Euripides, Iphigenie in Aulis vol. 1: Einleitung und Text 9783700119685, 3700119682

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Euripides, Iphigenie in Aulis vol. 1: Einleitung und Text
 9783700119685, 3700119682

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WALTER STOCKERT EURIPIDES, IPHIGENIE EINLEITIJNG

IN AULIS

UND TEXT

1.

WIENER STUDIEN · BEIHEFT 16/1 Herausgegeben von Walther Kraus und Hans Schwabl

WALTER STOCKERT

Euripides, Iphigenie in Aulis Band 1 Einleitung und Text

1992

ÖSTERREICHISCHEN

VERLAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

Vorgelegt von w. M. Hans Schwabl in der Sitzung am 20. Juni 1990

Gedruckt mit Unterstützung des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

Alle Rechte vorbehalten ISBN 3-7001-1968-2 Copyright © 1992 by Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien Herstellung: Druckerei G. Grasl, 2540 Bad Vöslau

Inhaltsverzeichnis BAND 1 Vorwort

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VII

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XI

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......

Literaturverzeichnis Einleitung

1. Die Aulische lphigenie: Handlung, Charaktere, Thema A. B. C. D. E.

Zur Die Die Zur Zur

Wertung der IA Handlung . . . . . Hauptfiguren . . . Stellung des Chors Wertung des lphigenienopfers

.

3 7 21 39 43

II. Der Mythos A. Bemerkungen zum rituellen Hintergrund 8. Zur historischen Entwicklung . . . . . . C. Die Sage und die Euripideische IA . . .

46 50 56

III. Die Überlieferung der Aulischen Iphigenie A. Skizze der Textüberlieferung B. Der Prolog . C. Die Exodos . Text

........

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64 66

79 89

Vorwort Die „lphigenie in Aulis„ des Euripides ist seit der Antike ein viel beachtetes Stück, und sie hat viele Dramatiker, darunter so bedeutende wie Ennius, Racine oder G. Hauptmann, zur Nachahmung und Neugestaltung des Stoffes angeregt. Auch hat sich der berühmte Filmregisseur Kakoyannis des Sujets angenommen und mit seinem Streifen (1976) weithin Anerkennung gefunden. In der Klassischen Philologie hat sich in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Gelehrten um die richtige Deutung der IA. bemüht, ohne daß bisher eine Einigung erzielt werden konnte. Es scheint daher ein Gebot der Stunde zu sein, der Forschung die für diese Diskussion dringend benötigte Grundlage zu geben, datiert doch der verdienstvolle Kommentar ENGLANDS noch ins 19. Jahrhundert. In der Textgestaltung wurde in den vergangenen Jahren durch die Edition F. JOUANSin der Bude-Reihe sowie insbesondere durch die Editio Teubneriana H. C. GONTHERs ein Fortschritt gegenüber der immer noch unersetzlichen editio Oxoniensis G. Mrnuu vs erzielt, während der letzte Band von J. DIGGLEs Neuausgabe des Euripides in den „Oxford Classical Texts„ noch nicht erschienen ist Aufgrund dieser Situation ist insbesondere ein ausführlicher Detailkommentar vonnöten; auf diesem liegt daher der Schwerpunkt dieser Arbeit. Doch wurde neben den erforderlichen textkritischen, sprachlichen und metrischen Erläuterungen stets auch die Erklärung des näheren und weiteren Kontextes im Auge behalten. In der Einleitung des Buches wurde neben Abschnitten zum Mythos und zu den Schwierigkeiten der Textüberlieferung eine Gesamtinterpretation vorgelegt, die vor dem Hintergrund der reichen Spezialliteratur zur IA. erarbeitet wurde. Die Textedition beruht auf eigenen Kollationen der Mikrofilme des Laurentianus L und des Palatinus Graecus P: ferner erhielt ich in Florenz die Erlaubnis, das Faksimile und teilweise auch das Original des Laurentianus einzusehen. Die nötigen Kon-

