwendige Zeit widmen kannst. Da nun aber vorläufig einmal Du der Träger der Idee bist (da Du meinen Rat, die Sache auf mehrere Schultern zu verteilen, nicht befolgtest), so ist Dein Verhalten für dieselbe richtunggebend, und ich muß aus diesem Verhalten die Konsequenz ziehen, daß ich rebus sic stantibus weiterhin nicht mehr mittun kann. Ich bitte Dich also zur Kenntnis zu nehmen, daß ich aus der Reihe der Projektanten für das Salzburger Festspielhaus austrete, und daß es daher für die Hauptleitung (wenn diese überhaupt weiterhin eine Tätigkeit entfaltet) notwendig ist, eine Persönlichkeit hier zu bestimmen, welche die Vorbereitungshandlungen für die Gründung des Salzburger Zweigvereines fortführt. Ich wende mich wieder der Tätigkeit im Mozarteum zu, wo es ja bekanntlich auch viel Verdienstliches zu wirken gibt, und ich möchte nicht, daß die jetzige gute Zeit, welche ja nur mehr ganz kurz währen wird, unbenützt vorüberzieht. Wie fruchtbar die jetzige Zeit für die finanzielle Basierung von Projekten ist, kann aus der Tätigkeit unseres Bürgermeisters ersehen werden, der vor etwa 3 Wochen die Idee der Errichtung eines Rainer-Denkmales305 aufgegriffen hat und heute schon einen Betrag von 110.000 K hiefür zusammengesammelt hat. Sollte die Festspielhaus-Gemeinde einmal in einem speziellen Falle meiner Mithilfe bedürfen, so stehe ich selbstverständlich immer gerne zur Verfügung. Meinen Entschluß bitte ich Dich, als bindend zu behandeln und der Hauptleitung mitzuteilen. Mit besten Grüßen Dein [Friedrich Gehmacher]

151. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzburg 18/11 17 Sehr geehrter Herr v. Lewicki  ! 305 Das Rainer-Denkmal wurde 1925 auf der Festung Hohensalzburg zur Erinnerung an das Salzburger Hausregiment Erzherzog Rainer Nr. 59 und dessen Gefallenen im Ersten Weltkrieg errichtet.

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Vor einigen Tagen hatte ich eine längere Unterredung mit Frau Lehmann  ; Gegenstand  : Festspielhaus  ! Wir begegnen uns in unseren Anschauungen vollständig  ; Frau Lehmann erblickt mit Recht in dieser Aktion eine Schädigung der Mozartgemeinde u. damit des Mozarteums u. drängt auf eine reinliche Scheidung der FestspielhausAktion vom Mozarteum. Sie forderte mich direkt auf, H. Gehmacher zum Rücktritt von der Leitung d. Mozartgemeinde zu veranlassen, da er nun einmal doch der Träger der ganzen Festspielhausidee ist. Ich sagte ihr, daß ich vor ungefähr 14 Tagen, geleitet von der selben Überzeugung, eine Sitzung der Mozartgemeinde verlangt und in derselben erklärte, es sei nach meiner Ansicht unmöglich, daß der eigentliche Träger der Festspielhaus-Idee noch weiterhin die Leitung der Mozartgemeinde beibehalte – eines von beiden müsse darunter leiden, in unserem Falle sei dies die Mozartgemeinde. Gehmacher erklärte, bei der Festspielhausgemeinde keinesfalls an leitender Stelle zu sein – damit gab man sich zufrieden u. die Mozartgemeinde wird weiter schlummern  ! Für mich ist es außerordentlich schwer, noch weiter zu gehen – ich brauche es Ihnen wohl nicht zu begründen, Sie kennen ja unsere im übrigen freundschaftlichen u. verwandtschaftlichen Beziehungen, ein persönlicher Konflikt würde sich sehr unangenehm in unserem Familienleben fühlbar machen.306 Ich bat daher Frau Lehmann sich in der Sache mit Ihnen zu besprechen, Sie werden gewiß Mittel und Wege finden, um diese Scheidung herbeizuführen  ; Präsident Dr. Sylvester ist bis Ende d. M. auch in Wien, vielleicht könnten Sie eine Besprechung mit ihm u. Fr. Lehmann herbeiführen, um die Situation zu klären. […] Bitte diesen Brief als streng vertraulich zu behandeln. Mit besten Grüßen Ihr ergebener Huttary

152. Friedrich Gehmacher an Ferdinand Scherber Salzburg, am 20. November 1917. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Der Signale-Artikel307 ist mir als langjährigem Abonnenten in der abgelaufenen Woche zu Gesicht gekommen. Wenn ich darauf nicht reagierte, so bitte ich den Grund darin erblicken zu wollen, daß ich mit einer gewissen Ängstlichkeit jede Verbindung des Festspielhausprojektes mit meiner vergänglichen Person zu vermeiden suche. Es 306 Josef Huttary (vgl. die Anm. in Dok. 19, R. v. Lewicki an L. Sedlitzky, 17.5.1916) ist der Schwager Friedrich Gehmachers. 307 Vgl. Dok. 147, F. Scherber  : Salzburgisches. In  : Signale für die Musikalische Welt 75 (1917), Nr. 43 (24. Oktober), S. 735–737.

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hat mich selbstverständlich sehr erfreut, daß Sie meiner Tätigkeit in einer so schmeichelhaften Art gedacht haben, mehr noch befriedigt es mich, daß hiebei das Projekt des österreichischen Festspielhauses eine günstige Beurteilung von so berufener und allseits geschätzter Seite erfahren hat. Die Verhältnisse haben sich ja ungünstig weiter entwickelt, daß in dieser Angelegenheit vorerst nichts zu machen ist. Aber der Gedanke ist nun einmal ausgesprochen und es lag mir sehr daran, daß dies auch außerhalb der Mauern Salzburgs einmal geschehe. Sie haben hiemit die Idee sehr gefördert und ich danke Ihnen herzlich hiefür. […] [Friedrich Gehmacher]

153. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an den Zweigverein in Salzburg Wien, am 6. Dezember 1917. Wir begrüßen die Gründung unseres Zweigvereines in Salzburg auf das Herzlichste und wünschen demselben ein kräftiges und schnelles Gedeihen  ! Möge unserem vereinten Streben nunmehr unser Ziel in naher Zeit erreichbar sein  ! Für die provisorische Leitung der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« der Obmann /Heinrich Damisch/ der Schriftführer /Mauriz Krumpholz/

154. Bernhard Paumgartner an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 8. Dezember 1917 Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Gestern war die konstituierende Sitzung der Festspielhausgemeinde in Salzburg. Direktor Gehmacher wurde, wie mir heute Prof. Huttary via Dr. Mussoni sehr betrübt mitteilte, zum Obmann gewählt. Direktor Gehmacher hat bei einer seinerzeitigen Sitzung der Mozartgemeinde mitgeteilt, daß er keine prominente Stelle in der Festspielhaussache einnehmen werde. Nun ist es aber doch anders gekommen und wahrscheinlich wird Ihnen ja Professor Huttary sowieso schreiben.

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[…] Nehmen Sie bitte meine herzlichsten Grüße Ihr ergebenster /Dr. Paumgartner/

155. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Wien, 12. Dezember 1917 Sehr geehrter Herr Kerber  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 10. Dezember. Leider teile ich sowohl in der Angelegenheit Gehmacher als in der Beiratssache nicht Ihre Ansicht. Gehmacher hat sich in der ganzen Festspielhaus-Sache in einer so hinterlistigen Weise benommen, dass es nach meiner Ansicht ganz unmöglich ist, mit ihm weiter zu arbeiten. Seit einem Jahre treibt er bewusste Obstruktion. Er verfolgt mit eiserner Konsequenz das Ziel, urbi et orbi zu zeigen, dass das Mozarteum ohne Festspielhaus unmöglich ist und wird alles daran setzen, um die finanziellen Verhältnisse des Mozarteums möglichst ungünstig zu gestalten. Er lässt die Mozartgemeinden einfach einschlafen und wird dieselben im geeigneten Moment der Festspielhaus-Gemeinde zuführen. Als Mitglied des Kuratoriums ist er in der Lage, in sämtliche Aktionen des Mozarteums genauen Einblick zu erlangen und dieselben, wenn möglich, der Festspielhausidee dienstbar zu machen. Wir haben also den Feind im eigenen Haus, den wir aber als Freund behandeln müssen. Wir würden uns einfach den Strick um den Hals legen lassen, und es hängt nur von Herrn Gehmacher ab, wann er denselben zuzieht. Und zuziehen wird er ihn im geeigneten Momente, denn er ist ein rücksichtsloser und unloyaler Mensch, der vor keinem noch so verwerflichen Mittel zurückschreckt, wenn es ihm Wasser auf seine Mühle treibt. Es gibt jetzt nichts anderes, als reinen Tisch zu machen und das besteht darin, dass man Gehmacher zum Rücktritte bewegt. Hätte der Mann einen Funken von Takt, so würde er seine unhaltbare Position selbst einsehen. Dies ist auch die Ansicht der Frau Lehmann. Sollte Gehmacher im Kuratorium bleiben, so würde ich Frau Lehmann die Proposition machen, das Kuratorium zu verlassen, welchem Beispiel ich folgen würde und hoffentlich auch diejenigen Mitglieder des Kuratoriums, welche von der Schädlichkeit Gehmachers überzeugt sind. Es hat gar keinen Sinn und Zweck, sich für ein Institut anzustrengen und Zeit zu opfern, welches nicht den Mut aufbringt, einen solchen Schädling zu entfernen

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und dadurch seine Zukunft zu sichern. Auch Präsident Dr. Sylvester, welcher mit Frau Lehmann und mir die ganze Gehmacher-Affäre gründlichst durchsprach, war der Ansicht, dass es für das Mozarteum unbedingt notwendig sei, dass Gehmacher gehe. Er hat sich auch bereit erklärt, Gehmacher diese seine Ansicht mitzuteilen. Außerordentlich verstimmt bin ich auch über die Unschlüssigkeit des Kuratoriums in der Beirats-Angelegenheit.308 Ich habe das Gefühl, dass ich das Vertrauen des Kuratoriums in dieser Sache nicht mehr besitze und ziehe mich daher von der ganzen Geburtshaus-Aktion zurück. Ich bedauere es sehr, dass ich mich einer solchen Blamage ausgesetzt und 14 der hervorragendsten Kapazitäten geworben habe, denen ich jetzt selbstverständlich privatim sagen muss, dass das Mozarteum es sich anders überlegt hat. Der richtige Weg wäre gewesen, dass der Beirat zusammentritt, sich konstituiert und aus seiner Mitte Delegierte seines Vertrauens wählt, welche nach Salzburg gefahren wären und dort das Arbeitsprogramm aufgestellt hätten. Ganz ausgeschlossen ist es aber, dass das Kuratorium 4 Mitglieder wählt und diese im Namen des Beirates nach Salzburg kommen, ohne von diesem ein Mandat zu haben. Wenn Sie, geehrter Herr Kerber, sich der Mühe unterziehen, die Liste des Beirates durchzusehen, so werden Sie finden, dass die einflussreichsten Personen und größten Fach-Kapazitäten in demselben sitzen, welche auch ihrem Rang und ihrer Bedeutung nach behandelt werden müssten. Ich war stolz, eine solche Kooperation zusammengebracht zu haben und ich glaube nicht, dass Sie einen zweiten Beirat in Österreich finden, der solche Namen und Männer aufzuweisen hat. Derselbe hätte aus dem Geburtshause ein Europäisches Kultur-Zentrum geschaffen. Wie immer siegten in Salzburg die Bedenklichkeiten und haben diese großzügige Aktion zum Scheitern gebracht. Ich glaube, dass das Mozarteum sich sehr geschadet hat, dass es in dieser Angelegenheit meinem Rate nicht gefolgt ist. Mir hat die Sache enorme Arbeit gemacht und wird mir insofern noch Arbeit machen, als ich jetzt bei den einzelnen Wiener Beiratsmitgliedern die Angelegenheit abwickeln muss, um mich aus der unverschuldeten Blamage zu bringen. Mit besten und herzlichen Grüßen Ihr ganz ergebenster Lewicki.

308 Beirat in der Angelegenheit der Erwerbung von Mozarts Geburtshaus.

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156. Rudolf von Lewicki an Bernhard Paumgartner Wien, den 13. Dezember 1917 Geehrter Herr Doktor  ! […] Die Affäre Gehmacher ist außerordentlich bedauerlich. Es ist für unsere Mozarteumsverhältnisse bezeichnend, daß Gehmacher im Stande ist, das Mozarteum seit 2 Jahren von einer Krise in die andere zu stürzen. Niemand bringt die notwendige Energie auf, um diesem Zustande ein Ende zu machen. Die organische Entwicklung des Mozarteums in künstlerischer und finanzieller Beziehung wird dadurch vollständig unterbunden. Bleibt Gehmacher im Kuratorium, so stelle ich der Zukunft des Mozarteums das ungünstigste Prognostikon. Dr. Sylvester versprach zwar seine Intervention, ob dieselbe aber erfolgen wird, weiß ich nicht. Gehmachers Handlungsweise ist einfach unerhört. Er ist ein Feind der Wahrheit, hinterlistig und scheut vor keinem Mittel zurück, wenn er seine Zwecke durchsetzen will. Die einzige Möglichkeit diese Sache zu sanieren, ist sein Austritt aus dem Kuratorium und dieser wird, das bin ich überzeugt, nicht erfolgen, wenn das Kuratorium nicht einen Druck auf ihn ausübt. […] Mit besten Grüßen Lewicki

157. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 14. Dezember 1917. Lieber Freund  ! Von L e w i c k i erfahre ich, daß Mussoni bei ihm war und ihm von der Gründung des Salzburger Zweigvereines sowie Deiner Wahl zum Obmann desselben, mithin künftigen Vizepräsidenten der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«, Mitteilung gemacht hat. Vor diese vollendete Tatsache gestellt, ist in Lewicki der alte furor lehmannicus erwacht und er brütet schwarzes Unheil. Seine durch Mitteilungen aus Salzburg verstärkte Überzeugung geht dahin, daß Du nunmehr alles daran setzen werdest, in Deiner Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied die Tätigkeit des Mozarteums durch Obstruktion und passive Resistenz lahm zu legen und die Mozart-Gemeinden vollkommen in das Fahrwasser der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« hineinzulenken. Es sei hier ein krasser Inkompatibilitätsfall gegeben und er bereitet angeblich einen Protest vor, den die Lehmann-Partei zu unterfertigen hat, worin Dein Rücktritt von der Stelle des Zentralvorstehers der

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Mozartgemeinden gefordert wird, widrigenfalls die ganze Lehmann-Partei ihren Austritt anmelden würde. Ich weiß nicht, ob er diesen Plan ausführen wird, oder ob er sich mit der Zeit wieder beruhigen kann, jedenfalls teile ich Dir die Sache mit, damit Du vorbereitet bist. Hiebei möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß Lewicki hauptsächlich durch fortwährende gegen Dich gerichtete Berichte aus Salzburg aufgereizt wird, die ihm natürlich die Basis für seine Angriffslust geben. Ich halte es für sehr bedauerlich, daß in einem so kleinen Kreise wie in dem der Salzburger Intelligenz für derlei Quertreibereien gegen eine fraglos so hoch verdiente Persönlichkeit wie Du und eine in jeder Beziehung so eminent hervorragende Sache wie der Festspielhaus-Plan Zeit, Lust und Platz zu finden ist. Loyaler und überzeugender, als Du es getan hast, konnte die Sache nicht eingeführt werden, und wenn jetzt Empfindlichkeiten und Eitelkeiten irritiert sind, dann müssen es die betreffenden Herren eben ihrem eigenen ablehnenden Verhalten zuschreiben. […] – Ich hoffe, daß im Laufe der nächsten Woche mein Redaktionskerker geöffnet werden wird, da ich heute mit dem Kollegen, dessen Arbeit ich neben meiner seit 10 Wochen zu besorgen hatte, gesprochen habe, wobei er mir versicherte, daß er zu Beginn der nächsten Woche wiederum erscheinen und Dienst machen werde. Dann werde ich der Festspielhaussache auch in Wien den kräftigen Anstoß geben, den sie braucht. Vorläufig teile ich Dir mit, daß die Statuten des Hauptvereins am Montag, den 10. d. bei der Statthalterei überreicht wurden und daß ich gestern die Verständigung erhielt, ich möge am 3. oder 4. Jänner persönlich in der Statthalterei erscheinen. An Wetzler309 habe ich bereits geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Die Werbetätigkeit macht immerhin auch Fortschritte. Vor mehreren Tagen habe ich auch durch die Militärkanzlei eine offizielle Mitteilung von dem Bestande und den Zielen des Vereines unter Beilegung der Statuten, des Aufrufes, eines Exemplares des »Merkers« und der Berliner »Signale« an den Kaiser gelangen lassen und hoffe, demnächst von dort ein paar aufmunternde Zeilen zu erhalten, die zur Agitation von Wert sein werden. Auch mit Prinz Alexander von Thurn und Taxis habe ich gesprochen  ; er wird die Präsidentschaft des Vereines übernehmen. – Ich beabsichtige übrigens am Samstag den 22. abends nach Salzburg zu fahren und über die Feiertage dort zu bleiben. Da werden wir alles ausführlich besprechen können. Wenn ich nächste Woche Bewegungsfreiheit bekomme, werde ich vor allem die Werbetätigkeit sehr intensiv betreiben und betreiben lassen. Wenn dann anfangs Jänner die Statuten des Hauptvereins genehmigt sind, gründe ich den Hauptverein und lasse sofort die Generalversammlung der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« ausschreiben, sodaß die ganze Organisation Ende Jänner funktionieren kann. – Ich möchte Dich bitten, uns sobald als möglich Mitteilung über den Verlauf der gründenden Hauptversammlung des Zweigvereines in Salzburg und das Ergebnis der 309 Bernhard Wetzler  ; vgl. die Anm. in Dok. 131 (F. Gehmacher an H. Damisch, 3.9.1917).

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vorgenommenen Wahlen sowie über sonst Wissenswertes zukommen zu lassen. Ich werde Dir jetzt auch eine Anzahl von Aufrufen mit der Post zusenden, da ich glaube, daß sie als Agitationsmittel ganz gut verwendbar sind. – Wir haben jetzt bereits unser eigenes Postsparkassenkonto und ich sende Dir einen Erlagschein mit, damit Ihr dasselbe in Vormerkung nehmen könnt. Mit herzlichen Grüßen an Dich und Deine werten Angehörigen und auf hoffentlich baldiges Wiedersehen sich sehr freuend Dein /Damisch/

158. Arthur Schey an Friedrich Gehmacher Wien 14. December 1917 Geehrter Herr Gehmacher  ! Von Herrn Damisch wurde mir mitgetheilt, daß Sie aus Anlaß der Tätigkeit, welche Sie für die »Salzburger Festspielhausgemeinde« in so hervorragender Weise entwickeln, nunmehr Unannehmlichkeiten ausgesetzt sind, die insbesondere von gewisser Seite gegen Ihre Person gerichtet sind. – Dies veranlaßt mich, und ich spreche hier auch im Namen sämmtlicher Herrn die dem hiesigen vorbereitenden Comité angehören, Sie zu bitten, sich durch derlei Vorkommnisse von dem Ziele, das Sie sich gesetzt und für das Sie schon eine ersprießliche Tätigkeit entfaltet, nicht abbringen zu lassen und ungeachtet weiter zu arbeiten. Es ist ja ein alter Erfahrungssatz, daß bei uns glückliche Ideen durchgekämpft werden müssen und dies wird auch bei der »Salzburger-Festspielhaus Gemeinde« der Fall sein. – So weit es in unseren Kräften liegt, werden wir Sie, geehrter Herr Gehmacher, unterstützen und an der Verwirklichung des gefaßten Planes fest arbeiten. Hoffen wir, daß der doch in Aussicht erscheinende Friede uns unserem Ziele etwas nähert. Schon vorige Woche wurden die Statuten des hiesigen Vereines der Statthalterei zur Genehmigung vorgelegt und werden |wo[h]l| in kurzer Zeit dieselbe erhalten. Dann muß eben tüchtige Werbearbeit einsetzen. Hoffen wir, daß dieselbe vom besten Erfolge begleitet ist – Genehmigen Sie den Ausdruck besonderer Wertschätzung Ihres ergebenen Dr. Schey

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159. Friedrich Gehmacher an Arthur Schey Salzburg, am 21. Dezember 1917. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Für Ihr freundliches Schreiben vom 14. d. M. sage ich Ihnen besten Dank und versichere Sie, daß ich mich durch die Quertreibereien des Herrn von Lewicki und Cons.[orten] in meinen Bestrebungen nicht irre machen lasse. Es ist mir unverständlich, daß sich die Oppositionspartei derartig in ihre, jeglicher sachlichen Grundlage entbehrenden Gegnerschaft einlebt, daß sie es bis zur persönlichen Bekämpfung kommen läßt. Das Projekt, ein österreichisches Festspielhaus in einer durch Tradition, Lage, Fremdenbesuch etc. einzig geeigneten Stadt des Reiches zu errichten, soll doch jedem Vaterlandsfreund zu Herzen gehen, und tatsächlich findet man ja auch überall, wo man davon spricht, freudige Zustimmung. Nur die paar Leute, die sich einbilden, in ihrer Tätigkeit für das Mozarteum durch unser Projekt behindert zu werden, wollen absolut nicht von ihrem Oppositionsstandpunkte ablassen. Ich habe es aufgegeben, sie zu bekehren, es wird von selbst die Zeit kommen, in der sie ihr Unrecht einsehen werden. Meine Mitarbeiter aber möchte ich bitten, alles daran zu setzen, um bald zu einem Erfolg zu gelangen, der den Gegnern zeigt, daß die Hoffnungen, die wir in unsere Sache setzen, berechtigt sind. Mein Freund Damisch war durch längere Zeit von jeglicher Tätigkeit abgehalten. Da er die Sache in Wien zu sehr auf seine Person eingestellt hat, ist infolgedessen noch nicht allzu viel zur Verwirklichung unserer Pläne geschehen. Wir müssen aber trachten, fürs erste eine größere Anzahl von Mitgliedern und dann auch einige zahlende Spenden zu erlangen, denn mit dem Wunsche allein ist es nicht getan. Die Untätigkeit gibt unseren Gegnern Anlaß zu Spötteleien und schafft überdies direkten Schaden, wie wir bei einem sehr geeigneten Bauplatz, der vor einem Jahr noch zu haben gewesen wäre, heute aber gänzlich unerhältlich ist, erfahren mußten. Herr Doktor würden der Sache einen unendlichen Dienst erweisen, wenn Sie auf ein rascheres Tempo in den Vorbereitungshandlungen und auf alsbaldige Aufnahme einer Werbungsarbeit (innerhalb der durch die äußeren Verhältnisse gezogenen Grenze) dringen würden. Schließlich hängt auch die Verwirklichung des ganzen Festspielhaus-Projektes nur von der Intensität unserer Agitationsarbeit ab, denn es handelt sich jetzt nur um die Aufbringung eines größeren Zweckvermögens, die Ausführung des Projektes ist dann durch nichts mehr behindert. Die gleiche Geldsumme kann aber in 2 wie in 20 Jahren aufgebracht werden, wenn nur der Agitationsapparat entsprechend funktioniert. Wir in Salzburg haben schon unsere Tätigkeit aufgenommen, natürlich können wir allein das Erfordernis nicht aufbringen. Wenn aber Wien ordentlich mithilft,

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dann wird sich der Erfolg bald einstellen und früher, als man allgemein annimmt, werden wir zur Ausführung unseres herrlichen Planes kommen. Nochmals für Ihre liebenswürdigen Worte herzlichen Dank und mit vereinten Kräften ans Werk. [Friedrich Gehmacher]

160. Johannes Eckardt  :310 »Ein Festspielhaus in Salzburg« S a l z b u r g , am 24. Dezember [1917] Wenn wir zurückschauen, was aus der am 30. Oktober 1888 in Salzburg gegründeten Mozartgemeinde wurde, so dürfen wir mit Genugtuung feststellen, daß all die Opfer und Mühen nicht vergeblich gebracht wurden. Dabei denken wir zunächst gar nicht an die vielen Mozartgemeinden, die sich inzwischen in vielen Städten Oesterreichs und Deutschlands bildeten, wiewohl sie der Grundstock wurden, auf dem sich dann die Möglichkeit, ein großes Mozarthaus in Salzburg zu errichten, aufbaute. Unsere Gedanken sind zunächst auf das Mozarteum selbst gerichtet. Unmittelbar vor Kriegsausbruch gelang es, den ebenso prächtigen als praktischen Bau des Münchner Künstlers Berndl fertig zu stellen. Schon damals legten wir dar, daß nun die äußere Form für eine große Sache gegeben wäre und die nächste Aufgabe der Zukunft darauf gerichtet sein müßte, dieser genialen Form auch den entsprechenden Inhalt zu geben. Der Ruf des Mozarteums ist dank der internationalen Verehrung, die von der gesamten gebildeten Welt seinem Heros gezollt wird, und nicht zuletzt dank der unermüdlichen Tätigkeit so mancher Mozartgemeinden ein allgemeiner und angesehener. Allerdings ist dieser Ruf den wirklichen Tatsachen erheblich vorausgeeilt. Das Konservatorium des Mozarteums ist noch ein gutes Stück von jenem Ziele entfernt, das so manche schon erreicht wähnen. Dabei anerkennen wir unumwunden die tüchtige Arbeit, die bisher geleistet wurde. Aber jenes Konservatorium, von dem immer gesprochen wurde und das die wahren Freunde des Institutes erhoffen, ist noch nicht erreicht. Man hat sogar während des Krieges versucht, in diesem Sinne die strebsame Anstalt auszubauen. Bedeutende Lehrkräfte wurden verpflichtet  ; in den Sommermonaten wurden Lehrkurse abgehalten, deren Leitung einer Meisterin, wie es Frau Lilli Lehmann ist, oblag, die Mozartforschung wurde gefördert, das Mozartarchiv ausgebaut usw. 310 Johannes Eckardt (1887–1966), Literaturwissenschaftler, Kritiker, Autor und Publizist mit katholischem Hintergrund. Bibliothekar des Universitätsvereins Salzburg, ab 1913 Herausgeber der Zeitschrift Über den Wassern, die im Ersten Weltkrieg in der Zeitschrift Der Gral aufging.

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Will man aber das Konservatorium über eine lokale tüchtige Musikschule zu einem internationalen Institute in die Höhe arbeiten, dann wird es nötig sein, über den jetzigen Rahmen weit hinauszugehen. Zunächst wird man sich dabei über den Stil des ganzen Projektes klar werden müssen. Es genügt nicht, daß man bald nach jener, bald nach dieser Richtung herumexperimentiert. Der Name Mozart legt Pflichten auf, die ein anderes Institut vielleicht nicht vorgezeichnet findet. Das Konservatorium, das wir für Salzburg erhoffen, muß die charakteristische Eigenart des Mozart­ stiles haben. Wer nur etwas in der Kunstgeschichte, nur etwas in der Musikgeschichte orientiert ist, weiß, was damit gesagt sein soll. Je bestimmter das Konservatorium den Stil Mozarts ausprägt, desto fester verankert es seine Daseinsberechtigung. Das moderne Kunstleben weist auch auf dem Gebiete der Musik nur zu sehr jene Zerfahrenheit, jene Unorientiertheit, jene Zufälligkeit auf, die eine organische Kunstentwicklung behindern. Diese Charakterlosigkeit moderner Kunst ist der typische Ausdruck für die Charakterlosigkeit unserer Zeit überhaupt. Es will scheinen, als ob in den letzten Jahren den Besten diese Hilflosigkeit der Moderne zum Bewußtsein gekommen wäre  ; hervorragende Künstler und Kunstgelehrte haben das Wort ergriffen und die Notwendigkeit betont, aus diesem Labyrinth des Individualismus, der sich selbst verlor, weil er nur sich selbst suchte und nur auf sich selbst baute, herauszukommen. Auf dem Gebiete der Musik hat ja nicht nur Weingartner311 den Ruf »Zurück zu Mozart  !« immer wieder laut werden lassen. Dieses erwachte Bewußtsein, dieser laut gewordene Notschrei sollte dem Mozarteum den Weg weisen. Sein Konservatorium müßte der Kunst Mozarts im engeren und weiteren Sinne den Weg bahnen  ; es müßte die organische Entwicklung des Wesens der Kunst Mozarts fördern, den Stil ausbauen, den der unerreicht Große in unübertrefflicher Weise aufriß und der – wenn er auch allgemein nicht mehr allen zu Bewußtsein kam — doch seine organische Fortsetzung fand. Von Salzburg aus müßten die Künstler dieser Kunst ihren Weg finden lernen. Die Heranbildung ihrer Opern- und Konzertkräfte müßte von hier aus ermöglicht werden. Wie wenige Sänger und Sängerinnen können heute noch Mozart singen  ! Was hat die Wagner-Schulung gerade hierin verdorben  ! Um jenes Ziel in Salzburg erreichen zu können, wird es auf die Dauer nicht angehen, auf eine Bühne zu verzichten, die eine praktische Schulung dieser jungen Schüler ermöglicht. Wir haben es immer bedauert, daß die Oper aus Salzburg verbannt bleibt. Es wäre denn doch möglich eine Verbindung zwischen Mozarteum und dem Salzburger Stadttheater herzustellen, um eine Art Probebühne zu schaffen, auf der Mozarts Kunst gepflegt würde. Eine entsprechende Opernschule des Mozarteums könnte unser Theaterleben befruchten  ; durch sie müßte es gelingen, das Werk Mozarts auf unserer Bühne lebendig zu machen. Diese Opernschule würde nicht nur dem Konservatorium zugute 311 Felix Weingartner (1863–1942), österr. Dirigent, Komponist, Pianist und Musikschriftsteller.

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kommen, sondern auch dem künstlerischen Leben der Stadt Salzburg, das nicht allzu hoch steht, eine unabsehbar große Anregung geben. Nicht unschwer ließe es sich erreichen, daß die Salzburger Bühne auf diese Weise den Ruf bekäme, hier könne man Mozart in vorbildlicher Weise hören. Von Salzburg aus würden dann die Künstler ihren Weg finden, und so könnte Salzburg in diesem Sinne das gesamte Kunstleben befruchten. In Verbindung mit dieser Ausbildung von Sängern und Sängerinnen Mozarts könnte am Konservatorium des Mozarteums eine Institution geschaffen werden, die der stilvollen Inszenierung der Mozart-Opern ihr Augenmerk zuwendete. Seit Jahren bemüht man sich ja, mit dem Plunder der kunstlosen Theaterdekorationen aufzuräumen. Die besten Künstler streben darnach, den Stil zu finden, der uns nun einmal auch auf diesem Gebiete verloren ging. Dabei hat man endlich sich zu der Ueberzeugung durchgerungen, daß die stilvolle Einfachheit den künstlerisch entsprechenden Ausdruck nur fördert. Ueber die inhaltsleere, sensationelle »Ausstattung«, die wir seit Jahrzehnten mit uns schleppen, ist man ja doch schon zur Tagesordnung übergegangen. Heute weiß man, daß z. B. auch die Kunst Mozarts auf der Bühne, was die Inszenierung und Ausstattung anlangt, ihren Stil fordert. Ihn zu finden, ist gewiß nicht leicht und verlangt unausgesetzte Mühe und Versuche. Salzburg könnte auf dem angedeuteten Wege diesen Versuch machen. Er käme schließlich unserem Theater, das – was Ausstattung anlangt – kaum bescheidene Ansprüche befriedigt, auch zugute. Aber noch mehr  : so wie die Opernschule an sich vorbildlich werden könnte, so sollte auch die Salzburger Inszenierung der Opern Mozarts als ein Ideal sich durchsetzen. Anschließend daran könnte an die Schaffung eines Mozarteums-Orchesters gedacht werden, das im selben Stile denselben Aufgaben gerecht werden müßte. Die Kosten für ein solches Orchester ließen sich ja z. B. nicht unschwer durch die Einhebung einer Fremdentaxe erreichen  ; die Fremden würden wie in anderen Orten nicht ungern diesen Betrag leisten, wenn ihnen dafür ordentliche Konzerte geboten würden. Man weiß ja, wie allgemein im Sommer von den Tausenden Fremden gleich den Einheimischen geklagt wird, daß Salzburg, von den Herrlichkeiten der Natur abgesehen, so wenig bietet. Der Fremdenstrom würde dann viel leichter in der Stadt festgehalten werden, was wirtschaftlich schließlich für die Stadt und ihre Geschäftsleute einen kaum ausdenkbaren Nutzen bedeutete. Alle diese Ueberlegungen finden eigentlich ihren notwendigen Abschluß in dem schon seit Jahren wiederholt geäußerten und nun seit dem Vorjahre konkreter gewordenen Plan, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten. Die Festspielhausidee überhaupt geht in ihren Wurzeln weit zurück in die Geschichte des Theaters. Schließlich waren die kultischen Aufführungen des Altertums auch eine Form solcher Festspiele  ; und die mittelalterlichen Passionen stehen dem Gedanken sicherlich auch nahe. Seit Richard Wagners Bayreuther Versuch tauchte

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die Festspielidee in dieser oder jener Form bald hier bald dort wieder auf. Bar­tels312 bemühte sich, in Weimar ein Festspieltheater zu bauen, das der deutschen Jugend jährlich die Klassiker spielen sollte  ; Freilichtbühnen, Naturtheaters wurden gegründet. Festspielaufführungen an den großen Bühnen in München, Wiesbaden, Karlsruhe u. a. inszeniert. Es mag sein, daß bei diesen Bestrebungen mitunter auch geschäftliche Spekulation den nächsten Anstoß gab. Jedenfalls steckt hinter der begeisterten Aufnahme, die der Gedanke fand, bewußt oder unbewußt, der innere Protest, mit dem die Besten unseres Volkes ihr Wort gegen das Theater von heute erheben wollen. Mag dem im einzelnen Falle sein wie es will. Bayreuth hat auf das kulturelle Leben des deutschen Volkes unabsehbare Wirkungen, und man mag zu dem Werke Wagners stehen wie man will, vor dieser Tatsache kann man die Augen nicht verschließen  ; es erreichte dies in erster Linie deshalb, weil die Bayreuther Idee über den geschäftlichen Urgedanken hinausging und gleichsam als ein Programm in die Erscheinung trat. Wenn wir nun von der inneren Bedeutung Mozarts für die Zukunft unseres Kunstlebens überzeugt sind, so werden wir einem Salzburger Festspielhaus, das den Gedanken Mozarts im weitesten Sinne zur Wirklichkeit formen möchte, innere Berechtigung und unabsehbar weite und tiefe Wirkungsmöglichkeit nicht absprechen können. Was das Mozarteum im oben dargestellten Sinne praktisch für das Kunstleben der nächsten Zukunft arbeiten könnte, das würde durch ein Salzburger Festspielhaus sozusagen in der Idee festgehalten werden. Salzburg hätte vor Bayreuth vieles voraus. Es mag ja immerhin pietätvoll wirken, an jener Stätte Festspiele zu hören, wo der große Meister seine Tage verlebte. Aber Bayreuth an sich ist nichts weniger als ein Ausdruck Wagners. Wie ganz anders Salzburg  ! Diese ebenso lieblich naive als romantisch spukhafte Stadt, in der entzückendste italienische Sonnigkeit sich einschlich und das deutsche Wesen durchdrang, in der die Vergangenheit von Jahrhunderten heute noch lebt, so lebendig, daß man oft den Atem stillehalten möchte, um den Traum verrauschter Zeiten nicht zu stören, dieses Salzburg hat Stunden, in denen man meinen könnte, Mozart müßte aus der Domkirche treten oder in die alte Hofapotheke stolzieren oder über den Hagenauerplatz stöckeln. Ich kann mir keine Stadt denken, wo man schon nach ein paar Tagen so das Bedürfnis fühlte, Mozarts Weisen zu hören, wie gerade Salzburg. Und deshalb käme in dieser wundervollen Stadt die Festspielidee an sich, wäre sie gebunden an die Kunst Mozarts, in einer Weise zur Verwirklichung, wie sie anderswo kaum erreichbar sein dürfte. Schon deshalb glaube ich, daß sich das Salzburger Festspielhaus bald durchsetzte  ; es würde wohl rasch ähnliche Erfolge wie Bayreuth gewinnen. 312 Adolf Bartels (1862–1945), dt. Journalist, Literaturkritiker und -wissenschaftler sowie Schriftsteller der Heimatkunstbewegung, entschieden antisemitische und deutsch-nationale Gesinnung.

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Und welche Möglichkeiten böten sich  ! Die Festspiele müßten ja nicht nur Opern, Symphonien umfassen  ; sie sollten auch geistlichen Aufführungen dienen  ; ja auch das bloß gesprochene Wort könnte vollauf zur Geltung kommen. Die Idee der Kunst Mozarts ist wahrlich umfassend und groß genug, um in Einseitigkeit nicht stecken bleiben und – wie schließlich Bayreuth – unproduktiv werden zu müssen  ! Es wird sich noch Gelegenheit geben, näher auf die Aufgaben dieses Festspielhauses eingehen zu können. Heute genügt es, wenn die Idee aus sich heraus als durchaus berechtigt und für die Kunstentwicklung des deutschen Volkes von größter Bedeutung erwiesen wird. Denn schließlich wird man die Schwierigkeiten, die sich auftun werden, nur überwinden, wenn man von der Idee an sich aus für diesen genialen Plan eintritt. Mit großer Genugtuung begrüßen wir daher, daß sich im Herbst 1916 in Wien ein Komitee mit den ersten Vorarbeiten für jenen Verein befaßte, der am 1. August 1917, unabhängig vom Mozarteum und den Mozartgemeinden, als »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« sich konstituierte. (Sitz in Wien I., Karlsplatz 6.) Bis heute erfuhr man über die Ergebnisse der Vorarbeiten noch wenig. Es ist daher wohl am Platze, aus dem »Merker« einige informierende Sätze hier wiederzugeben, die Heinrich Damisch, der der neuen Gemeinde wohl nahesteht, dort im November veröffentlichte.313 […] Wir sehen den weiteren Arbeiten der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« mit größtem Interesse und aufrichtiger Sympathie entgegen. Wir hoffen, daß sich um diese Gemeinde bald Tausende voll opferfreudiger Begeisterung scharen und sich unser edles Kaiserpaar – das ja bekanntlich allen musikalischen Bestrebungen besonderes Interesse entgegenbringt – an die Spitze dieser Vereinigung stellen wird, damit in absehbarer Zeit dem Heros Mozart in seiner Vaterstadt ein Festspielhaus erstehen kann, das nicht zuletzt auch der Zukunft unserer Kunst eine Stätte des Segens werden sollte.

313 Vgl. Dok. 149 (H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg. In  : Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater 8, Teil IV [1917], H. 21 [November], S. 709–713). In der hier nicht wiedergegebenen Passage zitiert Eckardt daraus den Absatz »Der Zweck der Gemeinde ist, durch eine umfassende Werbe-, Sammel- und Propagandatätigkeit die Mittel aufzubringen, […]« bis »[…] Die Wiederbelebung alter Weihnachts- und Dreikönigsspiele, Aufführung von Weihnachtsoratorien, die Pflege der Passionskunst in Ton und Wort, Pfingstspiele u.a. kämen in dieser Beziehung in Betracht.«

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161. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 27. Dezember 1917. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Von mehreren Seiten wird mir mitgeteilt, daß Herr von Lewicki die Absicht hätten, aus dem Ausschusse der Mozartgemeinde auszutreten, und daß Frau Kammersängerin Lehmann sich mit dem Gedanken trage, die Ehrenpräsidentenstelle zurückzulegen. Da für diese Entschließung jedenfalls der Umstand maßgebend ist, daß ich bisher meine Vorsteherstelle nicht zurücklegte und nicht aus dem Kuratorium des Mozarteums austrat, so beehre ich mich, mitzuteilen, daß ich jeden Augenblick bereit bin, meine Funktion im Mozarteum zurückzulegen. Ich habe dies bisher nur aus dem Grunde unterlassen, weil Dr. Mussoni und Dr. von Peyrer es als im Interesse des Mozarteums gelegen betrachteten, wenn ich nicht zurücktrete und wenn ein anderer Ausweg zur Vermeidung eines Konfliktes gefunden wird. Ich bin überzeugt, daß es einen anderen Ausweg nicht gibt, und da das Interesse des Mozarteums ein Opfer zu verlangen scheint, so erkläre ich wiederholt, daß ich jederzeit bereit bin, aus dem Kuratorium auszutreten, und daß ich nach keiner Richtung hin aus meinem Rücktritte Konsequenzen ziehen werde. Mein Rücktritt soll nur die Interessen des Mozarteums fördern, so wie ich auch glaube, durch die Verfolgung des Festspielhausprojektes dem Mozarteum einen großen Dienst zu erweisen, wenn auch augenblicklich die Sachlage nicht dafür zu sprechen scheint. Jedenfalls möchte ich auch an Ihr Gefühl für das Mozarteum appellieren und Sie ersuchen, Ihren Rücktrittsgedanken zurückzustellen und auf einen der beiden Herren einzuwirken, daß sie mir wegen meines Austrittes keine Schwierigkeiten bereiten. Die Vereinigung der Obmannstelle der Mozartgemeinde und der FestspielhausGemeinde in einer Person halte ich unter den gegenwärtigen Verhältnissen selbst für untunlich. Eine Änderung in dieser Beziehung müßte beim Mozarttage unbedingt eintreten. Ich empfehle mich hochachtungsvollst [Friedrich Gehmacher]

162. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, den 29. Dezember 1917. Euer Hochwohlgeboren  ! Ich bestätige den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 27. d. M.

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Ich bin in größter Verlegenheit dasselbe zu beantworten, da der Tenor desselben eigentlich die an mich gestellte Frage ist, ob Frau Lehmann und ich aus Ihrem Bleiben im Kuratorium Konsequenzen ziehen werden oder nicht. Beantworte ich die Frage mit ja, so könnte diese meine Antwort mit einiger sicher nicht ausbleibender übelwollender Nachhilfe dazu benützt werden, um die falsche Meinung zu verbreiten, Frau Lehmann und ich hätten von Euer Hochwohlgeboren Ihren Austritt aus dem Kuratorium verlangt. Antworte ich mit nein, so würde ich damit sagen, daß ich Ihr Verbleiben im Kuratorium für das Mozarteum als förderlich oder zumindest nicht schädlich halte, was leider nicht der Fall ist. Ich habe meine Ansicht über die Festspielhausaktion in zahllosen Gesprächen, Briefen etc. dargelegt  ; ich halte diese Aktion für das Mozarteum für äußerst schädigend und an den Lebensnerv desselben rührend. Ich will die künstlerische Schädigung der künftigen Salzburger Mozartfestspiele nicht nochmals ausführen, diese scheint ja bei der Festspielhaus-Aktion, die immer mehr als rein geschäftliche Sache in Erscheinung tritt, von den Leitern dieser Aktion gar nicht berücksichtigt zu werden. Ich will nur die materielle Schädigung des Mozarteums feststellen, die doch kein klar Denkender leugnen kann. Die Mozartgemeinde ist im wesentlichen ein Propaganda-Instrument des Mozarteums, welches die notwendigen Gelder für die praktischen und ideellen Mozarteumszwecke herbeischaffen soll. Euer Hochwohlgeboren sind Chef der Mozartgemeinde und jetzt auch Chef der ganzen Festspielhaus-Aktion. In der Wiener Festspielhaus-Gemeinde wird letzterer Umstand in keiner Weise geleugnet. Als Obmann der FestspielhausGemeinde wenden Sie – wie es auch Ihre Pflicht ist – alle Mittel an, um der Festspielhaus-Gemeinde Gelder zuzuführen. Jede Propaganda für eine Geldbeschaffung für das Mozarteum wird absolut aufhören. Beweis dessen, daß Sie die Tätigkeit der Mozartgemeinde – ob mit oder ohne Absicht, will ich nicht näher erörtern – seit 1½ Jahren direkt lahmgelegt, jede noch so geringfügige Aktion für das Mozarteum unter Hinweis auf das kommende Festspielhaus abgelehnt haben. Euer Hochwohlgeboren wollten dadurch alle Gegner der Festspielhaus-Idee unter das Caudinische Joch der Mitarbeit an der Festspielhaus-Aktion drängen. Diese Verhältnisse werden sich jetzt nicht bessern, sondern noch wesentlich zu Ungunsten des Mozarteums verschärfen. Euer Hochwohlgeboren wurden von einigen Ihnen nahestehenden Seiten auf die Incompatibilität der Festspielhaus-Aktion mit unserer normalen Tätigkeit für das Mozarteum aufmerksam gemacht und erklärten verschiedenemale (z. B. im Schulausschusse), daß Sie nicht daran denken, in der Festspielhaus-Aktion eine leitende Stellung einzunehmen. 14 Tage darauf werden Euer Hochwohlgeboren zum Obmann gewählt  !  ! Wie sollen da die Gegner des Festspielhauses Vertrauen in Ihre Objektivität, die übrigens auch mit bestem Willen in praxi nicht durchzuführen wäre, haben  ? Man ist an mich in dieser Sache behufs Herbeiführung einer reinlichen Scheidung heran-

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getreten. Ich habe dies abgelehnt und diesen meinen Standpunkt in einer Konferenz mit Dr. Sylvester und Frau Lehmann auch motiviert. Euer Hochwohlgeboren müssen selbst das Gefühl haben, ob Ihr Bleiben im Kuratorium möglich ist oder nicht. Halten Sie Ihr Bleiben für möglich oder sogar nützlich, so werden Sie sicher auch Mittel und Wege finden, um die durch Frau Lehmann und meinen Austritt entstandenen kleinen Lücken auszufüllen. Eine Intervention bei Dr. von Peyrer und Dr. Mussoni kann ich zu meinem größten Bedauern nicht unternehmen. Eine solche Intervention wäre wohl auch gar nicht notwendig. Euer Hochwohlgeboren arbeiten bei Ihren Aktionen so energisch und halten sich jeden auch noch so gut und ehrlich gemeinten Rat so weit vom Leibe, daß Sie wohl auch in diesem Falle die Energie aufbringen dürften, Ihren Willen durchzusetzen, falls ein solcher Wille ernstlich besteht. Ich resumiere also meine Antwort dahin, daß ich es Euer Hochwohlgeboren überlassen muß, den von Ihnen im Mozarteum und zum Schaden des Mozarteums durch Ihre Aktion geschaffenen Krisenzustand in der Ihnen gut dünkenden Weise zu beenden. Dann erst sind Frau Lehmann, meine Wenigkeit und die Wiener Mozartgemeinde in der Lage, die Situation zu überblicken und unsere selbstverständlich rein sachlich gehaltenen Konsequenzen zu ziehen. Mit besten Empfehlungen und alles Gute zum Neuen Jahre wünschend ergebenster /Lewicki/

163. Josef Huttary an Lilli Lehmann Salzburg, am 31. Dezember 1917. Hochverehrte gnädige Frau  ! Den Empfang Ihres Schreibens vom 26. Dezember314 bestätigend erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß ich erst am 23. d. M. nach Salzburg kam und daher die Angelegenheit mit Direktor Gehmacher erst nach den Feiertagen ordnen konnte. In Anbetracht seiner großen Verdienste um das Mozarteum und seines Ansehens sowohl im Kuratorium als in Salzburg überhaupt schien es geboten, mit der entsprechenden Rücksicht vorzugehen und durch eine längere Aussprache eine Verständigung herbeizuführen. Bei der gestrigen Besprechung, welche ich mit Direktor Gehmacher hatte, erklärte sich letzterer bereit, die Stelle eines Zentralvorstehers niederzulegen, um die

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Bedenken, welche gegen eine etwaige Verquickung der Mozartgemeinde mit der Festspielhaus-Idee gehegt werden, zu beseitigen. Da diese Erklärung des Herrn Direktor Gehmacher Ihren Intentionen entspricht, dürfte wohl auch der Grund zur Niederlegung der Ehrenpräsidentschaft der Mozartgemeinde wegfallen. Ich bitte Sie daher, hochverehrte gnädige Frau, Ihre endgültige Entschließung mir ehebaldigst mitzuteilen. Indem ich Ihnen noch meine und des Mozarteums herzlichsten Glückwünsche zum Jahreswechsel übermittle und Ihre wohlwollende Gesinnung auch fernerhin erbitte, zeichne ich hochverehrten gnädigen Frau als Ihr sehr ergebener [Josef Huttary]

164. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : »Aufruf zur Gründung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg« [Salzburg, Jänner 1918] Die Welt nach dem Kriege wird, wie zu hoffen ist, ein größeres Verlangen nach Kunst und Schönheit, nach Vergessen des Alltags, nach den Möglichkeiten künstlerischer Erhebung haben, als die Welt vor dem Kriege, die auch nicht einmal ahnungsweise die ganze Summe des Schrecklichen und schwer auf uns Lastenden vermuten konnte, wie es in diesen Jahren des Krieges über uns niedergegangen ist. In diesem Glauben an die kommende, größere Macht und Bedeutung von Kunst und Schönheit wagen wir schon jetzt wieder an ein Werk des Friedens, der Kunst und der Freude zu denken, an ein Werk, das schon vor dem Kriege geplant war, das aber beim Ausbruch des Waffenlärms zurückgestellt werden mußte. Dieses Werk, schon vor dem Kriege bedacht und vielfach erwogen, und an dessen Inangriffnahme und Ausführung wir jetzt schreiten wollen, jetzt, um noch im Kriege zu diesem Werke des Friedens und der Kultur wenigstens den ideellen Grundstein begonnener Arbeit zu setzen, ist das F e s t s p i e l h a u s , das w i r i n S a l z b u r g , der Geburtsstadt M o z a r t s , zu errichten gedenken. Wer verdiente denn auch wohl mehr als Mozart, durch ein besonderes Festspielhaus, das sich vor allen Dingen die Pflege seiner Kunst zur Aufgabe machen soll, geehrt und gefeiert zu werden  ? Je älter seine Meisterwerke werden, um so reiner leuchten sie in ihrer Schönheit, in ihrer Größe und Vollendung auf. Je ernster und dunkler die Zeit geworden ist, um so heller offenbart sich dem zur Kunst emporstrebenden Teile der Menschheit die Erkenntnis, welch unerschöpflich reiches Gut, welch unversiegbaren Quell der Freude und des Welt- und Selbstvergessens wir in

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der Kunst dieses Einen und Einzigen besitzen. Und wo könnte ein Haus, das ihn feiern und pflegen will, wohl besser stehen, als in Salzburg, in dieser südlich frohen Stadt, die selbst beinahe wie ein Stück Mozartscher Musik ist  ? Wir glauben, daß all die vielen Freunde, die Salzburg in der ganzen Welt hat, die vielen Freunde Mozarts, die sich über die ganze Welt zerstreuen, ganz von selbst die bunte, freudig gestimmte, zur Freude und zur Erhebung gleich bereite Festspielhaus-Gemeinde abgeben werden. Dieses Haus, das wir in Salzburg bauen wollen, soll also vor allen Dingen Mozart und seiner Kunst gewidmet sein. Hier sollen, von den ersten Künstlern seines Stils, seine Werke unter der besten künstlerischen Leitung aufgeführt werden. Wie in Bayreuth für die Werke Wagners soll hier, im emsigen Bemühen und im lebendigen Zusammenfassen vieler Kräfte, für die Aufführung und die Darstellung der Meisterwerke Mozarts die Vollendung und Erfüllung gesucht werden. Wir hoffen, daß von diesem Hause und seiner Arbeit eine fruchtbare Welle von Anregung auf die Opernbühne zurückfluten wird. Wir denken uns, daß uns bei dieser Arbeit, einen neuen Mozartstil zu finden, die großen Bühnen, die Mozart lieben und pflegen, gern zur Hand gehen werden. Wir hoffen, daß sie alle nach und nach, mit der Gesamtheit ihrer Künstler, mit ihren Dekorationen usw. kommen werden, um auf der Bühne dieses Festspielhauses vor einem bunten – bald hoffentlich wieder vor einem europäischen Publikum – zu zeigen, wie sie bemüht sind, die Probleme der Mozartaufführung und Inszenierung zu lösen. Durch dieses Festspielhaus kann eine vorzügliche Mozartaufführung irgend einer Bühne, die jetzt naturgemäß nicht weit über ihren lokalen Wirkungskreis hinaus bekannt wird, vielen Zuhörern Freude machen, und sie kann belebend und anregend in die weiteste Weite wirken. Es soll sich aber dieses Festspielhaus nicht nur auf den einen Namen Mozart beschränken. Es soll vielmehr im G e i s t e Mozarts geleitet werden, und darum soll seine Bühne gastlich allen großen Werken der Kunst, allen Meistern geöffnet sein. Nur an die Darstellung der großen Musikdramen Wagners wird nicht gedacht werden, um von vornherein einen Wettstreit dieses Hauses mit den Festspielbühnen von Bayreuth und München zu vermeiden. Wir wollen und können uns heute noch nicht auf ein Programm festlegen, denn je weiter sich der Gedanke dieses Hauses ausgestaltet, um so größer werden die Möglichkeiten seiner Verwendung. Wir wollen nur sagen, daß wir der Kunst, der Freudenbringerin, eine Stätte bauen wollen, und daß hier alle Werke und alle Meister, nicht nur die Meister der Vergangenheit, sondern auch die Meister und die Schaffenden der lebendigen Gegenwart, eine Stätte finden sollen. Zur Vorarbeit für dieses große Unternehmen haben wir uns zu Festspielhaus-Gemeinden zusammengeschlossen, nachdem uns die höchsten Stellen ihre Mitwirkung zugesagt haben, nachdem schon in weiten Kreisen unsere Anregung auf fruchtbaren

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Boden gefallen ist, und wir treten nun mit diesem Aufruf hinaus, der eine Bitte ist, sich dieser Gemeinde helfend und fördernd anzuschließen. An alle Freunde der Kunst und der Kultur, an alle Freunde Mozarts in erster Linie richten wir diese Bitte, als Mitglied unserer Gemeinde zu uns zu kommen und mit uns dahin zu arbeiten, daß sich dieses friedliche, der Kunst und der Schönheit und damit auch der Versöhnung der heute klaffenden Gegensätze geweihte Werk bald nach dem Kriege erheben kann, als ein lebendiges Denkmal dafür, daß wir auch im Waffenlärm und im Grauen einer blutigen Zeit den Glauben an die Zukunft und an die Kunst nicht verloren haben. Salzburg, im Jänner 1918. Die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde.

165. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, 9. Jänner 1918 Lieber Freund, meine vielen Unterredungen mit Lewicki veranlassen mich, Dir einmal zu Deiner privatesten Information darüber zu schreiben, zumal ich glaube, daß jetzt die Gegnerschaft Lewickis Formen annimmt, welche uns vom Standpunkte der S. F. G. intensiver interessieren müssen. – Die Lehmann schäumt  ! Gestern erhielt Lewicki einen Brief von ihr,315 jedes dritte Wort unterstrichen, voll Invektiven gegen Dich, und offenbar mit verschiedenen Mitteilungen, die mich Lewicki nicht wissen lassen wollte, da er mir ihn nicht zum Lesen gab, sondern nur zum kleinen Teil zitierte. Dann, beim Nachhausegehen, aber legte er los und wärmte alle alten Geschichten und bekannten Einwände wieder auf, sprach davon, daß man Mittel und Wege finden müsse, um ein für allemal reinen Tisch zu machen, und daß Dein Rücktritt von der Stelle des Zentralvorstehers nicht genüge, sondern nicht eher geruht werden dürfe, bis Du auch aus dem Kuratorium gehst – also ausgerodet mit Stumpf und Stiel. Wie ich Dir schon gesagt habe, jedes Zurückweichen stärkt die Angriffslust und das Selbstbewußtsein der Gegner. Man würfelt bereits um Deine Kleider. Deine Kanzlei wird zur Bibliothek geschlagen, was schon längst eine Notwendigkeit war, das große Bild, welches anläßlich des bevorstehenden 70. Geburtstages der Lehmann von ihr dem Mozarteum spendiert werden wird, muß an die Stelle Deines Bildes kommen, das und Ähnliches sind die en passant-Projekte, die ich zu hören bekam. Da stets Stibral jedes zweite Wort Lewickis ist, zweifle ich gar nicht, daß nach Deinem Abgang vom Mozarteum auch Dr. Syl315 Keine Vorlage überliefert.

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vester nicht lange mehr funktionieren wird, denn dann steht dem Wiedereintritt des einzig Berufenen, Dr. Stibral, nichts mehr im Wege. Und dann wird beim Mozarteum wieder gearbeitet werden. Denn jetzt arbeiten nur drei Leute etwas, in erster Linie Huttary, Du hingegen treibst bewußt nur mit ruinösem Erfolg Obstruktion. Deine jüngste und schauderbarste Schandtat ist der Fall Löwenbach.316 Dieser Mann wollte dem Mozarteum eine beträchtliche Geldzuwendung machen, Du aber hast ihn nicht nur davon abgebracht, sondern ihn sogar bewogen, der +++ Festspielhausgemeinde etwas zu spenden. Eigentlich sollte jetzt jede Rücksicht gegen Dich aufhören. Ein Brief mit 15 Heller-Marke würde genügen, dem Treiben ein für allemal ein Ende zu machen usw. usw.! Und nun Achtung  ! Ein guter Plan  ! Die Lehmann wird wahrscheinlich einen Aufruf oder dgl. verfassen, der gegen die Bestrebungen der Festspielhausgemeinde gerichtet ist, und wird dazu die Unterschrift aller namhaften Persönlichkeiten, mit denen sie während der Mozartfeste in Berührung trat, einholen (Nikisch,317 Muck318 etc.), worin für die Rettung der Mozartfeste in alter Form eingetreten, die Idee der Festspielhausgemeinde ad absurdum geführt werden soll. Dieser Aufruf mit den zustimmenden Gutachten soll dann verbreitet und veröffentlicht werden. Eine Blöße hat sich Lewicki im Eifer aber doch gegeben. Bei der Begründung seiner ablehnenden Stellungnahme erklärte er unter anderem, daß er überhaupt die Bildung einer zweiten wirklichen Mozartgemeinde in Wien als Konkurrenzierung ansehen mußte (seinerzeit),319 daß er sich um das Mozarteum große Verdienste erworben habe und jetzt aus Selbsterhaltungstrieb den Kampf führen müsse. Ich bezog stillschweigend bei mir (was ich ja schon längst immer dachte) diesen »Selbsterhaltungstrieb« auf seine Person, seine dominierende Stellung, die er sich arrogiert.320 Das scheint er dann gefühlt zu haben, denn er betonte, daß er damit natürlich nur die Sache des Mozarteums gemeint habe, weil ihm alles Persönliche ferne liege. Er versuchte auch des Langen und Breiten die Berechtigung der Erzwingung Deines Austritts zu begründen, wobei ich ihm aber immer Deine Verdienste und das Gehässige des unermüdlichen Krieges gegen Dich entgegenhielt, so daß er schließlich zu der Konzession gezwungen war, einzuräumen, daß die direkte Erzwingung Deines Austrittes durch die boshaften Mittel, die er und die Lehmann anwendeten, »korrekterweise« auch seinen und der Lehmann vollständigen und endgiltigen Austritt erforderten. Wenn dann beide Streitteile das Schlachtfeld geräumt, die Sieger und der Besiegte sich zurückgezogen haben, dann können sich die Dinge im Mozarteum

316 Emil Löwenbach (1869–1934), Textilfabrikant. 317 Arthur Nikisch (1855–1922), ungar. Dirigent, ab 1895 Kapellmeister des Gewandhauses in Leipzig. 318 Karl Muck (1859–1940), dt. Dirigent, leitete u. a. das Boston Symphony Orchestra sowie die Hamburger Philharmonie. 319 Damit gemeint ist die Gründung der »Akademischen Mozartgemeinde Wien« 1913 durch Damisch. 320 Synonym für »anmaßt«.

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sine ira et studio weiterentwickeln. Dieser flüchtige Anfall von heroischem Edelmut wird aber nicht sehr ernst zu nehmen sein, denn Lehmann und Lewicki sind ohne das Mozarteum heute Nichts  ! – Und noch ein fürchterlicher Plan der Großen Frau  : Wenn nicht alles zu ihrer vollsten Zufriedenheit geregelt wird, dann wird sie heuer im Sommer die berühmten Meisterkurse nicht in Salzburg sondern in – Freilassing321 halten. In Salzburg wird sie bloß wohnen, bei Stibral nämlich. Wie wird dann Salzburg dastehen  ! Derartige kindische Sachen gibt es übrigens eine Menge. Ich merke mir das Zeug gar nicht alles. Für heute habe ich auch genug von diesen Dingen, Du wahrscheinlich auch. Zu Deiner privaten Orientierung will ich Dir nur sagen, daß nach wie vor Huttary und Dr. Sedlitzky die Hauptinformatoren Lewickis sind, während die Lehmann auch von Kerber bedient wird. – Dr. Paumgartner nimmt zuwartende Haltung ein, ist aber meiner Meinung nach eher von der Gegenseite beeinflußt. Steht begreiflicherweise streng auf dem Standpunkt der dominierenden Mozarteumskreise. – Die nächste Sitzung der Leitung der S. F. G. findet Montag statt. Darüber werde ich Dir gleich berichten und, wie ich hoffe, Erfreuliches. Die Satzungs-Genehmigung des »Hauptvereins in Wien« erhoffe ich jeden Tag. Dann werden alle noch ausständigen aber meiner Überzeugung nach notwendigen Formalitäten raschestens erledigt werden. Bitte  : meine Mitteilungen betrachte als streng vertraulich  ! Nun sei herzlichst gegrüßt von Deinem Damisch.

166. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 16. Jänner [1918] Lieber Freund  ! Dein Schreiben322 habe ich mir 24 Stunden überlegt und komme nun zu folgendem Ergebnisse  : Die Operation Lewicki−Lehmann ist durchaus nicht so gering einzuschätzen, wie Du es nun schon seit einem halben Jahre tust. Lewicki ist ein sehr zäher aber auch sehr fleißiger Geselle und sein Einfluß ist auch nicht zu unterschätzen. Die Lehmann ist nun einmal die Lehmann und wenn sie sich den Kampf gegen das Festspielhaus vornimmt, dann macht sie auch etwas. Insbesondere wird es ihr gelingen, einzelne Kunstgrößen gegen das Festspielhaus-Projekt einzunehmen.

321 Ort in Bayern an der Grenze zu Salzburg. 322 Vgl. Dok. 165 (H. Damisch an F. Gehmacher, 9.1.1918).

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Dieser Opposition können wir nicht widerstehen. Wien nicht, weil Ihr ja doch nur fortwährend in Formalitäten (Statuten, Statthalterei, Sitzungen, Ministerium, Drucksorten) arbeitet. Wir nicht, weil schließlich doch ich hier die tragende Persönlichkeit bin und weil meine Gesundheit einen derartigen Kampf nicht aushalten würde. Alle meine Freunde sind mit Lewicki sehr gut, korrespondieren mit ihm oder gehen fleißig mit ihm spazieren  ; indessen schürt er sein Feuer immer mehr an, bis er schließlich mich mit dem ganzen Festspielhaus-Projekt hineinrennt. Dieses Ende will ich nicht abwarten. Ich werde daher meine Herren in den nächsten Tagen zusammenbitten und ihnen sagen, daß ich leider nicht in der Lage bin, die Obmannstelle weiter zu behalten. Noch ist es Zeit, wir können jetzt noch unsere Aufwendungen, die ja nicht so groß waren, bezahlen. Die gestifteten Beträge erstatten wir zurück und die Sache ist gewesen. Lieber jetzt eine kleine Schlappe, wie in einem halben Jahre die Riesenblamage. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Dein [Friedrich Gehmacher] NB. Es scheint Dir übrigens gänzlich unbekannt zu sein, daß Lewicki schon wiederholt auch mir und zuletzt Dr. Sylvester gegenüber sich in abfälligster Weise über Dich und Deinen Mitarbeiterkreis äußerte (sein ständiger Ausdruck ist »inferiore Gesellschaft«) und Euch jegliche Möglichkeit und Fähigkeit absprach, in der Festspielhaus-Angelegenheit ein nennenswertes Ergebnis zu erzielen.

167. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzbg. 16/1 18 Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Der Mozarttag hat stattgefunden,323 Gehmacher ist von der Stelle des Zentralvorstehers d. M. Gd.324 zurückgetreten u. damit von der wichtigsten Stelle, auf welcher sein Einfluß in der ganzen Entwicklung u. Gestaltung des Mozarteums zurückzuführen ist, verschwunden. Nun haben wir in der M. Gd. freie Hand u. ich hoffe, daß es uns gelingen wird, mit vereinten Kräften die M. Gd. wieder zu einem lebensfähigen u. leistungsfähigen Hilfskörper des Moz.[arteum] auszugestalten. Die Konstituierung der Unterausschüsse hat noch nicht stattgefunden, es ist der bisherige 2. Obmann Dr. Mussoni als Zentralvorsteher in Aussicht genommen u. ich werde voraussichtlich 323 Dieser fand 1918 am 12. Jänner statt. 324 Mozartgemeinde.

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die Stellvertretung übernehmen  ; nun bitte ich Sie dringend im Interesse des Moz. sich damit vorläufig zu begnügen u. in diesem Sinne Frau Lehmann auch zu beeinflussen  ! Es wäre nicht opportun gegenwärtig noch weiter zu gehen – es läßt sich dies schwer schriftlich eingehend begründen, aber ich bin der Meinung, wir können nun wieder ruhig u. erfolgreich für das Moz. arbeiten – aber Sie u. Frau Lehmann müssen uns als Mitarbeiter erhalten bleiben u. dürfen jetzt keinesfalls die Flinte ins Korn werfen u. damit uns – ich meine die Gegner des Festspielhauses – im Stiche lassen. Wir haben in den letzten Tagen eine Aktion bei der Sparkasse eingeleitet – Dr. Sylv.[ester] u. ich waren beim Bürgermeister, 2 weiteren Mitgliedern des Spark. Ausschusses, dem Direktor der Sp. K.,325 bei dem Landespräsidenten,326 es wurde uns zugesagt die rückständigen Zinsen per 30.000 K u. weitere 100.000 K von der Hyp.[othek] abzuschreiben  ! Damit wäre wieder viel erreicht  ; für Ihre Bemühungen bezgl. Sauer327 besten Dank  ; verzeihen Sie, daß ich nur selten zum Schreiben komme, ich habe aber schrecklich viel zu tun  ; wenn Sie nur ab und zu auf einige Tage hierher kämen  ! Bitte um baldige Nachricht mit herzl. Grüßen Ihr ergebener Huttary N.B. Das Entgegenkommen bei der Sparkasse wurde an die Bedingung geknüpft, daß das Mozarteum nichts gemeinsam habe mit dem Festspielprojekt  ! Auch diese Herren sind der Ansicht, es darf das Moz. sich keinesfalls in ein derartig gewagtes finanzielles Unternehmen einlassen  ! Das Moz. hat eine Reihe von wichtigen Aufgaben zu lösen, die ihm näher liegen u. unsere ganzen Kräfte in Anspruch nehmen  ! Mit Gruß Huttary

168. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 17. Jänner 1918. Mittags Lieber Freund  ! Vor einer Stunde erhielt ich Deinen Expreßbrief.328 Ich benütze eine kleine Arbeitspause, um Dir schnell ein paar Zeilen darauf zu erwidern. Ich muß Dir gestehen, 325 Karl Würtenberger (1858–1930), Direktor der Salzburger Sparkasse. 326 Felix Schmitt-Gasteiger (1865–1932), 1913–18 Landespräsident von Salzburg. 327 Der Salzburger Domorganist Franz Sauer  ; vgl. die Anm. in Dok. 32 (H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.1916). 328 Vgl. Dok. 167 (F. Gehmacher an H. Damisch, 16.1.[1918]).

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daß er mir mehr als rätselhaft vorkommt. Ich empfinde den Inhalt desselben als den Ausdruck eines völligen Hin- und Herschwankens Deinerseits, das direkt verwirrend wirkt. Du darfst Dir ja doch nicht verhehlen, daß die Unsicherheit, die Du nun schon zu wiederholtem Male an den Tag legst, keineswegs geeignet ist, Begeisterung für die Festspielhaus-Idee zu erwecken. Ich habe Dir auch die Mitteilungen in meinem letzten Brief nicht gemacht, um Dir neuerliche Rückzugsmöglichkeiten und Rücktrittsgedanken beizubringen. Sondern im Gegenteil um Dir zu zeigen, wie schädlich, wie absolut unrichtig Deine ständigen Rückzüge im Mozarteum auch für unsere Sache sein können. Daß wir Kämpfe zu bestehen haben werden, hast Du als Allererster vorausgesehen. Daß diese Kämpfe keine leichten sein werden, wirst Du Dir wohl auch kaum vorgestellt haben. Im gegebenen Falle sind wir ohnehin in der günstigen Lage beiläufig zu wissen, welchen Schlag die Gegner planen. Warum Deine ganze Reaktion dagegen darin besteht, daß Du sofort zum soundsovielten Male in der Festspielhaussache die Flinte ins Korn zu werfen bereit bist, weiß ich nicht. Ich bin über Dein heutiges Schreiben gegenwärtig noch zu erregt, um mich näher in die Sache einlassen zu können. Wir sind jetzt mitten drin, unter gewiß nicht geringen Schwierigkeiten, unsere von uns gern und freudig aufgenommene Aufgabe durchzuführen. Es ist eine Reihe von gutwilligen, höchstachtbaren und braven Männern daran, in der gegenwärtig wirklich nicht rosigen Zeit die Werbepropaganda für unser Unternehmen in uneigennütziger und selbstloser Weise zu betreiben. Die Dinge stehen heute nicht mehr so, daß man die Sache als Spielerei betrachten darf, als eine Laune, die man in jedem Moment aufgeben kann. Heute sind wir finanziell und moralisch nicht nur einer ziemlichen Anzahl von Beteiligten, sondern auch den Behörden gegenüber verpflichtet. Es wäre auch im gegebenen Moment von keiner »kleinen Schlappe« mehr die Rede, sondern bereits von einer »Riesen-Blamage«. Diese Riesen-Blamage würde noch größer sein, wenn man die Festspielhaus-Angelegenheit in der Art und Weise forciert und zu dem wichtigsten Staats- und Weltereignis aufgebauscht hätte, wie es von allzu ungeduldiger Seite scheinbar verlangt wird. Der Salzburger Zweigverein hat bis jetzt in wirklich großartiger Weise die Angelegenheiten geführt und Du kannst sicher sein, daß die Berichte aus Salzburg hier ein kräftiges Echo finden. Telegrafisch allerdings kann es nicht funktionieren. lch will heute mein Schreiben nicht länger fortsetzen, es ist bereits 12 Uhr vorüber und die Bürostunden müssen geschlossen werden. Jedenfalls ersuche ich Dich von Deiner Rücktrittsabsicht Abstand zu nehmen und überhaupt niemals in Hinkunft derartige impulsive Operationen vorzunehmen, weil wir in erster Linie Ruhe und Vertrauen zu einander brauchen. Dann wird die Sache so gehen, wie wir es wollen. Und wenn wir einen Kampf zu bestehen haben, dann müssen wir ihn eben gemeinsam durchkämpfen. Aber wenn der linke Flügel gleich retiriert, dann kann das Zentrum auch nichts machen. Servus für heute  ! Dein /Damisch/

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169. Rudolf von Lewicki an Josef Huttary Wien, den 18. Jänner 1918. Geehrter Herr Professor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 16. d. M., welches ich gestern erhalten habe. Heute bekam ich ein Schreiben Dr. Sedlitzkys vom gleichen Datum.329 Euer Hochwohlgeboren waren so freundlich, mir am 18. November330 über die Gehmacher-Affäre ausführlich zu schreiben und richteten in diesem Briefe an mich die Aufforderung, diese Sache mit Frau Lehmann zu besprechen und Mittel und Wege für eine reinliche Scheidung zu suchen. Euer Hochwohlgeboren wiesen auch darauf hin, daß Dr. Sylvester in Wien sein werde und daß es förderlich sein dürfte, eine Besprechung mit ihm und Frau Lehmann herbeizuführen. Ich antwortete Euer Hochwohlgeboren am 29. November,331 ich glaube in dem Sinne, daß ich eine Initiative in dieser Angelegenheit nicht ergreifen möchte, daß ich aber die angeregte Besprechung mit Dr. Sylvester in die Wege leiten werde. Diese Besprechung fand anfangs Dezember statt. Es wurde einstimmig der Meinung Ausdruck gegeben, daß die rege Betätigung Gehmachers für die Festspielhaus-Aktion mit seiner Stellung als Zentralvorsteher unvereinbar sei. Es wurden 2 Eventualitäten erwogen  : Rücktritt Gehmachers von der Stelle des Zentralvorstehers und gänzlicher Austritt aus dem Kuratorium. Frau Lehmann setzte sich für letztere Eventualität ein, da nur der gänzliche Austritt Gehmachers die Verhältnisse im Kuratorium sanieren könnte. Auch Dr. Sylvester schien dieser Ansicht zu sein und versprach in diesem Sinne bei Gehmacher wirken zu wollen. Unmittelbar nach der Abreise der Frau Lehmann nach Berlin bekam ich aus Salzburg die Nachricht, daß Direktor Gehmacher entgegen seinen bisherigen Versicherungen die Obmannschaft der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde übernommen hat. Wo bleibt da Treue und Glaube  ? Durch diese Handlungsweise Gehmachers wurde die Situation wesentlich verschärft. Frau Lehmann entschloß sich hierauf, von der Ehrenpräsidentschaft der Mozartgemeinde zurückzutreten und richtete ein diesbezügliches Schreiben nach Salzburg, dessen Ankunft mir Dr. Sedlitzky am 2. Jänner332 anzeigte.

329 Keine Vorlage überliefert. 330 Vgl. Dok. 151 (J. Huttary an R. v. Lewicki, 18.11.1917). 331 Keine Vorlage überliefert. 332 Keine Vorlage überliefert.

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Mittlerweile bekam ich ein vom 27. Dezember datiertes Schreiben Direktor Gehmachers,333 in welchem er mir mitteilte, daß er bereit sei, sowohl seine Vorsteherstelle niederzulegen, als auch aus dem Kuratorium auszutreten. In letzterem Falle solle ich aber bei seinen Freunden dahin wirken, daß sie seinem Austritte keine Schwierigkeiten bereiten. Selbstverständlich mußte ich dies ablehnen und habe diese Ablehnung in einem langen Schreiben an Gehmacher vom 29. Dezember334 ausführlichst motiviert. Dr. Sedlitzky teilte mir in seinem Schreiben vom 2. Jänner auch mit, daß Gehmacher sich bereit erklärt hat, seine Stelle als Zentralvorsteher niederzulegen und daß von diesem Entschlusse Frau Lehmann benachrichtigt worden sei. Frau Lehmann hat sich mit dieser Lösung nicht für befriedigt erklärt. Am 12. d. M. bekam ich von Frau Lehmann einige wenige Zeilen, nebst der Abschrift eines Briefes, den sie am 7. d. M. nach Salzburg sandte.335 Der letztere Brief hatte nur kurz den Inhalt, daß sie nach wie vor der Meinung sei, daß eine Lösung nur durch das Ausscheiden Gehmachers aus dem Kuratorium erfolgen könne und daß sie daher bei ihrer Demission als Ehrenpräsidentin der Mozartgemeinde beharren müsse. In dem Briefe Dr. Sedlitzkys, den ich heute erhielt, schreibt er mir, daß dieses Schreiben der Frau Lehmann erst am 13. eingelangt war und daher beim Mozarttage nicht zur Verlesung gebracht werden konnte. Da ich mich in dieser ganzen Affäre im Hintergrunde halte, so werde ich nur das thun, was Frau Lehmann tut. Zieht Frau Lehmann ihre Demission als Ehrenpräsidentin zurück, so bleibe ich weiterhin im Zentralausschusse. Beharrt sie auf ihrer Demission, so muß natürlich auch ich aus dem Zentralausschusse austreten. Sollte Frau Lehmann die weitere Konsequenz ziehen, auch aus dem Kuratorium auszutreten, so würde ich auch darin ihrem Beispiele folgen. Ich kann mir nicht verhehlen, daß die Majorität des Kuratoriums auf Seite Gehmachers steht und eigentlich in dieser ganzen Angelegenheit gegen uns entschieden hat. Das korrekteste wäre also, wenn wir die Endkonsequenz ziehen und das Mozarteum gänzlich verlassen würden. Da aber sowohl Frau Lehmann als auch ich an dem Mozarteum mit ganzer Seele hängen, so werde ich mich bestreben, diese äußerste Konsequenz nach Möglichkeit zu verhüten. Da auch der Rücktritt der Frau Lehmann von der Ehrenpräsidentschaft für das Mozarteum eine Katastrophe wäre, so will ich versuchen, auch dies nach Möglichkeit zu applanieren. Das könnte aber nur dann geschehen, wenn man ihrem Standpunkt näher zu kommen sucht. Selbstverständlich kann ich keine Garantie übernehmen, wie die Endentscheidung der Frau

333 Vgl. Dok. 161 (F. Gehmacher an R. v. Lewicki, 27.12.1917). 334 Vgl. Dok. 162 (R. v. Lewicki an F. Gehmacher, 29.12.1917). 335 Keine Vorlage überliefert.

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Lehmann ausfallen wird. Ich kann ja mit ihr nur schriftlich verkehren und die Postverbindung mit Berlin ist eine äußerst schleppende. Nach meiner Ansicht müßte also Gehmacher nicht nur die Zentralvorsteherschaft niederlegen, sondern dürfte dem Zentralausschusse auch nicht mehr als Mitglied angehören. Ferner wäre es in Erwägung zu ziehen, ob Gehmacher nicht auch aus dem Schulausschusse austreten müßte. Die Schule ist jetzt in dem Stadium der glücklichen und ruhigen Entwicklung und es ist nach meiner Ansicht sehr bedenklich, im Schulausschusse einen so unruhigen Geist wie Gehmacher in seiner Mitte zu haben. Als weiteres Entgegenkommen würde es wohl Frau Lehmann betrachten, wenn Gehmacher aus dem Fünfer Ausschusse austreten und Euer Hochwohlgeboren in diesem Ausschusse seine Stelle einnehmen würden. Die Mitgliedschaft Gehmachers in diesem Fünfer Ausschusse hat für Frau Lehmann und mich geradezu etwas verletzendes. Die Geburtshaus-Aktion haben wir angeregt und es ist dieselbe unsere ureigenste Idee. Zur Ausführung dieser Idee sitzt in der maßgebenden Korporation (Fünfer Ausschuß) unser erbitterter Feind. Ich soll jetzt die Beiratsaktion in die Wege leiten. Eine ganz riesige Aufgabe. Ich werde dabei immer das Gefühl haben, daß Gehmacher im Fünfer-Ausschusse in seiner Abneigung gegen meine Person alle Beschlüsse des Beirates zu Fall bringt. Ich bitte Euer Hochwohlgeboren vielleicht diese 3 Punkte möglichst bald einer Lösung zuzuführen, damit ich dann bei Frau Lehmann den Versuch einer Intervention machen kann. Ich freue mich sehr über die erfreulichen Nachrichten, die Sie mir bezüglich der Sparkassa mitteilen. Selbstverständlich begrüße ich es auch auf das wärmste, daß Sie im Zentralausschusse die Stelle des 2. Obmannes einnehmen werden. Es macht mir immer die größte Freude, mit Ihnen für das Mozarteum zu arbeiten, da ich bei Ihnen immer das größte und sachlichste Entgegenkommen gefunden habe. Mit besten Grüßen Ihr ganz ergebenster [Rudolf von Lewicki]

170. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzburg 20/1 18 Sehr geehrter Herr v. Lewicki  ! Für Ihr geschätztes Schreiben v. 18. d. M. danke ich Ihnen herzlichst  ! Sie haben mir durch dasselbe eine aufrichtige Freude bereitet, weil ich glaube, daß es nunmehr

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möglich ist, in der Angelegenheit G.s336 zu einer für das Mozarteum befriedigenden Lösung zu kommen. Ich kann Sie bestimmt versichern, daß ich nicht im Geringsten das Empfinden habe, das Kur.[atorium] habe gegen uns entschieden – in diesem Falle würde ich unwiderruflich meine Konsequenzen daraus gezogen haben – in dem von Ihnen angedeuteten Sinne  ! Im Gegenteil – wird von allen maßgebenden Mitgliedern des Kur. der Standpunkt eingenommen, das Moz.[arteum] dürfe sich keinesfalls in das Festspielhaus-Unternehmen einlassen  ! Diesen Standpunkt teilen insbesondere Präs. Sylv.[ester], Bürgermeister, Dr. Mussoni etc., bestimmt die Mehrheit des Kur. Ebenso einhellig waren wir bei unseren Vorberatungen der Überzeugung, daß eine richtige Scheidung zwischen Moz.-Gemeinden u. Festspielhaus-Gd.337 eintreten müsse – u. ich betrachte es als selbstverständlich, daß G. auch als Mitglied dem Zentral-Aussch.[uß] d. M. Gd.338 nicht mehr angehören könne  ; ebenso bin ich bereit, die Zusammensetzung des Fünfer-Aussch. in dem von Ihnen gewünschten Sinne zu beeinflussen  ; keine Sorge macht mir aber die Zugehörigkeit G.s zum Schulausschusse. Hier habe ich so unbestritten die Majorität auf meiner Seite, daß ich die Garantie für die ruhige Fortentwicklung der Schule übernehme – sofern der Direktor die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllt, woran zu zweifeln ich bisher nicht den geringsten Grund habe – im Gegenteil, ich glaube, daß wir uns recht gut verstehen u. daß er für das Moz. der geeignete Mann als Direktor ist  ! Über die glückliche Lösung dieser schwierigen Frage – vor der ich immer eine Heidenangst hatte, bin ich sehr befriedigt – auch Ihr Verdienst. […] Sie sehen also, es geht rüstig vorwärts u. wir brauchen den Festspielrummel nicht zu fürchten. Nur dürfen wie gesagt Sie und Frau Lehmann nicht locker lassen. Mit herzlichen Grüßen Ihr ergeb. Huttary

171. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 21./1. 1918 Lieber Freund, ich habe heute früh Deine Karte339 erhalten und mit lebhaftem Interesse gelesen. Aus dem Umstande, daß Du es für nötig hältst, mit Jung zum Bürgermeister zu gehen, 336 Friedrich Gehmacher. 337 Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. 338 Mozartgemeinde. 339 Keine Vorlage überliefert.

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um sein Votum einzuholen, ersehe ich mit Bedauern eine mir sehr unberechtigt erscheinende Unentschlossenheit, die mit Deinem ursprünglichen Verhalten in der Festspielhaussache im Widerspruch steht. Auch befindest Du Dich in einem Irrtum, wenn Du glaubst, daß die Hetze gegen Dich nur mit Deiner Betätigung im Zweigverein zusammenhängt. Das wird nur zum Anlaß genommen. Die Hetze gegen Dich hat schon vor zehn Jahren bestanden, es ist ständig gegen Dich geschürt worden und Dein Zurückweichen hat den Gegnern nur neuen Boden gegeben. Es sind eben Persönlichkeiten in Salzburg, denen Du unbequem, andere, z. B. Lehmann und Lewicki, denen Du unsympathisch bist. Das war seit langem so und wird immer so bleiben. Die Basis, auf welcher Du Dich den Anfeindungen gegenüber behaupten kannst, ist eben das Festspielhaus. Das hast Du vielleicht instinktiv selbst schon lange gefühlt. – Gerade Du darfst jetzt nicht die Festspielhausidee in den Kasten legen wollen. Übrigens geht dies auch gar nicht mehr. Wenn wir unsere Sache jetzt Schiffbruch leiden ließen, dann wäre sie ein für allemal versunken und lächerlich gemacht. Warum Du Dich vor einer vorläufig von Lewicki nur an die Wand gemalten Aktion Lehmanns so fürchtest, begreife ich nicht. Wir können der Sache doch auch z. B. zuvor kommen  ! Gar so blind werden die Leute auch der Lehmann nicht auf den Leim gehen. – Und dann zieht unsere Agitation in Wien schon Kreise in ihrem Bereich, denen weder die Lehmann noch ihr Anhang kompetent sind. Mit Rücksicht auf das Umsichgreifen der Idee in Wien dürfen wir schon nicht mehr solche Pläne erwägen wie Du in den letzten Tagen. Hoffentlich ist der Bürgermeister von mehr Entschlossenheit und Umsicht erfüllt als Du. Ich erwarte mit Ungeduld Deine Nachricht. Herzlichst Dein Damisch

172. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 22. Jänner [1918] Lieber Freund  ! Bürgermeister Ott hat es übernommen, an Lewicki zu schreiben, er möge im Interesse der friedlichen Entwicklung des Festspielhaus-Projektes von einer öffentlichen Bekämpfung desselben absehen und auch Frau Lehmann in diesem Sinne beeinflussen. Hoffentlich hat dieser Schritt die Wirkung, daß Lewicki das Unternehmen nicht in einer Weise stört, daß dasselbe unterbunden wird, was er persönlich darüber denkt, ist ja ganz gleichgiltig. Man wird nun sehen, was Lewicki darauf sagt und tut. Ich finde es begreiflich, wenn Du über meine Rücktrittsabsichten verwundert bist. Du kannst aber auch nicht alle Verhältnisse richtig beurteilen. Ich habe hier schwer

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unter der persönlichen Anfeindung der dem Lewicki ergebenen Kreise zu leiden. Es ist tief kränkend, wenn Leute wie Huttary etc., die wissen, daß der heutige Blütezustand des Mozarteums nur durch meine vorarbeitende Tätigkeit möglich war, mit ihrer Anschauung ganz auf Seite Lewickis stehen und mich als Schädling des Mozarteums erklären. Dieser Haltung steht gegenüber die schleppende Entwicklung der FestspielhausAngelegenheit. Ich habe Dir schon eindringlich und oftmals gesagt, daß nur durch eine rasche finanzielle Entwicklung unseres Unternehmens ein Gegengewicht gegen diese Anfeindungen geschaffen werden kann, aber es nützt nichts. Ihr ergeht Euch immer in theoretischen und formellen Aktionen und unternehmt nichts, um so rasch als möglich das Wichtigste, was wir jetzt haben müssen, einen Imponierungsfond zu schaffen. Meine Herren hier sind in dieser Beziehung sehr tätig, aber was können wir aus dem kleinen Salzburg herauspressen  ? Zu allen dem kommt mein Gesundheitszustand. Meine Gesundheit ist nun einmal erschüttert und ich kann Aufregungen nicht mehr vertragen. Wenn mir nun solche Kämpfe angekündigt werden, wie sie die Gegenseite vorhat, und anderseits unsere Organisation nicht so funktioniert, daß wir diese Anfeindungen mit Leichtigkeit überwinden können, so bin ich gezwungen, mich zurückzuziehen, weil ich persönlich nicht mehr mit der mir früher eigen gewesenen Energie zu kämpfen vermag. Das ist der Hauptgrund meiner, Dir sehr begreiflicherweise unsympathischen Haltung. Wenn ich bleibe, so bringe ich das Opfer nur, weil augenblicklich niemand da ist, der die Vorsteherstelle übernehmen würde, und daher Gefahr besteht, daß das ganze Projekt unter den Tisch fällt. Die nächsten Tage werden ergeben, ob ich dieses Opfer bringen muß und bringen kann. Jung, der ein sehr fleißiger Mitarbeiter ist, will diese Tage nach Wien fahren, um einige seiner Bekannten anzupumpen, da auch er der vollen Überzeugung ist, daß nur durch Schaffung des Imponierungsfonds von 100.000 K die Basis für den sicheren Fortbestand des Festspielhausgedankens geschaffen werden kann. Ingenieur Schurich ist Donnerstag in Wien. Ich werde ihn Mittag 1 Uhr zum Kummer340 schicken, damit Du mit ihm Fühlung bekommst, er ist ein sehr fleißiges Ausschußmitglied, zwar etwas einseitig in seinen Anschauungen, aber von deutscher Schneid und Gründlichkeit. Alles Herzliche und spezielle Grüße an das Salzburger Kleeblatt.341 Dein [Friedrich Gehmacher]

340 Hotel Kummer in der Mariahilferstraße in Wien. 341 Nicht ermittelt.

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NB. Jung kommt Donnerstag nach Wien und möchte Freitag abends mit einigen Herren des Festspielhaus-Ausschusses zusammen sein. Bitte veranlasse eine Zusammenkunft.

173. Franz Stibral an Lilli Lehmann Dienstag 22. Jänner Liebste Lilli  ! […] Du hast bei mir angefragt, bevor Du die Ehrenpräsidentschaft der Gemeinde342 annahmst. Und ich hab darauf eingerathen  ! Also ich schäm mich. Das thut man nicht gern. Wenn man sonst ein gerad gewachsener Mensch ist. Der keine Buckel hat und keine eitrige |Schale|. Und Du hast den Verdruß gehabt davon, daß ich immer für redlich gehalten, der’s nicht gewesen ist. Schwamm drüber, aber es brennt. Den Silvester343 habe ich nicht sprechen können. Weil er ununterbrochen mit politischen Erfolgen zwischen Salzburg u. Wien hin u. her fahrt  ! So nahm ich mir denn vor, einfach am Mozarttag zu erscheinen. Das kann jedes Mitglied. Und dort eine hahnebücherne Erklärung vom Zaume zu brechen. Sensationell ein Fenster einzuhauen, damit frische Luft eindringe in die von verlogenen Stinkegasen geschwängerte Atmosphäre. Es kam nicht dazu. Warum nicht  ? Weil dazumal, als ich Deinen »eingeschriebenen« [Brief] mit der Correspondenz von Lewicki erhalten [habe], der Mozarttag schon vorbei war. Ohne daß ich es gewußt hatte. […] Deine Demission als Ehrenpräsidentin u. Fritzchens344 Demission der Vorsteherschaft der Mozartgemeinde liegen beide vor, wurden am Mozarttag aber nicht verhandelt. Weil das formell nicht Sache des Mozarttages, sondern des Curatoriums sei. Wann  ? Demnächst. Wie  ? Vermuthung  : an Stelle Gehmachers dürfte Mussoni gewählt werden (der heute nicht mehr das 2. Gesicht Fritzchens sei), bezüglich der Frau Kammersängerin wird man es wohl versuchen, sie zur Zurückziehung der Demission zu bewegen. Als ich andeutete, daß möglicherweise die weiteren Lehmannkurse gefährdet werden könnten, erfolgte prompt die Antwort  : Da rechnen wir darauf, daß Excellenz die Hand über uns halten werden, daß es dazu nicht kommen wird. (Da haben die Luders ganz recht  : Das geb ich nicht zu.) Generelle Grundstimmung  : die alte, Faust im Sack gegen das pathologische Fritzchen. Fest steht u. treu die

342 Mozartgemeinde. 343 Julius Sylvester  ; vgl. die Anm. in Dok. 11 (H. Kerber an L. Lehmann, 22.11.1915). 344 Friedrich Gehmacher.

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Wacht am Rhein. – Also Lilli mach, was Du willst. Ein einziges Bedingniß hab ich  : stell Deine hiesigen Sommerkurse nicht in Frage. Nicht um unser willen. […] Behüt Dich Gott, liebste einzige Lilli, nimm mir nichts übel, ich bleib alleweil mit Bussaloni Dein Alfredofranzl345

174. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Salzburg, 22. Jänner 1918 Hochverehrte gnädige Frau  ! Ihr Schreiben vom 7. Jänner346 kam erst am 13. d. M. in unseren Besitz. Da am 12. Jänner der Mozarttag stattgefunden hat, so konnte das Schreiben nicht zur Verlesung kommen. Übrigens waren beim Mozarttag nur Kuratoriumsmitglieder mit Vollmachten anwesend. Der Rücktritt Gehmachers von der Zentralvorsteherstelle wurde am Mozarttage zur Kenntnis genommen, während Ihr Schreiben in der dem Mozarttage folgenden constituierenden Kuratoriumssitzung (Anfang Februar) zur Verlesung gebracht werden wird. Dem Präsidium und vielen Mitgliedern des Kuratoriums ist der Inhalt Ihrer beiden Briefe bekannt und man bedauert auf das lebhafteste, daß hochverehrte gnädige Frau von Ihrem Entschlusse nicht abzubringen sind. Anderseits aber müssen wir doch auch der allgemeinen Stimmung Rechnung tragen sowohl im Kuratorium als in der Stadt. In Ersterem würde der Austritt Gehmachers eine beklagenswerte Spaltung verursachen, man müßte befürchten, daß ca. 10 Herren mit Gehmacher das Mandat zurücklegen würden. Nicht etwa deswegen, weil sie für die Festspielhaus-Idee eingenommen sind, deren gibt es sehr wenige, sondern weil sie mit einer derartigen Kränkung Gehmachers nicht einverstanden wären. Ferner ist aber auch auf die Vertreter der Stadt, die sich im Kuratorium befinden, Rücksicht zu nehmen. Wenn dieselben auch Ihre Ansicht teilen, daß das Mozarteum der Errichtung des Festspielhauses fernbleiben soll, so stehen sie doch anderseits diesem Projekte mit Rücksicht auf die Interessen der Stadt sympathisch gegenüber. Eine direkte Stellungnahme des Mozarteums gegen dieses Projekt könnte daher auch von Seite der Stadtvertretung nicht gebilligt werden. Wäre es in diesem Falle klug, durch den erzwungenen Austritt Gehmacher mit dem Heiligenscheine eines Märtyrers zu umgeben, und den Widerstand weiterer Kreise herauszufordern  ? 345 Franz Stibral unterzeichnet seine Briefe an Lilli Lehmann wiederholt mit »Bussaloni Alfredo« oder »Alfredofranzl«. 346 Keine Vorlage überliefert.

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Wir glauben daher, daß man sich einstweilen mit dem Rücktritt Gehmachers von der Zentralvorstehung zufriedengeben soll. Dr. Mussoni wird seine Stelle und Professor Huttary die des Stellvertreters übernehmen. Beide Herren stehen dem Plane eines Festspielhauses ganz ferne, halten denselben undurchführbar, beide Herren haben das ehrliche Bestreben, die infolge des langen Krieges niedergegangene Mozartgemeinde wieder zu ihrer früheren Blüte zu bringen. Alles spricht dafür, daß dieses Ziel auch erreicht werden kann. Herr Bürgermeister Ott wurde durch Ihre Einflußnahme für die Erwerbung des Geburtshauses gewonnen, aber nicht allein das, schon wieder steht unter seinem Schutze eine bedeutende Aktion bevor. Die Salzburger Sparkasse wird 100.000 K von der Hypothekarschuld und außerdem die rückständigen Zinsen von 25.000 K abschreiben. Außerdem aber will er auch beim Land und Herr Dr. Sylvester beim Staate weitere Subventionen zur Deckung der restlichen Hypothekarschuld erwirken. Am letzten Mozarttage wurde Herrn Bürgermeister Ott in Anerkennung seiner großen Verdienste um das Mozarteum die goldene Mozartmedaille verliehen. Anläßlich dieser Verleihung will Herr Bürgermeister Ott als Stifter dem Mozarteum beitreten und hat auch schon 4 andere Herren als Stifter gewonnen. Überdies will er diese Aktion fortsetzen. Sie sehen also, hochverehrte gnädige Frau, daß Ihre Feenhände auch da Wunder gewirkt haben, und nun wollen Sie einer Sache wegen, der das Mozarteum ferne steht und wegen e i n e r Person uns den Schmerz bereiten, daß Sie die Ehrenpräsidentschaft der Mozartgemeinde niederlegen. Zuviel Schmach für alle, die gewohnt sind, Sie als Leitstern und Schutzpatronin zu verehren, zu viel Ehre für jene, die daran schuld sind. Darum, hochverehrte gnädige Frau, wenden wir uns noch einmal an Ihre Herzensgüte und Einsicht und bitten Sie herzlichst, tun Sie uns das nicht an. Kämpfen Sie und siegen Sie mit uns wie bisher. Wollen Sie aber, gnädige Frau, in unserem diesmaligen Verhalten ja nicht eine Stellungnahme gegen Ihre verehrte Person erblicken. Wir müssen aber den herrschenden Verhältnissen Rechnung tragen und haben nicht nur auf Gehmacher, sondern auch andere Rücksicht zu nehmen, z. B. Professor Huttary, der bei einem Affront gegen seinen Schwager auch die Konsequenzen ziehen müßte. Darum verzeihen Sie unsere Gegenvorstellung und schenken Sie unseren Bitten Gehör. Ihr Verbleiben als Ehrenpräsidentin gibt den neuen Leitern der Mozartgemeinde einen sichern Rückhalt, zur gewissenhaften Einhaltung unserer gemeinsamen Ziele für alle Zukunft. Genehmigen, hochverehrte gnädige Frau, den Ausdruck unwandelbarer Dankbarkeit und hoher Verehrung Ihres sehr ergebenen Kuratorium des Mozarteums in Salzburg

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der Präsident  : /Dr. Sylvester m. p./ der Schriftführer  : /Kaltenbrunner m. p./

175. Rudolf von Lewicki an Max Ott Wien, den 24. Jänner 1918. Euer Hochwohlgeboren  ! Sehr geehrter Herr Bürgermeister  ! Mit ergebenstem Danke bestätige ich den Erhalt des werten Schreibens vom 22. dieses Monates.347 Vor allem bitte ich Euer Hochwohlgeboren überzeugt zu sein, daß ich mich immer und jederzeit auf den Standpunkt stellte und auch in Zukunft stellen werde, daß Alles zu vermeiden sei, was dem Mozarteum schaden und in der Leitung desselben Spaltungen hervorrufen könnte oder den bewährten künstlerischen Traditionen desselben widersprechen würde. Auch in der Festspielhaus-Aktion habe ich mich lediglich von diesen Erwägungen leiten lassen. Als im Oktober 1916 in zwei Sitzungen des Kuratoriums, zu welchen ich eigens nach Salzburg kam, der Grundsatz der absoluten Trennung des Mozarteums von der Festspielhaus-Aktion aufgestellt wurde, hielt ich diese Angelegenheit, soweit dabei das Mozarteum in Frage kommt, für vollkommen erledigt. Leider hatte es im Verlaufe der Gründung der Festspielhausgemeinde manchmal den Anschein, als ob der Öffentlichkeit gegenüber – vielleicht geschah dies ohne Absicht – die altbewährte Firma unseres Mozarteums dennoch hineingezogen würde. Dies war offenbar die Ursache, daß Frau Kammersängerin Lehmann, für welche das Mozarteum und der Mozartkult in Salzburg eine heilige und ihr ganzes künstlerisches Leben zum großen Teile ausfüllende Sache ist, neuerdings beunruhigt wurde. Doch hat sich Frau Lehmann immer an die oberwähnten im Oktober 1916 festgestellten Grundsätze348 gehalten und nie etwas unternommen, was gegen die Festspielhaus-Aktion als solche gerichtet wäre. Das ganze musikalische Kunstleben Salzburgs ist aber seit Menschengedenken mit dem Mozarteum so innig verbunden, daß es der musikalischen Welt nur schwer begreiflich zu machen ist, daß das Mozarteum mit der Festspielhaus-Aktion in keinem Konnex steht. Infolgedessen glaubt man an vielen maßgebenden musikalischen Stellen noch immer, daß wir Mozarteums-Leute in toto auch die Träger der Festspielhaus-Idee sind. Unter dieser irrtümlichen Auffassung leidet auch Frau Lehmann, 347 Keine Vorlage überliefert. 348 Vgl. Dok. 95 (Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1916).

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welcher es natürlich in höchstem Grade peinlich ist, daß ihr Name mit einer Aktion in Verbindung gebracht wird, welche sie für den künstlerischen Tod der Salzburger Mozartfestspiele hält. Sie äußerte daher in einem an mich gerichteten Schreiben vom 3. d. M.349 den Wunsch, daß in einigen maßgebenden Journalen eine Notiz des Inhaltes veröffentlicht werde, »daß sie mit der Festspielhaus-Aktion nichts zu thun habe und dieser Sache im Sinne des Mozarteums und im Interesse des wahren Mozartkults vollkommen ferne stehe«. Ich antwortete der Frau Lehmann350 unter Anführung mehrfacher Gründe, daß sie nach meiner Ansicht eine solche Veröffentlichung nicht veranlassen solle, und glaube daher, daß sie von dieser Absicht abgekommen sein dürfte. Frau Lehmann hängt am Mozarteum mit solcher Liebe, daß sie sicher nichts unternehmen wird, was dem Mozarteum irgendwie schaden könnte. Ich will die kostbare Zeit des vielgeplagten Stadtoberhauptes nicht länger in Anspruch nehmen und bitte Euer Hochwohlgeboren überzeugt zu sein, daß ich, soweit es auf mich ankommt, alles thun werde, um Unstimmigkeiten zu vermeiden und gegebenenfalls auch, soweit es in meiner Macht liegt, zu schlichten. Bei meiner nächsten Anwesenheit in Salzburg werde ich mir die Ehre geben, Euerer Hochwohlgeboren meine heutigen brieflichen Ausführungen noch mündlich zu ergänzen. Ich möchte mein heutiges Schreiben nicht schließen, ohne meiner Freude Ausdruck gegeben zu haben, daß der Mozarttag die so außerordentlich großen Verdienste, welche sich Euer Hochwohlgeboren um das Mozarteum erworben haben, durch die Verleihung der Goldenen Mozartmedaille in schuldiger Dankbarkeit anerkannte und bedauere nur, daß ich bei dieser Tagung nicht anwesend war, um für diese Ehrung auch meine Stimme abgeben zu können. Genehmigen hochgeehrter Herr Bürgermeister den Ausdruck meiner Verehrung und Hochachtung, mit der ich zeichne als Euer Hochwohlgeboren ganz ergebenster /Lewicki/

176. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 24. Jänner 1918. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Ihr wertes Schreiben von 22 d. M.351 habe ich erhalten. […] 349 Keine Vorlage überliefert. 350 Keine Vorlage überliefert. 351 Keine Vorlage überliefert.

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Von einem Spionagendienst, den G.352 eingerichtet hat, kann wohl keine Rede sein, aber es ist doch selbstverständlich, daß Damisch als Intimus des G. alles berichtet, was gegen G. gesprochen wird. Ob G. die Lehrer für die Festspielhaus Aktion gewinnen wollte, weiß ich nicht. Das eine ist mir wohl bekannt, daß er mit ihnen wegen eines Konzertes zugunsten des Festspielhauses sprach. Das kann er aber auch machen und dürfte denselben Effekt haben, wenn er im Schulausschuß sich befindet oder nicht. Jedenfalls kennt G. die Bedürfnisse des Mozarteums und des Konservatoriums sehr genau und er gehört zu den wenigen, die sich nicht scheuen, ihrer Meinung auch Ausdruck zu geben. Nachdem wir ja auch auf dem Standpunkte stehen, daß G. aus dem Zentralausschusse und dem Fünfer-Komitee austreten soll und man diesen Standpunkt auch rechtfertigen kann, so möchten wir Sie wohl bitten, sich mit dem Erreichten zufrieden geben zu wollen. Wenn G. das richtige Gefühl hätte, so müßte er auf das hinauf ja doch aus dem Kuratorium austreten. […] Mit den besten Empfehlungen Ihr ergebener /Dr. Ludwig Sedlitzky/

177. Ferdinand Künzelmann  :353 »Salzburger wirtschaftliche Ausblicke« [24. Jänner 1918] Dies alles, was hier gesagt werden soll, sind Einfälle, Anmerkungen, Randbemerkungen und Beobachtungen eines Menschen, der ein gutes Stück in der Welt herumgekommen ist, der Salzburg seit vielen Jahren kennt, der alljährlich bald ein paar Tage, bald ein paar Wochen in Salzburg war, und den die liebe Stadt gerade jetzt wieder für eine Zeitlang festgehalten hatte, gerade jetzt, als der Gedanke des S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s e s nach einer Pause von drei Jahren wieder lebendig zu werden anfängt und Gedanken und Menschen in Bewegung setzt. Ein freundlicher Zufall hat den Schreiber dieser Zeilen mit diesem Gedanken und den Menschen, die ihn vertreten und ins Werk setzen wollen, in Verbindung gebracht, und er hat sich als Verehrer Mozarts, als Freund der Stadt Salzburg, deren Schönheit er so viel zu danken hat, leicht und schnell für dieses Festspielhaus begeistert, denn es kommt ihm so vor, als würde mit diesem Hause alles das gekrönt und vollendet, was für das Salzburg nach dem Kriege zu tun und in Angriff zu nehmen ist. 352 Friedrich Gehmacher. 353 Zu Ferdinand Künzelmann vgl. die Anmerkung auf S. 78 im Abriss zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele.

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Wer oft als Fremder hier war, dem kommt, das muß man nun schon eingestehen, die Stadt manchmal ein wenig wie die verzauberte Prinzessin aus dem Märchen vor. Die Stunde scheint günstig, an die Lösung dieser Verzauberung zu denken, also das ins Werk zu setzen, was in Salzburg geschehen kann, um das Leben immer mehr nach Salzburg hineinzuziehen, ohne doch die ganz besondere Art der Stadt anzutasten oder zu zerstören. In Salzburg weiß jeder, daß die Fremden aus aller Welt Salzburg lieben, und daß jeder, der einmal da war, immer den Wunsch hat, wiederzukommen. Aber jedermann weiß auch, daß die Gäste leider selten einen längeren Aufenthalt in Salzburg nehmen, und daß sie die Stadt meistens nur als den günstigsten Ausgangspunkt für ihre Ausflüge betrachten, die sie natürlich auch nur dann unternehmen können, wenn das Wetter gut ist. Heute genügen zwei Regentage, die ja nun einmal zu den Bergen gehören, daß die Fremden ihren Aufenthalt in Salzburg abbrechen. Schließlich liegt München zu nahe, um sich bei einsetzendem Regenwetter in Salzburg zu langweilen . . . Als Fremder wundert man sich manchmal darüber, daß von der Stadt bis jetzt so wenig, ja, eigentlich gar nichts geschehen ist, um dieser schnellen, fluchtartigen Abwanderung der Fremden vorzubeugen, um den Fremdenverkehr weniger vom Sonnenschein abhängig zu machen. Und es läge doch, schon im Interesse der Salzburger Geschäftswelt, so nahe, daß die Stadt alles täte, um die Fremden zu recht langem Bleiben festzuhalten. Die Kaufleute würden sich wundern, wie groß und mannigfaltig die Kauflust und die Bedürfnisse der Fremden werden würden, wenn diese hier nicht immer nur ein paar Tage, sondern ein paar Wochen blieben. Einen Anhaltspunkt hätten sie doch schon in der Erinnerung an die Zeit der Musikfeste, bei denen, wie ich von vielen Seiten höre, die verschiedensten Geschäftsleute erstaunlich hohe Umsätze erzielt haben, was einzig daran lag, daß die Fremden damals vierzehn Tage bleiben mußten. Dabei hatten sie Zeit, sich in der Stadt und in den Läden umzusehen, und sie fanden überall etwas, was ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprach. Es liegt also, wie mir scheint, der Fall in Salzburg sehr einfach. Salzburg ist von der Natur so reich ausgestattet, daß es nicht nur ein Schmuckstück Österreichs, sondern eine europäische Kostbarkeit geworden ist, zu der von allen Seiten die Fremden ganz von selbst kommen. Die Zahl der Besucher Salzburgs — wie ich höre, reicht sie dicht an die zweimalhunderttausend heran — zeigt deutlich, daß die Stadt nichts mehr zu tun braucht, um diese Zahl noch mehr zu erhöhen. Aus diesem ungeheuren Schwarm von Fremden würde aber gewiß eine stattliche Anzahl längere Zeit, auch bei Regenwetter, in Salzburg bleiben, wenn die Stadt etwas mehr zu bieten hätte als die an und für sich herrlichen und schönen Zeugen ihrer glorreichen Vergangenheit, als ihre Kirchen und Baudenkmäler, als das ganze in seiner Schönheit so einzigartige Stadtbild.

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Die Fremden, die Reisenden von heute, von denen ein großer Teil nach der Arbeit des Jahres Erholung und Zerstreuung sucht, verlangen von einer Stadt, wo sie längere Zeit bleiben sollen, mehr als den Anblick schöner und bedeutsamer Bauten, mehr als den Hauch einer großen Vergangenheit. Man müßte also trachten, sie, da sie nun doch schon einmal da sind, festzuhalten. Dazu gäbe es die verschiedensten Mittel und Wege. Vor einigen Jahren hörte ich in Salzburg viel von der Errichtung eines Kurmittelhauses reden, und man sprach damals gern und oft von den geräumigen Stadtsälen, die man bauen wollte. Leider sind diese schönen Pläne niemals über das Stadium der Vorbesprechungen hinausgekommen. Ihre Verwirklichung hätte aber gestattet, Kurtaxen einzuheben, ein großes Orchester zu schaffen und in angemessenen Räumen dem Fremdenleben Salzburgs einen Mittelpunkt zu geben. Eine solche großzügige Gründung ist aber eine rein kommunale Angelegenheit wie etwa der Ausbau der elektrischen Bahn und eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung usw. und steht als solche außerhalb des Bereiches der Macht und der Befugnisse des Einzelnen. Ganz anders verhält es sich dagegen mit dem Bau des jetzt geplanten Festspielhauses und der Aufbringung der dazu erforderlichen Mittel. Dieses Werk der Kunst und der Kultur, das in Salzburg erstehen und der Welt gehören soll, wird überall freundliche Aufnahme finden, und man wird deshalb mit diesem Plan weit über die Grenzen Österreichs hinaus sammelnd und werbend an alle Freunde der Kunst, der Schönheit und der Freude herantreten können. An dieser Stelle wollen wir aber nicht von der großen Bedeutung dieses Festspielhauses für das ausblühende künstlerische Leben Salzburgs sprechen, sondern wir wollen uns nur mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten beschäftigen, die eine natürliche Folge dieses Baues sein werden. Das schönste Beispiel für den großen Einfluß, den ein solches Festspielhaus auf die Entwicklung einer Stadt haben kann, bietet Bayreuth mit dem anfangs der siebziger Jahre erbauten Richard Wagner-Theater. Als sich Wagner Bayreuth als Stätte seiner Bühne aussuchte, war die Stadt klein und weltverloren. Im Laufe dieser vierzig Jahre, in denen in Bayreuth Festspiele stattfinden, hat sich diese Stadt auf das Bedeutsamste gewandelt. Das Bayreuth von ehedem, die verlassene Residenz prunkliebender Markgrafen, ist, ohne ihre alten und besonderen Reize verloren zu haben, eine moderne, vom regen Leben erfüllte Stadt geworden. An Stelle kleiner Läden von einst sind moderne, allen, auch den verwöhntesten Ansprüchen genügende Geschäfte getreten, große Hotels wurden erbaut, und ganze Villenviertel sind entstanden. Hand in Hand mit dieser Vergrößerung sind auch alle städtischen Einrichtungen gewachsen, so daß sich die Lebensführung der Einheimischen trotz des enormen Fremdenverkehres nur unbedeutend verteuert hat. Fast jeder Bayreuther zieht aber, sei es auch nur durch Vermietung eines Zimmers, Nutzen von dem großen Fremdenstrom, den die Festspiele in die Stadt bringen.

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Bayreuth wie Salzburg erfreuen sich des Vorzuges einer schönen Natur, einer höchst reizvollen Umgebung. Aber auch der größte Lobredner und Freund der deutschen Mittelgebirgslandschaft, die von Bayreuth schnell zu erreichen ist, wird zugeben müssen, daß Salzburg von der Natur noch ungleich mehr bevorzugt ist als die Stadt am roten Main. Beide Städte haben ferner eine bunte, großartige, höfische Vergangenheit gemeinsam, die ihnen mit ihren Bauten aus jener Zeit ihr ganz besonderes Gepräge gibt. Die großen Verschiedenheiten des Stiles, die es zwischen der Vergangenheit des weltlichen Bayreuths und der verklungenen geistlich-weltlichen Herrlichkeit Salzburgs gibt, brauchen uns hier nicht zu kümmern. Genug ist, daß beide Städte das haben, was man mit dem abgegriffenen Worte »Stimmung« bezeichnen kann, und diese Stimmung ist es eben, die, wenn man so sagen darf, die leichteste Möglichkeit gibt, sich ganz vom Alltag loszulösen, was für den ruhigen, festlichen Genuß großer Kunst die allergünstigste Vorbedingung ist. Über beiden Städten liegt ein unvergleichlicher Hauch von Schönheit, von Heiterkeit, ein Schimmer von Größe und Romantik, der die Seele bewegt und festlich stimmt, der sie empfindlich, empfänglich und aufnahmsfähig macht. Über dieses Gemeinsame hinaus hat aber das Salzburg von Heute sehr große und weitgehende Vorzüge vor dem kleinen Bayreuth von Einst. Vor allem ist es zunächst die unvergleichlich günstige geographische Lage, die Salzburg wirklich zu einem Mittelpunkt Europas macht, der von allen Richtungen der Windrose leicht zu erreichen ist, während Bayreuth auch heute, trotz aller Verbesserungen im Eisenbahnverkehr, noch immer etwas abseits liegt. Und dann hat Salzburg heute schon, eben dank seines großen Fremdenverkehres, eine stattliche Anzahl guter Hotels, die in Bayreuth erst nach Errichtung des Festspielhauses entstanden sind. Ist es erst einmal gelungen, durch die Verwirklichung der besprochenen Projekte den Fremdenverkehr in die gewünschten Bahnen zu lenken, so würden der Stadt sehr bald neue bauliche Aufgaben erwachsen, denn gerade wie in Bayreuth würden sich von den Fremden, die durch einen Aufenthalt von mehreren Wochen in Salzburg festen Fuß gefaßt haben, manche entschließen, hier ständigen Aufenthalt zu nehmen. Vielleicht würde sich schon heute hier mancher gern niederlassen, wenn nur mehr kleine Villen und Einfamilienhäuser zu haben wären. Daß gerade diese fehlen, hat mich immer in Erstaunen gesetzt, gerade wie es mir weh tut, daß sich die neuen Teile der Stadt aus hohen, geschlossenen Häuserblocks im Ringstraßenstil zusammensetzen, was zu dem heiteren, anmutigen Charakter der Altstadt und zu ihrer Umgebung durchaus nicht stimmt. Mit einem Worte  : das kleine stille Salzburg ist plötzlich eine Stadt der Projekte, der großen Unternehmungen geworden, von denen die einen durch fleißige Werbetätigkeit ihrer Freunde in Gang gebracht werden können, während die andern ganz und gar Sache der Stadt und der Gemeinde sind. Aber alle sind Brücken zu einem Ziel  : Salzburg muß hinfort aufhören, wie bisher ein Zufallsaufenthalt zu sein.

