Feste Syntagmen: Grundlagen, Strukturbeschreibung und automatische Analyse 3484101792, 9783484101791

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Feste Syntagmen: Grundlagen, Strukturbeschreibung und automatische Analyse
 3484101792, 9783484101791

Table of contents :
1 EINLEITUNG
1.1 Gegenstand der Untersuchung
1.2 Begriff 'Festes Syntagma'
1.3 Zur linguistischen Konzeption
1.3.1 Verhältnis Syntax - Semantik
1.3.2 Bedeutungskonzeption
1.3.3 Kontext und Bedeutung
2 STRUKTURBESCHREIBUNG DER FS
2.1 Syntagmatische Determination
2.2 Semantische Determination
2.2.1 Allgemeines
2.2.2 Endozentrische Determination
2.2.3 Exozentrische Determination
2.2.4 Semantische Kongruenz
2.2.5 Variable und konstante Klassendeterminante
2.3 Gliederung der FS auf semantischer Basis
2.3.1 Trennung in FS1 und FS2
2.3.2 Mehrdeutige FS
2.3.3 Metaphorisierung und FS
2.3.4 Individualbegriffe
2.3.5 Funktionsverbgefüge
2.3.6 Graduierung und FS
2.4 Lexikalische Determination
2.4.1 Allgemeine Charakterisierung
2.4.2 Differenzierung der lexikalischen Komponente
2.5 Syntaktische Determination
2.5.1 Allgemeines
2.5.2 FS als syntaktische Subsysteme
2.5.3 Funktionale Zuordnung der FS
2.5.4 Morphologisch-syntaktische Eigenschaften der FS
2.5.5 Restriktionen hinsichtlich der Wortstellung
2.5.6 Transformationelle Lücken
2.6 Relationen zwischen S, L und V
3 KLASSIFIZIERUNG DER FS
3.1 Syntaktische Subsysteme als Grundlage der Klassifizierung
3.2 Darstellung der Klassen
3.2.1 Schema der Darstellung
3.2.2 Die Produktionen
3.2.2.1 Basisregeln für die Produktionen
3.2.2.2 Darstellung der Produktionen durch die Klassenziffer
3.2.3 Generelle Regeln
3.2.4 Spezielle Regeln
3.3 Beschreibung der Klassen
3.3.1 Von N' dominierte FS
3.3.2 Von A' dominierte FS
3.3.3 Von P' dominierte FS
3.3.4 Von V dominierte FS
4 FS IM WÖRTERBUCH
4.1 Verhältnis Lexikon - Grammatik
4.2 Einordnung der FS in ein Lexikon
4.2.1 Behandlung der FS in Wörterbüchern
4.2.2 FS als Wörterbucheintrag im TG-Modell
4.2.3 FS in der linguistischen Datenverarbeitung
4.2.4 Ein Verfahren auf linguistischer Basis
5 AUTOMATISCHE IDENTIFIKATION DER FS
5.1 Strukturbeschreibung und automatische Analyse
5.2 Makrostruktur der Analyse
5.2.1 Allgemeine Grundsätze
5.2.2 Analyseablauf
5.2.3 Exemplarisches Beispiel im Flußdiagramm
5.3 FS-Analyse im Rahmen einer Satzanalyse
5.4 Anwendungsmöglichkeiten
LITERATURVERZEICHNIS

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Linguistische Arbeiten

6

Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Annely Rothkegel

Feste Syntagmen Grundlagen, Strukturbeschreibung und automatische Analyse

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1973

ISBN 3-484-10179-2

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1973 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie] zu vervielfältigen. Printed in Germany

INHALT

1 1.1

EINLEITUNG Gegenstand der Untersuchung

1.2

Begriff

1.3 1.3.1

Zur linguistischen Konzeption Verhältnis Syntax - Semantik

1.3.2 1.3.3

Bedeutungskonzeption Kontext und Bedeutung

1.3.3.1 Begriff

"Festes Syntagma 1

'Kontext 1

l 5 7 8 11

1.3.3.2 Syntaktischer Kontext 1.3.3.3 Lexikalischer Kontext 1.3.3.4 Kontext und Grundbedeutung

13 13 14

1.3.3.5 Kontext und die Dichotomie 'langue' und 'parole 1

15

2

STRUKTURBESCHREIBUNG DER FS

2.1 2.2

Syntagmatische Determination Semantische Determination

18

2.2.1 2.2.2

Allgemeines Endozentrische Determination

20 24

2.2.3

Exozentrische Determination

28

2.2.4

Semantische Kongruenz

31

2.2.5

Variable und konstante Klassendeterminante

33

2.3

Gliederung der FS auf semantischer Basis

2.3.1

Trennung in FS1 und FS2

38

2.3.2

Mehrdeutige FS

41

2.3.3

Metaphorisierung und FS

44

2.3.4

Individualbegriffe

48

2.3.5 2.3.6

Funktionsverbgefüge Graduierung und FS

50 55

VI

2.4 2.4.1 2.4.2

Lexikalische Determination Allgemeine Charakterisierung Differenzierung der lexikalischen Komponente

2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4

2.5.6

Syntaktische Determination Allgemeines FS als syntaktische Subsysteme Funktionale Zuordnung der FS Morphologisch-syntaktische Eigenschaften der FS Restriktionen hinsichtlich der Wortstellung Transformationelle Lücken

2.6

Relationen zwischen S, L und V

2.5.5

KLASSIFIZIERUNG DER FS Syntaktische Subsysteme als Grundlage der Klassifizierung 3.2 Darstellung der Klassen 3.2.1 Schema der Darstellung 3.2.2 Die Produktionen 3.2.2.1 Basisregeln für die Produktionen 3 . 2 . 2 . 2 Darstellung der Produktionen durch die Klassenziffer 3.2.3 Generelle Regeln 3.2.4 Spezielle Regeln

57 59

61 63 72 74 78 78 83

3 3.1

84 87 89 94 103 1O6

3.3 3.3.1

Beschreibung der Klassen Von N 1 dominierte FS

HO

3.3.1.1 3.3.1.2 3.3.1.3 3.3.1.4 3.3.1.5 3.3.2 3.3.2.1 3.3.2.2 3.3.2.3 3.3.2.4

Typ Typ Typ Typ Typ Von Typ Typ Typ Typ

HO H4 116 12° 121 123 124 131 l 33 135

-kalte Ente Geld und Gut Vitamin B Tag der offenen Tür Dame von Veit A 1 dominierte FS über Gebühr von Hause aus Tag und flacht mit Fug und Recht

VII

3.3.2.5 Typ des weiteren

136

3.3.2.6 Typ Hals über· Kopf

138

3 . 3 . 2 . 7 Typ von Zeit zu Zeit

139

3.3.2.8 Typ expressis verbis

14O

3.3.3

141

Von P' dominierte FS

3.3.3.1 Typ in Anbetracht

141

3.3.4

142

Von V dominierte FS

3.3.4.1 Typ Rechnung tragen

143

3 . 3 . 4 . 2 Typ freie Hand lassen

148

3.3.4.3 Typ das Blaue vom Himmel erzählen

ISO

3 . 3 . 4 . 4 Typ Stein und Bein schwören

153

3.3.4.5 Typ zu Buche schlagen

154

4

FS IM WÖRTERBUCH

4.1

Verhältnis

4.2

Einordnung der FS in ein Lexikon

4.2.1

Behandlung der FS in Wörterbüchern

Lexikon - Grammatik

159 16O

4.2.1.1 Alphabetische Wörterbücher

161

4 . 2 . 1 . 2 Sammlungen

165

4.2.2

FS als Wörterbucheintrag

im TG-Modell

4.2.3

FS in der linguistischen Datenverarbeitung

4 . 2 . 3 . 1 FS im SpezialWörterbuch 4 . 2 . 3 . 2 Integration der FS in das allgemeine Wörterbuch 4.2.4

166

169 172

Ein Verfahren auf linguistischer Basis

4 . 2 . 4 . 1 Einordnung der FS2

173

4 . 2 . 4 . 2 Einordnung der FS1

176

5

AUTOMATISCHE IDENTIFIKATION DER FS

5.1

18l

5.2

Strukturbeschreibung und automatische Analyse Makrostruktur der Analyse

5.2.1

Allgemeine Grundsätze

182

5.2.2

Analyseablauf

184

5.2.3

Exemplarisches Beispiel im Flußdiagramm

187

5.3

FS-Analyse im Rahmen einer Satzanalyse

191

5.4

Anwendungsmöglichkeiten

194

LITERATURVERZEICHNIS

195

ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE

-» /» «-» + , [ ] l l ( )

'wird ersetzt durch 1 'kann nicht ersetzt werden durch 1 'sind einander zugeordnet' syntaktische Verknüpfung Aufzählung / semantische Verknüpfung Merkmalmarkierung Anweisung (im Flußdiagramm) bzw. Ergebnis Frage (im Flußdiagramm)

+1

Markierung für FS1

-l

Markierung für FS2

A A' ADJ,Adj Adv ADV adv AP Attr +(attr) -attr aux Ba Bg Bs Bv caus D d,

Adverbialkomplex Platzhalter für Subsysteme des Adverbialkomplexes Adjektiv (Wortklasse) Adverbialeinheit Adverb (Wortklasse) adverbialer Gebrauch Adverbialphrase fakultative Attribuierung des Gesamtausdrucks fakultative Attribuierung der substantivischen Konstituente prädikativer Gebrauch Auxiliarkomplex spezielle Regel für den adjektivischen Teil im FS spezielle Regel für das Gesamt-FS spezielle Regel für den substantivischen Teil im FS spezielle Regel für den verbalen Teil im FS Kausativum Determinationsverhältnis Klassendeterminante

IX Det Det,

.

Artikelwort (Wortklasse) bestimmter Artikel

disk

diskontinuierlich

fl

flektierbar

FRE

fremdsprachliches Lexem

FS

festes Syntagma

FS1

exozentrisch determiniertes FS

FS2

endozentrisch determiniertes FS

Fvg g, gen

Funktionsverbgefüge Genitiv

Ga

generelle Regel für den adjektivischen Teil im FS

Gf

Abweichung von der Grundform

Gg grad

generelle Regel für das Gesamt-FS Graduierung

Gs Gv

generelle Regel für den substantivischen Teil im FS generelle Regel für den verbalen Teil im FS

hab

Verb haben

i K K

Name Konjunktion (Wortklasse) Knoten, der das Subsystem dominiert

k

Subsystem k al a K

Konstituenten

bJ

k k

nominale Konstituente verbale Konstituente

komp L

Komparativ lexikalische Komponente

L

Klasse der Lexeme im endozentrisch determinierten FS

jr L L

k cX f Klasse der Lexeme im exozentrisch determinierten FS Q „' c, 5 / L· L.

Lexeme

l1.

Lexeme in Fvg Kontextpartner, die gemeinsam die FS-Bedeutung bedingen

lm l l

Kontextpartner, der FS-Bedeutung determiniert Kontextpartner mit singulärer Bedeutung Lexeme in FS2

l5 l

Lexeme in FS1 Lexeme, die ausschließlich in VS vorkommen

m

mehrdeutig

morph N N'

NE

neg negl neg 2 n. nom NP

num P P1 P en PERr perm Pl Pos PP

r refl S S

i sein SUB sup steig n T pass T

rel

T

s trans V V

dorn

morphologisch veränderbar Nom in alkomplex Platzhalter für Subsysteme des Nominalkomplexes attribuierte Nominalphrase einfache Nominalphrase Negativ Negation durch kein Negation durch nicht Spezifizierung der Derivationen und der ihnen entsprechenden Nominaleinheit bei nominalen FS Nominativ Nominalphrase Numerus Präposition (Wortklasse, Präpositionskomplex) Platzhalter für Subsysteme des Präpositionskomplexes Präposition mit enklitischem Artikel reflexivisches Personalpronomen permutierbar Plural Possessivpronomen Präpositionalphrase generelle und spezielle Regeln reflexiver Gebrauch semantische Komponente Semem Verb sein Substantiv (Wortklasse) Superlativ Steigerung Auflösung koordinativer Nominalphrasen Nominalisierung Passivtransformation Relativsatzeinbettung Satzeinbettung Transformativ Verbalkomplex, auf D bezogen syntakt. Komponente Platzhalter für Subsysteme des Verbalkomplexes unmittelbar von V dominiert

XI

v. VP

Spezifizierung der Derivationen und der ihnen entsprechenden Nominaleinheiten bei verbalen FS Verbalphrase

VRB VS

Verb (Wortklasse) variables Syntagma

Vzs

Verbzusatz

W

Klasse aller Lexeme des Wortschatzes

werd

Verb werden

Z

Platzhalter für

ADJ, ADV, FRE, SUB

EINLEITUNG

1.1

Gegenstand der Untersuchung

Im Vordergrund der Diskussion um linguistische Einheiten geschriebener Sprache standen und stehen verschiedentlich heute noch Wort und Satz.

Zunehmend haben sich einzelne Schwerpunkte auf struk-

turähnliche Formen verlagert, die entweder kleiner als das Wort sind, Morphem bzw. Monem, 2 oder größer als der Satz, Texte. 3 Bei der Gliederung des Materialbereichs Sprache haben sie zur Genüge Beachtung gefunden. Wenn auch keine Einigung hinsichtlich ihres Status erreicht ist, so ist doch unbestritten, daß ihnen als linguistischen Einheiten ein bestimmter Stellenwert, sei es in Lexik, Grammatik oder generell in der Sprachbeschreibung zukommt. Das kann dagegen nicht gesagt werden von solchen Einheiten, die - als phraseologische oder idiomatische Wendungen bekannt - die Grenze des Wortes überschreiten, die des Satzes unterschreiten. Gemeint sind Ausdrücke der Art wie (1)

Anklang finden, in Atem "kalten, Eulen nach Athen tragen, blinder Passagier, kalte Ente, auf Schritt und Tritt, gang und gäbe, in Anbetracht, usw.

Nach der intuitiven Kompetenz beurteilt, unterscheiden sie sich von anderen in der Oberfläche gleich strukturierten syntagmatischen Ausdrücken wie

1 2

3

Als Auswahl seien nur genannt (dort weitere Literaturangaben): Ries (1931), Seidel ( 1 9 3 5 ) , Marty (195O) , Hiorth ( 1 9 5 8 ) , Gauger ( 1 9 7 O ) , Kramsky (1971), Heger (1971). Vgl. dazu Bierwisch (1962;1965) , Martinet ( 1 9 6 O ; 1 9 6 3 ) , Heger (1971); eine Gegenüberstellung von Wort, Morphem, Monem, Lexem in der Literatur bringt Stötzel (1970a:17-26); eine neuere Zusammenstellung über die Relationen zwischen Morphem, Wort und Satz gibt L ü t j e n (1970). Vgl. dazu Stempel (1971).

(2)

Geld finden, das Holz aus dem Wald fahren, kaltes Bier, blonder Passagier, blinder Greis, Kamm und Bürste, an Straßen und Häusern, am Tisch, usw.

Ausdrücke der Gruppe (1) werden gegenüber denen von (2) als Spezialfälle hervorgehoben. Ähnlich wie bei Wort- und Satzcharakte4 ristiken bietet die diesbezügliche Literatur eine breite Skala unterschiedlichster Vorstellungen an. Ein Bild davon geben folgende Beispiele. An idiomatischen Wendungen läßt sich nach Chafe (1968:115f.) die Inadäquatheit der generativen Transformationsgrammatik nachweisen. Als "counterexamples" (Chafe 1968:119) zeichnen sie sich durch einen Negativkatalog in bezug auf transformationeile Eigenschaften aus. Bei Bernstein (1969) werden sie im Zusammenhang einer Charakteristik des restringierten Kodes im Vergleich zum elaborierten erwähnt. 6

4

5 6

Am Beispiel der Wortcharakteristik sei dies mit einigen Zitaten belegt: Hartmann ( 1 9 6 2 : 4 0 4 ) : "Trotz der Unklarheit darüber, was ein Wort ist, kommt man in der Analyse immer wieder auf diese Einheit. Es erscheint in rekurrenten Klassen der Verwendung." In Anlehnung an die "free form" Bloomfields kennzeichnen Schippan/Sommerfeldt (1966:536) das Wort "als kleinsten selbständigen Bedeutungsträger" (im Gegensatz zum Morphem, das nicht selbständig ist). Auf die Sprachkompetenz bezogen definiert Gauger (197O:50): "Ein Wort ist ein Etwas, das auf ein 'Ding 1 als dessen Name zeigt." Und S. 45: "Die bewußtseinseigene Betrachtung muß ausgehen von der überall greifbaren Wortbewußtheit des durchschnittlichen Sprechers: das Bewußtsein weiß, daß es Wörter gibt; sie sind für das Bewußtsein diskrete Einheiten. Es hat einen allgemeinen Begriff vom Wort und verfügt über ein allgemeines Wissen über seine Natur und Aufgabe, ein Wissen, das im Inhalt des Wortes ' W o r t ' , wie es in der Sprache selbst erscheint, hervortritt." Glinz ( 1 9 6 2 : 4 7 ) : das Wort sei die "Urzelle der Sprache". Leisi (1953;1971:9): "Das Wort ist das wichtigste Element der Sprache, weder der Laut noch der Satz sind von so großer Bedeutung." Vgl. 2.5.6. "Individuelle Auswahl aus einer Gruppe idiomatischer Wendungen oder Sequenzen kommt häufig vor" (Bernstein 1969:258). Im genannten Aufsatz werden noch die Begriffe 'öffentliche Sprache' und 'formale Sprache 1 verwendet, die Bernstein später durch 'restringierten bzw. elaborierten Kode 1 ersetzt; vgl. Nachbemerkung der Herausgeber, S.269.

Dem gegenüber steht die Auffassung des Verfassers der Mod.

dt.

Idiomatik (Friederich 1965b:267), "daß es die idiomatischen Redewendungen sind, die der Sprache die Würze geben." Weiterhin wird spezifiziert, es handele sich um Ausdrücke, die zwar aus mehreren Wörtern bestehen, die sich aber wie ein Wort verhalten (W.Schmidt 1963; 1967:69) und die nicht wörtlich in eine andere Sprache zu übersetzen sind, ein Gesichtspunkt, der besonders in der automatischen Sprachübersetzung relevant geworden

ist

(Bar-Hillel 1955;1957 :186 , Klappenbach 1 9 6 1 : 4 4 3 ) . In einem solchen Zusammenhang erscheint es als selbstverständlich ,daß sie "wie sonstige Einzellexeme eine gesonderte Komponentenmenge zugeordnet erhalten, allerdings unter zusätzlicher Markierung ihrer syntaktischen Struktur" (Baumgärtner 1967:172). Die genannten Beispiele lassen zweifelhaft erscheinen, daß eine allgemeinverbindliche Konvention darüber besteht, 1.

was unter idiomatischen Wendungen zu verstehen

ist,

2.

welche spezifischen Eigenschaften sie haben und

3.

welchen Status sie innerhalb von Lexik und Grammatik

einnehmen. Es wäre demnach zu untersuchen, a) b)

warum und an welcher Stelle im Lexikonsystem ein Ausdruck wie Rechnung tragen zu berücksichtigen ist, ob und inwiefern die beiden Sätze in (3) und (4) jeweils unterschiedliche Strukturbeschreibungen aufweisen:

(3) EP trägt ihr Rechnung Er trägt ihr die Tasche (4) Die Delegation hat plötzlich die Zelte abgebrochen Der Zirkus hatte am anderen Morgen alle Zelte abgebrochen Diese Fragen stehen in engem Zusammenhang mit dem Fragenkreis der Zuordnung von Bedeutung zu Einheiten der Ausdrucksseite, oder wie man auch sagen könnte, von Sememen zu Lexemen.

7 Die Begriffe 'Ausdrucksseite 1 und 'Inhaltsseite 1 stehen hier in Opposition. Sie werden innerhalb einer Zeichenkonzeption verwendet in Anlehnung an Hjelmslevs "expression-side" und "content-side" ( 1 9 4 3 ; 1 9 6 9 : 5 8 f f . )

Es ist zunächst zu vermuten, daß bei (1) eine andere Konstellation der semantischen Komponente vorliegt als bei ( 2 ) , und zwar in der Weise, daß die Zuordnung eines Semems zu mehreren Lexemen erfolgt, wobei Lexem zunächst - der Problemkreis um die "Einheit des Wortes" (Porzig 1959) soll vorerst ausgeklammert sein - als Q Einheit der Ausdrucksseite interpretiert :e werden soll, die zugleich auch Wörterbucheinheit ist. 9 Obschon die semantische Seite dieser Fügungen etliche Probleme aufweist, hat sich die strukturelle wie auch die generative Semantik diesem Komplex gegenüber verhältnismäßig zurückhaltend gezeigt. Mit der Entwicklung einer semantischen Theorie innerhalb der TG kam es auch zu Ansätzen hinsichtlich der Bewältigung solcher Ausdrücke auf der Basis dieser Theorie. Zu behandeln sind hier im weiteren die diesbezüglichen Arbeiten von Katz/Postal ( 1 9 6 3 ) , Chafe (1968), Weinreich (1969) und Fräser (197O). Im Hinblick auf Ordnungsversuche sind die Untersuchungen von Klappenbach (1961), Agricola (1962) und W.Schmidt (1963) zu berücksichtigen. Auch die Einordnung solcher Ausdrücke in ein Wörterbuch erscheint problematisch. Zwar gibt es verschiedentlich Hinweise auf beschränkten Gebrauch der Wörter in Wendungen, das Prinzip ihrer Handhabung bleibt aber zumeist unexpliziert. 8 Dem würde in der Terminologie Hegers das Monem entsprechen. 9 Insofern wären sie den Lexemen Martinets (196O;1963:24) vergleichbar ("diejenigen Moneme, die ihren Platz im Wörterbuch und nicht in der Grammatik haben"), allerdings ohne daß hier gleichzeitig die Zugehörigkeit zu den "unbegrenzten Inventaren" (1963:108) mit postuliert werden soll, da auch Konjunktionen, Artikelwörter und Präpositionen ebenfalls zu den ein FS bildenden Lexemen gerechnet werden. 10 In etlichen wichtigen semantischen Darstellungen bleiben FS unberücksichtigt. So z . B . in Guiraud (1955), Ullmann (1957;1967, 1962), Elwert (1968); bei Greimas (1966;197l) und Koziol (1967) werden sie wie einwertige Lexeme behandelt. 11 Im Wb.d.dt.Gegenwartssprache (Klappenbach/Steinitz 1 9 6 4 f f . ) wird z . B . differenziert nach "nur in der Wendung", "meist in der Wendung", "nur in der festen Wendung". Im Dt.Wb. (Wahrig 197O) sind Hinweise dieser Art nur dann gegeben, wenn ein Lexem ausschließlich in einem FS auftritt. Ansonsten ist beschränkter Gebrauch einer bestimmten Bedeutung im FS gegenüber anderen Verwendungsweisen nicht hervorgehoben. Vgl. dazu auch 4.2.1.1.

Die ungeklärte Situation macht sich auch in den speziellen 12 Sammlungen bemerkbar, wo eher persönliche Neigung als objektive Kriterien das Auswahlprinzip bestimmen. Gerade die maschinelle Sprachübersetzung hat die große Lücke hinsichtlich der Möglichkeiten, solche Ausdrücke automatisch zu identifizieren, sichtbar gemacht. Der Grund hierzu liegt auf der Hand: die maschinelle Sprachbearbeitung geht grundsätzlich vom einzelnen Wort aus, der "unite graphique" (Muller 1968:158). Zu untersuchen wäre demnach gleichzeitig, welche der ermittelten Eigenschaften solcher Ausdrücke für ihre automatische Identifikation nutzbar gemacht werden können und wie diese dann in eine automatische Satzanalyse zu integrieren wäre. Nicht behandelt werden Ausdrücke des Typs UNO-Sekretär, die zu den Komposita gerechnet werden können, Verben mit abtrennbarem Verbzusatz wie anfragen, die - im Gegensatz zu Auto fahren

als

mehrwertiger Ausdruck nur unter bestimmten syntaktischen Bedingungen auftreten. Unberücksichtigt bleiben ferner mehrteilige Konjunktionen, Vergleiche wie schwarz wie die Nacht oder vollständige Sätze wie hol ihn der Teufel oder jetzt schlägts dreizehn, die in den Bereich der Satzsemantik fallen.

1.2

Begriff

'Festes Syntagma 1

Analog zu den unterschiedlichen Schwerpunkten, die die jeweilige Vorstellung von einer Wendung bestimmen, finden sich in der Literatur unterschiedliche Benennungen. Im Wörterbuch von Klappenbach und Steinitz ( 1 9 6 4 f f . )

sind ge-

kennzeichnet "Redewendungen", "feste Wendungen", "feste Verbindun-

12 Eine der neusten und auch umfangreichsten Sammlungen fürs Deutsche ist die Mod. dt. Idiomatik von Friederich ( 1 9 6 6 ) ; sie umfaßt ungefähr 8OOO Einträge. Weiterhin gehören dazu Raab ( 1 9 5 2 ) , Borchardt-Wustmann-Schoppe ( 1 9 5 5 ) , Küpper ( 1 9 5 5 f f . ) , Krack (1961), Schulz (1961), Dittrich (197O); von den mehrsprachigen Wörterbüchern seien als Auswahl genannt: RüdenbergPearl ( 1 9 5 5 ) , Binovic ( 1 9 5 6 ) , Graf (1956) , Braun (1958) , Taylor/Gottschalk (1960). 13 Vgl. dazu 4 . 2 . 1 . 2 .

gen." Agricola (1962;1963) unterscheidet

"mehr oder weniger fest-

stehende Redensarten" und "gänzlich erstarrte Wortfügungen", wobei letztere darüber hinaus einzuteilen sind in "einfache phraseologische Verbindungen", "phraseologische Verbindungen", "Zwillingsformeln" und "starre phraseologische Einheiten". Andernorts werden genannt "stehende Redewendungen" (Dudengrammatik 1 9 6 6 : 4 3 9 ) , "Wortverbindungen" und "Wendungen" (Brinkmann 1950/51:65), "syntaktische Gruppen" (Brekle 1 9 6 6 : 7 ) , "Syntagmen" (Wahrig 1 9 6 9 ) , "Wortgruppenlexeme" (Wissemann 1961), "idiomatische Phrasen" (Baumgärtner 1 9 6 7 : 1 7 2 ) , "idiomatische Redewendungen" (Friederich 1965a,l965b). "Idioms" und "idiomatic expressions" sind in der amerikanischen Literatur geläufig (Bar-Hillel 1955; 1957, Chafe 1968, Hockett 1956, Katz/Postal 1963, Ullmann 1962, 1967, Weinreich 1969). Gewordene Festgefügtheit, verbunden mit der Vorstellung vom Ausnahmecharakter, sollen signalisiert werden. Diese Prinzipien, als subjektiv zu bewerten und so nur schwer fixierbar, sind aber geeignet, zur allgemeinen Verunklärung beizutragen. Insofern erweist sich eine Objektivierung als wünschenswert. Sie wird versucht, indem Ausdrücke dieser Art als feste Syntagmen, abgekürzt FS, in Opposition zu variablen Syntagmen, VS, gesetzt und in dieser Relation behandelt werden. Die hier gewählte Bezeichnung soll den kompositionellen Charakter auf der syntaktischen Ebene sowie die Opposition zu den übrigen Syntagmen signalisieren. Damit ist auch vorausgesetzt, daß der Ausdruck aus mehreren Lexemen besteht und alle jene als Idiome oder idiomatisch bezeichneten Ausdrücke ausgeschlossen sind, die sich auf ein Lexem und dessen Sonderbedeutung beziehen. Darin weichen wir von der Verwendung sweise ab, wie sie Hockett eingeführt hat, wonach ein idiomatischer Ausdruck sowohl aus einem als auch aus mehreren Wörtern bestehen kann. 14 14 Hockett ( 1 9 5 6 : 2 2 2 ) : "An idiom is a grammatical form - single morpheme or composite form - the meaning of which is not deducible from its structure." Darin folgen ihm u . a . Katz/Postal (1963:276) mit ihrer Unterscheidung von "lexical idioms" und "phrase idioms", von denen wir nur letztere behandeln werden (s. 2 . 5 . 2 ) . In Sammlungen und mehrsprachigen Wörterbüchern werden häufig unter idiomatischen Ausdrücken auch einzelne Lexeme aufgeführt, die lediglich eine seltener verwendete Bedeutung gegenüber weiteren Bedeutungen aufweisen.

1.3

Zur linguistischen Konzeption

1.3.1 Verhältnis Syntax - Semantik Sprache, allgemein

als "verbale Tätigkeit" (Petöfi 1971:11) gese-

hen, ist auf verschiedenen Abstraktionsstufen beschreibbar, wobei der Grad der Abstraktion, ausgehend von der Pragmatik über die Semantik zur Syntax hin zunimmt. Die zwei letztgenannten Ebenen, grob klassifiziert als die der Bedeutung und die der Relationen von Zeichenketten, bilden eine Art Basisbereich, dessen Behandlung in der Linguistik Tradition hat. Ihm sind auch die zur Untersuchung anstehenden Einheiten zuzuordnen, da spezifische Möglichkeiten ihrer Identifikation nur hier unmittelbar relevant werden. Dies bedeutet, daß Sprachbeschreibung in diesem Sinne in der Reduktion auf das System von Lexikon und Grammatik als dem zugehörigen Regelapparat erscheint. Innerhalb dieses Rahmens stehen folgende Forderungen im Vordergrund: a) Zuordnung von Strukturbeschreibungen

zu Sätzen,

b) Unterscheidung mehrerer Bedeutungen von Sätzen. Nicht in diesen Zusammenhang paßt z.B. die Erklärung des von Chafe (1968:112) genannten statistischen Aspektes, daß Ausdrücke, die formal sowohl FS als auch VS sein können, in Texten häufiger in der Funktion von FS auftreten. Die Verwendung von Lexikon und Regelapparat zur Sprachbeschreibung setzt die Zerlegung von Sprache in linguistische Einheiten und deren regelhafte Kombinatorik voraus. Das kombinatorische Prinzip gilt sowohl auf syntaktischer als auch auf semantischer Ebene, wobei gewisse Interdependenzen bestehen. Die zu beachtenden Restriktionen bei der Kombination der Einheiten erlauben in etlichen Fällen eine direkte Zuordnung von syntaktischer und semantischer Ebene, wenn auch im allgemeinen von einer l : 1-Entsprechung keine Rede sein kann, d.h. einer bestimmten syntakti15 Die Frage der systematischen Trennung ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Zur Gegenüberstellung von Lexikalisten und Transformationalisten in den aufeinanderfolgenden Schulen der generativen Transformationsgrammatik (Autonomie der Syntax vs. Interdependenz von Syntax und Semantik) vgl. Petöfi (1971: 105ff.).

sehen Verknüpfungsart kann nicht regelhaft eine bestimmte Bedeutungsdisposition zugeordnet werden. In etlichen Fällen aber liegt eine derartige Konstellation vor, daß die Realisierung einer Bedeutung an eine ganz bestimmte Manifestation auf der syntaktischen Oberfläche gebunden ist. Dann kann die Ausdrucksseite, zu der hier die syntaktische Oberfläche der Umgebung einer Einheit gerechnet wird, zur Identifikation ihrer Inhaltsseite benutzt werden. Dies kommt zum Tragen beispielsweise bei der Verwendung von Valenzen bzw. allgemein von syntaktischen Angaben zur Bedeutungsunterscheidung. Die unten weiter auszuführende Beobachtung, daß die für ein FS geltende Bedeutung jeweils an eine bestimmte oberflächensyntaktische Verknüpfung gebunden ist, eröffnet den Weg zur Bedeutungsidentifikation über die Ausdrucksseite. Sie gilt somit als Repräsentant des Inhalts auf der Oberfläche. Mit einer solchen Darstellung ist bereits eine ganz bestimmte Konzeption von Bedeutung impliziert, die für die folgende Untersuchung relevant ist.

1.3.2 Bedeutungskonzeption Die Berücksichtigung von Restriktionen auf syntaktischer und semantischer Ebene sowie die ihrer Relationen setzt eine kontextuell orientierte Bedeutungsbetrachtung voraus. Im Vordergrund steht weniger die Strukturierung einer referentiell bestimmten se-

16 Strenger noch formuliert Brekle (197O:15), wenn er behauptet, "daß das lineare Strukturierungsprinzip der Lautketten auf deren inhaltlicher Seite keine Relevanz besitzt". 17 Dies gilt z.B. für die Anwendung der strikten Subkategorisierung des Aspects-Modells (Chomsky 1965;1967). Als weitere empirische Untersuchungen sind zu nennen W.Schmidt (1963;1967), Schippan/Sommerfeldt (1966,1967), Helbig/Schenkel ( 1 9 6 9 ) . Wesentlich ist hierbei der Gesichtspunkt, daß die syntaktische Komponente in erster Linie zur Disambiguierung eingesetzt wird, d.h. über die Strukturierung des Inhalts selbst keinerlei Auskünfte bringt. Deutlich wird dieses Prinzip auch in der semantischen Theorie von Katz/Fodor (1963) , die als interpretative Semantik die syntaktische Komponente zur Basis hat.

18

mantischen Komponente als vielmehr die Festlegung des Anwendungsbereiches von Bedeutungen hinsichtlich ihrer Kombinierbarkeit im Satz. Greimas ( 1 9 6 6 : 5 4 ) unterscheidet in diesem Sinne "niveau semiologique" und "niveau semantique", Guiraud (1955:25) spricht jedem Wort einen "sens de base" und einen "sens contextuel" zu. Wotjak unterscheidet in diesem Zusammenhang "makrolinguistisch" und "mikrolinguistisch" (1971:15). Es ist darauf zu achten, daß diese beiden Ebenen der Bedeutungsbeschreibung einen unterschiedlichen Status haben, was andererseits eine systematische Vermischung keineswegs ausschließt, 19 wie z.B. das Modell von Meier (1964,1966) und auch die Darstellung der theoretischen Aspekte bei Greimas (1966) gezeigt haben. Die Einbeziehung kontextueller Gesichtspunkte ist ein Merkmal der strukturellen Semantik. Ansätze dazu, bezogen auf die Wortbedeutung, finden sich bereits um 190O bei Erdmann. Das Wort selbst, als Zeichen für unbestimmte Komplexe von Vorstellungen ( 1 9 6 6 : 5 ) , ist aufgeteilt in unterscheidbare Bestandteile, die 18 Dies ist z.B. der Fall bei den an Semasiologie und Onomasiologie orientierten Sach- und Begriffswörterbüchern wie Dornseiff (1933/34;1965), Hallig/von Wartburg ( 1 9 5 2 ; 1 9 6 3 ) , Wehrle/Eggers (1961) . Einen ausführlichen überblick über die Onomasiologie gibt Hoberg ( 1 9 7 0 : 2 8 f f . ) . Vgl. auch Dornseiff (1965:41): "Es wird nicht von den Wörtern ausgegangen, um deren Bedeutung aufzuführen, sondern von den Sachen, von den Begriffen und dafür die Bezeichnungsmöglichkeit gesucht: die Wortdecke für die Gedanken." S. auch Duden-Grammatik ( 1 9 6 6 : 4 2 9 f . ) . Bei dem Modell von Quillian (1968) handelt es sich ebenfalls um ein semantisch-referentielles System mit universeller Geltung. 19 Die kleinsten semantischen Einheiten, die Noeme, sind referentiell orientiert. Sie entsprechen "Grundbegriffen axiomatischer Art" ( 1 9 6 4 : 5 9 3 ) , gelten aber zugleich auch als Verknüpfungsglieder für Noeme des Kontextes. 20 Greimas vereinigt in der Semmenge eines Semems die Ebene des referentiellen und kontextuellen Bezugs. Der Kern (N) ist durch ersteren bestimmt, die "semes contextuels" durch letzteren. Diese geben an, welche Verbindungen mit einem Semem möglich sind ( 1 9 6 6 : 4 5 f f . ) . 21 Erdmann (19OO;1966:59): "Dabei sind noch zwei Fälle auseinanderzuhalten, das Wort, dessen Sinn zu ermitteln ist, kann in einem bestimmten Zusammenhang gegeben sein oder nicht."

10

Ermittlung der Wortbedeutung an bestimmte Voraussetzungen und Zwecke gebunden. 22 Baidinger (1957:22) leugnet überhaupt die Möglichkeit einer Bestimmung der Wortbedeutung, wenn sie sich auf ein isoliertes Wort bezieht: "Die durch ein isoliertes Wort geweckte Vorstellung ist somit nur ein Schema, ein Mittelwert, der erst im Textzusammenhang präzisere (nicht präzise) Umrisse annimmt." Dazu Agricola (1963:XVII): "Wesen und Struktur des Wortes bedingen, daß es im Verein mit anderen Wörtern gebraucht wird." Nach ihm (1968:196) ist das Semem nicht in erster Linie durch die Kombination von Semen bzw. Noemen charakterisiert, sondern durch die "Gesamtheit seiner potentiellen obligatorischen oder zugelassenen Verbindungen, in die es, auf der Basis seiner Lexemform, in einer syntaktisch korrekten Struktur eintreten kann." Diese Rolle spielt auch der Kontext hinsichtlich der Wortbedeutung in der strukturellen Semantik von Greimas ( 1 9 6 6 ) . 23 Der Grundsatz der gegenseitigen Beeinflussung von Bedeutungsrealisierung in der syntagmatisehen Verknüpfung, von Porzig (1934) 24 als "wesenhafte Bedeutungsbeziehungen" thematisiert, wird in der strukturellen Semantik als "semantische Kongruenz" (Leisi 1953; 1971:7O), "lexikalische Solidarität" (Coseriu 1967) wieder aufgegriffen. Im Vordergrund steht nicht mehr - wie noch in Semasiologie und Onomasiologie - die Untersuchung der Bedeutung selbst, sondern ein geeignetes Modell zur Beschreibung ihrer Verknüpfungsmöglichkei22 "Was heißt es, die ' w a h r e ' , die 'eigentliche 1 Bedeutung eines Wortes ermitteln zu wollen. Ganz allgemein gestellt ist eine solche Aufgabe immer sinnlos, erst unter ganz bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte Zwecke wird sie eindeutig lösbar." (Erdmann 1 9 6 6 : 9 4 ) . 23 "Des maintenant, on peut se rendre compte du r3le que joue le contexte, considere comme unite du discours superieure au lexeme: il constitue un niveau original d ' u n e nouvelle articulation du plan du contenu. En e f f e t , le contexte, au moment meme oü il se realise dans le discours, fonctionne comme un Systeme de compatibilites et d'incompatibilites entre les figures semiques qu'il accepte ou non de reunir, la compatibilite residant dans le fait que deux noyaux semiques peuvent se combiner avec un meme sime contextuel." ( 1 9 6 6 : 5 2 ) . 24 Er betont dort die syntagmatischen Bedeutungsbeziehungen im Gegensatz zu den von Trier (1931) beschriebenen paradigmatischen Beziehungen und hebt sie als "syntaktische Felder" gegen die "parataktischen Felder" Triers ab (1934:71).

11

ten.

Bedeutung stellt sich somit dar als "Gesamtheit der eruier-

baren Verwendungsweisen" (Hundsnurscher 197O:57), als "Gebrauchsmöglichkeit" (Schwarz 1962:XXVII), als "Gebrauch in der Sprache" (Wittgenstein 1958;1967:35). Dem referentiellen Bezug der Bedeutung steht die Organisation von Bedeutungsmerkmalen gegenüber, was Coseriu (1968:4) wie folgt charakterisiert: "Dans cette semantique, il s'agit en realite non pas de la structure du signifie mais de la structure de l'interpretation, presentee sous la forme de dependence." Beschreibung von Bedeutung heißt in diesem Sinne Beschreibung der Kombinatorik. Unter diesem Aspekt ist Semantik als "empirische Wissenschaft" zu verstehen (Filipec 1 9 6 6 ) . 2 5 Eine "operational theory of meaning" ersetzt hierbei die "referential theory of meaning" (Ullmann 1 9 6 2 : 5 4 f f . ) , wobei das Prinzip der Kombinatorik mehr auf eine Bedeutungsidentifikation, d . h . Unterscheidung und Zuordnungen von Bedeutung, als auf eine Beschreibung von Bedeutung abzielt.

1.3.3

Kontext und Bedeutung

1.3.3.1 Begriff

'Kontext 1

In dem genannten Zusammenhang ist im weiteren der Begriff 'Kontext' zu klären. Unbestritten ist, daß der Kontext einer Einheit in irgendeiner Weise beschränkt ist. Ganz generell ist hier nur der sprachliche Kontext im strukturell-distributionellen Sinn gemeint, speziell die nähere Umgebung eines Wortes innerhalb eines Syntagmas, die seine Verwendungsweise determiniert, sei es syn? fi taktisch oder semantisch. Hierbei handelt es sich jeweils um die syntagmatische Umgebung, die nach Heger (1971:36) "auf dem nächsthöheren hierarchischen Rang ihrerseits als Einheit paradigmati sierbar i st." 25 Vgl. dazu Filipec (1968:161): der Schwerpunkt verlagere sich von der "Substanz" zu "Beziehungen". 26 Die semantischen und grammatischen Verknüpfungen stellen nach Agricola die Bindungsmöglichkeiten dar, "die gleichzeitig Notwendigkeiten sind" und "die Zahl der Wörter, die man miteinander gebrauchen kann", beschränken (1962;1963:XVII).

12

Weiter gefaßt, läßt sich der Kontext eines Wortes als die Bedingungen seiner Anwendung auffassen. Während W.Schmidt (1963; 1967:34) den Kontext und seine Funktion allgemein auf eine Kommunikationseinheit bezieht, verwenden wir den engeren Begriff - wie 28 auch Schippan und Sommerfeldt (1966) -, wobei der Kontext als die Anwendungsbedingungen einer Wortbedeutung spezifiziert wird. In der Terminologie von Greimas würde dies dem Begriff 'lexie' entsprechen: "un contexte limite et clair qui nous permet de dire que tel 'mot 1 est employe dans tel 'sens'" (1966:61). In der Weise ermöglichen auch die Informationen durch den Kontext eine Reduktion 29 von Mehrdeutigkeiten. Gauger (197O) dagegen versucht, den referentiellen Aspekt von Bedeutung mit dem kontextuellen zu verbinden. Die einer Bedeutung zugrundeliegende Sachvorstellung interpretiert er als die dem Wort innewohnende Intentionalität. Diese Zeigefunktion wird in Relation zum Kontext gebracht. "Im Grunde kann jede Situationelle und kontextuelle Umgebung, in welche ein Wort eingelassen ist, als eine implizite Zeigsituation, als eine Art stillschweigender Zeigdefinition betrachtet werden. Die Situation 'zeigt 1 auf das Wort, und die Wörter des Kontextes zeigen aufeinander und definieren sich dadurch gegenseitig. ...Daher kann man den Inhalt eines Wortes ermitteln, indem man eine (möglichst lange) Reihe von Kontexten durchläuft, in denen es (das Wort) auftritt. Im Grunde heißt dies nur, daß man eine gewisse Anzahl mehr oder weniger vollständiger 'Zeigdefinitionen' zusammennimmt, um an ihnen eine einzige Definition zu destillieren. Wenn nicht jeder einzelne Kontext so etwas wie eine Definition wäre, könnte eine solche auch einer Reihe von Kontexten nicht entnommen werden." (Gauger 197O:59).

27 "Zum sprachlichen Kontext rechnen wir nur die Wörter, die sich mit einem gegebenen Wort kraft ihres semantisehen Gehalts zu einer Kommunikationseinheit verbunden haben." 28 Schippan/Sommerfeldt (1966: 543) : "Unter dem sprachlichen Kontext verstehen wir somit die lexischen und grammatischen Faktoren, die im Redezusammenhang die lexisch-semantischen Varianten eines Wortes aktualisieren." 29 Vgl. Agricola (1963: X X I I ) . In vielen FSllen hat der Kontext keine bedeutungsunterscheidende Funktion, d . h . die Mehrdeutigkeit eines Wortes bleibt erhalten. Diesen Fall bezeichnet Ullmann als "semantische Pathologie" (1957; 1967: 114).

13

Die Darstellung von Bedeutung ließe sich so mittels der Distributionsanalyse auf rein sprachliche Kriterien beschränken. Anstelle der extensionalen Methode, alle Kontexte aufzuzählen, könnte die Verwendung von intensionalen bedeutungsrelevanten Kontextmerkmalen treten. 1.3.3.2 Syntaktischer Kontext Die durch den Kontext zu erreichenden Angaben sind sowohl semantischer als auch syntaktischer Art. Wird vorausgesetzt, daß im Falle der FS die Identifikation der Bedeutung über ihre Manifestation auf der Ausdrucksebene erfolgen kann, erlangen die syntaktischen Angaben hier eine hervorragende Wichtigkeit. Daraus folgt die Hypothese, daß unter der Bedingung ihrer regelhaften Zuordnung zu Bedeutungseinheiten die Behandlung der FS unter dem Aspekt der Konsubstantialität von Ausdruck und Inhalt im Sinne der Zeichenkonzeption möglich ist. 1.3.3.3 Lexikalischer Kontext Darüber hinaus kommen speziell lexikalische Aspekte zum Tragen. Die Realisierung der Bedeutung eines FS ist nicht nur an eine bestimmte interne syntaktische Verknüpfung gebunden, sondern auch an bestimmte Lexeme. Ausgehend von der Voraussetzung, daß ein FS aus mehreren Lexemen besteht, kann man ein einzelnes Lexem als Fixpunkt betrachten, den Rest des Syntagmas als dessen Kontext bzw. Kontextpartner - etwa Anklang als Kontextpartner zu finden, nach Athen tragen als Kontext zu Eulen. Dabei gehen wir davon aus, daß jede Bedeutung eines Lexems mit einer Reihe von kompatiblen Bedeutungen anderer Lexeme verbunden werden kann. Die Menge dieser Lexeme fassen wir in der Kontextklasse zusammen. Daß ein Lexem mehrere unterschiedliche Verwendungsweisen hat, zeigt sich darin, daß es verschiedenen Kontextklassen angehört. Damit signalisiert umgekehrt - vom Gesichtspunkt der Kombinatorik her - die Kontextklasse die jeweilige Bedeutung eines Lexems. VS und FS sind im Hinblick auf die hier auftretenden Relationen Lexem - Kontextklasse zu vergleichen.

14

1.3.3.4 Kontext und Grundbedeutung Eine am syntaktischen und lexikalischen Kontext orientierte Bedeutungskonzeption

läßt keine Unterscheidung von Grund-, Haupt-

und übertragenen Bedeutungen bzw. eigentlicher und uneigentlicher Bedeutung (W.Schmidt 1963;1967 : 2 2 f f . ) zu. Sie bestätigt von einer anderen Seite her die Unzulässigkeit einer solchen Differenzierung, die zumeist statistisch-soziologisch begründet wird. Auch die Auffassung von einer "Einheit des Wortes" (Porzig 1959) - ohnehin stark bezweifelt - oder ähnliche Annahmen einer gewissen Einheitlichkeit wie z.B. die der "lexikalischen Bedeutung" bei W. Schmidt müssen in diesem Rahmen aufgegeben werden. Darunter fällt auch der Versuch, Polyseme als Einheit in einem Strukturbaum darzustellen. Um nur ein Beispiel zu nennen, sei an

30 Nach Agricola handelt es sich bei der Hauptbedeutung um die Ber deutung, "die bei isolierter Nennung des Wortes im Bewußtsein der meisten Angehörigen der Sprachgemeinschaft zuerst auftaucht." Zumeist soll es sich hierbei um die "konkreteste Richtung" handeln (1962;1963:XV). Die Konzeption Pauls von der "usuellen" und "okkasionellen" Bedeutung findet hier ihre Fortsetzung (1880;1920:75). Ähnlich definiert Schmidt (1963;1967: 2 6 ) : "Die Hauptbedeutung ist die aktuelle Bedeutung, welche als die zu einem Zeitpunkt gesellschaftlich wichtigste Bedeutung bei isolierter Nennung des Wortes, also auf der Ebene der langue, im Bewußtsein der meisten Sprachgenossen realisiert wird." Die Verbindung von statistischen Elementen, die auf subjektiven Voraussetzungen des Sprachteilhabers beruhen, und einer Annahme einer bestimmten Bedeutung des Wortes, die dem Wort inhärent sein soll, erscheint uns als unzulässig. 31 Ullmann (1957;1967:57) lehnt die Autonomie des Wortes aufgrund einer fehlenden semantischen Identität ab. 32 W.Schmidt ( 1 9 6 3 ; 1 9 6 7 : 3 2 ) : "Die verschiedenen aktuellen Bedeutungen polysemer Wörter stellen nur unterschiedliche Formen der Charakterisierung des einheitlichen begrifflichen Wortinhalts dar." Eine Aufteilung in Homonyme und Polyseme soll zusätzliche Differenzierungen erlauben. Übereinstimmung im Kern kennzeichnen Polyseme, Verschiedenheit entsprechend Homonyme (vgl. Panzer ( 1 9 6 5 : 2 4 ) , Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 O ) ) . Allerdings bleibt in der Regel o f f e n , was jeweils als der einer Gruppe von Bedeutungen gemeinsame Kern zu betrachten ist, Überschneidungen sind nicht selten. 33 Es erscheint wenig sinnvoll, in synchronischer Betrachtungsweise Relationen zwischen wörtlicher und übertragener Bedeutung zu markieren, solange nicht das Verhältnis, das zwischen ihnen besteht, explizit aufgezeigt werden kann.