VIII

Vorwort

trollen am Kölner Papyrus hat Dr. Augusto Guida dankenswerterweise für mich vorgenommen. Am Zustandekommen der vorliegenden Arbeit, mit der ich seit dem Ende der siebziger Jahre beschäftigt bin, haben die Herren des Institutes für Klassische Philologie der Universität Wien besonderen Anteil. Für das Mitlesen des umfangreichen Manuskriptes, für wesentliche Hinweise verschiedenster Art, darunter auch wichtige Textvorschläge, und die Diskussion problematischer Stellen dieses schwierigen Textes bin ich insbesondere Herrn Professor Hans Schwabl zu herzlichem Dank verpflichtet: auch Herrn Prof. Walther Kraus und Herrn Dr. Georg Danek möchte ich für die Durcharbeitung des Manuskriptes und für viele wertvolle Beiträge von Herzen danken. Den Herren Professor Eu gen Dönt und Dr. Paul Lorenz verdanke ich ebenfalls wichtige Hinweise. Mein besonderer Dank gilt auch dem Center for Hellenic Studies in Washington und dessen Direktoren, den Herren Professoren Bernard Knox und Zeph Stewart. Durch das von dieser Institution gewährte Stipendium hatte ich die Möglichkeit, mich für ein Jahr vom Unterricht am Gymnasium freistellen zu lassen und mich ausschließlich der Arbeit an diesem Projekt zu widmen. Auch der Fondation Hardt habe ich für die Bewilligung zweier schöner und fruchtbarer Studienaufenthalte in Genf zu danken. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat diese Arbeit, die im Jahre 1990 an der Universität Wien als Habilschrift akzeptiert wurde, auf Antrag Herrn Prof. Schwabls zur Veröffentlichung in der Reihe „Beihefte der Wiener Studien" angenommen. Insbesondere ihr, aber auch dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der das Projekt mit einer namhaften Summe unterstützte, gebührt mein aufrichtiger Dank. Gedankt sei auch der Druckerei G. Grasl, die alle Schwierigkeiten mit dem umfangreichen, auf Computerdiskette geschriebenen Opus meisterte. Schon aus technischen Gründen konnten aber in der Korrekturphase keine größeren Änderungen gegenüber dem Stand von Ende 1989 vorgenommen werden. Wien, Dezember 1991

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Walter Stockert

Zur Zitierweise, Abkürzungen Die Tragiker und Arisrophanes sind nach den editiones Oxonienses zitiert (Sophokles noch nach A. C. PEARSON);die Fragmente des Aischylos und Sophokles werden nach den Editionen von S. RAoT zitiert (Aischylos zusätzlich nach A. NAUCK, Tragicorum Graenach H. J. METTE); Euripidesfragmente 2 corum Fragmenta, Leipzig 1889, weiter nach H. v. MNIMS Supplementum Euripideum (Bonn 1913) bzw. C. AuSTINS Nova Fragmenta Euripidea in papyris reperta (Berlin 1968). Tragici minores werden nach der Edition B. SNELLS(Göttingen 1971), Adespota nach R. KANNICHT- B. SNELL(Göttingen 1981) angeführt. Komikerfragmente werden, soweit bereits möglich, nach C. AusTINS R. KASSELSNeuedition (Berlin 1983 ff.) zitiert, sonst nach Th. Koc~ Comicorum Atticorum Fragmenta, Leipzig 1880ff., Menander nach F. H. SANDBACHS Ausgabe (Oxford 1972), seine kleineren Fragmente nach A. KORTE, Menandri quae supersunt II (edit. alt. A. THIERFELDER,Leipzig 1953). Epikerfragmente: Th. W. ALLEN, Homeri opera, Vol. V {Oxford 1912); R. MERKELBACH- M. L. WEST, Fragmenta Hesiodea, Oxford 1967. Lyrische Dichtung: M. W. WEST, lambi et Elegi Graeci, Oxford 1971; D. L. PAGE, Poetae Melici Graeci, Oxford 1962; E. LoBEL - D. L. PAGE, Poetarum Lesbiorum Fragmenta, Oxford 1955; Pindar und Bakchylides sind zitiert nach den Editionen B. SNELLSund H. MÄHLERS (Leipzig 1980 bzw. 1970); Alexandrinische Dichtung nach J. U. PowELL, Collectanea Alexandrina, Oxford 1925; R. PFEIFFER,Callimachus, Oxford 1949-53.