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178. Friedrich Gehmacher an Viktor Freiherr von Ehmig [o. D.; ca. Anfang Februar 1918] S. g. Herr Baron  ! In der kombinierten Sitzung des Konzert- und Schulausschusses am Montag, den 28.1. d. wurde der Beschluß gefaßt, gegenüber dem Unternehmen des Prof. Max Reinhart, welches vorläufig in der Veranstaltung von Freiluftaufführungen bestehen soll, den Standpunkt wohlwollender Duldung einzunehmen.354 Beinahe gleichzeitig wurde ich von einem Mitglied des Curatoriums in Kenntnis gesetzt, daß sich Herr v. Lewicki bzw. Frau Lehmann mit meinem Rücktritte von der Stelle des Vorstehers der Mozartgemeinde nicht begnüge, sondern meinen Austritt aus dem Fünfer Ausschuß (Geburtshaus) verlange. Es ist bekannt, daß sich die Festspielhausgemeinde, deren Organisation ich angehöre (was das punctum litis355 bildet), sich das Ziel gesetzt, in Salzburg ein Festspielhaus für dramatische und orchestrale Aufführungen im Sinn des Mozartcultes und der Traditionen und idealen Bestrebungen des Mozarteums zu errichten. Insbes.[ondere] soll durch die Festspielhausaktion verhindert werden, daß die Ausschrottung der in Salzburg bodenständigen Musikfeste nach der geschäftl.[ichen] Richtung hin (Reinhart) erfolge. Ich bin also in der Situation, daß ich von einer Gruppe von Cur.[atoriums-]Mitgliedern in einer nunmehr schon alles Maß des Zulässigen übersteigenden Weise wegen einer Angelegenheit angegriffen und verfolgt werde, die von einem anderen Teile des Curatoriums wohlwollend geduldet wird. Ich kann nach meiner Meinung und der Anschauung unparteiischer Dritter unter diesen Umständen weiterhin nicht mehr im Curatorium des Mozarteums verbleiben und melde deshalb hiemit meinen Austritt.356 Ich füge dieser Rücktrittserklärung die Bemerkung an, daß ich nicht für eine Ablehnung des Reinhardschen Unternehmens bin, aber nur aus dem Grund, weil mit demselben geschäftliche Vorteile für die Stadt verbunden sind, eine Ablehnung daher von manchen Kreisen sehr verübelt würde. Im Übrigen bin ich aber der Meinung, daß es zielbewußter und kräftiger Abwehrmaßregeln bedarf, um zu verhindern, daß sich aus dem heute in der harmlosen Form

354 Max Reinhardt hatte sich im Jänner 1918 mit der Mitteilung an die Salzburger Landesregierung gewandt, dass er beabsichtige in Salzburg eine Freiluftbühne zu bespielen. Vgl. Salzburger Landesarchiv, Präs. Index 1918, Protokollzahlen 55635, 6089, Akte IX B 5635. Das Schreiben ist allerdings nicht überliefert. 355 Lat.: »Gegenstand des Streites«. 356 Der Rücktritt wurde nicht angenommen.

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von Freiluftaufführungen einziehenden Unternehmen Reinharts eine dauernde Beeinflussung der bestens akkreditierten Salzburger Musikfeste in jüdisch spekulativem Sinne ergibt. – In diesem Sinne will ich mit allem Eifer weiterhin an dem Aufbau der Salzb.[urger] Festspielhausgemeinde mithelfen. Wenn ich zurückblicke, so kann ich mit gutem Gewissen sagen, daß ich stets mein bestes Wollen und Können für das Emporblühen und das Gedeihen des Mozarteums eingesetzt habe. An ein weiteres gedeihliches Zusammenarbeiten ist aber unter den jetzigen Verhältnissen, die das Curatorium dauernd dulden zu wollen scheint, nicht mehr zu denken. Ich scheide nicht etwa, um mich vor einer gewissen Machtgruppe zurückzuziehen, sondern aus der Überzeugung, daß mein weiteres Bleiben dem Mozarteum, mit dem ich stets enge verwachsen werden bleibe, nicht zum Vortheile gereichen würde. Den mir freundl.[ich] gesinnten Herren des Curatoriums bitte ich meine Abschiedsgrüße zu vermitteln und danke insbes.[ondere] Euer Hochwohlgeboren für das mir stets bewiesene liebenswürdige Entgegenkommen als Ihr stets ergebener [Friedrich Gehmacher]

179. Friedrich Gehmacher  : Entwurf einer Stellungnahme [ca. Anfang Februar 1918] In der Sitzung des Konzert- und Schulausschusses vom /28. Januar d. J./ haben sich die vereinigten Ausschüsse dahin geeinigt, dem Reinhart’schen Festspiel-Projekte gegenüber eine wohlwollende Duldung einzunehmen und zu trachten, daß das Mozarteum aus dieser Unternehmung einen möglichst großen künstlerischen und materiellen Vorteil schöpfe. Diese Stellungnahme wurde unter anderen von Professor Huttary damit motiviert, daß das Reinhart’sche Unternehmen vollständig getrennt vom Mozarteum gehe und daß man daher gegen dasselbe analog dem in der Festspielhaus-Frage eingenommenen Standpunkte nichts einwenden könne. Einen Tag vor dieser Aussprache hat der gleiche Professor Huttary an mich namens der Cooperation Lehmann-Lewicki die Aufforderung gerichtet, nunmehr auch noch die Stelle eines Funktionärs im Fünfer-Komité (Geburtshaus) zurückzulegen. Obwohl also in der Festspielhaus-Angelegenheit die von Lehmann-Lewicki (nebenbei bemerkt, sachlich ganz grundlos) aufgestellte Forderung der getrennten Behandlung der Festspielhaus-Angelegenheit vom Mozarteum von mir vollinhaltlich vom Anfange an erfüllt wurde, wird von mir ein neuerliches Sühneopfer gefordert, während eine andere Unternehmung, die seinerzeit von meiner Gegnerschaft direkte als das

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Verderblichste, was passieren könnte, bezeichnet wurde, toleriert wird, ja begrüßt worden wäre, wenn nicht Herr Baron Ehmig sich scharf dagegen ausgesprochen und ich auf die Kongruenz der beiden Unternehmungen hingewiesen hätte. Es ist da mit einer, keine Widerlegung zulassenden Klarheit erwiesen, daß die Hetze von der Gegenseite nur rein und ausschließlich aus persönlichen Gründen geführt wird (weil ich der Frau Lehmann zu wenig unterwürfig gegenüberstehe) und daß meine gewesenen Freunde heute in einer Sache gegen mich Stellung nehmen, die sie morgen wohlwollend dulden. Ich kann dieses Unrecht nicht mehr länger ertragen. Hätte ich /schon in der ersten Zeit/ einen Anwalt gehabt wie Dr. Paumgartner, der mir bei seinem Antrittsbesuche erklärte, er erfasse die Bedeutung der Festspielhaus-Angelegenheit in ihrer vollen Größe und sei begeistert für dieselbe, so hätte die ganze Festspielhaus-Angelegenheit eine andere Wendung bekommen. Ich habe die ehrliche Absicht gehabt, für das Mozarteum den erweiterten Rahmen für seine künstlerische Betätigung zu schaffen, hiefür Geld zu sammeln, das uns indirekte schon lange vor Schaffung des Festspielhauses Nutzen bringen sollte. Risiko war damit für das Mozarteum weniger verbunden wie mit jeder der anderen Fortschrittsaktionen, die jetzt geplant werden, weil es sich mir ja nur um die Sammlung von Geldmitteln handelte und die seinerzeitige wirkliche Erbauung des Festspielhauses immer von einem Beschlusse des Kuratoriums abhängig gewesen wäre. Nur daß ich, der nicht unbedingt Unterwürfige den Plan ausgesprochen habe, war der Fehler. Frau Lehmann und Herr von Lewicki sind auch etwas vom Mozarteum abhängig, nicht nur das Mozarteum von diesen. Wenn sich eine kleine Fraktion im Kuratorium gefunden hätte, welche nach Erkennung der wahren rein persönlichen Ursache der Opposition das ursprünglich im Mozartgemeinde-Ausschuß einstimmig angenommene Festspielhaus-Projekt der Frau Lehmann und insbesondere dem Herrn von Lewicki gegenüber verteidigt hätte, so wären diese bestimmt von ihrer, sachlich ganz und gar grundlosen Opposition abgekommen und ich hätte wieder mit voller Tatkraft für das Mozarteum und insbesondere für die großzügigen, das Zusammenarbeiten mehrerer Faktoren erfordernden Pläne des Herrn Direktors Paumgartner (in welche das Festspielhaus-Projekt nach seiner eigenen Versicherung sehr gut hineingepaßt hätte) arbeiten können. Da sich aber gar niemand meiner mit Ernst angenommen hat, konnte die Sache so weit kommen, daß ich heute, nachdem ich ohnehin schon meinen Rücktritt vom Amte eines Vorstehers der Mozartgemeinde erklärte, auch noch weiters die beschämende Aufforderung erhalte, aus dem Fünfer-Komité auszutreten, weil mich Frau Lehmann darin nicht dulden will. /Um dieser unverdienten persönlichen Verfolgung zu entgehen bin ich bemüßigt meinen Austritt aus dem Curatorium nunmehr doch zu erklären.

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F. Gehmacher/ 180. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzburg 3/2 18 Sehr geehrter Herr v. Lewicki  ! Die Verhandlungen mit G.357 gestalten sich langwieriger, als ich gedacht hatte, daher kann ich erst heute in der Angelegenheit berichten. – Der erste Punkt, Zentralausschuß d. Mozart-Gemeinde, ist vollständig bereinigt, G. legt nicht nur die Zentral-VorsteherStelle zurück, sondern scheidet auch aus dem Ausschuß der Mozart-Gd. aus. – Bezüglich des Fünfer K[omi]te[e]-Geburtshaus ist G. der Meinung, diese Sache gebe mit dem Festspielhaus keine Berührungspunkte, hier könne er ganz unbefangen mitarbeiten  ; ich besprach mich diesbezüglich dann mit Hr. Kerber u. Herrn Bürgermeister, welche beide – obwohl sie in Bezug auf das Festspielhaus u. Mozartgemeinde unseren Standpunkt vollständig teilen – keine Bedenken hätten, wenn G. im Fünfer-Ausschuß verbleiben würde. Ich würde Sie daher bitten, sich die Sache noch einmal zu überlegen, vielleicht könnte G. auf diesem Gebiete doch ersprießlich für das Moz.[arteum] mitarbeiten. Diesem Kte gehört ja auch Kerber an u. vielleicht könnte an Stelle des zurückgetretenen Dr. Peyrer ich noch eintreten – es war ja auch früher ein Sechser Kte – um ein entsprechendes Gegengewicht zu schaffen. Übrigens erklärte mir Gehmacher, wenn Frau Lehmann daran die Zurückziehung ihres Entschlusses – Niederlegung des Ehrenpräsidiums d. Mtgd.358 – abhängig machen würde, sei er auch bereit aus diesem Kte auszutreten  ; gleichzeitig fügte er bei, dann trete er überhaupt aus dem Kuratorium aus  ! – − […] Mit herzlichen Grüßen Ihr ergeb. Huttary

181. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 5. Februar 1918 Verehrteste gnädige Frau  ! Um ½ 12 nachts setze ich mich nochmals zum Schreiben nieder.

357 Friedrich Gehmacher. 358 Mozartgemeinde.

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Damisch zeigte mir sehr kleinlaut ein Schreiben Jungs, in dem ihm derselbe mittheilt, daß in einer Sitzung des Mozarteums Baron Hiller359 die Mittheilung machte, daß Reinhardt an die Landesregierung die Nachricht gelangen ließ, er wolle in Salzburg eine Freilichtbühne gründen. In dem Briefe Jungs leuchtet das heftige Entsetzen Gehmachers und seiner Jünger über diese Konkurrenz durch, Jung schließt sein Schreiben mit dem Satze, daß Fr. Lehmann und Lewicki dieses jüdische Unternehmen selbstredend auf Leben und Tod bekämpfen werden. Ja freilich  ! Wir werden es keineswegs bekämpfen, sondern uns darüber freuen, da es das Gehmacher-Festspielhaus im Mutterleibe so Gott will ersticken wird. Kann das Reinhardt-Projekt dem Mozarteum schaden  ? Nein. Warum nicht  ? 1.) Reinhardt wird seine Gelder nicht sammeln, sondern Kapitalisten hinter sich haben, also den Mozartgemeinden nicht das Wasser abgraben, wie das auf Sammlungen basierte Festspielhaus. 2.) Wird auf einem Freilichttheater (und zwar denkt R. sicher nicht an ein intimes Freilichttheater à la Mirabell-Theater sondern an eine Riesen-Arena) sicher keine Mozartoper aufgeführt werden, sondern andere Stücke mit Massenwirkung. Uns interessieren nur die Mozart-Opern, die wir weiter in unserem intimen Rahmen geben wollen. 3.) Selbst wenn R. seine Rummelvorstellungen gleichzeitig mit unseren Festspielen geben würde, schreckt mich das nicht, im Gegenteil, die von Rs Tamtam herbeigelockten Menschen, würden sicher auch unsere Veranstaltungen besuchen. 4.) Rs Projekt ist ein wirksames Gegengift gegen das Festspielhaus, welches allein uns schaden würde. Es wäre also unklug, wenn wir uns dagegen stellen würden und dadurch dem Festspielhaus einen sehr ernst zu nehmenden Gegner bekämpfen helfen würden. Ich bin kein Freund der R’schen Aufmachungen – aber gegen Gs Projekt kann er uns unbewußt ein Helfer sein. Denken wir bezüglich Gs an das Sprichwort à corsaire corsaire et demi.360 Kennen Gnädige Frau den R.? Jedenfalls scheint G. heilsam erschrocken zu sein. Köstlich ist nur, daß man so naiv ist und von uns erwartet, daß wir der Situation so kurzsichtig gegenüberstehen würden, daß wir R. bekämpfen und dann G. den Weg frei machen. Gute Nacht  ! Mit Handkuß ergebenster Lewicki.

359 Karl Freiherr von Hiller-Schönaich (1866–1949), Hofrat im Landespräsidium, Mitglied des Kuratoriums der ISM. 360 Französ., sinngemäß  : »Eine List ist der andern wert«.

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182. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 5. Februar 1918 […] Mitteilungen lassen mich aber befürchten, daß wir mit unserem Verein das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen. Wir locken den Reinhardt her, statt ihn abzuhalten […]

183. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 6. Februar /1918./ Lieber Freund  ! Aus Deinen Nachrichten kann ich nicht mehr klug werden. Wie kommst Du zur Meinung, daß wir mit unserem Verein Reinhardt nach Salzburg locken  ? Reinhardt hat doch schon vor 2 Jahren mir erklärt, daß er nach Salzburg will und hier mit Freilichtaufführungen beginnen wird. Wir wollten doch durch unseren Verein unter anderem auch verhindern, daß Reinhardt das Festspielhaus baut. Die Freilichtaufführungen kann er ja machen. Eventuell müßten wir sogar eine Verbindung mit ihm eingehen, nur damit wir einen bestimmenden Einfluß auf das Festspielhaus gewinnen und Reinhardt nicht allein herrschen soll. Also, es hat sich doch in dieser Sache gar nichts zu unseren Ungunsten verschoben, nur wissen wir jetzt offiziell, daß Reinhardt hieher kommt, woraus nicht Deine Schlußfolgerung, sondern die gegenteilige sich ergibt, nämlich daß die Festspielhausgemeinde alles daran setzen muß, recht groß und stark zu werden, um auf Reinhardt Einfluß zu gewinnen. Weiter sagst Du  : auf Lehmann-Lewicki wird das keinen Eindruck machen, denn denen ist nur darum zu tun, Dich niederzukämpfen. Ja, ich bitte, warum sagst Du mir das in jedem Schreiben  ? Ich bin ja bereit, mich vollständig zurückzuziehen, wenn ich aber diese Absicht verwirklichen will, dann bist Du auch wieder dagegen. Du kannst doch nicht verlangen, daß ich allein fortwährend einen Kampf gegen Lehmann-Lewicki führe  ? Mir sind die beiden persönlich aber schon ganz gleichgiltig, ich kämpfe ja nur der Sache wegen, wenn Du aber immer sagst, der Kampf gilt nicht der Sache sondern der Person, ja dann lasse doch zu, daß die Person verschwindet, dann wird die Sache auch Ruhe haben. Ich halte ja auch diesen fortwährenden persönlichen Kampf nicht aus, sondern gehe daran zu Grunde  ! Endlich schreibst Du, daß in Salzburg kein guter Wind weht. Wir arbeiten Tag und Nacht für die Festspielhaus-Gemeinde, haben auch jeden Tag unsere Erfolge und beklagen nur, daß sich die Zentrale in Wien gar nicht rührt und nicht weiter tut, und jetzt schreibst Du, bei uns weht kein guter Wind. Da soll sich wirklich der Teu-

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fel auskennen, ich bin aus Deinen Mitteilungen schon ganz wirr  ; jedenfalls bitte ich Dich aber jetzt sehr dringlich, mir offen und ehrlich zu sagen, ob Du Deine Meinung geändert hast und ob Du mir insbesondere erlauben kannst, daß ich mich zurückziehe, denn diese fortwährende Erregtheit kann ich nicht aushalten. Entweder wir scheren uns nicht mehr um Lewicki und die anderen Chinesen und arbeiten auf unser Ziel unentwegt, oder wir geben das ganze auf. Das letztere wäre mir unter den gegebenen Verhältnissen natürlich schon das Liebere. Bitte laß aber bei Deiner Antwort alle falsche Sentimentalität bei Seite, erkläre offen, daß Du Dich bei der Sache nicht hinaussiehst, oder erkläre das Gegenteil, aber kommen wir endlich zu einer festen Linie, bei der wir aber auch dann verbleiben und die wir tätig verfolgen. Das formelle Fortverhandeln hat jedenfalls keinen Zweck und bringt uns alle miteinander in ein sehr schiefes Licht. Herzlichen Gruß Dein [Friedrich Gehmacher]

184. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzburg, 9/2 18 Sehr geehrter Herr v. Lewicki  ! Bestätige den Empfang Ihrer beiden Briefe v. 5. d. M.,361 worauf ich mich sofort bemühte, die Verhandlungen fortzusetzen  ; heute vormittag begaben ich sich Baron Ehmig, Kerber u. Dr. Nusko zu Gehmacher und veranlaßten ihn, aus dem Fünfer Ausschuß auszutreten – seine angebotene Demission aber zurückzuziehen  ; es liegt also nunmehr die bindende Erklärung G.s vor, 1.) aus dem Ausschuß der Mozartgemeinde u. 2.) aus dem Geburtshaus-Ausschuß auszutreten u. damit glaube ich die Vorbedingungen geschaffen zu haben, auf Grund derer ich nunmehr Sie bitte, Ihre Bemühungen bei Frau L.362 fortzusetzen. Die konstituierende Sitzung d. Kuratoriums dürfte nunmehr Dienstag nächster Woche sein, falls Dr. Sylvester hier ist. […] Von dem Proj.[ekt] Reinharts – Freilichtaufführungen in Hellbrunn, haben Sie schon Kenntnis  ? Ich bin der Meinung, wir haben keine Ursache, dagegen Stellung zu nehmen – sind doch die Festspielhaus-Anhänger darüber ganz consterniert  ! Hingegen möchten wir an die Schaffung eines ständigen Mozart-Orchesters schreiten u. uns Ihrer Mitarbeit versichern  ! Die lokalen Faktoren Landespräsident u. Bürgermeister stehen der Sache wohlwollend gegenüber. […] 361 Keine Vorlage überliefert. 362 Lilli Lehmann.

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Indem ich nochmals bitte, Ihre Bemühungen bei Fr. Lehmann fortzusetzen – sie möge nunmehr die neue Leitung d. Mozartgemeinde – stützen und fördern, bin ich mit herzlichen Grüßen Ihr ergeb. Huttary

185. Bernhard Paumgartner an Rudolf von Lewicki Salzburg, am 9. Februar 1918. Sehr geehrter Herr von Lewicki  ! Die Reinhardt-Angelegenheit wurde mir schon vor cirka 2 Wochen in einer Schulausschussitzung bekannt, in welcher Baron Hiller-Schönaich den Herren des Kuratoriums mitteilte, daß der Plan eines solchen Freilichttheaters bestehe und von reichsdeutscher Seite durch die Botschaft außerordentlich gefördert werde, da man auf diese Weise den Fremdenstrom vom feindlichen oder neutralen Ausland ins befreundete Oesterreich lenken wolle. Baron Hiller-Schönaich bat im Namen der Regierung die Herren des Kuratoriums dazu Stellung zu nehmen. Was ich Ihnen jetzt sage, ist natürlich höchst privatissime. Ich habe sofort in der Erkenntnis, daß uns diese Unternehmung nicht nur nicht schaden könne, da sie künstlerisch etwas ganz anderes darstellt, als wir anstreben, sondern uns sogar dadurch sehr nützlich werden kann, daß wir 1.) sub titulo, daß wir von der Konkurrenz Reinhardt als autochthone Salzburger Institution nicht an die Wand gedrückt werden, zur Veranstaltung von Aufführungen oder ähnlichen zu gleicher Zeit eine namhafte Subvention nicht nur von österreichischer sondern auch von reichsdeutscher offizieller Seite herausschinden können, daß 2.) dieses auch zur Entwicklung unseres Orchesterplanes sehr günstig ist (Sommerorchester) und daß 3.) wir das Publikum, das heute zu Reinhardt geht, am anderen Tag, wo dieser nicht spielt, mit Mozarteumsveranstaltungen hineinbringen können – in dieser Voraussicht bin ich sofort dafür eingetreten, der Reinhardtidee nicht entgegenzutreten, da uns dies sowieso nichts nützen würde, sondern sie wärmstens zu fördern, da sie uns aus den eben angegebenen Gründen sehr nützlich werden kann. Im Geheimen habe ich natürlich sofort gewußt, daß ein Gelingen dieser Idee einen Ruin der Festspielhausidee bedeutet, und habe mich darin nicht getäuscht, denn schon am nächsten Tag waren, wie ich dort erfuhr, Gehmacher und noch jemand bei der Landesregierung, die indes, wie ich Ihnen schon schrieb, der Festspielhaussache keineswegs günstig gegenübersteht. Ich glaube also, daß die für uns vorteilhafte Politik, die ist, die Festspielhaussache ruhig laufen zu lassen und sowenig Wesen daraus zu machen als möglich, die Reinhardt-Idee kräftig zu fördern, und unsererseits ein wirksames Programm aufzustellen und durch Gewinnung zahlungskräftiger Leute und agitatorischer Elemente,

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bevor sie sich für das Festspielhaus verpflichtet haben, der gegnerischen Sache ein für allemal [zu]vorzukommen. Dieses Programm wäre einerseits Erweiterung des Hauses und Inangriffnahme der Orchesteridee gemeinsam mit der Stadt. Sollte es uns möglich sein, für die Erweiterung des Hauses, worunter ich natürlich auch eine vom Mozarteum räumlich getrennte Erweiterung verstehe (Endmoser-Villa),363 soviel Geld aufzutreiben, daß wir darin auch ein Theater anbringen, welches nicht nur für die Opernschule, sondern auch für Mozartfestspiele geeignet wäre, so wäre dadurch der Schule ebenso genützt, wie dem Gedanken eines großen Festspielhauses entgegengetreten, wenn dies alles auch richtig Zukunftsmusik ist. Doch muß man jetzt immerhin mit aller Energie etwas, das große Publikum interessierende betreiben, um unsererseits die Karten in der Hand zu behalten. Auch müßte für unser Projekt die Creme der österreichischen und deutschen Gesellschaft gegenüber Krumpholz364 und Konsorten gewonnen werden. Aber jedenfalls muß etwas unsererseits geschehen, damit wir uns drüber nicht den Rang ablaufen. Für das Mozarteum wäre es jedenfalls das geeignetste, wenn die leidigen Zwistigkeiten im Kuratorium einmal aufhören würden, und dafür mehr praktische Arbeit von allen Herren geleistet werden möchte. […] Seien Sie herzlichst gegrüßt, von Ihrem ergebenen /Dr. Paumgartner Bitte mir diesen Brief zu bestätigen  !/

186. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 10. Februar 1918. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für Ihr Schreiben vom 6. d. M.365 […] Gnädige Frau sind so liebenswürdig, mir den Inhalt Ihres Schreibens an Da366 zu skizzieren. Verzeihen Sie gütigst meine Offenheit, aber zum ersten Male bin ich mit 363 Franz Endmoser (1864–1941), Papierfabrikant in Lengfelden bei Salzburg. Seine Stadtvilla befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Mozarteums in der Schwarzstraße. 364 Polemik gegen Mauriz Krumpholz  ; vgl. die Anm. in Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917). 365 Keine Vorlage überliefert. 366 Gemeint ist damit vermutlich Heinrich Damisch. Weiter unten ist jedoch die Rede von einem Schreiben an den Salzburger Bürgermeister Max Ott. Eine Vorlage dazu ist nicht überliefert.

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einem Schreiben, das aus Ihrer Feder kommt, nicht ganz einverstanden und fürchte, daß Sie in diesem Schreiben einige unserer Trümpfe weggegeben haben. Wie sich Gnädige Frau erinnern dürften, wurde in der Kuratoriums-Sitzung vom September 1917 von der Gehmacher-Partei der Antrag gestellt, die neu konstituierte Festspielhaus-Gemeinde zu begrüßen. Wir bekämpften diesen Antrag auf das heftigste. Darauf wurden uns durch die G-Partei die Statuten des neuen Vereines vorgelesen, in welchen das Mozarteum mehrfach erwähnt wird, unter anderem im § 2., wo bestimmt wird, daß das Festspielhaus während der jeweils in Salzburg stattfindenden Mozartfeste für Proben und Aufführungen ausschließlich dem Mozarteum frei zur Verfügung stehen soll. – Ich bekämpfte auch dieses scheinbare Entgegenkommen für das Mozarteum, da dies die Hinterthüre wäre, durch welche die FestspielhausAktion wieder ins Mozarteum hereinkommen kann. Außerdem eignet sich ja auch ein Festspielhaus – also jedenfalls ein großes Theater – nicht für Mozartopern. Wir vertraten damals sogar den Standpunkt, daß selbst in dem unwahrscheinlichen Falle, wenn dieses Haus wirklich einmal stünde, wir aus künstlerischen Gründen für unsere Zwecke das kleine Stadttheater vorziehen würden. Wir verwiesen auf München, wo alle Mozartopern im Residenztheater gegeben werden, obgleich sie dort das große Hoftheater und das Prinzregenten-Theater haben. Wir bekämpften es auch als ungehörig, daß in den Statuten der Name des Mozarteums des öfteren genannt wird, wodurch bei dem Publikum offenbar der Glaube erweckt werden soll, das Mozarteum stehe mit dem Festspielhause im Zusammenhange. – Infolge dieser unserer Opposition unterblieb die beantragte Begrüßung. Mein konsequentes Standhalten auf diesem Standpunkte hatte auch den Erfolg, daß mir Damisch vor einigen Tagen mittheilte, daß Ende dieses Monats eine Generalversammlung des neuen Vereines stattfinden werde, in der die Statuten in meinem Sinne geändert würden, das heißt, daß der Name des Mozarteums in denselben nicht mehr vorkommen werde. Ich lege ein Statuten-Exemplar bei. Alle roth gestrichenen Stellen beanstande ich. Diese sollten alle gestrichen werden. – In Ihrem Briefe an Ott haben aber Gnädige Frau jetzt etwas vorgeschlagen, was wir bis jetzt scharf bekämpft haben, nemlich Reservierung des Hauses für unsere Festspiele. – Ich fürchte, dies wird sehr unangenehme Konsequenzen haben, da wir damit ja sagen, daß das Festspielhaus für Mozartopern geeignet sei und G. dies sicher aufs Äußerste ausnutzen wird. G. wird sicher jetzt sagen, daß wir unseren Standpunkt theilweise aufgegeben haben. […] Mit Handkuß ganz ergebenster Lewicki

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11. Februar. Vor Expedition dieses meines Briefes bekomme ich Briefe aus Salzburg von Huttary und Dr. Paumgartner.367 In Salzburg teilt unsere Partei ganz meine Ansicht, daß das Projekt Reinhardt nicht zu bekämpfen, sondern eher zu fördern sei. Die deutsche Botschaft setzt sich bei der Landesregierung für Reinhardt ein. Wenn ich Reinhardt kennen würde, möchte ich ihm sehr gerne einige Fingerzeige geben. Vielleicht könnten Gnädige Frau irgendeine Verbindung herstellen. R. ist für uns ein wahrer Deus ex machina. Huttary schrieb mir, daß auf Intervention Ehmig, Kerber und Nusko Gehmacher die bindende Erklärung abgab, 1.) aus der Mozartgemeinde und 2.) aus dem Geburtshausausschuß auszutreten. Am Donnerstag elf [Uhr] morgen soll eine Kuratoriumssitzung sein, wo dies fixiert wird. Mein Rat gienge also dahin, daß Gnädige Frau Ihre Demission jetzt zurückziehen. Wir haben momentan das Möglichste erreicht. G. wird uns ja sicher sehr bald wieder Veranlassung geben, weitere Forderungen zu stellen. Seine Position ist jetzt so geschwächt, daß wir ihn mit der Zeit ganz hinausbringen werden. Ich würde folgenden ganz kurzen Brief vorschlagen  : An das Kuratorium des Mozarteums in Salzburg. Der Rücktritt des Herrn Direktors Gehmacher als Zentralvorsteher und sein Ausscheiden aus dem Zentralausschusse (Geburtshausausschuß) veranlassen mich, meine Demission als Ehrenpräsidentin der Mozartgemeinde zurückzuziehen, da ich annehme, daß es Herrn Gehmacher dadurch unmöglich gemacht ist, das Mozarteum in die Festspielhaus-Aktion hineinzuziehen. In der Hoffnung, daß Herr Gehmacher dem ruhigen Entwicklungsgang des Mozarteums durch seine Festspielhaus-Aktion nicht weiter hinderlich in den Weg treten wird, zeichne ich etc. Mit diesem Briefe könnten wir diese Campagne ehrenvoll abschließen. Wir haben nicht alles, aber viel erreicht. Ich bin für das Mozarteum so mit Arbeit überhäuft, daß ich kaum zum Athmen komme und froh [bin], wenn diese Affaire wenigstens provisorisch zur Ruhe kommt. Es ist ein Jammer, wie viel Zeit und Plage man diesem Intriganten G. widmen muß. Mit Handkuß L.

367 Vgl. Dok. 184 (J. Huttary an R. v. Lewicki, 9.2.1918) und Dok. 185 (B. Paumgartner an R. v. Lewicki, 9.2.1918).

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187. Rudolf von Lewicki an Josef Huttary Wien, den 11. Februar 1918 Geehrter Herr Professor  ! Mit bestem Danke bestätige ich den Erhalt Ihres werten Schreibens vom 9. d. M. Ich bin sehr froh, daß die Verhandlungen mit Gehmacher zu einem positiven Resultate geführt haben. Ich für meine Person erkläre mich mit dem Resultate zufrieden, obgleich ich das Gefühl habe, daß auch diese Lösung nur eine provisorische sein wird. G. ist eine Natur, die keine Ruhe gibt. In 2 bis 3 Monaten wird er wieder anfangen, irgendwie oder irgendwo einen Brand zu stiften. Jedenfalls werde ich noch heute an Frau Lehmann schreiben,368 daß ich es für angezeigt halte, wenn sie im Interesse des Mozarteums sich mit dem Erreichten zufrieden gibt und ihre Demission zurückzieht. Ich hoffe, daß sie meinem Rate folgen wird. Allerdings ist sie auf G. immer noch furchtbar erbittert. Vom Reinhart-Projekte habe ich Kenntnis bekommen durch einen sehr bestürzten Brief, den Jung an Damisch gerichtet hat.369 Ich habe die Situation, glaube ich, richtig erfaßt  : R. ist für das Mozarteum keine Gefahr, weder in finanzieller noch in künstlerischer Hinsicht. Er wird für sein Freilicht-Theater die Gelder nicht aus unseren Reservoirs durch Sammeln oder Acquirierung von Anteilscheinen beschaffen, sondern einige große Geldgeber hinter sich haben. Im Freilicht-Theater, welches er jedenfalls in riesigen Dimensionen projektiert, wird er sicher keine Mozart-Opern aufführen. Kommt sein Projekt zustande, so ist das Festspielhaus gefallen. Gesetzt den Fall, es würden seine Freilichtaufführungen und unsere Mozart-Festspiele am gleichen Termine stattfinden, so habe ich auch da keine Angst, da die Tausende von Personen, die zu den Reinhart-Spielen kommen, auch unsere Mozartspiele allimentieren würden. In diesem Sinne habe ich auch sofort an Frau Lehmann geschrieben. Die Schaffung eines ständigen Salzburger Orchesters ist ja schon eine alte Idee und ich habe dieselbe immer sympathisch begrüßt. Ich erkläre mich gerne bereit, dabei mitzuwirken, und glaube nicht unbescheiden zu sein, wenn ich sage, daß ich mir durch meine langjährige Mitgliedschaft in der Direktion des Konzertvereines auf diesem Gebiete eine ziemlich reiche Erfahrung erworben habe. Ich glaube, dieses Projekt wäre am besten so zu lösen, wenn man die Konstruktion adoptieren würde, wie sie zwischen Konzerthaus-Gesellschaft und Konzertverein besteht, also  : 1.) Gründung eines eigenen Salzburger Konzertvereines, 2.) die Majorität in der Direktion dieses Vereines wird statutarisch dem Mozarteum gesichert, 3.) das Wort

368 Vgl. Dok. 186 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 10.2.1918). 369 Keine Vorlage überliefert.

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Mozart-Orchester wäre wohl zu vermeiden und eine allgemeinere Bezeichnung, z. B. »Salzburger Konzertvereins-Orchester« zu wählen. Da während des Krieges an einer Zusammenstellung dieses Orchesters nicht zu denken ist und auch keine finanzielle Kalkulation aufgestellt werden kann, so halte ich es für das beste, wenn wir die Beratungen über diese Aktion auf die Monate Juli und August verschieben würden, wo ich Ihnen dann das ganze Material, was für eine Orchestergründung notwendig wäre, mitbringen würde. Auf schriftlichem Wege ist diese außerordentlich schwierige und von tausend Fragen abhängige Aktion wohl kaum zu lösen. Mit besten Grüßen ganz ergebenster /Lewicki/

188. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 13. Februar 1918 Lieber Freund  ! Der Salzburger Ausschuß hat in einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, die Organisation der Ortsgruppen in der Art durchzuführen, daß an den größeren Orten eine Persönlichkeit als Vorsteher aufgestellt und derselben eine Geschäftsstelle an die Seite gegeben werden soll. Die Geschäftsstelle soll entweder eine Konzert- oder Fremdenverkehrs-Agentur sein und dieser kann für ihre administrative Mitarbeit eine Honorierung zugestanden werden. Unabhängig von der aus diesem Beschlusse für uns sich ergebenden Werbearbeit hat das Konzert-Büro Gutmann370 in Wien über einen von Herrn Jung an Knepler371 gerichteten allgemeinen Aufruf anher gestern ein ausführliches Schreiben gerichtet, in welchem sich ersterer bereit erklärte, unser Unternehmen mit allen Mitteln zu fördern und uns auch eventuell in seinem neuen Büro einen Schalter zur Verfügung stellen zu wollen. Wir möchten nun natürlich das Anerbieten Kneplers sehr gerne annehmen, wollen aber ebenso natürlich vermeiden, daß wir die Arbeiten der Zentrale stören. Sei daher so gut und teile mir mit, ob Ihr nichts dagegen habt, wenn wir bei Knepler eine Niederlassung kreieren. Wir setzen Eure Zustimmung voraus, denn Wien ist groß und Ihr habt ja noch 1000 Möglichkeiten, eine Agitation zu entfalten. Für

370 Von Albert Gutmann (1852–1915) als »K.u.K. Hof-Musikalienhandlung und Konzertbüro Albert Gutmann« gegründetes Unternehmen, das später Hugo Knepler als »Konzertagentur Gutmann« weiterführt. 371 Hugo Knepler (1872–1944), Wiener Buch- und Kunsthändler, Musikverleger und Impresario  ; ermordet im KZ Auschwitz.

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uns ist aber ein Stützpunkt in Wien, der übrigens auch für das Ausland in Betracht kommt, denn Gutmann hat Beziehungen nach Wien und München, sehr wichtig. Heller,372 an den auch ein Aufruf geschickt wurde, hat bis heute noch nichts von sich gegeben. Vielleicht wäre eine Teilung möglich, so daß die Zentrale den Heller nimmt und wir Gutmann. Es läge uns sehr daran, die Sache mit Knepler zu machen  ; wir würden ihn gegebenen Falles hieher zitieren und über die durchzuführende Organisation alles Erforderliche ausmachen. Jedenfalls bitte ich Dich um baldige Erledigung meiner Voranfrage, da wir schon mitten in den Organisationsarbeiten stehen und der Eifer unserer Herren nicht aufgehalten werden soll. Alles Herzliche Dein [Friedrich Gehmacher]

189. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 15. Februar 1918. Lieber Freund  ! Ich bin seit einer Woche an Erithis373 des rechten Auges (leider diesmal am sehenden) erkrankt und konnte Dir daher nicht antworten. Da ich heute Nachmittag trotz elenden Wetters einen Besuch in der Redaktion machte, erhielt ich zufällig noch rechtzeitig Deinen Expreßbrief.374 Ob ich in dieser Angelegenheit etwas tun kann, weiß ich nicht, jedenfalls sei aber versichert, daß ich versuchen werde, beim Militärkommando einen entsprechenden Einfluß ausüben zu lassen. Durch meine Erkrankung ist mir aber leider allerdings die Sache erschwert. Ich werde Dir, falls ich etwas berichten kann, sofort Nachricht geben. Was die Festspielhaus-Angelegenheit anbelangt, so glaube ich, daß sich gegen eine Betrauung des Knepler mit einer Propagandastelle gar nichts einwenden läßt. Er müßte nur darüber informiert sein, daß der Sitz des Vereines im Musikvereinsgebäude sich befindet und daß natürlich dort auch 372 Hugo Heller (1870–1923), Buchhändler und Verleger in Wien. Gründete 1914 ein Konzertbüro, das zahlreiche namhafte Künstler vertrat. 373 Als »Erethismus« wird ein Zustand gesteigerter Reizbarkeit oder Erregbarkeit bezeichnet. Damisch bezieht sich hier auf die medizinisch auch als Iritis bezeichnete Entzündung der Regenbogenhaut. Diese Krankheit machte ihm, wie im Brief angedeutet, Zeit Lebens immer wieder schwer zu schaffen und führte 1923 zu seiner vollständigen Erblindung. 374 Möglicherweise der Brief Gehmachers an Damisch vom 13. Februar 1918 (Dok. 188). Die hier erwähnte »Angelegenheit« könnte sich aber auch auf einen anderen, nicht überlieferten Brief vom 13. oder 14. Februar beziehen.

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eine Propagandastelle errichtet wird. Ebenso kann selbstverständlich auch bei Heller eine solche Stelle geschaffen werden und auch an möglichst vielen anderen Stellen. Laßt euch also in Eurem sehr erfreulichen Eifer nicht hindern, er wird uns jedenfalls nur gute Früchte tragen. Vom Hauptverein Wien und von der Zentrale hoffe ich Dir, sobald ich wieder mein Auge gebrauchen kann, bald gute Nachrichten zu senden. Ich hoffe, daß Du Dich wohl befindest und im Vollbesitze Deiner prächtigen Aktivität bist und daß es auch Deiner lieben Familie gut geht. […] Herzlichste Grüße an Dich und die Deinen. Schreibe bald wieder Deinem /Damisch/

190. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Salzb. 15/2 18 Sehr geehrter Herr v. Lewicki  ! Ihre beiden Briefe v. 11. u. 14. d. M.375 dankend erhalten teile ich Ihnen umgehend mit, daß mir von der neuen |Sache| »Das M.[ozarteum] den Salzburgern« absolut nichts bekannt ist. Es hieße wohl den Lebensnerv des Mozarteums unterbinden, wollte man dieser |Sache| zustimmen  ; das ist ganz undenkbar. Ich würde übrigens einen derartigen Vorstoß sofort ins richtige Licht stellen  ! Gestern hatte ich eine längere Besprechung mit Bürgermeister Ott, der mir einen interessanten inhaltsreichen Brief der Frau Lehmann vorlegte. Ott steht vollständig auf unserem Standpunkte und wir einigten uns dahin, daß er in einer der nächsten Kurator.[iums]-Sitz[un] g.[en] einen Antrag einbringen würde, in welchem der Standpunkt des Mozarteums gegenüber dem Festspielhausprojekt festgelegt wird – um Klarheit zu schaffen  ; denn das dürfen wir uns nicht verhehlen, daß von der Gegenseite intensiv gearbeitet wird, um das Festspielhaus unter die Flagge »Mozarteum« zu bringen  ! Deshalb bin ich auch überzeugt, daß über kurz oder lang ein neuer Vorstoß erfolgen wird – etwa unter dem von Ihnen mitgeteilten Schlagworte  ! – Lehmann steht nach wie vor auf dem Standpunkte, es werde nicht Ruhe, solange G.376 im Kuratorium – sie hat ja nicht Unrecht, aber warten wir ab, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Dienstag war die konstituierende Sitzg. u. wurden die Unterausschüsse in unserem Sinne gewählt. Ich hatte dabei einen heftigen Zusammenstoß mit Dr. Kundratitz377 – ein sehr junges 375 Vgl. Dok. 187 (R. v. Lewicki an J. Huttary, 11.2.1918)  ; für den Brief vom 14. Februar ist keine Vorlage überliefert. 376 Friedrich Gehmacher. 377 Dr. Willy Worzikowsky, Ritter von Kundratitz, Advokaturs-Konzipient und ebenso wie Gehmacher

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K.[uratoriums-]Mitglied,378 der eben nur zur Sitzung kommt, sich ansonsten ums Moz.[arteum] nicht kümmert, durch G. eingeführt u. nun als Sprachrohr benützt wird  ! Das reizt mich immer am meisten, daß in solchen Fällen G. nie selbst hervortritt, sondern immer andere vorschiebt. Sedlitzky wird Ihnen ein Verzeichnis der neuen Unterausschüsse zusenden  ; es wurde auch ein Orchester-Komitee gewählt, zum Studium und Vorbereitung der Orchesterfrage, in welches auch Sie delegiert wurden u. bitte ich anzunehmen  ; Sonntag komme ich mit Exz. Stibral zusammen  ; zur Besprechung der laufenden Angelegenheiten. Nächste Woche kommt Dr. Mussoni nach Wien u. wird Gelegenheit haben mit Ihnen mündlich zu conferieren. Mit besten Grüßen Ihr erg. Huttary

191. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 17. Februar 1918. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für die beiden Schreiben vom 9. und 13. d. M.379 – Gestern bekam ich Briefe von Huttary und Sedlitzky,380 Dienstag war Kuratoriumssitzung, Gehmacher wurde in die besagten 2 Ausschüsse nicht mehr gewählt. Ich wurde in den Geburtshaus- und in den neuen Orchester-Ausschuß gewählt. […] Die G. Angelegenheit wäre also wieder einmal beigelegt – auf wie lange wissen die Götter. Huttary schrieb mir, daß er Ihren Brief an Ott gelesen habe, derselbe scheint Eindruck gemacht zu haben, Ott will in der nächsten Kuratoriumssitzung über die Festspielhaus-Sache sprechen. – […] In die Reinhart-Sache werde ich mich nicht mischen, jedenfalls aber dieselbe nach Möglichkeit beobachten. […] Mit Handkuß ganz ergebenster Lewicki

Mitglied der »Alt-Herren-Vereinigung deutscher akademischer Gesangsvereine in Salzburg«. 378 Kuratoriumsmitglied der ISM. 379 Keine Vorlage überliefert. 380 Vgl. Dok. 190 (J. Huttary an R. v. Lewicki, 15.2.1918). Der Brief Ludwig Sedlitzkys ist im Original nicht überliefert.

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192. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 19. Februar 1918. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für den Brief vom 14. d. M.381 – Die Notiz im B. T.382 ist für G.383 bezeichnend – ganz gegen das Uebereinkommen, da ja wieder die Mozartopern in den Vordergrund gestellt sind. Ich werde die Notiz an Huttary senden und ihn ersuchen, G. aufmerksam zu machen, daß wir, falls solche Notizen weiter erscheinen, ebenfalls an die Öffentlichkeit treten werden. – 384

193. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, den 21. Februar 1918 Sehr geehrte gnädige Frau  ! Mit bestem Danke bestätige ich das gnädige Schreiben vom 17. d. M.385 Daß Taxis386 Präsident der Festspielhaus-Gemeinde geworden sei, habe ich gerüchtweise gehört. Die betreffenden Zeitungs-Notizen sind mir aber entgangen, da ich verhältnismäßig wenig zum Zeitunglesen komme. Ich konnte mich nicht näher darüber informieren, da Damisch seit 14 Tagen erkrankt ist. Er leidet an periodisch auftretender Iritis.387 Wenn ich Taxis sehen werde, werde ich ihn jedenfalls aufklären. Ich glaube, daß Taxis mit Kestranek verkehrt. Könnten gnädige Frau nicht Kestranek veranlassen, daß er dem Taxis den Star sticht  ? Mehrere Künstler sagten mir, daß sie von der Festspielhausgemeinde eine Zuschrift bekamen, in welcher um eine Zustim-

381 Keine Vorlage überliefert. 382 Im Berliner Tageblatt erschien am 14. Februar 1918 eine Notiz unter dem Titel »Die Salzburger Festspielhausgemeinde«, in der es u. a. hieß, dass die SFG »neuerdings einen Aufruf, um in Salzburg, der Geburtsstadt Mozarts, ein Festspielhaus zu errichten«, erlassen habe. Dieses werde »zunächst zur Aufführung« von Mozarts Werken und auch den großen Bühnen als Gastspielstätte dienen. Darüber hinaus solle das Salzburger Festspielhaus mit Ausnahme der großen Musikdramen Richard Wagners »den Werken aller schöpferischen Meister nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart eine Stätte lebendiger Pflege« werden. 383 Friedrich Gehmacher. 384 Das Ende des Briefes ist nicht überliefert. 385 Keine Vorlage überliefert. 386 Alexander von Thurn und Taxis  ; vgl. die Anm. in Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917). 387 Vgl. Dok. 189 (H. Damisch an F. Gehmacher, 15.2.1918).

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mungserklärung in der Festspielhausangelegenheit gebeten wird. Sie frugen mich um meinen Rat. Meine Antwort lautete  : Schwindel – nicht antworten  ! Ich habe übrigens die mir von Ihnen, verehrteste gnädige Frau, geschickte Notiz des Berliner Tagblattes388 vervielfältigen lassen und nach Salzburg gesendet. Vielleicht werden die Leute dort doch endlich sehen, daß G. ein Lump ist und daß es direkt kompromittierend ist, mit ihm am selben grünen Tisch zu sitzen. Sehr gut wäre es, wenn gnädige Frau Nikisch389 bewegen könnten, an das Mozarteum einen Brief zu richten. Dieser Brief müßte aber durch Ihre oder meine Hand gehen und von uns kopiert werden, denn sonst wird er dort unterschlagen. Vorläufig sind sie mit Paumgartner in Salzburg zufrieden. Wie er sich in Zukunft machen wird, kann man natürlich nicht sagen. Es wird alles davon abhängen, ob er richtig geleitet wird. Daß er im Hause seiner Mutter390 keine Erziehung nach unserem Sinne erhielt, liegt klar zu Tage. Essen und Liebe spielte dort wohl immer eine große Rolle. […] Mit Handkuß ganz ergebenster /Lewicki/

194. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Wien, den 21. Februar 1918 Sehr geehrter Herr Kerber  ! […] Herr Gehmacher betreibt die Agitation für sein Festspielhaus mit aller Hinterhältigkeit, die ihm in allen seinen Handlungen anhaftet. In Kopie lege ich Ihnen eine Notiz aus dem Berliner Tagblatt bei, welche mir Frau Lehmann sandte.391 Sie können daraus ersehen, daß G. sich nicht scheut, dem Mozarteum seine Mozartfestspiele einfach wegzunehmen, und diesen Diebstahl vollführt ein Mann, der noch immer im Kuratorium des Mozarteums sitzt. Ich kann Ihnen, verehrtester Herr, nicht sagen, 388 Vgl. die Anm. in Dok. 192 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 19.2.1918). 389 Amélie Nikisch (1862–1938), geb. Heussner, belgische Schauspielerin, Sängerin (Sopran) und Komponistin, heiratete 1885 Arthur Nikisch. 390 Bernhard Paumgartner war der Sohn des Komponisten und Musikschriftstellers Hans Paumgartner und der Opernsängerin Rosa Papier (1859–1932), die am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien Gesang unterrichtete  ; eine ihrer Schülerinnen war Anna Bahr-Mildenburg (vgl. die Anm. in Dok. 310, H. v. Hofmannsthal an A. Bahr-Mildenburg, 11.[6.]192[0]). 391 Vgl. die Anm. in Dok. 192 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 19.2.1918).

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wie mich alle diese Sachen anekeln. Frau Lehmann hat vollkommen recht, wenn Sie den Charakter Gehmachers auf das denkbar tiefste einschätzt. Indem ich hoffe, daß Sie mein Brief in bestem – wenigstens körperlichem Wohlsein antreffen wird, bleibe ich mit herzlichsten Grüßen Ihr stets ergebener /Lewicki/

195. Hermann Kerber an Rudolf von Lewicki Salzburg, 23. Februar 1918. Sehr verehrter Herr von Lewicki  ! […] Ich soll jede Aufregung und Anstrengung vermeiden – die Hemmung der Thätigkeit ist aber gerade die allerböseste Aufregung, zu welchen aber auch sonst Zeit und Erscheinungen reichlich Veranlassung geben. Das Gefühl auf geraden Wegen heutzutage nicht durchzudringen drängt sich einem unwillkürlich auf und erhält durch die brutalen Formen der auf allen Gebieten sich zeigenden Selbstsucht und Mache einen bittereren Beigeschmack – zumal für den, der sich die Anwendung des Prügels zum Dreinschlagen versagen muß. Die Festspielhaus-Agitation, unter deren lebhaftesten und tätigsten Trägern ich leider auch meinen Schwager Jung (Europe)392 erblicken muß, wird mit allem Nachdruck betrieben  ; nächster Tage schon wird ein Büro mit einem bestellten Sekretär eröffnet und die rücksichtslose Eskamotage393, die in den Verlautbarungen mit dem Namen Mozart getrieben wird, setzt das Mozarteum und dessen Arbeit, ganz besonders die Wiederaufrichtung der Mozartgemeinde, in eine äußerst prekäre Lage. Die Herren fühlen sich sehr sicher und es wurde ganz offen gesagt, daß die gesamte Wiener Presse und auch einflußreiche Blätter auswärts ihnen »begeistert« Unterstützung und Gefolgschaft zugesagt haben. Es ist leider nicht zu verkennen, daß unser großer Kuratoriumskörper nicht frei ist von, in letzter Zeit allerdings nicht mehr so unbedingten Anhängern der Festspielhauspläne und daß er gegenüber der nicht abzuleugnenden Energie und Zähigkeit Gehmachers und der intensiven, persönlichen und geschlossenen Arbeit einiger weniger einen schweren Standpunkt geschaffen sieht – umsomehr, als ja die immer mehr anwachsenden Agenden des Betriebes an den Zeitaufwand nicht durchwegs erfüllbare Anforderun392 Georg Jung, der Besitzer des Salzburger Grand Hôtel de l’Europe  ; vgl. die Anm. in Dok. 49 (H. Damisch an F. Gehmacher, 13.9.1916). 393 Aus dem Französ.: Taschenspielerei.

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gen stellen. Ich empfinde für mich alles das um so schwerer, als ich mich durch meinen leidenden Zustand an der früher gewohnten Volldampfarbeit gehemmt sehe. Bleiben Sie mir, trotzdem, freundlich gesinnt und nehmen Sie meine herzlichsten Grüße  ! Ihr allzeit ganz ergebenster Herrmann Kerber

196. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Salzburg, den 27. Februar 1918. Hochzuverehrende gnädige Frau  ! Wir bestätigen den Empfang Ihres geschätzten Schreibens vom 13. Februar 1918394 und danken Ihnen herzlichst, da Sie, in gewohnt hochherziger Weise, den geänderten Verhältnissen Rechnung tragend, Ihre Demission als Ehrenpräsidentin der Mozart-Gemeinde zurückgezogen haben. Welchen aufsehenerregenden, peinlichen Eindruck bei allen Kunstfreunden Ihr Rücktritt verursacht hätte, wie sehr das Ansehen und die weitere Entwicklung unseres Institutes dadurch gelitten hätte, brauchen wir Ihnen, hochverehrte gnädige Frau, wohl nicht zu sagen. Daß es aber für uns selbst ein unfaßlicher Gedanke war, diejenige, zu der wir als die berufenste Vertreterin des Mozartkults als unseren Leitstern aufblicken, verlieren zu sollen, das Ihnen gnädige Frau zu sagen, ist uns ein Herzensbedürfnis. Die vielen Wohltaten, die Sie, hochverehrte gnädige Frau dem Mozarteum zuteil werden ließen, Ihre hohe und große Kunst, die Sie durch Jahrzehnte in größter Selbstaufopferung dem Mozarteum widmeten, hat Ihren Namen so innig mit dem hiesigen Musikleben auf immerwährende Zeiten verknüpft, daß es uns mehr schmerzlich noch als peinlich berühren würde, wenn auch nur äußerlich ein Schein der Undankbarkeit auf uns fallen könnte. Unserer größten Dankbarkeit und Verehrung können gnädige Frau stets versichert sein. Nach all dem bisher Gesagten dürfte es Ihnen verständlich sein, daß Ihr erstes Schreiben bezüglich der Demission uns in große Bestürzung versetzte und wir ratlos waren. In dieser peinlichen Situation fanden wir keinen anderen Ausweg, als diesen Brief als noch nicht eingelaufen zu betrachten und nicht zu verlesen. Daß wir mit dieser Handlung eine Unaufrichtigkeit begingen, wollen wir jetzt reumütig eingestehen, und bitten Sie, dieselbe damit zu entschuldigen, daß wir eben kein Mittel 394 Keine Vorlage überliefert.

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scheuten, um Zeit zu gewinnen und Ihrer für uns niederschmetternden Entschließung eine andere Wendung geben zu können. Nun ist dies, Gott sei Dank, gelungen und wir dürfen wohl hoffen, im Vereine mit Ihnen, die dem Mozarteum nicht günstigen Strömungen allmählich abwehren zu können. […] Genehmigen Sie, hochverehrte gnädige Frau, den Ausdruck hoher Verehrung Ihres sehr ergebenen Kuratoriums des Mozarteums in Salzburg Der Präsidentenstellvertreter  : /Baron Ehmig m. p./ Der Schriftführer  : /Kaltenbrunner/

197. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch 8. März Lieber Freund  ! Mit großem Bedauern entnehme ich aus Deinem Schreiben,395 daß Dein Augenleiden Dir wieder sehr große Beschränkung in Deiner Lebensführung auferlegt und Dich wahrscheinlich auf lange Zeit hinaus zur strengsten Schonung zwingt. Nun wären wir ja so ziemlich auf derselben Stufe, ich mit meinem Herzen, Du mit den Augen. Bei diesen Zuständen hätten wir es eigentlich nicht notwendig gehabt, eine so große Sache wie das Festspielhaus einzugehen, da wir ja beide Ruhe brauchen. Nun ist es aber schon geschehen, ein Zurück gibt es vorläufig nicht mehr. Ich habe in Jung einen vorzüglichen Mitarbeiter, der sich redlich Mühe gibt und anderseits meine Erfahrungen sehr respektiert. Hoffentlich ändert sich dieses sehr angenehme Verhältnis nicht. Unser größter Kummer ist, daß wir mit der Hauptsache zu spät angefangen haben, denn noch vor Jahresfrist wäre das Geld in ganz anderem Maße flüssig gewesen. Nun muß es aber so auch gehen und wenn uns die Wiener Zentrale nicht ganz sitzen läßt, werden wir schon auf einen grünen Zweig kommen. Wie geht es Dir mit der Verpflegung  ? Wir leben noch immer ganz gut, insbesondere führen sich meine Hühner sehr gut auf und legen fleißig Eier.

395 Vermutlich der Brief Damischs an Gehmacher vom 15. Februar 1918 (Dok. 189). Das nächste überlieferte Schreiben Damischs an Gehmacher stammt erst vom 17. März (Dok. 203).

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Der Fall Gutmann396 hat sich Gott sei Dank günstig erledigt, da auch Krumpholz erklärte, mit der Bestellung Kneplers zu unserem Mandatar einverstanden zu sein. Knepler will zu Dir kommen, wenn dies der Fall ist, dann ermuntere ihn zu eifriger Tätigkeit. Im übrigen hoffe ich Dich über alle Festspielhausfragen durch unsere Berichte an die Zentrale bestens informiert, und wünsche Dir baldige Besserung und einen Erholungsurlaub zu Ostern in Salzburg, Deinen Damen unsere besten Empfehlungen. Herzliche Grüße Dein [Friedrich Gehmacher]

198. Max Reinhardt an Helene Thimig397 Salzburg, 8.3.1918 seit langem wieder einmal bei mir selbst zugleich ganz bei dir laufe ich erloest durch diese heitere klingende stadt398 ersehne dich immerzu sehe dich ueberall ringe in frohen und bangen traeumen mit dem engel dass er mich segne und mit erfuellung begnade erwarte ein wort oesterreichischer hof399

199. »Stimmen zum Salzburger Festspielhause« [9. März 1918] Zusammengestellt von einem Mitarbeiter.400 An eine große Anzahl von Frauen und Männern, die im Kunstleben, im musikalischen Leben und in der Welt des Theaters vor allen Dingen, einen hohen Rang einnehmen, wurden Aufrufe und Anfragen versandt, mit der Bitte, die Befragten 396 Vgl. Dok. 188 (F. Gehmacher an H. Damisch, 13.2.1918). 397 Helene Thimig (1889–1974), österr. Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin. Ab 1917 am Deutschen Theater Berlin, wo sie mit Max Reinhardt eine Beziehung begann, 1935 in den USA Heirat nach dessen Scheidung von Else Heims. Auftritte bei den Salzburger Festspielen, 1948–53 Leitung des Max-Reinhardt-Seminars in Wien, Lehrtätigkeit an der Akademie für Musik und darstellende Kunst. 398 Reinhardt befindet sich in Salzburg und betreibt den Ankauf von Schloss Leopoldskron. 399 Hotel in der Schwarzstraße in Salzburg. 400 Vgl. dazu die Anmerkung im editorischen Anhang.

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möchten sich über den Gedanken des Österreichischen Festspielhauses äußern, das in Salzburg, der Geburtsstadt Mozarts, erstehen soll. Die Antworten gehen gut ein, und es kann, zu unserer Freude, vorweggesagt werden, daß ganz allgemein, von Menschen der verschiedensten künstlerischen Stellung und Artung, dieser Gedanke des Festspielhauses auf das Freudigste begrüßt wird, was schon dadurch seinen beredten Ausdruck findet, daß fast jeder der Briefschreiber die Bereitwilligkeit geäußert hat, Mitglied der Festspielhaus-Gemeinde zu werden. Es braucht nichts darüber gesagt zu werden, welch eine Werbekraft die Teilnahme solcher künstlerischer Persönlichkeiten hat, auf deren Rat und deren Stimme die große Menge der Kunstfreunde zu hören gewöhnt ist. Zwei Gedanken sind es vor allen Dingen, die Beifall finden  : daß dieses Haus ein österreichisches Festspielhaus werden soll, und daß es im Geiste Mozarts erbaut und geleitet werden wird. Deutlich geht aus all diesen Zuschriften hervor, wie sehr die Bedeutung Mozarts wächst, wie der Wert und das heilige Gut seiner Kunst immer mehr erkannt wird. Wie die Erkenntnis immer klarer wird, daß es eine der allervornehmsten Aufgaben der Kunst und des Theaters ist, Mozart, den über der WagnerBegeisterung ungebührlich Vernachlässigten, zu neuen Ehren zu bringen. Die Modernsten gehen in dem Rufe nach Mozart voran. »Als Mitglied für alles Mozartische meldet sich H e r b e r t E u l e n b e r g « , 401 so lautete gleich einer der ersten der eingehenden Briefe. Thomas M a n n 402 folgte schnell, auch Karl H a u p t m a n n , 403 der Bruder Gerhardts, griff den Gedanken dieser Mozart- und Festspielbühne sogleich auf, allerdings mit allerlei Vorschlägen zu einem Arenatheaterbau, der wohl für Opernaufführungen, wie sie hier geplant werden, schon durch seine Riesenhaftigkeit kaum nie in Frage kommen kann. Dr. Eugen K i l i a n , 404 dessen glänzende Regietätigkeit in München noch unvergessen – und unersetzt ist, begrüßt den Plan eines Mozartfestspielhauses in Salzburg, »wo Mozarts Töne in den Lüften klingen«, auf das wärmste. Im Gegensatz zu Karl Hauptmann schreibt er  : »Ein Haus, das dort in seiner ganzen Einrichtung und Anordnung auf die Besonderheiten der Mozartschen Kunst Bedacht nimmt, wird sehr wesentlich dazu beitragen können, eine würdige Pflege Mozarts zu fördern und alle neuen Errungenschaften aus dem Gebiete der Mozart-Inszenierung, alle Fortschritte in musikalischer und

401 Herbert Eulenberg (1876–1949), dt. Schriftsteller. 402 Thomas Mann (1875–1955), dt. Schriftsteller, Nobelpreisträger (1929). 1918 erschienen gerade seine vielfach kritisch rezipierten Betrachtungen eines Unpolitischen über die jüngste deutsche Geschichte und den Ersten Weltkrieg. 403 Carl Hauptmann (1858–1921), dt. Schriftsteller, Pseud. Ferdinand Klar, Bruder des Schriftstellers und Nobelpreisträgers (1912) Gerhart Hauptmann (1862–1946). 404 Eugen Kilian (1862–1925), dt. Dramaturg und Regisseur, 1908–16 am Münchner Hoftheater, wo er u. a. 1913 mit seiner Uraufführung von Georg Büchners Woyzeck erfolgreich war.

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dramaturgischer Behandlung seiner Werke zum Gemeingut des deutschen Volkes zu erheben.« Eine Meistersängerin Mozarts, Lola A r t o t d e P a d i l l a 405 von der königlichen Hofoper in Berlin, begegnet sich mit ihm in demselben Gedanken des besonderen Hauses. Sie schreibt  : »Anregungen kann ich nicht geben, nur möchte ich auf eines noch deuten  : k e i n e n z u g r o ß e n B a u , – daß die Liebenswürdigkeit, die Intimität und Feinheit erdrückt wird. Man muß die musikalischen Feinheiten und den mimischen Ausdruck in diesen musikalischen Schauspielen und Lustspielen voll genießen können. Ich h a s s e das enorme Moderne und feine Mozartsänger werden sicher meiner Meinung sein.« Wir waren sehr glücklich, daß wir der Künstlerin antworten konnten, unser Theater wäre nicht in den jetzt so beliebten Zirkusproportionen gedacht. Eine andere Meisterin des Mozartgesanges und des Mozartstils, Hermine B o s e t t i 406 von der Münchner Hofoper begrüßt den Gedanken dieses Hauses nicht minder begeistert als ihre Berliner Kollegin. Sie rät in warmen Worten zu Ensemblegastspielen großer Bühnen, die in diesem Festspielhause das Beste ihrer Arbeit vorführen sollten und begegnet auch damit völlig den Absichten und Plänen, die von der Festspielhausgemeinde von Anfang an ins Auge gefaßt sind. Ebenso rät Bruno Wa l t e r, 407 der Meisterdirigent und Generalmusikdirektor der Münchner Hofoper, zu solchen Gesamtgastspielen, deren Möglichkeit ja gerade er – und unter welchen schwierigen Verhältnissen  ! – durch das Gesamtgastspiel der Münchner Hofoper mit Pfitzners »Palestrina«408 in der Schweiz bewiesen hat. Aber auch er und auch der Münchner Intendant Baron F r a n k e n s t e i n 409, und gerade diese beiden Münchner Stimmen sind, weil es ja auch in München Mozartfestspiele gibt, besonders bedeutungsvoll – begrüßen den Gedanken dieses Festspielhauses auf das Freudigste. Zustimmend, aber doch in Anbetracht der Zeitverhältnisse ein wenig zurückhaltend, äußert sich, was gerade von dieser Stelle ein wenig befremdet, der Berliner Ge-

405 Lola Artôt de Padilla (1876–1933), französ.-span. Sängerin (Sopran), die v. a. in Berlin wirkte. 406 Hermine Bosetti (d. i. Hermine von Flick, 1875–1936), dt. Sängerin (Sopran), 1901–24 an der Bayerischen Staatsoper. 407 Bruno Walter (1876–1962), aus Deutschland stammender Dirigent, Pianist und Komponist. Nahm 1911 die österr. Staatsbürgerschaft an, floh 1938 in die USA. Als einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit prägte er die Salzburger Festspiele, an deren Gründung er wesentlichen Anteil hatte. 408 1917 wurde in München unter Bruno Walter die »Musikalische Legende« Palestrina uraufgeführt, die als das bedeutendste Werk des antisemitisch eingestellten Komponisten, Dirigenten und Musiktheoretikers Hans Pfitzner (1869–1949) gilt. 409 Clemens von Franckenstein (1875–1942), dt. Komponist, 1914–18 Generalintendant der Münchner Hofoper sowie 1924–34 der Bayerischen Staatsoper. Befreundet u. a. mit Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt.

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neralintendant.410 Max von S c h i l l i n g s 411 dagegen, der Stuttgarter Generalmusikdirektor und berühmte Komponist, ist durchaus anderer Meinung  : Er schreibt – und man kann ihm nur Wort für Wort zustimmen – folgendes  : »So schwer und dunkel auch noch die Zukunft vor uns liegt, wir werden um so mehr Licht in sie bringen, je mehr Mut zu kulturell wichtigen Aufgaben wir bezeigen. Die Errichtung eines österreichischen Festspielhauses wäre auf das Freudigste zu begrüßen. Die grundlegenden Gedanken sind praktisch und künstlerisch gesunde und fruchtbringende. Dem ›Licht- und Liebesgenius‹ in irgend einer Weise dienen zu können, ist eine liebe Aufgabe für jeden Künstler.« Ähnlich äußert sich Fritz C o r t o l e z i s , 412 der in Karlsruhe Mozart pflegt und besonders seine weniger bekannten Werke zu neuem Leben erweckt, und es ist der Festspielhausgemeinde eine ganz besondere Freude, diese beiden großen Dirigenten, wie die Intendanten von Stuttgart, den Baron P u t l i t z , 413 und von Frankfurt, den Geheimrat Z e i ß , 414 unter ihren Mitgliedern zu sehen. Sänger und Schriftsteller schließen sich an – Anton W i l d g a n s 415 und Felix S a l t e n 416 freuen sich besonders über den österreichischen Gedanken des Festspielhauses – erklärten ihre Übereinstimmung mit dem, was ihnen von den Grundgedanken des Festspielhauses bekannt geworden ist, oder geben Anregungen, die sich in den meisten Fällen mit dem decken, was geplant und gewollt ist. So beweisen alle diese Briefe, daß der Gedanke dieses Festspielhauses ein gesunder ist, und daß ihm die Zukunft gehören wird.

410 Georg von Hülsen-Haeseler (1858–1922), 1903–18 Generalintendant aller Schauspielhäuser in Preußen. 411 Max von Schillings (1868–1933), dt. Komponist, Dirigent und Theaterintendant. Als Generalintendant der Berliner Staatsoper löste er 1919 Richard Strauss ab und war bis 1925 in dieser Funktion tätig. Ab 1933 war der antisemitisch eingestellte Schillings Präsident der Preußischen Akademie der Künste und für zahlreiche Austritte jüdischer Intellektueller und Künstler verantwortlich. 412 Fritz Cortolezis (1878–1934), dt. Komponist und Dirigent, 1913–25 Hofkapellmeister an der Badischen Hofkapelle Karlsruhe. Er war ein enger Freund des Komponisten Richard Strauss und galt als Kenner Mozarts, dessen Jugendwerke er zur Aufführung brachte. 413 Joachim Gans zu Putlitz (1860–1922), Generalintendant des Hoftheaters in Stuttgart. 414 Karl Zeiss (1871–1924), dt. Dramaturg und Theaterintendant, 1917–20 Generalintendant der Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main. 415 Anton Wildgans (1881–1932), österr. Schriftsteller, 1921/22 und 1930/31 Direktor des Wiener Burgtheaters. 416 Felix Salten (d. i. Siegmund Salzmann, 1869–1945), österr. Schriftsteller und Journalist. Befreundet mit zahlreichen Vertretern des Jung-Wien. Internat. erfolgreich v. a. mit seinem Tierroman Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde (1923). Übernahm 1919 das Sonntagsfeuilleton der Neuen Freien Presse. 1939 Emigration in die Schweiz.

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200. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 11. März 1918. Verehrteste gnädige Frau  ! Besten Dank für das Schreiben vom 2. d. M.417 Paumgartner ist seit 2 Tagen in Wien – ich hatte mit ihm mehrere vielstündige Konferenzen. Er blickt jetzt schon ziemlich klar in die Salzburger Verhältnisse und sieht auch ein, daß wir recht haben. Was ich schon lange instinktiv fühlte, bestätigt er mir, daß Sedlitzky ein Korruptionist sei. Er intrigiert nach allen Seiten, bei uns schimpft er über Gehmacher, bei G. über uns. Im Herzen ist er bei G. respektive Jung, von dem er Vortheile hat oder erhofft. In seinem Büro bleibt alles liegen, dabei hat er jetzt 2 Schreiberinnen, die nichts zu thuen haben, und für das Konzertbüro eine dritte, die mit dem Publikum recht brutal sein soll. Außerdem sollen die Konzerte sehr schlampert arrangiert werden, Freikarten in Massen etc. – Ich habe mir vorgenommen, mich vorläufig nicht mehr zu ärgern und meine Nerven für den Sommer zu sparen, wo wir an Ort und Stelle etwas energisch vorgehen müssen. – […] Mit Handkuß ergebenster Lewicki Beste Grüße von Gfn. Hartenau418 Bekomme soeben einen Brief Kerbers,419 der mir u. a. schreibt, daß Erzh. Eugen420 unangesagt in Salzburg war, das Haus besichtigte, sehr befriedigt war. Im Hotel Europe421 scheint er für das Festspielhaus bearbeitet worden zu sein. Kerber schreibt mir, er habe sich für die Sache, als eine »österreichische« Tat ausgesprochen.

417 Keine Vorlage überliefert. 418 Johanna Gräfin von Hartenau-Battenberg  ; vgl. die Anm. in Dok. 8 (F. Gehmacher an J. Gräfin von Hartenau-Battenberg, 23.5.1914). 419 Vgl. Dok. 201 (H. Kerber an L. Lehmann, 13.3.1918). 420 Erzherzog Eugen von Österreich (1863–1954), Enkel von Erzherzog Karl, Feldmarschall, Hochmeister des Deutschen Ordens, Protektor der ISM. 421 Grand Hôtel de l’Europe im Besitz von Georg Jung  ; vgl. die Anm. in Dok. 49 (H. Damisch an F. Gehmacher, 13.9.1916).

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201. Hermann Kerber an Lilli Lehmann Salzburg, 13. März 1918. Meine verehrte vielliebe regina – assoluta ohne Fragezeichen – […] Neu ist der vor einigen Tagen unerwartet dem Mozarthaus abgestattete erste Besuch des Protektors Erzh. Eugen, der ganz kurz hier verweilte. Er kam unangemeldet ins Mozarthaus und traf dort nur Dr. Sedlitzky, der die Konversation allein führte, bis auf telephonischen Ruf einige Kuratoriumsmitglieder zustand gebracht werden konnten. Es waren leider nur einige wenige  : Vicepräs. Dr. v. Peyrer, Ingen. Schurich, Gehmacher und ich. Nach längerer Konversation im Präsidialraum wurde der Hohe Herr durch das ganze Haus geleitet, das er in seiner Vollendung zum erstenmal besichtigte. Im großen Saal spielte Sauer422 die Orgel. Der Erzherzog äußerte sich sehr entzückt und machte Gehmacher, der als Obmann des Baukomitees sich nicht in den Hintergrund stellte, besonders warme Anerkennungsäußerungen. Auch die Vergrößerung des Hauses, das heute schon räumlich nicht mehr ausreicht, wurde »angeklungen« mit dem Hinweis auf die Lösung durch einen Zukauf des Mirabellhotels.423 Die wörtliche Antwort des Erzherzogs, beifällig  : »Herr Gehmacher, Sie verfolgen immer große Ziele  !« Die Festspielhaussache wurde bei dem Rundgang nicht berührt, auch G. sprach nicht davon. Wohl aber hatte der Erzherzog, als er noch mit Sedlitzky allein im Hause war, ihrer Erwähnung getan, offenbar durch Jung im Hotel de l’Europe, wo er abgestiegen war, davon unterrichtet oder richtiger gesagt dafür interessiert. Er äußerte sich Sedl.[itzky] gegenüber, daß die Ausführung des Projektes eine wirklich österreichische Tat bedeuten würde  ! Als »Momentaufnahme« glaube ich Ihnen diesen kurzen Bericht über den hohen Besuch schuldig zu sein. – […] Max Reinhart war letzte Woche hier – er will sich in oder bei Salzburg ankaufen, am liebsten einen alten Herrenansitz – , verhandelte auch mit dem Besitzer von Leopoldskron.424 Ob ihn nur die Liebe zur schönen Salzburger Gegend erfüllt  ? Oder ob nicht auch Pläne ihn bewegen, die er, je nach Umständen auf eigenen Wegen  ? – oder in Gemeinsamkeit mit anderen  ? – zu verfolgen gedenkt  ? Dermalen allerdings besteht zwischen ihm und der »Festspielhaus-Truppe« keine nähere Verbindung. […] Alles Herzliche und Getreue – Gott erhalte  ! In guten und bösen Tagen, so lange das Lämpchen noch glüht Ihr alter Hermann Kerber 422 Franz Sauer  ; vgl. die Anm. in Dok. 32 (H. Damisch an F. Gehmacher, 2.9.1916). 423 Ehemaliges Salzburger Hotel zwischen Stadttheater und Mozarteum. 1929 wurde es an die ISM verkauft und beherbergt heute u. a. das Marionettentheater. 424 Paul Wolf, Privatier aus Berlin, der Schloss Leopoldskron seit 1903 besaß.

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202. Franz Stibral an Lilli Lehmann Am Samstag vor Palmsonntag 1918 Meine liebe Lilli  ! […] Der Erzherzog Eugen war etliche Tage da. Im Europe beim Jung. Hat auch das Mozarthaus besichtigt und ist mit G.425 in Berührung gekommen. Pfui Teufel. Jedenfalls wird der Letztere versucht haben, dort Festspielhaus-Eier zu legen. Da ich nicht der Kaltenbrunner426 sein will, der nachträglich die Hände ringt, so sag ich Dir’s jetzt. Damit der Erzherzog nicht blind hineintappe. Du kannst ihm doch wohl schreiben. Um mich hat sich kein Mensch, auch kein Eugen, umgeschaut. Ich hab’s überhaupt erst gestern erfahren. […] Behüt Gott Alfredo Busso

203. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 17/3. 1918. Lieber Freund, Dein Brief427 hat mir viel Freude bereitet. Ich bin schon stark auf dem Wege der Heilung und hoffe, Ende der heute begonnenen Woche gesund heimzukehren.428 Dann werde ich mich natürlich sofort wieder so viel nur möglich der Festspielhaussache widmen. Eure Berichte habe ich alle gelesen  ; die Erfolge sind sehr schön  ; wir müssen uns beeilen, Euch nachzukommen. Knepler hat mir geschrieben und mich um eine Unterredung ersucht. Als er erfuhr, daß ich im Lainzer Spital bin, bat er, die Unterredung bis zu meiner Genesung zu verschieben, da er zu beschäftigt sei, um so weit herauszukommen. – Dein Verpflegsbericht ist neiderweckend  ; im Gegensatz zu Deinem Bericht hat gestern, wie ich hörte, ein Kollege, der aus Landeck kam, in der Redaktion erzählt, daß man in Innsbruck und Salzburg bereits nichts mehr zu essen bekäme. Daher wohl auch der neuerliche Fremdenhaß. – Zu Ostern werde ich

425 Friedrich Gehmacher. 426 Karl Kaltenbrunner  ; vgl. die Anm. in Dok. 22 (Kuratorium des Mozarteums an C. R. Simons, 24.5.1916). 427 Vermutlich Dok. 197 (F. Gehmacher an H. Damisch, 8.3.[1918]). 428 Damisch hielt sich zur Behandlung seines Augenleidens (vgl. Dok. 189, H. Damisch an F. Gehmacher, 15.2.1918) im Krankenhaus Lainz im 13. Wiener Gemeindebezirk auf.

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wohl nicht kommen können, aber von später träume ich leise. Grüße an Jung und die übrigen Herrn, alles Herzliche Dir und den Deinen Dein Damisch

204. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher 21./3. 1918. Lieber Freund, ich habe mit großer Freude neuerlich die rege Tätigkeit des Salzburger Zweigvereines aus den jüngsten Berichten ersehen. Sämtliche Beschlüsse finden unsere volle Billigung  ; die offizielle Mitteilung diesbezüglich wird nächste Woche an Euch abgehen. Da werde ich hoffentlich bereits wieder anfangen können tätig zu sein. Ich beginne schon langsam wieder zu lesen und zu schreiben  ; wenn es nicht schon zu finster wäre, würde ich auch diese Karte schon selbst geschrieben haben. Damit sich ihre Absendung nicht um einen Tag verzögert, diktiere ich sie noch. Dir und Deinen lieben Angehörigen alles Herzliche, dem hervorragenden Obmann-Stellvertreter Jung und den übrigen ausgezeichneten Leitungsmitgliedern die besten Grüße von Deinem Damisch Die besten Empfehlungen Ihnen und Ihren Lieben von Irene Bürger

205. Max Reinhardt an Helene Thimig Salzburg, 16. April 1918 leopoldvertrag429 unterzeichnet gott schenke uns fuer dieses koestliche gehaeuse die gluecklichsten inhalte bin froh gut dankbar erkenne wie wundervoll notwendig der feiertag für den menschen gespenstische hindernisse einschrumpfen den glauben an erfuellung des naturnotwendigen wachsen laesst ich liebe dich

429 Max Reinhardt hatte unmittelbar zuvor den Kaufvertrag über die Erwerbung von Schloss Leopoldskron bei Salzburg abgeschlossen.

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206. [Ferdinand Künzelmann  :] »Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg« [19. April 1918] Aus S a l z b u r g wird uns geschrieben  : Schon vor dem Kriege hatten sich in Wien und in Salzburg eine Reihe von kunstbegeisterten Männern zusammengetan, um in Salzburg, der Mozart-Stadt, ein Festspielhaus zu errichten, das in erster Linie dem Andenken Mozarts und der Pflege seiner Meisterwerke gewidmet sein sollte. Der Ausbruch des Krieges setzte all diesen Berufungen ein Ziel. Jetzt aber, wo das Ende dieser Kriegszeit zu dämmern scheint, sind sogleich mit frischem Wagemut die Vorarbeiten für dieses Festspielhaus wieder in Angriff genommen. Sie schreiten jetzt fröhlich fort und es kann gesagt werden, daß der Gedanke dieses Festspielhauses, der sich für seine Arbeit einen sehr weiten Kreis gesteckt hat, nun jeden Tag neue Freunde findet. Diese neue Bühne soll, wie gesagt, vor allen Dingen der Pflege Mozarts gewidmet sein, dessen Werke in ihrer unvergänglichen Schönheit und Heiterkeit für uns und unsere künstlerische Kultur mit jedem Jahr größere Bedeutung gewinnen. Doch wird sich der Spielplan dieses Hauses nicht auf Mozart beschränken. Es sollen vielmehr bei den sommerlichen Festspielen die verschiedensten Werke – nur Wagner soll ausgeschlossen sein, um von vornherein jeden Wettbewerb mit Bayreuth und München auszuschalten – von Gesamtgastspielen der großen Bühnen der Monarchie und des Reiches, ja ganz Europas, vorgeführt werden. Schon mit dieser Einstellung wäre ein bunter, von künstlerischen Eindrücken reicher Spielplan gewährleistet, aber die Festspielhausgemeinde hat noch viel weitergehende Pläne, von denen uns hier einige besonders am Herzen liegen. Es wird nämlich geplant, nicht nur im Sommer musikalische Festspiele zu veranstalten, sondern man denkt daran, dieses Haus das ganze Jahr hindurch, mit gewissen Pausen allerdings, zu benützen, und zwar sollen eben, wie im Advent oder in der Passionszeit, a l t e We i h n a c h t s s p i e l e , P a s s i o n e n , L e g e n d e n s p i e l e usw. aufgeführt werden.430 Werke, die, wie oft, z. B. in Berlin durch Reinhardt, in München in den Kammerspielen, bewiesen ist, bei guter würdiger Darstellung heute

430 Auf die Möglichkeit, in Salzburg geistliche Spiele zur Aufführung zu bringen, hatten zuvor bereits Max Reinhardt (Dok. 121, M. Reinhardt  : Denkschrift zur E r r i c h t u n g eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]) sowie Heinrich Damisch (Dok. 149, H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg, 1.11.1917. In  : Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater 8, Teil IV [1917], H. 21 [November], S. 709–713) hingewiesen. Vgl. dazu auch Judith Beniston  : Welttheater. Hofmannsthal, Richard von Kralik and the Revival of Catholic drama in Austria, 1890–1934. London  : Maney 1998, S. 211 ff.

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wie einst ihre tiefe Wirkung ausüben, die aber natürlicherweise im Spielplan eines Geschäfts- und Unterhaltungstheaters in der Regel doch untergehen. Auf diesem wichtigen und schönen, ganz sicher auch zukunftsreichen Gebiete der Kunst würde sich diesem Haus mit all seinen Möglichkeiten zu würdigster Aufführung ein weites Feld öffnen. Es liegen sicher i n d e n A r c h i v e n u n s e r e r S t i f t e u n d K l ö s t e r solche alte Spiele, a l t e g e i s t l i c h e R e s i t e n 431 u n d M y s t e r i e n s t ü c k e , von denen gewiß manch eines verdiente, dem Staube der Archive entrissen und zu neuem Leben und Wirken erweckt zu werden. Es sind ja im Laufe der letzten Jahre viele solcher alte Werke wieder ans Licht gekommen und es waren Schätze der Musik und Dichtung dabei, aber es ist sicher, daß noch viel mehr von alten Werken dieser Art in der Vergessenheit schlummert.432 Wenn wohl auch noch ein paar Jahre vergehen werden, bis das Salzburger Festspielhaus zum Besuche seiner ersten Legendenaufführung einladen kann, so ist es doch gut, schon jetzt daran zu denken, daß solche Spiele geplant sind, und es ist nicht mehr zu früh, sich nach solchen Häusern, nach verschollenen und unbekannten Schätzen umzuschauen, die einst aus dem kunstfreudigen Boden Oesterreichs unter dem Schutze der Kirche erwachsen sind. Die Festspielhausgemeinde Salzburg (Dreifaltigkeitsgasse 16) w ä r e f ü r j e d e n F i n g e r z e i g u n d j e d e A n r e g u n g in dieser Richtung dankbar. Es ist zu hoffen, daß ihr bei dem regen künstlerischen Interesse unserer geistlichen und für kirchliche Kunst interessierten Kreise nunmehr Anregung zugehen wird, wie es denn überhaupt auf das freudigste zu begrüßen wäre, wenn der Gedanke dieses Festspielhauses recht bald zur Tat gemacht werden könnte. Dieses Haus könnte berufen sein, im Kunstleben ganz Europas eine wichtige, bedeutungsvolle Rolle zu spielen.

207. Teut  :433 »Ansiedlung Max Reinhardts in Salzburg« [21. April 1918] Schloß L e o p o l d s k r o n nächst Salzburg hat einen neuen Besitzer in Professor Max R e i n h a r d t , den Direktor des Deutschen Theaters in Berlin, erhalten, der seine »Laufbahn« in Salzburg begonnen hat. […] 431 Nicht ermittelt  ; Begriff nicht nachweisbar. 432 Künzelmann hatte vermutlich auch ein persönliches Interesse an der Aufführung von Legendenspielen, da er selbst kurz zuvor ein solches veröffentlicht hatte (vgl. Ferdinand Künzelmann  : Sankt Sebaldus und die Dirne. Kempten, München  : Kösel 1916). 433 Pseud. für Karl Grube, 1912–19 Hauptschriftleiter der Ostdeutschen Rundschau.

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Man geht wohl nicht fehl, wenn man den Ankauf des Schlosses durch Reinhardt (richtig Goldbaum  !434) mit den Plänen zur Schaffung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg in Zusammenhang bringt, die von dem Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« gefördert werden. – Reinhardt-Goldbaum will wohl die »Konjunktur« ausnützen und geschäftlich verwerten  : »den Rahm abschöpfen«  !

208. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Wien an die k.k. Polizeidirektion Wien 17. Mai 1918 An die löbl. k.k. Polizeidirektion in Wien I., Schottenring. In der am 15. d. M. abgehaltenen gründenden Haupt-Versammlung des Hauptvereines in Wien der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« wurden folgende Wahlen vorgenommen. I. In die Leitung vorläufig  : Se. Durchlaucht Prinz Alexander von T h u r n und Ta x i s , Präsident der k.k. Akademie f. Musik Dr. Karl von W i e n e r, 435 Hofopernkapellmeister Professor Franz S c h a l k , Herrenhausmitglied Willy G i n z k e y, 436 Direktor der Königinhofer Zementfabrik A.G. Ing. Emil R o n s p e r g e r, Hof- und Gerichts-Advokat Dr. Arthur S c h e y, Redakteur Heinrich D a m i s c h , Direktor der Aktien-Ges. f. elektr. Bedarf Wilhelm Te c h e n , Inspektor Albrecht C l a u s , Kanzleivorstand Mauriz K r u m p h o l z , Direktor Ingenieur Wilhelm G o r l i t z e r, 434 Max Reinhardts Geburtsname war Maximilian Goldmann. Die Familie änderte ihren Namen 1904 jedoch. Der Verfasser des Artikels spielt hier auf eindeutig antisemitische Weise auf Reinhardts jüdische Herkunft an. 435 Karl Ritter von Wiener (1863–1945), Jurist, Ministerialrat des Ministeriums für Kultus und Unterricht, Tätigkeit in zahlreichen Kommissionen, Gremien und Vereinsvorständen. 436 Wilhelm Ritter von Ginzkey (1856–1934), Großindustrieller, größter Teppichfabrikant der Monarchie. Heiratete 1919 die niederländische Sängerin Julia Bertha Culp (1880–1970). Mit ihr verkehrte er unter anderem im Kreis der Kunstmäzenin Jenny Mautner (1856–1938) und deren Mann, dem Großindustriellen Isidor Mautner (1852–1930).

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Bankier Gustav F r i e d , 437 Notariats-Substitut Dr. Rudolf Hans S t e i n e r, 438 Oberrechnungsrat Theodor A n t r o p p . 439 II. In die Direktion vorläufig  : Se. Durchlaucht Prinz Alexander von T h u r n und Ta x i s , Präsident der k.k. Akademie f. Musik Dr. Karl v. W i e n e r, Hofopernkapellmeister Professor Franz S c h a l k , Herrenhausmitglied Willy G i n z k e y, Direktor der Königinhofer Zementfabrik A.G. Ing. Emil R o n s p e r g e r, Hof- und Gerichts-Advokat Dr. Arthur S c h e y, Redakteur Heinrich D a m i s c h . III. Als Rechnungsprüfer  : Generaldirektor Dr. Siegmund S t r a n s k y, 440 Hof- und Gerichtsadvokat Dr. Camillo M ü l l e r. 441 IV. Als Schriftführer  : Leitungsmitglied, Kanzleivorstand Mauriz K r u m p h o l z . V. Als Kassier  : Direktionsmitglied Ing. Emil R o n s p e r g e r. Zum Präsidenten der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« (Hauptverein in Wien) ist in der letztabgehaltenen Direktions-Sitzung Se. Durchlaucht Prinz Alexander von Thurn und Taxis gewählt worden.

437 Gustav Frid (1866–1928), Gesellschafter des Bankhauses Frid & Thiemann. 438 Rudolf Hans Steiner, Jurist, Notariatssubstitut. 439 Theodor Antropp (1864–1923), Finanzbeamter, Journalist, Schriftsteller sowie Theater- und Musikkritiker. Gehörte ebenso wie Damisch dem Redaktionsstab der Ostdeutschen Rundschau an. 440 Sigmund Stransky (1864–1939), Generaldirektor der Mineralöl AG (vorm. Fanto & Co.), Vizepräsident der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 1920 Obmann des Wiener Zweigvereins der SFG und zweiter Vizepräsident des Gesamtvereins der SFG. 441 Camillo Müller (?–1937), Jurist, bekannter Wiener Rechtsanwalt.

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209. Prinz Alexander von Thurn und Taxis an Kaiser Karl I.442 [14. Juni 1918] Euere kaiserliche und königliche Apostolische Majestät  ! Geleitet von dem wahrhaft idealen Gedanken, in unserer herrlichen Stadt Salzburg, die seit jeher nicht nur einen bedeutenden Ruf als einer der schönsten Orte der Welt genießt, sondern sich auch als Pflegestätte edelster Kunstbestrebungen eines beträchtlichen Ansehens erfreut, ein ö s t e r r e i c h i s c h e s F e s t s p i e l h a u s zu errichten, das durch Musteraufführungen auf dem Gebiete der O p e r, des O r a t o r i u m s , des g e i s t l i c h e n und w e l t l i c h e n S c h a u s p i e l e s die Mozartstadt Salzburg zu einer Metropole des Kunstlebens machen soll und wird, hat sich unter dem Namen »S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s - G e m e i n d e « am 1. August 1917 ein Verein gebildet, der die Realisierung eines solchen Festspielhauses durch eine g r o ß z ü g i g e We r b e - , S a m m e l - und P r o p a g a n d a t ä t i g k e i t auf sich genommen hat. Heute schon darf gesagt werden, daß die bis jetzt erzielten Erfolge zu den freudigsten Hoffnungen berechtigen  ; die Sammlungen sind in stetem Wachsen begriffen, die Mitgliederlisten füllen sich mit klingenden Namen, und von den verschiedenartigsten autoritativen Persönlichkeiten wird die Idee der Gründung mit aufrichtiger Begeisterung begrüßt, weil jedermann die a u ß e r o r d e n t l i c h e k u l t u r f ö r d e r n d e Bedeutung des Unternehmens – in rein künstlerischem Sinne, daneben aber auch im Interesse der H e b u n g des F r e m d e n v e r k e h r e s , des H a n d e l s und der I n d u s t r i e richtig erkennt und einschätzt. Dieses Festspielhaus auf dem von uralter höchster Musikkultur erfüllten österreichischen Boden inmitten einer durch und durch musikfreudigen und eminent kunstbegabten Bevölkerung wird vor allem geeignet sein, eine Annäherung der Geister, ein gegenseitiges Verständnis des Gefühlslebens unter den Kulturmenschen Europas anzubahnen und die Wiederaufnahme kultureller, in weiterer Folge auch wirtschaftlicher Beziehungen allgemein in die Wege zu leiten. In diesem Sinne stellt sich das österreichische Festspielhaus als ein hervorragend patriotisches Unternehmen dar, welches unserem Staate in der Friedenszukunft Geltung und Führung im Kulturleben der Völker vermitteln kann und wird. Und nun gelangen wir zu dem Motiv, welches uns mit Mut und Zuversicht erfüllt, uns geradenwegs den Stufen des Allerhöchsten Thrones zu nahen. Der, mitten im Kriege, aber mit dem vertrauensvollen Ausblick auf eine bessere und glücklichere Zukunft gegründete Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« würde rasch zu 442 Karl I. (1887–1922), von 21. November 1916 bis 11. November 1918 Kaiser von Österreich und (als Karl IV.) König von Ungarn.

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stärkster Wirksamkeit, zu ungeahntem Glanz und unbedingter Erfolgsicherheit emporblühen, wenn Eure kaiserliche und königliche Apostolische Majestät unser Allergnädigster Kaiser und Herr huldvollst geruhen wollten, das A l l e r h ö c h s t e P r o t e k t o r a t über denselben zu übernehmen. Dann könnte das, trotz der kriegerfüllten Gegenwart begonnene und allseits freudig begrüßte Projekt in einer Weise zur Reife gelangen, die nicht nur für unsere engere Heimat, für unser Vaterland, sondern auch für die künstlerische, materielle und wirtschaftliche Zukunft unserer geliebten Monarchie ein mächtiger Aufschwang wäre. In diesem Sinne nahen wir uns Euerer kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät mit der alleruntertänigsten Bitte, das Protektorat über den Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« allergnädigst übernehmen zu wollen und geben der frohen Hoffnung Ausdruck, Eurer Majestät huldvollste Gewährung zu finden. Genehmigen Eure Majestät allergnädigst den Ausdruck untertänigster, dankbarster Ergebenheit, in der wir verharren Für die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Der Präsident  : [Prinz Alexander von Thurn und Taxis] Wien, am 14. Juni 1918.

210. Joseph Meßner  :443 »Das Mozartfestspielhaus in Salzburg« [17. Juli 1918] In Innsbruck hörten wir vor kurzem anläßlich der Jahrhundertfeier des Musikvereines beim Kammermusikkonzert wieder einmal einen echten Mozart, in äußerst gediegener Wiedergabe. Dort konnten wir wieder sehen, daß auch der über 100 Jahre 443 Joseph Meßner (1893–1969), Musiker, Komponist und katholischer Priester. Seit 1922 zweiter Domorganist in Salzburg, 1926–69 Domkapellmeister.

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alte Mozart uns Modernen noch etwas zu geben hat, ja uns Modernen noch viel bieten kann, daß er auch für uns Ewigkeitswerte enthält, die wir aber aus angeführten Gründen oft ganz übersehen haben. (Vgl. »Allg. Tir. Anz.«, Nr. 146, 28. Juni.)444 Wirklich, Mozart kann uns das geben, was den Menschen beseligt, erhebt, seinem Dasein einen höheren Zweck verleiht. Wie erhebend wirkt doch schon das kleinste Menuett des Salzburgers, von dem Schönheitsreichtum seiner Klaviersonaten, seiner Orchesterwerke usw. gar nicht zu reden. – Um nun all diesen idealen Schönheiten ein Heim zu schenken, wo sie heilig und rein gepflegt werden, geht man nun in Salzburg daran, ein Mozartfestspielhaus zu errichten. Die Kunst Richard Wagners hat in Bayreuth ihre höchste Pflegestätte gefunden, für Mozart und seine Kunst soll nun in Salzburg dieser heilige Tempel erstehen. Doch warum gerade in Salzburg  ? Weil Salzburg die Mozartstadt ist, auch wenn Mozart nicht in ihr geboren wäre. Hermann Bahr, der sich in Salzburg niederließ, hat die intimsten Schönheiten dieser Stadt erschaut und macht uns diese kund, wenn er schreibt  : »Wer vom Kapuzinerberg, wenn der junge Tag silbern ins weite Tal haucht, oder vom Stiegelkeller, wenn hinter dem roten Dache des Müllnerkirchls der Abend in glühenden Wolken verlischt, auf den glitzernden Fluß, über die glänzenden Dächer, die breiten Kuppeln, die schweren Türme hin, sanft errötende, matt vergilbte, tief ergraute Wände, Tore, Mauern entlang, durch Waldesgrün und Blütenweiß blickt, muß einstimmen  : Salzburg wäre die Mozartstadt, auch ohne den Mozart geboren zu haben. Ihr Wesen, wie sie daliegt, tiefen Ernst und stille Schwermut mit einem holdseligen Lächeln, leise verschleiernd, um sie nur dem lange werbenden vertraut gewordenen Freund erst halb erraten zu lassen, ist Mozart. Seine Musik ist nichts als diese Stadt, fließend und klingend geworden.« (Musica Divina, 1914, August-September).445 Derselbe tieffühlende Hermann Bahr gibt aber noch einen viel tieferen Grund an dafür, daß Salzburg die Mozartstadt sein m u ß , er weiß einen ethischen Grund  : »Von allen Städten, wo deutscher Ernst, von südlicher Lust angehaucht, gleichsam zu tanzen beginnt, wo der Atem blauer Meere, über den ewigen Schnee geflogen, im Schatten unserer Eichen gleichsam nachdenklich und andächtig wird, wo Schwere mit Anmut, Trotz mit Glanz, Chaos und Gestalt sich widerstrebend beseligt vermählen, ist Salzburg, die schönste, keine stellt deutsche Kraft in romanischer Form reiner dar, es ist die Stadt der Hochzeit von germanischem mit lateinischem Geiste. Da muß aber noch ein seltsamer Gast zugegen gewesen sein, der hat ihr auch sein Geschenk gelassen  : als der Germane hier Italien küßte, hat ihnen der Kelte geleuchtet … Es war ein Zufall ohne gleichen, daß einmal Seele 444 Meßner verweist hier auf den von ihm verfassten Beitrag »Musik. Zum Kammermusikkonzert am 29. Juni«, der im Allgemeinen Tiroler Anzeiger vom 28. Juni 1918 auf S. 4 erschien. 445 Vgl. Hermann Bahr  : Die Mozartstadt. In  : Musica Divina. Monatsschrift für Kirchenmusik 2 (1914), H. 8/9, S. 303–306.

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sich mit Gestalt, der Norden mit dem Süden, und die beiden zusammen dann noch der holde Trieb, sich im Spiegel seiner selbst zu spiegeln, traf. Dieser Glücksfall von Deutsch, Latein und Keltisch ist Salzburg. Dieser Glücksfall begann zu klingen, so wurde Mozart. Und wenn Mozart in Lüneburg geboren wäre, Salzburg bliebe doch die Mozartstadt. Salzburg war schon Mozart, bevor er noch geboren war. Er hat es nur erlauscht, er hat es nur erklingen lassen.« (A. a. O.).446 Und Alice Schulte sagt es uns wieder, warum gerade Salzburg die Mozartstadt sein muß  : »Ein Stück Mozart steckt in ihr, (Salzburg) feines Rokoko, ein Auskosten der Zwischenstufen, schwebender Zustand zwischen Leben und Tod und blaßblauer Erinnerung. Aber diese Seite des Rokokogeistes ist nicht der ganze Mozart. Rokoko hat eine starke Unterlage im Barock, in der späten Gotik, und Mozart entspricht den kraftvollen Bauten Fischers von Erlach,447 die sich über die Stadt erheben und aus ihr hinausweisen. Mozart, der Komponist des süßen Menuetts, in denen die Schnörkel so fein sind wie am Portal seines Geburtshauses, ist zugleich auch der, welcher die damals kühnen Stoffe komponierte, den Figaro und Don Juan.« (Vgl. Mitteilungen der Salzb. Festspielhaus-Gemeinde Nr. 1.)448 Genug, also Salzburg ist die Mozartstadt, muß es sein. Daher muß in Salzburgs Straßen das neue F e s t s p i e l h a u s erstehen. Doch wie denkt man sich dieses neu zu errichtende Kunstinstitut  ? Die Mitteilungen der Festspielhausgemeinde sagen uns schon, daß nicht ein Konzerthaus mit riesigen Dimensionen, sondern ein Opernhaus mit traulichen, intimen Räumlichkeiten, entsprechend der warmen, innigen Kunst Mozarts, erstehen soll. Aber nicht nur die Kunst Mozarts soll in diesem Mozartheim eine Pflegestätte finden, nicht nur sollen dort Mozarts charakteristische Opern über die Bretter gehen, sollen dort speziell auch seine symphonischen Werke neue Blütezeit erleben, sollen seine kirchlichen Schöpfungen mustergültig mit ersten Kräften zur Ausführung kommen. Die Mozartgemeinde hat ein weiteres Herz  : sie will alle Kunstgattungen der Musik gepflegt wissen, auch die moderne Oper, mit Ausschluß von Wagner, dessen berufene Pflegestätte ja Bayreuth ist, mit Ausschluß jener Modernen, die eine Riesenbühne benötigen, die gewaltige Dimensionen im Raume brauchen, um ihre Werke unterzubringen. Das alles soll wegfallen. Aber dafür eröffnet sich ein anderes Gebiet der musikalischen Reproduktion  : das Oratorium. Dort wäre der Platz für unsere modernen Oratorien, für Liszt und seine großen Oratorien, für einen »Christus«, eine »Hl. Elisabeth«, für die Fragmente des »Stanislaus«

446 Vgl. Ebd., S. 304. 447 Johann Fischer von Erlach (1656–1723), bedeutender Barockbaumeister, der in Salzburg u. a. die Kollegienkirche, die Dreifaltigkeitskirche, Erweiterungen der fürsterzbischöflichen Hofstallungen (heutiges Festspielhaus) und Schloss Kleßheim realisierte. 448 Vgl. Alice Schulte  : Mozarts Geburtshaus. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), Nr. 1 (1. Juli), S. 11–13, hier S. 13.

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usw.,449 für einen Tinel und seinen »Franziskus«,450 dort wäre der Platz für Liszts Psalmendichtungen, für einen einzigschönen 12. Psalm usw. Dort wäre aber auch der Platz für Vorführung kirchenmusikalischer Werke, nicht nur Mozarts, sondern auch der ältesten von Palestrina451 bis herauf zu Dvoraks »Stabat mater«452 und Liszts Granermesse,453 für Bruckners »Te Deum«454 und seine großen Messen, für Beethovens »Missa solemnis«455 und für Hugo Wolfs »Geistliche Lieder«,456 für Regners457 100. Psalm und sein Requiem, für seine geistliche Musik und seine Chorwerke. In diesem neuen Festspielhaus wäre die Gelegenheit geboten, einzelne Oratorien auch szenisch wiederzugeben, wie man nun auch an anderen Orten beginnt. – Ja, es gäbe so viel, dessen sich das Festspielhaus annehmen wird, wenn auch Mozart immer an erster Stelle bleiben, wenn auch Mozarts Kunst immer das Führende sein muß. Es müssen für Mozartkunst in Salzburg andere Zeiten kommen, als die verflossenen waren. Mozart sollte nicht mehr an seinen Vater schreiben können  : »Ich beschwöre Dich, ich kann die Salzburger nicht ausstehen«, nein, Salzburg muß die Heimat werden für Mozarts Kunst, für seine beste Pflege. Um nun alle diese Pläne durchzuführen, um alles in Wirklichkeit zu setzen, was noch immer Wunsch und Gedanke ist, hat sich die »Mozart-Festspielhaus-Gemeinde« zusammengetan, der seit der Gründung (am 7. Dez. 1917) in Salzburg allein schon 198 Mitglieder angehören, die in Wien schon 105 Mitglieder hat, die schon in 20 Ortsgruppen reiches Leben entfaltet, die im ganzen schon 323 Mitglieder zählt. Aber nicht nur Oesterreich zeigt großes Interesse an den Plänen der Gemeinde, sondern gleiche Begeisterung für dieses große Kulturwerk bringt Deutschland auf, wie uns die verschiedenen Stimmen zeigen, die laut geworden sind. Die ersten Größen haben ihren Beitritt zur Gemeinde erklärt, in Oesterreich, sowohl 449 Die Legende von der heiligen Elisabeth und das Oratorium Christus von Franz Liszt (1811–1886) wurden bis ins 20. Jh. oft aufgeführt, sein Oratorium Die Legende vom heiligen Stanislaus blieb unvollendet. 450 Edgar Tinel (1854–1912), belgischer Komponist, Oratorium Franciscus (op. 36, 1890). 451 Giovanni Pierluigi da Palestrina (vermutl. 1525–1594), ital. Komponist und Kirchenmusiker. 452 Stabat Mater ist eine Vertonung des gleichnamigen mittelalterlichen Gedichts durch den böhmischen Komponisten Antonín Dvořák (1841–1904). Die Uraufführung fand am 23. Dezember 1880 in Prag statt. 453 Franz Liszts Graner Messe, auch als Missa solemnis bekannt, 1856 komponiert. 454 Te deum, uraufgeführt 1886 im Musikvereinssaal Wien unter Hans Richter (vgl. die Anm. in Dok. 217, Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr [1917/18]), gilt als eines der bedeutendsten Chorwerke seiner Zeit sowie als Höhepunkt im Schaffen Anton Bruckners (1824–1896). 455 Die Missa solemnis (d-Dur) ist eines der wichtigsten Werke im Schaffen Ludwig van Beethovens (1770–1827) und eines der bedeutendsten sakralen Musikwerke. 456 Der Zyklus Sechs geistliche Lieder (nach Joseph von Eichendorff) des österr. Komponisten Hugo Wolf (1860–1903) gehört zu den bedeutendsten Chorkompositionen der musikalischen Spätromantik. 457 Gemeint ist der deutsche Komponist Max Reger (1873–1916).

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im Deutschen Reiche, die berufensten Fachmänner im Opernhaus und Konzertsaal haben ihre Ratschläge erteilt, alles interessiert sich für das Mozartfestspielhaus, alles zeigt aufrichtige Freude. Und die arbeitsfreudige Gemeinde selbst hat nun die erste Nummer ihrer »Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« in die Welt geschickt,458 eine Zeitschrift, die ganz im Sinne und Dienste der Festspielhausidee arbeiten soll. Schon die erste Nummer zeigt uns, wie weit nun der Gedanke schon reale Formen annimmt. Aus dem Inhalt dieser ersten Nummer sei gegeben  : »Das Mozartfestspielhaus in Salzburg«, ein Aufsatz aus der Feder Konrad Lindenthalers,459 ein kurzer Entwurf der ganzen Idee mit der kulturellen Bedeutung des Institutes. In den »Stimmen zum Festspielhaus« reden nun die verschiedensten musikalischen Größen Oesterreichs und Deutschlands, und sagen uns, was sie denken zum Plane des Mozarthauses, geben praktische Winke für die Durchführung aller Ideen, melden ihren Beitritt zur Gemeinde usw. Ein weiterer Aufsatz gibt uns einen Zweck der »Mitteilungen« an, daß die Blätter der Festspielhausgemeinde berufen sind, allgemeines, starkes Interesse für die Musik zu erwecken, so daß Salzburg eine ausgesprochene Musikstadt wird. »Mozarts Geburtshaus« heißt ein nächster Aufsatz, der uns schon einführen soll in die intime Kunst Mozart  : diese Zeilen eröffnen uns die traulichen Räumlichkeiten der Geburtsstätte des Salzburger Komponisten. Ueber das Salzburger Musikleben im verflossenen Winter berichtet hierauf Ferdinand Künzelmann und läßt uns ersehen, daß in Salzburg bereits reiches musikalisches Leben und Streben herrscht, daß sie die Mozartstadt werden will. In den Vereinsmitteilungen lesen wir große Zahlen von Spenden für die Gemeinde, lesen wir eine Reihe der Gründer, Spender, Förderer, lesen wir von der Tätigkeit der Wiener »Salzburger Festspielhausgemeinde« usw. – In dieser Ausgestaltung der Zeitschrift hat dieselbe schon ein großes Arbeitsfeld, aber das ist noch zu wenig. Hermann Bahr gibt den Leitern derselben (a. a. O.) noch ein neues Arbeitsfeld an  : »Wir brauchen M o z a r t p h i l o l o g e n   ! Wir müssen erst einmal sein ganzes Leben kennen, um daraus dann auch seine Kunst erkennen zu lernen, die wir ja noch kaum ahnen … Wir müssen erst in alle Verzweiflungen dieses blutenden Lebens blicken, um vom Menschen Mozart aus in die Tiefen seiner Kunst zu sehen. Jeder Barockkünstler hat das an sich, daß er sich seine Tiefe nur um Gotteswillen nicht merken lassen will. Unser Alois Riegl,460 der einzige bisher, der das Barock durchschaut hat, hat erkannt, daß es immer nur eine glänzend verleugnete Gotik ist  : der deutschen Seele himmelsbange Seele ist in den Süden eingedrungen, er ist ihr erlegen, er schweigt in ihr und – schämt sich ihrer, man soll ihn nicht mit ihr belauschen … Was die Kunst Mozarts klagt, wessen 458 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), Nr. 1 (Juli). 459 Konrad Lindenthaler (1874–1957), Professor an der Lehrerbildungsanstalt, 1921 Bezirksschuldirektor. 1917 in die Leitung des Zweigvereins der SFG gewählt. 460 Alois Riegl (1858–1905), österr. Kunsthistoriker und Denkmalpfleger.

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sie sich schämt, was sie so bange verhält, ahnen wir immer noch kaum. Wir müssen erst den ganzen Menschen Mozart ausgraben, den er sich und den anderen lächelnd und liebend verbarg und selbst seiner Kunst nur widerwillig eingestand«. – Sind zu diesen »Mozartgrabungen« nicht gerade die »Mitteilungen der Mozart-Festspielhaus-Gemeinde« die berufensten Blätter  ! Wir in Tirol, die wir die Nachbarn Salzburgs sind, müssen unseren kunstbegeisterten Nachbarn helfen, diese Kulturtat auszuführen, wir müssen ihnen helfen, die blutenden Wunden zu heilen, die ein grauser Weltkrieg der Menschheit geschlagen hat. Wer Mitglied der Festspielhaus-Gemeinde werden will, möge sich nur melden im Sekretariat der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« in Salzburg, Dreifaltigkeitsgasse 18, und er wird alle Drucksachen, die Mitteilungen und Vereinsnachrichten für den Mitgliederbeitrag von 10 K erhalten. Wie die Idee des Festspielhauses in allen Kronländern unserer Monarchie schon Apostel der Begeisterung und der Tat gefunden hat, so wird es auch in unserem kunstfreudigen Alpenland Kunstjünger und Künstler geben, Damen und Herren, die sich ebenso für die große Idee begeistern können. Ueberhaupt  : w e r M o z a r t , seine Kunst und das ewige Schöne liebt, der wird gerne helfen, den Plan und die Idee des Mozart-Festspielhauses in Wirklichkeit umzusetzen…

211. Max Reinhardt an Ferdinand Künzelmann [Bad Gastein, Mitte Juli 1918]461 Lieber Herr Künzelmann, geben Sie mir noch einen Tag. Dienstag können Sie, wie ich zuversichtlich hoffe, meinen Brief mit nach Salzburg nehmen. Wenn ich mich schon zum Schreiben entschlossen habe, was äußerst selten vorkommt, möchte ich auch wirklich etwas sagen. Ich beschäftige mich ernsthaft mit der Sache, nicht nur des Briefes wegen, vielmehr, weil mir in der Formulierung des Notwendigen die einzige Möglichkeit für ein ersprießliches Zusammenarbeiten immer klarer wird. […]462 Mit besten Grüßen Ihr Max Reinhardt

461 Zur wahrscheinlichen Datierung und zum Entstehungsort des Briefes vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang. 462 Die zweite, hier nicht wiedergegebene Passage des Briefes deutet darauf hin, dass Künzelmann den Kontakt zu Reinhardt auch für eigene Belange zu nutzen suchte.