15

den bachelor· - Baum von Katz/Fodor erinnert (1963; 1964:231) . Plausibel kritisiert Hundsnurscher (1970:18): "Ein Gesamtstammbaum erweckt den Eindruck, ein Wort habe tatsächlich als Bedeutungsrepräsentation ein kompliziertes Begriffsgeflecht, während es sich doch nur um mehrere selbständige Bedeutungen handelt, die von derselben Phonemkette an der Oberfläche repräsentiert werden." Im weiteren werden wir in der Weise verfahren, daß wir eine bestimmte Graphemfolge als Adresse für verschiedene Bedeutungen auffassen, zu deren Realisierung weiterer Kontext erforderlich ist. Unter einem solchen Aspekt ist

auch Raum für die phraseologische

Bedeutung gegeben, die sonst als Sonderfall aus einer systematisch angelegten lexikalischen Bedeutungsdarstellung ausgeklammert werden müßte. Die verschiedenen Bedeutungen eines Lexems stellen wir als zweidimensionale Matrix dar: die Spalten geben die Merkmale an, die Zeilen jeweils eine bestimmte Verwendungsweise im Kontext, d.h. die Zuordnungsmöglichkeit zu einer Kontextklasse:

oder 2' '··'

L Xi ' m J

n

1.3.3.5 Kontext und die Dichotomie 'langue 1 und 'parole 1 Das spezifische Repertoire von Kontexten eines Wortes nennt Fi34 lipec (1966:165) seine "Verwendungssphäre". Diese wie auch die sonst verwendeten Vokabeln "Sprachgebrauch", "Gebrauchsmöglichkeit"

usw. könnten den Anschein erwecken, daß es sich hier um

Erscheinungen auf der Ebene der parole handele und daß damit das gesamte Phänomen der FS, wie auch der VS, d . h . jegliche kontextuelle Gebundenheit, nicht in die Systematik von Lexik und Grammatik gehöre. 34 Dieser Begriff wird bereits von Porzig verwendet 35 Vgl. 1.3.3.

(1934:77).

16

Eine klare Trennung macht z.B. W.Schmidt (1963). Panzer (1965) schränkt wiederum die Geltung einer solchen Trennung ein. Dem steht das Prinzip der strukturellen Semantik gegenüber, wonach Bedeutungen nach ihren Kookkurrenzbedingungen beschrieben werden, die unabhängig vom individuellen Gebrauch der Sprecher gelten. Im Hinblick auf die systematische Einordnung dieser Restriktionen läßt sich ein Ausschluß aus dem Bereich der 'langue' nicht rechtfertigen. 3 8 Weiterhin ist auch dem von Heger (1971) formulierten Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, daß die Frage 'langue - parole 1 "keine materielle, sondern eine methodologische Unterscheidung" 39 beinhaltet. Heger bezieht sich hierbei auf Coseriu (1970:195), der ausdrücklich die Tendenz ablehnt, "langue und parole als zwei autonome und klar getrennte Realitäten zu betrachten, als zwei Komponenten der Sprache, d.h. als Gegenstände und nicht als Begriffe, nicht als geistige Konstruktionen, die auf eine einzige konkrete Realität angewandt werden, in der Absicht, diese besser zu analysieren und zu verstehen." Zuordnung zum Bereich der langue im Vergleich zum Bereich der parole bedeutet somit Darstellung auf einer höheren Abstraktionsebene. Vom Materiellen her erscheint also eine Ausklammerung des zu behandelnden Gegenstandes aus dem Bereich der langue wenig 36 W.Schmidt (1963;l 9 6 7 : 2 8 ) : "Die lexikalische Bedeutung, die Wortbedeutung auf der Ebene der Sprache, ist die Potenz der aktuellen Bedeutungen, die zu einem gegebenen Zeitpunkt auf der Ebene der Rede realisiert werden können. Die aktuellen Bedeutungen sind die verschiedenen auf der Ebene der Rede auftretenden Realisationen der Möglichkeiten, die die lexikalische Bedeutung auf der Ebene der Sprache enthält." 37 Panzer ( 1 9 6 5 : 2 O ) : "Wir können die Systemgeltung eines Zeichens nicht ohne Rücksicht auf seine Funktion in der Rede beschreiben." 38 Vgl. auch Wissemann (1961:235): "Das Wesen des Wortgruppenlexems besteht also darin, daß es ein fertiges als Ganzes der langue angehörendes Gebilde ist." Dies beruhe auf seiner "stabilisierten Ganzheitlichkeit" (1961:245). 39 Heger (1971:7) erläutert dies wie folgt: "Es ist daher abwegig, materiell disjunktive Fragen wie die zu stellen, ob ein bestimmtes gegebenes Phänomen der Langue oder der Parole zuzuordnen sei. Vielmehr gilt grundsätzlich, daß jedem auf der Ebene der Parole beobachteten Phänomen ein entsprechendes Phänomen auf der Ebene der Langue zukommt, und daß zu jedem auf der Ebene der Langue postulierbaren Phänomen beobachtbare Phänomene auf der Ebene der Parole vorkommen können."

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sinnvoll. Relevant sein kann dagegen nur eine nähere Bestimmung der Abstraktionsebene. Es gehört zur Kompetenz des Sprechers - um in diesem Rahmen auch den weitergehenden Begriff zu benutzen - verschiedene Bedeutungen dem Lexem Ente in den Fügungen gebratene Ente und kalte Ente zuzuordnen oder dem Lexem blind eine bestimmte Bedeutung in dem Ausdruck blinder Passagier. In dem Satz das Schiff ging unter mit Mann und Maus erkennt der kompetente Sprecher, daß mit Mann und Maus eine semantische Einheit darstellt, die, soll sie z . B . ins Französische übersetzt werden, als Gesamtausdruck mit einem Ausdruck anderer Struktur (corps et biens) wiedergegeben werden muß.

STRUKTURBESCHREIBUNG DER FS

2.1

Syntagmatische Determination

Die Gesamtheit der kontextuellen Restriktionen innerhalb eines Syntagmas fassen wir unter dem Begriff der syntagmatischen Determination zusammen. In der traditionellen Grammatik ist die Determination als einseitige Relation im Hinblick auf das Verhältnis Determinatum-Determinans bekannt, wobei der determinierende Teil einen anderen in seiner Bedeutung festlegt. Diese Relation bezieht sich im allgemeinen auf attributive Verbindungen. Wir verwenden den Begriff der Determination in einem weiteren und ganz allgemeinen Sinne: in einer Verbindung der Lexeme A und B ordnet A das Lexem B einer bestimmten Kontextklasse zu und umgekehrt. Diese Funktion ist nicht auf einzelne Wortklassen beschränkt, sondern soll allgemeine Geltung für Verbindungen von Lexemen überhaupt haben. Wir können den Begriff also auch auf verbale Fügungen anwenden. Bezogen auf die Darstellung der Bedeutung als Merkmalkomplex, interpretieren wir die einzelnen Merkmale als Determinanten. Hierbei ist methodisch zwischen zwei Aspekten zu unterscheiden: Die Merkmale selbst sind kontextuelle Restriktionsmerkmale; in ihrer Funktion, ein Lexem einer bestimmten Kontextklasse, die durch ein bestimmtes Merkmal charakterisiert ist, zuzuordnen, sind sie zugleich Determinanten. Der Begriff Determinante entspricht also einem funktionalen, der des Merkmals einem kategorialen B e g r i f f . Generell kann gesagt werden, daß jede syntagmatische Verbindung durch ein Determinationsverhältnis

charakterisiert ist.

Die

So wird der Begriff auch bei Brekle (197O: 3 3 f . ) verwendet, wo er gleichermaßen für alle Typen von Komposita gilt, ohne die internen Beziehungen der Konstituenten zu spezifizieren.

19

diesbezüglichen

Bedingungen stehen hierbei mit denen der Kontext-

beschränkung in Verbindung. Die kontextuellen Restriktionen, die sich auf Bedeutungskomponenten beziehen - also Forderungen nach Übereinstimmung bzw. Verträglichkeit von Merkmalen - rechnen wir der semantischen Komponente des Determinationsverhältnisses zu. Darüber hinaus wirken noch syntaktische und lexikalische Restriktionen. Die syntagmatische Determination D ist demnach durch die semantische Komponente S, die lexikalische Komponente L und die syntaktische Komponente V (= syntaktische Verknüpfung) charakterisiert: D

-

(S, L, V)

Alle drei Komponenten sind durch Restriktionen gekennzeichnet, die eine Unterscheidung von FS und VS ermöglichen. Wenn sie im folgenden getrennt behandelt werden, obwohl sie in enger Beziehung miteinander stehen, so geschieht dies unter dem jeweilig vorherrschenden Aspekt. Nicht alle Lexeme im FS nehmen gleichermaßen teil an der syntagmatischen Determination. Wir unterscheiden Basislexeme und Verknüpfungselemente. Als Basislexeme fungieren solche, denen die Wortklassen Substantiv, Adjektiv, Verb und Adverb zuzuordnen sind. Die übrigen wie Präposition, Artikelwort und Konjunktion sind zu den Verknüpfungselementen zu rechnen. Sie weisen keine den anderen vergleichbare Merkmalmatrix auf. Da die semantische Komponente die Relationen auf der Ebene der Bedeutungsmerkmale umfaßt, fungieren hier nur die Basislexeme. Sie gehören zum "unbegrenzten Inventar" im Sinne Martinets (1963: 1O8) und stellen in der Regel einen Eintrag im Lexikon dar. Damit gelten sie zugleich als mögliche Adressen für das gesamte FS im Wörterbuch. 4 Vgl. auch W.Schmidt ( 1 9 6 3 ; 1 9 6 7 : 7 7 f f . ) ; in der Darstellung von Makkai (1966) wird neben dem semantischen Aspekt auch der lexikalische hervorgehoben. Der syntaktische Aspekt scheint ausgelassen, soweit dies dem Abstract der Dissertation Makkais, die mir nicht zugänglich war, zu entnehmen ist. Vgl. auch Friederich (1965a: 6 2 ) . Die Verknüpfungselemente wären im Vergleich dazu zum "begrenzten Inventar" zu zählen. Vgl. Kap. 4.

20

Bezogen auf das FS selbst, sind sie als Konstituenten zu interpretieren, die die semantische Relation im Syntagma bestimmen. Innerhalb der lexikalischen und der syntaktischen Komponente müssen dagegen sowohl Basislexeme als auch Verknüpfungselemente berücksichtigt werden.

2.2

Semantische Determination

2.2.1

Allgemeines

Die bei den meisten Autoren inhaltlich übereinstimmende Definition der FS lautet sinngemäß: Ein FS ist eine semantische Einheit, deren Bedeutung sich nicht aus den Bedeutungen der Einzelteile ableiten läßt. 5 Dies t r i f f t zu bei Rechnung tragen, "kalte Ente oder dem in der amerikanischen Literatur beliebten Beispiel kick the bucket (=ins Gras beißen, sterben). Aus dieser Definition läßt sich herleiten, daß bei Nicht-FS, den VS also, die Bedeutungen der Einzelteile ihre Selbständigkeit bewahren. Sind A und B jeweils Lexeme, f (a) und f ( b ) ihre Bedeutungen, so gilt dann f ü r : FS:

A + B «-»

VS:

A + B

f (c)

*-» F ( a , b )

Vgl. z . B . Klappenbach ( 1 9 6 1 : 4 4 3 ) : "Diese Gebilde sind dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht aus der Interpretation ihrer Einzelteile zu verstehen sind oder so fest in ihrer Fügung zusammengewachsen sind, daß sie gleichsam erstarrt, nur in dieser Form gebraucht werden." Agricola ( 1 9 6 2 ; 1 9 6 3 : X X ) : "Bedeutungseinheit, die etwas anderes ist als die Summe der Einzelbedeutungen." Katz/Postal (1963:275): "The essential feature of an idiom is that its full meaning, and more generally the meaning of any sentence containing an idiomatic stretch, is not a compositional function of the meanings of the idiom's elementary parts." Friederich ( 1 9 6 5 : 6 2 ) : "Idiomatische Redewendungen sind solche Wendungen, deren Sinn ein anderer ist als die Summe der Einzelbedeutungen der Wörter." Weinreich ( 1 9 6 9 : 2 6 ) : "... idiom as a complex expression whose meaning cannot be derived from the meanings of its elements." In diesem Sinne weiterhin Bar-Hillel (1955;1957:185) , Weinreich (1963;1966:181) , W.Schmidt (1963;1967 :93) , Meier ( 1 9 6 4 : 5 9 4 ) , Baumgärtner ( 1 9 6 7 : 1 7 2 ) , Hansen (1968:125), Lipka (1968:131).

21

Daneben werden Ordnungsprinzipien verwendet wie Festigkeit und Verstehbarkeit, sei es, daß die Entscheidung darüber der Kompetenz des Bearbeiters überlassen bleibt, wie es bei Klappenbach (1961) der Fall ist, sei es, daß ein hierarchisch aufgebauter Katalog von Merkmalen den Grad der Festigkeit bestimmt, wie Fräser (1970) vorschlägt. 7 8 In der Dudengrammatik (1959; 1966: 4 3 9 f f . ) z . B . werden FS in dem Abschnitt über "stehende Redewendunger" unter folgenden Rubriken aufgezählt: a)

Redensarten

(den Kopf

schütteln)

b) c)

Zwillingsformeln Feste Verbindungen

(Rat und Tat) (Bericht erstatten)

Sie erfahren keinerlei grammatische Einordnung und werden lediglich im Hinblick auf Herkunft und Deutung beschrieben. Oftmals werden auch verschiedene Kriterien gleichzeitig zur Einordnung der FS verwendet. Meist handelt es sich dabei um eine Mischung syntaktischer und semantischer Kriterien, verbunden mit der Vorstellung einer gewissen Festgefügtheit. So unterscheidet Agricola (1962; 1963: X X V f f . ) unter semantischen Gesichtspunkten "lose Wortverbindungen" (kalte Ente, Gas geben, das Rote Meer) , "einfache phraseologische Verbindungen" (Abschied nehmen) , "phraseologische Einheiten" (die Zelte abbrechen, ffl ins Feuer giessen) und "starre phraseologische Verbindungen" (Kohldampf schieben), Unter syntaktischen Aspekten geordnet, erscheinen "verbale Gruppen", die quer durch die anderen genannten Klassen verlaufen, und "Zwillingsformeln" wie Hab und Gut, auf Schritt und Tritt, schlecht und recht. Hinsichtlich "semantischer Gefügtheit" unterscheidet W.Schmidt (1963; 1967: 7 5 f f . ) "phraseologische Verbindungen" ( j d n . zur Rede stellen, unter die Räuber gehen), "stehende analytische Verbalverbindungen" (in Kenntnis setzen) und "phraseologische Einheiten" (einen Floh ins Ohr setzen) .

6 7 8

Vgl. dazu 2 . 2 . 3 . Vgl. dazu 2 . 5 . 6 . Bei Erben (1959; 1 9 6 4 ) ist gener Abschnitt gewidmet.

den Wendungen nicht einmal ein

ei-

22

Vollkommen inkonsequent verfährt Friederich (1966) in der Mod. dt. Idiomatik. Obwohl auch er idiomatische Wendungen als Ausdrücke interpretiert, deren Bedeutung nicht aus den Bedeutungen der Einzelteile zusammengesetzt ist (1965a: 6 2 ) , ordnet er sie nach der vermeintlichen Grundbedeutung ihrer Einzelteile. Im Sande verlaufen gerät damit in die Gruppe "Erde, Elemente, Natur", blauer Montag gehört zu "Farben" und "Zeit" und keinen Boden gewinnen fällt schließlich unter "Haus- und Wohnungseinrichtung". Eine allen FS gemeinsame Basis für ihre systematische Einordnung fehlt. Sie gilt es zunächst zu erarbeiten. Geeignet dazu erscheint die spezifische kontextuelle Gebundenheit der ein FS bildenden Lexeme und die damit verbundenen Merkmale des Gesamtausdrucks. Sie sollen die genannten Charakteristiken konkretisieren und explizit machen. Die Segmentierung eines Satzes bzw. eines Teilsatzes in Bedeutungseinheiten läßt sich methodisch durch Kommutation überprüfen. Auf dieselbe Weise können auch Kookkurrenzrestriktionen sichtbar gemacht werden, was für die folgende Untersuchung ausgenutzt wird. Es ist zu beobachten, daß es Lexeme gibt, die eine bestimmte Bedeutung nur in einem einzigen Kontext bzw. in ganz wenigen Möglichkeiten realisieren, während andere in sehr vielen verschiedenartigen Kontexten auftreten. Wir schließen daraus auf eine unterschiedliche Stärke der Kontextbeschränkung bei den einzelnen Lexemen. Zur Verdeutlichung geben wir folgendes Beispiel: wir vergleichen den Ausdruck der springende Punkt und die Fügung das schöne Kleid im Hinblick auf mögliche Kommutationen: (i)

(ii)

(iii)

das das die der das das das das

schöne Kleid schöne Raus schönen Ferien schöne Geburtstag passende Kleid kurze Kleid neue Kleid teure Kleid

der der der der

springende Punkt wichtige Punkt urlangenehme Punkt vierte Punkt

23

(iv)

das der der die

springende Kind springende Hase springende Dilldopp springende Kuh

Während die Lexeme schön, Kleid und Punkt in einer Bedeutung mehrere mögliche Kontexte haben, die innerhalb der üblichen Kookkurrenzrestriktionen beliebig zu erweitern wären, t r i f f t dies bei springend nicht zu. In (iii) hat springend die Bedeutung 'wesentlich' , springend in (iv) entspricht der vom Verb springen abgeleiteten Bedeutung. Die Bedeutung von (iii) ist an einen ganz bestimmten Kontext gebunden, nämlich an das Vorhandensein von Punkt in der hier vorliegenden Bedeutung, die etwa mit 'Faktum' zu umschreiben wäre. Daß noch ein semantischer Zusammenhang zwischen der Bedeutung von (iii) und (iv) besteht, d.h. eine Vorstellung möglich ist, die die erstere als aus der letztgenannten entstanden interpretiert, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Wichtig ist, daß in keinem anderen Kontext als in Verbindung mit Punkt das Lexem springend die Bedeutung 'wesentlich 1 aufzeigt. Die Bedeutung von Punkt ist dagegen nicht ausschließlich an den Kontextpartner springend gebunden. Auf die jeweils gleichbleibende Bedeutung der einzelnen Lexeme bezogen, bedeutet dies, daß nur teilweise Kommutation möglich ist. Keinerlei Kommutation einzelner Lexeme ist möglich bei Ausdrükken wie kalte Ente, Kohldampf schieben, Hals über K o p f , ohne daß sich auch die Bedeutung des nicht ausgetauschten Lexems und damit die des gesamten Ausdrucks gänzlich verändert. Lediglich der Gesamtausdruck kann im Satz kommutieren: (6)

(7)

Heute gibt es kalte Ente Heute gibt es Erdbeerbowle nicht aber: Heute gibt es Erdbeer-Ente Eine andere Bedeutung von kalt liegt vor in

x Heute gibt es kalte Bowle Wir werden dieser Sache Rechnung tragen werden diese Sache berücksichtigen nicht aber: x

Wir werden dieser Sache Beachtung tragen

24

Das einzelne Lexem des Ausdrucks ist somit "nur Teil einer kommutierenden Einheit ohne selbständigen Bezug zur Inhaltsebene der Sprache" (Stötzel 1970a:27). 9 Es ist "Teil eines Funktions- bzw. Inhaltsträgers" (Stötzel 1970a:27). Insofern entspricht erst der Gesamtausdruck, d.h. mehrere Lexeme zusammen, einer Inhaltseinheit. Die unterschiedliche Art der Sememzuordnung ist also distributionell feststellbar. Nach den beiden verschiedenen Kommutationsmöglichkeiten lassen sich die FS in zwei Klassen aufteilen: FS1 (Feste Syntagmen erster Ordnung) sind solche Ausdrücke, deren Einzellexeme nicht kommutierbar sind, ohne daß die Zuordnung zu einer bestimmten Inhaltseinheit gestört würde. FS2 (Feste Syntagmen zweiter Ordnung) lassen teilweise Kommutation zu, wobei zumindest einer der Kontextpartner nicht ausgetauscht werden darf, wenn die Zuordnung des anderen zu einer bestimmten Inhaltseinheit bestehen bleiben soll. Im Hinblick auf die Zuordnung von Inhaltsseite zu Ausdrucksseite, von Bedeutungseinheiten als Sememen (S) zu mehreren Lexemen (L) ergibt sich folgendes Schema: Nicht-FS:

«-»

S. , . . . , S

FS1:

L , + ... + L l n LJ+ . . . + L n

*-»

Si ;

FS2:

L1+Lp

**

S ± , Sp

S^



{S l f

..., S n >

Für FS2 gilt, daß die Zuordnung von S. zu L. an den Kontextpartner L gebunden ist. Die Differenzierung der FS in FS1 und FS2 ist für die weitere Beschreibung von Bedeutung. 2 . 2 . 2 Endozentrische Determination Die Darstellung von Lexemzuordnungen zu Kontextklassen erlaubt es, klassenlogische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das Prinzip der partiellen und kompletten Inklusion der Klassen erweist sich als geeignet, die Differenzierung der FS in FS1 und FS2 zu

9

Hier liegt dieselbe Erscheinung vor, die bei Stötzel für das Reflexivpronomen in Fällen wie sich schämen beschrieben ist.

25

bestätigen. Die unterschiedlichen Bildungsweisen haben eine Parallele bei den Komposita. Für VE liegt im allgemeinen partielle Inklusion der Klassen vor. Gehören die Bedeutungen a und b jeweils den Kontextklassen A und B an, haben wir bei einem Ausdruck ab: ab 6 A ,

ab € B, folglich ab € AB

Auf die neue Klasse AB bezogen bedeutet dies: AB C A

und

AB

C B

Wichtig ist, daß AB sowohl Teilklasse von A als auch von B ist. Graphisch wäre dies so darzustellen:

Logisch gesehen, ist die Relation symmetrisch. Auf den Ausdruck blinder Vogel bezogen, bedeutet dies, daß blind determiniert ist durch alle Wörter, die derselben Kontextklasse angehören wie Vogel, und umgekehrt. Für den Ausdruck blinder Passagier gilt eine andere Relation. Sie ist unsymmetrisch. Das Verhältnis des Gesamtausdrucks zu den Einzelteilen ist anderer Art: AB ist ausschließlich Teilklasse von B. Damit liegt komplette Inklusion einer Klasse vor, was sich graphisch wie folgt darstellen läßt: 10 Wir beziehen uns hier auf den diesbezüglichen Aufsatz von Brekle ( 1 9 6 6 ) . Er befaßt sich mit einer Abgrenzung bestimmter Komposita gegen adjektivisch attribuierte Nominalphrasen. Einige Aspekte lassen sich auf FS übertragen. 11 Vgl. dazu auch Brekle (1970: 115 und 1 4 5 ) . 12 Brekle verwendet die Beziehung der kompletten Inklusion zur Darstellung bestimmter Kompositabildungen, z . B . Dampfboot (Beziehung Subjekt-Objekt in transformationeller Sicht); vgl. (1966: 25, 1970: 114 und 1 4 4 ) .

26

Komplette Inklusion ist

deswegen möglich, weil a £ A ausschließ-

lich Kontextpartner von b e B ist. Bezogen auf ein Beispiel, bedeutet dies, daß blind in der Bedeutung 'reiseunberechtigt 1 ausschließlich Kontextpartner von Passagier ist. Was die Monosemierung angeht, also die Relation der Einzelteile untereinander, gelten die Prinzipien wie im VS; der Unterschied liegt erst im Ergebnisausdruck und seinem Verhältnis zu den Einzelteilen. In blinder Vogel gehört lediglich Vogel zu der Klasse, deren Elemente mit Elementen der Klasse von blind kombiniert auftreten können: blinder Vogel, blinder Junge, blinder Löwe, usw. Blinder "Passagier gehört als Gesamt au sdruck zu der Klasse, deren Elemente die gleichen Kontextpartner wie Passagier haben. Zur Veranschaulichung stellen wir einige FS und VS gegenüber: FS

VS

kalte Miete kaltes Fieber kalter Blitz kalter Krieg

hohe Miete tückisches Fieber heller Blitz schrecklicher Krieg

Der ausschließlichen Zuordnung zu einer Kontextklasse entspricht auf der formalen Seite die feste Sequenz der Konstituenten bei den FS, während die variable Zuordnung bei den VS auch Permutationen der Attribute gestattet. Möglich ist

z.B.:

Nicht möglich ist:

die die die die

tagliche hohe Miete hohe tägliche Miete hohe kalte Miete kalte hohe Miete

Die komplette Inklusion einer Klasse in eine andere gilt nicht nur für nominale Ausdrücke. Verbale FS sind nach dem gleichen Muster zu beschreiben. 13 Die feste Sequenz bei Nominalphrasen gehört zu einem der gemein geltenden Merkmale der FS; vgl. dazu 2 . 5 . 5 .

all-

27

In leer ausgehen ordnet leer die Konstituente ausgehen einer 14 ik Kontextklasse zu, die auf den Kontext leer (und frei) beschränkt ist. Hierher gehören auch Ausdrücke wie Auto fahren, Schi laufen. 15 Mit Auto fahren ist z . B . einerseits gemeint 'im Auto fahren 1 analog zu 'Zug f a h r e n 1 , 'Bus f a h r e n 1 , wobei sich die Aussage darauf bezieht, daß ein bestimmtes Fahrzeug zum Fahren benutzt wird. Andererseits bezeichnet es eine spezifische Tätigkeit, was nicht gleichermaßen für 'Bus f a h r e n ' , 'Zug fahren' gilt. In dieser Bedeutung ist fahren auf die Kontextklasse mit Auto als Element beschränkt. Das Prinzip der Klasseninklusion hat auf semantischer Ebene eine Entsprechung, wobei für die bei VS allgemein übliche partielle Inklusion der Klassen endozentrische Determination gilt, d.h. die Bedeutung des Gesamtausdrucks wird durch die am Gesamtausdruck beteiligten Konstituenten gebildet. Dies t r i f f t auch für FS zu, bei denen komplette Inklusion einer Klasse in die andere besteht wie etwa bei blinder Passagier, schwarzer Markt, Fahrt ins Blaue, leer ausgehen. Diese FS sind klassenlogisch dadurch gekennzeichnet, daß eine Konstituente ausschließliche Kontextklasse der anderen Konstituente darstellt, semantisch dadurch, daß eine Konstituente eine singular auftretende Bedeutung aufweist, die als eigenständig zu betrachten ist. Der Auffassung, daß es sich hierbei um einen Teil eines Bedeutungsgefüges handelt (Weinreich 1963 ; 1966 :181) , ist folgendes entgegenzuhalten : Wenn A die Merkmalmenge {c^,c~,c~} hat und B { c 4 , c 5 ) , so soll danach der idiomatische Ausdruck AB möglicherweise die Merkmalmenge ic. ,c_ , G S , c , , c 7 > aufweisen. Angewendet auf ein Beispiel, etwa blinder Passagier, dürfte es schwerfallen festzulegen, welche Merkmale von blind erhalten, welche eliminiert werden. Dasselbe gilt für Passagier, wobei es fraglich ist, ob überhaupt 14 Der Begriff 'Kontext 1 wird in der in 1.3.3.1 stark eingeschränkten Bedeutung verwendet. 15 Bei analogen Bildungen wie eislaufen, maschineschreiben wird die Einheit des Ausdrucks auch orthographisch dokumentiert. 16 Der Begriff 'endozentrisch 1 wird verwendet u . a . bei Brekle (1966:17) und Weinreich ( 1 9 6 9 : 3 2 ) .

28

Merkmale zu eliminieren sind. Welche der Konstituenten jeweils durch eine phraseologische Bedeutung gekennzeichnet ist, bleibt irrelevant. Weiterhin sind hierbei solche Ausdrücke zu berücksichtigen, bei denen nur ein Basislexem im Syntagma vorhanden ist, das dann durch ein Verknüpfungselement auf eine bestimmte Bedeutung festgelegt wird wie z . B . aufs Geratewohl, im Prinzip, ohne weiteres, in Anbetracht. Das Verknüpfungselement - in diesen Beispielen immer eine Präposition - übernimmt hier im Hinblick auf die Determination die Funktion einer Konstituente, wird aber selbst nicht auf eine bestimmte Bedeutung festgelegt. Außer Präpositionen kommen auch Artikelwörter in Betracht (des weiteren). Sie sind gleichermaßen wie auch die Konjunktion in koordinativ verbundenen FS (Hab und Gut) an der Bedeutungsbildung des Gesamtausdrucks beteiligt. Die nominale Konstituente wird dagegen in der Weise einer Kontextklasse zugeordnet, daß ihre Bedeutung nur in der vorliegenden Verbindung mit der entsprechenden Präposition realisiert ist. 2.2.3 Exozentrische Determination Desgleichen sind Ausdrücke zu berücksichtigen, bei denen komplette Inklusion beider Klassen vorliegt. Dies t r i f f t zu bei kalte Ente, Kohldampf schieben, gang und gäbe, auf Schritt und Tritt. Es besteht komplette Inklusion beider Klassen A und B in der Weise, daß A ausschließlich B und B ausschließlich A determiniert. A ordnet B einer Klasse zu, deren Kontextpartner auf A beschränkt sind, und umgekehrt; diese Zuordnung geschieht im Hinblick auf eine neue Klasse, die wir mit C bezeichnen. Graphisch ist dies wie folgt darzustellen:

17 Greimas (1966:39) bezeichnet sie als "conjonctions lexicalisees".

29

Der Gesamtausdruck AB ist

ausschließlich Teilklasse von C. A ist

komplett in B inkludiert, B in A. Der Ausdruck kalte Ente wird z . B . verwendet zur Bezeichnung ner Unterart von Bowle, Kohldampf

ei-

schieben wäre etwa zu ersetzen

durch Hunger haben. Bei gang und gäbe wird das Prinzip besonders deutlich, da die Konstituenten nur als Kombination, nicht aber isoliert Kontextklassen aufweisen. Die ausschließliche Zuordnung zu einer Klasse A bzw. B wäre hier wenig sinnvoll. Bei auf Schritt und Tritt könnte man einwenden, Schritt und Tritt wären keineswegs in ihrer Bedeutung aufeinander angewiesen. In der vorliegenden Kombination aber sind sie als Gesamtausdruck einer neuen Kontextklasse zugeordnet, die sich von denen der einzelnen Konstituenten unterscheidet. Die komplette Inklusion der Klassen ist eine den FS zukommende Eigenschaft. Innerhalb von VS ist sie demgegenüber nicht möglich. Dazu folgender Vergleich:

FS

VS

gordischer Knoten den Kopf verlieren mit Mann und Maus schlecht und recht

mehrfacher Knoten den Geldbeutel verlieren mit Friedrich und Helene hell und licht

Bei der semantischen Entsprechung der kompletten Klasseninklusion, der exozentrischen Determination, fehlt eine referentielle Beschränkung zwischen den isolierten Konstituenten, die z . B . bei der Kombination von kalt und Ente die Bedeutung 'Bowle' bestimmt oder bei der von magisch und Auge die Bedeutung "Kontrollampe 1 . Nehmen bzw. fällen

ist

nicht auf eine bestimmte Bedeutung fest-

zulegen, die zusammen mit Notiz die Bedeutung 'bemerken 1 , 'registrieren* bzw. mit Urteil die Bedeutung 'verurteilen 1 ergibt.

30

Die Bedeutung 'Bowle 1 , 'Kontrollampe' ist jeweils an das Vorhandensein beider Konstituenten gebunden. Auf die Lexikonbedeutung der beiden Konstituenten bezogen, steht der referentielle 18 Bezugspunkt außerhalb: daher auch die Bezeichnung 'exozentrisch'. Wir spezifizieren die Verwendung des Begriffs in folgender Weise, wobei die Möglichkeiten einer externen Bestimmung aufgezeigt werden: 1. A und B bilden einen Komplex, der sich nicht mit den Bedeutungen von A und B darstellen läßt, sondern ausschließlich durch die Bedeutung von C. Übereinstimmungen von Merkmalen in der C entsprechenden Merkmalmatrix mit solchen, die A oder B zugeordnet sind, kommen vor, sind aber für die Bedeutung als solche nicht relevant, z . B . magisches Auge. 2. A und B bilden einen Komplex AB, dessen Bedeutung aus der jeweiligen Bedeutung von A und B zusammengesetzt ist. Die Bedeutung von AB wird auf die von C übertragen, z . B . die Zelte abbrechen. 3. A und B bilden den Ausdruck AB, dem die Bedeutung von C zuzuordnen ist. In ihr sind wesentliche Merkmale der Bedeutungen von A bzw. B vorhanden, ohne daß es sich hierbei um die Vereinigungsmenge der A und B zugeordneten Merkmale handelt: Notiz nehmen, in Kraft und Boden.

treten, Grund

Insgesamt gesehen, hat diese Konstellation vor allem ihre Grundlage darin, daß die dem Gesamtausdruck zugeordnete Bedeutung von C nicht in Merkmale zerlegt werden kann, die den Teilen A und B jeweils zuzuordnen wären. Die Basislexeme würden somit den "gebundenen metasprachlichen 19 Lexemen" i.S. Hegers (1971:55f.) entsprechen, d . h . ihnen wäre jeweils ein Semem zuzuordnen, das die Charakteristik "Bestandteil der Einheit des nächsthöheren Ranges" aufweist und insofern

als

18 Zum Begriff 'exozentrisch 1 vgl. auch Brekle ( 1 9 6 6 : 1 7 ) . 19 Er verwendet das Beispiel pomme als Teil von pomme de terre.

31

metasprachlich einzustufen wäre. Eine solche Interpretation hat zweifellos ihre Konsequenz bei der Frage des Lexikoneintrags, wenn die Basislexeme dort einzeln Berücksichtigung finden. 2 . 2 . 4 Semantische Kongruenz Voraussetzung für die semantische Determination ist die semantische Kongruenz. Das Problem der Kontextbeschränkung bei syntagmatischen Kombinationen von Wörtern bzw. Lexemen wurde erstmals von Porzig (1934) aufgegriffen. Seine "wesenhaften Bedeutungsbeziehungen" kehren als Prinzip, jeweils modifiziert und spezifiziert, in der strukturellen Semantik wieder. Zunächst bringt sie Leisi (1953;1971:7O) mit dem Begriff der "semantischen Kongruenz" zusammen. Diese besteht z . B . zwischen Subjekt und Verb oder Objekt und Verb. 21 Die Beziehungen lassen sich anhand von "Bedingungstypen" (Leisi 1953;1971:17) darstellen, die durch Kompatibilität bestimmter Merkmale gekennzeichnet sind. Den Merkmalen semantischer Kongruenz, den Noemen, schreibt Meier (1964:590) eine Wertigkeit zu im Hinblick auf ihre Kompatibilität mit anderen Merk22 malen, eine semantische Valenz. Ihre Klassifikation ist danach einzurichten, ob sie im gleichen Kontext vorkommen können oder nicht. Dieses Prinzip, das für VS jedenfalls Gültigkeit hat, ist nicht anwendbar auf exozentrisch determinierte FS. Für kalte Ente mag wohl semantische Kongruenz der beiden Teile vorliegen, nicht aber, wenn dem Gesamtausdruck die Bedeutung 'Bowle' zugeordnet ist. Andererseits kann aber auch nicht gesagt werden, daß keine Verträglichkeit der beiden Konstituenten besteht. Der Unterschied liegt hierbei darin, daß die semantische Kongruenz nicht durch Merkmalkompatibilität dargestellt werden kann. Anstelle der semantischen Kongruenz muß die extreme Kontextbeschrän20 Dazu in 4 . 2 . 4 . 2 . 21 Die Begriffe "Subjekt 1 bzw. Objekt 1 sind hier nicht im Sinne von satzbezogenen Funktionalbegriffen zu verstehen, sondern im Sinne kontextueller Bezugseinheiten. 22 Die Noematik ist die Grundlage der von Meier entwickelten semantischen Analyse. Ausdrücklich wird hier betont, daß es um ein "praktisches System" geht, das eine "rasche Dokumentation aus Zeitschriften und Büchern des wissenschaftlichen und technischen Bereichs ermöglicht" ( 1 9 6 4 : 5 8 3 ) . Es werden sieben Haupttypen genannt, nach denen 1OOO Wörter klassifiziert werden.

32

kung berücksichtigt werden. Die semantische Valenz wird hier durch eine lexikalische ersetzt. Sie ist für jede Konstituente dieser Ausdrücke auf eine bestimmte lexikalische Einheit als Partner festgelegt. Das t r i f f t zu für FS wie magisches Auge, Schwarzer Peter, Gift und Galle, Hand und Fuß, Hans Guckindieluft, das Ei des Kolumbus, in erster Linie, am laufenden Band, mit Fug und Recht, Bahn brechen, Gefahr laufen, Hand anlegen, die Tafel aufheben, in Frage kommen, die Flinte ins Korn werfen, über den Berg sein, usw. Bei endozentrisch determinierten FS ist sowohl lexikalische als auch semantische Valenz vorhanden. Blind in der Bedeutung 'reiseunberechtigt' ist z.B. kompatibel mit der Bedeutung von Passagier. Zusätzlich muß aber berücksichtigt werden, daß die Realisierung der Bedeutung 'reiseunberechtigt' bei blind an den Kontextpartner Passagier gebunden ist. Weitere Beispiele hierfür sind: springender Punkt, schwarzer Markt, Forelle blau, Mann der Feder, Fahrt ins Blaue, der Mann von der Straße, nach Noten, im allgemeinen, des öfteren, Sturm läuten, leer ausgehen, nicht bei Trost sein, usw. Bestimmte Typen semantischer Kongruenz stellen die "lexikalischen Solidaritäten" von Coseriu (1967) dar. "Inhaltsunterscheidende Züge" (Coseriu 1 9 6 7 : 2 9 4 ) , ermittelt durch Vergleich minimaler Bedeutungsunterschiede, kennzeichnen dort die Merkmale, die ein Syntagma je nach Konstellation als durch A f f i n i t ä t , Selektion 23 oder Implikation charakterisiert bestimmen. Von diesen interessiert hier nur letztere, da sowohl im FS als auch in der implikativen Determination ein Lexem als solches eine Rolle spielt. Am Beispiel Coserius blondes Haar ist der Unterschied aber leicht ersichtlich. Dieses Syntagma ist kein FS. Die referentielle Bedeutung von blond ( ' H a a r f a r b e ' ) bezieht sich - mit wenigen Aus23 Die verwendeten Merkmale werden danach unterschieden, ob sie gemeinsames Merkmal einer Klasse (Klassen) oder eines Wortfeldes (Archilexem) sind. Determination durch ein Klassem wird als A f f i n i t ä t , durch ein Archilexem als Selektion bezeichnet. Ein Beispiel für ersteres ist das Pferd frißt, wobei [+ tierisch] als gemeinsames Klassem gilt. Selektion findet statt in das Schiff fährt; als gemeinsames Archilexem ist etwa Fahrzeug anzusehen. Implikation liegt dann vor, wenn ein Lexem selbst determinierend wirkt, wie Haar in blondes Haar.

33

nahmen

24

- ausschließlich auf Haar. Das heißt nun nicht, daß das

Lexem blond in seinem Kontext auf Haar beschränkt wäre. Die Kontextklasse von blond enthält Elemente wie Kind, Mädchen, Engländer, usw., d.h. mit [^menschlich] markierte Wörter.

2 . 2 . 5 Variable und konstante Klassendeterminante Nicht nur hinsichtlich der semantischen Valenz weichen FS gegenüber VS ab, sondern auch im Hinblick auf die Merkmalkonstellation des Gesamtausdrucks. Unter diesem Aspekt passen z . B . die FS nicht in das Katz/Fodorsche Modell (1963) der "Amalgamation", nach dem bei Beachtung bestimmter Restriktionen die Vereinigungsmenge der Merkmale aus den jeweiligen Konstituenten des Syntagmas gebildet wird. 2 5 Eine einfache Summierung der Merkmale als Ergebnis der semantischen Determination ist generell auf exozentrisch determinierte FS nicht anwendbar. Der Komposition auf der Ausdrucksebene entspricht keine parallele Komposition auf der Inhaltsebene. Aber auch bei endozentrisch determinierten Ausdrücken ergeben sich Schwierigkeiten. Bei der linearen Verkettung der Merkmale sind folgende Unterscheidungen nicht möglich: (i) (ii)

der kleine blinde Passagier der blinde kleine Passagier

Auch Weinreichs ( 1 9 6 6 ; l 9 7 O : 3 7 f f . ) Trennung in einen semantischen Prozeß, in dem Merkmale zu ungeordneten Mengen summiert werden - mit "linking" bezeichnet - und einen solchen, in dem keine "neuen Häufungen von Merkmalen erzeugt" (197O:43) werden - genannt "nesting" - führt im Hinblick auf die FS nicht weiter, da auch dort fest zuordnungsfähige Merkmale den Ausgangspunkt darstellen. Die Struktur der Merkmale in FS muß dagegen als abweichend betrachtet werden. 24 z . B . blondes Bier. 25 "Amalgamation is an operation of joining elements from d i f f e rent sets of paths under a given grammatical marker just in case these elements satisfy the appropriate selection restrictions represented by material in angles." (Katz/Fodor 1963;1964: 506) . 26 Bei Heringer (1968b:23O) wird dies u . a . am Beispiel Tag und Nacht ausgeführt. Vgl. auch 2.3.5. 27 Vgl. zur festen Sequenz 2 . 5 . 5 .

34

Das Problem ist

keineswegs damit gelöst, daß FS - wie bei Grei-

mas (1966) - bereits wie einwertige semantische Einheiten betrach28 tet und so in das allgemeine Modell, wie es für die semantische 29 Determination in VS gilt, integriert werden. Es ist vielmehr erforderlich, die spezifischen Eigenschaften hervorzuheben, die sich aus der zusätzlichen lexikalischen Valenz ergeben. Anregung dazu gibt das Modell der stufenweisen Determination von Panzer (1965) , insoweit als die interne Strukturierung des Syntagmas mit einbezogen ist. Die Merkmale werden funktional in Klassendeterminanten und individuelle Determinanten aufgeteilt. Die erste Stufe der Determination besteht nun in der Beseitigung der Homonymie aufgrund der Klassenselektion, d.h. eine bestimmte Determinante - hier Klassendeterminante genannt - ordnet einen Komplex oder ein Lexem einer bestimmten Klasse von Lexemen zu, die durch die entsprechen-

28 Greimas (1966:38) : "Le lexeme nous apparait des lors comme une unite de communication relativement stable, mais non immuable. Cette stabilite bien que relative permet d'envisager les relations entre les semes ä l"Interieur d'une lexeme comme etant de la meme nature que les relations entre les semes situees a l'Interieur d'unites de communications plus larges, et de postuler qu'elles peuvent etre decrites de la meme maniere." Unterschieden wird zum Beispiel: lexeme: abrioot; paralexeme: pomme de terre und syntagme: pain de seigle. In ihrer semantischen Struktur werden sie gleichgesetzt. 29 Vgl. Greimas ( 1 9 6 6 : 5 1 f f . ) . Die Merkmale, die übereinstimmen müssen, heißen dort "Klasseme". Sie sind den Determinanten in unserer Interpretationsweise vergleichbar. Außer den Klassemen sind zudem die referentiell orientierten Kerne zu berücksichtigen. Für die Determination gibt es danach folgendes Schema: L , L- seien Lexeme, N , , N~ die entsprechenden Kerne, C das Klassem, S die Seme und Sq die Kombination von zwei Lexemen: L L l = Nl + C < S 1 / S 2 ) ; 2 = N 2 + C ( s i/ s 3 ) Sq = N 2 + CSj + N j + SC^ = (N 2 + ) CS^ 30 Homonyme unterscheiden sich hier von Polysemen durch verschiedene Kerne. Eine ähnliche Einteilung Hegers, wonach Polyseme durch ein gemeinsames Sem und Homonyme durch kein gemeinsames Sem bei gleicher Ausdrucksseite (dort "Signifikat") charakterisiert sind, erscheint auf den ersten Blick als brauchbare theoretische Lösung. Bei der praktischen Realisierung ergeben sich dagegen Schwierigkeiten. Die Zuordnung eines gemeinsamen Sems für die beiden Bedeutungen 'Kraut 1 und ' U n s i n n ' , bezogen auf das Lexem Kohl, spricht für sich; vgl. Heger (1971:38).

35

de Determinante charakterisiert ist. Darauf folgt die individuelle Präzisierung, d . h . die Auflösung der Polysemie aufgrund der individuellen Determinanten auf einer zweiten Stufe. Problematisch erscheint uns hier die invariable Trennung von Klassendeterminanten und individuellen Determinanten. Ihre Relation kommt bei der Auflösung von Mehrdeutigkeiten zum Tragen. Soll Ton z . B . durch Topf monosemiert werden, muß vorausgesetzt sein, daß die Klassendeterminante von Topf

wie bei Ton ebenfalls

[Material] ist, um Übereinstimmung zu erzielen. Denkbar wäre aber auch [Behältnis] als Klassendeterminante für Topf.

In diesem Fall

würde dem Schema nach keine Determination erfolgen, da die Monosemierung nur auf der Ebene der Klassendeterminanten stattfindet und letztere jeweils festgelegt sind. Wollen wir z.B. bei den Bedeutungen von Ton die beiden unterscheiden, die etwa mit Material bzw. Farbton umschrieben werden können und haben dazu einen Kontext Weisser Ton -ist

feinkörniger

als grauer zur Verfügung, so gilt das Merkmal [Farbe] für beide Bedeutungen; bedeutungsunterscheidend ist erst das Merkmal [Konsistenz] . Dieses würde auch im genannten Fall als Klassendeterminante fungieren,

[Farbe] wäre dann eine individuelle, präzisie-

rende Determinante. Die Unterscheidung der Determinanten in D,et und d J.. als überbzw. untergeordnete Merkmale kann nicht als den Merkmalen selbst inhärent angesehen werden; sie ergibt sich erst im Innenverhältnis.

Nur hier ist

generell eine Hierarchie der Determinanten anzu-

nehmen, da Determinanten funktional

festgelegte Merkmale darstel-

len. Die Stufe der Determination ist nicht abhängig von einer inhärenten hierarchischen Ordnung der Determinanten, sondern bestimmt sich danach, welche hierarchische Ordnung im jeweiligen Determinationsverhältnis vom Kontext selbst aufgebaut wird, d . h .

31 m . , ein Homonym, stellt sich aufgelöst wie folgt dar: + D +

a

a l ' a2' a 3 ' * (d

d

d

~~ = F

a

al' a2' a 3 ' ' " ' (f

°b bl' b2' b3'·'·' b bl'fb2'fb3"·· Da und D, sind jeweils Klassendeterminanten, d , , . . . und d... , . die individuellen Determinanten, F und F. stellen entsprechend den jeweiligen Kern der Polyseme d a r , die durch f , ,... bzw. f . . . . . . in ihren einzelnen Bedeutungen unterschieden werden können.