Wichtige Abkürzungen Die Zeitschriften sind nach L' Annee philologique legentlich zur Verdeutlichung weiter auf gelöst.

zitiert, werden aber ge-

= B., J. D.: Attic Red-Figured Vase-Painters, Oxford 1963. CHAl"mlAINE= CH., P.: Dictionnaire etymologique de la langue grecque, Paris 1968. D-K. = DIELS, H. / KRANZ, W.: Die Fragmente der Vorsokratiker, 8 Berlin 1956. FGrH. = F. JACOBY,Die Fragmente der griechischen Historiker, Berlin Leiden 1923 ff. FRISK ... FR., H.: Griechisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1960ff. GLP .... PAGE, D. L.: Select Papyri III (Literary Papyri), London 1950. IG. ""' lnscriptiones Graecae. KB. = K0HNER, R.: Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, 1. Teil (Elementar- und Formenlehre), 3. Aufl. F. BLASS,Hannover 1890. KG. = K0HNER (s. o.), 2. Teil (Satzlehre), 3. Aufl. B. ÜERTH, Hannover 1898. Buzu:v,

ARV 2

X

Abkürzungen

LSJ .... LIDDELL, H. G. / Scorr, R.: A Greek - English Lexicon; 91h Edition by H. S. JONES, Oxford 1940. RE ,.,. Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Syll. - DITTENBERGER, W.: Sylloge inscriptionum Graecarum, 3 Leipzig 1915 ff. SVF. - ARNIM, H. v.: Stoicorum Veterum Fragmenta, Leipzig 190Sff.

II

Literaturverzeichnis

A. Editionen, Kommentare, Übersetzungen der IA. MusGRAVE, S.: Euputi6ou 1:cx crv)die Heiratsintrige initiiert habe, nun aber zu einem anderen Entschluß gekommen sei (v. 363 K~S• ünocrtpfaµm; MATJ\VCXL µEtcxßcxÄ.ct>v &Ucxc;ypcxtytVELCXV 11)v tv Au).,lfü .... Auch sonst berichten die antiken Zeugnisse, daß das Stück posthum von einem Sohn (,.Neffen" nach der Suda) 6µrovuµroc_;(also jedenfalls unter dem Namen „Euripides ..) in Athen aufgeführt wurde. 2114 Man hat also mit der Einflußnahme des 6t6etaKcxloc_;zu rechnen; das Stück des in Makedonien verstorbenen Dichters könnte ferner unvollständig oder beschädigt in die Hände des Regisseurs gelangt sein. 21s Immerhin wird die im wesentlichen auf einer Handschrift beruhende Überlieferung durch die jüngst gefundenen Papyri insofern bestätigt, als Abweichungen nur im Detail auftreten. Es ist also wahrscheinlich, daß unser Text - zu Prolog und Epilog liegen aber noch keine Papyri vor - bereits sehr früh seinen heutigen Zum Genos Eurip., 1.31 f. (Meridier); Suda II, 469, 2 ff. Adler. m Die gleichzeitig aufgeführten „Bakchen" scheinen hingegen zur Gänze von der Hand des Euripides zu stammen (zu möglichen Anspielungen bei Ari-

stoph. Ran. und den Problemen der Chronologie vgl. A. DtRKZWAGER, AC. 47, 1978, 476 ff.).

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Die Überlieferung der „Aulischen lphigenie"

stand erreicht hat; ja man kann vielleicht sogar den Kern der schwer interpolationsverdächtigen Exodos auf Grund einer An286 spielung bei Aristophanes bereits für die Erstaufführung sichern. Bei dieser Problemlage erscheint es angebracht, nach einem kurzen Referat über die Textüberlieferung (diese scheint durch TuRYN und ZuNTZ geklärt zu sein) vor allem die Probleme des Prologs und des Epilogs zu erörtern, obwohl in beiden Fällen nur Wahrscheinlichkeitslösungen erreicht werden können und eine endgültige K.Järung bei unserem Wissensstand kaum möglich ist.