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212. Max Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn Ferdinand Künzelmann Bad Gastein, den 21. Juli 1918 Sehr geehrter Herr Künzelmann, Sie wünschen von mir ein schriftliches Wort über meine Stellung zu Ihrem Plane, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten, für Mozart, die ihm verwandte, in seinem Geiste geborene und in eine hellere Zukunft führende Kunst. Ich habe dieses mehrfach erbetene Wort bisher zurückgehalten, nicht nur, weil ich weiß, daß Worte ein oft gefährlicher, jedenfalls aber ein unzureichender Baugrund sind, sondern weil es mir besonders schwer fällt, das in ein dekoratives Sprüchlein zu bannen, was mir nicht mehr und nicht weniger bedeutet als eine Lebensaufgabe. Sie kennen aus eigener Anschauung meine Tätigkeit in Berlin. Ich betrachte sie gern als eine große und umfassende Vorarbeit zu dem, was hier in Frage steht. Mein Ziel ist –  : das, was ich in mehr als zwei Dezennien geschaffen, erneuert, herangebildet habe, mit dem, was sonst in deutschen und österreichischen Landen an zeitgemäßen Kräften erblüht ist, zusammenzufassen, und sie alle, Dichter, Musiker, Schauspieler, Sänger, Maler, Regisseure an einem schönen Ort, abseits vom Alltagsgetriebe der Großstadt zu einem lebendigen, die höchste Kultur des heutigen Theaters repräsentierenden Organismus wachsen zu lassen. In diesem Sinne habe ich vor mehreren Jahren den Plan zu einem Festspielhause in Salzburg (wo ich, nebenbei bemerkt, vor just fünfundzwanzig Jahren angefangen habe), bis in jede Einzelheit ausgearbeitet, ihn mit maßgebenden Persönlichkeiten durchgesprochen und auf die ausdrückliche Aufforderung des k. k. Oberhofmeisteramtes in Wien diesem ein ausführliches und fachmännisches Exposé unterbreitet. Unter dem Zeichen Mozarts, des heiteren und frommen Genius Salzburgs, sollten hier Oper und Schauspiel, Lustspiel und Singspiel, das Volksstück ebenso wie die alten Misterien und Weihnachtsspiele zu einer erlesenen Einheit verwoben werden und jene reine, geistige Schönheit entfalten, zu der sich das Theater unter glücklichen Umständen zu erheben vermag. Inzwischen sind München (das einen neuen Inhalt für seine alten Festspieltraditionen sucht), Darmstadt mit seinem kunstsinnigen Fürsten und zuletzt namentlich die Schweiz (der Stadtrat von Zürich) an mich herangetreten, ich möge bei ihnen und mit ihnen einen solchen Festspielplan verwirklichen, dessen weitreichende Bedeutung allen einleuchtet. Der Gedanke, dieses Friedenswerk schon jetzt, im Kriege, vorzubereiten, liegt in der Luft, und ich weiß noch manche Arche, die sich mit diesem Ölblatt schmücken möchte. Es ist nun kaum in Abrede zu stellen, daß in den vorerwähnten Orten die Mittel reicher und rascher fließen würden, daß der Wille zur Sache allgemeiner und entschiedener ist und daß vor allem die Initiative der of-

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fiziellen Kreise ein früheres Zustandekommen verbürgt, als das in Salzburg erhofft werden kann. Trotzdem wünsche ich, als Österreicher, leidenschaftlich, daß der außerordentliche künstlerische, kulturelle und auch wirtschaftliche Gewinn eines derartigen Unternehmens meinem Vaterlande zufließe. Die Monarchie ist, dank ihrer in diesem Punkte so glücklichen Völkermischung, unerschöpflich reich an künstlerischen Talenten, die insbesondere auf dem Gebiete des Theaters von unvergleichlicher Kraft und Farbigkeit sind. Immer neue, frische Quellen entspringen ihr in einer schier blendenden Fülle, versickern aber leider und verlaufen sich weit von ihrem Ursprung. Es braucht nur ein tiefes starkes Bett, um sie zu einem mächtigen Strom zu vereinigen, der sein Land befruchtet. Infolge einer augenfälligen Abwanderung aber (Sie wissen, wieviele der ersten Theaterleute und Musiker in Berlin aus Österreich-Ungarn stammen. Unter meinen eigenen Mitgliedern befindet sich z. B. eine große Zahl der merkwürdigsten und stärksten Österreicher. Ich erinnere von ersten Kräften hier nur an Pallenberg,463 Frau Konstantin,464 Moissi,465 Frau Körner,466 Hermann Thimig467 und Helene Thimig, Pünkösdy,468 Schildkraut,469 Kühne470 und Ernst Deutsch471) verarmt das Land, dessen Theater einst auf unerreichbarer Höhe standen und die unbestrittene Führerschaft besaßen. Diese stolze Höhe wieder zu erreichen, die Fahne der Führerschaft zurückzuerobern und in Salzburg aufzupflanzen, ist eine ebenso lockende wie unzweifelhaft lösbare Aufgabe. Mit Schönheit, Geist und Heiterkeit, vor allem mit dem tiefen Glauben an diese Mission, mit dem Götterfunken Freude ist die Welt zu erobern und zu verbrüdern. Und wem würde 463 Max Pallenberg (1877–1934), österr. Sänger und Schauspieler, spielte u. a. am Deutschen Theater Berlin und bei den Salzburger Festspielen unter der Regie von Reinhardt (u. a. als »Teufel« in der Jedermann-Aufführung von 1926). 464 Leopoldine Konstantin (1886–1965), österr. Schauspielerin, spielte u. a. am Deutschen Theater und in Wien. 465 Alexander Moissi (1879–1935), österr. Schauspieler. Von Reinhardt trotz anfangs schlechter Kritiken ans Deutsche Theater Berlin engagiert. Mit seinen Rollen u. a. als Hamlet, Faust und nicht zuletzt als erster Jedermann in der Inszenierung des Hofmannsthal-Stückes durch Max Reinhardt auf dem Salzburger Domplatz am 22. August 1920 prägte er die Bühnenkunst seiner Zeit maßgeblich. 466 Hermine Körner (1878–1960), dt. Schauspielerin und Regisseurin. 467 Hermann Thimig (1890–1982), österr. Schauspieler und Regisseur, der ebenso wie seine Schwester Helene Thimig seine ersten Erfolge am Deutschen Theater Berlin unter Reinhardt feierte. 468 Auguste Schirokauer-Pünkösdy (1890–1967), österr. Schauspielerin, spielte am Deutschen Theater und später am Wiener Burgtheater. 469 Joseph Schildkraut (1896–1964), österr. Schauspieler, von Reinhardt entdeckt, lebte ab 1920 in den USA und wurde als Filmdarsteller erfolgreich. 470 Friedrich Kühne (1870–1958), geb. als Franz Michna, österr. Schauspieler, der bereits ab 1907 zum Ensemble des Deutschen Theaters Berlin gehörte. 471 Ernst Deutsch (1890–1969), österr. Schauspieler, spielte u. a. am Deutschen Theater Berlin sowie als Filmdarsteller.

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dieser Sieg und dieser Friede schöner zu Gesicht stehen als dem vielsprachigen alten Kaiserreich  ? Es ist beinahe schmerzhaft, von all dem tief durchdrungen zu sein, und doch zweifeln zu müssen, weil sich in diesem Lande leider auf die schönste Möglichkeit bald der zerstörende Schimmel fauler, raunzender Skepsis legt. Ich glaube, daß Salzburg, vermöge seiner wundervoll zentralen Lage, seiner landschaftlichen und architektonischen Pracht, seiner historischen Merkwürdigkeiten und Erinnerungen und nicht zuletzt seiner unberührten Jungfräulichkeit wegen, dazu berufen ist, ein Wallfahrtsort zu werden für die zahllosen Menschen, die sich aus den blutigen Greuel dieser Zeit nach den Erlösungen der Kunst sehnen. Gerade dieser Krieg hat bewiesen, daß das Theater nicht ein entbehrlicher Luxus für die oberen Zehntausend, vielmehr ein unentbehrliches Lebensmittel für die Allgemeinheit ist. Vor Bäckerstüren drängte sich die Menge kaum stürmischer als zu Theaterkassen. Nur daß leider auch hier an vielen Stellen nur Ersatz für Kunst verabreicht wurde, die ohne jede Not ihres Nährwertes beraubt erschien. Diejenigen, die jetzt ganz neuen Schichten die Kunst vermitteln, tragen eine große Verantwortung, sie haben das geistige Wachstum der kommenden Menschheit in ihren Händen. Aber – und hier komme ich zu meinen Einwänden – es genügt meiner Ansicht nach keineswegs, bloß ein Haus zu bauen und dessen Türen nach beiden Seiten aufzutun, für das reisende Publikum einerseits und andererseits für die reisenden Künstler. Das wäre ja ein Hoteltheater, wo die Kunst sich nie Zuhause fühlen würde, und das nimmermehr die Hoffnung erfüllen könnte, die ich und mit mir so viele darauf setzen. Sie haben mir auseinandergesetzt, daß zunächst geplant sei, das Haus für Gastspiele aller Art freizugeben. Ein solches Haus könnte eher und mit mehr Berechtigung in der Großstadt stehen, hat sich aber auch bezeichnenderweise nicht bewährt und nie gehalten. In unserem Falle aber, ich muß das freimütig aussprechen, erscheint mir dieses Programm ganz verfehlt, verfehlt auch dann, wenn es sich auch nur um den Anfang handeln sollte. Das Haus muß mit der Erfüllung bereits ins Leben treten, für die es bestimmt ist, und nach der es geformt werden soll. Nach meinen vieljährigen Erfahrungen sprechen alle, auch die wirtschaftlichen Erwägungen gegen ein solches Gastspieltheater. Gastspiele kosten viel Geld und rentieren sich fast nie. Der Transport schwerer, komplizierter Dekorationen, die Gagen, Diäten und Reisespesen verschlingen Unsummen, namentlich, wenn alle ersten, hochbezahlten Mitglieder dabei sein sollen. Der Tagesetat eines ersten Theaters beziffert sich heute bereits auf 4 bis 5.000,– Mark, und dieser erhöht sich nun um den durch die Reisespesen entstehenden Mehrbetrag. Dazu kommt für die Oper der kostspielige Orchesterapparat, Chöre, Comparserie u.s.w. (Als charakteristisches Kuriosum möchte ich nur anführen, daß z. B. im Vorjahre Frau Jeritza472 von der 472 Maria Jeritza (1887–1982), österr.-amerikan. Sängerin (Sopran). Erste Erfolge an der Wiener Hof-

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Wiener Hofoper für ihre Mitwirkung in der ›Fledermaus‹ in der Schweiz pro Abend allein 5000 Franks forderte, und daß Moissi vom Deutschen Theater in Berlin pro Gastspielabend zwei- bis dreitausend Mark erhält.) Gewiß finden trotzdem Gastspiele statt – das unter meiner Leitung stehende Deutsche Theater hat in allen großen Städten der alten und der neuen Welt gastiert, aber dann gilt es meistens, ausländischen Boden zu erobern, und diese Gastspiele werden dann fast immer, wie im Falle des Deutschen Theaters, von der daran interessierten Regierung entsprechend subventioniert. Auch hier würde sich ja zweifellos eine Bühne, wahrscheinlich sogar, wie Sie es planen, die Wiener Hofoper, die Ehre, ein solches Haus zu eröffnen, etwas kosten lassen, besonders, wenn die Höhe der Subvention das ermöglicht. Aber wer wird der zweite, der dritte, der vierte sein wollen, und wie soll sich die fernere Zukunft eines solchen Theaters gestalten  ? Wird das Niveau des Gebotenen (schon aus ökonomischen Gründen) nicht immer tiefer sinken und wird dann nicht gar, als Retter in der Not, die (den Kassierer) alleinseligmachende Operette ihren Einzug halten müssen  ? Ich will gewiß nichts gegen die künstlerisch berechtigte, klassische Operette sagen, aber die erfordert ja fast denselben Apparat wie die Oper. Nein, das sogenannte +++ »Geschäft« macht ja doch nur der gottverlassene, sentimentale Wiener oder Budapester Reißer, bei dessen Anblick alle guten Genien schaudernd entweichen. Aber selbst wenn wir diesen schlimmsten Fall ausschließen wollen, wird das Publikum nach Salzburg pilgern, um dort Vorstellungen zu sehen, die es bereits zuhause, in Wien, Berlin oder sonstwo genossen hat  ? So viel über die fundamentale, ökonomische Seite der Frage. Die künstlerischen Bedenken wiegen noch schwerer, weil in dieser Form der Begriff Festspielhaus geradezu um seinen Sinn gebracht wird. Wird eine noch so gute Aufführung eines täglich spielenden Theaters schon zum Festspiel, weil sie nach Salzburg verpflanzt wird  ? Im Gegenteil. Die Erfahrung lehrt, daß gerade erfolgreiche, also infolgedessen oftgespielte Werke in Laufe der vielen Wiederholungen an Frische, an Prägnanz, vor allem aber an dem Köstlichen, das sich nur in der Aufregung der Premiere entzündet, ernstlich verlieren. Außerdem wird ja jede Vorstellung dekorativ, optisch und akustisch für einen bestimmten Raum komponiert und muß notwendigerweise in der Übertragung und Adaptierung wesentliche Vorzüge einbüßen. Ob die ersten, bekanntlich sehr verwöhnten Kräfte für bereits gespielte und besprochene Rollen ihre Ferien opfern, und ob für sie nicht im letzten Augenblick Ersatzkräfte werden einspringen müssen, ist eine von den vielen noch hinzukommenden Fragen, die ich vorläufig ganz beiseite lassen will. – Wenn es nicht etwas zu sehen, zu hören, zu erleben gibt, was n u r im Festspielhause zu sehen, zu hören, zu erleben ist und nur dort, dann sinkt das Festspielhaus zu einem Sommertheater herab, das bei Regenwetter von den zufällig anwesenden Hotelgästen gewiß gern oper, sang in zahlreichen Strauss-Opern wie z. B. in Die Fledermaus die Rolle der »Rosalinde«.

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besucht werden wird. Das aber kann weder Ihr noch mein Ziel sein. Das Festliche, Feiertägliche, Einmalige, das alle Kunst hat, und das auch das Theater zur Zeit der Antike hatte, und auch zur Zeit, da es noch in der Wiege der katholischen Kirche lag, das muß dem Theater wiedergegeben werden. In diesem Vorzug liegt ja die stärkste Berechtigung, noch mehr, die brennende Notwendigkeit für das Festspielhaus gegenüber der Großstadt, deren Atmosphäre zwar große fruchtbare Arbeit, aber nicht mehr, oder doch nur äußerst selten jenes Wunder zeitigt, das allein das Theater zur Kunst erhebt. Ich verkenne keineswegs den künstlerischen, auch den unter Umständen politischen Wert, den ausländische Gastspiele haben können. Ich vermag mir wohl zu denken, daß einmal das grandiose russische Schauspiel, die weltberühmte russische Oper, das unvergleichliche russische Ballett, daß englische, französische, italienische, skandinavische Truppen kommen und außerordentlich anregend und befruchtend wirken können. Ich bin mit den hervorragendsten ausländischen Bühnenleitern persönlich befreundet und würde selbst alles daransetzen, die Verbindungen, die der Krieg zerrissen hat, wieder anzuknüpfen. Ich kann mir sogar vorstellen, daß das ungarische, das tschechische und andere Nationaltheater hier gastieren werden, aber der Kern der Festspiele muß unbedingt eine heimische, bodenständige Kunst sein. Sie muß der Hausherr sein, der die Gastfreundschaft ausübt. Ich verkenne auch durchaus nicht die materiellen Schwierigkeiten, die sich einem groß angelegten eigenen Betriebe in den Weg stellen. Die monatelangen Vorbereitungen mit großen Schauspielern, Sängern, Chören und Orchester, die Anschaffung von Dekorationen und Kostümen für eine kleine Zahl von Aufführungen erfordern außerordentliche Mittel, und bei den meisten Unternehmungen sind die Mittel mit dem Bau erschöpft. – Das ist ja der typische Krankheitsfall neuer Theatergründungen – insbesondere, wenn, wie hier, für die ganze großgedachte Anlage so viel Kapital notwendig ist. Es kommt in solchen Fällen meistens zu einer unseligen Zersplitterung der Arbeits- und Geldkräfte und zu traurigen Halbheiten im Bau und im Betriebe, deshalb müssen, meine ich, die Aufgaben personell und finanziell geteilt werden an eine Baugesellschaft und eine Betriebsgesellschaft. Nur eine dergestalt organisierte Arbeitsteilung und Finanzierung vermöchte eine gesunde und rationelle Basis zu schaffen, auf der etwas Ganzes erwachsen kann. Doch damit gerate ich ins Detail, das einer späteren Zeit vorbehalten bleiben sollte, wenn Ihr schöner und großer Plan, der schon einen so guten Anlauf genommen hat, weiter gediehen ist, wenn die Verwirklichung gesicherter und vor allen Dingen eine juridische vortragsberechtigte Instanz geschaffen ist. Dann werde ich jederzeit mit Vergnügen bereit sein, alle Einzelheiten mit Ihnen zu besprechen, was viel fruchtbarer ist, als sie zu beschreiben, dann bin ich auch bereit, an Stelle dieser unverbindlichen Erklärung vertragsmäßige Bindungen zu setzen. Nur eines noch.

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Ich glaube, daß unbedingt eine Form gefunden werden müßte, die dem Unternehmen auch einen humanitären Charakter gibt. Niemand von uns darf heute an Kunst denken, ohne seine Pflicht gegen die armen Opfer dieser schweren Zeit erfüllt zu haben. Ich denke mir, daß von jedem Besucher des Festspielhauses ein Scherflein für diesen Zweck erhoben werden soll. Das würde dem Unternehmen auch die notwendige offizielle Förderung sichern. Schließlich möchte ich noch, um allen Mißverständnissen vorzubeugen, unzweideutig aussprechen, daß meine Intentionen nicht dahin zielen, meinen verzweigten Berliner Unternehmungen noch ein weiteres anzugliedern. Ganz im Gegenteil. Ich habe mich, wie Sie wissen, in Salzburg angekauft, um mich von meiner reichen Tätigkeit zu erholen und allmählich zu entlasten. Ebensowenig würde es mich jemals reizen, mit dem Deutschen Theater in Salzburg zu gastieren. Ich würde nur dann mittun und meine ganzen Kräfte und Verbindungen dafür einsetzen, wenn sich für die Verwirklichung der höchsten Möglichkeiten entsprechende Garantien schaffen lassen. Das allerdings wünsche ich mit aller Inbrunst für Sie, für mich, für Salzburg und vor allen Dingen für die Kunst. Die selbstverständliche Voraussetzung für diesen Brief sowohl als auch für alle bisher gepflogenen und künftigen Besprechungen ist, wie ich noch einmal betonen möchte, daß nichts von allem in die Öffentlichkeit dringt. Alle verstümmelten oder mißverstandenen Mitteilungen könnten mir, aber auch Ihnen und Ihrem Unternehmen Verdruß und Schaden bereiten. Mit besten Wünschen und Grüßen Max Reinhardt

213. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 25. Juli 1918. Lieber Freund  ! Ich erhielt heute Deinen Brief vom 23. ds. M. Daß mein Telegramm473 solange gebraucht hat, ist allerdings unerhört. Deine Anregung, bezüglich Artarias474 habe ich heute schon berücksichtigt und bin mit ihm in Verbindung getreten. Weiters kann ich Dir mitteilen, daß ich den Festredner für die General-Versammlung bereits gefunden habe. Es ist der Dichter, Schriftsteller und Redakteur der »Wiener Zeitung« 473 Zu beiden Dokumenten ist keine Vorlage überliefert. 474 Karl August Artaria (1856–1919), Musikverleger, Vizepräsident der SFG, Präsident der Wiener Konzerthausgesellschaft. Vgl. dazu Emil Ronsberger[sic  !]  : Karl August Artaria. Ein Direktionsmitglied d. S.-F.-G. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 5 (Mai), S. 1–3.

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Rudolf Holzer,475 der ebenso wie seine Frau, die Schauspielerin Hetsey,476 unser Mitglied geworden ist. Holzer ist Feuer und Flamme für unsere Sache, wird in den nächsten Tagen ein Feuilleton in der »Wiener Zeitung« und einen Artikel in der »Frankfurter Zeitung« über uns und unsere Pläne bringen. Er wird auch in Hinkunft mit unserem Vereine und mit der Festspielhaus-Idee zusammenhängende Fragen in Artikeln behandeln. Er gedenkt weiters in Wien und in Deutschland Vorträge darüber zu halten. Demnächst wird er auch einen andern Vortrag im »Mozarteum« halten. Davon hat er mir erzählt, und dadurch bin ich dann auf die Idee gekommen, ihn für uns zu gewinnen. Herr Künzelmann schreibt mir heute, daß er meinen an Dich gerichteten Eilbrief477 geöffnet und gelesen habe. Er findet offenbar nichts daran, und erklärt mir, daß ihm die Art, wie ich in meinem Briefe an Dich seine Angelegenheit mit der »Zeit«478 behandle, ein wenig seltsam erscheine. Ich könnte ihm hier eigentlich nur mit einer Retourkutsche antworten, daß ich für meine Person wieder manches an ihm seltsam zu finden anfange. Auch über die ganze Behandlung der Reinhardt-Angelegenheit muß ich meine Ueberraschung zum Ausdruck bringen. Es kann doch gar niemand von uns Allen berechtigt und befugt sein, geheime Verhandlungen mit Herrn Reinhardt zu führen.479 Ich habe aber hier den Eindruck einer ganz merkwürdigen Geheimniskrämerei, die geeignet erscheint, sehr unangenehme Verdachtsmomente hervorzurufen. Ich habe über die Angelegenheit Reinhardt sehr eingehend nachgedacht, und werde Dir gelegentlich meiner nächsten Anwesenheit in Salzburg ganz reinen Wein einschenken, was ich eigentlich davon denke, und um jedes Mißverständnis auszuschließen, möchte ich neuerlich betonen, daß es ganz ungeheuerlich wäre, wenn man die Salzburger Festspielhaus-Idee, das österreichische Festspielhaus in Salzburg, Herrn Reinhardt ausliefern wollte. Wir werden, was wir ja schon schriftlich offiziell ausgesprochen haben, Herrn Reinhardt als einen unserer Mitarbeiter und hoffentlich als einen wertvollen, jetzt und in Zukunft gewiß

475 Rudolf Holzer (1875–1965), Journalist und Schriftsteller, 1924–33 Chefredakteur der Wiener Zeitung. Vgl. auch Dok. 222 (R. Holzer  : Die Festspiel-Idee. In  : Salzburger Volksblatt, 16.8.1918, S. 2 f.) und Dok.  239 (R. Holzer  : Der neue Kurs. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 [1918], Nr. 2 [Oktober], S. 20–23). Die Generalversammlung der SFG fand am 15. August 1918 im Marmorsaal des Schlosses Mirabell in Salzburg statt  ; vgl. Dok. 221 (Generalversammlung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 16.8.1918, S. 4 f.). 476 Alice Hetsey (1875–1939), österr. Schauspielerin, wirkte 1904–29 am Deutschen Volkstheater in Wien. 477 Keine Vorlage überliefert. 478 Hier ist vermutlich die 1902–19 erscheinende Wiener Tageszeitung Die Zeit gemeint, in deren Redaktion Damisch zeitweilig tätig war. 479 Vgl. Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde / F. Künzelmann, 21.7.1918).

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mit Freuden begrüßen. Darüber hinaus jedoch müßte eine Einflußnahme seinerseits schärfste Opposition erregen. – Wir haben nunmehr in Wien mit der Werbearbeit begonnen, schreiben Briefe an alle möglichen Persönlichkeiten und Körperschaften und haben auch die Wiener Presse bereits vollständig für die künftige Propaganda vorbereitet. Morgen oder übermorgen kommt Prinz Taxis480 nach Wien, und da will ich Dir dann weitere Mitteilungen machen. Mit herzlichsten Grüßen Dein /Damisch/

214. »Rechenschaftsbericht des Hauptvereins Wien der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« [Wien, 30. Juli 1918] D i e L e i t u n g i m Ve r e i n s j a h r e 1 9 1 7 / 1 8 . Vo r s t a n d   : Unbesetzt. L e i t u n g s m i t g l i e d e r   : 1. Gewählte in der Hauptversammlung am 15. Mai 1918  : Theodor Antropp, Oberrechnungsrat im k. k. Finanzministerium Albrecht Claus, Inspektor der Arbeiter Unfall-Versicherung f. N.-Ö. *) Heinrich Damisch, Musikschriftsteller und Redakteur Gustav Frid, Bankier *) Willy Ginzkey, Herrenhausmitglied Wilhelm Gorlitzer, Direktor der Pinsch-Werke Mauriz Krumpholz, Sekretär, Kanzleivorstand der k. k. Gesellschaft der Musikfreunde *) Emil Ronsperger, komm. Direktor d. Königinhofer Zementfabrik A.-G. *) Franz Schalk, k. k. Hofopernkapellmeister, k. k. Professor *) Dr. Arthur Schey, Hof- und Gerichtsadvokat Dr. Rudolf Hans Steiner, k. k. Notariats-Substitut Wilhelm Techen, Direktor der A.-G. für elektrischen Bedarf *) Alexander Prinz von Thurn und Taxis, Großgrundbesitzer, Herrenhausmitglied

480 Prinz Alexander von Thurn und Taxis  ; vgl. die Anm. in Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917).

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Dr. Karl Ritter von Wiener, Präsident der k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst (10 Stellen unbesetzt) 2. Von der Leitung kooptiert  : Emil Löwenbach, Fabrikant R e c h n u n g s p r ü f e r   : Adolf Graf, Sekretär i. P. Leo Taussig, Kaufmann Josef Reitler, Redakteur (Ersatzmann) A d m i n i s t r a t i o n   : Sekretär  : Mauriz Krumpholz, s. o. Beamtinnen  : Betti Haeberlein, Marie Schmidt, Hildegarde Plaß *) Sind gleichzeitig in die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde gewählt. Rechenschaftsbericht der Leitung. Dieser Bericht umfaßt die kurze Spanne Zeit seit der gründenden Versammlung des Hauptvereines in Wien, die am 15. Mai d. J. im Kammermusiksaale der k. k. Gesellschaft der Musikfreunde stattgefunden hat  ; er soll gewissermaßen eine Urkunde von der Grundsteinlegung des Hauptvereines darstellen und vornehmlich dazu dienen, nebst den regulären Geschäftsvorkommnissen die historischen Daten der Gründung für alle Zeiten festzuhalten. Es ist ein an und für sich höchst bemerkenswertes Ereignis, daß im vierten Jahre tiefster kriegerischer Verwicklungen eine Gründung von so weittragender Bedeutung vollzogen werden konnte. Die geistigen Urheber der Idee haben nebst regem Schaffensdrang und wirklicher Kunstbegeisterung auch unermüdliche Unternehmungslust und felsenfeste Überzeugung an den Tag gelegt  ; nur so konnte es gelingen, das gewaltige Projekt der Gründung eines Ö s t e r r e i c h i s c h e n F e s t s p i e l h a u s e s i n S a l z b u r g der Realisierung näher zu bringen, allen Skeptikern und Zweiflern zum Trotz. Der Verein Salzburger Festspielhaus-Gemeinde samt seinen beiden Unterverbänden, dem H a u p t v e r e i n in Wien und dem Z w e i g v e r e i n in Salzburg, steht heute schon auf beruhigender, gesicherter Basis.

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Gewiß eine schöne Leistung, und in einer Zeitepoche, welche wahrhaftig nicht sehr reich an Idealen ist  ! Der eigentliche Träger der ganzen schönen Idee war in Wien Direktionsmitglied Redakteur Heinrich D a m i s c h , der inspiriert durch den unermüdlichen Vorkämpfer des Festspielhaus-Gedankens in Salzburg, den dortigen leitenden Direktor der Arbeiter-Unfallversicherung für Oberösterreich und Salzburg, Friedrich G e h m a c h e r, und betraut mit der Ausarbeitung der Grundzüge eines Aktions-Programmes sowie der Durchführung einer zweckmäßigen entsprechenden Vereinsgründung seitens einer unter der Führung Direktor Gehmachers stehenden Gruppe von Salzburger Kunstfreunden, alle Vorarbeiten trotz mannigfacher Widerstände und Schwierigkeiten glücklich zu Ende führte und unterstützt von einer Anzahl ideal gesinnter Persönlichkeiten in Wien die Gründung des Vereines Salzburger Festspielhaus-Gemeinde in die Wege leitete. Die unermüdliche Initiative dieser beiden Männer, deren einer in Wien, der andere in Salzburg rastlose Werberarbeit verrichtete, brachte es schon in wenig Wochen zu erstaunlichen Erfolgen  ; ihr zunächst ist es zu danken, daß wir heute bereits zur Herausgabe des ersten Rechenschaftsberichtes schreiten können. Dies sei der erste Markstein in unserer jungen Vereinstätigkeit, an dem wir Halt machen wollen, um vor- als rückwärts zu schauen. Vor uns liegt eine große Zukunft  : Das Salzburger Festspielhaus. Eine Gründung von welthistorischer Bedeutung. Rückwärts blickend fühlen wir vor allem die Verpflichtung jene dankbarst zu erwähnen, welche geholfen haben, uns die Wege zu ebnen. Mit größter Freude und Befriedigung können wir hier konstatieren, daß die vornehmste älteste Musikgesellschaft Deutsch-Österreichs, »Die k. k. Gesellschaft der Musikfreunde« es war, die sich in sofortiger richtiger Erkenntnis der Bedeutung unserer Sache von Anbeginn an die Seite unserer Gönner und Förderer stellte. Dieselbe hat uns nicht nur einen schönen Baustein als Spende gewidmet, sondern uns auch über Antrag ihres Herrn Vizepräsidenten Dr. Ernst Kraus481 in freundschaftlichster Weise für die Kanzlei unseres Hauptvereines ein gastliches Heim im Musikvereinsgebäude gewährt, wodurch es uns ermöglicht wurde, nunmehr mit einer ausgebreiteten Bureautätigkeit einsetzen zu können  ; ein Entgegenkommen, welches in dankbarer Anerkennung für die Annalen unserer späteren Geschichte hiemit festgelegt sein soll, zum bleibenden Gedenken an diese hochverehrliche Gesellschaft und deren Präsidenten – nunmehr auch gleichzeitigen Präsidenten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde – Se. Durchlaucht Prinz Alexander von T h u r n und Ta x i s .

481 Ernst Kraus (1867–1945), Hof- und Gerichtsadvokat, 1908–38 Vizepräsident der Gesellschaft der Musikfreunde.

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Unserer wärmsten Erkenntlichkeit versichern wir hier aber auch die Wiener Tages- und Fachpresse, der wir für die zielbewußte Förderung all unserer Bestrebungen hiemit auf das Dankbarste verbunden bleiben. In ähnlichem Maße hat unser Verein manch weitere wertvolle Unterstützung erfahren, welche ausführlich zu behandeln, Raummangels halber dem nächstfolgenden Bericht vorbehalten bleiben soll. Wärmsten Dank schulden wir dem k. k. Ministerium des Innern mit seinem k. k. Sektionsrat, Herrn Heinrich O c h s n e r, dem k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht mit seinem Ministerialsekretär, Herrn Dr. Karl K o b a l t , sowie der k. k. n.-ö. Statthalterei mit ihrem k. k. Bezirkshauptmann, Herrn Johann L i e g e r, für das freundliche Entgegenkommen und die wertvolle Unterstützung bei der Genehmigung der Satzungen. Dem Bescheid, mit welchem der Bildung unseres Hauptvereines der behördliche Konsens erteilt wurde, soll als historischem Dokument hier gleichfalls ein Platz gesichert sein. […]482 Die Leitung bis zu ihrer Konstituierung am 15. Mai d. J. – Vorbereitendes Komitee – hielt seit 1. August 1917 eine Anzahl Sitzungen ab und ist unablässig um den Ausbau einer zweckentsprechenden Werbe- und Propaganda-Organisation bemüht, um dem Vereine sonach möglichst weite Kreise als Mitglieder und Interessenten aus der Monarchie und dem befreundeten Auslande zuführen zu können. Hiezu wurde ein eigenes Sekretariat mit einem geeigneten Beamtenkörper errichtet. Der Verkehr mit den Behörden und mit der Presse wurde entsprechend in die Wege geleitet. In Tageszeitungen und Fachschriften des In- und Auslandes sind bereits größere Artikel über das österreichische Festspielhaus erschienen, z. B.: »Neues Wiener Tagblatt«, »Reichspost«, »Ostdeutsche Rundschau«, »Zeit«, »Frankfurter Zeitung«, »Berliner Tagblatt«, »Neue Züricher Zeitung«, »Salzburger Volksblatt«, »Salzburger Chronik«, Berliner »Signale für die musikalische Welt«, Berliner »Schaubühne«, im Wiener »Merker« u. ä. Eine großzügige Presseaktion in Wien ist eben in Vorbereitung, ebenso eine für Ungarn und die österreichischen Kronländer. Von Ortsgruppen wurde bereits eine in Melk an der Donau errichtet. An der Spitze derselben steht der dortige Rechtsanwalt Herr Dr. Ignaz To b i s c h . In Vorbereitung befinden sich Gmunden, Ischl, Bad-Gastein, Graz und mehrere in Vorarlberg.

482 An dieser Stelle wurde ein Schreiben des Mitteleuropäischen Reisebüros in Berlin vom 2. Mai 1918 sowie ein weiteres Schreiben des Mozarteums an die Festspielhaus-Gemeinde vom 21. September 1917 (Dok. 139) angeführt.

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Das bisherige Vermögen des Vereines Salzburger Festspielhaus-Gemeinde beträgt bereits an 200.000 Kronen, ist ständig im Wachsen begriffen und dürfte sich noch im Laufe dieses Jahres voraussichtlich wesentlich erhöhen. Präliminiert für die Gesamtinvestierungen sind vorläufig 5,000.000 Kronen. Der Mitgliederstand des Hauptvereines in Wien betrug 117 Mitglieder. Zum finanziellen Teil des Berichtes ist dermalen keine nähere Erläuterung nötig und es diene nur zur Kenntnis, daß aus Zweckmäßigkeitsgründen die Verrechnung der Mitgliedsbeiträge nicht nach der satzungsgemäßen Aufteilung, wonach die in Wien domizilierenden Mitglieder automatisch in den Verband des Hauptvereines Wien fallen, die in Salzburg seßhaften dagegen dem dortigen Zweigvereine angehören, vorgenommen, sondern daß die Verrechnung auf Grund der Zuständigkeit des anwerbenden Mitgliedes durchgeführt wurde. Es wurde also diesmal die Verrechnung nach We r b e g r u p p e n (Wien und Salzburg) vorgenommen. Wir hielten uns für verpflichtet, hierüber im Berichte eine Erklärung aus dem Grunde abzugeben, weil dadurch einer eventuellen mißverständlichen Auffassung über den derzeit geringen Vermögensstand des Hauptvereines begegnet werden soll. So legen wir denn diesen Rechenschaftsbericht, begleitet von unseren besten Wünschen für die fernere Zukunft des Vereines, in die Hände unserer sehr verehrlichen Mitglieder, Gönner und Freunde und hoffen, es möge die Hinausgabe dieses ersten Jahrbüchleins unter symbolischem Hinweis auf die Völker bezwingende und versöhnende Macht der Musik ein glückliches Omen bedeuten. Wien, am 30. Juli 1918. Mauriz Krumpholz Schriftführer und Sekretär des Hauptvereines in Wien.

215. »Ein österreichisches Festspielhaus« [ca. Sommer 1918] Dieser Gedanke ist eine Offenbarung. Oder wäre es  ! Denn ich hebe nur zaghaft die Rolläden des Zweifels, um die Fülle von Sonne und Glückfrieden hereinzulassen, die aus diesem Gedanken strömt. Sie wollen ein Mozartfestspielhaus bauen. Das ist ein schöner Zug des Oesterreichers, den darauf Stolze Anregesinn, Gehässige G’schaftelhuberei nennen, und der in der Freude am Beginnen liegt. Andere sind nicht so eilig im Beginnen, aber wenn sie begonnen haben, halten sie zäh, bis der Wille Tat ist. Der Oesterreicher kommt nur zu oft nach den ersten Vorbereitungen vom Begeisternden ins Nachdenkliche, und das Nachdenkliche ist die Mutter des

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Zweifels. Vor allem deshalb, weil dem Durchschnittsösterreicher – und er in seiner Gesamtheit macht das Publikum aus, das solche Schöpfungen braucht – der Sinn für das Großzügige, das Verständnis für die Macht des Zusammenstehens als Geburtsmangel abgeht. Der Glaube an die Gemeinsamkeit einer Sache läßt sich nicht mit der Werbetrommel wecken, der Kern des »Viribus unitis« ist hierzulande in der Gedankenlosigkeit eines österreichischen Sprichwortes untergegangen. Und doch wäre das österreichische Festspielhaus eine Sache der breitesten österreichischen Oeffentlichkeit. Die Freude am Festlichen liegt so recht im Wesen des Oesterreichers. Er jubiliert zu den unmöglichsten Anlässen, er nimmt die unwesentlichsten Dinge zum Umweg für eine Ausstellung, um mit Tingel Tangel und Wein in den Treibriemen der 365 Alltage ein paar Knoten der Abwechslung zu knüpfen. Nur dem Großen weicht er ängstlich aus. In Ruh’ verschnaufen  ! Nicht viel Umständ, nicht viel Lärm machen…. München hat längst sein Festspielhaus und welch’ gefährlicher Gegner ist dieses Prinzregententheater für den Bayreuther Weihebetrieb geworden  ! Zwei Festspielhäuser im kleinen, im bierblöden Bayern und zwei Kunstzentren, nach denen die internationale Reisegesellschaft ihr Sommerprogramm einrichtete und wieder einrichten wird  ! Die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde – denn dort soll dieses erste Wahrzeichen österreichischen Kunstselbstbewußtseins erstehen – hatte bei der Wahl der Oertlichkeit gewiß keinen berechnenden Hintergedanken. Es war auch keine Wahl. Denn ein Mozartfestspielhaus konnte nur aus Salzburg entstehen, nicht für Salzburg bestimmt werden. Wir halten jedoch diese Platzfrage für eine Grundfrage. Daß ein österreichisches Festspielhaus nur in Salzburg denkbar sei, möchten wir bezweifeln. Es täte vor allem Wien not, dieser bei allem Duiliöh so tieftraurigen Residenz, deren Kunstbetrieb alles Festliche längst abgestreift hat und nun in den Scharnieren knarrt wie ein verbrauchter Karren. Welche in ihren Wirkungen kaum berechenbare Aufrüttelung wären festliche Opernvorstellungen für eine Stadt, deren Hofoper in wenigen Jahren von einem richtunggebenden Kunstinstitut zu einer bürokratischen Abwicklung kaiserlich-königlicher Repräsentationen geworden ist  ! Wir stimmen für Salzburg, weil wir wissen, daß Wien, die Musikstadt, heute noch kein Boden für ein Festspielhaus ist. Der Nährboden für das Gedeihen von Weltkunst wird nicht in Monaten und nicht in Jahren geschaffen. Vielleicht ist deshalb gerade Salzburg der einzige Ort, an dem ein österreichisches Festspielhaus gedeihen kann, weil es den großen süddeutschen Kunstmärkten am nächsten liegt und von der Wärme dieses Stromes nur gewinnen kann. Sein Ziel muß es sein, nicht diesen Strom abzuleiten, sondern auf seine Richtung mitzubestimmenden Einfluß zu gewinnen. Die Gründer, die sich um den Gedanken eines österreichischen Festspielhauses scharen, unterscheiden sich von anderen – und dies wollen wir als gutes Omen für den ideellen Grundstein des ganzen Werkes nehmen – dadurch, daß sie nicht im Finstern wirken, um plötzlich die Welt mit der lange sorgfältig als Geschäftsgeheim-

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nis gehüteten Tatsache zu überraschen, sondern das gesamte deutsche Kunstinteresse zum Mitarbeiter rufen. So muß das Werk vor harter Kritik sicher sein, wenn alle Stimmen gehört werden, die hier billig das Wort haben müssen. Es versöhnt uns mit den Gedanken, daß das Festspielhaus an Salzburg gebunden sein soll, wenn wir hören, daß es nicht allein die Weihestätte für Mozart bleibt. Daß die Kunst, die dort geweckt werden soll, für alle Zeiten im Zeichen Mozarts stehe, ist ein herrliches Gelübde und gibt uns Bürgschaft, daß es in der Tat ein österreichisches Festspielhaus wird. Die Zahl derer, denen in unserer schauerlichen Zeit des realen Menschen-TierTums der Begriff Mozart aus innerer Ueberzeugung die Krone des Schönen am Leben bedeutet, ist nicht groß und es bedarf aufklärender Erziehung, denen unter uns, die guten Willens sind, den Blick dafür zu öffnen, daß Mozart das unvergänglichste Oesterreichertum darstellt, auf das wir bauen können. Dann muß unser Festspielhaus über das Traditionelle einer Gedenkstätte das Asyl österreichischer Bühnenkunst im weitesten Sinne werden und vor allem dem schaffenden Jung-Oesterreich das Vertrauen wiedergeben, daß die »freie Bahn für den Tüchtigen« nicht unbedingt mit dem Umweg über Generalintendanz oder Chefredaktion verbunden ist. Eines möchten wir wünschen, wenn wir an das künftige Publikum denken, das dieses Haus der Weihe füllen soll  : es möge nicht ganz ein österreichisches Bayreuth werden, ein ausschließlicher Tummelplatz für Snobtum und internationalen Nutznieß-Erfolg. So schwer entbehrlich diese Sorte für alles ist, was an der Materie hängt, so herzlich wäre bei Zeiten eine eigene Propaganda zu begrüßen, die durch großzügige Stiftungs- und Vereinstätigkeit das Salzburger Festspielhaus zum Gemeingut, also auch den armen Teufeln zugänglich macht, die, mit leerem Sack und überquellenden Herzen, durch Tränen für das zu danken wissen, was andere von unseren Großen als Füllsel zwischen Fünf-Uhr-Tee und Souper hinnehmen. Auf solchem Grundstein könnte das österreichische Festspielhaus dereinst mehr werden, als ein Schaufenster für österreichische Bühnenkunst am Rande der Fremdenstraße, die von Italien nach Deutschland führt  : vom heimischen Standpunkt ein Wahrzeichen, dass sich Oesterreichs dramatische Kunst auf ihre Kraft besonnen und erkannt hat, dass der Lebensnerv jeder Kunst im Nationalen wurzelt  ; in höherem Sinne aber könnte es für alle die aus solcher Zeit der Verneinung und des Hasses das Gute in sich hinüber gerettet haben in die Zeit, da einmal dieser Jammer verebbt sein wird, eine Friedenskirche werden, die Friedenskirche der Kunstempfänglichen, derer, die es fühlen können, daß Menschenwerke, wie das Mozarts, die Brücke vom Irdischen zu Gott sind.

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216. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 1. August 1918. Lieber Freund  ! Deine Karte bezüglich Reinhardt habe ich heute erhalten.483 Eine Direktions-Besprechung können wir hier wohl nicht mehr veranstalten. Ich habe das Exposee Reinhardts dem Präsidenten484 gezeigt, er war davon absolut nicht erbaut und hat gemeint, daß es zum Teil Selbstverständlichkeiten sind, die wir auch wissen, zum Teil Dinge, die in unseren Aufrufen und bereits erschienenen Kundgebungen enthalten sind, zum Teil Dinge, die allzusehr auf Reinhardt selbst zugeschnitten sind. Daß eine Mitwirkung von Reinhardt und Strauss auch jetzt schon sehr erwünscht wäre, mag ja richtig sein, nur müssen wir in Reinhardt eher eine Gefahr als einen absoluten Gewinn erblicken. Drohte früher einmal die Möglichkeit, daß Reinhardt überhaupt in Salzburg Festspiele industrialisieren will und mit seinen Stil-Kapricen, seiner keineswegs vornehmen, sondern stets auf gesuchte Effekte loszielenden Kunstpflege den Boden für eine gedeihliche Entwicklung zerstören werde, so besteht jetzt, wo er vielleicht wirklich nicht mehr daran denkt, Salzburg für sich allein zu fruktifizieren, noch immer die starke Gefahr, daß es ihm vor Allem in Folge der Hypnose, die der Name Reinhardt auf Euch auszuüben scheint, gelingen könnte, unser Wasser ganz auf seine Mühle zu treiben. Das müßte jedenfalls vermieden werden. Du bist der Meinung, daß seine Mitwirkung notwendig sei, warst aber andernteils selbst dagegen, wie der Vorschlag gemacht wurde, ihn in die Leitung zu nehmen. Welcher Art soll also gegenwärtig seine Mitwirkung sein  ? In der Zuschrift der Direktion an den Zweigverein485 ist ja eigentlich das, was er verlangt hat, ohnehin schon erfüllt worden, will er jetzt mehr, und was will er  ? Oder was sollen wir von ihm wollen  ? Nachdem Dr. Schey und ich am 11. cts.486 früh in Salzburg ankommen, der Präsident am 12. cts. kommt, Artaria vielleicht auch schon an diesem Tage, möglicherweise auch Schalk schon am 12. oder 13. cts. eintrifft, hätten wir ja vor der Generalversammlung noch ausreichend Gelegenheit, in Besprechungen und einer Direktions-Sitzung über die Angelegenheit Reinhardt zu verhandeln. – Wildgans kann uns leider keinen Prolog dichten, da er mit einer großen Arbeit beschäftigt ist. Wir haben uns nun an Franz Karl Ginzkey487 gewendet. Trachte wirklich, den Mayr488 zu bekommen, er soll zwei 483 Keine Vorlage überliefert. 484 Dem Präsidenten der SFG, Prinz Alexander von Thurn und Taxis. 485 Keine Vorlage überliefert. 486 Vermutlich Abkürzung für currentis (lat.) = laufenden Monats. 487 Franz Karl Ginzkey (1871–1963), österr. Schriftsteller und k.u.k.-Offizier. Seit 1924 Mitglied des Kuratoriums der Salzburger Festspiele. 488 Richard Mayr  ; vgl. die Anm. in Dok. 118 (H. Damisch an F. Gehmacher, 3.4.1917).

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oder drei Lieder singen. Eine Verlegung des Konzerts auf den 14. glaube ich würde große Schwierigkeiten machen. Was spricht denn gegen die Abhaltung am 15.? Züge zur Rückfahrt stehen doch genügend zur Verfügung  ! 10 Uhr 15, 1 Uhr 50, 6 Uhr 40 früh, eventuell noch 12 Uhr 30 mittags. Ueberdies will sich das Bläserquartett den 16. überhaupt noch freinehmen. Ich hoffe, bald wieder von Dir zu hören und sende Dir und den Deinen die herzlichsten Grüße Dein /Damisch/

217. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : »Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr (1917/18)« [3. August 1918] Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. Zweigverein Salzburg. R e c h e n s c h a f t s - B e r i c h t der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr (1917/18). Erstattet in der Ersten ordentlichen Generalversammlung am 3. August 1918.489 D i e L e i t u n g i m Ve r e i n s j a h r 1 9 1 7 / 1 8 . I. In der Gründungsversammlung am 7. Dezember 1917 gewählt  : *Obmann  : Direktor Friedrich G e h m a c h e r, Salzburg. *Obmann-Stellvertreter  : Richard B ü n s c h , 490 Kaufmann, Salzburg. *Kassier  : Arthur S a c h e r, 491 k. k. Rechnungsrat, Salzburg. *Kassier-Stellvertreter  : Mr. Ph. Franz W i l l v o n s e d e r, Salzburg. *1. Schriftführer  : Oberstleutnant Adolf F r a n k , 492 Salzburg. *2. Schriftführer  : Oberinspektor Konstantin K u r z w e r n h a r t , Salzburg. *3. Schriftführer  : k. k. Professor Konrad L i n d e n t h a l e r, Salzburg. B a l d i , Alois, Kaufmann, Salzburg.

489 Die Generalversammlung des Zweigvereins Salzburg. 490 Richard Bünsch (1873–1926), Privatier, vormals Kaufmann. 491 Arthur Sacher (1875–1937), 1919 Vorstand der Rechnungsabteilung des Landes Salzburg. 492 Adolf Frank (1855–1924), Oberstleutnant i. R., Archivar der Mozartgemeinde, 1918 Schriftführer, 1922 Direktionsmitglied der SFG.

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G e h m a c h e r, Max jun.,493 Kaufmann, Salzburg. *J u n g , Georg, Besitzer des Hotels »Europäischer Hof«, Salzburg. K r a t o c h w i l l , Johann, Salzburg.494 S c h u r i c h , Edwin, Ingenieur, Salzburg. *Wa g n e r, Richard, Stadtbaumeister, Salzburg.495 (11 Stellen unbesetzt) *) Sind gleichzeitig in die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde gewählt. II. Von der Leitung kooptiert  : Baron Waldemar T h i e n e n v o n A d l e r f l y c h t ,496 Salzburg. Chefredakteur Richard P o l i f k a ,497 Salzburg. Stadtpfarr-Kooperator Heinrich We i n s t a b l ,498 Salzburg. Direktor Emil F u n d e r, 499 Salzburg. Administration  : Bürovorstand  : Franz N e u m a y r. Literarischer Korrespondent  : derzeit unbesetzt. Beamtin  : Ottilie Tr a u s m ü l l e r. Rechenschafts-Bericht In Wien und Salzburg hat sich im Jahre 1917 eine Anzahl von Freunden der Kunst, von Verehrern Mozarts, zusammengetan, welche eifrigst bestrebt waren, Anhänger um sich zu sammeln, um in Salzburg, der Geburtsstadt Mozarts, ein Festspielhaus zu errichten. Der Gedanke ist nicht neu.

493 Max Gehmacher jun. (1896–1966), Kaufmann  ; Sohn von Max Gehmacher sen. (1858–1938), einem Cousin Friedrich Gehmachers. 494 Johann Kratochwill (1867–1924, Bahnhofsrestaurateur in Salzburg. 495 Richard Wagner (1874–1943), Baumeister und Gesellschafter der Firma Gebrüder Wagner, Baugesellschaft. 496 Waldemar Thienen von Adlerflycht (1869–1942), Land- und Forstwirt. 497 Richard Polifka, Chefredakteur der im Verlag Kiesel 1914–18 erscheinenden Neuesten Nachrichten. Alpenländisches Morgenblatt mit Handels-Zeitung. 498 Heinrich Weinstabl (1883–1944), Kooperator in Bischofshofen und Salzburg, später Professor an der Lehrerbildungsanstalt, Dozent für Katechetik. 499 Emil Funder (1883–1950), Druckereibesitzer, Bruder des Journalisten und Publizisten Friedrich Funder, dem Herausgeber der Reichspost.

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Schon im August des Jahres 1887 gelegentlich der hundertjährigen Gedenkfeier der Oper »Don Juan« in Salzburg gab Hans R i c h t e r 500 dem Gedanken Worte, Salzburg möge sich aufraffen und zur Ehre seines größten Sohnes ständige Mozartfeste einführen, bei welchen vorzugsweise Werke dieses unvergleichlichen Fürsten im Reiche der Tonkunst zur Aufführung gelangen sollen. Die Anregung Richters wurde schon viel früher von dem verdienstvollen Präsidenten der Mozartstiftung, Karl Freiherrn von S t e r n e c k , 501 einem begeisterten Mozartverehrer, gegeben und f i n d e t s i c h a u c h i n d e n S a t z u n g e n d e r genannten Stiftung unter den Aufgaben der letzteren verzeichn e t , allein sie bliebe eben immer nur eine Idee, an deren Ausführung nie mit Ernst herangetreten wurde. Erst im Winter 1889 griff ein kleiner Kreis kunstbegeisterter Männer diese Idee wieder auf, suchte sie in eine feste Form zu bringen und Ende Jänner 1891 tauchte zuerst in ausländischen, dann auch in österreichischen Blättern die Nachricht auf, man denke allen Ernstes daran, in Salzburg ein »Mozartfestspielhaus« zu errichten. Es bildete sich eine »Patronats-Gesellschaft für das Mozartfestspielhaus zu Salzburg«, das vorbereitende Komitee erwarb den Bauplatz für das Haus auf dem Mönchsberge und die bekannte Firma Fellner und Helmer502 arbeitete ein Projekt aus, welches Architekt Professor Karl Demel503 als Präsident des Mozartfest-Komitees 1891 bei einem diesbezüglichen Vortrage vorlegte. So interessant es nun wäre, auf dieses Projekt und den Vortrag Demels hier näher einzugehen, so wenig gestattet es hier der Raum. Das Projekt erlitt Schiffbruch hauptsächlich deshalb, weil eine finanzielle Basis fehlte. Im Jahr 1914, knapp nach Absage des geplanten Mozartfestes durch den Ausbruch des Weltbrandes, keimte in Herrn Fritz G e h m a c h e r, damals Vorstand der Mozartgemeinde, die Idee der Errichtung eines eigenen Festspielhauses wieder auf. Er dachte sich dieses Festspielhaus als würdige Ergänzung des soeben vollendeten Mozarthauses, zur Entfaltung eines reicheren Kunstlebens in Salzburg. 500 Hans Richter (1843–1916), österr. Dirigent, 1875–1900 Kapellmeister der Wiener Hofoper, leitete 1876 die erste Aufführung von Richard Wagners Ring der Nibelungen in Bayreuth. Wirkte bei den Salzburger Musikfesten seit 1879 mit. 1887 schlug er die Errichtung eines Festspielhauses vor. 501 Karl Freiherr von Sterneck-Daublebsky (1813–1893), k.u.k. Finanzrat, Musikliebhaber. Auf seine Initiative geht die Gründung der »Internationalen Mozart-Stiftung« 1870 sowie die Abhaltung von Musikfesten ab 1877 zurück. 502 1873 gründeten Ferdinand Fellner (1847–1916) und Hermann Helmer (1849–1919) in Wien ein erfolgreiches Architekturbüro, das den europäischen Städtebau (u. a. zahlreiche Theaterneubauten) nachhaltig prägte. Vgl. dazu im Abriss der Gründungsgeschichte S. 27 ff. 503 Carl [auch  : Karl] Demel (1858–1915), österr. Architekt, gründete 1890 gemeinsam mit dem Fotografen Eduard Bertel ein »Actions-Comité« zur Errichtung eines Mozart-Festspielhauses in Salzburg.

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Rücksprachen mit Geheimrat Rainer Simons, D. Scherber504 und Anderen, bestärkten Gehmacher in der Berechtigung und Lebensfähigkeit des idealen Projektes, und so kam es zu Aussprachen mit Redakteur Heinrich D a m i s c h , der nach wiederholten Besprechungen und eingehenden Informationen den Plan mit großer Begeisterung aufnahm, seine tätige Mitwirkung freudig zusagte und den Gedanken nach Wien verpflanzte. Die beiden dachten sich dieses Festspielhaus als künstlerischen Mittelpunkt, von welchem – als erstes und einziges auf österreichischem Boden – in kultureller und volkswirtschaftlicher Beziehung eine unübersehbare Bedeutung für die Entwicklung der Kunststadt Salzburg, des weiteren aber auch ein größter Einfluß auf die Hebung der österreichischen musikalischen und darstellenden Kunst geübt und damit eine neue europäische Kunststätte geschaffen werden könnte, in deren Bann sich vielleicht am ehesten und eindringlichsten die geistige Wiederannäherung der sich heute so entsetzlich bekämpfenden Völker Europas, ja fast der ganzen Welt, vollziehen könnte. Von der Erwägung ausgehend, daß das Mozarteum, durch seine vielseitigen und großen Aufgaben vollständig in Anspruch genommen, seine Kräfte nicht noch durch die Erweiterung seines Programmes, um eine so gewaltige Aufgabe, als welche sich die Schaffung eines Festspielhauses darstellt, zersplittere, bildete sich schon im Herbste 1916, ein kleines vorbereitendes Komitee, welches sich angelegentlichst mit der Festspielhausidee befaßte und alle Vorarbeiten zur Durchführung einer zweckmäßigen und entsprechenden Vereinsgründung – trotz mannigfacher Schwierigkeiten und Widerstände – so glücklich in die Wege leitete, daß am 1. August 1917 in Wien der vollständige selbständige, weder mit dem »Mozarteum« noch mit den »Mozartgemeinden« im Zusammenhange stehende Verein » S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s G e m e i n d e « gegründet werden konnte. Dieser Verein, bestehend aus dem Hauptverein in Wien und dem Zweigverein in Salzburg, dem sich eine Reihe auswärtiger Ortsgruppen angliedern wird, steht heute, dank der unermüdlichen Arbeit der beiden vorgenannten Herren, von denen der eine in Wien, der andere in Salzburg rastlose Werbearbeit verrichtete, auf einer beruhigenden und festen Grundlage. Am 7. Dezember 1917 konstituierte sich der Zweigverein Salzburg und nahm der hiebei gewählte Ausschuß am 12. Dezember seine Tätigkeit auf. In dem kurzen Zeitraum von nicht ganz dreiviertel Jahren hat der Verein sachlich und materiell viel und Großes geleistet. War die Wiener Gemeinde in erster Linie bestrebt, für die Leitung des Vereines Persönlichkeiten auszuwählen, die für eine zielbewußte Mitarbeit, besonders durch 504 Hier ist vermutlich Ferdinand Scherber gemeint  ; vgl. die Anm. in Dok. 147 (F. Scherber  : Salzburgisches. In  : Signale für die Musikalische Welt 75 [1917], Nr. 43 [24. Oktober], S. 735–737).

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ihre hervorragende Stellung sowie den gesellschaftlichen und künstlerischen Klang ihres Namens fördernd wirken können, so suchte die Zweiggemeinde Salzburg durch eine rasche und sichere Werbetätigkeit eine gute, finanzielle Grundlage zu schaffen. Daß im vierten Jahre tiefster kriegerischer Verwicklungen eine Gründung von so weittragender Bedeutung vollzogen werden konnte, ist ein gewiß höchst bemerkenswertes Ereignis. Diese Gründung war aber nur dadurch möglich, daß die beiden geistigen Urheber der Idee neben regem Schaffensdrang und wirklicher Kunstbegeisterung ihre unermüdliche Unternehmungslust und ihre felsenfeste Ueberzeugung zu dem Gelingen an den Tag legten. Nur so war es möglich, dieses gewaltige Projekt der Gründung eines österreichischen Festspielhauses in Salzburg der Verwirklichung näher zu bringen, allen Nörglern und Zweiflern zum Trotz. Wenn wir der unermüdlichen Tätigkeit des Direktors Fritz Gehmacher und des Redakteurs Heinrich Damisch, von denen der eine in Wien, der andere in Salzburg, so zielbewußt zusammenarbeiteten, nunmehr dankbar gedenken, so erfüllen wir nur eine Ehrenpflicht, aber der gleich innige Dank gebührt auch einem Dritten, es ist dies Herr Hotelier Georg J u n g , dessen Bemühungen wir es in erster Linie zu danken haben, daß die Gemeinde heute bereits über ein Gesamtvermögen von fast 200.000 Kronen verfügt. Es war ganze und schwere Arbeit, welche diese drei Herren geleistet  ; möge uns ihre fruchtbringende Tätigkeit noch so manchen großen Erfolg zeitigen. […] Eine hervorragende Tätigkeit in den Beratungen der Ausschüsse bildet die noch zu lösende P l a t z f r a g e . Ob sich das neue Festspielhaus inmitten der Stadt oder doch in unmittelbarer Nähe derselben erheben wird, ist noch nicht entschieden, aber es kann schon heute versichert werden, daß es unsere Sorge sein wird, daß sich das Gebäude harmonisch in das Stadtbild einfügt. Eine Reihe von Bauplätzen wurde in Betracht gezogen, mehrfache Begehungen derselben fanden statt, die Vor- und Nachteile jedes einzelnen der in Betracht zu ziehenden Bauplätze werden sorgfältig abgewogen. Wenn wir heute auch noch nicht sagen können, das Festspielhaus wird da oder dort erstehen, so kann man doch verraten, daß wegen Aufkauf eines Bauplatzes mit verschiedenen Besitzern Fühlungen genommen und daß Verhandlungen stattfinden. […]

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218. Hugo von Hofmannsthal505 an Paul Zifferer506 Aussee 7. VIII. [18] Lieber Dr. Zifferer Ich weiß im Augenblick nicht, ob ich für den guten lieben Brief vom 22ten erst nur in Gedanken getan habe – tue es also nochmals oder zum ersten Mal  ! Dann soll ich Ihnen für Andrian507 indessen aufs herzlichste danken und sagen er freue sich sehr Sie in Wien zu sehen. Nun dies sehr wichtige, eilig und müde, vor Postabgang, also verzeihen Sie Schrift und Stil. Ich will zwischen Andrian und Reinhardt eine Basis wirklichen Zusammengehens schaffen für alle Zeit durch ein Gespräch à trois in Salzburg. Das Loyalste erscheint mir, wenn Andrian sofort die Angelegenheit M.508 abordiert und mit aller Offenheit behandelt. Als Grundlage dafür wärs höchst erwünscht möglichst concrete Formulierung von dem was Moissi wünscht und anbietet (auf wieviele Monate bietet er sich an, und auf welche Monate  ?) ferner Andeutung des Honorars. Bitte lassen Sie mich dies in Form eines Briefes, einer Depesche, was immer möglichst bald haben, dann fahre ich mit A. nach Salzburg. Es eilt  ! Herzlich der Ihre Hofmannsthal

505 Hugo von Hofmannsthal (1874–1929), österr. Schriftsteller. Als einer der wichtigsten Vertreter des Fin dè Siecle und der Wiener Moderne (Jung Wien) strebte er mit seinen Schriften, Dramen und Mysterienspielen eine Neubegründung und Überhöhung des Daseins durch Sprachkunst und Dichtung, aber auch der österreichischen Identität im Sinne einer konservativen Revolution an. Mitbegründer der Salzburger Festspiele, die er mit seinem 1911 in Berlin unter der Regie von Max Reinhardt uraufgeführten Jedermann – in Salzburg am Domplatz in überarbeiteter Fassung erstmals am 22. August 1920 aufgeführt – und zahlreichen Libretti für Opern von Richard Strauss auch künstlerisch inhaltlich prägte. 506 Paul Zifferer (1879–1929), österr. Journalist, Schriftsteller und Diplomat. Verkehrte wie Hofmannsthal im Kreis des Jung Wien. Mitarbeiter Leopold von Andrians während dessen Intendanz der k.k. Hoftheater. 507 Leopold von Andrian (eigtl. Leopold Freiherr Ferdinand von Andrian zu Werburg, 1875–1951), österr. Schriftsteller und Diplomat, befreundet u. a. mit Hofmannsthal und Stefan George, die sein Werk beeinflussten. Auch er war an der Konzeption der Festspiele im Sinne Hofmannsthals und Reinhardts maßgeblich beteiligt, wie nicht zuletzt sein Briefwechsel mit Hofmannsthal belegt. Zudem erwirkte Hofmannsthal 1918 über Ferdinand von Colloredo-Mansfeld (vgl. die Anm. in Dok. 226, H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 30.8.[1918]) Andrians Berufung zum Intendanten der k.k. Hoftheater. 508 Nach der Bestellung zum Generalintendanten der k.k. Hoftheater am 18. Juli 1918 bemühte sich Leopold von Andrian, den Schauspieler Alexander Moissi für ein Engagement am Burgtheater zu gewinnen.

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P.S. Ich nehme an, daß Sie mir nach dem letzten Besuch noch genaueres sagen können als in dem Brief vom 22. VII.!

219. Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann509 [Bad Aussee,] Dienstag [13. August 1918] lieber […] Bitte um Zimmer für mich Donnerstag König oder Kaiserkrone oder Post510 aber womöglich nicht gegen die Gasse. Donnerstag511 12h–3h Begegnung Andrian–Strauss, um ½4 komme ich zu Ihnen, abends hoffe ich Andrian und Reinhardt zusammenzubringen, Freitag bin ich auch noch da, hoffe vor allem Sie ausgiebig zu sehen. Ihr Hugo.

220. Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde512 Beschluß-Protokoll der in S a l z b u r g am Mittwoch, den 14. August 1918 um ½ 5 Uhr nachmittags im Hotel Europe stattgefundenen Direktionssitzung der »Salzburger Festspielhausgemeinde« Vorsitz  : Vizepräsident kaiserlicher Rat Karl August A r t a r i a . Anwesende Direktionsmitglieder  : aus Wien  : Redakteur Heinrich D a m i s c h Hofopernkapellmeister Franz S c h a l k Dr. Artur S c h e y und Sekretär des Wiener Hauptvereins Mauriz K r u m p h o l z   ; 509 Richard Beer-Hofmann (1866–1945), österr. Schriftsteller, befreundet u. a. mit Hofmannsthal, arbeitete in den 1920er-Jahren als Regisseur für Reinhardt. Auch er hatte an der Konzeption der Festspiele im Sinne Reinhardts und Hofmannsthals Anteil. 1939 Flucht in die USA. 510 Hotels in Bad Ischl. 511 Hofmannsthal plant für diesen Tag, den 15. August 1918, Unterredungen mit Leopold von Andrian, Max Reinhardt und Richard Strauss, bei denen die Möglichkeit einer Zusammenarbeit besprochen werden sollte. 512 Dem Protokoll dieser Sitzung lag der Tätigkeitsbericht des Salzburger Zweigvereins der SFG vom August 1918 zugrunde.

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aus Salzburg  : Vizepräsident Direktor Friedrich G e h m a c h e r Oberstleutnant Adolf F r a n k Hotelier Georg J u n g Oberinspektor Konstantin K u r z w e r n h a r t Rechnungsrat Artur S a c h e r Waldemar Baron T h i e n e n 513 Baumeister Richard Wa g n e r Hofapotheker Franz W i l l v o n s e d e r Entschuldigt  : Alexander Prinz von T h u r n - Ta x i s Ingenieur Edwin S c h u r i c h Dr. Karl Ritter von W i e n e r Vor Eingang in die Tagesordnung begrüßt Vizepräsident Gehmacher die aus Wien erschienenen Herren, insbesonders Artaria, mit herzlichen Worten und gibt gleichzeitig dem lebhaften Bedauern Ausdruck, daß der Präsident, Seine Durchlaucht Prinz Alexander von Thurn und Taxis durch einen betrüblichen Krankheitsfall in seiner Familie am Hieherkommen verhindert ist, und richtet daher an den Vizepräsidenten Artaria die Bitte, in Stellvertretung des Präsidenten sowohl für die heutige Sitzung, als auch bei der morgigen Generalversammlung den Vorsitz führen zu wollen. Artaria dankt für die freundliche Begrüßung und erklärt sich bereit, den Vorsitz zu übernehmen, und schlägt vor, für die heutigen Verhandlungen das Wiener Leitungsmitglied, Sekretär Mauriz Krumpholz zum Schriftführer zu ernennen. Der Vorschlag wird angenommen. Hierauf wird infolge Anwesenheit von mehr als acht Direktionsmitgliedern die Beschlußfähigkeit der Sitzung konstatiert, und es erfolgt die offizielle gegenseitige Vorstellung. Nachdem diese Formalitäten erfüllt sind, wird in die Beratung der VerhandlungsGegenstände für die General-Versammlung eingegangen, wobei beschlossen wird, der Generalversammlung vor Allem vorzuschlagen, Seiner Majestät dem Kaiser durch Absendung eines Telegrammes die Huldigung der versammelten Teilnehmer an der General-Versammlung zum Ausdrucke zu bringen. Weiters wird zum Beschlusse erhoben die Wahlen der beiden Verifikatoren sowie der satzungsgemäß normierten Rechnungsprüfer durch Zuruf vornehmen zu lassen. Zum Berichte des Hauptschriftführers Oberstleutnant Frank erfolgt keine Einwendung, und der Vorsitzende dankt für dessen sehr ersprießliche Mühewaltung. 513 Waldemar Thienen von Adlerflycht  ; vgl. die Anm. in Dok. 217 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr [1917/18]).

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Sodann erstattet über Aufforderung des Vorsitzenden der Zentralkassier Sacher den Gesamt-Rechnungsabschluß pro 1917/18 für Wien und Salzburg, von welchem Berichte eine Abschrift diesem Protokolle beigelegt ist.514 Sacher referiert, daß die heurige Bilanz, welche mit einem Reinvermögen von K  157.271.– schließt, aus verwaltungstechnischen Gründen anstatt wie statutengemäß erforderlich per 31. August, schon mit 31. Juli abgeschlossen werden mußte, wodurch die im Abschluß aufscheinende Post für ausständige Mitglieds-Beiträge per K 76.487.– entstanden ist, u. zw. insoferne, als diese Mitglieds-Beiträge, welche sich aus Posten von à K 50.000.–, zweimal K 10.000.– und noch einigen wenigen größeren Beträgen zusammensetzen, effektiv zwar schon gezeichnet, bis Ende Juli jedoch noch nicht valutiert waren. Mit dem Bemerken, daß diese Tatsache bei der Generalversammlung aufklärend erwähnt werden soll, wird der Bericht mit größtem Dank an den Zentralkassier mit Befriedung zur Kenntnis genommen und genehmigt. Punkt 5 der Tagesordnung betreffend die Bestätigung der Wahl der Wiener- und Salzburger-Leitung passiert. Bezüglich des statutengemäßen Vorschlages an die Generalversammlung zur Wahl von weiteren sechs Direktionsmitgliedern berichtet Damisch, daß für diese sechs Stellen besonders prominente Persönlichkeiten in Vorschlag gebracht werden sollen. Der in Salzburg domizilierende Fürst Karl Auersperg515 hat bereits in Aussicht gestellt, eine auf ihn entfallende Wahl anzunehmen, weiters wurde an den Schriftsteller Josef August Lux516 in München gedacht. Nachdem derselbe aber demnächst ständig nach Wien übersiedeln wird, dürfte es zweckmäßiger sein, diesen Herrn in die Wiener Leitung zu kooptieren. Da sich bis jetzt keine vollständige Liste von geeigneten Kandidaten zusammenstellen ließ, und im Uebrigen auch schon die Zeit zu kurz wäre, um noch rechtzeitig die Zustimmungs-Erklärung der eventuell in Betracht gezogenen Persönlichkeiten einholen zu können, so wird über Vorschlag Gehmacher von einer Wahl der 6 Direktionsmitglieder abgesehen, und es bleibt der Direktion vorbehalten, die Besetzung dieser Stellen auf Grund des ihr zustehenden statutarischen Rechtes durch Kooptation zu besetzen, und dieser Funktionäre bei der nächstjährigen Generalversammlung wählen zu lassen.

514 Keine Vorlage erhalten. 515 Karl Maria Alexander von Auersperg (1859–1927), Großgrundbesitzer, Reichsratsabgeordneter und Präsident der Landwirtschaftsgesellschaft, Neffe des einflussreichen Politikers Karl Wilhelm Philipp von Auersperg. 516 Joseph August Lux (1871–1947), österr. Schriftsteller. Lebte ab 1910 in München, ab 1926 in Anif bei Salzburg.

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Dieser so formulierte Antrag an die Generalversammlung wird einstimmig angenommen. Der Vorsitzende berichtet, daß zum Punkt 6 der Tagesordnung Anträge an die Generalversammlung, ein Antrag der Direktion, eingebracht von Damisch, betreffend die Einsetzung eines mehrgliedrigen Kunstrates zur Befassung mit den künstlerischen Fragen und zur Aufstellung von programmatischen Direktiven zur Diskussion gestellt ist. In der sich hierüber entspinnenden Debatte wird die Wichtigkeit und bereits eingetretene Notwendigkeit allgemein anerkannt und über Antrag Gehmacher beschlossen, der Generalversammlung zu empfehlen, den Beschluß zu fassen, das Präsidium mit der Ernennung eines solchen Kunstrates zu betrauen. Zur Wahl in diesen Kunstrat werden in erster Linie vorläufig genannt  : Professor Max Reinhart, Hofopernkapellmeister Professor Franz Schalk und Generalmusikdirektor Dr. Richard Strauss. Im Zusammenhange mit dieser Frage wurde der Beamte des Zweigvereins in Salzburg, Ferdinand Künzelmann, vom Salzburger Zweigverein beauftragt, einen Bericht zusammenzustellen über die von ihm, auf Weisung des Zweigvereines, in Bad Gastein mit Professor Max Reinhart angebahnten Verhandlungen, betreffend dessen Mitarbeit an den Aufgaben der Festspielhaus-Gemeinde. Künzelmann, zur Teilnahme an der Sitzung eingeladen, erstattet nunmehr den Bericht, indem er ein Exposee Max Reinharts517 zur Verlesung bringt und seine persönlichen Eindrücke und Wahrnehmungen mitteilt, die dahingehen, daß Reinhart mit größtem Interesse die Tätigkeit der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde verfolgt, sich an deren Arbeit in entsprechender Weise zu bestätigen wünscht und die Angelegenheit als vertraulich, aber auch als dringlich zu einer Entschließung gebracht sehen möchte, da ihm mehrere ähnliche Projekte des Auslandes vorliegen, er jedoch persönlich für Salzburg entscheiden will. Der in der folgenden Wechselrede – an welcher sich besonders Schalk, Jung, Gehmacher, Damisch, Artaria beteiligen – zum Ausdruck gelangten Tendenz der Salzburger Direktionsmitglieder, unverzüglich einen Berichtbeschluß in dieser Richtung zu ennunzieren, kraft dessen mit Reinhart sofort ein bindendes Abkommen zu treffen wäre, trat Vizepräsident mit der Anregung entgegen, mit Rücksicht auf die weittragende Bedeutung dieses Gegenstandes, von einem derartigen Beschluß vorläufig abzusehen und sich für heute darauf zu beschränken, Professor Reinhart wissen zu lassen, daß die Direktion es jederzeit mit sympathischer Freude begrüßt, ihn zu ihren Mitarbeitern zu zählen, und daß beschlossen werde, über dieses Exposee baldigst eingehend Beratung zu pflegen.

517 Vgl. Dok. 212 (M. Reinhardt and die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde / F. Künzelmann, 21.7.1918).

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Dieser Vermittlungsvorschlag wird einstimmig angenommen und beschlossen, mit Rücksicht auf das prominente Interesse dieser Sache die ganze Angelegenheit dem Präsidenten zu unterbreiten mit dem Wunsche der Direktion, die Durchführung derselben so rasch als möglich in die Wege zu leiten. Zu Punkt 7 der Tagesordnung wird berichtet, daß sich in Melk bereits eine Ortsgruppe unter Vorsitz des dortigen Advokaten Dr. Ignaz Tobisch gebildet hat, und daß solche in Badgastein, Ischl, sowie in Vorarlberg in Bildung begriffen sind. Hiezu wird die Zustimmung erteilt. Der Vorsitzende berichtet weiters, daß sich der Schriftsteller und Redakteur Rudolf Holzer in liebenswürdiger Weise bereit erklärt hat, bei der morgigen General-Versammlung die Festrede zu halten, und schlägt vor, dieselbe zum Schlusse anzusetzen, damit die Generalversammlung einen stimmungsvollen und festlichen Ausklang findet. Wird genehmigt. Hiemit ist die Beratung über die Tagesordnung der General-Versammlung erschöpft. Artaria betont im Zuge der nun noch weiter folgenden Verhandlung, daß es als unbedingt notwendige Aufgabe zu betrachten wäre, einen detaillierten, durchgreifenden Finanzplan vorzubereiten. Auch wäre zu erwägen, eventuell ein eigenes Komitee zu wählen, welches sich mit der Ausarbeitung eines solchen Planes ev. mit Ausgabe von Teil-Schuldverschreibungen zu befassen hätte. Nachdem eine derartige Angelegenheit eines reiflichen Studiums bedarf, wird ein Beschluß hierüber nicht gefaßt und es stellt Jung den Antrag, daß sowohl im Hauptverein Wien als auch im Zweigverein Salzburg je ein Komitee gebildet wird zur Ausarbeitung von Finanzplänen, welche beide Komitees dann zur Fertigstellung eines solchen gemeinsamen Elaborates zusammenkommen sollen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen und ebenfalls dem Präsidium zur ehesten Durchführung unterbreitet werden. Nachdem somit die Tagesordnung erschöpft ist, gibt der Vorsitz seiner Freude über die einstimmig erfolgten Beschlüsse Ausdruck, dankt allen Anwesenden nochmals auf das herzlichste und schließt die Sitzung um 8 Uhr abends. Salzburg, am 14. August 1918

221. »Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde« Salzburg, 15. August. Der mit großer Tatkraft und so erfolgreich aufstrebende Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« hielt heute vormittags im Marmorsaale des Schlosses Mirabell in festlicher Weise seine erst ordentliche Generalversammlung ab. Anstelle des durch einen Krankheitsfall am Erscheinen verhinderten Präsidenten Alexander Prinz von T h u r n und Ta x i s führte der Vizepräsident des Gesamtvereines und Obmann des

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Wiener Hauptvereines, kaiserl. Rat Karl August A r t a r i a den Vorsitz der Versammlung, zu der unter anderen als Vertreter des Ministeriums für Kultus und Unterricht und des Kronlandes Salzburg Landespräsident Dr. von S c h m i t t - G a s t e i g e r, als Vertreter der Stadt Bürgermeister kaiserl. Rat Max O t t und als Vertreter des Mozarteums der Präsident Geh. Rat Dr. Julius S y l v e s t e r, ferner die Direktoren und Leitungsmitglieder des Wiener und Salzburger Vereines und zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus Musik-, Schriftsteller- und Theaterkreisen erschienen waren. Als Protokollführer fungierte der Sekretär des Wiener Hauptvereines Kanzleivorstand Mauriz K r u m p h o l z . Kaiserl. Rat A r t a r i a begrüßte die Versammlung und erörterte in kurzen Worten Ziel und Zweck des Vereines. Das Bedürfnis nach ernster und wahrer Kunst sei gerade in diesen schweren Tagen, die wir heute durchleben, tief und dringend. Das Werk, das hier geschaffen werden soll, gelte nicht nur der Mozartstadt Salzburg, es soll allen gehören, die einst hieher wandern werden, um neue Kraft zu sammeln in dem Kampfe gegen die Sorgen der Zeit, die mit dem Wiederaufbau so vieler zerstörter Kulturwerke verbunden sein werden. Nach Verlesung der eingebrachten Begrüßungsschreiben, darunter solcher vom Ministerium für öffentliche Arbeiten und vom Singverein der k. k. Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, wurde die Absendung eines Huldigungstelegrammes an den Kaiser beschlossen. Hauptschriftführer Oberstleutnant Adolf F r a n k gab einen kurzen Rückblick auf die Vorgeschichte der Gründung des Vereines, deren Idee bis auf die Tage der ersten Salzburger Musikfestspiele zurückreicht, seit 1914 feste Formen angenommen hatte und im Herbste des Vorjahres endlich verwirklicht wurde. Der Plan, in Salzburg ein österreichisches Festspielhaus zu errichten, hat in den weitesten Kreisen lauten Widerhall gefunden und zahlreiche Zustimmungsschreiben aus Künstler- und Schriftstellerkreisen gaben dem Vereine bereits viele bemerkenswerte Anregungen und Richtlinien. Heute sei der Verein bereits soweit, daß er die Lösung der Platzfrage in den Kreis seiner nächsten Aufgaben ziehen könne. Dem Berichte des Zentralkassiers Rechnungsrates S a c h e r ist zu entnehmen, daß der Verein heute bei einem Stande von etwa 400 Mitgliedern bereits über ein Vermögen von rund 200.000 K verfügt. Die Generalversammlung gab der Direktion die Ermächtigung, durch das Präsidium einen mehrgliedrigen Kunstrat zur Lösung der künstlerischen und fachmännischen Fragen einzusetzen. Zum Schluß der Generalversammlung hielt Schriftsteller Rudolf H o l z e r aus Wien die Festrede, die wir an anderer Stelle ausführlich wiedergeben.

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222. Rudolf Holzer  :518 »Die Festspiel-Idee« [16. August 1918] Rede, gehalten bei der Generalversammlung der Festspielhaus-Gemeinde in Salzburg, von Rudolf Holzer, Wien.519 Die Idee des theatralischen Festspieles ist eine sonntägliche, entspringend tiefer, verhaltener, dämonischer Sehnsucht nach Gotteserkennen, Andachtsweihe. Der dem Menschen angeborene elementare religiöse Zug nahm mit der Vervollkommnung des ästhetischen Sinneslebens künstlerischen Ausdruck an, bildete aber auch innerhalb des theatralischen Kultes frühzeitig die außergewöhnliche, die festliche, die dem Alltag entrückte Aufführung aus. Tief empfundene, heißbegehrte, ja unter Duldungen ersehnte Flucht aus dem »Betrieb« ist – rein theatralisch betrachtet – die Festaufführung. Sie ist Flucht aus dem Handwerk und Geschäft, der Routine und Konvention, um nur die unvermeidlichen sterblichen Schwächen unseres Theaters, nicht zu gedenken der aus Unbildung, Barbarei, Korruption, Spekulation, Schändlichkeit ihm anhaftenden zu nennen  ! Ich weiß  : das Wort »Bayreuth« liegt nun auf den Lippen, so wie es vor dem Sinn aller schwebte vom Augenblick an, da sie von einem Festspielhaus in Salzburg Kenntnis erhielten. Aber es ist ein Vorbild oder Bild, die vom Sinn, den w i r erstreben, abirren, die täuschen. Die Festspielhausidee ist aus der Not und Sorge, dem Gram und Schmerz der versunkenen und hingemordeten Ideale der Menschheit geboren  ! Ja, unsere Festspielidee ist ein Flug in eine bessere, reinere, geklärte Zukunft  ; aber sie hat feste Flügel, einen Kompaß und – was wichtig ist, und sie als ein Kind der modernen Zeit erkennen läßt  : hat Geld in ihrem Portefeuille. Sie wird ihr Ziel erreichen  ! Wir alle, die hier versammelt sind, fühlen die ungeheure Dissonanz, die die Welt durchhallt … wir stehen unter dem furchtbaren Vorwurfe  : wie heute der Mensch alles Göttliche in seiner Brust mißbraucht  ! Durch die Straßen unseres italienisch-deutschen Salzburgs, mit dem Blick in eine Gotteslandschaft von berückender Hoheit und Größe, sind wir in diesen Saal getreten, der uns durch seine Formensprache, seinen Geist auch wieder nur lehrt, was hier die ganze Himmelsweite verkündet  : Universalität, Harmonie, Menschlichkeit. Und mit dem festen Vorsatz  : wir bauen dem Frieden noch Wichtigeres als ein Haus, wir bauen ihm eine Brücke, lassen Sie uns vom Zweck und Ziele unseres Festspielhauses sprechen  !

518 Vgl. die Anm. in Dok. 213 (H. Damisch an F. Gehmacher, 25.7.1918). 519 Am 15. August 1918 im Marmorsaal von Schloss Mirabell, Salzburg, anlässlich der Generalversammlung der SFG.

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Die Idee des Festspieles war es, die, im Grunde genommen aus dem weimarschen, mannheimschen Hoftheatern für etliche Zeit Sonnen deutscher Theaterkultur gemacht hat. Aber Schiller sah die kommende Entwicklung begreiflicherweise nicht voraus  ; es war dem deutschen Volke niemals – zum Unterschiede vom griechischen – vergönnt, Kunst mit innerer Heiterkeit zu genießen, ihren Ernst als klärendes Widerspiel der Empfindungen und Leidenschaften zu genießen. Kunst als eine Förderung der Sophrosyne, der weisen Sinne, die das Leben mutiger ertragen und bestehen lehrten, zu empfangen. Nach Niedergängen hatte trotzdem das deutsche Theater immer Perioden hohen Aufschwungs. Merkwürdigerweise immer fast zusammenfallend mit Tagen politischer und finanzieller Bedrängnis. In den Jahren der napoleonischen Not wie unmittelbar nach dem Kriege von 1870/71 und – wenn nicht alle Zeichen trügen – auch noch in oder bald nach dem Ausklange des Weltkrieges. War es vor bald fünfzig Jahren Wa g n e r, eine Einzelpersönlichkeit, die das deutsche Theater mit Werten von hinreißender Genialität beschenkte, und die deutsche Geistesrichtung bestimmte, so wird heute eine Sammlung und Zusammenfassung unserer Theaterkultur zur Kundgebung zeitgenössischer Musikpflege und Schauspielkunst führen. Heute mehr als zu allen früheren Zeiten ist das künstlerische Theater in schwerer Not. Vereinigen wir uns heute im festen Vorsatze, der Kunst am Fuße der hehren Salzburger Berge ein Haus zu bauen, so schaffen wir der künstlerischen Entwicklung eine Freistatt, an der Dichter und Tondichter, Darsteller und Sänger, Regisseure und Musiker, Maler und Bühnentechniker, befreit vom Alltagsbetriebe des großstädtischen Geschäftstheaters, angeregt von Eindrücken höchster landschaftlicher Schönheit, den die höchste, vollendetste, mustergebendste Kultur des modernen Theaters repräsentierenden Organismus aufbauen können. Wir schaffen eine Stätte für die Kunst der ganzen Welt. Und für Kunst aller Zeiten, Temperamente und Sprachen. Wir öffnen dem Weltgeist Tore, und wer böte ihm eine congeniale, dämonischere, urgewaltigere Umwelt, wer einen kultivierteren, farbenrauschenderen, traditionenstolzeren Stimmungsreiz als Salzburg  ? Wir bauen und schaffen und werken, ohne Materialismus und Eitelkeiten, ohne Merkantilismus und ohne Komödiantentum eine reine Stätte, an der musikalische und dramatische Kunst aus wahrhaften inneren Berufungen, aus inneren Notwendigkeiten zu einem schöpferischen Ereignis, zu einer »Welt« sich gestalten werden. Ja, wir werden im Geiste und Zeichen Mozarts das festliche Haus bauen. Mit Mozarts Ingenium als Leitstern dem Ziele zustreben, aber wir haben nicht notwendig, ein »Mozart- Festspielhaus« zu errichten. Alles Können und Schaffen im Bereiche theatralischer Kunst, das an Mozarts Adel, Künstlertum und Reinheit gemessen, Stand hält, soll zu Salzburg willkommen sein. Überflüssig zu sagen, daß niemals Geschäftsgeist, Profitjagd, Gaukelei, Eitelkeit und Hochstapelei sich dort einnisten werden  !

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Unser Programm  ? Feste der Seele  ! Alles Hohe, Schöne, Empfundene, Ehrliche  ! Mögen es meinetwegen auch Werke sein, die noch im Kampfe um Geltung liegen  ! Wenn nur Entscheidungen von schöpferischer Bedeutung fallen  ! Um so heiliger des Festspielhauses Zweck  ! Und nicht nur ein Walhall oder Olymp der großen Toten sei dieses Haus  ! Nein, die geklärten wie die stürmisch irrenden Lebenden sollen ihre Werke uns bieten. Je reger das Temperament des Festspielhauses, desto mächtiger seine Wirkung in die Breite, Tiefe  ! Und keine Tyrannis einer Persönlichkeit  ! Das Festspielhaus wird gar viele Wohnungen haben für die Kunst. Soviele Persönlichkeiten, Erscheinungen, Ereignisse über seinen Bühnenboden ziehen, soviele Stile mag es zeigen  ! Eingeschworen auf eine künstlerische Festlegung wird das Festspielhaus nicht sein. Freilich  : als die ruhenden Pole im Wechsel des künstlerischen Wirkens des Festspielhauses wünschte man sich, das österreichische Kunstempfinden, das österreichische Kunstelement zu sehen. Damit wäre ja auch des Hauses erste und natürlichste Aufgabe zum größten Teil eingelöst  : eine Pflegestätte österreichisch-nationaler Bühnenkunst zu sein. An dieser Stätte wird endlich eine tatsächliche, harmonische, ensemblemäßige Zusammenfassung der Wiener und alpländischen Volksdramatik erfolgen. Die Klassiker des Volkstums könnten in vollendeten Musterbesetzungen, in der Regiekunst einer markanten Persönlichkeit endlich auf ein breites deutsches und – in nicht allzu ferner Zeit hoffentlich – auch ein fremdländisches Publikum wirken. Ensemble-Gastspiele könnten abwechseln mit bestimmten festlichen Darstellungen eines Werkes durch ein zusammengestelltes individuell abgetöntes Ensemble. Hier ist die Möglichkeit des Werdens und Durchdringens einer einzigartigen Begabung und Persönlichkeit aus dem Gebiete der Musik, Dichtkunst, der Gesangskunst wie der Schauspielerei gegeben. Dem reichen Leben und – wir sind in der Stadt Mozarts  ! – dem Genius der frohen, schaffenden Kunst der Gegenwart werden auch Darstellungen naiver, gläubiger Dramatik folgen. Das Oratorium, wie das geistliche Festspiel werden in der alten bischöflichen Residenzstadt noch ein ganz besonderes empfängliches Echo und Verständnis finden. Die Wiederbelebung aller primitiver dramatischer Formen lauterster Volkspoesie, Bekenntnisse der tiefsten Frömmigkeit vereinigt mit elementarem künstlerischen Triebe – von Weihnachts- und Dreikönigsspielen, Passionsdarstellungen wie auch die Aufführung vergessener Weihnachtsoratorien, sind anderweitige Aufgaben des Festspielhauses. Vor Gefahren bewahrt möge Salzburgs Sendung bleiben  ! Es muß rein, wesensecht, sich selbst getreu erhalten bleiben  ; muß, wie Hermann Bahr, der Wahl-Salzburger, es ausdrückte, Europa bleiben. Die Festspielidee muß ihre Geistigkeit bewahren, darf nicht zu einer Industrie, einem Schlagwort wirtschaftlichen Geschäftssinns werden. Salzburg muß künstlerisch werden, was es als Szenerie schon ist  : ein Idol, zu dem man pilgert. Die Erhebung muß das Arkanum

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sein, durch das das Außerordentliche der Kunst für jedermann zum Erlebnis werden wird. Eine Gefahr ist  : das Hoteltheater. Sowohl für jene Leute, die sich vor dem Vorhang zusammenfinden, als die Künstler, die rasch in Salzburg zwischen einem Festspiel in Wien und München die eine oder andere ihrer berühmten Leistungen abziehen von der Walze. Ohne Weihe, ohne Festlichkeit, im merkantilem Kunstbetrieb. Eine andere Gefahr  : Ein gegen Miete offenstehendes Gastspieltheater zu werden  ; das öffnete der Spekulation, der künstlerischen wie geschäftlichen, alle Tore. Es drückte auch das Niveau des Gedankens, brächte unabwendbar das amerikanisch-barbarische Impresariotum ins Bild des Kunstbetriebes. Man wird für je ein Jahr bestimmte künstlerische Potenzen im Hause walten lassen  : die Oper dieses oder jenes Hofes, irgendein Schauspielensemble, Orchestervereinigungen und zugleich immer wieder im Wirken eines eigenen Ensembles starke, allein mit dem Festspielhause verwurzelte theatralische Erfüllungen suchen und geben. Das Außerordentliche wird die Idee des Festspielhauses umwandeln zu einer inneren Gemütsbewegung. D i e aber allein ist der Sieg alles Dramatischen. Was Richard Wagner festlegte, gilt auch für uns, gilt für jeden Theaterabend jenseits des gewerbsmäßigen Betriebs oder beamteten Theaterspielens. Das Festliche, Sonntägliche, Einmalige, Ereignisvolle der Urkunst sind Erschütterungen, die das Theater der Antike, Calderons, Shakespeares, Schillers besitzt, ist der hohe Gipfel dramatischer Kunst. Darin liegt aber die gebietende Notwendigkeit, an die Errichtung des Festspielhauses zu schreiten. Und nur in Salzburg es zu errichten, denn im Hauche Mozartscher Genialität bleibt der Blick ungetrübt, ist ein Wunder, ist die Offenbarung des theatralischen Ingeniums möglich. Wer vernähme nicht den Schall des Kommenden, noch Ungeschauten  ! Mit Mozart als Motiv wird Salzburg ein Hort der Musik sein, geleitet von österreichischen Gedanken wird die Schauspielkunst hier Feste feiern. Die alten großen Meister, die Führer der Menschheit, werden von der Festhausbühne zu uns sprechen. Wir werden aber auch gern das kommende Neue mit freudigem Zurufe begrüßen. Mit offenen Sinnen, offenen Herzen will diese begnadete Stadt der kommenden besseren Zeit voll Schaffensdrang, Werdelust, dem geheimnisvoll Künftigen entgegenharren. Das Festspielhaus wird nach dem Kriege dem neuen Europa, soll der Vergessenheit suchenden Welt mit Nietzsches Worten zu reden, »an der Feststraße des Lebens« liegen  ; möge es ein Feiertagshaus künstlerischer Kultur Europas, zu Gast in Österreich, werden  ! Zum Heile einer nicht allzu fernen Zukunft der ganzen Menschheit. Als ein versöhnender Sonnenglanz möge der Geist festlicher Kunst von dieser Schöpfung ausgehen  ! Wie die Säulen des Tempels durch die Berührung mit der Leier Apollos zu tönen begannen, so möge das festliche Haus in den gotterfüllten Salzburger Bergen ein hohes Symbol tönenden Willens zu Menschlichkeit, Verklärung allvereinigender, allverstehender, allversöhnender Kunst sein.

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223. Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann [Bad Aussee] Samstag Früh. [17. August 1918] mein lieber Richard ich bitte Sie inständig, machen Sie mit Reinhardt das kleine mémoire520 jetzt stande pede, reist er ab, so ist es auf Monate hinaus verbummelt, Poldy521 hat nichts in der Hand, und die Sache kommt indessen durch Gott weiß welch Intriganten und die gewisse camorra alles Impotenten ins falsche Fahrwasser. Machen Sies womöglich so daß er mir am 20ten das mémoire hierher mitbringt. Es kann wirklich etwas Schönes werden. Alles Liebe Ihnen und der guten lieben Paula.522 Hugo P.S. Anrede nicht Ew. Excellenz sondern  : sehr geehrter Freiherr  ! oder  : sehr geehrter Herr Generalindendant  ! im Context meistens nur Sie, hie und da einmal  : Ew. Excellenz.

224. Max Reinhardt an Helene Thimig Bad Ischl, 24.8. [1918] seit zehn tagen ischl siebenundzwanzigsten achtundzwanzigsten neunundzwanzigsten salzburg dreissigsten einunddreissig ersten september muenchen zweiten berlin uebral mit sackpak viel leopoldskron523 besprochen mit andrian verhandelt festspiele gefoerdert shakespearearbeit begonnen gelesen gewandert durch unenteressirt hoffnungslos unfroh ebenso kommende berlinerarbeit unterrichtetsein unterliegt kainen zweifel mehr trotzdem vorlaeufig unausgesprochen existenz infolgedessen vorstellbar524 gott helfe.

520 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918  ; das sogenannte »Reinhardt-Memoire«). 521 Leopold von Andrian-Werburg. 522 Die Ehefrau Richard Beer-Hofmanns (geb. Pauline Anna Lissy, 1879–1939). 523 Schloss Leopoldskron in Salzburg, das Reinhardt 1918 erwarb und renovieren ließ. 524 Offenbar eine Anspielung auf die Beziehungskrise zwischen Reinhardt und seiner ersten Frau, der dt. Schauspielerin Else Heims (1878–1958), von der er sich 1919 trennte, aber erst 1935 scheiden lassen konnte. Das Gerücht über eine Trennung von Else Heims gelangte zu dieser Zeit an die Presse (vgl. Salzburger Volksblatt, 26.8.1918), wurde aber von Reinhardt umgehend dementiert (vgl. Wiener Sonn- und Montagszeitung, 2.9.1918).

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225. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Aussee. 27 VIII 1918. mein lieber Poldy die Möglichkeiten, die sich an den Gedanken der Salzburger Festspiele anknüpfen scheinen mir so große, so lichtvolle, ja die einzig lichtvollen an diesem ganzen Complex, daß ich seit unserem Auseinandergehen in Ischl nicht abgelassen habe, diese Sache weiter zu verfolgen. Zunächst in eingehendem Gespräch mit Reinhardt u. Richard525 in Ischl  ; dann bat ich Reinhardt mich für 24 Stunden hier zu besuchen, was er getan hat  ; dann habe ich wieder den vorgestrigen Tag bei ihm in Ischl zugebracht. Das Resultat alles dieses gemeinsamen Durchdenkens sind zwei mémoires, die morgen oder übermorgen (d. h. sobald ich etwas mehr Herr meines Kopfes bin, der beständige Scirocco und eine sich hinschleppende Müdigkeitskrise bringen mich qualvoll herunter) an Dich gehen. Das eine in Form eines Briefes von Reinhardt an Dich, der Dir (u. anderen Personen) die Bedeutung der Sache vom österreichischen, culturpolitischen u. Prestigestandpunkt auseinandersetzt  ; das andere, lediglich für Dich, Niederschlag von Gesprächen in denen ich mir mit Reinhardt klar zu machen suchte was er und was Du bei dieser Sache zu gewinnen hast. Der Gewinn, der mir für Dich von Anfang an vorschwebte ist ein ungeheurer  : daß Du auf eine legitime Weise fürs Burgtheater die Erbschaft alles dessen was Reinhardt in 20 Jahren aus sich selbst und aus seinem Institut gemacht hat, sollst antreten dürfen ohne seine Person in den Verband Deiner Institute zu ziehen. Wäre mir dies nicht seit einem halben Jahr als Möglichkeit deutlich vor Augen, so hätte ich nicht so gehandelt wie ich gehandelt habe  : weder Dir selbst gegenüber, noch Colloredo526 (was das Entscheidende war) noch den übrigen Personen gegenüber  : hier verkettet sich also alles, alle meine Hoffnungen für eine Wiedergeburt des österreichischen Theaters aus den Kräften des Menschen heraus, der eben die e i n z i g e productive Potenz auf diesem Gebiet und, wie es nicht anders sein kann, Österreicher u. leidenschaftlicher Österreicher ist, mein ganzes Schicksal als Theaterdichter und das Deinige nunmehr innerhalb Deines neuen Lebensberufes. Dies nur introductorisch. Ich weiß, daß dies gelingen muß und wird, wenn nur die Charakterkraft der Menschen, die im Spiele sind (Duich-Reinhardt) ausreicht, das fortwährend Verwirrende, vom Eigentlichen u. Hohen Abbringende abzuwehren, das fataler Weise immer von außen herandrängt. […] Leb wohl. Bleib gesund u. laß Dir die Dinge nicht zu schwer werden, wie ich mich auch dagegen wehren muß  ! Dein Hugo. 525 Richard Beer-Hofmann. 526 Ferdinand Graf von Colloredo-Mansfeld (1878–1967), Legationsrat im Ministerium des Äußeren.

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226. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian 30 VIII. [1918] mein lieber Poldy. […] 5.° Besprach mit Ferdsch527 auch sehr eingehend die Salzburger Sache. Er interessierte sich sehr, verstand die ungeheure chance für Dich und die sehr große culturpolitische Bedeutung und war optimistisch, wenn man die Sache langsam und systematisch bei Hof insinuiere, durch die Taxisse, Mensdorff, auch Pauline Metternich, auch Berchtold,528 die Vorurteile anticipiere und sie zerteile, alles allmählich, von verschiedensten Centren aus. […] 7.° Die Memoires über Salzburg fasse ich wo möglich morgen oder übermorgen ab, bin müde nervenschwach, im steten Regen, muß achtgeben das Productive in mir nicht ganz zu unterdrücken. Reinhardt, in reizendem Feingefühl, spürte meinen Zustand, den Druck der materiellen Sorge, lauter Enttäuschungen, nirgend Einnahmen, besprach alles mit Gerty529 mit dem größten Zartgefühl, und gab mir schließlich den »Auftrag« die »Dame Kobold« von Calderon530 für sein Theater zu bearbeiten, nur die alte Übersetzung zu retouchieren, oder ganz frei, wie ich wolle, anonym oder unter meinem Namen, wie ich wolle, jedenfalls spiele er es s o f o r t nachdem ich es ihm geschickt hätte. Das Stück ist reizend, ganz bezaubernd, ich habe mich sofort an die Arbeit gemacht, schon 4 Scenen übersetzt, ganz frei und wie ich glaube mit großem charme  : Trochäen, ganz conversationell behandelt. Ich finde das von Reinhardt so besonders charmant, weil es in meine intimsten Gedanken paßt, und er dies erraten hat. […]

527 Ferdinand Graf von Colloredo-Mansfeld. 528 Marie und Alexander von Thurn und Taxis  ; Albert Graf von Mensdorff-Pouilly-Dietrichstein (1861– 1945, österr. Politiker und Diplomat; Pauline Fürstin Metternich (1836–1921)  ; Leopold Graf Berchtold (1863–1942, 1906–11 Botschafter in Petersburg, 1912–15 Außenminister, 1916–17 Obersthofmeister, seit Jänner 1917 Oberstkämmerer). 529 Gertrud (»Gerty«) Schlesinger (1881–1959), Hofmannsthals Ehefrau (Heirat 1901), mit der er drei Kinder hatte. 530 Hofmannsthals Bearbeitung und Nachdichtung von Pedro Calderón de la Barcas La Dama duende wurde 1918 fertiggestellt und am 3. April 1920 am Deutschen Theater Berlin unter der Regie Max Reinhardts uraufgeführt.

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227. Heinrich Damisch an Leopold von Andrian Wien, am 4. September 1918 Eure Exzellenz  ! Auf Wunsch und im Auftrag Seiner Durchlaucht des Prinzen Alexander von Thurn und Taxis, möchte ich mir erlauben, Eure Exzellenz über die »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« genauestens zu informieren und einen, die Person Eurer Exzellenz betreffenden einstimmigen Wunsch der Direktion zum Ausdruck bringen. Ich bitte Eure Exzellenz, mir zu diesem Zwecke gütigst bekannt geben zu wollen, wann ich Eure Exzellenz nächster Tage in den Nachmittagsstunden treffen kann. Genehmigen Eure Exzellenz den Ausdruck meiner ganz besonderen Verehrung, und vorzüglichsten Hochachtung, mit dem ich zeichne als Eurer Exzellenz ergebenster /Redakteur Heinrich Damisch Gründer und Direktionsmitglied der Salzburger-Festspielhaus-Gemeinde/ /Erledigt für Mittwoch den 11. IX. 1918 zu S. Exz. bestellt. W./

228. Max Reinhardt an Leopold von Andrian531 Berlin, 5. September 1918. Hochwohlgeborener Freiherr  ! Als wir im Salzkammergut zusammentrafen, war es mir eine Freude feststellen zu können, dass unsere Anschauungen über die Kunst des Theaters und über die gegenwärtige Situation der europäischen, insbesondere der deutschen Bühnen im wesentlichen übereinstimmen. Wir trafen uns vor allem in dem schmerzlichen Bedauern, dass die Führung in diesen Dingen – einst ein unbestrittenes Patrimonium unseres Vaterlandes – seit Jahren Oesterreich entglitten ist, beide aber auch in dem festen Glauben an Oesterreichs hohe Sendung in den Künsten, an die reichen sich immer erneuernden Kräfte unseres Vaterlandes, an die unversiegbare Fülle der Talente, die 531 Es handelt sich um das in der Literatur als sogenanntes »Reinhardt-Memoire« bezeichnete Dokument, das von Hugo von Hofmannsthal verfasst und unter dem Namen von Max Reinhardt an Leopold von Andrian weitergeleitet wurde. Hofmannsthal fasst darin den Inhalt der von ihm am 15. August 1918 mit Andrian und Reinhardt sowie in den Folgetagen mit Reinhardt allein geführten Unterredungen zusammen. Zur Quellenlage vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang.

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unvergleichlichen Möglichkeiten, die sich aus dem farbenreichen Nebeneinander der Völker und Kulturen ergeben, beide endlich in dem festen Willen, soweit es an uns liegt, nichts unversucht zu lassen, um für die Zukunft diese Talente zu sammeln und zu binden, ihrem beständigen Abfliessen nach dem talentärmeren und so viel betriebsameren Norden einen Damm zu setzen. Sind doch Berlins höhere Lehranstalten, seine Akademien und Konzertsäle, seine Theater – und gerade die Führenden – ohne Oesterreich nicht zu denken und fassen doch ihrer die Bedeutensten immer wieder dort Wurzel, wo sie die Stätte ihrer Tätigkeit finden, verzichten auf die Zugehörigkeit zu dem Staate, dem sie doch mit Herz und Gemüt als ihrer eigentlichen Heimat zeitlebens nachhängen. Hohe Zeit schien es uns beiden hier Entscheidendes zu tun  : auch darin war zwischen uns Uebereinstimmung, dass diese schwere Prüfungszeit die Bedeutung alles Geistigen, so die Bedeutung der Kunst und des Theaters hoch emporgehoben hat. Gerade in diesen Jahren ist es deutlich geworden, dass das Theater kein Luxus für eine dünne Oberschicht ist, sondern ein unentbehrliches geistiges Lebensmittel für die breiten Schichten. Ein mächtiges Lenkmittel ist es endlich auch über den Sinn und die Phantasie der grossen Massen, so mächtig, dass es nicht länger den Händen niedriger Spekulanten überlassen werden darf, sondern dass die höchsten und reinsten Hände zu höchsten und wohlverstandenen politischen Zwecken sich seiner bedienen müssen. In all diesem waren wir einig. Gern folge ich Ihrer Aufforderung, das Grundsätzliche aus unserem Gespräche festzuhalten, woraus sich gewisse praktische Folgerungen – und wie ich meine hoffnungsreiche – von selbst ergeben werden, die sich bei der Kürze unseres Zusammenseins nur knapp andeuten liessen. Ich führe seit zwei Jahrzehnten meine Theater  ; die Erfahrungen dieser zwei Jahrzehnte haben es mich gelehrt – und auch der Erfolg zweier Jahrzehnte hat mein Empfinden nicht so weit zu bestechen vermocht, dass ich nicht erkennen würde, wie sehr die letzten und höchsten künstlerischen Wirkungen dem Betriebe auch der besten täglich spielenden Grossstadtbühnen versagt bleiben müssen. Das eigentlich Höhere, das Festliche, das, was eine Zuschauermenge erst wahrhaft geistig verbindet, kann im Lärm und unter den Sorgen des Alltags nicht aufkommen. Hiezu bedarf es für Alt und Jung, für die Schaffenden und für die Empfangenden einer inneren Freiheit, einer Vorbereitung, einer Erwartung  : das Schauspiel muss wieder wie in alten Zeiten zum Feste werden. So liegt der Festspielgedanke in der Luft und man muss erstaunen, wenn man gewahr wird, wie mitten unter dem Wust und der Qual dieses Kriegsgeschehens der gleiche Gedanke in allen Ländern auftaucht, wie dieses eminente Friedenswerk als Plan da und dort jetzt mitten im Kriege sich hervorhebt, Gestalt annimmt, ja den Boden der Wirklichkeit gewinnt  : so bei den Franzosen in Orange, bei den Schweizern, auf deren grosses Züricher Projekt ich noch zurückkommen werde, bei den Italienern, die am schnellsten in der Realisierung der ihrer Phantasie vorschwebenden Projekte, jetzt mitten im Kriege in der schönen Land-

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schaft unweit Viareggio ein Festspielhaus, eine mächtige Arena für 15.000 Menschen, geschaffen und mit einer Tragödie von Alfieri532 eingeweiht haben. Auch in Oesterreich ist und an der geeignetsten Stelle  : in Salzburg dieser Gedanke aufgegriffen worden. Es hat sich ein Festspielverein gebildet, der Kapital sammelt  ; ein Grundstück am Hang des Hügels von Maria Plain, der wie ein Wahrzeichen von Oesterreich über die Grenze gegen das Bayerische hinschaut, ist wie ich höre für den Bau gesichert. Der Name Mozarts soll dem Unternehmen nicht nur die Weihe, sondern auch das Gepräge geben. Ich wüsste keinen glücklicheren. Heiter, fromm und festlich, so sind Mozarts Werke  ; in keinem anderen Geiste als in diesem sollten Oesterreichs Festspiele geplant werden – nirgend aber als in Oesterreich könnten mit soviel Recht eben in diesem Geist Festspiele geplant werden. Auch was die Salzburger Herren weiterhin zu Gunsten ihres Unternehmens anführen, scheint mir als wohlbegründet  : dass die Schönheit der Gegend, die zentrale Lage der Stadt, Schnittpunkt wichtiger, europäischer Reiselinien, sie vorherbestimmt zu dieser kulturpolitischen Aufgabe ersten Ranges. Dass gerade von Oesterreich aus es möglich sein wird, die zerrissenen Fäden der europäischen Kulturgemeinschaft wieder anzuknüpfen und in keinem Zeichen eher als im Zeichen der Musik und des Theaters. Dass Salzburg für die darstellende Kunst das werden könnte, was Montecarlo und Aegypten für die Reisewelt, Italien für die Bewunderer der Malerei, Griechenland für den Mann der Wissenschaft. Wenn Sie schliesslich, das Materielle nicht ausser Acht lassend, sich von einer Herbeiziehung des Fremdenstroms für die Hebung unserer Valuta Gewichtiges versprechen, wenn Sie sagen, dass Salzburg das Einfallstor für Wien, für die Donaulandschaft, für Bosnien werden müsste, wenn Sie darauf hinweisen, welche unberechenbaren praktischen Vorteile München aus seinen Kunstanstalten, seinen Festspielen und all diesen scheinbar ganz unpraktischen Veranstaltungen für sein Leben wie für sein Prestige gezogen hat, so kann ich Ihnen auch darin nur beipflichten. Alle diese Gesichtspunkte darlegend, sind die Salzburger Herren an mich herangetreten – nicht als die ersten. Vordem ist, wie Euer Exzellenz wissen, das gross gedachte, im Wesentlichen ähnliche Projekt der Züricher Stadtverwaltung an mich gelangt. Beides war mir eine Genugtuung. Wieviel in meinem Gemüt und in meiner Phantasie für das oesterreichische Projekt spricht, – woferne dieses einer grosszügigen Verwirklichung zugeführt werden kann – brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Sie kennen meine Gedanken im Hauptpunkt. In Salzburg Gastspiele meiner Theater zu absolvieren, dort nach dem Kriege das zu tun, was ich vor dem Kriege in London und Paris, in Newyork, Petersburg und Moskau, in Holland, der Schweiz und Skandinavien getan habe, würde mich nicht anziehen. Was mich begeistern könnte, wäre Eines  : in Salzburg an dieser einzig richtigen Stätte eine Triumphpforte öster532 Vittorio Alfieri (1749–1803), ital. Dramatiker der Aufklärung.

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reichischer Kunst zu errichten mit Mozart als Krönung, um den sich Grillparzer und Raimund, aber auch Calderon wie Sophokles zwanglos strahlenförmig stellen würden, zu diesem Zweck alle schlummernden Kräfte zu sammeln, neue Kräfte zu entwickeln, die reife Frucht der oesterreichischen Gesammtkultur – denn ich denke nicht nur an das Schauspiel, sondern ebenso an die Oper und die mimische Darbietung, ebenso an das weite Gebiet der dekorativen Kunst, und ich denke nicht nur an das deutsche Oesterreich, sondern ebenso an die anderen Völker der Monarchie, denen Bühne, Musik und Malerei so viele grosse Talente verdanken – einem europäischen Publikum darzubieten  ; das was in Bayreuth, gruppiert um ein norddeutsches Individuum, Wagner, geübt wird, hier um ein ungleich komplexeres und höheres Zentrum, die Kunst Oesterreichs, herumzubauen. Der Augenblick ist in der Kulturpolitik wie in der grossen Politik entscheidend. Die Konstellationen ändern sich, die Fäden, die man in der Hand zu haben glaubt, entgleiten. Alles kommt darauf an, sie nicht entgleiten zu lassen. Zu diesem Friedenswerk, das wie kein anderes dem Prestige der Monarchie dienen könnte, müsste jetzt und heute gerüstet werden. Hier führt ein Weg zu grossen geistigen und auch politischen Gütern. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, auf ihn hinzudeuten. Gehen kann ich ihn nur, wenn Sie als Chef der Kaiserlichen Hoftheater ihn mit mir gehen, wenn Sie diesen Weg wollen, wenn Ihr Allerhöchster Herr ihn will. Es ist Oesterreichs Tradition, dass die Darbietung des Hohen in der Kunst immer eine Unternehmung war, die das Allerhöchste Haus durch die in Seinen Diensten Stehenden durchführte, und nur das Niedrigere auf diesem Gebiet bleibt privatem oder geschäftlichem Unternehmungsgeist überlassen. In der gleichen Weise müsste – soll diese Salzburger Unternehmung in einem grossen, Oesterreich ehrenden Sinn gelingen – hier eine konstitutive Allerhöchste Willensäusserung vorliegen, welche über den einmaligen Akt des Wohlwollens hinausgehend als andauernd und immanent diesem Unternehmen ein den Hoftheatern verwandtes Gepräge und verwandten Rang verleiht und dieses Verhältnis müsste – unbeschadet der Selbstständigkeit des Salzburger Komitees in allen materiellen Dingen – dadurch zum Ausdruck kommen, dass einer Persönlichkeit, die in diesem Ressort das Allerhöchste Vertrauen geniesst, gleichsam kommissarisch die letzte Entscheidung in allem Geistigen und Künstlerischen zustehen müsste. Dann könnte, glaube ich voraussagen zu dürfen, allerdings Ausserordentliches zustande kommen und Oesterreich seine ihm von der Vorsehung verliehenen Gaben auf diesem Gebiete glanzvoll zur Geltung bringen. Mit der Bitte, diese Ausführungen als ein Zeichen der sympathischen Erinnerung an unser Gespräch anzusehen, bleibe ich, Euer Exzellenz aufrichtig ergebener gez. Max Reinhardt

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229. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Aussee 8 IX. 18. Nur für Dich. Das folgende, Resultat eingehender Gespräche mit Reinhardt, diene Dir als Interpretation zu dem beiliegenden wichtigen Schriftstück.533 (NB Eine vorzeitige Publicität dieser Dinge könnte Reinhardt, bei seiner sehr exponierten Situation gegenüber Publicum u. Presse, um seine Berliner Stellung bringen. {Insbesondere also gegen H. B.534 mit Vorsicht zu behandeln.}) A. Reinhardts Lebensplan, klare Darlegung seiner eigenen W ü n s c h e u n d s e i n e s e i g e n e n I n t e r e s s e s i n d i e s e r S a c h e . Er ist 44, hat in 20jähriger Tätigkeit in Berlin erreicht, was auf diesem Gebiet zu erreichen war und sieht deutlich die Grenzen eines solchen Betriebes (nicht die materiellen, sondern die geistigen). Er will eine neue Phase seines Lebens anfangen  ; die Berliner Tätigkeit sehr einschränken, insbesondere dort, etwa ab 1920, keine eigentliche Directionstätigkeit ausüben. Die Theater dort einem von ihm nominierten Collegium überlassen. Also Salzburg wird kein N e b e n b e i sondern neue, österreichische Phase seines Lebens, zu der alles Frühere nur Vorarbeit. Nicht  : e i n neues Unternehmen, sondern d a s Unternehmen. (Ich bestätige aus Gesprächen die 10 Jahre zurückliegen sein beständiges Suchen nach einer Form beim Theater das höhere Sociale, das Festliche, zu realisieren.) Die Entscheidung daher höchst kritisch für ihn. Sein Entschluß nur möglich wenn Garantien dafür da sind, daß das Salzburger Unternehmen in der glücklichsten Form zustandekomme. Diese glückliche Form sieht er von 3 Dingen abhängig  : 1° ein productiver Wille – den er mitbringt, 2° große Mittel, für deren Aufbringung er überwiegend selber einsteht, 3° unbedingte Förderung durch die oberste Stelle. Die Motive für die oberste Stelle sind in der Hauptschrift wie ich glaube erschöpfend ausgeführt. Die constructive Form, in welcher das Interesse der obersten Stelle sich dauernd ausdrücken müßte, ist dort angedeutet. Es kommt Reinhardt als condicio sine qua non darauf an  : 1° daß e i n e einzige Persönlichkeit, als welche er Dich ansieht, diejenige wäre mit der er zu tun haben wird 2° daß keine Halbheit, keine Vereinsmeierei, Curatoriumswirtschaft, locale Eifersüchtelei, Cliquenwirtschaft sich vordrängt (demgegenüber erschiene ihm Zürich als möglicher wo er nur an 2 Stadtverordnete gewiesen ist)

533 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918  ; sgn. »Reinhardt-Memoire«). 534 Hermann Bahr.