36 sie kann im allgemeinen nicht dem Merkmalkomplex eines Wörterbucheintrags mitgegeben werden. Die aufgezeichneten Mängel in Panzers Modell lassen sich beheben; zugleich kann auch die Verwendungsfähigkeit dieses Modells erweitert werden. Wir sehen dafür vor, daß anstelle der konstanten Klassendeterminanten jede der Determinanten die Funktion der Klassendeterminanten übernehmen kann; die übrigen gelten jeweils als individuelle Determinanten. Für das Determinationsverhältnis gilt dann, daß jeweils die als Klassendeterminanten fungierenden Determinanten der beiden zu verbindenden Lexeme gleich sind. Dies bedeutet umgekehrt: Innerhalb der Determinantenmatrizen der beiden Wörter müssen zwei Determinanten gefunden werden, die übereinstimmen. Diese fungieren dann jeweils als Klassendeterminante. Sie stellt den Durchschnitt der Determinantenmatrizen von je einer Bedeutung von A mit je einer Bedeutung von B dar. Keine semantische Determination ist möglich, wenn die Durchschnittsmenge leer ist. In diesem Fall haben wir es mit fehlender semantischer Kongruenz, d . h . mit einer Abweichung zu tun. Bei mehreren Ergebnissen liegt Mehrdeutigkeit des Ausdrucks vor. Die übrigen Determinanten von A und B bilden als Ergebnis der Determination die Vereinigungsmenge, in der die Klassendeterminante nicht mehr enthalten ist. Bei der Menge der Determinanten als solcher haben wir es mit einer Vereinigungsmenge zu tun. Die besondere Funktion der Klassendeterminanten erfordert aber eine zusätzliche Markierung. Es handelt sich also nicht um eine willkürliche Aufzählung von Merkmalen bzw. Determinanten, sondern darum, daß im Hinblick auf die Funktion der Klassenzuordnung der Klassendeterminanten eine Sonderstellung eingeräumt wird. Sie markiert die Klasse, der der Ausdruck nach der Determination zugeordnet wird. Wenn sich Ausdrücke der Form A + B im FS und VS im Verhältnis zu A und B unterscheiden, so hat dies Auswirkungen auf die Klassendeterminante. AB als VS hat eine Klassendeterminante, die den Durchschnitt der Determinanten von A und B darstellt. Sie muß Determinante von A und von B sein. Für den Vergleich mit FS trennen wir im folgenden die Darstellung nach endozentrisch und exozentrisch determinierten FS.

37

Im endozentrischen FS besteht komplette Inklusion der Klasse A in B, d.h. A wird in einer solchen Weise durch B determiniert, daß A einer Klasse zugeordnet wird, die ausschließlich Kontextpartner von B ist;

B erfährt ebenfalls eine Determination hinsichtlich

seiner Verwendungsweise in der Art, daß die Klasse der möglichen Kontexte von B zugleich auch als Kontextklasse des Gesamtausdrucks AB fungieren kann. Die möglichen Attribuierungen von blinder Passagier z . B . sind Teilmenge der möglichen Attribuierungen

von Pas-

sagier·. Die Zuordnung von blind zu Passagier nimmt gegenüber anderen Attribuierungen

eine Sonderstellung ein. Dies zeigt sich

deutlich an folgender Gegenüberstellung: (i) (ii)

ein kleiner blinder· Passagier ein blinder kleiner Passagier

(i) und (ii) sind nicht bedeutungsgleich. Für das

Determinations-

verhältnis wirkt sich dies wie folgt aus: 1. Die Klassendeterminante ist im FS nicht variabel. Sie ist

aufgrund der lexikalischen Beschränkung festgeleat,

d . h . nur eine bestimmte Determinante kann als Klassendeterminante fungieren bzw. die Zuordnuna zu der neuen Klasse AB bewirken. 2. Die Klassendeterminante - als Determinante der neuen Klasse AB - setzt sich aus den beiden Klassendeterminanten von A und B zusammen. Auf diese Weise lassen sich die verschiedenen

Determinations-

verhältnisse von (i) und (ii) gut erklären. Setzen wir für

(i) : (ii) :

(x (a b ) ) , ( ( x , a) ( b ) ) ,

so gilt folgendes: In (a b) liegt ein Determinationsverhältnis nach dem Prinzip der FS vor. Jede weitere Attribuierung erfolgt nach dem Prinzip der VS; die Klassendeterminante von x z . B . muß mit der Klassendeterminanten von (a b) übereinstimmen bzw. kongruent sein. Bei ( i i ) liegt der Fall anders; hier tritt nur Determination nach dem Prinzip im VS a u f . Die Klassendeterminante von a und x jeweils müssen mit der von b kongruent sein. Dies ailt auch für jede weitere Attribuierung.

38

Für die exozentrische Determination gilt im Hinblick auf die Klassendeterminante: 1. 2. 3.

sie ist festgelegt, sie ist extern bestimmt, sie ist nicht zusammengesetzt aus zwei Klassendeterminanten.

Anders als bei der endozentrischen Determination bestimmt sich hier die Klassendeterminante nach der neuen Klasse C, der der Gesamtausdruck zugeordnet ist und die nicht in Determinanten von A und B zerlegbar ist. 2.3

Gliederung der FS auf semantischer Basis

2.3.1 Trennung in FS1 und FS2 Die Trennung von endozentrischer und exozentrischer Determination läßt eine generelle Gruppierung der FS zu. Dabei würden endozentrische FS - traditionell gesehen - Fügungen mit geringerer Festigkeit darstellen, da sie ein Element enthalten, das auch mit anderen Kontextpartnern in der gleichen Bedeutung wie im FS kombiniert auftritt, während exozentrische FS in der Skala der Kontextbeschränkung am Ende stünden, da ihre Elemente nur in der festen Kombination eine bestimmte Bedeutung aufweisen. Insofern können wir auch den Begriffen 'endozentrische' und 'exozentrische Determination' Werte der Kontextbeschränkung zuordnen. Endozentrisch bestimmte FS bezeichnen wir daher als FS zweiten Grades (FS2) und exozentrische als FS ersten Grades (FS1). Dies markieren wir als [-1] bzw. [+l]. Mit der Unterscheidung von FS2 und FS1 auf der Basis der Kontextbeschränkung wird ein in der Literatur häufig mit Festigkeit benanntes Prinzip angesprochen. 32 Diese Trennung von FS1 und FS2 steht in keinem Zusammenhang mit der Graduierung von Weinreich ( I 3 6 9 : 7 5 f . ) nach der 'familiarity' eines Ausdrucks. Ein solches Einteilungsprinzip gehört unserer Meinung nach nicht in den Bereich der Kompetenzbeschreibung; vgl. auch Botha (1968:133).

39

Anstelle von konkret angebbaren Kriterien, wie z . B . endozentrische bzw. exozentrische Bedeutungsdetermination, wird zumeist ein Bündel verschiedenartiger Bedingungen genannt. So z.B. von Agricola

(1962;1963:XXIV):

(a)

Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens,

(b) (c)

Auswahlmöglichkeiten unter den Verknüpfungspartnern, Stärke der Abweichung der Gesamtbedeutung von den Hauptbedeutungen der Bestandteile.

Von diesen Kriterien haben wir (b) verwendet; (a) - auch bei Chafe genannt (1968:111) - gehört in den Bereich einer stilistischen Untersuchung; (c) basiert einerseits auf der Annahme eines Strukturgefüges

der verschiedenen Bedeutungen eines Wortes, zum

ändern ist dieser Gesichtspunkt ohne Darlegung der Relationen zwi34 sehen zwei Bedeutungen anhand von Merkmalen nicht verwendbar. Nach Festigkeit unterscheidet auch Mel'cuk ( I 9 6 0 ) , indem er mit "Stabilität der Kollokation" 35 die stärkere Festigkeit einer Kombination gegenüber einer anderen charakterisiert. Eine Darstellung nach endozentrischer und exozentrischer Determination zusammen mit den damit jeweils verbundenen Eigenschaften erlaubt im übrigen eine Unterscheidung von FS gegenüber allgemeinen Kollokationen, d.h. semantisch eingeschränkten Kookkurrenzen im Satz. Wie sich diese Stabilität konkretisieren läßt, zeigt folgendes Schema, in dem VS, FS2 und FS1 verglichen werden hinsichtlich der semantischen Eigenschaften, wie sie in 2.2 dargestellt wurden:

33 Er verwendet das Prinzip der Häufigkeit in der Weise, daß er von einer Strukturbeschreibung verlangt, sie müsse die Tatsache erklären, daß die wörtlichen Entsprechungen gegenüber idiomatischen Verwendungsweisen bei mehrdeutigen Ausdrücken eine wesentlich kleinere Texthäufigkeit aufweisen. 34 Vgl. dazu die Diskussion über Hauptbedeutung, übertragene Bedeutung und phraseologische Bedeutung bei W.Schmidt in 1 . 3 . 3 . 4 . 35 Zit. nach Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 4 ) .

40

VS

FS2

FS1

Bedeutung = Vereinigungsmenge der Merkmale

X

X

Klassendeterminante = variabel

X

-

-

partiell

X

-

-

einer Klasse

-

X

-

-

X

Klasseninklusion

beider Klasse n

\

semantisch

X

X

-

lexikalisch

-

X

X

41

Diese Eigenschaften sind wie folgt zu markieren:

Mit der Kenn-

zeichnung [+l] bzw. [-l] sind die Charakteristika innerhalb der semantisehen Komponente angesprochen: endozentrische FS 1.

( [-l] ) :

Eine Konstituente zeichnet sich durch singuläre Bedeutung aus, die Gesamtbedeutung ist

zusammensetzbar.

2.

Die Klassendeterminante ist die Konstituenten.

konstant im Hinblick auf

3.

Es besteht komplette Inklusion einer Kontextklasse in

4.

eine andere. Die Valenz der Konstituenten ist

sowohl semantisch als

auch lexikalisch ausgerichtet. exozentrische FS

( [+l] ) :

1.

Die Gesamtbedeutung ist

nicht entsprechend den Ober-

2.

flächenkonstituenten zerlegbar. Die Klassendeterminante ist festgelegt und extern bestimmt.

3.

Es besteht komplette Inklusion der Kontextklassen bei-

4.

der Konstituenten. Die Valenz der Konstituenten ist ausschließlich lexikalisch bestimmt.

2 . 3 . 2 Mehrdeutige FS Ein weiterer Gesichtspunkt bietet sich von daher an, daß etliche FS eine VS-Entsprechuna haben, die syntaktisch und lexikalisch mit ihnen übereinstimmt, sich aber in der Bedeutung unterscheidet, wie z . B . kalte Ente, blinder Passagier, in der Tat, durch die Bank, Eulen nach Athen tragen, sich über Wasser halten. Verschiedene Verwendungsweisen sind zu unterscheiden bei genden Beispielen: Er hat in der Tat das Buch vergessen Er hat in der Tat eine Befreiung gesehen Sie hat im Prinzip recht Im Prinzip der Arbeitsteilung liegt Abhängigkeit

fol-

42 Mit seiner" Nebenbeschäftigung kann er sich über Wasser halten Mit dem Schwimmring kann er sich über Wasser halten Den Aspekt der Metaphorisierung wollen wir im Augenblick zurückstellen.

Im Hinblick auf eine Analyse empfiehlt es sich, die

mögliche VS/FS-Mehrdeutigkeit

anzugeben, um die

entsprechenden

Analysemöglichkeiten vorsehen zu können. Wir markieren daher FS mit [+m ] (= mehrdeutig) und [-m] (nur als FS möglich) . Die Mehrdeutigkeit rührt daher, daß 1.

mehrere semantische Kongruenzen vorliegen, wie etwa bei blinder Passagier (nicht sehen könnender Passagier, seunberechtigter Passagier),

2.

rei-

die Konstituenten als Teile eines VS semantisch kongruent sind, als Teile eines FS dagegen nicht und da38 für durch lexikalische Valenz gekennzeichnet sind.

Bei Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 2 ) z . B . werden die verschiedenen Konstellationen im Hinblick auf Mehrdeutigkeit der Konstituenten bzw. des Gesamtausdrucks als Unterscheidungskriterien verwendet, wobei er sich auf sowjetische Vorarbeiten stützt. Ausgangseinheiten 39 sind nur als Gesamtausdruck mehrdeutiae Fügungen. Wenn mindestens ein Teil mehrdeutig ist, gehört der Ausdruck zu den "phraseologischen Einheiten"

(etwa saure Saline} . Ein "Idiom" enthält

zwei mehrdeutige Teile, die gegenseitig die spezielle Bedeutung bestimmen (Hohes Haus). Fügungen wie Dame von Welt, magisches Auge fallen, obwohl jeweils beide Teile mehrdeutig sind und auch z u t r i f f t , was Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 4 ) "a reciprocal contextual selection of subsenses" nennt, unter die in Anlehnung an Makkai (1966) bezeichneten "pseudo-idioms". Dazu gehören außerdem die aus ein36 Vgl. dazu ausführlich 2 . 3 . 3 . 37 Dies ist streng zu unterscheiden von mehrfacher Bedeutung einer Fügung, die immer FS ist wie z.B. in die Brüche gehen. Hier liegt keine Mehrdeutigkeit im oben genannten Sinne vor. 38 Vgl. 2 . 2 . 4 . 39 Die Bedeutungsbestimmung hängt vom Verb ab: "... any expression in which at least one constituent is polysemous, and in which a selection of a subsense is determined by the verbal context" ( 1 9 6 9 : 4 2 ) und weiter ( 1 9 6 9 : 4 4 ) "thus the principle that all phraseological units are ambiguous can be upheld."

43

deutigen Teilen bestehenden eindeutigen Ausdrücke wie Hals über Kopf,

kreuz und quer und eindeutige Fügungen, bei denen lediglich

ein Teil mehrdeutig ist wie bei blinder· Alarm. Dies bedeutet, daß eine große Anzahl verschieden strukturierter Typen in eine Gruppe fallen würden, was das Einteilungsprinzip

als fragwürdig erschei-

nen läßt. Weinreichs Gliederung wird durch die Beschränkung auf eine Unterscheidung von ein- und mehrdeutigen Ausgangseinheiten und Endeinheiten dem Gegenstand nicht gerecht. Diese Einteilung t r i f f t nicht die spezielle Merkmalstruktur der FS. Daraus resultiert zudem die große ungeordnete Gruppe der "pseudo-idioms". Das Kriterium der Mehrdeutigkeit kann nicht allein als hinreichend genommen werden, da es gleichermaßen auch bei VS auftritt. Dieses Argument t r i f f t auch die von Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 4 ) zitierte Gliederung von Mel'c*uk ( 1 9 6 0 ) , der als Grundlage die Kontextbeschränkung benutzt. Diese wird aber lediglich auf die Mehrdeutigkeit von Wörtern bezogen. So liegt nach ihm "Idiomatizität" vor, wenn starke Kontextbeschränkung in bezug auf einen polysemen Wörterbucheintrag besteht. Von "Stabilität der Kollokation" ist die Rede, wenn sich die starke Kontextbeschränkung auf einen monosemen Eintrag bezieht. Nicht erklärt ist vor allen Dingen die besondere semantische Struktur, wie sie sich für endozentrisch und exozentrisch bestimmte FS beschreiben läßt; erst diese rechtfertigt die Behandlung 4O mehrwertiger Einheiten als lexikalische Einheiten. Im Zusammenhang mit der Trennung in FS1 und FS2 sind demnach folgende Konstellationen der Charakteristik der semantischen Komponente S, kurz S-Charakteristik, möglich: 1.

S = i[-l] , [~m]}

blinder Alarm, Rotes Meer, leer ausgehen, in Anbetracht, Auto fahren

2.

S = {[-l] , [+m]}

saure Sahne, blinder Passagier, im Prinzip

3.

S = {[+l], [-m]}

Abschied nehmen, Grund und Boden, magisches Auge, gang und, gäbe

4O so wird z.B. in der Darstellung der FS bei Katz/Postal (1963: 2 7 6 ) ein "phrase-idiom" wie ein einwertiges Lexem behandelt, ohne daß dies auf die interne semantische Struktur zurückgeführt wird.

44

4.

S = { [+l] , [+m]}

kalte Ente, Weißes Haus, zur Versteigerung kommen, die Stirn haben, von Ort zu Ort.

2.3.3 Metaphorisierung und FS FS- und VS-Bedeutung stehen häufig in einer semantischen Relation, 4l die als Metaphorisierung bezeichnet wird. Zu beobachten ist dies an Ausdrücken wie die Zelte abbrechen, die Leviten lesen, ein Bein stellen, kalte Dusche, usw. Auf der von uns gewählten Ebene der Bedeutungsbehandlung wird explizit vom diachronischen Aspekt abstrahiert. 42 Die "rule-changing creativity" wird aus der Beschreibung ausgeklammert, im Vordergrund steht die "rule-governed creativity" (Botha 1968:192, Heger 1971:12). Somit ist es nicht Gegenstand dieser Untersuchung, die Relationen zwischen ursprünglicher und metaphorisierter Bedeutung - etwa im Hinblick auf Komponententilgung, -ergänzung oder -ersetzung (Baumgärtner 1967:172) oder sonstige semantische Mutationsregeln, wie von Chafe (1968:121) vorgeschlagen, - zu ermitteln. Ohnehin wird die Entscheidung schwerfallen, ob blind in blinder Passagier als Metaphorisierung von blind in blinder Vogel zu interpretieren ist oder ob es sich um eine gänzlich andere Bedeutung handelt. Inwieweit Merkmalreduktionen bzw. -additionen zur Erklä41 Vgl. dazu Langacker ( 1 9 6 7 : 8 O ) : "Idioms are in many cases similar to standardized metaphors." Fleischer (1969) führt dies allgemein für jegliche Art von "Morphemgefügen" bzw. "Morphemkonstruktionen", also auch für Komposita, aus. Er betont dabei die Tendenz der selbständigen semantischen Weiterentwicklung des ganzen Gefüges, die vielfach zur Verdunklung der Motivation, zur De-Motivierung oder Idiomatisierung führen kann. Eine idiomatisierte Morphemkonstruktion ist als Ganzes Bestandteil des Lexikons, der Langue geworden" ( 1 9 6 9 ; 1 9 7 1 : 1 2 f . ) . Fleischer verwendet die Bezeichnung 'Idiom' im Sinne Hocketts, s. dazu Kap. 1.2, Anm. 14. 42 In Anlehnung an Coseriu bemerkt Brekle (197O:2l) zu einem solchen Gesichtspunkt: "Das sich im aktualen Kommunikationsprozeß realisierende Funktionieren einer Sprache impliziert die Existenz eines synchronischen Systems; zugleich sind darin aber die Möglichkeiten und Bedingungen der Entwicklung einer Sprache aus der Vergangenheit und in die Zukunft enthalten. Synchronie und Diachronie sind also zwei Aspekte desselben Gegenstandes."

45.

rung herangezogen werden können, ist schließlich von der Wahl der Merkmale abhängig. Zu bemerken ist, daß keineswegs alle Metaphern als FS zu interpretieren sind. Es handelt sich ausschließlich um solche, bei denen auch die sonstigen Bedingungen der FS erfüllt sind. Mit der Metaphorisierung im Zusammenhang steht ein verschiedentlich angewandtes Ordnungsprinzip, 43 das mit Verstehbarkeit zu umreißen wäre. Danach werden z.B. bei Klappenbach (1961:446) unterschieden: 1. Idiome, die nicht in Teile zerlegbar und außerdem unmotiviert sind: Kohldampf schieben, sein Fett kriegen. Gemeint sind Metaphern, deren ursprüngliche Bedeutung nicht ohne etymologische Kenntnisse rekonstruierbar ist. 2. Phraseologische Einheiten, die als verhältnismäßig fest gelten. Ihr Gesamtinhalt muß als solcher im übertragenen Sinn verwendet werden. Außerdem sind sie dadurch charakterisiert, daß ihre Bestandteile nicht durch Synonyme ersetzbar sind: das Fett abschöpfen. 3. Phraseologische Verbindungen stehen bereits am Übergang zu den frei verwendbaren Fügungen. Sie sind aus den Einzelbestandteilen zu verstehen. Austausch durch Synonyma ist gestattet: Abschied nehmen. Die Verwendung verhältnismäßig vager Kriterien wirkt sich einschränkend auf ihre Brauchbarkeit aus. Sie charakterisieren durchaus die Unterschiedlichkeit der behandelten Typen, beziehen aber in zu hohem Maße die subjektive Beurteilung des jeweiligen Bearbeiters ein. Weitere Kritik bezieht sich auf folgende Punkte: (a) Zunächst wenden wir uns gegen den Begriff "frei verwendbare" Fügungen, wie er von Klappenbach benutzt wird ( 1 9 6 1 : 4 4 5 ) , und den ähnlichen der "freien Wortverbindungen" von Agricola (1962;1963:XXV). Auch Lexeme im VS sind Kontextbeschränkungen unterworfen.

43 Agricola, Klappenbach und W.Schmidt beziehen sich hierbei auf Winigradow; vgl. dazu Klappenbach ( 1 9 6 1 : 4 4 5 ) .

46

(b) Bereits die Behauptung, die Kriterien ließen sich "ohne weiteres" (1961:446) an den genannten Beispielen ablesen, zeigt die Unsicherheit im Umgang mit ihnen. Sein Fett kriegen aus der Gruppe der Idiome und das Fett abschöpfen aus der Gruppe der phr'aseologisehen Einheiten scheinen uns nicht so klar begrenzt zu sein, um ersteren Ausdruck als unmotiviert, den zweiten als motiviert und mit übertragener Bedeutung kennzeichnen zu können. Die Entscheidung darüber ist in jedem Fall abhängig vom etymologischen Wissen des Bearbeiters. (c) Das Kriterium der Motivierung halten wir in einer synchronischen Sprachbetrachtung überhaupt für irrelevant. Hierbei befinden wir uns in guter Gesellschaft und brauchen nur die Argumentation von Brekle ( 1 9 6 6 : l l f . ) aufzugreifen. 44 Sie bezieht sich auf solche Fügungen, die allgemein als Metaphern bezeichnet werden; "sobald sie jedoch als feste Bildungen im lexikalischen System einen Platz gewinnen und semantisch mit ihrer Grundlage keine gemeinsamen Merkmale mehr haben, sollte man sie als eigenständige Zeichen betrachten." Daß dadurch die Anzahl der Lexikoneinträge wesentlich vermehrt wird, ist nicht zu vermeiden und sollte auch in Kauf genommen werden, da nur dadurch eine adäquate Darstellung der Verwendungsweisen von Bedeutungen erreicht werden kann. Kohldampf schieben hat - abgesehen von stilistischen Unterschieden - die gleichen Charakteristika wie Hunger haben. Merkmale von schieben und von Kohldampf haben mit den Merkmalen der synchronisch betrachteten Bedeutung nichts gemein. Genauso ist es bei den "verständlicheren" Metaphern wie Fett abschöpfen. Die Bedeutung 'Vorteile aus einer Sache ziehen 1 ist als eigenständig 44 Auch Weinreich ( 1 9 6 9 : 7 6 ) lehnt das Prinzip der Motivation bei mehrdeutigen Lexemen bzw. Ausdrücken ab: "...the relation between idiomatic and literal meaning is so unsystematic as to deserve no place in the theory." Von großer Bedeutung dagegen ist diese Problematik im Rahmen einer psycholinguistischen Fragestellung.

47 zu betrachten. Daß sie sich irgendwie aus der wörtlichen Bedeutung entwickelt hat, ist für die Verwendungsmöglichkeit des Ausdrucks unerheblich. Im Unterschied zu Brekle (1966:12f.) würden wir auch dann nicht von Motivation sprechen, "wenn ein Ausdruck im 'uneigentlichen 1 Sinn gebraucht wird und dabei mindestens ein semantisches Merkmal des Zeichens, so wie es im 'eigentlichen 1 Sinn gebraucht wird, erhalten bleibt." Wir sehen darin lediglich eine bestimmte Bedeutung des Lexems, die in einem Merkmal mit einer anderen Bedeutung des Lexems übereinstimmt. (d) Die Austauschbarkeit von Synonymen bei phraseologischen Verbindungen und die damit verbundene geringere Festigkeit erscheint deswegen als Kriterium problematisch, weil in einzelnen Fällen der Grundsatz des "einheitlichen Sinnes" (Klappenbach 1961:447) Priorität hat. 4 5 In der semantischen Theorie von Greimas ( 1 9 6 6 ) , in der FS im übrigen keine Sonderbehandlung erfahren, werden diese Fälle unter der speziellen Rubrik "denomination translative" eingeordnet, die der "denomination figurative" gegenübergestellt ist ( 1 9 6 6 : 7 7 ) : "Force nous est done de la considerer comme une sorte d'emprunt interieur comme le transfert d ' u n segment du discours (lexeme ou syntagme) d ' u n domaine semantique ä un autre, relative eloigne du premier." Der Übergang ist dabei kontextabhängig und bewirkt eine neue Bedeutung des Gesamtausdrucks. In diesem Punkt stimmen wir mit Greimas überein. Im ganzen bleibt diese Charakterisierung aber wenig konkret. Den genannten Einteilungen stellen wir im folgenden einige Konstellationen gegenüber, soweit sie sich auf die semantische Markierung der FS auswirken. Ausdrücke wie die Zelte abbrechen, ein Bein stellen, der gordische Knoten werden als VS/FS45 Zu den phraseologischen Verbindungen gehört z . B . Maßnahmen treffen, Maßnahmen ergreifen. Austauschbarkeit ist gestattet. Bei Abschied nehmen sollte dies auch gelten, obschon kein Austausch möglich ist. Andererseits gibt es außer das Fett abschöpfen noch den Rahm abschöpfen, während hier kein Austausch gestattet ist. Die Anwendung der Kriterien ist also nicht konsequent durchgehalten.

48 mehrdeutig ( [ + m ] ) und exozentrisch determiniert ( [ + l ] ) markiert. Ihre FS-Bedeutung ( ' a b r e i s e n 1 , 'hineinlegen 1 , 'unlösbares Problem 1 ) unterscheidet sich erheblich von der VS-Bedeutung; sie weisen gänzlich verschiedene Klassendeterminanten auf. Ungenau bleibt dagegen die Formulierung, die Bedeutung des VS wird als Gesamtvorstellung übertragen in die FS-Bedeutung; da keine Darstellungsmöglichkeit des Übertragungsprozesses zur Verfügung steht, kann die Einbeziehung metaphorischer Prozesse zur Darstellung von FS nur vorläufig sein. Weiterhin gibt es Ausdrücke, die sowohl endozentrisch als auch exozentrisch determiniert sein können und ebenfalls eine VS-Entsprechung aufweisen. Hier, so würde man wohl sagen, liegt keine Metaphorisierung zugrunde. Es handelt sich um Fügungen wie in der Tat, im Prinzip, blinder Passagier., kalte Ente. Sie werden markiert mit [±l] , [+m] . Keine VS-Entsprechung haben Ausdrücke wie Kohldampf

schieben,

auf Messers Schneide, obwohl bei ihnen wieder Metaphorisierung zu vermuten ist,

d . h . Übertragung einer Referenzbeziehung auf einen

anderen Referenzbereich. FS dieser Art gelten als eindeutig ([-m]) und exozentrisch determiniert ( [ + l ] ) . Eine Konstituente ist z . B . übertragen in Trübsal blasen. Die Verbindung semantisch nicht kongruenter Teile entspricht dem Prinzip der exozentrischen Determination und verhindert gleichzeitig eine VS-Entsprechung. Die Markierung ist daher [+l], [-m].

2.3.4

Individualbegriffe

Hinsichtlich der semantischen Determination bleibt noch ein weitverbreiteter Sonderfall zu beachten: FS als Namen. Als solche treten sowohl endozentrisch als auch exozentrisch determinierte, ein- wie mehrdeutige FS a u f . Zu FS2 gehören z . B . Rotes Meer, Heiliger Abend, schwarzer Tee. Meer, Abend und Tee 46 Diese Sonderformen werden von Henzen ( 1 9 4 7 ; 1965: 4l) als "Mehrwortnamen" bezeichnet, ohne daß sie eine weitere systematische Einordnung erfahren: "Sie dürfen einerseits nicht mehr einfach als syntaktische Fügungen betrachtet werden, andererseits ist es noch schwerer zu sagen, was die Amphibien, abgesehen von der erhaltenen Flexionsfähigkeit der Glieder, von normalen Komposita trennt, denen sie zustreben."

49

erscheinen hier in einer auch in anderen Kontexten üblichen Bedeutung, d.h. Rotes Meer bezeichnet ein bestimmtes Meer, Heiliger Abend einen bestimmten Tag (vgl. die Bildung Sonnabend), schwarzer Tee benennt eine Teesorte. Dies bedeutet, daß die Merkmalmenge des Gesamtausdrucks im Hinblick auf die Einzelteile zerlegbar ist. AB ist ausschließlich Teilklasse von B. Rotes Meer ist eine Unterklasse von Meer. Als Element gehört es zu einer Klasse, der auch angehören: Japanisches Meer, Schwarzes Meer, Totes Meer. Diese Klasse ist durch das Merkmal [i] (= Individuativ) gekennzeichnet. In Rotes Meer stellt rot keine Farbbezeichnung dar, sondern charakterisiert einen Namen. Die verschiedenen Ebenen werden besonders daran deutlich, daß der Satz Das Rote Meer ist schön blau keinen Widerspruch enthält, Das Rote Meer ist rot keine Tautologie. 4 7 Nach Koziol (1967:139) handelt es sich hierbei um "Differenzierungsbezeichnungen" . Exozentrisch determiniert sind FS wie das Weiße Haus, der Schwarze Peter, das Kap der guten Hoffnung. Hier stimmen wir mit Brekle (1966:21) nicht überein, wenn er das Weiße Haus als eine Teilklasse aller weißen Häuser ansieht. Die Bedeutung 'Sitz des amerikanischen Präsidenten 1 hat nichts mit der Farbbezeichnung des Hauses zu tun, in dem sich der Sitz des Präsidenten befindet, auch wenn das Haus traditionell weiß angestrichen ist und die Bezeichnung sich daher erklären läßt. Als weißes Gebäude würden wir es auch zu der Menge der weißen Häuser rechnen, nicht aber in der zuerst genannten Bedeutung, auf die es im Hinblick auf kontextuelle Restriktionen ankommt. Der Typ Weißes Haus paßt insofern nicht in die Gruppe, zu der Rotes Meer gehört, da sich die Gesamtbedeutung nicht auf Weiß und Haus aufteilen läßt.

47 Dieselbe Erscheinung beschreibt Botha (1968:215) für die Komposita. Er führt dies am Beispiel blackboard - black board aus. The blackboard is black ist nicht tautologisch, während dies für The black board is black z u t r i f f t . Ebenfalls ist The blackboard is green "non-anomalous", während The black board is green einen Widerspruch enthält.

50

2 . 3 . 5 Funktionsverbgefüge Zwischen endozentrischer und exozentrischer Determination steht eine Gruppe - unter sprachpflegerischen Aspekten verschiedentlich negativ beurteilt (aufgeführt bei Daniels 1 9 6 3 : 9 f f . ) -, bekannt als Funktionsverbformeln (Polenz 1 9 6 3 ) , Funktionsverbgefüge (Engelen 1968, Heringer 1968a), Streckverben (V.Schmidt 1968), oder als was auch immer, die wir ebenfalls zu den FS rechnen wollen. Ausdrücke des Typs Abschied nehmen und zur Versteigerung kommen gehören hierher. Für diese Ausdrücke gilt einerseits, daß die Gesamtbedeutung nicht aufgrund der Addition der Merkmale der Einzelbedeutungen zustandekommt, andererseits wird die Gesamtbedeutung nicht immer ausschließlich von externen Merkmalen bestimmt. In den Bedeutungen 'sich verabschieden' und 'versteigert werden 1 besteht jeweils ein Bezug zu Abschied und Versteigerung. Auch hier treten Mehrdeutigkeiten a u f , die eine wörtliche und eine idiomatische Verwendungsweise gestatten. Nemmen wir zunächst das Beispiel zur Versteigerung kommen: kommen habe im Sinne von 'sich auf etwas zubewegen 1 die Merkmale { b j , b 2 > . Innerhalb der üblichen semantischen Restriktion sind sehr verschiedenartige Objekte erlaubt, zum Beispiel: kommen:

zum Bahnhof, zum Geburtstag, in die Stadt, zur Versteigerung

Für Versteigerung

nehmen wir die Merkmalmenge {a , a_} an. Der

wörtlichen Bedeutung wären demnach folgende Merkmale zuzuordnen, wobei die interne Strukturierung in diesem Zusammenhang keine Rolle, spielen soll: f ( a , b ) = (a.., a _ , b , b _ } In der Bedeutung 'versteigert werden' haben wir eine andere Merkmalmenge, wobei aber zumindest ein Merkmal aus der Merkmalmenge von Versteigerung wieder auftaucht:

f(z)

=

{a l f Z A , z 2 , z 3 >

Die Merkmale von kommen sind gänzlich eliminiert. Diese Erscheinung, "das Verblassen der Merkmale bei den Verben" (V.Schmidt 1968: 2 4 ) , ist auch als "Bedeutungsentleerung" (W.Schmidt 1963;1967:74 , 48 Auf die einzelnen Einordnungen wollen wir hier nicht näher eingehen, da sie sich auf spezielle semantische Merkmale beziehen.

51

Henzen 1947; 1965:41) bzw. als

"depletion of the designatum" (Wein-

reich 1963:181) bekannt. Sie stellt danach eine Kontrasterscheinung zur Polysemie dar, die strikt an bestimmte Kontextpartner gebunden ist. 49 Bei W.Schmidt (1967:81) ist

sie eine "besondere Form der phra-

seologisch gebundenen Bedeutung". Vergleichen wir hierzu einige Kontextklassen von nehmen. Für nehmen gibt es sehr viele Bedeutungen. Die Bedeutungen, die jeweils mit mehr als einem Objekt verbunden werden können, haben wir wie folgt gruppiert:

(8)

(i)

(ii)

(iü)

(iv)

(v)

(vi)

(vii)

die den den den die

Hand Mantel Hut Hund Hoffnung

Geld nichts Trinkgeld ein Gesahenk sich das Recht das Diebesgut ein Plätzchen

nehmen,

(fassen,

ergreifen)

II II

n n

nehmen-.

(annehmen)

II II

nehmen

(aneignen)

kein Honorar diesen Preis 10 DM zu viel

nehmen.

(verlangen)

Kaffee rote Strümpfe Germanistik nichts

nehmen^

n

II II II

(wählen)

II II II

nehmen. die Hoffnung n ein Kind das Haus " die Verpflichtung " den Läufer (beim " Schach) sich das Leben " einen Menschen nehmen, das Leben " einen Mißerfolg "

(wegnehmen)

(behandeln)

49 Weinreich (1963:181): "Depletion then may be defined as a type of polysemy in which designata contain relatively large optional parts whose actualization or nonactualization is determined by precisely delimited contexts."

52

(viii)

Medikamente Tabletten Gift

nehmen, n '

(einnehmen)

(ix)

eine Stadt den Hügel das Dorf

nehmen,. II

(erobern)

(x)

(xi)

(xii)

"

ein Hindernis nehmen,_. (überwinden) den Graben die Kilometer die Hürden ein Dienstmädchen nehmen, (Dienstleistungen einen Anwalt " beanspruchen) einen Arzt " nehmen,~ (benutzen) den Zug II " das Schiff II einen Pinsel II ein Taxi

Neben diesen Gruppen gibt es eine umfangreiche Gruppe, in der nehmen in keiner der oben angeführten Kontextklassen verwendet werden könnte. Wir wollen im folgenden einige Beispiele geben:

(9)

Abschied Abstand (den)(seinen) Anfang Anstoß Anteil Aufschwung Beispiel Einsicht seinen Lauf Maß Platz Stellung Stunden Zuflucht in Acht in Anspruch in Augenschein in Aussicht in Dienst in Empfang in die Hand in Kauf in Schutz unter die Lupe

nehmen II

11

n n II

n II II II II II

n n II II II II II II II II II II

(s.verabschieden) (etw.unterlassen) (beginnen) (s.ärgern) (s.interessieren) (s.günstig entwickeln) (nachahmen) (etw.lesen) (s.entwickeln) (messen) (s.setzen) (s.äußern) (s.unterrichten las(s.trösten) sen) (s.hüten) (beanspruchen) (besichtigen) (planen) (einstellen) (annehmen) (s.um etw.kümmern) (hinnehmen) (verteidigen) (genau prüfen)

Man kann also nicht sagen, daß nehmen eine singuläre, an einen bestimmten Kontextpartner gebundene Bedeutung hat. Wie bei den übrigen nehmen von (8) sind eine ganze Reihe von Kontextpartnern

53

möglich. Gemeinsaun ist allen Fügungen von (9) , daß in der Gesamtbedeutung zumindest ein Merkmal der nominalen Konstituente, wie sie auch in sonstiger Umgebung vorkommt, vorhanden ist. Die Bedeutung des verbalen Teils konstituiert sich in besonderer Weise. In der diesbezüglichen Literatur hinreichend behandelt (Polenz 1963, Heringer 1968a, Klein 1968), soll dies hier nur an einigen Beispielen demonstriert werden. Neben der ausführlich diskutierten Unterscheidung nach Aktionsarten und Aspekten eröffnet die Einführung sogenannter Primitivprädikate, wie in diesem Zusammenhang von Lakoff (1970;1971:94ff.) vorgeschlagen, der Sache nach bei Heringer (1968a:60) bereits vorher behandelt, 50 eine neue Möglichkeit zur Beschreibung solcher Fügungen. Am naheliegendsten scheint hier das Kausativum zu sein, das in bestimmten Oppositionen besonders anschaulich gemacht werden kann, wie folgendes Beispiel zeigt:

zur Sprache kommen ,-_ zur Sprache bringen

= 'bewirken, daß etw. zur Sprache kommt1 bzw. caus zur Sprache kommen

Das Kausativ ist nicht auf die Opposition kommen/bringen beschränkt, in der Regel scheint es aber doch an bestimmte Paare gebunden zu sein, wie z.B. außerdem an sein /bringen, z.B. in Ordnung sein in Ordnung bringen = 'bewirken, daß etw. in Ordnung ist' bzw. caus in Ordnung sein Weiterhin gilt caus für folgende Paare: caus " " " " " "

stehen/bringen stehen/stellen stehen/setzen sein/setzen bleiben/halten treten/rufen treten/fördern

(in Verbindung stehen/ - bringen) (unter Anklage stehen/ - stellen) (unter Druck stehen/ - setzen) (in Bewegung sein/ - setzen) (in Bewegung bleiben/ - halten) (ins Leben treten/ - rufen) (zu Tage treten/ - fördern)

50 Heringer führt in diesem Sinne ein Kausativum ein. Auf diese Erscheinung hat bereits Polenz (1963:18) aufmerksam gemacht. 51 Heringer behandelt in erster Linie die Opposition kommen/bringen. 52 Beispiel bei Lakoff (1971:95).

54 Bei den genannten Paaren bewirkt das Kausativ jeweils eine Art Trasitivierung bzw. Veränderung der Wertigkeit, wie Heringer

for-

muliert. Diese kann auch durch die Verwendung von lassen erreicht werden. In beschränktem Umfang sind Parallelkonstruktionen möglich: zur Sprache kommen ins Leben treten zu Tage treten

-

zur Sprache kommen lassen ins Leben treten lassen zu Tage treten lassen

Anstelle eines Kausativs können auch andere Primitivprädikate fungieren. Dazu könnten z.B. auch das Transformativ (trans) und 54 das Negativ (neg) gehören. Nicht immer sind Oppositionen in der Weise, wie vorgeführt, bildbar; in etlichen Fällen wird ein Partner von einem einwertigen Lexem gebildet, wie folgende Beispiele zeigen: versteigern zur Versteigerung kommen - 'versteigert werden' bzw. trans versteigern einschulen zur Schule kommen annehmen die Annahme verweigern aussagen die Aussage verweigern Allen Fällen gemeinsam ist,

= "eingeschult werden 1 bzw. trans einschulen = 'nicht annehmen' bzw. neg annehmen = 'nicht aussagen' bzw. neg aussagen daß Merkmale des nominalen Teils in

der Gesamtbedeutung des Ausdrucks wieder auftauchen, wobei die lexikalische Manifestation auf der Oberfläche irrelevant ist. Damit läßt sich auch der Einwand Heringers ( 1 9 6 8 a : 2 8 ) , zu Papier bringen gehöre nicht zu den Fvg,

5

ausräumen. Der Merkmalkomplex,

der Papier zuzuordnen wäre, enthält zumindest ein Merkmal, das sich mit 'schriftlich fixieren 1 in Zusammenhang bringen läßt. Dieses Merkmal wird dann relevant für die Bedeutung des gesamten Ausdrucks. 53 Nähere Ausführungen darüber bei Polenz (1963:19) und Heringer (1968a:64ff.). 54 In diesem Fall wird der logische Operator als Prädikat eingesetzt. 55 Als Begründung gilt, daß Papier kein Nomen actionis - dort eine Vorbedingung für den nominalen Teil im Fvg - ist (1968a:30).

55

Erst in den Fällen, in denen Metaphorisierung vorliegt oder die nominale Konstituente nicht motiviert erscheint, muß die Bestimmung des relevanten Merkmals von der Bedeutung des Gesamtausdrucks ausgehen. Dies gilt z . B . für Fügungen wie in Kauf nehmen., zu Buche schlagen. Diese besondere Merkmalkonstellation ist jeweils an bestimmte oberflächenstrukturelle Eigenschaften gebunden wie z . B . syntaktisches Muster, Restriktionen hinsichtlich der Attribuierung, morphologische Unveränderbarkeit des nominalen Teils, usw. In dieser Hinsicht t r i f f t auf sie die gleiche Charakteristik zu wie auf die bisher behandelten FS. Somit sind sie als Teilklasse der FS mit spezifischer Merkmalmarkierung zu interpretieren. Durch geringe eigenständige Bedeutung sind auch die sogenannten Hilfsverben sein, haben, werden gekennzeichnet. Nominale Verbindungen mit ihnen - als Beispiele haben wir nur solche mit sein - rechnen wir dann zu den FS, wenn es sich, ähnlich wie bei den Funktionsverbgefügen, um eine Art Verbalisierung des nominalen Teils handelt, z . B . in Sicht sein (= kann gesehen werden), im Besitz sein (= besessen werden). FS wie lieb Kind sein, blau sein, die Stirn haben, parat haben, gewahr werden sind nach anderen Gesichtspunkten zu interpretieren, sei es, daß es sich um VS/FS-mehrdeutige Fälle handelt, sei es, daß eine Konstituente ausschließlich in dieser Kombination auftritt.

2 . 3 . 6 Graduierung und FS Doppelformen sind in hohem Maße an der Bildung von FS beteiligt. Sie treten auf in koordinativ und präpositional verbundenen Nominalphrasen wie z . B . Hab und Gut, klipp und klar, mit Kind und Kegel, Schlag auf Sahlag, von Ort zu Ort. 56 S. dazu 2.5. Diese Eigenschaften werden zum Teil ausführlich bei Heringer (1968a) diskutiert. Zu ihrer Verwendbarkeit hinsichtlich einer automatischen Analyse vgl. Rothkegel ( 1 9 6 9 ) ; ebenfalls zur Problematik einer maschinellen Erfassung von Fvg s. Zimmermann ( 1 9 6 8 ) .

56

Merkmale der einzelnen Konstituenten sind zwar in der Gesamtbedeutung der jeweiligen Ausdrücke vorhanden. Darüber hinaus enthält aber die Bedeutung des Gesamtausdrucks eine weitergehende Verallgemeinerung, die unter dem Aspekt einer Graduierung gegenüber den einzelnen Konstituenten aufzufassen ist. Mit Hab und Gut wird der gesamte Besitz bezeichnet, das FS Brief und Siegel bedeutet in dem Satz Darauf gebe iah dir Brief und Siegel eine Bestätigung, die mit besonderem Nachdruck geäußert wird. In gleicher Weise zielt der Ausdruck das A und 0 auf eine über den einzelnen Konstituenten stehende Verallgemeinerung, auf etwas Gesamtes hin, das mit hoher Intensität angesprochen wird. Diese interne Hervorhebung ist in gewisser Weise mit einer Graduierung zu vergleichen. Die Koordination beruht im Grunde auf einer Aufzählung: Hand und Fuß, Gift und Galle, mit Fug und Recht, mit Kind und Kegel, recht und billig, hin und her. Dasselbe ist auch anzunehmen für die präpositionale Bindung in der hier vorliegenden Weise: Wort für Wort, Schlag auf Schlag, hart auf hart, von Zeit zu Zeit, von Ort zu Ort, von A bis Z. Auch für diese FS t r i f f t zu, daß die Gesamtbedeutung über die der Summe der Einzelbedeutungen der Teile hinausgeht. Von Ort zu Ort beinhaltet z.B. nicht nur 'zwei Ortschaften', sondern bedeutet vielmehr 'ständig den Ort wechselnd 1 , von A bis Z etwa 'gänzlich', von Zeit zu Zeit 'manchmal 1 . Zudem haftet der Gesamtbedeutung eine besondere Betonung gerade dieser Spezialbedeutung an. Dies wird einerseits erreicht durch Verwendung identischer Konstituenten wie in Schlag auf Schlag, noch und noch, von Zeit zu Zeit oder inhaltlich verwandter Konstituenten wie Hab und Gut, sang- und klanglos, bei Nacht und Nebel.

57 Der Charakter der Aufzählung wie auch der besonderen Hervorhebung des Inhalts kommt z . B . in der ironisch geprägten stilistischen Variante Schritt für Schritt für Schritt zum Ausdruck (Zeit Magazin Nr. 34,1971,8.5). Der Verstoß gegen die NichtRekursivität der Aufzählung wirkt in Richtung einer besonderen Verstärkung, d.h. einer erhöhten Graduierung, mit der ein 'besonders mühevoll langsames Vorwärtskommen 1 bezeichnet wird.

57

Die Veränderung in der Gesamtmerkmalmatrix durch zusätzliche, nicht von den Konstituenten herstammende Merkmale entspricht der exozentrischen Determination. Zu beachten ist hierbei, ähnlich wie auch bei den Funktionsverbgefügen, daß einige Merkmale erhalten bleiben. Dies ist nicht zuletzt wichtig für die Verwendung im 58 weiteren Kontext, wenn schiefe Bilder vermieden werden sollen.

2.4

Lexikalische Determination

2.4.1 Allgemeine Charakterisierung Wie bei der Beschreibung der semantischen Determination verschiedentlich deutlich geworden ist, stehen die Bedingungen der semantischen und lexikalischen Determination in engem Zusammenhang. Auf die Notwendigkeit einer Einbeziehung der lexikalischen Komponente wird auch hin und wieder in der Literatur aufmerksam gemacht (W. Schmidt 1963;1967, Friederich 1965a, Makkai 1966, Agricola 1968). An der lexikalischen Determination nehmen sowohl Basislexeme als auch Verknüpfungselemente teil. Letztere vor allem dann, wenn das FS nur ein Basislexem enthält wie z.B. im Prinzip, von Hand, von Seiten, usw. Zu beachten ist fernerhin die Erscheinung, daß bestimmte Lexeme ausschließlich in FS auftreten, z . B . in im Handumdrehen, gang und gäbe, in Anbetracht, in Betracht kommen, gewahr werden, inne werden (sein). Hier t r i f f t in extremer Weise die Bedingung für FS zu, daß eine singuläre Bedeutung - hier Bedeutung überhaupt - nur in einer festgelegten Kombination realisiert wird. Ob es sich um ein FS handelt oder nicht, ist durch Kommutationsproben zu ermitteln. Nach Helbig-Schenkel (1969:71) liegt dann eine Redewendung vor - der Geltungsbereich müßte auch auf andere Wortklassen erweitert werden -, "wenn das betreffende Substantiv nicht mindestens durch ein anderes substituierbar ist, d.h. wenn eine einmalige Phraseologie vorliegt." Diese Einmaligkeit betont auch Agricola (1968:187). Wir modifizieren dies insoweit, als sich 58 Unangemessen wäre z . B . Es schneite Schlag auf Schlag.