A. Skizze der Textüberlieferung Während für die Dramen der sogenannten „byzantinischen Trias" (Hec. Or. Pho.) über 200 Handschriften aus der Zeit vor 1600 erhalten sind 2111, bewegt sich die Überlieferung für die übrigen kommentierten Stücke, zu denen ursprünglich auch die 21111 „Bakchen" zählten , in einem wesentlich bescheideneren Rahmen (höchstens 20 Hss.). Die uns hier vornehmlich interessierenden scholienlosen Dramen sind überhaupt nur in den Hss. L und P überliefert: 289 Diese beiden Codices sind miteinander eng verwandt, wobei der Codex Laurentianus pi. 32, 2, L, aus dem frühen 14. Jhdt. zweifellos der ältere und weit wertvollere Textzeuge ist. 290 Noch TURYN291 hielt den Codex Pa/atinus Graecus 287, P, für einen gemellus von L, also einen unabhängigen Textzeugen, doch scheint diese Frage seit ZUNTZ' Buch „An Inquiry into the Transmission of the Plays of Euripides" (Cambridge 1965) in an-

Vgl. S. 86. Vgl. dazu K. MATIHIESSEN 14f.; für Pho.: MASTRONARDE 32ff.; für die ,.recentiores" auch D1 BENEDITTO 81 ff. m MATIHIESSEN 15 f. (A. 12); auch die Tro. sind außer in P nur in einer einzigen, mit P nicht verwandten Hs. erhalten. 289 Vgl. B. SNELL, Zwei Töpfe mit Euripidespapyri, H. 70, 1935, 119 f. 290 Vgl. die Beschreibung von L bei TuRYN 222ff.; ZuNTZ 126ff.; K.ANNICHT, Helena I 98. 191 TURYN 264-81. 216

217

Skizze der Textüberlieferung

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derer Weise gelöst 292 : P ist für die scholienlos überlieferten Stücke Apographon von L und zu einer Zeit geschrieben, als Demetrios Triklinios bereits den ersten Teil seiner Korrekturen, Zusätze und metrischen Anmerkungen in L angebracht hatte (Tr 1). Anhand der Tintenfarbe unterscheidet ZuNTZ drei Phasen der Tätigkeit des Triklinios: (1) Korrektur von Fehlern des Hauptschreibers (dunkelbraune bis schwarze Tinte; Tr 1): reine Schreibversehen, Beseitigung der scriptura plena usw.; (2) metrische Angaben, diverse Korrekturen (grau bis graubraun; Tr 2); (3) u. a. metrische Eingriffe (braun bis rotbraun; Tr-3)293 • Die Hs. P, die - wie gesagt - nach der ersten Phase triklinischer Tätigkeit kopiert wurde, ist für uns als Ergänzung wichtig: Da weder Schreiber noch Rubrikator von P wesentliche Änderungen vorgenommen haben 29 4, kann häufig ein durch Eingriffe des Triklinios veränderter Text des „Laurentianus" mit Hilfe von P wieder eruiert werden. Das Vorhandensein von praktisch nur einer Handschrift bedeutet klarerweise eine überaus enge Basis mit der Möglichkeit zahlreicher Korruptelen 295 • Während ZUNTZ und KANNICHTbetonen, Sonderlesarten von P ließen sich meist mit trivialen Mißverständnissen erklären (z. B. Suppl. 171 OEüpo L: e~ropmP mit einer Verlesung der Kursive; vgl. ZUNTZ 14 den Bericht über einen in P nachgeahmten Papierfehler 296 ), plädiert TUIUER297 weiterhin für „gemelli"; Kronzeugen sind für ihn u. a. IA. 109 (hier aber anscheinend eine späte Hand; vgl. ad loc.), IA. 317 298 und HF. 149 (ZUNTZ plädiert dort für eine späte Hand; vgl. BOND). Die wenigen, unsicheren Belege Tu1uERS können jedenfalls ZUNTZ' These kaum erschüttern. Eine vermittelnde Posi-

292

Man beachte die Zustimmung bei MATIHIESSEN 16 (zu Tu1uER.s Einwänden vgl. Gymn. 78, 1971, 152 f.) m Es ist vielfach problematisch, eine Differenzierung von Tr und Trl vornehmen zu wollen (vgl. auch ZUNTZ 57 ff.); ich beschränke mich daher für beide Hände in der Regel auf die Sigle Tr (vgl. auch KANNICHT,Helena I 99 f.). Zur Problematik jetzt auch H. C. GONTHER,Edit. praef. V ff. 294 Vgl. dazu besonders GONTHER,Edit. praef. IX f. m Vgl. MATIHIESSEN 16, A. 15; KANNICHT,Helena I 97 ff. 196 Für die IA. möchte ich auf den Abschreibfehler v. 870 verweisen: icctfl (==-oc;)Tr 1, P falsch icai tµoi; v. 1499 Stptxm:n (vm s. l.) L: Stp