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3° die unerläßliche Unterstützung durch die Behörden, nicht nur in Phrasen, sondern wirklich und wirksam und beständig. B. Das Interesse der Wiener Hoftheater an dieser Gestaltung der Dinge. Du würdest, ohne ihn engagieren zu müssen, was er für alle Zukunft nicht in Aussicht nehmen will, der legitime Erbe seiner Arbeit. Die von ihm dort herangezogenen neugeschaffenen Schauspieler (er denkt dabei überwiegend an Österreicher) ebenso die Schauspieler aus seinem bisherigen Ensemble, die er dort hinruft, – nicht nur diese aber sondern seine ganzen Inscenierungen auf dem Gebiet des Schauspiels, der Oper u. des Balletts, ja ganze Vorstellungen (Regiebuch, Inscenierung u. Besetzung) würdest Du glatt übernehmen können, so wie etwa Franckenstein ohne weiteres eine Vorstellung aus dem Prinz-Regent-Festspielhaus535 in sein Opernhaus oder ins Residenztheater übernimmt, die Bedingung ist nur daß Deine Situation – (als des kaiserlichen Generalintendanten) dort der eines Hausherren so sehr als irgend möglich angenähert werde, ohne daß Du aber mit dem Administrativen oder Finanziellen des Salzburger T h e a t e r b e t r i e b e s irgendwie belastet wärest. Also, so präcis als möglich, Hausherr des Gebäudes, für das Culturpolitische (Repertoire etc) verantwortlich, Hausherr gegenüber der Außenwelt und gegenüber dem Mieter Reinhardt, völlig gelöst aber von dem Betriebe des Theaters, der ja ihm untersteht. Diese Reinhardt’sche Festspielaera von 6–8 Wochen jedes Jahres würde den eigentlichen Kern der Salzburger Sache bilden, daneben Concerte, Gastspiele der Wiener Oper, des tschech. Nationaltheaters etc. etc. was aber alles nur für je eine Woche oder so denkbar. Kannst Du in allmählicher Werbearbeit, besonders allerhöchstenorts, die gewünschte Situation für die Zukunft garantieren – (bei fortdauernder Ehrenfunction des Comités, das paradieren will, aber natürlich ahnungslos ist was gemacht werden soll) – so würde Reinhardt nicht einmal den Bau des Festspielhauses abwarten, sondern sogleich im ersten Friedenssommer im bestehenden städtischen Theater zu spielen anfangen, alles d’accord mit Dir. (Wie ich sagen darf, ist er einer der leichtesten Menschen, um d’accord mit ihm zu arbeiten, die ich kenne, nicht pizzlich, nicht eitel und nicht eigensinnig  ; seine Mitarbeiter contrarieren ihn fortwährend und es gibt eigentlich nie Conflicte  : er arbeitet seit 16 Jahren mit den g l e i c h e n Leuten, den gleichen Dramaturgen, gleichem Maschinenmeister, gleichem Maler, gleichem Beleuchtungschef  ; ich glaube, das sagt mehr als alles.)

535 Gemeint ist das Prinzregententheater in München, wo Clemens von Franckenstein Generalintendant der Oper war  ; vgl. die Anm. in Dok. 199 (Stimmen zum Salzburger Festspielhause. In  : Salzburger Volksblatt, 9.3.1918).

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Nachschrift vom 9. IX. [1918] Mein Lieber. am 30 VIII telephonierte mir noch Reinhardt aus Salzburg die beiden leitenden Herren des Comités536 hätten ihn abermals besucht u. s e l b s t möglichste Annäherung an die Hoftheater u. Gewinnung Deiner Person als höchsten Wunsch bezeichnet. R. antwortete zurückhaltend. Vorher hatte ich schon eingehend an A. Taxis537 geschrieben, dies noch durch Felix O.538 mündlich verstärken lassen. Dies zu dem Zweck damit Taxis weiß daß nicht etwa Du Dich in die Salzburger Sache hineindrängst sondern daß dies für die Sache selber unerläßlich ist, – sonst kommt ja gar nichts heraus als ein ödes Gastiertheater, eine Art Theaterhôtel, zu Höherem hat sich die Phantasie der Salzburger Unternehmer nicht aufgeschwungen.539 Meines Erachtens wäre alles was die Krone für die Salzburgsache tun will (z. B. die von Taxis schon erbetene Übernahme des Protectorates) durch Deine Hand zu leiten, damit nicht bröckerlweise das Unwirksame erbeten und gewährt wird sondern alles eine F o r m u. ein G e s i c h t bekommt, woran es bei uns immer fehlt. Colloredo540 leuchtete die Sache sehr ein  ; er meinte die Familie P…a541 könnte für die Sache etwa dadurch gewonnen werden, daß man die jungen Herren, welche sehr nach financieller Betätigung in westeuropäischer Weise suchen, an dortigen Hotelgründungen beteilige. Nicht sehr nobel aber gewiß practisch. Somit steht die Sache ja durchaus hoffnungsvoll. Felix O. schrieb mir zu meiner Freude daß Du die Tragweite der Sache sehr auffassest. Die einzige Gefahr liegt bei H. B.542 Dies ist heikel, natürlich durchaus nicht unbesieglich. Ich vertraue sehr auf die Kraft die Du über ihn hast. A la longue genügt es natürlich nicht, daß Du ihn u. R. auseinanderhältst – sondern Du mußt ihn, der ja gar nicht starrsinnig, mit Deiner Überzeugung von dem Wert der Sache durchdringen, und er muß der Sache seine persönliche rancune543 536 Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch. 537 Alexander von Thurn und Taxis  ; vgl. die Anm. in Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917). 538 Felix Freiherr von Oppenheimer (1874–1938), Soziologe, Mitherausgeber der Österreichischen Rundschau, bedeutender Kunstförderer und Mäzen, befreundet mit Hofmannsthal. 539 Hier kommt wie schon im Brief an Ferdinand Künzelmann vom 21. Juli 1918 (Dok. 212) Reinhardts Ablehnung von Gastspielen zu Ausdruck. Tatsächlich plante die SFG keineswegs – wie von Reinhardt befürchtet – für zukünftige Festspiele ein »Gastiertheater«. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass Künzelmann Reinhardt gegenüber fälschlicherweise diesen Eindruck erweckte. 540 Ferdinand Graf von Colloredo-Mansfeld  ; vgl. die Anm. in Dok. 225 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 27.8.1918). 541 Familie Parma. Adelsgeschlecht. Robert I. von Parma (1848–1907), der letzte Herzog von Parma, Piacenza und Guastalla hatte 24 Kinder von zwei verschiedenen Frauen. Die letzte österreichische Kaiserin Zita (1892–1989), verheiratet mit Kaiser Karl I., war eines davon. 542 Hermann Bahr. 543 Französ.: Groll, Rachsucht.

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zum Opfer bringen. Daß er – in keiner vulgären Weise – äußerst rancunier u. äußerst eifersüchtig ist, das zu verstehen habe ich 15 Jahre gebraucht, während Gerty544 mit der gewissen Sagacität545 der Frauen es viel schneller heraus hatte. Zum Beweis, daß dies keine fixe Ide von mir, copiere ich Dir eine Zeile aus dem Brief von Zifferer546 an mich  ; w ö r t l i c h . »Es ist mir aufgefallen, und das teile ich Ihnen mit, bitte aber darüber Stillschweigen zu beobachten, daß B. dem R. keineswegs so sehr gewogen ist, wie man glauben könnte. Es scheinen in der Zeit des gemeinsamen Wirkens tiefe u. schmerzliche Gegensätze sich ergeben zu haben, die notdürftig übertüncht aber niemals überwunden wurden.« Gewiß ist dies ungefähr richtig, aber in letzter Linie ist es eben die rancune des Menschen mit der schwächeren Gestaltungskraft, der schwächeren gestaltenden Phantasie (diese ist bei Bahr sehr schwach, darum gleitet er immer aus der Gestaltung ins Dialektische, bei Reinhardt enorm). – Leb wohl. Dein Hugo

230. Protokoll der Direktionssitzung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Niederschrift über die Direktionssitzung der Salzburger Festspielhausgemeinde / Gesamtdirektion / in Wien am 11. September 1918 abends 7 Uhr Vorsitz  : Prinz von T h u r n und Ta x i s Anwesende Direktionsmitglieder aus S a l z b u r g   : Vizepräsident, Direktor G e h m a c h e r, Georg J u n g , Ober-Inspektor K u r z w e r n h a r t , Rechnungsrat S a c h e r, Ingenieur S c h u r i c h , Baron T h i e n e n v o n A d lerflycht. Anwesende Direktionsmitglieder aus Wien  : Vizepräsident A r t a r i a , Redakteur D a m i s c h , Dr. S c h e y, Präsident Dr. von W i e n e r und Sekretär K r u m p h o l z . Entschuldigt  : Wilhelm Ginzkey, Kammersänger Mayr, Direktor Ronsperger, Hofkapellmeister Schalk, Hofapotheker Wilvonseder und Baumeister Wagner. Das Protokoll der letzten Sitzung wird verlesen und verifiziert. 544 Hofmannsthals Ehefrau Gertrud (»Gerty«) Schlesinger  ; vgl. die Anm. in Dok. 226 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 30.8.[1918]). 545 Aus dem Lat.: Weisheit, Scharfsicht. 546 Paul Zifferer  ; vgl. die Anm. in Dok. 218 (H. v. Hofmannsthal an P. Zifferer, 7.8.[1918]).

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Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden namentlich die aus Salzburg erschienenen Herren auf das Herzlichste. Hierauf berichtet Vizepräsident Artaria über die Tagung am 14. und 15. August in Salzburg und gibt bekannt, daß die Generalversammlung547 im Marmorsaale des Mirabell-Schlosses dank dem schönen Arrangement, der zahlreichen Beteilung und infolge Anwesenheit des Landespräsidenten, des Bürgermeisters der Stadt Salzburg sowie des Mozarteumspräsidenten Dr. Sylvester, einen überaus würdigen Verlauf genommen hat. Insbesondere dankt Artaria den Salzburger Direktionsmitgliedern für den herzlichen Empfang, welchen sie den Wiener Herren bereitet haben, und bespricht zum Schlusse die Besichtigung der Bauplätze. Dieses ausführliche Referat wird bestens dankend zur Kenntnis genommen. Sodann berichtet Damisch, daß er auf Grund des in der letzten Sitzung gefaßten prinzipiellen Beschlusses – mit Professor Max Reinhart in Verbindung zu treten – mit demselben in Ischl eine Besprechung gehabt hat, welcher eine solche in Salzburg nachfolgte, in deren Verlauf Reinhart neuerlich sein großes Interesse für die Festspielhaus-Idee bekundete und von den Bestrebungen geleitet wäre, sich jetzt schon an den Arbeiten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zu beteiligen. Damisch berichtet weiters, daß er anläßlich der beim Landespräsidenten sowie beim Bürgermeister gemachten Besuche die erfreuliche Wahrnehmung konstatieren konnte, daß die Salzburger Behörden, namentlich aber der Bürgermeister sehr von der Sache überzeugt sind. Der Letztere hatte auch die Freundlichkeit, dem Verein speziell in Grundankaufssachen seine weitgehendste Unterstützung zuzusagen. Sodann referiert Damisch über seinen Besuch bei dem Generalintendanten der beiden Hoftheater, Baron Andrian, und freut sich, berichten zu können, daß Exzellenz Andrian sich bereit erklärt hat, sich an der Leitung des Vereines zu beteiligen und demselben seine Förderung angedeihen zu lassen. Damisch schlägt daher vor, es möge im Falle der Uebernahme des Protektorates durch Se. Majestät, in der Dankaudienz seitens des Präsidiums an Se. Majestät die Bitte gestellt werden, den General-Intendanten Baron Andrian als kaiserlichen Delegaten in die Direktion und in den Kunstrat zu entsenden. Diese Berichte werden mit größtem Dank an den Referenten und mit großer Befriedigung zur Kenntnis genommen.

547 Die Vorstandssitzung der SFG am 14. August und die erste Generalversammlung am 15. August 1918  ; vgl. Dok.  220 (Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 14.8.1918) und Dok.  221 (Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 16.8.1918).

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Artaria ist der Ansicht, daß mit Rücksicht auf die stets steigende Tendenz in Grundwerten, es unbedingt geboten erscheint, sich so gleich mit dem Plane der Erwerbung eines Baugrundes zu beschäftigen und es wird über Antrag Artarias zur Beleuchtung der Erwerbungsmöglichkeiten eines solchen Grundes die Debatte eröffnet. Im Zuge derselben werden die Vorzüge und Nachteile der in Betracht kommenden Gründe eingehend besprochen und schließlich stellt Damisch den Antrag  : Mit Rücksicht auf die, ökonomischen Gründe entspringende Dringlichkeit der Bauplatzerwerbung, ist die Salzburger Direktion zu bevollmächtigen, wegen der Erwerbungsmöglichkeiten eines geeigneten Bauplatzes im Rahmen von K 400.000.alle Schritte zu unternehmen und demnächst ein ausgearbeitetes Exposé mit Angabe der erforderlichen Erwerbungssumme der Gesamt-Direktion vorzulegen. Einstimmig angenommen. Dr. Schey stellt hinsichtlich der Konstituierung der Direktion folgenden Antrag  : Zum geschäftsführenden Direktionsmitgliede ist Damisch zu wählen. Schaffung eines Arbeits- und Vollzugs-Ausschusses, welchem die Vorbereitung der Arbeiten an die Direktion obliegt. Demselben sollen Artaria, Damisch, Gehmacher, Jung, Rons­ perger und Dr. von Wiener angehören. Rechtsausschuß   : In denselben einzutreten werden gebeten   : Gehmacher, Dr. Schey und Dr. von Wiener. In den Hauptfinanz-Ausschuß, der statutarisch nur von Salzburger Direktionsmitgliedern beschickt werden darf und berufen ist, in wichtigen Finanztransaktionen Beschlüsse zu fassen, treten ein  : Gehmacher, Jung, Schurich, Baron Thiemen548 und selbstredend der jeweilige Zentralkassier. Allen diesen Ausschüssen gehört selbstverständlich der Präsident an. Die Konstituierung wird in diesem Sinne vollzogen. Schey tritt weiters dafür ein, die Redaktion der »Mitteilungen«549 ganz nach Wien zu verlegen und Damisch mit der Chefredaktion zu betrauen. Einstimmig angenommen und zur Beratung der näheren Modalität dem Vollzugsausschuß zugewiesen. Damisch beantragt, zur Durchführung der künstlerischen Vorarbeiten, zur Festlegung von programmatischen Direktiven, zur intimen Mitarbeit, sowie zur Leitung der seinerzeitigen Festspiele, einen Kunstrat einzusetzen und in denselben den Professor Max Reinhart, den Generalmusikdirektor Dr. Richard Strauss und den Hofopernkapellmeister Professor Franz Schalk zu berufen. Eine eventuelle Erweiterung dieses Kunstrates soll vorbehalten bleiben. 548 Waldemar Thienen von Adlerflycht  ; vgl. die Anm. in Dok. 217 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr [1917/18]). 549 Das von Juli 1918 bis Dezember 1922 erscheinende Periodikum Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde.

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Ebenso wäre der Kunstrat zu veranlassen, in musikalischer Hinsicht sowohl als auch in programmatischer Richtung baldigst geeignete Vorschläge zu erstatten. Diese Anträge werden einstimmig angenommen. Damisch beantragt weiters die sofortige Aufnahme der Propaganda durch Konzert- und Theateraufführungen. Es soll ein Zyklus von 10 Kammermusikkonzerten der Bläser-Vereinigung der Wiener Hofoper mit Hinzuziehung erstklassiger Kunstkräfte in den Musikvereinssälen abgehalten sowie weiters die Veranstaltung von 4 großen Cercle-Konzerten in Wiener Palästen ins Auge gefaßt werden, ebenso 4 Mozart-Kammerspielabende im k.k. Akademie-Theater. Die Entscheidung über letztere hat sich Akademiepräsident Dr. von Wiener vorbehalten und macht eine eventuelle Zusage von der Lösung der Frage der beabsichtigten Kammerspiele des Hofburgtheaters im Akademietheater abhängig. Die Inangriffnahme dieser Art Propaganda wird einstimmig genehmigt. Schurich legt ein Exposé betreffend die Ausgabe von Anteilscheinen vor, mit deren Vertrieb ein Wiener Bank-Konsortium betraut werden soll. Es wird daher über Antrag beschlossen, die Ausgabe von Anteilscheinen im Prinzip zu genehmigen und den Vollzugsausschuß anzuweisen, die Vorarbeiten für die Emission von langfristigen, rückzahlbaren und verzinslichen Anteilscheinen in der Höhe von 2 bis 3 Millionen Kronen derart zu schleunigen, daß die Ausgabe womöglich schon mit 1. Jänner 1919 beginnen kann. Die damit zusammenhängende Frage, welche Benefizien den Spendern, Förderern und Stiftern einzuräumen sind, wird gleichfalls dem Vollzugsausschuß zur dringlichen Beratung zugewiesen. Gehmacher gibt der Meinung Ausdruck, daß die gegenwärtigen Statuten in mehreren Punkten einer Vereinfachung und Abänderung bedürfen, und beantragt, eine diesbezügliche Revision der Statuten vorzunehmen. Wird dem Rechtsausschuß zur raschesten Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen. Ueber Antrag Damisch’s wird beschlossen, der k.k. Gesellschaft der Musikfreunde sowie der Wiener Konzerthaus-Gesellschaft als Mitglied beizutreten. Damit ist die Tagesordnung erschöpft und der Vorsitzende schließt mit dem herzlichen Dank die Sitzung um 10 Uhr 15 nachts.

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231. Leopold von Andrian an Hugo von Hofmannsthal 11. September 1918 Spiegl550 bei mir bitte telegraphiere an Reinhardt dass grossen Wert darauf liegen würdest wenn mit Zifferer551 der Samstag Berlin reist womöglich Angelegenheit gewissen Engagements552 für beide Teile befriedigend regeln wollte Poldi

232. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Mittwoch 4h [11. September 1918] mein lieber Poldy ich habe soeben Deine Depesche553 erhalten. Ich schreibe heute noch express an Reinhardt im gewünschten Sinn. Aber der springende Punkt, Poldy, liegt doch anders herum. Nicht mit dem Argument kann doch Reinhardt seinem Bruder554 und seinen andern Mitarbeitern kommen  : »der Hofmannsthal und der Spiegl555 wünschen sich auch, daß ich nachgiebig bin  !« – sondern nur mit dem Argument  : Ich habe mit Andrian große Zukunftsinteressen gemeinsam und darum will ich mit ihm die Moissi-sache innerhalb gewisser Grenzen à l’amiable behandeln. Darum hast D u diese Sache in der Hand vielmehr als ich  : schicke bitte D u eine dringende Depesche an Reinhardt, wo Du die Moissi-sache vielleicht gar nicht oder nur am Ende erwähnst, in der Hauptsache aber auf das Memoire das Du gestern von mir empfangen hast556 mit Zustimmung u. Zukunftshoffnung reagierst – das wirkt natürlich auch auf den Bruder, der ganz wohl fähig ist, obwohl Geschäftsmann, die Dinge im Großen zu sehen und eins ins andere zu rechnen. – Da Du dieses Memoire und meinen sehr

550 Edgar Spiegl Edler von Thurnsee (1876–1931), österr. Diplomat. Sollte ursprünglich eine Art Koadjutorstelle bei der Generalintendanz der k.k. Hoftheater annehmen, um Andrian zu entlasten. 551 Paul Zifferer  ; vgl. die Anm. in Dok. 218 (H. v. Hofmannsthal an P. Zifferer, 7.8.[1918]). 552 Zu dieser Zeit stand ein Engagement des Schauspielers Alexander Moissi am Burgtheater zur Diskussion. 553 Vgl. Dok. 231 (L. v. Andrian an H. v. Hofmannsthal, 11.9.1918). 554 Edmund Reinhardt (1871–1929), der für seinen Bruder Max als Theaterimpresario und Manager arbeitete. 555 Edgar Spiegl Edler von Thurnsee  ; vgl. die Anm. in Dok. 231 (L. v. Andrian an H. v. Hofmannsthal, 11.9.1918). 556 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918  ; sgn. »Reinhardt Memoire«).

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langen Commentar dazu557 in Deiner Depesche nicht erwähnst, bin ich ängstlich. Bitte depeschiere mir gleich nach Empfang dieses, ob Du meinen Brief (+ Memoire) erhalten und ob ich annehmen darf, daß Du in oben vorgeschlagenem Sinn an R. depeschieren wirst. Dein Hugo. PS. Mein Brief mit dem Memoire war recommandiert und express. Er ging Montag ab.

233. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Freitag 13 IX. 18. mein lieber Poldy ich bitte Dich inständig um eine noch so kurze aber dringend aufgegebene Depesche die mir sagt ob mein großer Brief, Montag expreß aufgegeben,558 enthaltend einen großen Brief Reinhardts an Dich u. meinen Commentar dazu, in Deine Hände gelangt ist.*) Alles Liebe von Deinem Hugo. *) Ferner wenn Du mir besondere Erleichterung schaffen willst ob Du Reinhardt den Empfang dieses Briefes in irgendwelcher Form quittiert hast.

234. Leopold von Andrian an Max Reinhardt [ca. 13. September 1918] Sehr verehrter Herr Professor  ! Seit unserer Ischler Begegnung beschäftige ich mich ununterbrochen mit der Angelegenheit der Salzburger Festspiele. Sie ist auf dem guten Wege und ich glaube zuversichtlich, daß es gelingen wird, die schönen österreichischen Ziele, die uns beiden vorschweben, zu verwirklichen. Die immer wachsende Hoffnung auf dauernde aussichtsreiche Zusammenarbeit mit Ihnen erfüllt mich mit der größten Freude. Ich habe Dr. Zifferer, dem ich Vertrauen entgegenbringe, der wie ich glaube ein guter 557 Vgl. Dok. 229 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 8.9.1918). 558 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918  ; sgn. »Reinhardt Memoire«).

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Bekannter von Ihnen ist, ersucht, anläßlich seiner nächsten Berliner Reise, das ist in ein paar Tagen, mit Ihnen zu sprechen, ob nicht ein für Sie und mich befriedigendes Arrangement bezüglich Moissi’s möglich ist. Es würde mich sehr freuen, wenn wir in dieser Frage, die wirklich eine Lebensfrage für das Burgtheater ist, eine Lösung finden, die für uns beide gut wäre. Unmöglich wird das nicht sein, und ich wäre wirklich herzlich dankbar dafür, wenn ich gegenüber allen für mich in Betracht kommenden Facten [?] darauf hinweisen könnte, wenn als erstes Ergebnis unseres Willens zur Zusammenarbeit ein Einverständnis bezüglich Moissi’s erreicht werden könnte. Mit vielen Empfehlungen. [Leopold von Andrian-Werburg]

235. Leopold von Andrian an Hugo von Hofmannsthal [14. September 1918] Habe Reinhardts Memorandum559 erhalten und ihm gedankt. Schon vor Erhalt Deines Briefes schrieb ich ihm in Deinem Sinne über beide schwebenden Angelegenheiten.560 Andrian.

236. Max Reinhardt an Leopold von Andrian 16. 9. 1918. Danke verbindlichst für den mir gestern zugestellten Brief561 – mit Freude bereit Ihnen zu dienen – habe zunächst hauptsächlich interessierenden Burgabschluß Moissis meinerseits eindringlich befürwortet und Weg insofern geebnet als neuer Vertrag mit Deutschem Theater auf alljährlich fünf Monate eingeschränkt wurde. Weitergehende Zeitreduktion Ihrerseits wohl kaum erwünscht und sicher unratsam für Moissi, der hiesige Führung nicht ohne Schaden verlieren würde. Schließlich auch für Deutsches Theater, dessen Interessen ich noch verantwortlich wahren muß, undurchführbar, soll es nicht um wohlverdiente Früchte sechzehnjähriger kampfreicher

559 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918  ; sgn. »Reinhardt Memoire«). 560 Gemeint sind die Frage einer Berufung Alexander Moissis an das Burgtheater sowie die Organisation der zukünftigen Salzburger Festspiele (vgl. Dok. 234, L v. Andrian an M. Reinhardt, [ca. 13.9.1918]). 561 Dok. 234 (L. v. Andrian an M. Reinhardt, [ca. 13.9.1918]). Bemerkenswert erscheint, dass Reinhardt hier lediglich auf die Angelegenheit eines möglichen Wechsels Alexander Moissis an das Burgtheater eingeht und die Salzburger Festspielpläne unerwähnt lässt.

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Arbeit mit ihm gebracht werden. Weitere gegenseitige Verständigung immer möglich und erwünscht. Euer Excellenz ganz ergeben – Max Reinhardt.

237. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian 19. IX [1918] mein lieber Poldy ich bin zunächst deprimiert über das was mir Spiegl schreibt, daß die Sache mit Reinhardt dadurch verfahren, daß ohne Dein Wissen von Wien aus ein Agent hingeschickt wurde – ja wer macht denn hinter Deinem Rücken solche Schweinereien  ? Ich zittere beständig wegen dieser einen Sache. Strauss’ Forderung war zunächst diese  : 60 000 Kronen für 5 Monate – dann ergab sich im Gespräch er würde 6–6½ Monate da sein, da forderte er, schwebt mir vor 80 000 (= 50 000 Mark). Du mußt nur achten daß er die Anzahl der Abende wo er dirigiert, nicht limitiert, sondern um dieses Honorar eben seine ganze Tätigkeit zur Verfügung steht.562 Bitte laß mich immer wissen, wo Du bist. Laß Dich von Strauss informieren wie günstig er über Reinhardt auch als Entrepreneur für Opernsachen denkt, wegen Salzburg. Bitte laß mich immer ungefähr Deinen Aufenthalt wissen. Dein Hugo

238. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Sonntag 27 X 18 […]563 ad Berliner Aufenthalt.564 mit Max Reinhardt. (alles was mir schnell einfällt) […] bezüglich Salzburg

562 Andrian stand mit Richard Strauss hinsichtlich dessen Berufung als Direktor der Hofoper in Verhandlungen. Vgl. die Anmerkung in Dok. 256 (»Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.]. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14.4.1919). 563 Der Brief beginnt ohne persönliche Anrede. 564 Andrian plante eine Reise nach Berlin, zu der es jedoch erst Mitte Dezember 1918 kommen sollte (vgl. Dok. 249, L. v. Andrian  : Reise in Deutschland vom 17ten Dec. 018 bis 3ten Januar 1919).

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Construction der Leitung  ; Deine Gedanken darlegen. Seine Pläne etc. bezüglich Bau u. s. f. anhören (diese sind immer höchst interessant und aus einer die Sache voll erfassenden Phantasie geboren). Ihn fragen, ob er gegebenenfalls eine Äußerung zahlreicher Musiker von Rang provocieren will (Strauss Pfitzner Humperdinck565 etc. n i e m a n d wird sich ausschließen) die seine (R’s) hohe Competenz auch zum Hausherrn u. Impresario des musikalischen Teiles dort bezeugen würde (dies gegenüber Taxis,566 der glaube ich nicht weiß, ein wie eminenter O p e r n -regisseur u. Musik-impresario Reinhardt, unter Controlle Strauss + Schalk, ist). Gespräch mit Edmund Reinhardt567 nicht nur nicht ausweichen, sondern womöglich suchen. Er s p i e l t den nur-Geschäftsmann, ist aber ein höchstinteressanter merkwürdiger Mensch, zwölfmal interessanter u. potenter als ein HB.568 und nur von Person zu Person zu gewinnen  ; er ist von höchstem Einfluß auf Max R. Kahane569 nicht übersehen, sieht unscheinbar aus ist aber eine Perle von einem Menschen, für den ich einstehe wie für mich selbst. Mit ihm den Fall HB o f f e n behandeln. […] Alles Gute  ! Dein Hugo

239. Rudolf Holzer570  : »Der neue Kurs« [Oktober 1918] […] Mit einem so reinen Gemüt, so unverdorben vom Betrieb, wie nur ein Theaterfremder sie besitzen kann, begann Freiherr von Andrian seine Wirksamkeit. Er hat den Unvoreingenommenen, den Objektiven, als der Dichter weniger, aber kostbarer Gedichte, einer edlen Erzählung, als eine der Verheißungen aus dem Kreise

565 Engelbert Humperdinck (1854–1921), dt. Komponist. Beeinflusst von Richard Wagner, zahlreiche Kompositionen für Reinhardt am Deutschen Theater Berlin. 566 Alexander von Thurn und Taxis  ; vgl. die Anm. in Dok. 135 (H. Damisch an F. Gehmacher, 14.9.1917). 567 Der Bruder Max Reinhardts  ; vgl. die Anm. in Dok. 232 (H. v. Hofmannsthal an L v. Andrian, [11.9.1918]). 568 Hermann Bahr. 569 Arthur Kahane (1872–1932), dt. Schriftsteller, 1905–32 Dramaturg am Deutschen Theater Berlin, enger Mitarbeiter und Freund Reinhardts. 570 Vgl. die Anm. in Dok. 213 (H. Damisch an F. Gehmacher, 25.7.1918).

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von Stephan Georges »Blätter für die Kunst«,571 als ein Paulus der neuen Kunst zu erscheinen  : kostbar gezogen, weltabgewandt, doch voll Geistigkeit der Welt, keusch im Geschmack und voll glühender Schönheitslust. Eine starke, erlesene Verheißung von einstweilen unabsehbaren Möglichkeiten. Vielleicht ein Erretter, vielleicht ein Totengräber  ? Daß sein erster Weg nach Salzburg zu Hermann B a h r war und dieser den Weg nach Wien beschritt  ; doch und wiewohl beschritt – es war die natürlichste erste Regung des Andrianschen Programms  : österreichisch mit europäischem Horizonte zu wirken. Sicher ist, daß Oper und Burg nicht die Wiener Oasen der Berliner Dramaturgie und Kunstrichtung sein werden  ; die nach einem fehmrichterlichen, ungeschriebenen Gesetz der heimischen Begabung feindliche Strömung wird ausgespielt haben. Dafür bietet Hermann Bahr, der fanatische Österreicher, Gewähr. Und diesem Österreicher, Lenker des Burgtheaters und getreuem Wahl-Salzburger tritt nun die Festspielhaus-Idee in seinen tätigen Arbeitsumkreis  ; es ist anzunehmen, daß aus all den angeschlagenen Motiven eine starke, fruchtbare Beziehung sich knüpfen wird. Auch Freiherr von Andrian ermißt die Bedeutung, Salzburg zu einem Dominium der österreichischen Hofbühnen zu machen  ; ein Festspielhaus in Salzburg muß vor allem ein hehrer Tempel österreichischer Bühnenkunst sein. Der in künftigen Friedenstagen versammelten internationalen Welt muß zu Salzburg die Höhe und Größe österreichischer Kunst als Ausdruck seines vitalsten Seins erstehen. Eine Flamme, die viel und reines Licht verbreiten kann, manch Böses, Giftiges, Unreines verzehren muß, sollte von unseren Hofbühnen in Salzburg angesteckt werden. […]

240. »Das Oesterreichische Festspielhaus in Salzburg«572 [ca. Oktober 1918] Das sich nähernde Ende des Krieges erlaubt, den Blick wieder auf die Aufgaben des Friedens und der Kultur zu richten, die in dem großen Waffenlärm der letzten Jahre in den Hintergrund treten mußten.

571 Der einflussreiche dt. Dichter Stefan George (1868–1933) gründete 1892 die Literaturzeitschrift Blätter für die Kunst, die bis 1919 erschien und in der er sein Programm des Ästhetizismus propagierte. Hugo von Hofmannsthal war einer der zentralen Beiträger. 572 Als Verfasser dieses vermutlich im Oktober 1918 entstandenen Typoskripts kann Heinrich Damisch angenommen werden. Vgl. auch die Anmerkung im editorischen Anhang.

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Schon vor dem Kriege war in Wien und in Salzburg der Gedanke aufgetaucht, ein österreichisches Festspielhaus zu errichten, das den würdigen Rahmen für Musterdarstellungen erlesenster Kunstwerke abgeben würde. Welche Stadt Oesterreichs könnte sich nun wohl besser für ein solches Festspielhaus eignen als S a l z b u r g , wo M o z a r t , der größte musikalische Genius Oesterreichs, das Licht der Welt erblickt hat. In dieser Stadt, die stets das Andenken dieses ihres größten Sohnes liebend geehrt hat, in dieser Stadt, wo die Kunst M o z a r t s oft mit schönen Festen gefeiert wurde, soll das O e s t e r r e i c h i s c h e F e s t s p i e l h a u s errichtet werden. Es wird selbstverständlich in allererster Linie der Pflege der großen Meisterwerke M o z a r t s dienen, die allsommerlich in diesem Hause von ersten Künstlern, unter bedeutsamer künstlerischer Leitung und von Gastspielen der ersten Bühnen vorgeführt werden sollen. Doch soll dieses Haus nicht nur auf den Namen Mozarts gegründet sein. Es soll, im Geiste Mozarts wirkend, den musikalischen, aber auch den gesprochenen darstellenden Meisterwerken aller Völker und aller Zeiten ein gastliches Heim gewähren, so, wie es dem immer als gastlich bekannten und gepriesenen Oesterreich entspricht, das in der bunten Vielheit seiner Völker und Länder wie ein Abbild Europas ist. Wir denken es uns so, daß die ersten Bühnen Oesterreich-Ungarns, des deutschen Reiches und der anderen Länder Europas nach und nach eingeladen werden, um auf dieser Salzburger Festspielhausbühne von ihren Vorstellungen die zu zeigen, die sie selbst als das Beste und Hervorragendste ihrer Arbeit werten und einschätzen. Hätten wir dieses Festspielhaus schon jetzt, so könnte man die Dresdner Oper einladen, um in Salzburg den »Rosenkavalier« zu singen. Die Oper von München müßte mit dem »Palestrina«573 kommen, u.s.w., ja hätten wir dieses Festspielhaus schon jetzt und wäre Europa nicht in feindliche Ländergruppen zerrissen, so könnte z.B. die Opéra comique aus Paris in diesem Haus ihre berühmte »Carmen« vorführen. Mit einem Worte –   : es wird dieses Haus für alles weit geöffnet sein, was sich in der Kunst als etwas Besonderes hervorhebt. Zwischen all den bunten Wechselbildern aber soll, wie gesagt, als Allererstes die Pflege M o z a r t s stehen. Wir treten, nachdem in vielen Vorbesprechungen der Plan dieses Festspielhausbaues aus dem Ungewissen ins Bestimmte gerückt ist, jetzt mit diesem werbenden Aufruf vor die Oeffentlichkeit und mit der Bitte, dieses kulturell und patriotisch gleich bedeutsame Unternehmen durch tatkräftige Förderung zu unterstützen. Wir bitten zunächst und vor allen Dingen um Ihren Beitritt in den Festspielhausverein, dessen Mitgliedschaft Sie mit einem Ihnen angemessenen Beitrag erwerben können. 573 Vgl. die Anm. in Dok. 199 (Stimmen zum Salzburger Festspielhause. In  : Salzburger Volksblatt, 9.3.1918).

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Wir hoffen, daß Sie dieses große Unternehmen bei dem die deutschen Bühnen und die deutsche Bühnenkunst eine so große Rolle spielen werden, auf das Thatkräftigste unterstützen.

241. Max Reinhardt an Leopold von Andrian [13. November 1918] Wienerreise voraussichtlich vor Weihnachten undurchführbar, wiederhole aber, daß meinerseits der Gesamtheit besprochener künstlerischer Pläne mit unveränderter Neigung und Bereitschaft gegenüberstehend ihre rasche Durchführung heute mehr als zuvor für erforderlich halte – wäre Ihnen für baldige briefliche Mitteilung sehr verbunden. Max Reinhardt.

242. Leopold von Andrian  : »Meine Tätigkeit als Generalintendant der Wiener Hoftheater« [4. November 1928]574 […] R e i n h a r d t u n d d a s B u r g t h e a t e r. Ich habe Reinhardts selbstloses Verhalten bei der Berufung Moissis zum Protagonisten der Burg Erwähnung getan. Nicht nur in dieser Angelegenheit erwies sich mir der Neubegründer des modernen Theaters, einer der seltensten Begabungstypen, welche die Gegenwart hervorgebracht hat, als uneigennütziger und ausgezeichneter Helfer. Durch Hugo v. H o f m a n n s t h a l , der ihm und mir seit Jahren verbunden war, waren wir zusammengebracht worden  ; ich zweifle nicht, daß, wenn mir eine längere Amtsdauer beschieden gewesen wäre, Hofmannsthal und ich eine Form gefunden hätten, Reinhardts Kunsterfahrung und schöpferische Kraft für die Reform des Burgtheaters zu nutzen. Dazu sollte es nicht kommen, aber ein schönes Werk wenigstens, das er dann später, nach der Zertrümmerung des Vaterlandes, vollendet hat, wenn auch nicht mit dem ideellen und materiellen Reichtum, den Großösterreich bot, durfte ich mit ihm beginnen  : die Salzburger Festspiele. Ein Brief von ihm, vom 5. September 1918,575 brachte mir eine der stärksten Freuden, die mir meine Amtszeit gewährt hat, denn er besagte, daß dieser erste Bühnen574 Vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang. 575 Vgl. Dok. 228 (M. Reinhardt an L. v. Andrian, 5.9.1918, sgn. »Reinhardt Memoire«).

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leiter unserer Zeit unabhängig von mir sich Ideen über die Möglichkeiten der österreichischen dramatischen Kunst gebildet hatte, die den meinigen engstens verwandt waren. Jetzt ergaben sich, mit einer solchen gleichgesinnten Kraft an meiner Seite, Aussichten für eine so glänzende Realisierung meiner Pläne, wie ich sie, bei den unzähligen Schwierigkeiten und Widerständen, die sich den Anfängen meiner Arbeit entgegenstellten, kaum mehr hatte erhoffen dürfen. Ich will den Anfang und einige der hauptsächlichsten Stellen seines Briefes anführen. […] Ich griff Reinhardts Anregungen sofort und mit Begeisterung auf, denn die Bedeutung der Festspiele in Salzburg für die österreichische Idee576 leuchtete mir ebenso ein wie Reinhardts spezifische Mission, deren Seele zu werden. Alles kam darauf an, den Monarchen zum tatkräftigen Schutzherrn der Spiele, den Generalintendanten der Hofbühnen zu seinem Organ in dieser Angelegenheit und Reinhardt zum künstlerischen Regenten dieses Unternehmens zu machen. Widerstände gab es genug zu überwinden. Bei Hofe spukten von Neidern oder sterilen Kritikern ausgegebene Schlagworte gegen Reinhardt, unsachliche und unkünstlerische Vorurteile gegen ihn strebten, sich einzunisten. Aber der unbefangene Sinn des Kaisers und seines persönlichen Vertrauensmannes, des Grafen Hunyady,577 die Loyalität, mit der sie die Zusage, mir in Theaterfragen die Führung zu überlassen, einhielten, gaben den Ausschlag. Ich bekam die prinzipielle Zustimmung des Monarchen sowohl zur Idee der Salzburger Festspiele unter kaiserlicher Patronanz, wie zu Reinhardt als deren Leiter. Es galt aber auch, das Komitee578 mit seinen Ratgebern, das, obwohl es an Reinhardt herangetreten war, doch manche Persönlichkeiten enthielt, die ihn entweder gar nicht oder nur unter allerlei Kautelen579 und Bindungen haben wollten, auf ihn und vor allem auch auf die Zusammenarbeit mit der Leitung der Hoftheater festzulegen. Es gelang, beides durchzusetzen, wohl unter anderem auch deshalb, weil das Komitee der moralischen und finanziellen Unterstützung der Krone nicht entbehren wollte. Prinzipiell wenigstens war zu Anfang des Herbstes 1918 die Einrichtung österreichischer, den Hoftheatern verbundener Festspiele in Salzburg, die 576 Hugo von Hofmannsthal entwickelte während des Ersten Weltkriegs die Vision einer übernational ausgerichteten »Österreichischen Idee«, welche den Bestand der Monarchie gewährleisten sollte, und zwar u. a. 1917 in einem in französischer und deutscher Sprache erschienenen Artikel (vgl. Hugo von Hofmannsthal  : Die Österreichische Idee. In  : Ders.: Reden und Aufsätze 3 [1910–1919]. Hg. von Klaus E. Bohnenkamp, Katja Kaluga und Klaus-Dieter Krabiel [= Ders.: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Rudolf Hirsch, Anne Bohnenkamp, Mathias Mayer u. a., Bd. 34]. Frankfurt/M.: S. Fischer 2011, S. 204). 577 Josef Graf Hunyady (1873–1942), Erster Obersthofmeister. In dieser Funktion verantwortlich für die k.k. Hoftheater. 578 Das Komitee der SFG. 579 Juristische Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung von Rechtsunklarheiten oder -streitigkeiten.

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durch Reinhardts Führung eine europäische Bedeutung zu erlangen versprachen, gesichert.

243. Erwin H. Rainalter  :580 »Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg« [30. November 1918] Salzburg, die Stadt Mozarts, soll ein Festspielhaus erhalten, das nicht als eine Angelegenheit von lokalem oder spezifisch österreichischem Interesse, sondern vielmehr als eine Angelegenheit des deutschen Volkes und darüber hinaus der gesamten Kulturwelt gedacht ist. Der Plan, von dem jetzt schon gesagt werden kann, daß er der Verwirklichung in nicht allzuferner Zeit entgegenreifen wird, ist gefaßt und wenn auch Angaben über irgendwelche Einzelheiten der Ausführung noch fehlen, so sollte man sich doch bereits einigermaßen damit beschäftigen, weil er bemerkenswerte Perspektiven eröffnet. Man weiß, daß Salzburg als Musikstadt seit je einen guten Ruf genoß, daß sie es sich vor allem angelegen sein ließ, das Schaffen ihres größten Sohnes nicht nur reproduktiv zu kultivieren, sondern auch gewissermaßen räumlich zu zentralisieren. Dieses immerhin naheliegende Bestreben wurde erleichtert und vertieft durch das Mozarteum, das vor etlichen Jahren entstand und seither eine vorbildliche Wirksamkeit entfaltet. Das Institut verbindet mit der Führung eines Konservatoriums einen ungemein regen und ersprießlichen Konzertbetrieb und hat sich besonders um die Erschließung mancher bisher noch kaum gehobenen Mozartschen Schätze verdient gemacht  ; aber freilich ist das Bild des Meisters, das uns das Mozarteum vermittelt, noch kein umfassendes, denn in Konzerten wird stets nur eine Seite seines Wesens geboten  : es fehlt der dramatische Gestalter, der Schöpfer des »Don Juan« und des »Figaro«, der »Entführung« und der »Zauberflöte«, der Meister, der es als erster – und vielleicht als vorläufig letzter – verstand, den alten kulturellen Gegensatz zwischen Nord und Süd, zwischen Protestantisch und Katholisch, zwischen Germanisch und Romanisch in seiner Kunst auszutragen und auszukämpfen und diese anfängliche Diskrepanz in Werken von stärkster Leuchtkraft zur Harmonie zu klären. Dieser Mangel wurde empfunden und ihm soll nun das Festspielhaus abhelfen, das als umfassende Kunststätte gedacht ist und mit einem großen Opernbühnenhaus auch Konzertsäle für profane und geistliche Musik verbinden wird. Vernimmt man den Widerhall, den das Projekt überall fand, dann scheidet jegliche Debatte über die Bedarfsfrage von vornherein aus, und schön sind vor allem die Worte, die Gerhart Hauptmann zur Begrüßung fand  : »Mozart-Festspiele, ein Mozart-Festspielhaus in 580 Erwin H. Rainalter (1891–1960), österr. Schriftsteller und Journalist.

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Salzburg, das ist der natürlichste und glücklichste Gedanke, den es geben kann. Der immer quellende Brunnen reinster Poesie inmitten der wundervollen Stadt und der herrlichen Natur. Der möchte nicht vor seinem Ende, aus den Düsternissen dieser verwüsteten Zeit hinaus, noch einmal mit Menschen des Friedens dorthin pilgern…« Aber freilich hat die öffentliche Diskussion, zu der das Projekt gestellt wurde, den Rahmen um ein beträchtliches weitergespannt, als er von vornherein gedacht sein mochte  ; und wenn beispielsweise Anton Wildgans meint, das Festspielhaus solle sich auch in zyklischen Aufführungen die Pflege Grillparzers, der nirgends eine rechte Heimstätte hätte, zur Aufgabe machen, so müssen sich Bedenken regen, denn gerade bei Grillparzer wäre es an der Zeit, daß sich das Burgtheater endlich seiner Pflichten entsänne. Dieser Versuch, alles, was in Österreich bisher in künstlerischer Hinsicht versäumt wurde – und es ist in Österreich ziemlich viel versäumt worden – nun am Salzburger Festspielhaus nachzuholen und gutzumachen, wird vermutlich öfter unternommen werden. Mit Unrecht  : denn Salzburg, diese Stadt, die in Architektonik und Landschaft schon den Süden, der hinter den umschließenden Bergen liegt, ahnen läßt, ist musikalisch in ihrem ganzen Wesen, nicht nur als Geburtsstätte Mozarts, und der Musik soll das Festspielhaus vorbehalten bleiben. Auch widersetzt sich das gesprochene Drama dem Festspielcharakter zweifellos  ; aber im Musikdrama ist noch etwas vom antiken Schönheitsgottesdienst, von religiös-ethischen Einschlag der ersten szenischen Darstellungen lebendig geblieben, es trägt die ungeschwächte Kraft in sich, das Haus, das ihm eingeräumt ist, zum Tempel zu weihen. Und solch ein Tempel des Schönen und jenes tieferen, edlen Frohsinnes, der jeder Kunstübung entströmt, soll denn auch das Salzburger Festspielhaus werden.

244. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 14. December 1918 Verehrteste gnädige Frau  ! […] Heute bekam ich die Oktober-Nummer der Festspielhaus-Mittheilungen. Unverschämt  ! Wieder 4 Mozartartikel, darunter einer über unsere Geburtshaus-Aktion.581 Direkt auf Täuschung des Publikums berechnet. Habe soeben 4 Seiten an den »Hauptschriftleiter« Damisch losgelassen. Selbstredend steckt da wieder dieser miserable Gaudieb, der Gehmacher, dahinter. Der Artikel ist vom Dir. Leisching 581 Julius Leisching  : Das Salzburger Mozart-Museum. In  : Mitteilungen der Salzburger FestspielhausGemeinde 1 (1918), Nr. 3 u. 4 (Dezember), S. 27–31. Vgl. auch Dok. 248 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 30.12.1918).

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(Brünn)582 – einem Mitgliede des von mir geworbenen Beirates  !583 Offenbar haben sie diesem den Artikel herausgelockt. Derselbe ist übrigens mißraten und enthält das gerade Gegentheil von dem, was wir wollen. – Ich werde nach Salzburg schreiben, daß man 10–12 Exemplare der Mittheilungen sendet. […] Mit Handkuß ganz ergebenster Lewicki

245. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Salzburg, 21. Dezember 1918. Geehrter Herr von Lewicki  ! Ihr Schreiben vom 18. d. M.584 habe ich erhalten und zugleich auch die Artikeln 6, 7 und 8 für die Mitteilungen. […] Exemplare der letzten Festspielhausmitteilungen muß ich mir erst verschaffen. Der Artikel von Leisching ist um so bedauerlicher, als letzterer doch Mitglied des Beirates ist. Nun hatte ich mir zuerst gedacht, daß es angezeigt wäre, wenn Sie in einer Sitzung des Beirates die Mitglieder ersuchen würden, Mozart und das Mozarteum betreffende Gegenstände in den Mitteilungen des Mozarteums behandeln zu wollen. Das wird aber schwer möglich sein wegen des Prinzen Thurn und Taxis.585 […] Mit den besten Empfehlungen Ihr hochachtungsvoll ergebener /Dr. Ludwig Sedlitzky m. p./

582 Julius Leisching (1865–1933), Leiter des Kunstgewerblichen Erzherzog-Rainer-Museums in Brünn. Ab 1921 Direktor des Salzburger Museums Carolino Augusteum. 583 Beirat für die Mozartgeburtshaus-Aktion des Mozarteums in Salzburg. 584 Keine Vorlage erhalten. 585 Vorangegangen sind zwei nicht erhaltene Briefe von Lewicki vom 18. und 20. Dezember, in denen dieser die Publikation eines Artikels des damaligen Brünner Museumsdirektors und MozarteumsBeiratsmitgliedes Julius Leisching in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde als »indiscret« und »wortbrüchig« bezeichnete (vgl. auch Dok. 244, R. v. Lewicki an L. Lehmann, 14.12.1918).

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246. Hugo von Hofmannsthal an Richard Strauss Rodaun, 25. XII 1918 […] In der Tat ist ja hier586 unendlich viel zu machen, unendlich viel Freunde und Anhang auch zu gewinnen, und es kann von hier aus, weit mehr als von Berlin, noch einmal für ein Menschenalter das ganze Theaterwesen ein neues Gesicht bekommen – und das gerade durch eine Kombination wie die  : Strauss-Schalk-Roller, welche etwas Symbolisches hat als Vermengung von Tradition mit Fortschritt, Wienertum mit neuerem Deutschtum, alles doch auf der gemeinsamen Basis der sinnlich rhythmischen süddeutschen Stammesbegabung. Ihr Hiersein gibt zugleich für Salzburg, für Reinhardts Näherrücken das δος που587 – Sie verstärken meine Kraft in kulturpolitischen Fragen sehr, – kurz um das Seltsame von Karpaths588 Konfusion noch einmal mit einem Wort zu resümieren  : mir könnte nichts Enttäuschenderes passieren, als wenn diese Sache nicht zustande käme. […]

247. Richard Strauss an Hugo von Hofmannsthal Garmisch, 29. 12. 18 […] Salzburg behalte ich fest im Auge und halte es mit Ihnen für sehr wichtig. Dies betrifft aber den Sommer und kollidiert in keiner Weise mit Berlin und Wien. Bedenken Sie nur wie wichtig es für ein gedeihliches »Nichtgegeneinanderarbeiten« dieser beiden Haupttheater ist, wenn ich [bei] beiden die Hand im Spiel habe. Beurlaubungen des Personals für Salzburg  ! Sich gegenseitig Nichtüberbieten bei Sängerengagements. […]

586 Hofmannsthal wirbt bei Richard Strauss um dessen Annahme eines Engagements an der Wiener Oper (vgl. die Anm. in Dok. 256, »Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.]. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14.4.1919). 587 Griech.: »Dos pou«, wörtl. übersetzt  : »Gib wo  !«. Archimedes wird der Ausspruch »Gib mir, wo ich mich hinstellen soll, und ich bewege die Erde« zugeordnet. Die Passage ist also sinngemäß zu verstehen und soll die Bedeutung von Strauss’ Anwesenheit unterstreichen. 588 Ludwig Karpath (1866–1936), Wiener Musikkritiker. Sorgte für Verwirrung, da er bei Strauss fälschlicherweise den Eindruck erweckte, Hofmannsthal sei gegen dessen Engagement in Wien.

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248. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 30. Dec. 18 Verehrteste gnädige Frau  ! […] In separater Sendung sende ich die Nr. 2 der Festspielhaus-Mittheilungen. Höchst illoyal  ! Nach wie vor wollen sie den Schein erwecken, das Organ des Mozarteums zu sein. 4 Mozartartikel  ! Leisching haben sie offenbar hineingelegt (S. 27 ff.).589 Ein Mitglied unseres Beirates schreibt über unser Museum in der Publikation eines Concurrenzvereines  ! Er lebt in Brünn, steht mit uns nicht in Kontakt und wurde angeführt. – Da dieser Artikel in der Einleitung sich auf Engl590 stützt und durchgehends unrichtige Daten bringt, werden diese selbstredend in streng sachlicher Weise in unserem II. Hefte591 berichtigt. – Der zweite Theil des Artikels bringt ein Programm, welches das Gegentheil von dem proklamirt, was der Beirat im Sommer als Richtlinien festgestellt hat. Im Einvernehmen mit Hof.[rat] v. Schlosser,592 dem Obmann unseres Beirates, bringe ich in unserem 2. Hefte einen officiellen Bericht des Beirates.593 Ebenfalls strengst sachlich. – Leisching wird sich bedanken. Die Hinterhältigkeit der Festspielhaus-Leute zieht ihm zwei sehr empfindliche Korrekturen zu. – […] Mit Handkuß ganz ergebenster Lewicki

249. Leopold von Andrian  : »Reise in Deutschland vom 17ten Dec.018 bis 3ten Januar 1919« Reinhardt, als Natur mir ganz unklar, sehr artig u. impressirt, – es scheint eine angenehme Beziehung zu ihm angebahnt zu sein. Er lädt mich zum Frühstück ein, dann wie ich nicht kann, in seine Aufführung von  : »Das Licht leuchtet in der Finsternis«.594 […] 589 Vgl. Dok. 244 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 14.12.1918). 590 Johann Evangelist Engl (1835–1921), Pädagoge und Musikschriftsteller. Langjähriger Archivar und Administrator des Mozarteums. 591 Gemeint sind die von Lewicki von November 1918 bis 1920 herausgegebenen Mozarteums-Mitteilungen, in deren 2. Heft eine Berichtigung erschien (S. 2). 592 Julius Ritter von Schlosser (1866–1938), Hofrat, Kunsthistoriker, Direktor der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe des Kunsthistorischen Museums Wien. 593 Bericht des Mozartgeburtshaus-Beirates. In  : Mozarteums-Mitteilungen (1) 1919, H. 2 (Februar), S. 29 f. 594 Und das Licht scheinet in der Finsternis ist ein spätes, unvollendetes Drama Leo Tolstois, das Max Reinhardt 1918 inszenierte.

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Nachher Gespräch mit Reinhardt, in dem er drei Aeußerungen macht die mich frappieren  : erstens, dass Moissi nicht mehr an die Burg will, seit ich nicht mehr Gen. Int.?. er habe nur mit mir abgeschlossen, fühle sich nur mir verpflichtet,  ? u. habe dies schon Heine595 geschrieben. (Was steckt da dahinter  ? Dass R. selbst, jetzt wo er mich nicht mehr für Salzburg braucht, M.596 nicht weglassen will  ?) Ferner dass R. mich frägt, ob ich nicht, obwohl nicht mehr Gen.Int., nicht [sic] die Oberleitung der Salzb. Festspiele übernehmen möchte, was ich entschieden verneine. Endlich eine Aeußerung Reinh.’s, dass er frappirt sei von der Mittelmäßigkeit der neuen Regierenden, – mit einigen von ihnen ist er zusammengekommen.

250. Memorandum der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde [ca. Anfang 1919] Ein Mozartfestspielhaus in Salzburg. Salzburg will wieder erwachen. In dem Bewußtsein, ein Stück Welt zu sein. Aus dieser Selbstbesinnung ist die Idee des Mozartfestspielhauses zu verstehen, das in Salzburg werden soll, in Salzburg, das wie ein Portal Oesterreichs nach Westen schaut und friedlich, sonnig zwischen dem deutschen Norden und dem romantischen Süden liegt. Eine Friedensidee ist dieses Festspielhaus  ; und die Musen, die mit Mozart gekränkt die Stadt verließen, werden mit Mozart wieder zu Gast gebeten. Salzburg und Festspielhaus  ! – wenn etwas einmal ausgesprochen, so selbstverständlich übereinstimmt, muß es irgendwie im Verborgenen schon von ehedem dagewesen sein. Die Idee Salzburg und die Idee Festspielhaus gehören zusammen. Man kann getrost sagen, daß wohl ein Jeder, der voreinst mit Muße durch die gesprächigen Salzburger Gäßchen geschlendert oder von günstigem Aussichtspunkt das Profil der Stadt ins Auge gefaßt, diese vielgestaltige Linie von Kirchturmspitzen, Kuppeln und Häusergiebeln, kunstvoll ziseliert wie eine Mozartsche Melodie, einmal halb bewußt halb unbewußt von einem Festspielhaus in Salzburg geträumt haben mag. Nun galt es, das künstlerische Programm des neuen Unternehmens festzulegen. Es soll prinzipiell alles einschließen, was ernste Bühnenkunst hervorbringt. Oper u n d Schauspiel, Altes u n d Neues. Wenn M o z a r t als genius loci angerufen wird, so mag das so verstanden werden, daß von Mozart ausgegangen auch zu Mozart wieder zurückgeleitet werden muß. Gerade im tiefsten Wesen der Mozartschen Kunst spürt man am deutlichsten das Zeitlose, Ewige, die vielleicht größte Annäherung an 595 Albert Heine (1867–1949), dt. Schauspieler und Regisseur, 1918–21 Direktor des Burgtheaters. 596 Alexander Moissi.

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die platonische Idee der Musik. Bei Mozart steht man etwa dem Zentrum der Musik am Nächsten. Wenn das Programm des neuen Hauses M o z a r t heißt, so möge es in diesem Sinne gemeint sein. Damit wären dem Gedankenflug der künstlerischen Leitung keine Schranken gesetzt, die Festspiele könnten originell und vielseitig sein und böten etwas Einzig dastehendes, zu dem man an Salzburger Festtagen aus aller Welt eilt, um hier zu hören und zu sehen, was nirgends sonst in gleicher Vollendung geschaffen werden könnte  ; wer Oesterreich, wer Salzburg in seiner unverstellten und von allem falschen Scheine befreiten Art kennen will, wird es nur hier erfahren lernen. Kunstbegeisterte Männer haben sich zusammengefunden und sich die Verwirklichung dieses hohen, schönen herrlichen Werkes zum Ziele gesetzt. Nun werden in aller Welt Freunde für dieses Haus geworben, das mit der Not des Tages so gar nichts zu tun hat, den Abbau der aufgespeicherten Leidenschaften in die Wege leitet und Frieden und Verständigung der Völker und Staaten anticipiert. Freilich, um heute für solche Gralsburg der Kunst Interesse zu finden, muß man die Gabe haben, die Gegenwart mit ihrem unendlichen Trübsal ignorieren und mit kühnem Sprung nach vorne die erträumte, ängstlich erhoffte bessere Zukunft als bereits gegeben annehmen zu können. Daß solche Einbildungskraft möglich ist und daß sie einmal in Bewegung gesetzt, fortwirkt und nicht gleich wieder zum Rückzug rät, ist eine wohltuende Aufforderung an die verscheuchten Zukunftshoffnungen. Ein solcher Optimismus der Tat steckt an. So ist denn auch die Wirkung nicht ausgeblieben. Ueberall in Oesterreich wurde der Gedanke voll Freude aufgegriffen und die prominentesten Persönlichkeiten Hollands, der Schweiz, Frankreichs und Englands haben sich mit Begeisterung zu dieser Festspielhausidee bekannt. Zur Vorarbeit für dieses große Unternehmen, das von den lautersten künstlerischen Absichten getragen, doch auch wirtschaftliche Vorteile für unsere notleidende Heimat in sich birgt, hat sich die »Mozartfestspielhaus-Gemeinde« in Salzburg gegründet. An alle Freunde der Kunst und der Kultur, an alle Freunde Mozarts in erster Linie, richten wir nun die Bitte, als Mitglied unserer Gemeinde zu uns zu kommen und mit uns dahin zu arbeiten, daß sich dieses friedliche, der Kunst und der Schönheit und damit auch der Versöhnung der heute klaffenden Gegensätze geweihte Werk bald erheben kann, als ein lebendiges Denkmal dafür, daß wir auch im Grauen einer furchtbaren Zeit den Glauben an die Zukunft und an die Kunst nicht verloren haben.

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251. Max Reinhardt an Alexander von Thurn und Taxis Oberhof, 19. Januar 1919 zeitereignisse machen mir wienerreise augenblicklich leider unmoeglich benuetze aber gerne gelegenheit eurer durchlaucht zu versichern dass ich mit unverminderter freudigkeit und vollkommener bereitschaft zur sache salzburger festspiele stehe und diese nach wie vor fuer eine hohe mission und ein entschiedenes privileg unseres vaterlandes halte – verehrungsvoll max reinhardt

252. Bericht über die Finanz-Enquete vom 21. Jänner 1919 Bericht über die am 21. Jänner 1919 im Kammermusiksaale der Gesellschaft der Musikfreunde stattgefundene Finanz-Enquete. Anwesende Persönlichkeiten  : Vo r s i t z e n d e r   : Prinz Alexander von Thurn und Taxis. A n w e s e n d e s e i t e n s d e r d e u t s c h ö s t e r r. R e g i e r u n g   : Staatsnotar Dr. Julius Sylvester, Staassekretär f. öffentl. Arbeiten Ing. Hans Zerdik, Sektionschef Milos von Fesch, Staatsamt f. Kultus und Unterricht, Sektionsrat Baron Ernst Wetschl,597 Staatsamt für öffentliche Arbeiten, Sektionsrat Dr. Karl Suchofsky, Staatsamt f. Verkehrswesen. Ve r t r e t e r d e r W i e n e r G r o ß b a n k e n  : Direktor Dr. Richard Reisch, Bodenkreditanstalt, Direktor Felix Stransky, nieder-österreich. Eskomptegesellschaft, Direktor Paul Hammerschlag, Kreditanstalt für Handel und Gewerbe, Direktor Gustav Korner, Länderbank, Direktor Franz Baudisch, Zentralbank deutscher Sparkassen. Ve r t r e t e r d e r G r o ß - I n d u s t r i e   : Zentral-Direktor Johann Blaschczik, Königinhofer Zementfabrik A.-G., Philipp Freiherr von Haas, Generaldirektor Dr. Siegmund Stransky. 597 Ernst Freiherr von Wetschl (1871–1928), Sektionsrat im Staatsamt für öffentl. Arbeiten. Sohn von Franz Freiherr von Wetschl.

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Vo m K u n s t r a t e d e r S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s g e m e i n d e   : Operndirektor Prof. Franz Schalk, Generalmusikdirektor Richard Strauss. W i e n e r D i r e k t i o n s m i t g l i e d e r   : Vizepräsident Karl August Artaria, Redakteur Heinrich Damisch, Kammersänger Richard Mayr, Direktor Emil Ronsperger, Dr. Arthur Schey, Präsident Dr. Karl Ritter von Wiener, Bankier Gustav Frid (Leitungsmitglied des Zweigvereines Wien), Direktionssekretär Mauriz Krumpholz. S a l z b u r g e r D i r e k t i o n s m i t g l i e d e r   : Georg Jung, Direktor Emil Funder, Oberinspektor Konstantin Kurzwernhart, Rechnungsrat Arthur Sacher, Ingenieur Edwin Schurich, Bürovorstand Franz Neumayr. Der Präsident der Gesamtvereines »Salzburger Festspielhausgemeinde« Prinz Alexander von Thurn und Taxis bespricht kurz den Zweck des Zusammentrittes der Enquete und bittet, die Erschienenen mögen sich zu dem ihnen bekannten Projekte, die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg, rückhaltslos äußern  : Geschäftsführendes Direktionsmitglied D a m i s c h verliest folgende Telegramme und Zuschriften  : Infolge dringender politischer Geschäfte leider verhindert, morgen bei der Enquete zu erscheinen, wünsche ich derselben namens der Stadt Salzburg besten Erfolg, auf daß die Erbauung des Salzburger Festspielhauses, dem die Stadtgemeinde selbstredend alle nötige Unterstützung angedeihen lassen wird, baldmöglich verwirklicht werde. Bürgermeister O t t , Salzburg. […]598 598 An dieser Stelle wird im Originaldokument das Telegramm M. Reinhardts an A. v. Thurn und Taxis

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Mit aufrichtiger Freude habe ich der geschätzten Zuschrift vom 16. Jänner 1919 entnommen, daß der schöne Plan zur Erbauung eines Festspielhauses in Salzburg durch Veranstaltung einer Enquete seiner Verwirklichung näher gebracht werden soll. Was an der Staatseisenbahnverwaltung liegt, um die der Pflege deutscher Musik gewidmete Gründung zu fördern, wird – wie ich versichern kann – alles Tunliche in der Ueberzeugung geschehen, daß hiemit den höchsten kulturellen und auch wirtschaftlichen Interessen Deutschösterreichs gedient wird. Wenngleich ich mir aus Gründen dienstlicher Abhaltung es mir versagen muß, der freundlichen Einladung zu der Enquete zu folgen, so treffe ich doch Vorsorge, daß das Staatsamt für Verkehrswesen bei dieser Enquete durch Sektionsrat Dr. Karl S u c h o w s k y vertreten sein wird. Mit dem Ausdrucke ausgezeichnetster Hochachtung Staatssekretär J u k e l .599 (Staatsamt für Verkehrswesen.) Hofoperndirektor Schalk. Ich halte dafür, daß der Bau eines Festspielhauses in Salzburg speziell für die Geltendmachung der österreichischen Kunst unter uns und auch dem Auslande gegenüber eine Frage von allergrößter und weittragendster Bedeutung ist. Wir sind auf dem Gebiete von Theater und Musik ein in hohem Grade produktiver Staat. Es wäre das Klügste, was man machen könnte, wenn man dieser Produktivität gerade in der gegenwärtigen politischen Lage alle möglichen Mittel zur Betätigung bieten würde. Schon von diesem Gesichtspunkte glaube ich, daß wir alle Kräfte anspannen müssen, um den Bau dieses Festspielhauses zu ermöglichen. Wir selbst, die von Anfang an sozusagen das künstlerische Programm vertreten haben, meinen, daß in Salzburg Aufführungen stattfinden sollen mit einer künstlerischen Vollendung und mit künstlerischen Mitteln, wie man sie sonst kaum wohl zustande bringen dürfte, weder außerhalb noch innerhalb Oesterreichs. Es ist gedacht, daß die ersten Künstler auf dem Gebiete des Theaterwesens in Oesterreich und in den angrenzenden süddeutschen Gebieten uns zu Gebote stehen. Es ist eine allbekannte Tatsache, daß wir in Bezug auf die szenische Ausgestaltung des Dramas und der Oper in Oesterreich eine führende Rolle innehaben. Ich erinnere an Hofrat R o l l e r, der eine neue theatralische Weltordnung geschaffen hat. Musik haben wir in reichster Fülle und außerordentlich begabte Künstler. Es ist gar nicht notwendig, noch mehr zu sagen, als daß dieser unendliche Besitz und diese Schätze, über die wir von Natur aus verfügen, an geeigneter Stätte zur Wirksamkeit gelangen sollen. Das wäre im großen und ganzen unser eigentliches Programm. Ich glaube, es wäre nicht am Platze, über die Detailausgestaltung sich heute schon zu verbreiten. vom 19. Jänner 1919 auszugsweise zitiert (Dok. 251). 599 Carl Jukel (1865–1931), niederösterr. Landtagsabgeordneter, 1918/19 Staatssekretär für Verkehr.

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Die technische Durchführung des Programms wird in einem späteren Zeitpunkte entschieden und beraten werden. Das Wichtigste dreht sich vorderhand darum, die Grundlinien und Grundrisse unserer künstlerischen Absichten gewissermaßen hier klarzulegen und zu sagen  : Wir wollen alle bedeutsamen Werke auf dem Gebiete der Theaterkunst, sei es Schauspiel, Oper oder Tanzkunst im höheren Sinne des Wortes, dort vollendet und in einer jeden Vergleich ausschließenden Weise zur Geltung bringen. Es wäre vielleicht noch am Platze, zu erwähnen, daß wenn wir an die Verwirklichung dieser Pläne schreiten, wir uns ein bißchen beeilen müssen. Es ist insoferne Gefahr im Verzuge, weil das viel geschäftstüchtigere Ausland mit derartigen Plänen sehr stark herumgeht und speziell die Schweiz, z. B. in Zürich, schon wiederholt Versuche und Aktionen unternommen hat, um dort ein internationales Theater zu erbauen. Wir haben leider Gottes in Oesterreich einen alten Naturfehler – ich darf mir als eingefleischter Oesterreicher erlauben, dies zu sagen −, wir kommen gerne zu spät. Wir dürfen nach meiner Anschauung gerade in der jetzigen Lage, wenn wir nicht überhaupt jedes Recht mitzureden verlieren wollen, nicht zu spät kommen und müssen das Festspielhaus möglichst bald aufbauen. Wir sind künstlerisch und geistig nicht geschlagen, im Gegenteil, w i r wollen auf diesem Gebiete schlagen  ! Ich glaube, mehr kann ich im Augenblick nicht vorbringen. (Allseitiger Beifall.) Vize-Präsident Artaria. Meine sehr geehrten Herren  ! Ich möchte mir erlauben, an die Worte anzuknüpfen, welche unser allverehrter heimischer Künstler S c h a l k an uns gerichtet hat und mit denen er in wirklich überzeugender Weise dargetan hat, daß es eine wahrhaft künstlerische Tat wäre, wenn wir imstande sein würden, das Projekt selbst in dieser trüben Zeit der Verwirklichung näher zu bringen. Schon darin, daß die Herren des Kunstrates für die Sache ein so lebhaftes Interesse bezeugen, liegt die Gewähr dafür, daß die Durchführung vielleicht nicht mit solchen Schwierigkeiten verbunden ist, als es den Anschein haben könnte. Gerade die Anwesenheit des ausgezeichneten Künstlers Herrn Dr. Richard S t r a u s s in unserer Mitte gereicht uns allen nicht nur zur größten Freude und persönlichen Genugtuung, sondern es ist auch von hohem Werte, daß der erste Künstler unserer Zeit sich in den Dienst der Sache stellt. (Lebhafter Beifall.) Auch die Anwesenheit des Herrn Staatsnotars, des Herrn Staatssekretärs für öffentliche Arbeiten, und von Vertretern des Staatsamtes für Verkehrswesen und Unterricht bietet die Gewähr dafür, daß von Seiten der Staatsverwaltung diesem Projekte die größte Bedeutung beigemessen wird, die ihm tatsächlich innewohnt. (Lebhafter Beifall.) Denn das ist keine Frage  : Ohne Unterstützung der maßgebenden Faktoren wird es nicht möglich sein, die Sache in die Wege zu leiten. Der Umstand, daß die Stadt Salzburg, die durch ihren Bürgermeister auch Mitglied der Salzburger Regierung ist, uns in so freundlicher Weise begrüßt hat, und daß der Herr Staatsnotar, der auch ein Salzburger ist, und der für seine zweite Vaterstadt die

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lebhaftesten Sympathien hegt, auch in unserer Mitte weilt, ist uns ein Beweis, daß nicht nur für Salzburg, sondern im weiteren Sinne auch für Deutschösterreich die Erstellung eines solchen Hauses, welches die Aufmerksamkeit nicht nur des Inlandes, sondern der ganzen Welt auf sich zieht, von großer Bedeutung ist. (Beifall.) Herr Direktor S c h a l k hat Ihnen die künstlerische Bedeutung in wirklich anschaulicher Weise dargestellt. Ich möchte nur kurz darauf hinweisen, daß es auch in volkswirtschaftlicher Beziehung von größter materieller Bedeutung ist, wenn wir imstande sind, dieses Haus zu erstellen. Natürlich verkennen wir nicht die Schwierigkeiten, die sich gerade im jetzigen Momente uns entgegenstellen. Schon im Sommer, als die konstitutiven Arbeiten vorgenommen wurden und der Krieg noch auf seinem Höhepunkt war, mußten wir uns fragen  : Ist jetzt der rechte Moment für dieses Projekt  ? Aber schon damals wurde uns erwidert  : Wissenschaft und Kunst werden jene Faktoren sein, welche die Brücke zur Versöhnung der Völker bilden werden. Wissenschaft und Kunst werden die Erbitterung, mit der die Völker sich gegenüberstehen, mit der Zeit überbrücken und die Völker wieder allmählich zu gemeinsamer Arbeit zusammenführen. Also von diesem Standpunkte wäre die Durchführung unseres Planes gewiß mit Genugtuung und Freude zu begrüßen. Bevor wir mit der großen Werbetätigkeit beginnen und eine große konzentrische Arbeit verrichten, bevor wir mit den Faktoren von Staat, Stadt und Land Salzburg und allen anderen Faktoren, die hier in Betracht kommen, in Verbindung treten und sie um ihre Unterstützung bitten und uns ein klares finanzielles Bild entworfen haben, konnten wir nicht an die Erstellung der Pläne gehen – bis jetzt ist auch die Platzfrage noch nicht gelöst – und konnten früher an einen detaillierten Voranschlag nicht herantreten. Wir haben aber versucht, uns ein bißchen Klarheit zu verschaffen, wie die finanzielle Seite aussehen kann. Wenn wir zunächst daran denken, aus welchen Quellen die Mittel geschöpft werden können, wären vielleicht folgende Gruppen ins Auge zu fassen. Es sind gewiß bedeutende Quellen, die uns in Aussicht stehen. Ich muß da in erster Linie erwähnen, daß die Salzburger Herren in dieser Hinsicht erfolgreich gearbeitet haben. – Es sind eine ganze Reihe von Spenden eingegangen. Obwohl die Werbetätigkeit bisher nur im kleinen betrieben wurde, sind schon gegen 200.000 Kronen an Spenden und Mitgliedsbeiträgen zu verzeichnen. Darunter befindet sich auch eine Spende von 50.000 Kronen, ferner mehrere mit 10.000 Kronen. Dies eröffnet für die Zukunft eine gute Perspektive umsomehr, als bisher nur in geringem Grade die Agitation betrieben wurde. Ich kann hier verraten, daß sich ein Mitglied der Direktion, der allbekannte Herr Georg J u n g , große Verdienste erworben hat, indem er die größte Zahl der Spender zu diesen Zeichnungen veranlaßte. Ich glaube, wir können wohl rechnen, daß im Wege von Spenden etwa eineinhalb Millionen zusammenkommen dürften. Bei energischer, zielbewußter Agitation dürften an Mitgliedsbeiträgen in 4−5 Jahren – solange wird es dauern, bis die Sache glücklich und

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erfolgreich durchgeführt ist – ca. 50.000 bis 60.000 Kronen zu erwarten sein. Allerdings ist dies den wahrscheinlichen Kosten gegenüber ein geringer Betrag. Nun zur Hauptpost. Für die künftige Budgetierung wird es notwendig sein, für dieses Werk, welches zwar rein künstlerischen Interessen dient, aber auch wirtschaftlich wirklich erhebliche Bedeutung für den Staat, für die Stadt und das Land Salzburg hat, die Unterstützung dieser Faktoren in Anspruch zu nehmen. Es wird notwendig sein, daß auch der Betrieb subventioniert wird. Schließlich werden allenfalls durch Aufnahme einer amortisablen Anleihe noch weitere Mittel aufzutreiben sein. Wir hoffen, durch einmalige Beiträge zum Baufonds von Stadt und Land Salzburg und vom Staate 2−2 ½ Millionen aufzubringen. Die eigenen und fremden Unternehmungen, wie Konzerte, Theater-Aufführungen, Vorträge, Aufführungstantiemen und dergleichen können wir auch mit ungefähr 250.000 Kronen ansetzen, sodaß ich sagen kann – ich glaube, es ist nicht allzuviel Optimismus – daß wir aus diesen Quellen 3−4 Millionen werden schöpfen können. Was wird nun auf der anderen Seite ein solcher Bau kosten, werden Sie mich fragen  ? Darüber ist es heute nicht möglich, eine erschöpfende Antwort zu geben. Wir können hier nur allenfalls eine ganz allgemeine Schätzung vornehmen. Solange die Aktion noch nicht aufgenommen und der Bauplatz noch nicht gesichert ist, ist es auch nicht möglich, den Plan zu erstellen, weil dieser dem Platz angepaßt werden muß. Daher war es bisher nicht möglich, einen detaillierten Plan zu beschaffen. Doch haben wir mit einem Baukünstler gesprochen, der bereits vor einer Reihe von Jahren den Plan für ein Festspielhaus in Salzburg ausgearbeitet hat.600 Er hat uns auch vor Augen gehalten, welche Kosten das Konzerthaus, einer der letzten Bauten, die in ähnlicher Weise durchgeführt wurden, erfordert hat. Das Konzerthaus und die Akademie601 kosteten damals 5 ½–6 Millionen, eine Summe, die bei den jetzigen teuren Baupreisen eine wesentliche Korrektur nach aufwärts erfordert. Es wäre übrigens noch zu erwägen, ob wir ein Haus mit allen Nebengebäuden errichten sollen, mit Dekorationsmagazin, Garderoben-, Probe- und Administrationsräumen etc., denn ein Dekorationsmagazin ist nur für einen eigenen Betrieb erforderlich, der aber kaum in Aussicht genommen ist. Auch Pachtverträge sind uns bereits zugekommen. Wenn wir das Haus kleiner bauen, mit einem Fassungsraum für 1500 bis 1800 Personen und von einem großen Dekorationsmagazin absehen, könnten wir vielleicht mit 7–8 Millionen auskommen. Wenn wir das Haus in größerem Stil erbauen, brauchen wir 10 Millionen. Das wird sich entscheiden, wenn die Pläne erstellt sind und die Aktion einmal in Angriff genommen ist. Je mehr wir imstande sind, durch 600 Es ist unklar, wer hier gemeint ist. 601 Gemeint sind das Wiener Konzerthaus und die Übungsbühne der Akademie für Musik und darstellende Kunst (heute  : Akademietheater), die von den Architekten Ferdinand Fellner, Hermann Helmer und Ludwig Baumann 1911–13 im 3. Wiener Gemeindebezirk errichtet wurden.

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Spenden, Mitgliedsbeiträge, eine weitreichende Agitation und die Unterstützung maßgebender Faktoren zu gewinnen, desto weniger werden wir im Wege einer Anleihe oder sonstwie anfordern müssen. Obwohl schon seit längerer Zeit die staatliche Bewilligung für eine Lotterie derartigen Unternehmungen nicht erteilt wurde, wäre es doch möglich, daß die Staatsregierung mit Rücksicht auf den besonderen Fall sich dazu verstehen würde, eine derartige Lotterie zu genehmigen. Das ist natürlich eine Frage, die der Zukunft vorbehalten bleibt. Es wäre also eine immerhin bedeutende Sache, die hier zur Verwirklichung kommen soll. Ob wir bei den großen künstlerischen Bedürfnissen, die unzweifelhaft bestehen, und bei dem großen Streben des Publikums nach guten musikalischen und dramatischen Darbietungen es riskieren sollen, jetzt der Frage näherzutreten – diese Frage hat die Direktion in nächster Zeit zu entscheiden. An Sie aber, meine Herren, möchten wir heute den Appell richten, nicht irgendwelche materielle Beihilfen erfolgreich zu versprechen, sondern Ihre Meinungen zu äußern, damit wir klar sehen können, ob wir imstande sind, den Versuch zu machen oder nicht. Mit einem gewissen Optimismus muß man an eine solche Sache immer herantreten, sonst vollbringt man gar nichts. Ob dieser Optimismus zu weit geht, möchten wir von Ihnen hören. Ich möchte aber bitten, wenn Sie Ihre Meinung äußern, von diesem Optimismus auch Ihrerseits nicht ganz abzusehen und bei Ihrem Urteil – vielleicht fällt es schmerzlich aus – den Optimismus nicht ganz außeracht zu lassen. (Lebhafter Beifall.) Staatsnotar Dr. Sylvester. Meine sehr geehrten Herren  ! Nicht als Abgeordneter der Stadt Salzburg, die ich durch 24 Jahre vertrete, und auch nicht vom rein salzburgischen Standpunkte, ebenso wenig vom staatlichen Gesichtspunkte, sondern als Mann, der gewohnt ist, die Verhältnisse nach Möglichkeit zu überblicken, sage ich mir, es ist unbedingt jetzt notwendig, wo wir alle in so gedrückter Stimmung sind, wo Deutschösterreich tatsächlich ein so armes Land geworden ist, zu zeigen, daß wir auch noch etwas vermögen und in der Lage sind, noch etwas zu schaffen. Ich habe mich ungemein gefreut, daß so viele Herren hier anwesend sind, ganz besonders aber freute ich mich, daß unser hervorragendster Tonkünstler ebenfalls in unserer Mitte erschienen ist. Es reichen sich die größten Tonkünstler aller Jahrhunderte bei uns die Hände, über Haydn und Mozart zu Wagner und Strauss. Daß Richard Strauss heute in unserer Mitte erschienen ist, ist ein gutes Zeichen dafür, daß er auch den Optimismus, von dem unser Referent erfüllt ist, mitbringt. Ich glaube, meine Herren, daß wir gerade jetzt alles tun sollten, um, ich möchte sagen, das Einzige, was wir haben, was wir der ganzen Welt bieten können, etwas spezifisch Oesterreichisches, die Musik, besonders in den Vordergrund zu stellen. Wir wollen uns vor allem innerlich erheben und dort alle Hebel ansetzen, wo etwas zu machen ist. Daß so viele Herren anwesend sind, sowohl Künstler, als auch Ver-

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treter des Staates und der Finanzwelt, gibt mir den Mut zu hoffen, daß etwas aus dem Projekte wird. Darum frisch ans Werk  ! Lassen wir uns nicht erdrücken  ! Götz von Berlichingen sagt  : Der Druck auf die Seele macht stark  ! Gerade der Druck soll uns vermögend machen. Wissen ist Macht, hat es immer geheißen. Nein  ! Können ist Macht. Der Künstler schafft, der Wissende, der Intellektuelle ist nicht der Maßgebende. Das Können des Künstlers müssen wir betonen, und in der musikalischen Kunst hat Oesterreich immer so unendlich viel geleistet. Darum müssen wir hier den Hebel ansetzen und zusammenhelfen und das Werk schaffen. In diesem Sinne möchte ich Sie begrüßen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Staatssekretär für öffentliche Arbeiten Ing. Zerdik. Meine hochverehrten Herren  ! Das Staatsamt für öffentliche Arbeiten ist an der ganzen Angelegenheit zunächst vom Standpunkt des Fremdenverkehres interessiert. Wir haben im Bereiche unserer Finanzgebarung natürlich für eine derartige Angelegenheit nicht unmittelbar die Mittel zur Verfügung. Die Idee erscheint aber so berückend, daß ich mir nicht denken kann, daß man sie rein vom Standpunkte der Finanzen aus betrachten kann, und ich bin der Ueberzeugung, daß unser Kollege S t e i n w e n d e r,602 der sonst nicht für derartige Siege leicht zu gewinnen ist, leicht in der Lage sein wird, einen Spezialkredit für diese Angelegenheit bestimmt sicher zu stellen. So weit es in meiner Macht steht, erlaube ich mir die Versicherung abzugeben, daß ich mit aller Energie trachten werde, daß die nötige finanzielle Förderung seitens des mir unterstellten Staatsamtes gewährleistet erscheint, und ich hoffe, daß man nicht kleinlich dabei vorgehen wird, s o n d e r n s i c h s o w i r d b e n e h m e n müssen, daß durch die staatliche die private Förderung entsprec h e n d w i r d a n g e r e g t w e r d e n k ö n n e n . (Bewegung und großer Beifall.) Sektionschef Milos von Fesch. Hochverehrte Herren  ! Namens der staatlichen Kunstverwaltung erlaube ich mir auch, einige Worte an Sie zu richten  : Die staatliche Kunstverwaltung bringt diesem Unternehmen die größten Sympathien entgegen und würde es freudigst begrüßen, wenn dieses Unternehmen auch zur Realisierung gebracht werden könnte. Für unser Vaterland würde es eine hohe künstlerische und kulturelle Bereicherung bedeuten, wenn das Unternehmen zustande käme. Es ist geradezu eine Pflicht der staatlichen Kunstverwaltung, sich für das Gelingen des Werkes einzusetzen. Ob die Förderung, die diesem Kunstwerk von uns zuteil werden wird, sich auch in materieller Weise wird betätigen können, darüber kann ich jetzt nicht eine bestimmte Aeußerung abgeben. Ich schließe mich aber den Worten des Herrn Vorredners an und bin fest überzeugt, daß das Staatsamt 602 Otto Steinwender (1847–1921), österr. Politiker, 1918/19 Staatssekretär für Finanzen.

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für Finanzen, der Hauptfaktor in dieser Sache, auch ein entsprechendes Entgegenkommen bekunden wird. Jedenfalls werden auch wir uns mit allen Kräften dafür einsetzen, die materielle Unterstützung für dieses Unternehmen zu erwirken. (Allseitiger lebhafter Beifall.) Direktor Hammerschlag Sehr geehrte Herren  ! Ich habe mich nur deshalb zum Worte gemeldet, weil ich auf einige Erfahrungen anläßlich des Konzerthausbaues zurückblicken kann. Ich freue mich außerordentlich über das Projekt, das uns heute beschäftigt, zunächst als Kunstfreund. Die Ausnützung des künstlerischen Könnens, welches vom Herrn Staatsnotar in so treffender Weise erwähnt worden ist, bildet aber auch in volkswirtschaftlicher Beziehung, die für uns Deutschösterreicher jetzt von besonderer Wichtigkeit ist, eine bedeutende Aktivpost. Ich freue mich als alter Verehrer Salzburgs – und freue mich auch als Deutschösterreicher über das Projekt, weil wir damit beweisen, daß wir an Deutschösterreich glauben, indem wir frei von jedem Partikularismus durch die Förderung Salzburgs die Gesamtheit fördern wollen. Allerdings kann ich mich nicht zu dem Optimismus, von dem mein Freund A r t a r i a beseelt ist, bekennen, da es in meinem Beruf einen wolkenlosen Optimismus nicht gibt. Von jedem solchen Unternehmen gilt das Wort Wagners, daß nichts Großes ohne einigen Wahn gelingen kann. Aber immer muß doch jedes Unternehmen auf einer konkreten Basis aufgebaut werden, sonst ist es fatal. Ich würde also glauben, daß zunächst, bevor wir die Frage, die uns vorgelegt wurde, beantworten, nämlich inwieweit das Unternehmen bei den heutigen Verhältnissen mit Aussicht auf Erfolg ins Werk gesetzt werden kann, einige Vorfragen gelöst werden müssen, über die Klarheit zu erlangen, heute nicht möglich ist. Bevor nämlich an die Geldbeschaffung gegangen werden kann, muß erstens die Frage gelöst werden, welchen Betrag der Bau des Festspielhauses erfordern wird, zweitens welche Rentabilität aus dem Betriebe zu erwarten ist. Zur Beantwortung der ersten Frage wird ein Voranschlag auszuarbeiten sein, wozu unbedingt die Mitwirkung eines Architekten notwendig ist. Die Heranziehung eines solchen, der nur als Konsulent zu fungieren hätte, darf aber der Vergebung des Baues in keiner Weise präjudizieren. Da der Bauplatz hoffentlich unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, kommen nur die voraussichtlichen Kosten des Gebäudes und der Ausstattung, Dekorationen etc. in Frage. Zur Beantwortung der zweiten Vorfrage wird zunächst der Fassungsraum des Theaters festgestellt werden müssen, der vielleicht doch etwas größer als für 1500 Personen zu berechnen sein würde. Sodann muß man sich darüber klar sein, wieviele Vorstellungen in jeder Saison in Aussicht genommen werden und müssen von einem Theaterfachmann die voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen auf vorsichtiger Basis kalkuliert werden. Ganz allgemein bemerke ich, daß die Frage der Verpachtung nur mit großer Vorsicht behandelt werden kann. Denn

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bei einer Verpachtung müßte die vollste Gewähr geboten sein, daß das Unternehmen von dem Pächter in rein künstlerischer Weise geleitet wird. Für Vorstellungen der »Schönen Helena«603 wollen wir das Festspielhaus nicht errichten. Wenn der Voranschlag ausgearbeitet ist und eine vorsichtige Rentabilitätsberechnung vorliegt, dann erst kann die Geldbeschaffung in Angriff genommen werden. Hiebei wird zunächst festzustellen sein, welche Beträge Staat, Land und Gemeinde Salzburg à fond perdu leisten. Die eben gehörten Erklärungen des Herrn Staatssekretärs können wir da nur freudigst begrüßen. Bezüglich des noch aufzubringenden Restes wird die Aufnahme eines Hypothekardarlehens gegen eine von den öffentlichen Körperschaften etwa zu leistende jährliche Subvention anzustreben und der Weg der Ausgabe von Teilschuldverschreibungen zu betreten sein, wie beim Bau des Konzerthauses. Diese Teilschuldverschreibungen können nur dann ausgegeben werden, wenn man mit einiger Aussicht auf Erfolg den Zeichnern die Verzinsung, die niedrig sein kann, wird versprechen können. Diese Zusage muß auf einer durchaus vorsichtig ermittelten und reellen Basis stehen. Wenn nun die letzte und entscheidende Frage zu beantworten ist, ob ein so großer Betrag, wie er nach den à fond perdu geleisteten Beiträgen vorliegt und der sich zwischen 3 und 6 Millionen bewegen kann, durch Teilschuldverschreibungen aufzubringen ist, wage ich nicht, eine sichere Prognose zu stellen. Ich bin unbedingt dafür, daß der Versuch gemacht wird. Ich kann nicht verhehlen, daß wir beim Bau des Konzerthauses, das wir unter normalen Verhältnissen vor dem Krieg gebaut haben, bei Aufstellung eines geringeren Betrages mit einigen Schwierigkeiten und jahrelanger Arbeit rechnen mußten. Nun steht hier auf der einen Seite der Fall ungünstig, soweit die entsetzlichen Wirkungen des Weltkrieges in Betracht kommen, auf der anderen Seite hingegen günstig, weil nicht nur auf die Mitwirkung Wiens, sondern auch Deutschösterreichs und des Deutschen Reiches, speziell Süddeutschlands, zu rechnen ist. Ich glaube also, daß die Herren der Direktion vor allem die dankenswerte Aufgabe übernehmen mögen, sich mit dem Projekte nach folgenden Richtungen zu befassen  : 1. einen ganz konkreten Kostenvoranschlag auszuarbeiten, 2. sich über die Frage der Rentabilität ein klares Bild zu machen. Wenn das geschehen ist, würde ich auf Grund dieser konkreten Ziffern an das Staatsamt für Finanzen – und ich kann nur hoffen, daß Staatssekretär Dr. S t e i n w e n d e r dem warmen Appell seines Kollegen ein williges Ohr leihen werde – und ebenso an die Stadt und das Land Salzburg und an die anderen Kreise, von denen eine Unterstützung zu hoffen ist, herantreten. Wenn dann feststeht, welcher Betrag noch erübrigt, müssen wir überlegen, ob wir auch mit gutem Gewissen versu603 Die schöne Helena ist eine Opera buffa des dt. Komponisten Jacques Offenbach (1819–1880), die 1864 in Paris uraufgeführt wurde.

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chen können, einige Millionen Teilschuldverschreibungen im Publikum zu placieren. Wenn wir mit gutem Gewissen glauben, das, was wir dem Publikum in Aussicht stellen, bei normalen Verhältnissen und wenn nicht force majeure eintritt, erfüllen zu können, dann wird jeder, der der Sache ein Interesse entgegenbringt, für sie wirken. Das Risiko, daß Sie vielleicht nicht rasch diese Teilschuldverschreibungen werden unterbringen können, müssen Sie auf sich nehmen. Wenn aber dann ein größerer Prozentsatz an Teilschuldverschreibungen untergebracht sein wird, wird man vielleicht soviel Sanguinismus aufbringen müssen, um an den Bau zu schreiten. (Zustimmung und Beifall.) Direktionsmitglied Georg Jung. Ich bin beauftragt, als Vertreter des Salzburger Zweigvereines den Herren über die Platzfrage Mitteilung zu machen. Wir haben 1918 im Sommer anläßlich der Generalversammlung Gelegenheit gehabt, die verschiedensten Plätze zu untersuchen. Damals sind wir allerdings von ganz anderen Gesichtspunkten ausgegangen. Erst die jüngsten Ereignisse haben uns ein neues Projekt in den Schoß geworfen, das alle bisher in Aussicht genommenen Plätze weit in den Hintergrund stellt. Es ist dies der ehemalige fürsterzbischöfliche Besitz Hellbrunn, der bis vor kurzem Krongut war und heute der Stadtgemeinde Salzburg käuflich überlassen werden soll. In diesem Park, der geradezu von einer fabelhaften Schönheit ist – ich glaube, alle Herren werden ihn kennen – , ist es in einem heute ganz unaufgeschlossenen Teil uns gelungen, einen Platz zu entdecken, der besser als alle anderen geeignet wäre, der Bauplatz für das künftige Festspielhaus zu werden. Er liegt in einer absoluten Abgeschiedenheit mit einem geradezu großartigen Blick auf das Hochgebirge und in einer wohltuenden Ruhe. Im Anschluß daran erstreckt sich der herrlich gepflegte Park von Hellbrunn. Ich glaube, es ist unnötig, darüber mehr Worte zu verlieren, als zu betonen, daß wir gerade diesen einen Platz, den wir hoffentlich von der Stadtgemeinde Salzburg kostenlos erhalten werden, jetzt im Auge behalten mögen. Ueber die Platzfrage kann entschieden werden, wenn die Kommission aus der Direktion zusammengestellt ist und bei besseren Zugsverhältnissen sich der Mühe unterzogen haben wird, eine Reise nach Salzburg zu unternehmen. Dann wird es sich von selbst ergeben, daß diese, jetzt getroffene Wahl die denkbar glücklichste ist. (Beifall.) Vize-Präsident Artaria. Ich möchte an die Bemerkungen des Herrn Direktors Hammerschlag anknüpfen. Er hat den Appell an den Optimismus nicht gänzlich abprallen lassen, ich muß sagen, daß die Erwägungen, die er hervorgebracht hat, die Idee festigen, daß es möglich sein wird, die Sache durchzuführen. Die Reihenfolge, die er uns für den modus procedendi gegeben hat, entsprich ganz der Idee, die auch wir haben. Nur glaube ich, daß ein Voranschlag ohne einen Plan nicht möglich sein wird. Es wird also notwen-

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dig sein, sich zunächst einen Plan, vielleicht losgelöst von der Notwendigkeit, ihn zur Ausführung zu bringen, machen zu lassen. (Dir. Hammerschlag  : So habe ich es mir auch gedacht.) Vor allen diesen Arbeiten war es uns von großem Werte, die Ansicht der Herren der Staatsverwaltung, der hervorragendsten Männer der Kunstwelt und des Finanzwesens kennen zu lernen. Direktionsmitglied Georg Jung. Ich bitte zu verzeihen, wenn ich Sie nochmals mit einigen Worten aufhalte und auf die wirtschaftliche Seite unseres in erster Linie allerdings nur künstlerisch einzuschätzenden Unternehmens zurückkomme. Wir haben durch Herrn Operndirektor S c h a l k gehört, daß die Schweiz uns den Rang ablaufen und ein ähnliches Festspielhaus errichten will, wie wir in Salzburg. Es wird sich eine Art Wettlauf herauskrystallisieren, bei dem sicher die Kunstsachverständigen nicht zu kurz kommen werden. Da ich die feste Ueberzeugung hege, daß eines der beiden Häuser gebaut werden wird, so wird es, wenn wir zögern, wahrscheinlich in der Schweiz gebaut werden. Vom Standpunkt der Kunst wäre es vielleicht gleichgültig  ; nicht so scheint mir dies vom volkswirtschaftlichen Standpunkte der Fall zu sein. Wir haben nach einer ganz niedrig gestellten Rechnung angenommen, wenn jährlich 60 Vorstellungen stattfinden und jede nur von 800 Ausländern besucht wird und wenn weiters jeder 14 Tage in Deutschösterreich verweilt, so würde das gleichbedeutend mit einer in das Land fließenden Summe von 50 Millionen sein. Jetzt drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob dieses Einströmen der fremden Valuta – ich spreche nur von den Ausländern – nicht auf die Dauer durch eine jährliche Budgetpost des Finanzstaatsamtes wird gefördert werden können. Ich würde diesen Vorgang entschieden sympathischer finden, als wenn ich heute unter den gegenwärtigen Verhältnissen an den Staat zwecks Bewilligung einer großen Summe herantreten müßte. Mit einer bewilligten fortlaufenden Subvention kann ich an jede Bank herantreten und ich glaube, jede Bank wird die Sache dann finanzieren. Wenn heute der Staat sich bereit findet, vom Standpunkte der Kunst aus eine Budgetpost einzusetzen, um gleichzeitig neben der Förderung der Kunst die Valuta zu heben, so glaube ich, wäre dies das Allergesündeste. Dann brauchen wir keine Teilschuldverschreibungen. Dann treten wir zwecks Kapitalisierung an irgend ein Banksyndikat heran, und damit könnte gebaut werden. Ich verweise hier auf die vergleichsweisen Aufstellungen dessen, was der Fremdenverkehr überhaupt bedeutet. Ich spreche nicht pro domo. Ich bitte, mich in meiner beruflichen Tätigkeit auszuschalten. Die hat mit meiner Begeisterung für das Salzburger Festspielhaus nichts zu tun. Wir wissen, daß der Fremdenverkehr in der Schweiz ein Einströmen von vielen Millionen Francs, in Italien von 800 Millionen Lire bedeutet. Ja, wenn zu diesem Zwecke, um dieses Einströmen zu einem kontinu-

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ierlichen zu machen, die Staatsverwaltung und das Finanzstaatsamt sich nicht bereit erklären, in weitestgehender Weise diese Unternehmungen zu fördern, werden wir schwer eine bessere Valuta erhalten und nie niedrigere Preise erleben, sondern immer die hohen Preise für Rohmaterialien bezahlen müssen. Es bietet der Fremdenverkehr die beste Möglichkeit, den Import fremder Valuta ohne Warenexport und den Ankauf von Rohmaterial ohne Schädigung der eigenen Valuta zu erreichen. Von diesem Gesichtspunkte schien mir die jährliche Subvention des Festspielhauses unbedingt erforderlich. Ich möchte noch weitergehen und sagen, daß die Sache so kolossal wichtig ist, daß unmittelbar daran gegangen werden müßte. Wir dürfen uns heute nach meiner unmaßgeblichen Meinung nicht damit zufrieden geben, daß wir sagen  : wenn normale Verhältnisse eintreten. Heute müssen die normalen Verhältnisse für dieses Unternehmen da sein, und für diese große Sache muß eben das Geld aufzutreiben sein. Wenn wir das Projekt auch von der volkswirtschaftlichen Seite betrachten, so ist auch da die sichere Aussicht auf einen großen Erfolg nicht von der Hand zu weisen. (Allseitige Zustimmung.) Schluß  : Präsident Thurn und Taxis erklärt hierauf den offiziellen Teil der Enquete für geschlossen, betont die außerordentliche Bedeutung der von den einzelnen Rednern abgegebenen Erklärungen, insbesondere jener der Herren Vertreter der Staatsämter, und bittet die anwesenden Herren, sich noch in zwanglosem Gespräche mit dem interessanten Gegenstande, der noch eine Menge Einzelheiten aufweise, zu unterhalten. Die folgende zwanglose Aussprache ergab eine Fülle der bemerkenswertesten Anregungen, die für die Entwicklung des Festspielunternehmens von ersprießlicher Bedeutung sein werden.

253. Berta Zuckerkandl  :604 »Das Erste. Ein Wort zum Mozart-Festspielhaus in Salzburg.« W i e n , 25. Jänner [1919]. Ein Reich geht zugrunde. Ein Thron stürzt. Ein Volk erhebt sich. Neue Staatsordnung wird gehämmert. Neue Weltordnungen dämmern. Nichts Bestehendes bleibt in alten Kreisen. Und was ist das Erste, das diesem Chaos entsteigt  ? Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg  ! Ein dem Göttlichsten geweihter Tempel, der im Hain von Hellerau605 sich erheben soll, als Sinnbild des unzerstörbaren Oes604 Berta Zuckerkandl-Szeps (1864–1945), österr. Journalistin und Schriftstellerin  ; berühmt war ihr literarischer Salon als Treffpunkt Wiener Künstler und Intellektueller. 605 Gemeint ist freilich Hellbrunn.

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terreichertums, als Wahrzeichen unverwüstbarer Wesensart, Deutschösterreichs religiöses Weihebekenntis. Das Erste  ! Bevor noch Elend, Ungewißheit, Sorge und Kummer gebannt sind, bevor noch die Gesamtheit und der Einzelne an den Wiederaufbau des Lebens geht, bevor noch die Frage der Existenzmöglichkeit eines Volkes gelöst ist, finden sich Menschen zu Menschen in der einen Sehnsucht  : Errichten wir eine kunstgeweihte Stätte, dort, wo Mozart geboren. Ihm zu ewigem Gedenken. Uns zu ewiger Bestätigung eigenster Volksart. Zu innigem Dienst dem einzig Sittlichen. Salzburg, dessen Natur geheimnisvoll südliche Anmut ausstrahlt, Salzburg, dessen Kunst, Gotik und Barock wie nirgends sonst aus einer Wurzel mächtig aufquillen ließ, Salzburg, wundervoll umgrenztes, weitblühendes Becken, wiegengleich gebildet, Wiege des tönenden Gottes Amadeus Mozart, sei erwählt  ! Im Zeichen Mozarts soll deutsche Kultur die Fülle ihres Wesens ausbreiten. Nicht Musik allein, auch die Genien der Sprache sollen Zeugnis ablegen von der Seelenheit unbesiegbarer Werte. Goethe neben Mozart  ! Und um diese Sonnen die Sternenpracht der Welt. Von Calderon bis zu Raimund. Ewig währender Völkerbund der Geister  ! Dort im Hain des Parks von Hellbrunn wird er seinen gesprengten Bund erneuern. Auf deutschösterreichischem Boden. Von deutschösterreichischem Geist wieder aufgerichtet, der, seiner völkischen Mission getreu, zum Mittler erwählt ist zwischen Süd und Ost, zwischen Nord und West. Möge es ein glückliches Zeichen uns sein. Dieser Beginn. Möge jeder nach Maßgabe seine Kräfte einen Obolus dem Bau des Weihefestspieles in Salzburg opfern. Mögen die Besitzenden ü b e r alles gewohnte Maß selbst ihre Spende weiten. Damit dieser Traum eines Feentempels, in dem nach langer furchtbarer Haßzeit Menschen aller Weltnationen wieder zueinander finden, wahr wenden kann. Bedenket  ! Wie wird die Legende sprechen  ? Als Oesterreich zerfiel, als die kleine deutschösterreichische Republik einen Verzweiflungskampf um Werden und Sein zu kämpfen hatte, als Wien, in Finsternis und Hunger versunken, von Haß umklammert, unbekannten Schicksals Beute, schlicht und still die Würde des Leides fand, da suchten Männer und Frauen des ganzen Landes und dieser Stadt einen Ausweg aus allem Jammer. Sie gedachten nicht, wie es wohl praktischere Nationen getan hätten, der dringendsten wirtschaftlichen Entschlüsse. Sie gedachten ihres seeligsten Besitzes. Und gingen hin und bauten in Salzburg im Park von Hellbrunn Amadeus Mozart ein Weihefestspielhaus. Sehet, so wird es einst heißen  : Das war Deutschösterreichs erste Tat. Und des tagenden Weltbundes Lächeln. Das Erste.

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254. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Staatsamt für Finanzen606 [27. Februar 1919] /An das deutsch-österreichische Staatsamt für Finanzen in Wien/ Entwurf zur Eingabe an das Staatsamt für Finanzen. Der im August 1917 gegründete Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« mit dem Sitze in Wien hat die Aufgabe, durch seine Tätigkeit die Mittel zur Erbauung des deutschösterreichischen Festspielhauses in Salzburg zu beschaffen und den Betrieb desselben zu sichern und zu führen. Die Leitung des Vereines besteht aus einer Direktion, in welcher angesehene Persönlichkeiten aus Kunst-, Finanz-, Industrie- und hervorragenden Gesellschaftskreisen vertreten sind, und aus einem Kunstrat, dem Hugo von H o f m a n n s t h a l , Max R e i n h a r d t , Professor R o l l e r, Operndirektor S c h a l k und Dr. Richard S t r a u s s angehören. Der Verein steht als solcher auf vollständig gesicherter materieller Basis  ; die Satzungen wurden mit Erlaß des seinerzeitigen k. k. Ministerium des Innern vom 14. Juni 1917 Z. 19328 genehmigt. Die »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« tritt nun an das Staatsamt für Finanzen mit der Bitte heran, durch eine möglichst weitgehende, vor allem aber durch eine außergewöhnliche materielle Unterstützung diese Errichtung des /in erster Li606 Laut handschriftlichem »Verzeichnis der zufolge Sitzungsbeschlusses des Arbeits- und Vollzugsauschusses vom 6. II. 1919 überreichten Eingaben an die Staatsämter und führenden Persönlichkeiten« (NL Gehmacher/Damisch) wurden fast gleichlautende Eingaben an den deutschösterreichischen Staatsrat, die deutschösterreichische Staatskanzlei sowie die Staatsämter für Kultus und Unterricht, öffentliche Arbeiten, Verkehrswesen versandt. Weitere Adressaten waren die Präsidenten Franz Dinghofer, Johann Hauser und Karl Seitz, der Staatsnotar Julius Sylvester und der Nationalrat und Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Robert Preußler. Folgende Beilagen wurden samt den Eingaben versandt  : Verzeichnis der Direktion und der Leitungen der Zweigvereine Wien und Salzburg, Aufruf für »das d.ö. Festspielhaus in Salzburg« [verfasst von Heinrich Damisch], Kundgebungen, Programmaufsatz von Hugo von Hofmannsthal [vgl. Dok. 257], Zeitungsartikel (Neues Wiener Tagblatt und Wiener Allgemeine Zeitung), Finanzenquete Bericht, Statuten, Mitgliederverzeichnis, »Mitteilungen«. Verfasser dieser von der Direktion der SFG bzw. dem Wiener Zweigverein versandten Eingaben war vermutlich Heinrich Damisch.

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nie der deutschen, sodann aber auch/ der internationalen Kunst dienenden deutschösterreichischen Festspielhauses in Salzburg im Hinblick auf hohe kulturelle und volkswirtschaftliche Zwecke zu ermöglichen und zu fördern. Von dem Grundgedanken ausgehend, daß die künstlerische Produktivität der Deutschösterreicher seit jeher von erstem Rang und höchster Bedeutung war, wird es im jetzigen Zeitpunkt geradezu zu einem Gebot der Selbsterhaltung, diese Fähigkeit nicht nur kulturell, sondern auch politisch auszuwerten und ihre materielle Rückwirkung auf wirtschaftliche Gebiete, so weit als nur irgend möglich zu verstärken und der Nationalökonomie zuzuführen. Die »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« will diesem Ziel durch Schaffung des deutschösterreichischen Festspielhauses und im Zusammenhang damit einer europäischen Kunstzentrale in Salzburg nahe kommen, wenn möglich es vollständig erreichen. Salzburg, dessen Name und Tradition mit dem Genius Mozart untrennbar verbunden ist und solcherart im internationalen Kulturbewußtsein bereits feste Geltung erlangt hat, besitzt infolge seiner ungemein günstigen geografischen Lage und seiner hervorragenden baulichen und landwirtschaftlichen Schönheiten ganz besonders die Eignung für den gedachten Zweck. Das Festspielhaus ist in hohem Maße berufen, führenden Anteil an dem Wiederaufbau zerstörter kultureller Beziehungen zu haben, und Deutsch-Oesterreich wird durch seine Erbauung den Nationen der Welt zeigen, mit welcher Kraft das Kulturbewußtsein auch in den schweren Zeiten des furchtbaren ihm aufgezwungenen Kampfes und der bittersten physischen und seelischen Not in seinem Volke lebt und nach Betätigung drängt. In großzügiger Weise gewinnbringende Unternehmungen ins Leben zu rufen oder solche, von Privaten zu schaffende, bezw. in Angriff genommene, unter Wahrung der besonderen Rechte des Staates ausgiebig und in jedem erforderlichen Maße zu fördern, erscheint jetzt mehr denn je als eine wichtige und notwendige Aufgabe der obersten Staatsämter. Die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg wird nun unzweifelhaft neben dem hohen kulturellen Ziel auch ganz besonders für unsere Geldwirtschaft von starker Bedeutung werden. Das Festspielhaus in Salzburg soll so großzügig angelegt und infolge der ihm zu Gebote stehenden ausgezeichneten künstlerischen Persönlichkeiten, Mittel und Kräfte deutschösterreichischer Herkunft (Kunstrat, musikalische und darstellende Künstler, Orchester, Chöre, bildende Künstler) so hervorragend betrieben werden können, daß es unbedingt alle temporären nationalen Widerstände zu beseitigen und rasch den internationalen Fremdenstrom nach Deutschösterreich, das nahezu in seiner Gänze durch den Reichtum an Naturschönheiten verschiedenster Art, durch seine klimatischen Verhältnisse und durch die Wesensart seiner Bewohner in hohem Grade anziehend wirkt, zu lenken in der Lage sein wird. Welche Bedeutung der

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ständige Fremdenverkehr im Großen für den Stand der Valuta besitzt, wissen wir aus den statistischen Nachweisen der bis jetzt für den Fremdenverkehr an erster Stelle in Betracht kommenden Länder  : der Schweiz sind jährlich 600 Millionen Franks, Italien 800 Millionen Lire in fremder Valuta auf diese Art zugeführt worden. Keine Industrie der Welt vermag ähnliche Erfolge ohne gleichzeitigen Export von Waren aufweisen, wobei in Betracht zu ziehen ist, daß die meist vorhergehende Einfuhr von Rohmaterial naturgemäß einen Druck auf die Valuta ausübt, während einzig die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr als reiner Valutagewinn zu buchen sind. Mit jeder Verbesserung der Valuta steht auch eine günstige Preisbildung auf dem Markte für unsere Lebensbedürfnisse im engsten Zusammenhange, wodurch die produktive Leistungsfähigkeit und Arbeitslust im Allgemeinen und infolgedessen auch die Steuerkraft der Bevölkerung wesentlich gehoben wird. Bei der Bewertung des Festspielhausunternehmens vom Standpunkte staatsfinanzieller Erwägung kommt aber im gegenwärtigen Zeitpunkte auch der Umstand in Rechnung, daß die Aufwendungen für die Errichtung des Festspielhauses in das Gebiet der Durchführung von Notstandsarbeiten einbezogen werden könnten, was für eine (auch aus politischen Gründen gebotene) möglichst rasche Inangriffnahme der Bauarbeiten spricht. Hiefür ist aber auch noch ein anderes Argument anzuführen, nämlich die Tatsache, daß in der Schweiz, die für derartige Dinge einen praktisch geschulten Blick besitzt, bereits seit etwa Jahresfrist ebenfalls das Projekt eines internationalen Festspielhauses u. zw. in Zürich, ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Als Anhaltspunkt für die Wertbemessung der Festspielhausidee kann es dienen, daß den Zürichern von amerikanischer und französischer offizieller Seite 20,000.000 Franks zur Durchführung des Planes zur Verfügung gestellt werden sollten. Die mit diesen Anboten verbundenen übermäßigen nationalpolitischen Bedingungen verhinderten bisher ein positives Ergebnis der Verhandlungen, in deren Verlauf an zwei Persönlichkeiten des Kunstrates der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde seitens der Züricher herangetreten worden war. Beide Persönlichkeiten /Professor Max Reinhardt und Direktor Dr. Richard Strauss/ hatten sich aus künstlerischen und nationalen Gründen für das deutschösterreichische Projekt, welches der Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« schon damals vertrat, entschieden. Es wäre nun von wesentlicher Bedeutung, wenn der in jedem Sinne ein Prioritätsrecht beanspruchende deutschösterreichische Plan eines Festspielhauses in Salzburg tunlichst rasch der Verwirklichung zugeführt würde, was aber, wie die Fühlungnahme mit Finanz- und Industriekreisen zeigte, nur durch eine entschlossene, rasche und zureichende finanzielle Staatshilfe zu erreichen wäre. Im Verlaufe wiederholter eingehender Beratungen ist die Direktion und der Kunstrat der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« zu dem Ergebnis gelangt, für die Durchführung des ersten Teiles ihrer satzungsgemäßen Aufgabe, Errichtung des Festspielhauses, ein Präliminare von K 10,000.000.- anzusetzen. Es kann angenom-

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men werden, daß der Verein durch die ihm statutarisch zustehenden Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes in der für den Bau in Betracht kommenden Zeit 10% dieses Präliminares decken kann  ; im übrigen muß an die Hilfe des Staates appelliert werden. Wir verschließen uns nicht der Erkenntnis der Schwierigkeiten, auf welche eine derartige Inanspruchnahme staatlicher Finanzhilfe in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse stoßen muß, stellen aber allen herkömmlichen Bedenken gegenüber die gerade von der gegenwärtigen Zeit dringend erhobene Forderung nach Taten und die Erwägung in den Vordergrund, daß die Bewilligung selbst so erheblicher Mittel durch das fraglos bestehende, eminente staatliche Interesse an diesem außerordentlichen Falle, in welchem auch unzweifelhaft eine finanzpolitische Bedeckung der gemachten Aufwendungen nachweisbar ist, sowie durch eine langfristige Subventionierung gerechtfertigt und durchführbar wäre. Somit erlaubt sich die Direktion der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« an das Staatsamt für Finanzen bei Anerkennung aller staatlichen Ansprüche das Ansuchen zu stellen, durch eine jährliche Subvention in der Höhe von K 500.000.- auf die Dauer von achtzehn Jahren den Bau des deutschösterreichischen Festspielhauses in Salzburg zu fördern. Hiedurch wäre die sofortige Realisierung des Projektes und die Priorität Deutschösterreichs gesichert. Zur Unterstützung dieses Ansuchens sei schließlich noch darauf hingewiesen, daß die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg durch den deutschösterreichischen Staat im Verein mit der in der Staatshauptstadt Wien zuständigen »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« und der von Wien aus geleitete Festspielbetrieb, sowie die /daraus sich ergebenden/ rechtlichen Ansprüche auf das Festspielhaus eine wesentliche Stärkung des staatlichen Zentralisierungsgedankens gegenüber den alpenländischen Provinzen bedeuten. /Die vorstehenden Erwägungen und das zum Ausdruck gebrachte Ansuchen dem geneigten besonderen Interesse des deutschösterreichischen Staatsamtes für Finanzen unterbreitend und einer eingehenden dringlichen Behandlung empfehlend zeichnet ergebenst [SFG]/

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255. Franz Stibral  : Rede am 40. Mozarttag607 [Salzburg, 3. April 1919] Ich habe mir das Wort erbeten, um heute hier eine Erklärung abzugeben. Diese Erklärung gehört in den Rahmen des 40. Mozarttages, da hier die Stelle ist, an der die Mitglieder das zur Sprache bringen sollen, was ihnen am Herzen liegt. Wer mit offenen Augen und mit offenen Ohren lebt, der sieht und hört mancherlei, wovon auf den offiziellen Mozarttagen gemeiniglich nicht die Rede ist, wiewohl es Dinge sind, die den Bestand und die Zukunft des Mozarteums im höchsten Grade berühren. Leider wird von dieser Gelegenheit, die der ordentliche Mozart-Tag satzungsgemäß bietet, wenig Gebrauch gemacht. Ich aber will diesem Enthaltsamkeitsbeispiel heute nicht folgen, weil die Sache, um die es sich hier handelt, zu wichtig ist, um sie im Dunkeln zu lassen. Volles Licht der Öffentlichkeit soll darauf fallen. Seit Jahr und Tag ist vom Bau eines Festspielhauses in Salzburg die Rede. Ein schöpferisch neuer oder origineller Gedanke ist es nicht. Er war schon vor vielen Jahren da und seine Urheber sind heute größtenteils tot und begraben. Jetzt wird die Sache ernster angepackt. Ein eigener Verein ist gegründet worden, der Festspielhausverein, und eine Zeit lang hat man davon munkeln gehört, es bestehe Aussicht, den letzten Kaiser, den wir gehabt haben, für das Protektorat zu interessieren. Dazumal in der monarchischen Zeit hieß es, der Bau werde am besten in den Höhen der Maria Plain stehen. Jetzt, in der republikanischen Zeit, soll Aussicht darauf bestehen, das vormalige Krongut Hellbrunn dafür verwenden zu können. Flugs wurde die journalistische Propaganda auf die neue Lokalität eingestellt und die unzweifelhaft vorhandene – wo wär’s denn in Salzburg nicht schön  ! – landschaftliche Aussicht in Hellbrunn mit glühenden Farben gepriesen. Wie man sieht, an Fixigkeit und Anpassungsfähigkeit lässt’s der Verein nicht fehlen. Doch das geht mich nichts an und es geht auch den Mozarttag nichts an. Was aber das Mozarteum und darum auch den Mozarttag im höchsten Grad angeht, das ist das Verhältnis, das zwischen dem Mozarteum und den Bestrebungen besteht, die auf die Errichtung eines Festspielhauses abzielen. Daran kann man und soll man nicht herumschleichen wie die Katze um den heißen Brei. Mit Zuwarten, dass der Brei von selber auskühlen wird, ist nichts Gutes getan.