58

die nicht erlaubte Substitution allgemein auf Bedeutungen, bei FS2 auf eine Konstituente, bei FS1 auf mehrere Konstituenten bezieht. Damit sind auch solche verbalen Fügungen ausgeschlossen, die durch die feste Verbindung eines Verbs mit einer Präpositionalphrase Zustandekommen. Hier ist wohl die Präposition lexikalisch festgelegt, nicht aber der nominale Teil, z.B. warten auf die Ferien

(den Gast, Fritz, den Zug, u s w . J . Insofern zählen wir diese

Verbindungen im Gegensatz zu Fräser (1970:39) nicht zu den FS, da es sich hier um Restriktionen auf der Ebene der strikten Subkategorisierung handelt. Die Bindung einer Bedeutung an einen bestimmten Kontext wird verschiedentlich als Lexikalisierung aufgefaßt und somit als ein für bestimmte Wörter neu hinzutretender Vorgang. Einfacher läßt sich dies erklären auf der Grundlage allgemeiner Kontextbeschränkung, die für bestimmte Wörter extreme Werte annimmt. In ähnlichem Sinne will auch Greimas (1966:113) die kontextuelle Bindung des Wortes von der Lexikalisierung unterschieden wissen: "II faut done entendre par lexicalisation non la reconversion en ce qu'on appelle quelquefois le 'mot en contexte'." Verschiedentlich wird die Einbeziehung einer allgemein geltenden Kontextbeschränkung überhaupt abgelehnt. So z . B . von Coseriu (1967:302),der dies damit begründet, daß es sich hier nicht - entgegen einer Behauptung von Pottier (1964:130) - um "faits de langue" handele. Die Häufigkeit der Kombination bestimmter Wörter, von Pottier 59 als Charakteristik der "virtuemes" angegeben, stellt wohl in der Tat kein starkes Argument für ihre Geltung auf der Ebene der langue bzw. der Kompetenz dar. Dies reicht auch unserer Auffassung nach bereits in den Bereich der Performanz. 59 Als Beispiel wird mouette blanche angegeben (1964:130): "Cette affinite de mouette et blanc est un fait de langue. Mais c'est un fait variant, difficilement quantifiable. Quand on atteint un haut taux d ' a f f i n i t e , on a ä faire ä une lexie complexe (le feu rouge). Chaque lexie a ainsi un certain nombre de virtualites combinatoires, qu'on peut appeler ses virtuemes. Ceux-ci peuvent etre characterises par un indice tres approximatif de probabilite."

59

Dem gegenüber stehen aber systematisch zu erfassende Restriktionen auf der Ebene der semantischen Valenz, die in bestimmten Fällen, bei FS1 nämlich, durch lexikalische Valenz ersetzt wird. FS wären danach, aufgetragen auf einer Skala der Kontextbeschränkung, "virtuemes" besonderer Art, die am Ende dieser Skala stünden. Dies bestätigt die Interpretation der FS als Teilklasse des Wortschatzes, der FS selbst als lexikalische Einheiten. Die Bindung einer Bedeutung an eine bestimmte lexematische Kombination - hier als lexikalische Valenz bezeichnet - erfährt in einigen Fällen eine Lockerung. Verschiedentlich sind einzelne Konstituenten durch Varianten ersetzbar, ohne daß sich die Bedeutung damit ändert, z. B. auf eigenen Füßen/Beinen

stehen, mit den Ach-

seln/Schultern zucken. Hierbei sind aber auch nur ganz bestimmte Varianten erlaubt, so daß sich dadurch an der allgemein geltenden extremen kontextuellen Restriktion prinzipiell nichts ändert.

2 . 4 . 2 Differenzierung der lexikalischen Komponente In Bezug auf die lexikalische Charakterisierung der Konstituenten schreiben wir für A und B: A = ka,

B = kb

.

Die lexikalische Komponente bestimmt sich demnach als L = {k a , k b > .

Bei den endozentrisch determinierten Ausdrücken wird k, , da es einer der üblichen Bedeutungen entspricht, eliminiert. Wir unterscheiden danach: L

end -

L

ex

{k

= {

a>

V kb} ·

60 Damit ist konkretisiert, was Koziol (1967:7) sozusagen als These formuliert: "Die Semantik hat nicht nur die gewaltige Zahl von Wörtern, die von den großen Wörterbüchern verzeichnet werden, zu berücksichtigen, sondern sie hat auch solche Wortverbindungen in Betracht zu ziehen, die als 'feste Fügungen 1 oder 'Cliches 1 bezeichnet werden. Feste Fügungen sind vom Standpunkt der Semantik aus ebenso 'Bezeichnungen 1 wie aus einem Wort bestehende Bezeichnungen." 61 Weitere Ausführungen dazu bei Kolvenbach ( 1 9 7 1 ) .

60

Berücksichtigen wir hier die besondere Stellung der Funktionsverbgefüge, so ergibt sich: Lf = ik n , kv} ,

wobei

k n = Konstituente mit nominaler Funktion, kv = Konstituente mit verbaler Funktion. Für die Markierung der Konstituenten selbst treffen wir folgende Regelung: 1. Konstituenten, die keine lexikalisch bedingte Bedeutung haben, aber eine singuläre Bedeutung einer anderen Konstituente determinieren, symbolisieren wir mit l , in blinder Passagier wäre dies Passagier. 2. Konstituenten, deren Bedeutung durch eine Konstituente determiniert ist, deren Bedeutung nicht lexikalisch bedingt ist, nennen wir l . Dem entspräche in blinder Passagier der Teil blinder. 3. Konstituenten, deren Bedeutung selbst lexikalisch bedingt ist und die selbst die Bedeutung der anderen Konstituente bedingen, heißen 1±. Dies trifft zu bei kalte Ente, und zwar sowohl auf kalte als auch auf Ente. l bezeichnet die Lexeme, die ausschließlich in VS vorkommen; Lexeme, die mit l gekennzeichnet sind, treten in VS und FS auf. Im Hinblick auf die Charakterisierung der FS als Gesamtausdruck fassen wir folgende Elemente zusammen: 1. An den in FS2 auftretenden lexikalischen Elementen sind von den oben genannten lm und l beteiligt. Wir setzen

für {i

{

m' y - v-

2. Innerhalb der Gruppe der FS1 ersetzen wir

{

V V - {1 f }

{k

a' V - {1sK Für L ergibt sich im Hinblick auf das gesamte FS: L

-

{l

r'

X

f V"

61

Der gesamte Wortschatz W, in den L inkludiert ist, läßt sich demnach darstellen als

w -

2.5

Uv, ir, i f , i s >

Syntaktische Determination

2.5.1 Allgemeines Neben der - zweifellos schwerer zu erfassenden - semantischen Komponente werden verschiedentlich auch die syntaktischen Bedingungen behandelt, die ebenfalls mit der Determination verknüpft sind. Panzer (1965:2O) bezeichnet sie als "grammatisch-syntaktische Determination". Er bezieht sie in erster Linie auf syntaktische Mehrdeutigkeiten, die nicht aufgrund semantischer, sondern rein formaler Kriterien zu entscheiden sind. 62 Semantische und syntaktische Kriterien stehen so getrennt nebeneinander; sie bleiben ohne direkte gegenseitige Beziehung. Eine solche Beziehung wird in der empirischen Arbeit von Schippan/Sommerfeldt ( 1 9 6 7 : 4 9 7 f f . ) hergestellt. Das Prinzip der gegenseitigen Determination von Bedeutung wird ebenfalls auf syntaktische Kriterien bezogen, wobei die syntaktische Kombinationsweise in vielen Fällen für die Realisierung der Bedeutung relevant ist. In seinem Aufsatz mit dem programmatischen Titel "The syntagma as a fundamental unit of lexical entries" fordert auch Wahrig (1969:261) die Einbeziehung syntagmatischer Strukturen zur Bedeutungsbestimmung: "... that semantic elements plus phrase structure

62 Panzer (1965:21) trennt hier generell zwischen semantischen und syntaktischen Kriterien im Hinblick auf die Wortklassenzugehörigkeit. "Das erklärt sich aus der Allgemeinheit der Funktion der grammatischen Kategorien, die zuläßt, daß grundsätzlich jedes Semem, jede Bedeutung, sowohl als Nomen als auch als Verbum mit den jeweils dazugehörigen Kategorien auftreten kann, so daß eine semantische Prädestination für die eine oder andere Wortklasse nicht existiert." 63 Z . B . ist der prädikative Gebrauch von eisern in der Bedeutung bei eiserner· Wille nicht möglich.

62 patterns are decisives for the meaning of a lemma in its con. . „64 text." In besonderem Maße gilt dies für FS: Ihre syntaktische Struktur ist gleichzeitig auch semantisch relevant. Dies hat seinen Grund darin, daß die FS-Bedeutung immer auf eine syntaktische Form festgelegt

ist, die nur in wenigen Fällen Modifikationen erlaubt.

Umgekehrt bedeutet dies, daß auch die feste syntaktische Struktur als Unterscheidungsmerkmal gegenüber VS verwendet werden kann, zumindest insoweit, als Abweichungen von der FS-Struktur festzustellen sind. Bei Gleichheit erst ergibt sich Mehrdeutigkeit. Ähnlich der Verbvalenz wirkt die syntaktische Struktur der FS bedeutungsdifferenzierend. Hierbei geht es in erster Linie um die Abgrenzung der FS gegenüber den VS. Dies kann auf verschiedenen syntaktischen Ebenen geschehen. Im folgenden wollen wir die Prinzipien darlegen, die bei einer auf syntaktischen Kriterien basierenden Klassifizierung der FS anzuwenden sind und dort auch im einzelnen ausführlich anhand von Beispielen behandelt werden. 1. Zu nennen wäre zunächst die syntaktische Kombination selbst, d.h. die Verknüpfung auf der Ebene der Wortklassen. Zu unterscheiden ist z.B. zwischen Fuß fassen und den Fuß fassen. 2. Die Zuordnung auf funktionaler Ebene ist

ebenfalls sehr

stark festgelegt. Bestimmte Nominalphrasen treten beispielsweise nur in adverbialer Funktion auf (Tag und Nacht). 3. Morphologische Unveränderbarkeit gibt Wissemann (1961: 2 4 2 ) an, von ihm als Lexikalisierung bezeichnet. Fahrt ins Blaue kann z . B . nicht ersetzt werden durch Fahrt im Blauen. 64 Noch überzeugender hätte die Argumentation Wahrigs gewirkt, wenn das hier geforderte Prinzip in konsequenter Weise seinen Niederschlag im Wörterbuch (197O) gefunden hätte. Zwar werden dort Lemmata nach syntaktischen Verknüpfungsmöglichkeiten geordnet, doch geschieht dies ohne sichtbare Relevanz für die Bedeutung, d . h . gleiche Bedeutungen treten mehrmals a u f , jeweils unter verschiedenen syntaktischen Gruppierungen und innerhalb der Gruppierung völlig ungeordnet. 65 Vgl. Kapitel 3.

63

Auch die Wortstellung ist zum großen Teil festgelegt. Nominale FS sind durch eine feste Sequenz gekennzeichnet. Hinsichtlich der Einordnung in die Transformationsgrammatik zeichnen sich FS durch blockierte Transformationen aus.

2 . 5 . 2 FS als syntaktische Subsysteme Es zeigt sich, daß VS und FS in vielen Fällen auf der Oberfläche gleich strukturiert sind, sich aber in der Tiefenstruktur scheiden.

unter-

Zu den Aufgaben der semantischen Komponente gehört es daher, FS explizit zu berücksichtigen, wenn die Forderung erfüllt sein soll, daß allen grammatischen Sätzen eine adäquate semantische Interpretation zuzuordnen sei. Von ihrer semantischen Struktur her lassen sich FS nicht gleichermaßen wie VS in ihre Konstituenten zerlegen. Folgende Gegenüberstellung macht dies deutlich: (D

(2)

(i) (ü) (i) (ü)

((der ((der ((der ((der

(blinde ( V o g e l ) ) } ( f l o g davon)) (blinde Passagier)) (floh)) (Junge)) (macht (Papierkörbe))) (Junge)) (macht Augen))

Deutlich werden auch die unterschiedlichen Abhängigkeiten innerhalb der Fügungen im Vergleich der dazugehörigen Stemmata: (D

(i)

NP,

Det Art

der (D

der blind ist

(ü)

Vogel

xNP Det

der

blinde Passagier

64 (2)

(i)

Det

der (2)

Junge

t

Junge

t

mach

Papierkörbe

(ii)

der

mach Augen

Die semantische Komponente in der TG besteht aus zwei Teilen: dem Lexikon und dem Regelapparat für die Anwendung der Lexikonangaben, den Projektionsregeln. Nach der Theorie von Katz/Postal (1963) und weiterführend dann von Weinreich wird dem Problem der FS auch in beiden Teilen durch Veränderung der semantischen Konzeption bei Katz/Fodor (1963) Rechnung getragen. Üblich war, daß die Projektionsregeln entsprechend den Restriktionen im Lexikon auf der Ebene der Terminalsymbole operierten. Da bei den FS eine andere Tiefenstruktur angenommen werden muß, wären bei Beibehaltung dieses Verfahrens Zuordnungen bereits durchgeführt, die wieder rückgängig gemacht werden müßten. Dies ließe sich vermeiden, wenn schon auf einer höheren Stufe Regeln eingesetzt würden.

66 Hier werden in erster Linie mehrwertige Einheiten (phrase idioms) behandelt, so daß die systematische Teilung in ein- und mehrwertige FS nicht zum Tragen kommt. Mit dieser Trennung folgen Katz/Postal der Definition von Hockett; vgl. dazu Anm. 14 in Kap. l.

65

So könnten z.B. Regeln zur semantisehen Interpretation, bei (2) (ii) auf MV anstatt auf V wie bei (2) (i) angesetzt, eine richtige Zuordnung ermöglichen. In dieser Weise werden auch FS bei Katz/ Postal und Weinreich behandelt. Außer dieser Lexikonregel, die über präterminalen Symbolen operiert, muß eine Möglichkeit gefunden werden anzugeben, in welchen Fällen diese Regel zur Anwendung kommen darf und wann nicht. Hierfür ist ein besonderer Lexikoneintrag vorgesehen. Dieser besteht nach Katz/Postal (1963:279) aus: 1. einer Morphemkette, die den gesamten Ausdruck angibt, 2. einer Angabe über den die Kette dominierenden Knoten, 3. den semantischen Merkmalen des Gesamtausdrucks. Auf das von Katz/Postal verwendete Beispiel für "phrase idioms" kick the bucket bezogen, würde dies bedeutet, daß unter 2. die Angabe 'Main Verb' stünde. Die Tiefenstruktur für John kicked the bucket wäre demnach:

NP

VP

N

MV

aux John

past

V kick the bucket

Kick the bucket würde somit einem intransitiven Verb entsprechen. Diese Praxis trägt dem Umstand Rechnung, daß der Gesamtausdruck fifl wie 'to die 1 als Einheit zu betrachten ist. 67 Nach Katz/Postal (1963:275f.) sind "lexical idioms" = einwertige Idiome durch Kategorialsymbole der untersten Stufe, also N , V , A , dominiert. "Phrase idioms" = mehrwertige Einheiten sind durch höhere Symbole dominiert, z . B . MV oder NP; vgl. auch Weinreich ( 1 9 6 9 : 5 4 f f . ) . 68 Damit ist nicht zugleich gesagt, daß die beiden lexikalischen Einheiten in Synonymierelation stehen, wie Katz/Postal (1963: 277) und auch Fräser (1970:26) annehmen. Daß hier nur tiefenstrukturelle Ähnlichkeit bei unterschiedlicher Oberflächenstruktur vorliegt - wie Neuhaus (1971:63) behauptet -, berührt in keiner Weise die Funktionsgleichheit der beiden Ausdrücke im Satz. Andererseits spricht dieser Gesichtspunkt dafür, daß es sich bei FS in der Regel nicht um Expansionen handelt.

66 Die weiteren Projektionsregeln funktionieren dann wie üblich in Abhängigkeit der semantischen Merkmale. Die Besonderheit bei den FS liegt also darin, daß bei Lexikoneinträgen die Stufe 2 zwischengeschaltet ist und daß die entsprechenden Regeln bereits auf präterminalen Symbolen operieren. Nicht berücksichtigt ist hierbei die dem jeweiligen FS spezifisch zugeordnete syntaktische Struktur auf der Oberfläche. Zwar ist sie implizit durch Angabe des gesamten Ausdrucks im Lexikon vorhanden, kann aber nicht direkt für eine eindeutige Zuordnung bei der Anwendung des Regelapparates verwendet werden. Die Zuordnung zu FS wird einer fakultativen Regel überlassen, die nur auf spezielle wohlgeformte FS ansetzt (Weinreich 1969:45). Danach würde nicht unterschieden zwischen: (i) (ii)

Er setzt den Motor in Gang Er setzt den Motor in den Gang

Für die Lösung wird in diesem Fall auf ein spezielles Wörterbuch zurückgegriffen, ein sogenanntes idiomatisches Wörterbuch, das den Eintrag in Gang setzen enthielte, nicht aber den Eintrag in den Gang setzen. Insofern könnte der Ausdruck in (i) als FS, in (ii) als VS ermittelt werden. In diesem Verfahren wird ein syntaktisches Problem in den Bereich des Lexikons verschoben. An die Stelle von Merkmalvergleichen treten dann einfache Wortlautvergleiche, die einerseits, weil in hohem Maße redundant, lingufi Q istisch unbefriedigend sind, zum anderen im Hinblick auf die große Anzahl solcher Fügungen zu unzähligen Vergleichsoperationen führen. 7 0 Im Hinblick auf die phonologische Komponente sieht Weinreich (1969:55f.) folgende Möglichkeit vor: Er ordnet dem Symbol V - bezogen auf ein verbales FS - folgendes Stemma zu, worin V zu einem neuen VP expandiert wird:

69 Die Frage der Redundanz, die in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, wird ausführlich in Kapitel 4 unter dem Aspekt des Wörterbucheintrags behandelt. 70 Nach dem Vorschlag von Weinreich lassen sich die Möglichkeiten dadurch einschränken, daß die Wörter, die in FS auftreten können, im Hauptlexikon markiert sind.

67

aux past

the

kick

bucket

Zur adäquaten syntaktischen Beschreibung ist

es aber anderer-

seits erforderlich, daß die spezifische Oberflächenstruktur, die wir als Subsystem von V bezeichnen wollen, in irgendeiner Weise berücksichtigt wird. Es handelt sich hierbei um eine Verzweigung, die von einem Knoten K dominiert wird, die aber, formal gesehen, eine diesem Knoten übergeordnete Struktur darstellt. Die Verzweigung VP



V + NP taucht unter V in der

Form V



V

+ NP 1 noch-

mals a u f . Hierbei entspricht N P 1 der strikten Subkategorisierung von V , NP der von V. Die strikte Subkategorisierung des Gesamtausdrucks (V 1 + N P 1 ) unterscheidet sich von der von V im Ausdruck V + NP. Ein Beispiel dafür wäre machen: Machen allein verlangt eine Nominalphrase im Akkusativ, ein Dativ ist dabei fakultativ. In der Bedeutung 'staunen 1 ist der Gesamtausdruck Augen machen intransitiv, eine Nominalphrase im Dativ ist nicht in Abhängigkeit davon möglich. Anders verhält es sich bei der Bedeutung ' f l i r t e n 1 . Hier ist ein Dativ obligatorisch. Die strikte Subkategorisierung wirkt demnach auch hier - wie sonst auch bei VS - bedeutungsunterscheidend. In diesem Zusammenhang ist

ebenfalls vorzusehen, daß N P ' eine

Präpositionalphrase repräsentieren kann, z . B . für in Gang setzen. Der Gesamtausdruck verlangt eine Nominalphrase im Akkusativ. Die Verzweigung wäre wie folgt darzustellen: ,VP.

NP1

setzen

in Gang

den

Motor

68 Das Subsystem unter V stellt eine Einbettung dar in dem Sinne, daß eine eigentlich übergeordnete Struktur von einem tiefer liegenden Knoten dominiert wird. Im Gegensatz zur Satzeinbettung besteht kein Zusammenhang mit dem Prinzip der Rekursivität . Die auf FS bezogene Einbettungstransformation ist jeweils nur einmal erlaubt. Sie stellt ein spezifisches Merkmal bestimmter Lexikoneinträge dar. Im folgenden gehen wir bei den verbalen FS von V als dem das Subsystem dominierenden Knoten aus. Dies bedeutet, daß wir bei V 72 eine Einbettungstransformation vorsehen müssen. In der Weise ist der Regelapparat zu modifizieren, daß V in Abhängigkeit des Lexikoneintrags zu V expandiert wird:

V V

-» V + NP -» V

V gilt somit als Platzhalter für das syntaktische Subsystem. Hierbei handelt es sich um eine obligatorische Regel, wobei V eine formal vollständige Verbalphrase repräsentiert. Diese Verbalphrase wiederum hat eine besondere Eigenschaft: Sie ist in ihrer syntaktischen Kombination auf einige Typen genau festgelegt. Aus diesem Grund indizieren wir V als V , wobei gilt:

Es ergibt sich danach folgende Derivation: v

NP

'v -» V + NPv wird in Abhängigkeit von v expandiert, z . B . zu:

NP . -» vl

Det + N vl

(den Schluß ziehen)

71 Hierin unterscheidet sich die Bildung der Komposita, bei denen rekursive Regeln vorzusehen sind. Vgl. dazu die "Mehrfachkomposita" bei Brekle (1970:31f.). 72 Wichtig ist hier vor allem, daß eine Äquivalenzbeziehung zwischen dem eingebetteten Teil und dem die Einbettung determinierenden Element besteht. Insofern entspricht die Einbettung einer Substitution. 73 Dies ermöglicht eine Klassifizierung nach den jeweiligen syntaktischen Kombinationen; vgl. einzelne Klassen in Kapitel 3.

69

oder

NP

NP

NP

N

v2

v2

(Notiz

v2

nehmen)

Die obligatorische Anwendung der Transformation in die angegebene Oberflächenstruktur bezieht sich auf Ausdrücke, die eindeutig FS sind. Für mehrdeutige Fälle müssen beide Möglichkeiten vorgesehen sein: NP

VP

{v]

Wie für verbale FS ist

auch für nominale FS die

Oberflächenstruk-

tur in ihrer syntaktischen Kombination klassenweise

festgelegt.

Für Ausdrücke wie blinder Passagier gibt Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 8 f . ) folgende Derivation an:

S ist

NP



Det

+ Adj

Det

->

Art

+ (S)

+ N

in diesem Fall fakultativ. Bei Det -» Art sähe das entspre-

chende Stemma so aus: NP.

Det

Adj

N

Art

der

blinde

Passagier

In dieser Weise ist der andersartigen Relation Rechnung getragen, vor allem auch der Tatsache, daß sich Attribuierungen in FS nicht durch Satzeinbettungen darstellen lassen. 74 Indem aber in dieser Darstellung ein spezielles Symbol ' A d j 1 unter den Knoten von NP gebracht ist, kommt die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Adjektiv und Substantiv nicht zum Ausdruck. Danach steht das Adjektiv auf derselben Stufe wie Det. Dies läßt sich vermeiden, wenn ähnlich wie bei der Verbalphrase ein neues Kategorialsymbol NP eingeführt wird. 74 Näheres in 2.5.6.

7O

Hierbei gilt ebenfalls, daß N eine ihm formal übergeordnete Struktur dominiert. Dies läßt sich in folgender, ebenfalls nicht rekursiver Einbettung darstellen: N N

1

n



N'n



NP

Für n gilt:

n

n

a

i n . , n 2 , n-,...,n }

NP wird dabei jeweils in Abhängigkeit von n expandiert. Als Beispiele seien angeführt:

NP .



Adj + N ^



NP

-4

N

(blinder

Passagier)

oder NP„ n NP 0 n2

n2 + P + N _ nz n2 0

(Dame von

Welt)

Unter Berücksichtigung mehrdeutiger Ausdrücke ergibt sich allgemein: NP -> (Det) (S) Dasselbe gilt analog für präpositionale FS: PP



P + NP

Bei der Expansion von NP sind hier allerdings etliche Beschränkungen zu berücksichtigen. Det wie auch eine Satzeinbettung, d.h. jegliche Attribuierung, ist nicht gestattet. Für PP ist demnach zu schreiben: PP

! IN·/

Eine Sonderstellung in der Behandlung nominaler Phrasen nehmen gewöhnlich koordinativ verbundene Nominalphrasen ein. Den üblichen Koordinationen gegenüber verhalten sich solche in FS abweichend. VS und FS unterscheiden sich auch hier durch verschiedene Tiefenstrukturen. Auf ihre Darstellung gehen wir bei der Behandlung transformationeller Lücken ein; hier sei nur so viel gesagt, daß für sie ebenfalls die explizite Darstellung der Ober75 Vgl. dazu 2 . 5 . 6 .

71

flächenstruktur notwendig ist,

da eine Auflösung der koordinati-

ven Ketten wie auch die Einführung einer rekursiven Regel für die Konjunktion K bei FS nicht möglich sind. Für FS führen wir daher eine neue Regel ein der NP



Art:

N + K + N

Im Rahmen der für FS spezifischen Derivationen fassen wir diese Regel unter die anderen Klassen nominaler syntaktischer Strukturen: NP

n NP nx



NP

·»

N

nx nx +

K

+

N

nx

Die jeweils anzugebenden Derivationen sind zweistufig zu gliedern, zum einen nach den das FS dominierenden Knoten K , zum ändern in n Abhängigkeit von diesen in die einzelnen Subsysteme k . Für die Komponente V ergibt sich demzufolge: V

-

{

V km}

Die in der semantischen Theorie erhobenen Forderungen nach Erkennung von Paraphrasebeziehungen und Widerspruch wie auch nach Monosemierung bei Mehrdeutigkeiten werden damit allerdings noch nicht erfüllt. Dazu ist die Einbeziehung der speziellen semantischen Merkmale notwendig. Ein wesentlicher Fortschritt besteht aber darin, daß mit der Kennzeichnung von Ausdrücken als FS überhaupt einmal die Grundlage geschaffen ist, um in einem Vergleich diese Fügungen als syntaktische und semantische Einheiten anderen Einheiten gegenüberstellen zu können. Die Möglichkeit, ein- und mehrwertige Einheiten als Vergleichseinheiten zu überprüfen, stellt die Basis für die Erfüllung der oben genannten Forderungen dar. Wollte man diese Richtung verfolgen, müßten weitere Beziehungen über das Syntagma hinaus in die Betrachtungen mit einbezogen werden. Eine Möglichkeit dazu, die wir hier nur andeuten möchten, wäre eine Erweiterung der Projektionsregeln im Hinblick auf FS in der Weise, daß der Merkmalkomplex des gesamten Subsystems auf Kongruenz mit den Merkmalen der Kontextpartner überprüft wird.

72

2 . 5 . 3 Funktionale Zuordnung der FS Die die einzelnen FS kennzeichnenden Subsysteme sind von dem dominierenden Knoten K abhängig. Die meisten der auftretenden FS lassen sich N, Adv, P und V zuordnen, wobei wir die genannten Kategorialsymbole funktional interpretieren. N umfaßt danach FS, die im Satz die Stelle einer beliebigen Nominalphrase einnehmen. Dies können sowohl exozentrisch determinierte FS sein - wie z.B. kalte Ente, Grund und Boden oder als Namen charakterisierte FS wie Nürnberger Trichter - als auch endozentrisch determinierte wie der springende Punkt, der schwarze Markt. Außerdem gehören solche Fügungen dazu wie Forelle blau, Vitamin B, der Stein der Weisen, der Tag der offenen Tür, Fahrt ins Blaue, der Mann von der Straße, usw. FS dieser Art sind im allgemeinen in allen Kasus möglich, d.h. sie sind funktional unterschiedlich einzusetzen. Letzteres gilt auch für fremdsprachliche Ausdrücke, die wir ebenfalls zu den FS zählen. Dies läßt sich damit rechtfertigen, daß die Bedeutung des Gesamtausdrucks an die Kombination bestimmter Lexeme gebunden ist. Sie gilt allein schon deswegen als nicht den einzelnen Konstituenten zuordnungsfähig, weil die einzelnen fremdsprachlichen Lexeme selbst keine Wörterbucheinträge darstellen. Es handelt sich hier um Ausdrücke wie Anden regime, contrat social, Collegium musicum. Festgelegt auf eine bestimmte Funktion ist dagegen eine andere Gruppe von Nominalphrasen, die ausschließlich von Adv dominiert wird. Auf die verschiedenen Möglichkeiten der Zuordnung adverbialer Phrasen im Satz wollen wir - bis auf einige Ausnahmen - in 78 diesem Zusammenhang nicht eingehen, zumal dies für die Beschreibung der FS nichts einbringen würde. Wesentlich ist, daß Fügungen bestimmter Art nur als Adverbialphrasen fungieren können und auch als solche gekennzeichnet werden müssen. Als präpositionale Objekte scheiden sie damit aus. 76 Vgl. 3.3.1.

77 Zu den Ausnahmen aufgrund morphologischer Restriktionen s . 2 . 5 . 4 78 Dies gilt für funktionale Mehrdeutigkeiten wie z.B. bei im Prinzip (vgl. 2 . 3 . 2 ) ; zu den Ausnahmen (ausschließliche Dominanz vom Verb) s. unten.

73

Hierbei treten auch Nominalphrasen a u f , die nur ein Basislexem aufweisen: des weiteren, kraft

Amtes, durch die Bank. Verknüp-

fung selemente, die keine Bedeutungsmatrix in dem Sinne wie Basislexeme haben, determinieren hier bestimmte Verwendungsweisen ihrer Kontextpartner und wählen somit eine bestimmte Möglichkeit aus deren Bedeutungsmatrix aus. Ansonsten sind hier die Präpositionalphrasen in der Überzahl, was ja der allgemeinen Charakteristik komplexer Adverbialphrasen entspricht. Von vergleichbaren VS unterscheiden sie sich durch die besonderen, semantisch und lexikalisch bedingten Eigenschaften der FS. Dies t r i f f t zu z . B . für aufs Geratewohl, im voraus, hinter den Kulissen, in erster Linie, von Hause aus, auf Sahritt und Tritt. 79 Eine Gruppe von FS zeichnet sich dadurch aus, daß sie

aus-

schließlich vom Verb dominiert sind. Hierbei unterscheiden wir zwischen solchen, die eine Art Verbzusatz darstellen, wie hin und her, und solchen, die als Prädikativum zu interpretieren sind, wie fix und fertig. Nur präpositionale Phrasen treten bei den von P dominierten FS 8O a u f , z . B . von Seiten, mit Hilfe, in Anbetracht', sie sind entweder durch lexikalisch bzw. semantisch singuläres Auftreten oder durch blockierte Transformationen - wo kein Konstituentensatz mögQ l

lieh ist - gekennzeichnet.

Orthographische Varianten wie an-

hand, mithilfe, aufgrund zeigen andererseits die Tendenz, Fügungen oo dieser Art als einwertige Lexeme zu akzeptieren. In ihrer Funktion, eine Präpositionalphrase einzuleiten, sind sie somit wie Präpositionen zu behandeln. Verbale FS, von V dominiert, setzen sich aus der Verbindung 83 von Nominal- bzw. Präpositionalphrasen und Verben zusammen. Die ausschließliche Bindung des Verbs an die entsprechende Nominal79 80 81 82

Vgl. 3 . 3 . 2 . Vgl. 3.3.3. Vgl. 2.5. Vgl. Fleischer ( 1 9 6 9 ; 1 9 7 1 : 3 2 ) : "Wir haben es hier mit einer ständigen Entwicklung von der freien syntaktischen Fügung über die phraseologische Verbindung zum Einzelwort zu tun." Dies ist dort speziell auf Fälle wie klarkommen - teuer kommen, leichtfallen - lästig fallen bezogen, gilt aber gleichermaßen auch für die oben genannten Beispiele. 83 Vgl. 3 . 3 . 4 .

74

phrase ist Voraussetzung zur Kennzeichnung als FS. Verbindungen von nominalen FS mit verschiedenen Verben gelten als VS, so z . B . das schwarze Schaf

sein, das schwarze Schaf genannt werden, das

schwarze Schaf spielen, usw. Unter diesem Aspekt sind auch die meisten Verbindungen mit sein, haben und werden zu sehen: Geld haben Erfolg haben Kinder haben Vertrauen haben

krank sein, werden groß sein, werden liebenswürdig sein intelligent sein

Dem kompositioneilen Charakter auf der syntaktischen Seite entspricht hier eine ähnliche Zusammenfügung auf der semantischen Seite. Nicht der Fall ist dies z . B . bei blau sein, in Sicht sein. Singuläre Bedeutungen sind z . B . in folgenden Fällen an die Verbindung mit einem der drei genannten Verben fixiert: mit sein:

haben: werden:

im Bilde sein, in der Lage sein, am Ruder sein, auf dem Holzweg sein, schwer von Begriff sein, auf dem Posten sein, bei Tisch sein Oberwasser haben, parat haben, keinen blassen Schimmer haben, die Hand auf dem Beutel haben gerecht werden (angemessen behandeln), klug werden (j./etw. durchschauen), inne werden, Gestalt werden

Zusammenfassend ist zu sagen, daß für die Gliederung der syntaktischen Komponente V folgende Aufteilung vorgesehen werden muß: V

=

Kn =

{

V km}

{N, Adv, P, V}

3 . 5 . 4 Morphologisch-syntaktische Eigenschaften der FS Wie die Wortklassenkombination in der Oberflächenstruktur determinieren bestimmte morphologisch-syntaktische Eigenschaften die Zuordnung einer FS-Bedeutung zu bestimmten Syntagmen. In gleicher Weise handelt es sich um Eigenschaften, die generell auch VS zukommen können, z . B . Pluralunfähigkeit, morphologische Unveränderbarkeit, keine Graduierung und Steigerung adjektivischer Konsti84 Zu der besonderen Stellung der Funktionsverbgefüge mit eingeschränkter Geltung des oben Gesagten s. 2.3.5.

75

tuenten, Unflektierbarkeit. Als spezifische Eigenschaft der FS ist aber anzusehen, daß hier ein Bündel von Restriktionen gleichzeitig wirkt, die zusammen ge·» nommen FS als Abweichungen gegenüber VS kennzeichnen und daher auch zur Unterscheidung herangezogen werden können. Für etliche nominale Konstituenten gilt morphologische Unveränderbarkeit, symbolisiert durch [-morph]. Entweder ist die Konstituente auf einen bestimmten Kasus festgelegt, wie es in Präpositional- und in Verbalphrasen der Fall ist, oder es sind nur solche Kasus zugelassen, die keine morphologische Veränderung bewirken, wie z.B. bei den koordinativen Nominalphrasen: Er hat Hab und Gut verspielt (Akkusativ); Hab und Gut gelten ihm nicht viel (Nominativ); Der Verlust von Hab und Gut hat ihn sehr getroffen (Dativ). Nicht möglich ist in der Regel die Verwendung im Genitiv ( der Verlust des Habs und Gute).

85

Im Zusammenhang mit morphologischer Unveränderbarkeit stehen auch Beschränkungen hinsichtlich der Numeri, gekennzeichnet als [-num]. Auf den Gebrauch im Singular beschränkt ([-Pl]) sind z.B. folgende Konstituenten in: die Stirn bieten, Notiz nehmen, der gordische Knoten, auf Schritt und Tritt, im Prinzip. Nur im Plural gebräuchlich ([+Pl]) treten dagegen folgende Konstituenten auf: weiße Mäuse, nach Noten, hinter den Kulissen, auf leisen Sohlen, mit Pauken und Trompeten, die Leviten lesen, usw.

Die Verwendung des bestimmten bzw. unbestimmten Artikels ist ebenfalls häufig festgelegt: das Garn spinnen = VS, dagegen ein Garn spinnen = FS; oder eine Stirn haben = VS, die Stirn haben = FS. Das Merkmal bezeichnen wir als [±Det. .]. Morphologische Veränderbarkeit einer Konstituente ist aber automatisch dann gegeben, wenn es sich um ein reflexivisches bzw. possessivisches Pronomen handelt, wie etwa bei in sich gehen, sich mit fremden Federn schmücken, sein Glück machen. Hierbei muß der Bezug zur Nominalphrase im Nominativ bzw. Dativ (bei seinen Lauf lassen) beachtet werden. Aus diesem Grunde ist eine entsprechende 85 Die Duden-Grammatik (1966) nennt dagegen Fälle wie ein Stück eigenen Grund und Bodens ( S . 2 O 2 ) , mit Gefahr Leib und Lebens, die Dichter des Sturm und Drangs ( S . 3 4 9 ) . Die oben genannte Restriktion würde hier nur für die erste Konstituente gelten.

76

Angabe im Wörterbucheintrag erforderlich, die wir nach drei Gruppen differenzieren: [+ refl] : Das FS ist nur reflexiv gebraucht: sich ein Herz fassen, sich in die Länge ziehen, eich einen Ast lachen, sich über Wasser halten, eich in Acht nehmen, sich nach der Decke strecken, eich aus dem Staub machen, sich ins Zeug legen, sieh im Wege stehen, sich aufs Ohr hauen, sich ins Benehmen setzen. [+ Pos] : Die adjektivische Konstituente wird durch ein Possessivpronomen repräsentiert: seinen Meister finden, seinen Lauf lassen, sein Ohr leihen, in seinen Bart brummen, sein Haus beschicken, seinen Geist aufgeben, sein Schäfchen ins Trockene bringen, zu seinen Gunsten. [+ Per ] : Die substantivische Konstituente wird durch ein Reflexivwort ersetzt: außer sich sein, (etw.) für sich haben, in sich gehen, zu sich kommen, vor sich gehen, an sich halten, in sich haben, auf sich haben, über sich bringen. Zu den singular auftretenden Merkmalen gehört auch die Restriktion hinsichtlich nur negiert vorkommender FS. Diese Eigenschaft wird bereits als spezifisch für einige FS von Wissemann (1961:243) genannt. Nicht mögliche Negierung, wie sie andererseits von Fräser (1970:35) angeführt wird, ist allerdings - wie bei VS - abhängig von der referentiellen Bedeutung des Ausdrucks und kann daher nicht als FS-spezifisch charakterisiert werden. Anders verhält es sich bei obligatorischer Negation, die ausschließlich bei verbalen FS auftritt. Es handelt sich hierbei um Fügungen, in denen einerseits der nominale Teil verneint wird (auf keinen grünen Zweig kommen) , andererseits der Gesamtausdruck durch die Nega86 tionspartikel nicht negiert wird (nicht ganz bei Trost sein). Danach unterscheiden wir: 86 In unnegierter Form tritt dieser Ausdruck nur in der Frage auf.

77

[+ negl] : keinen Staat machen, "kein Pappenstiel sein, kein Blatt vor den Mund nehmen, keinen blassen Dunst haben. [+ neg2J : nicht von Pappe sein, nicht von schlechten Eltern sein. Die Möglichkeit einer Attribuierung spielt ebenfalls eine große Rolle. FS der Art blinder Passagier sind ohne weiteres durch Adjektive wie auch durch Nominalphrasen attribuierbar: der weitgereiste blinde Passagier am zweiten Tisch. Dies ist aber für eine große Anzahl von FS nicht gestattet, wie folgende Gegenüberstellung zeigt: FS: VS: FS: VS: FS: VS: FS: VS: FS: VS:

Das kostet ihn Kopf und Kragen. Auf dem Bild sind Kopf und Kragen des Herrn X zu sehen. Dieses Buch zum Beispiel kostet 10 DM. Wir kommen nun zum dritten Beispiel. Er war in der Tat zu früh. In der schrecklichen Tat des Kriminellen ... Er kann Auto fahren. Er fährt das Auto seines Vaters. Er hat die Stirn, nochmals zu kommen. Er hat die hohe Stirn seiner Großmutter.

Bei verbalen FS tritt häufig an die Stelle einer adjektivischen Attribuierung ein adverbialer Ausdruck: einer Tatsache verstärkt Rechnung tragen, unverschämterweise die Stirn haben, aufmerksam Notiz nehmen. 87 In anderen Fällen ist mit der dann allerdings obligatorischen Attribuierung eine Bedeutungsänderung verbunden: Hand anlegen und letzte Hand anlegen. Da es weniger häufig ist, daß Attribuierungen im verbalen bzw. adverbialen FS erlaubt sind (Wert legen - großen Wert legen), kennzeichnen wir den positiven Fall durch [+ Attr]. Unflektierte Adjektive ( [ - f l ] ) treten auf z.B. bei lieb Kind sein, Forelle blau, gut bei Kasse sein. Zu den besonderen Eigenschaften der adjektivischen Konstituente gehört auch, daß keine Graduierung ([-grad]) oder Steigerung ([-steig]) möglich ist: der fast blinde Passagier stellt kein FS dar, blind ist hier in sei87 Diese Beobachtung hat auch Heringer ( 1 9 6 8 a : 4 4 f f . ) speziell für die Funktionsverben beschrieben.

78

ner Bedeutung auf Ohne Sehkraft' beschränkt. Ganz unmöglich ist dagegen der sehr blinde Alarm. Der größere Bahnhof ist ein88 deutig ein VS, ebenfalls der größte Bahnhof. In großer Bahnhof im Sinne von 'feierlicher, offizieller Empfang 1 ist die Verwendung des Adjektivs auf den Positiv beschränkt.

2.5.5 Restriktionen hinsichtlich der Wortstellung Während bei verbalen FS Diskontinuität möglich ist, wie es der Wortstellung trennbarer Verben entspricht, ist sie bei nominalen FS ausgeschlossen. Letzteres bedeutet eine generelle Abweichung gegenüber VS. Tritt hier zwar Diskontinuität auch nur in beschränktem Maße auf, so muß sie doch zu den wohlgeformten Konstruktionen gerechnet werden. Denkbar ist z.B. eine Trennung von der schöne Garten in folgender Weise: der schöne, sich weit bis zum Ufer hinstreckende Garten oder der schöne und, wie ich glaube, seit Jahren nicht mehr betretene Garten, usw. Ähnliches ist bei gordischer Knoten, Rotes Meer, blinder Passagier nicht möglich. Feste und unmittelbare Sequenz gilt auch für koordinativ verbundene FS. Der Satz Grund und, wie ich glaube, Boden sind wieder teurer geworden enthält kein FS. Auch nicht erlaubt ist die Umstellung xBoden und Grund. Dieses Merkmal kann natürlich nur effizient ausgenutzt werden, wenn im Wörterbucheintrag die 1. bzw. 2. Konstituente als solche gekennzeichnet ist. Bei den sogenannten Doppelformen treten auch Fügungen auf, die sich durch identische Konstituenten auszeichnen: halb und halb, nach und nach, von Ort zu Ort, Arm in Arm, markiert durch

2.5.6 Transformationelle Lücken Bei dem Versuch, FS mit Mitteln der TG zu erklären (Katz/Postal 1963, Weinreich 1969, Fräser 1970), zeigte es sich, daß etliche Transformationen, mit denen bestimmte syntagmatische Beziehungen 88 Lediglich in ironischer Verwendungsweise treten Abweichungen von der Norm a u f . Nur in diesem Fall könnte das oben genannte Beispiel ein FS sein. Generell gilt diese Erscheinung für alle FS.

79 wie z . B . Attribuierungen dargestellt werden, nicht auf FS angewandt werden können. Diese zeichnen sich durch transformationeile Lücken aus. Die Regelmäßigkeit ihres Auftretens sowie ihre durchgängige Anwendbarkeit lassen darauf schließen, daß es sich hier 89 um "systematische Lücken" im Chomskyschen Sinne handelt. Sie beziehen sich in erster Linie auf nominale FS. Bei Fügungen wie kalte Ente, blinder Passagier, Hohes Haus handelt es sich um Attribuierungen, die sich von dem üblichen Verhalten der adjektivischen Attribute unterscheiden. Bei ihnen ist z.B. eine Zurückführung auf einen eingebetteten Relativsatz nicht möglich. 9O Diese Eigenschaft bezeichnen wir mit [-T , ] . (1) (2) (3)

(i) (ii) (i) (ii) (i) (ii)

der· der der x der das das

blinde Vogel Vogel, der blind ist blinde Alarm Alarm, der blind ist Hohe Haus Haus, das hoch ist

Bei (2) ist keine Relativsatzeinbettung gestattet, bei (3) bezieht sie sich auf die VS-Bedeutung. Eine weitere transformationelle Lücke tritt auf in Verbindung mit der Möglichkeit der Nominalisierung (Weinreich 1 9 6 9 : 4 8 f . ) . Das Merkmal bezeichnen wir mit [-T ] . Die Gegenüberstellung von blinder Alarm und blinder Vogel macht dies deutlich: der blinde Vogel der blinde Alarm

die Blindheit des Vogels die Blindheit des Alarms

x

Als drittes wäre die blockierte Auflösung koordinativer Ketten zu nennen (Weinreich 1 9 6 9 : 5 0 f . ) : (4)

(i) (ii)

(5)

(i) (ii)

Er geht spazieren mit Er geht spazieren mit spazieren mit Ilse Das Sahiff ging unter Das Schiff ging unter Sahiff ging unter mit

Helene und Ilse Helene und er geht mit Mann und Maus mit Mann und das Maus

89 Chomsky (1965;1969:213) greift die Anregung Halles hinsichtlich phonologischer Lücken auf und überträgt sie auf syntaktische. "Diese Beboachtung regt dazu an, auf der syntaktischen Ebene ein Analogon zu der Unterscheidung zwischen zufälligen und systematischen Lücken zu suchen." 90 Dies t r i f f t auch auf Fälle außerhalb der Gruppe der FS zu. Vgl. dazu Motsch (1964;1968 , 1 9 6 7 ) .

80

oder

(6)

(7)

(i) (ii)

Sie läuft schnell und wild durch den Garten Sie läuft schnell durch den Garten und sie läuft wild durah den Garten (i) Sie läuft kreuz und quer durch den Garten (ii) xSie läuft kreuz durch den Garten und sie läuft quer durch den Garten

Auch hier t r i f f t zu, daß sich diese transformationeile Lücke nicht 91 ausschließlich auf FS bezieht. Umgekehrt gilt aber, daß alle koordinativ verbundenen FS durch sie gekennzeichnet sind. Bei Präpositionalphrasen ist im weiteren folgende Transformation zu beachten: die mögliche bzw. nicht mögliche Rückführung auf einen eingebetteten Konstituentensatz ([-T S] ) , in der Regel einen Relativsatz. Bei VS wie unter Bezugnahme, unter dem Verdacht, in Verbindung, in Zusammenhang, usw. ist eine solche Umformung möglich. Nicht dagegen bei FS. Dazu vergleichen wir folgende Fälle: VS:

FS:

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben teile ich Ihnen folgendes mit. Ich teile Ihnen folgendes mit, wobei ich mich auf Ihr Schreiben beziehe. An Hand der Schrift erkenne ich den Verfasser.

Der Komplex an Hand läßt sich nicht in einen zu oben vergleichbaren Satz umformen, in dem die besagte Nominalphrase verbalisiert auftritt und die von ihr abhängige Phrase ebenfalls vorhanden ist. Der gesamte Satz ist nicht in zwei entsprechende Teile zerlegbar. Die Oberflächenstruktur beider Sätze dagegen ist gleich. Bei beiden Arten von Syntagmen folgt unmittelbar eine abhängige Nominalbzw. Präpositionalphrase. Bei Konstituenten, die verbale Ableitungen haben können, ergeben sich Mehrdeutigkeiten, z . B . bei mit Hilfe. Klar zu unterscheiden sind hierbei folgende Fälle: VS: FS:

Er zog ihn mit Hilfe seines Bruders aus dem Wasser. Er zog ihn aus dem Wasser, wobei ihm sein Bruder half. Die Eigenschaft wird mit Hilfe eines Symbols dargestellt.

Im VS läßt sich mit Hilfe ersetzen durch mit Unterstützung, im FS dagegen nicht. Durch könnte hier evtl. eingesetzt werden. Dies zeigt, daß es sich um verschiedene Bedeutungen handelt. 91 Diese Lücke ist

in der Literatur nicht aufgeführt.

81

In der Oberfläche gleich sind auch adverbiale Phrasen wie um Haaresbreite und nach Belieben. Letztere gehört zu den VS, nach ihrem Muster lassen sich viele Adverbialphrasen bilden. Diese können auch auf eine Einbettung zurückgeführt werden, z . B . : Nehmen Sie nach Belieben. Nehmen Sie, wie es Ihnen beliebt. Er beurteilt die Fälle nach Gutdünken. Er beurteilt die Fälle, wie es ihn gutdünkt. Entsprechendes ist nicht möglich

bei:

Um Haaresbreite wäre er in den Graben gefallen. Die Veranstaltung ging im Fluge vorbei. Diese transformationelle Lücke ist, wie auch die übrigen, nicht auf FS beschränkt. Eine Unterscheidung von FS- und VS-Adverbialphrasen, etwa bei im Prinzip, ist damit nicht möglich; anders aber zum einen bei Fügungen, die Präpositionen (an Hand) und adverbiale FS (um Haaresbreite) repräsentieren, und zum anderen bei solchen, die durch eingebettete Sätze darstellbar sind (unter Androhung). Die transformationeile Lücke, die sich auf die Passivtransformation bezieht, erscheint uns nicht in gleicher Weise durchgän92 gig. Sie wird bei Weinreich ( 1 9 6 9 : 4 6 ) am Beispiel kick the bucket erläutert. Kick als transitives Verb erlaubt eine Passivtransformation: the bucket is kicked. In der Bedeutung von englisch die ist kick the bucket intransitiv, wie auch die intransitiv ist. Eine deutsche Parallele haben wir bei Augen machen in der Bedeutung ' s t a u n e n ' , das auch keine Passivtransformation zuläßt. Nun wird das Merkmal [Passiv möglich] als Merkmal der Tiefenstruktur angesehen. Dies würde bedeuten, daß auch dem Verb kick the bucket in der Tiefenstruktur eines Satzes die Passivtransformation zugeordnet wäre. Hier müßte entweder eine Löschungsregel eingesetzt oder aber eine andere Tiefenstruktur angenommen werden, so wie wir es vorgesehen haben. Es gibt eine ganze Reihe von Verben in FS, die auch im VS kein Passiv bilden, z.B. kommen in zum Ausdruck kommen. Andererseits ist

Passiv auch häufig im FS zugelassen wie etwa bei die Zelte

92 Ähnliche Skepsis äußert Fräser (197O:32).

82 abbrechen, Notiz nehmen, die Leviten lesen. Dieses Merkmal hat also keine Allgemeingültigkeit. Außer der letztgenannten Lücke haben alle anderen generelle Gültigkeit. Weitere, singular auftretende Restriktionen gibt Fräser ( 1 9 7 O : 3 4 f f . ) an. Er nennt u.a. Verbot des Imperativs, der Frage, der Negation. Diese verwendet er, um einen Zusammenhang zwischen transformationeilen Defekten und dem Grad der Erstarrung herzustellen. Er errichtet eine Hierarchie nach dem Ausmaß der Lücken, wobei man wohl schwerlich objektive Gründe dafür finden wird, welcher Lücke jeweils Vorrang im Hinblick auf die Festgefügtheit des Ausdrucks zu geben ist. Aus diesem Grunde halten wir eine solche Gliederung auf rein syntaktischer Grundlage für verhältnismäßig unergiebig, zumal sie keinen Einblick verschafft in die spezifisch semantische Struktur der FS. FS werden auf Grund des Negativkatalogs von Chafe als "counter93 examples" gegen die Theorie der Transformationsgrammatik bezeichnet. Dies erscheint dann einleuchtend, wenn unberücksichtigt bleibt, daß es sich bei den FS ihrer semantischen und lexikalischen Struktur nach um lexikalische Einheiten handelt, deren Bildungsregeln auf syntaktischer Ebene liegen. Aus dieser Betrachtungsweise folgt, daß FS nicht mit VS gleichbehandelt werden dürfen. Die Ähnlichkeit in ihrer syntaktischen Oberflächenstruktur mit VS darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich bei den FS eher um Erscheinungen der Wortbildung handelt, bei denen syntaktische Strukturen mit einbezogen sind. Dies wird auch bestätigt durch die Tatsache, daß nicht nur FS durch die genannten Lücken gekennzeichnet sind, sondern auch Kom94 posita, wie Brekle (1966) und Botha (1968) gezeigt haben. 93 Chafe (1968:119): "I suggest that idioms provide one kind of evidence that such an enrichment of a generative syntax cannot ultimately succeed, and that the notion of a generative semantics - initially more plausible from the point of view of how language is used - is also, in the end, correct." Chafe betrachtet idiomatische Ausdrücke als semantische Einheiten, die sich im Vergleich zu anderen semantischen Einheiten lediglich durch besondere Regeln der "literalization" (S.121) auszeichnen. Er geht - umgekehrt wie die generative Syntax - von Inhalten aus, die sich in bestimmten Formen niederschlagen. Gegenstand der Grammatik sind hier die Transformationen der semantischen Struktur in eine syntaktische. 94 Ein Vergleich von Bildungsweisen bei FS und Komposita hätte den Rahmen dieser Untersuchung überschritten.

83

2.6

Relationen zwischen S, L und V

Auf die Beziehungen zwischen den drei Komponenten innerhalb des Determinationsverhältnisses ist bereits bei der Behandlung der einzelnen Punkte hingewiesen worden. So ist im folgenden lediglich eine Zusammenfassung zu geben. Die Relationen von S, L und V untereinander sind so zu verstehen, daß eine bestimmte Konstellation von S nur in Verbindung mit einem bestimmten L und V auftreten kann. Dem entspricht auch die Forderung Agricolas (1968:185) , die semantisch-lexikalischen Elemente nicht von den grammatisch-syntaktischen zu trennen. FS sind dabei durch die Festlegung auf bestimmte Muster gegenüber VS hervorgehoben. "Die semantische Relevanz der syntaktischen Konstruktion" (W.Schmidt 1963;1967:92) nimmt bei den FS eine hervorragende Rolle ein. Semantisch und lexikalisch sind sie als Abweichungen gegenüber VS zu betrachten, auf der syntaktischen Ebene gilt dies nur teilweise. Hierbei ist die syntaktische Konstruktion als Struktur auf der Oberfläche zu interpretieren, die einerseits ähnlich der Verbvalenz - die Zuordnung von Bedeutungen reguliert, andererseits ein Muster im Sinne der Wortbildung darstellt. FS sind damit als lexikalische Einheiten ausgewiesen. Für ihre Markierung benutzen wir folgendes Schema: s

= {[±1], |>])

L

=

V

{1

r' If V {K n , k m , r},

wobei r die mit der syntaktischen Struktur zusammenhängenden Eigenschaften kennzeichnet. Diese Charakteristik der FS ermöglicht demnach eine allgemeine Strukturbeschreibung, die Lexik, Syntax und Semantik einbezieht. Damit sind gleichzeitig aber auch Kriterien ermittelt, die das so heterogen scheinende Material der FS als linguistische Einheiten ausweisen. Auf dieser Grundlage ist eine Differenzierung in einzelne Gruppen linguistisch relevant. Von den genannten Klassen von Eigenschaften bleibt noch k zu behandeln: die Darstellung der wichtigsten, FS-bildenden syntaktischen Subsysteme. Sie als Kriterien für die Klassifizierung von FS zu verwenden, stellt eine der Möglichkeiten dar.

KLASSIFIZIERUNG DER FS

3.1

Syntaktische Subsysteme als Grundlage der Klassifizierung

Die Strukturbeschreibung der FS auf der Basis des semantisch, lexikalisch und syntaktisch bestimmten DeterminationsverhMltnisses ist weiterhin Grundlage für die Klassifizierung der FS. Im Hinblick auf die Möglichkeiten einer Analyse von FS, vor allem einer maschinellen Analyse, ist eine differenzierte Beschreibung der Oberflächenstruktur dieser Syntagmen notwendig. Die Darstellung der syntaktischen Komponente V durch K n , 1^ und r bietet sich zu diesem Zweck an. Die Charakterisierung durch die Sbzw. L-Komponente kann dabei sowohl der Beschreibung als auch einer weiteren Differenzierung dienen. Unter diesem Aspekt ist zunächst aber die grundsätzliche Frage zu klären, ob Klassifikation überhaupt eine dem Gegenstand angemessene und im Hinblick auf linguistische Relevanz effiziente Behandlung darstellt. Außer einer abnehmenden Bedeutung der klassifizierenden Methode ist eine gewisse Skepsis festzustellen, die sich mit der Problematik von Auswahlkriterien für Klassenmerkmale verbindet wie auch mit deren Handhabung, wenn sie nicht streng formuliert bzw. formulierbar sind. Beispiele für letzteres bietet 2 die traditionelle Sprachwissenschaft und nicht zuletzt die bisherige Behandlung von FS. Mit der Abkehr der TG von der taxonomischen Sprachwissenschaft tritt als Ziel der linguistischen Untersuchung mit einem weitergehenden Anspruch die Erklärung der Sprachkompetenz an die Stelle von Klassifikation linguistischer Einheiten, wobei letzteres nur noch eine - allerdings unentbehrliche - Durchgangsstation darstellt. Hier sei erinnert an die unterschiedlichen Klassenmerkmale der Nebensätze in der Dudengrammatik: zum einen syntaktisch-formal, zum ändern funktional; vgl. z.B. Infinitivsätze - Konsekutivsätze.

85

Prinzipiell handelt es sich bei der Klassifikation um die Zuordnung von Elementen zu einer Klasse, die durch ein Merkmal bzw. einen Merkmalkomplex charakterisiert ist. Inhaltlich gesehen stellt die Klasse eine Individuensammlung dar, einen pluralen Begriff und nicht einen Allgemeinbegriff im Sinne der traditionellen Logik. In der praktischen Anwendung wird der mengentheoretische Begriff Klasse gleich mit dem der Logik gehandhabt. Gehen wir nun davon aus, daß wir Sprache in einem Teilbereich als die Kombinationsmöglichkeiten ihrer Elemente darstellen, so gibt es zwei prinzipiell verschiedene Wege, dies auszuführen. Der theoretisch einfachste Weg, dabei aber der unpraktikabelste, ist der, alle möglichen Kombinationen aufzuzählen. Unbefriedigend bliebe außerdem bei diesem Verfahren, daß die Bedingungen der Kombinatorik nur implizit beschrieben würden und die Darstellungsweise in hohem Grade redundant wäre. Verringerung der Redundanz und explizite Darstellung der Kookkurrenzbedingungen von Wörtern sind linguistisch relevante Prinzipien. Sie sind auf dem zweiten Weg anwendbar: Darstellung durch Merkmalmatrizen und die diese benutzenden Regeln. Hierbei stellt sich das Problem der Auswahl. Als linguistisch relevante Merkmale bezeichnen wir solche, die zur Redundanzverringerung in Grammatik und Lexik beitragen. Die Darstellung der FS durch (S, L, V) ist dazu geeignet, bestimmte Kombinationsmöglichkeiten von Wörtern festzulegen. Da sich die Basislexeme im FS durch einen hohen Grad von Kontextbeschränkung auszeichnen, haben wir es hier mit einem verhältnismäßig eng umgrenzten Teilbereich der sprachlichen Kombinatorik zu tun. Die Merkmale von S, L und V treten dabei regelhaft a u f . Die Angabe einer Information für die Anwendung bestimmter Regeln ersetzt die Angabe der Ergebnisse der Regelanwendung. Auf die einzelnen Basislexeme bezogen bedeutet dies, daß ihr einmaliges VorVgl. Juilland/Lieb ( 1 9 6 8 : 2 1 ) . In einer strengeren Trennung wird die Klasse im mengentheoretischen Sinn als durch ihre Elemente definiert betrachtet, der Allgemeinbegriff der Logik durch Identitäts- bzw. Diversitätsmerkmale. Von der Logik aus gesehen, wird eine "Menge von Individuen erst dadurch Klasse, daß der Begriff sie abgrenzt" (v.Freytag-Löringhoff (1955:44) ) . Auf die Unterschiede kommt es im Bereich unserer Untersuchung nicht an. Wir setzen 'Begriff und 'das den Begriff bzw. die Klasse definierende Merkmal 1 gleich.

86

handensein im Wörterbuch und die zusätzlichen Klasseninformationen ausreichen, um etliche Möglichkeiten explizit darzustellen. Diese Merkmale können daher im Hinblick auf die Beschreibung als redundanzverringernd und damit als klassenbildende Merkmale im linguistischen Sinne gelten. Zu überlegen ist weiterhin, ob alle drei Komponenten gleichermaßen zur Klassifizierung herangezogen werden sollen. Die Entscheidung, ob es sich jeweils um ein FS erster oder zweiter Ordnung handelt, muß - solange ein semantisches Merkmalsystem nicht zur Verfügung steht - der Kompetenz des menschlichen Bearbeiters überlassen bleiben. Ihm obliegt es, durch Kommutationsproben festzustellen, ob es sich bei einer Konstituente um eine singuläre Bedeutung handelt oder ob die Bedeutung des Gesamtausdrucks in den einzelnen Konstituenten zuzuordnende Einzelteile zerlegt bzw. nicht zerlegt werden kann. Die Komponente L steht mit S in Wechselbeziehung, für FS2 gilt:

für FS1 gilt:

Ls f = {k r - {1 m' V ' ' a' V Lediglich die Komponente V zeichnet sich durch Unabhängigkeit von der Kompetenz des Bearbeiters aus. Die syntaktische Kombination, gesehen als Wortklassenkombination, bietet hinsichtlich ihrer Bestimmung keinerlei Schwierigkeiten. Sie ist ein sicheres Merkmal zur Identifikation der semantischen Einheit des GesamtL

ausdrucks sowie zur Identifikation bestimmter Wörter als FS-Konstituenten und damit zur Einschränkung ihrer Bedeutungsmöglichkeiten. Insofern erscheint die syntaktische Charakteristik als Kriterium der Klassenbildung besonders geeignet. Ein weiterer Grund dafür besteht darin, daß für eine auf der Syntax basierende Analyse die syntaktische Klassifizierung Voraussetzung für die Identifikation der FS ist. Die Bestimmung von K , den dominierenden Knoten, stellt dabei das oberste Ordnungsprinzip dar, k und r differenzieren unterhalb dieser Ebene. Die Komponenten S und L werden als semantische und lexikalische Charakteristik der Klassen hinzugezogen.

87

3.2

Darstellung der Klassen

3.2.1 Schema der Darstellung Die einzelnen Klassen werden jeweils in Abhängigkeit des dominie4 renden Knotens N 1 , A 1 , P 1 und V geordnet dargestellt. Der Reihe nach sind also zu beschreiben: N' A P1 V

= =

= =

i n ^ , n^, n . j , . . . , n n ) t a.. , a _ , a ~ ,... , a s i?]} {v l f v 2 , v 3

vn)

Hierbei stellen n^ n 2 , a.^,... jeweils Unterklassen dar. Jede Unterklasse wird durch die Produktionen P, die die syntaktische Struktur hinsichtlich der Wortklassenkombinationen charakterisieren, konstituiert. Dabei handelt es sich in erster Linie um Regeln, die auch für wohlgeformte Strukturen anwendbar sind wie z . B . VP

->

oder PP -*

NP + VRB, P -H NP

NP



Det + N

(den Schluß ziehen) (im

Prinzip)

Sie operieren über TerminalSymbolen T wie ADJ, ADV, SUB, VRB (Wortklassen der Basislexeme) sowie Det, K, P (Wortklassen der Verknüpfungselemente und KategorialSymbolen K wie VP, NP, PP. Dabei beziehen sie sich auf Derivationen von V , N 1 , P 1 und A 1 als übergeordnete Symbole S. Die Grammatik der syntaktischen Struktur von FS läßt sich demnach als Quadrupel (T, K, P, S) darstellen, dessen Elemente für jede Klasse anzugeben sind. Dieses Schema wird durch die jeweilige Klassenziffer repräsentiert. Die hier auftretenden Produktionen als solche gelten auch für VS. Die Abweichung bei den FS besteht darin, daß sie sich auf Expansionen beziehen, die in wohlgeformten Strukturen von N, V, P und A nicht möglich sind. Weiterhin sind die Differenzierungen nach r anzugeben, die die Abweichungen von wohlgeformten Strukturen direkt kennzeichnen. Wir 4 5 6

N 1 , A 1 , P 1 und V repräsentieren die jeweiligen Platzhalter für die Subsysteme; vgl. 2 . 5 . 2 . Vgl. 2 . 5 . 2 . Vgl. 2 . 5 . 4 , 2 . 5 . 5 , 2 . 5 . 6 .

88 unterscheiden diese Regeln nach generellen, die für alle Elemente einer Klasse Gültigkeit haben, und nach speziellen, die nur auf einzelne Elemente einer Klasse

zutreffen.

Für die Unterscheidung der Klassen selbst sind ausschließlich die Produktionen relevant. Dies entspricht dem Prinzip der Klassifizierung

nach den syntaktischen Kombinationsmöglichkeiten, denen

wir die Wortklassen Substantiv (SUB) , Verb (VRB) , Adjektiv (ADJ) , Adverb ( A D V ) , Präposition ( P ) , Konjunktion (K) und Artikelwort (Det) zugrundelegen. Die Berücksichtigung der Wortklassen in dieser Form geschieht bereits im Hinblick auf die Analyse, in der wir auf Wörterbucheinträge dieser Art angewiesen sind. Als letzter Punkt der Darstellung der Klasse bleibt die charakterisierende FS-Beschreibung anhand der verbleibenden S und L. Je nach Klasse ist

Komponenten

hierbei nach endozentrischer und exo-

zentrischer Determination, nach ein- und mehrdeutigem Gesamtausdruck zu unterscheiden. Zusammengefaßt ergibt sich folgendes Schema für die Darstellung der Klassen: 1. 2. 3. 4. 5.

Klassenziffer Produktionen Generelle Regeln Spezielle Regeln FS-Charakterisierung mit Beispielen

Nicht in der Darstellung enthalten sind die morphologischen bzw. syntaktischen Merkmale, die unabhängig von der Klassenzugehörigkeit bestehen. Darunter fallen Angaben über Art der Flexion, Genus, morphologische Besonderheiten, über die strikte SubkategoQ

risierung , oder welche sonstigen Angaben auch immer im Wörterbuch erwartet werden. In der vorliegenden Zusammenstellung sind nur solche FS berücksichtigt, die aus zwei Konstituenten bestehen, z . B . Nominalphrase und Verb (Notiz nehmen) bzw. zwei Nominaleinheiten (Aus-

7 8

Vgl. 4 . Die strikte Subkategorisierung, zu der wir auch die präpositionale Rektion zählen, wirkt ihrerseits wieder bedeutungsdifferenzierend. Vgl. dazu Augen machen = 'staunen 1 , jdm. Augen machen = ' f l i r t e n 1 . Sie kann demnach zur Unterscheidung mehrerer Bedeutungen eines verbalen Ausdrucks beitragen, nicht aber zur Identifikation eines FS gegenüber einem VS; vgl. auch 2.5.2.

89 9 wärtiges Amt, Mädchen für alles) . Ausdrücke, die aus drei Konstituenten bestehen, sind insoweit mit aufgenommen, als zwei der

Konstituenten für sich wiederum eine zusammenhängende Einheit bilden, die von der syntaktischen Kombination her gleich strukturiert ist wie ein anderer FS-Typ. In das Blaue vom Himmel erzählen bildet das Blaue vom Himmel syntaktisch den gleichen Typ wie der Sahlag ins Wasser. Ausdrücke dagegen, die einen ganzen Satz enthalten wie z . B . Teufel komm raus in auf Teufel komm raus sind hier nicht aufgenommen. Zur Ermittlung der Klassen wurden folgende Materialsammlungen benutzt: Klappenbach/Steinitz ( 1 9 6 1 f f . ) , Agricola ( 1 9 6 2 ; 1 9 6 3 ) , Stil-Duden (1963) , Synonymen-Duden ( 1 9 6 4 ) , Friederich (1966) , Wahrig

(1970).

3.2.2.

Die Produktionen

3 . 2 . 2 . 1 Basisregeln für die Produktionen Die hier dargestellten Klassen von FS enthalten nominale Phrasen unterschiedlicher Komplexität und verbale Phrasen, in denen die nominale Konstituente der Struktur nach wiederum aus nominalen FS besteht. Die die einzelnen Pro-Elemente repräsentierenden Knoten sind durch folgende Regeln zu spezifizieren: 9

Ausgeklammert sind Ausdrücke, die einen Vergleich enthalten, z.B. wie Sand am Meer, frieren wie ein Sahneider, schwarz wie die Nacht, wie Schuppen von den Augen fallen. Hierbei handelt es sich um Syntagmen, in denen die ebenfalls in FS auftretenden syntaktischen Fügungen in einen Vergleich eingebettet sind. Eine Berücksichtigung dieser Art von Fügungen würde den Rahmen der Klassifizierung überaus weit spannen. Zweifellos besteht die Möglichkeit, auch diese FS in das vorliegende Schema einzuordnen. 10 Desgleichen vollständige Sätze wie auch feste Verbindungen von Verben mit Nominalphrasen im Nominativ, die einen vollständigen Satz bilden können, wie z . B . sein Weizen blüht, der Stein kommt ins Pollen. Hier müßte die Satzsemantik mit einbezogen werden. 11 Hier sollen exemplarisch die Hauptklassen aufgeführt werden, ohne daß Vollständigkeit angestrebt ist, die auf eine Bestandsaufnahme aller möglichen Strukturen hinauslaufen würde.

90

(1OO) (20O) (21O) (220) (230) (24O) (300) (40O) (410) (42O) (43O)

N' A1

-*· ·»· AP AP AP AP P 1 ·*· V ·*· VP VP VP

NP AP ·* NP ·* PP -»· PP -*· PP PP VP ·* NP ·* PP ·* PP

magisches Auge Tag und Nacht in erster Linie von Kopf bis Fuß von Kindesbeinen an an Hand

PP P

VRB den Schluß ziehen VRB in Verbindung stehen PP VRB das Blaue vom Himmel erzählen

Die Aufstellung zeigt, daß es in erster Linie um die Darstellung der Nominalphrasen geht. Hierzu lassen sich die Regeln in der Weise zerlegen, daß eine verhältnismäßig kleine und vor allem überschaubare Anzahl von Regeln ausreicht, die in Kombinationen miteinander alle hier darzustellenden Klassen bewältigen. So finden sich z.B. bestimmte Nominalphrasen ihrer syntaktischen Form nach sowohl in FS, die von N 1 , von A 1 und V

dominiert sind, wie etwa

koordinativ verbundene Nominaleinheiten des Typs (i)

Grund und Boden Tag und Nacht Haut und Knochen sein

(von N ' dominiert) (von A 1 dominiert) (von V dominiert).

FS des Typs ADJ-SUB treten auf in Fügungen wie (ii) kalte Miete (von N 1 dominiert) in erster Linie (von A 1 dominiert) den längeren Arm haben (von V dominiert). Präpositionale Nominalphrasen treten auf in (iii)

(von N 1 dominiert) (von A' dominiert) (von P' dominiert)

der Mann im Mond im Prinzip von Seiten

und in verbalen Fügungen wie ins Geld reißen und das Blaue vom Himmel erzählen. Dies besagt, daß bestimmte Regeln immer wieder anwendbar sind, wenn die entsprechenden Grundeinheiten als solche berücksichtigt werden. In den angegebenen Beispielen wird z.B. wiederholt wendet :

NP

-*

SUB

K

NP

-»·

ADJ

SUB

PP

-»·

P

NP,

SUB NP

-»·

(in

(i));

(in

(ii)) ;

SUB (in

(iii)).

ver-

91

Diese Typen, die für mehrere Klassen verwendbar sind, bezeichnen wir als Grundtypen. Sie umfassen die Darstellung von einfachen Nominaleinheiten NE (Notiz nehmen) , durch ein Adjektiv attribuierte Einheiten NA (magisches Auge) und koordinativ verbundene Nominaleinheiten NK (Grund und Boden). Der Regelapparat ist

also um

folgende Regeln zu erweitern: (10) (20) (3O)

NP NP NP

-> ->· -»·

NE NA NK

Eine weitere Generalisierung erfolgt dadurch, daß für mehrere Wortklassen ein gemeinsames Symbol Z angenommen wird. Es treten häufig Fügungen a u f , die in der syntaktischen Struktur als solcher vollkommen gleich sind und sich lediglich in der Substitutionsmöglichkeit der genannten Wortklassen unterscheiden. Unter A 1 stehen z . B . in gleicher Weise die FS um Haaresbreite, bei weitem, für immer oder von Hause aus, von klein auf, von

al-

ters her oder Tag und Nacht, sang- und klanglos, durch und durch. Die Wortklassenangabe ist

insofern wichtig, als die entsprechen-

den Einträge im Wörterbuch mit den vorgegebenen Angaben zu berücksichtigen sind. Zur Vereinfachung, aber auch um die strukturellen Zusammenhänge sichtbar zu machen, führen wir den Platzhalter Z für die Wortklassen SUB, ADJ, ADV, FRE 12 ein: 13 Regel (1)

Z

·*·

SUB

l

(2)

Z

-»·

ADJ

2

(3)

Z

-»·

ADV

3

(4)

Z

-»·

FRE

4

Zusätzlich zum Grundinventar der Produktionsregeln sind weiterhin folgende Kombinationen zu berücksichtigen:

12 FRE = fremdsprachlicher Ausdruck, gilt z . B . für die Basislexeme in point, a posteriori, usw. 13 Diese Angabe, die sich auf die unter 3 . 2 . 2 . 2 beschriebene Klassenziffer bezieht, ist hier bereits vorweggenommen, um eine Wiederholung der Produktionstabellen in diesem Abschnitt zu vermeiden.

92 Regelnuinmer

Regel

Beispiel

(4O)

NP

->

NE NE

Vitamin B

(50) (60) (70) (80) (9O)

NP NP NP PP PP

-> -»· -»· -»-

NE NA NE PP NA PP p NP P NP P

Tag der offenen Tür Eis am Stiel festen Boden unter den Füßen haben im Prinzip von klein auf

Während die Regeln zur Generierung wohlgeformter Strukturen hinsichtlich des Artikelgebrauchs allgemein fakultativ sind bzw. in Abhängigkeit der Subkategorisierung der zugehörigen Substantive stehen (Er kauft Holz - Er kauft ein Haus) , ist bei den FS die explizite Angabe darüber erforderlich. Die geforderte bzw. nicht gestattete Verwendung des Artikels kann Unterscheidungsmerkmal gegenüber VS sein, wie die folgenden Beispiele zeigen; hierbei ist auch die Präposition mit enklitischem Artikel zu beachten:

FS zu Fuß ,4 im Prinzip in erster Linie aus vollem Halse am laufenden Band Tag und Nacht mit Mann und Maus Staub aufwirbeln Rechnung tragen auf Draht sein sich über Wasser halten sich zur Wehr setzen

VS zum Fußf zu dem Fuß in dem Prinzip in der ersten Linie aus dem vollen Halse an dem laufenden Band den Tag und die Nacht mit dem Mann und der Maus den Staub aufwirbeln die Rechnung tragen auf dem Draht sein sich über dem Wasser halten sich zu der Wehr setzen

Die Möglichkeit, durch Einführung des fakultativen bzw. obligatorischen Artikels die einzelnen Nominalphrasen zu differenzieren, bezieht sich auf alle drei Grundtypen: NE, NA, NK. Die Unterscheidung nach dem Gebrauch der Präposition mit enklitischem Artikel (P ) bezieht sich auf PP. Der Regelapparat ist demnach wie folgt zu erweitern: 14 Die mit versehenen FS sind mehrdeutig. Sie können in dieser Form auch VS sein, wie folgender Vergleich zeigt: Er hat im Prinzip recht - Im Prinzip der Einfachheit liegt die wahre Größe. Der Ausdruck mit isoliertem Artikel ist aber in jedem Fall eindeutig ein VS: in dem Prinzip.

93

Regelnr.

Regel

Markierung in der Klassenziffer 0 1 a 2

(11) (12)

NE

-»·

Z

NE

-*·

Det Z

(13)

NE

·+

(Det)

(21)

NA

-*·

ADJ Z

(22)

NA

·*·

Det

(23)

NA

+

(Det)

(24)

NA

-*·

(ADJ) Z

(25)

NA

-"

Det

(26)

NA

·*

Z ADJ

5

(31)

NK

·*·

NE K NE

O

(32)

NK

·*

NA K NA

(a) 1 5 Z

O l

ADJ Z ADJ Z

(b)

(ADJ) Z

2 3 4

l v(c)

2

(33)

NK

-*·

NE K NA

(34)

NK

-*·

NA K NE

3

(41)

PP PP

·*

P NP P NP

0

(42)

PP PP

*

P

1

(43)

PP PP

·*

P

(44)

PP PP

-»·

(98)

z ·* z ·*

(99)

P

Z

en NP

'

P

en NP (d)

NP P NP

2

NP

3

en P NP P

b

en

c

d

en

g

16

Die Darstellung des Regelapparates, wie sie hier vorliegt, hat zwei Vorteile. Zum einen kann durch die Zerlegung in Grundtypen und deren Erweiterungen gleichzeitig mit den Produktionen die syntaktische Struktur der jeweiligen FS dargestellt werden. Ein FS wie z . B . ein großes Haus führen hätte folgende Derivation: (4OO)

V

·»·

VP

(41O)

VP

-»·

NP VRB

(2O)

NP

·*

NA

15 Die jeweiligen Gruppen der Regelnummern sind durch ( a ) , ( b ) , (c) und ( d ) , die Werte in der Klassenziffer durch a , b , c , d zusammengefaßt, um die Schematisierung der Klassenziffer zu erleichtern. Sie stehen bei den Kombinationen für jeweils eine Regel aus dieser Gruppe. Vgl. dazu Schema in 3 . 2 . 2 . 2 . 16 Z = Z im Genitiv.

g

94

Det

(22)

ADJ Z

SUB

(1)

Dies entspräche folgendem Stemma:

VRB

Det

ein

großes

Haus

führen

Der zweite Vorteil liegt darin, daß weitere Klassen von FS über die bisher berücksichtigten hinaus durch neue Kombinationen der Grundregeln beschrieben werden können. Auch eine evtl. erforderliche Erweiterung des Regelapparates ist leicht und ohne Veränderung des Systems möglich. Es handelt sich insofern um ein offenes System, das bei Veränderung des Inventars seine Struktur beibehält. 3 . 2 . 2 . 2 Darstellung der Produktionen durch die Klassenziffer Die einzelnen Regeln zur Erstellung der Produktionen sind numeriert, so daß je nach Muster für die automatische Darstellung der Derivation lediglich bestimmte Nummern angegeben zu werden brauchen. Diese sind nach einem festgelegten Schema in der Weise geordnet, daß sie durch eine achtstellige Klassenziffer repräsentiert werden können. Stelle und Z i f f e r bestimmen jeweils die anzuwendenden Regeln. Hierbei sind verschiedene Stufen zu unterscheiden. Die 1. Stelle ist festgelegt durch die Angabe der Wortklassen des Gesamt-FS, d.h. der Position, die das FS im Satz einnehmen kann. Die 8. Stelle bestimmt die Wortklasse der Hauptkonstituente(n) wie z.B. SUB bei in der Tat, ADJ bei auf dem laufenden

und ADV

95

bei in einem fort. Die Bestimmung der jeweiligen Wortklasse richtet sich nach dem im Gesamtwörterbuch enthaltenen Eintrag. Die 2. Stelle bis evtl. zur 7. werden besetzt durch Angaben über die Art und Anzahl der Nominalphrasen im FS. Dies geschieht über die unter 3 . 2 . 2 . 1 aufgeführten Regeln. Den Ausgangspunkt bildet hierbei die Nominalphrase mit der allgemeinsten Charakteristik (= NP, Regeln (1O) bis ( 9 O ) ) . Durch Anwendung spezifizierender Regeln ( ( 1 0 ) - ( 9 O ) und ( 1 1 ) - ( 9 9 ) ) und schließlich Substitution des Platzhalters Z durch die entsprechende Wortklasse (Regeln ( l ) - ( 4 ) ) erhält man die Derivation des syntaktischen Musters, wobei die Endkette die Wortklassensequenz der Einzellexeme des FS angibt. In der folgenden Tabelle sind die Stellen 1 - 7 der achtstelligen Klassenziffer berücksichtigt. Hierbei ist zu beachten, daß sich bestimmte Abhängigkeiten - parallel zu denen der Derivationen - in der ziffernmäßigen Markierung widerspiegeln. Was die erste Untergliederung der Nominalphrasen angeht, werden folgende Werte verwendet: anzuwendende Regeln:

Nominalphrase

Markierung in der Klassenziffer

(10)

NE

l

(20)

NA

2

(30)

NK

3

(4O)

NE NE

4

(50)

NE NA

5

(60)

NE PP

6

(60) ( 9 9 )

NE PP (=P en)

7

(70)

NA PP

8

(70)(99)

NA PP (=P e n )

9

(80)

P NP

A

(80) ( 9 9 )

P

B

(d)

en NP PP PP

C

(90)

P NP P

D

Die Reihenfolge der Produktionsregeln ist danach bestimmt, welche Regel jeweils die vorhergehende spezifiziert. Die Schritte vom 17 Für die übrigen Regeln sind die entsprechenden Werte bereits in 3.2.2.1 mit angegeben.

96

Allgemeinen zum Speziellen sind dabei so festgelegt, daß alle Typen von FS durch eine Auswahl derselben Basisregeln erzeugt werden. Schema: Markierung der Klassenziffer und Regeln für die 1. und 2. Stelle 1. St.

2. St.

1 2 3 4

3. St.

4. St.

5. St.

6. St.

7. St. (100) (200) (300) (400)

1 2

3 4 5 6 7 8 9 A B C D

(10) (20) (30) (40) (50) (60)

(60) (99) (70) (70) (99) (80) (80) (99) (d) (90)

zusätzliche 7V ViK*Sm»r ig -4 /·*!*· A4 i Ajjnany der l.St., wenn für di< 1 2

6-9 1-9 A, B

C D

3 4

A, B

1-9 A, B

C

(80) (210) (220) (230) (240) (220) (410) (420) (430)

97

Markierung der Klassenziffer und Regeln in Abhängigkeit von der 2. Stelle Klassenziffer

Regeln für die Stufen

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. St. St. St. St. St. St. St.

2

a b

3

O

1

a b a b a b

a b b a

»

1 2



»

3

*



a b O 1 2 3 a a a b 0 1 2 3 a a a

i

2 3

a a 5 6,7 a 4





8,9 b •







4 5 1 2 3 • • *

A, B 1 D 2 •

3 * * •

4 5 C

d *





4 5 a b 0 1 2

3 (a) (b) (31) (32) (33) (34) (a) (a) (a) •

a b a b a b

a b b a

• •

3 a a

a b b a

1 2 1 2

a b a b

1 2 2 1

(a) (b) (a) (b) (a) (b) (10) (20) (30)

(a) (b) (b) (a)

a b b a



(40) (50)

a b b a

(d) • •

(a]

(a) (b) (a) (b) (a) (b)

(a) (b] (b! (a)

(a) (b) (a) (b) (a) (b)

(a) (b) (b) (a)

(10) (20) (10) (20)

(a) (b) (a) (b)

(10) (20) (20) (10)





(a) (b) (a) (b) (a) (b)

(31) (32) (33) (34) (a) (a)

(10) (20) (30)



*

7

(40) (50)





(10) (20) (30)

6

(a) (b) (31) (32) (33) (34) (a) (a) (a) (b) (31) (32) (33) (34) (a) (a)

(40) (50) •

a b a b a b

5



(b) a b a b a b

4

(b; (b;

(a]

(a) (b) (b) (a)

98

Erläuterungen zum Schema: Ist beispielsweise die 1. Stelle mit 2 markiert (= Adverbialphrase) führt dies zur Anwendung der Regel (210), sofern in der 2. Stelle ein Wert zwischen l und 9 angegeben ist, d.h. wenn AP durch eine Nominalphrase repräsentiert wird (AP -»· NP) , die weiterhin durch eine der Regeln von (1O) bis (70) spezifiziert werden soll. Von der Markierung der 2. Stelle (Differenzierung der Nominalphrasen) sind im weiteren die Z i f f e r n der folgenden Stellen abhängig. Ist die 2. Stelle mit l bezeichnet, so ist die Regel (1O): NP -*- NE anzuwenden. Von ihr abhängig ist die Differenzierung auf der 3. Stelle. Dort sind folgende Regelanwendungen vorgesehen: 18 NE

-»·

NE

-»·

NE

-»·

Z (Regel (11), Markierung O der 3. Stelle z . B . für im Prinzip) Det Z (Regel (12) , Markierung l der 3. Stelle z.B. für in der Tat)

(Det) Z (Regel (13), Markierung 2 der

3. Stelle z.B.

für den Teil der Tag in der Tag der offenen

Tür)

19

Bei einer 2 auf der 2. Stelle ergibt sich folgendes: Heranzuziehen ist die Regel (2O) : NP ·»· NA. Differenzierungen werden auf der 3. Stelle bezeichnet: NA

·»·

NA

·*

NA

·*

NA

-»·

NA

-»·

NA

·*

ADJ Z (Regel ( 2 1 ) , Markierung 0 der 3. Stelle, z . B . allen Ernstes) Det ADJ Z (Regel ( 2 2 ) , Markierung l der 3. Stelle, z.B. das Weiße Haus) (Det) ADJ Z (Regel ( 2 3 ) , Markierung 2 der 3. Stelle, z.B. (der) blinde Passagier) (ADJ) Z (Regel ( 2 4 ) , Markierung 3 der 3. Stelle, z.B. (große) Augen machen) Det (ADJ) Z (Regel (25) , Markierung 4 der 3. Stelle, z.B. den (richtigen) Dreh raushaben) Z ADJ (Regel ( 2 6 ) , Markierung 5 der 3. Stelle, z . B . Forelle blau)

18 Im Schema werden die Regelpakete (11), ( 1 2 ) , (13) bzw. ( 2 1 ) , ( 2 2 ) , ( 2 3 ) , ( 2 4 ) , ( 2 5 ) , ( 2 6 ) bzw. ( 3 l ) , ( 3 2 ) , ( 3 3 ) , ( 3 4 ) z u sammengefaßt als (a) bzw. (b) bzw. (c) aufgeführt. 19 Die Angabe zum fakultativen Gebrauch des Artikels ist dem Wörterbucheintrag zu entnehmen.

99

Die Markierung der 2. Stelle durch eine 3 bewirkt eine weitere Abh ngigkeit der 4. und 5. Stelle von der 3. Stelle. Die Stufe NP -" NK (Regel (3O) , Markierung 3 der 2. Stelle) kann auf viererlei Weise weiter zerlegt werden: NK

-»·

NK

-»·

NK

-f

NE K NE (Regel ( 3 l ) , Markierung 0 der 3. Stelle, bei Grund und Boden) NA K NA (Regel (32) , Markierung l der 3. Stelle, bei viel Steine und wenig Brot) NE K NA (Regel (33) , Markierung 2 der 3. Stelle, bei mit Haut und allen Haaren

NK

·*·

NA K NE (Regel (34) , Markierung 3 der 3. Stelle, an allen Ecken und Enden)

bei

Die weitere Differenzierung von NE bzw. NA erfolgt nach dem oben dargestellten Schema. In Abh ngigkeit von 4 auf der 2. Stelle (Regel (40) NP ·* NE NE) wird die 5. und 6. Stelle jeweils durch eine Auswahl aus (a) besetzt. Z . B . f r der Mann der Feder ergeben sich folgende Regeln: NP ·* ΝΕ χ NE 2 (4O) ΝΕ χ -»· Det Ζ χ (12) NE 2 ·+ Det Z 2 ( 1 2 ) Z ·* SUB (1) Z 2 -»·

Zg

(98)

Bei einer 5 auf der 2. Stelle (Tag der offenen T r) wird die 3. Stelle durch eine Regel aus ( a ) , die 4. Stelle durch eine Regel aus (b) besetzt. Ist die 2. Stelle durch eine 6 oder 7 bzw. 8 oder 9 markiert, dann ist die 3. Stelle f r eine Regel aus (a) bzw. (b) bestimmt; die 4. Stelle differenziert die zweite Nominalphrase des Ausdrucks nach solchen, die durch die Regeln ( Ι Ο ) , ( 2 Ο ) , ( 3 O ) , (4Ο) und (50) dargestellt werden k nnen. Diese wiederum werden zerlegt nach den Regeln von ( a ) , (b) und ( d ) , auf der 5. Stelle markiert, letztere weiterhin nach (a) und ( b ) , gekennzeichnet auf der 6. und 7. Stelle. 20 Bei " " "

6: z . B . Dame von Welt 7: Eis am Stiel 8: festen Boden unter den F en haben 9: das letzte Hemd vom Leib rei en.

1OO

Für A,B und D (Präpositionalphrasen) gilt ab der 3. Stelle, was für 6 - 9 ab der 4. Stelle zutrifft. C auf der 2. Stelle markiert eine doppelte Präpositionalphrase (vom Hölzchen auf Stöckchen). Die 3. Stelle wird durch D gekennzeichnet. Die erste und zweite Nominalphrase wird jeweils auf der 4. und 6. Stelle näher bestimmt und jeweils auf der 5. und 7. Stelle weiter differenziert nach (a) oder ( b ) . Die folgenden Beispiele verdeutlichen die Anwendung des Schemas. 21 (1) mit Fug und Recht Klassenziffer: 2A3000-1 Erzeugung der Produktionen aus der Klassenziffer AP 1. Stelle = 2 Regel: (2OO) 2. Stelle = A in Abhängigkeit der (220) AP PP 1. Stelle zusätzlich: PP für A: (80) P NP (30) NP 3. Stelle = 3 NK 4. Stelle = 0 NK N E . K NE(31) 5. Stelle = O NE Z 1 (11) Z 6. Stelle = 0 NE, (11) 8. Stelle = l SUB (D Stemma:

21 Die nicht durch das Schema ausgefüllten aufgefüllt.

Stellen werden mit

'-'

(2)

der Mann auf der Straße 1.

1. Stelle = l 2. Stelle = 6 in Abhängigkeit der 1. Stelle: für 6: 3. Stelle = l 4. Stelle = l 5. Stelle = l 8. Stelle = l

Klassenziffer: Regel:

16111—l

(1OO):

N1

NP

(80) (60) (11) (10) (11) (D

PP NP

P NP NE PP Det Z NE Det Z SUB

NE NP NE Z

Steinina:

Det

(3)

Klassenziffer:

den kürzeren ziehen

Regel: 1. Stelle = 4 2. Stelle = l in Abhängigkeit der 1. Stelle zusätzlich: für 1: 3. Stelle = l 8. Stelle = 2

(4OO):

(10) (12) (2)

Stemma:

VP. VRB

Det

411

2

V

VP

VP NP NP Z

N P VRB NE Det Z ADJ

102

(4) vom Regen in die Traufe kommen Klassenziffer:

4C210111

Regel: (40O): V 1. Stelle = 4 2. Stelle = C in Abhängigkeit der 1. Stelle: (430) VP 3. Stelle = 2 (43) PP PP l 4. Stelle (20) NP, O 5. Stelle NE} (11) l (10) 6. Stelle NP l 7. Stelle (12) NE~ 8. Stelle l Z U)

VP -»· ->· -»·

-*· ·*· -v

->·

PP PP VRB P NI en > 1 P NP, NE.

z

NEDef Z SUB

Stemma:

VRB

en

SUB

SUB

103

3.2.3 Generelle Regeln Ein Teil der generellen Regeln bezieht sich auf den Gesamtausdruck, ein Teil auf einzelne Konstituenten. Gemeinsam ist ihnen, daß die für eine Klasse angegebenen Regeln für alle FS dieser Klasse gelten. Regeln, die das Gesamt-FS betreffen,

symbolisie-

ren wir mit Gg. In der Beschreibung der Klassen geben wir die Regeln nur durch ein Merkmal an, das auf die obligatorische Anwendung der jeweiligen Regeln hinweist. Es handelt sich hier um die in 2.5 der Darstellung der syntaktischen Komponente erläuterten 22 Merkmale, die FS als Abweichungen von VS charakterisieren. Die Berücksichtigung einer möglichen bzw. nicht möglichen Diskontinuität der Konstituenten ( [ ± disk]) führt zu zwei Regeln: Ggl: a + ^ + k 2

-*·

k

+ a + k224

Diese Regel erlaubt eine diskontinuierliche Anordnung der Konstituenten k. und k » , wie es allgemein bei verbalen FS der Fall ist: Er schiebt schon den ganzen Tag Kohldampf.

Gg2: a + k + k- -h- k Nach dieser Regel Die Konstituenten hat Geld verloren gel gilt für alle nen Teil eines FS

+ a + k_ ist Diskontinuität nicht gestattet. Geld und Gut bilden in dem Satz EP und Gut verspielt kein FS. Diese ReNominalphrasen, die ein FS b z w . eibilden.

Für koordinative Nominalphrasen gilt die feste Sequenz der Konstituenten.

Permutation ist nicht möglich ( [ - p e r m ] ) :

Gg3: ^ + k 2 A k 2 + ^ Als FS ist anzusehen: Es ist recht und billig nicht aber Ee ist billig und recht. Ebenfalls bei koordinativen Nominalphrasen ist generell die Nicht-

22 Vgl. dazu syntaktisch-morphologische Eigenschaften ( 2 . 5 . 4 ) , Wortstellungsrestriktionen ( 2 . 5 . 5 ) , transformationelle Lücken (2.5.6) . 23 S. 2 . 5 . 5 . 24 S. 2 . 5 . 5 . 25 Vgl. 2 . 5 . 5 .

1O4

Auflösbarkeit dieser koordinierten Beziehungen zu beachten

2 6 =

Gg4: ak, + k_ -/+ ak. + ak» Eine Auflösung von Das ist gang und gäbe in Das ist gang und Das ist gäbe ist nicht möglich. Für FS des Typs blinder Passagier (ADJ + f\ *j des Gesamtausdrucks möglich ( [ + A t t r ] ) . Gg5: ^ + k 2

SUB) ist

Attribuierung

-*· ADJ (^ + k 2 )

Diese Regel wäre z.B. anzuwenden auf der weitgereiste blinde Passagier, das fischreiche Japanische Meer. Zu bemerken ist hierbei, daß bei den meisten Nominalphrasen in FS diese Regel keine Anwendung findet, z.B. bei Rechnung tragen, ein Bein stellen, Grund und Boden. Gg6: bezieht sich auf Präpositionalphrasen, die in adverbialer bzw. präpositionaler Funktion stehen, bei denen OQ eine Rückführung auf einen Satz S blockiert sein muß. Das Merkmal bezeichnen wir mit [-TS ] . Die Gruppe der generellen Regeln, die sich auf die einzelnen Konstituenten beziehen, bezeichnen wir als Gs bzw. Ga, d.h. auf substantivische bzw. adjektivische Konstituenten. Hinsichtlich verbaler Konstituenten gibt es keine generellen Regeln. Die mögliche bzw. nicht mögliche Passivtransformation ist kein allgemeines und damit kein Klassenmerkmal. Für substantivische Konstituenten gelten folgende Regeln: Gsl: k 2

y» k 2 + Suffix

Das Substantiv ist morphologisch nicht veränderbar ( -morphJ). Dies kann einerseits in der Kasusabhängigkeit eines Substantivs vom Verb begründet sein (den Schluß ziehen) , andererseits aber auch in der FS-spezifischen Form.

26 Vgl. 2 . 5 . 6 . 27 Vgl. 2 . 5 . 4 . 28 Vgl.

2.5.6.

105

Gs2: Im Hinblick auf den Gebrauch der Numeri bestehen oftmals Einschränkungen in der Weise, daß eine Konstituente nur im Singular bzw. im Plural auftritt wie etwa v

bei Notiz nehmen ( Notizen nehmen) und die

x.

Zelte ab-

29

brechen ( das Zelt abbrechen ) . Singular und Plural sind dagegen zugelassen bei höhere Schule - höhere Schulen. Das Merkmal schreiben wir als [-num]. Die Spezifizierung des jeweils erlaubten Numerus geschieht bei den speziellen Regeln. Für Klassen, die in ihren Produktionen das Symbol Det aufweisen, kann zutreffen: Gs3: Das Merkmal [+Det, ] gibt an, daß das Artikelwort bei jedem FS dieser Klasse auf den bestimmten Artikel festgelegt ist. Gs4: Dies kennzeichnet einen möglichen Wechsel im Gebrauch der Artikelformen innerhalb einer Klasse ([- Det ] 3est ] ) · Die Spezifizierung erfolgt wiederum über die speziellen Merkmale. Für adjektivische Konstituenten können folgende Regeln Verwendung finden: Gal: k + k- > k- + Rel + k + Kopula Eine Transformation des Adjektivs aus einem Relativsatz ist nicht möglich: Das Merkmal dazu ist [-T , ] . Ga2: k. + k j 7** k (nom) + k 2 (gen) Nominalisierung der adjektivischen Konstituente ist v 3l nicht möglich: die Blindheit des Alarms. Das Merkmal bezeichnen wir mit [-T ]. Ga3: k x + a ( g r a d ) ^ Graduierung des Adjektivs ist nicht gestattet [-grad], der sehr blinde Alarm.

29 Dieser Ausdruck ist eindeutig ein VS, während die Zelte abbrechen sowohl VS als auch FS sein kann. 30 Vgl. 2 . 5 . 6 . 31 Vgl. 2 . 5 . 1 . 32 Vgl. 2 . 5 . 4 .