607 Stibrals Rede passte nicht so recht in das Konzept des Vorstands der ISM. Dies lässt sich daran ermessen, dass sie im Mai-Heft der Mozarteums-Mitteilungen mit keinem Wort erwähnt wurde (vgl. Lang  : Mozarts Geburtshaus, S. 322). Stattdessen hieß es dort  : »Unter dem Vorsitze des Präsidenten Dr. Julius Sylvester fand der ordentliche Mozarttag statt, bei welchem von den zuständigen Referenten die üblichen Referate erstattet wurden und auf den erfreulichen Aufschwung des Mozarteums in allen seinen Tätigkeitszweigen hingewiesen werden konnte.« (Zit. nach ebd.)

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Da treten Erscheinungen zu Tage, auf die ich noch zu reden komme, und die aufs Haar einer vernachlässigten Wunde gleichen, die schwärt und die besten Säfte aufzehrt. Da muss man Hand anlegen. Bei Prüfung der Möglichkeiten für dieses Verhältnis – nämlich zwischen Mozarteum und Festspielhausverein – schließe ich grundsätzlich zwei Grenzwerte aus. Der eine dieser Grenzwerte wäre die Kampfstellung und der andere wäre die Heirat. Beide würden ein Unsinn sein. Warum ein Unsinn  ? Gut, ich werde es begründen. 1. k ampfstellung. Das Festspielhaus, wenn es einmal zustande kommt, mit ausreichender finanzieller Unterlage für Bau und Betrieb und unter ernster künstlerischer Leitung, würde unserem Salzburg eine neuwirksame Anziehung bieten und für die Zukunft der Stadt von großer wirtschaftlicher Bedeutung werden. Darüber kann gar kein Zweifel sein, auch ohne die aparte Reizung, auf ein neues Bayreuth lieber gleich ein neues Monte Carlo zu pfropfen. Und wenn jemand den Wagemut hat, das in die Wege zu leiten im Vertrauen darauf, dass das Geld dafür aufzubringen sein wird  – dagegen Kampfstellung  ? Ganz unmöglich  ! Unsinn  ! 2. heir at. Das wäre also der volle Gegensatz zur Kampfstellung. Auf der einen Seite steht das Mozarteum  : Altehrwürdiges und akkreditiertes Institut – notabene mit Vermögen – das dank der nicht genug zu rühmenden Entschuldungsaktion unseres Bürgermeisters wieder schuldenrein geworden ist, das sein Vermögen für die eigenen Zwecke braucht und brauchen wird, wie den Bissen Brot. Auf der anderen Seite steht der Festspielhausverein, der unlängst mit nichts angefangen hat, aber unzählige Millionen braucht. Es heißt 10 Millionen. Ob’s wahr ist, weiß ich nicht. Eher mehr. Jedenfalls ein Vielfaches von der Schuldenlast, in die das Mozarteum sich hineinstürzen hat müssen, um dieses Haus fertig zu stellen, in dem wir hier tagen. Die Schuldenlast wieder losgeworden zu sein – losgeworden wie durch ein Wunder – das muss sich das Mozarteum alle Tage glücklich preisen. In die es nie mehr hineingeraten darf und auch bei guter Wirtschaft nicht hineingeraten wird, denn unser Haus ist fertig und abbezahlt. In aller Ruhe frage ich  : Wer riskiert etwas bei einer Heirat  ? Der, der nichts hat, aber zu einem Riesengeld kommen will, um es auszugeben  ? Oder der, der etwas Schuldenreines wieder hat und von diesem Ertrag auskömmlich leben muss  ? Die Antwort auf diese Frage ist einfach und durch den gesunden Menschenverstand gegeben. Ein Innigkeitsverhältnis auf Gedeihen und Verderb – das nenne ich Heirat – ist für das Mozarteum ausgeschlossen. Ein Unsinn  ! Wenn also mit den beiden Grenzwerten – Kampfstellung und Heirat − nichts anzufangen ist, weil sie beide Unsinn sein würden, muss man nach etwas anderem suchen. Ist das geschehen – ich meine nämlich im Mozarteum geschehen – und ist dort etwas gefunden worden  ? – darauf muss ich, scheint mir, mit einem glatten ›Nein‹ antworten. Unser verehrtes Kuratorium hat sich, so viel mir bekanntwurde, überhaupt nur einmal, und zwar ganz kurz, mit dem Festspielhaus befasst. Das war am 13. Oktober

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1916.608 Damals wurde beschlossen, dass es sich derzeit nicht empfiehlt, das Festspielhaus zu bauen und dass daher bis auf weiteres von der Angelegenheit abzusehen ist. Liest man diesen Beschluss, so wird man sofort gewahr, dass er auf die heutige Situation passt, wie die Faust aufs Auge. Er redet von einer Sachlage, die längst nicht mehr wahr ist. Er redet davon, dass das Mozarteum ein Festspielhaus nicht bauen und die Sache auf sich beruhen lassen soll. Er redet aber kein Wort vom Festspielhausverein und das aus einem sehr tristen Grunde. Weil es den dazumal, im Oktober 1916, noch gar nicht gegeben hat. Bald darauf aber ist – von einer Seite, die mit dem Mozarteum und der Mozartgemeinde seit Langem und zwar höchst verdienstlich verbunden war – der eigene Festspielhausverein gegründet worden. Offenbar hat dieser Seite der Kuratoriumsbeschluss nicht gepasst, und darum hat sie sich in einem eigenen Festspielhausverein eine unabhängige, nämlich vom Mozarteum unabhängige Stelle schaffen wollen, wo der Festspielhausidee schrankenlos nachgegangen werden soll. Dieser neue Verein hat sich also just das zum Ziele gesetzt, was das Mozarteum laut Kuratoriumsbeschluss vom Oktober 1916 nicht unternehmen zu wollen erklärt hatte. Ob im Schoße des Kuratoriums dieses merkwürdige Vorgehen eigener Mitarbeiter zur Sprache gelangt ist, weiß ich natürlich nicht. Ich sehe nur das Resultat, und das Resultat ist, dass dieselben Salzburger Personen, die den Festspielverein ins Leben gerufen haben, ruhig im Mozarteum geblieben sind und heute noch als dessen Funktionäre im Kuratorium die Geschäfte – ich weiß nicht wessen −  : des Mozarteums oder des Festspielhausvereines  ? – besorgen. Das nenne ich mit einer doppelten Flagge arbeiten. Nach Bedarf  : heute unter der Flagge des Mozarteums und morgen unter der Flagge des Festspielhauses. Es wundert mich, dass das Kuratorium nicht längst darin Wandel geschaffen hat an dem ersten Tage, da der Festspielhausverein unter der Ägide von Mitgliedern des Mozarteum-Kuratoriums auf den Plan getreten ist. Entweder das eine oder das andere. Das ist aber nicht geschehen. Überhaupt hat das Kuratorium seit jenem Oktoberbeschluss 1916 eine anderweitige Entschließung nicht mehr gefasst, sondern hat die Sache führungslos dem überlassen, was man, wenn man recht gut aufgelegt ist, die ›innere Entwicklung‹ nennen kann. Ob das geschehen ist aus Mangel an Erkenntnis oder aus purer Friedfertigkeit, darüber wage ich nicht zu urteilen. Genug, man hat die Sache laufen lassen und hat sich damit begnügt, im Freundeskreise den Beschluss vom Oktober 1916 als reinliche Scheidung zu benamsen. Ich stelle also fest, dass seit Bestand des Festspielhausvereines ein Beschluss über das Verhältnis, das zwischen Mozarteum und ihm herrschen soll, überhaupt nie erfolgt ist. – 608 Vgl. Dok. 95 (Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1913).

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Das alles miteinander nenne ich ein Versäumnis. Und dieses Versäumnis mache ich verantwortlich für die ganze unklare Entwicklung, die sich weither eingestellt hat und die ich – ich bitte, ein Außenstehender, der sozusagen das Elend hat, zum Fußvolk des Mozarteums zu gehören – allmählich als unwürdig und unerträglich zu empfinden beginne. Worin besteht diese Entwicklung  ? Ich muss es drastisch sagen, sie besteht darin, dass hier in Salzburg – notabene in Salzburg, wo alle diese Dinge unter den Augen der Bevölkerung vorgehen, so weit sie nicht durch Kulissen verstellt sind – kein Mensch – von einem Dutzend Wissender abgesehen – weiß, was die Wahrheit ist. Und weil die niemand kennt, so bilden sich ganz von selber die Unwahrheiten. Sie gehen dahin, dass zwischen Mozarteum und Festspielhaus gar kein Unterschied, sondern engste Verbandlung besteht. Sinnfällig ist nur der Unterschied, dass das längst existierende Mozarteum vor ein paar Jahren das Mozarthaus gebaut hat, wogegen das Festspielhaus nur ein Plan ist, für den gesammelt wird. Ich könnte auch nicht sagen, dass die Kundgebungen des Festspielhausvereines solchen Irrungen nicht förderlich seien. Ein kleinlicher aber köstlicher Beleg war mir eine Notiz, die vor wenigen Wochen in den Lokalblättern stand, dass nämlich die Eintrittskarten zum Tanzkränzchen der Salzburger Ortsgruppe des Festspielhausvereines zu haben sind – wo  ? Im Konzertbüro des Mozarteums  : So sieht die reinliche Scheidung praktisch aus, an Ort und Stelle. Mozarteum und Festspielhaus liegen zusammen in ein und demselben gefälligen Wurstkessel, den das Mozarteum bestellt. Und werden harmlos verwechselt. Wenn das ziemlich regelmäßig geschieht in Salzburg selber, wie mag’s damit erst auswärts bestellt sein  ! Dort – auswärts – liegt das Schwergewicht der Tätigkeit für den Festspielhausbau. Denn diese Tätigkeit ist vorerst – auf wie lange weiß ich nicht – notwendigerweise eine Werbetätigkeit, oder – nennen wir das Kind beim rechten Namen – das Schnorren. Das hat das Mozarteum auch tun müssen, als es daran war, dieses unser Mozarthaus zu bauen. Die Erfahrungen, die damals gemacht wurden, und das Adressen-Material, das damals gewonnen wurde, übernahmen nun die Parteigänger des Festspielhauses, die im Kuratorium des Mozarteums geblieben sind, aus dem Mozarteum herüber und schnorren flugs weiter, diesmal aber für das Festspielhaus. Ich würde kein Wort reden, wenn mir nicht wiederholt jetzt von Bekannten und Freunden Briefe mit derselben Anfrage zukämen, was für eine Bewandtnis es mit diesem Festspielhause habe, zu dessen Gunsten sie neuerlich angegangen wurden  ? Ob das einen Zusammenhang habe mit der Aktion des Mozarteums, zu der sie seinerzeit, als ich Präsident war, mir zuliebe beigesteuert haben  ? Aus diesen Anfragen leite ich nur das eine ab, dass derselbe Irrtum, derselbe große und trübe gemeinsame Wurstkessel, in dem Mozarteum und Festspielhaus beieinander liegen, der schon in Salzburg spukt, auswärts erst recht spukt. Was mir übrigens

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bei der Maxime des ›Laufen lassen‹, die seit zwei Jahren ohne Muckser geduldet wird, auch ohne die Briefe nie zweifelhaft gewesen wäre. In der Zeit, die seit dem Bestande des Festspielhausvereins verstrichen ist, und zwar ohne irgend eine Regelung, ohne irgend einen Beschluss, lediglich auf dem Boden des ›Laufenlassens‹, ist man verdächtig weit in die Nähe des Grenzwertes der unsinnigen Heirat geglitten. Nicht einer rechtlichen Ehe, aber einer wilden Ehe, eines Konkubinates. In der Stunde, wo ich diese Erklärung abgebe, besteht dieses Konkubinat noch immer unbeanstandet im Wurstkessel. Es ist nicht zu fassen. Man muss an eine Art Bann glauben, in den das Mozarteum geraten ist. Der dortige Festspielhausanhang kommt mir vor wie ein parasitäres Schlinggewächs, das eine Eiche umklammert und dem alten stolzen Stamme jedenfalls keine Kraft zuführt. Die volle ganze Kraft ist aber vonnöten. Denn es herrschen bewegte Zeiten und ihre Anforderungen, denen sich niemand wird entziehen können, wollen und dürfen, werden vor dem edelsten Juwel der Anstalt – der Musikschule – nicht halt machen. Das Institut braucht alle Mann an Bord zur eigenen ernsten Arbeit. Wem der Festspielhausbau Endzweck geworden und das Mozarteum nur als Mittel für diesen Endzweck in Frage kommt, der hat dort keinen Arbeitsplatz. Das ist der Punkt, wo ich keinen Spaß verstehe. Das Verhältnis zwischen Festspielhaus und Mozarteum muss endlich aus dem heraus, was einer Art von Hypnose gleicht und mit zielbewusster Arbeit unerträglich ist. Eher würde ich begreifen, dass das Mozarteum dem Festspielhausvereine eine Spende widme. Von einer Kampfstellung ist ja wirklich keine Spur vorhanden, und der gute Erfolg, den wir der Festspielhausidee wünschen, ist keine platonische Redensart. Ich denke dabei an einen schönen Betrag, der ein Mehrfaches wäre von dem Stifterbeitrag für dieses unser Mozarthaus  ! Wie glücklich, ach wie glücklich waren wir seinerzeit, wenn wir einen solchen bekommen haben  ! Ob das Mozarteum in der Lage sein wird, eine solche Spende zu widmen, weiß ich nicht. Darüber müsste das Kuratorium mit sich zu Rate gehen, wobei jene Herren Mitglieder, die den Festspielhausverein verkörpern, dem die Spende gelten soll, nicht mitzumachen hätten. Das halte ich für ein selbstverständliches Gebot primitiven Anstandes. Und Zug um Zug mit der Spende käme die volle Ausscheidung der Festspielhausidee aus dem Kuratorium des Mozarteums, in jeder Hinsicht vor allem in der Personenfrage. Zwei Herren kann man nicht dienen, einer kommt dabei zu kurz. Niemand darf der Düpierte sein, auch nicht das Mozarteum. Dann wird der tolerierte Unfug des Konkubinates aufhören und dann erst wird die reinliche Scheidung vollzogen sein  ; jeder aus seiner Kraft, aber nimmermehr das Festspielhaus auf dem Buckel des Mozarteums. Einmal musste das in dem Hause gesagt werden. Und wer kann es sagen  ? Ich kann es sagen, der ich in einer kritischen Zeit an der Spitze des Mozarteums gestanden

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und es zum Erfolge geführt habe, der von jener Zeit her das Mozarteum, zu dessen Ehrenmitgliede Sie mich dankbar ernannt haben, liebt und kennt. Gut kennt. Ich bin ein unabhängiger und freier Mann, der auch den Mut hat, ein freies Wort zu sagen. Ich gehöre zu keiner Maffia und fürchte keine Maffia. Es mag ein[e] Phalanx dastehen hier unter der Leitung der Doppelflagge – macht mir gar nichts. Andere werden da sein, die nicht zu dieser Flagge geschworen haben, die werden sich sagen  : Recht hat er, der alte Präsident, der spricht uns aus dem Herzen. Man sieht, der hat das Mozarteum heute so gerne wie früher und will es vor jeder Verkümmerung bewahrt wissen. Und denen rufe ich zu  : Halten Sie zusammen und lassen Sie es nicht dazu kommen. Noch ist es Zeit – aber es ist hohe Zeit. An unseren Herrn Vorsitzenden richte ich die Bitte, den vollen Wortlaut meiner Erklärung, den ich ihm einhändige, dem Protokoll des heutigen Mozarteums einzuverleiben. Der geschichtlichen Wahrheit halber. An die Herren Journal-Berichterstatter aber habe ich eine andere Bitte, vielleicht wissen Sie es schon. Falls das aber nicht der Fall sein sollte, so sage ich es hiermit ausdrücklich, dass ich keiner Reklame hold bin, dass es mir nie und nimmer darum zu tun war oder ist, in die Zeitung zu kommen. Wäre es aber doch Ihre Absicht, von meiner Erklärung Notiz zu nehmen, so bitte ich, daran nicht herumzubosseln oder korrigieren oder feilen zu lassen. Dann wollen Sie sich möglichst an den Wortlaut halten.

256. »Richard Strauß kommt nach Wien…«609 [14. April 1919] Richard Strauß kommt nach Wien. An seine Wiener Freunde hat Richard Strauß Sonnabend folgende Drahtung gerichtet  : »Für Ihre Mitteilung herzlichen Dank. Gewohnt, künstlerische Ziele über alles zu setzen, gegen persönliche Kränkungen von Natur aus apathisch, werde ich an dem Künstlertraum Wien–Salzburg festhalten und meinen Vertrag erfüllen. Auf die Sympathie und treue Unterstützung von Kunstgenossen vermag ich nicht zu verzichten, doch glaube ich nicht – trotz allem Vorgefallenen – daß dies der Fall sein könnte. Dr. Richard S t r a u ß .« − Heute früh ist an die Direktion der Salzburger Festspielhausgemeine in Wien als Antwort auf die von uns gestern veröffentlichte Sympathiekundgebung nachstehende Eildrahtung aus Berlin eingelangt  : »Herzlichen Dank für freundliche Kund609 Der in der Ostdeutschen Rundschau (14.4.1919) veröffentlichte Zeitungsartikel bezieht sich auf Richard Strauss’ Funktion als Ko-Direktor der Wiener Oper, die er von 16. August 1919 bis 31. Oktober 1924 gemeinsam mit Franz Schalk ausübte.

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gebung. Verspreche in unveränderter Begeisterung Wien und Salzburg treu zu bleiben. Richard S t r a u ß .«

257. Hugo von Hofmannsthal  : »Deutsche Festspiele zu Salzburg«610 [April 1919] Der Festspielgedanke ist der eigentliche Kunstgedanke des bayerisch-österreichischen Stammes. Gründung eines Festspielhauses auf der Grenzscheide zwischen Bayern und Oesterreich ist symbolischer Ausdruck tiefster Tendenzen, die ein halbes Jahrtausend alt sind, zugleich Kundgebung lebendigen unverkümmerten Kulturzusammenhanges bis Basel hin, bis Ödenburg und Eisenstadt hinüber, bis Meran hinunter. Südlichdeutsches Gesamtleben tritt hier hervor  ; der gewaltige Unterbau ist mittelalterlich, in Gluck war der Vorgipfel, in Mozart war der wahrhaftige Gipfel und das Zentrum  : dramatisches Wesen und Musikwesen ist eins – hohes Schauspiel und Oper, stets nur begrifflich geschieden, im Barocktheater des 17. Jahrhunderts schon vereinigt, in der Tat untrennbar. Hier tritt Weimar an Salzburg heran  ; was in Goethe wahrhaft theatralisches Element war – und wie gewaltig dieses war, werden die Salzburger Festspiele zeigen −, ist ein großartiges Uebereinanderschichten aller theatralischen Formen, die dem süddeutschen Boden entsprossen sind  : vom Mysterium und der Moralität über das Puppenspiel und das jesuitische Schuldrama zur höfischen Oper mit Chören, Maschinen und Aufzügen. Und was ist Schillers Schaffen, nicht des jungen Schiller, sondern des reifen von der Jungfrau von Orleans bis zur Braut von Messina anderes, als ein Ringen um die Oper ohne Musik  ? So tritt Weimar zu Salzburg  : die Mainlinie wird betont und zugleich aufgehoben. Süddeutsche Stammeseigentümlichkeit tritt scharf hervor und zugleich tritt das Zusammenhaltende vor die Seele. Nicht anders kann als in solcher Polarität das im tiefsten polare deutsche Wesen sich ausdrücken  ; so war es zu den Zeiten des alten ehrwürdigen Reiches, so soll es wieder sein. Mozart ist das Zentrum  : das ist keine begriffliche Konstruktion, sondern Naturwahrheit, die waltet doch auch im Geistigen, nicht nur im Geographischen und in der Wirtschaft. Das romanische Element in seinem Leben ist nicht Accidenz, nicht Zeitmode, sondern ewig und notwendig und Weltbrücke. Steht die Dreiheit  : Idomeneo – Don Juan – Zauberflöte – in der Mitte, so ist Gluck von selber mitinbegriffen, mit Gluck aber auch das antike Drama, soweit unser theatralischer Instinkt es uns heranbringen kann, – denn Gluck war nur ein Ringen deutschen Geistes um die Antike, wie Racine das Ringen französischen 610 Es handelt sich hier um die erste programmatische Schrift Hofmannsthals zu den Salzburger Festspielen. Vgl. auch die Anmerkung im editorischen Anhang.

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Geistes um die Antike – und Glucks Drama war Wiedergeburt antiker Tragödie aus der Musik. Von Don Juan und den anderen Komödien Mozarts ist Anschluß gegeben – und ein Programm dieser Art rechnet mit wirklichen, nicht mit begrifflichen Anschlüssen – an das weltliche Drama von Calderon, wie an das geistliche. Mit dieser höchsten Auswirkung des barocken Theatergeistes ist das Mysterium und das geistliche Spiel, soweit es sich mit Anstand auf die weltliche Bühne bringen läßt, einbezogen. An das naive deutsche Wesen der Zauberflöte, an die Gemütswelt der Mozart’schen Komödien schließen sich Webers Werke und schließt sich Ferdinand Raimunds, von einer bescheidenen Musik durchwebte Märchenwelt an. Shakespeare war vom Augenblick an einbezogen, als man diese Bühne aufschlug  : aber der Shakespeare des »Sturm« und des »Sommernachtstraum« vor allem. Das Repertoire ist ungeheuer. Ueberblickt man es, so ergibt sich ein Schein von Buntheit, im Wesen eine organische Einheitlichkeit, in der, es sei noch einmal gesagt, die konventionelle Antithese von Oper und Schauspiel im hohen Festspiele aufgehoben erscheint. Seien einige wenige der Gruppen und Stufungen genannt, die sich ungezwungen ergeben  : Faust I und II – das phantastische Element  : die germanische Walpurgisnacht – Sommernachtstraum – Alpenkönig und Menschenfeind – Webers Oberon und Freischütz. Faust  : das antike Element – die klassische Walpurgisnacht – die Märchenstücke des Euripides  : Helena, Ion, die Bacchen – Grillparzers Hero. Faust, das Puppenspiel als symbolische Tragödie höchsten Stiles  : Aischylos Gefesselter Prometheus – indisches Drama – Calderons Leben ein Traum – als Nachhall  : Grillparzers Traum ein Leben.

258. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, 22. April 1919. Geehrter Herr Direktor  ! Wäre ich ein Mann der Kanapeefragen so könnte ich Ihnen heute nicht schreiben, da Sie mir auf meinen letzten Brief611 (betreff Mozarteums-Mittheilungen) nicht geantwortet haben, was ich nur in den Sinne deuten kann, daß Ihnen eine Korrespondenz nicht erwünscht ist. Da mir aber sowohl Herr Damisch als auch Dr. Sedlitzky verschiedentlich versichern, daß ich auch heute noch nicht Ihre Sympathien in Gänze eingebüßt habe, Sie also offenbar die Ansicht haben, daß auch ich es – auf meine 611 Keine Vorlage überliefert.

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Weise – mit dem Mozarteum ehrlich meine, so möchte ich Ihnen eine Sache ans Herz legen. Ich habe diesbezüglich schon an Dr. Sedl. geschrieben und ihn gebeten, einiges aus meinem Briefe Ihnen mitzuteilen. Es betrifft den Austritt Huttarys aus dem Kuratorium,612 der nach meiner Ansicht irgendwie rückgängig gemacht werden muß und, wenn man wirklich will, auch kann. Wir brauchen uns über Huttarys Verdienste nicht erst zu verständigen – wir kennen sie beide und wissen auch beide, daß niemand unter uns ist, der ihn in der Schule613 ersetzen kann. Huttary ist aufs Tiefste verletzt und mit Recht, denn er fällt nicht durch eine Krise im Kuratorium, sondern durch eine skrupellose Kesseltreiberei von Außen und wird von seinen Kollegen einfach fallen gelassen. Wie sich diese Dinge so zuspitzen konnten, weiß ich nicht, da ich ja alles nur vom Hörensagen und lückenhaft kenne. Ich glaube, was H. am meisten kränkt, ja ich möchte fast sagen – wenn ich richtig zwischen den Zeilen zu lesen verstehe – seelisch geradezu niederdrückt, ist der Umstand, daß seine Gegner bei Ihnen Unterstützung oder zumindest Entgegenkommen finden sollen. Ich habe das letzte Wort unterstrichen, da ich es aufrichtig nicht glauben kann. Was könnte H., mit dem Sie ja, wie ich glaube, immer in guten verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden sind, verbrochen haben, was ein solches Vorgehen erklärlich machen würde. Daß er der Partei angehört, welche Festspielh.[aus] und Mozarteum getrennt wissen will, ist doch kein solches Vergehen, daß er auf diese Weise eliminiert werden müßte. Gegner des Festsp.[iel]- H.[auses] ist er sicher nicht, wie keiner von uns. Daß Dr. P.614 dem H. gegenüber nicht Grund hat, so vorzugehen, muß jeder Gerechte sagen. H. hat Dr. P. geradezu gehätschelt. – Man sagt mir, daß Dr. P. auch gegen mich sehr energisch arbeitet – warum, weiß Gott. Wäre ich nicht gewesen, wäre heute Dr. P. nicht in Salzburg. Nun, dies würde mich nicht wundern, wenn ich nicht wieder hören müßte, daß Sie Dr. P’s Agitation gegen meine Person unterstützen. Ich kann und will auch dies nicht glauben, denn Cui prodest  ?615 – Außerdem bin ich kein Unker, wenn Sie mir heute schreiben würden, es ist für das Moz.[arteum] gut, wenn Sie gehen, so würde dies doch sicher mehr wirken als eine Agitation durch Dr. P. – Leider bin ich von meinem Thema weit abgeschweift. Meine dringende Bitte an Sie geht dahin, gestalten Sie die Situation so, daß H. bleiben kann. Sie ganz allein haben dies in Ihrer Hand. – Leider lese ich in einer Zeitung, daß Sie auch aus dem Kuratorium ausgetreten sind. Da mir Dr. Sedl. nichts davon geschrieben hat, so halte ich dies für einen Irrthum.616 Sollte es aber doch wahr sein, würde ich es in diesem

612 Das Kuratorium des Mozarteums. Zur Kontroverse zwischen Josef Huttary und Bernhard Paumgartner, dem Direktor der Musikschule Mozarteum, vgl. Wagner  : Mozarteum, S. 179 ff. 613 Gemeint ist das Konservatorium »Mozarteum«. 614 Bernhard Paumgartner. 615 Lat.: »Wem nützt es  ?«. 616 Tatsächlich trat Friedrich Gehmacher nicht aus dem Kuratorium des Mozarteums aus.

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Momente sehr bedauern, da es für das Moz.[arteum] sehr bedenklich wäre, daß Sie es gerade jetzt verlassen, wo alles drunter und drüber geht und Ihr Einfluß Alles wieder einrenken kann. Ich muß also auch in dieser Hinsicht an Sie appellieren – bleiben Sie  ! Ich kann mir diesen Appell erlauben, da auch ich für das Moz. nach Kräften weiterarbeite, trotzdem ich seit 6 Monaten krank bin und leider täglich kränker werde. Besonders empfehle ich Ihnen, die »Mitteilungen«,617 die einen großen Erfolg des Moz. ausmachen. Ein Programm-Punkt »wissenschaftliche Bethätigung« wird damit in glücklichster Weise inauguriert. Ich mache diese Zeitschrift allein – welche Schwierigkeiten mir in Salzburg gemacht werden, kann Ihnen Dr. Sedl. sagen und auch gewisse Korrespondenzen zeigen. Da ich mich heute besonders unwohl fühle, muß ich schließen und bleibe mit den besten Empfehlungen Ihr ergebenster Lewicki

259. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Wien, 28. IV. 19 Geehrtester Herr Direktor  ! Ihren Brief vom 25. d. M.618 habe ich mit bestem Danke heute erhalten. – Ich freue mich, daß Alles Ihre werthe Person betreffendes nur Gerücht war. Ihr Austritt jetzt hätte unbedingt als Demonstration gegen H.619 gedeutet werden müssen. Ihr Vorschlag, H. wieder ins Kuratorium einzuführen, ist der jetzt wohl gangbarste Weg. Ich habe heute an H. geschrieben, daß mir eine Rückkehr in dieser Form ganz acceptabel erscheint und ihn gebeten, seine Kraft uns zu erhalten. Ich glaube und hoffe, daß er sich damit zufrieden geben wird. – Ich schrieb ihm auch, er möge, falls er die Schule satt hat – was ich aufrichtig begreiflich fände – doch Zentralvorsteher, Obmann der Bibl.[iotheks]-Kommission und im Geburtshaus-Ausschusse bleiben. – Diese 3 Sektionen nehmen Ingerenz620 auf die wissenschaftliche Bethätigung des Mozarteums – nach meiner innersten Ueberzeugung der Hauptberuf desselben. Nur dadurch kann es in der Welt Wurzel fassen. Schule, Konzertbüro etc. sind nur locale Dinge. – Ich hoffe Ihnen heuer im Sommer mündlich darlegen zu können, wie ich den Freundeskreis des Mozarteums durch unsere »Mittheilun617 Die Mozarteums-Mitteilungen  ; vgl. die Anm. in Dok. 248 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 30.12.1918). 618 Keine Vorlage überliefert. 619 Josef Huttary. 620 Jurist. Terminus  : Abwendung einer herbeigeführten Gefahr.

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gen« erweitert habe – vorläufig durch 2 Hefte  ! Alles, was Mozartforschung betrifft, hat sich mit uns in Verbindung gesetzt. Keine leichte Arbeit, da uns der arme, schon sehr senile Engl621 trotz seines besten Willens in allen wissenschaftlichen Kreisen in argen Verruf gebracht hat. – Puncto Festspielh.[aus] können wir natürlich nie auf gleich kommen, da Sie von der ganz falschen Voraussetzung ausgehen, ich sei ein Gegner derselben. Wann, wo und wie hat sich meine Gegnerschaft geäußert  ? – Glauben Sie mir, das größte Glück für das Festsp.[iel] H.[aus] war der eigene Verein, das ist nicht meine Ansicht, sondern von Damisch und, wie er mir sagte, aller Wr. Festspielhaus-Matadore. Nur diese neue gährende Kraft hat die in so kurzer Zeit sehr großen Erfolge gezeitigt. Glauben Sie wirklich, daß das Mozarteum, welches seinen Agenden nur keuchend und pustend, manchmal auch gar nicht nachkommt, administrativ auch noch die Festspielh.[aus] Agenden hätte aushalten können  ? Das wissen Sie als berühmter Organisator doch wohl selbst am besten sich zu beantworten. Ein Wr. Verein wäre dann wohl überhaupt unmöglich gewesen. Ich stehe mit Ihren Wr. Herren außer mit Damisch in keiner Verbindung, sie haben also keine Ahnung, daß ich dieser Ansicht bin – fragen Sie sie aber, ich bin überzeugt, alle würden meiner Ansicht sein. Nun, hoffentlich können wir uns über dieses Thema einmal mündlich unterhalten. – Wie ist denn Ihre Wohnungsadresse  ? Ueber Dr. P.622 kann ich mich brieflich nicht so weitläufig äußern – aber er hat durch Vorgänge im Sommer als Mensch bei mir sehr verloren – ein Gentleman wird die Undankbarkeit nie bis zu Gemeinheit treiben oder dieselbe doch etwas zu verdecken trachten. Nun, Gott sei Dank, ich habe mit der Schule nicht das Geringste zu thun, ergo ist mit auch Dr. P. ziemlich gleichgiltig, falls er sich um meine Person nicht kümmert. Mit besten Grüßen ergebenster Lewicki

260. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 29. April 1919 Verehrteste gnädige Frau  ! […] Aus Salzburg bekam ich ausführlichste Briefe von Huttary und Dr. Sedlitzky. – Alles ist im Chaos. Ich entschloß mich an Gehmacher zu schreiben und an ihn zu appellieren, daß er doch unmöglich gegen Huttary vorgehen könne. Vorgestern bekam ich 621 Johann Evangelist Engl  ; vgl. die Anm. in Dok. 248 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 30.12.1918). 622 Bernhard Paumgartner.

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von ihm Antwort – daß er nicht gegen H. gewesen sei, daß H. Dr. Paumgartner selbst großgezogen habe – damit hat G. nicht Unrecht – nur daß er an dem in einigen Tagen stattfindenden außerordentlichen Mozarttage die Wiederwahl Huttarys erhoffe. Dann wieder seine wirren Reden über Festspielhaus. Er ist nicht normal. Das sagt mir auch sein Intimus Damisch und diese Ansicht soll im Wiener Hauptvereine allgemein sein. – Alles dies macht leider stundenlanges Correspondieren nothwendig, was bei der Widerlichkeit des Themas doppelt ermüdend wirkt. […] Mit Handkuß ganz ergebenster Lewicki

261. »Dr. Richard Strauß teilte der Direktion der Salzburger Festspielhausgemeinde drahtlich mit…«623 [5. Mai 1919] Dr. Richard Strauß teilte der Direktion der Salzburger Festspielhausgemeinde drahtlich mit, daß er voraussichtlich am Sonntag den 11. d. in Wien eintreffen werde. – Die Festaufführungen in der Oper beginnen am 15. d. Richard S t r a u ß wird sich bereits an den Vorbereitungen zu diesen Aufführungen beteiligen, während seiner Anwesenheit in Wien aber auch in Angelegenheit der Erbauung des großen deutschösterreichischen Festspielhauses in Salzburg tätig sein.

262. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki 6-5-19 Mein lieber Herr von Lewicki, […] Man erzählte mir gestern, daß Reinhardt schon s.[eine] Schauspielreklame fürs Festspielhaus zu machen anfängt, es soll schon hier in Zeitungen gestanden haben. […] 1000 Grüße L. L.

623 Vgl. die Anm. in Dok. 256 (»Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.]. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14.4.1919).

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263. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Wien, 15. Mai 1919 Verehrteste gnädige Frau  ! […] Von Stibrals Erklärung624 würde ich jetzt gar keinen Gebrauch machen. – Es ist jetzt in Salzburg so viel Zündstoff aufgehäuft, daß man Alles vermeiden müßte, was denselben vermehren könnte. – Reinhardt ist mit seiner Reklame etwas verfrüht – heute sieht es bei uns nicht so aus, als ob in absehbarer Zeit bei uns Festspielhäuser gebaut werden würden. […] Handkuß an Sie und Ihre liebe Schwester von Ihrem ergebensten Lewicki

264. Hugo von Hofmannsthal an Max Reinhardt in großer Eile  ! Rodaun, 26. V. 19. Lieber Herr Reinhardt, ich gebe mir beständig intensive Mühe, in der Salzburgersache die Fäden in der Hand zu behalten u. sie nicht verwirren zu lassen. Hiezu scheint es mir besonders nötig, daß die Gruppe der Künstler (Sie, Strauss, Schalk, Roller u. ich) in allen vollkommen d’accord u. g e s c h l o s s e n vorgehe  ; die Salzburger Bürger des comités müssen das Gefühl haben, von uns mit sicherer Hand in einer bestimmten uns vorschwebenden Richtung geführt zu werden. Diesem Zwecke diente unter anderm mein Programmentwurf  ;625 ich sandte ihn im März an Sie, lege ihn aber vorsichtshalber nochmals bei. Er suchte das Dilemma O p e r oder g r o ß e s S c h a u s p i e l aus dem Weg zu schaffen, indem er beide zusammen unter dem Begriff Festspiel faßte. Gestern brachte mich nun bei einer Vorsitzung626 der gute Strauss der so gar kein Diplomat ist, etwas aus der Fassung, indem er gerade im Augenblick, wo Roller ein 624 Gemeint ist vermutlich Franz Stibrals Rede am 3. April 1919 beim 40. Mozarttag (Dok. 255). 625 Vgl. Dok. 257 (H. v. Hofmannsthal  : Deutsche Festspiele zu Salzburg. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 3 u. 4 [April], S. 1–3). 626 Sitzung des Kunstrates am 25. Mai 1919, welche in der Wiener Oper stattfand und an der Hofmanns-

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ausgezeichnetes ganz in Ihren Intentionen concipiertes Bauprogramm entwickelte, einwarf  : Sie seien momentan ganz begeistert von irgend einem Dresdener Theaterarchitekten,627 worauf Roller begreiflicherweise blaß wurde und sich bereits durch diesen Unbekannten verdrängt sah. Meines Erachtens (und nach Rollers Conceptionen) zerfiele die Bauaufgabe in 2 Teile  : 1. die beiden Theaterräume, der große u. der kleine, beide umgestaltbar für Oper, großes Schauspiel u. Concert  ; Orchestra, Auftritte für Chöre, IIte Bühne – alles in Ihrem Sinne vorbedacht, im Hinblick auf Faust II etc. Diese Aufgabe, das Innere der Theater, wäre zu lösen von Ihnen, Roller, Dvorsky628 und Linnebach629 – den wir für Wien gesichert haben, gemeinsam. Als die wichtigste Aufgabe des Architecten ergäbe sich folgendes  : von der Ankunftshalle zu den Theatern hin führt ein architectonisch schöner ausgedehnter Vorbau, statuengeschmückt  ; dieser enthält die foyerartigen Räume – die sind also nicht im Theater selbst, sondern es sind gleichsam die Eingeweide des Theaters nach außen verlegt, alles Vorbereitende u. Festliche – das Gebäude enthält nur das Herz des Ganzen. Für diese eigentlich architectonischen, nicht theatertechnischen Probleme denkt Roller an Hoffmann630 – auf Grund von dessen besonders großen u. erfolgreichen Ausstellungsbauten  : Rom, Köln etc. – Hoffmann heute sehr gereift wäre einer gewissen discreten Anlehnung an Landschaft u. Barock fähig. Das aber ist cura posterior.631 Das Entscheidende scheint mir die Zusammenarbeit mit Roller – in dem die Anregungen Ihres Schaffens alle diese Jahre weitergelebt u. sich entwickelt haben –. Demzufolge bitte ich Sie dringend, schicken Sie gleich eine Depesche an Roller (I. Stubenring 3) worin Sie ihm 1. Ihr Vertrauen aussprechen, 2. ihm sagen zu welchem Zeitpunkt ehestens Sie mit ihm in Salzburg zu einer unerläßlichen Besprechung all dessen was dann dem definitiven j e d e n Architecten bindenden Bauprogramm zu Grunde liegen muß, zusammentreffen können. Wenn Fixierung des Zeitpunkts noch nicht möglich, so deuten Sie ihn bitte, jetzt schon a n   !

thal, Roller, Schalk und Strauss teilnahmen. Dabei seien »die allgemeinen Umrisse für den [Festspiel-]Hausbau im Einklang mit den Ideen unseres in Berlin weilenden Kunstratmitglieds Professor Max Reinhardts festgelegt worden« (Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 6 [Juni], S. 16). 627 Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um den deutschen Architekten Hans Poelzig handelt (vgl. Dok. 286, Josef Hoffmann und Hans Poelzig werden von der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde mit der Ausarbeitung von Ideenprojekten für ein Festspielhaus betraut. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 11 [November], S. 16). 628 Karl Dvorsky, Bühnenmeister am Theater in der Josefstadt. 629 Adolf Linnebach (1876–1963), dt. Erfinder und Bühnentechniker, seit 1909 technischer Direktor am Schauspielhaus Dresden. 630 Josef Hoffmann (1870–1956), österr. Architekt und Designer. 631 Lat.: »spätere Besorgnis«.

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Der Ihre Hofmannsthal P.S. Moissi’s632 Gegenwart hier macht mir viel Freude, verbindet mich doch ein bis­ chen wieder mit Ihnen.

265. »Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder der Salzburger FestspielhausGemeinde« am 28.V.19 Beginn 2h 45 nm. Anwesend  : Thurn und Taxis, Hofmannsthal, Gehmacher, Roller, Damisch, Ronsperger, Dr. Schey, Krumpholz, Dr. Wiener, Ridler,633 Jung, Kerber634 Dir. Mitgl. Willy Ginzkey läßt sich, da verreist, schriftlich entschuldigen. Präs.635 begrüßt die anwesenden Salzburger Herrn. Dam.636 verliest das Protokoll der Dir. Sitzung vom 12. v. Wiener fragt nach dem Stand der Subventionierungsfrage. 632 Alexander Moissi  ; vgl. die Anm. in Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde / F. Künzelmann, 21.7.1918). 633 Josef Ridler, ab 1919 Sekretär des Zweigvereins Wien der SFG, wie Gehmacher Mitglied der AltHerren-Vereinigung Deutsch-akademischer Gesangsvereine und Sängerschaften in Salzburg. 634 Erwin Kerber (1891–1943), Jurist, Sohn Hermann Kerbers. Wurde in der Ausschusssitzung des Zweigvereins Salzburg der SFG vom 5. Mai 1919 mit dem Titel eines Sekretärs als Leiter des Salzburger Büros bestellt (vgl. Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], 5 [Mai]). Wirkte in der Folgezeit als Geschäftsführer der SFG und ab Mitte der 1920er Jahre auch als künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele, 1936–40 Direktor der Wiener Staatsoper, 1942–43 Intendant des Salzburger Landestheaters. Hans-Conrad Fischer schildert die Umstände der Ernennung Erwin Kerbers zum Sekretär des Zweigvereins Salzburg der SFG auf der Grundlage eines Interviews mit Heinrich Damisch. Der Hotelier Georg Jung habe diesem »1919 bei einem Gespräch über die Wahl eines Sekretärs für die Festspielhausgemeinde den Vorschlag« gemacht, »für diesen Posten den Sohn Hermann Kerbers, Erwin Kerber, der damals seinen Doktor juris gemacht hatte, zu nehmen. So wurde die Gegnerschaft Hermann Kerbers, des getreuesten Jüngers Lilli Lehmanns, diplomatisch ausgeschaltet, und zugleich gewann die Festspielhaus-Gemeinde einen Mann, der sich dann größte Verdienste um die Festspiele erwarb.« (Hans-Conrad Fischer  : Die Idee der Salzburger Festspiele und ihre Verwirklichung. Univ.Diss. München 1954, S. 59). 635 Präsident Alexander von Thurn und Taxis. 636 Heinrich Damisch.

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Gehmacher hebt die Notwendigkeit hervor damit zu rechnen und sich klar zu werden, inwieweit uns die fortschreitende Lockerung der Beziehungen zwischen Wien und Salzburg tangiere. In der Subventionierungsfrage sei durch die inzwischen ins Rollen gekommene Frage der Verstaatlichung des Mozarteums von der Salzb. Landesregierung das Festspielhausprojekt in zweite Linie gerückt worden, wie der maßgebende Referent, Hofrat Baillou,637 ihm gelegentlich eines Zusammentreffens bei einem Konzert mitteilte. Er habe daraufhin mit H. Jung bei Hofrat Baillou vorgesprochen, um denselben über die wichtigsten Fragen zu orientieren. Baillou sei dann nach Wien gereist, und es sei leider verabsäumt worden, die Herrn hier von der Anwesenheit dieses zu verständigen, teils weil man glaubte, daß sein Aufenthalt nur von kurzer Dauer wäre, teils weil in Wien niemand informiert war. H. Jung habe dann eine (sub I beiliegende) Eingabe verfaßt und überreicht. Doch stehe unsere Sache nicht am allergünstigsten. Der in dieser Eingabe beanspruchte Zuschuß zu unseren Verwaltungskosten sei ein Gebot der Notwendigkeit. Die doppelte Bureauführung verschlinge große Summen  ; der Zweigverein Salzburg allerdings bringt die Kosten für sein Bureau vollkommen herein, der Zweigverein Wien möge versuchen dasselbe zu tun, wie denn überhaupt das Schwergewicht der Tätigkeit in Wien dem Zweigverein, nicht den Direktionsmitgliedern aufliegen solle. Wiener berichtet von einer sehr kühlen Antwort d. Staatssekr. f. Unterricht Glöckel.638 Das Wichtigste sei, daß unsere bei der Salzburger Regierung liegende Eingabe entsprechend befürwortet sobald als möglich an das Staatsamt der Finanzen zurückkomme. Gehmacher frägt an, ob man damit einverstanden sei, daß wir nebst der großen Subvention auch eine sogleich flüssig zu machende kleinere Subvention zur Deckung der Regiekosten von 30.000 anstreben, und fordert die Herausgabe einer Brochure, die geeignet ist, Interessenten alles Wissenswerte jederzeit mitteilen zu können, damit der Öffentlichkeit in völliger einheitlicher Weise offiziell von uns Auskunft erteilt werden kann. Wiener spricht sich aus taktischen Gründen gegen das Ansuchen um die kleinere Subvention aus. Gehmacher betont abermals die dringende Notwendigkeit eines Regiekostenzuschusses, da wir bereits jetzt schon das Kapital angreifen müssen. Andererseits müsse unser Betrieb viel kosten. 637 Franz Freiherr von Baillou (1873–1949), Hofrat, 1926–34 Salzburger Landesamtsdirektor. 638 Otto Glöckel (1874–1935), sozialdemokratischer Politiker und Schulreformer, 1919/20 Staatssekretär für Unterricht.

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Ronsperger hält es für ausgeschlossen, daß der Staat uns subventioniert, bevor er nicht zur Überzeugung gekommen ist, daß es mit dem Bau ernst wird. Auf keinen Fall würde uns diese kleinere Subvention bewilligt. Gehmacher bekennt sich zu derselben Ansicht, wie er überhaupt den Optimismus der Wiener Herrn in der Subventionsfrage nicht teile und der Meinung sei, die ganze Sache auf eine andere Basis zu stellen. Man müsse sich auf die Werbetätigkeit von Vereinsmitgliedern werfen, 10.000 Mitglieder mit 10 K Beiträgen und eine entsprechende Anzahl werbender mit 3 K Beiträgen geben ein Vereinsvermögen von … In der ganzen Welt müsse die Werbetätigkeit einsetzen. Ronsperger  : es sei keine Versündigung an unserer Idee, wenn wir das Kapital angreifen müssen. Eine Schaffung der Unterlagen f. d. Bau werde zweifellos größere Auslagen zur Folge haben. Die Anwerbung neuer Mitglieder hingegen stoße auf große Schwierigkeiten. Jung bringt den Entwurf seiner Demarche an die Regierung zur Sprache. (S. Beilage II.) Die darin enthaltene Aufstellung, welche seinerzeit Reinhardt übersendet worden war, habe ihn offenbar nicht befriedigt. Seine nahe bevorstehende Ankunft werde diesbezügliche Aussprache ermöglichen. Hofmannsthal frägt bezüglich der Einreisebewilligungen an. Jung erwidert, der Arbeiter- u. Soldatenrat in Salzburg sei hiefür maßgebend. Er schlägt vor, eine Eingabe an die Einreisekommission zu machen und um eine generelle Erlaubnis f. die Wiener Direktionsmitglieder anzusuchen. Eine baldige Fahrt der Wiener Herrn sei dringendst nötig. Die Salzburger Öffentlichkeit, die Landesversammlung, die Presse müsse in Kenntnis gesetzt werden, man müsse von sich reden machen. Mit den Spitzen der Behörden müsse eine Besichtigung des Bauplatzes vorgenommen werden etc. Es sei nötig, daß dies vor der Generalversammlung erfolge. Damisch bringt die Zuschrift des d.[eutsch-]ö.[sterreichischen] Staatsamtes f. Verkehrswesen auf unsere Eingabe vom 27. II. d. J.639 zur Verlesung und knüpft daran die Hoffnung, daß nun auch die anderen Staatsämter in ähnlich entgegenkommender Weise antworten werden. Roller verliest nun sein ausführliches, detailliertes Projekt und legt Skizzen vor, welche den Innenraum in seinen beiden Hauptverwendungen für dramatische und für Konzertaufführungen darstellen. (Beilage III)640 Über diese Entwürfe müßte man mit Reinhardt persönlich sprechen, ebenso über den Bauplatz mit dem Architekten, dem wir mit fixen Absichten kommen müssen. Die Ausschreibung eines Wettbewer639 Vgl. Dok. 254 (Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Staatsamt für Finanzen, [27.2.1919]). Das Antwortschreiben ist nicht überliefert. 640 Rollers Projektentwurf wurde unter dem Titel »Festspielhaus in Salzburg. Bauprogramm« in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 6 (Juni), S. 1–4, publiziert.

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bes halte er nicht für empfehlenswert, weil wir vor allem keine Zeit mehr haben. Er verlange zweierlei  : 1.) einen Plan von Hellbrunn, 2.) eine Abschrift der in Salzburg geltenden Bauvorschriften. Er seinerseits schlage Prof. Hofmann641 vor, Reinhardt habe ebenfalls einen Architekten im Auge.642 Präsident regt an, sich direkt mit Reinhardt in Verbindung zu setzen. Damisch betont die ungeheuere Wichtigkeit der Roller’schen Ausführungen, welche den Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung bilde. Hofmannsthal erklärt sich bereit, persönlich mit Reinhardt in Verbindung zu treten und eine Depesche abzusenden des Inhaltes  : »Wir sind mit unseren Vorarbeiten so weit, daß wir als nächsten Schritt eine Zusammenkunft der Mitglieder der Direktion und des Kunstrates mit Reinhardt in Salzburg für unerläßlich halten.«643 Da P. 2 der Tagesordnung schon durchbesprochen, wird zu P. 3 übergegangen. Damisch schlägt vor, zur Information der Presse, nicht im Sinne einer Polemik gegen bereits erschienene Artikel, eine aufklärende Broschüre den Zeitungen zur Verfügung zu stellen. Es gehe nicht an, die in letzter Zeit besonders über die Stellung Reinhardts zur Festspielhaussache veröffentlichten Meldungen (vgl. Wr. SonnMontagzeitung vom 25. v. u. a.)644 unwidersprochen zu lassen, man müsse solchen irreführenden Nachrichten vorzubeugen suchen. In Besprechung des P. 4 wird allseits betont und gefordert, an eine Reihe von werktätigen Persönlichkeiten heranzutreten, um Direktion und Zweigvereinsleitung zu vervollständigen.

641 Josef Hoffmann  ; vgl. die Anm. in Dok. 264 (H. v. Hofmannsthal an M. Reinhardt, 26.5.1919). 642 Vermutlich Hans Poelzig. 643 Vgl. Dok. 266 (H. v. Hofmannsthal an M. Reinhardt, 29.5.1919). 644 Vgl. Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 19.5.1919, S. 6  : »Professor Max Reinhardt, der, wie bekannt, in der nächsten Spielzeit in Salzburg ein Festspielhaus errichten wird, beabsichtigt hiefür ein eigenes Ensemble zu engagieren. Die Hauptkräfte seiner Berliner Theater werden jedoch von Zeit zu Zeit dort Gastspiele absolvieren«. Bereits am 10. Februar 1919 hieß es in der Zeitschrift Der Morgen. Wiener Montagblatt, Reinhardt habe »kürzlich einen Vertrauensmann nach Wien und Salzburg geschickt, um mit der Mozart-Festspielhausgemeinde Verhandlungen anzuknüpfen. Reinhardt möchte sich finanziell an dem Bau des Festspielhauses unter der Bedingung beteiligen, daß sich dasselbe außer dem Mozart-Kult die Aufführung von anderen großen klassischen und modernen Werken zur Aufgabe stellt. In diesem Falle wollte Reinhardt als künstlerischer Leiter fungieren«. Ein Ergebnis hätten die Verhandlungen vorderhand nicht erzielt. Einen Monat später konnte man im selben Blatt über das »Projekt Reinharts« lesen, dass sich Richard Strauss (in der Zeitungsmeldung irrtümlich »Richard Kraus« genannt), Franz Schalk und Reinhardt bereits »über die wesentlichen Punkte geeinigt haben. Das Festspielhaus soll in Hellbrunn bei Salzburg errichtet werden und zehn Millionen Kronen kosten.« (Der Morgen. Wiener Montagblatt, 10.3.1919). Das Salzburger Volksblatt vom 28. April 1919 kommentierte diese und ähnliche Wiener Zeitungsmeldungen mit dem Hinweis, dass »wahrscheinlich eine mißverständliche Auffassung von der Idee des Salzburger Festspielhauses, als dessen Leiter mehrfach auch Max Reinhardt genannt wurde«, vorliegen würde.

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Jung bittet bei dieser Gelegenheit, der Zweigverein möge künftig mehr und die Direktion weniger Sitzungen abhalten. Ronsperger weist auf die bestehende Identität der Direktions- u. Leitungsmitglieder hin. Jung beantragt eine Eingabe an das Staatsamt der Finanzen bezüglich Nachlaß der Schenkungsgebühren. Damisch  : verlangt auf Grund der vielversprechenden Antwort des Staatssekretärs Dr. Paul645 Freikarten f. die Direktionsmitglieder u. das Büropersonal auf der Strecke Wien – Salzburg und für den Zentralvorsteher der OG646 auf allen in Betracht kommenden Strecken. Ronsperger fordert eine terminmäßige Festlegung der Di[rekti]onssitzungen. Jung bemerkt zu P. 6, daß man in Salzburg die Heranziehung junger Künstler zu einer Plakatausstellung beabsichtige  ; außerdem sei eine Preiskonkurrenz f. Entwürfe einer Ansichtskartenserie ausgeschrieben. Da P. 7 bereits gelegentlich der Besprechung der einzelnen Punkte erledigt wurde, schließt der Vorsitzende um 4 h 45 nm. die Sitzung. Beilagen  : I  : Eingabe an die Salzb. Landesregierung II  : Antwortschreiben d. Staatsamtes f. Verkehrswesen III  : Roller’sche Entwürfe647

266. Hugo von Hofmannsthal an Max Reinhardt Rodaun, am 29. Mai 1919 Lieber Herr Reinhardt, bei der gestrigen Sitzung des Salzburger Direktoriums und Kunstrates wurde ich beauftragt, Ihnen schnellstens mitzuteilen, daß die Dinge nunmehr, da ein vollständiges von Roller verfaßtes Bauprogramm vorliegt, keinen Schritt weiter gehen können, bevor nicht an Ort und Stelle, das heißt im Hellbrunner Park selbst, eine Begegnung zwischen Ihnen und den Herren des Finanzkomitees, vor allem aber zwischen Ihnen und Roller stattgefunden hat, man bittet Sie daher dringend zu einem möglichst baldigen Termin nach Salzburg zu kommen, den Termin Ihres Hinkommens aber möglichst nicht weniger als 8–10 Tage vorher – wegen der Umständlichkeit jeder Einreise – an mich und an Roller zu depechieren. Wegen Ihrer persönlichen Ein645 Ludwig Paul (1864–1920), Jurist, Beamter und Politiker, 1919–20 Staatssekretär für Verkehrswesen. 646 Zentralvorsteher der Ortsgruppen der SFG. 647 Die erwähnten Beilagen sind nicht überliefert.

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reisebewilligung, falls Sie nicht etwa im Besitz einer Permanenten sind, sind Sie gebeten, sich an Herrn Jung zu wenden, der mit dem Arbeiter- und Soldatenrat in guter Beziehung steht. Einen Brief ähnlichen Inhaltes etwas ausführlicher, überbringt Ihnen Baron Andrian, der heute in Berlin eintreffen dürfte. Mit vielen Grüßen Ihr Hofmannsthal

267. Heinrich Damisch an Richard Strauss Wien, am 13. Juni 1919. Hochverehrter Meister  ! In einer am 28. Mai d. J. stattgehabten Besprechung von Direktions- und Kunstratsmitgliedern, welche durch die Darlegungen des Herrn Hofrates Roller über seine Entwürfe zum Festspielhausbau hochbedeutsam war, wurde beschlossen, an Herrn Professor Max R e i n h a r d t eine Depesche folgenden Inhaltes abzusenden  : »Wir sind mit unseren Vorarbeiten so weit, daß wir als nächsten Schritt eine Zusammenkunft der Mitglieder der Direktion und des Kunstrates mit Herrn Professor Max Reinhardt in S a l z b u r g für unerläßlich erachten.« Daraufhin hat nun Herr Professor Reinhardt in gleichlautenden Depeschen an die Herren Dr. Hugo H o f m a n n s t h a l und Hofrat R o l l e r mitgeteilt, »daß er Begegnung in Salzburg anfangs Juli bestimmt in Aussicht nimmt.« Wir bitten Sie nun, hochverehrter Meister, es zu ermöglichen, daß Sie auf eine telegraphische Verständigung über den genauen Zeitpunkt an dieser hochwichtigen Zusammenkunft, welche aller Voraussicht nach einen entscheidenden Schritt nach vorwärts bedeuten wird, teilnehmen. Gleichzeitig bitten wir Sie um eine Rückäußerung bezüglich des Wunsches der Direktion, der Kunstrat648 möge Professor Dr. Eusebius M a n d y c z e w s k i 649 als Mitglied kooptieren. Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung fuer die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Heinrich Damisch m. p.

648 Der Kunstrat der SFG. 649 Eusebius Mandyczewski (1857–1929), österr. Musikwissenschaftler und Komponist, Lehrer am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und zugleich deren Bibliothekar und Archivar.

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268. Richard Strauss an Hugo von Hofmannsthal Garmisch, 17. 6. 1919 Lieber Freund  ! […] Der Einladung der Salzburger, Anfang Juli dorthin zu kommen, kann ich bei den heutigen Reiseverhältnissen und meinem dringenden Erholungsbedürfnis nicht folgen. Es genügt aber doch, wenn Roller und Reinhardt mit Ihnen noch an Ort und Stelle beraten. Ein Vorschlag der »Gemeinde«, Professor Mandyczewski in den Kunstrat zu optieren, hat doch keinen Sinn  ! Was tun wir mit einem Mozart-Bonzen  ? Wie denken Sie darüber  ? Mit herzlichen Grüßen Ihr treu ergebener Dr. Richard Strauss

269. Hugo von Hofmannsthal an Richard Strauss Rodaun, am 21. VI. 1919 Lieber Dr. Strauss, […] Ich bin gleich Ihnen der Ansicht, daß der Kunstrat komplett ist, und daß es nur die Schwierigkeiten vermehrt, wenn wir diesen M.650 oder wen immer noch hineinnehmen. Vielleicht finden Sie mit Schalk gemeinsam eine geschickte, nicht verletzende Form, den Mandyszewsky abzulehnen. Ebenso bin ich gleich Ihnen der Ansicht, daß Ihre Erholung wichtig ist und Ihre Anwesenheit in Salzburg durchaus entbehrlich ist und, daß, wenn Reinhardt, Roller und ich gewisse Dinge besprechen, nichts festgelegt werden wird, was Sie irgend mißbilligen würden. Mit vielen Empfehlungen an Ihre verehrte und liebe Gattin bin ich Ihr freundschaftlich ergebener Hofmannsthal

650 Eusebius Mandyczewski  ; vgl. die Anm. in Dok. 267 (H. Damisch an R. Strauss, 13.6.1919).

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270. Erwin Kerber an Bernhard Paumgartner Salzburg, am 21. Juli 1919

Hochverehrter Herr Direktor  ! Ich habe den angenehmen Auftrag, Ihnen im Namen des Ausschusses651 unsere Freude über Ihre Beitrittserklärung zu verdolmetschen. Es kommen ja viele, unsere Ziele zu unterstützen, und doch so wenige, denen es wirklich um ehrliche Förderung unserer Kulturbestrebungen zu tun ist, ohne jeden Seitenblick auf diesen materiellen oder jenen wirtschaftlichen Vorteil. Sie, Herr Direktor, gehören zu jenen wenigen  ; Ihr Ruf, Ihr Name, Ihre künstlerische Position verbürgen es. Deshalb ist unsere Freude eine besonders aufrichtige, eine besonders herzliche. – Wir hoffen zuversichtlich, daß Sie uns in wichtigen Fragen auch die Hilfe Ihres bewährten wertvollen Rates nicht vorenthalten werden. Mit selber Post erlaube ich Ihnen, sehr verehrter Herr Direktor, die Juninummer unserer »Mitteilungen« zu übersenden, die einen interessanten Aufsatz des Hofrates Roller enthält.652 Genehmigen Sie den Ausdruck vorzüglichster Hochachtung Ihrem sehr ergebenen /Dr. Erwin Kerber/ Salzburger Festspielhausgemeinde

271. Heinrich Damisch an Franz Schalk Wien, am 5. August 1919 Lieber, sehr geehrter Herr Direktor, ich hoffe, daß Sie Ihre Tiroler Tage recht angenehm verbracht und in den Besitz der Aufenthaltsbewilligung für Salzburg gelangt sind. Es wäre sehr wichtig und erfreulich, wenn Sie auf Ihrer Rückreise nach Wien in Salzburg Aufenthalt nehmen und mit uns die Generalversammlung am 15. August (½ 11h vorm. im Gemeinderats-Sitzungs-Saal) sowie die tags vorher stattfindenden Besprechungen mitmachen würden. 651 Ausschuss des Zweigvereins Salzburg der SFG. 652 Alfred Roller  : Festspielhaus in Salzburg. Bauprogramm. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 6 (Juni), S. 1–4.

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Hofmannsthal hält die Festrede, Roller und Reinhardt werden anwesend sein. Falls Sie schon unbedingt am 15. abends in Wien sein müssen, haben sie einen herrlichen Zug  : Schnellzug ab Salzburg 2h45 nachm. – an Wien 9h10 abds  ! Bitte um Nachricht nach Salzburg (Adresse  : Damisch, Sekretariat des Zweigvereins Salzburg, Residenz, Kurfürstenstraße), wann Sie kommen, damit rechtzeitig, falls nötig, ein Zimmer bestellt werde. Am besten vielleicht »Österr. Hof« (Europe ist gesperrt). Beim Konzert am Abend wirken mit  : Quartett Fitzner,653 Stiegler,654 Franz Schmidt,655 allenfalls auch Kiurina.656 Nachmittags ist Jause in Hellbrunn mit Alt-Wiener Terzett und Besichtigung des Bauplatzes. Ich fahre Donnerstag 7. d. abends von Wien nach Salzburg, bin also ab Freitag den 8. früh dort. Taxes657 wird diesmal wahrscheinlich präsidieren. – Auf baldiges Wiedersehen sich freuend mit herzlichem Gruße Ihr ergebener Damisch.

272. Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde beschließt die Einleitung eines Planungsprozesses zur Errichtung eines Festspielhauses [September 1919] […] Am 14. August folgte eine zweite Direktionssitzung,658 der ebenfalls Vizepräsident Direktor G e h m a c h e r präsidierte. Aus dem Verlaufe der Verhandlungen ist hervorzuheben, daß das geschäftsführende Direktionsmitglied D a m i s c h einen ausführlichen Bericht über die Verhandlungen mit den Staatsämtern erstattete, die ohne Ausnahme dem Festspielhausprojekte größtes Interesse entgegenbringen. Den Anregungen einer vorhergehenden Besprechung mit den Mitgliedern des Kunstrates P r o f e s s o r M a x R e i n h a r d t und H o f r a t R o l l e r wurde Folge gegeben und beschlossen, die baulichen Grundlagen zu beschaffen, wozu der Bauausschuß mit den nötigen Vollmachten ausgestattet wurde.

653 Rudolf Fitzner (1868–1934), österr. Geiger, Begründer des Fitzner-Quartetts, mit dem er zahlreiche Konzertreisen unternahm. 654 Karl Stiegler (1876–1932), österr. Hornist, Mitglied der Wiener Philharmoniker. 655 Franz Schmidt (1874–1939), österr. Komponist, Cellist und Musikpädagoge. 656 Berta Kiurina  ; vgl. die Anm. in Dok. 25 (H. Damisch an F. Gehmacher, 24.8.1916). 657 Alexander von Thurn und Taxis. 658 In einer vorhergehenden Direktionssitzung der SFG am 12. August wurden in der Hauptsache innere Organisationsfragen behandelt (vgl. Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 9 [September], S. 21).

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273. »Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde«659 [18. August 1919] Der Vorsitzende Direktor R o n s p e r g e r eröffnet um ¾11 Uhr die Generalversammlung und begrüßte als Vertreter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht Ministerialrat Dr. K o b a l d , 660 des Landes Salzburg die Landeshauptleute Ing. M e y e r 661 und Max O t t , als Vertreter der Gemeinde die Bürgermeister B e i n k o f e r 662 und Ing. H i l d m a n n , 663 ferner die Hofräte der Landesregierung Hiller664 u. Baillou, Bezirkshauptmann Dr. Proschkou,665 den Präsid. des Mozarteums Dr. Sylvester, sowie die übrigen zahlreich erschienenen Mitglieder, unter denen sich viele namhafte Persönlichkeiten befanden wie Hofrat Bela Veith,666 Professor Franz Schmidt, Kammersänger Richard Mayr, Kapellmeister Nilius und die Schriftsteller Raoul Auernheimer,667 Rudolf Holzer, Dr. Robert Konta668 und Felix Salten. Für den Kunstrat waren erschienen Prof. Max Reinhardt, Hofrat Roller und Dr. Hugo Hofmannsthal. Nach einem kurzen Nachruf für den verstorbenen Vizepräsidenten Artaria erstatteten Oberstleutnant Frank den Tätigkeits-, Rechnungsrat Sacher den Rechnungsbericht. Beiden Berichten konnte günstiges Fortschreiten und weitere Festigung der Festspielhausidee entnommen werden. Der Vertreter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht Dr. Kobald brachte in herzlichen Worten die lebhafte Anteilnahme und das Versprechen verständnisvoller Förderung der Festspielpläne durch das Staatsamt zum Ausdruck. Es wurde die Absendung von Begrüßungsdepeschen an die Staatssekretäre Glöckel, Paul und Zerdik beschlossen. Den Höhepunkt der Versammlung bildeten die Ausführungen Hugo Hofmannsthals,669 der in bezwingend geistvoller Rede den Gedanken entwickelte, daß gerade 659 Die Generalversammlung der SFG fand am 15. August 1919 in Salzburg statt. 660 Karl Kobald (1876–1957), Ministerialrat, Kunstreferent im Staatsamt/Bundesministerium für Unterricht. 661 Oskar Meyer (1858–1943), 1919–22 Landeshauptmann von Salzburg. 662 Josef Beinkofer (1864–1947), Salzburger Gemeinderat und Vize-Bürgermeister. 663 Richard Hildmann (1882–1952), Ingenieur, Salzburger Vize-Bürgermeister, ressortzuständig für das Bauwesen  ; 1924–26 Präsident der Salzburger Festspiele. 664 Karl Freiherr von Hiller-Schönaich  ; vgl. die Anm. in Dok. 181 (R. v. Lewicki an L. Lehmann, 5.2.1918). 665 Adalbert Proschko (1863–1944), ab 1912 Bezirkshauptmann von Salzburg-Umgebung. 666 Béla Veith (ca. 1858–1933 od. 1934), Unternehmer, Finanzberater des Landes Salzburg, Besitzer von Schloss Mönchstein. 667 Raoul Auernheimer (1876–1948), österr. Journalist und Schriftsteller. 1939 Emigration in die USA. 668 Robert Konta (1880–1953), Komponist und Musikpädagoge, als Musik- und Theaterkritiker für verschiedene Zeitungen tätig. 1938 Emigration in die Schweiz. 669 Der Wortlaut der Rede ist nicht überliefert.

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in Salzburg die Erbauung eines Festspielhauses in dem Zusammenströmen aller Tendenzen der süddeutschen Theatergeschichte tief begründet sei und daß hier bei absoluter Unterordnung alles Mechanischen, Materiellen und Konventionellen unter ein heiliges Ziel Einzigdastehendes geschaffen werden könne, womit auch der deutschen Nation und Sache ein großer Dienst geleistet werden würde. Denn neuerdings beginnt süddeutsches Wesen auf die nördliche Kulturwelt seine werbende Anziehungskraft auszuüben, ja Österreich wird geradezu als das deutsche Gesicht empfunden, das in den letzten Jahren im Auslande leider vermißt wurde. Auf uraltem Boden, an der Stätte mozartschen Wirkens, handle es sich ganz besonders darum, den genius loci zu erfassen und ihm restlos und energisch zu dienen. Mit lebhaften Dankesworten an Hugo Hofmannsthal schloß der Vorsitzende die eindrucksvolle Generalversammlung. Nachmittags führte Hofrat Roller zahlreiche Freunde der Festspielhausidee auf den in Aussicht genommenen Bauplatz im Hellbrunner Park und entwickelte viele berückende Ideen über die Gesamtanlage des zukünftigen Festspielhauses. Ein Festkonzert im Mozarthaus, bei dem Professor Schmidt, Professor Stiegler und das Quartett Fitzner zur Freude der begeisterten Zuhörerschaft Haydn, Beethoven und Schubert spielten, beschloß den denkwürdigen Tag.

274. »Das Festspielhaus in Salzburg« [26. August 1919] Prof. Alfred Roller in Wien hat in einer Direktionssitzung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde das folgende Bauprogramm fürs Festspielhaus vorgelegt.670 Seine Vorschläge sind, wie wir den Mitteilungen der Festspielhaus-Gemeinde entnehmen, allseitig gebilligt worden. Das Festspielhaus steht in dem rückwärtigen waldähnlichen Teil des Hellbrunner Schloßparkes. Gedeckte Ankunftshalle. Gedeckte Verbindung mit dem Festspielhaus. Dieses besteht aus einem großen Festspielraum und einem kleinen Festspieltheater. Der Bau ist in solidem Material für dauernden Bestand ausgeführt. Er fügt sich der näheren und weiteren Umgebung harmonisch ein, ohne irgendwie Baugebilde der Vergangenheit nachzuahmen. Das Äußere des Hauses ist äußerst einfach, 670 Roller hatte am 15. August 1919 im Anschluss an die Generalversammlung der SFG »zahlreiche Freunde der Festspielhausidee auf den in Aussicht genommenen Bauplatz im Hellbrunner Park« geführt und dabei »viele berückende Ideen über die Gesamtanlage des zukünftigen Festspielhauses« entwickelt (Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gesellschaft 2 [1919], Nr. 9 [September], S. 21).

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fast schmucklos gehalten und wirkt lediglich durch Rhythmus und Verhältnisse. Der aus Repräsentationsgründen gebotene Schmuck des Gebäudes hat durchaus künstlerischen Wert. Auf die dekorative Ausgestaltung der Vestibüle, Foyers, Treppen usw. ist vollständig verzichtet. Der große Festspielraum faßt etwa 2000 Personen, die alle gut sitzen, hören und sehen. Er ist schmucklos und in sehr dunklen Tönen gehalten. Rücksicht auf die Entwicklung eines gesellschaftlichen Bildes entfällt hier. Alles ordnet sich den künstlerischen Darbietungen unter und wird durch sie bestimmt. Die Anforderungen an die akustischen Vorzüge des Raumes können daher nicht hoch genug bewertet werden. Obwohl die Festspiele im Sommer und Herbst stattfinden, ist mit Rücksicht auf das Salzburger Klima Heizmöglichkeit vorgesehen. Der Raum dient für dramatische, musikdramatische und Konzertaufführungen. Die Scheidung in Zuschauerraum und Bühne ist daher hier nicht so starr durchgeführt wie in den bisher üblichen Theaterhäusern. Zuschauerraum und Bühne lassen sich vielmehr als Raumeinheit behandeln. Auch die Anordnung der Sitze kann keiner der bisher üblichen Typen – Logenhaus, Rangtheater, Amphitheater – völlig entsprechen, sondern es sind ganz neue Lösungen dieser Frage gefunden. Den unterschiedlichen Verwendungszwecken des Raumes entsprechend, sind Veränderungen des Zuschauerraumes und der Bühne leicht durchführbar. Der Gegensatz des Festspielhauses zum Repertoiretheater drückt sich hierdurch deutlich aus. Die Werke, die innerhalb einer Festspielzeit in diesem Raume zur Darbietung gelangen, werden in ununterbrochener Folge aufgeführt, nachdem der ganze Raum hiefür in geeigneter Weise umgestaltet worden ist. Alle diese Umgestaltungen werden also einen provisorischen Charakter haben. Für dramatische Aufführungen lassen sich die Parterresitze rasch und leicht entfernen und in hiefür vorgesehenen Räumen deponieren, so daß das Parterre ganz oder teilweise als Spielfläche, als Orchestra, verwendbar wird. Die Bühne ist mit dieser Orchestra durch eine große, den Musikorchesterraum überdeckende Treppenanlage verbunden  ; das Bühnenpodium und die Orchestra, also der Parterreboden, sind verschiedentlich abtreppbar, überhöhbar und versenkbar eingerichtet. Auch der Umgang hinter den obersten Sitzreihen oder ein zwischen den Sitzreihen gelegener Umgang findet gelegentlich als Spielfläche Verwendung  ; ebenso die von der Höhe der Sitzreihen zum Parterre möglichst ungebrochen herabführenden Treppen. Selbst für die Errichtung eines zweiten, kleineren, der Hauptbühne gegenüberliegenden Bühnenpodiums ist die Möglichkeit vorhanden. Bei den musikdramatischen Darbietungen ist die Trennung des Raumes in Bühne und Zuschauerraum deutlicher erkennbar  ; schon durch das der Bühne vorgelagerte Musikorchester. Dieses bietet Platz für 200 Musiker und ist geteilt verschiedentlich versenkbar. Zwischen Zuschauerraum und Bühne sind zu beiden Seiten des Orchesters einerseits die große Orgel, anderseits der Glockenstuhl nebst Wind- und

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Donnermaschine eingebaut. In diesen Architekturteilen bietet sich auch Platz zur Aufstellung von Chören und »Stimmen aus der Höhe«. Um den Inhabern der rückwärtigen Parterresitze bei den musikdramatischen Aufführungen besseren Ausblick auf die Bühne zu verschaffen, werden mittels des Versenkungs- und Hebewerkes des Parterrebodens (Orchestra) diese Sitzreihen höher gestellt als die vorderen. Für reine Konzertaufführungen läßt sich die Bühne mit hölzernen Rückwänden umbauen und mit einer hölzernen Decke nach oben abschließen. Der Bühnenboden läßt sich in ein ansteigendes, größeres oder kleineres Orchesterpodium verwandeln, das in seiner größten Ausgestaltung 1000 Mitwirkenden Raum bietet. Das kleine Festspieltheater ist für die Aufführung solcher musikalischer und dramatischer Werke bestimmt, deren Charakter eine Aufführung in dem großen Festspielraum nicht zuläßt. Also für Werke wie  : Mozart »Cosi fan tutte«, »Entführung aus dem Serail«, »Don Juan«, »Figaros Hochzeit«  ; für »Fidelio«, Shakespeare-Lustspiele usw. Die akustischen Eigenschaften dieses Theaters sind intimen Wirkungen besonders günstig. Es bietet Platz für etwa 800 Zuhörer, die gleich gut sitzen, hören und sehen. Das weniger tiefer gelegene Orchester gewährt etwa 45 bis 65 Musikern Raum. Der Raum hat reiche Verwendung von Holzverschalung und einfache, ruhige, ernste Formen von tiefer Farbe. Die Scheidung zwischen Zuschauerraum und Bühne ist ständig. Doch setzt sich die Architektur des Zuschauerraumes in einem fixen (demontablen) Proszenium auf der Bühne fort, das Kulissen und Soffitten entbehrlich macht. Das Orchester ist durch ein Stufensystem überbaubar. Zu Kammermusikaufführungen ist auf der Bühne ein hölzerner, gedeckter Konzertraum errichtbar. Der Probenraum ist so bemessen, daß in ihm musikalische und szenische Proben auch für den großen Festspielraum stattfinden können. Die Depots und Werkstätten dienen gemeinsam für beide Theater. Doch ist festzuhalten, daß in beiden Theatern kein Repertoirebetrieb besteht, daß also die Depots für Dekorationen keine so große Rolle spielen wie bei ständig betriebenen Bühnen. Ähnliches gilt von den Kostümund Requisitendepots. Die Heiz- und Beleuchtungsanlage versorgt beide Theater und deren Umgebung gemeinsam. Die Gastwirtschaft, die in den Spielpausen vom Publikum besucht wird, liegt am Teiche in der Nähe des Festspielhauses, genügend weit davon entfernt, Störungen zu vermeiden.

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275. Einar Nilson  :671 »›Jedermann‹ am Domplatz  ?« […] In 1919, after the awakening from the nightmare of war and Wilson’s fourteen points, Reinhardt had quarters ready for himself and brother Edmund, and also for a guest or two. I was there in the middle of September of that year. He still had not established a regular household. The forever true and loyal »Hausmeister«, Russinger, Habsburg educated well-mannered keeper of the keys to the estate, and his gracious wife looked after us and served breakfast, but we had to go into town for the other meals. – One evening after supper at the Oesterreichischer Hof, we started out for our half hour’s walk to Leopoldskron. The September moon was as silvery as any moon anywhere ever was, and the shadows consequently dark and sharp. We crossed the bridge over the shimmering river Salzach – whose rapid waters, producing a pleasant soothing sound, seemed eager to join the Danube – and entered the old city, passed the Residenzplatz with the famous Renaissance fountain, which is considered one of the finest of that period. After crossing the Cathedral Square we found ourselves in the middle of the Kapitelplatz, behind the cathedral. Here the moon had an unusual chance to »show up«. Reinhardt stopped intuitively and pointed to the wall of the cathedral and to the old chestnut trees. – »Look  ! What a setting for ›Everyman‹«, he said. It took me so by surprise that I could not find words to answer, and Reinhardt continued  : »You know, the whole city is full of stages.« – Where could a better open-air setting for »Die Räuber«, Schiller’s revolutionary drama, be found then inside the wall of the old fortress, »Hohensalzburg«, or, for Goethes »Faust« in the open Summer Riding School, where it later was produced. (Incidentally, many scholars support the theory that a certain adventurous pioneer of medical science, named Theophrastus Bombast von Hohenheim, known under the name of Doctor Paracelsus, who lived in Salzburg in a street named after him, was the model for Goethe’s »Faust«.) We continued our walk. The conversation was about the bad times and the poverty of Austria and how little Chance there would be to interest people in organizing a festival under such unfavourable conditions. And as for »Everyman«, a project which at this time was closest to Reinhardt’s heart, it would be necessary to approach the Archbishop for his consent. Not a hopeful note in the conversation  ! – We arrived at the plaza outside the Nonnberg Cloister and stopped for a moment to look down on the brightly »lighted« valley before we quietly continued our walk. – Suddenly 671 Einar Nilson (1881–1964), schwedischer Dirigent und Komponist. Vielfache Zusammenarbeit mit Max Reinhardt. Von ihm und Bernhard Paumgartner stammt die Musik zum Jedermann. Zu seinem Erinnerungsbericht im Zuge eines Entwurfs zu einer Autobiografie vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang.

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I had an idea which proved to be good. »Professor«, I said, »I know a gentleman in this city who might be of help to us. He is a great promotor of cultural projects here, president of the Mozartheum and a close friend of the Archbishop672. His name is Hofrat Gemacher. (Hofrat is councillor to the Court – nothing less  !) – I will see him tomorrow.« Lights were burning late at Leopoldskron that evening. Now we had a concrete idea and something to build on. Reinhardt could talk on occasions like this, and knew by experience that if he kept the flame in the breast of his »victim« burning, he usually in the end got what he wanted. Next day I went to see Hofrat Gemacher, told him about Reinhardt’s »Everyman«-proposition, asked him to join us in this adventure and come out to Leopoldskron with me to see Reinhardt. Gemacher was immediately enthusiastic and we drove out to Leopoldskron. – He was a tall gentleman, extremely thin with long hands and feet, and very gracious. He spoke Salzburg dialect with great charm, had a pleasant sense of humour and was always willing to help to the extent of hurting himself. No wonder he was respected, honored and beloved and persona grata at the Archbishop’s palace. After the two gentlemen, who knew each other, had exchanged a few courtesies in the extremely pleasant traditional Austrian manner, Reinhardt went into action. »Nilson tells me that you are a close friend of the Archbishop«, was Reinhardt’s opening remark. »Yes, we are very good friends.« »I should like to play ›Everyman‹ back of the cathedral. Do you think the Archbishop would give his consent  ?« »I can’t see why not. Besides, the Archbishop is in favour of everything that is noble and beautiful. He could not go wrong in supporting your project.« »Would you be so kind and ask him  !« »Of course, I will – and I hope you will have the answer very soon.« Reinhardt was apparently very surprised over how simple all this seemed to be, so he smiled at Gemacher as only Reinhardt could smile and said  : »Now, if you think it is as simple and easy as that, why don’t you ask him for the Cathedral Square  ?« »Yes«, was the reply, »I will do that. I think you have the right idea. The Cathedral Square is, of course, the place for the performance. I will ask him.« The answer from the Archbishop came the next day. It was positive. – Reinhardt wanted not only the Cathedral Square but also the use of the Cathedral itself, its organ and the bells – as a matter of fact, he wanted to use the bells of all the churches in Salzburg, and that is a lot of bells. A difficult matter – but little by little, the Archbishop agreed to everything. 672 Ignaz Rieder  ; vgl. Dok.  312 (M. Reinhardt an I. Rieder, 16.7.1920).

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The next step was concerned with something that we had not thought of at all, up to now – something unpleasant but necessary – the money  ! – As a matter of fact, Reinhardt never worried about money. It was always there. Other people took care of that. If it was not brother Edmund, it was somebody else. In this case it was again Hofrat Gemacher who solved the problem and in an amazingly short time. Four leading Salzburg business men put up the necessary money. One of them was the owner of the »Stiegl« brewery, Director Kiener,673 an elegant good-looking very wealthy bachelor. His business, which had a tremendous restaurant connected with the brewery, depended a great deal on tourists – at least to the extent of providing the »excess profit«. All Salzburgers knew Director Kiener and saw him riding through the city almost daily – not in his automobil – no, in his elegant victoria behind two beautiful black horses. Usually a fair companion or two shared the pleasures with this life-loving gentleman. Another »backer« was also a Director – Mr. Jung, owner of the big, modern, fashionable Hotel Europe. A tall representative looking gentleman with manners fitting the owner and host of one of Austrias most important and best known hostelries. It is the showplace of the famous little town and many a prominent, even very prominent visitor from foreign lands remembers, I am sure, the courteous Director Jung. Then there was Richard Tomaselli,674 descendant of an Italian family which immigrated to Austria and Salzburg generations ago and established themselves as owners of coffee houses. Now, coffee houses are something of great importance in Austria, always were and always will be, for most people belonging to this amiable nation spend a few hours daily in their favorite Cafe. It is the place where many business transactions are discussed and the rendezvous place par excellence. – The elder brother Tomaselli and the mother, who looked like a dainty grand lady from a miniature painting of 1850, were running the original, conservative and quiet »Cafe Tomaselli« in the old part of the city, at the »Alter Markt«, close to the cathedral. But our debonnair Richard, who loved to dress in the tyrolian leatherpants, an expensive chamois beard brush in the cocky little hat and all the fancy trimmings, was the owner and charming host at the more lively »Cafe Bazar«, situated on the banks of the river Salzach, which divides the city. It has pleasant terraces and is the international meeting place. If you try to find anyone you know is in Salzburg, go to Cafe Bazar. If you don’t have luck at once – just sit down and wait  ! You will see what happens  ! Last but not least, we have Josef Klein,675 the dealer in automobile tires and other articles made of rubber. – In Austria people with the given name Josef, usually are 673 Heinrich Kiener (1870–1950), ab 1887 Geschäftsführer der Stiegl-Brauerei. 674 Richard Tomaselli, zweitältester Sohn von Carl Tomaselli d. J., gründete 1909 das Café Bazar in der Schwarzstraße in Salzburg. 675 Vgl. die Anm. in Dok. 55 (H. Damisch an F. Gehmacher, 16.9.1916).

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nicknamed »Peppi«, but also »Pips«, and in this case it was »Gummi-Pips«, or, in English translation  : »Rubber-Pips«, gummi meaning rubber. – A kind, roly-poly gentleman with a globular body, topped by a small absolutely round head with a pair of laughing eyes – evidence of a big generous heart. In later years, when things were lively in Salzburg, he loved to be around and take actors and singers to this place or that, giving them a good time. We all kidded him and we all loved him. These four gentlemen were the first guarantors of the Salzburg Festival. To be sure – they did not lose any money, but they took a considerable risk, ten months after the first World War had ended in complete disaster for Austria. – Of course, the four gentlemen were also interested in making Salzburg attractive to the still prominent »upper class«, the haute finance and the charming international »good for nothings« – all of whom, in their festival mood, could be expected to loosen their purse strings and pour out a more substantial tribute to their city than the knapsack-carrying tourist used to do. It all seemed so simple. It was probably the traditional Austrian enthusiasm for art and the same spirit which makes the young students in Vienna sacrifice their supper to save the money for standing room at the opera, theatre or concert, that supplied the driving power. And, of course, it is not every day that you get an opportunity like this to write your name in big letters on the honor list of your towns history. – In a few days of simple and sensible action the festival project had become a realization and Salzburg was again to be the place – this time under the guidance of Max Reinhardt. – No place in Europe could qualify better for this honor than Salzburg. Centrally located – no matter from where you came or whether you were going, in most cases you have to pass through Salzburg. […]

276. Max Reinhardt an Helene Thimig Salzburg, 7.9.1919 wundervolle tage denen am ersten september innere waerme entflohen fuehle mich deshalb nicht wohl psychisch und physisch adler676 bewaehrt ausserordentlich schreib mir unter ihrer adresse

676 Gusti (Auguste) Adler (1890–1985), ab Sommer 1919 für Reinhardt als Privatsekretärin tätig. Sie wurde in weiterer Folge zu dessen engster Vertrauter. Vgl. auch die Briefe von ihr bzw. an sie in der vorliegenden Ausgabe.

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277. Egon Wellesz  :677 »Die Idee, in Salzburg Sommerspiele zu veranstalten…« [21. September 1919] Die Idee, in Salzburg Sommerspiele zu veranstalten, deren wesentlicher Unterschied von Bayreuth in dem »Uebereinanderschichten aller theatralischen Formen« zu suchen ist, hängt aufs Innigste mit Bestrebungen einer Reform des Theaters zusammen, wie sie in Wien von Roller, in Berlin von Max Reinhardt bewunderungswürdig, aber nicht in geeignetem Rahmen versucht werden. Das Zusammenarbeiten von Hofmannsthal, Prof. Roller, Richard Strauß, Schalk und Reinhardt verbürgt, daß die Realisierung des Festspielgedankens in Salzburg die vollendeteste sein wird, die in deutschen Landen zu erreichen ist. Das Bauprogramm von Prof. Roller sieht einen großen Festspielraum für 2000 Personen und ein kleines Festspieltheater für 800 Personen vor. Die Ausführung soll ganz einfach sein, und sich harmonisch der Umgebung, dem rückwärtigen waldähnlichen Teil des Hellbrunner Schloßparkes einfügen. Wie die vorausgesetzte programmatische Einführung Hofmannsthals zeigt, will man sich in keiner Weise auf eine b e s t i m m t e Richtung festlegen. Der Rahmen ist weit gespannt und gibt die Möglichkeit zu weitester innerer Entfaltung. Es ist zu hoffen, daß sich mit dem Eintritt normaler Verhältnisse das Projekt verwirklichen lassen und eine neue Kulturstätte entstehen wird, von deren Blühen auch die künstlerischen Verhältnisse Wiens in günstiger Weise beeinflußt werden dürften.

278. Gusti Adler an Hugo von Hofmannsthal Salzburg, 21. September 1919, Sehr geehrter Herr Doktor  ! Wenn ich in den nächsten Monaten öfters im Auftrage von Herrn Professor Reinhardt an Sie zu schreiben haben werde, so möchte ich es nicht als völlig Unbekannte tun. Freilich sagt Ihnen mein Name, stelle ich mich als Auguste Adler vor, einstweilen noch gar nichts. Bestenfalls ergibt sich eine Gedankenverbindung zu Einem dieses Namens, der das Glück hatte, von vielen Menschen geliebt zu werden  : mein Onkel Viktor Adler.678 Und vielleicht ist es etwas leichter, mir, als seiner Nichte, Zutrauen entgegenzubringen. 677 Egon Josef Wellesz (1885–1974), österr.-britischer Komponist und Musikwissenschaftler, Schüler Arnold Schönbergs. Emigrierte 1938 nach England. 678 Victor (Viktor) Adler (1852–1918), österr. Politiker, Theoretiker und Anführer der Arbeiterbewe-

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Dem Briefe liegt eine Abschrift des Rahmenspiels zu dem »Salzburgischen großen Welttheater« bei. Herr Professor Reinhardt hofft, das Hauptstück in den nächsten Tagen nachfolgen lassen zu können. Gedanken, Vorschläge, die Vorhandenes erweitern sollen, ohne dabei im entferntesten bindend sein zu wollen, sind, so wie sie ihm beim Lesen und Durchdenken aufstiegen, neben die einzelnen Punkte gestellt worden. Sehr beglückend ist ihm die Gewißheit, mit welcher Liebe, Sie, sehr geehrter Herr Doktor, sich in diesen Plan versenkt haben.679 Namentlich die Anlage des Rahmenspiels findet er außerordentlich und den Schluß, als Gericht über die Spieler, die sich abschminken, – mit dem Sohn, der vom Meister erhöht wird, denkt er sich überaus stark. Auch die Idee, das Hauptstück vom Schematischen des Calderonschen Spieles abzurücken, menschlicher und individueller zu gestalten, erscheint ihm sehr glücklich und fruchtbar. Schriftlich schwer zu präzisieren sind gewisse Bedenken, die sich dabei ergeben, und am Besten wäre es wohl, wenn sich diese Einzelheiten noch einmal mündlich besprechen ließen. Nur ist die Zeit, die ihm hier noch bleibt, so kurz, daß er nicht weiß, ob ein solches Zusammentreffen innerhalb dieser Frist noch zu ermöglichen wäre.680 Was das Halleiner Weihnachtsspiel681 betrifft, so möchte Herr Professor R ­ einhardt nun nur noch Ihnen die Gewißheit geben, daß, legt er Ihren dringenden Wunsch zu gung, Gründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. 679 Hofmannsthal und Reinhardt trafen einander Anfang September 1919 mehrmals in Salzburg zu Gesprächen über eine Bearbeitung oder Nachdichtung von Pedro Calderón de la Barcas Das große Welttheater (vgl. Hugo von Hofmannsthal  : Dramen 8. Das Salzburger große Welttheater. Hg. von HansHarro Lendner, Rudolf Hirsch und Heinz Otto Burger [= Ders.: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe Hg. von Rudolf Hirsch, Anne Bohnenkamp, Mathias Mayer u. a., Bd. 10]. Frankfurt/M.: S. Fischer 1977, S. 109). 680 Gusti Adler schreibt in ihren Erinnerungen zum Entstehungsprozess des Salzburger Großen Welttheaters  : »Seit Jahren hatte es ihn [Reinhardt] gelockt, ›Das Große Welttheater‹ von Calderon aufzuführen. Schon im Herbst 1919 hatte er in Salzburg lange darüber gesprochen. Er sagte damals  : ›Man müßte ja nur ein Geschehen dafür finden, denn jetzt tritt ein jeder nur vor, sagt sein Sprüchel und wird dafür belohnt. Man müßte, zum Beispiel, einen Menschen, den guten Menschen, in den Mittelpunkt der Handlung stellen und zeigen, wie er von dem Reichen und von den anderen beurteilt wird und ihn leiden lassen. – Das würde Hofmannsthal auch viel mehr liegen als das ›Weihnachtsspiel‹  !‹ Er [Reinhardt] hatte Hofmannsthal dann auch tatsächlich zu einer Bearbeitung angeregt, die das spanische Spiel nicht nur der Gegenwart, sondern auch Salzburg näherbringen sollte. So entstand ›Das Salzburger Große Welttheater‹, das Hugo von Hofmannsthal in engem Gedankenaustausch mit Max Reinhardt schrieb. Hofmannsthal schickte Reinhardt laufend Vorschläge für seine Nachdichtung des Calderonschen Werkes. Reinhardt retournierte die Konzepte, ergänzt durch seine Anregungen und Gedanken […].« (Gusti Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen. Erinnerungen an Max Reinhardt. München, Wien  : Langen Müller 1980, S. 123 f.). 681 Reinhardt plante im Herbst 1919 in Kooperation mit der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde die Aufführung des von Max Mell (vgl. die Anm. in Dok. 282, H. v. Hofmannsthal an G. Adler, 4.10.1919) bearbeiteten Halleiner Weihnachtsspiels in der Franziskanerkirche. Gusti Adler berichtet darüber  : »Es

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den tatsächlich großen Schwierigkeiten in die Wa[a]gschale, dieser Plan von ihm aus keine Förderung mehr erfahren wird. Von seiner letzten Unterredung mit Ihnen, sehr geehrter Herr Doktor, hatte er den Eindruck mitgenommen, daß Sie einverstanden seien, das Spiel zu bearbeiten. Ohne daß natürlich etwas Bindendes darüber gesagt worden wäre. Deshalb hatte er damals gleich mit den Herren von der Festspielhaus-Gemeinde über das Projekt gesprochen, die es mit solcher Begeisterung aufnahmen, daß es schwer wäre, die Sache jetzt direkt abzusagen. Mißtrauen gegen die späteren Unternehmungen könnte daraus allzuleicht entstehen. Aber Herr Professor Reinhardt ist überzeugt davon, daß die Sache nicht mehr zustande kommt, wenn er sie von nun an nicht mehr mit starker Energie betreibt. Infolge Ihrer Briefe sind schon jetzt die Schwierigkeiten eines Fremdenzuzugs im Winter, die ja auch wirklich schwer ins Gewicht fallen, – die Erwirkung von Einreise-, Aufenthaltsbewilligungen, die Beschaffung geheizter Räume, – sehr betont worden. Diese Schlaffheit – die Mitglieder der Festspielhaus-Gemeinde sind noch jetzt von ihrer Generalversammlung ganz erschöpft – läßt natürlich, so erwünscht sie in diesem Augenblick erscheint, einen übergroßen Optimismus für das Zukünftige nicht aufkommen. Das Erkennen dieser Gefahr hat ja vor allem Herrn Professor Reinhardt auf die Idee gebracht, hier durch rasches Handeln langwierige Entwicklungsphasen abzukürzen. Durch die Aufführung dieses schönen Weihnachtsspiels hätten viele Körperschaften der Stadt herangezogen, interessiert werden können. Der Festspielsache wäre – vorläufig nur in Salzburg selbst – guter Boden bereitet worden, was unter den augenblicklichen Verhältnissen gewiß nicht unrichtig ist. Die Aufführung sollte Hand in Hand mit einer großen Wohltätigkeits-Aktion für arme Kinder gehen. In erster Linie wurde an das Teilnehmen der Salzburger Zweigstelle der amerikanischen Kinderhilfs-Aktion gedacht, weil mit der Hilfe dieser Ausländer die Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens am ehesten zu überwinden gewesen wären. Vor allem aber sollten durch wurde Ende September. Reinhardt hatte den ›Österreichischen Dichter Max Mell damit betraut, das Halleiner Weihnachtsspiel zu bearbeiten. Roller sollte die Dekorationen entwerfen und Bernhard Paumgartner, ein besonderer Kenner bodenständiger, geistlicher Musik, übernahm die musikalische Ausgestaltung. Im Laufe späterer Verhandlungen war auch eine Aufführung im Salzburger Dom erwogen worden. Die Zeit drängte und die Arbeit schritt zu langsam vorwärts. Als Mells Manuskript endlich nach Berlin an Max Reinhardt gesandt werden sollte, hatten sich die Verhältnisse in Österreich und Deutschland verhängnisvoll zugespitzt. Eine Verkehrs- und Postsperre wegen Kohlenmangels wirkte lähmend. Nur Entente Züge durften noch verkehren. Das WEIHNACHTSSPIEL mußte schließlich vom Österreichischen Gesandten, Ludo Hartmann, persönlich nach Berlin mitgenommen werden, um überhaupt in Reinhardts Hände zu gelangen. Die Unmöglichkeit, Festspielgäste zu Weihnachten nach Salzburg zu befördern, in geheizten Zimmern unterzubringen, geschweige denn dort zu verköstigen (obwohl das ursprünglich sichergestellt erschien), brachte schließlich den schönen Plan zum Scheitern.« (Gusti Adler  : Max Reinhardt. Sein Leben. Biographie unter Zugrundelegung seiner Notizen für eine Selbstbiographie, seiner Briefe, Reden und persönlichen Erinnerungen. Salzburg  : Festungsverlag 1964, S. 80 f.).

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diese einleuchtende Wohltätigkeits-Aktion ganz bestimmte ausländische Persönlichkeiten, wie etwa Mrs. |Maccormick|682 oder Frau Kröller683 gewonnen werden. Eine so exceptionelle Aufführung – die Stadt selbst, Hellbrunn  : das alles hätte gewiß nicht verfehlt, einen starken Eindruck hervorzurufen und die Verwirklichung des Festspielplans wünschenswert erscheinen zu lassen. – Daß die Lyrik des WeihnachtsSpiels das viel größer angelegte »Welttheater« hätte beeinträchtigen können, wäre dabei wohl nicht zu befürchten gewesen. Denn die Verschiedenheiten sind doch in jeder Hinsicht sehr groß Wenn Herr Professor Reinhardt all das so ausführlich klargelegt wünschte, so ist es, weil er die Sorge von Ihnen, sehr geehrter Herr Doktor, nehmen möchte, daß er leicht von einer Sache in die andere gleite und das Interesse an Früher-Geplantem über dem Neueren verliere. Nach wie vor ist er für die Idee des Calderonschen »Welttheaters« außerordentlich eingenommen  ; ja, mehr noch als zuvor, weil ihm dieses Szenarium Gewähr für die schönsten Hoffnungen geworden ist. In seinem Namen soll ich noch viele Grüße bestellen  ! Mit den besten Empfehlungen ergebenst i. A. Auguste Adler

279. Max Reinhardt an Helene Thimig Salzburg, 24. Sep. 1919 helle sonne schneebedeckte berge abends warmer ofen unirdische tage in denen ein boeser wurm sitzt grauenhaft frisst u coehlt schreich ich brauche es + schreich wahrscheinlich schreib +684

682 Nicht ermittelt. 683 Helene Kröller-Müller (1869–1939), dt.-niederländische Kunstsammlerin. Gattin des Stahlindustriellen Anton Georg Kröller (1862–1941). Sie ließ der SFG Anfang 1920 einen Stifterbeitrag von 50.000 Kronen zukommen (vgl. Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 2 [Februar], S. 11). 684 Offensichtlich gab es in diesem Telegramm Schwierigkeiten bei der Übermittlung  ; die letzten Worte sollen wohl richtig heißen  : »[…] grauenhaft frisst u quaelt schreib ich brauche es«.

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280. Salzburger Festspielhausgemeinde an Bernhard Paumgartner Salzburg, am 26. September 1919 Sehr verehrter Herr Direktor  ! Heute Freitag findet um 6 Uhr abends im Büro der Festspielhausgemeinde eine Beratung mit Professor Reinhardt über die Durchführbarkeit des Planes einer Veranstaltung von Weihnachtsfestspielen statt. Wir beehren uns, Sie zur Teilnahme an dieser wichtigen Besprechung höflichst einzuladen. Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung Salzburger Festspielhausgemeinde Zweigverein Salzburg

281. Aufruf der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde [Oktober 1919] Aufruf  !685 Vor fünf Jahren ist der Krieg über uns gekommen mit all seinem furchtbaren, sinnlosen Grauen, seinem entsetzlichen Morden, seinen ziellosen Opfern an Blut, Volkskraft, Menschlichkeit und materiellen Werten. Und jetzt ist der Friede über uns gekommen, der zwar wenigstens der Gräßlichkeit des Mordens Einhalt getan hat, aber vielleicht noch furchtbarer ist als es der Krieg war  : weil er die Hoffnung erschlagen hat. Die Hoffnung auf siegreiches Aufblühen, auf neuen seelischen Schwung, auf menschliche Verbrüderung und auf ein Sichbesinnen in produktiver Arbeit für Volk und Land. Aber dieser Friede hätte niemals so fürchterlich werden können, w e n n m a n u n s g e k a n n t h ä t t e , w i e w i r w i r k l i c h s i n d . Selbst die uns verbündeten Kriegsgefährten haben uns niemals richtig gesehen und haben uns und unsere Wesensart immer falsch gedeutet. Geschweige denn die Feinde, die uns jetzt knebeln und uns mit einer Schuld beladen, die unserem inneren Wesen völlig fremd ist und die in Wahrheit nur darin besteht, daß wir uns vielleicht täuschen und zu Werkzeugen einer verhängnisvollen Politik machen ließen. Damit ist es ja ein für allemal vorbei, aber niemals hätte es zu diesem Frieden kommen können, ja vielleicht nicht einmal zu diesem Krieg, wenn nicht unser Wesentliches und unser Kern immer mit unserer Oberfläche verwechselt worden wäre. Vielleicht aber ist es noch nicht zu spät 685 Der Aufruf erschien ohne Angabe eines Verfassers, Stil und Inhalt lassen an Rudolf Holzer denken.

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und vielleicht ist es noch möglich, uns den Platz im Bunde der Völker zu erringen, der uns gebührt  ; vielleicht ist es noch Zeit, das falsche Bild zu zerstören, das sich die andern offenbar von uns gemacht haben müssen. Deshalb wollen wir uns einmal zeigen, wie wir wirklich sind. Wollen unsere geistigen Kräfte zusammenfassen, um ein w e i t h i n s i c h t b a r e s S y m b o l u n s e r e s b e s t e n We s e n s zu schaffen. Und dieses Symbol soll u n s e r S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s sein. Es ist keine »Theatergründung«, nicht das Projekt einiger träumerischer Phantasten und nicht die lokale Angelegenheit einer Provinzstadt. E s i s t e i n e A n g e l e g e n h e i t d e r e u r o p ä i s c h e n K u l t u r. Und eine, von eminenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung dazu. Kein Zweifel, es liegt etwas Beschwichtigendes und Erhebendes darin, daß der erste Gedanke, der in all unserer Not und unserem Zwange aufleuchtet, d e r ist  : Sich aus der Schwere des täglichen Lebens in die Kunst zu retten, in den Sinnbildern des Dramas neue menschliche Kraft, in den Geheimnissen der Musik neue Zuversicht und Verheißung zu suchen. Dieser Gedanke verbündet sich mit dem anderen, unser spezifisches, österreichisches Wesen in den Werken unserer Meister zu zeigen, aber auch in der besonderen Art, in der wir sie wiederzugeben gedenken. Und daß dieser Gedanke Kraft und Zukunft hat, beweist die selbstlose Hingabe an diesen Künstler- und Völkertraum, die die größten lebenden, österreichischen und süddeutschen Künstler dafür gezeigt haben. Daß Meister wie Richard Strauß, Hugo Hofmannsthal, Max Reinhardt, Franz Schalk, Alfred Roller u. a. m., führend an unserer Spitze stehen, bürgt dafür, daß hier künstlerische Taten besonderer Art geschehen werden, daß man sagen können wird  : Wer die Werke unserer großen Geister in Ton und Wort so hören will, wie sie in aller Farbigkeit, Anmut und Phantasie ihres süddeutschen Wesens geträumt worden sind, muß nach Salzburg in das Festspielhaus kommen, wer Oesterreich kennen will, wie es sich in seiner unverstellten und von allem falschen Schein befreiten Art darstellt, wird es nun hier erfahren lernen. Aber so schön der Gedanke an sich ist und mit so frohem Ernste es erfüllt, daß er sich gerade aus diesen bangen, ja fast unerträglichen Tagen emporringt, – hier geht es nicht allein um Kunst, hier werden Werte geschaffen, Industrien belebt, Verbindungen zwischen Städten und Ländern, deren technische Fabrikate gebraucht werden, neu hergestellt, der Arbeitslosigkeit wird gesteuert, die ideelle Verbrüderung der Völker durch die Internationalität aller Teilnehmer gefördert, ja sogar dem Elend unserer Valuta wirksam entgegengearbeitet. Und da all dies einer Sache des Geistes gilt, der dann wieder auf jene zurückwirken soll, die an dieser Stätte mitgeschaffen haben, wird auch das ethische Bewußtsein aller, vom führenden Künstler an bis zum kleinsten Handwerker, durch die Kraft der Idee gehoben werden, an deren Erfüllung hier jeder von ihnen mitgearbeitet hat. Denn die Macht des Geistes ist so groß, daß sie schließlich sogar Jene ergreift, die ihm nur zu realen Zwecken zu dienen meinten und vollends jene, die wissen, um was

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es hier geht und daß hier die stärksten und wichtigsten Energien eines ganzen Volkes zusammenlaufen, um schließlich wie in einem leuchtenden Wahrzeichen sichtbar zu werden. Stünde das Festspielhaus jetzt schon auf dem schönen Platz, der hiefür bestimmt ist, es würde unverzüglich ans Werk gegangen werden, um diesen bindenden und versöhnenden Gedanken zur Erscheinung werden zu lassen. Soweit sind wir nun leider noch nicht. Umso ungestümer müssen alle, die in diesen Salzburger Festspielen die gleichen ideellen und materiellen Werte verwirklicht sehen, wie wir, darauf dringen, daß aus einem großgedachten Plan großausgeführte Tat und Wirklichkeit werde. Der Gedanke ist in lebendiger Form gebracht und jetzt gilt es, keine Zeit zu verlieren, um ihm den kürzesten und sichersten Weg zum Ziel zu bahnen. Deshalb richten wir unsere Blicke auf Deutschösterreichs Regierung und erheben den bittenden Ruf zu ihr, uns unverzüglich die Mittel an die Hand zu geben, um den Bau des Festspielhauses sofort beginnen zu können. Die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde hat in einer Eingabe an den Staatssekretär für Finanzen nicht nur den ideellen Festspielgedanken, sondern auch die spezifische Motivierung seiner politischen und wirtschaftlichen Bedeutung eingehend dargelegt und dort all die Umstände betont, die den Festspielen nicht nur in künstlerischer Hinsicht und in ihrem eminenten erzieherischen Werte als Volksspiele, sondern als europäischen Kulturfaktor und als einem wesentlichen Mittel zur Hebung des Verkehrswesens, der Lebensmittelproduktion, der dauernden Fremdenindustrien und des internationalen Kredits ihre Bedeutung geben  ; von ihrer Wichtigkeit für das Wiederaufleben der menschlichen Beziehungen zwischen den herrschenden Völkern und Ländern und der dadurch bewirkten Erstarkung der Friedens- und Versöhnungsidee gar nicht zu sprechen. So richten wir für heute an unsere Regierung unter allgemeiner Konstruierung unserer Gedanken den allerdrängendsten Appell, in der Erfüllung unserer Bitte vor allem die Erfüllung einer höchsten Pflicht gegen Volk und Land zu sehen. Es mag nicht unwahrscheinlich sein, daß die g a n z e Zukunft Oesterreichs auf dem Gebiete der Kunst und besonders dem der Musik liegt, daß unsere ehrenvollste Geltung vor dem Auslande mehr als je zuvor in diesen Dingen ruhen und daß man jene Städte und Provinzen, denen man bisher als politischen Bezirken abgeneigt war, als Stätten reiner Kunst lieben wird. Umso dringender ist es, nunmehr einen herzhaften Anfang zu machen und in der Mozartstadt, dem Grenz- und Vereinigungspunkt reichsdeutschen und deutschösterreichischen Wesens, das hohe Haus der großen Kunst aufzurichten und damit und in ihm dann das Sinnbild dessen, was wir fortan sind und wollen, das Sinnbild unseres Geistes und unserer Art. Wenn die Regierung auf dem Wege zum Festspielhaus in Salzburg mit der Tat eines großen Beispieles vorangeht und auf diese Weise der Berechtigung und der fruchtbaren Kraft unseres Gedankens ihre nachdrückliche Zustimmung manifestiert,

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dann wird dieses Festspielhaus r e c h t z e i t i g erstehen können, um seinen ethischen und materiellen Segensreichtum unserem Volke noch voll zu spenden. Möge die Regierung dieses Beispiel geben.

282. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Bad Aussee, 4. X. 19 ab morgen  : Rodaun bei Wien Sehr geehrtes Fräulein Adler, im Augenblick der Abreise möchte ich Ihnen nun vielmals danken für das Duplicat des wichtigen Briefes686 und auch für Ihren persönlichen Brief.687 Die Sache ist ganz rätselhaft, es ist der Brief tatsächlich am 25en hier eingelaufen – wurde von jemand mit meinem Namen unterschrieben, kam mir aber nicht vor Augen, obwohl ich tagtäglich voll Ungeduld danach fragte. Inzwischen habe ich ja mit Professor Reinhardt telefonisch gesprochen – übrigens kam auch ein Telegramm, wo er mich um nochmaliges Herkommen bat, sehr verspätet, erst nach dem Gespräch – kurz und gut, wenn die Wintersache zustande kommt, so werde ich ihr auch alle Teilnahme schenken und meinen Freund Max Mell688 so beraten, als ob ich selber die Verantwortung dafür hätte. Bitte, verehrtes Fräulein, sagen Sie das noch Max Reinhardt. Mit nochmaligem Dank für Ihre vielfältige Freundlichkeit bin ich Ihr ergebener Hofmannsthal

283. »Weihnachtsspiele in Salzburg«689 [10. Oktober 1919] Die S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s - G e m e i n d e hat es übernommen, im Rahmen ihres künstlerischen Programms ein Hilfswerk großen Stils durchzuführen. Das gemeinnützige Institut der amerikanischen Kinderhilfsaktion ist in seinem Fortbestande gefährdet, da die Amerikaner nicht mit Unrecht die Fortsetzung ihres Unternehmens zugunsten der armen, hungernden Kinder davon abhängig machen, daß 686 Keine Vorlage überliefert. 687 Vgl. Dok. 278 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 21.9.1919). 688 Max Mell (1882–1971), österr. Dichter u. a. von Weihe- und Mysterienspielen, v. a. während des Austrofaschismus erfolgreich und als Kulturfunktionär einflussreich. 689 Es liegt nahe, Heinrich Damisch als Verfasser dieses Artikels anzunehmen.