106

Ga4: k.^ A k^ (komp) ; k.^ /* k , ( s u p ) Steigerungsformen des Adjektivs sind nicht zugelassen ([-steig]). Die kältere Ente und die kälteste Ente stellen VS dar. Die Blockierung der Steigerungsformen bei FS sind insofern als Abweichung zu interpretieren. •

^

Folgende Zusammenstellung führt die hier verwendeten generellen Regeln auf : Ggl: Gg2: Gg3: Gg4: Gg5: Gg6:

[+ disk] [- disk] [- perm] [-Tko] [± Attr] [- T g ]

Gsl : Gs2: Gs3: Gs4:

[[[+ [±

Ga2: Ga3: Ga4:

[- Tj [- grad] [- steig]

morph] num] Detbegt] Detbest]

3 . 2 . 4 Spezielle Regeln Die speziellen Regeln berücksichtigen besondere Merkmale der Konstituenten einzelner FS. Auf das gesamte FS bezogen, gibt es folgendes Merkmal: Bgl: [+Vdojn] .34 Dies besagt, daß das entsprechende FS ausschließlich und unmittelbar von V dominiert ist. Es handelt sich hier um Fügungen der Art hin und her, die als Verbzusätze zu interpretieren sind: 33 Vgl. 2 . 5 . 4 . 34 Vgl. 2.5.3.

107 ET geht hin. EP geht hin und her. Von ihrer Struktur her fallen diese FS in die gleiche Klasse wie kreuz und quer, das sowohl von V als auch von A 1 dominiert sein kann: Er rennt kreuz und quer. Kreuz und quer durch den Garten führen

Wege.

Weiter spezifiziert sind verbale, substantivische und adjektivische Konstituenten. Auf verbale Konstituenten beziehen sich folgende Besonderheiten: Bvl: Eine Passivtransformation ist nicht möglich, ([-T pa ss ] ) . Dies ist

z . B . der Fall bei große Augen

machen, während machen in VS (die Arbeit machen) passivischer Form erlaubt Bv2:

in

ist.

Gebunden an die Verwendung im FS ist sche Reflexivität ([+ r e f l ] ) .

36

die obligatori-

Dies t r i f f t zu z . B .

bei sich zur Wehr setzen, sich (etw.) aus dem Kopf schlagen. Bei den verbalen FS gibt es eine ganze Reihe von Fügungen, in denen der verbale Teil durch eine Form von sein, haben oder werden repräsentiert wird. Diese FS werden besonders gekennzeichnet, da die Bildung ihrer Bedeutung mit der bei den Funktionsverbgefügen vergleichbar

ist.

Bv3: Bv4:

[+ sein] [+ hab]

im Besitz sein Gewicht haben

Bv5:

[+ werd]

gewahr werden

Die besonderen Eigenschaften substantivischer Konstituenten beziehen sich auf Einschränkungen hinsichtlich der morphologischen Veränderbarkeit, der Verwendung der Numeri, des Artikelgebrauchs und der erforderlichen Gleichheit der Konstituenten in bestimmten Klassen.

35 Vgl. 2 . 5 . 6 .

36 Vgl. 2 . 5 . 4 .

37 Vgl. 2.5.3.

1O8

Bsl und Bs2 legen jeweils den Numerus fest.

38

Bei koordinativ

verbundenen Konstituenten beziehen sich die Merkmale auf beide Konstituenten, es sei denn, beide werden getrennt angegeben, wie es z.B. notwendig ist bei dem FS mit Haut und Haaren. Bsl: [- Pl] Die Konstituente wird nur im Singular verwendet: Hand anlegen, ins Auge fassen. VS sind dagegen Hände anlegen, in die Augen fassen. Bs2: [+ Pl] Die Konstituente tritt ausschließlich im Plural auf: zu den Akten legen, in die Augen springen; zu der Akte legen weist als VS eine andere Bedeutung auf. Bs3: [- Gf] Die Konstituente steht in einem von der Grundform abweichenden Kasus: zum Tode führen.Diese Angabe ist für die Wörterbuchsuche wichtig. Bs4: [+ Detbesfc] Nur der bestimmte Artikel ist im FS möglich: auf der Hand liegen, der Fall sein. VS sind dagegen auf einer Hand liegen, ein Fall sein. Diese Regel taucht auch unter den generellen Regeln auf. Bs4 tritt also nur in Funktion, wenn der bestimmte Artikel nicht Klassenmerkmal ist, wenn also innerhalb einer Klasse ein Wechsel von bestimmtem und unbestimmtem Artikel möglich, während für ein einzelnes FS der Klasse der Gebrauch des bestimmten Artikels festgelegt ist. Dasselbe gilt für Bs5. 1 Hier ist Bs5: L[-Det,best·.1 nur der unbestimmte Artikel erlaubt: ein Bein stellen (VS = das Bein stellen) , sich einen Ast lachen. Bs6: [k. = k 2 ] In Syntagmen, in denen die beiden substantivischen bzw. adjektivischen Konstituenten durch eine Präposition verbunden sind, gilt Identität der Konstituenten: Schlag auf Schlag, hart auf hart, von Ort zu Ort.40 Bs7: [+ negl] Det tritt hier negiert a u f : auf keinen grünen Zweig kommen, kein Blatt vor den Mund nehmen. Ausdrücke 38 Vgl. 2 . 5 . 4 . 39 Vgl. 2 . 5 . 4 . 40 Vgl. 2 . 5 . 6 .

1O9

wie auf einen grünen Zweig kommen, ein Blatt vor den Mund nehmen sind VS. Bs8:

[+ neg2] Das FS erhält eine zusätzliche Negationspartikel: nicht von Pappe sein. Der Ausdruck von Pappe sein ist dagegen ein VS.

Die lexikalisch festgelegte adjektivische Attribuierung der substantivischen Konstituente kann unflektiert sein: Bai: [- f l ] gut Wetter machen. Ba2: [+ adv] Das nicht flektierte, lexikalisch festgelegte Adjektiv kann sich in adverbialer Funktion auf das gesamte FS beziehen: gut bei Kasse sein. Ba3: [ADJ = Pos] Die lexikalisch determinierte Attribuierung wird durch ein Possessivpronomen repräsentiert: in seinem Element sein. Ba4: [ + ( a t t r > ] Fakultative Attribuierung der substantivischen Konstituente ist möglich. Sie wird bei den Produktionen nicht mit angegeben: eine Rolle spielen eine große Rolle spielen. 4l Ba5: [+ PER ] Die nominale Konstituente kann durch ein reflexives Pronomen ersetzt sein: in sich gehen, Rand an sich legen. Zusammenfassende Tabelle der speziellen Regeln: Bgl

L+

V

dorJ

Bvl

[-

Bv2

Bv5

[+ [+ [+ [+

Bsl

[- PI]

Bv3 Bv4

s

refl] sein] hab] werd]

Bs2

[+ PI]

Bs3

[-Gf]

41 Dies ist nicht zu verwechseln mit der lexikalisch festgelegten Attribuierung, die in den Produktionen berücksichtigt wird, etwa bei den richtigen Dreh raushaben. Eine Rolle spielen kann dagegen von einer Reihe beliebiger Adjektive attribuiert werden: eine wichtige Rolle spielen, eine bedeutende Rolle spielen, usw.

110

Bs4: Bs5: Bs6: Bs7: Bs8:

[+ Detbegt [- Detbe£jt

[k

= k,]

[+ negl] [+ neg2]

Bal: Ba2: Ba3: Ba4: Ba5: Ba6:

[- fi] [+ adv] [+ Pos] [+ (attr)] [- attr] [+ PER 1

3.3

Beschreibung der Klassen

3.3.1

Von N* dominierte FS

Die Klassen n^ , n _ . . . , n repräsentieren ausschließlich Nominalphrasen. Es handelt sich hier um Fügungen der Art blinder Passagier, kalte Ente, Geld und Gut, Eis am Stiel, Dame von Veit, Anzug von der Stange, auch Namen wie Rotes Meer, Brightsche Krankheit und fremdsprachliche Ausdrücke wie Opera buff a, Collegium musicum. 42 In diesen Klassen sind sowohl endozentrisch als auch exozentrisch determinierte sowie ein- und mehrdeutige FS enthalten. 3.3.1.1 Grundtyp 12... =

( (die)

kalte Ente)

122 ---- 1

1.

nL

2.

(100)

N1

-»·

NP

(2O)

NP

·*

NA

(23)

NA

-»·

(Det) ADJ Z

(1)

Z

·*

SUB

42 In der vorliegenden Beschreibung sind nur fremdsprachliche Ausdrücke mit zwei Konstituenten aufgenommen. Hier sind ohne weiteres Erweiterungen im Hinblick auf mehrere Konstituenten möglich.

Ill

3.

Generelle Regeln

Gg2 ([-disk]): Diskontinuität innerhalb des FS ist

nicht

möglich. Der Ausdruck die kalte schäumende Ente stellt ein VS und kein VS dar. Die nicht erlaubte Umstellung der Konstituenten braucht nicht angegeben zu werden, da es sich hierbei nicht um eine Abweichung gegenüber VS handelt. Gg5 ([+Attr] ) : Die Ausdrücke dieser Klasse können jeweils als Gesamtausdruck durch weitere Adjektive attribuiert werden, z.B. die schäumende "kalte Ente, die viel gelesene Heilige

Schrift.

Gs2 ( [ - n u m ] ) : In dieser Klasse muß mit FS gerechnet werden, die jeweils nur im Singular bzw. Plural auftreten. Nur im Singular: das Weiße Haus, die kalte Küche, der springende Punkt, der letzte Schrei, usw. Nur im Plural: 43 weiße Mäuse, goldene Worte, usw. Sowohl im Singular als auch im Plural treten auf höhere Schule, bunter Abend, geschlossene

Gesellschaft.

Bezüglich der Adjektive gelten folgende Beschränkungen: Gal

([-T

, ] ) : die Schule, die höher ist stellt eine Trans-

formation eines VS d a r , ebenso das Haus, das hoch

ist

und ind der der Passagier, der der blind bl ist. Absolut unmöglich (.der Abend, der bunt ist.

ist

Ga2 ([-T ) :: Nominalisierung der adjektivischen Konstituen([~Tn]l) Nominalisien te ist nicht möglich: yp

kalte Küche bunter Abend Weißes Haus höhere Tochter

-

die die die die

Ga3 ( [ - g r a d ] ) : Nicht möglich ist fast

blinde Passagier ist

Kälte der Küche Buntheit des Abends Weiße des Hauses Höhe der Tochter

X

der sehr bunte Abend; der

eindeutig ein VS.

Ga4 ( [ - s t e i g ] ) : Steigerung des Adjektivs ist nicht gestattet:

X

der buntere Abend,

43 In der Bedeutung 'Polizei 1

X

der bunteste Abend.

112

4. Spezielle Regeln Bsl ( [ - P l ] ) : Beispiele hierfür sind bereits bei Gs2 angeführt. Bs2 ( [+Pl] ) : vgl. unter Gs2. Bs4 ( [+Det, . ] ) : Bei einigen FS dieser Klasse ist

nur der

bestimmte Artikel möglich, z . B . bei das Weiße Haus, die Heilige Schrift.

Die Fügungen ein weißes Haus, eine hei

lige Sahvif t sind VS. 5.

FS-Charakterisierung (S und L) In dieser Klasse tauchen alle in der FS-Markierung aufgeführten Gruppen a u f :

(i)

eindeutige FS2 c 11 ™1 S = 1 11 — 1 1 , l -mlJ / J ' L L = fly.)

(1)

springender schwarzer Markt . , , ... kalter Krieg bunter Abend höhere Tochter (ii) mehrdeutige FS2 (2) kalte Küche S = {[-l], [+m]} letzter Schrei L J L J saure Sahne L = {lr} Schwarzes Schwarze Kunst Am Übergang zu den exozentri sehen FS stehen die Individualbegriff e , die wir durch zusätzliche Markierung ( [ i ] ) in der semantischen Komponente charakterisieren. Hierbei kann wiederum nach ein und mehrdeutigen Gesamtausdrücken unterschieden werden: (iii) eindeutige Individualbegrif fe S = {[-1], [-m], [i]} L

=

U

}

(3)

(iv)

Rotes Meer Auswärtiges Amt Wiener Sängerknaben Boyle-Mariottesches Gesetz

mehrdeutige Individualbegrif fe S = {[+1], [+m], [i]} L

=

{l }

(4)

Weißes Haus Hohes Haus Saarbrücker Zeitung dummer August Schwarzer Peter

44 Der Artikel ist in dieser Klasse fakultativ. 45 In der Bedeutung 'Buchdruckerkunst 1 ist dieser Ausdruck ein FS, in der Bedeutung 'afrikanische Kunst' ist er ein VS, da schwarz in mehreren Kontexten die Bedeutung 'afrikanisch 1 aufweist.

113

Auch die rein exozentrisch determinierten FS lassen sich nach ein- und mehrdeutigen Ausdrücken trennen. Generell gilt hier, daß L durch l (v)

(vi)

repräsentiert wird, eindeutige FS1 S

=

{[+l]/

[~m]}

(5)

magisches Auge

L

=

Us}

mehrdeutige FS1 S = { [ + l ] , [+m]} T. = {i } s

(6)

kalte Ente schwarzes Schaf rechte Hand bessere Hälfte Erste Hilfe

Die Variante dieser Klasse entsteht, wenn bei den Produktionen Z durch ADJ substituiert wird ( n _ = 122 2 ) . Damit können auch Fügungen des Typs die ewig Gestrigen erfaßt werden. Bei den speziellen Regeln wäre zusätzlich Bai anzugeben. Die übrigen generellen und speziellen Regeln sind von der Klasse 122 l zu übernehmen. Auf dem gleichen Grundtyp basieren auch FS des Typs Forelle blau. Sie unterscheiden sich von der angegebenen Produktionenreihe durch eine unterschiedliche Expansion von NA.

1. 2.

n 3 = 125 1 Die Regeln (1OO) und (20) bleiben erhalten. (26) NA -»· Z ADJ (1)

Z

-*·

SUB

3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Nicht gemeint ist Die Forelle ist blau. Gg3 ( [ - p e r m ] ) : Die Vertauschung der Konstituenten in blaue Forelle zerstört die Struktur als FS. Gg5 ( [ + A t t r ] ) : Fakultative, lexikalisch nicht festgelegte Attribuierungen sind möglich: Ich bevorzuge eine gute Forelle blau. Weiterhin gelten auch die üblichen Regeln für adjektivische Konstituenten. Gal ([-T i ] ) : Die Forelle, die blau ist ist ein VS. Ga2 ( [ ~ T ] ) : Die Bläue der Forelle ist, lich, ein VS.

wenn überhaupt mög-

114

Ga3 ([-grad]): Nicht erlaubt ist Forelle sehr· blau. Ga4 ([-steig]): Ebenfalls nicht möglich ist ^Forelle blauer. Auf die substantivische Konstituente beziehen sich: Gsl

([-morph]): Forelle ist morphologisch nicht veränderbar. Daraus folgt auch Gg2. Gs2 ( [ - n u m ] ) : Ein Wechsel der Numeri ist nicht möglich. 4. Spezielle Regeln Bsl ( [ - P l ] ) : Nicht gestattet ist z.B. ^Forellen blau. Bai ( [ - f l ] ) : Die Nicht-Flektierbarkeit des Adjektivs kann für diese Klasse als Klassenmerkmal und damit als generelles Kennzeichen angesehen werden. 5. FS-Charakterisierung Die Syntagmen dieser Klasse sind endozentrisch bestimmt. Sie sind als Namen zu interpretieren und in der Regel eindeutig. S

= _ ~

{ [ - l ] , [-m], [i]} r, -i i ^ri

3.3.1.2 Grundtyp 13...

(7)

Forelle blau Henkel trocken Aal blau Kaffee verkehrt

(Geld und Gut)

In einer zweiten Gruppe von Klassen fassen wir die koordinativ verbundenen FS zusammen. Folgende Produktionen gelten allgemein: (1OO)

N1

·*

NP

(30)

NP

-»·

NK

(31)

NK

-*·

NE L K NE 2

(11)

NE

-»·

Z

(11)

NE 2 ·*

Z

1.

2.

n4

=

13OOO—l

Zusätzlich zu den allgemeinen Produktionen gilt (1) Z -»· SUB 3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Die Konstituenten Geld und Gut bilden in dem Satz Er hat Geld verloren und Gut kein FS. Gg3 ( [ - p e r m ] ) : Vertauschung der Konstituenten ist ungewöhnlich: ^Siegel und Brief, *Hof und Haus.

115 Gg4 ( [-T ko ]): Die Auflösung der koordinativen Beziehung ist nicht möglich: EP hat Geld und Gut verspielt A *£*· hat Geld verspielt und er hat Gut verspielt. Gsl {[-morph]): Diese FS treten in verschiedenen Kasus a u f , ohne daß sich dabei die Grundform morphologisch verändern darf. Erlaubt ist z.B. Geld und Gut bedeuten ihm nichts. Er hat Geld und Gut verloren, der Verlust von Geld und Gut. Nicht erlaubt ist hingegen Xder Verlust des Geldes und Gutes. Gs2 ([-num]): Der Gebrauch der Numeri ist eingeschränkt. 4. Spezielle Regeln Bsl ( [-P1]): Die Konstituenten treten nur im Singular auf: Geld und Gut, Haus und Hof, Brief und Siegel, usw. 5. FS-Charakterisierung Die in dieser Klasse auftretenden Fügungen sind insofern exozentrisch bestimmt, als ihre Gesamtbedeutung - wohl nicht ohne Zusammenhang zur Einzelbedeutung der Konstituenten - eine über die einzelnen Konstituenten hinausreichende verallgemeinernde Erweiterung darstellt. Es treten hier sowohl eindeutige FS auf als auch solche mit VS-Entsprechungen, wie an folgenden Beispielen deutlich wird. FS: VS: FS: VS: FS: VS: (i)

(ii)

Darauf gebe ich dir Brief und Siegel. Brief und Siegel hat er jetzt vergessen. Was er sagt, hat Hand und Fuß. Hand und Fuß sind verletzt. Sie unterhielten sich über Tod und Teufel. Auf dem Bild werden Tod und Teufel dargestellt. eindeutige FS1 S = { [ + l ] , [-m]} _ t, i T 1 s'

(8)

Geld und Gut Gift und Galle Haus und Hof Krethi und Plethi

mehrdeutige FS1 S = i [ + l ] / [+m]} _ / T s

(9)

Brief und Siegel Hand und Fuß Hopfen und Malz Milch und Honig Tod und Teufel

116

Eine Variante stellt n5 dar. Sie unterscheidet sich vom Grundtyp n. dadurch, daß der fakultative Gebrauch des Artikels möglich ist z . B . das A und 0 bzw. das A und das 0. 1.

n5 = n5' =

13O2O—l 13O22—l

((das) A und 0) bzw. (das) A und (das) 0)

2.

Anstelle von (11) für die erste Nominaleinheit tritt (13): NEj^ -f (Det) Z bei n 5 , beidesmal wird (11) durch (13) ersetzt bei n 5 ' .

3. 4.

Die generellen Regeln sind von n. zu übernehmen. Zu den speziellen Regeln von n^ kommt hier Bs4, die Beschränkung auf den bestimmten Artikel, hinzu. 5. FS-Charakterisierung (i) eindeutige FS1 f [ + l ] / [-m]> (10) (das) Leben und Weben 45 i-t } (das) Tun und Treiben s (der) Sahmutz und Schund eine zusätzliche [i]Kennzeichnung erhält (der) Sturm und Drang (ii)

mehrdeutige FS1 (11) (das) A und 0 (das) HÖVen UHd S = {[+1], [+ra]} L = U S}

Sehen

In der folgenden Gegenüberstellung kommen die beiden Deutigkeiten jeweils zum Ausdruck. FS: VS: FS: VS:

Schlaf ist das A und 0 der Gesundheit. Das A und 0 sind falsch geschrieben. Ihm wird noch Hören und Sehen vergehen. Hören und Sehen sind ihm schon immer schwergefallen.

3.3.1.3 Grundtyp 14... ((das)

Vitamin B)

Ein weiterer Grundtyp basiert auf der Aneinanderreihung von zwei substantivischen Konstituenten ohne konjunktionale Verbindung. Allgemein gelten folgende Produktionen, wobei k und k durch ent46 Wortklassenmehrdeutigkeiten werden in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt. Für die Analyse stellen sie ein wichtiges Problem dar; vgl. z.B. Mir ist egalf was sie tun und treiben.

117

sprechende Indizierung unterschieden werden. Dies dient nur der Veranschaulichung, für das Funktionieren der Regeln reicht schon die Anordnung in einer bestimmten Reihenfolge. (1OO)

N1

->

NP

(40)

NP

·*·

NE 1 NE 2

(13) (11)

NE2 +

1.

n,D

(Det) Zl Z2

= 1420

l

(Vitamin B)

2.

Hierfür reichen die allgemein geltenden Produktionen aus. Spezifiziert wird durch (1) Z ·* SUB. 3./4. Generelle und spezielle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Diskontinuität ist nicht möglich. Gg3 ( [ - p e r m ] ) : Die Vertauschung der Konstituenten zerstört die Struktur als FS: B Vitamin / Vitamin B. Gg5 ( [ + A t t r ] ) : Weitere Attribuierungen sind erlaubt: das nützliche Vitamin B. Gsl ([-morph]): Der Gebrauch in verschiedenen Kasus ist insoweit möglich, als keine morphologischen Veränderungen damit verbunden sind. Gs2 ( [ - n u m ] ) : Außerdem bestehen Beschränkungen im Numerusgebrauch. Plural ist nicht möglich. Dies wird in der speziellen Regel Bsl explizit angegeben. 5. FS-Charakterisierung Diese Klasse enthält nur wenige Elemente. Sie sind in der Regel mehrdeutig und als FS exozentrisch determiniert: S = { [ + l ] , [+m]} (12) Vitamin B _ r, ·> Schema F s Hans Langohr Freund Rein Übereinstimmend in den generellen und speziellen Regeln wie auch in den meisten Produktionen zeigt sich die Klasse der fremdsprachlichen FS, die sich andererseits durch eine Vielzahl von Elementen auszeichnet. 1.

n 7

=

142

0

2. Hier gilt (5) 3./4. vgl. n, b

4 ((die)

Opera

Z ·»· FRE.

buffa)

118 5.

FS-Charakterisierung S = { [+1] , [-m]} (13) Perpetuum mobile _ . , Cantus firmus L ~ s Anden Regime Foreign Office Basic English Eine andere Variante des Grundtyps stellt der Typ Amors Pfeil dar. 1.

ng

=

14OO

1

(Amors

Pfeil)

2.

In der Produktionenreihe wird lediglich eine Regel hinzugefügt: ( 9 8 ) Z 1 -·· Zg

3./4. Generelle und spezielle Regeln sind auch hier von n, D zu übernehmen. 5. FS-Charakterisierung S = i [ + l ] / [+rc]} ( 1 4 ) Amors Pfeil L = {l s > nyn unterscheidet sich von n„ö durch die obligatorische Verwendung des Artikels.

=

1410

1.

n9

2.

Auch hier wird zusätzlich - wie in n„ - die Regel ( 9 8 ) Z ->· Z benötigt. Außerdem ist nach der 2. Regel der allgemein geltenden Produktionen einzufügen: (12)

NE

·>

1

Det NE

3./4. Es gelten die gleichen generellen und speziellen Regeln wie für nr. o 5. FS-Charakterisierung: Die FS dieser Klasse sind eindeutig. Sie gelten als Metaphern und sind so als exozentrisch determiniert zu interpretieren. S

=

{ [+l] , [-m]}

L

=

ils)

(15) des Pudels Kern

n- o stellt eine weitere Variante des Grundtyps 14... dar. Sie ist gekennzeichnet durch eine Nominalphrase mit substantivischem Attribut: der Mann der Feder. 1411

1.

n1Q =

1

2.

Die Produktionen unterscheiden sich von denen des Grundtyps durch modifizierte Expansionen von NE.

119 (12)

NE L ·*·

(12)

NE 2 -»·

(98)

Z

2 Z -»·

(D

3.

Det Z L Det Z 2 z

g

SUB

Generelle Regeln

Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Diskontinuität ist nicht möglich. G


NP

(50)

NP

-»·

NE NA

(13)

NE

-»·

(22)

NA

-»·

Det

(98)

Z

(D

Z

"* -»·

Z

1.

n

2.

u

=

2

((der)

(Det) Z^ ADJ Z

2

g SUB

3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Diskontinuität ist nicht möglich. Gg3 ([-perm]): Vertauschung der Konstituenten ist nicht gestattet. Gg5 ( [ + A t t r ] ) : Weitere Attribuierung ist möglich: der regelmäßig stattfindende Tag der offenen Tür. Gs2 ( [ - n u m ] ) : Zwar bestehen keine Beschränkungen im Hinblick auf die Flektierbarkeit der ersten Konstituente, soweit sich diese auf einen festgelegten Numerus bezieht. Der Gebrauch der Numeri ist dagegen eingeschränkt. 4. Spezielle Regeln Bsl ([-P1]): Plural ist nicht möglich. Dies bezieht sich auf beide Konstituenten. 5. FS-Charakterisierung Die Syntagmen dieser Klasse sind endozentrisch bestimmt, d.h. eine der Konstituenten zeichnet sich durch singuläre Bedeutung aus. Sie sind in der Regel eindeutig. S L

=

{ [ - l ] , [~m]}

_

j-



t l

i

(18)

(der)

Tag der offenen

(das) Kap der guten

J

47 Hier wäre zusätzlich die [i]-Markierung anzubringen.

Tür

Hoffnung

4

121 3.3.1.5 Grundtyp 16.../17...

(Dame von Welt)

Dieser Grundtyp bezieht sich auf Klassen, die aus der Kombination einer Nominalphrase und einer Präpositionalphrase bestehen. Allgemein gelten folgende Produktionen: (100)

N'

->·

(60)

NP

-"

NE PP

(13)

NE

·>·>·

(Det) Z

(80)

PP

-H»·

P NP

NP

l

NP

->·

NE

(11)

NE

-*·

Z

Z

·>·

SUB

(1)

1.

n

2.

Hier gelten die Produktionen des Grundtyps.

2

= 1620

(10)

(Dame von Welt)

3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Diskontinuität

ist nicht gestattet.

Gg3 ([-perm]): Die Konstituenten sind nicht vertauschbar. 4. Spezielle Regeln Für die FS dieser Klasse sind keine speziellen Regeln anzugeben. 5.

FS-Charakterisierung Es treten hier ein- und mehrdeutige FS a u f , sie sind endozentrisch determiniert. S j.

= _

i [ - l ] , [±m]} {i } r

(19) (die) (der) (der) (der) (die) (der) (der)

Dame von Welt Mann von Adel Mann von Geist Offizier von Rang Leiche auf Urlaub Gang nach Canossa Kampf gegen Windmühlen

Eine Variante ergibt sich durch die zusätzliche Regel 1.

n,., = 1720

2.

(99) P

3.

Generelle Regeln

-

1

((das)

P

-»·

P

.

Eis am Stiel)

P en

Gg2 ([-disk]): Nicht als FS zu interpretieren ist

die Un-

schuld kam vom Lande, Diskontinuität ist nicht möglich. Gg3 ([-perm]): Die Konstituenten sind nicht vertauschbar: V

am Stiel das Eis. Gs2 ( [-num]): Numerusbeschränkungen bestehen über diejenigen hinaus, die bei bestimmten Substantiven ( z . B . Eis) gelten.

122

4. Spezielle Regeln Bsl ([-Pl]): Als mögliches FS wäre zu interpretieren ein Schlag ins Wasser, nicht aber Schläge ins Wasser. 5.

FS-Charakterisierung Die FS dieser Klasse sind wiederum zu unterscheiden nach eindeutigen und mehrdeutigen Ausdrücken. Die eindeutigen FS beruhen auf endozentrischer Determination. Für sie gilt die Zusammensetzbarkeit der Bedeutung. Die mehrdeutigen FS sind wiederum Übertragungen, (i) eindeutige FS S = i [ - l ] , [-m]} ( 2 O ) (die) Fahrt ins Blaue _ r, \ (das) Eis am Stiel r (die) Unschuld vom Lande (der) Mann im Mond (ii) mehrdeutige FS S = { [+l] , [-»-m]} ( 2 1 ) (ein) Schlag ins Wasser _ r, ·, (der) Hecht im Karpfenteich s (ein) Sturm im Wasserglas (die) Spreu im Wind (der) Klotz am Bein (ein) Dorn im Auge Eine weitere Variante enthält Artikel und Präposition getrennt: 1.

n > = 1611

2.

Als 3. und 6. Regel der allgemeinen Produktionen gilt (12) NE -»· Det Z Generelle Regeln ([-disk]): Der Satz Der Mann kommt von der Straße enthält kein FS. ([-perm]): Vertauschen der Konstituenten ist nicht möglich. ( [ + A t t r ] ) : Attribuierung des Gesamtausdrucks ist möglich: der immer wieder befragte Mann von der Straße. ( [-num]): Der Numerusgebrauch ist eingeschränkt; z . B . ist als FS nicht möglich die Männer von der Straße.

3. Gg2 Gg3 Gg5 Gs2

l

(der Mann von der

Straße}

4. Spezielle Regeln Bsl ( [ - P l ] ) : Nur im Singular tritt auf der Wink mit dem Zaunpfahl. Bs4 ([+Det, . ] ) : An den bestimmten Artikel gebunden ist FS wie das Salz in der Suppe.

ein

123

5.

FS-Charakterisierung Die FS dieser Klasse sind in der Regel mehrdeutig. Sie sind zu unterscheiden nach endozentrischer und exozentrischer Determination. (i) endozentrische Determination S = i[-l], [+m]} ( 2 2 ) (der) Mann von der Straße _ lr-,l /i (das) Kleid von der Stange T L· — (ii)

exozentrische Determination S j-

= _ ~

i [ + l ] , [+m]) r1 , s

(23)

(der) (die) (der) (der) (das)

Wink mit dem Zaunpfahl Stille vor dem Sturm Platz an der Sonne Tanz auf dem Seil Salz in der Suppe

3 . 3 . 2 Von A 1 dominierte FS Die von A 1 dominierten FS stellen eine umfangreiche

Gruppe dar.

An den möglichen syntaktischen Kombinationen sind folgende Wortklassen beteiligt: SUB (Substantiv), ADJ ( A d j e k t i v ) , ADV (Adverb), P (Präposition), Det (Artikel), K ( K o n j u n k t i o n ) , Pos (Possessivpronomen) . Die Postpositionen fassen wir ebenfalls unter P, Verbzusätze unter ADV. Auf die unterschiedlichen Funktionen von Adverbialgruppen qehen wir hier nur insofern ein, als wir diesbezügliche generelle und spezielle Regeln vorsehen. Zu unterscheiden ist zwischen Adverbialphrasen, die ausschließlich V, und solchen, die der gesamten Verbalphrase zuzuordnen sind. Ein großer Teil der hierhin gehörenden FS ist exozentrisch determiniert, wenn auch, wie in Doppelformen des Typs auf Schritt und Tritt, Merkmale der isolierten Konstituenten in die Merkmalmenge der Gesamtbedeutung eingegangen sind. Die Gesamtbedeutung unterscheidet sich aber von der additiv zusammengesetzten Bedeutung der Einzelteile. Als endozentrisch determiniert sind dagegen die direkt von V dominierten, als Verbzusatz zu interpretierenden FS anzusehen, deren Bestandteile selbst als Vzs (Verbzusatz) einzuordnen wären

wie z . B . hin aus hin und her. Charakteristisches Merkmal der exozentrisch determinierten FS ist die Substitutionsmöglichkeit von SUB und ADV bzw. ADJ, die

124 wir

jeweils als Varianten einstufen. Besonders hervozuheben ist

außerdem, daß hier syntaktische Kombinationen auftreten, die ebenfalls unter den von N 1 dominierten Subsystemen anzutreffen sind. Die Derivationen sind oftmals gleich, Unterschiede treten aber gewöhnlich bei den generellen und speziellen Regeln auf. Alle Regeln, die morphologische Veränderungen betreffen, spielen hierbei ohnehin keine Rolle, was mit der allgemeinen adverbialen Charakterisierung zusammenhängt. Mehrdeutigkeiten treten verhältnismäßig selten auf.

3.3.2.1 Grundtyp 2 A . . , / 2 B . . .

(über Gebühr)

Ein Großteil der adverbial gebrauchten FS wird durch eine Präpositionalphrase repräsentiert. Für einige der Klassen ist charakteristisch, daß nur eine Konstituente vorhanden ist. Hier übernimmt die Präposition die Funktion der zweiten Konstituente, ohne daß sie als solche gewertet wird, da sie keine eigenständige Bedeutung hat. Sie spielt aber trotzdem eine große Rolle, da erst die Verbindung einer bestimmten Präposition mit einer bestimmten Konstituente ein FS darstellt. Die Derivation für den genannten Grundtyp lautet wie folgt:

(200) (220) (80) (10)

A1 AP pp

-> ->·

pp

NP

"·>·

NE

PP P

NP

(11) NE -1·>· Z Je nach Substitution von Z durch SUB, ADJ bzw. ADV sind folgende Varianten zu unterscheiden: 1.

a 1

=

2A1

°

! (über Gebühr)

2. (1) Z -» SUB 3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Die nicht mögliche Diskontinuität ist streng zu beachten. Sie verhindert auch eine adjektivische Attribuierung. 48 Vgl. dazu 2.3.1.

125

Gg5 ( [ - A t t r ] ) : Nicht als FS zu interpretieren wäre z.B. über hohe Gebühr. Die Vertauschung der Konstituenten ist

wie bei wohlgeformten Aus-

drücken, d.h. VS, nicht möglich. Da hierin keine Abweichung besteht, braucht das Merkmal nicht besonders aufgenommen zu werden. Speziell für adverbiale Klassen gilt die Regel: Gg6 ([-T ] ) : Die Präpositionalphrase ist S

nicht auf einen

eingebetteten Satz zurückführbar, der dadurch charakterisiert ist,

daß die Merkmale der ursprünglichen Präposi-

tionalphrase in der Verbalphrase des Konstituentensatzes wieder auftauchen. Gsl ([-morph]): Die Konstituente ist bar.

formal nicht veränder-

Gs2 ( [ - n u m ] ) : Damit in Zusammenhang steht auch die Beschränkung auf einen Numerus. 4.

Spezielle Regeln Im Hinblick auf den Numerus sind entsprechende Angaben

zu machen: Bsl ( [ - P l ] ) : Nicht möglich ist

z.B. Xum Haaresbreiten.

Bs2 ( [ + P l ] ) : nach Noten. Bs3 ( [ - G f ] ) : Die Substantive treten zumeist in flektierter Form a u f , die in einigen Fällen von der Grundform abweicht. 5.

FS-Charakterisierung

Bei der Bestimmung, ob es sich um endozentrisch oder exozentrisch determinierte FS handelt, ist zu berücksichtigen, daß nur eine Konstituente vorhanden ist. Diese tritt demnach in der Kombination mit einer bestimmten, lexikalisch festgelegten Präposition in einer singulären Bedeutung auf. Die Bedeutung der Präposition kommt hierbei nicht in Betracht .

126

S _

= _

{[-l], [Im]) r, i r

( 2 4 ) um Haaresbreite zu Fuß kraft Amtes über Gebühr nach Noten bei Lebzeiten in Raten in Bälde auf Anhieb

Eine Variante entsteht, wenn Z durch ADJ substituiert wird: 1.

a„

2.

(2)

= 2A1O Z

2

·»·

(bei weitem)

ADJ

3.

Zusätzlich zu den generellen Regeln von 2A1O l ist zu beachten: Ga3 ([-grad]): Graduierung ist nicht möglich. Die Fügung bei sehr weitem ist Teil eines VS wie z . B . in Auch bei sehr weitem Weg ging er immer noch zu Fuß. Diese Erscheinung muß bei der Analyse beachtet werden. Es handelt sich hier nicht um eine echte Merhdeutigkeit, da das FS kein vollständiges VS bildet. Ga4 ([-steig]): Komparativ und Superlativ sind ebenfalls nicht erlaubt. 4. Spezielle Regeln Bs3 ( [ - G f ] ) : Hier treten in Abhängigkeit von der Präposition morphologische Abweichungen von der Grundform a u f , wie etwa in bei weitem, wenn man weit als Grundform betrachtet. 5. FS-Charakterisierung S = {[-l], [-m]} ( 2 5 ) bei weitem, vor kurzem, _ f 1 ·, ohne weiteres, r seit langem, in bar Die Substitution von Z durch ADV bildet eine neue Variante: 1.

a,

=

2A1O

2.

(3)

3. 4.

Als generelle Regeln sind Gg2 und Gg3 anzugeben. Als spezielle Regel ist Ba5 zu beachten. Verschiedentlich ist prädikativer Gebrauch möglich: Die Milch ist von heute.

Z

-»·

3

(für immer)

ADV

127

5.

FS-Charakterisierung

S

=

{[-1], [-m]}

L

=

{lr}

(26)

für immer von auswärts von heute

Diese drei Varianten des Grundtyps 2 A . . . treten mit folgender Modifikation nochmals auf: Zusätzlich zu den Produktionen des Grundtyps ist

eine Regel aufzunehmen, die die Präposition mit enkliti-

schem Artikel zuläßt:

1. 2.

*4

2B10

=

(1)

(99) P

Z

-»·

1

-»·

P

en

(•im Prinzip)

SUB

3./4. Die generellen und speziellen Regeln stimmen mit denen von 2A10

5.

FS-Charakterisierung S L

= =

{ [ - l ] , [±m]} Ur}

2B10

=

1.

2.

l überein.

(2)

Z

->·

(27)

im Prinzip aufs Geratewohl im Fluge am Stück zum Beispiel zur Genüge im Durchschnitt

2 ADJ

3./4. vgl. 2A1O

2

5. FS-Charakterisierung S

=

{[-1], [-m]}

L

=

Ur}

,. b

=

(28)

im allgemeinen beim alten im besonderen im ganzen zum einen, zum anderen aufs höchste

(29)

im voraus im nachhinein

2B10 --- 3 ADV

(3)

3./4. vgl. 2A10---3

5.

FS-Charakterisierung S L

= =

{[-l], [-m]} il r }

Eine weitere Variantengruppe des Grundtyps 2 A . . . / 2 B . . . ergibt sich durch obligatorischen Gebrauch des Artikels. Die Produktion (11)

128

der Grundderivation muß hierfür ersetzt werden durch (12) NE ·*· . Det Z. Für Z = SUB ergibt sich: 1.

7

2.

(1)

2A11

=

Z

-»·

1

SUB

3./4. vgl. 2A10---l,

zusätzlich:

Bs2 ( [+Pl] ) : hinter den Kulissen. vs Bs4 ( [+Det,K .t] ) : z.B. oes ner Tat, unter einer Hand. Bs5 ([~ D e t h e s t^ : Schlag.

Dies

t r i f f t zu auf um ein Haar, mit einem

FS-Charakterisierung S = {[-l], [4™]} L

Für

Z

=

1.

=

2.

in der Tat hinter den Kulissen in der Regel um ein Haar von der Stange unter der Hand auf der Stelle durch die Bank mit einem Schlag in der Hauptsache

(31)

auf dem laufenden über ein kleines auf ein neues

(32)

in einem fort

gilt: 2A11

=

*8

(3O)

Ur>

ADJ

zu interpretieren: in ei-

(2)

Z

-»·

2

ADJ

3./4. vgl. 2A1O

2

5. FFS-Charakterisierung

Für

Z

S

=

{ [-1] , [-m] }

L

=

{l r >

=

ADV gilt:

1.

a9

2.

(3)

2A11

= Z

^ ADV

3./4. vgl. 2A10

5.

3

3

FS-Charakterisierung s

L

= =

it' 1 ]' M > {lr>

129

Die folgende Variantengruppe enthält eine attributivische nominale Verbindung, d.h. es treten wiederum mindestens zwei Konstituenten auf. Nur die ersten beiden Produktionen der Grundderivation können übernommen werden. Die übrigen werden ersetzt durch: (20)

NP

-*·

NA

(21)

NA

-»·

ADJ Z

1.

a1Q =

2.

(1)

Z

2A2O ->-

1 SUB

3.

Generelle Regeln Wie bei allen nominalen FS gelten Gg2 und Gg3, d.h. Diskontinuität und Permutation der Konstituenten sind nicht erlaubt. Weiterhin gelten: Gg6 ([-T ] ) : Die Präpositionalphrase kann nicht auf einen eingebetteten Satz zurückgeführt werden wie Ausdrücke des Typs mit großem Bedauern. Gsl ([-morph]): Die beiden Konstituenten sind morphologisch nicht veränderbar. Gs2 ( [ - n u m ] ) : Es gibt Beschränkungen hinsichtlich des Numerus, was unter 4. spezifiziert wird. Für die adjektivische Konstituente gelten die hierfür üblichen Regeln: G a l , Ga2, Ga3, Ga4. Nicht möglich ist z . B . folgende Transformation: auf eigene Faust - die Faust, die eigen ist. Nominalisierung ist nicht möglich: xdie Eigenheit der Faust. Graduierung wie z.B. xaus sehr freier Hand entspricht nicht der FS-Struktur, ebenfalls nicht die Steigerungsform des Adjektivs in aus freiester Hand. 4. Spezielle Regeln Bsl ( [ - P l ] ) : Nur im Singular treten auf Fügungen wie in erster Linie, auf eigene Faust. Bs2 ([+P1]): Nur im Plural gelten als FS Ausdrücke wie zu treuen Händen, unter vier Augen, aus freien Stücken. Bs3 ( [ - G f ] ) : Die Erscheinung, daß bestimmte FS nur im Plural auftreten, erfordert die Kennzeichnung der von der Grundform abweichenden Form der Konstituenten.

130

Bai ( [ - f l ] ) : In einigen Fällen tritt die adjektivische Konstituente unflektiert auf, z . B . auf gut Glück. Ba3 ([+Pos]): Die adjektivische Konstituente kann durch ein Possessivpronomen repräsentiert sein: zu seinen Gunsten. 5.

S

FS-Charakterisierung: Die FS dieser Klasse sind im allgemeinen als exozentrisch determiniert zu betrachten. Sie sind entweder als Gesamtausdruck übertragen (auf leisen Sohlen) , oder ihre Bedeutung ist ohnehin nicht den Konstituenten gemäß zerlegbar (auf gut Glück) . Es treten ein- und mehrdeutige Ausdrücke a u f : = _ ~

{[+l] , [±m]} r i s

(33) in erster Linie au fu 9ut Glück a- f eigene Faust auf freiem Fuß aus freier Hand aus vollem Halse zu seinen Gunsten auf seine Art auf gut Deutsch in vollen Zügen mit halbem Ohr zu guter Letzt auf jeden Fall mit aller Macht über alle Maßen aus freien Stücken

Eine Variante entsteht durch Verwendung der Präposition mit enklitischem Artikel. 1.

3

2.

(99) P

1

=

2B2O ·*

1 Por% G

3./4./S. vgl. 2A20

l

( 3 4 ) am laufenden

Band

Durch Modifikation der Grundderivation ist eine weitere Klasse darzustellen, NP wird dabei expandiert zu NE NE, wobei die erste Nominalphrase im Genitiv steht. (4O)

NP

-»·

NE 1 NE 2

(11)

-»·

(11)

NE 2 *

Z2

(98)

ZL *

Zg

131

1.

a.2 =

2.

(1)

2A4OO—1 Z

-»·

(in Morpheus

Armen)

SUB

3. Generelle Regeln Gg2 ( [ - d i s k ] ) : Diskontinuität ist nicht gestattet. Gg3 ( [ - p e r m ] ) : Vertauschung der Konstituenten zerstört die FS-Struktur. Gsl

([-morph]): Morphologische Unveränderbarkeit bezieht

sich auf beide Konstituenten. Gs2 ( [ - n u m ] ) : Hinsichtlich des Numerusgebrauchs bestehen Beschränkungen. 4.

Spezielle Regeln

Bsl

( [ - P l ] ) : Nur im Singular tritt z.B. auf auf Messers Sahneide

Bs2 ( [ + P l ] ) : Nur im Plural: auf Schusters

Rappen,

Bs3 ( [ ~ G f ] ) : Morphologische Abweichungen von der Grundform sind zu berücksichtigen. 5.

FS-Charakterisierung

FS dieser Klasse sind meist mehrdeutig. In ihrer übertragenen (d.h. FS-) Bedeutung sind sie exozentrisch determiniert, S

= _ ~

{ [ + l ] , [im]} r 1 -, s

3 . 3 . 2 . 2 Grundtyp 2 D . . .

(35) in Morpheus Armen in Gottes Namen auf Messers Sohneide auf Schusters Rappen in Abrahams Schoß

(von Hause aus)

Die Derivation dieses Grundtyps beruht auf folgender Wortklassenkombination:

wobei die nachgestellte Präposition auch als Postposition bezeichnet werden könnte.

(2OO)

A1

·*·

AP

(22O) (90)

AP PP

-*· -»·

PP P NP P

(10)

NP

-+

NE

(11)

NE

-»·

Z

132

(1) Für

+ Z

NE

Z =

SUB gilt folgende Klasse:

1.

a,2 ~

2.

(1)

2D1O Z

-»·

l

(von Hause aus)

SUB

3./4. Diskontinuität und Permutation der Konstituenten sind nicht gestattet (Gg2, G g 3 ) . Beschränkungen bestehen weiterhin hinsichtlich der morphologischen Veränderbarkeit (Gsl, G s 2 , Bsl). 5. FS-Charakterisierung Die Klassen dieses Grundtyps enthalten wiederum nur eine Konstituente, so daß automatisch endozentrische Determination vorliegt. Die Ausdrücke selbst sind eindeutig. S r

= _

i [-l] r [~n>] } t-, -i r

Eine Variante ergibt sich für

1.

al4 =

2.

(2)

2D1O Z

-»·

Hause aus Anfang an Grund auf Geburt an Rechts wegen

Z = ADJ.

2 ADJ

3./4. vgl. 2D1O

5.

( 3 6 ) von von von von von

l

FS-Charakterisierung S = i [ - l ] , [~m]} ( 3 7 ) von klein auf L

=

Ur>

Eine parallele Variante entsteht durch 1.

al5 =

2.

(3)

Z

2D10 -*

Z

= ADV.

3

ADV

Hier gelten nur die generellen Regeln Gg2 und Gg3. Morphologische Veränderung ist von der Wortklasse her ohnehin nicht gestattet. Die semantische und lexikalische Charakterisierung entspricht obigem Typ. (38)

von alters her

133

3.3.2.3 Grundtyp 23...

(Tag und Nacht) 49

Ein weiterer Grundtyp beruht auf der Struktur einer koordinativ verbundenen Nominalphrase. Auch hier ergeben sich Varianten durch Substitution von Z durch SUB, ADJ bzw.ADV . Die für alle drei Klassen geltenden Produktionen sind: (200) (210) (30) (31) (11)

A'

-··

AP

AP

-*

NP

NP

*

NK

NK

·*·

NE K NE

NE

·*·

Z

1.

a. c =

2.

(1)

3.

Generelle Regeln

lD

Z

23OOO—l -»·

SUB

Gg2 ([-disk]): Nicht möglich ist z . B . : xEr hat Tag und - wie er behauptet - Nacht gewartet. Gg3 ( [-perm]): Die Sequenz der Konstituenten ist festgelegt (xNacht und Tag). Gg4 ([-T. ] ) : Nicht möglich ist die Auflösung der koordinativen Struktur in zwei Sätze, z.B. von Sie haben Knall v und Fall das Haus verlassen in Sie haben Knall das Haus verlassen und Sie haben Fall das Haus verlassen. Weiterhin bestehen Beschränkungen hinsichtlich morphologischer Veränderungen und des Numerusgebrauchs (Gsl, Gs2) , was bei den speziellen Regeln spezifiziert wird.

4.

Spezielle Regeln

Bsl ( [ - P l ] ) : Als VS zu interpretieren wäre Tage und Nächte in Er hat Tage und Nächte gearbeitet.

49 Vgl. dazu den Typ Grund und Boden unter N ' mit der Klassenziffer 13000—l. 50 Vgl. dagegen Er hat den ganzen Tag - und wie er behauptet - die ganze Naaht gewartet. Der Ausdruck den ganzen Tag und die ganze Nacht stellt ein VS dar, bei dem Diskontinuität möglich ist. 51 Gemeint sind hier abzählbare Tage und Nächte. Der Ausdruck Tag und Nacht bedeutet hingegen soviel wie 'sehr intensiv', Ohne Unterbrechung'; vgl. dazu 2.3.6.

134

5.

FS-Charakterisierung Die koordinativ verbundenen Nominalphrasen sind als exozentrisch determiniert zu betrachten. Die Gesamtbedeutung des Ausdrucks läßt sich nicht additiv aus den Einzelbedeutungen der Konstituenten zusammensetzen. Sie trägt einen weitaus verallgemeinernden Aspekt. S

= _

i [ + l ] , [~m]} r, i

( 3 9 ) Tag und Nacht Knall und Fall

S

Für

Z = 1.

ADJ gilt folgende Variante: a17 =

23OOO—2

2. (2) Z ·* ADJ 3./4. vgl. 230OO—1. Zusätzlich gelten die für adjektivische Konstituenten vorgesehenen Regeln Ga3 und Ga4, die Graduierung und Steigerung verbieten. Einige der FS sind nur prädikativ verwendbar (Ba5), z.B. fix und fertig.

5.

Die semantische und lexikalische Charakterisierung entspricht der von 230OO—1. (40)

sang- und klanglos fix und fertig null und nichtig recht und billig frank und frei gang und gäbe gut und gern klipp und klar

Wird Z durch ADV substituiert, ergibt sich eine weitere Modifikation: 1.

2.

a18 =

(3)

23OOO—3

Z

-*

ADV52

52 Einen Sonderfall stellt der Ausdruck sage und schreibe hinsichtlich der Wortklassenzugehörigkeit der Konstituenten dar. Da diese - wie sich gezeigt hat - ohnehin nicht relevant ist für die Bedeutung und Funktion des Ausdrucks, ordnen wir obigen Ausdruck in diese Klasse ein. Dies macht jedoch eine Kennzeichnung von sage und schreibe als Adverbien im Wörterbucheintrag erforderlich.

135

3./4. Zusätzlich zu den Regeln von 23OOO—l ist

zu beachten,

daß einige FS dieser Klasse ausschließlich und unmittelbar von V dominiert werden ( B g l ) . Sie sind daher

als

Verbzusatz interpretierbar (hin und hei·) . Die Regeln hinsichtlich morphologischer Veränderungen sind hier dagegen überflüssig. Verschiedentlich ist anzuwenden, z . B . bei durch und durch. 5.

vgl. 23OOO—l

3 . 3 . 2 . 4 Grundtyp 2A3...

Bs6 ( [ k

= k_])

( 4 1 ) kreuz und quer durch und durch samt und sonders dann und wann auf und davon aus und ein ab und zu hie und da nach und nach

(mit Fug und Recht)

Ein weiterer Grundtyp beruht auf der Kombination von präpositionaler Phrase und koordinativer Struktur. (200)

A'

-"

AP

(220)

AP

-»·

PP

(80)

PP

-f

P NP

(30)

NP

-*·

NK

(31)

NK

-»·

NE K NE

(11)

NE

->·

Z

1.

a19 =

2.

(1)

Z

2A3OOO-1 -»·

SUB

3./4. Die generellen und speziellen Regeln für die Konstituenten der Nominalphrase stimmen mit denen der Klasse 23OOO—l (Tag und Nacht) 5.

überein.

Auch hier liegt gleichermaßen exozentrische Determination vor. Die Ausdrücke sind in ihrer Gesamtbedeutung eindeutig.

S

=

{ [+1] , [-m]} '•s·'

( 4 2 ) mit Fug und Recht auf Schritt und Tritt mit Ach und Krach hinter Schloß und Riegel mit Mann und Maus

136

mit Kind und Kegel in Bausch und Bogen zu Nutzen und Frommen an Ort und Stelle außer Rand und Band Verschiedentlich sind für die einzelnen Konstituenten getrennt spezielle Regeln anzugeben. So bezieht sich z . B . Bsl ([-Pl]) für das FS in Amt und Würden nur auf die erste Konstituente, Bs2 ( [+Pl]) auf die zweite. Dasselbe gilt für mit Haut und Haaren. Die Regeln werden hierbei in Reihenfolge der Konstituenten angegeben. Diese Klasse hat wiederum adjektivische und adverbiale Varianten:

1.

a 2Q =

2.

(2)

2A300O-2

Z

-»·

ADJ

3./4. vgl. 230000-2 5. vgl. 2A3OOO-1

Entsprechend gilt für 1.

a 21 =

2.

(3)

Z

(43)

aus nah und fern im großen und ganzen über kurz oder lang

ADV:

2A300O-3

Z

-»·

ADV

3./4. vgl. 23000--3 5. vgl. 2A3OOO-1

3.3.2.5 Grundtyp 21...

(44)

auf immer und ewig

(des weiteren)

Ein weiterer Grundtyp beruht auf der Verwendung einer einfachen Nominalphrase. (200)

A1

·»·

AP

(210)

AP

-»·

NP

(10)

NP

-»·

NE

(12)

NE

-»·

Det Z

Z

*

Zg

=

211

(98)

1.

a_2

2.

(2)

3.

Generell gilt, daß Diskontinuität und Permutation nicht

Z

·*

2

(des weiteren)

ADJ

137

erlaubt sind (Gg2, G g 3 ) , ebenfalls keine morphologischen Veränderungen ( G s l ) . Da die Konstituente durch ein Adjektiv repräsentiert wird, ist die Regel Gs2 ([-num]) irrelevant. 4.

Zu beachten ist

die Abweichung von der Grundform ( B s 3 ) .

5.

Da nur eine Konstituente vorliegt, besteht endozentrische Determination. Die FS dieser Klasse sind eindeutig, können aber einen Teil eines VS darstellen: Das Verständnis des weiteren Textes ist S r

= -

{[-l] , [-m]} ( }

sehr schwer.

( 4 5 ) des weiteren des näheren

Eine Variante entsteht durch Substitution von Z durch ADV.

1.

a23 =

2.

(3)

211 Z

3

* ADV

3., 4. und 5. entsprechen der Klasse 211

2 . Bemerkens-

wert ist, daß in dieser speziellen Form des FS eine in rein formaler Sicht flektierte Form eines Adverbs auftaucht:

( 4 6 ) des

öfteren

Eine Variante durch Modifikation der Produktionen auf früherer Stufe entsteht dadurch, daß die einfache Nominalphrase durch eine koordinativ verbundene Phrase ersetzt wird. 1.

a24 =

2.

(30)

NP

-»·

NK

(31)

NK

-"

NEj^ K NE 2

(12)

N E j -»·

Det

(11)

NE 2 ->·

Z

Z

ADJ

(2)

23010—2

·*·

Z

3./4. vgl. Regeln der Klasse 211 5.

2.

Im Gegensatz zu dieser Klasse treten hier wieder zwei Konstituenten auf. Die FS sind exozentrisch bestimmt, da ihre Gesamtbedeutung nicht auf die einzelnen Konstituenten aufteilbar ist. S

=

{ [ + l] , [-m]}

L

=

Us}

(47)

des langen und breiten

138

3 . 3 . 2 . 6 Grundtyp 2 6 . . . (Hals über

Kopf)

Dieser Grundtyp besteht aus der Verbindung einer einfachen Nominalphrase und einer Präpositionalphrase.

(2OO) (210) (60)

A1 AP NP

-»· -·> ->

NE

(ID (80)

NE

-i>

Z

PP

-i>

P NP

(10)

NP

-i··

NE

(11)

NE

H"

Z

AP NP PP

Die Konstituenten der FS, denen diese Derivation zugrundeliegt, können sowohl Substantive als auch Adjektive sein. Daher ergeben sich die beiden folgenden Klassen: 1. 2.

a 25 = 26010—1 . (1)

3.

Z

-»·

(Hals über

SUB

Generelle Regeln

Gg2 ([-disk]): Diskontinuität G
· H»

NP NE

H>· -i>·

Präpositionalphrasen:

AP PP

PP

P NP

NE Z

Auch hier sind im Hinblick auf substantivische und adjektivische Konstituenten zwei Klassen vorzusehen. 1.

a27 =

2.

(1)

Z

2CO1O1O1

-»·

(von Ort zu Ort)

SUB

3./4. vgl. 26010—1. 5.

FS-Charakterisierung

Bei diesen Fügungen - könnte man zunächst annehmen - läßt sich die Gesamtbedeutung aus den Bedeutungen der Einzel-

140

teile zusammensetzen. Hiergegen ist

aber einzuwenden,

daß darüber hinaus eine Verallgemeinerung stattfindet. Von Ort zu Ort evoziert evtl. die Vorstellung, daß nacheinander Ortschaften aufgesucht werden; gemeint ist aber ein 'unstetes Herumziehen 1 . Ausdrücke, die sich auf lokale Bezeichnungen und Namen beziehen, sind mehrdeutig. Der Satz Die Entfernung von Ort zu Ort beträgt S km enthält kein PS, dagegen aber der Satz Bei ihren Fahrten von Ort zu Ort hatten sie immer gutes S L

= _

{[+l], [+m]} { } s

(50)

Wetter.

von Zeit zu Zeit A bi·8 z von Pontius zu Pilatus von Kopf bis Fuß von Haus zu Haus

Die Substitution von Z durch ADJ führt zu einer Variante. 1.

a 28 =

2.

(2)

2C010102

Z

·*

3./4./S. vgl.

ADJ

26O10—2

(51)

von früh bis spät

Eine weitere Variante entsteht durch Verwendung der Präposition mit enklitischem Artikel. 1.

a 29 =

2.

(1)

2C110101

Z

-f

SUB

(99) P

*

Pen

3./4./S. vgl.

26O1O—l

3.3.2.8 Grundtyp 24...

( 5 2 ) vom Hölzchen aufs

(expressis

Stöckchen

verbis)

Für fremdsprachliche Adverbialphrasen führen wir einen speziellen Grundtyp ein. Der Struktur nach handelt es sich um die Verbindung von zwei einfachen Nominalphrasen. (2OO)

A'

·*

AP

(21O)

AP

·*

NP

(40)

NP

*

NE NE

(11)

NE

-»·

Z

141 1.

a 3Q =

2400

2.

(5)

3. Gg2 Gg3 Gsl

Generelle Regeln (keine Diskontinuität), (keine Vertauschung der Konstituenten), (keine morphologischen Veränderungen).

4.

Spezielle Regeln werden nicht benötigt.

5.

FS dieser Klasse gelten als exozentrisch determiniert 53 und eindeutig.

Z

-»·

4

(per

definitionem)

FRE

(53)

{

• V

3.3.3

expressis verbie in extenso a priori ad hoc al pari a jour

Von P*dominierte FS

In der Gruppe dieser FS führen wir lediglich zwei Klassen an. Der Grundtyp basiert auf der Derivation für Präpositionalphrasen. 3.3.3.1 Grundtyp 3A.../3B... (30O)

P1

-»·

PP

(8O)

PP

-»·

P NP

(10)

NP

·*·

NE

(11)

NE * Z

=

3A1O

1.

P!

2.

(2)

3.

Der Struktur nach handelt es sich hier um den gleichen Typ der adverbialen Klasse 2A1O 1. Entsprechend gelten auch die gleichen Regeln Gg2, Gg3, Gg6, Gsl, Gs2.

Z

·*

l

(in Anbetracht)

(an Hand)

SUB

4. Als spezielle Regeln sind anzugeben: Bsl ( [ - P l ] ) : z.B. mit Hilfe. 53 Vgl. 2.5.3.

142

Bs2 ([+Pl]): z.B. von Seiten. 5.

Da nur eine Konstituente in Frage kommt, liegt endozentrische Determination vor. S T

= _

{[-l], [-m]} /1 1i r

( 5 4 ) an Hand in Anbetracht auf Seiten in Betreff

Durch Verwendung der Präposition mit enklitischem Artikel entsteht folgende Variante: =

3B10

1.

p2

2.

(99) P (1) 2

1

-. P en + SUB

3./4./S. vgl. 3A10

3.3.4

l

(55) im Hinblick im Laufe im Falle

Von V*dominierte FS

FS dieser Gruppe bestehen aus mindestens zwei Konstituenten, einer verbalen und einer nominalen. Der nominale Teil wiederum kann aus mehreren Konstituenten (das Blaue vom Himmel) gebildet sein. Allgemein gilt für alle Klassen dieser Gruppe das Merkmal [+disk]. Nominaler und verbaler Teil brauchen nicht in kontinuierlicher Reihenfolge zu stehen: Er trägt dieser Tatsache Rechnung. Sie erzählt ihm das Blaue vom Himmel. Sie leiten die Dinge in die Wege. Die erlaubte Diskontinuität bedeutet nun aber nicht freie Stellung im Satz. Auf den nominalen Teil in einem von V dominierten FS treffen die gleichen Stellungsregeln zu wie auf Verbzusätze, d.h. in Nebensatzstellung steht der nominale Teil unmittelbar vor dem verbalen Teil: Wenn er dieser Tatsache Rechnung trägt, wenn sie ihm das Blaue vom Himmel erzählt, wenn sie die Dinge in die Wege leiten. Da der flektierbare nominale Teil formal zum Verb in Objektbeziehung steht, ist er morphologisch, d.h. im Kasus, festgelegt. Die morphologische Unveränderlichkeit ist somit ein für alle Klassen geltendes Merkmal und wird daher bei der folgenden Beschreibung nicht mehr im einzelnen erläutert. Der verbale Teil ist generell flektierbar.

143

Ebenfalls festgelegt ist der Numerusgebrauch der Nominalphrase. Aus diesem Grunde stellen wir ausführlich nur die Spezifikationen dar. Generelle Regeln, die sich auf adjektivische Konstituenten beziehen, stimmen jeweils mit denen überein, die bei entsprechenden adjektivisch attribuierten FS unter N ' bzw. A 1 anzuwenden sind. Insofern ist es nur noch erforderlich, unter den generellen Regeln solche zu erläutern, die sich auf Beschränkungen hinsichtlich des bestimmten Artikels beziehen ( G s 3 ) . Ansonsten werden die anzuwendenden generellen Regeln nur noch aufgezählt. Außer den Merkmalen für den nominalen Teil treten hier Besonderheiten hinsichtlich des Verbs a u f . Die Kennzeichnung der Verben sein, haben und werden dient der Einschränkung mehrerer Analysemöglichkeiten. Im übrigen sind auch hier wieder Varianten aufgrund verschiedener Substitutionsmöglichkeiten von Z anzusetzen. Die einzelnen Klassen ergeben sich nach den Differenzierungen des nominalen Teils.

3.3.4.1 Grundtyp 41...

(Rechnung

tragen)

Der nominale Teil wird durch eine einfache Nominalphrase repräsentiert:

(40O)

V

-*·

VP

(41O) (10)

VP NP

-»· -*·

NP VRB NE

(11)

NE

->

Z

1.

v.

=

2.

(1)

3.

Generelle Regeln: G g l , G n l , Gn2;

Z

41O -»·

l

(Rechnung

tragen)

SUB

4. Spezielle Regeln: Bsl ([-Pl] ) : Nur im Singular als FS möglich: Rechnung tragen; Rechnungen tragen muß als VS interpretiert werden. Bs2 ( [ + P l ] ) : Nur im Plural möglich: Grillen fangen. Bvl ([-pass]): Die Passivtransformation ist

in verschiedenen

Fällen nicht möglich, z . B . bei Wurzeln schlagen.

Dies

bedeutet im Vergleich zu schlagen in VS eine Abweichung (Er wird geschlagen).

144

Bv3 ([+sein]): z.B. Freund sein. Bv4 ([+haben]): z.B. recht haben. Bv5 ([+werd]): z.B. Gestalt werden. 5. FS-Charakterisierung In diese Klasse fallen Metaphern wie auch Funktionsverbgefüge. Beide werden als exozentrisch determiniert interpretiert. Eine exakte Trennung von beiden ist hier nicht möglich, da dies zum einen eine Komponentenanalyse, zum ändern die Kenntnis metaphorischer Prozesse zur Voraussetzung hätte, worauf bis jetzt noch verzichtet werden muß. Für einen Großteil der FS wäre wohl eine Zuordnung nach den genannten Kriterien möglich, problematisch blieben aber immer noch einige Grenzfälle. Aus diesem Grunde muß die angegebene Gruppierung als vorläufig betrachtet werden. Außerdem ist hier die Gruppe der endozentrisch determinierten verbalen FS zu beachten, zu der z.B. Auto fahren gehört. Funktionsverbgefüge und endozentrisch determinierte FS sind in der Regel eindeutig, bei den Metaphern treten ein- und mehrdeutige Fälle auf. (1)

eindeutige Metaphern S = { [+l], [-m]} (56) Trübsal blasen _ ] \ Schritt halten s Schlange stehen Blut schwitzen Bahn brechen Farbe bekennen

(ii)

eindeutige Funktionsverbgefüge S = {[+l], [~m]} ( 5 7 ) Abschied nehmen _ r, -. Rechnung tragen L f Wunder nehmen Hilfe leisten Nutzen ziehen Gefahr laufen Einspruch erheben Folge leisten Unterricht geben

(iii)

mehrdeutige Metaphern S = {[+l], [+m]} (58) Grillen fangen _ ·, \ Wurzeln schlagen ~ s' Gewicht haben Argusaugen haben Berge Versetzen Fuß fassen

145

Hand anlegen Staub aufwirbeln Gift nehmen (iv)

endozentrische FS S = {[-l], [-m]} ( 5 9 ) Auto fahren _ r, \ Schi laufen L r Sturm läuten

Durch Substitution von Z durch ADJ ergibt sich folgende Variante: 1.

v2

2.

(2)

=

41O Z

->·

2

(klein beigeben)

ADJ

3.

Zu den generellen Regeln von 41O l sind weiterhin zu beachten: Ga3, Ga4. 4. Spezielle Regeln Bai ( [ - f l ] ) : Das Adjektiv ist unflektiert. Ba4 ( [ + ( a t t r ) ] ) : Eine zusätzliche Attribuierung, hier durch

Bvl Bv2 Bv3 Bv4 Bv5

ein Adverb, ist möglich: sehr blau sein, ganz klein beigeben. ([-T Jpcl_ S_ S_ ] ) : Passiv ist nicht möglich z . B . bei klein beigeben, dagegen aber Ein Gewürz wurde beigegeben (VS). ( [ + r e f l ] ) : Das FS tritt nur in reflexivem Gebrauch a u f : sich kaputt lachen, sich gütlich tun. ( [+sein]): z . B . zumute sein, blau sein. ([+hab]) : z . B . parat haben. ([+werd]) : z . B . gewahr werden, sich einig werden.

5. FS-Charakterisierung Die FS dieser Klasse sind endozentrisch determiniert. Verschiedentlich sind VS-Versionen möglich. Ein Beispiel dafür ist klug werden. Syntagmen wie krank werden, groß werden, schlecht werden, usw. sind VS. In diesem Sinne kann auch klug werden verstanden werden. Die zweite Bedeutung von klug werden ist durch eine andere strikte Subkategorisierung gekennzeichnet: klug werden aus... Sie ist verbunden mit der Bedeutung 'einsehen, erkennen'. Die Bedeutungen von blau sein unterscheiden sich durch das Merkmal [+belebt] des zugehörigen Subjektes. Ebenso verhält es sich bei rot werden.

146 S

= _

{[-l], [im]} r , -i r

(6O) leer ausgehen bankrott gehen ernst nehmen streitig machen zuatatten kommen inne werden (j.) grün sein gerecht werden willkommen heißen

Eine Variante des Grundtyps auf einer höheren Stufe beruht auf der Verwendung des Artikels. Die letzte Produktion der Grundderivation wird ersetzt durch:

(12)

NE

-»·

Det

Z.

Durch Substitution von Z durch SUB bzw. ADJ ergeben sich die beiden folgenden Klassen: 1.

v_

=

2.

(1)

3.

Außer Ggl und Gsl ist

Z

411

-»·

l

(die Stirn haben)

SUB Gs3 zu berücksichtigen. In dieser

Klasse bestehen Restriktionen hinsichtlich des bestimm-

4.

ten Artikels. Die erforderlichen Angaben sind als spezielle Regeln anzuführen. Spezielle Regeln

Bsl

( [-Pl]): z . B . den Kopf

verlieren, die Stirn haben.

Bs2 ([+P1]): z . B . die Leviten lesen. Bs4 ( [ +Det b es t]): Nur bestirnrnter Artikel ist zugelassen bei der Fall sein, die Trommel rühren, usw. Bs5 ( [~ Det K es t^ : Nur unbestimmter Artikel ist möglich bei ein Bein stellen, sich einen Ast lachen, ein Garn spinnen; das Garn spinnen stellt ein VS dar. Bs7 ( [ + n e g l ] ) : kein Pappenstiel sein. Ba4 ( [ + ( a t t r ) ] ) : Bei einigen FS ist eine fakultative, lexikalisch nicht festgelegte Attribuierung möglich: eine Rolle spielen und eine wichtige Rolle spielen. Bvl ([-T

] ) : z . B . den Kopf verlieren; vgl. verlieren pas s selbst ist passivfähig. Bv2 ( [ + r e f l ] ) : z.B. sich ein Herz fassen. Bv3 ([+sein]): z.B. die Rede sein, der Gipfel sein. Bv4 ( [ + h a b ] ) : z . B . das Nachsehen haben.

147 5. FS-Charakterisierung Elemente dieser Klasse sind wiederum Metaphern und Funktionsverbgef ge. Sie gelten also als exozentrisch determiniert. Bei den Metaphern treten ein- und mehrdeutige FS auf. S L

= = ~

{[+l], [±m]} ί Γΐ l Γΐ l > L SJ ' L fJ

(61) die Tafel aufheben e n Garn ^ spinnen £en K0pf verlieren die Spitze bieten die Leviten lesen den Mond anbellen das Gesicht verlieren kein Pappenstiel sein (62)

Fvg: den Schlu ziehen das Nachsehen haben der Fall sein die Rede sein die Frage sein

Eine Variante dieser Klasse entsteht durch Z -»· ADJ. 1.

v4

=

411

2

2. (2) Z -»· ADJ 3./4./S. vgl. 411

1. Hier treten nur Metaphern auf: (63) den k rzeren ziehen

Zwischen der Struktur von 41O l und 411 l steht die folgende Klasse, die durch die fakultative Verwendung des Artikels gekennzeichnet ist. 1.

ν_

2.

(13) (1)

=

412

l

((die)

NE

-»·

(Det) Z

Z

-»-

SUB

Oberhand gewinnen)

3. Generelle Regeln: Ggl, Gsl, Gs3. 4. Spezielle Regeln Bvl ([-T pas , s 1 ) : Gewinnen ist in VS passivf hig, Das Spiel wird gewonnen, als Konstituente im FS dagegen nicht: Die Oberhand wird gewonnen. Bsl ( [ - P l ] ) : z.B. (die) Zeit totschlagen. Bs2 ( [ + P 1 J ) : z.B. (die) Konsequenzen ziehen. Bs4 ( [ + D e t K e s t J ) : nicht m glich ist

eine Oberhand gewinnen.

148 Bs5 ([~ Det x es t] ) : Z * B * (einen) Aufschwung 5. Die daß gen S

FS-Charakterisierung FS dieser Klasse sind exozentrisch determiniert, sei es, sie zu Metaphern, sei es, daß sie zu Funktionsverbgefüzu rechnen sind.

= _

L

erfahren.

{ [ + l ] , [-m]} r·· \ s

3.3.4.2 Grundtyp 4 2 . . .

(64)

(freie

(die) (die) (die) (die)

Oberhand gewinnen Zeit totschlagen Konsequenzen ziehen Schlüsse ziehen

Hand lassen)

Dieser Grundtyp beruht auf der (Expansion der Nominalphrase zu einer adjektivisch attribuierten Nominalphrase.

(40O)

V

·+· VP

(41O)

VP

-*·

VP VRB

(20)

NP

-v

NA

(21)

NA

-*

ADJ Z

Auf der Basis dieses Grundtyps lassen sich vier verschiedene Klassen beschreiben. Sie unterscheiden sich jeweils durch fakultativen Gebrauch des Adjektivs und obligatorischen Gebrauch des Artikels. 1. 2.

(1)

Vg

=

42O

Z

-»·

SÜB

l

(lange Finger machen)

3. 4. Bsl Bs2 Bs3

Generelle Regeln: Ggl, Gs2, Gs3, Gal, Ga2, Ga3, Ga4. Spezielle Regeln ( [-P1]) : z.B. freie Hand lassen. ( [+P1] ) : z.B. lange Finger machen. ( [ - G f ] ) : Abweichung von der Grundform liegt z.B. vor bei seiner Wege gehen. Bai ([-f1]): Dies t r i f f t zu z.B. bei gut Wetter machen, frei Haus liefern. Ba3 ( [+Pos]): z.B. seiner Wege gehen, seinen Lauf lassen. Bvl ( u - poSS^l ) : gilt bei sein Glück machen.

Bv3 ( [+sein]): · - lieb Kind sein. Bv4 ( [+hab] ) : gut für sein Auskommen haben.

149

5.

FS-Charakterisierung S = {[+l], [im]} (65) kurzen Prozeß machen L = n } ganz Ohr sein s sein Ohr leihen goldene Berge versprechen seinen Meister finden böses Blut machen offene Türen einrennen kalte Füße bekommen gemeinsame Sache machen

Die Verwendung des obligatorischen Artikels verlangt eine neue Klasse. 1.

v_

=

421

2.

(1)

3.

vgl. 420

4.

Zusätzlich zu den speziellen Regeln von 42O berücksichtigen:

Z

l

(den längeren Arm haben)

+ SUB

1.

l ist zu

Bs4 ([+ Det vjest^ ^ : gi^-t ^ ür die rechte Hand sein. Bs5 ([-Det. ] ) : trifft zu für ein großes Haus führen, einen langen Atem haben. 5. FS-Charakterisierung Hierbei handelt es sich ausnahmslos um Metaphern. Sie sind in der Regel mehrdeutig. S

= _

{[+l], [+m]}

( 6 6 ) den den ein ein

s

längeren Arm haben längeren Atem haben großes Haus führen offenes Ohr haben

Der fakultative Gebrauch der adjektivischen Konstituente führt zu folgender Klasse: 1.

v

=

423

8 2. ( 2 4 ) NA + (1) Z ·* 3./4. vgl. 42O

5.

l

(große Augen machen)

(ADJ) Z SUB 1.

In diese Klasse fallen Metaphern, die exozentrisch determiniert sind, und endozentrisch determinierte verbale FS.

(i) S

= _ ~

i [ + l ] r [+ni] } /, ·. s

(67) (große) Augen machen (leeres) Stroh dreschen (blauen) Dunst vormachen

150

(ii)

S = _ ^ ~

([-l], [-m]} (68) (großen) Wert legen r, -i (genügend) Raum bieten 1 V (dicke) Freund sein

T

Parallel zur Klasse 421 l (den längeren Arm haben) ist eine Klasse zu berücksichtigen, in der der Gebrauch der adjektivischen Konstituente fakultativ ist; Beispiel dafür ist den (richtigen) Dreh raushaben. 1.

vg

=

2.

( 2 5 ) NA -»· (1)

424

Z

1.

-»·

Det

(ADJ) Z

SUB

3./4. vgl. 421 l, zusätzlich Bs7. 5. Wie in 421 l, handelt es sich hier ebenfalls um Metaphern: S = {[+l], [+m]} ( 6 9 ) den (richtigen) Dreh rausL = fl } haben s keinen (blassen) Dunst haben 3.3.4.3 Grundtyp 4 6 . . . / 4 7 . . . (das Blaue vom Himmel erzählen) FS, deren Struktur auf diesem Grundtyp beruht, enthalten zwei Nominalphrasen. Diese entsprechen dem Typ Dame von Welt, Mann von der Straße. Die Derivation stimmt mit der von 16.../17... (von N' dominierte FS) überein.

(400)

V

·*

VP

(410)

VP

(60)

NP

-»· ·*

NP VRB NE PP

(11) (80)

NE

·»· z

PP

*

P NP

(10)

NP

·*·

NE

(ID

NE

·* z

1.

v._ =

46O10—l

2.

(1)

3. 4. Bvl Bsl

Generelle Regeln: Ggl, Gsl, Gs2. Spezielle Regeln ([-T„_ PU.S se ]): gilt für Hand an eich legen. ([-Pl]): Dieses Merkmal muß für jede Konstituente getrennt angegeben werden. Hierbei ist die Reihenfolge

Z

-»·

(Eulen nach Athen tragen)

SUB

151 zu beachten. Für Eulen nach Athen tragen wäre anzugeben: Bs2, Bsl. Bs2 ( [ + P l ] ) : vgl. unter Bsl. Der Ausdruck Hand an sich legen verlangt eine zusätzliche Regel. Die zweite nominale Konstituente wird durch ein reflexives Pronomen repräsentiert. Hierfür gilt: Ba6 ( [ + P E R r ] ) . 5.

FS-Charakterisierung Die Elemente dieser Klasse S = {[+l], [+m]} (7O) _ ( s

sind Metaphern. Eulen nach Athen tragen Hand an sich legen Nägel mit Köpfen machen

Eine Variante dieses Typs entsteht, wenn die erste nominale Konstituente durch ein unflektiertes Adjektiv repräsentiert wird: gut bei Kasse sein. 1. 2. 3. 4. 5.

V11 = 46010--2 (2) Z ·* ADJ Generelle Regeln: Ggl, Gsl und Gs2 beziehen sich hier auf die zweite nominale Konstituente. Dasselbe gilt für das spezielle Merkmal Bsl. Zusätzlich gilt Bai für die erste nominale Konstituente. Die Gesamtbedeutung dieser Ausdrücke enthält wohl Merkmale aus den Bedeutungen der Einzelteile, läßt sich aber nicht additiv aus ihnen zusammensetzen bzw. auf sie aufteilen (vgl. gut bei Kasse sein = 'Geld haben 1 ). Sie gelten daher als exozentrisch determiniert. Verschiedentlich treten mehrdeutige Ausdrücke auf. S = i [ + l ] , [±mj) ( 7 1 ) gut bei Kasse sein - _ r, i gut in Form sein s hoch im Kurs stehen fehl am Platze sein schwer von Begriff sein schwer im Magen liegen

Eine Variante ergibt sich durch Verwendung des Artikels und der Präposition mit enklitischem Artikel: 1.

v

2.

Die vierte Produktion der Grundderivation wird ersetzt durch: (12) NE ·* Det Z.

\2 ~

47110—l

(das Blaue vom Himmel

erzählen)

152

Zusätzlich wird die Produktion P -»· ?en eingeführt. 3./4. Bis auf Ba6 sind die generellen und speziellen Regeln von 4601O — l zu übernehmen. 5. Wie 46010 — l enthält die Klasse ausschließlich Metaphern. S = { [+l] , [+m] } ( 7 2 ) das Blaue vom Himmel erzäh lt = (l s } das Leben zur Hölle machen die Flinte ins Korn werfen Eine weitere Variante entsteht, wenn auch in der zweiten nominalen Konstituente der Artikel auftritt: 1.

v13 =

46111 — l

(den Nagel auf den Kopf

treffen)

2.

Die letzte Produktion der Grundderivation wird ersetzt durch (12) NE ->· Det Z. 3./4./S. vgl. 4601O — 1; Ba6 wird hier nicht benötigt, dafür sind aber zusätzlich Bs4 und Bs5, die den Gebrauch von bestimmten und unbestimmten Artikeln regulieren, erforderlich, außerdem die Regel Bs7 , die die Negation berücksichtigt. (73)

den Nagel auf den Kopf treffen das Kind mit dem Bade ausschütten ein Loch in den Bauch fragen das Fell über die Ohren ziehen den Beruf an den Nagel hängen kein Blatt vor den Mund nehmen den Boden unter den Füßen verlieren einen Strich durch die Rechnung machen

Die Fügung Sand in die Augen streuen unterscheidet sich von den in (73) genannten Fügungen dadurch, daß die erste Konstituente keinen Artikel hat. Hierfür wäre eine neue Klasse v . = 46011—l anzusetzen. Die Regeln sind von 46O10—l zu übernehmen.

153

3 . 3 . 4 . 4 Grundtyp 43...

(Stein und Bein schwören)

Koordinativ verbundene Nominalphrasen in Kombination mit Verben bilden die Grundlage für einen weiteren Grundtyp. Hierhin gehören Ausdrücke der Art Stein und Bein schwören. (400)

V

->·

VP

(410)

VP

->·

NP VRB

(30)

NP

->·

NK

(31)

NK

-»·

NE K NE

(11)

NE

Z

1.

V 15 =

2.

(1)

3. 4.

Generelle Regeln: Ggl ; für den nominalen Teil gelten Gg3 und Gg4 (vgl. 13. . . ) . Spezielle Regeln

Bvl

([-T

Z

4300 --- 1 ·*·

SUB

1 ) : Stein und Bein schwören ist

P 3. S S

nicht passivfä-

hig. Bv3 ( [+sein] ) : t r i f f t zu auf Haut und Knochen sein. Bsl ( [ - P l ] ) : gilt z.B. für Stein und Bein schwören. Bs2 ([+P1]): gilt z.B. für Mittel und Wege finden. 5.

FS-Charakterisierung Die Elemente dieser Klasse weisen die Eigentümlichkeit auf, daß der nominale Teil als solcher exozentrisch determiniert ist, die Bedeutung des verbalen Teils dagegen keine Abweichung darstellt. Dies besagt, daß die Gesamtbedeutung des Ausdrucks durchaus den Einzelteilen zuzuordnen ist, wenn man den gesamten Nominalteil als Einheit betrachtet. FS dieser Klasse gelten demnach als endozentrisch determiniert. Sie sind in der Regel eindeutig. S = {[-l], [~m] ( 7 4 ) Haut und Knochen sein _ r, ·, Stein und Bein schwören L r Blut und Wasser schwitzen Mittel und Wege finden ach und weh schreien

Durch Substitution von Z durch ADJ werden in einer weiteren Variante Ausdrücke der Art kurz und klein schlagen erfaßt.

154

1.

vlg =

2.

(2)

4300—2

Z

-»·

ADJ

3./4./S. vgl. 430O

1.

3.3.4.5 Grundtyp 4 A . , . / 4 B . . .

(75)

kurz und klein sahlagen hoch und heilig versprechen sich grün und blau hauen

(zu Buche schlagen)

Mehrere und umfangreiche Klassen basieren auf diesem Derivationstyp. Der nominale Teil wird hier durch eine Präpositionalphrase repräsentiert. Erfaßt werden Ausdrücke der Art wie in Brand stekkent in die Wege leiten, in seinem Element sein, zum Ausdruck kommen, usw. Folgende Produktionen bilden die Grundlage: (400)

V

H»·

(420)

VP

H>

PP

(80)

PP

H>·

P

(10)

NP

H··

NE

(11)

NE

-i»·

Z

1.

vl7 =

VP

4A10

VRB NP

l

(zu Buche

sahlagen)

2. (1) 2 -" SUB 3./4. Generelle und spezielle Regeln: Ggl, Gs2;

Bvl Bv2 Bv3 Bv4 Bsl

([-T ] ) : z.B. zu Buche schlagen. pass ( [ + r e f l ] ) : bei sich über Wasser halten. ( [+sein]) : z.B. von Sinnen sein. ( [+hab]): z.B. in Gebrauch haben. ([-Pl]): Nur im Singular sind möglich in Kraft treten, in Frage stellen. Bs2 ( [ + P l ] ) : z.B. auf Pistolen fordern. Bs8 ([+neg2]): z.B. nicht bei Trost sein. Ba6 ([+PER ] ) : z.B. außer sich sein, in sich gehen. 5.

FS-Charakterisierung Gleichermaßen wie für 410 l (Notiz nehmen) fallen in diese Klasse Metaphern, Funktionsverbgefüge und endozentrisch determinierte verbale FS. Wie dort gilt auch hier, daß die Gruppierung nur als vorläufig betrachtet werden kann.

155

(i)

Metaphern S = { [+l] , [±m] } . _ { \ s

(ii)

Funktionsverbgefüge S = {[+l] , [-m]} _ _ ,. , f

(iii)

( 7 7 ) in Zusammenhang stehen in Rechnung stellen in Anspruch nehmen in Erscheinung treten in Betracht ziehen in Kraft treten (sich) in Bewegung setzen

sonstige endozentrische FS S = {[-l], [-m]> ( 7 8 ) auf Grund laufen _ _ , · , · , von Sinnen sein r auf Fahrt gehen zu Tisch gehen in Schwarz gehen in Ehren halten auf Pistolen fordern nicht bei Trost sein

1.

vl8 =

2.

(2)

4A10

Z

-»·

2 ADJ

3./4. vgl. 4A10

5.

( 7 6 ) in Atem halten or Augen haben sich über Wasser halten zu Kopf steigen zu Berge stehen zu Fall bringen außer sich sein zu sich kommen über Bord werfen nicht von Pappe sein

1.

FS dieser Klasse sind endozentrisch determiniert. S = { [-1] , [-m]} ( 7 9 ) auf klein stellen L

=

Ur}

Die Verwendung der Präposition mit enklitischem Artikel führt zu einer neuen Variante. 1.

v.g =

2.

(99) P (1)

4310

Z

-»·

l (ins Geld gehen) P en SUB

3./4. vgl. 4A10 1. 5. Auch hier ist wiederum eine Gruppierung nach Metaphern,

Funktionsverbgefügen und sonstigen endozentrisch deter-

156

minierten FS möglich. (i)

Metaphern S = {[+1], [±m]}

L

(ii)

im Sande verlaufen ins Bild setzen -ins Auge fassen aufs Glatteis führen ins Sahwarze treffen ins Gras beißen sich ins Fäustchen lachen ins Bockshorn Jagen

(81)

zur Sprache bringen zur Neige gehen sich zur Wehr setzen zum Ausdruck kommen ins Leben treten

(82)

ins Geld gehen im Begriff sein im Sinn haben im Bilde sein zum Opfer fallen zur Hand sein

U«) 5

Funktionsverbgefüge s

L

(iii)

=

(80)

= =

{[+!]» [-m]) Uf}

endozentrische FS S = {[-1], [-m]} L = {l r >

Eine Variante mit Z = ADJ ist

zu berücksichtigen:

1. v 20 = 4B1O---2 2. (2) Z * ADJ 3./4. vgl. 4A10 --- 1. 5. Hier liegt endozentrische Determination vor. S = i [ - l ] » [~m] } (83) im argen liegen L = {l r > Die Verwendung des isolierten Artikels wird in einer neuen Variante berücksichtigt. 1.

V 21 =

2.

(12)

3./4. vgl.

5.

4A11 --- l NE

+

(in die Wege leiten)

Det Z

4A1O --- l ; zusätzlich sind noch Bs4 und Bs5, die

über bestimmten bzw. unbestimmten Artikel entscheiden, anzugeben. In dieser Klasse sind in erster Linie Metaphern enthalten.

157

S = . _

{[+l]f r, i s

[im]}

( 8 4 ) über den Berg sein unter die Erde bringen auf die Folter spannen mit dem Feuer spielen sich nach der Decke strecken in den Schatten stellen aus der Schule plaudern auf der Hand liegen

Die Expansion von NP zu NA bewirkt eine weitere Variante: 1. 2.

V

22

4A20

=

(20) (21) (1)

1

NP

·*

NA

·*

ADJ

Z

*

SUB

((in seinem Element sein)

3./4. vgl. 4A1O --- 1; zusätzlich Gal , G a 2 , Ga3 , Ga4 und Ba3. 5. Die Gesamtbedeutung des Ausdrucks ist an die vorliegende Kombination gebunden. Sie ist nicht auf die Konstituenten aufteilbar. Es liegt also exozentrische Determination vor. S = { [+l] / [~m] } ( 8 5 ) in seinem Element sein _ r, · > auf hohem Kothurn gehen T r über alle Berge sein auf seine Kosten kommen in anderen Umständen sein nicht von schlechten Eltern sein Eine Kombination von 4A11 --- l und 4A20 --- l bilden Ausdrücke der Art auf die hohe Kante legen. 4A21---1

1.

v 23 =

2.

( 2 2 ) NA (1)

Z

-»·

Det

-»·

SUB

ADJ Z

3. Generelle Regeln: Ggl , Gsl, G s 2 , G a l , Ga2 , Ga3 , G a 4 . 4 . Spezielle Regeln Bsl ( [-Pl] ) : Singular ist nur möglich z . B . bei auf die leichte Schulter nehmen. Bs2 ( [+Pl] ) : Nur im Plural zu verwenden: in den letzten Zügen liegen. Bs4 ( [+DetKO6S c.] ) : auf eine hohe Kante legen wäre als VS zu interpretieren. Bs7 ( [ + n e g l ] ) : auf den grünen Zweig kommen gilt nicht als FS. Möglich ist nur auf keinen grünen Zweig kommen.

158

5.

FS dieser Klasse sind ausnahmslos Metaphern: S τ

= _

ί [ + ΐ ] , [±m] > /, i s

(86) auf die auf die nehmen auf die auf die

lange Bank schieben leichte Schulter schiefe Bahn geraten hohe Kante legen

FS IM WÖRTERBUCH

4.1

Verhältnis Lexikon - Grammatik

Die Strukturmerkmale, in 2 und 3 entwickelt, sind so beschaffen, daß sie ein Syntagma als eine in bestimmter Weise strukturierte Einheit kennzeichnen. Auf dieser Basis könnte eine Zuordnung einer Strukturbeschreibung zu sprachlichem Material wie Texten, Wörterbucheinträgen usw. erreicht werden. Darin besteht - wie Bierwisch (1962) formuliert - das Prinzip der Identifikationsgrammatik, das dem der Produktionsgrammatik gegenübersteht. Die Identifikation ist eines der Hauptptobleme in der maschinellen Analyse. Erforderlich sind ein Regelapparat und ein Lexikon. Die explizite und formalisierte Darstellung von Regeln und Eigenschaften sowie die operative Behandlung von Strukturen erlauben eine direkte Umsetzung in programmgesteuerte Prozesse. Der Zusammenhang zwischen Lexikon und Grammatik wird durch die Informationen im Wörterbucheintrag hergestellt. Die inhaltliche Ausfüllung des Wörterbucheintrags ist dabei davon abhängig, welche Strukturen durch den Regelapparat Fügungen, Sätzen oder sonstigen Konstruktionen zugeordnet werden sollen. Im Falle der FS ist z.B. eine Zuordnung zu den Kategorialsymbolen N, V, P und ADV erwünscht. Die Frage ist, in welcher Weise sprachlichen Vorkommenseinheiten Für die Identifikationsgrammatik gilt demnach (Bierwisch 1966: 53): "Eine Grammatik ist einv System von Regeln, das jedem einzelnen Satz seine Struktur zuordnet und ihn damit als Element der Gesamtmenge ausweist, d . h . jeden einzelnen Satz der Kategorie 'Satz' zuordnet." Vgl. dazu Petöfi (1971:152):"Das Lexikon könnte im allgemeinen Sinn so definiert werden als diejenige Komponente des für die Beschreibung irgendeiner konkreten Sprache bestimmten Modells, die hinsichtlich der bedeutungstragenden Grundelemente der gegebenen Sprache sämtliche vom Standpunkt des Modells aus relevanten Informationen enthält."

16O

durch Abstraktion Einheiten der linguistischen Beschreibung zugeordnet werden. Die Strukturbeschreibung der FS durch die Komponenten von D = (S, L, V) macht deutlich, daß zugleich grammatische (syntaktische), semantische und lexikalische Markierungen an der Gesamtinterpretation eines FS beteiligt sind. Die Zuordnung zu den Kategorialsymbolen ist für die Bedeutung der FS konstituierend in dem Sinne, daß die semantische Interpretation eine gleichzeitige syntaktische Zuordnung voraussetzt. Dies bedeutet, daß eine Trennung von Grammatik als dem regelhaften Teil und dem Lexikon als dem Teil der Unregelmäßigkeiten und semantischen Informationen nicht sprachadäquat ist. Im Lexikon stehen zum einen die Informationen, die für das Funktionieren der Regeln auf syntaktischer Ebene erforderlich sind; zum ändern trägt die syntaktische Seite zur semantischen Interpretation bei. Außerdem sind gewisse Regelhaftigkeiten bei der Ordnung des Wortschatzes selbst zu berücksichtigen, wobei FS als lexikalische Einheiten fungieren. Ihre Konstituenten zeigen systematisierbare Bildungspotenzen im Hinblick auf die Verwendung im FS. In diesem Zusammenhang steht auch das Prinzip der Redundanzverringerung, das nicht auf die Grammatik beschränkt ist. Auch im Lexikon ist zu unterscheiden, ob Einträge bereits das Ergebnis einer Regelanwendung darstellen oder ob Regeln angegeben sind, mit deren Hilfe komplexere lexikalische Einheiten gebildet werden.

4.2

Einordnung der FS in ein Lexikon

Die in Kapitel 2 und 3 gewonnene Konzeption über FS hat zweifellos Konsequenzen für die Einordnung solcher Einheiten in ein Lexikon. Es ist der Tatsache Rechnung zu tragen, daß ein FS semantisch und lexikalisch eine Einheit darstellt, zugleich aber in einer syntaktischen Kombination in mehrere Teile zerfällt. Die generelle Frage, welche Art von Lexikon in diesem Zusammenhang überhaupt zu berücksichtigen ist, kann darauf eingeschränkt werden, daß es sich hier lediglich um Systeme der Oberfläche handeln kann. In diesem Rahmen ist es dann auch völlig irrelevant, ob und wie Zuordnungen zu ein- bzw. mehrsprachig oder metasprachlich

161

aufgebauten Wörterbucheinträgen zu erfolgen haben, da dies gleichermaßen auch für einteilige Lexeme gilt. Geht man weiterhin davon aus, daß unteilbare lexikalische Einheiten in der Regel ihren Platz im Lexikon haben, ist zu klären, wie diese mehrteiligen Einheiten im Wörterbuch berücksichtigt werden sollen: durch Integration in ein Wörterbuch mit einwertigen Einträgen oder durch ein spezielles FS-Wörterbuch. Bei ersterem ergeben sich wiederum zwei Möglichkeiten: Aufnahme des Gesamtausdrucks oder einzelner Konstituenten mit entsprechenden Angaben über ihre Kombinationsmöglichkeiten als Eintrag. Letzteres würde - wenn man FS-Bildung als Wort-Kompositionsbildung akzeptiert - spezifische Bildungspotenzen einzelner Wörter aufzeigen und damit Strukturen innerhalb des Wortschatzes berücksichtigen. Ob dies Aufgabe eines Wörterbuchs sein soll, hängt in erster Linie von der Konzeption und dem Zweck des Wörterbuchs selbst ab. Vergleichen wir im folgenden unter diesem Aspekt Verfahrensweisen in einsprachigen Wörterbüchern, im Lexikon des transformationellen Modells und der linguistischen Datenverarbeitung. 4.2.1

Behandlung der FS in Wörterbüchern

4.2.1.1 Alphabetische Wörterbücher Im einzelnen Stichwortartikel alphabetischer Wörterbücher haben FS schon immer einen großen Raum eingenommen. Interessant zu verfolgen ist hierbei die Konzeption, die der Einordnung in den Wortschatz zugrundeliegt. In dem von Grimm begründeten, historisch und etymologisch erklärenden Wörterbuch wie auch in den meisten anderen - als Auswahl seien nur genannt das Wörterbuch der deutschen Sprache (186O/76) von Sanders, Trübners Deutsches Wörterbuch (1939/57), das von Paul begründete, von Betz bearbeitete Deutsche Wörterbuch (1966/68) und das Neue deutsche Wörterbuch von Mackensen (1952) dient die Angabe von FS und VS als Kontext des Stichwortes, der bestimmte Verwendungsweisen verdeutlicht. Der Schwerpunkt liegt weni3

Vgl. auch Fleischer (1969;1971:48) .