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Salzburgs Bevölkerung sich zu kraftvoller Mithilfe aufrafft. Da eine unlängst zu diesem Zwecke durchgeführte Spendensammlung nicht das erhoffte Ergebnis zeitigte, soll nun in einer eindrucksvollen Wohltätigkeitsveranstaltung bewiesen werden, daß alle Kreise Salzburgs dem Amerikaner Dank wissen für seine ergreifende Hilfsbereitschaft und nicht willens sind, ihm nachzustehen an Opfertum, wo es gilt, den eigenen armen Kindern zu helfen. Die Kunst stellt sich in den Dienst der Fürsorge. Der gesamte Reinertrag einer künstlerisch interessanten Veranstaltung in den Weihnachtstagen soll der amerikanischen Kinderhilfsaktion zufließen und deren Fortführung sichern. An allen Kreisen der Salzburger Bevölkerung wird es liegen, durch verständnisvolle Unterstützung des Planes zu dessen vollem Gelingen beizutragen. In den stillen, ernsten Räumen der stimmungsvollen Franziskanerkirche soll ein alpenländisches Weihnachtsspiel aus dem 18. Jahrhundert mit allen Liedern und Chören zur Ausführung gelangen. Allererste Kräfte aus Wien und Berlin haben ihre Mitwirkung zugesagt. Das Salzburger Mozarteum mit seinem Direktor Dr. Bernhard P a u m g a r t n e r an der Spitze wird den musikalischen Teil der Veranstaltung bestreiten, dessen künstlerische Leitung Professor Max R e i n h a r d t übernahm. Es wird in Salzburg und in Wien, wo sich der Sitz der Direktion und des Kunstrates der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« befindet, eifrig an den Vorbereitungen für diese ganz außerordentliche Veranstaltung, die in hohem Grade geeignet ist, die Verbindung mit dem großen Auslande rasch wiederherzustellen, gearbeitet. […]

284. Max Mell an Bernhard Paumgartner Sonntag. 26. X. 1919 Lieber Herr Direktor  ! […] Ich plage mich noch sehr mit dem Weihnachtsspiel. Der Prolog wird etwas verändert, er gefiel Reinhardt nicht recht. Auch sonst noch manche Textänderung, jedoch nichts, was am Wesentlichen und an der Verteilung der aus dem steirischen genommenen Abschnitte rührte, und nichts was Ihre Arbeit berührte. Hoffe in 2–3 Tagen fertig zu sein. […] Ich denke mir Sie in voller Tätigkeit und bei bestem Wohlbefinden und grüße Sie herzlichst als Ihr Max Mell

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285. Friedrich Gehmacher und Emil Funder an unbekannt690 Salzburg, am 29. Oktober 1919 Euer Hochwohlgeboren  ! Der gefertigten Zweigvereinsleitung wurde mitgeteilt, daß die Absicht bestünde, in Innsbruck eine Ortsgruppe der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« zu gründen. – Wir begrüßen diese Absicht selbstverständlich auf das allerfreudigste und stellen hiedurch an Euer Hochwohlgeboren die ergebene Bitte, Ihre schätzbare Mitwirkung diesem schönen Zweck angedeihen zu lassen und sich dieser dem landsmannschaftlichen Gedanken, wie der Förderung unseres nationalen Kulturwerkes dienenden Vereinigung anschließen zu wollen. – Die Einberufung der gründenden Zusammenkunft hat Herr Buchdruckereibesitzer Buchroithner691 in die Hand genommen. – Mit dem Ausdruck unserer vorzüglichsten Hochachtung haben wir die Ehre, Sie bestens zu begrüßen als Ihre ergebene Salzburger Festspielhausgemeinde Zweigverein Salzburg /Friedrich Gehmacher Emil Funder/

286. Josef Hoffmann und Hans Poelzig692 werden von der Salzburger Festspielhaus-­ Gemeinde mit der Ausarbeitung von Ideenprojekten für ein Festspielhaus betraut [November 1919] Kunstratsmitglied Hofrat R o l l e r hatte der Wiener Direktionsgruppe seinen Plan, durch zwei hervorragende Architekten Ideenprojekte für das Festspielhaus ausarbeiten zu lassen, entwickelt und mit seiner Anregung in Wien allseitige Zustimmung gefunden. Am 1. November trafen nun Hofrat Roller mit den Architekten Professor Josef H o f f m a n n (Wien) und Professor Josef P ö l z i g 693 (Dresden) in Salzburg

690 Gegenstand dieses Briefes ist ein Aufruf, der sich an aus Salzburg stammende Bewohner von Innsbruck und Umgebung richtete (vgl. Innsbrucker Nachrichten, 13.11.1919, S. 5). 691 Engelberth Buchroithner, Buchdruckereibesitzer in Innsbruck. 692 Hans Poelzig (1869–1936), dt. Architekt, Maler und Bühnenbildner. Mit der Neuerrichtung des zerstörten Großen Schauspielhauses in Berlin (1918/19) machte er international auf sich aufmerksam. 693 Gemeint ist Hans Poelzig  ; es handelt sich hier um einen offensichtlichen Schreibfehler.

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ein. Der Fahrt hatte sich, um auch mit den Salzburger Direktionsmitgliedern die Frage durchzuberaten, Herr Sektionsrat Dr. K o b a l d , der Vertreter des Staatsamtes für Unterricht in der Direktion der Festspielhaus-Gemeinde, angeschlossen, der dadurch Gelegenheit fand, auch die Einrichtungen des Salzburger Zweigvereines an Ort und Stelle kennen zu lernen. Mehrmals besuchten die Herren, begleitet von Vertretern der Salzburger Direktionsmitglieder, den für den Festspielhausbau in Aussicht genommenen Teil des Hellbrunner Parkes und äußerten sich hoch befriedigt über die einzigartige Schönheit und Zweckmäßigkeit des Bauplatzes. Am Abend des 2. November fand eine Sitzung der Salzburger Direktionsgruppe statt, welche in der vorliegenden Frage der Bauprojektsausschreibung definitive Beschlüsse zu fassen hatte. Hofrat R o l l e r verwies auf die Unmöglichkeit, den üblichen Weg eines Wettbewerbes zu geben, da, ganz abgesehen von vielfachen Stimmen, die in jüngerer Zeit aus Architektenkreisen gegen Wettbewerbe laut wurden, im zur Beratung stehenden Falle die besondere Schwierigkeit der Aufgabe nicht darin liege, einen modernen Anschauungen und Anforderungen entsprechenden Theaterbau zu schaffen, sondern hauptsächlich darin, diesen Bau dem stimmungsvollen Rahmen des historischen Parkes einzufügen. Es handle sich diesmal um eine besondere Aufgabe, die nur mit den örtlichen Verhältnissen völlig vertrauten Architekten von überragender Befähigung zu lösen möglich sein könne. Roller überzeugte durch seine klaren, sachlichen Ausführungen die Salzburger Mitglieder der Direktion von der Richtigkeit seiner Anregung und so kam es zu dem Beschluß, die beiden vorgeschlagenen Architekten zur Ausarbeitung von Ideenprojekten einzuladen. Die beiden Architekten, nun der Sitzung beigezogen, erklärten sich mit Begeisterung bereit, die ihnen übertragene Aufgabe zu übernehmen und sprachen die Hoffnung aus, ihre Aufgabe in einer Frist von etwa 5 Monaten lösen zu können. Seither wurden an Ort und Stelle die erforderlichen Vermessungen und Aufnahmen durchgeführt und es steht nunmehr zu erwarten, daß in verhältnismäßig kurzer Frist zwei Ideenprojekte zur Verfügung stehen werden, die nach den Qualitäten ihrer Urheber höchst wertvolle Unterlagen für die Ausgestaltung des großen Unternehmens der Festspielhaus-Gemeinde bedeuten werden. Zur Erhöhung der Anschaulichkeit werden von beiden Projekten Modelle angefertigt, die auch für die Propaganda von größter Wichtigkeit sein werden. […]

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287. Rudolf Pannwitz694 an Hugo von Hofmannsthal Bad Gastein Pension Mozart 4. 11. 19 Lieber Herr v. Hofmannsthal  ! […] es traf [sich] zufällig dass ich im Jungen Deutschland etwas kurzes schönes von Ihnen las695 was mir doch das Herz spaltete – die Salzburger pläne. ich würde so gerne einmal ganz offen mit Ihnen über all das sprechen. ich verstehe a priori jede konzession und Sie sind absolut sicher dass ich mit renaissance-realismus das alles betrachte eingerechnet auch dass Sie sich rücksichtslos die illusion einer atmosfäre die Ihnen gemäsz ist erzwingen. ein missverständnis meinerseits ist unmöglich – ich fürchte im gegenteile manchmal zu gut zu verstehn und bin dann immer im gewissenskonflikt ob ich Ihnen Ihre unendlich prekäre Situation durch meine art lösen helfe oder gar verschlimmre. dies beschäftigt mich unendlich innerlicher und dringlicher als ich zu verraten pflege, mein problem für Sie ist dabei  : besteht denn nicht die geringste möglichkeit dass auch nur ein hauch Ihres geistes fruchtbar werde  ? ich kenne (zufällig) ganz genau den wahren Charakter der Salzburger gründerjahre (nennen wirs ehrlich als das was es ist  !) ja sogar doppelt  : ich habe genau gleiches in Deutschland jahre lang erlebt und ging eben darum aus Deutschland nach Österreich  !  ! und erlebte dann in Salzburg das selbe (nicht genau sfäre theater aber alles ist gleich). ich profezeie Ihnen heute  : man spannt Ihren lauteren namen Ihre reine Produktivität u. nicht zuletzt Ihre gesellschaftliche Situation vor aber sobald man einen findet der kinomäsziger und dabei situation genug ist wirft man Sie zum alten eisen – Strauss als erster. möglich durchaus möglich dass Reinhardt persönlich treu ist. Strauss als charakter ist mir aus verschiedener musik von ihm restlos klar. dass Strauss genau zwischen 1910 u. 1920 einen – Mozart als librettodichter braucht verstehe ich bis zur erschütterung. ich bitte Sie von ganzem herzen dieses furchtbar offne zu entschuldigen. es kommt aus jahrelanger tiefster sorge. nicht dass sie irgend einen faden zerreissen sollten dies würde ich für vollständig falsch halten – aber gibt es denn gar keine möglichkeit dass Sie ohne praktisch an der spitze zu sein den groszunternehmern amerikanisten durch und durch unechten usw die zügel entwinden und sei es dass Sie Andrian oder ich weiss nicht wen in einer dreizimmerwohnung ein Hofmannsthal-theater machen liessen und den Hans Redlich696 (wenn

694 Rudolf Pannwitz (1881–1969), dt. Schriftsteller und Philosoph. 695 Pannwitz bezieht sich hier auf Hofmannsthals Artikel »Deutsche Festspiele zu Salzburg«, welcher im April 1919 zuerst in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde (Dok. 257) sowie in weiterer Folge in Das junge Deutschland 2 (1919), Nr. 8 (August) veröffentlicht wurde. 696 Hans Ferdinand Redlich (1903–1968), österr. Musikwissenschaftler und Komponist, emigrierte 1938 nach England.

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er alt genug ist) eine musik zu Ihnen und sich aus dem töchterpensionat und gymnasium eine handvoll jugend fischten die Ihre seele spielen und singen  ? dies neben dem bisherigen und von da her machtwirkung auf das bisherige  ? es ist ja doch geradezu entsetzlich dass Sie für fast jedes bewusstsein inexistent sind ausser in kombination Reinhardt und Strauss. oder können Sie nicht Reinhardt der doch sicher ein mensch ist dazu kriegen dass innerhalb seines unendlich elastischen komplexes er Ihnen eine provinz giebt in der Sie fast autonom schalten  ? das ist für ihn nur gewinn u. reiz mehr für Sie vielleicht alles was Sie brauchen, aber diese Salzburger sache kann nach meinem tiefsten instinkte auch nicht ein schatten von dem werden was Sie davon erwarten oder verlangen. es wäre selbstverständlich gewesen dass man über Salzburg Sie fast dictatorisch bestimmen liess. Strauss aber gehört schon nicht nach Wien noch weniger nach Salzburg er soll nach Budapest gehn wenn er nicht lieber die yankees pseudo-mozartisieren will. ist nicht noch irgend eine möglichkeit  : dass Salzburg in Ihre bahnen kommt  ? natürlich geht all das nicht wenn es entweder hoffnungslos ist oder von Ihren kräften die absolut der groszen schöpferischen produktion gehören zuviel oder überhaupt ernstlich nehmen würde. könnten Sie nicht mit Kahane697 einmal all solches erwägen  ? oder gerade jetzt mit Andrian  ? den ich ja gar nicht kenne aber der doch gewiss ein mensch Ihrer art sein muss. Seien Sie herzlich gegrüszt  ! Ihr Rudolf Pannwitz. Natürlich erwartet dies alles keine – Ihnen etwa peinliche – antwort.

288. Erwin Kerber an Friedrich Gehmacher (jun.)698 Salzburg, am 8. November 1919 Verehrter lieber Herr Gehmacher  ! Ich danke Ihnen sehr, für Ihre beiden Schreiben vom 31.X. und 2.XI.699 – Endlose Sitzungen in Sachen unseres Weihnachtsspieles haben mich leider so sehr in Anspruch genommen, daß ich erst heute Zeit zu einer Antwort finden kann. Zunächst will ich Ihnen herzlichst danken, für Ihre freundliche Bereitwilligkeit, bei der Gründung einer Innsbrucker Ortsgruppe mithelfen zu wollen. Ich habe mich nach Adressen von Salzburgern erkundigt, konnte aber keine tauglichen Anschriften in Erfahrung bringen. 697 Arthur Kahane  ; vgl. die Anm. in Dok. 238 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 27.10.1918). 698 Friedrich Gehmacher (1900–1976), Rechtsanwalt, Präsident der ISM 1963–75, Sohn von Friedrich Gehmacher. 699 Keine Vorlage überliefert.

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Und nun das beschämendste  : ich kann derzeit kein halbwegs verwendbares Werbematerial zur Verfügung stellen. Wohl sind alle möglichen Aufrufe und Werbeschriften in Ausarbeitung, das braucht aber bei der bekannt seligen Geruhsamkeit der Herren Wiener seine schöne Zeit. So muß ich mich halt damit begnügen, Ihnen das vorhandene »Zeugs«, soweit es heute noch halbwegs tauglich sein dürfte, zuzusenden. Sollte die geplante Salzburger Tafelrunde nicht durchführbar sein, könnte man ja eventuell den Versuch machen, eine allgemeine Ortsgruppe ins Leben zu stellen. Ich bin natürlich stets zu Ihrer Verfügung und würde mich freuen, recht oft von Ihnen zu hören. Wie gefällt es Ihnen in Innsbruck  ? Haben Sie sich schon kopfüber ins Studium gestürzt  ? Indem ich Ihnen einen recht angenehmen Aufenthalt wünsche begrüße ich Sie aufs wärmste als Ihr Ihnen aufrichtig ergebener /Erwin Kerber/

289. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg 14. November 19. XI. Wochenbericht700 An das Sekretariat des Zweigverein Salzburg. Als Beantwortung Ihres IX. Wochenberichtes verweisen wir auf unsere Z. 599/19 vom 11. ds. M. Im Einlauf ist die Mitteilung des Staatsamtes für Unterricht vom 11. ds. M., der zufolge das Staatsamt für Volksernährung unser Ansuchen abgelehnt hat, trotzdem die Salzburger Depesche über die von der Salzburger Landesregierung gewährte Aufenthaltsbewilligung sofort zur Kenntnis des Staatsamtes gebracht wurde. Auf Anordnung Hofrat Rollers werden am kommenden Montag 6 Stück Lichtpausen an das Sekretariat übersendet  ; wir haben bei der Fa. Riehl 25 Stück bestellt, welche laut Offerte auf K 1350.- zu stehen kommen. Sektionsrat Kobald teilte Damisch mit, daß er sowohl von der Aktion bezüglich des Bauprojektes, als auch von der Tätigkeit der Salzburger Mitglieder überhaupt einen sehr günstigen Eindruck gewonnen habe, und daß er, was Wien anbelangt die auf eine, so weit es die Umstände zulassen, mögliche intensive Betätigung des 700 Vermutlich von Heinrich Damisch verfasst.

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Zweigvereines Wien gerichteten Bestrebungen des geschäftsführenden Direktionsmitgliedes mit Nachdruck unterstützen wolle. Was den Stand der Subventionsangelegenheit anbelangt, soll der erste günstige Moment abgewartet werden, um die Sache ins Rollen zu bringen. Von Seite der Direktion wird hiezu bemerkt, daß es gerad zu widersinnig wäre, die Subventions-Angelegenheit als eine quantité negligeable zu betrachten und einen etwaigen derartigen Standpunkt nach außenhin, gegen wen immer, auch nur im entferntesten anzudeuten. Eine früher oder später zu erwartende ausgiebige Staats-Subvention ist die einzige vollkommen reine Quelle, aus der das Kapital für Bau und Betrieb in zureichender Weise geschöpft werden kann. Damit soll, was nachdrücklich neuerlich betont wird, keineswegs die Wichtigkeit einer ausgebreiteten Sammel- und Werbe-Tätigkeit verkannt und die Betätigung in dieser Hinsicht in den Hintergrund gedrängt werden. Es darf nur nicht übersehen werden, daß infolge der Haltung, welche Stadt und Land Salzburg gegenüber dem Fremden-Publikum aus Wien eingenommen hat, eine tiefgehende Verstimmung und Ablehnung gegen alles, was mit Salzburg zusammenhängt, zutage tritt. Dadurch sind einer einigermaßen ins Gewicht fallenden Werbe-Tätigkeit auf Wiener Boden große Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Nichtsdestoweniger hat der Zweigverein soeben eine umfassende Aktion durch Aussendung des beiliegenden Flugblattes eingeleitet. Ueberdies werden die Beschlüsse bezüglich der Abhaltung von gewinnbringenden Veranstaltungen gegenwärtig bereits in die Tat umgesetzt, u. zw. vor allem was die Abhaltung der 4 CercleKonzerte anlangt. Hiebei wird pro Konzert mit einem Reingewinn von K 20.000.- zu Gunsten des Zweigvereines Wien gerechnet. Weiters sind in dieser Woche die Einladungen zur Subskription für den BläserKammermusik-Zyklus hinausgegangen. Hofrat Roller hatte gestern mit dem Finanzreferenten und dem geschäftsführenden Direktionsmitglied eine vertrauliche ausführliche Besprechung, im Verlaufe welcher er Ansichten und Wünsche der Salzburger Direktionsgruppe, besonders des Herrn Vizepräsidenten, zum Ausdruck brachte, über den Verlauf der ArchitektenZusammenkunft Bericht erstattete und seine weitere tätige Mithilfe auch in Bezug auf Mitgliederwerbung in Aussicht stellte. Operndirektor Strauss trifft erst 15. Dezember in Wien ein, bis zu welchem Zeitpunkt ein Zusammenarbeiten mit ihm aufgeschoben werden muß. Für die Mitteilungen No. 12701 ist ein Aufsatz Holzers und einer des Prager Dozenten Dr. Nettel702 in

701 Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 12 (Dezember). 702 Paul Nettl (1889–1972), aus Böhmen stammender Musikwissenschaftler und Hochschullehrer. Emigrierte 1939 in die USA.

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Aussicht, auch Julius Bittner703 hat zugesagt  ; Redaktionsschluß ist der 6. Dezember, bis zu welchem Tage alle Manuskripte eingelangt sein werden. Mitgliederbewegung  : Unverändert. Mit vorzüglicher Hochachtung der Sekretär  :

290. Heinrich Damisch an den Zweigverein Salzburg 17. November [1]9. /für Herrn Direktor Gehmacher/ Verehrl. Sekretariat des Zweigvereins Salzburg Zu dem heute eingelangten X. Wochenbericht möchte ich rasch einige Worte bemerken  : Der andauernde Zuwachs von Mitgliedern ist sehr erfreulich, und ich glaube, daß wir auch aus Wien demnächst starke Erfolge berichten werden können. Die Aktion Grevenberg704 in Graz ist sehr zu begrüßen. Was die Aeußerung des Herrn Geyer705 von der Wiener Bühne betrifft, so ist sie, gelinde gesagt, eine kleine Unverschämtheit  ; ich will die Charakterisierung nicht noch näher ausführen  ; es ist nämlich auch noch in anderer Beziehung charakteristisch. Bemerken möchte ich nur, daß wir in Wien die Organisation von Ortsgruppen der Wiener Theater selbstverständlich im Wege des hiesigen Zweigvereins in die Hand nehmen müssen und es auch bereits tun. Diesbezüglich ist mitzuteilen, daß Frau Erika Wa g n e r 706 eine Ortsgruppe Deutsches Volkstheater gründet, daß M a y r 707 eine Ortsgruppe Staatsoper gründen wird, daß Frau Lucille Weingartner708 aufgefordert werden wird, eine Ortsgruppe Volksoper, und Herr Weingartner709 eine Ortsgruppe Wiener Philharmoniker zu gründen.

703 Julius Bittner (1874–1939), österr. Komponist und Feuilletonist. Seine Opern zählen in der ersten Hälfte des 20. Jhs. zu den bekanntesten und meistaufgeführten. 704 Julius Grevenberg (1863–1927), dt. Theaterschauspieler und -intendant. 1911–21 Leiter der städtischen Bühnen in Graz. 705 Emil Geyer (d. i. Emil Goldmann, 1872–1942), aus Mähren stammender Schauspieler und Theaterintendant. 1913–25 Leiter der Neuen Wiener Bühne. Zusammenarbeit mit Max Reinhardt. Ermordet im KZ Auschwitz. 706 Erika Stiedry-Wagner (1890–1974), dt. Schauspielerin am Deutschen Volkstheater in Wien. 707 Richard Mayr  ; vgl. die Anm. in Dok. 118 (H. Damisch an F. Gehmacher, 3.4.1917). 708 Lucille Marcel-Weingartner (1883 od. 1884–1921), US-amerikan. Opernsängerin, ab 1913 mit Felix Weingartner verheiratet. 709 Felix Weingartner  ; vgl. die Anm. in Dok. 160 (Johannes Eckardt  : Ein Festspielhaus in Salzburg. In  : Salzburger Chronik, 25.12.1917).

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Auch bezüglich der übrigen Bühnen wird von hier aus das Notwendige veranlaßt werden  ; ich weiß nur nicht, ob von Salzburg aus an die Neue Wiener Bühne herangetreten wurde und bitte da um eine diesbezügliche Mitteilung. Bezüglich des Weihnachtsspieles glaube ich, daß man /mit der Absage/ noch ein wenig zuwarten soll, weil wir hier in Wien auf Grund des Weihnachtsspieles immerhin noch Mitglieder bekommen können. Diese Quelle wird uns natürlich bei offizieller Absage des Weihnachtsspieles verschüttet. Wäre es nicht möglich, daß mit Genehmigung des hohen Arbeiter- und Soldatenrates von Salzburg sich die Salzburger Hoteliers über Innsbruck mit italienischen Lebensmitteln versorgen können  ? Die Fremden, die zu dem Weihnachtsspiel kommen, werden jedenfalls bereit sein, auch Fantasiepreise für Hotel und Verköstigung zu zahlen  ; den Eindruck habe ich schon aus gelegentlichen Gesprächen bekommen. – Bezüglich der Zugsverbindungen wäre ja vielleicht im Verkehrsamt eher etwas zu erreichen, als wie bezüglich der Lebensmittel beim Volksernährungsamt. – Die Sommerpläne jetzt bereits genau zu skizzieren, ist jedenfalls ganz vorteilhaft. Das verspätete Erscheinen des Hefts No. 11 der »Mitteilungen« ist kein Malheur. – Den Bericht über die Architekten-Zusammenkunft haben wir schriftlich und mündlich ausführlich erhalten. – Ich freue mich, daß mein Bestreben, die »Mitteilungen« zu einer regelrechten und damit dann auch hoffentlich aktiven Zeitschrift auszugestalten, in Salzburg Beifall und Unterstützung findet. Für die Erhöhung des Bezugspreises bin ich unbedingt. Derselbe soll jedenfalls so kalkuliert werden, daß wir auch bei Mitgliederabonnements nicht daraufzahlen. Ich bitte nun um baldige Bekanntgabe, wieviel das Abonnement und die Einzelnummer für Mitglieder bezw. Nichtmitglieder von nun an kosten werden. Neu eintretende Abonnenten sollten schon jetzt mit dem erhöhten Preise belastet werden. Dem Zuwachs der Abnehmer werden wir hier ein reges Augenmerk zuwenden und ebenso der Gewinnung von Inseraten-Aufträgen. Bezüglich der Künstlertafeln akzeptiere ich den Salzburger Vorschlag vollständig und werde nur noch bei Gutmann angeben, daß diese Berechnung pro Zeile sich auf die Grundlage einer Künstlertafel in der Höhe von mindestens 7 mm, ähnlich wie bei den Signalen,710 und ohne Rücksicht auf die Schriftgattung, bezieht. Was die Werbeschriften anbelangt, so urgieren wir fast täglich, bekommen jedesmal feierliche Zusagen, aber keine Arbeit. Jedenfalls ist aber anzunehmen, daß Ende dieser Woche die gewünschten Manuskripte in unserem Besitz sein werden. Hofmannsthal schreibt heute eine Entschuldigung und gibt das Versprechen, seine Zusammenstellung des Katechismus711 Ende dieser Woche abzuliefern. Sonst wäre noch mitzuteilen, daß der Zweigverein jetzt an allen Sonntag-Vormittagen Zusammenkünfte in der Kanzlei abhält, daß der Notschrei aus Salzburg 710 Vermutlich die Zeitschrift Signale für die Musikalische Welt. 711 Vgl. Dok. 304 (H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele).

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entschieden aufpulvernd gewirkt hat, daß wir aber ansonsten in Wien von Tag zu Tag größeren Schwierigkeiten begegnen. Wien ist im Zustande fortschreitender Verwesung und wird sich ohne einen kräftigen Impuls von außen kaum aus eigenem erholen können. In erster Linie müßten die wohl als unfähig zu bezeichnenden Faktoren, denen jetzt das Schicksal der Stadt anvertraut ist, ihren Platz verlassen  ; leider werden sie es wohl gutwillig kaum tun. Die fortgesetzte Erschwerung aller Lebensverhältnisse und die ungeklärte politische Situation, die trostlose finanzielle Lage beeinflussen natürlich auch die Tätigkeit unseres Vereins, aber immerhin glauben wir einen fortschreitenden Zug aufrecht erhalten zu können und dürften, wie ich bereits erwähnte, mit einer gesteigerten Aktionslust in dieser Richtung rechnen. Ich meine, daß wir bis Ende dieses Jahres für den /dann abgelaufenen/ ersten Teil des neuen Vereinsjahres eine sehr befriedigende Bilanz ziehen können. Mit herzlichen Grüßen für die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : das geschäftsführende Direktionsmitglied  : /Dir speziell recht herzliche Grüße. Dieser Tage will ich Dir ausführlich schreiben.712 Damisch/

291. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg 21. November 19. An das Sekretariat des Zweigvereines Salzburg. XII. Wochenbericht. Zunächst hoffen wir, daß die sechs Stück Lichtpausen des Hellbrunner Situationsplanes wohlbehalten in Salzburg angekommen sind  ; 14 Stück lagern bei uns, je zwei wurden den Architekten H o f f m a n n und P o e l z i g und ein Stück Hofrat R o l l e r übersendet. Wie aus der Beilage 1 ersichtlich, verspricht Dr. H o f m a n n s t h a l den Katechismus713 »vor Ende dieser Woche« zu liefern. Es heißt also, sich noch in Geduld zu fassen  ! Der Vollständigkeit halber berichten wir in der Beilage 2 auch einen Mißerfolg, der sich jedoch vielleicht noch reparieren läßt. 712 Wie die handschriftliche, jedoch offenbar nicht von Damisch selbst stammende Ergänzung zu Beginn des Briefes erkennen lässt, richtet sich auch dieser Zusatz sowie der Brief insgesamt an Friedrich Gehmacher. 713 Vgl. Dok. 304 (H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele).

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Da uns authentische Nachrichten über Absage des Weihnachtsspieles sowohl von Salzburg, als auch von Professor R e i n h a r d t , mit dem wir uns diesbezüglich in Verbindung gesetzt haben, bis heute fehlen, haben wir an Vormerkungen noch übernommen  : Dr. Gottfried Kunwald,714 I., Schulerstr. 1  : 1 Sitz à K. 200.(ist beiderseitiger Krüppel, daher leicht zugänglicher Platz erwünscht.) Emil Grabscheid,715 I., Giselastr. 1  : 1 Sitz à K. 100.Dr. Ludwig Strauss716 u. Frau XIX./1 Felix Mottlstr. 25  : 2 Sitze à K. 100.An Mitgliederzuwachs seit dem letzten Ausweis (IX. Wochenbericht Z. 584 v. 3. XI.) ist zu verzeichnen  : Unterstützende Mitglieder mit Beitrag K. 10.-  : [D] Richard Bloch Prof. Richard Robert717 [D] Josef Adam, Leobersdorf [D] Wilhelm Wendt [D] Erika Wagner [D] Franz Pawlikovsky Dr. Ludwig Strauss u. Frau Dr. Adolf Edelmann718

Dr. Willy Weiss Eduard Frankl, Pressburg Rudolf Rieser Wolfgang Magg Wilhelm Urban [D] Siegmund Dukes719 [D] Dr. Hugo Morgenstern720 [D] Kurt Gleis u. Frau.

714 Gottfried Kunwald (1869–1938), Jurist und Finanzexperte  ; enger Berater von Bundeskanzler Ignaz Seipel  ; Herausgeber der Kunstzeitschrift Der Merker, bei welcher Heinrich Damisch 1916–21 als verantwortlicher Redakteur und von 1917 an zudem als Chefredakteur wirkte. Damisch distanzierte sich nach der NS-Machtergreifung von Kunwald, der im März 1938 Selbstmord beging (vgl. Hoffmann  : Wer war Heinrich Damisch  ?, S. 194  ; sowie Friedrich Weissensteiner  : Bundeskanzler Seipels Graue Eminenz. In   : David. Jüdische Kulturzeitschrift, http://david.juden.at/kulturzeitschrift/57–60/59Weissensteiner.htm, 29.4.2020). 715 Emil Grabscheid (1866–1942 Theresienstadt), Rechnungsdirektor im Finanzministerium und dort Kollege von Theodor Antropp (vgl. die Anm. in Dok. 208, Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Wien an die k.k. Polizeidirektion Wien, 17.5.1918). 716 Ludwig Strauss, Advokat. Professor für Handels- u. Wechselrecht an der Export-Akademie in Wien. 717 Richard Robert (d. i. Robert Spitzer) (1861–1924), Pianist, Komponist, Musikpädagoge. Professor am Neuen Wiener Konservatorium. 718 Adolf Edelmann (1885–1939), Internist im Wilhelminenspital, danach Direktor des S. Canning Children’s Hospital und Forschungsinstitut in Wien. 719 Siegmund Dukes (1863–1942 Theresienstadt), Privatbeamter. 720 Hugo Morgenstern, Hof- und Gerichtsadvokat in Wien.

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Wie uns von befreundeter Seite mitgeteilt wird, wurde auf eine persönliche Anfrage im Mozarteum bezüglich der Mitteilung der S.F.G. dortselbst die Auskunft gegeben, daß von einer derartigen Zeitschrift nichts bekannt sei. Auch teilte der Betreffende mit, daß er in Salzburg nirgends die »Mitteilungen« zu Gesicht bekommen konnte. Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtung Gesehen der Sekretär  : /Herzl. Gruß  ! Hatte heute eine Attacke mit Schalk. Er scheint von Roller aufgehetzt zu sein. Ich glaube, man hätte Roller gegenüber nicht zu sehr mitteilend sein sollen. Interne Vereinsdinge sind nichts für Kunsträte  ! Ich sehne mich nach Brief  ! Dein Damisch/721

292. Heinrich Damisch an den Zweigverein Salzburg 25. November 19. An das Sekretariat des Zweigvereines Salzburg, Zum XI. Wochenbericht möchte ich folgendes bemerken  : die Mitteilung von der Gewinnung eines neuen Spenders, Direktor Alfred B e r n a u 722 des Deutschen Volkstheaters in Wien, ist sehr erfreulich. Er und seine Frau sind gute Bekannte von mir und ich habe wiederholt mit ihnen über die Salzburger Festspielangelegenheit gesprochen, auch die Zusage erhalten, daß ihr Beitritt in Aussicht steht. Ueberdies haben wir, wie bereits mitgeteilt, bei sämtlichen Wiener Theatern eine Aktion zur Ortsgruppenbildung eingeleitet, speziell beim Deutschen Volkstheater hat Frau Erika Wa g n e r das diesbezügliche Mandat übernommen und arbeitet seit etwa 10 Tagen an der Ortsgruppengründung. Es liegt also die Vermutung nahe, daß an der Gewinnung des neuen Spenders die Tätigkeit der Wiener Gruppe starken Anteil hat. Nachdem wir von dem auch statutarisch festgelegten Grundsatz ausgehen, daß es nur ein Vermögen des Gesamtvereines gibt, betrachte ich diese Mitteilung als eine rein akademische. Ein Aufschluß wäre mir nur in der Richtung erwünscht, ob der Zweigverein Salzburg bei den Wiener Theatern eine Werbetätigkeit in Szene gesetzt hat und, wenn dies der Fall ist, warum wir, beziehungsweise ich als geschäfts721 Auch dieser handschriftliche Zusatz ist – wie in Dok. 290 (H. Damisch an den Zweigverein Salzburg, 17.11.1919) – an Friedrich Gehmacher direkt gerichtet. 722 Alfred Bernau (1879–1950), dt. Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor. 1918–24 Direktor des Deutschen Volkstheaters in Wien.

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führendes Direktionsmitglied nicht wenigstens mit einer Postkarte oder durch den Wochenbericht hievon verständigt worden bin  ; denn einerseits wäre es nicht nur eine überflüssige Arbeitsverschwendung, wenn derlei Aktionen von Wien und Salzburg parallel vorgenommen werden, sondern es müßte jede solche Aktion direkt schädlich beeinflussen, wenn zu gleicher Zeit von verschiedenen Stellen werbende Schritte unternommen werden. Ueberdies möchte ich in diesem Falle hervorheben, daß es weit zweckmäßiger wäre, wenn /bloß/ der Zweigverein Wien hier seine Tätigkeit einsetzte und sie durch die persönlichen Beziehungen und die Kenntnis der Verhältnisse entsprechend unterstützte. Die Antwort des Direktor G e y e r s ist ein Beleg hiefür. Zu Punkt 2, 3, und 4 wäre nichts zu bemerken. Was die Absage des Weihnachtsspieles anbelangt, die wir zuerst aus einer Notiz des Wiener Mittag erfahren haben,723 ist sie natürlich eine höchst bedauerliche Sache, die aber mit Rücksicht auf die gegenwärtigen, ganz trostlosen Verhältnisse wohl nicht zu vermeiden war. Wir werden an die Wiener Blätter eine diesbezügliche kurze Notiz aussenden. Von Jung haben wir auch weiter keine Nachricht erhalten und müssen diesbezüglich wohl alle weiteren Hoffnungen begraben. Hinsichtlich der »Mitteilungen« habe ich bereits in meinem Schreiben Z. 605/19 vom 17. d. meine Zustimmung zur Erhöhung des Bezugspreises gegeben und darin auch den Vorschlag gemacht, daß neu eintretende Abonnenten sofort den erhöhten Preis zu bezahlen haben. Dies habe ich auch den in der letzten Woche gewonnenen Abonnenten schon mitgeteilt. Was Inseratenaufträge anbelangt, ist es natürlich unser Wunsch möglichst viele zu erhalten, wir müssen uns aber notgedrungen darauf beschränken, uns leicht zugängliche Aufträge zu erhalten, da wir ja kein Administrations-Personal haben und auch keine Agenten bezahlen können. Es ist aber anzunehmen, daß auf Grundlage des Heftes 11 wieder Inseratenaufträge zu erhalten sein werden. Auch dürfte eine ständige Vergrößerung dieses wichtigen Teiles unserer Mitteilungen hier zu erzielen sein. Vom Vortrage K l i t s c h 724 haben wir Kenntnis genommen. In Wien mußten wir die Bläserkonzerte leider absagen, da die Subskription nicht das gewünschte Resultat hatte. Es werden aber demnächst einige Konzerte, die Dr. Botstiber725 veranstaltet, unter unserem Namen stattfinden, und außerdem will ich die großen Cerclekonzerte unbedingt durchführen.

723 Eine entsprechende Kurzmeldung erschien in der Salzburger Chronik für Stadt und Land am 21. November 1919, in der Wiener Zeitung am 25. November 1919. 724 Wilhelm Klitsch (1882–1941), österr. Theater- und Filmschauspieler. 725 Hugo Botstiber (1875–1941), 1912/13–38 Generalsekretär der Wiener Konzerthausgesellschaft.

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Für die Dezembernummer ist ein Aufsatz über Hans Poelzig zu erwarten, außerdem soll eine Sammlung von Salzburger Gedichten in zusammenhängender Folge (Verfasser Hans Nüchtern726) in unseren Mitteilungen veröffentlicht werden, deren Beginn ich für die Dezembernummer in Aussicht nehme  ; ich möchte, daß der Satz dann stehen bleibt, um diese ganze Salzburger Gedichtenreihe als Heft im Verlag der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde erscheinen zu lassen. Den zeichnerischen Schmuck soll Herr Jung jun.727 beistellen. Ich verspreche mir von diesem Büchlein einen starken propagandistischen Erfolg. Zu Punkt 10 möchte ich sagen, daß wir uns nicht unberechtigter Weise für nähere Details der Weihnachtsspielangelegenheit interessiert haben, da wir eigentlich bis heute über die finanzielle Seite dieser Sache /noch/ nichts näheres wissen. Die Direktion als solche, vor allem der Finanzreferent und ich, als geschäftsführendes Direktionsmitglied, hätten ja eigentlich Anspruch in dieser Angelegenheit, sowie in der Angelegenheit der Auslandsreise des Herrn Jung nicht nur gelegentlich eines Wochenberichtes en passant /nachträglich/ einiges läuten zu hören, sondern eingehend informiert zu werden. Diesbezüglich müßte übrigens /auch noch/ eine mündliche Aussprache stattfinden, die ich sobald als möglich herbeiführen will. Der Schlußsatz des Punktes »Auch wir erkundigen uns nicht nach allen Einzelheiten in den Vorbereitungen der Veranstaltungen des Zweigvereines Wien« ist hier vollständig unzutreffend, denn die Wochenberichte aus Salzburg sind ja vollständig richtigerweise an die Direktion der S.F.G. und nicht an den Zweigverein Wien gerichtet. Den Zweigverein Wien interessiert selbstverständlich die Geschäftsführung des Zweigvereines Salzburg absolut nicht, wohl aber die Direktion. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch nachdrücklich hervorheben, daß ich es sehr unangenehm empfinde, daß seit August dieses Jahres an die Direktion kein Sitzungsprotokoll mehr eingesendet wurde, da solche ja jedenfalls seitens des Zweigvereines Salzburg geführt werden müssen. Es bedeutet für das Büro in Salzburg durchaus keine Belastung, wenn ein Durchschlag jedes Protokolles an die Direktion eingesendet wird, sowie z. B. von der gesamten Korrespondenz der Wiener Gruppe mit der Salzburger Gruppe ein eigener Durchschlag an den Salzburger Vize-Präsidenten immer eingeschickt wird. Ich hoffe, daß der Besuch Reinhardts nach Weihnachten in Salzburg für die Sommerpläne von gutem Erfolg sein wird. Was den Vortrag Spechts728 anbelangt, so ist derselbe nicht nur nicht definitiv abgesagt, sondern er soll unbedingt stattfinden. Specht möchte am liebsten in der Zeit um Weihnachten nach Salzburg kommen. Da zahllose Urgenzen beim Salzburger Landesbildungsamt, darunter mehrere Telegramme mit bezahlter Rückantwort (wie ich übrigens dem Salzburger Sekretariat 726 Hans Nüchtern (1896–1962), österr. Schriftsteller und Regisseur. Pionier des Rundfunkwesens. 727 Georg Jung jun. (1899–1957), österr. Maler  ; Sohn des Hoteliers Georg Jung. 728 Richard Specht (1870–1931), österr. Schriftsteller, Musikkritiker und Musikwissenschaftler.

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schon einmal mitgeteilt habe) ohne jeden Erfolg waren, habe ich schon in einem früheren Schreiben an das Sekretariat das Ersuchen gestellt, daß nunmehr die Vorbereitungen zur Durchführung dieses Vortrages vom Salzburger Sekretariat in die Hand genommen werden mögen. Ich wiederhole nunmehr hiemit mein Ersuchen. Bezüglich eines Briefes der Salzburger Direktionsgruppe an Direktor Ronsperger, werde ich demnächst in einem eigenen Schreiben meiner Meinung Ausdruck geben. Ich bitte an Direktor Gehmacher und an die übrigen Herren meine besten Grüße zu übermitteln und begrüße Sie selbst auf das Herzlichste Ihr [Heinrich Damisch]

293. Hugo von Hofmannsthal an Paul Hellmann729 Rodaun 3 XII 19. Verehrter Herr Doctor inliegendes Elaborat, als ein Mittel zur breitesten Propaganda – in allen Sprachen – für die Salzburger Sache gedacht, natürlich anonym, zu Ihrer freundlichen Kenntnisnahme mit der Bitte um gelegentliche Rücksendung  ; es ist mein Handexemplar.730 Ich bin sehr traurig, Frau Hellmann vor ihrer Abreise nicht mehr sehen zu können  ; doch muß ich mich möglichst heraußen halten, die Stadt, dieses Wien mit seiner eigenthümlich zerfahrenen und oberflächlich confusen Atmosphäre zerrüttet mich ganz, ich brauche dann immer 24 Stunden um mich wieder zusammenzukriegen, und je älter man wird, desto kostbarer wird einem die Zeit. Ich vermute daß Sie selbst früher als Ihre Frau von Göding wieder zurück sein werden und wäre sehr dankbar, wenn Sie mir dann ein Zeichen gäben  ; vielleicht darf ich Sie einmal in die Stallburggasse zum Thee bitten  : es verlangt mich sehr, mit Ihnen über die Organisation dieser Salzburger Sache zu sprechen  ; jetzt wo Strauss da ist, muß dieses Werkel aus seinem Provinztrott herausgerissen werden – es steht zu

729 Paul Hellmann (1876–1938), Großindustrieller. Befreundet mit Hugo von Hofmannsthal. Seit Februar 1920 Mitglied der Direktion der SFG. Seine Frau Irene (geb. Redlich, 1882–1944, ermordet im KZ Auschwitz) stammt aus dem mährischen Ort Göding. 730 Hofmannsthal bezieht sich hier auf jene Werbeschrift für die SFG, welche Anfang 1920 unter dem Titel Die Salzburger Festspiele anonym im Verlag der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde erschien und wegen der Form von Frage und Antwort auch als »Katechismus« der Salzburger Festspiele bekannt wurde (vgl. Dok. 304, H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele). Vgl. dazu auch Paul Hellmann  : Hugo v. Hofmannsthal und die Salzburger Festspiele. In  : Neue Freie Presse, 15.7.1934, S. 26.

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Schönes auf dem Spiel – nicht weniger als  : für Schauspiel und Oper die Suprematie dauernd nach Oesterreich zurückzubringen.731 Mit den herzlichsten Empfehlungen der Ihre Hofmannsthal

294. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Wien, am 9. Dezember 1919. Verehrter Herr Direktor  ! Ich empfing Ihre beiden Schreiben vom 26. und 28. v. Mts.732 in umgekehrter Reihenfolge. Letzteres erreichte mich in Prag am 2. Dezember, während ich ersteres erst nach meiner Rückkunft hier vorfand. Nach der mir aus beiden Briefen ersichtlich gewordenen erfreulichen Ueberein­ stimmung Ihrer und meiner hauptsächlichen Anschauungen, glaube ich nunmehr alles zusammenfassen zu können und Ihnen Nachfolgendes zu erklären  : Ihr Schreiben vom 28. November d. J., enthaltend 7 Punkte, erledige ich separat, weil ich diesen Brief unserem Freund Damisch ebenso wie meine Antwort hierauf vorlegen werde. Hingegen betrachte ich Ihr Schreiben vom 26. November l. J. als vollkommen vertraulich, nachdem ich dasselbe Damisch nicht gut zeigen kann und bitte, dementsprechend auch diesen meinen Brief vollständig vertraulich zu behandeln. Ich nehme also vorerst freudig zu Kenntnis, daß Sie die Verbindung mit uns in ganz unverändertem Maße als aufrecht bestehend betrachten. Ob die politischen Verhältnisse dies weiterhin gestatten werden, entzieht sich unserer beiderseitigen Einflußnahme, und wenn es bedauerlicherweise zu Umwälzungen staatsrechtlicher Art kommen sollte, werden wir erst dann hiezu Stellung nehmen müssen. Sie sprechen weiters von der glatten Annahme des Antrages Roller. Ich rechne es mir zum Verdienste an, Sie durch meine nachdrückliche Unterstützung desselben hierin beeinflußt zu haben, und es hat mich mit Genugtuung erfüllt, daß die Architekten betraut wurden.733

731 Anspielung auf Richard Strauss’ Funktion als Ko-Direktor der Wiener Oper ab dem 16. August 1919 (vgl. die Anm. in Dok. 256, »Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.]. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14.4.1919). 732 Keine Vorlage überliefert. 733 Vgl. Dok. 286 (Josef Hoffmann und Hans Poelzig werden von den Salzburger Direktionsmitgliedern mit der Ausarbeitung von Ideenprojekten für ein Festspielhaus betraut. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 [1919], Nr. 11 [November], S. 16).

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Nun komme ich zu den Punkten, welche zur vertraulichen Behandlung Ihres Schreibens nötigen und desgleichen meiner vorliegenden Antwort. Ich muß Ihnen in Ihren Anschauungen über die von unserem gemeinsamen Freunde734 geübte Art teilweise Recht geben. Ich war bisher trotz aller Bemühungen außerstande, in diesen Belangen korrigierend einzugreifen. D. ist bei den von Ihnen beklagten Darstellungen von Projekten und oft noch ganz embryonalen Plänen zwar optima fide, jedoch nicht davon zurückzuhalten, weil er selbst daran glaubt, auch andere glauben machen zu wollen. Da ihm als geschäftsführendes Mitglied natürlicherweise der größte Wirkungskreis eingeräumt ist, ist nicht zu verhindern, daß er nicht nur in verschiedenen Berichten, sondern auch in Privatbriefen an Sie oder andere Personen und im mündlichen Verkehre derartige optimistische Mitteilungen ergehen läßt. Ich kann sogar in den Sitzungen nichts dagegen tun, wenn ich auch bei solchen Gelegenheiten bemüht bin zu dämpfen. Wenn es nun auch Wort für Wort zu unterschreiben ist, was Sie über die Finanzenquête etc. sagen, so muß doch zugestanden werden, daß bei der Eigenart der persönlichen Verhältnisse es ungemein schwierig ist, derartiges zu vermeiden, Sie werden nun immer besser meinen Wunsch verstehen, mich mehr den allgemeinen Administrationsangelegenheiten zu widmen, |weil ich dann hoffe, langsam allzu uferlosem Vorgehen wenigstens teilweise [gegen] zu steuern|. Nicht anbequemen kann ich mich Ihrer Meinung über die angestrebte Staatssubvention. Es muß durchaus anerkannt werden, daß D. in diesen Belangen Außerordentliches geleistet hat, und wenn ich auch gar nicht damit einverstanden bin, daß jenen Leuten, welche nicht mit frommen Wünschen sondern mit Möglichkeiten rechnen, die staatliche Subvention als sicher hingestellt werde, so ist es doch angebracht, daß dies der Oeffentlichkeit gegenüber geschieht, und insbesondere in allen jenen Fällen, in welchen die Subventionsangelegenheit gegenüber den Vertretern der Behörden und mit diesen in Verbindung stehenden Persönlichkeiten erörtert wird. Ich erwarte mir vor allem eine rasche Erledigung der Sache, weil ich es für ausgeschlossen erachte, daß man jetzt in das Budget einen nennenswerten Betrag hineinbringen kann. Ich erwarte dies insbesondere nicht von dem gegenwärtigen Staatssekretär für Finanzen,735 welcher bekanntlich unserer Enquête im Jänner, damals noch, als Direktor der Bodenkreditanstalt beigewohnt hat und sich eigentlich skeptisch verhalten hat. Ich bin dagegen der Ueberzeugung, daß in einem späteren Zeitpunkte, etwa wenn wir doch mit halbwegs heilen Gliedern über diesen Winter hinwegkommen sollten, eine finanzielle Unterstützung seitens des Staates, wenn auch in viel geringerem Ausmaße als dem verlangten, erreichbar sein wird, und ich erwarte mindestens, daß – weil die Regierung sich bei der direkten Subventionierung in sehr bescheidenem Rahmen wird halten müssen – sie sich unseren Geldbeschaf734 Heinrich Damisch. 735 Richard Reisch  ; vgl. die Anm. in Dok. 297 (H. Damisch an F. Gehmacher, 12.12.1919).

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fungsplänen insbesondere im Wege eines Losanlehens, geneigter zeigen wird, als es sonst der Fall wäre. Sie verstehen, daß ich das so meine, daß uns die Regierung, weil sie uns kein oder wenig Geld selbst geben kann, gewissermaßen als Ersatz beispielsweise eine Lotterie eher gestatten könnte, als wenn überhaupt nichts geschehen wäre. Ich habe diesen meinen hintersten Hintergedanken noch niemand gegenüber zum Ausdruck gebracht und bitte Sie also, diese Mitteilung ganz diskret zu behandeln. Ich habe mich nämlich von Anfang an für die Betreibung der Subventionsangelegenheit nur aus dem Grunde eingesetzt, weil ich eigentlich mit der Ablehnung der Subvention rechne und damit eine Art gelindes Pressionsmittel für den Plan des Losanlehens gewinnen will. Es würde mich interessieren, Ihre Ansicht zu hören, ob Sie diesen meinen Gedankengang für richtig halten. Zu den weiteren Ausführungen Ihres Schreibens bemerke ich Folgendes  : Ihre Meinung, daß der gegenwärtige Zeitpunkt besonders geeignet für die Realisierung des Festspielhausprojektes ist, teile ich wohl. Nur ist leider die Ueberzahl derjenigen Leute, welche dies ebenfalls glauben sollen, gerade der gegenteiligen Ansicht. Es bleibt uns eben, wie Sie ganz richtig sagen, kein anderes Mittel als nachdrückliche Agitation, und ebenso sagen Sie vollständig richtig, daß wir hiezu Geldmittel brauchen. Sie appellieren dann neuerlich an mich, daß ich mich in dieser Richtung für lebhafte Tätigkeit des hiesigen Zweigvereines einsetzen soll, und verlangen zu Ihrer Beruhigung diesbezügliche Zusicherung von mir. Daß ersteres geschieht, brauche ich nicht nochmals zu beteuern, eine Zusicherung aber kann ich nur für meine Person geben und die Hoffnung muß reichen, daß es mir gelingen wird, einen Teil der leitenden Mitglieder durch meinen nicht erlahmenden Eifer mitfortzureißen. Die ganze Lage ist hier eine solche, daß eine Zusicherung, den Betrieb des Direktionsbüros und jenen des hiesigen Zweigvereines aus den laufen[den] Einnahmen, d. h. aus Spenden und Mitgliederbeiträgen zu decken, vorläufig nicht gegeben werden kann, wenngleich ich ein etwas lebhafteres Interesse durch unsere unausgesetzten Bemühungen gerade in den allerletzten Wochen glaube beobachten zu können. Einen gewissen Zuschuß muß uns eine große Konzertveranstaltung liefern, sei es, daß wir die Idee der Cerclekonzerte wenigstens teilweise realisieren, sei es durch eine andere Veranstaltung. Damisch will bekanntlich 4 Konzerte veranstalten, ich ziehe 75% hievon ab und glaube, daß es gelingen wird, das eine Konzert, für welches Strauss seine unentgeltliche Mitwirkung in Aussicht gestellt hat, wirklich zustandezubringen. Dasselbe kann dann in der Tat einen erheblichen Betrag abwerfen. Es ist vielleicht nicht nötig, allzu pessimistisch bei der Berechnung dieser Ziffern zu sein, denn es sind, wie gesagt, von mir allein eine große Anzahl Werbungen im Zuge, von denen ein Teil gelungen und Ihnen bereits im letzten Wochenberichte736 gemeldet ist. 736 Keine Vorlage erhalten.

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Ich kann nunmehr dieses Schreiben abschließen und im Uebrigen auf das zweite, zur Gebrauchnahme gegenüber den anderen dortigen Herren Kollegen bestimmte, verweisen. Ich erlaube mir nur noch die rein persönliche Bemerkung, daß Sie mir mit dem an verschiedenen Stellen zum Ausdruck gebrachten Lobe zuviel der Ehre antun. Ich war mir sofort bei Uebernahme des Mandates der bevorstehenden Schwierigkeiten bewußt und setze nun – insolange ich an der Sache mitarbeite – meine ganze Kraft ein, halte dies aber für kein besonderes Verdienst, sondern für die Erfüllung einer selbst übernommenen Pflicht. Nehmen Sie meine herzlichsten Grüße entgegen und trachten Sie es doch möglich zu machen, daß Sie hieher zu einer Aussprache kommen. Ich halte dies aus vielen Gründen für zweckentsprechender, als daß ein oder zwei Herren von uns zu Ihnen reisen. Ihr ganz ergebener /Ronsperger/

295. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Wien, am 10. Dezember 1919. Sehr geehrter Herr Direktor  ! Nach den vorausgegangenen eingehenden Auseinandersetzungen kann ich Ihr geehrtes Schreiben vom 28. November d. J.,737 ohne mich auf allgemeine Erörterungen einlassen zu müssen, punktuell wie folgt erledigen  : ad 1) Stimmt mit der wiederholt zum Ausdruck gebrachten Ansicht der hiesigen Gruppe vollständig. Eine Reduktion der Ausgaben für den hiesigen Betrieb, welcher – wie ich wiederholt bemerke – sowohl für den Gesamtverein als den Zweigverein arbeitet, ist nicht möglich, und ich habe bereits ausgeführt, daß er anbetrachts der hiesigen Teuerungsverhältnisse sogar als besonders billig zu bezeichnen ist, was dem Entgegenkommen der Gesellschaft der Musikfreunde zu danken ist. Daher Steigerung der Einnahmen – einziges Rettungsmittel. ad 2) Es ist noch kein Fall vorgekommen, daß den Wünschen der Kunstratmitglieder blindlings gehorcht wurde. Uebrigens ist außer der Angelegenheit der Ideenprojekte, über deren Notwendigkeit und Kosten nicht mehr gesprochen werden braucht, meines Wissens noch kein Fall vorgekommen, daß die Erfüllung eines derartigen Wunsches Geld gekostet hätte. Sollte sich Ihre Bemerkung auf die An-

737 Keine Vorlage erhalten.

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fertigung der Planpausen beziehen, so ist auf die bereits hierüber abgegebenen Erklärungen zu verweisen. ad 3) Unser geschäftsführendes Direktionsmitglied738 hat selbstverständlich die besten Absichten und es wäre ungerecht, ihm zur Last zu legen, daß die Ungunst der Verhältnisse bisher nur teilweise die Realisierung derselben gestattet hat. Ich glaube im Uebrigen die Erledigung dieses Punktes dem direkten Briefwechsel zwischen Damisch und Ihnen, welcher ohnehin im Zuge ist, überlassen zu können. ad 4) Ist ganz unsere Ansicht. Es erfüllt mich mit Befriedigung, daß Sie den stets, speziell von mir, vertretenen Standpunkt, daß wir keine Sparkassa sind, sich zu eigen machen. Im Uebrigen enthält dieser Punkt das Wichtigste, womit wir uns zunächst zu befassen haben. Ich habe, als ich in der Sitzung vom 21. Oktober d. J. die Entscheidung im Sinne Rollers provozierte, auf jene Unterredung hingewiesen, welche ich im August mit Ihnen hatte und bei welcher wir gemeinsam feststellten, daß es ein Pressionsmittel auf die Behörden sein werde, wenn darauf hingewiesen wird, daß wir bereits große finanzielle Opfer gebracht haben, um das Projekt auf dem Hellbrunner Platz zu verwirklichen. Ich habe mit Damisch besprochen, daß wir die Aktion wegen Zusprechung des Grundes an die Festspielhausgemeinde sofort beginnen. Ob die verhältnismäßig geringen Mittel, welche uns auch bei günstigem Fortschreiten unserer Werbeaktionen, Veranstaltungen etc. im Frühjahr 1920 bestenfalls zur Verfügung stehen werden, hinreichen werden, um den Bau auch tatsächlich, wenn auch nur mit Zurichtung der Straße und der Bahn etc. zu beginnen, wage ich vorläufig nicht zu behaupten. Jedenfalls ist dies mit allen Mitteln anzustreben und Ihre Bemerkung ist durchaus richtig, daß die Aufbringung der Mittel hiedurch wesentlich gefördert werden würde. ad 5) Hiezu erwarten wir ehestens Ihre Vorschläge. Wenn solche durchführbar, ist hier grundsätzlich keinerlei Widerstand gegen eine Vereinfachung der Organisation, im Gegenteil  ! ad 6 und 7) Geschieht seit jeher. Indem ich im Uebrigen auf unseren sonstigen Briefwechsel verweise, verbleibe ich mit den freundschaftlichsten Grüßen Ihr hochachtungsvoll ergebener /Ronsperger/

738 Heinrich Damisch.

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296. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg Wien, 12. Dezember 1919. An das Sekretariat des Zweigvereines Salzburg XV. Wochenbericht. 1.) Mitgliederausweis s. Beilg. 1.739 2.) Ueber Anregung Direktor Ronspergers wurde in der öst.ung. Bank (Hauptanstalt Wien) eine Ortsgruppe gegründet, deren Obmann Oberkontrollor Ernst B e r k o v i t z ist  ; bisheriger Jahresbeitrag K 160.-. Direktor Ronsperger hat zwei weitere Spender mit je K 1000.- geworben, Herrn und Frau Ludwig Urban. 3.) Subventionierung. Sektionsrat Dr. Kobald und Hofrat Dr. von Hartel740 machten anläßlich eines Besuches des Geschäftsführend. die offizielle Mitteilung, daß der Subventionsakt bereits an das Staatsamt für Finanzen weitergeleitet wurde. 4.) Cercle-Konzert. Das Ergebnis einer Besprechung Dr. v. Wieners und des Geschäftsführenden mit dem Präsidialchef, Ministerialrat Dr. Weigl741 im Staatsamt für Finanzen, war, daß uns für die Abhaltung des Cercle-Konzertes in der Zeit zwischen 1. und 15. Jänner der sogen. goldene Saal, der blaue Saal, das goldene Zimmer und die nötigen Vorräume zur Verfügung gestellt werden. Die Höhe des Eintrittspreises wurde mit K 500.- festgesetzt, 200 Karten werden ausgegeben. Die Erstaufführung von Richard Strauss’ Musik zu »Bürger und Edelmann« unter des Komponisten persönlicher Leitung wird das Konzert zu einem künstlerischen Ereignis höchsten Ranges gestalten.742 Direktionsmitglied Herr Funder hat heute eine Besprechung mit Damisch und Direktor Ronsperger. Mit vorzüglicher Hochachtung der Sekretär  :

739 Keine Vorlage erhalten. 740 Karl Ritter von Hartel (1869–1939), Ministerialrat im Staatsamt für Kultus und Unterricht. 741 Heinrich Weigl (1874–1953), Ministerialrat im Staatsamt für Finanzen. 742 Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss bearbeiteten die von Molière und Jean-Baptiste Lully verfasste Ballettkomödie Der Bürger als Edelmann und hängten ihr eine erste Fassung der später als eigene Oper konzipierten Ariadne auf Naxos an. Diese Bearbeitung wurde 1912 im Stuttgarter Hoftheater uraufgeführt und stieß auf eine vernichtende Kritik. Die von Strauss komponierte Suite wurde beim »Cercle-Konzert« der SFG am 31. Jänner 1920 in Wien aufgeführt (vgl. Dok. 302, E. Ronsperger an F. Gehmacher, 5.2.1920).

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297. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 12. Dezember 1919. Lieber Freund  ! Trotz der Wiedereinführung der Schnellzüge ist es mir vorläufig leider doch nicht möglich, meinen geplanten Besuch in Salzburg zu machen, da ich nicht nur bei der Festspielhaus-Gemeinde, sondern auch beruflich verschiedentlich außerordentlich angehängt bin und wegen der ungeklärten Situation der »Ostdeutschen Rundschau« unbedingt in Wien bleiben muß, um den Anschluß nicht zu versäumen. Wir müssen uns daher vorläufig noch mit dem schriftlichen Wege behelfen. Ich habe mich über Deinen Brief, wie über jedes Lebenszeichen von Dir, sehr gefreut und will zu den einzelnen Punkten desselben nun Einiges sagen. Daß Du mich hättest ausgreinen müssen, wäre entschieden ein Unrecht gewesen, wenigstens, wenn es meine Tätigkeit in Vereinsangelegenheiten hätte betreffen sollen. Ich arbeite für den Verein mehr als ich es eigentlich beruflich mit meinem Gewissen vereinbaren kann und bin täglich vormittags, nachmittags und abends in der Kanzlei, oder auf Wegen im Interesse des Festspielhauses. Auf die Dauer kann ich diese Belastung natürlich nicht aushalten, und ich hoffe nur, daß die mir zu Gebote stehenden Hilfskräfte endlich so weit eingearbeitet und interessiert sein werden, daß ich meine Tätigkeit mehr auf bloße Dispositionen beschränken kann. Seitens der Herren in der Direktion und Zweigvereinsleitung werde ich nunmehr schon langsam etwas mehr unterstützt. In dieser Hinsicht waren mir die Zuschriften und der Briefwechsel aus Salzburg ganz angenehm, weil ich damit einen Druck auf die im allgemeinen ziemlich niedergebrochenen Wiener Herren ausüben konnte  ; übrigens nimmt sich Ronsperger des Vereines ganz außerordentlich an und ist mir die wertvollste Hilfe. Auch seitens des Dr. Wiener und Dr. Stransky finde ich großes Entgegenkommen und Unterstützung in jeder Beziehung. Auch die beiden Regierungsvertreter kann ich loben. In der Zweigvereinsleitung wirken die von mir eingeführten Sonntagsbesprechungen auch entschieden belebend. Die Erfolge der Werbetätigkeit sind stark im Zunehmen  ; welche Höhe sie erreichen werden, kann ich natürlich noch nicht abschätzen. – Was die Geschichte mit Roller anbelangt, so kann ich Deine Argumentationen nicht recht anerkennen, denn wir haben Euch ja den Roller geschickt, damit die sehr wichtige Bauplan-Angelegenheit vorwärts kommt, aber nicht, daß Ihr ihn mit disharmonischen Bazillen infiziert. Ich habe übrigens, als ich damals mit dem Zug nicht mitkommen konnte, sofort ähnliches befürchtet, konnte aber natürlich nichts dagegen tun, trotzdem ich schon daran dachte, Dir zu telegrafieren, daß Ihr über interne Vereinsangelegenheiten mit den Herren nichts besprechen dürft, sondern eher die einheitliche Geschlossenheit des Vereines und die Einstimmigkeit in der Verfolgung seiner Ziele betonen solltet. Den Druck der

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Geldsorgen haben wir ja aus Eurer Zuschrift kennen gelernt, erfahren ihn übrigens ja auch am eigenen Leibe. Was Deine wiederholten Mahnungen zur Sparsamkeit betrifft, so ist letztere ja von vornherein stets meine Richtlinie, wenn ich auch nicht der Ansicht bin, daß wir uns mit einer Einschränkung von Porto-Auslagen od. dgl. irgendwie retten können. Unsere Verwaltungsausgaben in Wien sind ja absolut genommen keine großen, relativ mit Rücksicht auf die Wiener Verhältnisse aber überhaupt minimal. – Daß die Tätigkeit der beiden Büros, also auch des Wiener Büros, notwendig ist, das ist ja auch Deine Ueberzeugung und ich glaube, daß wir in einiger Zeit starke Beweise für diesen Standpunkt erbringen werden können. – Ich bin sehr neugierig, was man über die Reise Jung hören wird  ; auch die Herren hier wollen schon bald etwas darüber in Erfahrung bringen.− Du sprichst von der Sammeltätigkeit Tomasellis743 und dabei fällt mir ein, daß es mir sehr erwünscht wäre, wenn ich aus Salzburg eine Uebersicht über die Werbe-Erfolge der einzelnen Direktions-, Leitungs- und sonstiger hiebei in Betracht kommender Mitglieder erhalten könnte. – Da Du auch Ludwigsbad744 erwähnst, möchte ich Dich fragen, wie die Angelegenheit steht, und ob ich hier diesbezüglich wieder etwas unternehmen soll. – Die Absage des Weihnachtsspieles hat in Wien tatsächlich sehr viel Bedauern hervorgerufen, wir hätten einen Bombenerfolg gehabt. Deinem Plan bezüglich der Veränderungen in der Salzburger Direktionsgruppe und in der Leitung des Salzburger Zweigvereines stimme ich vollständig zu. – Mit Ministerialrat Dr. Kubin745 wirst Du nunmehr schon persönlich in Verbindung getreten sein. Ich erwarte, daß er mir von Dir sehr viel erzählen wird. – Bezüglich der Weihnachtsnummer der »Mitteilungen« möchte ich Folgendes bemerken  : Ich glaube, daß es gut wäre, die in größerem Umfange erscheinende Nummer wieder einmal jedem einzelnen Mitglied zuzusenden, und gleichzeitig dringende und motivierte Bezugseinladungen beinzulegen. Für Leipzig glaube ich, daß wir 1500 bis 2000 Exemplare reservieren sollen. Beim Vertriebe dortselbst dürfte uns die Universal-Edition, die sich nebenbei bemerkt für unsere Mitteilungen außerordentlich interessiert, und uns wahrscheinlich noch für die Weihnachtsnummer einen Auftrag erteilen will, kräftig unterstützen. Dein Wunsch bezüglich des Bittner-Artikels746 ist bereits erfüllt, allerdings verlangt er leider K 300,- Honorar.− Mit einer Preiserhöhung der Mitteilungen bin ich, wie ich bereits erklärte, sehr einverstanden, doch meine ich, man sollte den Preis für Mitglieder auf K 10,-, für Nichtmitglieder auf K 15,- erhöhen. – Bezüg-

743 Richard Tomaselli  ; vgl. die Anm. in Dok. 275 (Einar Nilson  : »Jedermann« am Domplatz  ?). 744 Moor- und Soleheilbad in Bad Aibling, Bayern. Der Zusammenhang mit der Briefstelle ist nicht ermittelt. 745 Vermutlich Ministerialrat Paul Kubin. 746 Julius Bittner  : Der Bergsee, meine salzburgische Oper. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 12 (Dezember).

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lich der Erhöhung des Mitgliedsbeitrages für Ortsgruppen stehen wir auf dem Standpunkt, daß man den Betrag auf K 5,– erhöhen soll, nicht auf K 6,–. Deine Anregungen wegen Zahlzetteln u. dgl. habe ich schon ins Auge gefaßt und werden wir gelegentlich ähnliches durchführen. Ich denke auch daran, durch Roller Tafeln entwerfen zu lassen, die man in Restaurationen, Kaffeehäusern, Hotels, Geschäftslokalen, Büros u. dgl. aufhängen kann, worin für den Verein Werbe-Propaganda zum Ausdruck kommen soll. Diese Tafeln müßten natürlich künstlerisch sehr wirkungsvoll sein. Nun will ich Dir zu Deiner eigenen Informierung noch Folgendes mitteilen  : Um uns stärkere Einnahmsquellen zu erschließen, haben wir den Beschluß gefaßt, die von mir wiederholt angeregten Cercle-Konzerte durchzuführen. Das erste derselben wird nun wahrscheinlich an einem Sonn- oder Feiertag zwischen dem 1. und 15. Jänner 1920 stattfinden. Die Leitung hat bereits Richard Strauss fix übernommen. Er wird zum erstenmal in Wien die Musik zu seinem »Der Bürger als Edelmann« aufführen, also eine kleine Sensation. Mitwirken wird ein kleines philharmonisches Kammerorchester mit dem Rosé-Quartett. Außerdem sollen Moritz Rosenthal747 und Selma Kurz748 solistisch mitwirken. Das Konzert findet in den Prunkräumen des Staatsamtes für Finanzen statt. Staatssekretär Dr. Reisch749 ist uns sehr liebenswürdig entgegen gekommen und wir bandeln auf diese Art mit ihm ganz ausgezeichnet an. Es werden 200 Einladungen ausgegeben, zu je K 500,-. Der Vertrieb geschieht durch 50 Damen der obersten Gesellschaft. Jede hat 4 Karten abzusetzen. Nach den bisherigen Anmeldungen zu schließen, werden wir ausverkauft sein. Wir werden zwar hohe Honorare zahlen müssen, es wird uns aber trotzdem ein außerordentlich starker Reingewinn bleiben, da die sonstige Regie eine ganz minimale ist. Beleuchtung, Beheizung und Dienerschaft stellt das Staatsamt bei. Weiters habe ich Dir mitzuteilen, daß ich vorgestern im Staatsamt für Inneres und Unterricht war, dortselbst wurde mir der große Sitzungssaal für Besprechungen des Damenkomitees zur Verfügung gestellt und Sektionsrat Dr. Kobald sowie Ministerialrat Dr. von Hartel machten mir offiziell die Eröffnung, daß seitens des Staatsamtes für Unterricht unser Subventionsakt bereits dahin erledigt wurde, daß das Staatsamt die erste Subventionsrate von K 500.000,- ins Budget einstellte. Der Akt ist bereits an das Staatsamt für Finanzen abgegangen. Die beiden Herren erklärten, daß es nunmehr unsere Sache sei, durch persönliche Verbindungen auf Dr. Renner750 und Dr. Reisch einzuwirken, damit die 747 Moriz Rosenthal (1862–1946), polnischer Pianist, emigrierte 1936 in die USA. 748 Selma Kurz (1874–1933), österr. Opernsängerin. 749 Richard Reisch (1866–1938), österr. Jurist und sozialdemokratischer Politiker, 1919/20 Staatssekretär für Finanzen, 1922–32 Erster Präsident der Österr. Nationalbank. 750 Karl Renner (1870–1950), österr. Jurist und sozialdemokratischer Politiker, 1918–20 Staatskanzler der Ersten Republik, 1920–34 Nationalratsabgeordneter, 1945–50 Bundespräsident der Zweiten Republik.

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beantragte Post passieren gelassen werde. Sie werden uns den Zeitpunkt bekanntgeben, zu welchem diese persönliche Einflußnahme stattzufinden haben wird  ; sie muß nämlich zeitgerecht erfolgen, darf nicht zu früh und nicht zu spät sein. Ich glaube, daß Du über diese beiden Nachrichten erfreut sein wirst, hoffentlich gehen die Dinge so günstig aus, wie sie jetzt eingeleitet sind. Des weiteren teile ich Dir Folgendes mit  : Es ist hier die Ueberzeugung zum Durchbruch gelangt, daß wir neben den anderen Hauptaktionen auch trachten müssen, eine ganz große Persönlichkeit der Hochfinanz mit unserer Sache zu verquicken. Als geeignetste und stärkste Persönlichkeit wird allgemein der Präsident der Bodenkredit-Anstalt, Dr. Sieghart,751 bezeichnet, und es wurde beschlossen, mit ihm in Verhandlungen zu treten. Nun weiß man aber einerseits, daß Dr. Sieghart für Musik u. dgl. wenig Interesse hat, daß er aber andererseits sehr darauf ausgeht, große Aktionen energisch durchzuführen, wenn er dabei eine entscheidende Rolle spielt. Man hat also nach verschiedenen Ueberlegungen das Resümee gefaßt, die Form seiner Beteiligung derart zu konstruieren, daß eine Art Ehrenpräsidium unter seinem Vorsitz geschaffen wird. Diesem Ehrenpräsidium soll außer Dr. Sieghart unser Präsident Thurn-Taxis und Direktor Dr. Richard Strauss angehören. Diese Zusammenstellung und die führende Rolle, die ihm zugedacht ist, werden, nach dem einstimmigen Urteil aller, die Dr. Sieghart kennen, sehr stark auf seinen Entschluß einwirken. Dr. Stransky, der ihn persönlich kennt, hat bereits seine Fühler ausgestreckt und erklärt, daß er den Eindruck habe, daß Dr. Sieghart zwar keine Eiche ist, die auf den ersten Streich fällt, daß es aber gelingen könnte, ihn zu gewinnen. Nun will Dr. Wiener, der ihn auch persönlich näher kennt, den zweiten Angriff auf ihn unternehmen. Eine stärkere Bombardierung soll erst erfolgen, bis das Einverständnis des Präsidenten Thurn-Taxis mit der gedachten Kombination eingelangt ist. Wir glauben, daß aus diesem Ehrenpräsidium später dann das im August erörterte sogen. »Patronat« internationaler Persönlichkeiten gebildet werden kann. – Diese ganze Angelegenheit bitte ich Dich vollkommen reservat zu behandeln, da ihre Details auch hier weiter nicht bekannt sind und auch nicht bekannt werden sollen, bis eine Entscheidung getroffen ist. Für heute will ich meinen Bericht schließen und stelle Dir in Aussicht, daß ich ihm bald einen zweiten folgen lassen werde. Mit herzlichen Grüßen rundherum, besonders an Deine lieben Angehörigen und Dich selber bin ich Dein /Damisch/

751 Rudolf Sieghart (1866–1934), österr. Jurist, Ökonom und Bankier. 1919–29 Präsident der Bodenkreditanstalt.

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298. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler752 Rodaun /b. Wien/, am 17. XII. 1919 Sehr geehrtes Fräulein Adler, Völlig abgeschlossen wie ich hier bin und selbst ein mir so wichtiges Ereignis wie die Eröffnung des »grossen Schauspielhauses« nur zufällig durch einen mürrischen Bericht in der »Neuen freien Presse« erfahrend, sehe ich allmählich sogar in meinem Inneren das, was im Spätsommer so schön vor der Phantasie stand, verdunkelt und gefährdet und wende mich an Sie mit der herzlichen Bitte mir zu helfen. Der Plan der Weihnachtsspiele bedeutete für mich so lange er aufrecht war die sichere Hoffnung Max Reinhardt zu einem sicheren Termin an einem bestimmten Punkt finden zu können. Dies war mir von unschätzbarem Wert. Nun ist die Hoffnung mit dem Plan selbst hinfällig geworden. Nun kenne ich Reinhardt sehr gut und weiss genau wie bei ihm wie bei jedem schöpferischen Menschen im Augenblick nur eines, eben das Nächste die Einbildung erfüllt. Andrerseits aber weiss ich auch wie leicht das was ihn einmal erfüllt wieder heraufzurufen ist. Ich bitte Sie nun vielmals, suchen Sie in den allernächsten Tagen mit ihm ein noch so kurzes Gespräch zu erreichen, womöglich nicht im Theater sondern am Kupfergraben und bringen ihm folgenden Tatbestand in Erinnerung. Bei einer so durchaus gemeinsamen Arbeit wie das »Salzburger Welttheater« ist ein Fortfahren meinerseits nicht möglich, so lange ich mich über das Mittelstück welches richtig zu bewältigen der schwerste Teil des Ganzen ist, mit ihm nicht völlig verstanden habe. Verschiebt sich diese Verständigung bis in den Frühling hinein, die Jahreszeit wo ich meiner Kräfte am wenigsten sicher bin, so ist zu fürchten dass ich mit dem Ganzen zum Sommer nicht fertig werde. Verschaffen Sie mir bitte fürs Nächste Klarheit darüber ob Reinhardt an dem Plan noch wirklich festhält. Des ferneren wie es sich tun liesse, dass ich ihn zu Ende Jänner oder in der ersten Hälfte Februar träfe, ob ich ihn da in Berlin fände oder da es mir wahrscheinlich scheint, dass er irgend wohin fährt, ob ich ihn eben irgendwo zu treffen die Möglichkeit hätte, und wo dies wäre. Denn wäre es etwa die Schweiz so müsste ich mir rechtzeitig Papiere verschaffen. Ich bitte Sie vielmals, liebes Fräulein Adler, lassen Sie mich die Antwort darauf, wenn es irgend möglich ist, sei es in Form eines Telegrammes oder eines Briefes vor dem Neujahrstag haben. Mit vielem Dank im voraus, Ihr ergebener /Hofmannsthal/ 752 Gusti Adler schreibt dazu  : »Reinhardt war im Herbst 1919 durch die Eröffnung des Großen Schauspielhauses in Berlin vollkommen in Anspruch genommen. Durch die lange Unterbrechung seines Kontaktes mit Reinhardt war Hofmannsthal sehr beunruhigt, wie aus einem Schreiben vom 17. Dezember 1919 aus Rodaun hervorgeht« (Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen, S. 124).

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299. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch753 19. XII. 1919 Lieber Freund  ! Dein letztes Schreiben hat mich recht erfreut, ersehe ich doch daraus, daß Du auf dem Boden der Wirklichkeit stehend, allerlei interessante Unternehmungen einleitest. Besonders das Konzertunternehmen, das ja bestimmt wäre, uns einmal eine große Summe zuzuführen – bei uns hier hat ja das Geld noch viel mehr Wert wie in Wien (z. B. 1000 Stück Torf 60 K, ein Kubikmeter Hartholz 80 K) – , halte ich für eine gute Sache. Ich möchte Dir nur empfehlen, so bald als möglich mit der Subskription zu beginnen, denn was man heute in der Hand hat, besitzt man, Hoffnungen auf die Zukunft sind schlecht im Kurse. Minist. Rat K u b i n , den Du uns empfohlen, war jetzt eine Woche hier. Er hat sich für die Mitarbeit bei den Mitteilungen entschieden. Ich fürchte nur, daß er etwas zu umständlich ist  ; er kennt das Vereinsleben nicht und packt alles furchtbar schwerfällig und ängstlich an. Vielleicht machst Du ihm ein bißchen die Hölle heiß, damit er, wenn er hieher kommt, weiß, daß man mit allzugroßer Umständlichkeit nicht weiter kommt. Wir arbeiten, wie Du aus den Wochenberichten siehst, kontinuierlich fort, zu großen Taten ergibt sich gegenwärtig natürlich nicht Gelegenheit. Wenn etwas kommt, so haben wir immer die Augen offen und stürzen uns darauf. Dr. K e r b e r ist heute in Reichenhall mit Marsopp754 beisammen. Daß die Absage des Weihnachtspieles unbedingt notwendig war, wirst Du wohl unter den jetzigen Umständen auch begreifen. Du siehst wieder einmal, daß ich gut in die Weite zu sehen vermag. Mein Fernblick ist die stärkste Seite meiner Agitationskraft, in den meisten Fällen kann ich mich auf ihn verlassen. 753 Der Brief hat Damisch offenbar nicht erreicht. Vgl. dazu die entsprechende Anmerkung im editorischen Anhang. 754 Paul Marsop (1856–1925), dt. Journalist und Musikschriftsteller. Verfasste bereits 1911 ein viel beachtetes Plädoyer für die Errichtung eines Festspielhauses in Salzburg (Paul Marsop  : Das Salzburger Mozart-Festspielhaus. In  : Neue Freie Presse, 7.1.1911, S. 1–3). Darauf bezugnehmend veröffentlichte Marsop eine neuerliche Abhandlung zu diesem Thema unter dem Titel »Auf dem Wege zum Salzburger Festspielhaus«, welche in sieben Folgen zwischen Februar und September 1919 in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhausgemeinde veröffentlicht wurde. Eine zusammenfassende Broschüre wurde unter demselben Titel 1920 im Verlag der Festspielhaus-Gemeinde herausgegeben. Marsops Abhandlung endet mit dem Appell  : »Hie Festspielhaus als deutschösterreichische Volkssache, hie Privatspekulation  ! Die Salzburger mögen sich entscheiden  !«

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Diese Betrachtung führt mich zu einem wichtigen Thema, das zu besprechen den Hauptzweck meines Briefes bildet. Wie Du weißt, ist es meine unumstößliche Ansicht, daß die Festspielhaus-Gemeinde in Salzburg schon jetzt einen örtlichen Stützpunkt für agitatorische Tätigkeit haben soll. Von diesem Gesichtspunkt aus, habe ich den Ankauf eines Hauses schon vor 2 Jahren empfohlen. Leider konnte ich nicht die Mehrheit der Meinungen hiefür gewinnen  ; heute sagen auch meine hiesigen Freunde, daß sie bedauern, mir damals entgegengetreten zu sein. Natürlich, die Häuser haben jetzt hier doppelten Wert und außerdem ist unser Büro stets in Gefahr, auf die Straße gesetzt zu werden. Augenblicklich wäre nur eine Möglichkeit nach dieser Richtung gegeben, die meinen Absichten noch mehr entspricht wie der Ankauf eines gewöhnlichen Wohnhauses. Die Erfahrungen mit Jung haben gezeigt, daß in einem Hotel die beste Gelegenheit gegeben ist, für unser Unternehmen Propaganda zu machen, Freunde zu erwerben und demselben Mittel zuzuführen. Auch jetzt erstreckt das Sekretariat seine Werbetätigkeit in die Hotels Österr. Hof und Bristol.755 Wenn nun die Festspielhausgemeinde ein renommiertes Hotel in ihrem Besitze hat, so ist sie natürlich noch in viel größerem Maße in der Lage, Leute, die vorübergehend Aufenthalt in Salzburg nehmen, interessieren zu können, außerdem kann bei den zahlreichen Versammlungen von Festspielhaus-Interessenten dieses Hotel den ständigen Sammelpunkt aller Versammlungsmitglieder bilden (Generalversammlung), kurz, ein solches Objekt kann den örtlichen Mittelpunkt für alle hierortige Tätigkeit bilden und diese letztere ungemein fördern und erleichtern. Die Möglichkeit, ein für diese Zwecke ungemein geeignetes Objekt zu erwerben, ist jetzt gegeben, es ist aber schnelles Handeln notwendig, weil die lästigen Ausländer mit in Konkurrenz stehen, die im Falle ihres Eingreifens jede Möglichkeit der Erwerbung durch einen Einheimischen bei den bekannten Valutaverhältnissen vereiteln können. Es handelt sich um das Dir wohlbekannte, äußerst günstig gelegene Hotel Mirabell.756 Das Hotel ist zu haben, muß aber natürlich überzahlt werden. Auf Rentabilität, d. h. Verzinsung kann es von uns nicht gekauft werden, aber der Nutzen, den wir durch die Verbindung mit den dort wohnenden Gästen für unsere Zwecke ziehen 755 Hotel Österreichischer Hof und Hotel Bristol in Salzburg, in unmittelbarer Nähe des Mozarteums. 756 Das Hotel Mirabell befand sich in der Schwarzstraße zwischen Stadttheater und Mozarteum. 1929 wurde es von der ISM erworben. Heute befindet sich darin das Salzburger Marionettentheater. Vgl. Guido Müller  : Mirabell in Salzburg. Ein Name in Geschichte und Gegenwart. Salzburg 2017 (Eigenverlag der »Freunde der Salzburger Geschichte«).

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können, kann und wird sicher die Ziffer von 50.000 K pro Jahr überschreiten, wozu noch die vorstehend berührten Annehmlichkeiten und Zweckmäßigkeiten kommen. Das Hotel kostet etwa 1,000.000 K., vielleicht auch etwas mehr. Dieses Kapital wird natürlich kapitalsmäßig nicht verzinst. Aber eine sichere Kapitalsanlage ist es, denn dieses Hotel mit seiner zentralen Lage, seinem prachtvollen Restaurationsgarten etc. wird immer seinen Wert behalten. Wenn nun jemand gefunden würde, dem nicht um die hohe Verzinsung, sondern um die sichere Anlage seines Geldes zu tun ist, und solche Leute gibt es in Wien sicherlich genug, so könnte diese herrliche Idee verwirklicht werden. Es müßte also jemand den Kaufpreis als einzige Hypothek auf das Haus hergeben, wir müßten Eigentümer sein und könnten uns natürlich ohne jegliches Risiko zu einer Verzinsung von 30.000 K verpflichten. Für uns ist ja der Zweck nicht die Erzielung eines Geschäftsgewinnes, unser Vorteil ist ein indirekter. Der nur zu Gunsten des Geldgebers zu verwendende Geschäftsgewinn ist aber mit 30.000 K sicherlich nur gering angenommen. Der jetzige Inhaber Mayer757 könnte natürlich Pächter bleiben, da die Wirtschaft sehr gut ist, wäre dies sogar wünschenswert. Ich kann die Idee hier nicht propagieren  ; erstens versteht man mich damit nicht, dann ist auch hier nirgends ein solcher Geldstock, der für uns zugänglich wäre, und überdies muß die Sache streng geheim gehalten werden, denn sonst findet sich sofort ein Reflektant,758 der uns überbietet. Ich bitte Dich, besprich die Sache mit unserem Freunde, Herrn Direktor Ronsperger. Der wird sicherlich den richtigen Blick für die bedeutsame Sache haben und vielleicht auch einen Weg wissen, der uns zum erwünschten Ziele führen könnte. Bedingung wäre nur rasches Handeln. Mayer ist wankelmütig und bei den großen Hoffnungen, welche die Geschäftswelt hier für die Zukunft hegt, ist mit dieser Gruppe nicht eben leicht zu verhandeln. Deiner Anregung wegen Feststellung des Ortsgruppenbeitrages mit 5 K stimmen wir zu. Die Sache mit der Persönlichkeit unserer Hochfinanz ist auch gut, nur müssen wir uns volle Entschließungsfreiheit in unseren Aktionen wahren, damit wir nicht dem jüdischen Großkapital ausgeliefert werden. Wegen Leipzig (Mitteilungen) erwarten wir Deine Direktiven. Die Mitteilungen sind fertig und werden ab heute versendet. Notwendig ist, daß sich in Leipzig jemand für den Vertrieb interessiert, sonst bleibt erfahrungsgemäß die Hälfte liegen. Alles Herzliche Dir und den übrigen Herren, insbesonders Direktor Ronsperger 757 Franz Mayer (1845-  ?), Besitzer des Hotels Mirabell in Salzburg. 758 Anwärter, Mitbewerber.

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Dein [Friedrich Gehmacher]

300. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Wien, am 29. Dezember 1919. Geehrter Herr Direktor  ! Nachdem das Schreiben, in welchem Sie mir weitere Mitteilungen in Aussicht stellten, bisher nicht eingetroffen ist, andererseits ich in den nächsten Tagen mit Arbeit überhäuft sein werde, will ich eine ruhigere Stunde heute benützen, um mit Ihnen die zuletzt von Ihnen erwähnten Punkte, aber auch einige frühere zu besprechen. Erwerbung einer Realität in Salzburg. Grundsätzlich allerdings eine gute Idee, aber welche Mittel wollen Sie hiezu verwenden  ? Für etwas halbwegs brauchbares könnten wir höchstens eine Anzahlung leisten und müßten einen großen Teil der Erwerbungskosten intabulieren lassen. Ist die diesen Lasten entsprechende Rentabilität bei Salzburger Objekten die Regel  ? Wie wird eine derartige Transaktion durch die zu erwartende Vermögenssteuer beeinflußt  ? Bei uns hier und auch sonst allenthalben steigen die Realitätenpreise ins Ungeheure. Wie sieht es diesbezüglich in Salzburg aus  ? Also prinzipiell ist der Plan richtig, angesichts der vielen offenen Fragen und der vollkommenen Unsicherheit ist aber größte Vorsicht am Platze. Meine Meinung ist demnach  : Bietet sich etwas ausnahmsweise besonders Günstiges, dann zugreifen, sonst abwarten. Veranstaltungen im Sommer 1920. Sie sind meiner Meinung nach das wichtigste Agitationsmittel, welches wir überhaupt an der Hand haben. Wenn die Reiseverhältnisse nicht so elend wären, so hätte ich, da ich durchaus das Gefühl habe, daß mit Reinhart überhaupt ernstlich gesprochen werden muß, Ihnen schon längst vorgeschlagen, daß wir Mühe und Kosten nicht scheuen sollen und einen mehrtägigen Aufenthalt in Berlin nehmen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Dies ist jetzt ganz undurchführbar, wir kommen aber auch noch etwa im März damit zurecht. Inzwischen müßte eben Reinhart durch Briefe warm erhalten werden. Ihre bezügliche Mitteilung ist allerdings von lapidarer Kürze, und ich kann daraus nicht entnehmen, was und in welcher Form und in welchem Umfang geplant ist, ob Reinhart auf seine Rechnung und Gefahr veranstalten will u.s.w. Dr. Marsop. Die Angelegenheit fällt in das Ressort Damisch. Ich glaube zwar, er versteht davon ebensowenig wie ich, immerhin sind es die Ansichten eines Schriftstellers, deren eventuell gegen uns gerichtete Tendenz Sie fürchten, und da soll auch der Schrift-

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steller darüber urteilen. Ich denke, daß Roller vor Allem sich hierüber aeußern wird. Die Angelegenheit wird auf die Tagesordnung unserer nächsten Sitzung gebracht. Meine Ansicht ist vielleicht nicht die Ihre, ich sage nämlich, nicht fürchten. Bei einer Sache wie die unsrige ist, wird es immer mehrere einander gegenüberstehende Parteien geben, hoffentlich bleiben es nur Parteiungen künstlerischer Natur. Jedem werden wir es nicht recht machen können. Mitteilungen. Ihre Bemerkung, daß die Mitteilungen759 im Vorjahre mit K 10.000.-- Defizit gearbeitet haben, hat mich überrascht. Ich konnte dies dem Rechnungsabschluß nicht entnehmen und dies offenbar aus dem Grunde, weil diese Spesen unter den anderen mitverrechnet sind. Oder aber wurde der Verlust intern auf neue Rechnung vorgetragen  ? Jedenfalls ist die Tatsache, daß die Mitteilungen verlustbringend sind, wenn auch nicht angenehm, so doch vollkommen verständlich. Ich bin der Meinung, daß die Mitteilungen gegenwärtig das vorzüglichste Propaganda- und Agitations-Mittel sind, welches wir besitzen, und daß die Ausgaben dafür unter die allgemeinen Spesen gehören. Sollte sich, weil Einnahmen und Ausgaben separat geführt werden, ein Verlust ergeben, so braucht einen dies nicht zu erschrecken. Ich bin daher nicht Ihrer Meinung, daß – im Falle sich das Defizit wiederholt – die Mitteilungen aufgegeben werden sollen. Andererseits ist es gewiß am Platze, durch Hereinbringung von Inseraten und sonst etwa mögliche Steigerung der Einnahmen das Defizit zu mildern. – Ich will diesen Gegenstand jedoch jetzt verlassen, denn es wird /ohnehin/ über die Mitteilungen demnächst zwischen mir und Damisch aus einem anderen Grund zu einem heftigen Zusammenstoß kommen. Hierüber erst dann Näheres, bis mit den »Wegräumungsarbeiten« begonnen wird. Staatssubvention. Ich vermisse Ihre von mir in meinem letzten Schreiben erbetene Aeußerung über meine Gedankenfolge hinsichtlich des Losanlehens. Bitte neuerlich darum. Ich habe eine Persönlichkeit ausfindig gemacht, welche vorläufig in ganz vertraulichem Wege sich über die Ansichten im Staatsamte für Finanzen vorsichtig erkundigen kann. Hievon weiß noch niemand etwas. Bitte vorläufig vertraulich behandeln  ! Baugrund Hellbrunn. Ich habe in den laufenden Besprechungen bei uns, auf Ihr Schreiben vom 28. November bezugnehmend, die Angelegenheit zur Sprache gebracht. Dr. Wiener ist der Ansicht, daß wir hier bei den Staatsämtern, bezw. bei der Liquidierungsstelle für die Krongüter gar nicht anfangen können. Er glaubt, Sie in Salzburg müssten wegen Zusprechung des Baugrundes die rechten Wege finden. Organisations- und Verwaltungsfragen.

759 Die Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde.

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Ich höre nichts von Ihnen, wie Sie sich die Reorganisation unserer Gemeinde auf Grund vereinfachter Statuten vorstellen. Diesfalls habe ich Vorschläge erbeten, die ich erwarte. Ich glaube, daß Sie aus vielen Gründen, die ich hier nicht erörtern will, zweckmäßig möglichst bald mit diesen Vorschlägen herauskommen. Die Bürofrage bei uns muß, das ist meine Ueberzeugung, saniert werden, wenn sich diesbezüglich auch nichts über’s Knie brechen läßt, schon wegen der mangelnden Räumlichkeiten. Ich möchte aber eine Reorganisation des Büros des Zweigvereins und der Direktion natürlich nicht in Angriff nehmen, wenn eine Reorganisation des Gesamtvereins und damit zusammenhängend eine Aenderung d. h. Vereinfachung der Statuten zu erwarten steht. – Letzterer Umstand hindert mich auch, die Personalfragen anzuschneiden. Letztere bedürfen unbedingt sowohl was die Verteilung der Ressorts unter den jetzigen leitenden Direktionsmitgliedern anbelangt, als auch hinsichtlich des Büropersonals selbst unbedingt einer Sanierung. Ich kann mich hierüber im einzelnen nicht äußern und eben nur die Hoffnung aussprechen, daß es doch möglich werde, daß ich speziell mit Ihnen mündlich mich aussprechen kann. Für heute bitte ich Sie nur, mir womöglich umgehend eventuell telegrafisch an meine Adresse III. Am Heumarkt 10 bekanntzugeben, ob ich auf Ihre Unterstützung rechnen kann, wenn ich Herrn Dr. Paul Hellmann, Groß-Industrieller, zur Kooptierung in die Direktion vorschlage. Ich richte diese Frage vertraulich an Sie, denn ich will hier, mit Ausnahme des Generaldirektor Stransky, welchen ich heute in dieser Angelegenheit informieren werde, nicht darüber sprechen, bevor ich nicht weiß, ob ich auf einstimmige Zustimmung der Salzburger Direktionsgruppe rechnen kann. Zur näheren Information diene Folgendes  : Dr. Paul Hellmann, ein schwerreicher Kunstliebhaber, welcher als Gründer unserer Gemeinde angehört, ist ein intimer Freund von Hofmannsthal. Er hat mich, über Veranlassung des letzteren, spontan zu einer Unterredung über den ganzen Komplex der Fragen des Festspielhauses gebeten und ich habe hiebei die Ueberzeugung gewonnen, daß wir in dem Genannten nicht nur eine Persönlichkeit, welche vermöge ihrer weitreichenden Beziehungen etwas für uns leisten kann, heranziehen würden, sondern auch für die Leitung jemanden gewinnen würden, der aktiv mit uns zu arbeiten vermöchte und zwar aus rein idealen Beweggründen. Aus dem Vorgesagten ersehen Sie in einer kleinen Uebersicht, daß wir eine Menge Sachen schweben haben, von denen jede einzelne wichtig genug wäre, sie einer Lösung zuzuführen. Leider vermehrt sich die Anzahl der Fragen, welche immer nur angeschnitten und nicht erledigt werden, von Tag zu Tag. Ich hoffe also, daß Sie, obzwar ich aus mehreren Gründen es vorziehen würde, Sie dort aufzusuchen, doch – früher als letzteres der Fall sein kann – hieherkommen werden. Die Unsicherheit hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse macht mir leider auch unmöglich, genau festzustellen, wann ich hier sein werde und wann in Böhmen. Ich hoffe, es mir so einteilen zu können, daß ich bis zum 18. Jänner, dem Tage des Cerclekonzertes,

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hierbleiben kann, vielleicht aber muß ich auch schon am 11. reisen und würde dann allerdings am 17. wieder in Wien sein. Vorläufig erwarte ich Ihre Depesche wegen Hellmann und mit Spannung Ihre Rückäußerung auf meine heutigen Mitteilungen. Zum Jahreswechsel sende ich Ihnen und allen Kollegen herzliche Wünsche und verbleibe Ihr aufrichtig ergebener /Ronsperger/

301. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien 17./I.1920 Lieber Freund, die neuerliche Kanzlei-, Betriebs-, Verkehrs- und Lichtsperre gibt mir Gelegenheit, endlich wieder einmal meine Feder nach Salzburg zu richten. Wenn wir ein eigenes Privattelefon miteinander hätten, gäbe es täglich eine Stunde lang Besprechungsstoff, bei dieser österreichisch-sozialdemokratisch-republikanischen Sauwirtschaft vergeht einem aber die Lust zu allem und die Lebenserschwernisse in jeder Beziehung lähmen Hand und Mund. Man braucht in Wien hier zu allem und jedem so viel Zeit, daß dann tatsächlich kein Augenblick der Sammlung übrig bleibt, um eine Korrespondenz führen zu können. Meine berufliche Tätigkeit ist dadurch, daß die »Ostdeutsche Rundschau« immer noch als Wochenblatt ihr Dasein fristet und meine unermüdlichen Sanierungsversuche durch die Ungeschicklichkeit des Wolf760 und anderer Politiker bisher stets im entscheidenden Moment vereitelt wurden, eine sehr zersplitterte, zeit- und kraftraubende, trotzdem aber für die gegenwärtigen Anforderungen an eine halbwegs annehmbare Lebensführung unzureichende. Ich bin bei der »Ostd. R« interner Redakteur, außerdem Parlaments- und Musikreferent, bin interner Mitarbeiter beim ›musikalischen Courier‹, Wiener Musikreferent der »Hamburger Nachrichten«, verantwortlicher Redakteur des »Merker« – alles zusammen ist aber für die irrsinnigen Verhältnisse in Wien, wo Gast- und Kaffeehäuser Räuberhöhlen, Gemeinschaftsküchen und dgl. Verhungerungseinrichtungen sind, ganz unzulänglich. Was ich an freier Zeit erübrige, gehört der Festspielhaus-Gemeinde, wo ich wieder durch die fast rührende Unbeholfenheit und Langsamkeit des Kanzleibetriebes oft zur Verzweiflung getrieben werde. Leider läßt sich da vorläufig mit Rücksicht auf unsere Geldknappheit nichts daran ändern. Ich muß eben früh, Mittags, Nachmittags und Abends jeden Moment, den ich erwischen kann, dazu 760 Karl Hermann Wolf (1862–1941), deutschnationaler Politiker, Herausgeber der Ostdeutschen Rundschau.

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benutzen, die germanisch-spießerische Lahmlackigkeit unseres Freundes Ridler761 ein bischen in Schwung zu setzen. Es ist oft zum an der Wand hinaufsteigen mit ihm. Allerdings wird’s schon ein bischen besser und seit einiger Zeit hilft Ronsperger selbst uns mit seinem Bureau kräftig mit, so daß doch vieles vorwärts geht. Um aber meine Gedanken und Pläne durchführen zu können, allen Forderungen des Augenblicks nachzukommen, dazu reicht’s aber doch nicht. Schon weil ich eben auch durch meine berufliche Tätigkeit stark in Anspruch genommen bin, in der Festspielhauskanzlei aber nicht bloß Dispositionen treffen und Anregungen geben brauche, sondern fortwährend selbst im Betrieb antreibend und konzipierend, oft auch überwachend die Zeit verbringen muß. – Ich bin also, wie Du Dir denken kannst, in nicht sehr rosiger Stimmung, finde aber in der wachsenden Erstarkung unserer Festspielidee und in unserem unleugbar zunehmenden Erfolge psychische Entschädigung für manches Ungemach der Zeiten und Verhältnisse. – Was Dein letzthin an mich gelangtes Schreiben anbelangt, bin ich Dir eine ausführliche Antwort noch schuldig, zumal Du meine kurze Erwiderung, die ich Dir gleich sendete, nicht erhalten zu haben scheinst. Es ist mir sehr erfreulich gewesen, daß Du in dem Briefe762 gleich zu Beginn anerkennst, daß ich auf dem Boden der Wirklichkeit stehe. Ich hoffe in dieser Beziehung ganz besonders, daß dies auch in der Angelegenheit der großen Regierungssubvention sich erweisen wird. Damit hätte ich wohl unserer Sache einen entscheidenden Dienst geleistet, denn es würden dann alle Fragen, die wir im Laufe unserer bisherigen Besprechungen angeschnitten haben, mit einemmal greifbare Formen annehmen, in erster Linie die Beteiligung ausländischen Kapitals. In dieser Hinsicht wird uns übrigens auch unser Cercle-Konzert, das wir auf den 31. d. verschieben mußten (es war uns sehr willkommen, da wir noch Karten verkaufen müssen – die Regie ist sehr, sehr groß), wertvollste Dienste leisten, da wir dadurch mit allen ausländischen Staatsvertretungen in Fühlung kommen. M. Allizé763 hat bereits Frankreichs Interessement erklärt und angefragt, ob wir Franzosen in die Direktion haben wollen. Wir haben diesbezüglich bereits um eine Unterredung mit ihm angesucht. Den Brief Allizés habe ich Dir in Abschrift geschickt. – Auch die deutsche Botschaft rührt sich bereits  ! Da wird sich nächste Woche etwas anspinnen. Wir werden jedenfalls alle Chancen, die sich uns jetzt bieten, ausnutzen – Mit Hofrat Kubin ist glücklich abgewickelt worden, seine Umständlichkeit hätte uns vielleicht wirklich Schwierigkeiten gemacht. – Die Wochenberichte aus Salzburg sind mir immer wie ein Sonnenstrahl aus einer besseren Welt und ich freue mich auch über nebensächliche Dinge darin, die übrigens zur genauen Information nötig sind. Allerdings hat die 761 Josef Ridler  ; vgl. die Anm. in Dok. 265 (Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 28.5.1919). 762 Vgl. Dok. 299 (F. Gehmacher an H. Damisch, 19.12.1919). 763 Henri Allizé (1860–1913), französ. Diplomat. Von April 1919 bis Februar 1920 Geschäftsträger in Wien.

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Salzburger Berichterstattung bei Hollandreise764 und Weihnachtsspiel ein bischen versagt. Wir waren hier beidemal vor ein fait accompli gestellt und niemals im Laufenden. »Daß mir das nicht wieder vorkommt  !« möchte ich beinahe sagen. Hoffentlich wird die Scharte bei den Sommerfestspielen ausgemerzt, sowohl was die Berichterstattung als auch die tatsächliche Abhaltung betrifft. Vorläufig betrachte ich in beiden Beziehungen die Sachlage günstig. Aber der Herr Dr. Beer-Hofmann hat sich noch immer nicht bei mir blicken lassen.765 – Nun zu der Angelegenheit »Realität«  ! Ich war schon seinerzeit, als wir das Haus in der Auerspergstraße kaufen sollten, ganz auf Deiner Seite. Wir müssen es tatsächlich als ein Hirschauer-Stückel766 betrachten, daß wir uns damals die Gelegenheit entgehen ließen. Ich wäre auch heute in einem gleichen Falle unbedingt derselben Ansicht. Es wäre gar nicht so ohne, wenn wir überhaupt unser verfügbares Geld in Realitäten anlegten, die wir dann, wenn wir Baugeld bar brauchen, belehnen lassen oder verkaufen könnten. Was aber das Hotel »Mirabell« betrifft, dessen Erwerbung, wie ich weiß, seit langem schon eine Lieblingsidee von Dir war und im Mozarteum Entsetzen erregte (ein Umstand der allerdings für die Güte der Idee sprechen würde), müssen wir doch wohl viel vorsichtiger sein. Das scheint mir doch eine verflucht riskante Sache zu sein, die zwar vielleicht große Vorteile bringen, uns aber auch leicht mit erdrückenden Sorgen belasten könnte, zumal wir ja vorläufig kein Geld haben. Mit dem Ausleihen ist’s immer kitzlich. Allerdings ist Dein Instinkt, der sich offenbar für die Sache regt, ein verläßlicher – man müßte aber doch mehr Details wissen, bevor man eine abschließende Meinung abgeben kann. Ich glaube, das ist eine Sache, bei der man sehr die Ohren spitzen muß. Ronsperger ist sehr skeptisch. – Bedenklich erscheint für’s Erste gleich, daß Mayer767 das Hotel verkaufen und Pächter bleiben soll. Geht das Hotel gut und ist Mayer tüchtig, warum verkauft er  ? Geht das Hotel gut und ist Mayer nicht sehr tüchtig, dann übernehmen wir beim Ankauf ein großes Risiko, denn er wird sich als Pächter nicht mehr anstrengen, als wäre er Besitzer, und wir müßten eventuell das Hotel in eigenen Betrieb nehmen, was uns schweres Geld kosten kann. Überdies würden wir auch Konkurrenten der anderen Hoteliers, was uns vielleicht sehr schädlich sein könnte. Und wenn schließlich Mayer zwar tüchtig ist, das Hotel aber nicht nach seinem Wunsche geht, dann liegt der Fall wieder so, daß er sich uns zuliebe als Pächter nicht noch mehr ins Zeug legen wird wie jetzt, daß das Hotel dann also eher schlechter gehen wird. – Freilich soll eigentlich gerade durch unsere Tätigkeit einmal eine goldene Zeit für die Salzburger Hotels,

764 Das Salzburger Direktionsmitglied Georg Jung hatte kurz zuvor im Auftrag der SFG eine »Agitationsreise« nach Holland unternommen. 765 Richard Beer-Hofmann verhandelte im Dezember mit dem Salzburger Zweigverein der SFG über eine Mitwirkung an den Sommerspielen 1920 (vgl. Salzburger Volksblatt, 24.12.1919). 766 Synonym für Schildbürgerstreich. 767 Franz Mayer  ; vgl. die Anm. in Dok. 299 (F. Gehmacher an H. Damisch, 19.12.1919).

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Pensionen etc. kommen. Ob wir aber bis dahin die Last, die in dem gegenwärtig so fremdenfeindlichen Salzburg der Besitz eines Hotels bedeutet, aushalten können, ist sehr fraglich. Die allenthalben noch aufgebauschte Salzburger Fremdenverfolgungsmanie wird meiner Meinung nach auch jeden Kapitalisten abhalten, uns Geld für ein Hotel in Salzburg zu geben. – Ich meine mit allen diesen Erörterungen nicht, daß wir Deine Idee nicht im Auge behalten sollen. Aber so kurz entscheiden kann man sich da doch nicht. Schreib mir vielleicht wieder, wie Du Dich jetzt zu der Sache stellst. – Das seinerzeit ins Auge gefaßte Ehrenkomitee mit Sieghardt768 kommt nicht zustande, da sich Sieghardt dagegen aussprach. Jetzt haben wir aber einen anderen Plan. Die Bereitwilligkeit Allizés, der »Salzburger F. G.« nahe zu treten, wollen wir dazu benutzen, das schon im Sommer beschlossene Internationale Komitee zu gründen. Und da wollen wir Sieghardt, von dem hier allgemein die Ansicht herrscht, daß er, wenn wir ihn gewinnen, imstande wäre, uns jeden nötigen Betrag zu verschaffen, den Antrag stellen, die Leitung zu übernehmen. Der Präsident der S. F. G.769 und der Erzbischof von Salzburg770 sollen Virilmitglieder, Allizé und die anderen Chefs der ausländischen Missionen sowie die prominentesten Persönlichkeiten des Auslandes Mitglieder des Komitees sein. Dadurch daß Sieghardt die Leitung haben soll, würde dieses Komitee dann infolge der Stärke seiner Persönlichkeit dazu gedrängt werden, unsere volle Finanzierung im In- und Ausland durchzuführen. Wir hoffen, nächstens bei Allizé vorzukommen, dann schreibe ich Dir gleich Näheres. – Für diesmal will ich nun schließen. Ich möchte Dich nur noch warnen, mit Marsop771 irgendwie anzubandeln. Das wäre das Dümmste, was wir tun könnten. Nicht vor den Kopf stoßen, aber hübsch vom Leib halten  ! – Alles Herzliche von Deinem Damisch

302. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Wien, am 5. Februar 1920. Lieber Herr Direktor  ! Aus Ihrem mit erstaunlicher Promptheit hier eingetroffenen Schreiben vom 2. ds.772 muß ich zu meiner Bestürzung entnehmen, daß aus Ihrer Reise wieder nichts wird und daß Sie erst im März erwartet werden können. Es wird wohl nicht gut ange768 Rudolf Sieghart  ; vgl. die Anm. in Dok. 297 (H. Damisch an F. Gehmacher, 12.12.1919). 769 Alexander von Thurn und Taxis. 770 Ignaz Rieder  ; vgl. Dok.  312 (M. Reinhardt an I. Rieder, 16.7.1920). 771 Paul Marsop  ; vgl. die Anm. in Dok. 299 (F. Gehmacher an H. Damisch, 19.12.1919). 772 Keine Vorlage überliefert.

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hen, daß ich die Dinge, welche einer eingehenden Aussprache zwischen uns bedürfen, schriftlich erörtere. Sie umfassen den ganzen Komplex der schwebenden Fragen in der Festspielsache, darunter solche von Lebenswichtigkeit und es drängen alle Umstände auf die eheste Beseitigung dieses Schwebe-Zustandes, wenn nicht unheilbarer Schaden entstehen soll. Den Februar können wir in Gottes Namen noch vergehen lassen, obzwar ich Ihnen nicht verhehlen darf, daß es auch hier im Gebälke unserer Organisation bedenklich knistert. Spätestens aber im März muß durchgreifende Ordnung gemacht werden. Bis dorthin will ich alles Weitere verschieben, obgleich ich nicht sicher bin, ob nicht schon vorher hier eine kleine Palastrevolution ausbricht. Jedenfalls hat das soeben absolvierte Cerclekonzert773 einerseits eine solche verzögert, andererseits gewisse Erscheinungen an die Oberfläche gebracht, welche die schwebende Krise, in der wir uns hier unleugbar befinden, einigermaßen verschärfen. Ich reise in den nächsten Tagen ab, ohne bei den gegenwärtigen Verhältnissen bestimmen zu können, wann ich wieder zurückkomme. Es wird dies wohl um den 15. herum der Fall sein und die paar Wochen bis zum März können dann noch so hingehen. Dann allerdings ist die Aussprache zwischen Ihnen und mir, bezw. die obenerwähnte Bereinigung aller Pendenzen nicht mehr aufzuschieben und falls Sie glauben, daß es sich dann leichter bewerkstelligen läßt, wenn wir uns in Linz treffen, hätte ich nichts dagegen einzuwenden, obzwar ich dann, wenn wir schon einmal im Zuge sitzen, es vorziehen würde, gleich nach Salzburg zu kommen, was vieles für sich hätte. Für heute will ich Ihnen nur noch über das Cerclekonzert einige Mitteilungen machen. – Dasselbe war ein unleugbarer Erfolg für uns und wie Sie aus den Ihnen später zugehenden Pressestimmen entnehmen werden, das größte künstlerische Ereignis, seit langer Zeit. Daß die künstlerischen Darbietungen auf der denkbar höchsten Stufe standen, ist eigentlich selbstverständlich. Ich kann Sie aber versichern, daß – soviel an besonderen Dingen auf diesem Gebiete ich bisher gesehen und gehört habe und es ist dessen nicht wenig – nichts sich an vollendeter künstlerischer Harmonie dem an die Seite stellen läßt, was wir geboten haben. – Es ist unter diesen Umständen auch in materieller Beziehung mehr als ein Erfolg, daß wir die Veranstaltung ohne Defizit abschließen werden. Die Propaganda, welche uns diese Unternehmung gemacht hat, wird erst noch ihre Früchte tragen und wir haben uns durch den Umstand allein, daß wir uns mit einem Schlage der Oeffentlichkeit in solcher noch nie dagewesener Weise bekannt gemacht haben, ein moralisches Guthaben geschaffen, von welchem 773 Das vom Wiener Zweigverein der SFG organisierte und als Werbeaktion gedachte »Cercle-Konzert« fand am 31. Jänner 1920 in den Prunksälen des Staatsamtes für Finanzen in der Himmelpfortgasse (Winterpalais Prinz Eugen) statt. Richard Strauss brachte dabei seine Musik zu Der Bürger als Edelmann (vgl. auch die Anm. in Dok. 296, Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg, 12.12.1919) zur Aufführung. Pianist war George Szell (vgl. Robert Konta  : Cercle-Konzert zu Gunsten des Baufonds der »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 2 [Februar], S. 6–8).

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wir noch erheblich Vorteile haben werden. – Es ist andererseits nicht ohne den einen und anderen Mißklang abgegangen, was zwar ebenfalls zu erwarten war, aber was gewiß, wenigstens teilweise, hätte vermieden werden können. Ich habe Ihnen hierüber schon oben einiges angedeutet und kann Ihnen Näheres nur mündlich sagen. Jedenfalls kann ich nur auf das Tiefste bedauern, daß Sie Ihre Reise nicht zum 31. hiehergebracht hat, damit Sie ebenso wie die wenigen, welche dieser Veranstaltung beiwohnen konnten, ein unvergeßliches Erlebnis gehabt hätten. Näheres wird Ihnen der nächste Wochenbericht und die schon erwähnten Zeitungsberichte bringen. Nach meiner Rückkehr werde ich wohl noch Veranlassung haben, Ihnen sonstiges mitzuteilen, inzwischen begrüße ich Sie auf das Herzlichste und verbleibe Ihr ergebener /Ronsperger/

303. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 13. Februar 1920 Lieber Freund  ! Das erste Debut im Großen haben wir jetzt hinter uns u. zw., wie man mit Berechtigung sagen kann, »glücklich«. Der künstlerische, gesellschaftliche und propagandistische Erfolg war einfach großartig und ein kleiner pekuniärer Erfolg – einige tausend Kronen – dürfte auch zu verzeichnen sein. Die endgiltige Abrechnung wird erst in einigen Tagen möglich sein, wenn die Zeitungsrechnung für die Vornotizen einlangt. So sehr uns der Name Strauss für unsere Sache überhaupt und auch sein ideelles Eintreten für dieselbe nützlich sein mag, so allgemein verstimmt hat es doch, daß er gelegentlich dieses Konzertes sich auf einen brutal geschäftlichen Standpunkt gestellt hat. Wir mußten ihm 5000 Kronen zahlen und er lehnte jede Diskussion darüber unzweideutig ab  ! Von den übrigen Mitwirkenden zeigten nur Széll,774 Duhan775 und Professor Foll776 Noblesse. Széll zeichnete 3 Bausteine, Duhan 1 und Foll widmete sein ganzes Honorar von 500 K als Baustein. Das ist speziell Letzterem besonders hoch anzuschlagen. Man konnte gelegentlich der Vorarbeiten für das Konzert überhaupt Zeit und Menschen recht genau kennen lernen. Die gemachten Erfahrungen werden wir uns in Hinkunft zunutze machen. Wir projektieren jetzt mannigfache Sachen und für ein 2. Cercle-Konzert habe ich schon neuartige Pläne. 774 George Szell (1893–1970), in Budapest geborener Dirigent, Pianist und Komponist. Emigrierte 1939 in die USA. 775 Hans Duhan  ; vgl. die Anm. in Dok. 25 (H. Damisch an F. Gehmacher, 24.8.1916). 776 Ferdinand Foll (1867–1929), Solokorrepititor an der Staatsoper und gefragter Liedbegleiter.

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Das Eis ist jetzt gebrochen und wir haben dem Begriff »Cercle-Konzert der Festspielhaus-Gemeinde« für die Zukunft jedenfalls guten Klang und starke Zugkraft verliehen. Daß wir das Konzert unter den Augen und im Hause des Finanzministers777 abhielten, wird uns auch sehr zustatten kommen. Es gefiel ihm ungemein und seine tagsüber schlechte Laune schlug, wie mir sein Präsidialist Ministerialrat Dr. Weigl erzählte, beim Konzert ins Gegenteil über. Er strahlte förmlich vor Freude und machte angeregt die Honneurs. Größtenteils saß er neben Allizé und unterhielt sich mit ihm. Am nächsten Tag reiste er ja nach Paris. Ich habe Dir unlängst von »Verstimmungen« geschrieben. Das betrifft Dr. v. W i e n e r und Herrn F r i d . Beide ärgern sich, daß sie keine Karten und Einladungen zum Konzert bekamen. Das taten wir prinzipiell nicht. Dr. Wiener war im engeren Komitee und ist in der Funktion eines Vizepräsidenten, hatte daher Recht und Pflicht für seine Person anwesend zu sein, Leitungsmitglieder als solche und gar Angehörige konnten wir mit Rücksicht auf den kleinen Raum und die Notwendigkeit, Referenten und Künstlerkreise – erstere wegen der Propaganda, letztere wegen des Milieus – einzuladen, absolut nicht ohne Bausteinwidmung zulassen. Frid äußerte sich, daß er auf eine eigene Einladung hin Karten gekauft hätte. Das ist natürlich ein unsinniger Standpunkt, denn wir konnten doch nicht alle Wiener Mitglieder extra einladen. Die Mitglieder der Gruppe 1 erhielten ohnehin von uns Einladungen, haben aber fast gar nicht reagiert. Sehr gut hat sich bewährt die Konzertkassa der Gesellschaft der Musikfreunde und das Kartenbüro Kehlendorfer, gar nicht Knepler, Heller und Konzerthaus, Förstl und die Portiers der großen Hotels. – Am Donnerstag hielten wir eine Direktionsbesprechung ab, wobei Dr. Hellmann zum erstenmal in unserer Mitte erschien. Es wurde nur im allgemeinen zwanglos verschiedenes erörtert und als Termin für die nächste Sitzung der Direktions- und Kunstratmitglieder Donnerstag, den 19. d. M. 5 Uhr nachmittags festgesetzt. Ich hoffe da sehr auf Deine Anwesenheit. Vielleicht könnte auch Dr. Kerber oder Funder mitkommen. Und allenfalls ließe es sich machen, daß gemeinsame Vorsprachen unternommen werden  ! Die Einladung zur Sitzung haben wir schon nach Salzburg geschickt, die genaue Tagesordnung werden wir erst Anfang nächster Woche mitteilen. Gestern habe ich dem Dr. Kerber geschrieben, was ich auf die beiden letzten Wochenberichte und bezüglich der »Mitteilungen« zu sagen hatte. Was die Mitteilungen betrifft, bin ich unbedingt dafür, daß wir uns jetzt im Umfange etwas einschränken, um gegenüber den gesteigerten Herstellungskosten das Defizit nicht gar zu stark zu vergrößern. Ich halte dies für besser, als wie jetzt schon wieder den Abonnementpreis zu erhöhen. Außerdem müssen wir bei allen Neueintretenden das Abonnement der Mitteilungen als obligat einheben und versuchen, daß wir auch von den alten Mitgliedern soviel als möglich Abonnenten gewinnen. Die Ausgabe des Februarheftes 777 Richard Reisch  ; vgl. die Anm. in Dok. 297 (H. Damisch an F. Gehmacher, 12.12.1919).

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muß ein bißchen zurückgehalten werden, da ich einen größeren Inseratenauftrag zu erwarten habe. Derselbe wird entweder noch morgen, oder zu Anfang der nächsten Woche bei mir eintreffen, und ich werde ihn dann sofort nach Salzburg expreß abschicken. Es handelt sich nämlich um die bevorstehende Prämien-Anleihe des Staates. Auf das Jahresinserat der Universal Edition darf niemals vergessen werden  ; im Jännerheft ist es ausgeblieben. Ich habe jedoch dem Direktor Hertzka778 erklärt, daß es aus dem Grunde weggelassen wurde, weil der Auftrag auf zwölfmal lautet und bereits im Weihnachtsheft ein Inserat abgedruckt war. Den neuen Text des Inserates für Februar werde ich morgen abschicken. Für regelmäßige, gute Wiener Musikberichte und wertvolle Artikel habe ich als ständige Mitarbeiterin Fräulein Hedwig Perger, die Tochter des verstorbenen Richard von Perger,779 gewonnen. Sie schreibt ausgezeichnet und ist ein sehr kluges und geschicktes Mädel. – Hofrat Roller arbeitet an Entwürfen für das Titelblatt der Mitteilungen und für den Katechismus.780 Ich hoffe, daß er bald fertig wird, damit wir diese Seeschlange endlich los werden. Bezüglich der Herstellung des Katechismus habe ich mich schon bei der »Buchkunst« gebunden  ; die Firma arbeitet ausgezeichnet und keineswegs teuer. Eure Werbeerfolge sind immer noch geeignet, den Neid der Wiener zu erregen, soweit sie in dieser Beziehung für die Sache überhaupt Herz und Verständnis haben. Allerdings gehts jetzt in Wien bedeutend besser wie früher, und ich glaube, daß wir in den nächsten Wochen noch starke Erfolge zu verzeichnen haben werden. In Amerika wird in den nächsten Wochen Leo Fall781 für uns tätig sein. Ich glaube, daß derselbe durch seine Verbindungen mit den maßgebenden Kunst- und Finanzkreisen sehr viel erreichen wird. Außerdem habe ich entdeckt, daß ich einen Neffen in

304. Hugo von Hofmannsthal  : »Die Salzburger Festspiele«782 I. Wa s b e d e u t e t d a s » S a l z b u r g e r F e s t s p i e l e «  ? Musikalisch-dramatische Aufführungen, welche zu Salzburg in einem eigens dafür gebauten Festspielhaus stattfinden werden.

778 Emil Hertzka (1869–1932), Direktor des Wiener Verlags »Universal Edition«. 779 Richard von Perger (1854–1911), österr. Dirigent, Komponist und Musikschriftsteller. 780 Vgl. Dok. 304 (H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele). 781 Leo Fall (1873–1925), österr. Operettenkomponist und Kapellmeister. 782 Zur Quellenlage und Entstehungsgeschichte dieses auch als »Katechismus« der Salzburger Festspiele bekannten Textes vgl. die Anmerkungen im editorischen Anhang.

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Wa n n s o l l e n s o l c h e F e s t s p i e l e s t a t t f i n d e n   ? Alljährlich im Sommer, dann und wann aber auch zu andern Zeiten, etwa um Weihnachten, oder sonst im Winter, auch zu Ostern und Pfingsten. U m w a s h a n d e l t e s s i c h d a , u m O p e r o d e r S c h a u s p i e l o d e r u m M u s i k f e s t e   ? Um Oper und Schauspiel zugleich, denn die beiden sind im höchsten Begriff nicht voneinander zu trennen. W i e d e n n d a s , m a n t r e n n t s i e d o c h a l l e r o r t e n   ? Die Trennung ist gedankenlos oder nach der bloßen Routine. Die höhere Oper, die Opern Mozarts vor allem, auch die Glucks, Beethovens Fidelio, von Wagners Werken nicht zu sprechen, sind dramatische Schauspiele im stärksten Sinn, das große Schauspiel aber setzt entweder eine begleitende Musik voraus, wie sie etwa Goethe für seinen Faust verlangte, oder es strebt dem musikhaften Wesen in sich selbst entgegen, wie Shakespeares phantastische Schauspiele, Schillers romantische Dramen oder Raimunds Zaubermärchen. Wo l l t i h r a l s o e i n S c h a u s p i e l h a u s o d e r e i n O p e r n h a u s b a u e n   ? Beides in einem. Wir bauen ein Haus für eine Zuhörerschaft von etwa zweitausend Menschen  ; man kennt Mittel und Wege, die innere Gestaltung, die Bedingungen des Zuschauens und Zuhörens von Abend zu Abend so zu verändern, wie es einmal für die Oper, das andre Mal für das große Schauspiel am tauglichsten ist. G u t d e n n , w a s s t e l l t i h r n u n a b e r i n d i e M i t t e e u r e s Vo r h a b e n s , d i e O p e r o d e r d a s S c h a u s p i e l   ? Beides und von beidem das Höchste. Wir stellen in die Mitte Mozarts sämtliche Opern und Goethes Faust so vollständig, wie er noch nie auf der Bühne war. Daneben Grillparzer so wie Schiller, Gluck so wie Weber. A l s o e i n d e u t s c h e s n a t i o n a l e s P r o g r a m m   ? Deutsch und national in dem Sinn, wie sich die großen Deutschen zu Ende des achtzehnten und zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, die gültigen Lehrer der Nation, die nationale Schaubühne dachten  : es war ihnen selbstverständlich, die Antike einzubeziehen, und selbstverständlich, den Shakespeare wie den Calderon und den Molière nicht außen zu lassen. Wo l l t i h r f ü r d i e G e b i l d e t e n s p i e l e n o d e r f ü r d i e M a s s e   ? Wer den Begriff des Volkes vor der Seele hat, weist diese Trennung zurück. M o z a r t i s t R o k o k o   – d a s P u b l i k u m v e r l a n g t n a c h N e u e m   !

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Mozart ist über und unter den Zeiten. Das Volk rechnet mit Jahrhunderten. Für den Kern des Volkes ist das Große immer neu. D e r F a u s t i s t e i n s c h w e r e s We r k , e i n e S p e i s e f ü r d i e G e b i l d e t e n , w a s w o l l t i h r d a m i t   ? Das ist ein Irrtum, der Faust ist das Schauspiel aller Schauspiele, zusammengesetzt aus den theatralischen Elementen vieler Jahrhunderte, und reich genug an Sinnfälligem, Buntem und Bewegtem, um das naivste Publikum ebenso zu fesseln wie den Höchstgebildeten. Wo i s t d a s e r p r o b t   ? In Wien und Berlin und anderswo  ; aber immer noch in beengter Weise durch Raum und Zeit  ; in Salzburg soll es sich ohne Fesseln erproben. S o w o l l t i h r d a s b u n t T h e a t r a l i s c h e m i t d e m G e i s t i g e n m i s c h e n   ? Ein so gemischtes Repertoire entspricht den tiefsten in Jahrhunderten ausgeformten Gewöhnungen des mittleren Europa  ; wir wollen nicht neue Forderungen aufstellen, sondern die alten einmal wirklich erfüllen. Sie werden doch an hundert städtischen und ehemals höfischen T h e a t e r n e r f ü l l t    ! Vielfach mit bestem Willen, aber meist mit unzulänglichen Kräften  ; darum wollen wir Festspiele schaffen, damit das Richtige und der Nation gemäße hier in zulänglicher Weise getan werde. S o w o l l t i h r e u c h a u f d a s d e u t s c h e P u b l i k u m b e s c h r ä n k e n   ? Im höchsten Maß hoffen wir, daß die Angehörigen anderer Nationen zu uns kommen werden, um zu suchen, was sie nicht leicht anderswo in der Welt finden könnten. Finden sie nicht sehr Ähnliches in München und an mancher and e r e n S t e l l e    ? Schwerlich so wie hier, wo alles aus der einen Absicht erschaffen, alles von vornhinein ihr untergeordnet wird. A b e r B a y r e u t h , w i e s t e h t ’s d a m i t   ? Bayreuth bleibe wie es ist, aber es dient e i n e m großen Künstler  ; Salzburg will dem ganzen klassischen Besitz der Nation dienen. U n d O b e r a m m e r g a u    ?

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Bleibt einzig in seiner Art, ein ehrwürdiges Überbleibsel alter Kunstübung  ; aus dem gleichen Geist soll in Salzburg gebaut werden, auf anderen Fundamenten. Wa r u m d a n n n i c h t g l e i c h i n W i e n , w e n n s c h o n n i c h t i n B e r l i n   ? Die Großstadt ist der Ort der Zerstreuung, eine festliche Aufführung bedarf der Sammlung, bei denen die mitwirken, wie bei denen, die aufnehmen. II. We n n s c h o n F e s t s p i e l e , w a r u m g e r a d e i n S a l z b u r g   ? Der bayrisch-österreichische Stamm war von je der Träger des theatralischen Vermögens unter allen deutschen Stämmen. Alles, was auf der deutschen Bühne lebt, wurzelt hier, so das dichterische Element, so das schauspielerische. W i e w ü r d e t i h r d a s b e g r ü n d e n   ? Durch einen Nachweis, der bis in die Werke Goethes und Schillers hineinreichte, wenn es sein muß, die ihren eigentlich theatralischen Gehalt lauter süddeutschen Elementen verdanken, vom Mysterienspiel und Puppentheater bis zur Barockoper. Wa s h a t d a s m i t d e r S t a d t S a l z b u r g z u t u n   ? Das Salzburger Land ist das Herz vom Herzen Europas. Es liegt halbwegs zwischen der Schweiz und den slawischen Ländern, halbwegs zwischen dem nördlichen Deutschland und dem lombardischen Italien  ; es liegt in der Mitte zwischen Süd und Nord, zwischen Berg und Ebene, zwischen dem Heroischen und dem Idyllischen  ; es liegt als Bauwerk zwischen dem Städtischen und dem Ländlichen, dem Uralten und dem Neuzeitlichen, dem barocken Fürstlichen und dem lieblich ewig Bäuerlichen  : Mozart ist der genaue Ausdruck von alledem. Das mittlere Europa hat keinen schöneren Raum und hier mußte Mozart geboren werden. III. We r u n t e r n i m m t e s , d i e s e F e s t s p i e l e i n s L e b e n z u r u f e n   ? Die Salzburger und die übrigen Österreicher nach ihren Kräften. Wa s h a t d e r ö s t e r r e i c h i s c h e S t a a t d a m i t z u s c h a f f e n   ? Da er nicht reich genug ist, sie allein ins Leben zu rufen, fördert er die Festspiele durch die jährliche Zuwendung einer bedeutenden Summe und durch alle denkbaren Maßnahmen der Verkehrspolitik.

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Wa s h a t d a s L a n d u n d d i e S t a d t S a l z b u r g z u m U n t e r n e h m e n b e i g e t r a g e n    ? Vor allem durch die Schenkung eines Bauplatzes von unvergleichlicher Schönheit. Wo l i e g t d i e s e r B a u p l a t z   ? Im Park des Hellbrunner Schlosses, im Angesicht des Untersberges.783 Wa s g i b t d e n S a l z b u r g e r n u n d Ö s t e r r e i c h e r n d e n M u t d a z u , i m j e t z i g e n A u g e n b l i c k    ? Die Tatsache, daß alle Menschen jetzt nach geistigen Freuden verlangen. Wo r a u f r u h t i h r A n s p r u c h , d a ß e i n U n t e r n e h m e n d i e s e r A r t g e rade auf salzburgisch-österreichischem Boden sich verwirklic h e n m ü s s e    ? Auf der durch fünf Jahrhunderte ungebrochenen Theatertradition des bayrisch-österreichischen Stammes, als dessen Blüte sich die Wiener Theaterkultur den höchsten europäischen Rang neben der Pariser errungen hat. Neuerdings sind es aber Berliner Theater gewesen, welche innerhalb Deutschlands und auch im internationalen Kunstleben a l s f ü h r e n d g a l t e n    ? Der Leiter des vorzüglichsten dieser Theater, Max Reinhardt, ist ein Österreicher  ; sein Wirken ist genau aus der Wiener theatralischen Tradition hervorgegangen, und er gehört zu denen, welche sich dem Salzburger Unternehmen aufs festeste verbunden haben. I s t d a s U n t e r n e h m e n a u f G e w i n n b e r e c h n e t   ? Zunächst bedarf es der kraftvollen Zusammenwirkung vieler Gönner im Inland und im ganzen Europa, damit in würdiger Weise das Geplante verwirklicht werde. Sollte sich späterhin ein Gewinn ergeben, so wird dieser verwendet werden, um die Darbietung noch zu steigern, den ihr dienenden Apparat zu vervollkommnen. IV. Wa s v o l l b r i n g t o d e r l e i s t e t j e d e r G ö n n e r u n d F ö r d e r e r d i e s e s U n t e r n e h m e n s    ? Er stärkt den Glauben an einen Europäismus, der die Zeit von 1750 bis 1850 erfüllt und erhellt hat. 783 Berg südlich der Stadt Salzburg.

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L i e g e n s o l c h e Z e i t e n n i c h t a u f e w i g h i n t e r u n s   ? Die Entwicklung vollzieht sich in Spiralen. We r g l a u b t h e u t e n o c h a n E u r o p a   ? Herder und Napoleon haben diesen Glauben besessen, Goethe und die Französische Revolution begegnen sich in ihm. Er ist das Fundament unseres geistigen Daseins. Ihn mit deutlichen Worten zu verleugnen, hätte niemand den Mut  ; so kommt alles darauf an, daß er durch aufbauende Taten immer wieder bekannt werde. Tr a g e n Z e h n t a u s e n d e v o n K i l o m e t e r n E i s e n b a h n n i c h t m e h r dazu bei, daß die Nationen einander kennen, als alle Theater u n d B i b l i o t h e k e n d e r We l t   ? Umgekehrt  : die Eisenbahnen haben die Menschen einander fremd gemacht. Die Nationen sollen einander in ihrem Höchsten erkennen, nicht in ihrem Trivialsten.

305. Karl Renner an Alexander von Thurn und Taxis [23. Februar 1920] Abschrift. Der Staatskanzler. Sehr geehrter Herr Präsident  ! Mit lebhafter Befriedigung entnehme ich Ihrem geschätzten Schreiben vom 14. ds. M., Z.223/20, daß die kulturellen Bestrebungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, denen ich wärmstes Interesse entgegenbringe, auch im Auslande verdiente Würdigung finden. Ich bin gewiß, daß eine nahe Zukunft Ihre Erwartungen voll rechtfertigen wird. Indem ich Sie bitte, versichert sein zu wollen, daß ich stets gerne bereit sein werde, Ihre Arbeiten im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten wirksam zu fördern, bin ich im Ausdrucke ausgezeichnetster Hochachtung Ihr ergebener Renner m.p. Wien, am 23. Feber 1920

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306. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 28. Feber 1920 Lieber Freund  ! Ich beeile mich diesmal, unsere Korrespondenz nicht auskühlen zu lassen und will Dir auf Dein Schreiben vom 25. d. M.784 gleich antworten. Dem Dr. Wiener tust Du insoferne ein bischen unrecht, als er schon seit Herbst, seitdem er aus Salzburg zurück ist, sich ziemlich intensiv dem Vereine widmet und alles unternimmt, was man von ihm verlangt  ; speziell im Verkehr mit den Staatsbehörden ist seine Persönlichkeit, seine Kenntnis der Verhältnisse und sein Auftreten von außerordentlichem Wert für den Verein. Er hat auch starkes Interesse für unsere Sache, nur muß man ihn richtig zu behandeln und zu würdigen wissen, was aber z. B. Freund Ronsperger nicht recht versteht. Da Letzterer sich seit einigen Wochen ganz besonders den Vereinsgeschäften widmet und zwar gewiß in sehr ersprießlicher Weise, muß man so kleine Unebenheiten zwischen einzelnen Herren möglichst auszugleichen trachten, damit alle wertvollen Kräfte im Interesse des Vereines Verwertung finden. Ronsperger ist bei allem dankenswerten Eifer leider nur ein bischen autokratisch veranlagt, was natürlich manchmal leicht zu Konflikten führen kann. So ist denn die ganze Kartenangelegenheit bezüglich des Dr. Wiener eigentlich seine Schuld, da er in diesem Punkte ein bischen zu wenig entgegenkommend und politisch war. Seinem gegenwärtigen Bestreben, sich möglichst an der tatsächlichen Leitung des Vereines zu beteiligen und seiner diesbezüglichen Aussprache mit mir entsprechend, werde ich in der nächsten Sitzung den Antrag stellen, daß er zu meiner Entlastung zum zweiten geschäftsführenden Direktionsmitglied bestellt werde. Das wird Euch in Salzburg zwar im Laufe der Zeit einige harte Nüsse zu knacken geben. Aber nachdem diese Einführung ein eifriges Direktionsmitglied zu weiterer Tätigkeit anspornen soll, glaube ich, daß man nichts dagegen haben kann. Inwieweit Deine Erwartungen in diesem Punkt eintreffen werden, weiß ich allerdings bei meiner Kenntnis der Charaktere und Zusammenhänge nicht. Ich nehme an, daß Ronsperger aus der Korrespondenz mit Dir die Anhaltspunkte für ein stärkeres Hervortreten gewonnen hat, und daß Du somit besonders damit einverstanden sein wirst, wenn wir die erwähnte Betrauung vornehmen. Tatsächlich haben die Geschäfte hier einen so großen Umfang angenommen und sind derart entscheidende Erledigungen bevorstehend, daß ich mich außerordentlich erleichtert fühlen muß, wenn mir in diesen auch anderweitig schwierigen Zeiten eine tüchtige Kraft zur Seite steht. Ich hoffe, daß seine Aspirationen nicht allzuweit gehen werden, was ich bei unserem freundschaftlichen Verhältnis aber von vornherein gar nicht voraussetzen kann. 784 Keine Vorlage überliefert.

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Was Du mir über den Papierkauf für die »Mitteilungen« schreibst, ist sehr erfreulich und war jedenfalls eine kluge weitblickende Tat. Daß wir nun Papier für zwei Jahre haben, enthebt uns mancher schweren Sorgen, die andere Zeitungsunternehmungen haben. Allerdings bleiben, wie Du selbst sagst, die höheren Druckkosten als progressive Belastung bestehen und auch aus diesem Grunde wird es vielleicht angezeigt sein, wenn wir vorläufig die »Mitteilungen« nicht zu umfangreich ausgestalten. Meine Intentionen, unserer Zeitschrift auf die Beine zu helfen und daher u. a. auch das Abonnement obligatorisch zu gestalten, wollt Ihr, wie mir Dr. Kerber mitteilte, auch Rechnung tragen. Ich werde, da ich mich, wenn Ronsperger in die Geschäftsführung eintritt, überhaupt stärker den »Mitteilungen« widmen will, im nächsten Monat eine allgemeine Aussendung an sämtliche Mitglieder machen, welche die »Mitteilungen« nicht abonniert haben und den Appell an sie richten, das Abonnement durchzuführen. Zu dem gedachten Zwecke bitte ich um ein Adressenverzeichnis der Abonnenten, sowie auch der Pflicht- und Propagandaexemplare, die wir abschicken. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, daß eine Zusendung der Hefte an Tagesblätter und Zeitschriften insolange nicht den gewünschten Erfolg haben wird, daß diese Blätter allgemein von den »Mitteilungen« ihre Leser im Wege einer kurzen Notiz in Kenntnis setzen, als nicht stets ein gut zusammengestellter Waschzettel beigegeben wird. Dies scheint bisher nicht oder nicht durchwegs der Fall gewesen zu sein, denn die Rezensionsexemplare, die mir in die Hand kamen, waren alle ohne Waschzettel. In der administrativen Betreuung der »Mitteilungen« sowie in der Führung der Mitgliederlisten scheint überhaupt einiges mangelhaft zu sein. Was speziell die Mitgliederlisten anbelangt, so habe ich eigentlich noch nicht eine einzige vollkommen entsprechende in die Hand bekommen. Die Standesführung ist doch ein sehr wesentliches Moment, da man mit dem rechtlichen Standpunkte und den Empfindlichkeiten der Mitglieder zu rechnen hat, andernteils aber auch für die Bilanz und zu allen möglichen Vereinszwecken über peinlich genaue Mitgliederlisten verfügen muß. Jetzt zum Beispiel, wo wir die Bauplatz- und Subventionsangelegenheit mit Volldampf zu betreiben haben, müssen wir an verschiedenen Orten vollständige Mitgliederlisten vorlegen. Im Laufe der nächsten Woche benötigen wir eine solche Liste für die Bodenkreditanstalt, die entweder für sich allein oder zusammen mit der n. ö. Eskomptegesellschaft in engste Beziehung zu unserem Verein zu treten geneigt ist, was ich Dir im strengsten Vertrauen hiermit mitteile. Morgen vormittags und am nächsten Donnerstag werden diesbezüglich nähere Aufklärungen erfolgen, die ich Dir dann sofort bekanntgeben werde. Deine Anfrage betreffend die Prämienanleihe ist durch die Ereignisse längst überholt. Ich habe schon vor ca. 10 Tagen nach Salzburg den Auftrag gegeben gehabt, die Herausgabe des Februarheftes zu verzögern, da ein großer Inseratenauftrag bevorsteht. Wir erhielten durch Vermittlung des Agenten Joles das Inserat zum Betrage

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von K 500.–, wovon 33 % auf ihn entfallen. Ich glaube, daß wir in der nächsten Zeit noch einige wichtige Inserate durch ihn bekommen werden. Deine Annahme, daß alle Blätter mit diesem Inserat bedacht wurden, ist eine irrige. Von Zeitschriften haben die wenigsten den Auftrag erhalten, nur die Tageszeitungen werden allgemein damit versehen. Daß Ihr den Katechismus785 schon drucken habt lassen, müssen wir als strenges Geheimnis bewahren, sonst gibts von Hofmannsthal und Roller ein Mordsdonnerwetter. Praktisch genommen habt Ihr eigentlich recht. – Was die Amerikapropaganda anbelangt, so dürfte da Leo Fall, mit dem ich sehr befreundet bin, und der mich auch als Kritiker unbegreiflicherweise sehr estimiert, wenn mein Zureden und Richard Straussens Einfluß so stark sind, daß ihn die Erinnerung daran bei den Diners in den New-Yorker Milliardärkreisen nicht verläßt, ein außerordentlich geeigneter Mann sein, unsere Sache in Amerika so zu fundieren, daß wir aller Sorgen um die Zukunft ledig sein könnten. Wesentlich beitragen wird dazu aber jedenfalls die Beteiligung des Staates und der Wiener Banken an unserem Unternehmen. Das wird der entscheidende Köder für die smarten Geschäftskönige sein. Es muß sich uns natürlich eigentlich ausschließlich nur darum handeln, Mitglieder zu bekommen, denn Geld ausleihen soll jetzt und in alle Zukunft womöglich ausgeschlossen bleiben, aber wenn sich der Staat und die Wiener Banken an unserem Unternehmen beteiligen, wenn Namen wie Reinhardt und Richard Strauss damit verknüpft sind, dann werden eben die Kunst-Snobs drüben denken, das ist eine gute Sache und werden sich gerne ein Vorrecht mit verhältnismäßig billigen Mitteln sichern, bei dem größten künftigen Ereignis des europäischen Kunstlebens als Genießende beteiligt zu sein. Was die Aktion Apfelbeck786, den persönlich zu kennen ich auch das Vergnügen habe, anbelangt, so ist es natürlich möglich, daß auch er einen Gelegenheitserfolg haben kann, der vom Zufall und seiner tatsächlichen Betätigung abhängen mag. Inwieweit sein Interesse und seine Fähigkeiten für unsere Sache ausreichen, mußt Du selbst beurteilen können. Wenn wir ihm, was ich noch nicht weiß, die Ueberfahrt ermöglichen können, so würde ihn ja natürlich eine gewisse Dankbarkeit dazu bewegen müssen, sich für uns drüben anzustrengen, falls ihm, was noch zu bedenken ist, als Impresario seiner in Wien früher recht beliebt gewesenen Gattin,787 Zeit dazu übrig bleibt. Für uns ist hier diesbezüglich maßgebend, daß Du schreibst, sehr großen Wert auf diese Sache zu legen. – Ridler788 wird sich Montag in Schwung setzen

785 Vgl. Dok. 304 (H. v. Hofmannsthal  : Die Salzburger Festspiele). 786 Alois Apfelbeck, ehem. Oberstleutnant, 1920/21 tätig für den Salzburger Zweigverein der SFG (vgl. Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 3 [März], S. 14). 787 Marie Louise Bailey-Apfelbeck (1873–1927), Konzertpianistin. 788 Josef Ridler  ; vgl. die Anm. in Dok. 265 (Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder, 28.5. 1919).

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und mit einem amerikanischen Dolmetsch zu Mr. Halstead789 reiten. Ob dann Herr Apfelbeck selbst nach Wien kommen muß, wird sofort bekanntgegeben werden. Was den sehr gelungenen Faschingsabend der Wiener MännergesangvereinsOrtsgruppe anbelangt, so wurde Euch schon mitgeteilt, daß für unsere Rechnung ein Gewinn von K 2000.- rein entfällt, K 2000.- erhält außerdem der Deutsche Schulverein, da die Widmung eine geteilte war. Aus Deinen Mitteilungen über das rege Vereinsleben unserer Gemeinde in Salzburg entnehme ich, daß die Entwicklung unseres Vereines den Dir erwünschten Weg genommen hat, und daß Du in der Möglichkeit einer reichen Betätigung Deine Befriedigung findest, was mich außerordentlich erfreut. Auch wir in Wien haben selbstverständlich Freude an dem Fortgang unseres Unternehmens. In diese Freude teilen sich alle, in die Arbeit allerdings nur wenige. Aber auch das, glaube ich, wird besser werden. Zweifellos werden wir bei den nächsten Wahlen ziemliche Veränderungen vornehmen müssen, was natürlich sorgfältiger Ueberlegung bedarf, um nicht gefährliche Kränkungen hervorzurufen  ; denn so manche, die im positiven Sinne nichts zu leisten vermögen, können im negativen Sinne gefährlich werden. Diese Frage ist jetzt übrigens noch nicht spruchreif, und wir werden in den nächsten Monaten ja hoffentlich Gelegenheit haben, uns mehrmals darüber mündlich aussprechen zu können. Nachtragen möchte ich noch zur Amerika-Propaganda, daß wir über die Angelegenheit des P. Klotz,790 mich selbst in begriffen, eigentlich so gut wie gar nichts genaueres wissen. Könntest Du mir da nicht ein wenig den Schleier des Geheimnisvollen lüften  ? Zur gelungenen Ladenschiebung meine Gratulation. Was hat dabei herausgeschaut, und weil ich gerade Geschäftliches berühre  : was machen unsere Unternehmungen Sava-Gallas  ?791 Ich glaube es wäre die Zeit, diesbezüglich an eine Kraft wie Hauptmann Bittner792 zu denken. Ich werde mit Bittner nächster Tage sprechen und die Angelegenheit berühren, um Dir dann mitteilen zu können, was wir eventuell tun könnten. Bittner ist zweifellos eine außerordentlich gediegene und geeignete leitende Kraft. Auch Ronsperger kennt ihn als solchen, und die Bedenken, die ich voriges Jahr äußerte, dürften jetzt bei der Entwicklung, die wir genommen haben, 789 Albert Halstead (1867–1949), US-Hochkommisssär in Wien. 790 Petrus Klotz (1878–1967), Benediktiner. 1922–31 Abt bzw. seit 1927 Erzabt des Stiftes St. Peter in Salzburg. Unternahm 1920 im Auftrag des Wiener Erzbischofs Kardinal Piffl eine Reise in die USA (Mittlerer Westen) zur Sammlung für die Kriegswaisen Wiens. 791 Am 27. Jänner 1920 war der Verkehrsbüroinhaber Josef Anton Gallas unerwartet in Salzburg verstorben. Gallas war Teilhaber der kurz zuvor gegründeten Firma »Sava« (»Salzburger Annoncen-, Verkehrs und Ankündigungsanstalt«)  ; vgl. Salzburger Volksblatt, 18.1.1920. 792 Zu Karl Bittner vgl. Mechthild Dubbi  : Vom k. u. k. Hauptmann zum Kommerzialrat. Karl Bittner (1871–1951). Zwei Lebensentwürfe im Spiegel autobiographischer Aufzeichnungen. Wien, München  : Verlag für Geschichte und Politik bei Böhlau 2008 (= Sozial- und wirtschafts-historische Studien, 33).

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wegfallen, und sich im Gegenteil in Bestärkungen bezüglich einer Gewinnung seiner Person umwandeln. Die Kalenderausstellung werde ich hoffentlich sehen können und freue mich schon darauf. An Tomaselli entrichte bitte den Ausdruck meiner schrankenlosen Anerkennung für seine vielseitige Tüchtigkeit. Er war mir seit jeher höchst sympathisch, das kannst Du ihm ins Ohr sagen, und wir haben uns ja auch immer gut verstanden. Um das Hotel Mirabell kann es einem leid sein oder auch nicht. Vielleicht ist es später, wenn wir mehr Geld zur Verfügung haben, doch noch zu haben.793 Wie stehts denn jetzt mit den Gründen in der Nähe des Bauplatzes  ? Jung soll sich ein Grundstück südlich des Bauplatzes erwerben und dort ein Hotel »Bellevue« mit Watzmann794-Ausblick erbauen. Was das arme Mozarteum anbelangt, so haben sich die Herren ihre nicht gar rosige Lage selbst zuzuschreiben. Das Interesse Dr. Sedlitzkys für die FestspielhausGemeinde ist sehr schmeichelhaft, nur mußt Du trachten, daß es nicht gefährlich werde. Ich glaube Du verstehst mich. Daß Baron Ehmig gestorben ist, habe ich ganz übersehen. Er ist auch mir in sehr guter Erinnerung. Die Fehde Lux – Paumgartner ist recht lustig.795 Die Faschingszeitung des Volksblattes scheinen wir nicht erhalten zu haben, ich muß noch nachsehen lassen. Von Pfefferkorn habe ich gestern gelesen. Nun geht der Stoff für diesmal zu Ende, daher Schluß und herzliche Grüße vor allem an Deine liebe Frau, an Mitzi und Friedl,796 und auch an unsere Herren, besonders Dr. Kerber, Tomaselli, Frank, Schurich, Wilvonseder u. s. w. – Wenn Du Lust hast, schreibe mir gelegentlich ein bischen was genaueres über das Drama Jung797 und welche Aussichten wir infolgedessen in Zukunft bezüglich seiner Mitwirkung haben können. Herzlichst Dein /Damisch/

793 Vgl. dazu Dok. 299 (F. Gehmacher an H. Damisch, 19.12.1919). 794 Berg in den oberbayrischen Alpen bei Berchtesgaden. 795 Der Schriftsteller Joseph August Lux (vgl. Dok. 220, Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 14.8.1918) hatte im November 1919 die Führungsqualitäten von Bernhard Paumgartner als Direktor des Mozarteums in Frage gestellt (vgl. Salzburger Volksblatt, 15.11.1919). 796 Friedrich Gehmacher jun. (1900–1976), der Sohn Friedrich Gehmachers. Später Rechtsanwalt und Präsident der ISM. 797 Es ist nicht klar, worauf Damisch hier anspielt.

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307. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Wien, am 9. März 1920. Lieber Freund  ! Das schöne Wetter und das rasche Wiedererwachen der Natur hat offenbar auch auf meine Schreibnerven einen belebenden Einfluß, denn wie Du siehst, säume ich nicht, an die Beantwortung Deines letzten Schreibens vom 2. d.798 zu schreiten. Wie ich Dir bereits als Randbemerkung zum letzten Wochenbericht mitgeteilt habe, ist aus der seitens Ronspergers geplanten Veränderung in der Aemterverteilung nichts geworden. Hiezu muß ich vor allem einen teilweisen Irrtum Deinerseits (wie es mir wenigstens scheint) richtig stellen. Ich wollte durchaus nicht Ronsperger die Geschäftsführung übertragen, sondern er möchte einerseits das Finanzreferat los werden, andererseits eine noch stärkere Position innerhalb des Vereines haben, als es ihm eben durch das Finanzreferat gegeben ist. Gelegentlich seiner Rücksprache mit mir hat er fürs erste erklärt, daß er seiner wiederholt geäußerten Ueberzeugung neuerlich Ausdruck geben müsse, daß im höheren Sinne für das Finanzreferat Dr. Hellmann geeignet erscheine und daß er daher einerseits davon zurücktreten wolle, andererseits aber eine Legitimierung beanspruche, die ihm eine Basis für seine intensive Betätigung geben könne. Dies sei nur dadurch möglich, wenn ich einwillige, daß er sich in die Geschäftsführung mit mir teile und als zweiter Geschäftsführender einen Teil meiner Agenden übernehme. Bei unserem freundschaftlichen Verhältnis konnte ich diesem direkt geäußerten Wunsch natürlich keinen brüsken Widerstand entgegensetzen und erklärte ihm, daß ich für meine Person dagegen nichts einzuwenden habe und im Gegenteil sehr erfreut sei, wenn meine Inanspruchnahme durch die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde dadurch eine etwas weniger sorgen- und lastenschwere würde, als sie es bis jetzt war. Ich habe ja dadurch, daß ich Tag für Tag, Sonntag nicht ausgenommen, vormittags, nachmittags und abends mich stundenlang der S.F.G. widme, der eigentlichen Entfaltung meiner beruflichen Tätigkeit starke Fesseln angelegt, und es ist von mehr als einer Seite halb scherzhaft, halb ernsthaft behauptet worden, daß die deutsche Politik in Oesterreich darunter leide, daß ich mich mit Haut und Haaren der S.F.G. verschrieben habe, und daß dies eigentlich auch der Hauptgrund sei, warum wir in Wien kein großes deutschnationales Tagblatt haben. Nun steht die Sache so, daß mir natürlich die Festspielhaus-Gemeinde mehr Freude macht als vielleicht die Politik, oder sonst die Zeitungsschmiererei, sodaß ich diese letzteren Tätigkeiten nur insoweit betreibe, als es eben zum Leben notwendig ist. Allerdings, hätte ich die Ueberzeugung, daß die Festspielhaus-Gemeinde auch ohne meine energische Vertretung in sicheren Händen wäre, so würde ich vielleicht 798 Keine Vorlage erhalten.

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manchmal die Gelegenheit ergriffen haben, um mich auf die Stellung eines einfachen Direktionsmitgliedes zurückzuziehen. Es ist aber durchaus keine Aeußerung der Unbescheidenheit oder Selbstüberschätzung, wenn ich auch heute noch sage, daß die Kontinuität des Betriebes, die Sicherheit des Bestandes und die Näherrückung der Erfolgsmöglichkeit ohne mein leitendes Eingreifen verschiedenen Gefahren ausgesetzt wäre. Aus diesem Grunde bin ich daher entschlossen, solange ich das Vertrauen Deinerseits und der übrigen Herren besitze, auf meinem exponierten und sehr viele Opfer fordernden Platz auszuharren. Es ist ja gerade jetzt, wo wir in Angelegenheit der Subvention und des Bauplatzes zweifellos in ein entscheidendes Stadium gekommen sind, durchaus nicht opportun, wenn alle jene Stellen, mit denen ich aus eigener Initiative und sichtlich auch mit Erfolg die grundlegenden Beziehungen angebahnt und fortgeführt habe, sich plötzlich in den wichtigsten Tagen der Spruchreife neuen verantwortlichen Persönlichkeiten gegenüber gestellt sehen würden. Das müßte naturgemäß Befremden und wahrscheinlich Zurückhaltung hervorrufen, könnte unserer Sache also keineswegs nützlich sein. Dies war auch einer der Gesichtspunkte, von dem aus der als Wiener Vizepräsident fungierende Dr. Wiener, mit dem ich am Abend vor der Sitzung die Tagesordnung derselben besprach, seine Genehmigung verweigerte, daß der Punkt »Aemterverteilung« in der Sitzung zur Beratung käme. Er erklärte, daß auch aus formellen Gründen vor einer Rücksprache mit unserem Präsidenten, Prinz Taxis, derartige, in ihren Konsequenzen wohl zu überlegende Veränderungen keineswegs ins Auge gefaßt werden dürfen, daß er überdies auch aus prinzipiellen und sachlichen Gründen nicht die geringste Notwendigkeit einsehe, daß man gegenwärtig diese interne Frage zur Diskussion stelle. Derselben Ansicht war auch der Obmann des Zweigvereines, Generaldirektor Dr. Stransky. Uebrigens hätte ich für den Fall, als der Punkt Aemterverteilung zur Beratung gekommen wäre, meinerseits Anspruch auf die jetzt unbesetzte Stelle des Obmann-Stellvertreters des Zweigvereines Wien erhoben, um dadurch meine Position als erster Geschäftsführender gegenüber Ronsperger kräftig zum Ausdruck zu bringen. Es ist also, wie gesagt, mit Rücksicht auf die geschilderten Umstände schon am Tage vor der Sitzung beschlossen worden, daß keinerlei Veränderungen vorzunehmen sind. Dein Schreiben, das ja im Wesen ganz gleich gerichtet erscheint, ist gerade zur rechten Zeit gekommen, um den Standpunkt den die maßgebenden Herren in Wien diesbezüglich einnehmen, auch aus Salzburg zu bestärken. Ich habe natürlich von Deinem Schreiben keinerlei Erwähnung gemacht und stelle die Tatsache nur an sich fest. Es bleibt also vorläufig beim Alten. Ob späterhin eine Veränderung im Finanzreferat durchgeführt werden wird, weiß ich noch nicht, da ja nunmehr Ronsperger nicht gerne ohne irgend eine besondere Betrauung bleiben wollen wird, wenn er auch versichert, daß er entschlossen sei, das Finanzreferat zurückzulegen, um später dann nur mehr im Stillen, aber mit demselben begeisterten Gefühl wirken zu wollen. Allerdings nimmt Dr. Wiener hier den Standpunkt ein, daß die Funktion eines Direktionsmit-

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gliedes an und für sich schon vollständig genügende Legitimierung gibt, um nach innen und außen hin, für den Verein eine intensive Tätigkeit zu entfalten, und da hat Dr. Wiener eigentlich recht. Das wäre ja der ideale Zustand, wenn eben jedes Direktionsmitglied vermöge dieser Würde an und für sich dazu angeregt würde, mit Feuereifer hinter unserer Sache her zu sein. Nun möchte ich auf die Rippenstöße reagieren, die Du meiner Wenigkeit versetzest. Du nennst mich zu optimistisch. Dazu möchte ich bemerken, daß ich nach außenhin vielleicht allerdings manchmal so scheinen dürfte, weil ich es in dem gegenwärtigen Stadium für besser halte, wenn man die Leute in ihrer Lethargie und ihrem Pessimismus ein bißchen optimistisch anhaucht. Aber Du selbst solltest mich in dieser Beziehung besser kennen und Dich daran erinnern, daß unter vier Augen gerade ich stets Einwendungen mache und Bedenken habe, die einer ganz objektiven, wenn auch deshalb nicht gerade pessimistischen Beurteilung entspringen. Auch einer mangelnden Sicherheit in Bezug auf unsere Sache bin ich mir nicht bewußt. Die über alle Maßen ungünstigen äußeren Verhältnisse, die von kleinen Schwankungen abgesehen, fortwährend noch eine Wendung zum Schlimmeren nehmen, müssen naturgemäß in meinem taktischen Verhalten eine gewisse Berücksichtigung finden. Das wesentlichste Erfordernis der Führung ist ja meiner Ansicht nach die möglichste Anpassung an die gegebenen Verhältnisse, worunter die eigene Sicherheit und Ueberzeugung natürlich durchaus nicht zu leiden braucht. Daß ich seit Jahr und Tag von der Staatssubvention von jährlich K. 500.000.- spreche, ist wohl selbstverständlich, denn ganz im Geheimen soll und kann diese für die Zukunft unseres Unternehmens unzweifelhaft wichtigste Angelegenheit ja nicht behandelt werden  ; es handelt sich hier um keine geringe Sache und eine derartige Aktion erfordert unter den gegenwärtigen Verhältnissen natürlich noch mehr Takt, Umsicht und Vorsicht als es früher der Fall gewesen wäre  ; selbstverständlich auch die Erfüllung gewisser Vorbedingungen und ganz besonders eine gewisse Zeit, denn im Handumdrehen sind alle die schwierigen Faktoren, die hier in Betracht kommen, ja doch nicht mürbe zu machen. Immerhin muß ich, abgesehen von dem schließlichen Erfolg, doch feststellen, daß ich in diesem Fall vorläufig durch die eigentlich überraschend günstigen Ereignisse, die sich auf diesem Gebiet abgespielt haben, Recht erhalten habe  ; allerdings sind wir jetzt in dem heikelsten Stadium der ganzen Angelegenheit und da ist’s taktisch jedenfalls klüger, zurückhaltend zu sein in den Mitteilungen und Hoffnungen, damit nicht von irgend woher eine Störung der Verhandlungen eintrete. Diese Verhandlungen nehmen aber, wie ich Dir mitteilen kann, ganz den gewünschten Verlauf und schreiten von Stufe zu Stufe vorwärts. Daß wir noch manche harte Schwierigkeiten zu überwinden haben werden, ist vorauszusehen  ; vor allem wird uns ein Wechsel der Regierung natürlich vor die Notwendigkeit stellen, manches wieder von vorne anzufangen, was heute schon in einem günstigen Stadium der Vorbereitung und Bearbeitung sich befindet. Aber das wichtigste ist,

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daß unsere Sache bereits fest in den Akten verankert und in der wünschenswerten Richtung festgelegt ist bis zur endgiltigen internen Entscheidung. Ich glaube, daß noch im Laufe dieses Monats diesbezüglich ein Abschluß zustande kommen wird. Wie ich Dir ja bereits mitteilte, wurde uns von der maßgebendsten Stelle eröffnet, daß man bereits entschlossen sei, unser Gesuch vollinhaltlich zu genehmigen. Nur über den Modus, zu welchem die erbetene Subvention flüssig gemacht werden soll, schweben noch die Verhandlungen. Auch aus der Aeußerung des Staatskanzlers, die in ganz offizieller Form erfolgt ist, mußtest Du ja entnehmen, wie günstig unsere Angelegenheit steht. Es kann Dir ja doch nicht ganz entgangen sein, daß der Staatskanzler schreibt  : »Ich bin gewiß, daß eine nahe Zukunft Ihre Erwartungen vollauf rechtfertigen wird.«799 Du darfst nicht übersehen, daß diese Aeußerung abgegeben wurde im Zusammenhang mit den Besuchen und Informationen, die in Beziehung auf unser Subventionsgesuch beim Staatskanzler und im Staatsamt für Finanzen unsererseits gemacht wurden. Der Vergleich mit der Protektorats-Angelegenheit hinkt doch ein bißchen, wozu ich übrigens noch bemerken möchte, daß dazumal die Erlangung des Protektorats natürlich für uns äußerst wertvoll gewesen wäre und jedenfalls das nachfolgende, in jenem sowie in diesem Falle gleicher Weise unbedingt erforderliche Subventionsgesuch wesentlich gefördert hätte. Ich habe eben damals auch mit den gegebenen Verhältnissen gerechnet, bin durch die dann folgenden Entwicklungen keineswegs entmutigt worden und habe mein weiteres Verhalten dann den neuen Verhältnissen angepaßt. Was nun meine Reise nach Salzburg anbelangt, so wurde ich im November daran durch meinen körperlichen Zustand verhindert und seither war es wohl, abgesehen von den beiderseitigen privaten Wünschen nach einem Wiedersehen, nicht unbedingt erforderlich, diese in der heutigen Zeit nicht kleine Unternehmung durchzuführen. Unter der Voraussetzung, daß Reinhardt sich in Salzburg befindet, will ich aber (allerdings begleitet von Ronsperger, der auch darauf brennt, mit Dir und den Herren zu disputieren) wohl noch im März das Wagnis unternehmen.800 Bezüglich einer Ergänzung der Leitung werden wir vielleicht vor der nächsten Generalversammlung nichts unternehmen  ; ich will aber trachten, Persönlichkeiten ausfindig zu machen, die wir teils als Ergänzung, teils als Ersatz in den Leitungskörper einfügen können. Auf Ronsperger will und kann ich natürlich auf keinen Fall verzichten. Diesbezüglich bin [ich] übrigens überzeugt, daß er uns bereits vollständig verfallen ist und daß seine gelegentliche Ziererei niemals wirklich ernst zu nehmen sein dürfte. Es wäre mir aber natürlich höchst erwünscht, wenn sein Fieber auch auf andere Direktions- und Leitungsmitglieder übergriffe, wobei ich nicht umhin kann 799 Vgl. Dok. 305 (K. Renner an A. v. Thurn und Taxis, 23.2.1920). 800 Ronsperger erwähnt in einem Gutachten vom 10. November 1920 (wird in Band 2 der vorliegenden Edition wiedergegeben) eine Sitzung, die Ende März in Salzburg stattgefunden habe.

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zu betonen, daß Dr. Wiener in erster Linie, dann auch Dr. Stransky und Dr. Schey, nicht zu vergessen unser Präsident Prinz Taxis, immerhin schon ziemlich viel Krankheitserscheinungen in dieser Hinsicht aufweisen. Es wird nicht viel brauchen, um das »febris salisburgensis« auch bei ihnen voll zum Ausbruch zu bringen. Deine allgemeinen Mitteilungen über Jung sind mir schon bekannt gewesen, ich weiß auch schon eine Menge Details, die aber von verschiedener Seite erzählt wurden und daher auch zum Teil sich gegenseitig widersprechen. Ich hätte gerne den richtigen Tatbestand einmal von Dir gehört, aber das wird sich am besten mündlich machen lassen.801 Die selbständige Verrechnung der »Mitteilungen« wurde ja von mir bereits wiederholt beantragt und ich bin also, da ich sie als das einzig Zweckmäßige finde, damit sehr einverstanden  ; werde auch demnächst die hiesige Abrechnung an Dr. Kerber schicken. Du kannst Dir denken, daß mich schon vom beruflichen Standpunkt aus, die »Mitteilungen« lebhaft interessieren und ich bin fest entschlossen, im Rahmen der gegebenen Möglichkeit, aber ohne die Sache jemals aus den Augen zu verlieren, eine möglichst weitgehende Ausgestaltung dieser Unternehmung durchzuführen, sowohl was die textliche als auch die administrative Seite betrifft. Bezüglich der Mitgliederliste und der Standesführung muß ich Dir eröffnen, daß wir trotz aller bisherigen Mitteilungen noch immer nicht die nötige mathematische Klarheit haben. Niemand von uns, auch ich nicht, kann z. B. über den Stand der holländischen Mitglieder genaue Auskunft geben. Diesbezüglich könnte vielleicht ein gesondertes Verzeichnis geliefert werden. Ich weiß auch nicht, mit welchem Betrag Ihr die Zahlungen von 1000 holl. Gulden einstellen wollt  ; 1000 holl. Gulden sind ja eigentlich nahezu K. 100.000.-. Vor einiger Zeit waren es sogar mehr. Nun müßtet Ihr die betreffenden Mitglieder als doppelte Stifter führen. Da wir hier einen Zentralkataster anlegen, ist es natürlich sehr wichtig, daß wir über die Mitgliederbewegung ganz genau informiert werden. Hiezu gehören natürlich auch Angaben über Stand und Adresse der Mitglieder. Sollte diesbezüglich in Salzburg selbst in einem oder dem anderen Falle eine Unklarheit herrschen, so müßte dem natürlich von dort aus nachgegangen werden. Die Angelegenheit Apfelbeck betreiben wir mit dem von Euch gewünschten Nachdruck. Wichtig wäre, daß die von Ridler angeforderten Daten und Dokumente (26. Wochenbericht)802 rasch geliefert würden. Mit Allizé können wir momentan in dieser Angelegenheit leider nichts durchführen, da er, wie Du aus den Zeitungen weißt, jetzt nicht in Wien ist und dann jedenfalls bald nach Bern gehen wird. Ich werde ihn aber sicher noch vor seiner Abreise aufsuchen und durch ihn gleich die Verbindung mit seinem Nachfolger anbahnen. 801 Es ist nicht klar, worauf sich Damisch hier bezieht. 802 Keine Vorlage überliefert.

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Was meine Anregung wegen Hauptmann Bittner anbelangt,803 so ist dieselbe jetzt nach beiden Seiten hin nicht aktuell  ; einerseits müßt Ihr ja erst über seinen eventuellen Wirkungskreis klarwerden, andererseits geht er nächster Tage als Direktor einer Zucker-Fabrik mit einem Jahresgehalt von K. 160.000.- und reichlichen Nebenspesen nach Kroatien. Da können wir natürlich nicht im entferntesten mitkonkurrieren. Trotzdem ist die Angelegenheit aber für uns nicht abgeschlossen, denn Bittner leidet ein bißchen an Asthma, ist um seine Gesundheit sehr besorgt und wird diese Stelle, falls ihm das Klima nicht zusagt (was, wie er meint, wahrscheinlich sein dürfte), wieder zurücklegen. In diesem Falle, behielte er aber die Generalvertretung der Fabrik, die ihm natürlich auch ein bedeutendes Einkommen verschaffen würde, so daß er seinen Lieblingsplan, in Salzburg für uns tätig zu sein, dennoch durchführen könnte. Er hat sich diesbezüglich mir gegenüber in kulanter Weise geäußert und würde in materieller Beziehung das Hauptergebnis seiner Salzburger Tätigkeit in Provisionsvergütungen erblicken, wobei allerdings ein gewisses Fixum schon aus Prestigegründen in Rechnung gezogen werden müßte. Die Provisionierung hätte nach seinem Plan von jenem Betrage zu erfolgen, der sein fixes Einkommen übersteigen würde. Ich bin immer mehr überzeugt, daß Bittner eine sehr tüchtige, kaufmännisch und organisatorisch leitende Kraft wäre. Diesbezüglich muß ich mich noch mit Dir mündlich auseinandersetzen. Am vergangenen Donnerstag hatten wir eine Leitungs- und anschließend daran eine Direktionssitzung, die beide sehr lebhaft und anregend verliefen. Aus den Protokollen wirst Du Dich darüber näher informieren können. Einige Details will ich Dir noch nächstens mitteilen. Die Ansichtskarte von Eurem gelungenen Ausflug habe ich mit gebührendem Neid gelesen. Selbstverständlich ist dieser Bericht aufs höchste geeignet, den Vorsatz nach Salzburg zu fahren, zu bestärken. Leider hat das schöne Wetter in Wien ein jähes Ende genommen und seit gestern ist nach ausgesprochener Junistimmung wieder Winterwetter eingetreten, was allerdings nicht von langer Dauer sein dürfte, aber immerhin muß man mit einem gewissen Schaden, so z. B. bei den Birnbäumen rechnen. Um den Abgang meines Briefes nicht allzusehr zu verzögern, schließe ich für heute und bereite Dich schon darauf vor, daß Du demnächst wieder eine längere Epistel von mir erhalten dürftest. An alle auf der Ansichtskarte unterfertigten Herren meinen besten Dank für ihre Grüße, die ich hiemit erwidere. Dir und den Deinen alles Herzliche von Deinem /Damisch./

803 Vgl. Dok. 306 (H. Damisch an F. Gehmacher, 28.2.1920).

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308. Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920804 [März 1920] Eingehende Beratungen mit dem Delegierten des Prof. Max Reinhardt Herrn Richard M e t z l 805 führten zu dem Beschlusse, in der zweiten Hälfte des August drei Aufführungen von »J e d e r m a n n « in der offenen Reitschule der Hofstallkaserne zu veranstalten. Mit Rücksicht auf Salzburgs mißliche Ernährungslage, die einen größeren Fremdenzustrom nicht zuließe, muß der Besuch dieser Vorstellungen durch auswärtige Gäste auf das äußerste Mindestmaß eingeschränkt werden. Es kann daher nur mit dem Besuch der einheimischen Bevölkerung und der Kurgäste aus Berchtesgaden und Reichenhall gerechnet werden.

309. Bericht des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde über die Vorarbeiten für die Aufführung von »Jedermann« [Mai 1920] Die Vorarbeiten für die Aufführungen von »J e d e r m a n n , ein Spiel vom Sterben des reichen Mannes«, erneuert von Hugo v. Hofmannsthal, sind nunmehr in vollem Umfange aufgenommen worden. Verhandlungen mit den ersten Künstlern des Berliner »Deutschen Theaters« ergaben, daß sich diese in entgegenkommendster, uneigennützigster Art dem schönen Zwecke zur Verfügung stellten. In den nächsten Wochen wird Professor Max R e i n h a r d t in Salzburg eintreffen, um persönlich die künstlerischen Vorbereitungen zu leiten. – Die Aufführungen sollen, wie

804 Der genaue Termin der Beschlussfassung ist nicht überliefert. Eine »eingehende Debatte über die eventuellen Veranstaltungen im heurigen Sommer« hatte bereits am 26. März 1920 in einer »allgemeine[n] Ausschuß-Sitzung des Salzburger Zweigvereines« stattgefunden, an welcher auch die Wiener Direktionsmitglieder Heinrich Damisch und Emil Ronsperger teilnahmen (Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 4 [April], S. 15). Der Bericht in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde wurde vom Salzburger Volksblatt (5.5.1920) und der Salzburger Chronik (8.5.1920) kommentarlos übernommen. Max Reinhardts Privatsekretärin Gusti Adler berichtet  : »Mitte April 1920 wurde von der Salzburger Festspielgemeinde feierlich beschlossen, trotz aller Ernährungsschwierigkeiten, das Sommerspiel vorzubereiten. Man hatte sich entschlossen, auf das Schauspiel in einer Kirche zu verzichten und Reinhardts Vorschlag zu folgen, den JEDERMANN im Freien, auf dem Domplatz aufzuführen.« (Adler  : Max Reinhardt. Sein Leben, S. 74). 805 Richard Metzl (1869–1941), Sekretär und Direktionsassistent Max Reinhardts.

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bereits berichtet, in der S o m m e r r e i t s c h u l e der Hofstallkaserne stattfinden.806 Für den Fall ungünstiger Witterung wird jedoch Vorsorge getroffen, daß das Spiel in der Aula in Szene gehen kann. Hand in Hand mit den künstlerischen und technischen Vorbereitungen gehen solche wirtschaftlicher Art. Die Leitung des Salzburger Zweigvereines ist nämlich bemüht, für die Zeit der Aufführungen, das ist zwischen 22. und 29. August, Lebensmittelzubußen für die einheimische Bevölkerung sicher zu stellen, und befindet sich hiebei in steter Fühlung mit dem Ernährungsreferenten der Salzburger Stadtgemeinde. In diesem Zusammenhang mag es auch am Platze sein, die schlecht informierten Blätterstimmen807 dahin richtig zu stellen, daß mit Rücksicht auf die mißliche Ernährungslage und die Stimmung der bodenständigen Bevölkerung k e i n Schritt unternommen wurde, die Aufhebung der Einreise-Verordnungen der Salzburger Landesregierung für die Dauer dieser Veranstaltungen zu erwirken. Ganz im Gegenteil hat die Leitung des Zweigvereines den bestehenden großen Schwierigkeiten voll Rechnung getragen, indem sie ihre, die Durchführung dieser Aufführungen betreffenden Dispositionen, rein auf der Basis eines Besuches durch einheimische Kreise und Kurgäste aus Berchtesgaden, Reichenhall, Gastein, Ischl, Gmunden u. a. getroffen hat. Dementsprechend wird auch von jeder Propaganda in den auswärtigen Städten abgesehen werden.

806 Im Juli-Heft der Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde wird über die geplante JedermannAufführung berichtet  : »Das Spiel wird bei günstigem Wetter auf einem der schönen Stadtplätze Salzburgs, bei ungünstigem Wetter in der Aula in Szene gehen. Der Reinertrag wird heimischen Wohltätigkeitszwecken zugeführt werden« (Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 [1920], Nr. 7 [Juli], S. 7). 807 Im März 1920 wurde amtlich verlautbart, dass die seit einem Jahr geltende Verordnung der Salzburger Landesregierung über eine Beschränkung des Reiseverkehrs nach wie vor in Geltung sei, was im Salzburger Volksblatt begrüßt wurde, weil ansonsten »unser Land […] im heurigen Sommer von den jeden Preisabbau durch ihre Überangebote vereitelnden, allezeit hamstergierigen jüdischen Wiener Kriegsgewinnern einfach überschwemmt« werden würde (Salzburger Volksblatt, 20.3.1920). Am 16. Mai 1920 (Landesgesetzblatt Nr. 88) erließ die Salzburger Landesregierung allerdings eine neue Verordnung, wonach »die Einreise und ein drei Tage nicht überschreitender Aufenthalt im Lande einer besonderen Bewilligung nicht mehr« bedürfe (Salzburger Wacht, 20.5.1920).

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310. Hugo von Hofmannsthal an Anna Bahr-Mildenburg808 Österreichischer Hof, Salzburg Salzburg, am 11ten [Juni] 192[0] hochverehrte gnädige Frau ich habe mich unendlich gefreut von Herrn Metzl809 zu hören, dass Sie sich bereit erklärt haben, die Gestalt des »Glauben« im Jedermann darzustellen.810 Ich wüsste nichts was mir mehr bedeuten könnte, u. was der Idee, die ich mit diesen Vorstellungen verbinde, unbedingter entspräche. Was die entgiltige Formalisierung betrifft, so erbitte ich Ihre ganze Nachsicht gegenüber den Langsamkeiten und Ungeschicklichkeiten. Es ist ja die Construction nun einmal so, dass weder Reinhardt noch ich – schon gar nicht ich  ! – uns als Hausherrn fühlen können  : uns obliegt nur das von uns Gewünschte einem bornierten und oft geradezu misswilligen Comité811 von Spiessbürgern »anheimzugeben« es bei diesem zu »veranlassen«, zu »urgieren« und zu »monieren« kurz wir sind glücklich bei einer Art Caricatur der staatsbürokratischen Maschine angelangt. Es ist mir einer der freudigsten Gedanken, wenn ich wiederkomme, Ihre Gestalt dort vor den grossen steinernen Heiligen auf dem Holzgerüst hervortreten zu sehen – dieser erwünschte Anblick wird einige meiner stärksten Lebenseindrücke mit der Gegenwart verbinden. Der Ihre in Verehrung Hofmannsthal

808 Anna Bahr-Mildenburg (1872–1947), österr. Sängerin (Sopran). 1898 von Gustav Mahler an die Wiener Hofoper engagiert, wo sie bis 1917 sehr erfolgreich wirkte. 1909 Heirat mit Hermann Bahr. Spielte die Rolle der »Welt« in der Uraufführung von Hofmannsthals Das Salzburger große Welttheater am 12. August 1922. 809 Richard Metzl  ; vgl. die Anm. in Dok. 308 (Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920). 810 Es kam nicht dazu. Den »Glauben« spielte 1920–21 und 1926 Hedwig Bleibtreu. Vgl. dazu auch die Anm. in Dok. 321 (Zur »Jedermann«-Aufführung. In  : Salzburger Volksblatt, 1.9.1920, S. 4). 811 Gemeint ist die SFG.

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311. Gusti Adler an Hugo von Hofmannsthal 29. Juni 1920. Sehr geehrter Herr Doktor  ! Meine Antwort hat länger auf sich warten lassen, als mir selbst lieb war. Aber nun kann ich doch wenigstens schon Positiveres sagen. Professor Reinhardt, der jetzt nur zu kürzerem Aufenthalt hier eingetroffen ist, wird Ende Juli wieder in Salzburg sein und dann den August über hier bleiben. Wenn es Ihnen möglich wäre dann herzukommen, so ließe sich das Mittelstück des »Großen Welttheaters« in aller Ruhe durchsprechen. Auch in Professor Reinhardts Absicht lag es ursprünglich, den Teufel von einem Komiker spielen zu lassen. Pallenberg,812 an den in erster Linie gedacht wurde, lehnte ab, da die Rolle ihm nicht groß genug erschien. Er hätte im Verhältnis dafür zu viel aufgeben müssen. Wüßten Sie einen anderen hervorragenden österreichischen Komiker, so wäre Professor Reinhardt gewiß einverstanden, den Teufel von ihm spielen zu lassen. Obwohl es ihm gleichzeitig leid täte, dadurch Werner Krauß813 für die Darstellung der Gestalt des Todes zu verlieren. Denn er schätzt die Entwicklung, die Werner Krauß in den letzten zwei Jahren durchgemacht hat, sehr hoch ein. Und darum möchte er auch, findet sich schon kein Komiker ersten Ranges für die Rolle des Teufels, sie doch wenigstens in den Händen eines so genialen Schauspielers wissen, wie Krauß es ist. Die Musik von Einar Nilson wird ungekürzt beibehalten. Nur am Anfang und zum Schluß sollen große alte Chöre eingeschalten werden. Strenges, drohendes Einsetzen – ein versöhnender überirdischer Ausklang. Herbe alte Kirchenmusik. Professor Reinhardt denkt sich den Abschluß beinahe melodramatisch und es wäre ihm interessant, zu hören, wie Sie sich zu einer Darstellung des »Glaubens« durch die Mildenburg814 stellen würden. Ihr müßte, nach seiner Meinung, diese Ueberleitung zum Melodramatischen am Schönsten gelingen. Aber auch taktisch erschiene ihm ihr Mitwirken bei dieser Sache wichtig. Aus demselben Grund möchte er ebenfalls das Mozarteum möglichst stark heranziehen. Paumgartner müßte die Auswahl und die Einstudierung der Chöre übernehmen. Die Musik soll von der Höhe des Mönchsberges wie etwas ganz Ueberirdisches kommen. 812 Max Pallenberg  ; vgl. die Anm. in Dok.  212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-­Gemeinde zu Handen Herrn F. Künzelmann, 21.7.1918). 813 Werner Krauß (1884–1959), dt. Schauspieler. 1913 von Max Reinhardt ans Deutsche Theater in Berlin verpflichtet. Seit 1933 auch am Burgtheater Wien tätig. Einer der berühmtesten Schauspieler seiner Zeit. 814 Anna Bahr-Mildenburg  ; vgl. die Anm. in Dok. 310 (H. v. Hofmannsthal an A. Bahr-Mildenburg, 11.[6.]192[0]).

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Reklame ist bisher mit Absicht unterlassen worden. Die Herren von der Festspielhaus-Gemeinde wurden angesichts der politischen Verwicklungen etwas ängstlich und es wurde deshalb beschlossen, den ersten Juli abzuwarten, ehe größere Ausgaben riskiert würden. Ein verfrühtes Einsetzen der Reklame wäre gewiß verfehlt. Ist einmal alles im Gange, so soll auch gewiß in dieser Hinsicht nichts versäumt werden. Viele herzliche Grüße von Professor Reinhardt  ! Mit den besten Empfehlungen Ihre [Auguste Adler]

312. Max Reinhardt an Ignaz Rieder815 Schloß Leopoldskron bei Salzburg 16. Juli 1920. Eurer hochfürstlichen Gnaden erlaube ich mir ganz ergebenst mitzuteilen, dass ich auf Grund einer Einladung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde im August (zwischen 22. und 29. August) das alte geistliche Spiel von »J e d e r m a n n « in der Uebertragung von Hofmannsthal inszenieren werde. Die Aufführung, an der viele der besten deutschen Schauspieler mitwirken werden, soll auf dem D o m p l a t z vor Einbruch der Dunkelheit, etwa um viertelsieben beginnen, so dass sie um halb acht zu Ende sein kann. Der Ertrag soll seitens der Festspiel-Gemeinde verschiedenen wohltätigen Zwecken zugeführt werden. Die Darsteller und selbstverständlich auch ich haben in Anbetracht des guten Zweckes ihre Mitwirkung unentgeltlich zugesagt. Es ist geplant, ein einfaches Podium, ohne besondere Dekorationen, und zwar in einem solchen Abstand von der Domkirche zu errichten, dass die Zufahrt und die Passage vollkommen frei und ungehindert bleibt. Um dieses Podium würde gegen das Gebäude der Residenz zu eine grosse Zahl von Sitzen gestellt werden. Da der Platz sehr geräumig ist, dürfte es der Festspielhaus-Gemeinde möglich sein, nicht nur eine grosse Summe dem wohltätigen Zwecke zuzuführen, sondern auch dem minderbemittelten Publikum Zutritt zu gewähren, wodurch dem ganzen Unternehmen eine grössere Popularität gesichert wäre.

815 Ignaz Rieder (1858–1934), ab 1918 Fürsterzbischof von Salzburg. Zu dem Brief vgl. die Anmerkung im editorischen Anhang.

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Herr Professor Ausserer816 hatte die Freundlichkeit Eurer fürsterzbischöfliche Gnaden den ganzen Plan zu unterbreiten und hat uns zu unserer Freude auch von dem gütigen Wohlwollen Mitteilung gemacht, mit dem Eure hochfürstlichen Gnaden Ihre Zustimmung zu dieser Aufführung gegeben haben. Ferner hat er uns auch berichtet, dass die Vorabende von Sonntagen und Feiertagen für die Aufführung auszuschalten wären, dass es sich aber an den anderen Tagen wahrscheinlich ermöglichen liesse, in der Spielzeit, die etwa anderthalb Stunden umfasst, das Glockenläuten zu vermeiden. Das einzige Bedenken dagegen, dieses Werk, das ursprünglich auf öffentlichen Plätzen und immer vor einer Kirche gespielt wurde, auf diesem ganz besonders dafür geeigneten Platze aufzuführen, liegt eben in diesem Glockenläuten der benachbarten Kirchen, wodurch jedes gesprochene Wort unverständlich werden müsste. Wenn ich mir erlaube, meiner innigsten Freude und Dankbarkeit für das besondere Entgegenkommen, das Eure fürsterzbischöflichen Gnaden schon anlässlich des geplanten Weihnachtsspiels unseren Bestrebungen geschenkt haben, Ausdruck zu geben, so geschieht es nicht nur, weil durch diese Aufführung die schönen Zwecke der Festspielhaus-Gemeinde in entscheidender Weise gefördert werden und weil die Wiedererweckung dieser alten frommen Spiele mich als Künstler leidenschaftlich interessiert, sondern vor allem, weil ich in der Pflege des kirchlichen Spiels eine der vornehmsten Aufgaben des bischöflichen Salzburg sehe. Ich bin davon durchdrungen, dass diese mittelalterlichen Stücke eine grosse Zukunft haben, die Rückkehr zu ihnen auch für unsere Kunst eine Veredelung bedeutet und ich sehe das geneigte Interesse Eurer fürsterzbischöflichen Gnaden für diese Pläne als ein hohes Glück an. Eurer hochfürstlichen Gnaden ganz ergeben /Max Reinhardt./

313. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Rodaun bei Wien, 20. VII. 1920 Liebes Fräulein Adler, Sie sehen vielleicht schon etwas klarer wie Reinhardt seinen Sommer einteilt und darum wäre ich äusserst dankbar, wenn Sie so gut sein wollten mir etwas darüber zu sagen. Da ich nun das Welttheater, auch das Mittelstück in einer neuen Form klar vor mir sehe, so möchte ich diese Arbeit gerne ziemlich weit bringen, dann aber bevor sie zu definitiv ist gerne mit Reinhardt durchsprechen, damit es eine wirkliche 816 Alois Außerer (1876–1950), Priester, Schriftsteller und Philologe, Lehrer für Latein und Griechisch am Salzburger Erzbischöflichen Privatgymnasium Borromäum.

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Collaboration wird. Es wäre von höchstem Wert für mich wenn er in der letzten Juliwoche in Salzburg und nicht gar zu okkupiert wäre, dann würde ich mich rechtzeitig bei ihm melden und für drei oder vier Tage hinkommen. Kommt er schon bald hin so schreib ich ihm indessen einen Brief. Sollten Sie bald Gelegenheit haben ihn zu sprechen, so bitte bringen Sie Folgendes vor  : dass mich bezüglich der Besetzung von Jedermann alles befriedige bis auf den leidigen Punkt dass nun abermals den Teufel ein Charakterspieler geben soll an Stelle eines Komikers  ; wenn auch ein sehr guter Charakterspieler, nämlich Kraus.817 Der Teufel ist nun aber einmal der Hanswurst und gar in einer naiveren Sphäre wie es das katholische und ländliche Salzburg ist scheint mir alles darauf anzukommen, dass es in diesem Punkt stimmt. Die andere Figur, die unbedingt von einem Komiker gespielt werden müsste, ist der dünne Vetter. Dass die Darstellung der guten Werke durch Frau Thimig ein Punkt ist, der nicht nur für mich von entscheidender Wichtigkeit ist, sondern auch für die Anziehung speziell auf das Wiener [Publikum] habe ich glaub ich schon gesagt. Soll denn aber in Wien für die Sache gar keine Reklame gemacht werden  ? Vor allem durch Affichen. Bitte, besprechen Sie das einmal mit Metzl.818 Ich glaube die Comités819 muss man in dem allen ganz genau führen. Zum Beispiel dass sie rechtzeitig bei Roller oder wem immer eine Affiche bestellen, oder mindestens es mit allen Erleichterungen der Einreise etc. bei den Wiener Verkehrsbureaux anzeigen. Auf das Wiener Comité der Festspielgemeinde darf man sich in keiner Weise verlassen. Diesem ist es bisher gelungen mit allen seinen Veranstaltungen Fiasko zu machen, und ein Fiasko in dieser Sache würde leider nicht auf diese unfähige Bande zurückfallen, sondern auf Reinhardt und unsere Salzburger Pläne.820 Mit vielen Grüssen Ihr /Hofmannsthal/

817 Werner Krauß  ; vgl. die Anm. in Dok. 311 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 29.6.1920). 818 Richard Metzl  ; vgl. die Anm. in Dok. 308 (Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920). 819 Zweigvereine der SFG. 820 Zu dieser »unfähigen Bande« (Wiener Zweigverein der SFG) zählten freilich auch Emil Ronsperger und Paul Hellmann, mit denen Hofmannsthal in den Jahren 1921 bis 1923 in Festspielangelegenheiten eng kooperieren sollte.

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314. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Rodaun 23. VII. 1920 Liebes Fräulein Adler, ich treffe, nach einer einsamen Arbeits|zeit| in Baiern reisend,821 Mittwoch 28ten nachmittags in Salzburg ein u. kann zwei Tage dort bleiben. Bitte lassen Sie mich im Oesterr. Hof822 eine Zeile finden, die mir sagt, ob ich Max Reinhardt dort treffe. Es läge mir unendlich viel daran, und es geht dabei für mich um viel mehr als nur das »Welt-Theater« allein. Auch Edmund Reinhardt823 wieder einmal sprechen zu können, würde mir viel dranliegen. Stets herzlich der Ihre Hofmannsthal

315. Richard Strauss an Franz Schalk Garmisch, 26. 7. 20. […] Reinhard läßt mir soeben durch Damisch mitteilen, daß er bereit sei, in gleicher Stellung wie ich (aber wo finden wir einen zweiten Schalk  ?)824 die Burg zu übernehmen. Sie kommen doch nach Salzburg zur Sitzung am 20. August  ?825 Bitte sprechen Sie dann selbst mit ihm. […]

821 Hofmannsthal reiste zu Ottonie Gräfin Degenfeld (1882–1970) in Hinterhör/Neubeuren bei Rosenheim. Er kündigte seinen Besuch in einem Brief am 8. Juni 1920 an  : »Am besten für drei Wochen  ! Dann käme ich die letzten Julitage bliebe bis 18 VIII.; am 22ten VIII  : spielt Reinhardt hier Jedermann in der offenen Winterreitschule und erbittet meine Gegenwart ab 19 VIII.« (H. v. Hofmannsthal an O. Degenfeld, 8.6.1920, in  : Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel mit Ottonie von Degenfeld und Julie Freifrau von Wendelstadt. Hg. von Marie-Therese Miller-Degenfeld. 2. verb. u. erw. Aufl. Frankfurt/M.: S. Fischer 1986, S. 431). 822 Hotel Österreichischer Hof in der Schwarzstraße. 823 Der Bruder Max Reinhardts  ; vgl. die Anm. in Dok. 238 (H. v. Hofmannsthal an L. v. Andrian, 27.10.1918). 824 Vgl. dazu die Anm. in Dok. 256 (»Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.]. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14.4.1919). 825 Gemeint ist hier vermutlich die Generalversammlung der SFG am 21. August 1920.

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316. Franz Schalk an Richard Strauss 31. Juli 20 Längenfeld, Tirol Lieber, verehrtester Freund  ! – […] Hr. Damisch, der Salzburger Generalagent scheint hinter den Bergen zu wohnen  ; er müsste sonst doch wissen, dass für jetzt jede Reinhardt-Burgtheatercombination völlig ausgeschlossen ist. Der neue Präsident826 hat, trotz mehrfacher Einwände meinerseits, seine erste Amtszeit ganz darauf verwendet den gegenwärtigen Direktor des Burgth.’s827 wieder zu gewinnen und wurde hiebei von der ganzen Wiener Presse mit nie dagewesener Einhelligkeit unterstützt. Somit sind vorderhand die Akten hierüber leider geschlossen. – Ich bin vollständig Ihrer Überzeugung, dass R[einhardt] der einzige Mensch in Europa wäre, um die gänzlich verthane Situation des B.th’s zu retten. Dieser Meinung ist auch Hugo.828 Die sogenannte und immer stupide öffentliche Meinung in Wien hat sich jedoch dermassen für Hr. H[eine] erhitzt, dass jede andere Möglichkeit abgeschnitten ist. Zudem ist die Gleichung  : R[einhardt]  : X = Strauss zu Schalk eine gewagte Aufstellung – Opern- und Schauspielpsyche ganz different u. s. w. − Auch das Cortolezisprojekt829 halte ich nicht für ganz glücklich. Es hat zuviel Provinzluft an sich und überdies findet meine lokalpatriotische Beschränktheit ein Haar darin. Zudem scheint mir ein Massengericht von Mozart’s wirklich sehr unbedeutenden Jugendarbeiten weder für das internationale, noch für das österr. Publikum anreizend. Ich hoffe jedoch R[einhardt] und auch Cortolezis in Salzburg zu sprechen und bei dieser Gelegenheit mein widerspänstiges Gefühl zu Gunsten des letzteren umzustimmen. – […] Immer in treuester Verehrung Ihr Schalk

826 Adolf Vetter (1867–1942), Beamter, wurde 1920 zum ersten Präsidenten der neu errichteten österr. Staatstheaterverwaltung ernannt. 827 Albert Heine  ; vgl. die Anm. in Dok. 249 (L. v. Andrian  : »Reise in Deutschland vom 17ten Dec.018 bis 3ten Januar 1919«). 828 Hugo von Hofmannsthal. 829 Fritz Cortolezis  ; vgl. die Anm. in Dok. 199 (»Stimmen zum Salzburger Festspielhaus«. In  : Salzburger Volksblatt, 9.3.1918, S. 2).

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317. Hermann Bahr an Josef Redlich830 Salzburg, 14. August 1920 Sehr verehrter, lieber Freund  ! […] Hier ist es jetzt scheußlich, man kann vor Bekannten nicht mehr ausgehen. Salzburg wird aufatmen, wenn »Jedermann« vorüber ist. […] Herzlichst, dankbar der mit Ihnen verbrachten, leider so kurzen Zeit gedenkend H.

318. Otto Drinkwelder831 an Bernhard Paumgartner 20. August 1920 Euer Hochwohlgeboren  ! Sehr geehrter Herr Direktor  ! Man spricht davon, daß zur Aufführung von »Jedermann« auch die Domorgel gespielt und das Theaterorchester in der Kirche auf der Orgelbühne aufgestellt werden soll. Von der künstlerischen Geschmacksverirrung ganz abgesehen, erlaube ich mir nur darauf aufmerksam zu machen, daß dadurch das künstlerisch und religiös feinfühlende katholische Volk in seinen Gefühlen aufs tiefste verletzt würde, weil es sein Heiligstes auf Erden, das Haus Gottes, in gänzlich profaner Weise theatralischen Bühneneffekten dienstbar gemacht sähe. Ich bitte also von einer solchen Entwürdigung der Kirche gütigst abzusehen. Daß ich bei Nichtbeachtung meiner Bitte mich selbstverständlich meines Auftrages als f. e. Komisär für die kirchenmusikalische Veranstaltung für entbunden erachte, brauche ich wohl nicht eigens zu erwähnen.

830 Josef Redlich (1869–1936), österr. Jurist und deutsch-nationaler Politiker, lehrte in Wien und Cambridge, Mitglied des Reichsrats. 831 Otto Drinkwelder (1880–1962), Jesuit, Theologe, Spiritual des Priesterseminars der Erzdiözese Salzburg. Drinkwelder positionierte sich im Vorfeld der Jedermann-Aufführungen in scharfem Gegensatz zu Fürsterzbischof Ignaz Rieder, welcher Reinhardt freie Hand bei der Nutzung des Domes gelassen hatte. Großes Aufsehen erregte ein Artikel Drinkwelders in der Wiener Tageszeitung Die Reichspost vom 26. August 1920, in dem er die bereits im Brief an Paumgartner formulierten Vorbehalte in noch verschärfter Form präsentierte. Vgl. dazu auch Michael P. Steinberg  : Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele 1890–1938. Salzburg, München  : Verlag Anton Pustet 2000, S. 194 f.

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In vorzüglicher Hochachtung ergebenst /Otto Drinkwelder/

319. »Generalversammlung der Festspielhausgemeinde« S a l z b u r g , 23. August. Am Samstag832 hielt im großen Saale des Mozarteums die Salzburger Festspielhausgemeinde ihre dritte ordentliche Generalversammlung ab, die deshalb von besonderer Bedeutung war, als an ihr außer den bedeutendsten Vertretern aus den Kreisen der Kunst auch maßgebende Faktoren des politischen Lebens Deutschösterreichs teilnahmen. So waren unter anderen als Gäste erschienen  : Präsident der Nationalversammlung S e i t z ,833 Staatssekretär für Handel und Gewerbe H e i n d l 834 und der Unterstaatssekretär für Unterricht G l ö c k e l . Als Vertreter des Saatsamtes für Finanzen war Finanzrat N u s k o erschienen, weiters wohnten der Versammlung bei Landeshauptmann M e y e r und seine Stellvertreter P r e u ß l e r, O t t und Dr. R e h r l 835 sowie der Landeshauptmann von Niederösterreich S e v e r,836 ferner die Vizebürgermeister B e i n k o f e r, D o b l e r 837 und H i l d m a n n , Landesamtsdirektor H i l l e r - S c h ö n a i c h , Bezirkshauptmann P r o s c h k o und Hofrat B a i l l o u . Eröffnet wurde der Abend durch einen Orgelvortrag des Domorganisten S a u e r, worauf Akademiepräsident a. D. Dr. Karl W i e n e r, der in Abwesenheit des Präsidenten Thurn-Taxis den Vorsitz führte, die Begrüßungsansprache hielt. Besonderen Dank sagte er der Stadtgemeinde Salzburg für die der Festspielhausgemeinde gewährte Subvention, ferner dem Lande für die Überlassung des Platzes vor der Kirche. Herzliche Dankesworte galten auch dem Fürsterzbischof, der schon anläßlich der Weihnachtsfestspiele der Gemeinde mit großem Wohlwollen entgegenkam und der die guten Traditionen der vergangenen Zeiten, in denen Kirche und Kunst auf 832 21. August 1920. 833 Karl Seitz (1869–1950), Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, 1919/20 Präsident der Nationalversammlung und damit Staatsoberhaupt Deutschösterreichs, 1923–34 Bürgermeister von Wien. 834 Eduard Heindl (1880–1957), christlich-sozialer Nationalratsabgeordneter, 1920/21 Bundesminister für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten, 1930–32 für Handel und Verkehr. 835 Franz Rehrl (1890–1947), christlich-sozialer Politiker, 1919–22 Landeshauptmann-Stellvertreter, 1922–38 Landeshauptmann von Salzburg. 836 Albert Sever (1867–1942), sozialdemokratischer Politiker, 1919 Mitglied der Nationalversammlung, ab 1920 Nationalratsabgeordneter, 1919/20 Landeshauptmann von Niederösterreich (mit Wien). 837 Michael Dobler (1868–1947), Bäckermeister, Salzburger Gemeinderat und Vizebürgermeister.

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das engste verknüpft waren, lebendig gemacht hat. Ein Gegenstand von besonderer Wichtigkeit sei weiters die Bewilligung einer s t a a t l i c h e n S u b v e n t i o n , denn das große Ziel, das sich die Festspielhausgemeinde gestellt hat, alle in Österreich vorhandenen künstlerischen Kräfte in einem Brennpunkt zu sammeln, sei jeder Forderung würdig. Das Interesse daran habe sich bedeutend gesteigert, die Ortsgruppen haben sich vermehrt, die Zahl der Mitglieder ist gestiegen und auch im Auslande ist das Interesse sehr groß. Hierauf wurde in die Tagesordnung eingegangen  ; zu Schriftführern wurden die Herren R i d l e r und Dr. K e r b e r gewählt. Den Tätigkeitsbericht des geschäftsführenden Direktionsmitgliedes erstattete Redakteur Damisch (Wien), er gab der Hoffnung Ausdruck, daß der geplanten Errichtung eines Festspielhauses jenes Interesse entgegengebracht wird, das eine Realisierung möglich macht. Vor allen gilt es zu zeigen, daß wir selbst entschlossen sind, alles zu tun um das Ziel zu erreichen, dann werden wir auch im Ausland jene Förderung finden, welche die Internationalität der Kunst mit sich bringt. Es besteht die Absicht, im Festspielhause nicht allein deutsche Werke aufzuführen, sondern auch fremdländischen Meistern Gehör zu verschaffen. Damisch schloß seine Ausführungen mit einem warmen Appell an die Mitglieder, nichts unversucht zu lassen um nach allen Richtungen Ziele der Salzburger Festspielhausgemeinde zu fördern. Finanzreferent Direktor R o n s p e r g e r berichtete sodann ausführlich über die Absichten und Pläne der Festspielhausgemeinde. Trotz der ungeheueren Schwierigkeiten, die der Krieg und seine Wirkungen mit sich gebracht, muß es das Bestreben bleiben, die Idee des Festspielhauses in aller Welt bekannt zu machen. Es ist selbstverständlich, daß die Festspielhausgemeinde auch an das Ausland herantreten muß, denn die Festspiele sollen ja doch für die g a n z e We l t veranstaltet werden. Der Zweck des Vereines ist der nicht aus Gewinn berechnete Betrieb des Festspielhauses, das nur ideellen Zwecken höchsten Kulturwertes dienen soll. Referent bespricht sodann die geplanten Mittel, der Gemeinde Einnahmen zu verschaffen, z. B. Begebung einer Losanleihe und fordert zum intensivsten Ausbau der Werbe- und PropagandaAktion auf. Im Namen des Vorsitzenden des Kabinettsrates Dr. Mayr838 begrüßte Staatssekretär H e i n d l die Versammlung. »Eine Tat ist es«, sagte Redner, »welche die Salzburger Festspielhausgemeinde mit dem Zustandekommen von Salzburger Festspielen vollbringt, die in der Zukunft nicht bloß für die Stadt und das Land Salzburg, sondern für den ganzen Freistaat Österreich außerordentliche Bedeutung hat. Dies ist auch der Grund, daß die österreichische Staatsregierung es als ihre Pflicht erachtet, heute hier vertreten zu sein und deshalb bin ich beauftragt, Sie im Namen 838 Michael Mayr (1864–1922), christlich-sozialer Politiker, 1919/20 Mitglied der Nationalversammlung, 1920 Staatskanzler, 1920/21 Bundeskanzler.

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des dem Kabinettsrate vorsitzenden Staatssekretär Dr. Mayr zu begrüßen und die Versicherung zu geben, daß die Staatsregierung in Hinkunft in materieller und moralischer Beziehung ihre Unterstützung angedeihen lassen wird. Ich gebe bei dieser Gelegenheit dem Wunsche Ausdruck, daß die Ideen einen vollen Erfolg zeitigen und die Festspiele eine bleibende Einrichtung werden mögen. Den Veranstaltern danke ich für die vielen Mühen, auf deren Mosaik sich der Erfolg ergeben wird. Als Staatssekretär für Handel, Gewerbe und Industrie mochte ich noch meinem besonderen Wunsche für das Gelingen des Festes Ausdruck verleihen, weil ich sehr wohl weiß, daß mit dem Gedanken der Festspiele auch die Förderung des heimischen Gewerbes durch den sich ergebenden Fremdenverkehr verbunden ist. Dies Ihnen zu sagen und um durch persönliche Teilnahme an den morgigen Festspielen das Interesse der Staatsregierung zu dokumentieren, sind wir hieher geeilt. Lassen Sie uns – dies ist wohl auch der Zweck der Festspiele – morgen im Genusse einer Kunst, die sich am Salzburger Domplatz uns eröffnen wird, gemeinsam den tragischen Ernst dieser Zeit für Augenblicke vergessen.« Unterstaatssekretär für Unterricht G l ö c k e l verwies in seiner Rede darauf, daß das Amt, dessen Leiter er ist, sich aktenmäßig mit dem Festspielhause zu beschäftigen hat und gab die Versicherung, daß die maßgebenden Faktoren sich nicht nur a k t e n m ä ß i g damit beschäftigen, sondern mit ganzem Herzen bei der Sache sind. In Salzburg eine Weihestätte der Kunst zu schaffen, sei nachgerade zu einer Selbstverständlichkeit geworden, denn es gebe keinen anderen Ort, wo sich alles so harmonisch vereinigt, als hier. Der Name Mozart soll der Wegweiser sein, eine Weihestätte für die deutschen Meister soll geschaffen werden, eine Stätte der Andacht und Erhebung, wo auch die Großen aller anderen Nationen zum Worte kommen sollen, wo versucht werden soll, die grauen Sorgen des Alltages abzulösen durch Stunden des hohen und edlen Genusses. Den Männern, die sich dieser Idee gewidmet haben, gebührt dafür Dank, daß sie trotz der ungünstigen Zeit den Mut nicht verloren haben und auch für andere Gebiete ein nachahmenswertes Beispiel gaben. Sie zeigen damit, daß im großen deutschen Volke noch Tatkraft vorhanden ist und Österreich, abgesplittert vom deutschen Volke, wird sich redlich Mühe geben, gleichen Schritt zu halten mit den Brüdern im Reiche, damit am Tage des Anschlusses die Deutschen Österreichs als Gleichberechtigte willkommen geheißen werden. In Bezug auf Kulturschätze kann es unser Stolz sein, daß wir Gleiches gegen Gleiches auszutauschen vermögen, daß wir gebend sein können der ganzen Kulturwelt gegenüber. In diesem Sinn ist der Gedanke des Festspielhauses nicht nur eine lokale Angelegenheit, sondern eine Frage der deutschen Kultur im allgemeinen. Deshalb wird der Staat auch bis an die Grenze des Möglichen gehen in Bezug auf finanzielle Unterstützung. Wenn das Werk gelingt, so ist es errichtet zur geistigen und sittlichen Erregung des deutschen Volkes und dafür, daß die Deutschen Österreichs jederzeit eingedenk waren ihrer kulturellen Aufgabe der Vergangenheit und Zukunft gegenüber.

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Der Vertreter des Staatsamtes für Finanzen Hofrat Dr. N u s k o gab die Versicherung, daß bei den allgemeinen Sympathien, die das Land Salzburg genießt, die Frage der Subventionierung eine allgemein befriedigende Lösung finden wird. Die Angelegenheit der Lotterie-Anleihe werde mit größtem Wohlwollen geprüft werden und sicherlich zu einem günstigen Ergebnis führen. Mit der Gründung des Salzburger Festspielhauses wird ein neuer Anziehungspunkt für die Fremden geschaffen werden und den Grundstein bilden für eine vermehrte Wohlhabenheit der Bevölkerung. Namens des Landes begrüßte dann Landeshauptmann Hofrat M a y r,839 namens der Gemeinde Vizebürgermeister Ing. H i l d m a n n die Versammlung und sie versprachen, dem Werke ihre Unterstützung angedeihen zu lassen. Für den erkrankten Schriftführer Obstlt. Frank berichtete Sekretär Dr. K e r b e r   ; er konnte die erfreuliche Mitteilung machen, daß sich seit dem Vorjahre die Mitgliederzahl des Vereines mehr als verdoppelt und die Einnahmen vervierfacht haben. Zentralkassier Oberrechnungsrat S a c h e r mußte sich infolge der vorgerückten Zeit darauf beschränken, nur einige besonders wichtige Ziffern aus dem umfangreichen Berichte über die Finanzgebarung herauszugreifen. Bei den nun vorgenommenen Neuwahlen wurde die vorgeschlagene Liste einhellig genehmigt  ; als neues Direktionsmitglied wurde Dr. Paul H e l l m a n n berufen. Aus dem Berichte des Zentralvorstehers der Ortsgruppen ging hervor, daß sich die Zahl der Ortsgruppen stetig vermehrt, besonders H o l l a n d geht darin beispielgebend voran. Als letzter Punkt der Geschäftsordnung gelangte der Bericht des Kunstrates Dr. H o f m a n n s t h a l zum Vortrage, worauf Sekretär E r h a r d die Künstler zu reger Werbetätigkeit für die Salzburger Festspielhausgemeinde aufforderte. Am Schlusse erörterte der Leiter der Hochschule für bildende Künstler in Berlin, Professor Hans P o e l z i g , an der Hand von Skizzen die Probleme des Festspielhauses vom Standpunkte des Architekten  ; sein Vortrag fand das regste Interesse infolge der Grundsätze, die der Redner vor den Zuhörern entwickelte und die erkennen ließen, daß Technik und Kunst nicht immer in Gegensatz stehen müssen. Besonders bei einem Werke wie dem Festspielhause ist es ja nötig, schon durch die Architektur den Besucher gefangen zu nehmen, und deshalb darf auch hier das Praktische nicht allzusehr im Vordergrunde stehen. Professor P o e l z i g hat diese Aufgabe in künstlerischer Weise gelöst und der reiche Beifall, der seine Darlegungen begleitete, gab Zeugnis von dem tiefen Verständnis, das die Anwesenden den Intentionen des Vortragenden entgegenbrachten. Möge es gelingen, das Werk bald zur Vollendung zu bringen und in ihm ein Wahrzeichen erstehen zu lassen der Kunstfreudigkeit Salzburgs und der Deutschen in Österreich.

839 Oskar Meyer  ; vgl. die Anm. in Dok. 273 (Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde. In  : Salzburger Volksblatt, 18.8.1919).

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320. Erwin H. Rainalter  : »,Jedermann‹ in Salzburg«840 [23. August 1920] Vor allem  : man ist, wenn man über dies künstlerische Ereignis schreiben soll, in Verlegenheit, weil man die Worte nicht findet, die den tiefen Eindruck zu umschreiben vermöchten. Was war diese Aufführung überhaupt  ? Sie war nicht mehr Theater, sie hob sich weit über die Weltlichkeit der modernen Bühne empor  ; und sie kann auch nicht an liturgischen, religiösen Maßstäben gewertet werden, wenngleich diese ihr noch eher gerecht würden. Das Experiment Max Reinhardts – soweit man das Wort des Beigedankens des Unfertigen, Tastenden entkleiden will – griff zurück auf die eigentliche Tradition theatralischer Kunst  : auf jene Zeit, wo das Theater aus der Kirche entsprang und ihr diente, ehe es sie zu verleugnen begann. Man darf nicht an jene Schaustellungen Reinharts denken, bei denen er seine Massenstrategie im Riesenrund des Zirkus bewährte. Dort mochte ihn noch das Problem der Massen, des Raumes allein bewegen. Hier bewältigte er zwar auch Massen, diente gleichsam ein Raum von außergewöhnlichen Dimensionen seinen Plänen. Aber die Besonderheit dieser »Jedermann«-Aufführung ergibt sich schon aus der Besonderheit des Raumes. Es gibt wohl keinen Menschen, der nicht schon einmal bewundernd auf dem Domplatze in Salzburg gestanden hätte und sich bewußt geworden wäre, wie hier, durch die Säulenkolonnaden getrennt und doch verbunden, drei schöne Plätze fürs Auge zu einer reich gegliederten Einheit werden und in dem beherrschenden Bau des Domes einen Mittelpunkt erhalten, wie er mächtiger und beherrschender nicht denkbar ist. Der Dom selbst ist ein wuchtiger Quadernbau, wuchtiger fast, als es die Bauwerke der Barocke sonst waren. Aber eine Fassade von ernster Bewegtheit, befreiend in der Betonung des Vertikalen, mildert und ergänzt diesen Eindruck, und vor dieser Fassade mit ihrem gewaltigen Portal, das von vier Heiligenstatuen flankiert ist, war die Bühne aufgeschlagen  : zwei Podien, die einander überhöhten. Dem Zuschauer, der dieser Bühne gegenübersaß, diente die Domfassade als Hintergrund, und die Dombögen mit ihrem Ausblick auf den Kapitelplatz und den Mozartplatz wurden zur Kulisse. Muß man nun noch betonen, wie

840 Die erste Salzburger Freiluft-Aufführung von Hugo von Hofmannsthals Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes in der Inszenierung Max Reinhardts, der das Stück am 1. Dezember 1911 im Berliner Zirkus Schumann zur Uraufführung gebracht hatte, fand am Sonntag, den 22. August 1920 am Domplatz statt (Bühne  : Eduard Wiedenmann, Kostüme  : Alfred Roller, Musik  : Einar Nilson und Bernhard Paumgartner, Tänze  : Hede Nilson, Dirigent  : Bernhard Paumgartner  ; weitere Mitwirkende – die Rollen der im Dokument direkt erwähnten Darstellerinnen und Darsteller sind weiter unten angeführt –   : Wilhelm Frick [»Koch«], Otto König [»Dicker Vetter«], Raul Lange [»Stimme des Herrn«], Franz Löser [»Spielansager«], Fritz Reichl [»Hausvogt«]).

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ungeheuer stark gerade hier das fromme Spiel vom Sterben des reichen Mannes und seiner Berufung vor Gottes Richterstuhl wirken mußte  ? Das Spiel von »Jedermann«, das Hugo von Hofmannsthal in so glücklicher Anpassung an Sprache und Geist alter Tage erneuerte, ist schon in Theatern aufgeführt worden. Dort schon wird man erkannt haben, wie sehr hier das religiöse Moment das theatralische überwiegt. Das Theater in seiner Begrenztheit seiner Mittel mußte sich auf eine Mischung beider Elemente beschränken. Diese Darstellung vor dem Dom zu Salzburg hob, beherrschend und weithin sichtbar, das Religiöse vor allem hervor. Die Handlung auf der Bühne wurde zum Gottesdienst, in diesem erhabenen Rahmen gab jedes der Worte erst seinen eigentlichen Sinn, seinen frommen Gehalt her, und nie konnte ein Künstler so sehr Diener Gottes sein, als indem er vor der Kirche dies fromme alte Legendenspiel agierte. Das Requisit der Kirche diente dem Theater. Wo hätte man ähnliches schon vernommen  ? Wo hätten je die Glocken einer alten Bischofstadt ihre Stimme erhoben, weil es eine dramatische Schaustellung galt  ? Man wurde überschauert, wenn man dies hörte  ; und es war vollends hinreißend, wie die Lichteffekte des scheidenden Tages für das Spiel Bedeutung gewannen, wie etwa Jedermann gerade in dem Augenblick Abschied nahm von Leben und Welt, wo die Sonne sank und die Festung Hohensalzburg, die den Platz steil überragte, rot glühte. Nie war Reinhardt größer als bei diesem Werke. Bliebe von allem, was er geschaffen und gewollt, nichts übrig als die Erinnerung daran, daß er auf dem Domplatze zu Salzburg den »Jedermann« aufführte – seine Bedeutung wäre besiegelt ein für allemale. Und wie er, in der Beherrschung eines weit verästelten Apparates, über sich hinauswuchs, so wuchsen seine Künstler mit ihm. Moissi841 vor allem muß da genannt werden, der als Jedermann das Maß bisheriger Leistungen übertraf und in der Bankettszene, beim Abschied von seinem guten Gesellen und im Totenhemd wahrhaft ergreifend war. Johanna Terwin842 als Buhlschaft war ganz anschmiegende Hingabe, Frieda Richard,843 Wilhelm Dieterle,844 Wer841 Alexander Moissi  ; vgl. die Anm. in Dok. 212 (M. Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zu Handen Herrn F. Künzelmann, 21.7.1918). Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 sowie 1926–31 die Titelrolle des Jedermann. 842 Johanna Terwin (1884–1962), dt. Schauspielerin, u. a. am Deutschen Theater Berlin, heiratete 1919 Alexander Moissi. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 die Buhlschaft. 843 Frida (auch  : Frieda) Richard (geb. Friederike Raithel, 1873–1946), österr. Theater- und Filmschauspielerin, u. a. am Deutschen Theater Berlin. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920– 21 sowie 1926–37 und 1946 die »Mutter«. Ihr Mann, der Schauspieler Fritz Richard (1870–1933), verkörperte 1920–21 und 1927 den »Dünnen Vetter« sowie 1920–21 und 1926–29 den »Armen Nachbarn«. 844 Wilhelm Dieterle (1893–1972), dt.-amerik. Schauspieler und Filmregisseur. Erste Erfolge am Deutschen Theater Berlin. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920 den »Guten Gesell«.

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ner Kraus,845 Emil Rameau,846 Tini Senders,847 Heinrich George848 und Helene Thiemig849 waren durchweg stark genug, ihre schweren und ernsten Aufgaben zu tragen. Helene Bleibtreu850 endlich war einzig in ihrer feierlichen Milde und Güte. Daneben funktionierte der Chor mit einer Präzision ohnegleichen, und die Bankettszene zumal wurde zu einem Bilde von stärkster Einprägsamkeit. So zog das Spiel vorbei  : am Tag beginnend und im Abend endend. Das Erlöschen der Sonne wurde zum Symbol. Schauernd und durchrüttelt erhob man sich in einer Ergriffenheit, wie sie dem Ernste des Platzes entsprach. Nie konnte – seit vielen Jahren – die Kunst tiefere Wirkung haben, als es hier geschah.

321. »Zur ›Jedermann‹-Aufführung« [1. September 1920] Nach Beendigung der letzten »Jedermann-Aufführung« am Sonntag versammelten sich in der Aula unter dem unmittelbaren Eindruck der vollbrachten künstlerischen Tat die D a r s t e l l e r des Spieles mit Professor R e i n h a r d t an der Spitze, die D i r e k t i o n d e r S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s - G e m e i n d e mit den Mitgliedern des Veranstaltungs-Komitees und die Vertreter der I n v a l i d e n - O r g a n i s a t i o n Salzburgs zu einer kurzen Schlußfeier. Das geschäftsführende Direktionsmitglied der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Herr Musikschriftsteller Heinrich D a m i s c h (Wien), eröffnete zunächst mit folgender Ansprache an die Künstler  : 845 Werner Krauß  ; vgl. die Anm. in Dok. 311 (G. Adler an H. v. Hofmannsthal, 29.6.1920). Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 den »Tod« und den »Teufel«, 1949 den »Gott«. 846 Emil Rameau (d. i. Emil Pulvermacher, 1878–1957), dt. Schauspieler, u. a. am Deutschen Theater Berlin, und Regisseur. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 den »Schuldknecht«. 847 Tini (Ernestine) Senders (verh. Hollitzer, 1874–1941), österr. Schauspielerin und Sängerin, u. a. am Neuen Theater Berlin unter Max Reinhardt, später am Burgtheater Wien. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920 »Des Schuldknechts Weib«. 848 Heinrich George (d. i. Georg Schulz, 1893–1946), dt. Schauspieler, u. a. am Deutschen Theater Berlin, Filmschauspieler, Theaterintendant. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920 den »Mammon«. Arrangierte sich mit dem NS-Regime, was 1945 zu seiner Verhaftung durch die sowjetischen Behörden führte. Er starb 1946 im Lager Oranienburg. 849 Helene Thimig  ; vgl. die Anm. in Dok. 199 (Stimmen zum Salzburger Festspielhause. In  : Salzburger Volksblatt, 9.3.1918). Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 die »Guten Werke« sowie 1928–37, 1946–51 und 1963–65 den »Glauben«. 850 Hedwig Bleibtreu (1868–1958), österr. Theater- und Filmschauspielerin. Spielte in der Salzburger Jedermann-Aufführung 1920–21 und 1926 den »Glauben«. In der NS-Zeit eine der wichtigsten (»unersetzlichen«) Schauspielerinnen, spielte aber auch 1949 in Carol Reeds Der dritte Mann.

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»Hochverehrte Damen und Herren  ! Im Auftrag der Salzburger FestspielhausGemeinde haben wir die ehrenvolle und freudige Aufgabe zu erfüllen, Ihnen allen heißen Dank zu sagen für die hochherzige Tat, die Sie unter der ruhmvollen künstlerischen Führung Professor Max Reinhardts mit edler Begeisterung vollbracht haben mit den Aufführungen des »Jedermann«-Spieles in Salzburg.851 Die Bedeutung dieser Tat geht weit über den Rahmen eines lokalen Kunstereignisses hinaus. Sie haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, viel Größeres vollbracht, als durch Meisteraufführungen einer tiefrührenden Dichtung die Herzen einer vieltausendfachen Zuhörerschaft gerührt zu haben. Sie haben vielmehr recht eigentlich den G r u n d s t e i n zu einem neuen, großen Werke der deutschen Kunst gelegt. Richard Wagners Werk, das an die Urwurzeln des deutschen Werdens und Gewordenseins greift, findet in Bayreuth festliche Verkündigung. Die Universalität deutschen Geistes und deutscher Kunst aber braucht auch eine festliche Stätte, wo alle die großen Schöpfer deutscher Kultur in Ton und Wort von Goethe und Mozart bis heute und in die Zukunft zum ganzen deutschen Volke nicht nur, sondern zu allen Völkern der Welt im Glanze künstlerisch vollendeter Interpretation sprechen sollen. Und diese Stätte wird S a l z b u r g sein. In Not und Drang der Zeit werden für das bisherige Theater – auch in den großen und größten Städten – schwere Tage hereinbrechen, ein künstlerischer Niedergang wird nicht zu vermeiden sein und die Kunst wird nach einer Zufluchtsstätte suchen, an der sie um ihrer selbst willen gepflegt und geliebt wird, an der sie in reiner Größe thronen und ihre Menschheitsmission erfüllen kann. Diese Zufluchtsstätte wollen wir ihr in Salzburg errichten. Hier sollen die Festspielhäuser erstehen, die, der höchsten Kunst geweiht, mit reinen idealen Mitteln Meisteraufführungen der großen Werke der deutschen und auch aller anderen Kulturvölker – Musik und Literatur – ermöglichen werden. Sie zu schaffen, dazu haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, das erste große Wort gesprochen, die erste große Tat gesetzt  ! Und dafür

851 Neben der schauspielerischen Leistung sowie der Inszenierung Reinhardts galt es den Mitwirkenden für ihr soziales Engagement zu danken. Vgl. dazu die Meldung im Salzburger Volksblatt vom 18. August 1920 (S. 4)  : »Die Festspiele am Domplatz zu Salzburg begegnen dem lebhaftesten Interesse. Für die Aufführung des Spieles ›Jedermann‹ von Hugo von Hofmannsthal am Sonntag den 22. August sind sämtliche Karten vergriffen und auch für die folgenden Vorstellungen kann im Hinblick auf die rege Kartennachfrage das gleiche Ergebnis erhofft werden. Dieser Erfolg ist umso erfreulicher, da die S a l z b u r g e r F e s t s p i e l h a u s g e m e i n d e das Reinerträgnis dieser Veranstaltungen, mit welchen sie zum erstenmale ihre künstlerische Aufgabe, ›Festspiele in Salzburg‹, erfüllt, für Salzburger eminent wohltätige Zwecke (Kriegsinvaliden, Witwen und Waisen von Kriegern, Heimtransport der Kriegsgefangenen, Amerikanische Kinderhilfsaktion) bestimmt hat. Aus diesem Grund haben auch sämtliche Bühnenkünstler ihre Mitwirkung s e l b s t l o s unter Verzicht auf Honoraransprüche in den Dienst der Veranstaltungen gestellt. So offenbaren sich die Festspiele für Salzburg nicht allein als künstlerische Tat, sondern auch als ›gute Werke‹ des Spieles ›Jedermann‹.«

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empfangen Sie alle unseren tiefstgefühlten Dank. Mögen Sie in dem Bewußtsein Befriedigung finden, daß Sie sich nicht nur einen dauernden Platz in den Herzen aller Salzburger errungen, sondern ein Denkmal in der Kunstgeschichte der deutschen Nation, ja der ganzen Menschheit errichtet haben. Die Ungunst der schweren Zeiten hat es verhindert, daß wir Ihnen, wie wir es sehr gewünscht hätten, etwas über den Alltag Ragendes an geselligen Freuden und Ehren geboten hätten, daß wir Sie mit jener Herzlichkeit gefeiert hätten, die unseren Gefühlen entspricht. Aber seien Sie überzeugt, daß in kommenden Jahren Ihnen Salzburg und die Festspielhaus-Gemeinde gerne alles bieten werden, was Ihnen Freude bereiten kann. Meinem Dank füge ich nur noch den herzlichen Wunsch hinzu  : Glückliche Heimfahrt, recht bald und recht oft auf schönes Wiedersehen  !« Hierauf ergriff der Obmann der Invaliden-Organisation W i t s c h 852 das Wort und gab dem tiefgefühlten Dank der Invaliden Salzburgs für das ganze uneigennützige Hilfswerk Ausdruck, welches die Künstler durch ihre Mitwirkung geleistet haben, und hob besonders die Verdienste Professor Reinhardts hervor. Die I n v a l i d e n O r g a n i s a t i o n Salzburgs hat den einstimmigen Beschluß gefaßt, P r o f e s s o r R e i n h a r d t z u m E h r e n m i t g l i e d e zu ernennen, und Herr Witsch überreichte Professor Reinhardt das Ehrendiplom. Im Namen der anwesenden Künstler gab Herr Emil R a m e a u vom Deutschen Theater in Berlin sowohl dem Danke für die gastfreundliche Aufnahme Ausdruck, als auch ihrer Begeisterung für die schöne Stadt Salzburg, der zuliebe sie stets mit Freuden bereit seien, herbeizueilen, und an den künftigen Festspielen mitzuwirken, von denen er hoffe, daß sie eine ständige Einrichtung bleiben.

322. Hermann Bahr an Josef Redlich Salzburg, 26. September 1920 Sehr verehrter, lieber Freund  ! Herzlichsten Dank für Ihren lieben Brief, den ich aufatmend erhielt  : mir war ja schon so bang nach einem Wort von Ihnen und doch kann ich in diesen grauen, immer zwischen Arbeitsüberspannungen und dumpfen Lethargien der Übermüdung wechselnden Wochen nicht dazu, daß ich den täglich morgens wieder erneuten Vorsatz, Ihnen zu schreiben, auch jemals auszuführen Kraft und Geduld gefunden hätte. Zunächst, weil der Mensch doch in »diesen« Zeiten Anstalten treffen muß, Geld zu verdienen, schrieb ich ein hoffentlich munteres Lustspiel »Ehelei«, dann trieb die mit ungestümer Macht auf »Jedermanns« Ruf über unsere unglückliche Stadt 852 Franz Witsch, Obmann des Landesverbandes der Salzburger Kriegsbeschädigten.

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hereinbrechende Hebräerflut (da selbst ihr es nichtgelang, mich zum Antisemiten zu machen, gab ich das definitiv auf) uns weg, wir flohen nach Berchtesgaden, wo doch aus der auch dort mächtig angeschwollenen Schiebermasse noch zuweilen ein freundliches altes Bauerngesicht verduzt emportaucht  ; dort war’s sehr schön. Auch Wolfgang Heine,853 der natürlich am sozialdemokratischen Sternenhimmel Jedermanns (wenn Hugo fromm wird, kommt dabei nichts als der Herr Glöckel854 heraus) nicht fehlen durfte, kam uns nach und meine so wunderschöne erste Berliner Zeit (1884−1887) wurde mir wieder sehr lebendig. […] Meine Frau855 ist also glücklich Münchner Akademieprofessor geworden. Ob wir, wann wir ganz übersiedeln, weiß ich noch nicht, den Winter sicher und wahrscheinlich auch den nächsten Sommer bleib ich Salzburger  ; indessen entwickelt sich mein liebes Salzburg rapid zur ordinärsten Schieberstadt, sodaß mir der Abschied leicht wird  : ich denke mir’s schöner irgendwo zu leben, wo die Häßlichkeit der Menschen einen nichts angeht und man sich nicht mit verantwortlich fühlt  ; wär auf dem Mond eine Musikakademie, dahin ging ich am liebsten. […] Herzlichst, mit allen besten Wünschen […], Ihr getreuer H.

323. Hugo von Hofmannsthal an Rudolf Pannwitz Rodaun den 17 XI 20. Lieber Herr Pannwitz […] Die Jedermann Aufführung in Salzburg schien mir im vorhinein, etwas was so leicht Profanierung werden könnte, dass ich mich fürchtete, und zaudernd den letzten Tag vor der Aufführung erschien. Dann war es das Unahnbarste, Wirklichste Beglückendste was ich im Zusammenhang mit Menschen, mit Publicum, wie Sie’s nennen wollten, je hätte erleben oder zu erleben auch nur hätte ahnen können  : durch die tausendfach gebrochene, in tausend wirklichen einfachen Menschen sich brechende 853 Wolfgang Heine (1861–1944), dt. sozialdemokrat Politiker, 1919–20 preußischer Innenminister. 854 Otto Glöckel  ; vgl. die Anm. in Dok. 265 (Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, 28.5.1919). 855 Anna Bahr-Mildenburg  ; vgl. die Anm. in Dok. 310 (H. v. Hofmannsthal an A. Bahr-Mildenburg, 11.[6.]192[0]). H. Bahr lebte mit seiner Frau seit 1912 in Salzburg (Schloss Arenberg), 1922 Übersiedlung nach München, wo A. Bahr-Mildenburg ab 1920 an der Münchner Akademie für Tonkunst unterrichtete.