162

ger auf der Beschreibung von lexikalischen Bildungsmöglichkeiten als auf der Darlegung sprachlicher Gewohnheiten. In diese Richtung gehen auch die praktisch orientierten Nachschlagwerke wie der Rechtschreibeduden (1967) , das Synonymen- und Stilwörterbuch in der Dudenreihe (1964,1963) oder Peltzer (1956). Auch die mehrsprachigen Wörterbücher, die hier nicht weiter behandelt werden, fal4 len in diese Konzeption. In neueren Wörterbüchern werden FS teilweise, allerdings nicht grundsätzlich, wie einteilige Lexeme als eigenständige Einheiten des Wortschatzes erfaßt. So z.B. in Agricola (1962;1963), Klappenbach/Steinitz ( 1 9 6 4 f f . ) und Wahrig (1970). Als Beispiel für alphabetische Wörterbücher behandeln wir das von Klappenbach/Steinitz, in dem im Vergleich zu allen anderen FS die stärkste Berücksichtigung finden. Dies mag sich zum Teil daraus erklären, daß es Ziel dieses Wörterbuches ist, den "heutigen deutschen Wortschatz mit seinen Verwendungen" (1964:3) darzustellen, und daß es als "Bedeutungswörterbuch" ( 1 9 6 4 : 4 ) aufgefaßt ist. Die Gliederung eines Artikels richtet sich hier nach den unterschiedlichen Bedeutungen des einzelnen Eintrags. Die Frage, wann ein neuer Eintrag gemacht wird und wann andererseits differierende Bedeutungen unter einem Stichwort eingeordnet werden, ist von der Art des Bedeutungsunterschiedes abhängig, wobei - wiederum in Ermangelung fester Merkmalmatrizen - ein gewisser Spielraum hinsichtlich der Kompetenz des Artikelverfassers bestehen bleibt. Ihm ist die Entscheidung überlassen, ob zwischen mehreren Bedeutungen eines Wortes - unabhängig von der historischen Entwicklung - "keinerlei klare Verbindung zu erkennen ist" ( 1 9 6 4 : 2 0 ) , was mehrere Einträge bewirken würde, oder ob eine "innere Verbindung" besteht, die die Zuordnung zu einem Eintrag erlaubt.

Unter diesem Aspekt untersucht z.B. Wissemann (1961) Möglichkeiten der Einordnung von Wortgruppenlexemen, wie er FS bezeichnet. Lediglich bei Fremdwörtern werden historische und etymologische Angaben gemacht. Erster Gesichtspunkt der Gliederung ist die Bedeutungsverschiedenheit. Die grammatische Gliederung tritt dabei in den Hintergrund, auch der Aspekt der Bedeutungsdifferenzierung anhand syntaktischer Strukturen.

163

Wichtig ist die Handhabung der Bedeutung für die Einordnung der FS. Hierfür ist verschiedentlich durch kommentierende Hinweise gesorgt. Sie beziehen sich hier auf Bedeutungen, bei Wahrig (1970) dagegen ausschließlich auf singuläres lexikalisches Vorhandensein, so daß dort die vielen übrigen FS vermischt mit VS auftreten. Eine fehlende Kennzeichnung der FS läßt so unklar, daß bestimmte syntaktische Kombinationen lexikalisch beschränkt sind. Eine Gleichbehandlung mit kommutierbaren VS wirkt in dem Fall irreführend. Hinsichtlich der bedeutungsbezogenen Einordnung der FS heißt es bei Klappenbach/Steinitz programmatisch ( 1 9 6 4 : 6 ) : "Feste Verbindungen sind, soweit möglich, den einzelnen Bedeutungen des Stichwortes zugewiesen und stehen organisch an der Stelle, zu der sie inhaltlich gehören." Hierbei ist der bereits oben erwähnte Ermessensspielraum wesentlich. Bei fehlendem Zusammenhang mit einer der angegebenen Bedeutungen wird die idiomatische Bedeutung selbständig aufgenommen wie jede andere abweichende Bedeutung. Schwierigkeiten treten vor allem dann auf, wenn auf eine Graphemfolge verschiedene singuläre Bedeutungen zutreffen. Die Frage, ob und in welchem Maße ein Zusammenhang besteht, macht häufig Grenzfälle sichtbar. Vergleichen wir dazu den Eintrag blind. Die Bedeutungen l bis 3, Ohne Sehvermögen', 'unangemessen' und 'angelaufen, trübe 1 , interessieren in diesem Zusammenhang nicht weiter; wichtig sind Bedeutungen 4 und 5. Unter 4 sind folgende singuläre Bedeutungen untergebracht: a) 'vorgetäuscht' (Fenster, Knopfloch) b) 'unsichtbar' (Naht) c) 'nicht an die Oberfläche reichend 1 (Schacht) d) 'unbegründet' (Alarm) e) 'ungezielt 1 (Schuß) f) 'endet in einer Sackgasse1 (Straße) Unter 5 ist angegeben: blinder Passagier (Ohne Berechtigung reisend ' ) . Zu fragen ist, welcher Zusammenhang hier die Einträge von 4 verbindet, der für 5 offensichtlich nicht mehr vorhanden sein soll. Eine gewisse Gemeinsamkeit in 4 ist durch eine negative Aussage gegeben, was aber auch für 5 zutreffen würde. Die Kennzeichnung 'vor-

164 getäuscht 1 , die quasi als Überschrift für 4 steht, gilt aber zumindest nicht für b, c, e f würde eventuell aber noch zu 5 passen. Statt einer Aufteilung in 4 und 5 würden wir eine Trennung in eine Gruppe mit singulären Bedeutungen und eine mit nicht-singulären Bedeutungen vorschlagen. Bedeutung 4a würden wir dabei nicht als singular auffassen, da im Vergleich zu den anderen Bedeutungen eine wesentlich geringere Kontextbeschränkung besteht. Die übrigen Bedeutungen von 4 und 5 zeigen dagegen singuläre Kontextverwendung, wobei das Determinationsverhältnis dem der FS 2. Ordnung entspricht. Dies bedeutet, daß in der festen Verbindung eine singuläre Bedeutung nur auf einen Teil z u t r i f f t , während der andere Teil eine nicht-singuläre Bedeutung aufweist, und daß die Gesamtbedeutung des Ausdrucks aus den Bestandteilen zusammensetzbar ist. Für die Kennzeichnung im Lexikon würde demnach ausreichen, die Konstituenten der FS jeweils an ihrer Stelle im Lexikon mit den entsprechenden Angaben über ihre Verwendung im FS auszustatten. Damit zeigt sich, daß zumindest für FS2 keinerlei Notwendigkeit besteht, ein spezielles Wörterbuch anzulegen. FS1 wie kalte Ente, die Zelte abbrechen werden im Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache in gleicher Weise behandelt. Unter einem, zuweilen auch unter zwei Stichwörtern tauchen diese FS auf: so z.B. Ausgabe letzter Hand sowohl unter Ausgabe als auch unter Hand. Als Stichwörter sind auch solche Einheiten aufgenommen, die ausschließlich, was vermerkt ist, in FS auftreten: z.B. Anbetracht für in Anbetracht. Diese Art der Behandlung lexikalischer Einheiten orientiert sich an der Darlegung systematischer Beziehungen innerhalb des Wortschatzes. Diese Beziehungen können auf zwei Arten sichtbar gemacht werden: 1. implizit, indem bereits die Ergebnisse von Regelanwendungen auf einzelne Lexikoneinheiten aufgezählt werden, und 2. explizit durch Angabe von Merkmalen, die sich auf diese Regeln beziehen. Vgl. blind (er,e,es) Fenster, Knopfloch, Tür, Ausgang. Natürlich besteht in dieser Bedeutung wiederum eine höhere Kontextbeschränkung als bei der Bedeutung Ohne Sehvermögen1.

165

In den Gebrauchswörterbüchern wird - auch im Hinblick auf Wortbildungsregeln - zumeist die implizite Darstellung vorgezogen. Die Entscheidung, welchem Verfahren der Vorrang zu geben ist, hängt vom Verwendungszweck bzw. dem Ziel des jeweiligen Wörterbuchs ab. Diesen Aspekt werden wir noch weiter zu verfolgen haben.

4.2.1.2 Sammlungen Die Konzepte bisheriger Sammlungen von FS, oder wie immer sie darin heißen und welche Fügungen darin aufgezählt werden, beruhen im Prinzip auf zwei verschiedenen Motivationen. Zum einen handelt es sich um eine romantisierende Darstellung des "sprachlichen Reichtums" , die vom linguistischen Standpunkt aus fragwürdig erscheinen muß, obwohl das Ergebnis oft brauchbare MaterialSammlungen p bietet, andererseits um etymologische Darstellungen. Der zweite Gesichtspunkt ist verbunden mit der Situation gegenwärtiger Wörterbücher, in denen - die Ausnahmen haben wir genannt eine systematische Aufnahme von FS und vor allem ihre Erklärungen vernachlässigt werden. Dieser Mangel hat z.B. ein spezielles, synchron erklärendes Nachschlagwerk wie die Moderne deutsche Idiomatik von Friederich (1966) notwendig gemacht. Weiterhin ist der Mangel in mehrsprachigen Wörterbüchern zu bemerken, so daß sich von daher die vielen mehrsprachigen idiomatischen Wörterbücher erklären. Zumeist allein praktischen Zwecken zugedacht und an Vorkommenshäufigkeiten orientiert, erheben sie keinen Anspruch auf interne Systematik. Ein "systematisches Wörterbuch" dagegen nennt sich die Idiomatik von Friederich, wobei als Grundlage dieser Systematik - etwas befremdlich - die Nicht-FS-Bedeutung einer Konstituente aus dem jeweiligen FS gilt, so daß z.B. durch die Lappen gehen, an Boden verlieren unter "Haus und Wohnungseinrichtung" Friederich (1966:7) formuliert dies so: "Idiomatische Wendungen haben von jeher zum Tummelplatz vieler Sprachinteressierter gehört." Zum Terminus vgl. Leibniz, Von deutscher Sprachpflege, Abschn. 77, zit.n. Stötzel (197Ob:8). So z.B. Puetzfeld ( 1 9 3 7 ) , Borchardt-Wustmann-Schoppe (1955) Krack (1961), Dittrich (197O). Als Beispiele seien nur die folgenden drei deutsch-russischen Wörterbücher genannt: Binovic (1956), Graf ( 1 9 5 6 ) , Braun (1958).

166

zu finden sind. Dies muß wegen der fragwürdigen Basis, die die Grundbedeutung überhaupt bietet, zu problematischen Einteilungen führen. Davon einmal abgesehen sind Schwierigkeiten in der Einordnung ähnlicher Bedeutungen, wie sie in alphabetischen einwortigen Wörterbüchern auftreten, ausgeschlossen; innerhalb eines inhaltlich bestimmten Abschnittes herrscht dann alphabetische Reihenfolge. Betrachtet man FS als lexikalische Einheiten, die gleicher Behandlung bedürfen wie einwertige Einheiten, erübrigt sich im Prinzip ein eigenes Wörterbuch solcher Einheiten. Dies muß aber im Hinblick auf die vorhandenen Wörterbücher und das Ausmaß, in dem FS dort aufgenommen sind, entschieden werden.

4 . 2 . 2 FS als Wörterbucheintrag im TG-Modell Die enge Verbindung von Grammatik und Lexik in der TG bewirkt automatisch, daß bei der semantisch-syntaktischen Untersuchung sprachlicher Erscheinungen, die in den Bereich von Lexikonregeln hineinreichen, gleichfalls die Darstellung im Lexikon mit behandelt wird. In dem kurzen Aufsatz von Katz/Postal ( 1 9 6 3 : 2 7 7 ) wird diese Frage nur sehr oberflächlich durch die Teilung des Wörterbuchs in einen "lexical-item part" und einen "phrase-idiom part" gelöst, ohne daß Näheres über die Generierung gesagt würde. Weitergehende Vorschläge macht dagegen Weinreich (1969:53 f f . ) . Er wägt zunächst die Möglichkeiten, den Gesamtausdruck oder die beiden Konstituenten getrennt aufzunehmen, mit ihren Vor- und Nachteilen gegeneinander ab und kommt zu dem Schluß, daß sich beides nicht rechtfertigen lasse. Sein Vorschlag geht dann dahin, daß für einen Teil der FS komplexe Einträge, für einen anderen Teil eine Idiomliste - vergleichbar dem Katz/Postalschen "phrase-idiom part" - vorzusehen sei. Als komplexe Einträge sollen solche Ausdrücke behandelt werden, die syntaktisch nicht wohlgeformt sind, die also sowieso nicht durch die normalen Phrasenstrukturregeln generiert werden können. Zu ihnen würden z.B. die sogenannten "binominals" (Haus und Hof) gehören. Zusätzlich zum Gesamtausdruck muß bei ihnen die gesamte Derivation gegeben sein. Dies entspräche einer Markierung der von uns dargestellten Subsysteme.

167 Die kategorial wohlgeformten Ausdrücke wie verbale Fügungen der Art shoot the breeze werden dagegen in einer getrennten Idiomliste aufgenommen, die auch die übrigen morphologischen, syntaktischen und semantischen Angaben enthält. Im Gegensatz zu Katz/Postal erläutert Weinreich die Handhabung dieses Spezialwörterbuchs. Dazu führt er eine "idiom comparison rule" (Weinreich 1969:58) ein, die auf den Endsymbolen vor Einsatz der semantischen Interpretationen und Transformationen operiert. Im Hinblick auf mögliche Mehrdeutigkeit - bei Weinreich gehören nur mehrdeutige Ausdrücke zu den Idiomen - ist diese Regel fakultativ. Sie bewirkt einen Vergleich der einzusetzenden Lexikoneinheiten mit der Idiomliste. Bei positivem Ausgang werden dieser Liste die weiteren Informationen - syntaktischer und semantischer Art - entnommen. Um die Anzahl der Vergleichsoperationen zu reduzieren, erhalten solche Einträge im allgemeinen Wörterbuch, die ebenfalls in der Idiomliste auftreten, eine entsprechende Markierung, so daß überhaupt nur bei Vorhandensein dieser Markierung ein Vergleich durchgeführt wird. Gegen dieses Verfahren ist vor allem einzuwenden, daß etliche Redundanzen auftreten, die vermeidbar sind. Die Markierung im allgemeinen und im idiomatischen Wörterbuch ist redundant. Wenn schon Markierung im normalen Worteintrag, warum dann nicht gleich die gesamte FS-Kennzeichnung? Dies würde auf ein Verfahren über ausschließlich komplexe Einträge hinauslaufen. Im Falle einer kategorialen Wohlgeformtheit könnten die Angaben über die Derivationen einfach fehlen, so daß von daher keinerlei Redundanz aufträte. Bei einer Einordnung in das allgemeine Wörterbuch wären auch die Flexionsangaben nicht wiederholt aufzunehmen. Der Einwand, daß dann etwa shoot the breeze als Verzweigung von shoot aufgefaßt werden müßte, zugleich aber auch als Verzweigung von chat idly (Weinreich 1 9 6 9 : 6 6 ) , berührt ein allgemeines Problem polysemer Eintragungen und ist nicht allein auf FS beschränkt. Die Darstellung der verschiedenen Bedeutungen als Verzweigungen einer Grundbedeutung hatten wir ohnehin als ungeeignet zurückgewiesen, so daß sich dieses Problem aus unserer Sicht nicht stellt. Betrachtet man das Lexem shoot lediglich als Adresse, so können darunter verschiedenartige Bedeutungen zusammengefaßt werden, ohne daß ein sie verbindendes Gefüge angenommen werden muß. Insofern

168

ist dies kein Grund für die Ablehnung komplexer Einträge. Was Weinreich als weiteren Nachteil bei komplexen Einträgen anführt, bezieht sich einmal auf die phonologische Komponente (1969: 5 5 ) , die wir ganz ausgeklammert haben, zum ändern auf die Notwendigkeit besonderer Regeln für die Einsetzung von Endungen. So muß z.B. verhindert werden, daß anstelle von ehooted the breeze die Form shoot the breezed gebildet wird. Dies ist natürlich nur eine Schwierigkeit, wenn das FS als Gesamtausdruck einen Wörterbucheintrag darstellt. Gegen eine getrennte Aufnahme der Konstituenten führt Weinreich die semantische Unsinnigkeit an ( S . 5 7 ) . Diese Unsinnigkeit bezieht sich auf die semantische Struktur solcher Einheiten. Es sind aber noch weitere Gesichtspunkte hervorzuheben, die Weinreich gänzlich außer Acht gelassen hat. Ihm ging es um eine Darstellung und Analysemöglichkeit von FS anhand von Grammatik und Lexikonregeln. Die Struktur des Lexikons selbst ist dabei irrelevant. In der vorliegenden Untersuchung wird die sprachliche Erscheinung der FS dagegen in einen anderen Rahmen gestellt. Außer den syntaktischen und semantischen Besonderheiten sind auch die Relationen zum Gesamtwortschatz von Interesse. Diesen Aspekt berücksichtigt die Ordnung des Wortschatzes auf der Basis der Kontextbeschränkung; auch ihr ist bei der Einordnung der FS in ein Wörterbuch Rechnung zu tragen. Insofern erscheint die Einführung eines speziellen Wörterbuchs, das FS von sonstigen lexikalischen Einheiten isoliert, nicht geeignet. Immerhin bleibt noch die Frage, ob das allgemeine Wörterbuch nur ein- oder auch mehrwertige Einträge erhalten soll und ob sich demgemäß die Aufnahme des Gesamtausdrucks oder aber eine Aufteilung in Konstituenten empfiehlt. Auch gegen das Argument, eine Trennung in Konstituenten sei unsinnig, findet sich von dem hier entwickelten Standpunkt aus ein Gegenargument. Erkennen wir für ein Wörterbuch das Prinzip der Redundanzvermeidung an - bis zu welchem Grad, hängt vom jeweiligen Verwendungszweck ab -, so ist es durchaus statthaft, Einheiten als Einträge zuzulassen, die im Verein mit anderen wiederum eine lexikalische Einheit bilden, wenn die entsprechenden Bildungsregeln angegeben sind. Dies gilt allgemein für den gesamten Bereich der Wortbildung, in den wir die FSBildung einbeziehen wollen.

169

4.2.3

FS in der linguistischen Datenverarbeitung

4.2.3.1 FS im Spezialwörterbuch FS als mehrwertige Einheiten stellen ein spezifisches Problem in der maschinellen Sprachbearbeitung dar, vor allem für die automatische Sprachübersetzung. Unter diesem Aspekt ist auch der Versuch einer Definition von Bar-Hillel (1955;1957:186) zu sehen: "A given sentence in a language L,, is idiomatic with respect to a language L _ , to a given bilingued word dictionary from L I to L» and to a given list of grammatical rules if, and only i f , none of the sequence of words of the given L. sentence is found to be grammatically and semantically a satisfactory translation, after perusal of the applicable grammatical rules." Zwei Gesichtspunkte sind hierbei als relativ zu betrachten: a) die Frage, wann eine Übersetzung als zufriedenstellend anzusehen ist, und b) die Frage, welche Erscheinungen jeweils von den grammatischen Regeln erfaßt werden. Abgesehen davon t r i f f t aber diese Definition die auch sonst übliche Bestimmung von idiomatischen Ausdrücken als Fügungen, deren Bedeutung sich nicht aus den Einzelteilen zusammensetzen IMßt und deren syntaktische Form festgelegt ist. Voraussetzung für die Übersetzung von FS ist zunächst einmal ihre Identifikation, die sich auf eine Sprache bezieht. Auch dafür stellt Bar-Hillel eine Definition bereit, für die dieselben Einwände wie oben gelten, wenn man (a) hinsichtlich der semantischen Interpretation variiert (1957:186): "An expression in a given language L is idiomatic within L, with respect to a given monolingual dictionary and a given list of grammatical rules if, and only i f , none of the word sequences correlated to the given expression by the dictionary and the list of rules is (sufficiently) synonymous with it." Der Ausschluß von Regeln im grammatischen Bereich und von Bedeutung s Zuordnung im semantisch-lexikalischen Bereich führt notwendigerweise zu der Lösung, daß spezielle Listen und damit ein vom allgemeinen Wörterbuch unabhängiger Teil für idiomatische Ausdrücke erforderlich wird (Bar-Hillel 1957:187f.). Dieser Weg wird

170

im übrigen in den meisten Verfahren zur automatischen Sprachübersetzung angewendet und bestätigt damit die These von Gorn (1968: 341): "One can mechanize more than one can formalize; there is indeed such a thing as mechanical conveyance of meaning (semantics) and purpose (pragmatics)." Dies bedeutet, daß die maschinelle Bearbeitung sprachlicher Erscheinungen durch entsprechende Kodierung ohne linguistischen Regelapparat auf praktischem Wege zu den gewünschten Ergebnissen führen kann. Hierbei bleibt aber zu fragen, welchem Anspruch diese Ergebnisse genügen sollen. Verfolgen wir diesen Aspekt im weiteren anhand einiger automatischer Verfahren. Zu nennen wäre zunächst das Georgetown-Projekt der russich-englischen Übersetzung. Für mehrwertige Ausdrücke im Bereich der Chemie wurde hier eine spezielle Behandlung entwickelt.

Berücksichtigt sind dabei Ketten von zwei bis

maximal fünf Lexemen, die nicht ihrer Struktur nach gekennzeichnet sind, sondern durch rein mechanische Vergleichsoperationen von Lexemketten des Textes mit solchen des Idiomwörterbuchs ermittelt werden. Diese Methode ist insofern erfolgversprechend, als dieses Idiomwörterbuch - auf einen sehr beschränkten Wortschatz bezogen nur 313 Einträge enthält. Weiterhin wird die Anzahl der Vergleiche dadurch eingeschränkt, daß jede Konstituente der idiomatischen Ausdrücke auch im allgemeinen Wärterbuch mit einer besonderen Kennzeichnung vorhanden ist, wobei das Wort, das als erstes einer Fügung auftritt, besonders charakterisiert ist. Dies verringert die Operationen in der Analyse. Das Verfahren ist insofern praktikabel, als es eine ganz geringe Anzahl von Fügungen berücksichtigt. Nicht wesentlich größer im Vergleich zum Gesamtvorkommen solcher Syntagmen ist das SpezialWörterbuch für Idiome im MT-Projekt von Teddington, in dem, wie auch im Georgetown-Verfahren, nur kontinuierliche FS behandelt werde. Dies bedeutet, daß von vornherein 10 Beschrieben von Smith ( 1 9 5 9 ) . 11 Nach dem positiven Vergleich mit der Idiomliste schließt sich folgender Schritt an: ausgehend davon, daß die einzelnen Lexeme eines FS mit Nummern versehen sind, wird, f a l l s die Kombination der Lexeme in der Idiomliste steht, die Quersumme dieser Kennz i f f e r n gebildet, die die Kodenummer für die Übersetzung darstellt (vgl. Smith 1959). 12 Beschrieben in Booth ( 1 9 6 7 ) . In diesem Bericht ist die Rede von 540 Einträgen, das Wörterbuch soll aber auf 1500 Einträge erweitert werden.

171

verbale FS ausgeschlossen sind. Auch hier erhalten die Lexeme aus FS eine Nummer, die gleichzeitig in der Idiomliste verzeichnet steht. Identifikation eines FS erfolgt dann durch Vergleich von Nummernreihenfolge der Textwörter und Listenwörter. Eines der Lexeme aus dem FS ist als sogenanntes Schlüsselwort bestimmt. Im allgemeinen Wörterbuch sind bei ihm alle weiteren Informationen syntaktischer Art wie auch die Übersetzung für den Gesamtausdruck angegeben. Eine Identifikation von FS auf diesem Wege sieht auch das Konzept einer maschinellen Übersetzung vom Chinesischen ins Englische vor, beschrieben von Reifler ( 1 9 6 7 ) , wie auch das von Schirmer (1969) dargestellte übersetzungsverfahren von IBM. Bei diesen genannte Verfahren wird nicht berücksichtigt, daß ein großer Teil der FS mehrdeutig ist, daß also die Identifikation als mögliches FS noch keine Entscheidung über die tatsächliche Funktion des Ausdrucks im Satz bedeutet. Durch zusätzliche Angabe eines Häufigkeitsindexes, der sich auf die Kombination als solche bezieht, versucht Pottier (1961:200) aufgrund von Wahrscheinlichkeiten einen höheren Prozentsatz richtiger Lösungen zu erhalten. Ansonsten begegnet auch er der Notwendigkeit, "expressions idiomatiques" zu berücksichtigen, mit dem Vorschlag, Listen im Lexikon einzusetzen. In der "multiple-path analysis", wie sie Plath (1967) mit der MT verbindet, werden beide Möglichkeiten, die der FS-wie auch der VS-Identifikation, vorgeschlagen. Diese weitergehende Analyse vermag auch diskontinuierliche Idiome zu berücksichtigen. Grundlage der Identifikation als mögliches FS ist aber wiederum ein Spez ialwörterbuch. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die bei der Berücksichtigung großer Mengen von FS wegen der Unzahl von Vergleichsoperationen zwischen zwei Wörterbüchern auftreten, ist diese Aufteilung - wie die Trennung in die üblichen Wort-Wörterbücher und phraseologischen Wörterbücher - vom linguistischen Standpunkt aus unbefrie13 Gedacht ist hier vor allem an zweiteilige Konjunktionen, die wir aufgrund ihrer besonderen syntaktischen Funktionen nicht unter die übrigen mehrwertigen lexikalischen Einheiten fassen.

172

digend. Motivation für die Trennung ist zumeist die Forderung nach Auffindbarkeit. Dabei gehen Gesichtspunkte, die sich auf die Systematik des Wortschatzes beziehen, vollkommen verloren; die Verbindung von Lexikon und Regelapparat, deren Basis Vermeidung von Redundanz ist, wird gesprengt durch Doppeleinträge.

4 . 2 . 3 . 2 Integration der FS im allgemeinen Wörterbuch Die Forderung nach Integration ist auch nicht dadurch erfüllt, daß formal nur ein Wörterbuch verwendet wird, in dem FS sowohl in komplexen als auch einteiligen Einträgen berücksichtigt sind, wie z.B. in dem von Phal ( 1 9 6 4 : 4 5 f f . ) beschriebenen Verfahren. Die Beschreibung bezieht sich auf das Stadium der Datenerfassung. Für den Gesamtausdruck wird eine Karte angelegt und zusätzlich für jedes Wort aus dem Ausdruck eine Karte, auf welcher der bzw. die Partner mit angegeben sind. Auch hier werden keine regelhaften Bildungen berücksichtigt, die Lexikonangaben sind redundant. Die Darstellung der Bildungsweisen von FS ist jeweils implizit; explizit angebbare Merkmale oder Regeln sind nicht vorgesehen. Ebenso auf Auffindbarkeit ausgerichtet ist das von Lippmann (1963) beschriebene Verfahren. Hier sind im Wörterbuch außer einteiligen auch mehrteilige Einträge vorgesehen. Beim Textvergleich wird dem insofern Rechnung getragen, als jedem Wort linke und rechte Nebenwörter mitgegeben werden. Ein interessantes Verfahren über eine Zwischensprache auf der Grundlage der zumeist vorliegenden einwertigen Lexikoneinträge beschreibt Andreev ( 1 9 6 7 ) . Jedes Wort erhält je nach Bedeutung eine oder mehrere als Semoglyphen bezeichnete K e n n z i f f e r n , die gleichzeitig auch für die Übersetzung gelten. Für den Fall, daß einem zwei-wortigen Ausdruck in der Sprache LI ein einwertiger in L 2 und etwa ein dreiwertiger in L, entspricht, führt er sogenannte Valenzen ein, die bei den entsprechenden Wörtern für Reduktionen sorgen. 14 1. Karte für acide chlorhydrique, 2. Karte: chlorhydrique, classe a acide, 3. Karte: acide, classe chlorhydrique. 15 So gilt z.B. und (dt) = and (eng) = i il OOOO1.

(russ) = et

(frz) =

173

Dieses Verfahren ist

ganz speziell auf den Ubersetzungsprozeß aus-

gerichtet. Die Identifikation der FS als syntagmatische Einheiten wird dabei bereits vorausgesetzt.

4.2.4

Ein Verfahren auf linguistischer Basis

Insgesamt bedeutet dies, daß es bis heute kein Verfahren gibt, das auf linguistischer Grundlage eine Identifikation von FS durchführt. Der Ansatz zur linguistischen Analyse bei Weinreich wäre zwar auch für ein maschinelles Verfahren zu verwenden, konnte aber bislang nicht zur Anwendung gelangen, da ein entsprechendes Wörterbuch fehlt. Dies wiederum ist mit dem generellen Mangel an formalisierten Charakteristika von FS zu erklären. In der vorliegenden Untersuchung bietet die in 3 dargestellte Klassifizierung in ihrer expliziten Darstellung von Struktur und anzuwendenden Regeln die Grundlage für die notwendigen Wörterbucheinträge. Diese bilden die Informationen für die Analyseregeln und charakterisieren die am FS teilhabenden Lexeme hinsichtlich ihres Stellenwertes im Wortschatz.

4 . 2 . 4 . 1 Einordnung der FS2 Im folgenden soll das von uns gewählte Verfahren zur Einordnung in ein Wörterbuch dargestellt werden. Die Einführung eines Spezialwörterbuchs hatten wir aus den in 4 . 2 . 1 . 2 und 4 . 2 . 3 . 1 erläuterten Gründen abgelehnt. Zu klären bleibt nun die Frage, ob für eine Einordnung in ein Wörterbuch der Gesamtausdruck oder die Aufteilung des FS in seine Konstituenten vorzuziehen ist. Für FS2 wie blinder Passagier, leer auegehen ist eine Trennung in die Konstituenten auch von der semantischen Struktur her adäquat. Die einzelnen Bedeutungen bilden hier die Gesamtbedeutung. Vorausgesetzt ist natürlich, daß die singulären Bedeutungen sowie die Bedingungen ihrer Anwendung im Wörterbuch verzeichnet sind. Bei dem Eintrag blind wie auch bei Passagier hätten die entsprechenden FS-Markierungen zu stehen, die die Kombination von blind und Passagier als FS identifizieren. Darüber hinaus sind blind und Passagier jeweils durch die Kennzeichnung der lexikalischen Komponente im Hinblick auf die Kontextbeschränkung innerhalb des Ge-

174 Samtwortschatzes charakterisiert, wobei sich L für blind von L für Passagier in der in 2.4 dargestellten Weise unterscheidet. Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich bei mehrdeutigen Konstituenten. Sie hängen aber, wie gleich zu zeigen ist, mit allgemeinen semantischen Problemen zusammen und sind nicht spezifisch auf FS bezogen. Am Beispiel blind soll dies veranschaulicht werden. Es sind jeweils folgende Zuordnungen möglich: blind1 blind* blindblind. blind blind blind? blind._

-

Vogel, Kind, Pensionär,... Glas, Spiegel,... Eifer, Liebe,... Türe, Fenster, Knopfloch,... Naht Schacht Schuß Straße Passagier Alarm

Die Zuordnung von blind, . erfolgt nach den üblichen semantischen Restriktionen, d.h. blind^ ist z.B. nur mit Wörtern kompatibel, die der Klasse mit den Elementen Vogel, Kind, ... angehören. Blindoc ist nur kompatibel mit Naht, blind., nur mit Schacht, usw. 0 Die Markierung von blindcO — l.n mit l p und von Naht bis Alarm mit U l m reicht aus, um Kombinationen von blind mit einem der Lexeme von Naht bis Alarm als FS2 zu charakterisieren. Die Kennzeichnung genügt indessen nicht, um eine Verbindung wie z . B . blind,, mit Sahacht zu verbieten. Hierzu sind die üblichen semantischen Restriktionen zu beachten, wobei natürlich blind^ mit den entsprechenden Merkmalen versehen sein muß. Ausgeschlossen durch die FS-Markierung ist aber eine Zuordnung wie blind„ - Tourist oder blindg - Vogel. Diese Behandlung ist lediglich die Folge der Annahme, daß in diesem Fall die Bedeutung des FS aus den Einzelteilen zusammensetzbar ist, so daß jede Konstituente, eine davon mit singulärer Bedeutung, den normalen Kookkurrenzbedingungen bei syntagmatischen Verbindungen genügen muß. Was die Markierung selbst b e t r i f f t , so erhält jede Konstituente des FS die ihm zukommende Kennzeichnung durch D = (S, L, V ) , die sich lediglich in der Komponente L unterscheidet: blind

(s_w):

S

L

v

-1

1 P

N

-m

n

i

175

Dies ist wie folgt zu lesen: Blind ist adjektivische Konstituente (l ) in einem von N dominier ten, eindeutigen (-m) FS 2. Ordnung (-1). Es gehört einer Fügung des Typs ADJ/SUB ( n . ) an. Passagier:

S -l

N n.

l

m

-m

Passagier ist substantivische Konstituente (l ) in einem von N m dominierten, eindeutigen (-m) FS 2. Ordnung (-1) des Typs ADJ/SUB (nL). Für blind würde sich demnach folgender Eintrag im Wörterbuch ergeben, wobei SS die speziellen semantischen Merkmale bezeichnet, FS die FS-spezifische Markierung: blind

1.

S

2.

S

3.

S

4. 5. 6. 7. 8. 9. 1O.

sl

s2 s3 S s4 S

s5' S s6' S s7' S s8' S s9'

FS FS FS FS FS

S , , FS

Die Zuordnung von blindg z.B. zu Passagier müßte demnach durch S „ bestätigt, zu Schuß blockiert werden. Wenn umgekehrt in einem Text die Fügung blinde Naht auftritt, so würde dies im Gegensatz zu blinder Knabe bereits ohne Berücksichtigung von S S als FS identifiziert werden. Die Markierung durch FS bei blind bezieht sich jeweils auf eine bestimmte Bedeutung von blind. Dies ist durch L = l gekennzeichnet. Bei Passagier wäre dagegen folgender Eintrag vorzustellen: 16 Unberücksichtigt sind hier die erforderlichen morphologischen und syntaktischen Angaben, die unabhängig von der FS-Spezifikation sind.

176 Passagier:

SS , FS

Hierbei bezeichnet L = l rn in FS, daß das Auftreten im FS fakultativ ist, daß also gilt: Passagier1:

1. S 2. SS . FS

Die einzeilige Schreibweise ist vorzuziehen, da die Markierung FS in 2. mit der gleichen Bedeutung verbunden ist, die auch für 1. gilt. Eine Sonderstellung - entsprechend der Strukturbeschreibung nehmen die endozentrisch determinierten Individualbegriffe ein. Ihre Bedeutung ist zwar aus den Einzelteilen zusammensetzbar, in ihrer generellen Kennzeichnung als Namen haben sie aber Gemeinsamkeiten mit den exozentrisch determinierten FS. Wir behandeln sie daher im Hinblick auf die Einordnung ins Wörterbuch zusammen mit den FS1. 4 . 2 . 4 . 2 Einordnung der FS1 Bei den FS1 ist im Vergleich zu den FS2 von anderen Voraussetzungen auszugehen. Die Bedeutung des Gesamtausdrucks ist nicht auf die einzelnen Konstituenten aufteilbar. So erhebt sich die Frage, an welcher Stelle überhaupt die FS-Markierung wie auch die speziellen semantischen Angaben anzubringen sind. Zu entscheiden ist dabei zwischen der Möglichkeit eines komplexen Eintrags mit mehreren Wörtern oder der Angabe einer Regel zur Zusammensetzung der FS bei den einzelnen Konstituenten. Bei den FS2 basiert die Wahl für letzteres auf der Regelhaftigkeit bei der Zusammensetzung der Bedeutung. Auch bei den FS1 gibt es Regeln zu ihrer Bildung, ihre Bedeutungsbestimmung ist durch die Regeln aber nicht möglich. Es gibt keine semantischen Restriktionen, die bei kalt eine Kombination mit Ente im Sinne von 'Bowle' erlauben. Die Restriktionen, die hier zu beachten sind, beziehen sich auf die Bedingungen im Determinationsverhältnis. Von daher wäre es angebracht, den Gesamtausdruck als einen Eintrag in der Art komplexer Einträge vorzusehen. Dafür würde auch die Darstellung des Gesamtwortschatzes auf der Grundlage der Kontextbeschränkung sprechen, wobei wir FS1

177

als zusätzliche Einheiten des Wortschatzes betrachtet hatten. Nun können wir aber andererseits davon ausgehen, daß die einzelnen Basislexeme der FS1 als Einzeleinträge dem Wortlaut nach sowieso im Wörterbuch stehen. Es ist also bereits eine Adresse für diese Lexeme vorhanden, wobei zu beachten ist, daß sich die Konstituenten von FS1 von den übrigen Einträgen unter der gleichen Adresse unterscheiden. Es muß auch gewährleistet sein, daß jeder Eintrag als Kontextpartner zu interpretieren ist, m . a . W . es ist der Interpretation der Basislexeme im FSl Rechnung zu tragen, wie sie bei der semantischen Determination vorgenommen wurde. Als "gebundene metasprachliche Lexeme" (Heger 1971:53; s . 2 . 2 . 3 ) sind sie einem Semem zugeordnet, das zwar nicht einem üblichen Merkmalkomplex entspricht, sondern - quasi metasprachlich - einen Hinweis auf das Gesamt-FS darstellt. Außerdem sind Regeln anzugeben, die eine Zuordnung von FSl aufgrund der Konstituenten ermöglichen. Damit besteht bei den einzelnen Konstituenten eine Bildungspotenz in bezug auf FSl, die jeweils markiert werden kann. Insofern ist der Verzicht auf komplexe Einträge und allein die Markierung der Basislexeme diesem linguistischen Prinzip sowohl in der Darstellung als auch in der Anwendung in einem Wörterbuch adäquat. In Gebrauchswörterbüchern wie z.B. dem erwähnten von Klappenbach/Steinitz ist diesem Prinzip bis zu einem gewissen Grad Rechnung getragen. Abgesehen von der unklar definierten -Bestimmung der FS überhaupt liegt der größte Mangel in der nicht expliziten Beschreibung. Indem die Ausdrücke und nur die Ausdrücke selbst, ohne Hinweise auf bestimmte interne Strukturen, angegeben sind, liegen die explizit angebbaren Regeln bereits angewandt vor. Natürlich wird es sich für ein Gebrauchswörterbuch immer empfehlen, das Ergebnis der Regelanwendung mit anzugeben, doch wäre eine Transparenz hinsichtlich der zugrundeliegenden Regeln wünschenswert. Im Computer-Wörterbuch kommt es nicht so sehr auf Anschaulichkeit als vielmehr auf innere Stimmigkeit an, die nur auf der

17 Geht man davon aus, daß die FS als Gesamtausdruck kodiert werden, so läßt sich die Zerlegung in die einzelnen Konstituenten mit den entsprechenden Informationen und die Zuordnung zu den vorhandenen Wörterbucheinträgen weitgehend automatisieren.

178 Grundlage expliziter Regel- und Merkmalbeschreibung erreicht werden kann. Hier erübrigt sich dann auch die Aufnahme von Ergebnissen der Regelanwendung, da diese immer wieder erzeugt werden können. Dieses Prinzip entspricht ebenfalls dem der Redundanzverringerung und ist somit als linguistisches Prinzip im Aufbau eines Computer-Wörterbuchs zu begreifen. In diesem Sinne ist

auch die Aufteilung der lexikalischen Kom-

ponente L nach den Konstituenten zu verstehen: L

=

V V·

{k.

-a" V Damit sind zugleich die entsprechenden Verwendungsweisen der Wörter hinsichtlich ihrer kontextuellen Beschränkung im Wortschatz und hinsichtlich ihrer Bildungspotenz, bezogen auf FS, charakterisiert. Für kalt und Ente als Konstituenten des FS ergäbe sich folgender Eintrag: S

L

V

+1

ka

N

kalt:

n

+m

Ente:

+1

k

b

+m Dies ist

N n

wie folgt zu lesen:

i

i Kalt ist

Konstituente in einem von N

dominierten FS 1. Ordnung ( + 1 ) , das zugleich auch VS (+m) sein kann. Es stellt den adjektivischen Teil (ket ) einer Fügung ADJ/SUB dar ( n . ) . Ente ist

substantivische Konstituente (k, ) in einem von

N dominierten FS 1. Ordnung ( + 1 ) , das zugleich auch VS (+m) sein kann. Es gehört einer Fügung der Art ADJ/SUB an ( n . ) . Im Hinblick auf die Bedeutung des Gesamtausdrucks sind noch zwei Punkte zu klären. 1. Die speziellen semantischen Merkmale SS brauchen nur bei einer Konstituente eingetragen zu sein. Hierbei ist die Besonderheit des jeweiligen Typs zu beachten. Für unser Beispiel käme kfa (die 2. Konstituente) in Frage, da es nicht in so vielen festen Kombinationen auftritt wie k . Schreiben wir die FS-Markierung wieder als 3.

FS, die speziellen semantischen Merkmale als SS , so ergibt sich für Ente-.

FS, S5 .

179 Hierbei geben die Informationen aus FS Auskunft über die Behandlung von S , d.h. S

S

S

ist

nur dann realisiert, wenn kalt mit

der entsprechenden FS-Markierung als Kontextpartner fungiert. Das Fehlen von SS bei kalt dagegen bildet gleichzeitig die Angabe darüber, daß die Bedeutung beim Partner steht und nur in Verbindung mit ihm realisiert

ist.

2. Eine zweite Schwierigkeit ergibt sich dadurch, daß innerhalb der Konstituenten die semantische Restriktionsbeschränkung nicht wirkt, so daß diese auch kein Mittel darstellt, nicht erlaubte Kombinationen zu blockieren. Hier muß eine andere Lösung gewählt werden. Am einfachsten geschieht dies dadurch, daß die Angabe des jeweiligen Kontextpartners selbst als Blockade fungiert. Als Einträge wären dann vorzusehen: kalt:

FS, +Ente

Ente:

S , FS, +kalt. S

Dieses Verfahren ist nicht zu verwechseln mit der Anwendung von komplexen Einträgen, wie es z . B . für einen Teil der FS von Weinreich vorgeschlagen wurde. 18 Es handelt sich hierbei nämlich nicht um die Aufnahme des gesamten Ausdrucks. Aufgenommen wird lediglich das Lemma der anderen Konstituente. Ohne die Markierung +kalt bzw. +Ente werden bereits Verbindungen wie gefrorene

Ente oder kaltes

Getränk als VS und nicht als FS identifiziert. Die auf FS bezogenen Kontextmerkmale allein würden aber auch Fügungen wie kaltes Auge und magische Ente als FS identifizieren. Dies soll die Angabe der anderen Konstituente vermeiden. Der jeweilige Wörterbucheintrag für kalt und Ente wäre wie folgt anzugeben, wobei wir für kalt nur einen Ausschnitt der Bedeutungen aufzeigen: 19 kalt

1.

S gl

(kalter

Raum)

2.

S

(kalter

Körper)

3.

S s3

(kaltes

Gemüt)

4.

S 4 , FS

(kalte

2

Miete)

18 Vgl. 4 . 2 . 2 . 19 Für kalt wäre zu unterscheiden: 1-3 = nicht singuläre Bedeutungen, 4-6 = Bedeutungen in F S 2 , 7-8 = Bedeutungen in FS1; für Ente gilt: 1-3 = nicht singuläre Bedeutungen, 4 = Bedeutung in FS1.

180

Ente

5. 6.

S g 5 , FS S g 6 , FS

(kalter Blitz) (kalte Küche)

7. 8.

FS, +Ente FS, +Fieber

(kalte Ente = Bowle; (kaltes Fieber = Malaria;

1. 2. 3. 4.

S S g2 S, S 4 , FS, +kalt

(weiße Ente) (getrüffelte Ente) (unverschämte Ente) (feaite Ente = Bowle;

Jeweils diejenige Konstituente erhält die speziellen semantischen Informationen, die in verhältnismäßig wenigen Kombinationen auftritt. Bei den von N ' dominierten Fügungen gilt dies für k, , die substantivische Konstituente/ bei von V dominierten für k n , den nominalen Teil in Funktionsverbgefügen, und für k, , den verbalen Teil in sonstigen Verbaleinheiten; bei von P 1 und A 1 dominierten Fügungen ist es ebenfalls die substantivische bzw. eine jeweils zu bestimmende adverbiale Konstituente.

181

AUTOMATISCHE ANALYSE DER FS

5.1

Strukturbeschreibung und automatische Analyse

Es sei nun davon ausgegangen, daß die für die Analyse notwendigen Eingabedaten im Wörterbuch an den beschriebenen Stellen zur Verfügung stehen. Ziel der Analyse ist es, einem Syntagma im Satz die Charakterisierung als FS bzw. als Nicht-FS zuzuordnen. Während sich der Wörterbuchaufbau relativ unabhängig von der Verwendung als Maschinenwörterbuch beschreiben ließ, sind dagegen bei der automatischen Analyse einige Besonderheiten zu beachten. Bei der Strukturbeschreibung der syntaktischen Komponente war S Ausgangspunkt. Unserer automatischen Analyse legen wir demgegenüber ein bottom-to-top-Verfahren zugrunde, das von den niedrigsten Texteingabedaten, den Wörtern des Satzes, ausgeht und in fortschreitender Bildung komplexerer Einheiten schließlich die Struktur von S repräsentiert. Die beiden in der Richtung gegensätzlichen Prinzipien sollen an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Für in Zusammenhang stehen gilt folgende Derivation:

V

-»·

v



PP

x *

V

+ PPX P

x

+ N

x

Für Diese Dinge stehen in Zusammenhang: S

-*·

NP + VP

NP

·»·

Det

VP

-»·

V

+ N

Dem entspräche folgendes Stemma:

NP Det

N

diese

Dinge

stehen in Zusammenhang

182

Um die Kette diese Dinge, von S ausgehend, NP zuordnen zu können, muß bereits die Bestimmung vorausgegangen sein, daß hier ein NP vorliegt, das zu Det + N expandierbar ist. Dasselbe gilt für VP bzw. V. Daß stehen in Zusammenhang als VRB zu interpretieren ist, beruht auf der Übereinstimmung dieser Kette mit der Expansion von V . Daß das Ganze wiederum VP zuzuordnen ist, basiert auf VP ·+· VRB. Dies bedeutet, daß in der automatischen Analyse die Zuordnungen bei den unteren Symbolen anfangen. Für die Satzanalyse müssen wir demnach folgendes Stemma zugrundelegen: diese

Dinge

stehen

Zusammenhang

Det

Es ist also zu unterscheiden zwischen Beschreibungsmodell und Analysestrategie aufgrund des Beschreibungsmodells. Dieselben Regeln finden Anwendung, lediglich die Reihenfolge ist verändert. 5.2

Makrostruktur der Analyse

5.2.1 Allgemeine Grundsätze Erste Voraussetzung für die Analyse sind zunächst die Eingabedaten. Hierbei gehen wir von Sätzen bzw. Texten aus. Ergebnis der Analyse soll sein: Die im Text vorkommenden möglichen FS sollen als solche identifiziert werden. Für FS, die ihrer Struktur nach auch VS sein können, ist eine endgültige Entscheidung erst auf einer höheren Analysestufe, die den gesamten Satz einbezieht, möglich. Wir wollen uns hier zunächst auf die Bestimmung möglicher

183

FS beschränken. 1 Die FS-Analyse umfaßt den Bereich, der zwischen Ein- und Ausgabedaten liegt. Für sie sind zwei Komponenten ausschlaggebend: Wörterbuch und ein Algorithmus, der den Regelapparat enthält. Bei einem Verfahren, bei dem die FS als Gesamtausdrücke in einem Spezialwörterbuch stehen, würden mechanische Vergleiche der Graphemfolgen ein Regelsystem überflüssig machen. Dem kompositionellen Charakter auf syntaktischer Ebene würde dabei in keiner Weise Rechnung getragen. Wir gehen also davon aus, daß die Einträge im Wörterbuch, die möglicherweise eine FS-Konstituente darstellen, so, wie in 4 . 2 . 4 beschrieben, gekennzeichnet sind. Der Algorithmus basiert auf den klassenspezifischen Derivationen sowie auf den generellen und speziellen Restriktionen. Für jede Klasse gilt eine festgelegte Reihe von Regeln. Wörterbucheintrag und Regelapparat wurden bereits beschrieben. Was für die Analyse neu hinzukommt, ist die Organisation der Regelanwendung. Die Reihenfolge in der Anwendung der Regeln spielt hierbei eine große Rolle. Der Ausgangspunkt ist so zu wählen, daß zunächst möglichst viele Fälle erfaßt werden, die dann fortlaufend einzugrenzen sind. Es geht folglich um eine hierarchische Ordnung gemeinsamer Merkmale mit möglichst später Verzweigung auf Grund spezifischer Eigenschaften kleiner Gruppen bis Kleinstgruppen von Klassen. Wiederholungen von Merkmalabfragen sind dabei möglichst zu vermeiden. Der Klassifizierung der FS entsprechend erfolgt die Analyse in einem Dreistufensystem, in dem auf die Anwendung der Produktionsregeln die generellen und schließlich die speziellen Regeln folgen. Schematisch wäre dies wie folgt darzustellen: input Sätze Texte

l