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directeste stofflich-simpelste und zugleich religiöseste Wirkung auf eine ganze Bevölkerung, vor der kaum der Hundertste die Namen Hofmannsthal oder Reinhardt auch nur gekannt hätte. Das Publicum der aus Wien u. Berlin zugereisten Finanzleute verschwand darüber, war nicht da, so wenig als die Laternenpfähle auf dem Domplatz. Es war die Einzige ganz grosse Ermutigung auf diesem Gebiet die ich je erlebt habe. […] Ihr H. PS. Sie erwähnen bei der Jedermann-sache etwas von Geldverdienen. Dies kam nicht in Frage, auch nicht für Reinhardt u. die Schauspieler, die unbezahlt spielten. Der materielle Ertrag ging an Salzburger Invaliden  ; wenn Sie also mit dem  : condescendieren mussten dies meinten, so haben Sie Unrichtiges gedacht u geschrieben  ; richtig ist es dagegen in Bezug auf die Publicationsform in der Neuen Freien Presse.856

324. Otto Manthey-Zorn857  : Stimmungsbericht eines Amerikaners aus Salzburg vom ­August 1920 In August, 1920, I found the President of Austria858 and most of his Cabinet, the leading business men of the country, and a dozen of the greatest intellectual leaders gathered together in Salzburg. Salzburg is a city in the foothills of the Austrian Alps, rich in monuments and the history of Austrian art, unscathed by war and far from the actualities of suffering Vienna. These men were planning to resuscitate the country by establishing here a grand festival playhouse. To them this playhouse is to be a sanctuary, offering an escape out of the miseries of their present life into art, where they can seek new human power in the pictures of the drama, and new faith and new promises in the secrets of music. They think of it as a temple, and not as a theatre. They are disappointed with your lack of comprehension if you look on their

856 In der Neuen Freien Presse vom 27. August 1920 veröffentlichte Raoul Auernheimer unter dem Titel »Der Salzburger ›Jedermann‹« (S. 1–3) eine positive Feuilleton-Besprechung der Inszenierung. Der Zusammenhang mit der Briefstelle bzw. deren inhaltlicher Sinn ist allerdings unklar. 857 Otto Manthey-Zorn (1879-  ?), US-amerikan. Literaturwissenschaftler dt. Abstammung. Unterrichtete 1906–55 Deutsche Literatur am Amhurst College, Massachusetts. Er unternahm im Sommer und Herbst 1920 eine Studienreise nach Deutschland mit der Absicht »to analyse the state of mind in which the Germans were facing the conditions and problems resulting from defeat and the revolution«. Die Reise führte ihn neben Berlin, Weimar und München auch nach Salzburg, wo er – wie Abb. 17 in diesem Band zeigt – im Kreis der SFG verkehrte und auch Gelegenheit fand, Max Reinhardt in Schloss Leopoldskron aufzusuchen. Seine Reiseeindrücke publizierte Manthey-Zorn unter dem Titel Germany in Travail (vgl. die Anm. im editorischen Anhang). 858 Karl Seitz  ; vgl. die Anm. in Dok. 319 (»Generalversammlung der Festspielhausgemeinde«. In  : Salzburger Volksblatt, 23.8.1920, S. 2f.).

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project as the establishment of a large theatre, where the best plays might be given in the most approved style before large audiences, who come from all over the world to see what new effects can be produced by an artistic people under stress. They will launch upon a long discourse as to the need of spiritual regeneration after the degenerating influences of the war. They will speak of the decline of the theatre, due to the fact that the box office has gained ascendancy over art and exhibits only cheap, exotic sensationalism. Therefore they propose to turn from the theatre to the festival playhouse, an inspiring monument to art, located not in the center of a bustling city but in a stately grove on the edge of the Austrian Alps. This they will have served by producers and actors intent upon ministering to the spiritual needs of an audience capable of reverent devotion. Clearly this is not a theatre as we know it. It is so strange, in fact, that we involuntarily suspect it and look for other motives. In such a mood indeed it is possible to find a trace of commercial motives and not a little of national purpose in the scheme  ; and yet these people are sincere in their avowals. As a matter of fact, the greatest of their national drama was conceived in a festive ethical spirit not very different from the purpose they now profess. Today, when their material misery is greatest, they are simply reviving that spirit and framing it in the most appropriate fashion they can conceive. […] Professor Poelzig, the most famous theatre architect in Germany and head of the Berlin Art School, who presented a marvelous set of plans for the playhouse, rather astonished the judges by using but few of the innovations which he so boldly incorporated in Reinhardt’s new theatre in Berlin. They were convinced at once that his plan embodied the spirit of the enterprise. He had absorbed the past of Salzburg, had found its predominating characteristics the still lingering atmosphere of the jolly courts of the archbishops and the old Italian baroque monumental buildings, curled, capricious, nonacademic. It was not the stiff and decadent rococo of Potsdam, but rather that reflected in the music of Mozart, Salzburg’s favorite son. He pictured a theatre nestling into this historic background in intimate relation to the surrounding hills, of refined baroque style with picture stages and rising tiers of galleries, intimate, a bit aristocratic, impressive not so much for luxuriousness as for the quiet spaciousness which invites everyone to come and worship. The plans of Poelzig offer to the people a house in which they can reverently enjoy the riches of the past. The meadow in front of the playhouse will become a garden in which open-air performances can be held and around which will wind rococo pergolas leading to a miniature theatre for more intimate or experimental plays and to a recreation hall on the opposite side. Only such plays and works of music are to be given as truly serve a festal purpose. By that they mean performances which will release within the people their truest hopes, will make the Austrian realize his genuine foundations, will free him from extraneous and misleading ambitions, and will take him out of the confusions of

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the present by making him conscious of himself. It is not at all a theatre to them, but a national spiritual forum, expressing the belief and the longing which strongly influenced Austrian and German art at its best moment and which has determined the standard by which they call things classic. There must be no concessions, they say, to the desire for the spectacular or sensational  ; above all, no catering to delicate aesthetic fads or to literary oddities in festive garbs. Austrian art is to be preferred to German art, and German art to foreign. For the present they propose to play only Shakespeare and Calderón among non-German dramatists. Of German art they will produce only those plays in which the influence of the South has softened the harsh materialistic Northern note. For the first season the following program is proposed  : Of the drama they will produce Life as a Dream, a symbolic comedy by the Austrian classical poet Grillparzer, and Schiller Bride of Messina, the consecration of tragedy as they perceive it. Mozart Magic Flute and Wagner Lohengrin have been suggested as the most appropriate operas, supplemented by concert performances of Schubert Mass in E sharp Major, Bruckner Mass in F Minor and Beethoven Ninth Symphony. Most impressive is the devotion of the artists to the vision this proposal arouses in them. The foremost have deliberately rearranged their lives to devote themselves wholly to its realization. […] A half dozen other prominent Austrian artists have left Vienna to devote themselves more fully to the Salzburg idea. Max Reinhardt, the most ingenious of German producers, finding the masses of the Prussian capital hopelessly dulled to artistic effects, has turned over to others his chain of Berlin theatres through which he captured the imagination of students of the stage the world over. He has lost interest even in his large circus theatre before its possibilities have been fully exploited  ; wisely, perhaps, feeling that he has reared in it a wild and unruly thing which never can be tamed to serve the finer human ends. In Salzburg, he has bought one of the beautiful old palaces and has settled there, pledging his powers wholly to the festival playhouse. In August, 1920, on the occasion of the annual general meeting of the organizations that are working to bring the playhouse into immediate being, Reinhardt gave a performance of Hofmannsthal’s adaptation of the old English morality play Everyman. The performance, which was worthy of Reinhardt’s genius, was given in the open square before the beautiful Renaissance cathedral. The enthusiasm of the many delegates, the atmosphere of the city, even the surrounding hills, he forced to serve as background to his play. He gathered from Berlin and Vienna the best actors and inspired them with his purpose, so that they worked long and diligently in preparation for the event with no other remuneration than the consciousness of performing a great artistic service. He created a performance which everybody present felt to be a true expression of the festal purpose they are seeking to define as the basis of their undertaking.

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The devotion of the authors, producers, actors and artists is one of the most convincing evidences of the power of this novel idea. If those partaking in the various festival performances did not enter whole-heartedly into the spirit in which the idea was conceived, if they took their parts in a professional spirit, simply as an opportunity to exhibit their talents or increase their revenues, the playhouse would soon be turned into an ordinary theatre or concert hall, and not only its reason for existence but, in all likelihood, its chances for success, would be destroyed. It is, therefore, assumed that great artists of the drama, the opera and the concert stage will look upon Salzburg as a place to which they can escape after the season in the ever less idealistic theatres, to devote the summer months to renewal of their faith in the highest elements of their calling. It is proposed to build small studios in the suburb near the playhouse and to form a colony for the artists in which they may devote themselves wholly to the spirit of their mission and to a deeper study of the works of art which they are to reproduce. They are to have this living free, but it is not expected that any other remuneration will be asked. The location of Salzburg guarantees that the audience, too, will be in a frame of mind quite different from that of the ordinary playgoer. It is equally far from Vienna and from Munich. It will be impossible to hurry on from »the city«, take in a performance and hurry back again. The promoters of the idea will not have their efforts spoiled by the tired business man, pressed for time. The whole plan is arranged on the principle that hurry and devotion are deadly enemies. They refuse even to make arrangements for a tram-car or any other conveyance to reach the clearing where the playhouse is to be located. On the other hand, they plan an elaborate system of well-built walks through the thick forests and hills that surround the theatre. If the undertaking should prove to be the success of which they dream, they hope to build large and comfortable hotels out in the suburbs so as to induce their visitors to spend as much time as possible walking through the gardens and woods with a view of the glaciers. Thus the evening and the festival play will find them in a mood sensitive to the chords which the artist would strike upon their souls. It is a regeneration through art of which these men are dreaming. Though it may at first seem fantastic, many of Austria’s best men have enough faith in it to devote their lives to its realization. Throughout Austria there are branches of the organization to propagate the idea. Other branches have been formed in Holland and Scandinavia, and in the larger cities of Germany. To the idealists of Central Europe it represents a positive and effective reaction to the Prussian spirit. They hope that from it will come throughout Europe a strengthening of the kind of faith that filled the century of idealism following 1750.

Editorischer Anhang Übersicht der Archive und Nachlassbestände – – – –

Archiv der Erzdiözese Salzburg  ; Archiv der Salzburger Festspiele, Salzburg = ASF  ; Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde, Wien  ; Deutsches Literaturarchiv, Marbach. Nachlass Leopold von Andrian-Werburg = DLA, NL Leopold von Andrian-Werburg  ; – Internationale Stiftung Mozarteum, Mozart-Archiv, Salzburg = ISM, Mozart-Archiv  ; – Nachlass Friedrich Gehmacher / Heinrich Damisch = NL Gehmacher/Damisch  ; der Nachlass befindet sich in Privatbesitz von Robert Hoffmann (vgl. Vorbemerkung, S. 9)  ; – Niedersächsisches Landesarchiv, Hannover  ; – Österreichische Nationalbibliothek, Wien / Musiksammlung  ; – Österreichische Nationalbibliothek, Wien / Österreichisches Literaturarchiv. Nachlass Berta Zuckerkandl  ; – Österreichisches Staatsarchiv, Wien / Haus-, Hof- und Staatsarchiv / Obersthofmeisteramt  ; – Österreichisches Staatsarchiv, Wien / Kriegsarchiv / Qualifikationslisten  ; – Salzburger Landesarchiv  ; – Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz. Museumsnachlass Lilli Lehmann = StaBi, NL Lilli Lehmann  ; – Theatermuseum, Wien  ; – Universität Salzburg, Fachbereich Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft / Abteilung Musik- und Tanzwissenschaft. Nachlass Bernhard Paumgartner = Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner  ; – Wienbibliothek im Rathaus, Wien, Handschriftensammlung. Teilnachlass Max Reinhardt = Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt. Verwendete Abkürzungen hs. = handschriftlich Ms. = Manuskript o. D. = ohne Datum o. O. = ohne Ort o. T. = ohne Titel Ts. = Typoskript

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Nachweise der Dokumente und zitierten Quellen 1. Friedrich Gehmacher  : »Promemoria« [Salzburg,] 1. November 1913. Ts.-Abschrift eines Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–1914. Als Ms. in NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Oskar Holl  : Dokumente zur Entstehung der Salzburger Festspiele. Unveröffentlichtes aus der Korrespondenz der Gründer. In  : Maske und Kothurn 13 (1967), H. 2/3, S. 148–179, hier S. 151–153. Während Holl in seiner auszugsweisen Veröffentlichung offenbar die vom Oktober 1913 datierte Ms.-Fassung wiedergibt, folgt die gegenständliche Ausgabe der auf den 1. November 1913 datierten Ts.-Abschrift. Die Unterschiede beider Fassungen sind sehr gering. In dem Satz »Durch sofortige begeisterte Aufnahme des Planes…« (S. 108) heißt es in der Ms.-Fassung »Beteiligte an dem Weltmusikbetrieb«, in der Ts.-Fassung steht »Beteiligte an der Weltmusikpflege«. 2. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 31. Oktober 1913. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–14. 3. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 1. November 1913. Ts.-Abschrift  ; NL Gehmacher/Damisch. Die Ts.-Abschrift gibt als Briefkopf wieder  : »Mozart-Gemeinde der Internationalen Stiftung ›Mozarteum‹ in Salzburg«. Als unvollständiger hs. Entwurf in ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–14. In der Passage »daß mit der Eröffnungsfeier … propagiert wird« (S. 116) wurde auf den hs. Briefentwurf zurückgegangen. 4. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 6. November 1913. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–14. 5. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 2. Dezember 1913. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–14. 6. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 3. Dezember 1913.

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Ts.-Abschrift  ; NL Gehmacher/Damisch. Die Ts.-Abschrift gibt als Briefkopf wieder  : »Mozart-Gemeinde der unter dem Höchsten Protektorate Seiner k.u.k. Hoheit des Hochwürdigst-Durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Eugen, Hoch- und Deutschmeister stehenden Internationalen Stiftung ›Mozarteum‹ in Salzburg«. 7. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. [Salzburg, 1. Mai 1914.] Tw. veröff. in  : Karl Wagner  : Das Mozarteum. Geschichte und Entwicklung einer kulturellen Institution. Innsbruck  : Helbling 1993, S. 167 f. Das Original dieses ursprünglich in der ISM, Mozart-Archiv, A III 13, 1913–14, befindlichen Dokuments ist nicht mehr erhalten. 8. Friedrich Gehmacher an Johanna Gräfin von Hartenau-Battenberg Brief. [Salzburg,] 23. Mai 1914. Ts.-Abschrift  ; NL Gehmacher/Damisch. 9. Friedrich Gehmacher  : »Das Zukunfts-Programm des Mozarteums« [Salzburg,] Juli 1914. Ts.-Abschrift  ; NL Gehmacher/Damisch. 10. Friedrich Gehmacher  : Antrag an das Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum [Salzburg, Mai 1915]. Ts.-Entwurf mit hs. Anm.; ISM, Mozart-Archiv, Mappe F. Gehmacher. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 155. Holl vermerkt als Datum des Antrags »Oktober 1915«, das Datum am Ende des Dokuments lautet jedoch »Mai 1915«. In der auf S. 128 nicht wiedergegebenen Passage (vor »Auf dem Gebiete der allgemeinen Stiftungsaufgaben«) entwirft Gehmacher die Aufgabenbereiche »Auf dem Gebiete der Schule« sowie »Auf dem Gebiete des Konzertwesens« und fordert die Gründung einer eigenen »Bibliothek«. In dem auf S. 130 nicht wiedergegebenen Schluss des Antrags widmet sich Gehmacher »den Fragen der Organisation des Vereines«. 11. Hermann Kerber an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 22. November 1915. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–164.

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12. Hermann Kerber an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 29. Jänner 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–165. 13. Carl Rainer Simons an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 5. Mai 1916. Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 14. Ludwig Sedlitzky an Carl Rainer Simons Brief. Salzburg, 7. Mai 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 15. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 12. Mai 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 16. Ludwig Sedlitzky an Carl Rainer Simons Brief. Salzburg, 13. Mai 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 17. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Berlin,] 15. Mai 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–7. Briefkopf mit Stempel »Lilli Lehmann-Kalisch, Grunewald-Berlin, Herbertstrasse 22«, Lehmanns Hauptwohnsitz. 18. Carl Rainer Simons an Ludwig Sedlitzky Brief. Tegernsee, 16. Mai 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 19. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 17. Mai 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 20. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 20. Mai 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 21. Richard von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 22. Mai 1916.

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Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 22. Kuratorium des Mozarteums an Carl Rainer Simons Brief. Salzburg, 24. Mai 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 23. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 24. Mai 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 24. Heinrich Damisch  : »Ein Festspielhausplan am Plainer Berg« [Sommer 1916]. Ts., NL Gehmacher/Damisch. Bei diesem Dokument handelt es sich um einen Auszug aus dem Text Baumeister am Salzburger Festspiel. Die geistige Planung und ihre Verwirklichung von Heinrich Damisch. Eine gekürzte Fassung dieses Erinnerungsberichts, die den hier wiedergegebenen Textausschnitt nicht enthält, wurde veröffentlicht unter  : Heinrich Damisch  : Baumeister am Salzburger Festspiel. Die geistige Planung und ihre Verwirklichung. In  : Österreichische Musikzeitschrift 15 (1960), S. 330–341. 25. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. [Wien,] 24. August 1916. Ms., NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 156 f. 26. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 27. August 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 157. 27. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 28. August 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 157–159. 28. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Postkarte. [Wien,] 30. August 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 159.

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29. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 30. August 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 159 f. 30. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 31. August 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 160. 31. Friedrich Gehmacher  : Entwurf eines Promemorias [Salzburg,] o. D. [Sommer 1916]. Ts.-Durchschlag mit einzelnen hs. Anm.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 160. Der vollständige Titel des Ts.-Durchschlags lautet »Entwurf eines Promemoria bfd. die Errichtung eines Festspielhauses«. Der Titel der Abschrift wurde von Gehmacher handschriftlich ergänzt, ebenso der Vermerk, dass er sie am 1. September 1916 an Damisch abgeschickt hat (vgl. auch Dok.  32). Am Ende des Promemorias findet sich das ebenfalls handschriftlich ergänzte Datum der Niederschrift »30/7 1916«. Entweder handelt es sich um einen Irrtum Gehmachers und es ist der 30. August gemeint oder er hat das Promemoria bereits einen Monat vor dessen Absendung an Damisch verfasst. 32. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 2. September [1916]. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 160. 33. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 4. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 161. 34. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 4. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 161. 35. Heinrich Damisch an die Mozartgemeinde des Mozarteums Brief. Wien, 4. September 1916.

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Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, Mappe H. Damisch. Das Dokument trägt die Überschrift »Abschrift des Gründungsbriefes einer geplanten Mozartgemeinde«. 36. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Postkarte. [Wien,] 5. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 161. 37. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Scharfling am Mondsee,] 6. September 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–13. Briefkopf mit Aufdruck »›Mozarteum Salzburg‹« sowie Stempel »Lilli LehmannKalisch, Scharfling am Mondsee«. Lehmann ließ sich 1898 in Scharfling bei St. Lorenz ein Haus errichten, um von dort aus in Salzburg aktiv sein zu können. 38. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 7. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 39. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 8. September 1916. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Briefkopf »›Mozarteum‹ Salzburg« 40. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 8. September 1916. Ms.; Nachtrag als Ts. mit hs. ergänzter Datierung vom 9. September 1916  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 41. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Scharfling am Mondsee,] 10. September 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–14. Briefkopf mit Aufdruck »›Mozarteum Salzburg‹« sowie Stempel »Lilli LehmannKalisch, Scharfling am Mondsee«. 42. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 11. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 161.

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43. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 10. [= 12.] September 1916 Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 162. Bei dem Datum 10. September 1916 dürfte es sich vermutlich um einen Schreibfehler Damischs handeln. Die Briefkarte trägt den Poststempel vom 12. September und lässt sich auch inhaltlich eher unter diesem Datum einordnen. 44. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 12. September 1916. Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 45. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 12. September 1916. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 46. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 13. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 162 f. 47. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 13. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 163. Auch als hs. Entwurf erhalten  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Der im Textteil zitierte Nachtrag des Briefes stammt aus diesem Entwurf und ist lediglich dort enthalten. 48. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 13. September 1916. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Briefkopf »›Mozarteum‹ Salzburg«. Im Satz »Bisher war Ihr Verhalten …« (S. 179) wurde die Passage »eine unabsehbare Revolution« sinngemäß zu »keine unabsehbare Revoulution« geändert. 49. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. [Wien,] 13. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 162.

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50. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 14. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 51. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 14. September 1916. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 52. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Brief. Wien, 15. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 53. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 16. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 54. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 16. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 55. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 16. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 163 f. 56. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 18. September 1916. Ts. und Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 164. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 57. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 18. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Briefkopf »Internationale Stiftung ›Mozarteum‹ Salzburg« 58. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 20. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16.

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59. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 20. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 60. »Protokoll der Sitzung des Mozartgemeinde-Ausschusses« [Salzburg,] 21. September 1916. Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 61. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 22. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 62. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Scharfling am Mondsee,] 22. September 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L-4–17. Briefkopf mit Aufdruck »›Mozarteum Salzburg‹« sowie Stempel »Lilli LehmannKalisch, Scharfling am Mondsee«. 63. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 23. September 1916. Ts.- Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 164. 64. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 25. September 1916. Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 65. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 25. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 66. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 26. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 164. 67. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 26. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 164.

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68. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 26. September 1916. Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 69. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 27. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 70. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 27. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 71. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 28. September 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 165. 72. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 28. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 73. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 28. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 74. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. Wien, 29. September 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 75. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 29. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Briefkopf »Internationale Stiftung ›Mozarteum‹ Salzburg«. 76. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 30. September 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 77. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 2. Oktober 1916.

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Editorischer Anhang

Ts.-Abschrift  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 78. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 3. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 79. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 3. Oktober 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 165. 80. Ludwig Sedlitzky an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 4. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag / Abschrift  ; NL Gehmacher/Damisch. In seinem Antwortschreiben an das Mozarteum Salzburg vom 7. Oktober 1916 (Dok.  89) legt Damisch diesen von Sedlitzky in dessen Funktion als geschäftsführender Sekretär des Mozarteums verfassten Brief mit der Bemerkung »Ich habe vom Sekretariat folgendes Schreiben erhalten« bei. 81. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 5. Oktober 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 82. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 5. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 83. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 6. Oktober 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 84. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Scharfling am Mondsee,] 7. Oktober 1916. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–21. Briefkopf mit Aufdruck »›Mozarteum Salzburg‹« sowie Stempel »Lilli LehmannKalisch, Scharfling am Mondsee«. 85. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Brief. Wien, 7. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16.

Editorischer Anhang

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86. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 7. Oktober 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 87. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 7. Oktober 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 88. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 8. Oktober 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 89. Heinrich Damisch an das Mozarteum Salzburg Brief. Wien, 7. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. In diesem Brief antwortet Damisch auf das von Ludwig Sedlitzky an ihn gerichtete Schreiben vom 4. Oktober 1916 (Dok. 80). 90. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 9. Oktober 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. Der Schluss des Briefes ist im Original nicht erhalten. 91. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 9. Oktober 1916. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 92. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 10. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 165. 93. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. [Wien,] 10. Oktober 1916. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166. Diese Briefkarte wurde per Express aufgeben. 94. Ludwig Sedlitzky an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 10. Oktober 1916.

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Editorischer Anhang

Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 95. Bericht über die Sitzung des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum am 13. Oktober 1916 Veröff. in  : 37. Jahresbericht des »Mozarteums« in Salzburg 1917.  Salzburg  : Im Selbstverlage des Mozarteums in Salzburg 1918, S. 7 f. 96. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 13. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166. 97. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 14. Oktober 1916. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166. 98. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 16. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166. 99. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 22. Oktober 1916. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 166 f. 100. Rudolf von Lewicki  : Stellungnahme zu den Verhandlungen über den Erwerb von Mozarts Geburtshaus Wien, 26. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 14, 1914–16. 101. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 28. Oktober 1916. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 102. Richard Strauss an Hermann Bahr Brief. Garmisch, 1. Jänner 1917.

Editorischer Anhang

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Veröff. in  : Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr. Aus seinen Entwürfen, Tagebüchern und seinem Briefwechsel mit Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Josef Kainz, Eleonore Duse und Anna von Mildenburg. Ausgewählt und eingeleitet von Joseph Gregor. Wien  : Bauer 1947, S. 100. 103. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 22. Jänner 1917. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. Die wiedergegebene Textpassage der Punkte 1–5 lag Lewickis Brief vom 22. Jänner 1917 in einer Notiz bei, ohne jedoch in einem direkten Zusammenhang mit diesem zu stehen. 104. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 3. Februar 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 167 f. 105. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 13. Februar 1917. Ms. Das Original dieses Dokuments ist nicht mehr erhalten  ; es befand sich 1967 noch im NL Gehmacher /Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 168. 106. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 14. Februar [1917]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 107. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 15. Februar 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 168. 108. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, am 17. Februar 1917. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. Briefkopf »Mozart-Gemeinde der Internationalen Stiftung ›Mozarteum‹ in Salzburg«. 109. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 20. Februar 1917.

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Editorischer Anhang

Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 15 1917. 110. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 21. Februar 1917. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. Briefkopf »Mozart-Gemeinde der Internationalen Stiftung ›Mozarteum‹ in Salzburg«. 111. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Notiz auf Visitenkarte. [Wien,] 25. Februar 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 168 f. Die Visitenkarte von »Redakteur Heinrich Damisch, Musikreferent« lag der Übermittlung der Statuten der Festspielhaus-Gemeinde (Dok. 112) bei. 112. Entwurf von § 1 bis § 25 der Statuten der »Salzburger Meister(Fest)spielhaus-Gemeinde« O. O., o. D. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Das Dokument wurde von H. Damisch zusammen mit der Notiz vom 25. Februar 1917 (Dok. 111) an F. Gehmacher übermittelt. 113. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 28. Februar 1917. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. 114. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Nicht ermittelt. [Wien,] 3. März 1917. Das Original dieses Dokuments ist nicht mehr erhalten  ; es befand sich 1967 noch im NL Gehmacher /Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 169. 115. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 9. März 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 169. 116. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Berlin,] 13. März 1917. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–44.

Editorischer Anhang

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Briefkopf mit Stempel »Lilli Lehmann-Kalisch, Grunewald-Berlin, Herbertstrasse 20«. 117. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 17. März 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 118. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 3. April 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 119. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 6. April 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 120. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 7. April 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 121. Max Reinhardt  : »Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn« [April 1917] Veröff. in  : Max Reinhardt  : Ausgewählte Briefe, Reden, Schriften und Szenen aus Regiebüchern. Hg. von Franz Hadamowsky. Wien  : Georg Prachner 1963, S. 73–78. Zur Provenienz und Überlieferungslage des Dokuments  : Reinhardt übermittelte seine Denkschrift an die k.u.k. General-Intendanz der k.k. Hoftheater, eine Abteilung des Obersthofmeisteramts, wo sie am 26. April 1917 unter der Aktenzahl 1635/1917 abgelegt wurde. Das Dokument befand sich ursprünglich im Haus-, Hofund Staatsarchiv. Von dort wurde es vermutlich durch Franz Hadamowsky in die Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek überführt und in weiterer Folge in die Bestände des Theatermuseums Wien aufgenommen, wo es sich heute befindet. Reinhardts Ansprechpartner im Obersthofmeisteramt war Sektionschef und Kanzlei-Direktor Franz Freiherr von Wetschl, mit dem Reinhardt bereits seit 1915 wegen einer Nutzung des Parks von Hellbrunn in Kontakt gestanden hatte. Die Denkschrift wurde erstmals tw. veröff. in  : Franz Hadamowsky  : Reinhardt und Salzburg. Salzburg  : Residenz 1963, S. 16–19  ; Weitere Veröffentlichungen in Auswahl  : Max Reinhardt  : »Ein Theater, das den Menschen wieder Freude gibt…«. Eine Dokumentation. Hg. von Edda Fuhrich und Gisela Prossnitz. München  : Langen Müller 1987, S. 116–121  ; Max Reinhardt  : Leben für das Theater. Briefe, Reden,

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Aufsätze, Interviews, Gespräche, Auszüge aus Regiebüchern. Hg. von Hugo Fetting. Berlin  : Argon-Verlag 1989, 215–220. 122. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 19. April 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 123. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 26. Mai 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 124. Rudolf von Lewicki an Ludwig Sedlitzky Brief. Wien, 1. Juni 1917. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. Veröff. in  : Klaus Lang  : Mozarts Geburtshaus. Die dramatische Rettung mitten im Ersten Weltkrieg. Neckenmarkt u. a.: Novum 2008, S. 245–247. Die Wiedergabe des Dokuments folgt hier – unter Berücksichtigung der historisch gebräuchlichen Schreibweise – dem Ts. der ISM, Mozart-Archiv, das gegenüber der Veröffentlichung in Lang einige kleinere Unterschiede aufweist. 125. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 16. Juni 1917. Ts  ; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 126. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Präsidium der k.k. Gesellschaft der Musikfreunde Brief. Salzburg, 12. August 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch  ; Originalbrief  : Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde, Sign. Z 154/1917–18. 127. Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum [Salzburg,] 27. August 1917. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, Protokolle des Kuratoriums. 128. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Postkarte. [Wien,] 29. August 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch.

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Auf der Vorderseite der Postkarte befindet sich ein Vordruck mit Werbung für »Das Deutsche Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 129. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 1. September 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 130. Beschluss des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum vom 2. September 1917 Veröff. in  : 37. Jahresbericht des »Mozarteums« in Salzburg 1917.  Salzburg  : Im Selbstverlage des Mozarteums in Salzburg 1918, S. 8. 131. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 3. September 1917. Ts-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 170. 132. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 5. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Deutsches Tagblatt ›Ostdeutsche Rundschau‹«. 133. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Briefkarte. Wien, 7. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 134. Heinrich Damisch an Mitzi Gehmacher Postkarte. Melk, 8. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 135. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 14. September 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹. Gegründet am 1. August 1917. Sitz in Wien 1., Karlsplatz 6, Gebäude der k.k. Gesellschaft der Musikfreunde«. 136. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 15. September 1917. Ts.; ASF.

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Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 170. 137. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 21. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 138. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Postkarte. Wien, 21. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 139. Mozarteum Salzburg an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Brief. Salzburg, 21. September 1917. Veröff. in  : Erster Rechenschaftsbericht der Festspielhaus-Gemeinde vom 30. Juli 1918. 140. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 22. September 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 141. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 25. September 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 142. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 28. September 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 143. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 29. September 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 144. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 2. Oktober 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 145. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 6. Oktober 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch.

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146. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 10. Oktober 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 147. Ferdinand Scherber  : »Salzburgisches« Zeitschriftenartikel. In  : Signale für die Musikalische Welt 75 (1917), Nr. 43 (24. Oktober), S. 735–737. Im NL Gehmacher/Damisch ist auch ein Ts. dieses Artikels erhalten, das dem Brief Friedrich Gehmachers an Ferdinand Scherber vom 20. November 1917 (Dok. 152) beilag. In diesem Ts. fehlt die mit *) markierte Fußnote des Artikels. 148. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 26. Oktober 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 172. 149. Heinrich Damisch  : »Ein Festspielhaus in Salzburg« Zeitschriftenartikel. In  : Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater 8, Teil IV (1917), H. 21 (1. November), S. 709–713  ; zudem tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 171. Im NL Gehmacher/Damisch ist auch ein Ts. dieses Artikels erhalten. Damisch veröffentlichte den Text zudem nach Kriegsende (vermutlich Anfang 1919) in leicht veränderter Form ohne Verfasserangabe unter dem Titel »Das deutschösterreichische Festspielhaus in Salzburg« als Werbeaufruf der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde (SFG). Unter dem Titel »Festspielhaus in Salzburg« existiert eine weitere Fassung (ASF A-1–17, Gründungsunterlagen), die ebenfalls aus der unmittelbaren Nachkriegszeit stammt und einige Abweichungen zu dem in Der Merker veröffentlichten Text aufweist. In dem Satz »So wären also vielfache Ansätze zur Entfaltung […]« (S. 301) heißt es in der Passage »Ausdrucke des blühenden österreichischen Kunstlebens« in der Fassung von 1919 »deutschösterreichischen Kunstlebens«. Der Satz »Aus vielen Gründen ist aber zu befürchten […] mit Hilfe spekulativer Kunstförderer durchführt.« (S. 302) wurde in der Fassung von 1919 gestrichen. Max Reinhardt, auf den dieser Satz anspielt, war zu diesem Zeitpunkt bereits Mitglied des Kunstrats der SFG. In dem Satz »Unverbindlich in Aussicht genommen wird für den Bau ein Logentheater mit einem Fassungsraum von etwa 1600 Personen.« (S. 303 f.) heißt es in der Fassung von 1919 »[…] ein Theater mit einem Fassungsraum von etwa 1800

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Personen, an welches ein Kammerspieltheater für etwa 800 Personen unmittelbar angebaut werden soll.« In dem Satz »In den Sommermonaten sollen erstklassige Bühnen (Hof- und Stadttheater) Oesterreichs und Deutschlands […]« (S. 304) wurde in der Fassung von 1919 die Passage »(Hof- und Stadttheater) Oesterreichs und Deutschlands« gestrichen. In dem Satz »So würde mit angemessenen Pausen das ganze Jahr hindurch […]« heißt es in der Passage »Kunstleben und Kunstschaffen Oesterreichs« (S. 304) in der Fassung von 1919 »Kunstleben und Kunstschaffen Deutschösterreichs«. Der Satz »Die Spende der Fürsten und Vornehmen […]« (S. 305) beginnt in der Fassung von 1919 mit »Die Hilfe des Staates, die Spende der Begüterten […]«. Die Passage »in dem Salzburger Festspielhaus« lautet dort »in dem deutschösterreichischen Festspielhaus in Salzburg«, die Passage »auch im Weltkriege und darüber hinaus« lautet »auch im Weltkriege und darüber hinaus in den Zeiten tiefster Not«. 150. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. Salzburg, 8. November 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 151. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 18. November 1917. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. 152. Friedrich Gehmacher an Ferdinand Scherber Brief. Salzburg, 20. November 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Diesem Brief lag das Ts. von Ferdinand Scherbers Artikel »Salzburgisches« (in  : Signale für die Musikalische Welt 75 [1917], Nr. 43 [24. Oktober], S. 735–737) bei (vgl. Dok. 147). 153. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an den Zweigverein in Salzburg Brief. Wien, 6. Dezember 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. Der Brief ist adressiert »an die Proponenten des ›Zweigvereines in Salzburg‹ der ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹, z. Hd. d. Herrn Direktors Friedrich Gehmacher, Salzburg«. 154. Bernhard Paumgartner an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 8. Dezember 1917. Ts.; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917. Briefkopf »Konservatorium des Mozarteums in Salzburg. Die Direktion«.

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155. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Brief. Wien, 12. Dezember 1917. Veröff. in  : Lang  : Mozarts Geburtshaus…, S. 289–291. Das Original dieses ursprünglich in der ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917, befindlichen Dokuments ist nicht mehr erhalten. 156. Rudolf von Lewicki an Bernhard Paumgartner Brief. Wien, 13. Dezember 1917. Ts  ; Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner (Flügelmappe VII, »Briefe Rest X« Korrespondenz mit Rudolf von Lewicki). 157. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 14. Dezember 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Briefkopf  : »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹«. 158. Arthur Schey an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 14. Dezember 1917. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 159. Friedrich Gehmacher an Arthur Schey Brief. Salzburg, 21. Dezember 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 160. Johannes Eckardt  : »Ein Festspielhaus in Salzburg«. Zeitungsartikel. In  : Salzburger Chronik, 25. Dezember 1917, S. 2 f. Dem Artikel vorangestellt ist das Datum »24. Dezember«. 161. Friedrich Gehmacher an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 27. Dezember 1917. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 162. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 29. Dezember 1917. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. 163. Josef Huttary an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 31. Dezember 1917. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 15, 1917.

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164. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : »Aufruf zur Gründung eines österreichischen Fest­spielhauses in Salzburg« Salzburg, Jänner 1918. gedrucktes Flugblatt  ; NL Gehmacher/Damisch. 165. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien 9. Jänner 1918. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Der Merker. Zeitschrift für Musik und Theater«. 166. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 16. Jänner [1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 167. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 16. Jänner 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 168. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 17. Jänner 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. In dem Satz »Jedenfalls ersuche ich Dich von Deiner Rücktrittsabsicht Abstand zu nehmen …« (S. 330) wurde das Wort »Abstand« gegenüber dem Original (»Umstand«) sinngemäß richtiggestellt. 169. Rudolf von Lewicki an Josef Huttary Brief. Wien, 18. Jänner 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 170. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 20. Jänner 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Der Brief trägt die handschriftliche Anmerkung Lewickis  : »Beantwortet am 22.  i. 18«. Dieser Antwortbrief ist nicht erhalten. 171. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 21. Jänner 1918. Ms.; NL Gehmacher/Damisch.

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172. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 22. Jänner [1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 172. 173. Franz Stibral an Lilli Lehmann Brief. O. O., 22. Jänner [1918]. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 3–160. Stibral beginnt sein Schreiben an Lehmann bereits am 8. Jänner 1918 und setzt es in einzelnen Abschnitten am 20., 21. und 22. Jänner fort. 174. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 22. Jänner 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 175. Rudolf von Lewicki an Max Ott Brief. Wien, 24. Jänner 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. 176. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 24. Jänner 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Briefkopf »Internationale Stiftung ›Mozarteum‹ Salzburg«. 177. Ferdinand Künzelmann  : »Salzburger wirtschaftliche Ausblicke« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 24. Jänner 1918, S. 4. 178. Friedrich Gehmacher an Viktor Freiherr von Ehmig Brief. [Salzburg,] o. D. [ca. Anfang Februar 1918]. Ms.-Entwurf  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 172. Es ist nicht sicher, dass dieses Schreiben tatsächlich abgesandt wurde. Eine Reinschrift des Dokuments ist nicht erhalten. 179. Friedrich Gehmacher  : Entwurf einer Stellungnahme [Salzburg,] o. D. [ca. Anfang Februar 1918]. Ts.-Entwurf  ; NL Gehmacher/Damisch. Der Entwurf trägt auf der Rückseite die handschriftliche Anmerkung »nicht abgesandter Entwurf«. Es ist nicht sicher, dass dieses Schreiben tatsächlich abgesandt wurde. Eine Reinschrift des Dokuments ist nicht erhalten.

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180. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 3. Februar 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Der Brief trägt die handschriftliche Anmerkung von Lewicki  : »Beantwortet am 5. II. 18«. Dieser Antwortbrief ist nicht erhalten. 181. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 5. Februar 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–316. 182. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Postkarte. [Wien,] 5. Februar 1918. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 172. Das Original dieses Dokuments ist nicht mehr erhalten  ; es befand sich 1967 noch im NL Gehmacher/Damisch. 183. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 6. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 172 f. 184. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 9. Februar 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 185. Bernhard Paumgartner an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 9. Februar 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Briefkopf »Konservatorium des Mozarteums in Salzburg. Die Direktion«. 186. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 10. Februar 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–317. Dieser vom 10. Februar 1918 datierte Brief wurde, bevor er abgeschickt wurde, am 11. Februar fortgesetzt. 187. Rudolf von Lewicki an Josef Huttary Brief. Wien, 11. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918.

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188. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 13. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 189. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 15. Februar 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 190. Josef Huttary an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 15. Februar 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Der Brief trägt den hs. Vermerk von Huttary »Beantwortet am 17. II. 18«. Dieser Antwortbrief ist nicht erhalten. 191. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 17. Februar 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–318. 192. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 19. Februar 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–319. 193. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 21. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 194. Rudolf von Lewicki an Hermann Kerber Brief. Wien, 21. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 195. Hermann Kerber an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 23. Februar 1918. Ms.; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. Der Brief trägt die hs. Anmerkung von Lewicki  : »Beantwortet am 27. II. 18«. Dieser Antwortbrief ist nicht erhalten. 196. Kuratorium des Mozarteums an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 27. Februar 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918.

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197. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 8. März [1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 198. Max Reinhardt an Helene Thimig Telegramm. Salzburg, 8. März 1918. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. 2.2.1.43. 199. »Stimmen zum Salzburger Festspielhause« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 9. März 1918, S. 2. Der Artikel erschien ohne Nennung eines Autors, jedoch mit dem Zusatz »Zusammengestellt von einem Mitarbeiter«. Es handelt sich dabei um eine Vorauswahl jener Rückmeldungen, die auf eine Rundfrage der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde einlangten und Anfang Juli 1918 in der ersten Nummer der Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde publiziert wurden. Verfasser des Artikels war vermutlich der Journalist Ferdinand Künzelmann (vgl. auch Dok. 206, [F. Künzelmann  :] Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg), der die Rundfrage im Auftrag der SFG organisiert hatte. In geringfügig abweichender Fassung erschien der Artikel zugleich in  : Salzburger Chronik, 9. März 1918, S. 2. Dort hieß es, dass »Karl Hauptmann« von »einer in diesem Fall wohl nicht in Frage kommenden Riesenarena« träume, »wie sie Reinhardt für seine Schaustellungen und Aufführungen gerne gebraucht«. Nach der Wiedergabe von Lola Artôts Worten findet sich außerdem die Passage eingefügt  : »Da das Salzburger Haus für die Oper mit Ausschluß Wagners, für Werke des gesprochenen Wortes und für Legendenspiele gedacht ist, die ebenfalls nach kleineren Räumen verlangen, ist keine Furcht nötig, daß hier ein Haus in Berliner Zirkusdimensionen erstehen wird.« An dieser Stelle greift Künzelmann die Idee Reinhardts (vgl. Dok. 121, M. Reinhardt  : Denkschrift zur E r r i c h t u n g eines Festspielhauses in Hellbrunn, [April 1917]) und Damischs (vgl. Dok. 149, H. Damisch  : Ein Festspielhaus in Salzburg, 1. November 1917) auf, bei zukünftigen Festspielen auch »Legendenspiele« aufzuführen. 200. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 11. März 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–324. 201. Hermann Kerber an Lilli Lehmann Brief. Salzburg, 13. März 1918.

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Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–170. 202. Franz Stibral an Lilli Lehmann Brief. [Wien, 17. März] 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 3–162. 203. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 17. März 1918. Ms., NL Gehmacher/Damisch. Das Schreiben wurde von Damisch diktiert und von Irene Bürger, der Lebensgefährtin Heinrich Damischs, niedergeschrieben. 204. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Korrespondenzkarte. [Wien,] 21. März 1918. Ms., NL Gehmacher/Damisch. Das Schreiben wurde von Damisch diktiert und von Irene Bürger niedergeschrieben. 205. Max Reinhardt an Helene Thimig Telegramm. Salzburg, 16. April 1918. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. 2.2.1.44, 206. [Ferdinand Künzelmann  :] »Ein Oesterreichisches Festspielhaus in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Reichspost, 19. April 1918, Nachmittagsausgabe, S. 3 f. In der Reichspost erschien dieser Artikel ohne Angabe des Verfassers. Als Sonderdruck mit Nennung des Verfassernamens auch in  : ASF. 207. Teut  : »Ansiedlung Max Reinhardts in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Ostdeutsche Rundschau, 21. April 1918. Hinter dem Pseudonym »Teut« steht der Journalist Karl Grube, 1912–19 Hauptschriftleiter der Ostdeutschen Rundschau. 208. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Wien an die k.k. Polizeidirektion Wien Brief. [Wien,] 17. Mai 1918. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 209. Alexander von Thurn und Taxis an Kaiser Karl I. Briefentwurf. [Wien,], 14. Juni 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch.

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210. Joseph Meßner  : »Das Mozartfestspielhaus in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 17. Juli 1918, S. 1 f. 211. Max Reinhardt an Ferdinand Künzelmann Brief. O. O., o. D. [Bad Gastein  ; ca. Mitte Juli 1918]. Ms. Das Original dieses Dokuments ist nicht mehr erhalten  ; es befand sich 1967 noch im NL Gehmacher/Damisch. Tw. veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 173. Holl hat nur den ersten Absatz des Briefes wiedergegeben. Ein Faksimile des gesamten Briefs erschien in dem Zeitungsartikel von Oskar Holl  : Vom ›österreichischen Bayreuth‹ zu den Salzburger Festspielen. Zum 50. Geburtstag der Festspielhausgemeinde in Salzburg. In  : Salzburger Nachrichten, 25. November 1967, S. 17. Zur wahrscheinlichen Datierung und zum Entstehungsort des Briefes vgl. die Liste der Curgäste und Fremden in Wildbad-Gastein 1918, Nr. 39. Dort ist verzeichnet, dass »Herr Max Reinhardt, Professor, mit Gemahlin, Frl. Tochter, Kind und Kinderfräulein« aus »Berlin« am 4. Juli 1918 in der Villa Astoria eingetroffen sei. Bei den Personen in Begleitung Reinhardts handelt es sich offenbar um dessen erste Frau Else Heims, von der er sich wenig später trennen sollte, seine uneheliche Tochter Jenny Kleindienst sowie einen seiner beiden Söhne. Am 12. Juli 1918 verzeichnet die Liste der Curgäste und Fremden (1918, Nr. 49) neuerlich die Ankunft von »Else Reinhardt mit Herrn Sohn« in der Villa Astoria. Tags zuvor wurde gemeldet, dass »Herr Ferdinand Kunzelmann [sic  !]« aus »Salzburg« (ebd.) im Hotel Kaiserhof angekommen sei. 212. Max Reinhardt an die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn Ferdinand Künzelmann Brief. Bad Gastein, 21. Juli 1918. Das Original dieses Briefs ist nicht mehr erhalten. Oskar Holl publizierte 1967 eine im Besitz der Familie Gehmacher befindliche Abschrift. Veröff. in  : Holl  : Dokumente zur Entstehung…, S. 174–178. Auszüge aus Reinhardts Schreiben wurden bereits veröff. in  : Alpen-Journal, Juli 1958, S. 15–18. Hans-Conrad Fischer gibt in seiner Dissertation Die Idee der Salzburger Festspiel und ihre Verwirklichung (München 1954), Anm. 119, an, dass er eine Abschrift des Briefes »unter alten Aufrufen und Programmen im Salzburger Festspielhaus« gefunden habe. Demnach war Reinhardts Brief adressiert an die »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, zu Handen Herrn Ferdinand Künzelmann«. 213. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 25. Juli 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch.

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Briefkopf »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 214. »Rechenschaftsbericht des Hauptvereins Wien der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde« [Wien, 30. Juli 1918]. Gedruckte Broschüre  ; NL Gehmacher/Damisch. 215. »Ein österreichisches Festspielhaus« Promemoria. O. O., o. D. [ca. Sommer 1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Der Verfasser dieses Textes ist unbekannt. Der Hinweis auf eine »Generalintendanz« lässt darauf schließen, dass der Text im Sommer 1918 entstand, und zwar nach der Ernennung von Leopold von Andrian zum Generalintendanten der k.k. Hoftheater am 18. Juli 1918. 216. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 1. August 1918. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefkopf »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹«. 217. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde  : »Rechenschafts-Bericht der Leitung des Zweigvereines Salzburg für das 1. Vereinsjahr (1917/18)« Gedruckte Broschüre. Salzburg 1918  ; NL Gehmacher/Damisch. Der Bericht trägt auf dem Titelblatt den Hinweis  : »Erstattet in der Ersten ordentlichen Generalversammlung am 3. August 1918«. 218. Hugo von Hofmannsthal an Paul Zifferer Brief. Bad Aussee, 7. August [1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal – Paul Zifferer. Briefwechsel. Hg. von Hilde Burger. Wien  : Verlag der österr. Staatsdruckerei 1983, S. 57. 219. Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann Brief. [Bad Aussee, 13. August 1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann. Briefwechsel. Hg. von Eugene Weber. Frankfurt/M.: S. Fischer 1972, S. 143. 220. Beschluss-Protokoll der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Salzburg, 14. August 1918. Ts.-Durschlag  ; ASF.

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221. »Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 16. August 1918, S. 4 f. Diese erste Generalversammlung der SFG fand am 15. August 1918 im Marmorsaal des Schlosses Mirabell in Salzburg statt. 222. Rudolf Holzer  : »Die Festspiel-Idee« Zeitungsartikel / Abdruck einer Rede. In  : Salzburger Volksblatt, 16. August 1918 S. 2 f. Die Rede wurde bei der ersten Generalversammlung der SFG am 15. August 1918 im Marmorsaal des Schlosses Mirabell in Salzburg gehalten. 223. Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann Brief. [Bad Aussee, 17. August 1918]. Veröff. in   : Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann. Briefwechsel, S. 143 f. 224. Max Reinhardt an Helene Thimig Telegramm. Bad Ischl, 24. August [1918]. Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 989, 2.2.1.45. Das Telegramm dürfte bereits am 24. August in Bad Ischl aufgegeben und via München (Telegramm-Vordruck »Telegraphie des Deutschen Reichs«) am 27. August 1918 an Thimigs Berliner Adresse weitergesandt worden sein. Es enthält zahlreiche Übertragungsfehler. 225. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. Bad Aussee, 27. August 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel. Hg. von Walter Perl. Frankfurt/M.: S. Fischer 1968, S. 267–269. 226. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. O. O., 30. August [1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 273–276. 227. Heinrich Damisch an Leopold von Andrian Brief. Wien, 4. September 1918. Ts.; DLA, NL Leopold von Andrian-Werburg. Briefkopf  : Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«, Wien. Der Brief trägt nach der Unterschrift Damischs den hs. Vermerk  : »/Erledigt für Mittwoch den 11. IX. 1918 zu S. Exz. bestellt. W./«.

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Die Initiale »W.« steht für Ludwig Winter, Sektionsrat im Obersthofmeisteramt Generalintendanz. 228. Max Reinhardt an Leopold von Andrian Brief. Berlin, 5. September 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 [1910–1919]. Hg. von Klaus E. Bohnenkamp, Katja Kaluga und Klaus-Dieter Krabiel (= Ders.: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Rudolf Hirsch, Anne Bohnenkamp, Mathias Mayer u. a., Bd. 34). Frankfurt/M.: S. Fischer 2011, S. 341–345. Das als sogenanntes »Reinhardt-Memoire« bezeichnete und unter diesem Namen bekannte Schreiben wurde von Hugo von Hofmannsthal verfasst und unter dem Namen von Reinhardt an Andrian weitergeleitet. Eine vollständige Fassung – allerdings ohne Hinweis auf Hofmannsthal als dessen Verfasser – findet sich auch in  : Ursula Prutsch, Klaus Zeyringer (Hg.)  : Leopold von Andrian (1876–1951). Korrespondenzen, Notizen, Essays Berichte. Wien, Köln, Weimar  : Böhlau 2003 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, 97), S. 457–460, hier S. 457. 229. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. Bad Aussee, 8. September 1918. In  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 280–284. Die längere, vom 9. August datierte »Nachschrift« schließt unmittelbar an den Brief an. 230. Protokoll der Direktionssitzung der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde [Wien, 11. September 1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 231. Leopold von Andrian an Hugo von Hofmannsthal Telegramm. Obertressen, [Bad] Aussee, 11. September 1918. Österreichisches Staatsarchiv, Wien / Haus-, Hof- und Staatsarchiv / Obersthofmeisteramt, Generalintendanz 1918, Kt. 422, 3770. 232. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. O. O. [11. September 1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 284. 233. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. O. O., 13. September 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 285.

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234. Leopold von Andrian an Max Reinhardt Briefentwurf. O. O., o. D. [ca. 13. September 1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 489. Der Briefentwurf lässt sich ungefähr auf den 13. September 1918 datieren. Andrians Antwort vom 14. September (Dok. 235) auf Hofmannsthals drängende Frage (vgl. Dok. 232 und 233), ob er das »Reinhardt-Memoire« (Dok. 228) erhalten habe, nimmt darauf Bezug. 235. Leopold von Andrian an Hugo von Hofmannsthal Depesche. Durchschlag. O. O., 14. September 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 489. 236. Max Reinhardt an Leopold von Andrian Telegramm. O.O., 16. September 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 489 f. 237. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. O. O., 19. September [1918]. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 285. 238. Hugo von Hofmannsthal an Leopold von Andrian Brief. O.O., 27. Oktober 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 291–293. 239. Rudolf Holzer  : »Der neue Kurs« Zeitschriftenartikel. In   : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 1 (1918), Nr. 2 (Oktober), S. 20–23, hier S. 22. 240. »Das Oesterreichische Festspielhaus in Salzburg« O. O., o. D. [ca. Oktober 1918]. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch (Festspielhaus-Gemeinde 1918). Als Verfasser dieses vermutlich im Oktober 1918 entstandenen Typoskripts kann Heinrich Damisch angenommen werden. Die Vermutung, dass diese Werbeschrift in den letzten Kriegstagen entstand, begründet sich zum einen aus dem einleitenden Hinweis auf »das sich nähernde Ende des Krieges«, sowie andererseits aus dem letzten Satz, in dem davon ausgegangen wird, dass bei den zukünftigen Festspielen »die deutsche Bühne und die deutsche Bühnenkunst« eine große Rolle spielen würden. Nachdem in früheren Werbetexten noch von der »österreichischen Bühnenkunst« die Rede war, scheint hier bereits die Perspektive eines Anschlusses an das Deutsche Reich anzuklingen.

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241. Max Reinhardt an Leopold von Andrian Telegramm. O.O., 13. November 1918. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian. Briefwechsel, S. 490. 242. Leopold von Andrian  : »Meine Tätigkeit als Generalintendant der Wiener Hoftheater« Zeitungsartikel. In  : Neue Freie Presse, 4. November 1928, Morgenblatt, Beil., S. 33 f. Es handelt sich bei diesem 1928 erschienenen Artikel um den zweiten Teil einer in Fortsetzung in drei Teilen erschienenen autobiografischen Erinnerung Andrians, der seine Demissionierung als Generalintendant der k.k. Hoftheater am 3. November 1918 für den Fall der Abdankung Kaiser Karl I. abgab. Dieser unterzeichnete am 11. November 1918 die Verzichtserklärung auf die Staatsgeschäfte und enthob seine Regierung des Amtes. 243. Erwin H. Rainalter  : »Ein Mozart-Festspielhaus in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 30. November 1918, S. 5 f. 244. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 14. Dezember 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–346. 245. Ludwig Sedlitzky an Rudolf von Lewicki Brief. Salzburg, 21. Dezember 1918. Ts.-Durchschlag  ; ISM, Mozart-Archiv, A III 16, 1918. 246. Hugo von Hofmannsthal an Richard Strauss Brief. Rodaun, 25. Dezember 1918. Veröff. in  : Richard Strauss. Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel. Gesamtausgabe. Hg. von Willi Schuh. 4. erg. Aufl. Zürich  : Atlantis 1970, S. 426–428. 247. Richard Strauss an Hugo von Hofmannsthal Brief. Garmisch, 29. Dezember 1918. Veröff. in  : Richard Strauss. Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel, S. 429–433. 248. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 30. Dezember 1918. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–348. 249. Leopold von Andrian  : »Reise in Deutschland vom 17ten Dec.018 bis 3ten Januar 1919« Tagebuchauszug. Veröff. in  : Prutsch, Zeyringer (Hg.)  : Leopold von Andrian, S. 484.

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250. Memorandum der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Ohne Verfasserangabe, o. O., o. D. [ca. Anfang 1919]. Ts.-Durchschlag  ; ASF. Entstanden vermutlich Anfang 1919. 251. Max Reinhardt an Alexander von Thurn und Taxis Telegramm. Oberhof (Thüringen), 19. Jänner 1919. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. 252. Bericht über die Finanz-Enquete vom 21. Jänner 1919 Veröff. in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 3 u. 4 (April), S. 19–31. Dem unter der Überschrift »Vereinsmitteilungen« veröffentlichten Bericht liegt ein Ts.-Entwurf mit hs. Ergänzungen im NL Gehmacher/Damisch zugrunde. In dem Satz »Allerdings ist dies den wahrscheinlichen Kosten gegenüber ein geringer Betrag.« (S. 452) wurde auf den Ts.-Entwurf zurückgegriffen  ; in der veröffentlichten Druckfassung heißt es »kein geringer«. In dem Satz »Götz von Berlichingen sagt  : Der Druck auf die Seele macht stark  !« (S. 454) wurde ebenfalls auf den Ts.-Entwurf zurückgegriffen  ; in der veröffentlichten Druckfassung heißt es »Druck auf die Stelle«. Die Rede von Paul Hammerschlag wird im Ts.-Entwurf ausführlicher und in einer von der Druckfassung teilweise abweichenden Fassung wiedergegeben. 253. Berta Zuckerkandl  : »Das Erste. Ein Wort zum Mozart-Festspielhaus in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Wiener Allgemeine Zeitung, 6 Uhr-Blatt, 24. Jänner 1919. Dem mit den Initialen »B. Z.« gezeichneten Zeitungsartikel ist das Datum »25. Jänner« vorangestellt. Eine gekürzte Fassung des Artikels findet sich in  : Berta Szeps-Zuckerkandl  : Ich erlebte fünfzig Jahre Weltgeschichte. Stockholm  : Bermann-Fischer 1939, S. 265–267. 254. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an das Staatsamt für Finanzen Briefentwurf / Entwurf eines Ansuchens. [Wien,] o. D. [27. Februar 1919]. Ts. mit hs. Anm.; NL Gehmacher/Damisch. Im NL haben sich neben einer hs. Fassung mehrere Ts.-Durchschläge mit zum Teil unterschiedlichen hs. Anmerkungen erhalten. Die Wiedergabe des Dokuments folgt jener Fassung, die als die zuletzt ausgearbeitete angesehen werden kann. Das Dokument trägt kein Datum, die endgültige Eingabe dürfte aber offensichtlich am 27. Februar 1919 abgesandt worden sein (vgl. Dok. 265, Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder, 28. Mai 1919).

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255. Franz Stibral  : Rede am 40. Mozarttag Rede, gehalten in Salzburg, 3. April 1919. Veröff. in  : Lang  : Mozarts Geburtshaus, S. 322–330. 256. »Richard Strauß kommt nach Wien…« [incip.] Zeitungsartikel, o. T. In  : Ostdeutsche Rundschau, 14. April 1919. 257. Hugo von Hofmannsthal  : »Deutsche Festspiele zu Salzburg« Zeitschriftenartikel. In   : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 3 u. 4 (April), S 1–3. Ein Abdruck dieses Artikels erschien auch in Das junge Deutschland 2 (1919), Nr. 8 (August) sowie in Der neue Tag, 21. September 1919. Es handelt sich hier um die erste programmatische Schrift Hofmannsthals zu den Salzburger Festspielen. Entstanden ist der Text vermutlich unmittelbar nach der Anfang Februar 1919 erfolgten Aufnahme Hofmannsthals in den Kunstrat der SFG. Zu Text und Entstehungsgeschichte vgl. Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 [1910–1919], S. 229–230  ; Kommentar S.  1036–1047. 258. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 22. April 1919. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 259. Rudolf von Lewicki an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 28. April 1919. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 260. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 29. April 1919. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L-2–354. 261. »Dr. Richard Strauß teilte der Direktion der Salzburger Festspielhausgemeinde drahtlich mit…« [incip.] Zeitungsartikel, o. T. In  : Ostdeutsche Rundschau, 5. Mai 1919. 262. Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki Brief. [Berlin,] 6. Mai 1919. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 4–137. Briefkopf mit Stempel »Lilli Lehmann-Kalisch, Grunewald-Berlin, Herbertstrasse 20«.

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263. Rudolf von Lewicki an Lilli Lehmann Brief. Wien, 15. Mai 1919. Ms.; StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann, Sign. L 2–356. 264. Hugo von Hofmannsthal an Max Reinhardt Brief. Rodaun, 26. Mai 1919. Veröff. in  : Leonhard M. Fiedler  : »… dem wirklichen Regisseur« – Hugo von Hofmannsthals Briefe an Max Reinhardt. In  : Ingrid Nohl (Hg.)  : Ein Theatermann. Theorie und Praxis. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ralf Badenhausen. München 1977 (Selbstverlag), S. 88–113, hier S. 96 f. Als Ms. im Theatermuseum, Wien, Inv.-Nr. HS_AM13171Re. 265. »Besprechung der Direktions- und Kunstratsmitglieder der Salzburger FestspielhausGemeinde« Protokoll. [Wien,] 28. Mai 1919. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 266. Hugo von Hofmannsthal an Max Reinhardt Brief. Rodaun, 29. Mai 1919. Veröff. in  : Fiedler  : »… dem wirklichen Regisseur«, S. 97 f. Als Ts. im Theatermuseum, Wien, Inv.-Nr.: HS_AM13172Re. Im ersten Satz des Briefes wurde in der Passage »… Ihnen schnellstens mitzuteilen, daß die Dinge…« die Konjunktion »daß« emendiert (im Ts. und im veröffentlichten Text bei Fiedler steht »das«). 267. Heinrich Damisch an Richard Strauss Brief. Wien, 13. Juni 1919. Ts.-Abschrift.; ASF und NL Damisch-Gehmacher. 268. Richard Strauss an Hugo von Hofmannsthal Brief. Garmisch, 17. Juni 1919. Veröff. in  : Richard Strauss. Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel, S. 444. 269. Hugo von Hofmannsthal an Richard Strauss Brief. Rodaun, 21. Juni 1919. Veröff. in  : Richard Strauss. Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel, S. 444–446. 270. Erwin Kerber an Bernhard Paumgartner Brief. Salzburg, 21. Juli 1919. Ts.; Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner.

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Briefpapier »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Sekretariat Churfürststraße 1, Zweigverein Salzburg«. 271. Heinrich Damisch an Franz Schalk Brief. Wien, 5. August 1919. Ms.; Österreichische Nationalbibliothek, Wien / Musiksammlung, F 18 Schalk 275. Briefkopf  : »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 272. Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde beschließt die Einleitung eines Planungsprozesses zur Errichtung eines Festspielhauses Zeitschriftenveröffentlichung. In  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 9 (September), S. 22. Die Meldung erschien ohne eigenen Titel zusammen mit anderen gesammelt in der Kategorie »Mitteilungen der Direktion«. 273. »Generalversammlung der Salzburger Festspielhausgemeinde« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 18. August 1919, S. 4. Der Text erschien zugleich in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 9 (September), S. 19–21. Die Passage »womit auch der deutschen Nation und Sache ein großer Dienst … im Auslande leider vermißt wurde.« (S. 489) fehlt im ansonsten gleichlautenden Bericht über Hofmannsthals Rede in den Mitteilungen der Salzburger Festspielhausgemeinde. 274. »Das Festspielhaus in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 26. August 1919, S. 5. 275. Einar Nilson  : »›Jedermann‹ am Domplatz  ?« Entwurf einer Autobiografie. Ts.; ASF. Nilsons Erinnerungsbericht erweckt den Eindruck, als ob Max Reinhardt bereits im Herbst 1919 die Entscheidung gefasst habe, Hofmannsthals Jedermann am Domplatz zur Aufführung zu bringen. Sieht man davon ab, dass diesbezügliche Vorüberlegungen möglicherweise schon zu diesem Zeitpunkt bestanden, so datiert der Entschluss von Reinhardt und der SFG zur Aufführung des Jedermann von Mitte April 1920 (vgl. Dok. 308, Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920), und auch zu diesem Zeitpunkt stand der Schauplatz der Aufführung noch nicht fest. Das Einverständnis von Fürsterzbischof Ignaz Rieder zur Aufführung am Domplatz datiert erst von Mitte Juli 1920 (vgl. Dok. 312, M. Reinhardt an Ignaz Rieder, 16. Juli 1920). Ob Friedrich Gehmacher den Kontakt zwischen Reinhardt und Rieder vermittelte,

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wie Nilson es schildert, lässt sich quellenmäßig weder verifizieren noch ausschließen. Emmanuel Jenal, Magistratsbeamter und Funktionär der SFG, bringt eine andere Version, wonach der Vorschlag zur Aufführung des Jedermann auf dem Domplatz von Erwin Kerber, dem Sekretär der SFG, stammte (vgl. Emmanuel Jenal  : Der Kampf um die Salzburger Festspiele, Ts., ASF, S. 5). Von Berta Zuckerkandl wiederum ist eine Version überliefert, bei der Reinhardt in ihrer Anwesenheit die Idee entwickelt habe, »Jedermann am Domplatz aufzuführen« (Berta Zuckerkandl  : Österreich intim. Erinnerungen 1892–1942.  Wien  : Amalthea 1981, S. 137). 276. Max Reinhardt an Helene Thimig Telegramm. Salzburg, 7. September 1919. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 989, 2.2.1.59. 277. Egon Wellesz  : »Die Idee, in Salzburg Sommerspiele zu veranstalten…« [incip.] Zeitungsartikel, o. T. In  : Der Neue Tag, 21. September 1919. 278. Gusti Adler an Hugo von Hofmannsthal Briefentwurf . Salzburg, 21. September 1919. Ms.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 1565, 2.5.296 Tw. veröffentlicht in  : Gusti Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen. Erinnerungen an Max Reinhardt. München, Wien  : Langen Müller 1980, S. 103. Die Transkription des Dokuments folgt der bereits in der Teilveröffentlichung bei Adler gewählten Schreibweise. 279. Max Reinhardt an Helene Thimig Telegramm. Salzburg, 24. September 1919. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 989, 2.2.1.60. 280. Salzburger Festspielhaus-Gemeinde an Bernhard Paumgartner Brief. Salzburg, 26. September 1919. Ts.; Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner (Ordner Diverse-Korrespondenz). Briefpapier »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Sekretariat Churfürststraße 1, Zweigverein Salzburg«. 281. Aufruf der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde Veröff. in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 10 (Oktober), S. 1–4.

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282. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Brief. Bad Aussee, 4. Oktober 1919. Ms.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZHP 1565, 2.6.241. Tw. veröff. in  : Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen, S. 104. Die Transkription des Dokuments folgt der bereits in der Teilveröffentlichung bei Adler gewählten Schreibweise. 283. »Weihnachtsspiele in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Ostdeutsche Rundschau, 10. Oktober 1919. Die Verfasserangabe fehlt  ; es liegt jedoch nahe, Heinrich Damisch als Autor anzunehmen. 284. Max Mell an Bernhard Paumgartner Brief. O. O., [26. Oktober 1919]. Ms.; Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner. 285. Friedrich Gehmacher und Emil Funder an unbekannt Brief. Salzburg, 29. Oktober 1919. Ts.; ASF, A-1–17, Gründungsunterlagen. Briefpapier »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Sekretariat  : Churfürststraße 1, Zweigverein Salzburg«. 286. Josef Hoffmann und Hans Poelzig werden von der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde mit der Ausarbeitung von Ideenprojekten für ein Festspielhaus betraut Veröff. in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 2 (1919), Nr. 11 (November), S. 16. Die Meldung erschien ohne eigenen Titel zusammen mit anderen gesammelt in der Kategorie »Mitteilungen der Direktion«. 287. Rudolf Pannwitz an Hugo von Hofmannsthal Brief. Bad Gastein, 4. November 1919. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal. Rudolf Pannwitz. Briefwechsel 1907–1926. Hg. von Gerhard Schuster. Frankfurt/M.: S. Fischer 1994, S. 414–417. 288. Erwin Kerber an Friedrich Gehmacher (jun.) Brief. Salzburg, 8. November 1919. Ts.; ASF A-1–17, Gründungsunterlagen. Briefpapier »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, Sekretariat  : Churfürststraße 1, Zweigverein Salzburg«.

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289. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg Brief / Wochenbericht. [Wien,] 14. November 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Vermutlich von Heinrich Damisch verfasst. 290. Heinrich Damisch an den Zweigverein Salzburg Brief. [Wien,] 17. November 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Wie die handschriftlichen Zusätze des Briefes erkennen lassen, war der Brief an Friedrich Gehmacher gerichtet. 291. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg Brief / Wochenbericht. [Wien,] 21. November 1919. Ts.-Durchschlag.; NL Gehmacher/Damisch. 292. Heinrich Damisch an den Zweigverein Salzburg Brief. [Wien,] 25. November 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. 293. Hugo von Hofmannsthal an Paul Hellmann Brief. Rodaun, 3. Dezember 1919. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal. Briefe an Irene und Paul Hellmann. Hg. von Werner Volker. In  : Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 11 (1967), S. 170– 224, hier S. 187. 294. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 9. Dezember 1919. Ts.-Durchschlag  ; ASF. Briefkopf  : Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«. 295. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 10. Dezember 1919. Ts.-Durchschlag.; ASF. Briefkopf  : Verein »Salzburger Festspielhaus-Gemeinde«. 296. Festspielhaus-Gemeinde Wien an den Zweigverein Salzburg Brief / Wochenbericht. [Wien,] 12. Dezember 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch.

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297. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 12. Dezember 1919. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefkopf  : »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 298. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Brief. Rodaun, 17. Dezember 1919. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 1565, 2.6.242. Tw. veröff. in  : Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen, S. 124. Die Transkription des Dokuments folgt der bereits in der Teilveröffentlichung bei Adler gewählten Schreibweise. 299. Friedrich Gehmacher an Heinrich Damisch Brief. [Salzburg,] 19. Dezember 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Auf der Rückseite der letzten Seite des Durchschlags findet sich eine vom 1. Jänner 1920 datierte handschriftliche Ergänzung an Emil Ronsperger  : »Lieber Herr Direktor  ! Instehender Brief ist am 19. d. M. an Damisch abgegangen. Er scheint sein Ziel nicht erreicht zu haben. Ich übersende Ihnen die Copie mit der Bitte um deren gelegentl[iche] Rücksendung und Ihre Meinungsäußerung. Auf Ihr heute in meinen Besitz gekommenes Schreiben werde ich in Kürze zurückkommen. Alles Herzliche zum Jahreswechsel  ! Ihr ergebener F. Gehmacher. 1/1 20« 300. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 29. Dezember 1919. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 301. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 17. Jänner 1920. Ms.; NL Gehmacher/Damisch. 302. Emil Ronsperger an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 5. Februar 1920. Ts.-Durchschlag  ; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien].

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303. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 13. Februar 1920. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. Der Brief ist im Nachlass nur unvollständig, mit dem ersten auf vier Seiten beschriebenen Bogen erhalten. 304. Hugo von Hofmannsthal  : »Die Salzburger Festspiele« Veröff. in  : Hofmannsthal  : Reden und Aufsätze 3 [1910–1919], S. 231–235  ; Kommentar S. 1048–1052. Ursprünglich publiziert als nicht paginiertes Faltblatt ohne Namensnennung Hofmannsthals. Wegen der Form eines belehrenden Frage- und Antwort-Spiels auch als »Katechismus« der Salzburger Festspiele bekannt. Die Erwähnung von Hofmannsthals »Katechismus« durch Damisch in den Dok. 290, 303 und 306 deutet darauf hin, dass dieser frühestens im Februar 1920 veröffentlicht wurde und nicht, wie bisher vermutet, bereits im Sommer oder Herbst 1919. Erstmals unter dem Namen Hofmannsthals und mit dem Titel »Der erste Aufruf zum Salzburger Festspielplan« veröffentlicht wurde der »Katechismus« in  : Hugo von Hofmannsthal  : Festspiele in Salzburg. Wien  : Bermann-Fischer 1938, S. 33–38. Im NL Gehmacher/Damisch hat sich dazu auch ein geringfügig abweichender Ts.Durchschlag erhalten. In dem Absatz »Wann sollen solche Festspiele stattfinden  ?« (S. 544) fehlt in dem Ts.-Durchschlag die Passage »auch zu Ostern und zu Pfingsten«. In dem Absatz »Der Faust ist ein schweres Werk, eine Speise für die Gebildeten, was wollt ihr damit  ?« heißt es anstelle von »das naivste Publikum« (S. 545) im Ts.Durchschlag »das naive Publikum«. In dem Absatz »So wollt ihr das bunt Theatralische mit dem Geistigen mischen  ?« heißt es anstelle von »einmal wirklich erfüllen« (S. 545) im Ts.-Durchschlag »wirklich einmal erfüllen«. 305. Karl Renner an Alexander von Thurn und Taxis Brief. Wien, 23. Februar 1920. Ts.-Abschrift  ; NL Gehmacher Damisch. 306. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 28. Februar 1920. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien].

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307. Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher Brief. Wien, 9. März 1920. Ts.; NL Gehmacher/Damisch. Briefpapier »Verein ›Salzburger Festspielhaus-Gemeinde‹« [Wien]. 308. Beschluss des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zur Aufführung des »Jedermann« im August 1920 Veröff. in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 (1920), Nr. 4 (April), S. 16. 309. Bericht des Zweigvereines Salzburg der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde über die Vorarbeiten für die Aufführung von »Jedermann« Veröff. in  : Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde 3 (1920), Nr. 6 (Juni), S. 12 f. 310. Hugo von Hofmannsthal an Anna Bahr-Mildenburg Brief. Salzburg, 11. [Juni] 192[0]. Veröff. in  : Hugo und Gerty von Hofmannsthal – Hermann Bahr. Briefwechsel 1891– 1934. Hg. und komm. von Elsbeth Dangel-Pelloquin. Göttingen  : Wallstein 2013, Bd. 1, S. 398. Der Brief ist überschrieben mit »Salzburg, am 11ten 192«. Die Herausgeberin datiert den Brief auf den 11. Juni 1920. 311. Gusti Adler an Hugo von Hofmannsthal Brief. O. O., 29. Juni 1920. Ts.-Durchschlag  ; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, 2.5.298. 312. Max Reinhardt an Ignaz Rieder Brief. Salzburg, 16. Juli 1920. Ts.; Archiv der Erzdiözese Salzburg, AT-AES 6.16 Nr. 28. Veröff. in  : Max Reinhardt. Leben für das Theater. Briefe, Reden, Aufsätze, Interviews, Gespräche, Auszüge aus Regiebüchern. Hg. von Hugo Fetting. Berlin  : Argon-Verlag 1989, S. 226 f. Ein Faksimile findet sich unter  : http://salzburg-geschichte-kultur.at/brief-max-reinhardts-an-fuersterzbischof-ignazrieder/, 20.4.2020. Die zustimmende Antwort des Salzburger Erzbischofs Ignaz Rieder vom 21. Juli 1920 findet sich wiedergegeben in  : Hugo von Hofmannsthal. Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes und Max Reinhardts Inszenierungen. Texte, Dokumente, Bilder. Hg. von Edda Fuhrich unter Mitwirkung von Edda Leisler und

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Gisela Prossnitz. Max Reinhardt-Forschungsstätte Wien, Salzburg. Frankfurt/M.: S. Fischer 1973, S. 191 f.: »Für das freundliche Schreiben do. 16. Juli ergebenst dankend, kann ich nur wiederholen, daß ich mich vom Herzen freue, wenn dieses tiefergreifende Spiel zur glücklichen Aufführung kommt  ; es wird einen mächtigen reinigenden Eindruck machen. Für alle Arbeiten, die Sie, hochgeehrter Herr, im Dienste idealer Zwecke machen, bestens dankend, bin ich Ihr ganz ergebener Dr. Ignaz Rieder Fürsterzbischof von Salzburg«. 313. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Brief. Rodaun bei Wien, 20. Juli 1920. Ts.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 1565, 2.6.243. Tw. veröff. in  : Adler  : … aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen, S. 93. Die Transkription des Dokuments folgt der bereits in der Teilveröffentlichung bei Adler gewählten Schreibweise. 314. Hugo von Hofmannsthal an Gusti Adler Brief. Rodaun, 23. Juli 1920. Ms.; Wienbibliothek, Teil-NL Max Reinhardt, Sign. ZPH 1565, 2.6.244. 315. Richard Strauss an Franz Schalk Briefnotiz  ; Garmisch, 26. Juli 1920. Veröff. in  : Richard Strauss – Franz Schalk. Ein Briefwechsel. Hg. von Günter Brosche. Tutzing  : Schneider 1983 (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, München, 6), S. 179 f., hier S. 180. Der wiedergegebene Text lag offenbar als Notiz dem Brief vom 26. Juli 1920 bei. 316. Franz Schalk an Richard Strauss Brief. Längenfeld (Tirol), 31. Juli 1920. Veröff. in  : Richard Strauss – Franz Schalk. Ein Briefwechsel, S. 183 f. 317. Hermann Bahr an Josef Redlich Brief. Salzburg, 14. August 1920. Veröff. in  : Fritz Fellner (Hg.)  : Dichter und Gelehrter. Hermann Bahr und Josef Redlich in ihren Briefen 1896–1934.  Salzburg  : Neugebauer 1980 (= Quellen zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, 2), S. 420 f. 318. Otto Drinkwelder an Bernhard Paumgartner Brief. Salzburg, 20. August 1920.

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Ts.; Univ. Sbg., NL Bernhard Paumgartner (Ordner Chronik 1916–1929, Korrespondenz). 319. »Generalversammlung der Festspielhausgemeinde« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 23. August 1920, S. 2 f. 320. Erwin H. Rainalter  : »›Jedermann‹ in Salzburg« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 23. August 1920, S. 3. In der Ausgabe des Salzburger Volksblatts vom 24. August 1920 (S. 3) erschien unter dem Titel »Gespräch mit dem Regisseur Max Reinhardts« die Wiedergabe eines Gesprächs Erwin H. Rainalters mit Max Reinhardts Sekretär und Direktionsassistenten Richard Metzl (vgl. dazu auch den »Abriss der Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele« im vorliegenden Band, S. 103). 321. »Zur ›Jedermann‹-Aufführung« Zeitungsartikel. In  : Salzburger Volksblatt, 1. September 1920, S. 4. 322. Hermann Bahr an Josef Redlich Brief. Salzburg, 26. September 1920. Veröff. in  : Fellner (Hg.)  : Dichter und Gelehrter, S. 423 f. 323. Hugo von Hofmannsthal an Rudolf Pannwitz Brief. Rodaun, 17. November 1920. Veröff. in  : Hugo von Hofmannsthal. Rudolf Pannwitz. Briefwechsel 1907–1926, S. 553–556. 324. Otto Manthey-Zorn  : Stimmungsbericht eines Amerikaners aus Salzburg im August 1920 Veröff. in  : Otto Manthey-Zorn  : Germany in Travail. Boston  : Marshall Jones Company 1922, S. 126–131  ; sowie  : https://www.questia.com/read/61516990/germanyin-travail/, 8.5.2020.

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Abb. 1  : Friedrich Gehmacher. [ISM Mozart-Archiv]

Abb. 2  : Heinrich Damisch [ASF – Photo Fayer Wien]

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Abb. 3  : Lilli Lehmann. [ISM Mozart-Archiv]

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Abb. 4  : Lilli Lehmann an Rudolf von Lewicki, Brief vom 6. September 1916. Siehe auch Quellenteil Dok. 37. [StaBi Berlin, NL Lilli Lehmann]

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Abb. 5  : Erster Aufruf der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde vom Jänner 1918. Siehe auch Quellenteil Dok. 164. [NL Gehmacher/Damisch]

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Abb. 6  : Heinrich Damisch an Friedrich Gehmacher, Brief v. 9. Jänner 1918. Sie auch Quellenteil Dok. 165. [Nachlass Gehmacher/Damisch]

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Abb. 7  : Max Reinhardt, 1922. [AGK images 1060830]

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Abb. 8  : Helene Thimig, 1917. [AKG images 79445]

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Abb. 9  : Hugo von Hofmannsthal, 1920. [AKG images 1048768]

Abb. 10  : Umschlagblatt der Mitteilungen der ­Salzburger Festspielhausgemeinde

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Abb. 11  : Hugo von Hofmannsthals erste Programmschrift über Festspiele in Salzburg. Siehe auch Quellenteil Dok. 257.

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Abb. 12  : Besichtigung der Baustelle des Mozarteums-Neubaus, vermutlich Frühjahr 1914. [ISM Mozart-Archiv] Von links  : Rudolf von Lewicki, Friedrich Gehmacher, Marie Lehmann, Hermann ­K erber, Lilli Lehmann, Franz Stibral, Ludwig Sedlitzky, Schuster. Nächste Seite: Abb. 13  : Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde, aufgenommen nach einer Direktionssitzung im Marmorsaal von Schloss Mirabell, 1919. [ASF] Sitzend, von links  : Friedrich Gehmacher, Karl Ritter von Wiener, Heinrich Damisch. Stehend, von links  : Richard Tomaselli, Arthur Sacher, Franz Willvonseder, Sektionsrat Gustav Huber, ­R ichard Mayr, Edwin Schurich, Emil Ronsperger, Georg Jung, Richard Wagner, Paul Hellmann, Arthur Schey. Abb. 14  : Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde nach einer Direktionssitzung im Hof der Residenz, 1920. [ASF] Sitzend, von links  : Eugen Merkl (Berlin), Edwin Schurich, Arthur Schey, Franz Willvonseder. Stehend, von links  : Richard Wagner, Arthur Sacher, Friedrich Gehmacher, Heinrich Damisch, Botschek, Hans Poelzig, ­Josef Ridler, Emil Ronsperger, Adolf Frank, Hartmann, Emanuel Jenal, Heinrich Clessin, Richard Tomaselli.

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Abb. 15  : Programmzettel der »Jedermann«-Aufführungen im August 1920. [ASF]

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Abb. 16  : »Jedermann«-Aufführung 1920. [ASF – Photo Maximilian Kartnitschnigg]

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Abb. 17  : Die Direktion der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde mit mehreren Gästen auf dem von der ­Festspielhaus-Gemeinde in Aussicht genommenen Bauplatz im Park von Schloss Hellbrunn, Sommer 1920. [Privatarchiv Klemens Renoldner] Hans Poelzig (1), Otto Manthey-Zorn, Boston (2), Friedrich Gehmacher (3), Eduard Hütter (4), Emil Ronsperger (5), Richard Tomaselli (6), Arthur Schey (7), Redakteur Emil Schiffmann (8), Paul Hellmann (9), Heinrich Damisch (10), unbekannt (11), Julius Leisching (12), Arthur Neusser (13).

Literaturverzeichnis Nachfolgend angeführt werden hier alle selbstständig sowie in Sammelbänden bzw. Brief- und Gesamtausgaben oder in Zeitschriften erschienenen primären Quellen sowie die zitierte Sekundärliteratur. Einzelne Artikel aus Tageszeitungen sowie Texte aus Periodika der Internationalen Stiftung Mozarteum (Mozarteums-Mitteilungen, Jahresberichte u. a.) sowie aus den Mitteilungen der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde werden nicht gesondert ausgewiesen und finden sich direkt in den Fußnoten des Textteils bzw. im editorischen Anhang sowie im Abriss zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele angeführt. In einzelnen Publikationen mit primären Quellentexten finden sich auch erläuternde, kommentierende und sekundäre Texte.

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Personenregister Heinrich Damisch und Friedrich Gehmacher als die beiden zentralen Briefpartner und Figuren des vorliegenden Bandes werden im nachfolgenden Register nicht gesondert ausgewiesen. Eine biografische Darstellung ihrer Personen findet sich im Kapitel »Abriss zur Gründungsgeschichte der Salzburger Festspiele« (S. 50–55). Zu einer Vielzahl an Personen finden sich bei deren erstmaliger Nennung biografische Fußnotenanmerkungen. In einzelnen Fällen befinden sich diese auf den kursiv ausgewiesenen Seiten. Adam, Josef 514 Adler, Gusti (Auguste) 71, 74, 75, 97, 98, 101, 495 – 497, 503, 529, 560, 563, 565, 567, 624, 625, 627, 629, 630 Adler, Victor 496 Aischylos 472 Alfieri, Vittorio 422 Allizé, Henri 537, 539, 542, 558 Andrian-Werburg, Leopold von 12, 85, 86, 88 – 92, 94, 106, 406, 407, 417 – 420, 424, 428, 431 – 436, 438, 444, 484, 507, 508, 585, 615 – 619 Antropp, Theodor 378, 393, 514 Apfelbeck, Alois 551, 552, 558 Artaria, Karl August 86, 273, 391, 400, 407, 408, 410 – 412, 427 – 429, 448, 450, 455, 457, 488 Artôt de Padilla, Lola 369, 612 Auernheimer, Raoul 488, 580 Auersperg, Karl Maria Alexander von 409 Auersperg, Karl Wilhelm Philipp von 409 Außerer, Alois 565 Bahr, Hermann 47, 66 – 69, 97, 102, 106, 241, 381, 384, 415, 424, 426, 427, 435, 436, 562, 569, 578, 598, 630, 631 Bahr-Mildenburg, Anna 68, 241, 363, 562, 563, 579, 629 Bailey-Apfelbeck, Marie Louise 551 Baillou, Franz Freiherr von 480, 488, 570 Baldi, Alois 65, 196, 225, 401 Baldi, Gregor 151 Bardach, Emil 146, 159 Bardach, Otto 146 Bartels, Adolf 318 Baudisch, Franz 447

Baumann, Ludwig 452 Beer-Hofmann, Paula 417 Beer-Hofmann, Richard 88, 89, 407, 417, 418, 538, 615, 616 Beethoven, Ludwig van 42, 154, 383, 489, 544, 582 Beinkofer, Josef 488, 570 Berchtold, Leopold Graf 419 Berkovitz, Ernst 524 Bernau, Alfred 515 Berndl, Richard 51, 301, 315 Bertel, Eduard 28 – 30, 34, 35, 48, 403 Bianchi, Bianca 28, 107, 126, 127, 193, 240 Bienenfeld, Elsa 103 Bittner, Julius 511, 526 Bittner, Karl 552, 559 Blaschczik, Johann 447 Blasel, Karl 143 Bleibtreu, Hedwig 562, 576 Bloch, Richard 514 Blümel, Alfons 146, 159 Böhler, Hans 147, 148 Bonaparte, Napoleon 298, 548 Borscht, Wilhelm von 70 Bosetti, Hermine 369 Botstiber, Hugo 516 Brahms, Johannes 21, 38 Bruckner, Anton 38, 42, 383, 582 Büchner, Georg 368 Buchroithner, Engelberth 505 Bünsch, Richard 401 Bürger, Irene 281, 374, 613 Burghardt, Max Eugen 67 Busch, Wilhelm 297

Personenregister Busoni, Ferruccio 224 Calderón de la Barca, Pedro 73, 87, 88, 97, 264, 416, 419, 423, 460, 472, 497, 499, 544, 582 Cicero, Marcus Tullius 298 Claus, Albrecht 159, 377, 393 Claus-Neuroth, Lilly 159 Clessin, Heinrich 640 Colloredo-Mansfeld, Ferdinand Graf von 406, 418, 419, 426 Cornelius, Peter 20 Cortolezis, Fritz 370, 568 Culp, Julia Bertha 377 Dahmen, Charlotte 147, 156 Damisch, Edith 9, 14, 281 Damisch, Irmgard 281 D’Andrade, Francisco 153 Degenfeld, Ottonie Gräfin 102, 567 Demel, Carl 27 – 33, 35 – 39, 41, 43, 48, 403 Dessauer, Hans 133, 139 Deutsch, Ernst 387 Dieterle, Wilhelm 575 Dinghofer, Franz 461 Dobler, Michael 570 Dostal, Nico 159 Drinkwelder, Otto 569, 630 Duhan, Hans 147, 280, 541 Dukes, Siegmund 514 Duncan, Elizabeth 67 Duncan, Isadora 67 Duse, Eleonora 67 Dvořák, Antonín 383 Dvorsky, Karl 478 Eckardt, Johannes 315, 607 Edelmann, Adolf 514 Eder, Albert 21 Eger, Paul 144 Ehmig, Viktor Freiherr von 75, 141, 169, 223 – 225, 274, 346, 348, 352, 356, 366, 553, 609 Eichendorff, Joseph von 383 Endmoser, Franz 354 Engl, Johann Evangelist 444, 475 Erzherzog Eugen von Österreich 371 – 373, 587 Erzherzog Karl von Österreich 371 Erzherzog Rainer von Österreich 306

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Eulenberg, Herbert 368 Euripides 472 Fall, Leo 543, 551 Fanto, Robert 81 Farrar, Alice Geraldine 153 Faure, Jean-Baptiste 32 Fellner, Ferdinand 31, 33, 34, 36, 47, 201, 403, 452 Fesch, Milos von 447, 454 Fischer von Erlach, Johann 382 Fitzner, Rudolf 59, 241, 487, 489 Flick, Hermine von.  Siehe Bosetti, Hermine;  Siehe Bosetti, Hermine Foll, Ferdinand 541 Franckenstein, Clemens von 369, 425 Frank, Adolf 401, 408, 412, 488, 553, 573, 640 Frankl, Eduard 514 Franz Joseph I., Kaiser von Österreich 27, 39, 42, 71, 169 Freisauff, Rudolf von 25, 46, 47, 52 Frick, Wilhelm 574 Frid, Gustav 81, 378, 393, 448, 542 Funder, Emil 402, 448, 505, 524, 542, 625 Funder, Friedrich 402 Gadski, Johanna 153 Gallas, Josef Anton 552 Gallos, Hermann 147 Gehmacher, Friedrich (Enkel) 9, 14 Gehmacher, Friedrich (Sohn) 11, 508, 553, 625 Gehmacher, Maria (Mitzi) 219, 281, 553, 603 Gehmacher, Max 402 Gehmacher, Max jun. 402 George, Heinrich 576 George, Stefan 406, 436 Geyer, Emil 511, 516 Geyling, Remigius 159, 179 Ginzkey, Franz Karl 400 Ginzkey, Wilhelm Ritter von 377, 378, 393, 427, 479 Gleis, Kurt 514 Glöckel, Otto 480, 488, 570, 572, 579 Gluck, Christoph Willibald 48, 471, 472, 544 Goethe, Johann Wolfgang 48, 162, 460, 471, 492, 544, 546, 548, 577 Gorki, Maxim 66, 69

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Personenregister

Gorlitzer, Nikita 147, 159, 283 Gorlitzer, Wilhelm 146, 159, 377, 393 Grabscheid, Emil 514 Graf, Adolf 394 Graf, Max 146, 159 Grevenberg, Julius 511 Grillparzer, Franz 48, 73, 265, 423, 441, 472, 544, 582 Groenen, Josef 146, 159 Grube, Karl 81, 376, 613 Gschnitzer, Mathias 21 Gustav Mahler 170 Gutheil-Schoder, Maria 153 Gutmann, Albert 358, 359, 367, 512 Gutmann, Hans von 81 Haas, Philipp Freiherr von 447 Hackel, Heinrich 196, 200, 205, 206, 214, 220, 227, 236, 274, 292 Haeberlein, Betti 394 Hahn, Reynaldo 42 Halstead, Albert 552 Hammerschlag, Paul 447, 455, 457, 458, 620 Hanslick, Eduard 20, 23, 24, 41 Hartel, Karl Ritter von 524, 527 Hartenau-Battenberg, Johanna Gräfin von 57, 121, 122, 141, 144, 167, 189, 270, 371, 587 Hartmann, Ludo 498 Hauptmann, Carl 368, 612 Hauptmann, Gerhart 70, 368, 440 Hauser, Johann 461 Haydn, Joseph 453, 489 Hebbel, Friedrich 48 Heims, Else 367, 417, 614 Heindl, Eduard 570, 571 Heine, Albert 445, 568 Heine, Wolfgang 579 Heller, Hugo 359, 360, 542 Hellmann, Irene 518 Hellmann, Paul 10, 11, 14, 81, 518, 535, 536, 542, 554, 566, 573, 626, 640, 644 Helmer, Hermann 31, 33, 34, 36, 47, 201, 403, 452 Herder, Johann Gottfried 548 Hertzka, Emil 543 Hetsey, Alice 392 Hildmann, Richard 488, 570, 573

Hiller-Schönaich, Karl Freiherr von 75, 350, 353, 488, 570 Hirschfeld, Robert 107, 123 Hitler, Adolf 54 Hoffmann, Josef 96, 478, 482, 505, 513, 625 Hofmannsthal, Hugo von 9, 11 – 14, 17, 47, 67, 69, 81, 86 – 98, 100 – 104, 106, 149, 241, 369, 387, 406, 407, 417 – 420, 424, 426, 427, 431 – 434, 436, 438, 439, 443, 461, 471, 477 – 479, 481 – 485, 487 – 489, 496, 497, 501, 503, 507, 512, 513, 518, 524, 529, 535, 543, 551, 560, 562 – 565, 567, 568, 573 – 575, 577, 579, 580, 582, 615 – 619, 621 – 631, 638, 639 Hollaender, Felix 67 Holzer, Rudolf 87, 88, 392, 411 – 413, 435, 488, 500, 510, 616, 618 Huber, Gustav 640 Hülsen-Haeseler, Georg von 370 Hummel, Joseph Friedrich 24, 26, 38 Hummel, Walter 58, 127 Humperdinck, Engelbert 435 Hunyady, Josef Graf 439 Hupfauf, Maria 199, 240 Huttary, Josef 65, 138, 141, 166, 196, 200, 205, 224, 227, 236, 238, 239, 274, 287, 288, 306, 308, 322, 326 – 328, 331, 333, 336, 339, 347, 349, 352, 356, 357, 360 – 362, 473 – 476, 606 – 608, 610, 611 Hütter, Eduard 53, 644 Ibsen, Henrik 67 Irresberger, Karl 197, 274 Itzinger, Karl 148, 159 Itzinger, Karl jun. 148, 159 Jacobsohn, Siegfried 78, 79 Jahn, Wilhelm 32, 37 Jenal, Emanuel 640 Jenal, Emmanuel 624 Jeritza, Maria 388 Joachim, Joseph 20 Jukel, Carl 449 Jung, Georg 77, 86, 180, 207, 299, 334, 336, 337, 350, 357, 358, 364, 366, 371 – 374, 402, 405, 408, 410, 411, 427, 429, 448, 451, 457, 458, 479 – 481, 483, 484, 494, 516, 517, 526, 531, 538, 553, 558, 640

Personenregister Jung, Georg jun. 517 Kafka, Franz 51 Kahane, Arthur 67, 435, 508 Kalbeck, Max 25 Kalisch, Paul 198, 201, 234 Kaltenbrunner, Karl 143, 183, 238, 274, 275, 285, 340, 366, 373 Karajan, Herbert von 121, 156 Karl I., Kaiser von Österreich 92, 379, 426, 613, 619 Karpath, Ludwig 44 – 47, 443 Kautsky, Karl 81, 146 Keldorfer, Viktor 159 Kerber, Erwin 53, 97, 130, 479, 486, 508, 530, 542, 550, 553, 558, 571, 573, 622, 624, 625 Kerber, Hermann 37, 38, 58, 67, 74, 130, 131, 148, 166, 169, 179, 183, 185, 199, 202, 205, 218, 222 – 225, 227, 229, 233, 274, 309, 327, 349, 352, 356, 363, 364, 371, 372, 479, 587, 588, 593, 596, 607, 611, 612, 640 Kessler, Harry Graf 68 Kestranek, Wilhelm 115 – 120, 161, 167, 185, 199, 239, 362 Kiener, Heinrich 494 Kienzl, Wilhelm 240 Kilian, Eugen 368 Kiurina, Berta 147, 282, 487 Kleindienst, Jenny 614 Klein, Josef 192, 196, 200, 205, 218, 227, 236, 494 Klitsch, Wilhelm 516 Klotz, Petrus 552 Knepler, Hugo 358, 359, 367, 373, 542 Kobald, Karl 396, 488, 506, 509, 524, 527 Koflern, Sigmund von 18 König, Otto 574 Konstantin, Leopoldine 387 Konta, Robert 488 Korner, Gustav 447 Körner, Hermine 387 Korngold, Julius 41, 43, 45 Kratochwill, Johann 402 Kraus, Ernst 395 Krauß, Werner 563, 566, 576 Kröller, Georg 499 Kröller-Müller, Helene 499 Krückl, Heinrich 272

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Krumpholz, Mauriz 273, 282, 308, 354, 367, 377, 378, 393, 394, 397, 407, 408, 412, 427, 448, 479 Kubin, Paul 526, 530, 537 Kuenburg, Gandolph Graf von 39, 41, 45, 131, 210 Kühne, Friedrich 387 Kunwald, Gottfried 55, 514 Künzelmann, Ferdinand 78 – 80, 82 – 84, 86, 342, 375, 384 – 386, 392, 410, 426, 609, 612 – 614 Kurz, Selma 527 Kurzwernhart, Konstantin 268, 269, 401, 408, 427, 448 Lamoureux, Charles 32 Lange, Raul 574 Ledwinka, Franz 121, 283, 295 Léhar, Franz 219 Lehmann, Lilli 11, 40 – 44, 46, 56 – 61, 65, 72, 74 – 77, 79, 114, 127, 130, 131, 137 – 139, 141, 144, 145, 153, 158, 160, 165 – 168, 171, 172, 174 – 190, 194, 198, 201, 205, 207, 209, 211 – 213, 215, 217, 219, 222, 223, 227, 229 – 234, 240, 241, 249, 250, 252, 257, 270 – 272, 274, 289, 301, 307, 309 – 311, 315, 320 – 322, 325 – 327, 329, 331 – 335, 337, 338, 340, 341, 346 – 354, 357, 360 – 365, 371 – 373, 441, 444, 475 – 477, 479, 585, 587, 588, 591, 592, 594 – 596, 600, 607, 609 – 613, 619, 621, 622, 634, 640 Lehmann, Lotte 147 Lehmann, Marie 640 Leisching, Julius 441, 442, 444, 644 Leitner, Karl 29, 30, 36 Lessing, Gotthold Ephraim 69 Leuer, Hubert 147 Lewicki, Rudolf von 56 – 58, 60 – 65, 75 – 77, 79, 107, 114, 116 – 119, 121, 122, 135, 137 – 141, 144, 147 – 149, 160, 162, 165, 166, 168, 171, 174, 176 – 178, 180, 181, 185, 186, 190, 191, 193, 194, 196 – 198, 201, 203 – 207, 209 – 212, 214, 215, 217, 221 – 223, 225, 226, 228 – 231, 233 – 236, 238, 240, 242, 243, 245, 246, 250, 252, 255, 257, 270, 272, 274, 280, 281, 283 – 286, 288, 290, 294, 306, 308, 309, 311, 312, 314, 320, 325 – 328, 331, 333, 335 – 337, 340, 341, 346 – 349, 351 – 354, 357, 360 – 364, 371, 441, 442, 444,

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Personenregister

472, 474 – 477, 586 – 589, 591 – 600, 602, 604, 606 – 612, 619, 621, 622, 634, 640 Lieger, Johann 396 Lindenthaler, Konrad 384, 401 Linnebach, Adolf 478 Liszt, Franz 26, 382, 383 Lobkowitz, Ferdinand Prinz von 271 Lodron, Paris Graf 305 Löser, Franz 574 Löwe, Ferdinand 156 Löwenbach, Emil 326, 394 Lully, Jean-Baptiste 524 Lux, Joseph August 409, 553 Maeterlinck, Maurice 67 Magg, Wolfgang 514 Mahler, Alma 42 Mahler, Gustav 42 – 44, 54, 55, 169, 562 Maikl, Georg 153 Mandyczewski, Eusebius 484, 485 Mann, Thomas 368 Manthey-Zorn, Otto 580, 631, 644 Marcel-Weingartner, Lucille 511 Markowitz, Josef 277, 282 Marsop, Paul 47, 48, 70, 530, 533, 539 Mautner, Isidor 377 Mautner, Jenny 377 Mayer, Erwin 146, 159, 283 Mayer, Franz 532, 538 Mayer, Maria 147, 159, 283 Mayr, Michael 571, 572 Mayr, Richard 153, 260, 400, 427, 448, 488, 511, 640 Mell, Max 97, 497, 498, 503, 504, 625 Mendelssohn, Robert von 68 Mensdorff-Pouilly-Dietrichstein, Albert Graf von 419 Merkl, Eugen 640 Mertens, Heinrich von 21 Meßner, Joseph 380, 614 Metternich, Pauline Fürstin 161, 419 Metzl, Richard 101 – 103, 560, 562, 566, 631 Meyer, Oskar 488, 570, 573 Moissi, Alexander 387, 389, 406, 431, 433, 438, 445, 479, 575 Molière 524, 544 Morgenstern, Hugo 514

Mottl, Felix 42 Mozart, Leopold 383 Mozart, Wolfgang Amadeus 13, 17 – 21, 23 – 26, 32 – 34, 36, 37, 39 – 52, 56 – 58, 60, 64, 69, 70, 73, 74, 78, 79, 83, 87, 89, 95, 110, 111, 120, 122, 125 – 127, 129 – 133, 135, 139, 145, 147, 148, 152, 154, 157, 159, 161, 162, 167, 185, 191, 197, 199, 201, 212, 215, 225, 233, 236, 238, 241, 247 – 249, 251, 252, 254, 271, 274, 296 – 298, 300 – 302, 316 – 319, 321, 323 – 326, 341, 342, 350, 352, 354, 355, 357, 358, 362 – 364, 368 – 370, 375, 380 – 386, 399, 402, 403, 414, 415, 422, 423, 430, 437, 440 – 442, 445, 446, 453, 459, 460, 462, 465, 471, 472, 482, 489, 491, 507, 544 – 546, 568, 572, 577, 581, 582, 598 Muck, Karl 326 Müller, Camillo 378 Müller, Hans 274 Musil, Klara 138, 141, 144 Mussoni, Franz 196, 200, 205, 227, 236, 261, 262, 270, 274, 308, 311, 320, 322, 328, 334, 337, 339, 361 Naumann, Friedrich 206, 208 Nettl, Paul 510 Neumayr, Franz 402, 448 Neusser, Arthur 644 Nietzsche, Friedrich 416 Nikisch, Amélie 363 Nikisch, Arthur 326, 363 Nilius, Rudolf 122, 488 Nilson, Einar 97, 492, 563, 574, 623 Nilson, Hede 574 Nüchtern, Hans 517 Nusko, Johann von 197, 352, 356, 570, 573 Oberleithner, Max von 159 Ochsner, Heinrich 269, 396 Offenbach, Jacques 456 Oppenheimer, Felix Freiherr von 426 Ott, Max 63, 202, 207, 216, 239, 261, 274, 275, 287, 288, 329, 334, 335, 339, 340, 349, 352, 354, 355, 360, 361, 412, 428, 448, 450, 466, 488, 570, 609 Palestrina, Giovanni Pierluigi da 383 Pallenberg, Max 387, 563

Personenregister Pannwitz, Rudolf 98, 106, 507, 579, 625, 631 Papier-Paumgartner, Rosa 28, 363 Paracelsus 492 Paul, Ludwig 483, 488 Paumgartner, Bernhard 10, 14, 97, 283, 284, 286 – 288, 295, 297, 308, 311, 327, 348, 353, 356, 363, 371, 473, 475, 476, 486, 492, 498, 500, 504, 553, 563, 569, 574, 585, 606, 607, 610, 622, 624, 625, 630 Paumgartner, Hans 363 Pawlikovsky, Franz 514 Perger, Hedwig 543 Perger, Richard von 543 Peyrer-Heimstätt, Rudolf von 143, 180, 196, 200, 202, 205, 216, 224, 227, 236, 238, 239, 246, 261, 262, 274, 275, 320, 322, 349, 372 Pfitzner, Hans 369, 435 Piffl, Friedrich Gustav 552 Plaß, Hildegarde 394 Poelzig, Hans 96, 478, 482, 505, 513, 517, 573, 581, 625, 640, 644 Polifka, Richard 402 Pollini, Bertha.  Siehe Bianchi, Bianca;  Siehe Bianchi, Bianca Preußler, Robert 461 Prohaska, Carl 43, 52 – 54 Proschko, Adalbert 488, 570 Prutscher, Helene 160 Prutscher, Otto 145, 159, 179, 180 Putlitz, Joachim Gans zu 370 Racine, Jean Baptiste 471 Raimund, Ferdinand 73, 265, 423, 460, 472, 544 Rainalter, Erwin H. 440, 574, 619, 631 Rameau, Emil 576, 578 Redlich, Hans Ferdinand 507 Redlich, Josef 569, 578, 630, 631 Reed, Carol 576 Reger, Max 383 Rehrl, Franz 570 Reichl, Fritz 574 Reinhardt, Edmund 431, 435, 492, 494, 567 Reinhardt, Else 614 Reinhardt, Max 9, 11 – 13, 17, 47, 66 – 77, 80 – 99, 101, 103, 104, 106, 149, 158, 161, 168, 169, 199, 241, 262, 302, 346, 347, 350 – 353, 356, 357, 361, 367, 369, 372, 374 – 377, 385 – 387,

657

392, 400, 406, 407, 410, 417 – 420, 424 – 429, 431 – 435, 438 – 440, 443 – 445, 447, 448, 461, 463, 476 – 478, 481 – 485, 487, 488, 492 – 501, 503, 504, 507, 508, 511, 514, 517, 529, 533, 547, 551, 557, 560, 562 – 569, 574 – 578, 580 – 582, 585, 601, 605, 612 – 614, 616 – 620, 622 – 624, 629, 631, 637 Reisch, Richard 447, 520, 527, 542 Reitler, Josef 394 Renner, Karl 527, 548, 628 Richard, Frida 575 Richard, Fritz 575 Richter, Hans 23 – 25, 27, 383, 403 Ridler, Josef 53, 479, 537, 551, 558, 571, 640 Rieder, Ignaz 101, 493, 539, 564, 569, 570, 623, 629 Riegl, Alois 384 Rieser, Rudolf 514 Ritter, Josef 153 Robert I., Herzog von Parma 426 Robert, Richard 514 Roller, Alfred 94, 96, 103, 146, 443, 449, 461, 477 – 479, 481 – 489, 496, 498, 501, 505, 506, 509, 510, 513, 515, 519, 523, 525, 527, 534, 543, 551, 566, 574 Ronsperger, Emil 81, 95, 98, 99, 146, 159, 377, 378, 393, 427, 429, 448, 479, 481, 483, 488, 518, 519, 522, 524, 525, 532, 533, 537 – 539, 549, 550, 552, 554, 555, 557, 560, 566, 571, 626, 627, 640, 644 Rosenthal, Moriz 527 Rubinstein, Anton 20 Sacher, Arthur 401, 408, 409, 412, 427, 448, 488, 573, 640 Salten, Felix 370, 488 Sauer, Franz 156, 329, 372, 570 Schalk, Franz 86, 87, 91, 92, 94, 106, 146, 156, 159, 241, 377, 378, 393, 400, 407, 410, 427, 429, 435, 443, 448 – 451, 458, 461, 470, 477, 478, 482, 485, 486, 496, 501, 515, 567, 568, 623, 630 Scharf, Dora 281 Scherber, Ferdinand 296, 307, 404, 605, 606 Schey, Arthur 156, 159, 192, 205, 237, 244, 269, 279, 313, 314, 377, 378, 393, 400, 407, 427, 429, 448, 479, 558, 607, 640, 644 Scheyer, Moriz 170, 192, 193, 219

658

Personenregister

Schiffmann, Emil 644 Schildkraut, Joseph 387 Schiller, Friedrich 48, 88, 414, 416, 471, 492, 544, 546, 582 Schilling, Julius 18 Schillings, Max von 370 Schirokauer-Pünkösdy, Auguste 387 Schlesinger, Gertrud (Gerty) 419, 427 Schlosser, Julius Ritter von 444 Schmidt, Franz 487 – 489 Schmidt, Marie 394 Schmitt-Gasteiger, Felix 329, 412 Schnitzler, Arthur 241 Scholz, Wilhelm 48, 49 Schönberg, Arnold 496 Schönerer, Georg von 54, 131 Schubert, Franz 489, 582 Schuchter, Georg 121 Schulte, Alice 382 Schumacher, Albert 34, 35 Schumann, Clara 21 Schurich, Ernst Edwin 65, 196, 274, 336, 372, 402, 408, 427, 429, 430, 448, 553, 640 Schweyda, Willy 295 Scio, Gustav jun. 185, 202, 207, 212, 216, 238 – 240, 248, 249, 252, 253 Sedlitzky, Ludwig 133 – 138, 141, 142, 144, 156, 162, 165, 166, 170, 174, 177, 178, 180, 181, 185, 186, 191, 193, 194, 197, 203, 206, 208, 209, 211, 212, 214, 215, 217, 220 – 223, 226, 228, 229, 231, 240, 242, 255, 270, 283, 327, 331, 332, 341, 361, 371, 372, 442, 472 – 475, 553, 588, 589, 591 – 597, 599, 600, 602, 609, 619, 640 Sedlitzky, Wenzel 22, 27, 52, 133 Seguraolla, Andrés de 153 Seipel, Ignaz 514 Seitz, Karl 461, 570, 580 Senders, Tini (Ernestine) 576 Sever, Albert 570 Shakespeare, William 48, 67, 69, 73, 88, 162, 264, 416, 417, 472, 491, 544, 582 Sieghart, Rudolf 528, 539 Simons, Carl Rainer 133 – 142, 144, 145, 148, 158, 237, 239, 240, 404, 588, 589 Smetana, Friedrich 168 Sophokles 423 Sorma, Agnes 68

Spängler, Carl 165 – 167, 185, 205, 216, 239, 248, 249 Specht, Richard 517 Spiegl Edler von Thurnsee, Edgar 431, 434 Stehmann, Gerhard 153 Steiner, Rudolf Hans 378, 393 Steinwender, Otto 454, 456 Sterneck-Daublebsky, Karl Freiherr von 21, 25, 27, 403 Stibral, Franz 131, 161, 165 – 167, 169, 175, 182, 198, 199, 201, 205, 207, 210, 222, 225, 226, 230, 233, 239, 257, 270, 293, 325 – 327, 337, 338, 361, 373, 465, 477, 609, 613, 621, 640 Stiedry-Wagner, Erika 511, 514, 515 Stiegler, Karl 487, 489 Stigler, Josef 26 Stransky, Felix 447 Stransky, Sigmund 81, 378, 447, 525, 528, 535, 555, 558 Strauss, Ludwig 514 Strauss, Richard 38, 42, 67, 86, 88, 91, 92, 94, 98, 100, 106, 120, 146, 147, 149, 241, 260, 370, 400, 406, 407, 410, 429, 434, 435, 443, 448, 450, 453, 461, 463, 470, 471, 476, 477, 482, 484, 485, 496, 501, 507, 508, 510, 518, 521, 524, 527, 528, 540, 541, 551, 567, 568, 598, 619, 621, 622, 630 Strnad, Oskar 74 Stürzer, Rudolf 282 Suchowsky, Karl 447, 449 Sylvester, Julius 67, 131, 134, 169, 197, 206, 215, 231, 274, 285, 307, 310, 311, 322, 326, 328, 331, 337, 339, 340, 352, 412, 428, 447, 453, 461, 465, 488 Szell, George 540, 541 Taussig, Leo 394 Techen, Wilhelm 159, 279, 377, 393 Terramare, Georg 98 Terwin, Johanna 575 Tessenow, Heinrich 115 Thienen von Adlerflycht, Waldemar 402, 408, 427, 429 Thimig, Helene 74, 149, 367, 374, 387, 417, 495, 499, 566, 576, 612, 613, 616, 624, 637 Thimig, Hermann 387 Thurn und Taxis, Prinz Alexander von 81, 85, 86, 273, 282, 312, 362, 377 – 379, 393, 395, 400, 408,

Personenregister 411, 419, 420, 426, 427, 435, 442, 447, 448, 459, 479, 487, 528, 548, 555, 558, 570, 613, 620, 628 Thurn und Taxis, Prinzessin Marie von 419 Tinel, Edgar 383 Tobisch, Ignaz 237, 281, 282, 396, 411 Tolstoi, Leo 444 Tomaselli, Carl 494 Tomaselli, Richard 494, 526, 553, 640, 644 Trausmüller, Ottilie 402 Tschudi, Hugo von 68 Urban, Ludwig 524 Urban, Wilhelm 514 van de Velde, Henry 68 Veith, Béla 488 Vetter, Adolf 568 Villenbücher, Klara 168 Wagner, Richard (Baumeister) 402, 408, 427, 640 Wagner, Richard (Komponist) 23, 26, 30 – 33, 38, 43, 44, 46, 48, 69, 73, 111, 120, 147, 263, 265, 266, 316 – 318, 324, 344, 362, 368, 375, 381, 382, 403, 414, 416, 423, 435, 453, 455, 544, 577, 582, 612 Walter, Bruno 54, 170, 369 Weber, Carl Maria von 472, 544 Weigl, Heinrich 524, 542 Weingartner, Felix 316, 511 Weinstabl, Heinrich 402 Weiss, Willy 514

659

Wellesz, Egon Josef 496, 624 Wendt, Wilhelm 514 Wetschl, Ernst Freiherr von 447 Wetschl, Franz Freiherr von 71, 73, 447, 601 Wetzler, Bernhard 278, 312 Wiedenmann, Eduard 574 Wiener, Karl Ritter von 377, 378, 394, 408, 427, 429, 430, 448, 479, 524, 525, 528, 534, 542, 549, 555, 556, 558, 570, 640 Wildgans, Anton 370, 400, 441 Willvonseder, Franz 53, 287, 401, 408, 427, 553, 640 Winter, Ludwig 617 Witsch, Franz 578 Wolf, Hugo 38, 67, 383 Wolf, Karl Hermann 54 Worzikowsky, Willy (Ritter von Kundratitz) 360 Wühler(-Hallauer), Else 156, 160, 170, 193, 219, 237, 239, 240 Wüllner, Ludwig 280 Würtenberger, Karl 329 Würthle, Karl Friedrich 151 Zeiss, Karl 370 Zerdik, Hans 447, 488 Zifferer, Paul 86, 406, 427, 431, 432, 615 Zita von Bourbon-Parma, Kaiserin von Österreich 426 Zuckerkandl-Szeps, Berta 37, 71, 459, 585, 620, 624 Zweig, Stefan 170